Bankenrestrukturierung und Bankenabwicklung in Deutschland und den USA: Ökonomische Notwendigkeit und rechtliche Analyse des Sonderinsolvenzrechts für Banken [1 ed.] 9783428552740, 9783428152742

Als Reaktion auf die Finanzkrise wurde im deutschen Bankaufsichtsrecht ein eigenständiges Bankeninsolvenzrecht nach dem

108 59 4MB

German Pages 440 Year 2018

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Bankenrestrukturierung und Bankenabwicklung in Deutschland und den USA: Ökonomische Notwendigkeit und rechtliche Analyse des Sonderinsolvenzrechts für Banken [1 ed.]
 9783428552740, 9783428152742

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse

Band 209

Bankenrestrukturierung und Bankenabwicklung in Deutschland und den USA Ökonomische Notwendigkeit und rechtliche Analyse des Sonderinsolvenzrechts für Banken

Von

Dominik Schöneberger

Duncker & Humblot · Berlin

DOMINIK SCHÖNEBERGER

Bankenrestrukturierung und Bankenabwicklung in Deutschland und den USA

Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von

Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse

Band 209

Bankenrestrukturierung und Bankenabwicklung in Deutschland und den USA Ökonomische Notwendigkeit und rechtliche Analyse des Sonderinsolvenzrechts für Banken

Von

Dominik Schöneberger

Duncker & Humblot  ·  Berlin

Der Fachbereich Rechtswissenschaft der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 30 Alle Rechte vorbehalten © 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany ISSN 0720-7352 ISBN 978-3-428-15274-2 (Print) ISBN 978-3-428-55274-0 (E-Book) ISBN 978-3-428-85274-1 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Wintersemester 2016/17 vom Fachbereich Rechtswissenschaften der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen worden. Sie wurde im Frühjahr 2018 mit dem Baker McKenzie Preis für die beste wirtschaftsrechtliche Dissertation ausgezeichnet. Änderungen der Rechtslage sowie die wichtigste neuere Literatur sind bis zum Frühjahr 2016 berücksichtigt. Mein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Andreas Cahn, der mir während meiner Tätigkeit an seinem Lehrstuhl nicht nur herausragende Arbeitsbedingungen bot, sondern mir auch in vielfältiger Weise ein Mentor war. Herrn Prof. Dr. Peter von Wilmowsky bin ich für seine hilfreichen Anregungen und die besonders rasche Erstellung des Zweitgutachtens sehr verbunden. Dank gilt auch dem Institute for Law and Finance, das mir die Teilnahme an unterschiedlichen Konferenzen und den Aufbau von Kontakten zu Dozenten und Seminarteilnehmern ermöglichte. Weiterhin danke ich insbesondere Herrn Prof. Dr. Jan Pieter Krahnen, Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. Reinhard Schmidt, Herrn Prof. Dr. Jens Hinrich Binder, Herrn Prof. Dr. Georg Bitter, Herrn Dr. Gunnar Schuster und Herrn Bernd Giersberg, die mit wertvollen Gedanken und Hinweisen aus wissenschaftlicher und praktischer Perspektive zum Gelingen dieses Werkes beigetragen haben. Für die Förderung meines Forschungsaufenthalts in den USA danke ich dem Deutschen Akademischen Austauschdienst sowie den Kanzleien Latham & Watkins und GSK Stockmann, deren Unterstützung den Besuch der Columbia Law School erst möglich gemacht hat. Das dort gewonnene Verständnis vom US-Recht war von wesentlicher Bedeutung für den rechtsvergleichenden Teil der vorliegenden Arbeit. Ich danke weiterhin der Studienstiftung des deutschen Volkes für ihre großzügige Förderung meines Promotionsvorhabens. Den Mitarbeitern des Institute for Law and Finance möchte ich für die immer angenehme und freundschaftliche Arbeitsatmosphäre danken. Stellvertretend für alle danke ich Alia Rahimzian, Gina Leisten und Stefan Laumeyer, mit denen ich viele schöne Jahre am Institut verbracht habe. Ich danke den Herausgebern Prof. Dr. Peter Mülbert, Prof. Dr. Dr. h.c. Uwe Schneider und Prof. Dr. Dirk Verse für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Für die Gewährung eines Druckkostenzuschusses gebührt mein Dank dem Förderungsfonds Wissenschaft der VG Wort. Schließlich gilt mein größter Dank meiner Frau, die mich in jeder Hinsicht stets unterstützt und insbesondere die abschließende Durchsicht des Manuskripts vorgenommen hat. Ihr ist diese Arbeit gewidmet. Frankfurt, im Januar 2018

Dominik Schöneberger

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht

A. Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Hintergrund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

B.

1. Ansätze der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Literatur  . . . . . 2. Deutscher Forschungsstand  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. US-amerikanischer Forschungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsreformen seit der Finanzkrise  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 28 30 33

1. Deutschland  .......................................................... 2. USA  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ................................................... 3. Zusammenfassung  IV. Aufbau der Arbeit und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes  . . . . .

33 61 68 68

Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I. Insolvenz von Nichtfinanzinstituten  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einführung  2. Notwendigkeit eines zwingenden kollektiven Verfahrens  .. . . . . . . . . . . . 3. Investitionsentscheidungen im Vorfeld und während einer Überschuldungssituation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Optimale Ausgestaltung des Insolvenzrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bankeninsolvenz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74 80 84

Grundsätzliche Erwägungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bank Runs  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemrelevanz (too big to fail)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Moral Hazard (negative Externalitäten)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84 85 88 96

1. 2. 3. 4. C.

70 71

Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I. Notwendigkeit der Abgrenzung und Herleitung von Abgrenzungskriterien  100 II. Sonderinsolvenzrecht in Deutschland  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Präventive Eingriffsnormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bankeninsolvenzrecht  ................................................ 3. Besonderheiten im allgemeinen Insolvenzverfahren von Banken  . . . . . III. Sonderinsolvenzrecht in den USA  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

102 104 108 110

IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111

8

D.

Inhaltsübersicht Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Erfasste Institute im deutschen Sonderinsolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfasste Institute im US-Sonderinsolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Bewertung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kriterium der Systemrelevanz  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

114 153 169 172

1. Voraussetzung der Systemrelevanz in Deutschland  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Voraussetzung der Systemrelevanz in den USA  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Probleme der Abgrenzung nach geltendem Recht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens  . . . . . . . . . . . . .

173 182 189 194

1. Definition einer Krisensituation in den Rechtsordnungen  . . . . . . . . . . . . 194 2. Kompetenz zur Feststellung einer Krisensituation  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 3. Zusammenfassende ökonomische Beurteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 E. Instrumente  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 I. Einführung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 II. Allgemeiner Teil  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1. Zahlungsverbot und Automatic Stay  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kündigungsrechte der Vertragspartei  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Art des Verfahrens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anfechtung  .......................................................... 5. Entzug der Bankerlaubnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Frühinterventionsmaßnahmen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

253 259 268 271 278 279

1. Übersicht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Sanierungsverfahren  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßnahmen nach dem KWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Maßnahmen nach dem SAG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtliche Würdigung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahren zur Reorganisation des Instituts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

279 279 281 284 286 287

1. Übersicht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verantwortung für die Durchführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Brückenfinanzierung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Behebung der Überschuldung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vergleichende Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahren zur übertragenden Sanierung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

287 289 293 298 330 335

1. Übersicht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vollständiger Verkauf  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Partielle Übertragung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Brückeninstitut  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Maßnahmen beim übernehmenden Rechtsträger  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

335 336 352 360 367

Inhaltsübersicht

9

6. Kritische Würdigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 371 VI. Verfahren zur Stilllegung des Instituts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 373 1. Übersicht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Liquidationsverfahren  ................................................ 3. Verteilung des Erlöses  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kritische Würdigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . F.

373 374 380 394

Schlussbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 I. Einführung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 II. Notwendigkeit eines Sonderinsolvenzrechts für Banken de lege lata  . . . . . . 399 III. Anpassungsbedarf des bestehenden Sonderinsolvenzrechts  . . . . . . . . . . . . . . . 403 IV. Reformvorschläge zur Ermöglichung der Bankenabwicklungim allgemeinen Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Sachwortregister  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 I. Hintergrund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 II. Forschungsstand .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 1. Ansätze der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Literatur  . . . . . 2. Deutscher Forschungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. US-amerikanischer Forschungsstand  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Rechtsreformen seit der Finanzkrise  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

27 28 30 33

1. Deutschland  .......................................................... a) Hintergrund .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz (FMStErgG)  . . . . . . . . . d) Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung  .. . . . . . . . aa) Zweckgesellschaftsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwicklungsanstaltsmodell  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Weitere Regelungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Restrukturierungsgesetz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KredReorgG)  . . . . . . . . (1) Sanierungsverfahren .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Reorganisationsverfahren .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Übertragungsanordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Weitere Regelungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz (2. FMStG)  .. . . . . . . . . . . . h) Drittes Finanzmarktstabilisierungsgesetz (3. FMStG)  . . . . . . . . . . . . . . i) BRRD-Umsetzungsgesetz  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Weitere Regelungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . j) Einheitlicher europäischer Abwicklungsmechanismus  . . . . . . . . . . . . . aa) Der Abwicklungsausschuss  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entscheidungsbefugnisse des Ausschusses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Der Abwicklungsfonds  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Das Abwicklungsmechanismusgesetz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33 33 33 36 39 39 40 42 42 43 43 44 46 47 48 49 50 51 52 53 55 56 56 57 58 59

12

Inhaltsverzeichnis 2. USA  .................................................................. a) Housing and Economic Recovery Act  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Emergency Economic Stabilization Act  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Dodd-Frank Act  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Aufsicht über systemrelevante Finanzinstitute  .. . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwicklung systemrelevanter Finanzinstitute  . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Weitere Maßnahmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Aufbau der Arbeit und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes  .. . . . .

B.

61 61 62 64 65 66 67 68 68

Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 I. Insolvenz von Nichtfinanzinstituten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70

C.

1. Einführung  ........................................................... 2. Notwendigkeit eines zwingenden kollektiven Verfahrens  . . . . . . . . . . . . . 3. Investitionsentscheidungen im Vorfeld und während einer Überschuldungssituation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verzicht auf gewinnbringende Vorhaben (underinvestment)  . . . . . . . . b) Übermäßige Investition in riskante Projekte (overinvestment)  .. . . . . 4. Optimale Ausgestaltung des Insolvenzrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ex post-Anforderungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Ex ante-Anforderungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Bankeninsolvenz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70 71 74 74 77 80 80 82 84

1. Grundsätzliche Erwägungen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bank Runs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Systemrelevanz (too big to fail)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Direkte Ansteckung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Indirekte Ansteckung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Makroökonomische Erwägungen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Moral Hazard (negative Externalitäten)  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84 85 88 89 91 94 96

Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 I. Notwendigkeit der Abgrenzung und Herleitung von Abgrenzungskriterien  . 100 II. Sonderinsolvenzrecht in Deutschland  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 1. Präventive Eingriffsnormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bankeninsolvenzrecht  ................................................ a) Bankeninsolvenzrecht im Sanierungs- und Abwicklungs­gesetz und der SRM-Verordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bankeninsolvenzrecht im Kreditwesengesetz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Bankeninsolvenzrecht im Kreditinstitute-­Reorganisationsgesetz  .. . 3. Besonderheiten im allgemeinen Insolvenzverfahren von Banken  . . . . .

102 104 104 105 107 108

Inhaltsverzeichnis

13

III. Sonderinsolvenzrecht in den USA  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 IV. Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 D.

Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 I. Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1.

Erfasste Institute im deutschen Sonderinsolvenzrecht  .. . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Anwendungsbereich des § 46 KWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Der Begriff des Kreditinstituts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (1) Unternehmen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (2) Gewerbsmäßiges Betreiben oder kaufmännische Einrichtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 ( 3 ) Bankgeschäfte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 (a) Einlagengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (b) Pfandbriefgeschäft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (c) Kreditgeschäft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (d) Diskontgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (e) Finanzkommissionsgeschäft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (f) Depotgeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (g) Revolvinggeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 (h) Garantiegeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (i) Scheckeinzugs-, Wechseleinzugs- und Reisescheck­ geschäft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 (j) Emissionsgeschäft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (k) Zentrale Gegenpartei  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 (4) Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 bb) Der Begriff des Instituts  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (1) Finanzdienstleistungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (a) Anlagevermittlung, Anlageberatung und Finanzport­ folioverwaltung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (b) Betrieb eines multilateralen Handelssystems  . . . . . . . 135 (c) Platzierungsgeschäft .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (d) Abschlussvermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (e) Eigenhandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (f) Anlageverwaltung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (g) Eingeschränktes Verwahrgeschäft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (h) Eigengeschäft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (i) Sonstige Finanzdienstleistungen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 (2) Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 b) Anwendungsbereich des SAG und der SRM-VO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 aa) CRR-Kreditinstitute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 bb) CRR-Wertpapierfirmen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Inhaltsverzeichnis

14

cc) Institutsgruppen und Finanzkonglomerate  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Inländische Unionszweigstellen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Anwendungsvorrang der SRM-VO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anwendungsbereich des Sanierungs- und Reorganisations­verfahrens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Erfasste Institute im US-Sonderinsolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Definition des Einlageninstitutes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Der Begriff der bank  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Der Begriff der savings association  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Erfasste Tätigkeiten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Umfang der erlaubnispflichtigen Geschäfte  .. . . . . . . . . . . . . . (2) Einlagengeschäft (receiving deposits)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Darlehensgeschäft (making discounts)  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zahlungsverkehr (receiving for transmission or transmitting money in any manner whatsoever)  .. . . . . . . . . . (5) Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Einschränkung auf versicherte Einlageninstitute  . . . . . . . . . . . . . b) Definition des Finanzinstituts nach dem Dodd-Frank Act  . . . . . . . . . . aa) Übersicht über den Begriff des Finanzinstituts  . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bankholdinggesellschaft  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Finanzinstitute unter der Aufsicht der Fed  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Definition einer nonbank financial company  .. . . . . . . . . . . . . (2) Voraussetzung der Gefahr für das US-Finanzsystem  . . . . . . dd) Sonstige vorrangig im Finanzgeschäft tätige Gesellschaften  .. ee) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassende Bewertung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Kriterium der Systemrelevanz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.

149 150 151 152 152 153 154 154 154 155 155 156 158 161 161 162 162 163 163 165 165 167 168 168 169 172

Voraussetzung der Systemrelevanz in Deutschland  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Rechtslage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Indizien für das Vorliegen einer Systemgefährdung  . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Art und Umfang der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Unternehmen des Finanzsektors (§ 67 Abs. 2 Nr. 1 SAG a.F.)  . 177 bb) Umfang der aufgenommenen Einlagen (§ 67 Abs. 2 Nr. 2 SAG a.F.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 cc) Art und Umfang der eingegangenen Risiken und die Verhält­nisse auf den Märkten, auf denen die Positionen gehandelt werden (§ 67 Abs. 2 Nr. 3 SAG a.F.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 dd) Vernetzung mit anderen Finanzmarktteilnehmern (§ 67 Abs. 2 Nr. 4 SAG a.F.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 ee) Verhältnisse auf den Finanzmärkten (§ 67 Abs. 2 Nr. 5 SAG a.F.)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179

Inhaltsverzeichnis

15

ff) Die Komplexität der Geschäfte (§ 67 Abs. 2 Nr. 6 SAG a.F.)  .. 179 gg) Grenzüberschreitende Tätigkeiten (§ 67 Abs. 2 Nr. 7 SAG)  . . . 180 hh) Ersetzbarkeit der angebotenen Dienstleistungen und Systeme (§ 67 Abs. 2 Nr. 8 SAG)  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 ii) Größe des Kreditinstituts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 jj) Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 c) Systemrelevante Banken in Deutschland  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 2. Voraussetzung der Systemrelevanz in den USA  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) Rechtslage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Indizien für das Vorliegen einer Systemrelevanz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 aa) Anteil der Verbindlichkeiten (§ 113 (a)(2)(A) Dodd-Frank Act)  186 bb) Umfang und Art außerbilanzieller Risiken und Überwachung des Instituts (§ 113 (a)(2)(B) und (H) Dodd-Frank Act)  . . . . . . . 186 cc) Bedeutung für die Realwirtschaft (§ 113 (a)(2)(E) Dodd-Frank Act)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 dd) Umfang der Vermögensverwaltung für Dritte  . . . . . . . . . . . . . . . . 188 ee) Art des Geschäfts, der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 3. Probleme der Abgrenzung nach geltendem Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 a) Verbesserung der Definition des Kriteriums der Systemrelevanz  . . . 189 aa) Kriterien für die direkte Ansteckung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Kriterien für die indirekte Ansteckung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Wegfall des Kriteriums der Systemrelevanz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 III. Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens  .. . . . . . . . . . . . . 194 1.

Definition einer Krisensituation in den Rechtsordnungen  .. . . . . . . . . . . . a) Grundsätzliche Erwägungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutsches Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Sachlicher Anwendungsbereich des § 46 KWG  . . . . . . . . . . . . . . . (1) Verpflichtungen eines Instituts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Begriff der Gefahr  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Abwicklungsvoraussetzungen nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Überschuldung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zahlungsunfähigkeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Qualifizierter Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Anforderungen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Gefahr für die Verpflichtungen gegenüber Gläubigern  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Unzureichende Eigenmittel oder Liquidität  . . . . . . . . . (c) Gründe zur anfänglichen Erlaubnisversagung  . . . . . . (d) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

194 194 200 200 200 201 204 204 209 212 213 213 215 217

Inhaltsverzeichnis

16

(4) Unterstützung durch staatliche Mittel  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Sachlicher Anwendungsbereich des KredReorgG  . . . . . . . . . . . . c) US-Recht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) FDIC-Abwicklungsregime .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Überschuldung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Zahlungsunfähigkeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Starke Verluste  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Verletzung der bankaufsichtsrechtlichen Kapital­vorschriften  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Gesetzesverstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Verlassen der Einlagensicherung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Unsafe and Unsound Conditions  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (8) Zustimmung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (9) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Voraussetzungen nach dem Dodd-Frank Act  . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Überschuldung und drohende Überschuldung  . . . . . . . . . . . . (2) Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit  .. (3) Fälle der Anwendung des Bankruptcy Code  . . . . . . . . . . . . . . (4) Starke Verluste  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kompetenz zur Feststellung einer Krisensituation  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Zuständige Behörde  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeine Insolvenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Bankeninsolvenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Beurteilungs- und Ermessensspielraum der zuständigen Behörde  .. 3. Zusammenfassende ökonomische Beurteilung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

218 220 221 221 221 222 223 223 225 225 226 227 228 228 228 229 230 231 232 233 233 233 235 241 245

E. Instrumente  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 I. Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 II. Allgemeiner Teil  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 1.

Zahlungsverbot und Automatic Stay  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schwebende Geschäfte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Critical Vendor Exception  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderinsolvenzrecht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Kündigungsrechte der Vertragspartei  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Grundsatz .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderregeln für Finanzgeschäfte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zusammenfassung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Art des Verfahrens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dauer des Verfahrens  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

253 253 254 255 256 259 259 260 267 268 269

Inhaltsverzeichnis

17

b) Rechtssicherheit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Anfechtung  ........................................................... a) Grundlagen .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die Anfechtung im allgemeinen Insolvenzrecht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Die Anfechtung im Sonderinsolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Entzug der Bankerlaubnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Frühinterventionsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

271 271 271 272 276 278 279

1. Übersicht  ............................................................. 2. Das Sanierungsverfahren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Maßnahmen nach dem KWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Beschränkung der Geschäftsführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einschränkung der Zahlungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Maßnahmen nach dem SAG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtliche Würdigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahren zur Reorganisation des Instituts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

279 279 281 281 282 284 286 287

1. Übersicht  ............................................................. 2. Verantwortung für die Durchführung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderinsolvenzverfahren .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Brückenfinanzierung  ................................................. a) Allgemeines Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderinsolvenzrecht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Behebung der Überschuldung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Chapter 11  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Klassisches Insolvenzplanverfahren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Annahme des Insolvenzplans  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Obstruktionsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Pre-packaged Verfahren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Insolvenzplanverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Annahme des Insolvenzplans  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Obstruktionsverbot .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Zustimmung des Schuldners  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Pre-packaged Verfahren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bankeninsolvenzrecht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Reorganisationsverfahren des KredReorgG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gläubigerbeteiligung im SAG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rangfolge der Verbindlichkeiten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

287 289 289 291 293 293 295 298 298 298 300 301 302 302 304 304 305 306 309 310 311 311 315 315 315

18

Inhaltsverzeichnis (a) Kapitalinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten  . . . . . . . . (3) Mindestwandlungskapital und Beteiligung des Abwicklungsfonds  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Zugrunde liegende Unternehmensbewertung  . . . . . . . . . . . . . c) Verwendung von Zwangswandelanleihen als alternative Reorganisationsmöglichkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Vergleichende Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Finanzierung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Verwalter .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Reorganisation der Verbindlichkeiten  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfahrensdauer .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahren zur übertragenden Sanierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

316 317

324 330 331 332 333 334 335

1. Übersicht  ............................................................. 2. Vollständiger Verkauf  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines Insolvenzverfahren  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Unternehmensverkauf durch den Insolvenzplan  . . . . . . . . . . . . . . bb) Der § 363 Sale im Bankruptcy Code  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Unternehmensveräußerung nach §§ 159, 160 InsO  .. . . . . . . . . . . b) Bankeninsolvenzrecht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Purchase and Assumption Transaction  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Reorganisationsplan und Übertragungsanordnung  . . . . . . . . . . . (1) Qualifizierung des übernehmenden Rechtsträgers  . . . . . . . . (2) Verfahren der übertragenden Sanierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Gegenleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ausgleichsverbindlichkeit im SAG  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Gesamtschuldnerische Haftung im KredReorgG  . . . . . . . . . . c) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Partielle Übertragung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Auswahl der Vermögensgegenstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Negative Auswahlkriterien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Positive Auswahlkriterien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rückübertragung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gläubigerschutz  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Brückeninstitut  ....................................................... a) US-Recht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gründung und Privilegierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Finanzierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutsches Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

335 336 336 336 337 339 342 342 345 345 347 348 349 350 351 352 352 353 354 356 358 360 361 361 362 362 363

321 323

Inhaltsverzeichnis

F.

19

aa) Gründung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Lizensierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Privilegierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . dd) Finanzierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Beendigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Maßnahmen beim übernehmenden Rechtsträger  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) US-Recht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Deutsches Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Kritische Würdigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Verfahren zur Stilllegung des Instituts  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

363 364 364 365 366 367 367 369 371 373

1. Übersicht  ............................................................. ................................................ 2. Liquidationsverfahren  a) Allgemeines Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderinsolvenzrecht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Stilllegung nach dem US-Sonderinsolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . bb) Stilllegung nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz  . . . 3. Verteilung des Erlöses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Allgemeines Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Bankruptcy Code  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Insolvenzordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sonderinsolvenzrecht .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) US-Sonderinsolvenzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Federal Deposit Insurance Act  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Dodd-Frank Act  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Deutsches Sonderinsolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Kritische Würdigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

373 374 374 377 377 379 380 381 381 384 388 388 388 390 393 394

Schlussbetrachtung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 I. Einführung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 399 II. Notwendigkeit eines Sonderinsolvenzrechts für Banken de lege lata  . . . . . . 399 III. Anpassungsbedarf des bestehenden Sonderinsolvenzrechts  .. . . . . . . . . . . . . . . 403 IV. Reformvorschläge zur Ermöglichung der Bankenabwicklungim allgemeinen Insolvenzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 409

Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Sachwortregister  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

2. FMStG

Zweites Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 2. FMStG) vom 24. 02. 2012, BGBl. I, S. 206

3. FMStG

Drittes Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Drittes Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 3. FMStG) vom 20. 12. 2012, BGBl. I, S. 2777

AbwMechG

Gesetz zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmecahnismusgesetz – ­AbwMechG) vom 2. 11. 2015, BGBl. I, S. 1864

AIF

Alternative Investmentfonds

AIG

American International Group

AktG

Aktiengesetz vom 6. 9. 1965, BGBl. I, S. 1089, in der Fassung vom 22. 12. 2015

Aktienrechts- novelle 2016

Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) vom 22. 12. 2015, BGBl. I, S. 2565

AnfG

Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz – AnfG) vom 5. 10. 1994, BGBl. I, S. 2911, in der Fassung vom 9. 12. 2010

AufsichtsRL

Richtlinie zur Durchführung und Qualitätssicherung der laufenden Überwachung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute durch die Deutsche Bundesbank (Aufsichtsrichtlinie – AufsichtsRL) vom 21. 02. 2008

BaFin

Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht

Bankruptcy Code Title 11 U.S.C. (Bankruptcy) vom 6. 11. 1978, in der Fassung vom 28. 7. 2015 BCFP

Bureau of Consumer Financial Protection

BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz vom 25. 9. 2001, BGBl. I, S. 2518, in der Fassung vom 20. 4. 2013

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) vom 2. 1. 2002, BGBl. I, S. 2909, in der Fassung vom 19. 2. 2016

BGBl. Bundesgesetzblatt BHCA

An Act to define bank holding companies, control their future expansion, and require divestment of their nonbanking interests (Bank Holding Company Act – BHCA) vom 9. 5. 1956, Public law 84 – 511, in der Fassung vom 28. 7. 2015

BIS

Bank for International Settlements

BörsenG

Börsengesetz (BörsenG) vom 16. 7. 2007, BGBl. I, S. 1330, in der Fassung vom 20. 11. 2015

Abkürzungsverzeichnis

21

BRRD

Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 173 vom 12. 06. 2014, S. 190

BRRD- Umsetzungs- gesetz

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) vom 10. 12. 2014, BGBl. I, S. 2091

BT-Drucks. Bundestagsdrucksache CAMELS

Capital adequacy, Assets, Management capability, Earnings, Liquidity, and Sensitivity

CDS

Credit Default Swap

CFR

Code of Federal Regulations

CoCo

Contingent Convertible

CRD IV

Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. L 176 vom 27. 06. 2013, S. 338

CRD IV- Umsetzungs- gesetz

Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28. 08. 2013, BGBl I, S. 3395

CRR

Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012, ABl. L 176 vom 27. 6. 2013, S. 1

DepotG

Gesetz über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren (Depotgesetz – DepotG) vom 11. 1. 1995, BGBl. I, S. 34, in der Fassung vom 31. 8. 2015

Dodd-Frank Act Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act vom 21. 07. 2010, Pub.L. 111–203, H.R. 4173 EBA

European Banking Authority

EESA

Emergency Economic Stabilization Act vom 03. 10. 2008, Pub. L. No. 110 – 343, 122 Stat. 3765

22

Abkürzungsverzeichnis

EinSiG

Einlagensicherungsgesetz, Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (DGSD-Umsetzungsgesetz), BGBl. I, 2015, S. 786

ESUG

Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7. 12. 2011, BGBl. I, S. 2582

EZB

Europäische Zentralbank

FDIA

Title 12 U.S.C. Chapter 16, in der Fassung vom 28. 7. 2015

FDIC

Federal Deposit Insurance Company

FDICIA

An Act to reform Federal deposit insurance, protect the deposit insurance funds, recapitalize the Bank Insurance Fund, improve supervision and regulation of insured depository institutions, and for other purposes (Federal Deposit Insurance Improvement Act – FDICIA) vom 19. 12. 1991, Publ. L. 102.242

Fed

Federal Reserve Bank

FHFA

Federal Housing Finance Agency

FKAG

Gesetz zur zusätzlichen Aufsicht über beaufsichtigte Unternehmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz – FKAG) vom 27. 6. 2013, BGBl. I, S. 1862, in der Fassung vom 1. 4. 2015

FMS Finanzmarktstabilisierungsfonds FMSA Finanzmarktstabilisierungsanstalt FMSAKostV

Verordnung über die Erstattung und Umlage von Kosten der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Kostenverordnung – FMSAKostV) vom 6. 11. 2015, BGBl. I., S. 1928

FMStBG

Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfond – FMS“ (Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz – FMStBG), Art. 2 des FMStG, in der Fassung vom 22. 12. 2015

FMStErgG

Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz) vom 07. 04. 2009, BGBl. I 2009, S. 725

FMStFG

Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz – FMStFG), Art. 1 des FMStG, in der Fassung vom 2. 11. 2015

FMStFV

Verordnung zur Durchführung des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes (Finanzmarktstabilisierungsfondsverordnung) vom 20. 10. 2008, eBAnz AT123 2008 V1

FMStG

Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) vom 17. 10. 2008, BGBl. I, S. 1982 in der Fassung vom 5. 12. 2012

FSB

Financial Stability Board

FSOC

Financial Stability Oversight Council

GG

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vom 23.  5.  1949, BGBl. I, S. 1, in der Fassung vom 23. 12. 2014

Abkürzungsverzeichnis

23

HERA

Housing and Economic Recovery Act of 2008 vom 30.  07.  2008, Pub. L. No. 110 – 289, 122 Stat. 2654

HGB

Handelsgesetzbuch vom 10. 5. 1897, RGBl. S. 219, in der Fassung vom 22. 12. 2015

HRE

Hypo Real Estate

IFRS

International Financial Reporting Standards

IKB

IKB Deutsche Industriebank

InsO

Insolvenzordnung (InsO) vom 5. 10. 1994, BGBl. I, S. 2866 in der Fassung vom 20. 11. 2015

IWF

Internationaler Währungsfonds

KAGB

Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) vom 4. 7. 2013, BGBl. I, S. 1981, in der Fassung vom 19. 2. 2016

KfW

Kreditanstalt für Wiederaufbau

KfWG

Gesetz über die Kreditanstalt für Wiederaufbau vom 23. 6. 1969, BGBl. I, S. 573, in der Fassung vom 31. 8. 2015

KredReorgG

Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten (Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz – KredReorgG), Art. 1 des Restrukturierungsgesetzes, in der Fassung vom 22. 12. 2015

KWG

Gesetz über das Kreditwesen (Kreditwesengesetz – KWG) vom 9. 12. 1998 in der Fassung vom 20. 11. 2015

LiqV

Verordnung über die Liquidität der Institute (Liquiditätsverordnung – LiqV) vom 14. 12. 2006, BGBl. I S. 3117

LTCM

Long Term Capital Management

MiFID

Richtlinie 2004/39/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Märkte für Finanzinstrumente, zur Änderung der Richtlinien 85/611/EWG und 93/6/EWG des Rates und der Richtlinie 2000/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 93/22/EWG des Rates, ABl. L 145 vom 30. 4. 2004, S. 1

MiFID II

Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl. L 173 vom 12. 6. 2014, S. 349

MMF

Money Market Fund

OLA

Orderly Liquidation Authority, Title 2 des Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act

OTC

Over the Counter

P&A

Purchase and Assumption

PfandBG

Pfandbriefgesetz (PfandBG) vom 22. 5. 2005, BGBl. I, S. 1373, in der Fassung vom 2. 11. 2015

Restrukturie- rungsgesetz

Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 09. 12. 2010, BGBl. I, S. 1900

24

RettungsG

Abkürzungsverzeichnis Gesetz zur Rettung von Unternehmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Rettungsübernahmegesetz – RettungsG), Art. 3 des FMStG, in der Fassung vom 22. 12. 2011

RStruktF Restrukturierungsfonds RStruktFG

Gesetz zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute (Restrukturierungsfondsgesetz – RStruktFG), Art. 3 des Restrukturierungsgesetzes, in der Fassung vom 2. 11. 2015

SAG

Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Instituten und Finanzgruppen (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz – SAG), Art. 1 des BRRDUmsetzungsgesetz, in der Fassung vom 2. 11. 2015

SGB III

Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) – Arbeitsförderung vom 24. 3. 1997, BGBl. I, S. 594, in der Fassung vom 21. 12. 2015

SPOE

Single Point of Entry

SPV

Special Purpose Vehicle

SRB

Single Resolution Board

SRM-VO

Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschriften und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, ABl. L 225/1 vom 30. 07. 2014

SSM-VO

Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl. L 287 vom 29. 10. 2013, S.  93

TARGET

Trans-European Automated Real-time Gross settlement Express Transfer System

TARP

Troubled Asset Relief Program

TLAC

Total Loss Absorbing Capital

U.S.C.

United States Code

WpHG

Gesetz über den Wertpapierhandel (Wertpapierhandelsgesetz – WpHG) vom 9. 9. 1998, BGBl. I, S. 2708, in der Fassung vom 20. 11. 2015

WpÜG

Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) vom 20. 12. 2001, BGBl. I, S. 3822, in der Fassung vom 20. 11. 2015

ZAG

Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) vom 25. 6. 2009, BGBl. I, S. 1506, in der Fassung vom 20. 11. 2015

ZPO

Zivilprozessordnung vom 5. 12. 2005, BGBl. I, S. 3202, in der Fassung vom 20. 11. 2015

ZVG

Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung vom 20. 5. 1898, RGBl. S. 713, in der Fassung vom 20. 11. 2015

A.  Einleitung I.  Hintergrund Durch die Finanzkrise, die im Jahr 2007 mit der Rettung der IKB und der Sachsen LB in Deutschland ihren Ausgang nahm und in der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Inc. ihren Höhepunkt erreichte, rückte das zuvor nur wenig beachtete Thema der Bankenabwicklung in den Fokus der Öffentlichkeit. Der deutsche Gesetzgeber reagierte mit einer Vielzahl von Rettungsgesetzen,1 begleitet von einem wissenschaftlichen Diskurs über die Ausgestaltung von Sonderregelungen für den Umgang mit Banken, deren Solvenz gefährdet ist.2 Dabei scheint weitgehend Einigkeit darüber zu bestehen, dass die gesetzlichen Möglichkeiten, insbesondere nach der Insolvenzordnung, den besonderen Anforderungen an eine Bankenabwicklung nicht gerecht werden.3 Als Konsequenz wurden im Bankaufsichtsrecht zwei eigenständige vorinsolvenzliche Verfahren, das Sanierungsverfahren und das Reorganisationsverfahren, etabliert, ein nationales Bankensanierungs- und Abwicklungsgesetz geschaffen und auf europäischer Ebene eine Bankenabwicklungsverordnung verabschiedet. Mit Hilfe der neuen Regeln können die zuständigen Behörden nunmehr Banken eigenverantwortlich abwickeln, ohne dass das Insolvenzrecht zur Anwendung käme. Damit erfolgte eine Annäherung an die Vorgehensweise nach US-amerikanischem Recht, in dem die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) schon seit 1933 für die Abwicklung von Einlageninstituten unter Ausschluss des Insolvenzrechts zuständig ist. Maßnahmen wie die neu eingeführte Übertragungsanordnung oder die Etablierung von Brückenbanken basieren weitgehend auf vergleichbaren Instrumenten der FDIC.4 Die Abwicklung von Einlageninstituten und sonstigen Finanzinstituten waren in der US-Rechtsordnung lange Zeit klar voneinander getrennt. Während die FDIC für die Abwicklung von Einlageninstituten zuständig war, wurden sonstige Finanz­institute nach Maßgabe des allgemeinen Insolvenzrechts abgewickelt. Gerade die Schieflage der sonstigen Finanzinstitute stellte in der Finanzkrise aber eine Bedrohung für die Finanzmärkte dar, so dass in den USA im Nachgang der Krise eine intensive wissenschaftliche und politische Debatte über die Unzulänglichkeiten des Insolvenzrechts für die Abwicklung von Finanzinstituten ohne Ein-

1 

Vgl. Kapitel III. 1. Vergleiche zum Stand der Forschung sogleich unter II. 3  Hopt et al., WM 2009, 821; Müller-Eising et al., Betriebsberater 2011, 66; Schelo, NJW 2011, 186. 4  Vgl. 12 U.S.C. § 1821 (n) und 12 U.S.C. § 1823(c)(2)(a). 2 

26

A.  Einleitung

lagengeschäft geführt wurde.5 Mit der Einführung eines neuen Abwicklungsregimes im 2. Titel des Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act (Dodd-Frank Act) für alle systemrelevanten Finanzinstitute, die nicht unter das FDIC-Regime fallen, reagierte der Gesetzgeber auf die öffentliche Kritik. Diese sogenannte Orderly Liquidation Authority (OLA) orientiert sich an dem Abwicklungsmechanismus für Einlageninstitute in den USA und weicht damit die klare Unterscheidung zwischen Einlageninstituten und sonstigen Finanzinstituten bei der Abwicklung auf.6 Sowohl der deutsche als auch der US-Gesetzgeber haben sich demnach für die Einführung von Sonderregelungen für die Abwicklung von Finanzinstituten und damit gegen die Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechtes entschieden. Begründet wurde dies in der Literatur zumeist damit, dass das Insolvenzrecht den Besonderheiten der Bankwirtschaft nicht hinreichend Rechnung tragen könne.7 Die für diese Annahme notwendige fundierte Analyse des Insolvenzrechts und die damit verbundene Darstellung der Schwächen des Insolvenzverfahrens wurden hingegen bisher nicht hinreichend vorgenommen.8 Die vorliegende Arbeit vergleicht die Möglichkeiten zur Abwicklung von Banken im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts mit jenen im Rahmen der neu geschaffenen Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts. Die Analyse wird vor dem Hintergrund der ökonomischen Zielsetzung eines Bankeninsolvenzverfahrens vorgenommen. Im Gegensatz zu den Zielen eines klassischen Insolvenzverfahrens, das die Maximierung des Erlöses für die Gläubiger in den Mittelpunkt stellt, müssen bei einer Bankeninsolvenz weitere Faktoren berücksichtigt werden. Der Schutz von Einlegern, des Zahlungsverkehrs und des Finanzsystems als Ganzes konkurriert mit den Gläubigerinteressen. Darüber hinaus sind Banken durch ihre langfristigen Forderungen und kurzfristigen Verbindlichkeiten außerordentlich instabil. Bei dem Verlust des Vertrauens in eine Bank besteht die Gefahr, dass alle Einleger zeitgleich ihre Einlagen abziehen und damit einen bank run verursachen. Reicht die Liquidität der Bank in einer derartigen Situation nicht aus, um die Ansprüche aller Einleger zu befriedigen, besteht für das Institut die Gefahr einer Insolvenz. Findet ein Vertrauensverlust in größerem Ausmaß statt, so ist schlimmstenfalls das gesamte Finanzsystem gefährdet. Die Untersuchung der Frage, ob eine ökonomisch effiziente Abwicklung eines Finanzinstituts durch ein Sonderinsolvenzrecht für Banken besser erreicht werden kann als durch das allgemeine Insolvenzrecht, steht daher im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit. 5  Banking Committee of the US Senate, S. Hrg. 111 – 179, S. 38, 85, 86, 108; Armour, Bank Resolution Regimes, S. 4; Herring, Why and How Resolution Policy Must Be Improv­ ed, S. 171; Kaufman, Living Wills, S. 194, 198; Kriminger, Ending Too Big to Fail, S. 281, 305; Ojo, MPRA 2011, S. 1, 2. 6 Vgl. Tenhundfeld et al., Summary of Title II, S. 9. 7  Armour, Bank Resolution Regimes, S. 4; Dombret, Are banks different, S. 27. 8  Vgl. zum Stand der Forschung II.

II.  Forschungsstand

27

Auch wenn das Bankaufsichtsrecht darauf abzielt, die Insolvenzgefahr so weit wie möglich zu reduzieren, werden zweifellos auch zukünftig Banken abgewickelt werden müssen.9 In Deutschland und in den USA wurden die Gesetzgeber aktiv, um diese Abwicklung ohne die finanzielle Beteiligung des Staates zu ermöglichen und gleichzeitig einen Zusammenbruch des Finanzsystems zu verhindern. Ein Vergleich der unterschiedlichen Abwicklungsregime des Insolvenzrechts und des Sonderinsolvenzrechts beider Jurisdiktionen soll dazu beitragen, Stärken und Schwächen der unterschiedlichen Systeme herauszuarbeiten und darauf basierend Verbesserungsmöglichkeiten vorzuschlagen. In diesem Zusammenhang wird auch zu der bislang nicht näher erörterten Frage Stellung genommen, inwiefern das allgemeine Insolvenzrecht für die Bankenabwicklung geeignet ist und welche Vorteile ein Sonderinsolvenzrecht im Vergleich dazu erzielen kann.

II.  Forschungsstand 1.  Ansätze der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Literatur Das Themenfeld der Bankenabwicklung wird sowohl in der rechts- als auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur untersucht. Während sich die juristische Fachdiskussion in der Regel mit den Voraussetzungen und Rechtsfolgen der entsprechenden Normen befasst, fokussiert der ökonomische Diskurs vor allem, welche Anreize durch unterschiedliche Abwicklungssysteme gesetzt werden. Dabei geht die Mehrzahl der wirtschaftswissenschaftlichen Autoren allerdings nicht auf einzelne Regelungen ein, sondern betrachtet Abwicklungsregime aus einer Makroperspektive. Sowohl die wirtschaftswissenschaftliche als auch die rechtswissenschaftliche Herangehensweise tragen zu einer umfassenden Analyse des Rechts bei, sind aber im Einzelnen unvollständig. In der juristischen Auseinandersetzung wird häufig das mit der Abwicklung verfolgte ökonomische Ziel außer Acht gelassen, ohne dessen Berücksichtigung ein Vergleich unterschiedlicher Systeme nicht sinnvoll vorgenommen werden kann. Der Sinn einer rechtsdogmatischen Untersuchung besteht in der Analyse der Wirkung bestimmter Regelungen. Die Wirkung von Normen kann jedoch nicht losgelöst von ihrem Anwendungskontext erfolgen. Im Bereich der Bankenabwicklung stehen ökonomische Ziele im Vordergrund, so dass eine Analyse des Rechts vor diesem Hintergrund naheliegt. In der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur wird zwar der ökonomische Kontext ausführlich untersucht, allerdings wird nicht hinreichend Rücksicht auf die Wirkungsweise verschiedener Normen genommen. Gerade rechtliche Details können aber ausschlaggebend für die Effizienz einer organisierten Abwicklung sein. Die Weiterentwicklung des Rechts ist nur unter Berücksichtigung seiner konkreten 9  So auch der Internationale Währungsfonds: IMF, Resolution of Cross-Border Banks, S. 6.

28

A.  Einleitung

Ausgestaltung möglich. Eine fundierte ökonomische Analyse der einzelnen Normen im Hinblick auf ihre Funktion und die damit verbundenen Anreize kann nicht durch eine mehr oder weniger oberflächliche Gesamtschau ersetzt werden. Die Stärken beider Herangehensweisen lassen sich durch eine Zusammenführung nutzen und ermöglichen damit eine umfassende ökonomische Analyse des Rechts. Diese ist in den beiden vorliegend diskutierten Jurisdiktionen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während in den USA eine lange Tradition der ökonomischen Analyse des Rechts besteht, finden sich in Deutschland erst im jüngeren Fachdiskurs vergleichbare Arbeiten. 2.  Deutscher Forschungsstand In der rechtswissenschaftlichen Literatur hat sich eine Vielzahl von Autoren mit dem im Nachgang zur Finanzkrise geschaffenen Bankeninsolvenzrecht auseinandergesetzt.10 Die wohl umfangreichsten Darstellungen stammen von Greier und Schmitt11, von Schuster und Westpfahl12 sowie von Zimmer und Fuchs13. Alle genannten Aufsätze beschränken sich aber auf eine übersichtsartige Erläuterung der neuen Regelungen, ohne auf einzelne Normen vertieft einzugehen oder gar eine Analyse der Instrumente vor dem Hintergrund der verschiedenen ökonomischen Probleme einer Bankeninsolvenz vorzunehmen. In den Aufsätzen von Amend14 und Eidenmüller15 hingegen werden die neuen Regelungen mit den Möglichkeiten des Insolvenzrechts verglichen. Während Amend zu dem Ergebnis gelangt, das Insolvenzplanverfahren sei mit leichten Anpassungen auch für die Abwicklung systemrelevanter Finanzinstitute geeignet, begründet Eidenmüller mit Hilfe der unterschiedlichen Zielsetzungen bei der Abwicklung von Banken im Vergleich zu anderen Unternehmen, dass ein Sonderinsolvenzrecht zu bevorzugen sei. Beide Aufsätze beschränken sich aber auf die Betrachtung der Konzepte als Ganzes und untersuchen die vorhandenen Instrumente

10  Vgl. nur Binder, ZBB 2012, 417 ff.; Bormann, NZI 2011, 892; Müller-Eising et al., Betriebs Berater 2012, 466; Geier, BKR 2010, 144; Feyerabend/Behnes/Helios, Ubg 2011, 795; Geier/Schmitt/Petrowsky, BKR 2011, 497; Henze, Einheitliche Abwicklung für Europas Banken, 2016; Herring/Fiedler, WM 2011, 1311; Höche, WM 2011, 49; Hopt et al., WM 2009, 821; Jacoby, ZGR 2010, 359; Müller, KTS 2011, 1; Müller-Eising et al., Betriebs-Berater 2011, 66; Obermüller, NZI 2011, 81; Obermüller, ZInsO 2010, 2016; Poelzig, ZBB 2012, 412; Riethmüller, WM 2010, 2295; Schelo, NJW 2011, 186; Spetzler, KTS 2010, 433; Westpfahl, ZGR 2010, 385; Wolfers/Voland, WM 2011, 1159; in Teilen auch Pflock, Europäische Bankenregulierung, 2014. 11  Geier/Schmitt, Ablauf der Krise eines Kreditinstituts. 12  Schuster/Westpfahl, Der Betrieb 2011, 221 ff., 282 ff. 13  Zimmer/Fuchs, ZGR 2010, 597 ff. 14  Amend, ZIP 2009, 589. 15  Eidenmüller, in: FS Hopt, S. 1713 ff.

II.  Forschungsstand

29

nicht im Einzelnen. In dem Sachverständigengutachten von Binder16 wird die Reformbedürftigkeit des deutschen Rechts im Hinblick auf eine verbesserte Abwicklung von Banken dargestellt, die Empfehlungen bleiben dabei allerdings abstrakt. Eine Kommentierung der neu geschaffenen Normen des Kreditinstitutereorganisationsgesetzes (KredReorgG) findet sich bisher lediglich in dem Kommentar von Boos, Fischer und Schulte-Mattler17. Zu den Normen des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) und der SRM-Verordnung liegen bislang keine Kommentare vor. Teilweise kann aber auf die Kommentierung von Vorgängermaßnahmen im KWG zurückgegriffen werden. Diese findet sich in den Kommentaren von Beck, Samm und Kokemoor18, Boos, Fischer und Schulte-Mattler19, Schwennicke und Auerbach20 sowie von Luz21. Ein umfassender Vergleich zwischen Instrumenten des Insolvenzrechts und des neu geschaffenen Bankeninsolvenzrechts in Deutschland oder zwischen dem deutschen und dem US-Sondernisolvenzrecht hat, soweit ersichtlich, hingegen bisher nicht stattgefunden.22 Vor der Finanzkrise sind nur wenige Werke entstanden, die sich ausführlicher mit der Bankeninsolvenz auseinandersetzten. Als richtungsweisend kann wohl die im Jahre 2005 veröffentlichte Dissertation von Binder mit dem Titel „Bankeninsolvenz im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht“23 betrachtet werden, die sich erstmals detailliert mit den Maßnahmen zur Abwicklung von Banken in Deutschland auseinandersetzt. Darin stellt er insbesondere das deutsche Recht zur Bankenabwicklung dem Englischen Recht gegenüber. Weiterhin haben die Monografien von Pannen24 und Beger25 das Thema Bankeninsolvenz behandelt. Beide beziehen sich im Wesentlichen auf die Rechtslage vor der Krise und untersuchen die neue Rechtslage nur am Rande. Auch finden ökonomische Gesichtspunkte in beiden Arbeiten nur unzureichend Beachtung. Während sich Pannen vollständig auf eine rechtliche Erläuterung der bestehenden Normen beschränkt, geht Beger zumindest in Teilen auf ihre ökonomischen Implikationen ein. Dennoch bleibt die ökonomische Analyse eher oberflächlich. Vergleichbares gilt auch für das Werk von Obermüller mit dem vielversprechenden Titel „Insolvenzrecht in der Bankpra16 

Binder, Sachverständigengutachten. Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz. 18  Beck/Samm/Kokemoor, Kreditwesengesetz mit CRR. 19  Boos/Fischer/Schulte-Mattler, Kreditwesengesetz. 20  Schwennicke/Auerbach, KWG Kreditwesengesetz. 21  Luz, KWG und CRR. 22  Eine Übersicht über Instrumente des US-Sonderinsolvenzrechts mit einer Bewertung erfolgte in Binder, ZBB 2009, 19. 23  Binder, Bankeninsolvenz im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht. 24  Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten. 25  Beger, Bankenkrise und Insolvenzrecht. 17 

A.  Einleitung

30

xis“26. Obermüller analysiert hier detailliert das Insolvenzrecht und die Regeln zur Bankenabwicklung, scheut aber den direkten Vergleich zwischen beiden Systemen. Der Ausbruch der Finanzkrise offenbarte eine Vielzahl von Schwächen im bestehenden Recht, die den deutschen und den europäischen Gesetzgeber veranlassten, die Befugnisse der Bankaufsichts- und Abwicklungsbehörden durch das Restrukturierungsgesetz, das Sanierungs- und Abwicklungsgesetz und die SRM-Verordnung deutlich zu erweitern, so dass die heutige Rechtslage mit derjenigen vor der Krise kaum noch zu vergleichen ist. Die bisher vorliegende rechtswissenschaftliche Literatur hat sich nur ansatzweise mit den neuen Regelungen des Bankeninsolvenzrechts beschäftigt, so dass die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Aufarbeitung weiterhin besteht. In der ökonomischen Literatur finden sich lediglich ein Aufsatz von Franke und Krahnen 27 und die Dissertation von Rapp28, in welchen Bezug auf das neuere Recht zur Bankenabwicklung genommen wird. Der Aufsatz beschreibt die Ziele einer Bankenrestrukturierung und untersucht, inwieweit vorhandene Regelungen geeignet sind, sie zu erreichen. Ein Vergleich mit dem Insolvenzrecht oder eine eingehendere Betrachtung des rechtlichen Instrumentariums erfolgen jedoch nicht. Das vorliegende Werk untersucht im Wesentlichen Entscheidungsprozesse bei Reorganisation von Kreditinstituten im KredReorgG. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass eine eingehende Untersuchung der nach der Finanzkrise geschaffenen Regelungen zur Abwicklung von Banken in Deutschland noch aussteht. 3.  US-amerikanischer Forschungsstand Die wissenschaftlichen Untersuchungen der Regelungen zur Bankenabwicklung in den USA sind deutlich zahlreicher und detaillierter. Im Nachgang zur Finanzkrise wurde dort das Abwicklungsregime für systemrelevante Finanzinstitute, welche kein Einlagengeschäft betreiben, durch den Dodd-Frank Act maßgeblich geändert. Während diese Institute zuvor noch unter das allgemeine Insolvenzrecht des Bank­ ruptcy Code fielen, werden sie nun unter Verantwortung der FDIC abgewickelt.29 Schon vor der Erweiterung der Kompetenzen der FDIC fand eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Sonderbehandlung von Banken in der Insolvenz statt.30 Die Gesetzesänderung löste aber eine deutlich weitreichendere Diskus­sion über die Vor- und Nachteile eines separaten Abwicklungsregimes aus.31 Gegen 26 

Obermüller, Insolvenzrecht in der Bankpraxis. Franke/Krahnen, ZBB 2012, 399 ff. 28  Rapp, Zur Sanierungs- und Reorganisationsentscheidung von Kreditinstituten. 29  Baird/Morrison, Am. Bankr. Inst. L. Rev. 2011, 287. 30  Vgl. insbesondere Swire, Duke L. J. 1992, 469. 31  Bliss/Kaufman, Journal of Economic Perspectives, 2006, 44; Carpenter, Insolvency of Systemically Significant Financial Companies; Carpenter, Lehman Brothers and Indy27 

II.  Forschungsstand

31

ein separates Regime sprechen sich insbesondere Skeel und Jackson aus. Skeel vertritt in seiner Monografie „The New Financial Deal“32 die Auffassung, dass die Ausweitung der Verantwortung der FDIC für die Abwicklung von insolventen Finanzinstituten nicht gerechtfertigt sei, indem er Schwächen dieser Behörde für die Abwicklungen großer Banken aufzeigt.33 Stattdessen sei ein angepasstes allgemeines Insolvenzrecht zur Abwicklung großer Finanzinstitute einem Sonderinsolvenzrecht vorzuziehen.34 Auch die Autoren der Beiträge in den Sammelbänden „Bankruptcy not Bailout“35 und „Making Failure Feasible“36 sind der Ansicht, dass das Insolvenzrecht aufgrund seiner Transparenz besser zur Abwicklung von Banken geeignet sei als die weitgehend im Ermessen der FDIC liegende Abwicklung im Rahmen eines Sonderinsolvenzrechts. Beachtung fand auch der Vorschlag von Jackson, ein weiteres Kapitel im Bankruptcy Code für die Abwicklung von Finanz­ instituten zu schaffen, welches er anfänglich als Chapter 11F37 und in der Folge als Chapter 1438 bezeichnete. Darüber hinaus haben sich weitere Autoren kritisch zum neuen Abwicklungsregime unter dem Dodd-Frank Act geäußert.39 In der Literatur zum US-Recht wird aber wohl überwiegend die Position vertreten, dass ein Sonderinsolvenzrecht benötigt wird.40 Dafür wird regelmäßig angeführt, Banken unterschieden sich derart stark von sonstigen Unternehmen, dass dies auch in der Abwicklung berücksichtigt werden müsse. Insbesondere unterschieden sich die Ziele einer allgemeinen Insolvenz von denen einer Bankeninsolvenz. Während im Rahmen ersterer das Ziel allein in der Maximierung des Insolvenzerlöses und seiner Aufteilung unter den Gläubigern nach Seniorität liege, müssten in letzterer insbesondere Auswirkungen auf das Bankensystem verringert werden.41 Mac; Cohan/Goldstein, The Case for an Orderly Resolution Regime; FDIC, The Orderly Liquidation of Lehman Brothers Holdings, S. 31; Fed, Study on the Resolution of Financial Companies; Hardee, North Carolina Banking Institute Journal 2011, 259; Morrison, Temp. L. Rev., 449. 32  Skeel, The New Financial Deal. 33  Skeel, The New Financial Deal, S. 122. 34  Skeel, The New Financial Deal, S. 155. 35  Scott/Taylor, Bankruptcy Not Bailout. 36  Scott/Jackson/Taylor, Making Failure Feasible. 37  Jackson, Chapter 11F, S. 217. 38  Jackson, Bankruptcy Code Chapter 14, S. 25. 39  Lubben, Seattle University Law Review, 2011, 1259 f.; Ayotte/Skeel, The Journal of Corporation Law, 2010, 469. 40  Dombret, Are banks different, S. 27 f.; Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bank­ ruptcy Law, S. 133 f.; Hüpkes, Insolvency; Bliss/Kaufman, Journal of Economic Perspectives, 44 f.; Bennett/Unal, Journal of Financial Stability 2014, S. 18 f. kommen zu dem Ergebnis, dass eine Abwicklung in der Verantwortung der FDIC unter Verwendung des Sonderinsolvenzrechts billiger ist als eine Abwicklung unter allgemeinem Insolvenzrecht. 41 Vgl. Hüpkes, Insolvency, S. 12.

32

A.  Einleitung

Aus der Diskussion über die Gründe für und gegen ein Sonderinsolvenzrecht für systemrelevante Finanzinstitute in den USA und den Anpassungsvorschlägen des Bankruptcy Code zur effizienten Abwicklung können wertvolle Erkenntnisse für die Beurteilung der Regelungen zur Bankenabwicklung in Deutschland gewonnen werden. Viele Instrumente der BaFin im Bereich der Bankeninsolvenz sind mit denen der FDIC vergleichbar. Während in den USA eine Abwicklung im Rahmen von Chapter 11 des Bankruptcy Code diskutiert wird, stünde in Deutschland das Insolvenzplanverfahren als Alternative zu einem Sonderinsolvenzrecht zur Verfügung, welches möglicherweise für die Abwicklung von Finanzinstituten angepasst werden könnte. Auch die ökonomische US-Fachliteratur zur Bankeninsolvenz kann zur Analyse des deutschen Rechts herangezogen werden. Die mit verschiedenen Maßnahmen verbundenen wirtschaftlichen Auswirkungen sind regelmäßig in beiden Jurisdiktionen vergleichbar. Die wirtschaftswissenschaftliche Literatur bezieht sich nicht auf konkrete Ausgestaltungen des Insolvenzrechts, sondern untersucht dessen Wirkungsweise abstrakt. Dies ermöglicht die Untersuchung verschiedener Regelungssysteme vor dem Hintergrund der allgemeingültigen ökonomischen Erwägungen der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur. Neben der umfangreichen ökonomischen Literatur in den USA zum allgemeinen Insolvenzrecht42 widmet sich auch eine Vielzahl von Autoren speziell den ökonomischen Besonderheiten einer Bankeninsolvenz.43 Damit besteht in den USA ein deutlich umfangreicherer wirtschaftswissenschaftlicher Diskurs zu den Auswirkungen einer Bankenabwicklung als in Deutschland. Unter Berücksichtigung der dabei gewonnenen Erkenntnisse lassen sich auch die deutschen Vorschriften aus ökonomischer Sicht analysieren. Insgesamt ist die Analyse des Bankeninsolvenzrechts aus rechtlicher wie aus ökonomischer Sicht in den USA deutlich weiter fortgeschritten als in Deutschland. Ein Vergleich beider Rechtsgebiete unter Heranziehung der US-amerikanischen Literatur verspricht damit einen Mehrwert für die ökonomische Analyse der Bankenabwicklung zu liefern.

42  Vgl. nur die Sammelbände von Morrison, Economics of Bankruptcy Volume 1 und 2, 2012 mit insgesamt 45 Beiträgen. 43  Beck/Laeven, Resolution of Failed Banks by Deposit Insurers; Bennett/Unal, Journal of Financial Stability 2014, 18 f.; Bris/Welch/Zhu, Journal of Finance 2006, 1253; Diamond/ Dybvig, Journal of Political Economy, 1983, 401; Eisenbeis/Kaufman, Bank Crisis Resolution and Foreign-Owned Banks, 1; Kaufman, Cato Journal 1988, 559; Kaufman/Scott, The Independent Review 2003, 371; Landier/Ueda, The Economics of Bank Restructuring, 1; Taylor, The Financial Crisis and the Policy Responses.

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

33

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise 1.  Deutschland a)  Hintergrund Ausgelöst durch den Zusammenbruch des amerikanischen Immobilienmarktes und den damit verbundenen Wertverfall der durch Immobilien besicherten Darlehen geriet eine Reihe von Finanzinstituten im Jahr 2007 in eine Schieflage.44 Durch den Verkauf verbriefter Darlehensforderungen wurden die Risiken aus vielen der betroffenen Kredite auch an deutsche Banken übertragen. Die mit diesen Instrumenten verbundenen Verluste brachten in Deutschland zuerst die IKB Deutsche Industriebank und einige Landesbanken in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten.45 Aus Sorge vor den Konsequenzen einer geregelten Insolvenz dieser Institute reagierte die Bundesregierung durch die Bereitstellung von Unterstützungszahlungen und Garantien in Milliardenhöhe.46 Diese Einzelfalllösungen wurden aber in Anbetracht der sich verschärfenden Krise als unzureichend erachtet, so dass sich der deutsche Gesetzgeber in der Folge der Insolvenz von Lehman Brothers Inc. am 15. September 2007 und der nur einen Tag später erfolgten Rettung der American International Group (AIG) entschloss, ein Gesetz zur Stabilisierung des Finanzmarktes zu erlassen.47 b)  Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG)48 wurde als kurzfristige Reaktion auf die Verwerfungen an den internationalen Finanzmärkten innerhalb eines Monats nach der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers Inc. verabschiedet. Das Bundeskabinett brachte den Gesetzesentwurf am 13. Oktober 2008 ein und schon am 17. Oktober wurde das Gesetz ausgefertigt und verkündet.49 Die darin enthaltenen Maßnahmen waren zunächst bis zum Ende des Jahres 200950

44 Jaletzke/Veranneman/Jaletzke,

Einführung, Rn. 1. Brück/Schalast/Schanz, Betriebs Berater 2008, 2526; Fischer, Die Ursachen der Immobilienkrise und ihre Auswirkungen auf den Finanzmarkt Deutschland, S. 37 f.; Jaletzke/ Veranneman/Jaletzke, Einführung, Rn. 1. 46  Brück/Schalast/Schanz, Betriebs Berater 2008, 2526; Jaletzke/Veranneman/Jaletzke, Einführung, Rn. 1. 47  BT-Drucks. 16/10600, S. 1; Brück/Schalast/Schanz, Betriebs Berater 2008, 2526; Jaletzke/Veranneman/Jaletzke, Einführung, Rn. 6. 48 Gesetzes zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsgesetz – FMStG) vom 17. 10. 2008, BGBl. I, S. 1982. 49  Brück/Schalast/Schanz, Betriebs Berater 2008, 2526; Jaletzke/Veranneman/Jaletzke, Einführung, Rn. 12 f. 50  Vgl. Artikel 1, § 13 FMStG. 45 

34

A.  Einleitung

befristet. Die Befristung verdeutlicht die Intention des Gesetzgebers, eine lediglich temporäre Regelung zur Krisenbewältigung zu schaffen.51 Durch das Artikelgesetz wurden einerseits das Finanzmarktstabilisierungsfondgesetz (FMStFG)52 und andererseits das Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (FMStBG)53 geschaffen. Weiterhin wurde im Insolvenzrecht der Überschuldungsbegriff eingeschränkt. Vor Inkrafttreten des Gesetzes war eine Überschuldung nach § 19 InsO gegeben, wenn der Fortführungswert im Falle einer positiven Fortführungsprognose geringer war als der Wert der Verbindlichkeiten und wenn der Zerschlagungswert im Falle einer negativen Fortführungsprognose geringer war als der Wert der Verbindlichkeiten. Seit Inkrafttreten des FMStG werden Unternehmen als solvent behandelt, deren Fortführung „nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich [ist]“, selbst wenn deren Fortführungswert niedriger ist als der Wert der Verbindlichkeiten.54 Durch das FMStFG wurde der Finanzmarktstabilisierungsfond (FMS), später auch als Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) bezeichnet, eingerichtet. Dieses teilrechtsfähige55 Vermögen des Bundes verfolgte gemäß § 2 FMStFG das Ziel der „Überwindung von Liquiditätsengpässen und […] Schaffung der Rahmenbedingungen für eine Stärkung der Eigenkapitalbasis von [Kredit]Instituten“56. Dazu standen im Wesentlichen drei Instrumente zur Verfügung: Die Garantieermächtigung (§ 6), die Rekapitalisierung (§ 7) und die Risikoübernahme (§ 8). Diese Maßnahmen ermöglichten eine regelbasierte Unterstützung von gefährdeten Instituten und machten damit Ad-hoc-Lösungen, wie sie zuvor praktiziert wurden, überflüssig. Die Entscheidungen über die Unterstützungsleistungen des FMS wurden nach § 4 FMStFG grundsätzlich durch einen interministeriellen Ausschuss (Lenkungsausschuss) getroffen. Dieser hatte allerdings nach § 4 Abs. 2 FMStFG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der FMStFV57 die Entscheidungsbefugnis auf die nach § 3a FMStFG gegründete Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA) übertragen, die wiederum von einem Leitungsausschuss geführt wird. Darüber hinaus wurde auf

51  Vgl. auch die Rede der Bundeskanzlerin, die von „Sofortmaßnahmen“ sprach, Ple­ narprotokoll 16/182, S. 19350. 52 Gesetz zur Errichtung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds (Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz – FMStFG), Art. 1 des FMStG. 53  Gesetz zur Beschleunigung und Vereinfachung des Erwerbs von Anteilen an sowie Risikopositionen von Unternehmen des Finanzsektors durch den Fonds „Finanzmarktstabilisierungsfond – FMS“ (Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz – FMStBG), Art. 2 des FMStG. 54  Artikel 5 des FMStG. 55  Vgl. § 3 FMStFG. 56  § 2 Abs. 1 FMStFG. 57 Verordnung zur Durchführung des Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetzes vom 20. 10. 2008, eBAnz AT123 2008 V1.

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

35

Anregung des Haushaltsausschusses58 durch § 10a FMStFG ein Gremium etabliert, welches sich aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses zusammensetzt und über grundsätzliche strategische Fragen sowie langfristige Entwicklungen der Finanzmarktpolitik beraten sollte.59 Entscheidungen dieses Gremiums hatten aber wohl nur empfehlenden Charakter.60 Die Finanzierung der Rekapitalisierungs- und Risikoübernahmemaßnahmen des FMS erfolgte über eine Kreditaufnahme, zu der der FMS bis zu einer Höhe von 70 Milliarden Euro berechtigt war.61 Darüber hinaus konnten Garantien in Höhe von bis zu 400 Milliarden Euro gegeben werden.62 Für Leistungen des FMS mussten die unterstützten Finanzinstitute eine angemessene Gegenleistung erbringen.63 Als angemessen wurde gemäß der FMStFV regelmäßig eine marktübliche Vergütung angesehen.64 Darüber hinaus konnten gemäß § 10 FMStFG Bedingungen für die Stabilisierungsmaßnahmen erlassen werden. Darunter waren insbesondere Anforderungen an die Geschäftsführung zu verstehen, von denen die Beschränkung des Managementgehalts auf 500.000 Euro in der öffentlichen Diskussion besondere Beachtung fand.65 Um eine zügige Rettung gefährdeter Institute, insbesondere durch die in § 6 FMStFG vorgesehene Rekapitalisierung, zu gewährleisten, etablierte der Gesetzgeber im FMStBG Regelungen, die zu einer Einschränkung gesellschaftsrechtlicher Vorgaben führten.66 So ermächtigte beispielsweise § 3 FMStBG a.F. den Vorstand des gefährdeten Instituts dazu, mit Zustimmung des Aufsichtsrates das Grundkapital der Aktiengesellschaft durch die Ausgabe neuer Aktien an den FMS gegen Einlagen um 50 % zu erhöhen und so ein im Aktienrecht nicht vorgesehenes gesetzlich genehmigtes Kapital zu schaffen. Damit entfiel die Notwendigkeit, gemäß § 182 AktG oder § 202 AktG einen Hauptversammlungsbeschluss mit einer Mehrheit von mindestens 75 % des anwesenden Grundkapitals herbeizuführen. Auch Berichtspflichten gegenüber dem Wirtschaftsausschuss gem. § 106 Abs. 2 S. 2, Abs. 3 Nr. 9a und § 109a BetrVG entfielen.67 Die Pflicht zur Abgabe eines Übernahmeangebots nach § 35 WpÜG wurde durch § 12 FMStBG ebenfalls ausgeschlossen. 58 

Vgl. BT-Drucks. 16/10651. Vgl. BT-Drucks. 16/10651, S.12. 60  Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, Kapitel 2, Rn. 22; Jaletzke/Veranneman/Horbach/Diehl, § 10a FMStG, Rn. 6. 61  Vgl. § 9 Abs. 1 FMStFG. 62  Vgl. § 6 Abs. 1 FMStFG. 63  Vgl. § 6 Abs. 3 Nr. 1, § 7 Abs. 4 Nr. 4 FMStFG. 64  Vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1; § 3 Abs. 2 Nr. 1 FMStFV. 65  Vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 3 FMStFG i.V.m. § 5 Abs. 2 Nr. 4 lit. A FMStFV. 66 Vgl. für eine umfangreiche Darstellung der Kompetenzverschiebung auch Binder, WM 2008, 2340, 2344. 67  § 10 FMStBG. 59 

A.  Einleitung

36

Rechtsmittel gegen die Maßnahmen nach dem FMStFG waren durch §§ 15 und 16 FMStFG deutlich eingeschränkt. Ein Widerspruch war ausgeschlossen und Anfechtungsklagen hatten keine aufschiebende Wirkung. Der Rechtsweg war lediglich zum Bundesverwaltungsgericht oder dem Bundesgerichtshof eröffnet, die in erster und letzter Instanz entschieden. Kurz nach Inkrafttreten des Gesetzes nahmen die HRE und die HSH Nordbank Garantien des FMS in Anspruch. Die Commerzbank wurde im Rahmen des ­FMStFG mit etwa 18,2 Milliarden Euro rekapitalisiert.68 Die Vereinbarkeit der mit den Maßnahmen verbundenen Eingriffe in die Mitwirkungsrechte der Eigentümer mit Verfassungs- und Europarecht wurde in der Literatur vielfach angezweifelt.69 Eine gerichtliche Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit dieses Gesetzes und dessen Vereinbarkeit mit dem Europarecht erfolgte aber nicht.70 Schon wenige Monate nach Inkrafttreten des FMStG wurden die Regelungen durch das Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz (FMStErgG)71 verändert und ergänzt, um handwerkliche Fehler des unter enormem Zeitdruck entstandenen Gesetzes zu beseitigen.72 c)  Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz (FMStErgG) Durch das Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz vom 07. 04. 2009 wurden neben redaktionellen Änderungen im FMStFG und im FMStBG auch Anpassungen vorgenommen, die den Bedenken zur Vereinbarkeit der Gesetze mit europäischem Recht Rechnung trugen.73 Darauf ist wohl auch zurückzuführen, dass der Gesetzgeber als Alternative zu dem europarechtlich bedenklichen Mechanismus des gesetzlich genehmigten Kapitals unter Ausschluss der Beteiligung der Hauptversammlung nach § 3 FMStBG die aktienrechtliche Möglichkeit zur Kapitalerhöhung weiter erleichtert hat.74 So war für eine Kapitalerhöhung im Zusammenhang mit einer Rekapitalisierung nach dem FMStFG gemäß § 7 Abs. 2 68 

FMSA, Historischer Überblick. Binder, Sachverständigengutachten, S. 32; Binder, WM 2008, 2340, 2345 f.; Roitzsch/ Wächter, DZWIR 2008, 1,8; Seiler/Wittgens, ZIP 2008, 2245, 2247; Spindler, DStR 2008, 2268; Ziemons, Der Betrieb 2008, 2635, 2637. 70  Eine Verfassungsbeschwerde eines Anteilseigners der Commerzbank AG wurde mit Verweis auf die Subsidiarität nicht angenommen, BVerfG, 1 BvR 119/09 vom 26. 3. 2009. 71  Gesetz zur weiteren Stabilisierung des Finanzmarktes (Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz) vom 07. 04. 2009, BGBl. I 2009, S. 725. 72 Vgl. BT-Drucks. 16/12100, S. 1; Becker/Mock, Der Betrieb 2009, 1055; Brück/ Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1313. 73  Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1307; Kaserer/Köndgen/Möllers, ZBB 2009, 142, 149. 74  Becker/Mock, Der Betrieb 2009, 1055, 1056; Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1311. 69 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

37

FMStBG unabhängig von etwaigen abweichenden Satzungsbestimmungen nur eine einfache Mehrheit in der Hauptversammlung erforderlich. Der Bezugsrechtsausschluss erforderte nach § 7 Abs. 3 FMStBG nunmehr nur noch eine 2/3-Mehrheit, bei Anwesenheit von mehr als der Hälfte des Grundkapitals sogar nur eine einfache Mehrheit. Auch die Schaffung von bedingtem und genehmigtem Kapital in Zusammenhang mit einer Rekapitalisierung nach § 7 FMStFG war gemäß den neuen §§ 7a und 7b FMStBG mit einfacher Mehrheit möglich. Die in § 192 Abs. 3 S. 1 AktG festgelegte Obergrenze für das bedingte Kapital galt nach § 7a Abs. 1 S. 3 FMStBG nicht. Gleiches galt gemäß § 7b Abs. 1 S. 1 FMStBG für die in § 202 Abs. 3 S. 1 AktG geregelte Begrenzung für das genehmigte Kapital.75 Weiterhin wurde die Durchführung eines Übernahmeangebotes nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG) durch § 12 FMStBG für Angebote des Bundes deutlich vereinfacht. So wurde die Frist zur Annahme des Angebots von mindestens 4 Wochen nach § 16 WpÜG auf mindestens 2 Wochen nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 FMStBG verkürzt. Die weitere Annahmefrist (die sogenannte Zaunkönigregelung) des § 16 Abs. 2 S. 1 WpÜG entfiel vollständig. Zur Durchführung eines aktienrechtlichen oder übernahmerechtlichen squeeze out waren nicht mehr 95 % des Grundkapitals notwendig, sondern nur noch 90 %.76 Der Gesetzgeber hat damit die Kontrollerlangung über ein gefährdetes Institut durch den FMS mit Hilfe der vorhandenen kapitalmarktrechtlichen Maßnahmen deutlich vereinfacht und europarechtskonform ausgestaltet. Die Anwendung des umstrittenen und mittlerweile aufgehobenen § 3 FMStBG zur Schaffung von gesetzlich genehmigtem Kapital war folglich für eine effektive Rekapitalisierung nicht mehr notwendig. Neben den Änderungen des FMStFG und des FMStBG wurde durch das FMStErgG auch das Gesetz zur Rettung von Unternehmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Rettungsübernahmegesetz – RettungsG)77 geschaffen, mit dessen Hilfe die Eigentümer eines Institutes enteignet werden können. Ausweislich der Gesetzesbegründung war es in besonders gelagerten Fällen nicht ausgeschlossen, dass die erweiterten zivil- und gesellschaftsrechtlichen Handlungsoptionen nicht ausreichen, um kurzfristig eine rechtssichere und wirtschaftliche Lösung zu erreichen.78 Auslöser zur Schaffung des RettungsG waren wohl die Probleme mit der Bank Hypo Real Estate (HRE), die zum Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens schon 102 Milliarden Euro an Liquiditätsfazilitäten und Garantien, davon 67 Milliarden durch den FMS, erhalten hatte.79 Für die Annahme einer „Lex HRE“ spricht die außerordentlich kurze Befristung der durch das Gesetz geschaffenen

75 

§ 7b Abs. 1 schließt die Anwendbarkeit von § 202 Abs. 3 S. 1 explizit aus. Vgl. § 12 Abs. 3 Nr. 1 und Abs. 4 FMStBG. 77  Art. 3 FMStErgG. 78  BT-Drucks. 16/21100, S. 1. 79  Wolfers, NJW 2009, 1297; Kaserer/Köndgen/Möllers, ZBB 2009, 142, 143. 76 

A.  Einleitung

38

Maßnahmen bis zum 30. 06. 2009,80 also nur bis knapp drei Monate nach dessen Inkrafttreten. Zur zügigen Restrukturierung der HRE strebte der Bund die volle Kontrolle an. Damit sollten insbesondere Verzögerungen durch notwendige Hauptversammlungsentscheidungen und die Wahrnehmung von Minderheitsaktionärsrechten vermieden werden.81 Das RettungsG sah eine Enteignung nur als ultima ratio vor.82 So mussten sich Stabilisierungsmaßnahmen nach dem FMStFG und dem FMStBG als unzureichend erweisen, um die Stabilisierung rechtssicher und zu wirtschaftlich zumutbaren Bedingungen durchzuführen.83 Weiterhin setzte § 1 Abs. 3 Nr. 2 lit. a RettungsG voraus, dass die Enteignung der Gesellschafter zur Sicherung der Finanzmarktstabilität erforderlich war. Diese Voraussetzung wurde durch den Gesetzgeber als Voraussetzung einer „Systemrelevanz“ bezeichnet und stellte damit die erste Legaldefinition dieses aus den Wirtschaftswissenschaften stammenden Begriffes dar.84 Das Ziel der Enteignung war ausweislich der Gesetzesbegründung85 die Stabilisierung des betroffenen Institutes, nicht aber dessen dauerhafte Verstaatlichung. Daher hatte der Gesetzgeber in § 6 Abs. 2 RettungsG eine Reprivatisierung vorgesehen, bei der den ursprünglichen Anteilseignern ein Recht auf den bevorzugten Erwerb eingeräumt wurde. Letztlich musste weder zur Rettung der HRE noch eines anderen Kreditinstitutes auf das RettungsG zurückgegriffen werden. Nachdem der FMS aus dem genehmigten Kapital der HRE 8,7 % der Aktien erworben hatte,86 gelang es ihm mit einem Übernahmeangebot basierend auf den Erleichterungen des FMStBG, einen Anteil von 47,3 % an der HRE zu erwerben.87 In der Folge wurde eine Kapitalerhöhung mit der einfachen Mehrheit des anwesenden Grundkapitals, welche nach dem FMStBG ausreichte, beschlossen. Diese führte zu einer Beteiligung des FMS von mehr als 90 %.88 Basierend auf den Regelungen des FMStBG konnte in der Folge ein sqeeze out durchgeführt werden, der den FMS im Oktober zum Alleineigentümer der HRE werden ließ.89 Mit diesem Vorgehen konnte die Anwendung der verfassungsmäßig fragwürdigen Normen des Rettungsübernahmegesetzes vermieden werden.90 80 

§ 6 Abs. 1 RettungsG. Der wohl prominenteste Minderheitsaktionär der HRE war Christopher Flowers, der wiederholt den Verkauf seiner Anteile ablehnte. Vgl. allgemein Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1307; Wolfers, NJW 2009, 1297. 82  Vgl. BT-Drucks. 16/12100, S. 13. 83  Vgl. § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b und c RettungsG. 84  Becker/Mock, Der Betrieb 2009, 1055, 1058; Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306. 85  BT-Drucks. 16/12100, S. 18. 86  Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1307. 87  Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1307; FMSA, Chronik. 88  FMSA, Chronik. 89  FMSA, Chronik. 90  Brück/Schalast/Schanz, BB 2009, 1306, 1307. 81 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

39

d)  Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung Im Juli 2009 trat das Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung91 in Kraft, mit dem durch die Erweiterung des FMStFG die Errichtung von sogenannten bad banks ermöglicht wurde. Als bad banks werden juristische Personen bezeichnet, mit Hilfe derer im Wesentlichen der Zweck verfolgt wird, riskante und schlecht verkäufliche Positionen von gefährdeten Banken zu übernehmen und abzuwickeln, um das betreffende Kreditinstitut von den Risiken dieser Vermögensgegenstände zu befreien. Dazu waren im Gesetz drei verschiedene Möglichkeiten vorgesehen: Das Zweck­gesellschaftsmodell (§§ 6a bis 6d FMStFG), das Modell bundesrechtlicher Abwicklungsanstalten (§ 8a FMStFG) sowie das Modell landesrechtlicher Abwicklungsanstalten (§ 8b FMStFG).92 aa)  Zweckgesellschaftsmodell Das Zweckgesellschaftsmodell sah zur Entlastung des betroffenen Institutes die Gründung einer neuen Gesellschaft vor, auf die in einem ersten Schritt Vermögensgegenstände übertragen werden. Für die Übertragung kamen gemäß § 6a Abs. 1 FMStFG ausschließlich strukturierte Wertpapiere und damit verbundene Absicherungsgeschäfte in Frage. Der Wert der Übertragungsgegenstände wurde gemäß § 6a Abs. 2 Nr. 2 FMStFG a.F. grundsätzlich mit 90 % des höheren Buchwerts vom 30. 06. 2008 und 31. 03. 200993 angesetzt. Überstieg der tatsächliche Wert allerdings 90 % des höheren Buchwertes, so wurde der tatsächliche Wert angesetzt. Damit wurde einerseits eine pauschale Verlustbeteiligung von 10 % bei der Übertragung der Vermögensgegenstände durch diejenigen Institute erreicht, die ihre Vermögensgegenstände noch nicht auf ihren wirtschaftlichen Wert abgeschrieben haben. Andererseits wurden dadurch Institute, die den Verlust durch Abschreibung auf den wirtschaftlichen Wert schon zuvor verbucht haben, von dieser pauschalen Verlustbeteiligung ausgenommen.94 Im Gegenzug zu der Übertragung der Vermögengegenstände erhielt das übertragende Institut Schuldtitel der Zweckgesellschaft in Höhe des Übertragungswertes, welche nach § 6a Abs. 1 FMStFG durch den FMS garantiert werden konnten. Diese Garantie musste marktgerecht vergütet werden.95 Der Tausch von risikoreichen strukturierten Wertpapieren gegen durch Garantien abgesicherte Schuldtitel der Zweckgesellschaft entlastete die übertragende Gesellschaft. Einerseits war sie vor weiteren Wertverlusten dieser Instrumente 91  Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung vom 17. 07. 2009, BGBl. I 2009, S. 1980. 92  Karpenstein, ZBB 2009, 413; Wolfers/Rau, NJW 2009, 2401, 2402. 93  Diese Daten wurden durch nachfolgende Gesetze mehrfach geändert. 94  BT-Drucks. 16/13591, S. 7. 95  § 6a Abs. 5 Nr. 2 FMStFG.

A.  Einleitung

40

geschützt, wodurch die Höhe der notwendigen regulatorischen Eigenmittel sank, andererseits erhielt die übertragende Gesellschaft Schuldtitel von der Zweckgesellschaft, welche aufgrund der Garantie des FMS als Sicherheiten für Darlehen der EZB verwendet werden konnten, wodurch sich die Liquiditätssituation des Institutes verbesserte.96 In einem zweiten Schritt wurde der sogenannte Fundamentalwert der Gegenstände unter Berücksichtigung eines Abschlags für mögliche zukünftige Wertverluste nach § 6a Abs. 3 FMStFG ermittelt. Der Differenzbetrag zwischen dem Fundamentalwert und dem Übertragungswert musste dann über die Laufzeit der Garantie, nach § 6b Abs. 1 S. 1 FMStFG n.F. allerdings maximal 20 Jahre, durch das übertragende Institut ausgeglichen werden, um über die pauschale Verlustbeteiligung hinaus einen Ausgleich für erwartete Wertverluste zu erhalten. Dieser Ausgleich erfolgte aber ausschließlich aus Mitteln, die andernfalls an die Anteilseigner des übertragenden Institutes ausgeschüttet worden wären.97 Damit sollten die Anteilseigner des übertragenden Instituts weiterhin für den erwarteten Verlust aus den übertragenen Risiken herangezogen werden. Reichten die auszuschüttenden Beträge nicht aus, um den erwarteten Verlust innerhalb der Laufzeit der Garantie auszugleichen, so war in § 6c FMStFG eine Nachhaftung vorgesehen, um diesen Verlust auch nach Ablauf der Frist aus den auszuschüttenden Mitteln zu begleichen.98 Die Zahlungen des übertragenden Instituts deckten ausschließlich den durch die Ermittlung des Fundamentalwertes berücksichtigten erwarteten Verlust ab. Entwickeln sich die übertragenen Vermögensgegenstände schlechter als erwartet, haftet der FMS aus den gegebenen Garantien, so dass sowohl das übertragende Institut als auch dessen Eigentümer vor unerwarteten Verlusten geschützt waren.99 bb)  Abwicklungsanstaltsmodell Neben dem Zweckgesellschaftsmodell wurde durch § 8a FMStFG die Möglichkeit der Errichtung von bundesrechtlichen Abwicklungsanstalten geschaffen. Diese unterlagen gemäß § 8a Abs. 2 FMStFG der Aufsicht der FMSA, die mit Blick auf ihren erweiterten Aufgabenbereich auch die Vollrechtsfähigkeit erhielt.100 Auf diese Abwicklungsanstalt konnten, vergleichbar mit dem Zweckgesellschaftsmodell, Risikopositionen übertragen werden. Die Übertragung war hierbei aber nicht auf strukturierte Wertpapiere und damit verbundene Absicherungsgeschäfte beschränkt, sondern konnte alle Risikopositionen und nicht strategienotwendigen Geschäftsbereiche der Bank umfassen.101 Sie konnte sowohl durch Einzelrechts96 

BT-Drucks 16/13297, S. 8. § 6b Abs. 1 Nr. 1 FMStFG. 98  Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 106; FMSA, Kernpunkte zum FMStFG, S. 9. 99 Vgl. Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Mai 2009, S. 58. 100  § 3a Abs. 1 FMStFG n.F.; BT-Drucks. 16/13591, S. 6. 101  § 8a Abs. 1 S. 1 FMStFG. 97 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

41

übertragungen als auch im Wege umwandlungsrechtlicher Spaltungen oder Ausgliederungen vorgenommen werden.102 Darüber hinaus konnte das Risiko auch durch Übernahme von Garantien, Unterbeteiligungen oder auf sonstige Weise übertragen werden.103 Im Gegensatz zum Zweckgesellschaftsmodell sollte aber keine Gegenleistung für die Übertragung, etwa in Form einer Garantie für Schuldverschreibungen gewährt werden.104 Die Entlastung der übertragenden Banken wurde vielmehr durch die Mitübertragung von Verbindlichkeiten auf die Abwicklungsanstalt herbeigeführt. Auch die Verlustausgleichspflicht der Alteigentümer im Abwicklungsanstaltsmodell unterschied sich von derjenigen im Zweckgesellschaftsmodell. § 8a Abs. 4 Nr. 1 FMStFG sah vor, dass der Ausgleich von Verlusten der Abwicklungsanstalten von den unmittelbaren oder mittelbaren Anteilsinhabern quotal übernommen werden sollte. Nur für den Fall, dass die direkte Haftung der Anteilsinhaber beispielsweise aufgrund eines zu großen Streubesitzes nicht praktikabel war, haftete das übertragende Institut selbst.105 Da die Übertragung im Abwicklungsmodell zu Buchwerten stattfand und keine pauschalen Kürzungen für zukünftige Verluste erfolgten, wie dies im Zweckgesellschaftsmodell vorgesehen war, hafteten die Anteilseigner für den tatsächlich anfallenden Verlust der jeweiligen Abwicklungsanstalt. Neben der Möglichkeit zur Schaffung bundesrechtlicher Abwicklungsanstalten konnten auch landesrechtliche Abwicklungsanstalten geschaffen werden.106 Die Regelungen waren mit denen für bundesrechtliche Abwicklungsanstalten weitgehend identisch und sollten es den Ländern ermöglichen, eigene Anstalten für die Rettung von Landesbanken zu nutzen.107 Das Abwicklungsanstaltsmodell bot im Vergleich zu den Zweckgesellschaften eine größere Flexibilität bei der Auswahl der auszulagernden Vermögensgegenstände. So ist wohl auch zu erklären, dass das Zweckgesellschaftsmodell nie zur Anwendung kam.108 Das bundesrechtliche Abwicklungsanstaltsmodell fand hingegen bei der Auslagerung von Vermögensgegenständen der WestLB mit Hilfe der Ersten Abwicklungsgesellschaft im Jahr 2009 und bei der Auslagerung von Posi-

102  Vgl. § 8a Abs. 8 FMStFG; Günther, Bad Banks, S. 193; Wolfers/Rau, NJW 2009, 2401, 2405. 103  § 8a Abs. 1 S. 4 FMStFG; vgl. zu den verschiedenen Übertragungsmöglichkeiten ausführlich Günther, Bad Banks, S. 193 ff. 104  Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 107; Obermüller, ZInsO 2010, 305, 309. 105  § 8a Abs. 4 Nr. 2 FMStFG. 106  § 8b FMStFG. 107  BT-Drucks. 16/13591, S. 15; Wolfers/Rau, NJW 2009, 2401, 2405. 108  Wolfers/Voland, Die Entstehung von Abwicklungsanstalten, S. 74.

A.  Einleitung

42

tionen der HRE mit Hilfe der FMS Wertmanagement im Jahr 2010 Anwendung.109 Zur Ausgliederung von Positionen der HSH-Nordbank wurde eine landesrechtliche Abwicklungsanstalt gegründet.110 cc)  Weitere Regelungen Über die Möglichkeit zur Errichtung von bad banks hinaus wurden durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierungen noch Regelungen zur steuerlichen Erleichterung der Übertragung in den §§ 14a bis 14d FMStFG geschaffen. Die Errichtung von bad banks war ursprünglich bis zum 31. 12. 2010 befristet,111 wurde aber nachträglich mehrfach verlängert und war schließlich bis zum 31. 12. 2015 möglich.112 e)  Restrukturierungsgesetz Während mit den dargestellten Finanzmarktstabilisierungsgesetzen das Ziel der kurzfristigen Stabilisierung des Finanzmarktes verfolgt wurde, konzentrieren sich die Maßnahmen des Restrukturierungsgesetzes113 erstmals auf die Schaffung eines institutionellen Rahmens zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung systemrelevanter Banken.114 Insbesondere sollten Eigentümer und Gläubiger der betroffenen Institute stärker zur Verlusttragung herangezogen werden, um den Einsatz öffentlicher Mittel weitestmöglich zu reduzieren.115 Zu diesem Zweck wurden durch das Restrukturierungsgesetz zwei vorinsolvenzliche Verfahren – das Sanierungsverfahren und das Reorganisationsverfahren – im Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KredReorgG)116 eingeführt. Weiterhin wurde das Instrumentarium der Bankenaufsicht um die Möglichkeit einer Übertragungsanordnung erweitert und ein Restrukturierungsfond geschaffen. Damit bestanden im deutschen Recht erstmals umfangreiche Möglichkeiten zur Reorganisation und Abwicklung von Banken außerhalb der Insolvenzordnung. Mit der Entwicklung des Restrukturierungsgesetzes waren schon 2009 das Bundeswirtschaftsministerium, das Bundesfinanzministerium und das Bundes-

109 

FMSA, Hintergrund; Günther, Bad Banks, S. 181 f. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucksache 21/2524, S. 2. 111  § 13 Abs. 1 FMStG n.F. 112  Vgl. Zweites und Drittes Finanzmarktstabilisierungsgesetz im Folgenden. 113 Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) vom 09. 12. 2010, BGBl. I 2010, S. 1900. 114  BT-Drucks. 17/3024, S. 1. 115  Brogl, Einführung zum Banken-Restrukturierungsregime, S. 18. 116  Artikel 1 des Restrukturierungsgesetzes. 110 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

43

justizministerium befasst.117 Während sich der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums, der hoheitliche Maßnahmen zur Durchsetzung eines Restrukturierungsplanes vorsah, nicht durchsetzen konnte, diente der gemeinsame Entwurf von Bundesjustizministerium und Bundesfinanzministerium als Vorlage für das verabschiedete Gesetz.118 Die Instrumente, die durch dieses Gesetz geschaffen wurden, sind Gegenstand einer ausführlichen Analyse im weiteren Verlauf des vorliegenden Werks. Sie werden daher im Folgenden nur überblicksartig dargestellt, um sie in den historischen Kontext einzuordnen. aa)  Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KredReorgG) Zur Abwendung eines Insolvenzverfahrens wurde im KredReorgG ein zwei­ stufiges Verfahren eingeführt, welches der Sanierung von angeschlagenen Kredit­ instituten dienen soll.119 Die erste Stufe stellt dabei das Sanierungsverfahren dar, geregelt in §§ 2 bis 6 KredReorgG, welches allen sanierungsbedürftigen Instituten offensteht.120 In einem zweiten Schritt steht für systemrelevante Institute das Reorganisationsverfahren, geregelt in §§ 7 bis 23 KredReorgG, zur Verfügung. (1) Sanierungsverfahren Das Sanierungsverfahren wird durch eine Anzeige der Sanierungsbedürftigkeit des betroffenen Institutes bei der BaFin eingeleitet.121 Nach § 2 Abs. 2 KredReorgG muss das Kreditinstitut mit der Anzeige einen Sanierungsplan vorlegen und einen geeigneten Sanierungsberater vorschlagen. Der Sanierungsplan kann alle Maßnahmen enthalten, die geeignet sind, eine Sanierung des Kreditinstituts zu erreichen, ohne dabei direkt in Rechte Dritter einzugreifen.122 Somit kommen ausschließlich freiwillige Maßnahmen, wie ein Forderungsverzicht durch die Gläubiger oder eine Kapitalerhöhung durch die Eigentümer des Instituts, in Betracht. Hält die BaFin die Durchführung des Sanierungsverfahrens für zweckmäßig, stellt sie einen Antrag zur Anordnung des Sanierungsverfahrens und zur Bestellung des Sanierungsberaters bei dem zuständigen Oberlandesgericht123, welches das Verfahren eröffnet, wenn der Sanierungsplan nicht offensichtlich ungeeignet 117  Bachmann, ZBB 2010, 459, 460; Eidenmüller, in: FS Hopt, S. 1713, 1722; Lorenz, NZG 2010, 1046,1048; Wolfers/Voland, WM 2011, 1159. 118  Bachmann, ZBB 2010, 459, 460; Eidenmüller, in: FS Hopt, S. 1713, 1722; Lorenz, NZG 2010, 1046,1048; Wolfers/Voland, WM 2011, 1159. 119  BT-Drucks. 17/3024, S. 2. 120  Lorenz, NZG 2010, 1046,1048. 121  § 2 Abs. 1 S. 1 KredReorgG. 122  § 2 Abs. 2 S. 2 KredReorgG. 123  Zuständig ist nach § 2 Abs. 3 S. 2 KredReorgG i.V.m. § 1 Abs. 3 S. 1 Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) das Oberlandesgericht Frankfurt a.M.

A.  Einleitung

44

ist.124 Der Sanierungsberater sorgt für die Umsetzung des Sanierungsplans125 und erhält zu diesem Zweck insbesondere das Recht, Anweisungen an die Geschäftsführung des Kreditinstituts zu erteilen126 und beratend an allen Sitzungen und Versammlungen sämtlicher Organe und sonstiger Gremien des Kreditinstituts teilzunehmen.127 Seine Befugnisse sind damit an diejenigen eines schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters angelehnt.128 Darüber hinaus besteht für das Institut im Sanierungsverfahren die Möglichkeit, Sanierungskredite in Höhe von bis zu 10 % der Eigenmittel aufzunehmen, die in einem möglicherweise folgenden Insolvenzverfahren vorrangig zu bedienen sind.129 Diese Sanierungskredite stellen das einzige Instrument dar, welches dem Kredit­institut im Vergleich zu einem außergerichtlichen, privat organisierten Verfahren zusätzlich zur Verfügung steht. Dem Vorteil der Möglichkeit zur kostengünstigen Refinanzierung durch einen vorrangigen Sanierungskredit stehen allerdings einerseits die negative Öffentlichkeitswirkung, die bei Bekanntwerden des Verfahrens entsteht und die das Vertrauen in das Institut weiter schwächen könnte, und andererseits die eher unflexible formalistische Struktur des Verfahrens gegenüber.130 Aus diesem Grund dürfte das Sanierungsverfahren wohl nur selten zur Anwendung kommen.131 (2) Reorganisationsverfahren Scheitert das Sanierungsverfahren oder wird es von dem Kreditinstitut für aussichtslos gehalten, steht Kreditinstituten bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen das Reorganisationsverfahren offen.132 Als zusätzliche Voraussetzung wurde ursprünglich das Merkmal der Systemrelevanz angeführt.133 Während die Voraussetzung der Systemgefährdung im Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung noch unbestimmt gelassen wurde, verwies § 7 Abs. 2 KredReorgG a.F. auf die ebenfalls durch das Restrukturierungsgesetz eingeführte Definition des § 48b Abs. 2 KWG a.F. Danach lag eine Systemgefährdung vor, wenn sich die Bestandsgefährdung des Kreditinstituts in erheblicher Weise negativ auf den

124 

§§ 2 Abs. 3 S. 1, 3 Abs. 1 S. 1 KredReorgG. § 6 Abs. 1 S. 1 KredReorgG. 126  § 4 Abs. 1 Nr. 4 KredReorgG. 127  § 4 Abs. 1 Nr. 3 KredReorgG. 128  BT-Drucks. 17/3024, S. 2; Bachmann, ZBB 2010, 459, 462. 129  § 2 Abs. 2 S. 3 – 5 KredReorgG. 130  Bachmann, ZBB 2010, 459, 463; Müller-Eising et. al., Betriebs Berater 2011, 66, 70. 131  Lorenz, NZG 2010, 1046,1049; Müller-Eising et. al., Betriebs Berater 2011, 66, 70; Wolfers/Voland, WM 2011, 1159, 1161; wohl auch Schuster/Westphal, Der Betrieb 2011, 221, 223. 132  § 7 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 KredReorgG. 133  § 7 Abs. 2 KredReorgG a.F. 125 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

45

Finanzsektor auswirkte.134 Weiterhin wurden in § 48b KWG a.F. Beispielsfälle aufgeführt, in denen von einer Systemgefährdung auszugehen sei. Die Einschränkung des Verfahrens auf systemrelevante Institute hielt der Gesetzgeber für notwendig, um Eingriffsbefugnisse in die Rechte Dritter zu rechtfertigen.135 Durch das BRRD-Umsetzungsgesetz (siehe unter i.) wurde die Voraussetzung der Systemrelevanz durch die Voraussetzung für den Erlass einer Abwicklungsanordnung im Sinne des § 77 des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes (SAG) ersetzt. Die Abwicklungsanordnung setzt aber ebenfalls die Systemrelevanz des abzuwickelnden Instituts voraus, so dass durch die Gesetzesänderung keine wesentliche materielle Änderung des Reorganisationsverfahrens stattfand. Das Reorganisationsverfahren kann mithin auch nach dem Inkrafttreten des BRRD-Umsetzungsgesetzes nur von systemrelevanten Instituten durchgeführt werden. Das Reorganisationsverfahren ist dem Insolvenzplanverfahren nachgebildet, so dass im Reorganisationsplan beispielsweise Forderungskürzungen und -stundungen sowie Umwandlungen von Forderungen in Gesellschaftsanteile vorgesehen werden können.136 Zur Abstimmung über den Reorganisationsplan müssen, ebenfalls vergleichbar mit dem Insolvenzplanverfahren, Gläubigergruppen gebildet werden.137 Diese Gruppen sowie die Gruppe der Anteilsinhaber müssen dem Reorganisationsplan zustimmen. Um zu vermeiden, dass einzelne Gruppen die Umsetzung des Plans verhindern, fingiert § 19 KredReorgG die Zustimmung dieser Gruppen unter weiteren Voraussetzungen138. Der entsprechend verabschiedete Plan wird im Anschluss nach § 20 KredReorgG durch das OLG bestätigt und tritt damit in Kraft.139 Durch die erweiterten Eingriffsmöglichkeiten im Reorganisationsverfahren stellt das KredReorgG wirksame Instrumente zur freiwilligen Reorganisation eines angeschlagenen systemrelevanten Kreditinstitutes zur Verfügung.140 Dennoch ist fraglich, ob angeschlagene Kreditinstitute in Anbetracht der damit verbundenen negativen Öffentlichkeitswirkung dieses freiwillige Verfahren zur Reorganisation nutzen werden.141

134 

§ 48b Abs. 2 KWG a.F. BT-Drucks. 17/3024, S. 40; kritisch dazu Bachmann, ZBB 2010, 459, 465. 136  Vgl. §§ 9 ff. KredReorgG. 137  § 8 Abs. 2 KredReorgG; vgl. im Detail Kapitel E. IV. 4. b) aa). 138  Die Gruppe darf nicht schlechter gestellt werden, als sie ohne den Reorganisationsplan stünde, sie muss angemessen am wirtschaftlichen Wert beteiligt werden und die Mehrheit der abstimmenden Gruppen muss dem Plan zugestimmt haben; vgl. im Detail Kapitel E. IV. 4. b) aa). 139  §§ 20, 21 Abs. 1 KredReorgG. 140  Bachmann, ZBB 2010, 459, 465. 141 Vgl. Geier/Schmitt, Ablauf der Krise eines Kreditinstituts, S. 24, der einen Abzug der Mittel während des Reorganisationsverfahrens befürchtet; Kuder, Neues Restrukturierungsrecht für Banken, S. 95, 119, die das Verfahren für zu schwerfällig hält. 135 

A.  Einleitung

46

bb)  Übertragungsanordnung Neben den beiden fakultativen Verfahren zur Reorganisation von Kreditinstituten wurde durch das Restrukturierungsgesetz die Möglichkeit geschaffen, Teile einer in Schieflage geratenen Bank oder die gesamte Bank nach dem Vorbild der Regelungen des Umwandlungsgesetzes auszugliedern. § 48a Abs. 1 KWG a.F. ermächtigte die BaFin, das Vermögen eines Kreditinstituts einschließlich seiner Verbindlichkeiten per Hoheitsakt auf einen neuen Rechtsträger zu übertragen. Dazu musste das betroffene Institut in seinem Bestand gefährdet und systemrelevant sein.142 Darüber hinaus konnte die Übertragungsanordnung nur ergehen, wenn keine gleichermaßen wirksamen Alternativen zur Beseitigung der Systemgefährdung bestanden. Die Übertragungsanordnung war nur als ultima ratio zulässig.143 Die Übertragung konnte auf jede inländische juristische Person, die die Vo­ raussetzung für die Erteilung einer Bankerlaubnis erfüllt, mit deren Zustimmung erfolgen.144 Tatsächlich kam wohl nur ein bestehendes solides Kreditinstitut oder ein neu geschaffenes Brückeninstitut als übernehmender Rechtsträger in Frage.145 Waren die systemrelevanten Teile der Bank146 auf den neuen Rechtsträger übertragen worden, konnten die in der übertragenden Bank verbleibenden nicht systemrelevanten Teile im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens abgewickelt werden.147 Mit der Übertragungsanordnung konnte somit, vergleichbar mit dem Abwicklungsanstaltsmodell, eine Trennung zwischen der good bank und der bad bank vorgenommen werden. Im Gegensatz zum Abwicklungsanstaltsmodell war aber nicht mehr vorgesehen, dass der Staat das Risiko der bad bank übernahm. Stattdessen wurden gegebenenfalls notwendige Unterstützungsleistungen an den übernehmenden Rechtsträger, also die good bank, erbracht.148 Die Erleichterungen des FMStBG zur Durchführung von unterstützenden Kapitalmaßnahmen waren bei dem übernehmenden Rechtsträger nach § 48m Abs. 2 KWG a.F. überwiegend entsprechend anwendbar. Für die Übertragung standen der BaFin zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Einerseits konnten die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des betroffenen Instituts zunächst vollständig übertragen und innerhalb von vier Monaten gegebenenfalls nach § 48j KWG a.F. partiell auf den übertragenden Rechtsträger rückübertragen werden. Andererseits konnte eine partielle Übertragung nach § 48k KWG a.F. durchgeführt werden. Welche der beiden Varianten gewählt wurde, war vermutlich davon abhängig, ob die BaFin schon zum Zeitpunkt der Über142 

§ 48a Abs. 2 Nr. 1 KWG a.F. § 48a Abs. 2 Nr. 2 KWG a.F. 144  § 48c Abs. 3 KWG a.F.; BT-Drucks. 17/3024, S. 64. 145  Bachmann, ZBB 2010, 459, 467; vgl. auch § 5 Abs. 1 RStruktFG. 146  Dass nur systemrelevante Teile übertragen werden sollen ergab sich aus § 48j Abs. 3 S. 3 KWG a.F. 147  BT-Drucks. 17/3024, S. 62. 148  §§ 5 bis 8 RStruktFG. 143 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

47

tragungsanordnung systemrelevante und nicht systemrelevante Teile unterscheiden konnte.149 War der Wert der übertragenen Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten insgesamt positiv, so erhielt das betroffene Kreditinstitut nach § 48d KWG a.F. eine Gegenleistung, die in der Regel aus Anteilen am übernehmenden Rechtsträger bestand. War der Wert hingegen negativ, so war das übertragende Institut verpflichtet, dem übernehmenden Rechtsträger einen monetären Ausgleich zu leisten.150 Mit der Übertragungsanordnung wurde der BaFin somit ein wirksames Instrument zur hoheitlichen Aufspaltung des gefährdeten Kreditinstitutes zur Verfügung gestellt, welches geeignet war, ohne Mitwirkung des betroffenen Institutes oder seiner Eigentümer einen Teil des Unternehmens zu reorganisieren und einen anderen Teil zu liquidieren. Das BRRD-Umsetzungsgesetz verschob die Regelungen zur Übertragungsanordnung vom KWG in die §§ 107 ff. SAG. Eine inhaltliche Veränderung der Regeln erfolgte dabei jedoch nicht. cc)  Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG) Für den Fall, dass die Übertragung von systemrelevanten Teilen eines Kreditinstitutes auf einen neuen Rechtsträger unzureichend war, um die Gefährdung des Finanzsystems zu beseitigen, hat der Gesetzgeber im Restrukturierungsfondsgesetz151 die Möglichkeit für begleitende Maßnahmen zur Stützung des aufnehmenden Institutes geschaffen. Da der Gesetzgeber davon ausging, dass Leistungen des FMS gemäß dem FMStFG nach dem 31. 12. 2010 für neue Fälle nicht mehr möglich sein würden, wurde der Restrukturierungsfonds (RStruktF) als Nachfolgeinstitution errichtet. Dieser ist, wie zuvor der FMS, als teilrechtsfähiges Sondervermögen des Bundes152 bei der FMSA angesiedelt und konnte ursprünglich Mittel zur Gründung von Brückeninstituten und zum Erwerb von Anteilen an Brückeninstituten153, zur Gewährung von Garantien für Ansprüche gegen übernehmende Rechtsträger154, zur Durchführung von Rekapitalisierungen übernehmender Rechtsträger155 sowie für begleitende Maßnahmen verwenden.156 Durch das BRRD-Umsetzungsgesetz wurde die Ermächtigung zum Erwerb von Anteilen an Brückeninstituten aufgeho149  BT-Drucks. 17/3024, S. 67 f.; Schuster/Westphal, Der Betrieb 2011, 221, 283; Wolfers/ Voland, WM 2011, 1159, 1165. 150  § 48d Abs. 6 KWG a.F. 151  Art. 3 des Restrukturierungsgesetzes. 152  § 9 RStruktFG. 153  § 5 RStruktFG a.F. 154  § 6 RStruktFG. 155  § 7 RStruktFG. 156  § 3 Abs. 2 RStruktFG.

A.  Einleitung

48

ben und zusätzlich wurden die Besicherung und der Erwerb von Vermögenswerten (§ 6a RStruktFG) sowie die Darlehensgewährung (§ 6b RStruktFG) ermöglicht. Nach Inkrafttreten der SRM-VO erfolgen die Maßnahmen nicht mehr durch den Restrukturierungsfonds, sondern durch den europäischen Abwicklungsfonds. Unterschiede zwischen dem FMS und dem RStruktF bestanden in zwei Punkten: So waren Unterstützungsleistungen des RStruktF zunächst auf Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Übertragungsanordnung beschränkt, später dann auf die Durchführung von Maßnahmen des SAG. Zudem unterschieden sich die Fonds hinsichtlich ihrer Finanzierung. Während der FMS vollständig aus dem Bundeshaushalt finanziert wurde, war die Finanzierung des RStruktF über Beiträge der Kreditinstitute vorgesehen, auch bekannt als die sogenannte Bankenabgabe.157 Der Jahresbeitrag war dabei von der Höhe der Verbindlichkeiten, den Eigenmitteln und den gedeckten Einlagen des betreffenden Mitgliedsinstitutes abhängig.158 Als Zielgröße für die Ausstattung des Fonds war ein Volumen von 70 Milliarden Euro vorgesehen.159 Darüber hinaus wurde der Fonds ermächtigt, Kredite bis zu 20 Milliarden Euro aufzunehmen.160 Während der Gültigkeit des RStruktFG hat der Restrukturierungsfonds drei Brückenbanken gegründet, die zur Übernahme von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten im Rahmen einer Übertragungsanordnung bereitstanden.161 Eine Übertragungsanordnung und damit verbundene Stabilisierungsmaßnahmen fanden jedoch nicht statt. dd)  Weitere Regelungen Durch das Restrukturierungsgesetz wurden auch das FMStFG und das FMStBG geändert.162 Diese Änderungen stellten im Wesentlichen Folgeanpassungen dar, die durch die Einführung des KredReorgG und des RStruktFG notwendig wurden. Weiterhin wurde der FMS ermächtigt, Maßnahmen im Hinblick auf bestehende Abwicklungsanstalten auch über den 31. 12. 2010 hinaus vorzunehmen.163 Der Anwendungsbereich des FMStBG wurde zusätzlich auf Maßnahmen zum Ausstieg des FMS aus den stabilisierten Instituten und Abwicklungsanstalten ausgeweitet.164 Auch wurde die Haftung für Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder börsennotierter Gesellschaften für Pflichtverletzungen in § 93 Abs. 6 AktG von fünf auf 157 

§§ 2, 12 RStruktFG. § 1 Abs. 3 RStruktFV. 159  § 12 Abs. 10 RStruktFG a.F. 160  § 12 Abs. 6 RStruktFG a.F. 161  Deutsche Presseagentur, FMSA-Chef: Bankenrettung kostet Steuerzahler bisher nichts, in: Handelsblatt vom 08. 07. 2011. 162  Artikel 4 und 5 RestruktG. 163  BT-Drucks. 17/3024, S. 4. 164  Vgl. Art. 5 §§ 7e und 7f RestruktG. 158 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

49

zehn Jahre verlängert, um der potentiell zeitaufwendigen Aufarbeitung der Finanzkrise Rechnung zu tragen.165 Diese Verlängerung betrifft gemäß dem neu geschaffenen § 52a KWG auch nichtbörsennotierte Kreditinstitute. f)  Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) Im Nachgang der Finanz- und Wirtschaftskrise nahm der Gesetzgeber auch im allgemeinen Insolvenzrecht Anpassungen vor. Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)166 wurde das allgemeine Insolvenzrecht mit dem Ziel einer vereinfachten Sanierung nach dem Vorbild des Chapter-11-Verfahrens in den USA in einigen Punkten sanierungsfreundlicher ausgestaltet.167 Damit stehen auch für Banken neue Möglichkeiten zur Reorganisation im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Verfügung. Die vorliegende Arbeit widmet sich der Frage, ob das Insolvenzverfahren derart geändert werden kann, dass es auch für eine effiziente Bankenrestrukturierung und -abwicklung tauglich ist, so dass Spezialregelungen für die Abwicklung entbehrlich sind. Während im Folgenden ein allgemeiner Überblick über die wesentlichen Änderungen durch das ESUG gegeben wird, werden im weiteren Verlauf des Werkes die Maßnahmen nach der geänderten Insolvenzordnung mit den Maßnahmen nach den Spezialregelungen für Banken im Detail verglichen. Um eine frühzeitige Einbindung der Gläubiger in das Insolvenzverfahren zu ermöglichen, sieht § 22a InsO nach der Neuregelung des ESUG für Unternehmen ab einer bestimmten Größe die Einsetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses vor.168 Verständigt sich dieser einstimmig auf einen Vorschlag zur Person des Insolvenzverwalters, kann das Gericht diesen nach dem neuen § 56a Abs. 2 InsO nur bei mangelnder Eignung ablehnen.169 Zwar konnte die Gläubigerversammlung auch schon vor der Gesetzesänderung einen anderen als den gerichtlich bestellten Insolvenzverwalter nach § 57 InsO wählen, allerdings führte ein damit verbundener Wechsel des Verwalters zu erheblichen Reibungsverlusten, die der Gesetzgeber mit der Einflussnahmemöglichkeit der Gläubiger auf die anfängliche Bestellung vermeiden wollte.170 Weiterhin wurden die Hürden für die Durchführung des Verfahrens in Eigenverwaltung gesenkt.171 Im Falle einer drohenden, aber noch nicht eingetretenen 165 

BT-Drucks. 17/3024, S. 81. Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 07. 12. 2011, BGBl. I, S. 2582. 167  BT-Drucks. 17/5712, S. 18. 168  BT-Drucks. 17/5712, S. 24. 169  Kritisch dazu Frind, ZInsO 2010, 1473, 1477. 170  BT-Drucks. 17/5712, S. 17; zur näheren Darstellung vgl. Obermüller, ZInsO 2011, 1809 f. 171  Vgl. beispielsweise §§ 270 Abs. 3, 270a, 271 InsO, im Detail Hirte/Knof/Mock, Der Betrieb 2011, 693, 694 f. 166 

A.  Einleitung

50

Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung wird dem Schuldner durch § 270b InsO ein sogenanntes Schutzschirmverfahren geboten, das ihm die Vorbereitung eines Insolvenzplans ermöglichen soll. Dieses Verfahren gibt dem Schuldner insbesondere die Möglichkeiten, auf Antrag bei dem zuständigen Gericht Masseverbindlichkeiten zu begründen172 und Maßnahmen der Zwangsvollstreckung zu untersagen oder einstellen zu lassen.173 Die wohl wichtigste Änderung des ESUG stellt die Einbeziehung der Anteilseigner des insolventen Unternehmens in das Insolvenzplanverfahren dar.174 Diese werden, vergleichbar mit einer Gläubigergruppe, in den Abstimmungsprozess über den Insolvenzplan einbezogen und sind damit auch an ihn gebunden. Das Obstruktionsverbot des § 245 InsO wird auf die Anteilseigner ausgeweitet. Werden diese voraussichtlich nicht schlechter gestellt als sie ohne den Plan stünden und werden sie angemessen an dem wirtschaftlichen Wert des insolventen Unternehmens beteiligt, so wird ihre Zustimmung fingiert, wenn die Mehrheit der Gläubigergruppen dem Plan zugestimmt hat.175 In der Insolvenzordnung wird damit die Einbeziehung der Anteilseigner, die zuvor schon im Reorganisationsverfahren für Kreditinstitute ermöglicht wurde, nachvollzogen. Infolgedessen können auch Kapitalmaßnahmen, die in die Rechte der Anteilsinhaber eingreifen, durch den Insolvenzplan vorgesehen werden.176 Es wird insbesondere die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital, der sogenannte Debt-Equity-Swap, gegen den Willen der Anteilsinhaber ermöglicht.177 g)  Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz (2. FMStG) Veranlasst durch die sich ausweitende Staatsschuldenkrise, welche durch die übermäßige Kreditaufnahme der Staaten zur Rettung der Finanzindustrie ausgelöst wurde,178 erließ der Gesetzgeber im Februar 2012 das zweite Finanzmarktstabilisierungsgesetz179. Das Gesetz eröffnete dem FMS erneut die Durchführung von Unterstützungsmaßnahmen, die durch das FMStG, das FMStErgG und das Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung eingeführt worden waren, aber am Ende des Jahres 2010 ausliefen.

172 

§ 270b Abs. 3 InsO. § 270b Abs. 2 S. 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO. 174  Die mangelnde Einbeziehung wurde zuvor vielfach gerügt, vgl. Hirte/Knof/Mock, Der Betrieb 2011, 632, 637; Obermüller, ZInsO 2011, 1819 m.w.N. 175  § 245 InsO. 176  § 225a Abs. 3 InsO. 177  § 225a Abs. 2 InsO; siehe hierzu im Detail Bay/Seeburg/Böhmer, ZInsO 2011, 1927. 178  BT-Drucks. 17/8343, S. 1. 179  Zweites Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Zweites Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 2. FMStG) vom 24. 02. 2012, BGBl I, S. 206. 173 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

51

Notwendig wurde das neue Gesetz aus Sicht des Gesetzgebers, da die Instrumente des Restrukturierungsgesetzes nur zur Reorganisation oder Abwicklung einzelner Banken geeignet, aber für die Sicherung der Stabilität des Finanzsystems insgesamt unzureichend seien.180 Ob dieser Einschätzung in Anbetracht der vergleichbaren Möglichkeiten des Restrukturierungsfonds nach dem RStruktFG und des Finanzmarktstabilisierungsfonds nach dem FMStG zugestimmt werden kann, soll an dieser Stelle dahinstehen. Neben der zunächst bis zum 31. 12. 2012 befristeten Erneuerung der Möglichkeit zur Gewährung von Hilfsmaßnahmen nach dem FMStFG durch den FMS181 wurden auch inhaltliche Veränderungen an dem FMStFG vorgenommen. Während nach dem Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung nur strukturierte Wertpapiere und deren Absicherungsinstrumente auf eine Zweckgesellschaft übertragen werden durften, wurde der Anwendungsbereich im Rahmen des 2. FMStG auf alle Wertpapiere ausgeweitet.182 Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte dies den Instituten insbesondere ermöglichen, Anleihen europäischer Staaten oder Unternehmen auszulagern.183 Die im FMStBG verankerten Regelungen zur Kapitalerhöhung aus einem gesetzlich genehmigten Kapital nach § 3 FMStBG a.F., die bis dato keine Anwendung gefunden hatten, entfielen hingegen durch das 2. FMStG ersatzlos.184 Für Rettungsmaßnahmen standen nach Inkrafttreten des 2. FMStG damit sowohl die Instrumente nach dem FMStFG als auch solche nach dem RStruktFG zur Verfügung. h)  Drittes Finanzmarktstabilisierungsgesetz (3. FMStG) Ebenfalls im Jahr 2012 trat das dritte Finanzmarktstabilisierungsgesetz185 in Kraft. Damit wurden die Möglichkeiten zur Anwendung von Stützungsmaßnahmen des FMS nach dem FMStFG bis zum 31. 12. 2014 verlängert.186 Begründet wurde die erneute Verlängerung mit der anhaltenden Staatsschuldenkrise im Euroraum.187 Eine Befristung bis Ende 2014 sei sachgerecht, da voraussichtlich zum 01. 01. 2015 die Restrukturierungsrichtlinie umgesetzt würde, welche die Stabilisierungsmaßnahmen nach dem FMStFG aus Sicht des Gesetzgebers entbehrlich werden lie-

180 

BT-Drucks. 17/8343, S. 2. § 13 FMStFG n.F. 182  § 6a Abs. 1 S. 1 FMStFG n.F. 183  BT-Drucks. 17/8343, S. 12. 184  Art. 3 Nr. 3 2. FMStG. 185  Drittes Gesetz zur Umsetzung eines Maßnahmenpakets zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Drittes Finanzmarktstabilisierungsgesetz – 3. FMStG) vom 20. 12. 2012, BGBl. I, S. 2777. 186  § 13 FMStFG n.F. 187  BT-Drucks. 17/11138, S. 1. 181 

A.  Einleitung

52

ßen.188 Trotz der planmäßigen Umsetzung der Restrukturierungsrichtlinie wurde die Befristung der Stützungsmaßnahmen des FMS durch das BRRD-Umsetzungsgesetz auf das Jahresende 2015 verschoben, um in der Übergangsphase Stabilisierungsmaßnahmen ergreifen zu können.189 Eine weitere Verlängerung fand nicht statt, so dass die Maßnahmen nach dem FMStFG seit dem 31. 12. 2015 nicht mehr durchgeführt werden können. Darüber hinaus sorgte das 3. FMStG für eine engere Verzahnung zwischen dem Finanzmarktstabilisierungsfonds und dem Restrukturierungsfonds. So sieht § 3 Abs. 4 RestrFG einen Ausgleich eines negativen Schlussergebnisses des FMS aus den Mitteln des Restrukturierungsfonds vor. Damit werden Maßnahmen des FMS im Rahmen des FMStFG indirekt über die Bankenabgabe finanziert und die Inanspruchnahme von Haushaltsmitteln verringert. Dies soll zu einer verursachergemäßen Belastung der Finanzindustrie beitragen.190 i)  BRRD-Umsetzungsgesetz Die bisher letzte große nationale Gesetzesreform im Bereich der Bankenre­ strukturierung erfolgte im Dezember 2014 in Form des BRRD-Umsetzungsgesetzes191. Neben der Umsetzung der Abwicklungsrichtlinie192 im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz verfolgte der Gesetzgeber dabei das Ziel, die Regelungen zur Restrukturierung systemrelevanter Institute zu konsolidieren.193 Dazu wurden insbesondere Normen aus dem KWG in ein eigenständiges Sanierungs- und Abwicklungsgesetz überführt. Weiterhin wurde die Verantwortung zur Abwicklung von Kreditinstituten von der BaFin an die FMSA als Abwicklungsbehörde übertragen. Mittelfristig plant der Gesetzgeber, die FMSA als Anstalt in die BaFin zu übertragen, um so einerseits Synergien mit der Finanzaufsicht zu nutzen und andererseits die von der EU geforderte organisatorische Trennung von Bankenaufsicht und 188 

BT-Drucksache 17/11138, S. 10. BT-Drucksache 18/2575, S. 206. 190  BT-Drucksache 17/11138, S. 2. 191  Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/ EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (BRRD-Umsetzungsgesetz) vom 10. 12. 2014, BGBl. I, S. 2091. 192  Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 173 vom 12. 06. 2014, S. 190. 193  BT-Drucksache 18/2575, S. 141. 189 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

53

Bankenabwicklung zu gewährleisten.194 Das BRRD-Umsetzungsgesetz änderte auch die Verantwortungsteilung zwischen der EZB, die durch den einheitlichen europäischen Aufsichtsmechanismus in der SSM-VO195 eine neue Zuständigkeit für die Aufsicht über bestimmte systemrelevante Institute erhielt, und der BaFin. Die Regelungen des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes sind Gegenstand einer ausführlichen Analyse im weiteren Verlauf des vorliegenden Werkes. Sie werden daher im Folgenden nur überblicksartig dargestellt, um sie in den historischen Kontext einzuordnen. aa)  Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) Der Anwendungsbereich des SAG war schon bei dessen Einführung auf CRR-Kreditinstitute, CRR-Wertpapierfirmen und Holdinggesellschaften beschränkt und damit schon wesentlich kleiner als der Anwendungsbereich des KWG. Die Überführung von Vorschriften aus dem KWG in das SAG führte folglich nicht nur zu einer Konsolidierung der Normen, wie vom Gesetzgeber gewollt, sondern auch zu einer Einschränkung der Anwendbarkeit. Neben detaillierten Regelungen zur Sanierungsplanung und zur gruppeninternen finanziellen Unterstützung, deren Behandlung im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen würde, wurden auch die Frühinterventionsmaßnahmen neu gefasst. Die Frühinterventionsmaßnahmen der §§ 36 bis 38 SAG wurden aus den §§ 45 ff. KWG weitgehend übernommen. Während die Anwendung der §§ 45 Abs. 1 und 45c KWG zur Verbesserung der Eigenmittelausstattung der Liquidität und zur Bestellung eines Sonderbeauftragten aber auch außerhalb einer Krisensituation möglich ist,196 setzt § 36 SAG den Verstoß gegen die Mindestkapital- oder -liquiditätsvorschriften und damit eine fortgeschrittene negative Entwicklung des Finanzinstituts voraus. Darüber hinaus kann die Abwicklungsbehörde nicht frei zwischen den Maßnahmen der Frühintervention innerhalb des SAG wählen. Vielmehr sieht das SAG im Gegensatz zum KWG eine Eskalation der Interventionsmaßnahmen vor. Die Abberufung der Geschäftsleitung kann nur erfolgen, wenn Maßnahmen nach § 36 SAG nicht ausreichend waren.197 Ein vorläufiger Verwalter wiederum kann nur eingesetzt werden, wenn die Abberufung der Geschäftsleitung nicht ausreicht.198 Neben den Frühinterventionsmaßnahmen des SAG bleiben die Maßnahmen des KWG weiter anwendbar.199 Dies führt zu einer fragwürdigen Doppelstruktur von vorgelagerten Eingriffsmöglichkeiten. Eine Integration der Maßnahmen wäre 194 

BT-Drucksache 18/2575, S. 2. (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank, ABl. L 287 vom 29. 10. 2013, S. 93. 196  Zur näheren Analyse der Anwendungsvoraussetzungen vgl. Kapitel C. II. 2. a). 197  § 37 Abs. 1, 1. HS. SAG. 198  § 38 Abs. 1, 1. HS. SAG. 199  § 36 Abs. 1 SAG. 195  Verordnung

54

A.  Einleitung

der gewählten Lösung vorzuziehen, um eine größere Klarheit und Transparenz zu schaffen. Der dritte Teil des SAG regelt die Anforderungen an die Vorbereitung einer Restrukturierung und Abwicklung. Darin werden insbesondere Vorgaben zur Erstellung von Abwicklungsplänen gemacht und ein Mindestbetrag von Verbindlichkeiten festgelegt, der im Falle einer Insolvenz für eine Wandlung in Eigenkapital zur Verfügung stehen muss. Der vierte Teil des SAG beinhaltet Instrumente zur Restrukturierung oder Abwicklung von Finanzinstituten. Wie schon für die Übertragungsanordnung nach dem KWG a.F. muss zur Durchführung der Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG eine Bestandsgefährdung und eine Systemgefährdung des Institutes vorliegen.200 Ebenfalls vergleichbar mit der Übertragungsanordnung in der Fassung des Restrukturierungsgesetzes sind die Abwicklungsmaßnahmen im SAG gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 SAG nur als ultima ratio vorgesehen. Mithin sind die Voraussetzungen für die Durchführung von Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG mit denjenigen für die Übertragungsanordnung nach § 48b KWG a.F. vergleichbar. Als Abwicklungsmaßnahmen des SAG stehen insbesondere die Umwandlung von näher definierten Kapitalinstrumenten in Eigenkapital sowie die Übertragung von Anteilen, Vermögenswerten, Verbindlichkeiten und Rechtsverhältnissen auf einen neuen Rechtsträger zur Verfügung. Die Übertragung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten war in ähnlicher Form schon vor der Umsetzung der BRRD nach §§ 48a ff. KWG a.F. möglich. Im Gegensatz zur Vorgängerregelung besteht bei einer Übertragungsanordnung nach dem SAG aber die Möglichkeit, nicht nur Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, sondern nach § 107 Abs. 1 Nr. 1 SAG auch Anteile eines Instituts auf einen anderen Rechtsträger zu übertragen. Vergleichbar mit der Übertragung nach §§ 48a ff. KWG a.F. wird auch im SAG eine Gegenleistung oder eine Ausgleichsverbindlichkeit festgesetzt. Im Gegensatz zu den vormaligen Regelungen des KWG kann eine Rückübertragung im Rahmen des SAG allerdings nicht mehr bedingungslos erfolgen.201 Eine Neuerung im Sonderinsolvenzrecht für Banken stellte die Einführung der Möglichkeit zur hoheitlichen Wandlung von Fremdkapital in Eigenkapital durch das BRRD-Umsetzungsgesetz dar. Eine solche Möglichkeit bestand zwar bereits im Reorganisationsverfahren und wurde durch das ESUG auch im Insolvenzverfahren eingeführt, der Bankenaufsicht oder der Abwicklungsbehörde stand sie aber bis zu diesem Zeitpunkt nicht offen. Das neue Instrument der Gläubigerbeteiligung in § 90 SAG ermöglicht es der Abwicklungsbehörde202 nun, die Umwandlung von 200  Vgl. im Detail Kapitel D. II. 1. a); so im Ergebnis wohl auch Buscher/Link, Sanierung und Abwicklung. 201  Vgl. §§ 127, 131, 135 SAG; nähres dazu Kapitel E. V. 3. b). 202  Abwicklungsbehörde ist gemäß § 3 SAG die Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA).

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

55

berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten in Anteile des Instituts anzuordnen. Als berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten gelten grundsätzlich alle Verbindlichkeiten des Instituts. Ausgenommen sind aber vor allem durch den Einlagensicherungsfond gedeckte Einlagen und kurzfristige Verbindlichkeiten gegenüber anderen Instituten.203 Begleitend zu der Eigenkapitalwandlung kann die Abwicklungsbehörde auch einen Rechtsformwechsel des insolventen Instituts nach § 149 SAG anordnen. Ziel eines derartigen Rechtsformwechsels ist es ausweislich der Gesetzesbegründung, die Umwandlung genossenschaftlicher oder öffentlich-rechtlicher Institute in Kapitalgesellschaften zu ermöglichen.204 Eine derartige Umwandlung könnte notwendig werden, um das Instrument des Wandels von Fremdkapital in Eigenkapital einzusetzen. Die dadurch entstehenden Rechte der neuen Anteilsinhaber würden ohne den Rechtsformwechsel in öffentlich-rechtlichen oder genossenschaftlichen Instituten das Recht der bisherigen Eigenkapitalgeber unzulässig beeinträchtigen.205 Eine weitere Neuerung des SAG bestand in der erstmaligen Kodifizierung von Regelungen zur Abwicklung von grenzüberschreitenden Bankengruppen. Kern­ element war dabei die Schaffung von Abwicklungskollegien nach § 156 SAG. Für jede Gruppe wird demnach ein eigenes Kollegium geschaffen, welches für die Ausarbeitung eines Gruppenabwicklungsplans, die Bewertung der Abwicklungsfähigkeit und die Ergreifung weiterer Maßnahmen zuständig ist. bb)  Weitere Regelungen Neben der Einführung des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes und den daraus resultierenden Folgeänderungen im KWG wurde auch das Restrukturierungsfondsgesetz angepasst. So wurden die Möglichkeiten zum Einsatz des Fondsvermögens nach Inkrafttreten des BRRD-Umsetzungsgesetzes erweitert. Der Fonds konnte nunmehr Garantien oder Darlehen an in Abwicklung befindliche Institute gewähren sowie deren Vermögenswerte besichern.206 Die Beschränkung auf Unterstützungsleistungen für übernehmende Rechtsträger entfiel damit. Darüber hinaus wurde die Zielausstattung des Fonds auf ein Prozent der gedeckten Einlagen aller beitragspflichtigen Institute festgelegt.207 Reichen die Mittel nicht zur Deckung des Bedarfs aus, kann der Fonds allerdings nach § 12c Abs. 1 RStruktFG Sonderbeiträge erheben. Durch die Verabschiedung des einheitlichen europäischen Abwicklungsmechanismus wurde ein Großteil der Aufgaben des Restrukturierungsfonds allerdings von dem europäischen Abwicklungsfonds übernommen.

203 

§ 91 Abs. 1 SAG; näher dazu Kapitel E. IV. 4. b) bb) (2) (b). BT-Drucks. 18/2575, S. 168. 205  Vgl. BT-Drucks. 18/2575, S. 168. 206  § 3a RStruktFG a.F. 207  § 12a Abs. 1 RStruktFG. 204 

A.  Einleitung

56

Weiterhin wurde durch das BRRD-Umsetzungsgesetz in § 46f Abs. 4 KWG eine Privilegierung von Einlagen im Insolvenzverfahren von Instituten vorgenommen. Werden Institute im allgemeinen Insolvenzverfahren abgewickelt, erhalten Einlagengläubiger einen höheren Rang als die sonstigen unbesicherten Gläubiger. Damit sollten einerseits Einleger besser geschützt werden, deren Einlage die Obergrenze der durch den Einlagensicherungsfonds versicherten Einlagen überschreiten. Andererseits sollten Verluste des Einlagensicherungsfonds reduziert werden, auf den nach Eintritt des Sicherungsfalls die Ansprüche der versicherten Einleger übergehen.208 j)  Einheitlicher europäischer Abwicklungsmechanismus Nach der BRRD erließ der europäische Gesetzgeber am 15. Juli 2014 die Verordnung zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Abwicklungsmechanismus (SRM-VO)209. Im Unterschied zur Abwicklungsrichtlinie ist die SRM-VO aber nur in Staaten der Währungsunion anwendbar.210 Ziel der Verordnung, die neben dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus und der einheitlichen Einlagensicherung die dritte Säule der Bankenunion darstellt, war die Vereinheitlichung nationaler Abwicklungsregime zur Stärkung des Vertrauens in den Finanzmarkt.211 Folglich bestanden die wesentlichen Veränderungen auch in der Verlagerung der Zuständigkeit zur Einleitung von Abwicklungsverfahren und Festlegung der anzuwendenden Abwicklungsinstrumente. Bis zur SRMVO lag die Einleitung der Verfahren und die Entscheidung über die Art der Abwicklung alleine in der Hand der nationalen Abwicklungsbehörden. Insbesondere bei grenzüberschreitend tätigen Instituten bestand dadurch die Gefahr, dass eine unterschiedliche Auslegung der Umsetzungsnormen in nur einigen Ländern zu einer Einleitung von Abwicklungsverfahren führte. Auch wurde durch die einzelnen Zuständigkeiten eine koordinierte Abwicklung erschwert.212 Die Entscheidung über die Abwicklung von CRR-Kreditinstituten wird nach der SRM-VO nunmehr von einem neu geschaffenen Abwicklungsausschuss getroffen. aa)  Der Abwicklungsausschuss Der Abwicklungsausschuss leitet die Abwicklung von Kreditinstituten ein und überwacht die Durchführung der beschlossenen Maßnahmen. Der Ausschuss ist 208 

BT-Drucks. 18/2575, S. 197. Verordnung (EU) Nr. 806/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Juli 2014 zur Festlegung einheitlicher Vorschrfiten und eines einheitlichen Verfahrens für die Abwicklung von Kreditinstituten und bestimmten Wertpapierfirmen im Rahmen eines einheitlichen Abwicklungsmechanismus und eines einheitlichen Abwicklungsfonds sowie zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010, ABl. L 225/1 vom 30. 07. 2014. 210  Art. 4 SRM-VO. 211  Erwägungsgrund 3 der SRM-VO. 212  Erwägungsgrund 10 der SRM-VO. 209 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

57

nach Art. 42 Abs. 1 SRM-VO eine Agentur der Union mit eigener Rechtspersönlichkeit. Er setzt sich aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Vollzeitmitgliedern zusammen,213 die durch die Kommission vorgeschlagen und durch das Parlament bestätigt werden.214 Diese Mitglieder bilden das Präsidium des Ausschusses,215 welches grundsätzlich Abwicklungsmaßnahmen anordnet, die keine Inanspruchnahme des Abwicklungsfonds von mehr als 5 Mrd. Euro vorsehen.216 Neben dem Vorsitzenden und den vier weiteren Vollzeitmitgliedern besteht der Ausschuss aus jeweils einem von jedem teilnehmenden Mitgliedstaat benannten Mitglied und je einem ständigen Beobachter von Kommission und EZB.217 Alle Mitglieder des Ausschusses tagen im Plenum mindestens zweimal jährlich, um die Grundlinien des Ausschusses festzulegen und über Abwicklungsmaßnahmen zu entscheiden, die eine Belastung des Abwicklungsfonds von mehr als 5 Mrd. Euro vorsehen.218 bb)  Entscheidungsbefugnisse des Ausschusses Seit dem 1. Januar 2016219 liegt die Entscheidungsbefugnis über die Einleitung und die Grundzüge der Abwicklung nicht mehr bei den nationalen Abwicklungsbehörden, sondern bei dem Abwicklungsausschuss in Zusammenarbeit mit EZB, Kommission und Rat. Die Abwicklung selbst wird aber weiterhin durch die nationalen Abwicklungsbehörden basierend auf nationalem Recht durchgeführt. Auch die Abwicklungsinstrumente sind durch die SRM-VO nicht verändert worden. Zur Einleitung eines Abwicklungsverfahrens beurteilt die EZB gemäß Art. 18 SRM-VO im ersten Schritt, ob die Abwicklungsvoraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 vorliegen. Bleibt die EZB mindestens drei Tage nach Aufforderung einer Bewertung durch den Ausschuss untätig, kann der Ausschuss die Beurteilung selbst vornehmen.220 Gelangen EZB oder der Ausschuss im ersten Schritt zu dem Ergebnis, dass die Abwicklungsvoraussetzungen vorliegen, legt der Ausschuss im zweiten Schritt ein Abwicklungskonzept fest.221 Das Abwicklungskonzept schreibt die Durchführung von Maßnahmen vor, die aus der BRRD bekannt sind und in der SRM-VO erneut aufgeführt werden. Mögliche Abwicklungsmaßnahmen sind mithin die Gläubigerbeteiligung222 sowie die Übertragung von Vermögensgegen-

213 

Art. 43 Abs. 1 SRM-VO. Art. 56 SRM-VO. 215  Art. 53 Abs. 1 SRM-VO. 216  Art. 54 Abs. 1 (b), Art. 50 SRM-VO. 217  Art. 43 Abs. 1 (c), Abs. 3 SRM-VO. 218  Art. 50, 51 SRM-VO. 219  Art. 99 Abs. 2 SRM-VO. 220  Art. 18 Abs. 1 SRM-VO. 221  Art. 18 Abs. 6 SRM-VO. 222  Art. 21, 27 SRM-VO; §§ 89 ff. SAG. 214 

A.  Einleitung

58

ständen und Verbindlichkeiten auf einen Käufer,223 ein Brückeninstitut224 oder eine Vermögensverwaltungsgesellschaft225. Im dritten Schritt übermittelt der Ausschuss das Konzept an die Kommission, die dieses innerhalb von 24 Stunden billigen oder Einwände erheben kann.226 Erhebt die Kommission Einwände, muss das Konzept überarbeitet werden. Darüber hinaus kann die Kommission auch innerhalb von 12 Stunden dem Rat vorschlagen, gegen das Abwicklungskonzept Einwände aus zwei unterschiedlichen Gründen zu erheben. Zum einen kann der Rat einwenden, dass die Abwicklung im Sonderinsolvenzrecht im öffentlichen Interesse nicht notwendig ist und zum anderen kann der Rat Einwände gegen die Belastung des Abwicklungsfonds durch die Maßnahme erheben. Die Frist für die Erhebung von Einwänden beträgt für den Rat ebenfalls 24 Stunden.227 Wendet der Rat ein, dass kein öffentliches Interesse an der Abwicklung bestehe, kann eine Abwicklung nicht durch die Abwicklungsbehörden erfolgen und das Institut wird regelmäßig im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt.228 Bei anderen Einwänden muss der Ausschuss das Abwicklungskonzept innerhalb von acht Stunden unter Berücksichtigung der Einwände ändern.229 Wird das Konzept hingegen vom Rat und der Kommission gebilligt oder werden keine fristgerechten Einwendungen erhoben, weist der Ausschuss die nationalen Abwicklungsbehörden an, das Abwicklungskonzept umzusetzen.230 Die nationalen Abwicklungsbehörden setzen das Konzept dann nach nationalem Recht231 und unter Aufsicht des Ausschusses232 um. In Deutschland setzt mithin die Abwicklungsbehörde die Maßnahmen nach dem SAG um.233 cc)  Der Abwicklungsfonds Zusätzlich zu dem Abwicklungsausschuss wurde durch die SRM-VO ein einheitlicher Abwicklungsfonds errichtet.234 Die Zielausstattung des Fonds beläuft sich – äquivalent zur Zielausstattung des RStruktF gemäß § 12a RStruktFG a.F. – auf ein Prozent aller gedeckten Einlagen.235 Die Beitragserhebung erfolgt ebenfalls im Voraus und errechnet sich wie schon im RStruktFG anhand eines anteiligen Be-

223 

Art. 21 SRM-VO; §§ 107 ff. SAG. Art. 24, 25 SRM-VO, §§ 107 ff.; 128 f. SAG. 225  Art. 24, 26 SRM-VO, §§ 107 ff.; 132 f. SAG. 226  Art. 18 Abs. 7 SRM-VO. 227  Art. 18 Abs. 7 SRM-VO. 228  Art. 18 Abs. 8 SRM-VO. 229  Art. 18 Abs. 7 SRM-VO. 230  Art. 18 Abs. 9 SRM-VO. 231  Art. 29 Abs. 1 SRM-VO. 232  Art. 28 Abs. 1 SRM-VO. 233  BT-Drucks. 18/5009, S. 62; Hübner/Leunert, ZIP 2015, 2259, 2265. 234  Art. 67 SRM-VO. 235  Art. 69 Abs. 1 SRM-VO. 224 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

59

trags der Verbindlichkeiten und eines risikoadjustierten Betrags.236 Zusätzlich gibt es auch für den europäischen Abwicklungsfonds die Möglichkeit, Sonderbeiträge zu erheben.237 Darüber hinaus kann der Abwicklungsfonds Darlehen aufnehmen. Im Gegensatz zum Restrukturierungsfonds ist die Höhe der Darlehensaufnahme für den Abwicklungsfonds nicht begrenzt.238 Der Abwicklungsfonds übernimmt bei der Abwicklung deutscher Kreditinstitute die Aufgaben, die zuvor der Restrukturierungsfonds wahrgenommen hat. Er kann beispielsweise abzuwickelnden Instituten Darlehen gewähren, Vermögenswerte vom abzuwickelnden Institut erwerben oder unter bestimmten Vo­ raussetzungen Entschädigungen an Alteigentümer oder Gläubiger zahlen.239 Um Doppelstrukturen zu vermeiden, werden nach Art. 96 SRM-VO nationale Abwicklungsfinanzierungsmechanismen durch den Abwicklungsfonds ersetzt. Der Restrukturierungsfonds erhebt zwar weiterhin Beiträge, leitet diese aber nach § 11a Abs. 1 RStruktFG n.F. an den Abwicklungsfonds weiter. Auch die bis zum 01. 01. 2016 erhobenen Beiträge werden an den Abwicklungsfonds übertragen. In einem Übergangszeitraum von acht Jahren stehen die übertragenen Beiträge aber nicht uneingeschränkt für alle Maßnahmen zur Verfügung. In dieser Zeit werden buchhalterische Konten für jeden teilnehmenden Mitgliedstaat gebildet, sogenannte „Kammern“, die vorrangig für Leistungen an Instituten des jeweiligen Mitgliedstaates herangezogen werden.240 Reicht der Betrag in der jeweiligen Kammer nicht aus, muss der entsprechende Mitgliedstaat Zusatzbeiträge erheben. Beiträge aus anderen Kammern können nur begrenzt herangezogen werden.241 Im Zeitverlauf können vermehrt Beiträge aus Kammern von nichtbetroffenen Mitgliedstaaten herangezogen werden und der Anteil der vorrangig zu verwendenden Beiträge aus Kammern betroffener Mitgliedstaaten sinkt, so dass nach Ablauf des Übergangszeitraums Zahlungen aus allen Kammern gleichermaßen erfolgen können.242 dd)  Das Abwicklungsmechanismusgesetz Die SRM-VO bedarf als unmittelbar geltende EU-Verordnung keiner Umsetzung in nationales Recht. Dennoch erforderte sie einige Anpassungen des deutschen Rechts insbesondere im Bereich der Zuständigkeiten für Abwicklungsentscheidungen. Diese Anpassungen hat der deutsche Gesetzgeber durch das Abwicklungsme236  Art. 70 SRM-VO; vgl. auch die Delegierte Verordnung (EU) 2015/63, ABl. 2015, Nr. L 11 S. 44. 237  Art. 71 SRM-VO. 238  Art. 73 SRM-VO. 239  Art. 76 SRM-VO. 240  Art. 5 des Übereinkommens vom 21. Mai 2014 über die Übertragung von Beiträgen auf den einheitlichen Abwicklungsfonds und über die gemeinsame Nutzung dieser Beiträge, BGBl. I 2014, S. 1298 (im Folgenden: Übereinkommen). 241  Art. 5 Übereinkommen. 242  Art. 5 Übereinkommen.

60

A.  Einleitung

chanismusgesetz (AbwMechG) vorgenommen.243 Durch das Artikelgesetz werden unter anderem das SAG, das KWG, das RStruktFG, das FMStFG sowie das Kred­ ReorgG an die Verordnung angepasst. Die Zuständigkeit für Abwicklungen liegt nach § 1 SAG n.F. nur dann noch bei der deutschen Abwicklungsbehörde, wenn der Ausschuss nicht für die Abwicklung zuständig ist. Dies betrifft vor allem Fälle der Abwicklung von CRR-Wertpapierfirmen. Mittelbar bleibt es jedoch für die Abwicklung von CRR-Kreditinstituten und Finanzholdinggruppen anwendbar, da die Umsetzung des Abwicklungskonzepts in Deutschland durch die Anwendung der Normen des SAG erfolgt. Soll ein deutsches Kreditinstitut durch die nationale Abwicklungsbehörde abgewickelt werden, müssen mithin einerseits die Voraussetzungen für eine Abwicklung nach der SRM-Verordnung, andererseits auch die Voraussetzungen des SAG erfüllt sein. Um sicherzustellen, dass die Anwendungsvoraussetzungen deckungsgleich sind, entsprechen die Voraussetzungen des SAG denen der SRM-VO zumeist wörtlich. Neben den Anpassungen der Zuständigkeit im SAG wurden dem Ausschuss in §§ 176 ff. SAG n.F. auch Untersuchungs- und Prüfrechte eingeräumt, um die Durchführung der Abwicklungsmaßnahme überwachen zu können. Zusätzlich zu den Anpassungen des SAG an die SRM-VO wurde in § 60a SAG erstmals die Pflicht für Institute aufgenommen, in Finanzkontrakte, die nicht europäischem Recht unterliegen, vertragliche Bestimmungen aufzunehmen, durch welche die Gegenpartei die vorübergehende Aussetzung von Beendigungsrechten im Abwicklungsfall anerkennt.244 Damit soll die Durchsetzbarkeit der Aussetzungsbefugnis unabhängig von dem anwendbaren Vertragsrecht oder vereinbarten Gerichtsstand gewährleistet werden.245 Neben dem SAG wurde auch das KWG durch das AbwMechG geändert. Insbesondere wurde die Rangfolge von Forderungen bei der Abwicklung von Banken im allgemeinen Insolvenzverfahren in § 46f KWG mit Wirkung zum 1. 1. 2017 geändert. Wird eine Bank im allgemeinen Insolvenzverfahren reorganisiert oder liquidiert, werden handelbare Schuldtitel, Schuldscheindarlehen und Namensschuldverschreibungen gemäß § 46f Abs. 5 KWG n.F. erst im Rang nach den allgemeinen unbesicherten Insolvenzforderungen befriedigt.246 Damit sollen operative Verbindlichkeiten eines insolventen Instituts besser vor Verlusten geschützt werden, um die Gefahr für das Finanzsystem zu reduzieren.247 Im FMStFG wird insbesondere die Umlage von Kosten der Finanzmarktstabilisierungsanstalt als Abwicklungsbehörde neu geregelt. Kosten, die der Abwick243  Gesetz zur Anpassung des nationalen Bankenabwicklungsrechts an den Einheitlichen Abwicklungsmechanismus und die europäischen Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwicklungsmechanismusgesetz – AbwMechG) vom 2. 11. 2015, BGBl. I, S. 1864. 244  § 60a SAG n.F. 245  BT-Drucks. 18/5009, S. 65. 246  Art. 2 lit. b Nr. 23 AbwMechG i.V.m. Art. 15 Abs. 2 AbwMechG. 247  BT-Drucks. 18/5009, S. 76; vgl. dazu auch Kapitel E. VI. 3.

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

61

lungsbehörde durch die Abwicklungsmaßnahme entstehen und nicht durch Erlöse aus der Maßnahme gedeckt sind, können auf den Kostenverursacher nach § 3e FMStFG umgelegt werden. Durch das AbwMechG wird erstmals die Erhebung von Kostenpauschalen nach §§ 3e Abs. 1, 3k FMStFG i.V.m. § 3 FMSAKostV248 klar geregelt. Kostenpauschalen sind vor allem in solchen Fällen von Bedeutung, in denen Maßnahmen erstmalig durchgeführt werden und die Abwicklungsbehörde noch „Pioniermaßnahmen“ betreiben muss.249 Unter diesen Umständen wäre eine vollständige Umlegung der erhöhten Kosten auf das betroffene Institut nicht gerechtfertigt, da auch andere Institute von dem Erkenntnisgewinn der Behörde profitieren.250 Die SRM-VO und das Abwicklungsmechanismusgesetz sind die bisher letzten Gesetzesänderungen zur Bankenabwicklung in Deutschland. Mit dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus wurde auf europäischer Ebene die Bankenunion bestehend aus dem einheitlichen Aufsichtsmechanismus, dem einheitlichen Abwicklungsmechanismus und der geplanten einheitlichen Einlagensicherung weiter vertieft. Zur Vervollständigung der Bankenunion ist in näherer Zukunft noch mit der Umsetzung einer einheitlichen Einlagensicherung zu rechnen, die aber vo­ raussichtlich keine Änderungen in der Bankenabwicklung mit sich bringt. Mithin stehen zurzeit in Deutschland keine weiteren Änderungen der Gesetzeslage im Bereich der Bankenabwicklung an. 2.  USA Die gesetzgeberischen Reaktionen auf die Finanzkrise verliefen in Deutschland und in den USA weitgehend parallel. Auch in den USA wurden in einem ersten Schritt Notmaßnahmen zur Rettung der Finanzinstitute ergriffen und im Anschluss die Abwicklung der Institute neu geregelt. Im Folgenden werden die drei wichtigsten Gesetze zur Bankenrettung und restukturierung vorgestellt. a)  Housing and Economic Recovery Act Auslöser für die Finanzkrise war ein dramatischer Wertverfall von Immobilien in den USA. Schon lange vor der Insolvenz der Investmentbank Lehman Brothers Inc. gerieten daher die beiden damals größten Immobilienfinanzierer in den USA, Fannie Mae und Freddie Mac, in eine Krise.251 Als Reaktion darauf erließ der Ge248 Verordnung über die Erstattung und Umlage von Kosten der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA-Kostenverordnung – FMSAKostV) vom 6. 11. 2015, BGBl. I., S. 1928. 249  BT-Drucks. 18/5009, S. 87. 250  BT-Drucks. 18/5009, S. 87. 251  Beide Institute hielten 2008 zusammen 43,7  % der Kredite zur Immobilienfinanzierung in den USA im Wert von insgesamt 5,2 Billionen USD, vgl. DiVenti, Cityscape 2009, 231, 236.

62

A.  Einleitung

setzgeber den Housing and Economic Recovery Act of 2008 (HERA)252. Durch das Gesetz wurde unter anderem eine neue Aufsichtsbehörde, die Federal Housing Finance Agency (FHFA), gegründet.253 Diese wurde zum Erwerb von Eigen- und Fremdkapital der Banken Fannie Mae und Freddie Mac ermächtigt, soweit dies notwendig war, um die Stabilität der Finanzmärkte zu gewährleisten, Verwerfungen im Markt der Immobilienfinanzierung zu verhindern und den Steuerzahler zu schützen.254 Darüber hinaus wurde sie zur Verwaltung der beaufsichtigten Institute im Insolvenzfall ermächtigt, um diese außerhalb des Insolvenzrechts sanieren oder abwickeln zu können.255 Basierend auf dieser Ermächtigung hat die FHFA am 07. 09. 2008, also etwa eine Woche vor der Insolvenz von Lehman Brothers Inc., die Kontrolle über die beiden Institute übernommen.256 Zeitgleich erwarb die FHFA basierend auf der Grundlage des HERA 79,9 % der Stammaktien beider Institute für 0,00001 USD pro Aktie, um an der erwarteten Wertsteigerung nach der geplanten Reorganisation zu partizipieren.257 Insgesamt betrugen die Stützungszahlungen 187,5 Milliarden USD, die inzwischen weitgehend zurückgezahlt wurden.258 Bis zum heutigen Zeitpunkt befinden sich die beiden Banken unter Kontrolle der FHFA. Pläne, die Institute wieder zu privatisieren oder zu liquidieren, wurden bisher nicht verwirklicht.259 b)  Emergency Economic Stabilization Act Die fortschreitende Finanzkrise veranlasste den US-Gesetzgeber schon kurze Zeit später, den Emergency Economic Stabilization Act260 zu erlassen.261 Dieser 252  Housing and Economic Recovery Act of 2008 vom 30. 07. 2008, Pub. L. No. 110 – 289, 122 Stat. 2654. 253  Sec. 1311 HERA; 12 U.S.C. § 4511. 254  Sec. 1117 HERA; 12 U.S.C. § 1719 (g) für Fannie Mae und 12 U.S.C. § 1455 (l) für Freddie Mac. 255  Sec. 1367 HERA; 12 U.S.C. § 4617. 256  Jickling, Fannie Mae and Freddie Mac in Conservatorship. 257  Jickling, Fannie Mae and Freddie Mac in Conservatorship, S. 3; Fannie Mae’s Senior Preferred Stock Purchase Agreement with Treasury, abrufbar unter: http://www.fhfa.gov/ Conservatorship/Documents/Senior-Preferred-Stock-Agree/2008 – 9-26_SPSPA_FannieMae_RestatedAgreement_N508.pdf; Freddie Mac’s Senior Preferred Stock Purchase Agreement with Treasury, abrufbar unter: http://www.fhfa.gov/Conservatorship/Documents/ Senior-Preferred-Stock-Agree/2008 – 9-26_SPSPA_FreddieMac_RestatedAgreement_508. pdf. 258  Chadbourn, Taxpayers close to breaking even on Fannie Mae, Freddie Mac bailout, Reuters, 07. 11. 2013; Economist vom 23. 11. 2013, Two albatrosses take flight. 259  Condon, Wind down Fannie Mae, Freddie Mac, Obama says, CBS News, 06.098.2013; Economist vom 23. 11. 2013, Two albatrosses take flight. 260  Emergency Economic Stabilization Act vom 03. 10. 2008, Pub. L. No. 110 ‐ 343, 122 Stat. 3765. 261  Webel, Troubled Asset Relief Program, S. 1.

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

63

beinhaltete unter anderem das Troubled Assets Relief Program (TARP)262 zur Wiederherstellung von Liquidität und Stabilität der Finanzmärkte.263 Dazu wurden, vergleichbar mit den Finanzmarktstabilisierungsgesetzen in Deutschland, der Kauf von bestimmten Vermögensgegenständen und die Garantie bestimmter Forderungen 264 ermöglicht.265 Im Gegensatz zum deutschen Modell wurde allerdings keine mit der FMSA vergleichbare Organisation zur Durchführung der Maßnahmen gegründet, sondern die Verantwortung lag unmittelbar bei dem Finanzministerium.266 Basierend auf der Ermächtigung durch das TARP etablierte das Finanzministerium zwölf unterschiedliche Programme zur Stützung des Finanzmarktes.267 Das TARP war ursprünglich bis zum 31. 12. 2009 befristet, wurde aber durch Finanzminister Geithner bis zum 03. 10. 2010 verlängert.268 Der Umfang des Programms belief sich auf 250 Mrd. USD, wurde aber durch einen Präsidentenerlass auf 350 Mrd. USD und durch den Kongress auf 700 Mrd. USD erweitert.269 Für Institute, die von Finanzmitteln aus dem TARP profitierten, wurde eine Obergrenze für die Managementvergütung von 500.000 USD festgelegt.270 Damit kam in den USA eine mit den Regelungen des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes in Deutschland vergleichbare Beschränkung zur Anwendung. Schon kurz nachdem das Gesetz in Kraft getreten war, änderte das Finanzministerium seine geplante Vorgehensweise. Als Reaktion auf die sich verstärkende Finanzkrise kündigte Finanzminister Paulson an, sich direkt an den Finanzinstituten beteiligen zu wollen, anstatt deren Vermögensgegenstände aufzukaufen.271 In der Folge erwarb das Finanzministerium im Rahmen des Capital Purchase Program Beteiligungen an Finanzinstituten für knapp 205 Mrd. USD, im Rahmen des Targeted Investment Program Anteile im Wert von 40 Mrd. USD und im Rahmen 262 

Title 1 des Emergency Economic Stabilization Act. Sec. 2 Emergency Economic Stabilization Act. 264  Die Maßnahmen waren auf Immobilienkredite und damit zusammenhängende Geschäfte beschränkt, Sec. 101 (a)(9)(A) TARP. 265  Sec. 101, 102 TARP. 266  Sec. 106 TARP. 267 Vgl. Webel, Troubled Asset Relief Program, S. 2 f. 268  Sec. 120 TARP; vgl. Pressemitteilung vom 09. 12. 2009, Treasury Department Releases Text of Letter from Secretary Geithner to Hill Leadership on Administration’s Exit Strategy for TARP. 269  Vgl. zur Ermächtigung Sec. 115 TARP; zur Ablehnung der Nichterweiterung die Gesetzesübersicht, abrufbar unter: http://thomas.loc.gov/cgi-bin/bdquery/z?d111:S.J.Res.5:. 270 Sec. 111 TARP i.V.m. Billing Code 4810 – 25-P, abrufbar unter: http://www.treasury.gov/initiatives/financial-stability/TARP-Programs/executive-comp/Documents/Interim %20Final %20Rule %20on %20Compensation %20and %20Corporate %20Governance. pdf. 271  Pressemitteilung vom 12. 11. 2008, Remarks by Secretary Henry M. Paulson, Jr. on Financial Rescue Package and Economic Update, abrufbar unter: http://www.treasury.gov/ press-center/press-releases/Pages/hp1265.aspx. 263 

A.  Einleitung

64

des Systemically Significant Failing Institutions Program Anteile an AIG im Wert von knapp 68 Mrd. USD.272 Schwierigkeiten bei dem Anteilskauf bereitete dem Finanzministerium insbesondere die Vorgabe nach Sec. 111 (b) TARP, den angemessenen Wert für die zu erwerbenden Vermögensgegenstände und Beteiligungen zu ermitteln.273 Infolgedessen wurde das Public Private Investment Programme zum gemeinsamen Erwerb der Vermögensgegenstände durch die Verwaltung und die Finanzwirtschaft entwickelt.274 Im Rahmen dieses Programms wurden Investmentgesellschaften gegründet, an denen sich das Finanzministerium und ein privater Investor zu gleichen Teilen beteiligten. Darüber hinaus erhielten die Investmentgesellschaften Fremdkapital durch das Finanzministerium in Höhe der Summe des Eigenkapitals. Von den Investmentgesellschaften wurden dann die Vermögensgegenstände gekauft und von den privaten Investoren verwaltet.275 Die Bewertung der Vermögensgegenstände fand durch die Investoren statt, so dass die Problematik der Wert­ ermittlung für das Finanzministerium entfiel. Insgesamt wurden damit Mittel in Höhe von knapp 30 Mrd. USD für den Ankauf von Vermögensgegenständen zur Verfügung gestellt.276 Weiterhin wurden im Rahmen des Asset Guarantee Program Garantien für Vermögensgegenstände der Bank of America und der Citigroup in Höhe von 419 Mrd. USD gegeben. Weitere Programme dienten der Stützung des Auto- und Immobilienmarktes. Bis Ende 2015 waren annähernd alle Maßnahmen unter dem TARP beendet. Insgesamt hat die Regierung mit dem Programm ohne Berücksichtigung der Unterstützungszahlungen für Hauseigentümer einen Gewinn aus den Zinsen für Garantien und der Wertentwicklung der erworbenen Vermögensgegenstände von etwa 190 Mio. USD erwirtschaften können.277 c)  Dodd-Frank Act Die wohl umfangreichste Reform der Finanzmarktregulierung nach der Krise erfolgte durch den Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act 272 

US Department of Treasury, TARP Programs, abrufbar unter: http://www.treasury. gov/initiatives/financial-stability/TARP-Programs/Pages/default.aspx; Webel, Troubled Asset Relief Program, S. 2 f. 273  Congressional Oversight Panel, February Oversight Report, S. 4 f.; Chen, Columbia Journal of Law and Social Problems, 2013, 509, 514; Gosh/Mohamed, International Journal of Law and Management 2010, 124, 131. 274  Das Programm wurde auch als Geithner-Plan bezeichnet; Gosh/Mohamed, Interna­ tional Journal of Law and Management 2010, 124, 136. 275  Chen, Columbia Journal of Law and Social Problems, 2013, 509, 515; Davis Polk, The Public-Private Investment Program, S. 1 f. 276  U.S. Department of Treasury, Investment Program, S. 4. 277  U.S. Department of Treasury, Monthly Report December 2015, S. 5.

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

65

(Dodd-Frank Act)278. Im März 2008 unterbreitete das US-Finanzministerium einen ersten Reformvorschlag279, gefolgt von einer deutlich detaillierteren Version 280 im Juni 2009. Der Kongress befasste sich erstmalig im Februar 2009 mit der Reform und verabschiedete das Gesetz nach mehr als 80 Anhörungen am 22. März des Folgejahres.281 Nach Unterzeichnung des Präsidenten trat das Gesetz dann am 21. Juli 2010 in Kraft. Das Ziel der Reform bestand in einer Verringerung des Risikos einer Finanzkrise. Dazu sollten einerseits die Wahrscheinlichkeit einer Insolvenz von systemrelevanten Finanzinstituten und andererseits die Auswirkungen einer solchen Insolvenz auf das Finanzsystem reduziert werden.282 Um dieses Ziel zu erreichen, wurden Sonderregelungen für die Aufsicht und Abwicklung von systemrelevanten Finanzinstituten geschaffen. Darüber hinaus sollten die Verbraucher durch ein neu geschaffenes Bureau of Consumer Financial Protection, welches Produkte und Dienstleistungen von Banken für Verbraucher reguliert, besser geschützt werden.283 aa)  Aufsicht über systemrelevante Finanzinstitute Vor Einführung des Dodd-Frank Act wurde im Bereich der Finanzinstitute im Wesentlichen zwischen Instituten, die Einlagen annahmen und damit als klassische Bank galten, und allen sonstigen Finanzinstituten unterschieden.284 Eine Differenzierung nach Größe, Vernetzung, Substituierbarkeit oder sonstigen Merkmalen der Systemrelevanz fand hingegen nicht statt. Die Finanzkrise verdeutlichte aber nach Einschätzung des US-Gesetzgebers, dass eine besondere Aufsicht über alle großen Finanzinstitute, die eine Gefahr für das gesamte Finanzsystem darstellen, notwendig sei.285 Das Krisenmanagement in den Fällen von Citigroup, AIG und Lehman Brothers wurde als unzureichend betrachtet und sollte zukünftig in vergleichbaren Fällen durch verstärkte Eingriffsmöglichkeiten einer einheitlichen Aufsichtsbehörde verbessert werden.286 Zu diesem Zweck wurde das Financial Stability Oversight Council geschaffen.287 Es setzt sich aus Vertretern der verschiedenen Aufsichtsbehörden zusammen und hat die Aufgabe, systemrelevante Finanzinstitute zu iden-

278 Dodd-Frank

Wall Street Reform and Consumer Protection Act vom 21. 07. 2010, Publ. l. 111 - 203. 279  U.S. Department of Treasury, Blueprint. 280  U.S. Department of Treasury, Financial Regulatory Reform. 281  U.S. Senate, Report No. 111 – 176, S. 46. 282  Skeel, The New Financial Deal, S. 4. 283  § 1011 (a) Dodd-Frank Act. 284  Eine gute Übersicht über die Zuständigkeiten bieten Jickling/Murphy, Who Regu­ lates Whom?. 285  U.S. Senate, Report No. 111 – 176, S. 3. 286  Skeel, The New Financial Deal, S. 49. 287  § 111 Dodd-Frank Act.

A.  Einleitung

66

tifizieren, die dann der Aufsicht der Federal Reserve Bank unterstellt werden.288 Weiterhin soll das Gremium Vorschläge zur Regulierung systemrelevanter Institute erarbeiten. Neben den durch das Financial Stability Oversight Council benannten Instituten unterliegen alle Bankholdinggesellschaften mit einer Bilanzsumme von mehr als 50 Mrd. USD von Gesetzes wegen diesen verschärften aufsichtsrechtlichen Anforderungen für systemrelevante Finanzinstitute.289 Klassische Banken mit Einlagengeschäft sind von den Bestimmungen ausgenommen,290 da diese grundsätzlich höheren Anforderungen als andere Finanzinstitute genügen müssen. Bisher wurden vier Finanzinstitute durch das Oversight Council als systemrelevant identifiziert, unter ihnen AIG.291 Darüber hinaus unterliegen 36 Bankholdinggesellschaften mit einer Bilanzsumme von mehr als 50 Mrd. USD den verschärften aufsichtsrechtlichen Anforderungen.292 bb)  Abwicklung systemrelevanter Finanzinstitute Während klassische Banken schon lange im Rahmen eines Sonderinsolvenzrechts unter der Verantwortung der FDIC abgewickelt wurden, war für andere Finanzinstitute vor Inkrafttreten des Dodd-Frank Act das allgemeine Insolvenzrecht anwendbar. Aus Sicht des USGesetzgebers zeigte die Finanzkrise aber, dass eine Abwicklung systemrelevanter Finanzinstitute im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts zu großen Marktverwerfungen führen könne. Um diese zu vermeiden, wurde mit Title II des Dodd-Frank Act ein neues Abwicklungsregime für systemrelevante Institute nach dem Vorbild des FDIC-Abwicklungsregimes geschaffen, die sogenannte Orderly Liquidation Authority (OLA).293 Die Untersuchung dieses neuen Rechts stellt einen wesentlichen Bestandteil der weiteren Arbeit dar. Daher soll an dieser Stelle ausschließlich ein Überblick über die Regelungen gegeben werden. Die Abwicklung im Rahmen der OLA erfolgt unabhängig davon, ob das Institut zuvor als systemrelevant identifiziert wurde oder als Bankholdinggesellschaft mit mehr als 50 Mrd. USD den erhöhten aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterliegt. Vielmehr sieht § 203 des Dodd-Frank Act ein eigenständiges Verfahren vor, um eine Abwicklung unter dem OLA einzuleiten. Dazu müssen die Federal Reserve Bank (Fed) und die FDIC jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit ein derartiges Verfahren empfehlen und der Finanzminister nach Rücksprache mit dem Präsidenten seine Zustimmung erteilen. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt 288 

§ 113 Dodd-Frank Act. § 165 Dodd-Frank Act. 290  § 113 (a)(1) Dodd-Frank Act bezieht sich nur auf nonbank financial companies. 291  Financial Stability Oversight Council, Designations. 292  Skeel, The New Financial Deal, S. 6. 293  U.S. Senate, Report No. 111 – 176, S. 4. 289 

III.  Rechtsreformen seit der Finanzkrise

67

sind, kann das betroffene Institut unter der Verantwortung der FDIC abgewickelt werden. Andernfalls findet das allgemeine Insolvenzrecht Anwendung. Das Ziel des Verfahrens besteht in der Liquidation oder der übertragenden Sanierung des Institutes. Eine Reorganisation ist nicht vorgesehen.294 Zur Finanzierung des Abwicklungsprozesses können Mittel aus einem neu geschaffenen Orderly Liquidation Fund, der unter der Verwaltung der FDIC steht, verwendet werden.295 Im Gesetzgebungsprozess war ursprünglich eine risikobasierte Abgabe, vergleichbar mit der deutschen Bankenabgabe, von identifizierten systemrelevanten Finanzinstituten und Bankholdinggesellschaften mit einer Bilanzsumme von mehr als 50 Mrd. USD vorgesehen. Mit Hilfe dieser Abgabe sollte innerhalb von fünf bis zehn Jahren ein Fondsvermögen von 50 Mrd. Euro aufgebaut werden.296 Auf Druck der Republikaner, die weitere Rettungsmaßnahmen für Banken radikal ablehnten, sah die Endfassung des Gesetzes zur Finanzierung von Abwicklungsmaßnahmen nur noch eine Belastung der Banken im Nachgang der Abwicklung vor.297 cc)  Weitere Maßnahmen Neben der Erhöhung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen an systemrelevante Institute, der Implementierung eines separaten Abwicklungsregimes und der Verbesserung des Verbraucherschutzes durch die Schaffung eines Bureau of Consumer Protection wurde durch die 14 Titel des Dodd-Frank Act eine Vielzahl weiterer Veränderungen vorgenommen. So wurde ein verpflichtendes Clearing von OTC-Derivaten eingeführt298 und das Office of Thrift Supervision abgeschafft, welchem bis dahin unter anderem die Aufsicht über AIG oblag.299 Außerdem wurde in § 619 Dodd-Frank Act das Verbot des Eigenhandels für Banken festgelegt, die das Einlagengeschäft betreiben. Die sogenannte Volcker Rule strebt eine Trennung zwischen dem klassischen Bankgeschäft mit Einlagen, Darlehensvergaben und Zahlungsverkehr und dem Handeln des Instituts auf eigene Rechnung an. Damit soll das Risiko für den klassischen Teil der Bank reduziert und infolgedessen das Finanzsystem stabilisiert werden.300 Auch im Bereich der Managementvergütung wurden Anpassungen vorgenommen, die hier aber nicht näher erläutert werden können.

294 

§ 204 (a) Dodd-Frank Act; vgl. auch U.S. Senate, Report No. 111 – 176, S. 4. § 210 (n) Dodd-Frank Act. 296  U.S. Senate, Report No. 111 – 176, S. 4; Skeel, The New Financial Deal, S. 54. 297  § 210 (o)(1)(B) Dodd-Frank Act; Skeel, The New Financial Deal, S. 54. 298  § 723 Dodd-Frank Act. 299  § 313 Dodd-Frank Act. 300  U.S. Senate, Report No. 111 – 176, S. 90. 295 

68

A.  Einleitung

3.  Zusammenfassung Sowohl in Deutschland als auch in den USA haben die Gesetzgeber mit umfangreichen Gesetzesänderungen auf die Finanzmarktkrise reagiert. Zu Beginn der Krise standen mit den Finanzmarktstabilisierungsgesetzen in Deutschland und dem Troubled Asset Relief Program in den USA Maßnahmen im Vordergrund, die der Beruhigung der angespannten Situation auf den Finanzmärkten dienten. Im Anschluss daran wurden in beiden Ländern deutlich tiefergreifende Reformen des Finanzsektors durchgeführt. In Deutschland wurde mit dem Restrukturierungsgesetz und dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz erstmals ein umfangreiches Instrumentarium zur Abwicklung einer Bankeninsolvenz geschaffen, welches durch die BRRD und die SRM-VO stark europarechtlich geprägt ist. In den USA wurde ein zusätzliches Abwicklungsregime für systemrelevante Finanzinstitute geschaffen. Sowohl die OLA als auch das SAG sind an das schon lange bestehende Sonderinsolvenzrecht für Banken unter der Verantwortung der FDIC angelehnt. Alternativ zu neuen Sonderregeln für den Finanzmarktsektor wäre auch eine Reform des allgemeinen Insolvenzrechts möglich gewesen. Die Vor- und Nachteile der neu geschaffenen Sonderinsolvenzregime für Banken in Deutschland und den USA werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit analysiert.

IV.  Aufbau der Arbeit und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes Zur Untersuchung des Sonderinsolvenzrechts erfolgt im anschließenden Kapitel zunächst eine Gegenüberstellung der ökonomischen Hintergründe von allgemeinen Insolvenzverfahren und Bankeninsolvenzverfahren. Die ökonomischen Vo­ raussetzungen im Bereich der Bankeninsolvenz unterscheidet sich in Teilen deutlich von denen im allgemeinen Insolvenzverfahren. Diese Unterschiede müssen bei der Analyse des Bankeninsolvenzrechts berücksichtigt werden. Im dem nachfolgenden Kapitel werden die für das Bankeninsolvenzrecht relevanten Normen eingegrenzt. Dies ist insbesondere im deutschen Recht notwendig, da es in Deutschland im Gegensatz zu den USA kein klar getrenntes Verfahren zur Abwicklung oder Reorganisation von Banken gibt. Vielmehr finden sich auch insolvenzrechtliche Eingriffsbefugnisse im Bereich des Bankaufsichtsrechts, welche von denen des allgemeinen Bankaufsichtsrechts abzugrenzen sind und vice versa. Im Anschluss wird zur Analyse des personellen Anwendungsbereichs eine Identifikation der vom Bankeninsolvenzrecht erfassten Unternehmen stattfinden. Dazu werden insbesondere der Begriff der Bank, der in Deutschland und den USA sehr unterschiedlich verstanden wird, und die Definition des Begriffs der Systemrelevanz analysiert. Nach der Untersuchung des personellen Anwendungsbereichs wird der sachliche Anwendungsbereich erörtert. Insbesondere werden Ermessensspielräume der handelnden Akteure bei der Eröffnungsentscheidung betrachtet und Vor- und Nachteile eines weiten Ermessens dargestellt.

IV.  Aufbau der Arbeit und Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes

69

Das darauffolgende Kapitel stellt den Kern der Arbeit dar. Dabei werden die Normen des Sonderinsolvenzrechts in Deutschland den entsprechenden Normen in den USA gegenübergestellt und mit dem allgemeinen Insolvenzrecht verglichen. Dieser Vergleich wird streng funktionsbezogen vorgenommen und eröffnet so die Möglichkeit, die Zweckdienlichkeit der Instrumente der unterschiedlichen Regime vor dem Hintergrund der ökonomischen Zielsetzung des Bankeninsolvenzrechts zu überprüfen. Die vorliegende Arbeit beschränkt sich auf diejenigen Teile des Bankaufsichtsrechts, in denen die Restrukturierung und Abwicklung von Banken geregelt ist. Auch wenn das allgemeine Bankaufsichtsrecht einen wesentlichen Einfluss auf die Bankenabwicklung nehmen kann, beispielsweise über Vorschriften zur Strukturierung eines Konzerns oder zur Erstellung von Reorganisationsplänen, ist eine detaillierte Darstellung dieser Regelungen im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich. Auch verfassungsrechtliche Fragen werden nicht erörtert. Es wird lediglich auf die verfassungsrechtliche Relevanz von Regelungen hingewiesen und entsprechende Literatur aufgezeigt. Das Europarecht wird nur in begrenztem Umfang behandelt. Eine Erörterung der Gesetzgebungskompetenz der EU-Organe oder der mögliche Verstoß der einschlägigen Normen gegen höherrangiges europäisches Recht findet nicht statt. Die Behandlung der besonderen Problematik von grenzüberschreitenden Insolvenzverfahren und der Abwicklung von Unternehmensgruppen würde im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen und kann daher nicht näher untersucht werden. Diese Bereiche bergen eine Reihe weiterer interessanter Rechtsfragen und sind sicher Gegenstand zukünftiger Arbeiten.

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten 1.  Einführung Das Insolvenzrecht ist ein stark von ökonomischen Erwägungen geprägtes Rechtsgebiet. Es dient der Gestaltung rechtlicher Beziehungen im Wirtschaftsverkehr in Fällen, in denen das betroffene Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seinen finanziellen Verpflichtungen vollständig nachzukommen. Unterschreitet der Wert der Vermögensgegenstände eines Unternehmens den Wert seiner Verbindlichkeiten, entsteht eine Vielzahl von ökonomischen Fehlanreizen, die durch das Insolvenzrecht abgemildert werden sollen. Diese Fehlanreize sind nicht auf den Eintritt der Überschuldung beschränkt, sondern wirken auch schon im Vorfeld der Insolvenz. Auch das Insolvenzrecht wirkt über die Antizipation der Regeln durch die Marktteilnehmer schon im Vorfeld der Insolvenzeröffnung und beeinflusst somit das Verhalten der Betroffenen.1 In der ökonomischen Literatur wird dieser Effekt durch die ex ante-Betrachtung untersucht. Die ex ante-Betrachtung wird von der ex post-Betrachtung unterschieden, die sich auf die Wirkung des Insolvenzrechts nach der Verfahrenseröffnung konzentriert.2 Für eine vollständige Analyse der Wirksamkeit von Normen des Insolvenzrechts müssen beide Perspektiven berücksichtigt und auftretende Zielkonflikte bestmöglich gelöst werden. Das Insolvenzrecht zielt auf die Behebung der mit einer Insolvenz einhergehenden Anreizprobleme ab. Mithin stellt die Untersuchung dieser Anreizprobleme die Ausgangslage jeder fundierten Untersuchung des Insolvenzrechts dar. Neben der Behebung von Fehlanreizen werden mit Hilfe des Insolvenzrechts teilweise noch weitere Ziele verfolgt. Im Bankeninsolvenzrecht wird insbesondere die Vermeidung einer Ansteckung des Finanzsystems angestrebt. Um Unterschiede in der Anreizsituation und der Zielsetzung herauszuarbeiten, werden im Folgenden zunächst die ökonomischen Hintergründe des Insolvenzverfahrens für Nichtfinanzinstitute dargestellt. Im Anschluss werden dann die Abweichungen bei Insolvenzen von Finanzinstituten herausgearbeitet.

1 Vgl.

Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bankruptcy Law, S. 8. Bebchuk, Journal of Finance 2002, 445; Cornelli/Felli, European Economic Review 1997, 475. 2 

I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten

71

2.  Notwendigkeit eines zwingenden kollektiven Verfahrens Das allgemeine Insolvenzrecht ist ein zwingendes kollektives Verfahren zur Durchsetzung von Ansprüchen gegen insolvente Schuldner. Seine ökonomische Notwendigkeit wird insbesondere bei der Betrachtung der hypothetischen Situation einer Überschuldung ohne ein zwingendes kollektives Verfahren deutlich. Auf Grundlage des allgemeinen Vollstreckungsrechts könnten die Gläubiger ihre fälligen Forderungen mit Hilfe eines Vollstreckungstitels durchsetzen. Mangels einer anderweitigen Regelung würde dabei so lange der volle Anspruch befriedigt, bis das Unternehmen über kein verwertbares Vermögen mehr verfügt. Alle späteren Gläubiger könnten ihre Forderung dann nicht mehr erfolgreich vollstrecken. Hätte ein Unternehmen also beispielsweise Vermögen im Wert von 800 TEUR und zehn Gläubiger mit einer Forderung von jeweils 100 TEUR, so könnten die ersten acht Gläubiger ihre Forderung vollständig befriedigen, während für die letzten beiden Gläubiger kein Vermögen mehr zur Verfügung stünde. Damit bestünde ein Anreiz für jeden Gläubiger des Unternehmens, möglichst frühzeitig zu vollstrecken.3 Dies wäre in zweierlei Hinsicht problematisch: Einerseits entstünden vermeidbare Kosten für die Überwachung des Unternehmens und andererseits würde damit die Fortführung des Unternehmens unmöglich und ein eventueller Fortführungswert vernichtet. Die Kosten für die Überwachung entstünden, da eine Vollstreckung durch den Gläubiger genau zu dem Zeitpunkt angestrebt werden müsste, zu dem das Unternehmen nicht mehr in der Lage wäre, alle Verbindlichkeiten zu bedienen, aber noch bevor die anderen Gläubiger die Vollstreckung betrieben hätten.4 Um diesen Zeitpunkt zu ermitteln, entstünden administrative Kosten, beispielsweise durch die regelmäßige Kontrolle der Bücher des betroffenen Unternehmens. In dem konkreten Beispiel würde ein Gläubiger des Unternehmens seinen möglichen Verlust von 100 TEUR vermeiden, wenn seine Überwachung dazu führte, dass er nicht erst an vorletzter oder letzter Stelle die Vollstreckung betriebe. Verursacht die Überwachung Kosten, so wird der Gläubiger diese Kosten mit dem Nutzen der Überwachung abwägen. Der Nutzen der Überwachung besteht in der Vermeidung des erwarteten Verlustes. Dieser wiederum ist abhängig vom Verhalten der anderen Gläubiger. Die folgende Tabelle veranschaulicht den erwarteten Verlust jedes einzelnen Gläubigers in Abhängigkeit des Verhaltens der anderen Gläubiger aus dem oben eingeführten Beispiel:

Gläubiger überwacht Gläubiger überwacht nicht 3  4 

Andere Gläubiger über­ wachen nicht

Andere Gläubiger über­ wachen

0 + Überwachungskosten

20 + Überwachungskosten

20

100

Smith/Strömberg, Maximizing the Value of Distressed Assets, S. 239 f. Jackson, Yale Law Journal 1982, 857, 862.

72

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

Nimmt kein Gläubiger eine Überwachung vor, so hängt es vom Zufall ab, ob der Gläubiger zu den ersten acht oder zu den letzten zwei Anspruchstellern gehört. Der erwartete Verlust – also der Verlust multipliziert mit der Wahrscheinlichkeit seines Eintritts – beträgt ohne Überwachung 100 TEUR ∙ 2/10 = 20 TEUR. Ein rational handelnder Gläubiger wäre also bereit, jeden Betrag kleiner als 20 TEUR in die Überwachung des Unternehmens zu investieren, um zu den ersten acht Gläubigern zu gehören. Überwachen aber alle anderen Gläubiger das Unternehmen und erkennen daher den Zeitpunkt der Überschuldung früher, wird der Gläubiger ohne eigene Überwachung sicher als letzter vollstrecken und sein erwarteter Verlust beträgt daher 100 TEUR. Überwachen alle Gläubiger das Unternehmen, hängt es bei gleicher Überwachungsqualität wiederum vom Zufall ab, ob der Gläubiger rechtzeitig vollstrecken kann und der erwartete Verlust beträgt wiederum 20 TEUR. Antizipiert der einzelne Gläubiger den Überwachungsanreiz der anderen Gläubiger, besteht sein Nutzen der Überwachung aus der Differenz des erwarteten Verlustes ohne Überwachung (100 TEUR) und des erwarteten Verlustes mit Überwachung (20 TEUR). Er wäre folglich bereit, jeden Betrag, der kleiner als 80 TEUR ist, für die Überwachung aufzuwenden.5 Letztlich sind dadurch aber alle Gläubiger schlechter gestellt. Ohne die Situation im Vergleich zu dem Fall zu verbessern, in dem niemand das Unternehmen überwacht – in beiden Fällen beträgt der erwartete Verlust 20 TEUR –, entstehen Überwachungsaufwendungen in Höhe von bis zu 80 TEUR. Neben den Kosten für die Überwachung könnten ohne ein zwingendes Insolvenzrecht auch indirekte Kosten durch die Vernichtung eines etwaigen Fortführungswertes entstehen.6 Durch die Einzelvollstreckung von Gläubigern in das Vermögen eines insolventen Unternehmens würden dem Unternehmen unter anderem betriebsnotwendige Vermögensgegenstände entzogen. Dadurch würde das Unternehmen daran gehindert, sein Geschäft weiter zu betreiben und ein etwaiger Fortführungswert ginge verloren. Hätte das Unternehmen als fortgeführtes Unternehmen einen höheren Wert als seine Einzelteile im Falle der Zerschlagung, so würde die Einzelvollstreckung zu einer Wertvernichtung führen. Der Wert eines fortgeführten Unternehmens lässt sich betriebswirtschaftlich als Nettobarwert7 aller zukünftigen Zahlungen an die Kapitalgeber berechnen. Dieser Wert ist regelmäßig identisch mit dem Betrag, den ein Käufer des Gesamtunter5  Für eine modellbasierte Darstellung des Zusammenhangs zwischen Überwachungskosten und Gläubigerkonzentration vgl. Bris/Welch, Journal of Finance 2005, 2193, 2203. 6  Jackson, The Logic and Limits of Bankruptcy Law, S. 11; Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bankruptcy Law, S. 6; auch schon Schmidt, Ökonomische Analyse des Insolvenzrechts, S. 28. 7  Zukünftige Zahlungen müssen aufgrund des Zinseffektes abgezinst werden. Der Nettobarwert beträgt dann die Summe aller abgezinsten Zahlungen. Die Abzinsung muss stattfinden, da der Investor eine Auszahlung heute anlegen könnte und dafür in einem Jahr Zinsen erhalten würde, so dass er nur indifferent zwischen einer Zahlung heute und einer Zahlung in einem Jahr ist, wenn letztere entsprechend höher ausfällt.

I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten

73

nehmens zu zahlen bereit wäre. Die Auswirkungen der Vernichtung des Fortführungswertes sollen an dem anfänglich eingeführten Beispiel verdeutlicht werden. Nimmt man für das Beispiel einen Fortführungswert des Unternehmens von 900 TEUR an, so würden die Gläubiger im Fortführungsfall nicht nur 80 TEUR (wie im Zerschlagungsfall), sondern 90 TEUR erhalten. Die Gläubiger als Gesamtheit würden also von einer Fortführung profitieren. Dies ändert aber nicht die individuelle Entscheidung jedes Gläubigers, möglichst frühzeitig zu vollstrecken, denn in der Einzelvollstreckung besteht für ihn die Chance, den vollen Forderungswert von 100 TEUR zu erhalten. Der Überschuldungsfall ohne ein zwingendes Insolvenzrecht begründet damit ein klassisches Gefangenendilemma. Jeder einzelne Akteur stünde im Falle der Zusammenarbeit im Erwartungswert besser da als im Falle des unkoordinierten Handelns, profitiert aber von einem Bruch der Zusammenarbeit. Zur Verdeutlichung des Gefangenendilemmas dient in der Literatur das Beispiel von Fischern.8 Dabei wird angenommen, dass sich in einem See Fische im Wert von 100 TEUR befinden. Ohne den Bestand zu gefährden, können aber jährlich nur Fische im Wert von 50 TEUR gefischt werden. Der Gesamtwert von jährlich 50 TEUR übersteigt den von einmalig 100 TEUR deutlich, so dass sich ein einzelner Fischer dafür entscheiden würde, jährlich nur Fische im Wert von 50 TEUR zu fischen. Damit maximiert er seinen Gesamtertrag. Wenn zusätzliche Fischer in dem See fischen, ändert sich an der Gesamtbetrachtung nichts, auch dann ist es wirtschaftlich sinnvoll, das Fischen auf Fische im Wert von jährlich 50 TEUR zu beschränken. Bei neun zusätzlichen Fischern dürfte jeder nur Fische im Wert von 5 TEUR angeln. Allerdings kann sich kein Fischer sicher sein, dass sich jeder seiner Konkurrenten an diese Beschränkung hält. Fischt ein Konkurrent den Teich leer, führt das dazu, dass alle anderen Fischer 5 TEUR im ersten Jahr erhalten, aber zukünftig nichts mehr fischen können. Der Konkurrent hingegen erhält 55 TEUR, wenn alle anderen sich an an die Beschränkung halten und erhielte 10 TEUR, wenn auch alle anderen Fischer dagegen verstoßen würden. Misstraut ein Fischer seinen Konkurrenten wird er sich also dafür entscheiden, sich nicht an die Beschränkung zu halten, obwohl das Ergebnis alle Beteiligten schlechter stellt. Würden sich hingegen alle Fischer verbindlich verpflichten, nur Fische im Wert von 5 TEUR zu angeln, hätten sie einen jährlichen Ertrag von 5 TEUR. Das wirtschaftlich optimale Verhalten bestünde demnach in einer bindenden Vereinbarung aller Fischer, sich an die Beschränkung zu halten. Im Überschuldungsfall besteht ein vergleichbares Interesse aller Gläubiger, sich zusammenzuschließen, um den Fortführungswert des Unternehmens auszuschöpfen. Durch einen derartigen Zusammenschluss wäre die Gefahr gebannt, dass andere Gläubiger schneller in das Vermögen vollstrecken. Somit kann auch die Überwachung des Unternehmens reduziert werden und die entsprechenden Kosten

8 Vgl.

Jackson, The Logic and Limits of Bankruptcy Law, S. 11.

74

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

sinken. Da jeder Gläubiger für sich genommen ein Interesse daran hat, die Vereinbarung zu brechen, muss diese aber für jeden einzelnen bindend sein. Gerade bei einer großen Anzahl von Gläubigern oder häufigen Änderungen in der Gläubigerstruktur wäre eine vertragliche Vereinbarung im Vorfeld einer Insolvenz praktisch kaum möglich. Um das Ziel einer optimalen Verwertung des Unternehmens dennoch zu erreichen, ersetzt das zwingende Insolvenzrecht eine derartige Vereinbarung.9 Der Versuch der Gläubiger, in das Vermögen des Unternehmens zu vollstrecken, würde aber durch ein Verfahren, welches die Vollstreckung erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aussetzt, nur auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Verfahrenseröffnung verlagert. Das Insolvenzrecht ermöglicht daher die Anfechtung von Zahlungen an Gläubiger kurz vor Insolvenzeröffnung, die die Gläubiger besserstellen, als sie im Insolvenzverfahren stünden. Dadurch werden die Gläubiger schon früh an das kollektive Insolvenzverfahren gebunden. Das zwingende Insolvenzrecht überwindet damit Restriktionen der Verhandlungslösung, führt aber ex post zu dem identischen ökonomischen Ergebnis. 3.  Investitionsentscheidungen im Vorfeld und während einer Überschuldungssituation Neben den dargestellten Fehlanreizen für die Gläubiger eines insolventen Unternehmens, frühzeitig zu vollstrecken und damit eine werterhaltende Fortführung zu verhindern, setzt eine mögliche Überschuldungssituation auch ökonomisch unerwünschte Anreize zu falschen Investitionsentscheidungen, welche durch das Insolvenzrecht reduziert werden können. Investitionsentscheidungen des Unternehmens werden außerhalb eines Insolvenzverfahrens durch das Management getroffen. Unter der Annahme, dass das Management im Interesse der Eigentümer handelt, bestehen im Vorfeld und während einer Überschuldung Anreize zu Entscheidungen, die zwar den Wert des Eigenkapitals erhöhen, den Wert des Gesamtunternehmens aber mindern. Dies sind einerseits Entscheidungen, Projekte durchzuführen, die für das Gesamtunternehmen schädlich sind (overinvestment), und andererseits Entscheidungen, Projekte nicht durchzuführen, die für das Unternehmen nützlich sind (underinvestment). Die Rolle des Insolvenzrechts für die Reduktion dieser Fehlanreize wird im Folgenden aufgezeigt. a)  Verzicht auf gewinnbringende Vorhaben (underinvestment) Underinvestment, auch als debt overhang bekannt, bezeichnet die Situation, in der ein Unternehmen ein Projekt mit einem positiven Gesamtwert nicht durch9  Gertner/Scharfstein, Journal of Finance 1991, 1189; Jackson, Yale Law Journal 1982, 857; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 33; Weijs, European Business Organization Law Review 2013, 201, 207.

I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten

75

führt, weil es nicht im Interesse der Eigenkapitalgeber liegt.10 Dies soll anhand eines Beispiels dargestellt werden: Ein Unternehmen hat die Möglichkeit, ein Vorhaben mit unsicherem Ausgang durchzuführen. Im ungünstigen Fall generiert das Projekt einen Ertrag von 5 Mio. EUR, im günstigen Fall hingegen 15 Mio. EUR. Beide Fälle werden für gleich wahrscheinlich gehalten. Die Durchführung des Projektes erfordert Investitionen in Höhe von 8 Mio. EUR. Zinsen für die Kapitalgeber bleiben der Einfachheit halber außer Betracht. Der Erwartungswert des Projektes berechnet sich für das Unternehmen als (0,5 ∙ 5 + 0,5 ∙ 15) – 8 =  211

und ist damit positiv. Die Durchführung des Projektes wäre daher aus Sicht des Unternehmens sinnvoll. Ist das Unternehmen zum Zeitpunkt der Investitionsentscheidung aber überschuldet, fällt die Entscheidung von Eigen- und Fremdkapitalgebern über die Durchführung des Projektes unterschiedlich aus. Zur Verdeutlichung soll angenommen werden, dass das Unternehmen Vermögensgegenstände im Wert von 15 Mio. EUR und ausstehendes Fremdkapital im Wert von 20 Mio. EUR hat. Die Anreizsituation stellt sich dann wie folgt dar: Investition

Positiver Ausgang

Negativer Ausgang

Gesamt

Eigenkapitalgeber

– 8

10

0

– 3

Fremdkapitalgeber

0

20

20

20

– 8

30

20

17

Gesamtvermögen

Wie im ersten Szenario, müssten die Eigenkapitalgeber 8 Mio. EUR zur Durchführung des Projektes aufbringen; im ungünstigen Fall werden 5 Mio. EUR erwirtschaftet, im günstigen Fall 15 Mio. EUR. Bei ungünstigem Verlauf betrüge der Wert der Vermögensgegenstände damit 20 Mio. EUR12. Dieser Betrag käme allerdings vollständig den Fremdkapitalgebern zugute, während die Eigenkapitalgeber nichts erhalten würden. Im günstigen Fall würde der Wert der Vermögensgegenstände hingegen auf 30 Mio. EUR13 steigen. Nach Abzug des Fremdkapitals verblieben für die Eigenkapitalgeber 10 Mio. EUR. Der Erwartungswert für die Eigenkapitalgeber berechnet sich demnach wie folgt: (0,5 ∙ 0 + 0,5 ∙ 10) – 8 =  – 3

10  Erstmals dargestellt durch Myers, Journal of Financial Economics 1977, 147; vgl. auch White, Bell Journal of Economics 1980, 550. 11  Zur Berechnung des Erwartungswertes wird die Wahrscheinlichkeit des Eintritts mit dem Ergebnis des Eintritts multipliziert und die Investitionskosten werden abgezogen. 12  15 Mio. Ausgangswert + 5 Mio. aus dem Projekt. 13  15 Mio. Ausgangswert + 15 Mio. aus dem Projekt.

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

76

Die Eigenkapitalgeber würden durch das Projekt im Erwartungswert 3 Mio. Euro verlieren und sich daher gegen die Durchführung aussprechen. Die Gläubiger hingegen würden sich für die Durchführung des Projektes aussprechen. Sie erhielten bei Durchführung des Projektes in jedem Fall 20 Mio. EUR anstelle von 15 Mio. EUR ohne die Realisierung des Projektes. Mithin liegt ein underinvestment Problem vor. Dieses Problem wird umso größer, je stärker sich die Auszahlungen in beiden Fällen annähern, also je geringer das Risiko des Investments wird.14 Bei geringerem Risiko entfällt ein größerer Anteil des erwarteten Ertrags auf den ungünstigen Verlauf des Projektes und damit an die Fremdkapitalgeber, während die Eigenkapitalgeber einen geringeren Ertrag im Erfolgsfall erhalten. Die Gefahr des under­ investment tritt somit bei gewinnbringenden Projekten mit einem geringen Risiko schon bei einer sehr geringen Überschuldung auf. Eine Möglichkeit, um das gewinnbringende Projekt trotz der Überschuldung durchzuführen, bestünde in der Aufnahme vorrangigen Fremdkapitals zur Finanzierung des Projektes. Der vorrangige Gläubiger wäre bereit, die erforderlichen 8 Mio. EUR zur Verfügung zu stellen, da diese in jedem Fall zurückgezahlt werden könnten. Die Situation stellte sich dann wie folgt dar: Investition

Positiver Ausgang

Negativer Ausgang

Eigenkapitalgeber

0

2

0

Gesamt 1

Fremdkapitalgeber

0

20

12

16

Vorrangiger Fremdkapitalgeber

–8

8

8

0

Gesamtvermögen

–8

30

20

17

Der Wert des Unternehmens läge wie zuvor bei 20 Mio. EUR im Fall des Scheiterns und bei 30 Mio. EUR im Erfolgsfall. Davon müssten jeweils 8 Mio. EUR an den vorrangigen Gläubiger zurückgezahlt werden. Damit verblieben für die übrigen Gläubiger im ersten Fall 12 Mio. EUR und im zweiten Fall der gesamte Forderungsbetrag von 20 Mio. EUR. Der Erwartungswert der Rückzahlungen für die sonstigen Gläubiger beträgt damit: 0,5 ∙ 12 + 0,5 ∙ 20  =  16

Ohne Durchführung des Projektes erhielten die Gläubiger im Erwartungswert nur 15 Mio. EUR, so dass sie einer Fremdkapitalfinanzierung mit Vorrang zustimmen würden. Dies gilt auch für die Eigenkapitalgeber, die bei Projekterfolg 2 Mio. EUR15

14 

Vgl. dazu Triantis, Vanderbilt Law Review 1992, 901, 923. Mio. Euro Unternehmenswert abzüglich 28 Mio. Euro Rückzahlungen an die Fremdkapitalgeber. 15 30

I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten

77

erhielten, ohne eigenes Geld investiert zu haben, und für die das Projekt somit einen Erwartungswert von 1 Mio. EUR16 hat.17 Alle Kapitalgeber wären sich somit bei Aufnahme vorrangigen Fremdkapitals zur Projektfinanzierung über die Durchführung des Projektes einig. Die vorrangige Ausgabe von Fremdkapital ist, soweit kein freies Vermögen zur Besicherung zur Verfügung steht, allerdings nur möglich, wenn alle Gläubiger dem Nachrang ihrer Forderungen zustimmen. Eine solche Zustimmung ist allerdings bei einer großen Zahl von Gläubigern nur schwer zu erreichen. Vergleichbar mit der im vorangegangenen Kapitel geschilderten Situation besteht auch hier für jeden Gläubiger für sich genommen ein Anreiz, der Nachrangvereinbarung nicht zuzustimmen, denn wenn alle anderen Gläubiger der Nachrangvereinbarung zustimmen, erhält ein nicht-zustimmender Gläubiger seine volle Forderung zu Lasten der zustimmenden Gläubiger. 1617

Um eine solche Blockade durch einzelne Gläubiger zu vermeiden, ist im Insolvenzrecht die Möglichkeit zur Aufnahme neuen vorrangigen Fremdkapitals vorgesehen.18 Nach deutschem Insolvenzrecht kann der Insolvenzverwalter zur Verwaltung, Verwertung oder Verteilung des Insolvenzvermögens Verbindlichkeiten begründen, die nach § 53 InsO vorrangig aus der Masse zu bedienen sind. Zu diesen Verbindlichkeiten gehören auch Darlehen,19 die zur Beschaffung des notwendigen Kapitals für die Durchführung von Projekten mit einem positiven Gesamtwert verwendet werden können. Im US-Insolvenzverfahren bestehen nach § 364 Bankruptcy Code sogar noch weitergehende Möglichkeiten. So können im US-Recht im Insolvenzverfahren Darlehen aufgenommen werden, die noch vor den besicherten Gläubigern bedient werden, während nach deutschem Insolvenzrecht neue Darlehensverbindlichkeiten erst nach der Befriedigung der besicherten Gläubiger bedient werden 20 Diese Regelungen sollen im Interesse aller Gläubiger ein underinvestment vermeiden.21 b)  Übermäßige Investition in riskante Projekte (overinvestment) Neben dem underinvestment-Problem bestehen bei geringer Solvenz für das Management aber auch Anreize für die Durchführung von Projekten, die zwar für die Eigentümer einen positiven Wert haben, dem Unternehmen insgesamt aber schaden. Die Durchführung derartiger Projekte wird in der ökonomischen Lite16 

Dieser Betrag ergibt sich aus 0,5 ∙ 0+0,5 ∙ 2 = 1. Für ein ähnliches Beispiel vgl. Triantis, Vanderbilt Law Review 1992, 901, 918; Chen/ Weston/Altman, Financial Management 1995, 57; die Darstellung des underinvestment-Problems findet sich mit teils nicht nachvollziehbaren Schlussfolgerungen auch bei Parzinger, Fortführungsfinanzierung in der Insolvenz, S. 137. 18  § 55 InsO; § 364 Bankruptcy Code; vgl. auch Ayotte/Skeel, Journal of Corporation Law 2010, 469, 473, 476. 19 Uhlenbruck/Sinz, § 55 InsO, Rn. 8; Nerlich/Römermann/Andres, § 55 InsO, Rn. 4. 20  § 364 (d) Bankruptcy Code; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1059 f. 21  Vgl. zur Darlehensaufnahme in der Insolvenz näher Kapitel E. IV. 3. a). 17 

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

78

ratur als overinvestment bezeichnet.22 Ein Anreiz zum overinvestment besteht im Gegensatz zu dem Anreiz zum underinvestment sogar schon vor dem Eintritt der Überschuldung. Er vergrößert sich aber mit der Verringerung der Eigenkapitalquote des betroffenen Unternehmens und wirkt bei hoher Überschuldung am stärksten.23 Folgendes Beispiel soll diesen Effekt verdeutlichen: Angenommen das Unternehmen kann ein Projekt durchführen, welches im Erfolgsfall zu einem Ertrag von 5 Mio. EUR und bei ungünstigem Verlauf zu einem Verlust von 10 Mio. EUR führt, so beträgt der Erwartungswert des Projektes bei gleicher Eintrittswahrscheinlichkeit beider Fälle



0,5 ∙ 5 + 0,5 ∙ (– 10) =  – 2,5

Das Projekt hat damit einen negativen Gesamtwert und sollte aus ökonomischer Sicht nicht durchgeführt werden. Steht das Unternehmen kurz vor der Überschuldung, hat es also beispielsweise Fremdkapital in Höhe von 20 Mio. EUR sowie Vermögensgegenstände im Gesamtwert von 21 Mio. EUR und damit Eigenkapital in Höhe von 1 Mio. EUR, wird das Projekt trotz des negativen Erwartungswertes durchgeführt, wenn das Management im Interesse der Eigentümer entscheidet, denn für die Eigenkapitalgeber hat das Projekt einen positiven Erwartungswert. Dies verdeutlicht die folgende Tabelle: Positiver Ausgang

Negativer Ausgang

Gesamt mit Projekt

Ohne Projekt

Vergleich

Eigenkapitalgeber

6

0

3

1

+ 2

Fremdkapitalgeber

20

11

15,5

20

– 4,5

Gesamtvermögen

26

11

18,5

21

– 2,5

Verläuft das Projekt positiv, hat das Unternehmen Vermögenswerte in Höhe von 26 Mio. EUR 24 und der Wert des Eigenkapitals steigt auf 6 Mio. EUR. Verläuft das Projekt negativ, hat das Unternehmen Vermögensgegenstände im Wert von 11 Mio. EUR und das Eigenkapital ist wertlos. Somit hat das Eigenkapital einen Erwartungswert von: 0,5 ∙ 6 + 0,5 ∙ 0  =  3 22  Erstmals dargestellt durch Jensen/Meckling, Journal of Financial Economics 1976, 305, 334; vgl. auch Broome, U.C. Davis Law Review 1993, 935, 947; Gertner/Scharfstein, Journal of Finance 1991, 1189; Parzinger, Fortführungsfinanzierung in der Insolvenz, S. 141; Schmidt, Ökonomische Analyse des Insolvenzrechts, S. 27. 23  Lastra sieht hierin fälschlicherweise ein Spezifikum einer Bankeninsolvenz, vgl. Lastra, Journal of International Economic Law 2003, 79, 81. 24  Der Ursprungswert des Unternehmens beträgt 21 Mio. Euro, bei positivem Verlauf des Projektes erhält es weitere 5 Mio. Euro.

I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten

79

Damit ist der Wert des Eigenkapitals bei Durchführung des Projektes höher (3 Mio. EUR) als ohne Durchführung des Projektes (1 Mio. EUR). Im Gegensatz zum underinvestment-Problem steigt das overinvestment-Problem mit zunehmendem Risiko des Vorhabens.25 Die Eigenkapitalgeber partizipieren nur bis zur Höhe ihres Eigenkapitals am Verlust des Projektes, erhalten aber den vollständigen Gewinn. Steigt das Risiko des Projektes, so steigen der mögliche Verlust der Fremdkapitalgeber und der mögliche Gewinn der Eigenkapitalgeber. Das Verlustrisiko der Eigenkapitalgeber bleibt hingegen gleich. Die Durchführung eines derartigen Projektes kommt der Ersetzung sicherer Vermögensgegenstände durch ein risikoreiches Ergebnis gleich und wird daher auch als asset substitution bezeichnet. Das Insolvenzrecht ermöglicht nur in geringem Umfang, die Entscheidung zur Durchführung von risikoreichen Vorhaben im Vorfeld der Insolvenzeröffnung rückgängig zu machen. Die Entscheidung liegt vielmehr grundsätzlich im Ermessen des Managements bis ein Insolvenzantrag gestellt und ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde. Lediglich das Anfechtungsrecht bietet unter strengen Voraussetzungen die Möglichkeit, gläubigerschädigende Geschäfte rückabzuwickeln.26 Allerdings sind die Voraussetzungen für eine Anfechtung sowohl in der deutschen als auch in der US-Rechtsordnung hoch. So setzt eine Anfechtung nach § 133 InsO im deutschen Recht die vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung des Schuldners und die Kenntnis des Gläubigers von diesem Vorsatz voraus. Insbesondere die Kenntnis des Geschäftspartners von der Gläubigerbenachteilung dürfte wohl nur in besonderen Fällen nachweisbar sein. Im US-Recht muss dagegen einzig die vorsätzliche Gläubigerbenachteiligung nachgewiesen werden, eine Kenntnis des Geschäftspartners ist nach § 548 (a)(1)(A) Bankruptcy Code nicht erforderlich. Neben der Vorsatzanfechtung sind sowohl in § 132 InsO als auch nach § 548 (a)(1)(B) Bankruptcy Code Anfechtungsmöglichkeiten für Rechtsgeschäfte vorgesehen, die der Schuldner zur Zeit der Zahlungsunfähigkeit begründet hat und für die er keine gleichwertige Leistung erhält. Im deutschen Recht setzt § 132 Abs. 1 Nr. 1 2. HS InsO die Kenntnis des Geschäftspartners von der Zahlungsunfähigkeit voraus. Zur Anfechtung im US-Recht muss das Geschäft nur zu einem Zeitpunkt vorgenommen wurden sein, zu dem das Unternehmen eine unzureichende Kapitaldecke („unreasonably small capital“) hatte und der Schuldner darf nicht in guter Absicht („good faith“) gehandelt haben. Bei risikoreichen Projekten dürfte aber schon der Nachweis eines Ungleichgewichts zwischen Leistung und Gegenleistung regelmäßig schwer zu erbringen sein. Vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist das Insolvenzrecht somit nur sehr eingeschränkt geeignet, overinvestment zu verhindern. Regelmäßig sorgen daher die Gläubiger vertraglich mit Hilfe sogenannter Covenants dafür, dass übermäßig riskante Projekte nicht durchgeführt werden können.27 Nach Eröffnung des Insol25 

Triantis, Vanderbilt Law Review 1992, 901, 923. § 132, 133 InsO; § 548 (a)(1)(A) Bankruptcy Code; zum Anfechtungsrecht im Detail Kapitel E. II. 4. 27  Leland, Journal of Finance 1994, 1213, 1243. 26 

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

80

venzverfahrens verhindert die Einsetzung eines Insolvenzverwalters oder – im Fall der Eigenverwaltung – die Überwachung durch den Sachwalter die Durchführung gläubigerschädigender Projekte. 4.  Optimale Ausgestaltung des Insolvenzrechts Die vorstehenden Erwägungen zeigen, dass ein zwingendes kollektives Vollstreckungsverfahren grundsätzlich geeignet ist, die Wertvernichtung durch die Einzelvollstreckung der Gläubiger einerseits und ökonomisch falsche Investitionsentscheidungen der im Interesse der Eigentümer handelnden Manager andererseits zu vermeiden. Für die ökonomisch optimale Ausgestaltung eines solchen Verfahrens müssen jedoch noch weitere Anforderungen erfüllt werden. Grundsätzlich muss dabei zwischen ex post- und ex ante-Anforderungen unterschieden werden. 28 a)  Ex post-Anforderungen Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird das Ziel verfolgt, das insolvente Unternehmen mit einem möglichst hohen Erlös zu verwerten und diesen im Anschluss an die Gläubiger zu verteilen.29 Dazu muss in einem ersten Schritt regelmäßig die Entscheidung getroffen werden, ob das Unternehmen stillgelegt oder fortgeführt werden sollte. Ob der Fortführungswert den Stilllegungswert übersteigt, hängt von der Erwartung über die zukünftige Entwicklung des Unternehmens im Falle einer Fortführung ab und kann somit nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die Entscheidung über die Fortführung wird im Insolvenzverfahren regelmäßig den Gläubigern überlassen, da diese das größte ökonomische Interesse an einer möglichst effizienten Verwertung besitzen. Während die Eigenkapitalgeber die möglichen zukünftigen Verluste aufgrund ihrer beschränkten Haftung nicht mehr tragen müssen und somit in der Hoffnung auf eine zukünftige Erholung des Unternehmens immer ein Interesse an der Fortführung haben,30 tragen die Fremdkapitalgeber auch das Risiko, dass durch die Fortführung Verluste entstehen und ihre Forderungen weiter an Wert verlieren. Insgesamt bestehen im Insolvenzrecht mithin zwei Möglichkeiten zur Verwertung des Unternehmens: Übersteigt der Fortführungswert den Stilllegungswert, wird das Unternehmen fortgeführt. Die Fortführung kann entweder durch eine Sanierung unter dem alten Rechtsträger oder durch die Übertragung der Vermögensgegenstände auf einen neuen Rechtsträger im Rahmen der übertragenden Sanierung erfolgen.31 Übersteigt der Stilllegungswert hingegen den Fortführungswert, wird das Unternehmen zerschlagen und die Unternehmensteile werden einzeln verkauft. 28 

Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bankruptcy Law, S. 8. Jackson, The Logic and Limits of Bankruptcy Law, S. 24; Marinč/Vlahu, The Econom­ics of Bank Bankruptcy Law, S. 10; Morrison, Economics of Bankruptcy Volume 1, S. xi. 30  Vgl. Kapitel B. I. 2. 31 MüKo/Ganter/Lohmann, § 1 InsO, Rn. 90a. 29 

I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten

81

Der Erlös der Verwertung muss an die Gläubiger verteilt werden. Dabei ist von besonderer Bedeutung, dass die Rangverhältnisse außerhalb der Insolvenz in der Insolvenz beibehalten werden. Besicherte Gläubiger sollten in Höhe ihrer gesamten Forderung befriedigt werden, soweit die erhaltene Sicherheit deren Wert abdeckt; nachrangige Gläubiger sollten nur dann am Verwertungserlös partizipieren, wenn alle anderen Gläubiger voll befriedigt wurden. Andernfalls bestünde für diejenigen Gläubiger, die innerhalb der Insolvenz bessergestellt sind, ein Anreiz, das Insolvenzverfahren nur zu betreiben, um mehr zu erhalten als sie außerhalb der Insolvenz erhalten hätten.32 Weitere häufig genannte Ziele des Insolvenzrechts sind die Marktbereinigung33 oder alternativ die Sanierung zur Erhaltung von Arbeitsplätzen.34 Für diese Ziele finden sich weder Anhaltspunkte in der Insolvenzordnung noch sind sie ökonomisch begründet. Eine Marktbereinigung kann nur erfolgen, wenn das Unternehmen stillgelegt wird, eine Sanierung nur, wenn das Unternehmen fortgeführt wird. Das Insolvenzrecht dient aber, wie zuvor dargelegt, vorrangig dem kollektiven Interesse der Gläubiger. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Gläubiger zu einer anderen als der aus ihrer Sicht optimalen Entscheidung über die Fortführung gezwungen werden sollten.35 Außerhalb der Insolvenz steht es den Gesellschaftern eines unprofitablen Unternehmens frei, diesem unbegrenzt Mittel zuzuführen, um die Fortführung sicherzustellen. Umgekehrt kann der Gesellschafter ein profitables Unternehmen ohne Rücksicht auf den Verlust von Arbeitsplätzen liquidieren. Diese Freiheit besitzen die Gläubiger auch im Insolvenzverfahren,36 in dem ihre Interessen mit denen der Gesellschafter außerhalb eine solchen Verfahrens vergleichbar sind. Wird den Gläubigern aber die Entscheidung über die Fortführung freigestellt, dann ist die Marktbereinigung nicht mehr Ziel des Insolvenzverfahrens, sondern lediglich ein möglicherweise erwünschter Nebeneffekt.37 Aus der ex post-Perspektive ist somit den Gläubigern im Insolvenzverfahren eine möglichst große Entscheidungsfreiheit über die Vorgehensweise zur Verwertung des Unternehmens zu eröffnen. Die Verteilung des Erlöses sollte hingegen streng nach dem Rang der Forderungen außerhalb der Insolvenz erfolgen, um Fehlanreize für die Insolvenzeröffnung zu vermeiden.

32  Aghion/Hart/Moore, The Economics of Bankruptcy Reform, S. 41; Jackson, The Logic and Limits of Bankruptcy Law, S. 21. 33  Binder, Sachverständigengutachten, S. 6; Wolfers/Voland, Sanierung und Insolvenz von Banken, S. 330. 34 Smid/Smid, § 1 InsO, Rn. 40; MüKo/Ganter/Lohmann, § 1 InsO, Rn. 85 m.w.N. 35 Vgl. von Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 658; Jackson, The Logic and Limits of Bankruptcy Law, S. 25; Thole, Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, S. 53. 36 Uhlenbruck/Papa, § 1 InsO, Rn. 7. 37 Im Ergebnis auch Braun/Kießner, § 1 InsO, Rn. 3; Andres/Leithaus/Leithaus, § 1 InsO, Rn. 2.

82

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

b)  Ex ante-Anforderungen Durch die Antizipation des Insolvenzverfahrens wird das Verhalten der Marktteilnehmer auch im Vorfeld der Insolvenz beeinflusst. Dies wirkt sich einerseits auf die Fremdkapitalkosten für das Unternehmen und andererseits auf das Verhalten des Managements aus. Das Verhalten des Managements wird insbesondere durch die Entscheidung über die Art seiner Weiterbeschäftigung in der Insolvenz beeinflusst. Erwartet das Management ex ante entlassen zu werden, wird es schon im Vorfeld der Insolvenz seine Anstrengungen zur Rettung des Unternehmens erhöhen und Vorhaben vermeiden, die die Solvenz des Unternehmens weiter gefährden.38 Somit ist es für die Gläubiger ex ante vorteilhaft, wenn das Insolvenzverfahren eine weitgehende Entmachtung oder gar die Pflicht zur Entlassung des Managements im Insolvenzverfahren vorsieht. Soll das Unternehmen fortgeführt werden, liegt es ex post aber häufig im Interesse der Gläubiger, das Management nicht zu entlassen, sondern dessen Wissen über das Unternehmen für eine Reorganisation zu nutzen. Selbst wenn das Management die Insolvenz verursacht oder jedenfalls dazu beigetragen hat, wird die Fortführung durch die Gläubiger ungleich schwerer, wenn diese nicht auf das Wissen der Unternehmensführung zurückgreifen können. Dieses Beispiel verdeutlicht die Divergenz von ex ante- und ex post-Zielen in der Insolvenz. Die Aufgabe des Insolvenzrechts besteht in der Abwägung dieser Ziele, da die Erwartungshaltung ex ante unmittelbar von der Durchführung des Verfahrens ex post abhängt.39 Würde in einem Insolvenzverfahren von der Entlassung des Managements abgesehen, um ex post ein effizientes Verfahren zu gewährleisten, so würde dieses Vorgehen vom Management anderer Unternehmen antizipiert und der ex ante-Anreiz zu verstärkten Anstrengungen entfiele. Einen weiteren Kernaspekt des Insolvenzverfahrens stellt aus der ex ante-Perspektive die Vorhersehbarkeit der Verfahrensgestaltung für die Gläubiger dar.40 Je transparenter das Verfahren gestaltet ist, desto besser können die Gläubiger den Zins für das zur Verfügung gestellte Fremdkapital festlegen, denn der Zinssatz hängt wesentlich von dem erwarteten Verlust im Falle einer Insolvenz ab. Steigen die Insolvenzwahrscheinlichkeit oder der Verlust durch eine Insolvenz, so wird durch die Fremdkapitalgeber ein höherer Zins verlangt, um den erwarteten Verlust zu kompensieren.41 38  Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bankruptcy Law, S. 9; für eine empirische Untersuchung vgl. Ferreira et al., Measuring Management Insulation from Shareholder Pressure. 39  Thole, Bank Crisis Management and Resolution, S. 3. 40  Claessens et al., A Safer World Financial System, S. 59 (fälschlicherweise nur auf die Abwicklung von SIFIs eingeschränkt); Eidenmüller, NJW 2004, 3455, 3456; Hüpkes, Allocating Costs of Failure Resolution, S. 108; Krimminger, Deposit Insurance and Bank Insolvency in a Changing World, S. 2; Lastra, Cross-Border Resolution of Banking Crises, S. 317; Zulauf, WM 2010, 1525, 1527. 41 Vgl. Huertas/Lastra, The Perimeter Issue, S. 251 f.

I.  Insolvenz von Nichtfinanzinstituten

83

Vereinfacht lässt sich die Berechnung eines Gläubigers mit einer verzinslichen Forderung von 100 gegen ein Unternehmen mit einer Insolvenzwahrscheinlichkeit von fünf Prozent wie folgt darstellen: Insolvenz [5%]

Zahlung im Fall der Insolvenz [80]

Erwartete Rückzahlung [105] Zahlungsfähigkeit [95%]

Verlangte Rückzahlung [106,32]

Erwartet der Gläubiger eine Rendite von 5%, erhält diese aber im Fall der Insolvenz nicht, muss er in den Fällen, in denen er den vollen Forderungsbetrag erhält, einen höheren Betrag verlangen, um im Erwartungswert eine Rendite von 5% zu erzielen. Erwartet der Gläubiger also eine Rückzahlung von 105 und erwartet er in der Insolvenz eine Zahlung von 80, so verlangt er eine Rückzahlung von 106,32, also einen Zinssatz von 6,32%42. Beträgt die erwartete Zahlung in der Insolvenz aber nur 30, so verlangt er 108,95 und somit einen Zinssatz von 8,95 %43. Zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe ist der Gläubiger in der Lage, den Zinssatz entsprechend dem Insolvenzrisiko anzupassen. Für ihn ist daher zu diesem Zeitpunkt unbeachtlich, ob das Insolvenzrecht eine hohe oder eine niedrige Zahlung erwarten lässt.44 Wesentlich ist für ihn einzig, dass der erwartete Rückzahlungswert im Insolvenzfall möglichst genau vorhersehbar ist. Ein regelbasiertes Insolvenzrecht kann diese Vorhersehbarkeit besser gewährleisten als ein Insolvenzrecht, nach dem die Ausgestaltung des Verfahrens in hohem Maße im Ermessen einer Behörde oder eines Gerichts steht. Ein weitgehend diskretionäres Insolvenzverfahren würde wegen der damit verbundenen Unsicherheiten zu einem zusätzlichen Zinsaufschlag der Gläubiger führen. Das vorstehende Beispiel zeigt, dass das Interesse einer Maximierung des Verwertungserlöses ex ante im Interesse des Schuldners liegt, da die Kosten des von ihm benötigten Fremdkapitals umso geringer ausfallen, je höher die erwartete Zahlung im Insolvenzfall ist.45 Lässt das Insolvenzrecht beispielsweise die Fortführung eines Unternehmens zu, obwohl bei der Stilllegung ein höherer Verwertungserlös erzielt würde, dann fällt die erwartete Zahlung für den Fall der Insolvenz geringer aus und das Unternehmen muss schon im Vorfeld der Insolvenz einen höheren Zinssatz für sein Fremdkapital zahlen. Damit deckt sich das ex ante-Interesse des Schuldners an einer möglichst effektiven Verwertung mit dem ex post-Interesse 42 

0,05 ∙ 80 + 0,95 ∙ 106,32 = 105. 0,05 ∙ 30 + 0,95 ∙ 108,95 = 105. 44  Zur empirischen Untersuchung der Relevanz des Insolvenzrechts auf die Kosten der Insolvenz vgl. Sautner/Vladimirov, Indirect Bankruptcy Costs and Bankruptcy Law. 45  Bebchuk, Journal of Finance 2002, 445, 451. 43 

84

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

der Gläubiger. Unterschiede bestehen in dieser Hinsicht aber unter Umständen zwischen dem ex post-Ziel des Schuldners und dem ex post-Ziel der Gläubiger. Während der Schuldner ex post unabhängig vom erwarteten Fortführungswert eine Fortführung anstrebt, um von einer möglichen Erholung zu profitieren, verfolgt der Gläubiger ex post das Ziel der Stilllegung, wenn die Stilllegung einen höheren Verwertungserlös verspricht. Beschränkt sich die Analyse des Insolvenzrechts auf die ex post-Sicht, besteht die Gefahr, mögliche negative Auswirkungen des Rechts auf das Verhalten der involvierten Parteien im Vorfeld der Insolvenz zu übersehen und damit zu suboptimalen Ergebnissen zu gelangen. Eine ökonomische Analyse des Insolvenzrechts muss daher immer beide Perspektiven berücksichtigen.46

II.  Bankeninsolvenz 1.  Grundsätzliche Erwägungen Zur Rechtfertigung eines speziellen Abwicklungsrechts für Unternehmen aus dem Finanzsektor wird in der Literatur häufig auf die Bedeutung von Banken für die Realwirtschaft verwiesen.47 Darüber hinaus wird allgemein das fragile Geschäftsmodell von Finanzinstituten angeführt, welches sich signifikant von demjenigen anderer Unternehmen unterscheide.48 Diese Aspekte verdeutlichen zwar die Besonderheiten von Banken, sind allerdings für sich genommen unzureichend, um zu belegen, dass das allgemeine Insolvenzrecht nicht zur Abwicklung von Banken geeignet ist und stattdessen ein Sonderinsolvenzrecht benötigt wird.49 Auch andere Unternehmen sind von essentieller Bedeutung für die Realwirtschaft, werden aber ohne Bedenken im Rahmen der Insolvenzordnung abgewickelt.50 Auch der Verweis auf unterschiedliche Geschäftsmodelle von Banken und Nichtbanken kann ohne Bezug zum Insolvenzrecht keine zufriedenstellende Begründung für die Notwendigkeit eines Sonderinsolvenzrechts liefern. Von Interesse ist allein, wie sich diese Unterschiede in einer Insolvenz auswirken und ob sie eine Veränderung des Insolvenzverfahrens erfordern, um ökonomische Fehlanreize zu vermeiden. Im Folgenden wird daher untersucht, wie sich das Geschäftsmodell von Banken auf die Anreizsituation vor und während einer Insolvenz auswirkt. Dabei werden zu46  So auch im Ergebnis Herring, Why and How Resolution Policy Must be Improved, S. 180. 47  Armour, Bank Resolution Regimes, S. 4; Čihák/Nier, The Need for Special Resolution Regimes, S. 4; Hüpkes, Insolvency, S. 472; Lastra, Journal of Banking Regulation 2008, 165, 171. 48  Armour, Bank Resolution Regimes, S. 5. 49  Binder, Sachverständigengutachten, S. 7. 50  Man stelle sich nur den Vorschlag vor, ein Sonderinsolvenzrecht für die Nahrungsmittelindustrie basierend auf deren essentieller Bedeutung für die Gesellschaft einzuführen.

II.  Bankeninsolvenz

85

erst die Gefahr eines sogenannten bank run, also der gleichzeitigen Rückforderung eines Großteils der Einlagen, aufgezeigt und die Auswirkungen einer Einlagensicherung erörtert. Anschließend werden Auswirkungen einer Bankeninsolvenz auf andere Finanzmarktteilnehmer untersucht und damit die Bedeutung des Begriffes der Systemrelevanz dargelegt. Zuletzt werden Fehlanreize für Investitionsentscheidungen dargelegt, die durch eine Überschuldung von Finanzinstituten entstehen. 2.  Bank Runs Eine Kernfunktion von Banken stellt die sogenannte Fristentransformation dar. Die Fristentransformation erhöht die Liquidität im Kreditmarkt und erzeugt damit einen volkswirtschaftlichen Nutzen.51 Kredite zur Finanzierung von Immobilien oder Unternehmen haben regelmäßig eine lange Laufzeit und sind damit illiquide. Einleger präferieren hingegen liquide Instrumente und fordern daher für illiquide Anlagen einen Aufschlag. Banken ermöglichen als Finanzintermediäre die Ausgabe von langfristigen Krediten an Kreditnehmer und die Refinanzierung dieser Kredite mit Hilfe von kurzfristigen Einlagen. Durch diese Fristentransformation erwirtschaften sie einen Ertrag. Sie zahlen nur den Zinssatz für liquide Instrumente, können aber den höheren Zinssatz für illiquide Instrumente verlangen. Die Fristentransformation dient dazu, die Nachfrage nach langfristigen Krediten und kurzfristigen Anlagemöglichkeiten zu erfüllen, wodurch ein gesamtgesellschaftlicher Nutzen geschaffen wird.52 Auch Investmentbanken und US-amerikanische money market funds finanzieren sich häufig kurzfristig und investieren langfristig, um von der Fristentransformation zu profitieren.53 Das Geschäftsmodell funktioniert, solange die Liquidität der Bank ausreicht, um alle Einleger auszuzahlen, die ihre Einlage zurückverlangen. Um die erwarteten Auszahlungen vornehmen zu können, investieren Banken einen gewissen Anteil der Einlagen in liquide Anlagen und verleihen ausschließlich den überschüssigen Teil langfristig.54 Überschreitet aber die Höhe der Abhebungen die liquiden Mittel der betreffenden Bank, beispielsweise weil alle Anleger aus Angst vor einer Insolvenz des Institutes gleichzeitig ihre Einlage zurückfordern, ist die Bank gezwungen, kurzfristig illiquide Instrumente zu verkaufen. Dies ist häufig nur mit einem starken Abschlag möglich, wodurch der Bank Verluste entstehen können, die sogar zur Überschuldung des Institutes führen können.55 Erwarten die Gläubiger die Insolvenz ihres Schuldners, streben sie eine möglichst schnelle Vollstreckung ihrer Forderung an, um keinen Wertverlust durch ein 51  Albrecht/Maurer, Investment- und Risikomanagement, S. 9; Tirole, The Theory of Corporate Finance, S. 447 f.; grundlegend Diamond/Dybvig, Journal of Political Economy 1983, 401, 402; Hüpkes, Insolvency, S. 473. 52  Diamond/Dybvig, Journal of Political Economy 1983, 401, 403. 53  Brunnermeier, Journal of Economic Perspectives 2009, 77, 79. 54  Ayotte/Skeel, Journal of Corporation Law 2010, 469, 475. 55 Vgl. Kaufman, Cato Journal 1988, 559.

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

86

mögliches Insolvenzverfahren zu erleiden.56 Dieses Interesse haben die Gläubiger unabhängig davon, ob es sich bei dem Schuldner um eine Bank handelt. Im Unterschied zu Gläubigern anderer Unternehmen sind Gläubiger von Banken aber häufig jederzeit berechtigt, die gesamte Forderung zu realisieren.57 Während Industrie­ unternehmen regelmäßig Darlehen mit einer bestimmten Laufzeit aufnehmen, die nicht ohne das Vorliegen von Kündigungsgründen fällig gestellt werden können, können Fremdfinanzierungsinstrumente wie Einlagen oder andere kurzfristige Finanzierungen jederzeit zurückgefordert werden. Somit sind Banken besonders anfällig für das plötzliche Abziehen von Fremdkapital, einen sogenannten bank run. Besonders sichtbar wurde das Phänomen während der Finanzkrise im Fall der englischen Bank Northern Rock, bei der sich im September 2007 lange Menschenschlangen vor den Filialen bildeten, nachdem Gerüchte über die Probleme der Bank aufgekommen waren.58 Obwohl der Einzelvollstreckung in das Vermögen von Nichtfinanzinstituten durch das Insolvenzrecht wirksame Schranken gesetzt sind,59 ist das Insolvenzrecht nur teilweise geeignet, einen bank run zu verhindern.60 Bei Nichtfinanzinstituten besteht regelmäßig erst bei Vorliegen einer Krise des Unternehmens der Anreiz zur Einzelvollstreckung. In diesen Fällen kann das Insolvenzrecht diesem Anreiz aber durch Anfechtungsrechte entgegenwirken.61 Bei Finanzinstituten ist allerdings denkbar, dass ein bank run auch bei einem völlig soliden Institut stattfindet und damit die Krise erst auslöst.62 Dann ist aber das Anfechtungsrecht nur bedingt geeignet, einen Abzug von Kapital zu verhindern. Bei der Auszahlung von Einlagen handelt es sich um einen Fall der kongruenten Deckung, die nach § 130 InsO nur anfechtbar ist, wenn das Institut zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war und der Einleger dies wusste. Liegt zum Zeitpunkt des bank run noch keine Zahlungsunfähigkeit vor oder kann das Wissen über die Zahlungsunfähigkeit dem Einleger nicht nachgewiesen werden, ist eine Rückforderung der Auszahlung ausgeschlossen. 56 

Vgl. Kapitel B. I. 1. Binder, Bankeninsolvenz im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 105. 58  Shin, Journal of Economic Perspectives 2009, 101. 59  Vgl. Kapitel B. I. 1. 60  Insofern ist die Behauptung von Benston und Kaufman, dass ein schnellerer Abzug von Mitteln unproblematisch sei, nicht mit den Darstellungen zur Maximierung des Verwertungserlöses im Interesse aller Gläubiger durch ein kollektives Verfahren vereinbar. Können sich die Gläubiger einem kollektiven Verfahren durch den vorherigen Abzug ihrer Einlagen entziehen, findet eine Wertvernichtung statt. Vgl. Benston/Kaufman, Journal of Financial Services Research 1995, 209, 230. 61  Vgl. Kapitel B. II. 3. b). 62  Empirisch lässt sich allerdings zeigen, dass einem bank run regelmäßig ein Ereignis vorausgeht, welches die Risikoeinschätzung der Einleger verändert (dazu unter B. II. 3. b)). Für ein grundsolides Institut ist damit die Gefahr eines Bank Runs in der Praxis außerhalb einer Krisensituation überschaubar, vgl. Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 114 f.; Kaufman, Cato Journal 1988, 559, 567. 57 

II.  Bankeninsolvenz

87

Erschwerend kommt hinzu, dass die Rechtsfolge der Anfechtung nur in der Rückzahlung der Einlage an das Institut besteht. Muss der Einleger seine Auszahlung an die Bank zurückzahlen, ist er genauso gestellt, wie wenn er das Geld von Anfang an bei der Bank belassen hätte. Muss er das Geld nicht zurückzahlen, ist er bessergestellt, als wenn er seine Einlage nicht abgehoben hätte. Folglich kann der Einleger seine Vermögensposition durch den Abzug seiner Einlage im besten Fall (keine erfolgreiche Anfechtung) verbessern, im schlimmsten Fall (erfolgreiche Anfechtung) aber im Vergleich zu seiner hypothetischen Position ohne Abhebung nicht verschlechtern. Mithin kann das Anfechtungsrecht den bestehenden Anreiz zum Abzug der Mittel nicht wirksam reduzieren. Vor diesem Hintergrund haben die Gesetzgeber sowohl in Deutschland als auch in den USA eine Einlagensicherung etabliert.63 Neben dem politischen Interesse, Kleinanleger nicht durch eine Bankeninsolvenz um ihr Sparvermögen zu bringen,64 ist die Einlagensicherung auch gesamtwirtschaftlich von Vorteil. Durch einen ex ante glaubhaften Sicherungsmechanismus wird der Anreiz zu einem bank run durch die versicherten Einleger reduziert. Ohne bank runs reicht die Liquidität von Banken regelmäßig aus, um die Auszahlungen an Einleger zu leisten und ökonomisch ineffiziente Notverkäufe werden vermieden, so dass der Wert notleidender Institute erhalten wird.65 Die Einlagensicherung umfasst aber regelmäßig nur Vermögen bis zu einer bestimmten Obergrenze und keine Gelder von institutionellen Investoren, so dass der Anreiz zum Abzug von Mitteln bei größeren Anlagevolumina und institutionellen Investoren erhalten bleibt. Dies machte sich in der aktuellen Finanzkrise verstärkt bemerkbar. Neben der eher altmodischen Form des bank run durch Verbraucher hat zuletzt eine neue Form des bank run eine entscheidende Rolle gespielt. So haben institutionelle Investoren in großem Umfang die Finanzierung gefährdeter Banken eingestellt und damit einen „institutionellen bank run“ verursacht.66 Während von einem konventionellen bank run ausschließlich solche Banken betroffen sind, die das Einlagengeschäft betreiben, können durch einen institutionellen bank run auch andere kurzfristig finanzierte Finanzmarktakteure in Bedrängnis geraten. Ein Beispiel für einen derartigen Akteur war in der Finanzkrise die American International Group (AIG). Diese Versicherungsgesellschaft besaß keine Banklizenz und betrieb folglich auch kein Einlagengeschäft. Dennoch führten Befürchtungen über eine drohende Insolvenz zu einem Abzug von Kapital und der Forderung nach zusätzlichen Sicherheiten durch institutionelle Investoren, die einen Effekt verursachten,

63  Vgl. zur Ausgestaltung der Einlagensicherung in Deutschland Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 131 f. 64  Lastra/Wood, Bank Insolvency, S. 14. 65  Vgl. detailliert Diamond/Dybvig, Journal of Political Economy 1983, 401, 413. 66  Gorton/Metrick, Securitized Banking and the Run on Repo, S. 1; Horton, Journal of Corporation Law 2012, 816, 821; Krimminger, Deposit Insurance and Bank Insolvency in a Changing World, S. 3; Shin, Journal of Economic Perspectives 2009, 101, 102.

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

88

der mit einem klassischen bank run vergleichbar ist.67 Auch bei der Insolvenz von Lehman Brothers Inc. spielte der institutionelle bank run eine entscheidende Rolle. Im Vorfeld der Insolvenz weigerten sich die Investoren, die kurzfristige Finanzierung zu verlängern, was im Ergebnis dem Abzug von Kapital gleichkam.68 Der Gesetzgeber hat bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Antwort auf diese neuartige Form des bank run gefunden. Somit bleiben die ökonomischen Fehlanreize zum Abzug von Mitteln durch institutionelle Investoren und damit die Gefahr einer durch diesen Abzug ausgelösten Insolvenz bei der aktuellen Gesetzeslage bestehen und müssen bei der Analyse des Insolvenzrechts berücksichtigt werden. 3.  Systemrelevanz (too big to fail) Neben der Berücksichtigung der ex ante-Gefahr von bank runs müssen auch die ökonomischen ex post-Auswirkungen einer Insolvenz in der Finanzindustrie Beachtung finden. Außerhalb des Finanzsektors erfüllt die Stilllegung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens regelmäßig eine marktbereinigende Funktion. Wettbewerber profitieren durch die Übernahme zusätzlicher Marktanteile von dem Untergang eines Konkurrenten. Auf den Finanzsektor scheint dieser Grundsatz allerdings nur begrenzt übertragbar zu sein.69 In der Vergangenheit beteiligten sich Wettbewerber mehrfach an der Rettung angeschlagener Finanzinstitute, anstatt nach deren Insolvenz ihren Platz einzunehmen. Die erste bedeutende Rettungsaktion innerhalb des Finanzmarktes durch Konkurrenten fand wohl im Zusammenhang mit dem Hedgefonds LTCM statt. Organisiert durch die US-amerikanische Federal Reserve Bank finanzierte ein Bankenkonsortium, dem unter anderem Goldman Sachs, J.P. Morgan, Merrill Lynch und Morgan Stanley angehörten, einen Betrag von 3,6 Milliarden US-Dollar im Austausch gegen 90 % des Eigenkapitals von LTCM in den Fonds, um eine Insolvenz und die damit verbundenen Marktverwerfungen zu verhindern.70 Ähnliches geschah in der Finanzkrise bei der Rettung der IKB in Deutschland durch einen Zusammenschluss verschiedener Banken.71 Der Grund für eine derartige Beteiligung könnte in dem gemeinsamen Interesse der Finanzinstitute an der Vermeidung einer Insolvenz liegen. Führt die Insolvenz zu einer Beeinträchtigung des Finanzmarktes, die die Institute finanziell stärker belasten als die Kosten der Rettung, so stellt die Rettung die wirtschaftlich präferierte Lösung dar. Eine Beeinträchtigung des Finanzmarktes kann im Wesentlichen über zwei unterschiedliche Ansteckungswege erfolgen. Einerseits können direkte Verluste 67 

Ayotte/Skeel, Journal of Corporation Law 2010, 469, 475. Kapur, The next Lehman Bankruptcy, S. 198. 69 Zum Vergleich zwischen der Insolvenz einer Bank und einer Einkaufskette siehe Wood/Kabiri, Firm stability and system stability, S. 181. 70  Edwards, Journal of Economic Perspectives 1999, 189, 200, 202. 71  Ruzik, BKR 2009, 133, 135. 68 

II.  Bankeninsolvenz

89

durch eine Forderungskürzung entstehen (direkte Ansteckung, dazu sogleich a)), die wiederum Insolvenzen auslösen und damit einen Kaskadeneffekt verursachen, andererseits kann die Insolvenz eines Institutes zu einem Vertrauensschaden im gesamten Sektor führen, der sich auf alle Finanzinstitute auswirkt und damit einen indirekten Verlust verursacht (indirekte Ansteckung, unten b)). Banken, deren Abwicklung zu hohen Verlusten im Finanzmarkt führen würde, werden allgemein als systemrelevant oder too big to fail bezeichnet. a)  Direkte Ansteckung Ein systemisches Risiko für die Finanzindustrie kann entstehen, wenn die Insolvenz eines Instituts bei dessen Gläubigern derart hohe Verluste verursacht, dass diese wiederum insolvent werden und weitere Gläubiger in Insolvenzgefahr bringen. Damit wird der Theorie zufolge eine Kettenreaktion in Gang gesetzt, die zu einem dominoartigen Zusammenbruch des Finanzsystems führen kann.72 Das Gegenparteirisiko, also das Risiko des Forderungsausfalls durch die Insolvenz eines Schuldners, dessen Realisierung für die direkte Ansteckung ursächlich ist, besteht grundsätzlich auch außerhalb des Finanzsektors. Dennoch wird nur selten von einer Systemrelevanz von Unternehmen im Allgemeinen gesprochen. Es bedarf daher der Untersuchung, weshalb gerade in der Finanzindustrie eine derartige Gefahr besonders ausgeprägt sein soll. Von großer Bedeutung für das Risiko einer Kettenreaktion ist die Höhe des Eigenkapitals in dem betroffenen Sektor.73 Das Eigenkapital dient dem Unternehmen als Verlustpuffer. Nur wenn der Verlust die Höhe des vorgehaltenen Eigenkapitals übersteigt, ist der Schuldner überschuldet und stellt damit wiederum eine Gefahr für die Solvenz seiner Gläubiger dar. Eine geringere Eigenkapitalquote erhöht somit das Risiko der Insolvenz eines einzelnen Unternehmens für dessen Umfeld. Während die Eigenkapitaldecke bei Unternehmen außerhalb des Finanzsektors typischerweise verhältnismäßig hoch ist, sind bei Banken Eigenkapitalquoten von acht Prozent und weniger nicht ungewöhnlich.74 Somit ist bei Unternehmen außerhalb des Finanzsektors nicht zu erwarten, dass der Verlust durch den Forderungsausfall infolge der Insolvenz eines Schuldners unmittelbar zu einer Überschuldung führt. Folglich entsteht eine Kette von Ausfällen außerhalb des Finanzsektors regelmäßig gar nicht erst. Aber auch bei Unternehmen des Finanzsektors ist empirisch nicht belegt, dass allein Verluste aufgrund von durch eine Insolvenz ausgefallenen Forderungen ausreichen, um das gesamte Eigenkapital bei einer nennenswerten An72 

Kaufman/Scott, The Independent Review 2003, 371, 372. Kaufman/Scott, The Independent Review 2003, 371, 373. 74  Kaufman, Journal of Financial Services Research 1994, 123, 133; zum Vergleich der Leverage Rations von Unternehmen und Finanzinstituten siehe CGFS, The role of valuation, S. 4; die Leverage Ratio berechnet sich dabei aus der Division der Gesamtheit der Vermögensgegenstände und dem Eigenkapital. Ein Fremdkapital von 8 % entspricht somit einer Leverage Ratio von 1/0,08 = 12,5. 73 

90

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

zahl von Gläubigern aufzuzehren.75 Dennoch erhöht die geringe Eigenkapitaldecke das Risiko einer Kettenreaktion im Finanzsektor. Neben der Eigenkapitaldecke spielt auch die Höhe der ausfallgefährdeten Forderungen eine entscheidende Rolle für das Ansteckungsrisiko durch eine Insolvenz. Dabei kommt es nicht nur auf die Höhe der Forderungen gegen das erste insolvente Unternehmen an. Wird durch dessen Insolvenz der Ausfall anderer Unternehmen verursacht, muss der gesamte Forderungsbestand gegenüber allen ausfallenden Unternehmen berücksichtigt werden. Je stärker die Vernetzung der Unternehmen durch gegenseitige Forderungen ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Forderungen gegen mehrere Unternehmen betroffen sind und desto größer ist der mögliche Verlust. Der Finanzsektor ist durch die Höhe der gegenseitigen Forderungen innerhalb der Finanzbranche besonders anfällig für die Ausbreitung von insolvenzbedingten Forderungsausfällen.76 Allein über den europäischen Interbankenmarkt werden monatlich Forderungen und Verbindlichkeiten in Höhe von 20 bis 60 Mrd. Euro abgewickelt.77 Auch Forderungen im Wert von 600 Mrd. US-Dollar aus dem Markt für Credit Default Swaps (CDS), die wesentlich zur Verbreitung der Finanzkrise beitrugen, bestanden zu über 95 % zwischen Unternehmen des Finanzmarktsektors.78 Diese Forderungen begründen ein Klumpenrisiko von Finanzinstituten gegenüber dem Finanzsektor, welches im Fall einer Krise des Finanzsektors dazu führt, dass wesentliche Teile der Forderungen eines Institutes betroffen sein können.79 Im Gegensatz dazu machen Forderungen bei Unternehmen außerhalb des Finanzsektors typischerweise nur einen kleinen Teil ihres Vermögens aus. Ein großer Teil der Vermögensgegenstände besteht hingegen aus Sachanlagen oder Vorräten, so dass ihre Vermögen durch einen Forderungsausfall typischerweise nur in wesentlich geringerem Maße betroffen sind. Die Gefahr einer direkten Ansteckung kann durch die Maximierung des Verwertungserlöses im Insolvenzfall verringert werden. Je geringer der Verlust der 75  Vergleiche dazu die Untersuchung von hypothetischen Verlusten durch die Insolvenz der Continental Bank in den USA in Kaufman/Scott, The Independent Review 2003, 371, 378. 76  Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 517. 77  European Central Bank, Statistical Data Warehouse, abrufbar unter: http://sdw.ecb. europa.eu/quickview.do;jsessionid=E7EF2401F9E617E4A464B1CFCA609CAA?SERIES_ KEY= 198.EON.D.EONIA_TO.VOLUME&start= 01 – 01 – 2000&end= 01 – 01 – 2014&submitOptions.x=0&submitOptions.y=0&trans=MF; vgl. auch Huertas/Lastra, The Perimeter Issue, S. 275. 78  Stand Juni 2015, Bank for International Settlements, Semiannual OTC derivatives statistics, Table D5. 79  Laut Jahresbericht der Deutschen Bank stehen Forderungen gegen Kunden in Höhe von etwa 399 Mrd. Euro Forderungen gegen Kreditinstitute in Höhe etwa 1.071 Mrd. Euro gegenüber. Damit bestanden knapp 73 % der Forderungen gegen Unternehmen aus dem Finanzsektor (Berechnung aus den Daten auf S. 191 des Jahresberichts). Bei Barclays beläuft sich die Quote auf etwa 64 % (Berechnung aus dem Jahresbericht 2012, S. 184). Für die Berechnung wurde angenommen, dass die Derivate vollständig innerhalb des Finanzsektors abgeschlossen wurden.

II.  Bankeninsolvenz

91

Gläubiger durch die Insolvenz ausfällt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Verlust zur Insolvenz des Gläubigers führt. Eine Maximierung des Erlöses wird in einer Vielzahl von Fällen durch eine Fortführung des Finanzinstituts zu erzielen sein.80 Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Fortführung eines Unternehmens mit einem bankenspezifischen Geschäftsmodell auch in der Insolvenz ermöglicht wird. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die direkte Ansteckung sowohl bei Unternehmen außerhalb des Finanzsektors als auch bei Finanzinstituten denkbar ist. Finanzinstitute sind aber durch die Insolvenz eines Konkurrenten einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt, da ihr Vermögen zum größten Teil aus Forderungen besteht und diese einem starken Klumpenrisiko gegenüber dem Finanzsektor ausgesetzt sind. Die direkte Ansteckungsgefahr steigt einerseits mit der Höhe der Forderungen eines insolventen Instituts gegen andere Institute des Finanzsektors (too big to fail) und mit dem Grad seiner Vernetzung (too connected to fail) und andererseits mit abnehmendem Eigenkapital der Institute als Verlustpuffer. Das Insolvenzrecht kann eine Reduktion des direkten Ansteckungsrisikos erreichen, indem es die Maximierung des Verwertungserlöses ermöglicht. Dazu muss insbesondere der Fortführungswert erhalten werden können. b)  Indirekte Ansteckung Neben der Gefahr einer direkten Ansteckung besteht im Finanzsektor auch das Risiko einer indirekten Ansteckung, ausgelöst durch die Insolvenz eines einzelnen Instituts. Die Insolvenz eines Instituts kann als Signal über den Zustand anderer Institute oder des gesamten Sektors aufgefasst werden. Leiten die Gläubiger aus der Insolvenz des Instituts ab, dass auch ihr eigenes Institut instabil ist, kann dies zu einem dramatischen Abzug von Mitteln führen. Dieser kann selbst solche Institute treffen, denen keine direkte Ansteckung durch das insolvente Institut droht, die also keine Forderungen gegen das insolvente Institut haben. Die Ansteckung anderer Institute wird mithin erst durch einen eigenständigen massenhaften Abzug von Kapital, häufig in Form eines bank run81, ausgelöst. Der Abzug von Kapital bei einer Bank, die von der Insolvenz einer anderen Bank nicht direkt betroffen ist, ist im Wesentlichen auf die Unsicherheit der Gläubiger über den Zustand ihres Finanzinstituts zurückzuführen. Im Vergleich zur Bewertung von Industrieunternehmen ist die Bewertung einer Bank aufgrund einer Vielzahl von Unsicherheitsfaktoren für die Gläubiger nur schwer möglich. Informationen sind in besonderem Maß asymmetrisch verteilt,82 80  Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 109 m.w.N.; Huertas/Lastra, The Perimeter Issue, S. 258. 81  Vgl. unter Kapitel B. II. 2. 82  Calomiris/Gorton, The Origins of Banking Panics, S. 124; Kaufman, Journal of Financial Services Research 1994, 123, 127; Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bank­ ruptcy Law, S. 23 f.

92

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

so dass die Gläubiger einer Bank auf Informationen über andere Banken zurückgreifen, um die Solvenz der eigenen Bank einschätzen zu können. Asymmetrische Information liegt immer dann vor, wenn die Gläubiger nicht in der Lage sind, den tatsächlichen Wert der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des Schuldners zu beurteilen. Zwar liegt den Gläubigern einer Bank häufig die Bilanz des Institutes vor, diese wird allerdings erst deutlich nach dem Stichtag veröffentlicht. Unterliegen die Vermögensgegenstände starken Wertveränderungen, so sinkt der Informationsgehalt einer Bilanz im Zeitverlauf wesentlich. Finanzinstrumente sind regelmäßig volatiler als klassische Vermögensgegenstände wie Vorräte oder Immobilien. Darüber hinaus sind nach den Vorschriften des HGB und des IFRS nicht alle Vermögensgegenstände mit ihrem aktuellen Marktwert zu bilanzieren, so dass der Wert in den Bilanzen nicht zwangsläufig dem tatsächlichen Wert entsprechen muss.83 Auch ist die Aggregationsebene häufig derart hoch, dass nicht genau erkennbar ist, welche Vermögensgegenstände mit welchen Risiken durch die Bank gehalten werden. Somit ist die Bilanz im Finanzsektor nur von verhältnismäßig begrenzter Aussagekraft für den Wert des Unternehmens und die Unsicherheit entsprechend hoch. Erhält der Gläubiger unter diesen Umständen Informationen über die Insolvenz eines dritten Kreditinstituts, können mehrere Erwägungen dazu führen, dass er den Zustand seines Institutes neu bewertet und in der Folge seine Einlagen abzieht.84 Er könnte zunächst annehmen, dass seine Bank Forderungen gegen das dritte Kreditinstitut abschreiben muss und dadurch einen Verlust erleidet, der die Solvenz der Bank gefährdet. Ob dies tatsächlich der Fall ist, ist unerheblich, da der Gläubiger nicht über die nötigen Informationen verfügt, um die Situation richtig einschätzen zu können. Ein weiterer Grund für eine veränderte Einschätzung der Solvenz seiner Bank könnte in der Ähnlichkeit der Bank mit dem dritten Institut bestehen.85 Vermutet der Gläubiger, dass die Vermögen seines Schuldners und des insolventen Instituts ähnlich zusammengesetzt sind, liegt die Annahme nahe, dass die Gründe für die Insolvenz des anderen Instituts auch sein Institut betreffen. In der Finanzkrise galt das in besonderem Maße für den Bereich des Verbriefungsgeschäfts.86 Die durch Verluste im Verbriefungsgeschäft ausgelösten Insolvenzen führten zu einer starken Verunsicherung des Marktes über die Solvenz anderer in diesem Bereich aktiver Institute. Aufgrund der asymmetrischen Informationsverteilung waren die Gläubiger weder über das Ausmaß des Verbriefungsgeschäfts ihres Schuldnerinstitutes 83  Vgl. nur IAS 39 – 46; 340e Abs. 1 S. 2 i.V.m. 253 Abs. 3 HGB, hinzu kommen Bewertungsschwierigkeiten für viele illiquide Instrumente, für die kein Marktpreis verfügbar ist; Kaufman, Journal of Financial Services Research 1994, 123, 127. 84  Huertas/Lastra, The Perimeter Issue, S. 278. 85  Kaufman/Scott, The Independent Review 2003, 371, 373. 86  Schwarcz, Utah Law Review 2008, 1109, 1113.

II.  Bankeninsolvenz

93

noch über das im Verbriefungsgeschäft begründete Risiko hinreichend informiert und zogen daher vorsichtshalber ihr Kapital ab.87 Selbst wenn ein Gläubiger von der stabilen Lage seines Schuldnerinstitutes überzeugt ist, weil er beispielsweise zusätzliche Informationen einholen konnte, kann es rational sein, sein Geld von diesem Institut abzuziehen.88 Denn hält er eine hinreichende Anzahl anderer Gläubiger des Instituts für schlechter informiert und befürchtet, dass diese einen bank run auslösen, der in der Insolvenz der Bank resultiert, so wird er aus diesem Grund trotzdem seine unversicherten Einlagen abziehen und damit die Lage der Bank weiter verschlechtern. Auch empirisch lässt sich der Effekt der indirekten Ansteckung nachweisen.89 Dabei zeigt sich, dass Institute, die ein ähnliches Geschäftsmodell wie die insolvente Bank verfolgen, deutlich stärker von einem Kapitalabzug betroffen sind.90 Dies kann als Beleg dafür herangezogen werden, dass Investoren nicht blind in Panik verfallen, sondern die neue Information rational bewerten und entsprechend reagieren. Die größte Gefahr für eine indirekte Ansteckung anderer Institute bergen mithin diejenigen Banken, deren Geschäftsmodell mit vielen anderen Kreditinstituten vergleichbar ist. Daher kann selbst die Insolvenz eines sehr kleinen Institutes mit einem üblichen Geschäftsmodell ein deutlich höheres Risiko für das Finanzsystem darstellen als die Insolvenz eines großen Instituts mit einem sehr speziellen Geschäftsmodell. Da die indirekte Ansteckung eines Institutes immer einen umfangreichen Kapitalabzug voraussetzt, spielt eine glaubwürdige Einlagensicherung auch hier eine wesentliche Rolle. Versicherte Einleger haben keinen Anreiz, ihr Geld von einem Kreditinstitut abzuziehen, um sich vor einem Verlust zu schützen. Eine indirekte Ansteckung erfolgt somit regelmäßig über den Abzug von sehr großen Einlagen und durch institutionelle Investoren. Folglich sind Banken mit einer geringeren Finanzierung aus dem Kleinanlegergeschäft naturgemäß stärker von der Gefahr einer indirekten Ansteckung betroffen.

87 

Frank/González-Hermosillo/Hesse, Transmission of Liquidity Shocks, S. 5. Huertas/Lastra, The Perimeter Issue, S. 279. 89  Ausgehend von einer Bankenpanik basierend auf einer Neubewertung des Risikos bei asymmetrischer Information: Benston/Kaufman, Journal of Financial Services Research 1995, 209, 227; Gorton, Oxford Economic Papers 1988, 751, 778; Mishkin, Asymmetric Information and Financial Crises, S. 97. Die Schlussfolgerung von Binder, dass „systemweite, durch ,Runs‘ vermittelte Krisen kaum den Regelfall darstellen“ ist zu weitgehen. Zwar wird in der von Binder zitierten Literatur dargelegt, dass Krisen nicht durch Runs ausgelöst werden, so wird dennoch nicht bezweifelt, dass sich Krisen durch die Anpassung von Erwartungen jedenfalls vertiefen können; vgl. Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 117. 90  Benston/Kaufman, Journal of Financial Services Research 1995, 209, 227; Kaufman, Journal of Financial Services Research 1994, 123, 129; Kaserer, VSWG 2000, 166, 192. 88 

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

94

c)  Makroökonomische Erwägungen Wirkt sich die Insolvenz eines Instituts über direkte oder indirekte Ansteckungswege auf das gesamte Finanzsystem aus, so kann dies die Volkswirtschaft in ihrer Gesamtheit nachhaltig schädigen. Dies ist auf die besondere Aufgabe von Banken als Finanzintermediäre zurückzuführen, die in dieser Funktion Zahlungssysteme und Liquidität für das gesamte Wirtschaftssystem zur Verfügung stellen. Durch die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über ein Institut werden Guthaben der Gläubiger regelmäßig jedenfalls für kurze Zeit eingefroren und damit dem Zugriff der Gläubiger entzogen.91 Bereits die dadurch entstehende Unterbrechung im Zahlungssystem kann zu Schwierigkeiten für die betroffenen Personen und Unternehmen führen. Von erheblich größerer Bedeutung sind aber die Einschränkung der Vergabe neuer Darlehen und die damit verbundene Verringerung der Liquidität am Markt.92 Institute, die kurz vor der Insolvenz stehen oder über deren Vermögen schon das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, haben aufgrund des Abzugs von Einlagen typischerweise Liquiditätsschwierigkeiten. Daher vergeben diese Banken regelmäßig keine neuen und verlängern keine auslaufenden Darlehen.93 Agiert eine Vielzahl von Finanzintermediären auf diese Weise, so kann eine Kreditklemme entstehen, die die kreditnehmenden Unternehmen an der Durchführung lohnender Investitionen hindert oder sie sogar zur Zahlungsunfähigkeit führt.94 Die empirische Untersuchung des Ausmaßes dieses Effekts ist schwierig. Zwar gehen Bankeninsolvenzen häufig mit einem allgemeinen ökonomischen Abschwung einher;95 ob die Bankenkrise allerdings kausal für den ökonomischen Abschwung ist oder vielmehr der Abschwung die Bankenkrise auslöste, ist empirisch nicht feststellbar.96 Ein Indiz für die negativen Auswirkungen einer Bankeninsolvenz auf Unternehmen der Realwirtschaft liefern allerdings die Untersuchungen von Slovin, Sushka und Polonchek sowie von Brewer et al., die negative Auswirkungen der Ankündigung der Insolvenz einer Bank auf den Unternehmenswert 91 

Kaufman, Journal of Financial Services Research 1994, 123, 140. Molyneux, Banking Crises, S. 14; Gynn, Yale Journal on Regulation 2012, 121, 124. 93  Empirisch wurde dies bestätigt durch Hubbard/Kuttner/Palia, Journal of Business 2002, 559, 576. 94  Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bankruptcy Law, S. 23; Randall, Are Bailouts Inevitable?, Yale Law Journal on Regulation 2012, 121, 124; Günther, WM 2010, 825, 828. 95  Die EU-Komission beziffert den Verlust durch die aktuelle Finanzkrise in den Euroländern auf mehr als 3 % des BIP, European Commission, Impact of the crisis, S. 5; vgl. auch Cerra/Saxena, American Economic Review 2008, 439, 442. 96  Dwyer/Gilbert, Federal Reserve Bank of St. Lois Review 1989, 43, 59; Kaufman, Journal of Financial Services Research 1994, 123, 142; Kaufman/Scott, The Independent Review 2003, 371, 380; so aber Riethmüller, Bankenrestrukturierung in Europa, S. 16 mit Verweis auf Cerra/Saxena, American Economic Review 2008, die aber keine Kausalität belegen. 92 

II.  Bankeninsolvenz

95

ihrer Darlehensnehmer untersuchen.97 Auch wenn makroökonomisch unklar ist, ob eine Bankenkrise eine Wirtschaftskrise tatsächlich auslösen kann, ist doch beobachtbar, dass sich die Wirtschaft von Krisen deutlich schneller erholt, wenn der Finanzsektor nicht betroffen ist.98 Damit besteht für den Gesetzgeber ohne ein effizientes Bankeninsolvenzrecht die Notwendigkeit abzuwägen, ob er einerseits den Zusammenbruch einiger oder vieler Institute und die damit verbundenen volkswirtschaftlichen Konsequenzen hinzunehmen präferiert oder ob er andererseits die Rettung der Institute unter Verwendung staatlicher Mittel vorzieht.99 Die mit einer Rettung verbundenen Kosten müssen den hypothetischen Kosten der Verschärfung der Krise gegenübergestellt werden. Nimmt beispielsweise der deutsche Gesetzgeber an, dass die Insolvenz eines großen Institutes die Funktionsweise des Finanzsystems über Wege der direkten oder indirekten Ansteckung derart stark beeinträchtigt, dass die Wirtschaft einen Verlust in Höhe von einem Prozentpunkt des Bruttoinlandsproduktes erleidet, also in Höhe von ca. 29 Mrd. Euro,100 so belaufen sich alleine die erwarteten Steuermindereinnahmen auf etwa 6 Mrd. Euro.101 Ex post liegt es daher im finanziellen Interesse des Steuerzahlers, das insolvente Institut zu retten, wenn sich die Kosten dafür auf weniger als 6 Mrd. Euro belaufen. Berücksichtigt man nicht alleine den staatlichen Haushalt, sondern die Volkswirtschaft als Ganzes, sollte eine Rettung sogar bis zur Höhe des volkswirtschaftlichen Verlustes, also bis zu 29 Mrd. Euro, vorgenommen werden. Vor dem Hintergrund, dass das Bankenrettungsprogramm TARP in den USA sogar einen leichten Gewinn erwirtschaftet hat,102 spricht viel für die Vermutung, dass die Bankenrettung ex post im Sinne des Steuerzahlers war.103 Das makroökonomische Ziel der Stabilität des Finanzsystems findet sich auch in unterschiedlichen Gesetzen und den zugehörigen Materialien. So heißt es etwa in der Gesetzesbegründung zum FMStG:

97  Slovin/Sushka/Polonchek, Journal of Finance 1993, 247; Brewer et al., The Value of Banking Relationships, S. 1. 98  Für eine Verlängerung der Erhohlungsphase von Finanzkrisen im Vergleich zu reinen Wirtschaftskrisen sprechen die empirischen Ergebnisse von Pappel/Prodan, The Statistical Behaviour of GDP, S. 21. 99  Guynn, Yale Journal on Regulation 2012, 121, 124; so auch Gary Stern vor dem Banking Committee, Banking Committee of the U.S. Senate, S. Hrg. 111 – 179, S. 56, 57; für eine modellbasierte Darstellung vgl. Landier/Ueda, The Economics of Bank Restructuring, S. 19 f. 100  Statistisches Bundesamt, Bruttoinlandsprodukt 2014 für Deutschland, S. 13. 101  Bei einer angenommenen Steuerquote von etwa 22 %, vgl. Bundesministerium der Finanzen, Struktur und Verteilung der Steuereinnahmen. 102  Vgl. Kapitel A. III. 2. b). 103  Somit geht die Kritik fehl, die die Bankenrettung als zu Kostspielig für den Steuerzahler kritisiert, vgl. Claessens et al., A Safer World Financial System, S. 59.

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

96

„Ziel des Gesetzentwurfs ist es, durch ein Maßnahmenpaket ein tragfähiges Instrumentarium zu schaffen, um die bestehenden Liquiditätsengpässe zeitnah zu überwinden und die Stabilität des deutschen Finanzmarktes zu stärken.“104

In den USA wurde das Ziel des Emergency Economic Stabilisation Act in § 2 sogar noch deutlicher auf die Realwirtschaft bezogen: „The purposes of this Act are – (1) to immediately provide authority and facilities that the Secretary of the Treasury can use to restore liquidity and stability to the financial system of the United States; and (2) to ensure that such authority and such facilities are used in a manner that – […] (B) preserves homeownership and promotes jobs and economic growth; (C) maximizes overall returns to the taxpayers of the United States;”105

Auch für die Abwicklung von Banken durch die FDIC wird eine Ausnahme von der Vorgabe gemacht, die Bank mit möglichst geringen Kosten für die Einlagensicherungseinrichtung abzuwickeln. Für den Fall, dass eine derartige Abwicklung ernsthafte negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation oder die Stabilität des Finanzmarktes hat, können Maßnahmen zur Vermeidung derartiger Auswirkungen ergriffen werden.106 Die Erhaltung der Finanzmarktstabilität wird vom Internationalen Währungsfonds und der Weltbank sogar als alleiniges Ziel eines Bankeninsolvenzverfahrens deklariert.107 Das makroökonomische Ziel, die Rettung eines Finanzinstitutes zu ermöglichen, soweit diese notwendig ist, um eine Ansteckung anderer Banken zu verhindern und damit größeren Schaden durch eine Kreditklemme abzuwenden, wurde mithin auch durch den Gesetzgeber und internationale Organisationen zum maßgeblichen Ziel eines Regimes zur Bankenreorganisation oder -abwicklung erklärt. Damit halten die ökonomischen Erwägungen de lege lata Einzug in die Zielsetzung der Abwicklung von Finanzinstituten. 4.  Moral Hazard (negative Externalitäten) Die Rettung von Finanzinstituten stellt, wie zuvor aufgezeigt, in bestimmten Fällen ex post die ökonomisch günstigere Handlungsalternative dar, führt aber ex ante zu zusätzlichen Kosten.108 Vertrauen die Gläubiger auf die Rettung des Instituts, so besteht kein Anreiz zur Überwachung der Solvenz des Schuldners. Glei104 

BT-Drucks. 16/10600, S. 1. § 2 EESA. 106  12 U.S. Code § 1823 (a)(4)(G)(i)(I); § 204 (a) Dodd-Frank Act; vgl. auch Bennett, FDIC Banking Review September 2001, 1, 9; Carpenter, Insolvency of Systemically Significant Financial Companies, S. 4. 107  International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency, S. 16, 35 f. 108  Stern/Feldman, Too big to fail, S. 174. 105 

II.  Bankeninsolvenz

97

ches gilt für die durch den Einlagensicherungsfonds abgesicherten Gläubiger.109 Auch die Einlagensicherung ist damit einerseits ökonomisch von Nutzen, indem sie den Anreiz zu wertvernichtenden bank runs und damit die Gefahr einer indirekten Ansteckung reduziert, andererseits ist sie ökonomisch nachteilig, weil sie eine Überwachung von Banken aus Sicht der Einleger überflüssig macht. Der verminderte Anreiz zur Überwachung durch die Gläubiger führt zu einer Verstärkung des Überinvestitionsproblems und zur Entstehung weiterer Fehlanreize. Das Überinvestitionsproblem lässt sich, wie im vorangegangenen Teil dargestellt, durch das Insolvenzrecht kaum wirksam reduzieren. Außerhalb des Finanzsektors erreichen die Gläubiger durch entsprechende vertragliche Vereinbarungen oder durch die Drohung des Abzugs von Kapital eine Disziplinierung des Managements und damit die Verringerung von Überinvestitionen. Entfällt diese Einflussnahme, kann das Management das Risiko der Investitionen kurz vor der Insolvenz ungehindert erhöhen, um bei günstigem Verlauf einen Ertrag für die Eigentümer zu erzielen.110 Der mögliche Verlust wird im Falle einer Rettung dann durch den Steuerzahler getragen, der keine Handhabe für die Disziplinierung des Managements besitzt. Die Gefahr von Überinvestitionen wird im Finanzsektor durch die Vielzahl von Möglichkeiten zur Risikoerhöhung noch verstärkt.111 Während es Industrie­ unternehmen regelmäßig schwerfallen dürfte, innerhalb kurzer Zeit risikoreiche Investitionsprojekte zu ermitteln und zu initiieren, können Finanzinstitute ihr Risikoprofil durch Umschichtung ihrer Investitionen innerhalb von Minuten deutlich verändern. Neben der fehlenden direkten Disziplinierungsfunktion wird auch die indirekte Disziplinierungsfunktion der Finanzierungskosten durch die Einlagensicherung und die Aussicht auf eine Bankenrettung außer Kraft gesetzt. Klassischerweise wird die Risikoaufnahme durch die Kapitalkosten begrenzt. Zur Kompensation für die durch riskante Projekte erhöhte Insolvenzgefahr fordern Gläubiger einen höheren Zinssatz, der die Finanzierung von riskanten Projekten teurer werden 109  Krimminger, Deposit insurance, banking resolutions and moral hazard, S. 201; ­ ayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 528; empirisch nachgewieM sen durch Beck/Laeven, Resolution of Failed Banks by Deposit Insurers, S. 19; Swire, Duke Law Journal 1992, 469, 497; Wolfers und Voland sehen die Ursachen von moral hazard fälschlicherweise nicht in dem Wegfall der Überwachung durch die Gläubiger, sondern im Wegfall der disziplinierenden Wirkung des Insolvenzrisikos. Die Eigentümer werden durch das Insolvenzrisiko aber nicht diszipliniert. Im Gegenteil führt ein höheres Insolvenzrisiko zu einer höhere Risikofreude (siehe Kapitel B. I. 2. b)); Wolfers/Voland, Sanierung und Insolvenz von Banken, S. 328. 110  Zur empirischen Untersuchung des positiven Zusammenhangs zwischen Eigentümer­ einfluss und Risikobereitschaft vgl. Beltratti/Stulz, Why Did Some Banks Perform Better, S. 21; Ferreira et.al., Measuring Management Insulation from Shareholder Pressure, S. 1; Laeven/Levine, Journal of Financial Economics 2009, 259, 273; Pathan, Journal of Banking and Finance 2009, 1340, 1348. 111  Hynes/Walt, Why Banks are Not Allowed in Bankruptcy, S. 21.

B.  Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz

98

lässt. Damit wird eine Vielzahl von riskanten Projekten unrentabel. Erwarten die Gläubiger aber für den Insolvenzfall eine Rettung durch den Staat, entfällt dieser Finanzierungsaufschlag. Ohne Berücksichtigung der Finanzierungskosten basieren die Investitionsentscheidungen durch das Management ausschließlich auf der erwarteten Rendite des Projektes. Diese steigt in der Regel mit dem Risiko.112 Somit besteht jederzeit der Anreiz, mit Hilfe von günstigem Fremdkapital zusätzliche riskante Projekte zu finanzieren, um den erwarteten Ertrag für die Eigentümer zu maximieren.113 Die Absicherung von Gläubigern durch die Einlagensicherung und die Bankenrettung führt somit aufgrund des Wegfalls der Disziplinierung durch die Gläubiger und damit einhergehenden unangemessen niedrige Fremdkapitalkosten zu einer gesamtwirtschaftlich schädlichen Risikoerhöhung der Institute zu Lasten des Steuerzahlers.114 Diese Risikoerhöhung wird als moral hazard115 oder negative Externalität bezeichnet.116 Maßnahmen der Bankenregulierung zielen unter anderem darauf ab, den durch die Einlagensicherung entfallenen Anreiz der Gläubiger zur Überwachung der Banken zu kompensieren.117 Dazu dienen die Vorschriften zum Mindestkapital und zu Liquiditätsanforderungen, ebenso wie verschiedenste Eingriffsbefugnisse der Bankenaufsicht, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll. Neben dem Bankaufsichtsrecht kann auch das Insolvenzrecht für Banken einen Beitrag zur Reduktion von moral hazard leisten. Dazu muss den Gläubigern glaubhaft vermittelt werden, dass sie im Falle einer Insolvenz die entstehenden Ausfälle zu tragen haben.118 Eine Regelung zur Verlusttragung durch die Gläubiger ist aber ex ante nur glaubwürdig, wenn sie auch im Insolvenzfall, also ex post, durchgesetzt 112 

Zur Herleitung dieses Zusammenhangs vgl. Shape, Journal of Finance 1964, 425. Kuder, Neues Restrukturierungsrecht für Banken, S. 99. 114  Empirisch lässt sich zeigen, dass US-Institute, deren Einleger durch ein Einlagensicherungssystem abgesichert waren, ein riskanteres Geschäftsmodell verfolgten als Institute, die einem solchen System nicht angehörten; vgl. Wheelock, Economic Inquiry 1992, 530. 115  Moral hazard bedeutet übersetzt „sittliche Gefährdung“. Dieser Begriff suggeriert fälschlicherweise ein moralisches Fehlverhalten der Akteure. Tatsächlich handelt es sich aber nur um ein ökonomisch rationales Verhalten unter den gegebenen Bedingungen. 116  Vgl. nur Ayotte/Skeel, Journal of Corporation Law 2010, 469, 485; Franke/Krahnen, ZBB 2012, 399, 400; Kleftouri, Journal of International Banking Law and Regulation 2013, 271; Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 518. 117  So schon Diamond/Dybvig, Journal of Political Economy, 1983, 401, 417; ebenfalls Kaufman/Scott, Independent Review 2003, 371, 383; Swire, Duke Law Journal 1992, 469, 517; Tröger, ZHR 2013, 475, 483; zum Zusammenspiel zwischen Bankenaufsicht und -abwicklung siehe auch Giani/Crivellaro, ECFR 2014, 97, 108. 118  Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 519; Kuder, Neues Restrukturierungsrecht für Banken, S. 98; dieser Aspekt wird von Eidenmüller nicht berücksichtigt, wenn er als Ziel des Bankinsolvenzverfahrens formuliert, dass das Fremdkapital (zumindest weitgehend) unangetastet bleiben soll, vgl. Eidenmüller, in: FS Hopt, S. 1717. 113 

II.  Bankeninsolvenz

99

wird. Die Einführung eines Verbots zur Rettung von Banken ohne Veränderung der sonstigen Rahmenbedingungen wäre ex ante nicht glaubwürdig. Die Gläubiger würden antizipieren, dass der Gesetzgeber zum Schutz der Volkswirtschaft die Banken ex post trotz entgegenstehender Normen retten würde.119 Nur wenn eine Bankenabwicklung unter Beteiligung der Gläubiger ex post ohne Gefährdung des gesamten Finanzmarktes möglich ist, wird ein Verbot der Rettung ex ante glaubwürdig und damit das moral hazard-Problem reduziert. Die ökonomisch effiziente Abwicklung von Banken findet demnach im Spannungsfeld zwischen dem Schutz des Finanzsystems ex post und der Vermeidung von moral hazard ex ante statt.120 Eine Systemgefährdung kann bestmöglich vermieden werden, indem im Insolvenzfall kein Gläubiger Verluste tragen muss, und somit eine Ansteckung verhindert wird. Die Rettung der Gläubiger würde aber zwangsläufig die Fehlanreize zur Risikoerhöhung in Form des moral hazard und damit die Insolvenzgefahr vergrößern. Um dies zu verhindern, müsste eine möglichst umfangreiche Haftung der Gläubiger im Insolvenzfall erfolgen, was dem erstgenannten Ziel diametral entgegensteht. Das Bankeninsolvenzrecht muss diese entgegenstehenden Interessen zusammenführen, um ex ante Fehlanreize zu einem bank run und zu moral hazard-Verhalten bestmöglich zu vermeiden und ex post eine Systemgefährdung zu verhindern. Die Insolvenz von Finanzunternehmen verursacht somit im Vergleich zu sonstigen Insolvenzen eine Reihe zusätzlicher Anreiz- und Umsetzungsprobleme. Ob das Insolvenzrecht geeignet ist, diese Herausforderungen ökonomisch effizient zu lösen, und welche Vorteile ein Sonderinsolvenzrecht vor diesem Hintergrund mit sich bringt, ist Gegenstand der folgenden Überlegungen.

119  120 

Krimminger, Deposit insurance, banking resolutions and moral hazard, S. 206. Brierley, Insolvency Resolution, S. 374.

C.  Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht I.  Notwendigkeit der Abgrenzung und Herleitung von Abgrenzungskriterien International haben sich zwei Ansätze zur Abwicklung von Banken herausgebildet, die den Besonderheiten von Bankeninsolvenzen Rechnung tragen sollen.1 In einigen Ländern, beispielsweise den USA, wird zur Abwicklung von Banken ein vollkommen eigenständiges Regime unter Ausschluss des allgemeinen Insolvenzrechts angewandt. In anderen Ländern, darunter Deutschland, findet das allgemeine Insolvenzrecht auch bei Bankeninsolvenzen Anwendung, wird aber durch weitere Regelungen ergänzt oder überlagert. Während in den erstgenannten Ländern das Sonderinsolvenzrecht als eigenständiger Normenkomplex besteht und damit eine klare Unterscheidung zwischen dem Bankeninsolvenzrecht und dem präventiven Bankaufsichtsrecht möglich ist, bereitet die Abgrenzung in Ländern ohne ein eigenständiges Abwicklungsrecht größere Schwierigkeiten.2 Zur Analyse des Bankeninsolvenzrechts in Deutschland muss daher zunächst hergeleitet werden, welche Normen als Bankeninsolvenzrecht bezeichnet werden. Das Bankeninsolvenzrecht und das präventive Bankaufsichtsrecht werden nach ihrer jeweiligen Funktion voneinander abgegrenzt. Wie im vorhergehenden Kapitel dargestellt, dient das Insolvenzrecht dazu, eine wertvernichtende individuelle Durchsetzung von Forderungen in finanziellen Krisensituationen zu verhindern.3 Im Finanzsektor erfolgt diese Durchsetzung klassischerweise durch den massenhaften Abzug von Kapital in Form eines bank run, dessen Verhinderung eine Kernaufgabe des Insolvenzverfahrens darstellt.4 Der Anreiz zu einem derartigen Kapitalabzug entsteht nicht sprunghaft, sondern wächst graduell mit der Verringerung der Solvenz der Bank. Je geringer das Eigenkapital und die Liquidität werden, desto größer wird die Angst der Gläubiger vor der Insolvenz des Schuldners und damit der Anreiz, das eigene Kapital von dem Institut abzuziehen.5 Wann der Anreiz zum Abzug des Kapitals so groß wird, dass ein kollektives Insolvenzrecht die Einzelvollstreckung unterbinden muss, hängt von einer Vielzahl an Faktoren ab und kann nicht pauschal beantwortet werden. Dennoch spricht es für die Zuord1  International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency, S. 18; Hüpkes, Insolvency, S. 480. 2  Binder, Sachverständigengutachten, S. 22; Zulauf, WM 2010, 1525. 3  Vgl. Kapitel B. I. 1. 4  Vgl. Kapitel B. II. 2. 5  Vgl. Kapitel B. I. 1.

I.  Notwendigkeit der Abgrenzung und Herleitung von Abgrenzungskriterien

101

nung einer Norm zum Bankeninsolvenzrecht, wenn ihre Anwendung die Unterschreitung einer festgelegten Eigenkapitalhöhe oder Liquidität voraussetzt. Während präventive Normen des Bankaufsichtsrechts also typischerweise unabhängig von der finanziellen Lage des Instituts angewandt werden können, sind Normen des Sonderinsolvenzrechts nur in Krisensituationen anwendbar. Als Sonderinsolvenzrecht lässt sich demnach funktional jenes Recht definieren, welches zum einen erst mit der Unterschreitung oder jedenfalls der drohenden Unterschreitung einer spezifischen Eigenkapitaldecke oder Liquidität anwendbar ist. Es muss zum anderen darauf abzielen, wirtschaftliche Fehlanreize, die durch diese Unterschreitung verursacht werden, zu beheben, also die Bank aus der Krisensituation zu befreien. Auf ähnliche Kriterien stellt auch die allgemeine Definition des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ab. Diese definieren Insolvenzverfahren für Banken als „all types of official action, involving the removal of management and/or the imposition of limits on, or suspension of, the rights of shareholders and the assumption of direct control by a banking authority or other officially-appointed person over a bank that has crossed a ,threshold‘ for the commencement of insolvency proceedings.“6

Demnach müssen Normen zwei Kriterien erfüllen, um dem Bankeninsolvenzrecht zugerechnet zu werden: Erstens müssen sie Eingriffe in die Handlungsfreiheit des Institutes oder seiner Eigentümer ermöglichen und zweitens muss das Institut als Voraussetzung für derartige Eingriffe eine „Schwelle“ überschritten haben. Sowohl die hier verwendete Definition als auch die Definition des IWF definieren mithin das Bankeninsolvenzrecht als Recht, welches nur im Krisenfall respektive bei Überschreitung einer „Schwelle“ Anwendung findet. Anders als bei der hier verwendeten Definition, müssen die Regelungen nach der Definition des IWF und der Weltbank aber nicht explizit darauf abzielen, die Krise zu beheben, sondern müssen lediglich Eingriffe in die Handlungsfreiheit des Instituts ermöglichen. Vor dem Hintergrund der Funktion des Insolvenzrechts, die Insolvenz zu beheben, erscheint dies aber nicht ausreichend. Eingriffe, welche nicht darauf ausgerichtet sind, die Krise zu beheben oder unabhängig von der Krise erfolgen, können den Zweck des Insolvenzrechts nicht erfüllen. Sie lösen die Fehlanreize, die durch die Krise entstehen, nicht auf. Regelmäßig wird die Subsumtion einer Norm unter beiden Definition jedoch zum gleichen Ergebnis gelangen. Es ist zumindest schwer vorstellbar, weshalb der Gesetzgeber Normen verabschieden sollte, die Eingriffe in die Handlungsfreiheit der Institute ermöglichen und nur im Krisenfall anwendbar sind, die aber nicht die Behebung der Krise ermöglichen. An welcher Schwelle der Übergang zum Insolvenzrecht stattfindet, liegt weitgehend im Ermessen des Gesetzgebers und der Bankenaufsicht. Im regulären Insolvenzverfahren wird diese Schwelle regelmäßig durch Eintritt der (drohenden) 6 

International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency, S. 4.

102 C.  Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht

Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung unterschritten. Das Bankeninsolvenzverfahren ist oft schon bei Unterschreitung einer Schwelle anwendbar, die weit vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung liegt.7 Sie markiert den Übergang von laufenden Eingriffsmöglichkeiten mit dem Ziel der Krisenprävention zu Eingriffsmöglichkeiten mit dem Ziel der Krisenlösung, also der Reorganisation oder der Abwicklung des betroffenen Instituts. Im Folgenden soll anhand der oben eingeführten Definition von bankinsolvenzrechtlichen Normen dargestellt werden, welche Normen dem Sonderinsolvenzrecht zugerechnet werden können und bei welchen Normen es sich um lediglich präventive Normen des Aufsichtsrechts handelt. Entscheidend ist dabei nur die Frage, ob eine „Schwelle“ zur finanziellen Schieflage überschritten sein muss, und nicht, wo diese Grenze verläuft. Letzterer Aspekt wird im weiteren Verlauf der Arbeit bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzverfahrens näher behandelt.

II.  Sonderinsolvenzrecht in Deutschland 1.  Präventive Eingriffsnormen Der deutsche Finanzsektor ist in hohem Ausmaß reguliert, um seine Stabilität zu gewährleisten und Fehlanreize zu kompensieren, die durch unterschiedliche Sicherungssysteme verursacht werden.8 Dementsprechend ist auch die Bankaufsichtsbehörde BaFin zu umfangreichen Eingriffen in den Bankbetrieb befugt. Bei einigen dieser Eingriffe ist die Zuordnung zu präventiven Eingriffen oder zum Bankeninsolvenzrecht nicht unmittelbar ersichtlich. Im Folgenden werden die Zweifelsfälle analysiert und abgegrenzt. Zu den Zweifelsfällen gehören die in §§ 45 bis 45c KWG aufgeführten Ermächtigungen aus dem Kapitel „Maßnahmen in besonderen Fällen“. In § 45 KWG ist die Befugnis zur Anordnung von Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenmittel­ ausstattung und der Liquidität geregelt. Voraussetzung für die Anwendung der Maßnahmen ist die Annahme, dass das Institut die Anforderungen an Eigenmittel und Liquidität nicht dauerhaft erfüllen können wird. § 45 S. 2 KWG enthält zwei Regelbeispiele, in denen die Annahme, dass die Anforderungen nicht dauerhaft erfüllt werden können regelmäßig gerechtfertigt ist. Erstens ist die Annahme gerechtfertigt, wenn sich die Eigenmittel um mindestens 10 Prozent oder die Liquidität um mindestens 25 Prozent verringert hat und mit einer Unterschreitung der Mindestanforderungen innerhalb der nächsten zwölf Monate zu rechnen ist. Zweitens ist die Annahme gerechtfertigt, wenn sich die Eigenmittel in mindestens drei aufeinanderfolgenden Jahren um jeweils mehr als 3 Prozent oder die Liquiditätskennziffer jeweils mehr als 10 Prozent verringert hat und mit einer Unterschreitung 7  8 

Vgl. zu den Gründen unter Kapitel E. I. 1. Vgl. Kapitel B. II. 4.

II.  Sonderinsolvenzrecht in Deutschland

103

der Mindestanforderungen innerhalb der nächsten 18 Monate zu rechnen ist.9 Für die Anwendung des § 45 KWG muss mithin noch keine Krise eingetreten sein, der Eintritt muss lediglich in der nächsten Zeit drohen. Die Voraussetzungen des § 45 KWG erinnern mithin an die Voraussetzungen der drohenden Zahlungsunfähigkeit des § 18 InsO. Nach der zuvor hergeleiteten Definition reicht eine drohende Krise aus, um das erste Kriterium der Definition zu erfüllen, wenn die entsprechende Norm darauf abzielt, die Krise des Instituts zu beheben. § 45 KWG erlaubt der BaFin insbesondere, Berichtspflichten anzuordnen und Prüfungen vorzunehmen.10 Diese Maßnahmen führen aber nicht zu einer Behebung der Krise. Darüber hinaus kann die BaFin nach § 45 Abs. 2 KWG weitere Maßnahmen anordnen, die eine zukünftige Unterschreitung der Mindestanforderungen verhindern sollen. Beispielsweise kann sie die Ausschüttung von Gewinnen oder die Auszahlung variabler Vergütungsbestandteile untersagen.11 Mithin wäre die Definition des Sonderinsolvenzrechts von Weltbank und IWF erfüllt, die neben der Unterschreitung einer Schwelle eine Einschränkung der Aktionärsrechte genügen lassen. Im Gegensatz dazu erfordert die hier verwendete Definition aber, dass die Norm darüber hinaus darauf abzielen muss, die Krisensituation und die damit verbundene Anreizsituation aufzulösen. § 45 KWG ermöglicht es der BaFin aber lediglich, eine Verschlechterung der Situation zu verhindern. Eine Verbesserung – beispielsweise durch eine Reorganisation des Instituts – kann sie hingegen mit Hilfe von § 45 KWG nicht erreichen. Mithin kann § 45 KWG nicht unter die hier verwendete Definition des Sonderinsolvenzrechts subsumiert werden.12 Auch § 45a KWG kann nicht dem Bankeninsolvenzrecht zugeordnet werden. Die Norm sieht Maßnahmen zur Sicherstellung eines reibungslosen Informationsverkehrs zwischen den Gesellschaften eines Finanzkonzerns vor, die unabhängig vom Vorliegen einer Krise anwendbar sind.13 Ebenfalls unabhängig von der finanziellen Situation des Instituts sind die Befugnisse der BaFin nach § 45b KWG zur Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation. Die Möglichkeit, einen Sonderbeauftragten zu stellen, besteht gemäß dem Wortlaut von § 45c KWG sogar unabhängig vom Vorliegen jeglicher Voraussetzungen. Basierend auf einer systematischen Auslegung der Norm innerhalb des Kapitels „Maßnahmen in besonderen Fällen“, ist aus Sicht einiger Autoren aber jedenfalls ein Anlass für die Bestellung erforderlich.14 Der Sonderbeauftragte kann sowohl außerhalb als auch in einer Krisensituation eingesetzt werden. Außerhalb einer 9 

Vgl. § 45 Abs. 1 S. 2 KWG. Vgl. § 45 Abs. 1 S. 1 KWG. 11  § 45 Abs. 2 Nr. 1, 6 KWG. 12  So mit anderer Begründung im Ergebnis auch Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 130; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 9. 13 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 45a KWG, Rn. 1. 14 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 45c KWG, Rn. 11. 10 

104 C.  Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht

Krisensituation kann er beispielsweise Aufgaben eines ungeeigneten Geschäftsleiters übernehmen oder Anordnungen der BaFin zu überwachen.15 In einer Krise kann der Sonderbeauftragte die Einhaltung von Maßnahmen zur Abwendung einer Gefahr nach § 46 KWG überwachen oder eine Abwicklungsanordnung nach § 77 SAG vorbereiten. Mithin kann der Sonderbeauftragte zwar unterstützend zur Behebung einer Krise eingesetzt werden, sein Einsatz stellt jedoch kein auf Krisensituationen beschränktes Instrument dar und ist somit den präventiven Eingriffsnormen zuzuordnen. Neben den genannten Normen im KWG sind auch Teile des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes dem Bereich des präventiven Bankaufsichtsrecht und nicht dem Bankeninsolvenzrecht zuzuordnen. So muss jedes Institut, das keinem institutsbezogenen Sicherungssystem angehört und nach § 20 SAG befreit ist, einen Sanierungsplan nach § 12 Abs. 1 SAG erstellen. Die Erstellung des Sanierungsplans ist damit nicht auf eine Krisensituation beschränkt und damit präventiv. Auch die Regelungen zur Gruppenfinanzierung nach §§ 22 ff. SAG betreffen alle Institute im Anwendungsbereich des SAG und sind somit nicht unter die Definition des Sonderinsolvenzrechts zu subsumieren. 2.  Bankeninsolvenzrecht Wie zu Beginn des Kapitels erläutert, werden im Folgenden solche Normen als Bankeninsolvenzrecht qualifiziert, deren Anwendung auf Krisenfälle beschränkt ist und die darauf abzielen, eine bestehende Krisensituation zu lösen, indem sie entweder eine Reorganisation des Instituts oder dessen Abwicklung ermöglichen.16 Das deutsche Bankeninsolvenzrecht ist nicht in einem Gesetz zusammengefasst, sondern findet sich im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, in der SRM-Verordnung, im Kreditwesengesetz sowie im Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz. a)  Bankeninsolvenzrecht im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz und der SRM-Verordnung Im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz sind insbesondere die §§ 62 bis 152 im vierten Teil des Gesetzes als Bankeninsolvenzrecht zu klassifizieren. Dazu gehören die Normen zur Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital sowie die Regelungen zur Übertragungsanordnung. Sie sind nur anwendbar, wenn eine Bestandsgefährdung des Instituts vorliegt.17 Eine Bestandsgefährdung setzt nach § 63 SAG die aktuelle oder in naher Zukunft bevorstehende Insolvenz oder Illiquidität des Instituts voraus. Diese Elemente sind aus dem Insolvenzrecht bekannt und stellen 15 

§ 45c Abs. 2 Nr. 1, 6 KWG. Vgl. zum leicht abweichenden Begriff des Sonderinsolvenzrechts, wonach auch Normen, die das allgemeine Insolvenzrecht anpassen, umfasst sind Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 8. 17  § 62 Abs. 1 SAG. 16 

II.  Sonderinsolvenzrecht in Deutschland

105

klassische Indikatoren für das Vorliegen einer Krise dar. Somit erfüllen die Normen die erste Voraussetzung, um als Bankeninsolvenzrecht zu gelten. Darüber hinaus muss gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 2 SAG die Anwendung der Normen geeignet sein, um die Abwicklungsziele zu erreichen.18 Sie können nur erreicht werden, indem das Institut entweder stabilisiert oder abgewickelt wird. Beide Maßnahmen zielen auf eine Lösung der Krisensituation. Damit erfüllen die §§ 62 ff. SAG die zuvor hergeleiteten Voraussetzungen und sind als Bankeninsolvenzrecht zu bezeichnen. Auch bei den Artikeln 14 – 29 der SRM-VO handelt es sich um Normen des Bankeninsolvenzrechts. Die betreffenden Artikel bilden die mit dem SAG vergleichbare Grundlage für die Bankenabwicklung auf europäischer Ebene. Folglich entsprechen die Anwendungsvoraussetzungen19 der Artikel 14 – 29 denen der §§ 62 bis 152 SAG. Genauso wie §§ 62 ff. SAG bezwecken auch Art. 14 – 29 die Behebung der Krise und erfüllen damit beide Kriterien der Definition des Bankeninsolvenzrechts. Weiterhin könnten Frühinterventionsmaßnahmen nach §§ 36 ff. SAG als Bankeninsolvenzrecht qualifiziert werden. Auf den ersten Blick sind die Anwendungsbereiche der §§ 36 SAG und 45 KWG vergleichbar. Beide sind anwendbar, wenn sich die Finanzlage des Instituts dergestalt verschlechtert, dass die Anforderungen an die Mindestkapitalausstattung und Mindestliquidität nicht vollständig erfüllt werden. Allerdings ist § 45 KWG schon anwendbar, wenn nur die Annahme gerechtfertigt werden kann, dass die Anforderungen an Eigenmittel und Liquidität nicht dauerhaft erfüllt werden können.20 § 36 SAG hingegen erfordert, dass das Institut gegen die Anforderungen bereits verstößt oder in naher Zukunft ein Verstoß zu erwarten ist. Somit muss zur Anwendung der Frühinterventionsmaßnahmen nach § 36 ff. SAG bereits die Mindestanforderung unterschritten sein und eine Krise vorliegen, während es für § 45 KWG ausreicht, wenn eine Krise zukünftig droht. Weiterhin können nach § 36 SAG nur Maßnahmen angeordnet werden, „die geeignet und erforderlich sind, um die signifikant verschlechterte wirtschaftliche Situation des Instituts zu verbessern“21. Somit erfüllt § 36 SAG im Gegensatz zu § 45 KWG die Kriterien, um als Bankeninsolvenzrecht und nicht als präventives Bankaufsichtsrecht qualifiziert zu werden. Die §§ 37 – 39 SAG sind § 36 SAG nachgelagert und können nur unter denselben Voraussetzungen angewendet werden. Sie dienen ebenfalls der Krisenbehebung und sind somit ebenfalls dem Bankeninsolvenzrecht zuzurechnen. b)  Bankeninsolvenzrecht im Kreditwesengesetz Als Bankeninsolvenzrecht kommt innerhalb des KWG § 46 in Betracht. Die darin geregelten Eingriffsbefugnisse der BaFin stehen gem. § 46 Abs. I S. 1 1. Alt. KWG nur zur Verfügung, wenn eine Gefahr für die Befriedigung aller Gläubiger 18 

§ 67 Abs. 1 SAG. Zu finden in Art. 18 SRM-VO. 20  Vgl. Kapitel C II. 1. 21  § 36 Abs. 1 S. 1 2. HS. SAG. 19 

106 C.  Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht

des Instituts vorliegt. Diese Gefahr kann sowohl durch eine unzureichende Liquidität als auch durch eine Verringerung der Eigenmittel auf ein Maß, welches eine Überschuldung befürchten lässt, verursacht werden.22 Damit erinnern die Anwendungsvoraussetzungen der Regelung an diejenigen der drohenden Zahlungsunfähigkeit des § 18 InsO.23 Liegt eine derartige Gefahr vor, so kann die BaFin unter anderem der Geschäftsführung Anweisungen erteilen24 und vorübergehend ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot erlassen.25 Diese Eingriffe in die Handlungsfreiheit des Institutes dienen der „Abwendung dieser Gefahr“26 und damit der Krisenbeseitigung und sind mithin nicht mehr präventiv, sondern zum Insolvenzrecht gehörig. Allerdings ist der Anwendungsbereich des § 46 KWG gem. § 46 Abs. I S. 1 2. Alt. KWG auch eröffnet, um Gefahren zu beseitigen, die dadurch entstehen, dass eine wirksame Aufsicht über das Institut nicht möglich ist. Diese Voraussetzung kann unabhängig von der finanziellen Situation des Instituts vorliegen, was wiederum für einen präventiven Charakter der Norm spricht. § 46 KWG ist daher weder vollständig als Bankeninsolvenzrecht noch als präventive Eingriffsnorm zu qualifizieren, sondern zeichnet sich durch ihren Mischcharakter aus.27 Die Anwendung der Norm unter Heranziehung der ersten Alternative zur Abwendung einer Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern stellt einen insolvenzrechtlichen Eingriff dar, während ihre Anwendung auf Grundlage der zweiten Alternative zur Wiederherstellung einer wirksamen Aufsicht einen präventiven Eingriff begründet. Das Verständnis von § 46 KWG als zumindest teilweise insolvenzrechtliche Norm wird auch von § 46d KWG gestützt. Darin ist vorgeschrieben, die Mitgliedstaaten über „Maßnahmen, mit denen die finanzielle Lage eines Kreditinstituts gesichert oder wiederhergestellt werden soll und die die bestehenden Rechte von Dritten […] beeinträchtigen können“28, also über insolvenzrechtliche Maßnahmen, zu informieren. Explizit werden dabei Maßnahmen nach § 46 KWG erwähnt.29 Daraus lässt sich die gesetzgeberische Intention ableiten, Maßnahmen nach § 46 KWG als insolvenzrechtlich zu qualifizieren. Neben den Maßnahmen des § 46 KWG steht zur Bankenreorganisation und -abwicklung das Instrument des Moratoriums gemäß § 46g KWG zur Verfügung. 22 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann,

§ 46 KWG, Rn. 37, 38. Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 146; Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 9; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 20. 24  § 46 Abs. 1 Nr. 1 KWG. 25  § 46 Abs. 1 Nr. 4 KWG. 26  § 46 Abs. 1 S. 1 KWG. 27  Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 148. 28  § 46d Abs. 3 S. 1 KWG. 29  § 46d Abs. 1 S. 1 KWG. 23 

II.  Sonderinsolvenzrecht in Deutschland

107

§ 46g KWG wurde durch das Gesetz zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen30 eingeführt und entspricht wörtlich § 47 KWG a.F. Er ermächtigt die Bundesregierung, per Rechtsverordnung einen Zahlungsaufschub für ein Institut zu gewähren und den Aufschub von Zwangsvollstreckungen anzuordnen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit der Einstellung des gesamten Bank- und Börsenverkehrs nach § 46g Abs. 1 Nr. 2 und 3 KWG. Somit gehen die nach § 46g KWG möglichen Maßnahmen weit über die Instrumente des § 46 KWG hinaus. Sie dienen nicht vorrangig der Bekämpfung von Krisen einzelner Institute, sondern von Gefahren für den gesamten Bankensektor.31 Voraussetzung für die Anwendung von § 46g KWG ist einerseits die Befürchtung wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Institute und andererseits eine schwerwiegende Gefahr für die Gesamtwirtschaft durch diese Schwierigkeiten.32 In der Kommentarliteratur wird angenommen, dass der Begriff der „wirtschaftlichen Schwierigkeiten“ mit dem der „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen“ vergleichbar ist. Demzufolge muss auch für die Verhängung eines Moratoriums über ein einzelnes Institut die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Institutes drohen.33 Somit handelt es sich bei § 46g KWG nicht lediglich um eine präventive Eingriffsnorm zur Krisenvermeidung, sondern um eine insolvenzrechtliche Norm zur Krisenbekämpfung. c)  Bankeninsolvenzrecht im Kreditinstitute-­ Reorganisationsgesetz Ausweislich § 1 Abs. 1 KredReorgG dienen Sanierungsverfahren und Reorganisationsverfahren der Stabilisierung des Finanzmarktes durch die Sanierung oder Reorganisation von Kreditinstituten. Damit bezwecken beide Verfahren die Behebung einer Krise oder einer drohenden Krise und erfüllen damit die zweite Voraussetzung der Definition des Sonderinsolvenzrechts. Auch die erste Voraussetzung wird von beiden Verfahren erfüllt. Das Sanierungsverfahren kann von Banken betrieben werden, wenn die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 S. 1 und 2 KWG vorliegen.34 Wie zuvor dargestellt, setzt § 45 KWG eine drohende Krise voraus. Dementsprechend ist das Sanierungsverfahren dem Sonderinsolvenzrecht für Banken zuzuordnen. Selbiges gilt für das Reorganisationsverfahren. § 7 Abs. 2 KredReorgG ermöglicht die Durchführung des Reorganisationsverfahrens nur, wenn die Voraussetzungen für eine Abwicklungsanordnung nach § 77 SAG vorliegen. § 77 Abs. 1 30 

Vom 07. 08. 2013, BGBl. I S. 3090.

31 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann,

§ 47 KWG, Rn. 2; Luz/Willemsen/Rechel, § 46g KWG, Rn. 6. 32  § 46g Abs. 1 S. 1 KWG. 33 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 47 KWG Rn. 4; Luz/Willemsen/Rechel, § 46g KWG, Rn. 6. 34  § 2 Abs. 1 S. 2 KredReorgG.

108 C.  Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht

SAG wiederum erfordert das Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen nach § 62 SAG. Wie im vorangegangenen Teil gezeigt, liegen die Abwicklungsvoraussetzungen nur vor, wenn sich das Institut bereits in einer Krise befindet. Für eine Qualifizierung des Reorganisationsverfahrens als Sonderinsolvenzrecht spricht auch, dass die im Reorganisationsverfahren vorgesehenen Maßnahmen weitgehend dem Insolvenzplanverfahren nachgebildet sind, mit Hilfe dessen ebenfalls der Zustand der Insolvenz beseitigt werden soll. Ein weiteres Argument für die Zuordnung des Reorganisationsverfahrens zum Sonderinsolvenzrecht lässt sich der Regelung des § 7 Abs. 5 KredReorgG entnehmen. Darin ist die entsprechende Anwendung des § 46d KWG für die Einleitung des Reorganisationsverfahrens vorgesehen. Gemäß § 46d KWG müssen die anderen Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums über Sanierungsmaßnahmen unterrichtet werden. 3.  Besonderheiten im allgemeinen Insolvenzverfahren von Banken Die aufgeführten Normen des Bankeninsolvenzrechts schließen die Anwendbarkeit des allgemeinen Insolvenzrechts nicht aus. Vielmehr kann ein Institut entweder im Rahmen des Bankeninsolvenzrechts oder im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts abgewickelt oder reorganisiert werden. Eine Abwicklung kann auch durch die Anwendung beider Regime erfolgen. So kann beispielsweise ein Teil der Bank durch eine Übertragungsanordnung auf eine Brückenbank übertragen und der verbleibende Teil im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts abgewickelt werden.35 Kommt das allgemeine Insolvenzverfahren bei der Abwicklung von Instituten zur Anwendung, sieht das Kreditwesengesetz in §§ 46b, 46c und 46f Abweichungen vom Verfahren für Nichtfinanzinstitute vor. Die wohl weitreichendste Änderung des allgemeinen Insolvenzverfahrens stellt § 46b Abs. 1 KWG dar, der der BaFin das alleinige Insolvenzantragsrecht zuweist.36 Damit werden das Insolvenzantragsrecht der Gläubiger nach § 14 InsO und des Schuldners nach § 15 InsO sowie die Antragspflicht des Schuldners nach § 15a InsO aufgehoben.37 An deren Stelle tritt die Pflicht des Schuldners, seine Insolvenz bei der BaFin anzuzeigen.38 Diese Regelung ermöglicht es der BaFin oder der Abwicklungsbehörde, eine Abwicklung oder Reorganisation eines Kreditinstituts im Rahmen des bankaufsichtsrechtlichen Sonderinsolvenzrechts durchzuführen, ohne dass die Eröffnung eines allgemeinen Insolvenzverfahrens droht. Ob die 35 

Vgl. Kapitel E. V. 4. b). § 46b Abs. 1 S. 4 KWG. 37 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46b KWG, Rn. 11; Luz/Willemsen/­ Rechel, § 46b KWG, Rn. 3, 4. 38  § 46b Abs. 1 KWG. 36 

II.  Sonderinsolvenzrecht in Deutschland

109

BaFin einen Eröffnungsantrag stellt, liegt in ihrem pflichtgemäßen Ermessen.39 Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob andere Sanierungsmaßnahmen noch Erfolg versprechen.40 Somit bleibt es der Einschätzung der BaFin überlassen, ob sie das Sonderinsolvenzverfahren für erfolgversprechend hält und dessen Ergebnis abwartet oder ob sie die Durchführung eines Insolvenzverfahrens nach der Insolvenzordnung beantragt.41 Neben der Monopolisierung des Antragsrechts der BaFin nimmt das KWG weitere Anpassungen des allgemeinen Insolvenzverfahrens für Banken vor. Soweit Maßnahmen nach § 46 KWG ergriffen wurden, führt dies nach § 46c KWG zu einer Vorverlagerung der insolvenzrechtlichen Anfechtungsfristen vom Tag des Insolvenzantrags auf den Tag des Erlasses der Maßnahmen. Gleiches gilt für die Unwirksamkeit der durch eine Zwangsvollstreckung erlangten Sicherheit nach § 88 InsO. Damit wird verhindert, dass die Verzögerung der allgemeinen Insolvenz­ eröffnung durch die Durchführung von Maßnahmen nach § 46 KWG die Unanfechtbarkeit von Rechtshandlungen zur Konsequenz hat.42 Nach § 46b Abs. 1 S. 6 KWG hat das Insolvenzgericht außerdem vor der Bestellung des Insolvenzverwalters die BaFin zu dessen Eignung zu hören. Ein geeigneter Insolvenzverwalter erleichtert der BaFin die Fortsetzung der Aufsicht über das Institut in der Insolvenz. Auch die Pflichten des Insolvenzgerichts43 und des Insolvenzverwalters44, über den Stand und Fortgang des Verfahrens zu berichten, bezwecken die Erleichterung der Aufsicht über das insolvente Institut. Darüber hinaus verpflichten § 46b Abs. 2 und 3 KWG sowie § 46f KWG die BaFin, öffentliche Behörden der EU sowie die Gläubiger des insolventen Instituts im ausländischen EU-Raum über die Eröffnung und den Fortgang des Insolvenzverfahrens zu unterrichten. § 46f Abs. 4 KWG verändert die Haftungskaskade des allgemeinen Insolvenzrechts zugunsten der Einleger eines insolventen Instituts. So wird ihnen in Abweichung zur Haftungskaskade nach der Insolvenzordnung ein Rang vor den sonstigen unbesicherten Gläubigern eingeräumt. Abgesehen von diesen Besonderheiten wird das allgemeine Insolvenzverfahren über Kreditinstitute nach den Regeln der Insolvenzordnung durchgeführt. Inwiefern diese Anpassungen der Insolvenzordnung an die Besonderheiten einer Ban39 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46b KWG, Rn. 12; Schwennicke/Auerbach/Haß/Hellweg, § 46b KWG, Rn. 15; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 121 m.w.N. 40 Schwennicke/Auerbach/Haß/Hellweg, § 46b KWG, Rn. 15; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 121. 41  Näheres zu der Frage des Nebeneinanders von Sonderinsolvenzrecht und allgemeinem Insolvenzrecht unter Kapitel F. II. 1. 42 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46c KWG, Rn. 1; Schwennicke/Auerbach/Haß/Hellweg, § 46c KWG, Rn. 2. 43  § 46b Abs. 1 S. 7 – 9 KWG. 44  § 46b Abs. 3 KWG.

110 C.  Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht

keninsolvenz ausreichend sind, um eine effiziente Abwicklung oder Reorganisation zu ermöglichen, ist Gegenstand der weiteren Untersuchung.

III.  Sonderinsolvenzrecht in den USA Bei der Abwicklung von Banken wird in den USA streng zwischen Instituten, die Einlagengeschäfte betreiben, und solchen ohne Einlagengeschäft unterschieden. Auf Einlageninstitute findet das allgemeine Insolvenzrecht des Bankruptcy Code generell keine Anwendung.45 Für ihre Abwicklung ist vielmehr die FDIC als conservator oder receiver nach den Vorschriften von Title 12 U.S. Code § 1821 (c) zuständig. Title 12 U.S.C. § 1821 (c) ermächtigt die FDIC zur Übernahme der vollständigen Kontrolle über das Institut und zum Verkauf des Instituts als Ganzes oder in Teilen. Formelle Voraussetzung für die Zuständigkeit der FDIC als Abwickler ist regelmäßig deren Einsetzung durch die entsprechende Aufsichtsbehörde. Materielle Voraussetzung für die Benennung als Abwickler können klassische Insolvenzgründe wie die Zahlungsunfähigkeit46, die Überschuldung47 oder die drohende Überschuldung48 sein. Daneben kann die Einsetzung der FDIC aber auch aus anderen finanziellen oder nichtfinanziellen Gründen erfolgen. Dazu gehören die Unterschreitung bestimmter Kapitalisierungsschwellen49, die Unzuverlässigkeit der Geschäftsführung50 und Gesetzesverstöße51. Damit erinnern die Voraussetzungen einer Einsetzung der FDIC an die Voraussetzungen für die Maßnahmen der BaFin nach § 46 KWG, die ebenfalls einerseits wegen Unterschreitung bestimmter Eigenkapital- oder Liquiditätsschwellen, andererseits aber auch aus nichtfinanziellen Gründen erfolgen kann. Auch § 1821 (c) Title 12 U.S.C. hat damit den Mischcharakter einer insolvenzrechtlichen und präventiven Norm. Im US-Recht erfolgt die Lösung der Krise eines Einlageninstituts ausschließlich nach Maßgabe von § 1821 (c) Title 12 U.S.C.; der Bankruptcy Code ist für Banken nicht anwendbar.52 Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass § 1821 (c) Title 12 U.S.C. als partielles Sonderinsolvenzrecht zu klassifizieren ist.53

45  Vgl. § 109 (b)(2) Bankruptcy Code: „A person may be a debtor under chapter 7 of this title only if such person is not […] a bank […]“, sowie § 109 (d): „only[…] a person that may be a debtor under chapter 7 of this tile[…] may be a debtor under chapter 11 of this title.“ Eine Ausnahme wird für Banken vorgenommen, die eine multilaterale Clearingfunktion wahrnehmen und unter einem angepassten Insolvenzrechtsregime nach Title 12 U.S. Code § 339a abgewickelt werden. 46  § 1821 (c)(5)(F) Title 12 U.S.C. Inability to meet obligations. 47  § 1821 (c)(5)(A) Title 12 U.S.C. Assets insufficient for obligations. 48  § 1821 (c)(5)(G) Title 12 U.S.C. Losses. 49  § 1821 (c)(5)(K) Title 12 U.S.C. Undercapitalization. 50  § 1821 (c)(5)(C) Title 12 U.S.C. Unsafe or unsound condition. 51  § 1821 (c)(5)(C) Title 12 U.S.C. Violations of law. 52  § 109 (b)(2) Bankruptcy Code i.V.m. § 109 (d) Bankruptcy Code.

IV.  Zusammenfassung

111

Die Abwicklung von Instituten ohne Einlagengeschäft erfolgte in den USA vor der Finanzkrise ausschließlich unter Anwendung des Bankruptcy Code. Als Reaktion auf die Finanzkrise wurde aber durch den Dodd-Frank Act für systemrelevante Nichteinlageninstitute ein neues Abwicklungsregime geschaffen, das als Orderly Liquidation Authority (OLA) bezeichnet wird.54 Dieses Verfahren ist abschließend, ebenso wie das Verfahren zur Abwicklung von Einlageninstituten nach § 1821 Title 12 U.S.C. Der Bankruptcy Code kann also für die Abwicklung von Instituten, die in den Anwendungsbereich der OLA fallen, nicht angewendet werden.55 Die Verfahren zur Abwicklung von Einlageninstituten und von systemrelevanten Nichteinlageninstituten gleichen einander bis auf einige Besonderheiten. So übernimmt auch im Rahmen der OLA die FDIC die vollständige Kontrolle über das Institut.56 Die Voraussetzung für die Anwendung der OLA ist neben der Systemrelevanz des betreffenden Institutes auch dessen finanzielle Schieflage. Diese muss vor der Einsetzung der FDIC durch den Finanzminister festgestellt worden sein.57 Als finanzielle Schieflage gelten eine Überschuldung oder drohende Überschuldung sowie die Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit.58 Damit erfüllt das OLA-Regime alle Voraussetzungen eines Sonderinsolvenzrechts. Es dient der Behebung einer finanziellen Krise und ist erst ab Unterschreitung einer bestimmten Schwelle anwendbar. 53

Insgesamt setzt sich das Sonderinsolvenzrecht für Banken in den USA somit aus einem Abwicklungsregime der FDIC für Einlageninstitute und einem für sonstige systemrelevante Finanzinstitute zusammen. Normen zur Veränderung des allgemeinen Insolvenzrechts, wie sie in Deutschland bestehen, existieren in den USA nicht. Dies ist auf die Unanwendbarkeit des allgemeinen Insolvenzrechts zur Abwicklung von Einlageninstituten und systemrelevanten Finanzinstituten zurückzuführen.

IV.  Zusammenfassung Die Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts von den Normen des allgemeinen Bankaufsichtsrechts wird im deutschen Recht durch den Aufbau der einschlägigen Gesetze erschwert. Im US-Recht gibt es zwar ebenfalls kein eigenständiges Gesetz für die Abwicklung von Finanzinstituten, die Normen des Bankeninsolvenzrechts

53  Zur Bezeichnung als Sonderinsolvenzrecht oder Bankeninsolvenzrecht vgl. Ashmead, Brooklyn Law Review 1994, 517, 518; Bliss/Kaufman, Virginia Law and Business Review 2007, 143; Plank et al., The regulatory Responses to Bank Insolvencies, S. 178. 54  Vgl. Kapitel A. III. 2. c). 55  § 5388 Title 12 U.S.C. 56  § 5390 (a)(1)(A) Title 12 U.S.C. 57  § 5383 (b)(1) Title 12 U.S.C. 58  § 5383 (c)(4) Title 12 U.S.C.

112 C.  Abgrenzung des Sonderinsolvenzrechts vom präventiven Bankaufsichtsrecht

sind aber in § 1821 Title 12 U.S.C. und Title 2 des Dodd-Frank Act gebündelt und nicht mit Normen des allgemeinen Bankaufsichtsrechts durchsetzt. Die Umsetzung der BRRD hätte dem deutschen Gesetzgeber die Möglichkeit eröffnet, alle Normen zur Abwicklung von Finanzinstituten zu bündeln. Anstatt die Abwicklungsrichtlinie vollständig im SAG umzusetzen, hätte der Gesetzgeber die Möglichkeit gehabt, die präventiven Regelungen in das KWG aufzunehmen und nur die bankeninsolvenzrechtlichen Regelungen im SAG umzusetzen.59 Zusätzlich hätten das Sanierungs- und das Reorganisationsverfahren in das SAG aufgenommen werden können, welche, wie zuvor dargestellt, ebenfalls dem Bankeninsolvenzrecht zuzuordnen ist. Anstelle eines solchen übersichtlichen Aufbaus des Bankeninsolvenzrechts hat sich der Gesetzgeber aber dafür entschieden, in das SAG neben den Regelungen zu Abwicklungsmaßnahmen nach §§ 62 ff. SAG und Frühinterventionsmaßnahmen nach §§ 32 ff. SAG auch präventiv-aufsichtsrechtliche Normen aufzunehmen. So sind unter anderem die Regelungen zur Einschränkung der Finanzierung innerhalb einer Gruppe und die Pflicht zur Erstellung eines Sanierungsplans trotz ihres präventiven Charakters im SAG zu finden. Auch in der SRM-VO erfolgte keine klare Trennung zwischen präventiven und bankeninsolvenzrechtlichen Normen. Sie enthält in den Art. 14 – 29 Normen des Bankeninsolvenzrechts, darüber hinaus aber auch Regelungen zur Abwicklungsplanung, zur Zusammenarbeit zwischen den Institutionen und Untersuchungsbefugnisse, die unabhängig von einer Krisensituation Anwendung finden und damit nicht als Bankeninsolvenzrecht qualifiziert werden können. Problematisch ist darüber hinaus, dass mit dem SAG und der SRM-VO eine Doppelstruktur zur Bankenabwicklung etabliert wurde. Die Abwicklungspläne werden basierend auf der SRM-VO erstellt und gemäß Art. 29 SRM-VO basierend auf dem SAG umgesetzt. Eine direkte Anwendung der SRM-VO und die Angleichung der Anwendungsbereiche der SRM-VO und des SAG könnten diese Doppelstrukturen verhindern. Das KWG enthält ebenfalls neben präventiven aufsichtsrechtlichen Normen Normen des besonderen Bankeninsolvenzrechts und Normen zur Anpassung des allgemeinen Insolvenzrechts. Zu den präventiven aufsichtsrechtlichen Normen gehören unter anderem Eigenmittelvorschriften und Liquiditätsvorgaben, Beschränkungen von Klumpenrisiken und besondere Prüfungsrechte. Diese Normen verfolgen den Zweck, eine hinreichende Stabilität der Bank zu gewährleisten und die Risikoaufnahme zu beschränken. In Deutschland erhält die BaFin durch §§ 45 bis 45c KWG erweiterte Eingriffsmöglichkeiten zur Sicherung der Stabilität des Instituts. Diese Normen dienen der Krisenvermeidung und nicht der Krisenbehebung und sind daher den präventiven Normen und nicht einem Sonderinsolvenzrecht zuzuordnen. 59 Ähnlich auch Schipke, Die Weiterentwicklung des Bankeninsolvenzrechts durch das Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten, S. 330 f., die einen Vergleich mit dem schweizer Recht vornimmt.

IV.  Zusammenfassung

113

Daneben gibt es im KWG Normen des Bankeninsolvenzrechts, die der BaFin in Deutschland im Falle einer Krise die Möglichkeit eröffnen, teilweise in Zusammenarbeit mit dem Institut die Krise zu beheben. Darunter fallen insbesondere die Maßnahmen nach § 46 und § 46g KWG. Weiterhin sieht das KWG Anpassungen des Insolvenzrechts für den Fall der Abwicklung einer Bank im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts vor. Darunter fallen in Deutschland vor allem die Monopolisierung des Antragsrechts bei der BaFin nach § 46b Abs. 1 KWG, aber auch verschiedene Unterrichtungspflichten nach § 46b Abs. 2 und 3 sowie die Anpassung der Haftungskaskade nach § 46f Abs. 4 KWG. Weitere Teile des Bankeninsolvenzrechts finden sich im Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz in Form des Sanierungs- und des Reorganisationsverfahrens. Die aktuelle Struktur des Bankeninsolvenzrechts erschwert eine vollständige Übersicht über die Abwicklungs- und Reorganisationsmöglichkeiten. Wünschenswert wäre eine Zusammenfassung der bankeninsolvenzrechtlichen Normen in einem Gesetz, um eine klare Trennung zwischen den Normen des Bankeninsolvenzrechts und des präventiven Bankaufsichtsrechts vorzunehmen. Aufgrund der europarechtlichen Prägung des Bankeninsolvenzrechts käme dafür insbesondere eine Verordnung in Frage, die das gesamte Bankeninsolvenzrecht bündelt. Im Gegensatz zum bestehenden Recht sollten nationale Abwicklungsbehörden die Abwicklung dann basierend auf der Verordnung durchführen. Dies würde die bestehenden Doppelstrukturen von SAG und SRM-VO vermeiden. Vorbild für eine Trennung zwischen präventivem Bankaufsichtsrecht und Bankeninsolvenzrecht könnte das Recht der USA sein, in welchem die Normen des Sonderinsolvenzrechts in § 1821 (c) Title 12 U.S.C. und Title 2 des Dodd-Frank Act gebündelt sind. Anpassungen des Insolvenzrechts für die Abwicklung von Kreditinstituten sollten darüber hinaus in einem eigenständigen Kapitel der Insolvenzordnung vorgenommen werden und nicht im KWG. Auch für eine derartige Anpassung lohnt sich der Blick in die US-Rechtsordnung. Zwar gibt es in den USA keine Sonderregeln für die Durchführung des allgemeinen Insolvenzverfahrens für nichtsystemrelevante Nichteinlageninstitute; diese werden nach den allgemeinen Regeln des Bankruptcy Code abgewickelt. Allerdings gibt es eigenständige Kapitel für andere Gruppen mit einer Sonderstellung. Beispielsweise findet eine Insolvenz von Kommunen im Rahmen von Kapitel 9 statt und Farmer werden ausschließlich im Rahmen von Kapitel 12 reorganisiert. Nach diesem Vorbild könnte auch im deutschen Recht ein Abschnitt in der Insolvenzordnung für Kreditinstitute geschaffen werden. Jenseits der Notwendigkeit einer klaren systematischen Trennung zwischen bankaufsichtsrechtlichen und bankeninsolvenzrechtlichen Normen stellt sich in der Sache die Frage, ob überhaupt ein eigenständiges Bankaufsichtsrecht notwendig ist oder die ökonomischen Ziele einer Bankenabwicklung besser durch eine Anpassung des allgemeinen Insolvenzrechts erreicht werden könnten. Die Frage steht im Zentrum dieser Arbeit und ist Gegenstand der weiteren Untersuchung. Dazu muss zunächst dargestellt werden, welche Institute de lege lata im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts abgewickelt werden.

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts Nachdem die Ziele des Insolvenzverfahrens dargestellt und die Normen des Sonderinsolvenzrechts von denjenigen des präventiven Bankaufsichtsrechts abgegrenzt wurden, werden in diesem Kapitel die persönlichen und sachlichen Anwendungsbereiche der verschiedenen Sonderinsolvenzrechtsnormen untersucht. Die Normen des Sonderinsolvenzrechts stehen regelmäßig nicht allen Unternehmen offen, sondern nur solchen Unternehmen, die bestimmte Geschäfte betreiben (dazu sogleich unter I.). Im deutschen Recht ist die Anwendbarkeit der wesentlichen Teile des Sonderinsolvenzrechts auf systemrelevante Kreditinstitute im Sinne des Kreditwesengesetzes oder CRR-Kreditinstitute beschränkt. Im US-Recht können lediglich Einlageninstitute und bestimmte sonstige Finanzinstitute im Sonderinsolvenzrecht abgewickelt werden. In beiden Rechtsordnungen sind darüber hinaus große Teile des Sonderinsolvenzrechts lediglich für systemrelevanter Institute anwendbar (dazu unter II.). Neben der Systemrelevanz und der Institutseigenschaft, die zur Eröffnung des persönlichen Anwendungsbereichs regelmäßig vorliegen müssen, ist der Anwendungsbereich in sachlicher Hinsicht nur eröffnet, wenn sich das betreffende Institut in der Krise befindet (dazu unter III.).

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung 1.  Erfasste Institute im deutschen Sonderinsolvenzrecht Die Voraussetzungen für die Anwendung der Normen, die dem Sonderinsolvenzrecht für Banken zugeordnet werden können, sind im deutschen Recht keineswegs einheitlich ausgestaltet. Der Anwendungsbereich der SMR-VO umfasst CRR-Kreditinstitute sowie Institutsgruppen oder Finanzkonglomeraten zugehörige Unternehmen. § 46 KWG ist grundsätzlich auf Kreditinstitute und Finanzinstitute anwendbar, während das Sanierungs- und das Reorganisationsverfahren nur Kreditinstituten zur Verfügung stehen. Im Folgenden werden die jeweiligen Anwendungsbereiche dargestellt und die Notwendigkeit einer Sonderbehandlung von Betreibern der erfassten Geschäfte in der Insolvenz analysiert. a)  Anwendungsbereich des § 46 KWG Der Anwendungsbereich des § 46 KWG ist der weiteste aller Sonderinsolvenzrechtsnormen. Maßnahmen zur Gefahrenabwehr nach § 46 KWG können gegenüber „Instituten“ ergriffen werden. Das Kreditwesengesetz kennt zwei Kategorien von Instituten: Kreditinstitute und Finanzinstitute. Die Definition beider Institutsbegriffe erfolgt in § 1 KWG anhand der betriebenen Geschäfte.1

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

1

115

aa)  Der Begriff des Kreditinstituts

Das Kreditwesengesetz definiert Kreditinstitute in § 1 Abs. 1 S. 1 KWG als „Unternehmen, die Bankgeschäfte gewerbsmäßig oder in einem Umfang betreiben, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.“ Neben dem Begriff des Unternehmens (unten, (1)) und der Abgrenzung nach Art oder Umfang (unten, (2)) kommt es demnach insbesondere auf die Ausübung von Bankgeschäften (unten, (3)) an, welche in Satz 2 abschließend 2 definiert sind. (1) Unternehmen Der Unternehmensbegriff ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur nicht einheitlich definiert. Vielmehr wird er kontextspezifisch ausgelegt. Für ein Unternehmen i.S.d. KWG wird eine planmäßige, wirtschaftliche, auf Dauer angelegte Tätigkeit vorausgesetzt.3 Einige Autoren verlangen darüber hinaus auch einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb.4 Letzteres steht aber der Systematik des Gesetzes entgegen. Wie bereits zuvor dargestellt, muss das Bankgeschäft gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 KWG entweder „gewerbsmäßig oder in einem Umfang [betrieben werden], der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.“ Würde schon das gewerbsmäßige Betreiben einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern, so liefe die erste Alternative ins Leere. Somit ist für die Subsumtion unter den Unternehmensbegriff ein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht zwangsläufig erforderlich. Unabhängig davon besteht Einigkeit darüber, dass das Merkmal „Unternehmen“ keine bestimmte Rechtsform voraussetzt.5 Die Einschränkung der Rechtsform für Kreditinstitute entstammt lediglich § 2b KWG, der die Rechtsform des Einzelkaufmanns für erlaubnispflichtige Bankgeschäfte ausschließt. (2) Gewerbsmäßiges Betreiben oder kaufmännische Einrichtung Das Unternehmen muss weiterhin das Bankgeschäft gewerbsmäßig betreiben oder der Betrieb einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb 1  Die Norm enthält weiterhin eine Vielzahl von Definitionen, die für die vorliegende Arbeit nicht von Relevanz sind und daher nicht näher erläutert werden können. Für weitergehende Informationen kann hier auf die ausführliche Kommentierung in den Werken von Boos/Fischer/Schulte-Mattler und Beck/Samm/Kokemoor verwiesen werden. 2  Eine abschließende Definition ist aufgrund der weitreichenden Folgen aus Rechtssicherheitserwägungen geboten, vgl. auch Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 10. 3 OLG Stuttgart, NJW 1958, 1360; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 14; Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 32; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 6; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 3. 4 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 14; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 3. 5 Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 35; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 4.

116

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

erfordern. Für ein gewerbsmäßiges Betreiben von Bankgeschäften ist die Absicht ausreichend, die Bankgeschäfte in gleicher Art zu einem regelmäßigen Bestandteil der Beschäftigung zu machen.6 Das Betreiben muss darüber hinaus entweder entgeltlich oder mit einer Gewinnerzielungsabsicht verbunden sein, um das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit zu erfüllen.7 Auch wenn keine Entgeltlichkeit und keine Gewinnerzielungsabsicht vorliegen, handelt es sich um ein Kreditinstitut, wenn der Betrieb der Geschäfte einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Damit greift der Gesetzgeber auf ein Merkmal aus § 1 Abs. 2 HGB zurück. Eine allgemeingültige Definition über die erforderliche Art oder den Umfang gibt es nicht. Allerdings können zur Beurteilung des Umfangs der Geschäfte beispielsweise Faktoren wie die Erforderlichkeit eines Buchhaltungswesens, die Organisation des Betriebes oder die Anzahl der Mitarbeiter herangezogen werden.8 (3) Bankgeschäfte Bankgeschäfte sind in § 1 Abs. 1 KWG abschließend definiert. Um unter die Definition des Kreditinstituts zu fallen, muss ein Unternehmen nicht mehrere oder gar alle Bankgeschäfte betreiben. Vielmehr reicht es aus, wenn es nur Geschäfte einer Kategorie gewerbsmäßig betreibt oder der Betrieb einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert.9 Auch muss das Bankgeschäft nicht den überwiegenden Teil des unternehmerischen Gesamtgeschäfts ausmachen.10 Eine unwesentliche Nebentätigkeit ist ausreichend, soweit sie die Voraussetzung der Gewerbsmäßigkeit oder des Erfordernisses eines kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs erfüllt. Somit ist auch für Unternehmen, die nur eines der Bankgeschäfte in gewerbsmäßigem Umfang betreiben, der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts eröffnet. Im Folgenden werden die einzelnen Bankgeschäfte im Hinblick darauf untersucht,11 ob eine Krise des betreffenden Geschäfts(-bereichs) die im ökonomischen Teil dieser Arbeit dargestellten Probleme verursachen kann, denn nur bejahendenfalls wäre eine Abwicklung nach den Regeln des Sonderinsolvenzrechts gerechtfertigt. 6 Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 39; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 6; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 4. 7 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 18; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 6; Deutsche Bundesbank, Merkblatt Bankerlaubnis, S. 2. 8 Ebenroth/Kindler, § 1 HGB, Rn. 46; Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 47; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 7. 9  VG Berlin, NJW-RR 1997, 808; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 25. 10 Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 53; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 5. 11  Für eine detaillierte Darstellung wird auf die umfangreich vorhandene Kommentarliteratur verwiesen: Vgl. Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 63 – 508a; Boos/ Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 32 – 116a; Luz/Weber/Seifert, § 1 KWG, Rn.  1 – 77; Nirk, Das Kreditwesengesetz, S. 29 – 40; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 9 – 77; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 16 – 69.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

117

(a) Einlagengeschäft Zusammen mit dem Kreditgeschäft (unten, (b)) stellt das Einlagengeschäft die Kerntätigkeit einer klassischen Bank dar. Betreibt eine Bank das Einlagen- und Kreditgeschäft wird sie seit der Umsetzung der CRD IV als CRR-Kreditinstitut12 bezeichnet.13 Unter dem Einlagengeschäft ist die laufende Annahme fremder Gelder des „Publikums“ auf der Grundlage typisierter Verträge in Darlehens- oder ähnlicher Form, die unbedingt rückzahlbar und nicht banküblich besichert sind, zu verstehen.14 Geldanlagen von institutionellen Anlegern, wie beispielsweise anderen Kreditinstituten, Kapitalanlagegesellschaften oder Versicherungsgesellschaften, sind keine Einlagen i.S.d. KWG, da institutionelle Anleger nicht unter den Begriff des „Publikums“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG subsumiert werden.15 Als typische Einlagen sind vor allem Sichteinlagen, Termineinlagen, Spareinlagen und Namensschuldverschreibungen zu nennen. Inhaber- und Orderschuldverschreibung sind hingegen durch den Gesetzeswortlaut vom Einlagenbegriff nicht umfasst. Fraglich ist, ob das Betreiben des Einlagengeschäfts eine besondere Behandlung dieser Institute bei der Abwicklung notwendig macht. Grundsätzlich sind alle Forderungen der Gläubiger aus dem Einlagengeschäft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG durch die Einlagensicherung bis zu einer Höhe von 100.000 Euro abgesichert.16 Eine Ausnahme von der Versicherung besteht beispielsweise für die Einlagen von Geschäftsleitern oder persönlich haftenden Gesellschaftern17 sowie für Einlagen von Verursachern der finanziellen Schwierigkeiten18. Das Betreiben des Einlagengeschäfts birgt für ein Institut die Gefahr eines bank run der Einleger. Auch die versicherten Einleger haben einen Anreiz, ihre Einlagen abzuziehen, um zu vermeiden, dass sie bis zur Zahlung des Einlagensicherungsfonds keinen Zugriff auf ihre Einlagen haben.19 Darüber hinaus ist eine werterhaltende Fortführung des Einlagengeschäfts in der Insolvenz nicht möglich, 12  Bei einem CRR-Kreditinstitut handelt es sich um ein Kreditinstitut im Sinne der Capital Requirements Regulation (EU-Verordnung Nr. 575/2013). 13  Dabei handelt es sich lediglich um eine Umbenennung. Der Gesetzesbegründung zufolge sind die CRR-Kreditinstitute mit den Einlagenkreditinstituten deckungsgleich, vgl. BT-Drucks. 17/10974, S. 70; Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 EU-Verordnung Nr. 575/2013. 14  BaFin, Merkblatt Einlagengeschäft, Nr. 1. c); Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 17. 15 Vgl. BaFin, Merkblatt Einlagengeschäft, Nr. 1 b) cc); Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 28. 16 Zur Höhe vergleiche § 4 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (EAEG). 17  § 3 Abs. 1 Nr. 5 EAEG. 18  § 3 Abs. 1 Nr. 8 EAEG. 19  Vgl. Kapitel B. II. 2.

118

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

da die Einlagen durch den Einlagensicherungsfonds übernommen werden und das insolvente Institut das Geschäft folglich nicht weiter betreiben kann. Die Berücksichtigung der Gefahr eines bank run und die Eröffnung einer Fortführungsmöglichkeit des Bankgeschäfts können die Anwendung von Sonderregelungen bei der Abwicklung von Betreibern des Einlagengeschäfts rechtfertigen. (b) Pfandbriefgeschäft Neben dem Einlagengeschäft stellt auch das Pfandbriefgeschäft ein Bankgeschäft im Sinne des KWG dar.20 Für die Definition des Pfandbriefgeschäfts wird in § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG auf § 1 Abs. 1 S. 2 Pfandbriefgesetz (PfandBG) verwiesen. Ein Pfandbriefgeschäft ist demnach die Ausgabe von Schuldverschreibungen, die durch Hypotheken (Hypothekenpfandbriefe), Forderungen gegen die öffentliche Hand (Öffentliche Pfandbriefe), Schiffshypotheken (Schiffspfandbriefe) oder Flugzeughypotheken (Flugzeugpfandbriefe) besichert sind. Auch wenn die Entgegennahme von Geldern gegen die Ausgabe besicherter Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen mit dem Einlagengeschäft vergleichbar ist, handelt es sich dabei nicht um das Betreiben des Einlagengeschäfts, sondern des Pfandbriefgeschäfts.21 Im Gegensatz zum Einlagengeschäft gibt es beim Pfandbriefgeschäft keine Einschränkungen im Hinblick auf die Erwerber der Pfandbriefe, so dass auch die exklusive Ausgabe von Schuldverschreibungen an institutionelle Erwerber den Tatbestand des Betreibens des Pfandbriefgeschäfts erfüllt. Die Erlaubnis zum Betreiben des Pfandbriefgeschäfts wird gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 PfandBG nur erteilt, wenn das Kreditinstitut voraussichtlich neben dem Pfandbriefgeschäft auch das Kreditgeschäft nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG betreibt. Liegt diese Voraussetzung nicht mehr vor, so kann die BaFin die Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 PfandBG entziehen. Folglich ist davon auszugehen, dass das Pfandbriefgeschäft in der Praxis nicht losgelöst vom Kreditgeschäft betrieben wird. Es stellt sich daher die Frage, worin die praktische Relevanz der zusätzlichen Erfassung des Pfandbriefgeschäftes als Bankgeschäft neben dem Einlagengeschäft liegt. Unabhängig davon ist aber schon fraglich, ob das reine Betreiben des Pfandbriefgeschäfts eine bankaufsichtsrechtliche Überwachung oder eine sonderinsolvenzrechtliche Abwicklung erfordert. Dies wird besonders deutlich, wenn man die Tätigkeit mit der Ausgabe von unbesicherten Inhaberschuldverschreibungen vergleicht, die im KWG nicht als Bankgeschäft erfasst ist. Werden diese Schuldverschreibungen durch Hypotheken oder Forderungen gegen die öffentliche Hand besichert, so handelt es sich bei deren Ausgabe um das Betreiben eines Pfandbriefgeschäfts. Ökonomisch erscheint die Anwendung des Bankeninsolvenzrechts aufgrund einer zusätzlichen Sicherheitenbestellung wenig plausibel. Die Überwachung der Sicherungsgrenzen zur Gewährleistung des Vertrauens in das Pfand20 

§ 1 Abs. 2 Nr. 1a KWG. BaFin, Merkblatt Pfandbriefgeschäfts, Nr. 1; Beck/Samm/Kokemoor/Demmelmair, § 1 KWG, Rn. 181. 21 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

119

briefgeschäft mag einen hinreichenden Grund darstellen, das Institut zu beaufsichtigen. Die Anwendung des Bankeninsolvenzrechts rechtfertigt dieser Grund hingegen nicht. Darüber hinaus spricht ein weiteres Argument gegen die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auf Unternehmen, die ausschließlich Pfandbriefgeschäfte betreiben: Pfandbriefgläubiger haben als besicherte Gläubiger im allgemeinen Insolvenzverfahren ein Absonderungsrecht nach § 50 InsO und erleiden damit regelmäßig keinen Verlust. Somit haben sie auch in einer Krise des Emittenten keinen besonderen Anreiz zum Abzug ihres Kapitals. Die Notwendigkeit einer Abwicklung außerhalb des allgemeinen Insolvenzrechts ist mithin nicht ersichtlich. (c) Kreditgeschäft Das Kreditgeschäft stellt gemeinsam mit dem Einlagengeschäft den Kern des klassischen Bankgeschäfts dar.22 Als Kreditgeschäft wird nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG die Gewährung von Gelddarlehen und Akzeptkrediten bezeichnet. Unter der Gewährung von Gelddarlehen ist die Hingabe von Geld gegen die Verpflichtung zur Rückzahlung zu verstehen.23 Diese Definition entspricht derjenigen eines klassischen Darlehens nach § 488 BGB.24 Auch die Umwandlung einer bestehenden Schuld in ein Darlehensschuldverhältnis ist nach allgemeiner Auffassung als Gewährung zu verstehen.25 Nicht unter das Kreditgeschäft fällt hingegen die Übernahme von Darlehensforderungen im Wege der Zession.26 Auch die Übernahme des gesamten Darlehens fällt nicht unter den Tatbestand des Kreditgeschäfts.27 In der Literatur und indirekt auch durch die BaFin wurde diese Ausnahme kritisiert, da der Übernehmer des Darlehens die Funktion des Darlehensgebers einnimmt und somit nicht anders zu stellen sei als der ursprüngliche Darlehensgeber.28 Auch die Verlängerung des übernommenen Darlehens unter Beibehaltung aller ursprünglichen Bedingungen mit Ausnahme des Zinses fällt 22  Nirk, Das Kreditwesengesetz, S. 28; Beck/Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 194. 23 Luz/Weber/Seifert, § 1 KWG, Rn. 28; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 31. 24  BaFin, Merkblatt Kreditgeschäft, Nr. 1 a) aa); Beck/Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 200; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 44. 25 Beck/Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 203; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 31. 26  BaFin, Merkblatt Kreditgeschäft, Nr. 1 a) bb) (4); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 46; Beck/Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 204; Szagunn/ Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 31. 27  BaFin, Merkblatt Kreditgeschäft, Nr. 1 a) bb) (4); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 46; Beck/Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 204; Szagunn/ Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 31. 28  Die BaFin schreibt dazu: „[…] auch wenn diese Regelung geradezu zu Gesetzesumgehungen einlädt.“ in BaFin, Merkblatt Kreditgeschäft, Nr. 1 a) bb) (4); vgl. außerdem Beck/ Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 204.

120

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

nach Auffassung der BaFin als unechte Abschnittsfinanzierung nicht unter § 1 Abs. 1 Nr. 2 KWG, da darunter noch keine „Gewährung“ zu verstehen sein soll.29 Lediglich die Verlängerung unter Änderung anderer Darlehensbedingungen als des Zinssatzes, die sogenannte echte Abschnittsfinanzierung, wird als Neugewährung aufgefasst und fällt somit unter das Kreditgeschäft.30 Dagegen ist der sogenannte Akzeptkredit ausdrücklich dem Kreditgeschäft zuzuordnen. Dabei handelt es sich um die Annahme eines Wechsels durch die Bank, die durch ihre „Akzeptanz“ des Wechsels die spätere Zahlung des Wechselbetrages an den Wechselinhaber zusagt. Regelmäßig wird von dem Kunden, der den Wechsel ausstellt, erwartet, dass er der akzeptierenden Bank den Betrag vor Fälligkeit des Wechsels zur Verfügung stellt.31 Klassischerweise wird der Wechsel als Zahlungsmittel verwendet. Gibt der Kunde den akzeptierten Wechsel zur Begleichung einer Forderung an einen Lieferanten weiter, so ist die Akzeptanz der Bank mit einer Garantie der Forderung des Lieferanten gegen den Kunden wirtschaftlich zu vergleichen. Alternativ kann sich der Kunde auch den akzeptierten Wechsel reduziert um einen Diskont, der ein Zinsäquivalent darstellt, von der ausstellenden Bank (Eigendiskont) oder einer anderen Bank (Fremddiskont) auszahlen lassen.32 Dieser Fall kommt wirtschaftlich einer Darlehensgewährung gleich. Die Regulierung des Kreditgeschäftes dient ausweislich der Gesetzesbegründung des Kreditwesengesetzes vorrangig der Reduzierung des Risikos für das Einlagengeschäft. So würden demnach Einlagen insbesondere durch eine unvorsichtige Kreditvergabe gefährdet.33 Diese Begründung kann aber nur für diejenigen Institute Geltung beanspruchen, die zumindest auch das Einlagengeschäft betreiben und somit schon aufgrund von § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG Kreditinstitute sind. Die eigenständige Erwähnung des Kreditgeschäfts führt hingegen dazu, dass auch Unternehmen ohne Einlagengeschäft den aufsichtsrechtlichen und sonderinsolvenzrechtlichen Regelungen für Kreditinstitute unterworfen sind, wenn sie Kreditgeschäfte betreiben.34 Damit steht die deutsche Regelung im Gegensatz zu der entsprechenden europäischen Regelung, die nur solche Institute erfasst, die sowohl das Einlagen- als auch das Kreditgeschäft betreiben.35 29  BaFin, Merkblatt Kreditgeschäft, Nr. 1 a) bb) (4); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 46. 30  BaFin, Merkblatt Kreditgeschäft, Nr. 1 a) bb) (4); Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 46. 31  Nirk, Kreditwesengesetz, S. 29; Beck/Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 208. 32 Beck/Samm/Kokemoor/Samm/Reschke, § 1 KWG, Rn. 208. 33  Vgl. BT-Drucks. 3/1114, S. 24. 34  BVerwG, WM 2009, 1553, 1554; VGH Kassel, NJW-RR 2008, 1011, 1014. 35  Titel I, Artikel 4 Nr. 1 der Richtlinie 2006/48/EG definiert ein Kreditinstitut als: „ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren;“.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

121

Fraglich ist, ob für Unternehmen die ausschließlich das Kreditgeschäft betreiben, ein Sonderinsolvenzrecht notwendig ist. Auf den ersten Blick erscheint die Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts für die Abwicklung oder Reorganisation derartiger Unternehmen durchaus geeignet. Kreditnehmer scheinen von einer unsicheren Geschäftspolitik und sogar von der Insolvenz ihres Darlehensgebers nicht betroffen zu sein. Wurde der Kreditvertrag abgeschlossen und ist die Darlehenssumme ausgezahlt, so sieht § 108 Abs. 2 InsO vor, dass das Darlehen in der Insolvenz des Darlehensgebers fortbesteht. Es droht anscheinend weder ein Verlust noch ein ökonomischer Fehlanreiz für den Darlehensnehmer. Anders stellt sich die Situation allerdings dar, wenn die gesamte Geschäftsbeziehung berücksichtigt wird. Darlehen werden regelmäßig nur für eine gewisse Dauer vergeben und anschließend verlängert. Nur so können Unternehmen eine kontinuierliche Fremdfinanzierung sicherstellen. Ein Darlehensgeber in Liquiditätsschwierigkeiten hat aber ein Interesse daran, die Rückzahlung des Darlehens zu verlangen, um entweder seine eigene Liquidität zu verbessern, oder aufgrund des Anreizes zur Überinvestition36, wenig risikobehaftete Darlehen durch riskantere Investments zu ersetzen. Wird im Insolvenzverfahren die Stilllegung des Instituts verfolgt, ist ebenfalls nicht mit einer Verlängerung des Darlehens zu rechnen. Im Falle einer gesamtwirtschaftlich schwierigen Lage wird der Darlehensnehmer möglicherweise auch keinen anderen Fremdkapitalgeber finden und somit selbst in Zahlungsschwierigkeiten geraten, die dessen Insolvenz auslösen könnten. Da die Insolvenz eines Kreditinstituts stark mit der gesamtwirtschaftlichen Lage zusammenhängt, lässt sich die Anwendung eines Sonderinsolvenzrechts für Kreditinstitute mit der angestrebten Gewährleistung eines „reibungslos funktionierenden Kreditapparat[es]“37 begründen. Ähnliches gilt auch für den Dispositionskredit, der nur soweit unter § 108 Abs. 2 InsO fällt, wie er in Anspruch genommen wurde. Den darüberhinausgehenden Kreditanteil kann der Insolvenzverwalter nach § 103 InsO ablehnen.38 Vertraut der Kreditnehmer auf den Verfügungsrahmen, so ist er in einer vergleichbaren Lage wie ein Kreditnehmer, der auf die Verlängerung eines Darlehens vertraut. Zweifelhaft bleibt aber, ob diese Erwägungen eine Sonderbehandlung der Kreditwirtschaft hinreichend zu rechtfertigen vermögen. Auch bei der Stilllegung eines großen Konzerns außerhalb der Finanzwirtschaft können Kunden in existenzbedrohende Schwierigkeiten geraten.39 Die negativen Folgen einer Insolvenz für Kunden des insolventen Schuldners rechtfertigen aber für sich genommen noch keine Anwendung eines Sonderinsolvenzrechts.

36 

Vgl. Kapitel B I. 2. b). BT-Drucks. 3/1114, S. 19. 38 MüKo/Eckert, § 108 InsO, Rn. 209. 39  Beispielsweise wird auch ein Automobilzulieferer Schwierigkeiten haben, in einer schweren Krise des Automarktes einen neuen Abnehmer für seine Produkte zu finden. 37 

122

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Unterschiede zwischen der Finanzwirtschaft und anderen Branchen bestehen allerdings in zweierlei Hinsicht. Zum einen ist die Gefahr von branchenübergreifenden Effekten im Falle einer Kreditklemme größer, da die Darlehensnehmer nicht auf eine Branche beschränkt sind und damit der makroökonomische Effekt einer Insolvenz eines Kreditinstituts regelmäßig größer ausfällt.40 Zum anderen führen Liquiditätsschwierigkeiten eines Institutes auch zur Verweigerung von Darlehensverlängerungen gegenüber anderen Instituten, wodurch eine direkte Ansteckung und die damit verbundenen negativen Auswirkungen wahrscheinlicher werden.41 Gerade die Kombination beider Effekte kann sich erheblich auf die Volkswirtschaft auswirken. Kommt es in der gesamten Finanzwirtschaft zu einem Rückgang der Bereitschaft zur Unternehmensfinanzierung, ist nicht nur der eingeschränkte Kundenkreis eines Unternehmens betroffen, sondern branchenübergreifend eine Vielzahl von Unternehmen. Mithin lässt sich aus ökonomischen Erwägungen rechtfertigen, Betreiber des Kreditgeschäfts einerseits einer gesonderten Aufsicht und andererseits besonderen Regeln im Insolvenzfall zu unterwerfen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Behandlung von Darlehenskäufern, die kein Neugeschäft betreiben, beurteilt werden. Zweck der Erfassung des Kreditgeschäftes als Bankgeschäft ist nach der hier vertretenen Auffassung nicht der Schutz des bestehenden Darlehensverhältnisses, sondern der Schutz des Vertrauens des Darlehensnehmers in die Verlängerung. Wird das Darlehen von einem Käufer ohne Banklizenz mit Zustimmung des Darlehensnehmers erworben, hat der Darlehensnehmer möglicherweise kein schutzwürdiges Vertrauen auf eine Verlängerung mehr und somit wäre die Behandlung des Käufers als Kreditinstitut entbehrlich. Allerdings ist es dem Käufer, wie dargestellt, auch ohne Banklizenz gestattet, das Darlehen unter Anpassung der Zinsen im Rahmen der unechten Abschnittsfinanzierung zu verlängern. Weckt der Käufer die Erwartung bei dem Darlehensnehmer, dass er das Darlehen verlängern wird, stellt sich die Situation nicht anders als im regulären Kreditgeschäfts dar. Eine empirische Untersuchung, ob und inwieweit der Kreditkäufer ein derartiges Vertrauen erzeugt, steht bisher aus. Wird die Erwartung der Verlängerung regelmäßig geweckt, dann ist im Ergebnis den kritischen Stimmen in der Literatur zuzustimmen, die eine Erfassung des Darlehenskaufes als Kreditgeschäft fordern. Andernfalls ist eine derartige Erfassung jedenfalls für den Anwendungsbereich des Bankeninsolvenzrechts nicht erforderlich. Die Berücksichtigung von Akzeptkrediten, die in bestimmten Konstellationen eine darlehensähnliche Funktion erfüllen, ist folgerichtig, da auch mit Hilfe dieses Instruments eine dauerhafte Finanzierung ermöglicht wird und das diesbezügliche Vertrauen schutzwürdig ist.

40  41 

Vgl. Kapitel B. II. 3. c). Vgl. Kapitel B. II. 3. a).

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

123

(d) Diskontgeschäft Unter dem Diskontgeschäft ist nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KWG der Ankauf von Wechseln und Schecks zu verstehen. Ungeschriebenes Merkmal ist dabei, dass der Verkäufer in Regress genommen wird, wenn der Akzeptant den Wechselbetrag nicht zahlt.42 Dieser Fall ist mit dem des unechten Factorings vergleichbar. Im Gegensatz zum unechten Factoring müssen die entsprechenden Forderungen beim Diskontgeschäft aber wechsel- oder scheckmäßig verbrieft sein.43 Wird kein Rückgriffsrecht des Käufers vereinbart, handelt es sich nicht um ein Diskontgeschäft. Der Inhaber einer verbrieften Wechselforderung erhält durch den Verkauf des Wechsels den Wechselbetrag abzüglich eines Diskonts, der ein Zinsäquivalent darstellt, schon vor Fälligkeit ausgezahlt und erhöht dadurch seine Liquidität. Wird aber der Betrag durch den Akzeptanten, der regelmäßig die Bank des Forderungsschuldners sein dürfte, nicht beglichen, hat der Wechselkäufer einen Rückzahlungsanspruch gegen den Verkäufer, der zivilrechtlich als Rücktrittsrecht vom Kaufvertrag ausgestaltet ist.44 Damit ergibt sich wirtschaftlich eine Situation, die mit einem Kredit vergleichbar ist. Der Inhaber der Wechselforderung könnte auch den Betrag abzüglich des zu zahlenden Zinses als Darlehen aufnehmen und dieses Darlehen bei Fälligkeit mit dem Wechselbetrag begleichen. Würde der Wechsel nicht beglichen, so müsste der Inhaber das Darlehen aus seinem sonstigen Vermögen zurückzahlen. Für die Frage nach der Notwendigkeit der Einbeziehung des Diskontgeschäfts in den regulierten Bankaufsichtsbereich und das Sonderinsolvenzrecht gelten damit grundsätzlich die für das Kreditgeschäft maßgeblichen Erwägungen. Einschränkend muss aber berücksichtigt werden, dass das Diskontgeschäft regelmäßig gegenüber Unternehmen außerhalb des Finanzsektors stattfindet und somit durch die Einstellung des Diskontgeschäfts keine direkte Ansteckungsgefahr für andere Institute entsteht. Damit verbleibt als Argument für die Berücksichtigung des Diskontgeschäfts als Bankgeschäft lediglich der Umstand, dass im Falle der Einstellung des Geschäfts branchenübergreifende Liquiditätsschwierigkeiten entstehen könnten, die sich makroökonomisch negativ auswirken. (e) Finanzkommissionsgeschäft Ebenfalls als Bankgeschäft gilt das Finanzkommissionsgeschäft nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 KWG. Darunter wird die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im eigenen Namen für fremde Rechnung verstanden. Das Handeln im eigenen Namen unterscheidet das Finanzkommissionsgeschäft von der Abschlussvermittlung nach § 1 Abs. 1a Nr. 2 KWG, die lediglich eine Finanzdienstleistung 42  BaFin, Merkblatt Diskontgeschäft, Nr. 1; Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 313. 43 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 315. 44  BaFin, Merkblatt Diskontgeschäft, Nr. 1.

124

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

darstellt.45 Durch das Handeln für fremde Rechnung wird das Finanzkommissionsgeschäft von der Finanzdienstleistung des Eigenhandels nach § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG abgegrenzt.46 Während das Tatbestandsmerkmal „für fremde Rechnung“ bis 2008 noch in wirtschaftlichem Sinne verstanden wurde und damit alle Geschäfte erfasste, deren wirtschaftliche Auswirkungen einen Dritten betrafen,47 stellt die neuere Rechtsprechung auf den Begriff des Kommissionsgeschäfts und dessen Merkmale nach § 383 HGB ab.48 Daher sind beispielsweise die weit verbreiteten Kommandit- oder Treuhandkommanditmodelle, bei denen eine Kommanditgesellschaft Finanzinstrumente anschafft und veräußert, nicht mehr als Finanzkommissionsgeschäft erfasst, auch wenn Vor- und Nachteile dieser Geschäfte ausschließlich die Kommanditisten treffen.49 Unter dem Finanzkommissionsgeschäft ist nunmehr grundsätzlich nur noch ein weisungsgebundenes Geschäft zu verstehen, welches Benachrichtigungs- und Rechenschaftspflichten des Unternehmens und eine Eigentumsübertragung des angeschafften Finanzinstrumentes vorsieht. Wird nur ein Teil dieser Voraussetzungen erfüllt, wird im Rahmen einer Einzelfallprüfung untersucht, ob eine hinreichende Ähnlichkeit mit dem Kommissionsgeschäft vorliegt.50 Fraglich ist aber, ob das Betreiben des so eingegrenzten Finanzkommissionsgeschäfts die Anwendung des Bankaufsichts- und Bankeninsolvenzrechts zu rechtfertigen vermag. Dies wäre nicht der Fall, wenn der Kommittent in der Insolvenz des Kommissionärs keinen Verlust erleiden würde. Einen Verlust erleidet der Kommissionär nur dann, wenn er kein Aussonderungsrecht am Kommissionsgut oder der aus einem Verkauf resultierenden Forderung nach § 47 InsO, teilweise i.V.m. § 392 Abs. 2 HGB analog, besäße. Ob der Kommittent jedoch ein Aussonderungsrecht an der aus dem Verkauf resultierenden Forderung hat, ist höchst umstritten.51 Unabhängig davon entsteht aber keine besondere Gefährdung daraus, dass es sich bei dem Kommissionsgut um ein Finanzinstrument handelt. Weder besteht eine Gefahr des Mittelabzugs der Kommittenten in Form eines bank run, noch ist ein 45 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 328; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/ Schäfer, § 1 KWG, Rn. 58. 46 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 58. 47  Vgl. zum letzten derartigen Urteil des VGH Kassel, Voge, WM 2007, 1640; Sahavi, ZIP 2005, 929; Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 338. 48  BVerwG, ZIP 2008, 911; ZIP 2009, 1899; BGH, NJW-RR 2011, 350; ZIP 2010, 176; vgl. dazu auch Eßer, WM 2008, 671; Hanten/Livonius, BKR 2008, 230; Voge, WM 2007, 1640. 49  BaFin, Merkblatt Finanzkommissionsgeschäft, Nr. 1 d); Beck/Samm/Kokemoor/ Reschke, § 1 KWG, Rn. 342. 50  BVerwG, ZIP 2008, 911, 917; Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 345. 51  Für ein Aussonderungsrecht: MüKo/Ganter, § 47 InsO, Rn. 289; Baumbach/Hopt/ Hopt, § 392 HGB, Rn. 9; Uhlenbruck/Brinkmann, § 47 InsO, Rn. 78 f.; Ganter, NZI 2008, 583, 585; wohl auch Braun/Bäuerle, § 47 InsO, Rn. 83. Gegen ein Aussonderungsrecht: OLG Hamm, ZIP 2003, 2262, 2263; HK/Lohmann, § 47 InsO, Rn. 17.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

125

Liquiditätsverlust in der Realwirtschaft zu befürchten, der ein makroökonomisches Risiko darstellen könnte. Darüber hinaus ist auch nicht anzunehmen, dass es sich bei den Kommittenten überwiegend um andere Finanzinstitute handelt, die dann einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt wären. Somit ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, Finanzkommissionsgeschäfte als Bankgeschäfte zu klassifizieren und sie damit der Bankaufsicht oder dem Bankeninsolvenzrecht zu unterwerfen.52 (f) Depotgeschäft Die Verwahrung und die Verwaltung von Wertpapieren für andere gelten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG ebenfalls als Bankgeschäft. Die Verwahrung ist dabei von der reinen Raumgewährung zu unterscheiden, die missverständlich auch als „verschlossenes Depot“ bezeichnet wird und bei der keine Obhut des Verwahrers für die verwahrten Gegenstände vorliegt.53 Das Depotgesetz (DepotG) sieht eine Reihe unterschiedlicher Verwahrungsarten vor. Allen regelmäßigen Verwahrungsarten ist gemein, dass der Hinterleger Eigentum oder Miteigentum an den verwahrten Wertpapieren behält. Bei der unregelmäßigen Verwahrung (Summenverwahrung) verbleibt das Eigentum an den verwahrten Wertpapieren hingegen nicht bei dem Hinterleger. Der Verwahrer wird Eigentümer und ist verpflichtet, dem Hinterleger nach Ablauf der Verwahrzeit gleichartige Wertpapiere zu übertragen.54 Nach § 15 Abs. 1 DepotG ist diese Form der Verwahrung vom Anwendungsbereich des DepotG ausdrücklich ausgenommen. Dennoch ist sie nach herrschender Meinung als Depotgeschäft im Sinne des KWG zu verstehen.55 Bleibt das Eigentum bei dem Hinterleger, so hat dieser in der Insolvenz des Verwahrers ein Aussonderungsrecht nach § 771 ZPO i.V.m. §§ 36 Abs. 1, 47 InsO. Ein Verlust ist damit für den Hinterleger ausgeschlossen. Mithin besteht für eine besondere Aufsicht oder ein Sonderinsolvenzrecht zur Abwicklung des Verwahrers in diesen Fällen auch ökonomisch keine Notwendigkeit. Nur in dem umstrittenen Fall der unregelmäßigen Verwahrung ist der Hinterleger einem Insolvenzrisiko ausgesetzt. Mithin ist die unregelmäßige Verwahrung das für den Hinterleger riskantere Geschäft. Daher ist auch die Mindermeinung abzulehnen, die die unregelmäßige Verwahrung nicht als Bankgeschäft ansieht.56

52  So im Ergebnis auch Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 346; Voge, WM 2010, 913, 919; a.A. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 61c. 53  BaFin, Merkblatt Depotgeschäft, Nr. 1 b) aa); Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 359; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 67. 54 Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 365. 55  BaFin, Merkblatt Depotgeschäft, Nr. 1 b) aa) (5); Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 376; a.A. Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 50; Szagunn/ Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 51; wohl auch Luz/Weber/Seifert, § 1 KWG, Rn. 35. 56  So auch Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 376.

126

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Doch auch bei Einbeziehung der unregelmäßigen Verwahrung von Wertpapieren lässt sich Anwendung des Bankaufsichts- und Sonderinsolvenzrechts auf Unternehmen, die ausschließlich das Depotgeschäft betreiben, kaum rechtfertigen. Ein gesteigertes Risiko bei der Verwahrung von Wertpapieren im Vergleich zur Verwahrung von sonstigen Gegenständen ist nicht ersichtlich. Somit ist auch keine Notwendigkeit einer vom allgemeinen Insolvenzrecht abweichenden Regelung oder einer Unterwerfung unter das Bankaufsichtsrecht ersichtlich. Auch die Verwaltung von Wertpapieren als Verwahrer, also die Wahrnehmung der Rechte aus Wertpapieren für Dritte, birgt kein gesteigertes Insolvenzrisiko für den Eigentümer, welches der Kontrolle durch die Bankaufsicht bedürfte. Mithin sollte der Betrieb des Depotgeschäftes keine Anwendung des Sonderinsolvenzrechts begründen. (g) Revolvinggeschäft In § 1 Abs. 1 Nr. 7 KWG wird die Eingehung der Verpflichtung, zuvor veräußerte Darlehensforderungen vor Fälligkeit zurück zu erwerben, als Bankgeschäft klassifiziert. Diese Einbeziehung war im ursprünglichen Regierungsentwurf des KWG57 noch nicht enthalten und wurde erst durch den Wirtschaftsausschuss eingefügt.58 Anlass war das Finanzierungsmodell von Rudolf Münemann.59 Dieser kaufte im Rahmen seines sogenannten Schuldscheindarlehen-Systems „7M“ Darlehensforderungen mit einer langen Laufzeit auf. Um die Käufe zu finanzieren, verkaufte er die Darlehen tranchiert an mehrere Käufer weiter, verpflichtete sich aber zum kurzfristigen Rückkauf zum Nennwert, so dass der Käufer das Ausfallrisiko des Darlehensnehmers nicht übernehmen musste. Dieses Geschäft wiederholte er zum Zeitpunkt des Rückkaufs und finanzierte so den Kaufpreis des langfristigen Darlehens mit Hilfe von kurzfristigen wiederkehrenden (revolvierenden) Weiterverkaufsgeschäften über die gesamte Laufzeit.60 Wirtschaftlich handelt es sich bei dem Weiterverkauf mit Rückkaufverpflichtung zum Nennwert um die Entgegennahme von Einlagen mit einer festen Laufzeit. Die Refinanzierung von langfristigen Darlehen mittels kurzfristiger Einlagen stellt somit das klassische Bankgeschäft der Fristentransformation dar. Vergleichbar mit dem Abzug von Einlagen im Einlagengeschäft ergibt sich für den Betreiber eines Revolvinggeschäfts ein Liquiditätsproblem, wenn sich keine Abnehmer für den kurzfristigen Verkauf der Darlehen mehr finden. Es besteht also für den Betreiber eines Revolvinggeschäfts ebenfalls das Risiko eines bank run. Darüber hinaus besteht im Falle der zeitgleichen Insolvenz des Revolvingbetreibers und 57  BT-Drucks.

3/1114. BT-Drucks. 3/2563, S. 3. 59 Vgl. Protokoll der 29. Sitzung des Kabinettsausschusses für Wirtschaft vom 29.  11.  1960, Top 1, abrufbar unter: http://www.bundesarchiv.de/cocoon/barch/0100/x/ x1958e/kap1_2/kap2_27/para3_4.html. 60 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 404. 58 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

127

des Darlehensnehmers auch ein Verlustrisiko der Käufer der Darlehen. Da häufig Kreditinstitute auf Käuferseite auftreten,61 ist ein direktes Ansteckungsrisiko jedenfalls nicht auszuschließen. Auch auf der Verkäuferseite der langfristigen Kredite steht regelmäßig eine Bank,62 da nur diese das Darlehensgeschäft betreiben darf. Stellt nun der Betreiber von Revolvinggeschäften insolvenzbedingt seinen Betrieb ein und nimmt der Bank damit eine Refinanzierungsmöglichkeit für ihre eigenen Kredite, so kann sich dies auch negativ auf deren Bereitschaft zur Kreditvergabe auswirken. Damit bestehen die zuvor aufgezeigten Risiken für die Realwirtschaft durch eine Kreditklemme auch im Falle der Insolvenz eines Unternehmens mit Revolvinggeschäft. Unternehmen, die das Revolvinggeschäft betreiben, bergen also ebenfalls das Risiko eines bank run sowie die Möglichkeit einer Ansteckung des Finanzsektors und die Gefahr für die Liquiditätsversorgung der Realwirtschaft. Mithin sind die wirtschaftlichen Risiken mit denjenigen eines Einlagenkreditinstitutes vergleichbar und die Klassifizierung des Revolvinggeschäfts als Bankgeschäft und die damit verbundene Unterwerfung unter das Bankaufsichtsrecht und das Sonderinsolvenzrecht ist gerechtfertigt. (h) Garantiegeschäft Das Garantiegeschäft umfasst als Bankgeschäft gem. § 1 Abs. 1 Nr. 8 KWG die Übernahme von Bürgschaften, Garantien und sonstigen Gewährleistungen für andere. Charakteristisch ist dabei die persönliche Haftung63 für die Verbindlichkeit eines Dritten in dessen Interesse.64 Das Garantiegeschäft wird insbesondere von Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps), die eine wesentliche Rolle in der Finanzkrise gespielt haben, abgegrenzt. Die Kreditausfallversicherungen verpflichten den Vertragspartner nicht, für eine Verbindlichkeit einzustehen, sondern lediglich im Falle der Insolvenzeröffnung oder eines ähnlichen Ereignisses einen festgelegten Betrag zu zahlen.65 Eine Unterscheidung zwischen der Absicherung einzelner Verbindlichkeiten, die unter das Garantiegeschäft fallen, und dem Abschluss von Kreditausfallversicherungen, die vorsehen, im Falle der Krise eines Unternehmens einen abstrakten Betrag zu zahlen, ist wirtschaftlich nicht nachvollziehbar. Die Risiken und die resultierenden Folgen eines Garantiegeschäfts sind mit denjenigen einer Kreditausfallversicherung regelmäßig identisch. Außerhalb der Insolvenz findet keine Zahlung im Rahmen der Kreditausfallversicherung statt, aber außerhalb der Insolvenz 61 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke,

§ 1 KWG, Rn. 396. § 1 KWG, Rn. 398. 63  BaFin, Merkblatt Garantiegeschäft, Nr. 1 b); Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 413. 64 Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 63; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 1 KWG, Rn. 51. 65 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 443. 62 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke,

128

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

besteht auch kein Risiko für den Garantiegeber. Selbst wenn der Gläubiger seine Forderung gegen den Garantiegeber geltend macht, kann dieser vom Schuldner die Erstattung des gezahlten Betrags verlangen und diesen Anspruch erforderlichenfalls im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzen. Im Fall der Krise muss sowohl der Garantiegeber als auch der Verkäufer einer Kreditausfallversicherung eine Zahlung leisten. Ob sich diese akzessorisch aus der Höhe der Forderung ergibt, wie im Falle einer Bürgschaft, oder ob sie zuvor vertraglich festgelegt wurde, wie im Falle einer Kreditausfallversicherung, ist für die Antwort auf die Frage, ob es eines Sonderinsolvenzrechts zur Abwicklung dieses Geschäfts bedarf, unerheblich. Auch wenn das Garantiegeschäft und der Abschluss der Kreditausfallversicherungen gleich behandelt würden, wäre es fraglich, ob das Betreiben derartiger Geschäfte, die Abwicklung im Rahmen eines Sonderinsolvenzrechts notwendig machte. Garantiegeschäfte bezwecken regelmäßig, die Kreditaufnahme durch den Garantienehmer zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dieser profitiert von der Garantie durch günstigere Konditionen bei der Darlehensaufnahme. Zu untersuchen ist daher, wie sich die Position des Garantienehmers durch die Insolvenz des Garantiegebers – also des Kreditinstitutes – verändert. Im Insolvenzverfahren des Garantiegebers wird der Anspruch auf die Garantiesumme regelmäßig als aufschiebend bedingte Forderung nach § 191 InsO behandelt,66 die im Rahmen der Schlussverteilung nur berücksichtigt wird, wenn „die Möglichkeit des Eintritts der Bedingung [nicht] so fernliegt, dass die Forderung zur Zeit der Verteilung keinen Vermögenswert hat“67. Über die Wahrscheinlichkeit des Garantiefalls, die den Wert der Garantie maßgeblich beeinflusst, entscheidet das Insolvenzgericht nach §§ 197 Abs. 3, 194 Abs. 2, 3 InsO.68 Hält das Insolvenzgericht den Eintritt der Bedingung für hinreichend wahrscheinlich, wird die bedingte Forderung in voller Höhe berücksichtigt. Diese Behandlung der bedingten Forderung ist problematisch. Aus wirtschaftlicher Sicht sollte eine bedingte Forderung immer in der Höhe ihres tatsächlichen Wertes berücksichtigt werden. Der Vermögenswert der bedingten Forderung ergibt sich dabei aus dem Erwartungswert der Forderung. Dieser errechnet sich aus der Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts multipliziert mit der Höhe der Verbindlichkeit bei Bedingungseintritt. Wenn keiner der beiden Faktoren einen Wert von null hat, ist auch der Erwartungswert nicht null. Regelmäßig ist nicht zu erwarten, dass die Höhe der Verbindlichkeit bei Bedingungseintritt null ist, da die Garantie andernfalls unnötig wäre. Es scheint auch wenig sinnvoll, eine Garantie abzuschließen, wenn der Garantiefall mit Sicherheit nie eintritt, die Wahrscheinlichkeit des Bedingungseintritts also null ist. Mithin ist in aller Regel davon auszugehen, dass der Erwartungswert einer Garantie positiv ist. Basierend auf § 191 66 Schimansky/Bunte/Lwowski/Nobbe,

Bankrechtshandbuch, § 91 Rn. 450. § 191 Abs. 2 InsO. 68 Uhlenbruck/Wegener, § 191 InsO, Rn. 11. 67 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

129

InsO müsste demnach jede Garantie in Höhe ihres vollen Wertes berücksichtigt werden, auch wenn dieser zum Zeitpunkt der Insolvenz unbekannt ist. Losgelöst von dieser wirtschaftlichen Betrachtung stellt wohl auch die Gebühr, die regelmäßig für das Ausstellen einer Garantie erhoben wird, ein Indiz für den wirtschaftlichen Wert der Garantie dar. Es ist daher wohl generell nicht davon auszugehen, dass der Wert der Garantie im Insolvenzverfahren mit null angesetzt wird, so dass die Garantie nach § 191 Abs. 2 S. 1 InsO berücksichtigt wird.69 Folglich erhielte der Begünstigte der Garantie im Garantiefall zwar zumindest eine Insolvenzforderung in Höhe des Nominalwerts der Garantie. Damit ist er aber dennoch signifikant schlechter gestellt als ohne die Insolvenz des Garanten. Diese Schlechterstellung hat Auswirkungen auf den Garantienehmer. Sind Garantien durch die Insolvenz des Garantiegebers weitgehend wertlos geworden, wird sich der Kreditgeber zusätzliche Sicherheiten bestellen lassen oder die Verlängerung des Kredites verweigern. Erhält der Darlehensnehmer aufgrund des Verlustes der Garantie keine weiteren Darlehen mehr, sind die Auswirkungen der Insolvenz des Garantiegebers mit denen der Insolvenz eines im Kreditgeschäft tätigen Instituts vergleichbar. Die dauerhafte Versorgung der Gesamtwirtschaft mit Krediten könnte folglich auch durch die Insolvenz von Garantiegebern beeinträchtigt werden. Diese makroökonomische Erwägung könnte die Beaufsichtigung und gesonderte Handhabung von Betreibern des Garantiegeschäfts im Insolvenzfall rechtfertigen. Vieles spricht auch dafür, das Geschäft mit Kreditausfallversicherungen ebenfalls als Garantiegeschäft zu klassifizieren. Wie zuvor dargestellt, ist die wirtschaftliche Wirkung beider Geschäfte weitgehend identisch. Eine Behandlung von Verkäufern von Kreditausfallversicherungen im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts kann sogar dringender geboten sein als die Einbeziehung von Unternehmen des klassischen Garantiegeschäfts. Die Käufer der Kreditausfallversicherungen sind häufig Finanzinstitute, wodurch sich die Gefahr einer direkten Ansteckung des Finanzsektors im Falle der Insolvenz eines Verkäufers von Kreditausfallversicherungen erhöht. Insbesondere wenn die Insolvenz in eine Zeit der allgemeinen Wirtschaftskrise fällt, gewinnen Kreditausfallversicherungen an Bedeutung und die Verlustgefahr im Falle der Insolvenz des Kreditausfallversicherers steigt. Mithin steigt auch die Gefahr einer direkten Ansteckung. In der Finanzkrise hat die Sorge über die Folgen einer Insolvenz des Konzerns AIG für die Käufer von Kreditausfallversicherungen mit zu der Entscheidung beigetragen, die Insolvenz durch staatliche Finanzhilfen zu verhindern.70 Daran wird deutlich, dass auch die US-Regierung eine besondere Gefahr für die Stabilität des Finanzmarktes durch die Insolvenz von Kreditausfallversicherern sah. Die Behandlung des Verkaufs von Kreditausfallversicherungen als Garantiegeschäft würde eine Abwicklung von Betreibern dieser Geschäfte im Rahmen des Sonder69 MüKo/Füchsl

et al., § 191 InsO Rn. 9; Uhlenbruck/Wegener, § 191 InsO, Rn. 10. Fox, Why the Government Wouldn’t let AIG Fail, Time vom 16. 09. 2008 (abrufbar unter http://content.time.com/time/business/article/0,8599,1841699,00.html). 70 

130

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

insolvenzrechts ermöglichen, in welchem die Stabilität des Finanzmarktes möglicherweise besser berücksichtigt werden kann. (i) Scheckeinzugs-, Wechseleinzugs- und Reisescheckgeschäft Mit der Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie71 durch das Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten72 wurden große Teile des Rechts zur Aufsicht über das Girogeschäft, also der Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und Abrechnungsverkehrs, aus dem KWG in ein eigenständiges Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) überführt. Durch das KWG werden nunmehr nur noch der bargeldlose Scheck- und Wechseleinzug sowie die Ausgabe von Reiseschecks erfasst. Unter dem Scheck- und Wechseleinzug ist die Annahme von Schecks durch Dritte zu verstehen, die sodann über die Abrechnungsstelle der Bundesbank verrechnet werden.73 Auch die Ausgabe von Reiseschecks, die in der Regel als Zahlungsmittel im Ausland dienen, fällt unter das Scheckeinzugsgeschäft.74 Die Herausnahme der Regelungen der sonstigen Zahlungsdienste aus dem KWG, insbesondere der Ausführung von Zahlungsvorgängen, führt dazu, dass Zahlungsinstitute nicht mehr der Bankenaufsicht und dem Sonderinsolvenzrecht des KWG unterliegen. An Stelle der bankeninsolvenzrechtlichen Normen des KWG wurden vergleichbare Regelungen in das ZAG aufgenommen. So ist die Erlaubnispflicht in § 8 ZAG an § 32 KWG angelehnt und sieht ebenfalls die Zuständigkeit der BaFin vor. Zahlungsinstitute müssen ihre Risiken mit Eigenmitteln unterlegen (§ 12 ZAG) und die BaFin erhält in § 15 ZAG die mit § 45c KWG vergleichbare Möglichkeit, einen Sonderbeauftragten zu bestellen. Im Bereich des Sonderinsolvenzrechts erhält die BaFin in § 16 ZAG Eingriffsmöglichkeiten, die mit § 46 KWG vergleichbar sind. Das sonstige Sonderinsolvenzrecht, insbesondere die Normen des § 46g KWG, das Reorganisationsverfahren und die Maßnahmen nach dem SAG, ist hingegen nicht auf reine Zahlungsdienstleister anwendbar. Somit sind die Instrumente zur Bewältigung der Krise von Zahlungsdienstleistern mit denen der Finanzdienstleistungsinstitute vergleichbar, denn auch auf Finanzdienstleistungsinstitute ist eine Vielzahl von Vorschriften des Sonderinsolvenzrechts nicht anwendbar.75 Die Notwendigkeit der Beaufsichtigung des Girogeschäfts und der Anwendung des Sonderinsolvenzrechts ergibt sich im Wesentlichen aus den Folgen, die eine Abwicklung im Rahmen der Insolvenzordnung nach sich ziehen würde. Im Falle einer regulären Insolvenz wird das Institut von der weiteren Teilnahme an den 71 

RL 2007/64/EG vom 13. 11. 2007. Gesetz über die Beaufsichtigung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz – ZAG) vom 25. 06. 2009, BGBl. I 2009, S. 1506. 73 Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 65, 66; Beck/Samm/Kokemoor/ Samm, § 1 KWG, Rn. 457. 74 Beck/Samm/Kokemoor/Samm, § 1 KWG, Rn. 460. 75  Vgl. Kapitel D. I. 1. 72 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

131

Zahlungsverkehrssystemen der Bundesbank ausgeschlossen.76 Ist das Institut von den Zahlungsverkehrssystemen abgeschnitten, haben dessen Kunden keine Möglichkeit mehr, Zahlungen in Auftrag zu geben oder zu empfangen. Erweist sich die kurzfristige Suche nach einem alternativen Zahlungsdienstleister als erfolglos, kann dies enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten des Kunden verursachen, die im Extremfall zu einer Existenzgefährdung führen können. Bei einer entsprechenden Größe des Zahlungsdienstleisters oder bei einer Vielzahl von betroffenen Instituten können daraus entsprechende makroökonomische Konsequenzen resultieren. Die Gefahr wird durch die Unsicherheit über die Anfechtbarkeit von Zahlungen im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts zusätzlich erhöht. Typischerweise werden im Zahlungsverkehr Nettosysteme verwendet, in denen Zahlungsansprüche gegeneinander aufgerechnet werden. Wenn diese Aufrechnungen sich nach § 130 InsO als anfechtbar erweisen, kann dies eine allgemeine Verunsicherung im Zahlungssystem auslösen.77 Aus ökonomischer Sicht sprechen damit gute Gründe für die Anwendung eines Sonderinsolvenzrechts auf Unternehmen, die Zahlungsdienste anbieten. De lege lata finden aber, wie zuvor gezeigt, große Teile des Sonderinsolvenzrechts gerade auf Zahlungsinstitute im Sinne des ZAG, die nicht zugleich Kreditinstitute sind, keine Anwendung.78 Hingegen fallen Institute, die lediglich das Scheckeinzugs-, Wechseleinzugs- oder Reisescheckgeschäft betreiben, unter das Abwicklungsregime für Banken, mithin gerade jene Institute, die im Insolvenzfall keinen Ausschluss aus den Zahlungssystemen der Bundesbank fürchten müssen, da für ihre Geschäftstätigkeit kein Zugang zu dem Zahlungssystem notwendig ist. Auch droht durch deren Ausfall kein direktes Ansteckungsrisiko, da das Geschäft regelmäßig nicht mit einer Kreditgewährung verbunden ist. Aus ökonomischer Sicht ist die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auf Unternehmen, die lediglich das Scheckeinzugs-, Wechseleinzugs- oder Reisescheckgeschäfts betreiben, als verfehlt zu beurteilen. Zu begrüßen wäre hingegen die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auf Unternehmen des Zahlungsdienstegeschäftes im Sinne des ZAG, wie sie vor Umsetzung der Zahlungsdiensterichtlinie vorgesehen war. Ob der Gesetzgeber mit der Überführung der Normen aus dem KWG in das ZAG auch den Ausschluss dieser Institute vom Sonderinsolvenzrecht bezweckt hat, erscheint zumindest zweifelhaft.

76  Art. 34 Abs. 1 a) Geschäftsbedingungen für die Teilnahme an TARGET2-Bundesbank; Art. 29 Abs. 4 Allgemeine Geschäftsbedingungen der Deutschen Bundesbank, Bankrechtliche Regelungen. 77  Vgl. dazu ausführlich Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bank­ aufsichts- und Insolvenzrecht, S. 380. 78  Lediglich § 16 ZAG, und damit das Pendant zu § 46 KWG steht auch Zahlungsinstituten offen.

132

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

(j) Emissionsgeschäft Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 10 KWG gilt als Bankgeschäft auch die Übernahme von Finanzinstrumenten für eigenes Risiko zur Platzierung oder die Übernahme gleichwertiger Garantien. Die Aufnahme des Emissionsgeschäfts in den Katalog der Bankgeschäfte beruht auf der Umsetzung der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie79 durch die 6. KWG-Novelle80. Wesentliches Merkmal ist die Übernahme des Absatzrisikos durch das Institut. Das Institut muss also die zu platzierenden Instrumente zu einem festen Preis unbedingt übernehmen.81 Wird keine feste Übernahmeverpflichtung vereinbart, handelt es sich lediglich um eine Finanzdienstleistung in Form des Platzierungsgeschäfts nach § 1 Abs. 1a Nr. 1c KWG. Aus wirtschaftlicher Sicht ist nicht erkennbar, weshalb das Emissionsgeschäft einer besonderen Beaufsichtigung oder eines besonderen Abwicklungsverfahrens bedürfte. Wird ein Betreiber des Emissionsgeschäfts vor der Übernahme der Wertpapiere oder nach der Platzierung der Finanzinstrumente insolvent, so entsteht für den Emittenten kein Verlust. Gegen die Gefahr, dass das Institut nach Übernahme und vor Platzierung der Instrumente insolvent wird, kann sich der Emittent absichern, indem er eine unmittelbare Bezahlung oder die Stellung von Sicherheiten verlangt. Darüber hinaus ist auch keine Vielzahl von Unternehmen von der Insolvenz eines Emissionshauses betroffen. Lediglich jene Unternehmen, die gerade eine Emission durchführen, könnten einen Verlust erleiden. Auch unter Berücksichtigung der Geschäftsbeziehung des Betreibers des Emissionsgeschäfts zu dem Abnehmer der Wertpapiere ergibt sich kein anderes Ergebnis. Dies zeigt ein Vergleich mit dem Platzierungsgeschäft, für das das Sonderinsolvenzrecht keine Anwendung findet. Das Risiko aus dem Emissionsgeschäft ist für den Kunden mit dem Risiko aus dem Platzierungsgeschäft vergleichbar, in dem das platzierende Institut alle Finanzinstrumente übernimmt, sich aber ein Rückübertragungsrecht vorbehält und damit kein Emissionsgeschäft betreibt.82 Der einzige Unterschied zu dem Betreiben des Emissionsgeschäfts besteht in dem Absatzrisiko des Betreibers. Aus diesem Absatzrisiko ergeben sich aber keine weiteren Risiken für den Kunden. Es ist aus ökonomischer Sicht somit nicht ersichtlich, aus welchem Grund ein Betreiber des Emissionsgeschäfts dem Bankenaufsichtsrecht oder dem Abwicklungsregime für Banken unterworfen werden sollte. 79 

RL 93/22/EWG vom 11. 06. 1993, ABl. L 141. Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen (KWG) vom 22. 10. 1997, BGBl. I 1997, S. 2518. 81 Beck/Samm/Kokemoor/Demmelmair, § 1 KWG, Rn. 481; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke, § 1 KWG, Rn. 75. 82 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 123n; eine andere Ansicht ordnet diesen Sachverhalt nicht dem Platzierungsgeschäft, sondern dem Eigenhandel zu, vgl. Beck/Samm/Kokemoor/Demmelmair, § 1 KWG, Rn. 579. 80 Sechstes

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

133

(k) Zentrale Gegenpartei Als letztes Bankgeschäft ist das Auftreten als zentrale Gegenpartei im Sinne von § 1 Abs. 31 KWG aufgeführt. § 1 Abs. 31 KWG wiederum verweist auf Art. 2 Nr. 1 der Verordnung über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister, der eine zentrale Gegenpartei als juristische Person definiert, „die zwischen die Gegenparteien der auf einem oder mehreren Märkten gehandelten Kontrakte tritt und somit als Käufer für jeden Verkäufer bzw. als Verkäufer für jeden Käufer fungiert“. Zentrale Gegenparteien nehmen eine Schlüsselrolle in der Abwicklung der Handelsaktivitäten zwischen Finanzmarktteilnehmern ein. Ihre Insolvenz würde einerseits die reibungslose Funktion der Märkte stark beeinträchtigen und andererseits ein hohes Ausfallrisiko für alle Kontrahenten schaffen. Da sich unter den Kontrahenten nahezu ausschließlich Unternehmen aus dem Finanzmarktsektor befinden, besteht ein hohes Risiko einer direkten Ansteckung bei einer Insolvenz einer zentralen Gegenpartei.83 Folglich ist die Einordnung der Tätigkeit von zentralen Gegenparteien als Bankgeschäft, die eine gesteigerte Bankenaufsicht und die Anwendung eines eigenständigen Abwicklungsregimes zur Folge hat, entgegen allen Zweifeln84 zu begrüßen. (4) Zusammenfassung Der Anwendungsbereich großer Teile des Sonderinsolvenzrechts ist auf Kredit­ institute beschränkt. Zur Definition des Kreditinstitutsbegriffs hat der Gesetzgeber in § 1 KWG abschließend diejenigen Bankgeschäfte aufgeführt, deren Betrieb bei einer gewissen Größenordnung die Kreditinstitutseigenschaft begründet. Als Bankgeschäfte werden dabei einerseits klassische Bankgeschäfte in Form des Einlagengeschäftes und des Kreditgeschäftes erfasst, mit deren Betrieb die im ökonomischen Teil dieser Arbeit dargestellten Risiken entstehen und deren Betrieb somit auch die Anwendung eines Sonderinsolvenzrechts rechtfertigt. Andererseits werden Geschäfte erfasst, die ökonomisch mit dem Kreditgeschäft vergleichbar sind, beispielsweise das Diskontgeschäft, das Revolvinggeschäft sowie das Garantiegeschäft. Auch für diese Geschäfte lässt sich die Notwendigkeit einer bankaufsichtsrechtlichen Regulierung und spezieller Regelungen zur Abwicklung der Betreiber ökonomisch begründen. Darüber hinaus sind aber auch Geschäfte erfasst, die im Falle einer Insolvenz keine oder jedenfalls keine von der Insolvenz von Nichtfinanzunternehmen unterscheidbaren Risiken für die betroffenen Gläubiger verursachen. Dazu gehören das Pfandbriefgeschäft, das Finanzkommissionsgeschäft, das Depotgeschäft sowie das Emissionsgeschäft. Die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzrechts für Betreiber dieser Bankgeschäfte ist ökonomisch nicht nachvollziehbar. Sieht man die Aufgabe des Bankaufsichtsrechts lediglich in der präventiven Vermeidung einer Insolvenz des Instituts, ist auch die 83 Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, 84 Beck/Samm/Kokemoor/Demmelmair,

§ 1 KWG, Rn. 77. § 1 KWG, Rn. 507.

134

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

besondere Beaufsichtigung in der Folge nicht notwendig. De lege ferenda sollten die genannten Bereiche somit von dem Begriff des Bankgeschäfts ausgenommen werden. Aufgenommen werden sollten hingegen Zahlungdienstleistungsinstitute, deren Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht die Finanzmarktstabilität zu gefährden droht. bb)  Der Begriff des Instituts Während große Teile des Sonderinsolvenzrechts nur auf Kreditinstitute anwendbar sind, ist der Anwendungsbereich von § 46 KWG für alle Institute eröffnet. Institute sind nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1b KWG sowohl Kreditinstitute als auch Finanzdienstleistungsinstitute. Während im vorangegangenen Kapitel eine Untersuchung des Kreditinstitutebegriffs vorgenommen wurde, wird im Folgenden der Begriff des Finanzdienstleistungsinstitutes näher untersucht. Finanzdienstleistungsinstitute sind in § 1 Abs. 1a KWG definiert als „Unternehmen, die Finanzdienstleistungen für andere gewerbsmäßig oder in einem Umfang erbringen, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, und die keine Kreditinstitute sind.“ Damit unterscheiden sich Finanzdienstleistungsinstitute von Kreditinstituten nur durch die Art der betriebenen Tätigkeit. Betreibt ein Unternehmen nur Finanzdienstleistungen, handelt es sich um ein Finanzdienstleistungsinstitut; betreibt es hingegen sowohl Finanzdienstleistungen als auch Bankgeschäfte, so handelt es sich lediglich um ein Kreditinstitut, nicht aber um ein Finanzdienstleistungsinstitut. (1) Finanzdienstleistungen (a) Anlagevermittlung, Anlageberatung und Finanzportfolioverwaltung Die reine Vermittlung von Geschäften über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten, die sogenannte Anlagevermittlung85, die Beratung mit Bezug auf Finanzinstrumente, die Anlageberatung86 sowie die Verwaltung von in Finanzinstrumenten angelegten Vermögens87 stellen Finanzdienstleistungen dar. Die Anlagevermittlung umfasst das Herstellen eines Kontaktes zwischen Käufer und Verkäufer.88 Bei der Anlagenvermittlung bleibt die persönliche Finanzsituation des Kunden völlig unberücksichtigt. Mithin ist nur eine lediglich produktbezogene „Beratung“ eines Kunden, die in der Praxis wohl eher in Form von Werbung für ein bestimmtes Finanzinstrument erfolgt, als Anlagevermittlung erfasst.89

85 

§ 1 Abs. 1a Nr. 1 KWG. § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG. 87  § 1 Abs. 1a Nr. 3 KWG. 88 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 527. 89 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 532. 86 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

135

Der Tatbestand der Anlageberatung liegt hingegen nur dann vor, wenn die persönlichen Umstände des Kunden bei der Beratung berücksichtigt werden.90 Die Herstellung eines Kontaktes zwischen Käufer und Verkäufer ist aber bei der Anlageberatung nicht erforderlich. Auch wenn der Kunde die Umsetzung der im Wege der Beratung gefundenen Anlagestrategie eigenständig durchführt, handelt es sich bei der Beratung um eine Finanzdienstleistung. Bei der Portfolioverwaltung hingegen muss der Finanzportfolioverwalter durch den Kunden ermächtigt worden sein, dessen in Finanzinstrumenten angelegtes Vermögen mit Entscheidungsspielraum zu verwalten. Die Letztentscheidung über die Vermögensumschichtung kann in diesen Fällen nicht mehr nur der Kunde, wie im Falle der Anlageberatung, sondern auch der Portfolioverwalter treffen.91 Der Einbeziehung dieser Tätigkeitsfelder in den Bereich des Bankaufsichtsrechts liegt ausschließlich der Gedanke des Anlegerschutzes zu Grunde.92 Die Insolvenz eines Anlagevermittlers, Anlageberaters oder Portfolioverwalters führt regelmäßig nicht zu Verlusten des Kunden, da der Kunde ihnen gegenüber in der Regel keine finanziellen Forderungen hat. Auch ist schwer vorstellbar, dass der Wegfall von derartigen Unternehmen zu einem Finanzierungsproblem bei den Kunden führen könnte, das makroökonomische Ausmaße annimmt. Folglich ist eine Einbeziehung von Unternehmen, die das Anlagevermittlungs- oder -beratungsgeschäft betreiben, in das Sonderinsolvenzrecht ökonomisch nicht angezeigt. (b) Betrieb eines multilateralen Handelssystems Nach § 1 Abs. 1a Nr. 1b KWG stellt auch „der Betrieb eines multilateralen Systems, das die Interessen einer Vielzahl von Personen am Kauf und Verkauf von Finanzinstrumenten innerhalb des Systems und nach festgelegten Bestimmungen in einer Weise zusammenbringt, die zu einem Vertrag über den Kauf dieser Finanzinstrumente führt“ eine Finanzdienstleistung dar. Die Tätigkeit eines multilateralen Handelssystems ist mit derjenigen einer Börse vergleichbar.93 Im Vergleich zu einem multilateralen Handelssystem ist die Zulassung als Börse aber mit strengeren Anforderungen verbunden.94 Auch können Börsen nach § 2 Abs. 1 Börsengesetz nicht als juristische Personen des Privatrechts organisiert werden, sondern müssen teilrechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts sein.95 Die börsenähnliche Funktion von Handelssystemen lässt die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auf den ersten Blick notwendig erscheinen. Handelssysteme sind für die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarkts von hoher Bedeutung. Ihr 90 

Vgl. den Wortlaut des § 1 Abs. 1a Nr. 1a KWG. § 1 KWG, Rn. 605 f. 92 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 533. 93 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 562; Luz/Weber/Seifert, § 1 KWG, Rn. 51. 94 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 566. 95 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 562. 91 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke,

136

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Wegfall durch eine Stilllegung droht beispielsweise eine Finanzierung oder eine Refinanzierung über den Kapitalmarkt weitgehend unmöglich zu machen und damit signifikante makroökonomische Konsequenzen zu verursachen. Diese Folgen treten aber nur dann ein, wenn alle Handelssysteme betroffen sind und die Teilnehmer somit nicht auf ein alternatives Handelssystem ausweichen können. Dieser Fall ist allerdings eher theoretischer Natur. In der Praxis ist ein Teil der Handelssysteme typischerweise als Börse ausgestaltet und damit teilrechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts. Da diese nach Landesrecht regelmäßig vom Insolvenzverfahren ausgeschlossen sind96 und eine Rückgabe der Börsenzulassung nicht ohne das Einverständnis der Börsenaufsicht möglich ist,97 kann davon ausgegangen werden, dass bestehende Börsen grundsätzlich als Alternativen zu multilateralen Handelssystemen zur Verfügung stehen. Somit droht mit der Stilllegung von multilateralen Handelssystemen kein Zusammenbruch des Kapitalmarktes und eine Notwendigkeit für eine gesonderte Behandlung im Insolvenzfall liegt nicht vor. (c) Platzierungsgeschäft Auch das Platzierungsgeschäft ist als Finanzdienstleistungsgeschäft klassifiziert und sein Betreiben eröffnet somit auch den Anwendungsbereich des § 46 KWG. Das Platzierungsgeschäft nach § 1 Abs. 1a Nr. 1c KWG entspricht weitgehend dem Emissionsgeschäft.98 Im Unterschied zum Emissionsgeschäft übernimmt das platzierende Unternehmen im Platzierungsgeschäft aber kein Absatzrisiko. Wie bereits bei der Untersuchung des Emissionsgeschäfts dargestellt, ist eine besondere Behandlung von Betreibern des Emissionsgeschäfts in der Insolvenz aus ökonomischen Gründen nicht erforderlich.99 Dies gilt erst recht für Betreiber des Platzierungsgeschäfts, bei denen das Risiko des Kunden durch eine Insolvenz des Betreibers regelmäßig niedriger ist als bei der Insolvenz eines Betreibers des Emissionsgeschäfts, da eine Übertragung der Finanzinstrumente auf das Platzierungsunternehmen grundsätzlich100 nicht stattfindet. Vielmehr findet ein Verkauf der Instrumente im Namen und für Rechnung des Emittenten statt.101

96  Vgl. für eine Zusammenstellung der landesrechtlichen Regelungen MüKo/Ott/Vuia, § 12 InsO, Rn. 23. 97 Schwark/Zimmer/Beck, § 4 BörsG, Rn. 31. 98  Siehe Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (j). 99  Siehe Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (j). 100  Teilweise wird vertreten, dass die Übertragung der zu platzierenden Instrumente mit einer Rückübertragungsvereinbarung Platzierungsgeschäft darstellt, so Boos/Fischer/ Schulte-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 123n. Dagegen wird angeführt, dass dieser Fall dem Eigenhandel zuzuordnen sein, vgl. Beck/Samm/Kokemoor/Demmelmair, § 1 KWG, Rn. 579. 101 Beck/Samm/Kokemoor/Demmelmair, § 1 KWG, Rn. 579.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

137

(d) Abschlussvermittlung Die Abschlussvermittlung stellt nach § 1 Abs. 1a Nr. 2 KWG eine Finanzdienstleistung dar und umfasst die „Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten im fremden Namen für fremde Rechnung“. Sie ist folglich mit dem Finanzkommissionsgeschäft102, welches als Bankgeschäft klassifiziert wird, vergleichbar. Im Gegensatz zum Handel im Rahmen des Kommissionsgeschäfts findet der Handel mit den Finanzinstrumenten in der Abschlussvermittlung nicht im eigenen, sondern im fremden Namen statt. Während also Geschäfte im Rahmen der verdeckten Stellvertretung als Bankgeschäft gelten, werden Geschäfte der offenen Stellvertretung nur als Finanzdienstleistung eingeordnet.103 Im Falle der Insolvenz des Abschlussvermittlers besteht an dem erworbenen Finanzinstrument ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO, da der Auftraggeber Eigentümer des Instruments ist. Der Abschlussvermittler tritt nur stellvertretend für den Auftraggeber auf, der ohne Zwischeneigentum des Abschlussvermittlers unmittelbar Eigentümer wird. Darüber hinaus wurde schon für das Finanzkommissionsgeschäft bezweifelt, ob das vergleichsweise geringe Risiko für den Kunden durch eine Insolvenz des Kommissionärs eine Sonderbehandlung in der Insolvenz rechtfertigt. Da der Kunde bei der Insolvenz eines Abschlussvermittlers nicht einmal ein derart geringes Risiko zu tragen hat, ist erst recht die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts, also auch von § 46 KWG, in deren Insolvenz abzulehnen. (e) Eigenhandel Auch der Eigenhandel ist als Finanzdienstleistung erfasst. Dabei ist der Eigenhandel für andere vom Eigengeschäft zur eigenen Vermögensverwaltung abzugrenzen. Um als Finanzdienstleistung zu gelten, muss der Eigenhandel eine Dienstleistungskomponente enthalten.104 Eine Dienstleistung enthält der Eigenhandel nach dem Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG, wenn er einer von vier beschriebenen Kategorien zuzuordnen ist. Als erste Kategorie (lit. a) wird das kontinuierliche Anbieten des Kaufs oder Verkaufs von Finanzinstrumenten zu selbst gestellten Preisen erfasst.105 Darunter ist beispielsweise das sogenannte Market Making zu verstehen.106 Das Market Making stellt dem Markt durch den kontinuierlichen Handel Liquidität zur Verfügung, von der alle Teilnehmer des Marktes profitieren, da die Aufschläge für den Kauf und Verkauf von Instrumenten dadurch regelmäßig geringer aus102 

Vgl. Kapitel D I. 1. a) cc) (5).

103 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke,

§ 1 KWG, Rn. 580. § 1 KWG, Rn. 626; Boos/Fischer/Schul-

104 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke/Schieszek,

te-Mattler/Schäfer, § 1 KWG, Rn. 132. 105  § 1 Abs. 1a Nr. 4 lit. a KWG. 106 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke/Schieszek, § 1 KWG, Rn. 621a.

138

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

fallen.107 Somit stellt das kontinuierliche Anbieten des Kaufs oder Verkaufs von Finanzinstrumenten zu selbst gestellten Preisen eine Dienstleistung dar. Weiterhin wird das systematische Betreiben von Handel für eigene Rechnung außerhalb einer Börse und eines multilateralen Handelssystems erfasst (lit. b), welches es Dritten ermöglicht, ihre Geschäfte durchzuführen.108 Beispielsweise eröffnet der Eigenhändler in diesen Fällen allen Interessenten die Möglichkeit, ein bestimmtes Finanzinstrument zu einem festgelegten Preis zu erwerben. Die dritte Fallgruppe (lit. c) erfasst das Anschaffen oder Veräußern von Finanz­ instrumenten für eigene Rechnung als Dienstleistung für andere.109 Darunter ist auch der Verkauf von Finanzinstrumenten aus dem oder der Zukauf von Finanzinstrumenten in den eigenen Bestand zu verstehen.110 Maßgeblich ist einzig, dass das Geschäft durch die Beziehung zum Kunden und nicht durch das Eigeninteresse des Instituts motiviert ist.111 Als letzte Fallgruppe (lit. d) wurde durch das Hochfrequenzhandelsgesetz112 der Hochfrequenzhandel als Untergruppe des Eigenhandels klassifiziert. Explizit ist dabei auch der Hochfrequenzhandel ohne Dienstleistungselement erfasst.113 Weshalb der Gesetzgeber diese Gruppe unter den Eigenhandel gefasst hat, ergibt sich nicht aus den Gesetzesmaterialien. Es ist aber vorstellbar, dass er die vergleichbare Funktion von Hochfrequenzhändlern und Eigenhändlern, die durch das kontinuierliche Anbieten des Kaufs oder Verkaufs von Finanzinstrumenten Liquidität schaffen, zum Anlass für diese Einordnung nahm. Ökonomisch ist der Eigenhandel zur Reduktion der Friktionen des Kapitalmarktes von Bedeutung. Scheiden Eigenhändler durch eine Stilllegung aus dem Markt aus ist mit einer geringeren Liquidität und höheren Aufschlägen für Käufe und Verkäufe von Finanzinstrumenten zu rechnen. Ein Wertverlust der Handels­ partner oder ein Finanzierungsengpass ist durch eine Insolvenz der Eigenhändler aber nicht vorstellbar. Auch wenn die Fremdkapitalfinanzierung über den Kapitalmarkt möglicherweise aufgrund der geringeren Liquidität etwas teurer wird, so ist das Gelingen der Finanzierung ausschließlich von der Nachfrage nach den Fremdkapitalinstrumenten abhängig. Die Nachfrage stammt aber im Wesentlichen von Investoren und nicht von Eigenhändlern, die den Eigenhandel als Dienstleistung betreiben. Eigenhändler, die den Eigenhandel als Dienstleistung betreiben, fragen Finanzinstrumente lediglich für die dahinterstehenden Investoren nach, so dass

107 

BaFin, Merkblatt Eigenhandel, Nr. 1. a) cc). § 1 Abs. 1a Nr. 4 lit. b KWG. 109  § 1 Abs. 1a Nr. 4 lit. c KWG. 110 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke/Schieszek, § 1 KWG, Rn. 642. 111 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke/Schieszek, § 1 KWG, Rn. 639. 112  Gesetz zur Vermeidung von Gefahren und Missbräuchen im Hochfrequenzhandel (Hochfrequenzhandelsgesetz) vom 7. Mai 2013, BGBl. I, S. 1162. 113  § 1 Abs. 1a Nr. 4 lit. d KWG. 108 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

139

deren Ausfall keine nachhaltige Beeinträchtigung der Finanzierungsmöglichkeiten darstellen dürfte, solange die Nachfrage der Investoren konstant bleibt. Mithin ist auch eine Einbeziehung der Eigenhändler in ein Sonderinsolvenzrecht nicht erforderlich. Die Einbeziehung in das Bankaufsichtsrecht mag hingegen zur Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten und damit zum Anlegerschutz angezeigt sein. (f) Anlageverwaltung Auch die Anlageverwaltung ist eine Finanzdienstleistung i.S.d. KWG. Es handelt sich dabei gemäß § 1 Abs. 1a Nr. 11 KWG um die Anschaffung und Veräußerung von Finanzinstrumenten mit Ermessenspielraum für eine Gemeinschaft von natürlichen Personen. Ausgenommen ist dabei die Verwaltung von Investmentvermögen nach § 1 Abs. 1 des KAGB, also die Verwaltung von Organismen, die Geld zum Zwecke der Investition eingesammelt haben. Diese Organismen unterfallen ausschließlich dem KAGB. Somit verbleiben für das Anlageverwaltungsgeschäft im Sinne des KWG insbesondere Konstellationen, in denen die Gemeinschaft von natürlichen Personen den durch den Anlageverwalter anzulegenden Betrag ohne Zutun des Instituts zusammengetragen haben, so dass ein „Einsammeln“ von Geld nicht vorliegt.114 Bis in das Jahr 2008 fasste die BaFin Tätigkeiten der Anlageverwaltung regelmäßig unter das Finanzkommissionsgeschäft.115 Durch ein Urteil des BVerwG116 wurde diese weite Auslegung des Begriffs des Kommissionsgeschäfts aber hinfällig und der Gesetzgeber schuf daraufhin die neue Kategorie der Anlageverwaltung.117 Wirtschaftlich hat die Anlageverwaltung Ähnlichkeiten mit dem Geschäft der Finanzportfolioverwaltung. Der Anlageverwalter kauft und verkauft Finanzins­ trumente für seine Kunden, so dass das Vermögen der Anleger von einer Insolvenz des Anlageverwalters nicht betroffen ist. Somit ist die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts für die Abwicklung des Anlageverwalters zwar nicht erforderlich, aus Verbraucherschutzgründen ist aber die Beaufsichtigung durch die Bankenaufsicht zu begrüßen. Anders ist hingegen das Investmentvermögen im Sinne des KAGB zu beurteilen. Investmentvermögen nehmen in Teilen bankähnliche Funktionen wahr. Sie sammeln Kapital ein und investieren es am Finanzmarkt. Investitionen in offene Publikumsinvestmentvermögen können demnach wie Einlagen in Banken ausgestaltet werden und sind vergleichbaren Risiken unterworfen. Eine Berücksichtigung dieser Funktion wäre somit auch in der Insolvenz notwendig. Der An114 Vgl.

BaFin, Auslegungsschreiben KAGB, I. 3. Vgl. dazu Kapitel D I. 1. a) cc) (5). 116  BVerwG ZIP 2008, 911. 117 Beck/Samm/Kokemoor/Reschke, § 1 KWG, Rn. 750. 115 

140

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

wendungsbereich des § 46 KWG ist aber nur für Einlageninstitute und nicht für Investmentvermögen eröffnet. Lediglich in § 42 KAGB finden sich einige mit § 46 KWG vergleichbare Ermächtigungen der BaFin zum Eingriff bei Gefahr und nach § 43 KAGB liegt das Insolvenzantragsmonopol bei der BaFin. (g) Eingeschränktes Verwahrgeschäft Die Aufnahme des eingeschränkten Verwahrgeschäfts, also der Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren ausschließlich für alternative Investmentfonds im Sinne des § 1 Abs. 3 KAGB, dient ausweislich der Gesetzesbegründung dazu, den Kreis der möglichen Verwahrstellen für AIF zu erweitern.118 Die Verwahrung von Wertpapieren stellt grundsätzlich ein Betreiben des Depotgeschäfts nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 KWG dar und ist somit nach deutschem Recht Kreditinstituten vorbehalten. Die Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds119 lässt hingegen auch die Verwahrung bei anderen Wertpapierdienstleistern zu. Um die durch die Richtlinie eröffneten Verwahrmöglichkeiten auszuschöpfen, hat der Gesetzgeber in § 2 Abs. 1 Nr. 12 KWG eine Ausnahme von der Klassifizierung als Kreditinstitut für Institute geschaffen, die lediglich das Verwahrgeschäft für AIF wahrnehmen und sie stattdessen als Finanzdienstleistungsinstitute eingeordnet, so dass auch nach deutschem Recht Finanzdienstleistungsinstitute das Verwahrgeschäft betreiben können. Weshalb die Verwahrung von Wertpapieren für AIF von den strengeren Regeln für Kreditinstitute ausgenommen wurde, ist ökonomisch schwer begründbar. Auch unerfahrene Kleinstanleger haben die Möglichkeit in AIF zu investieren. Mithin ist eine geringere Schutzbedürftigkeit von AIF-Investoren nicht zur Begründung der Ausnahme geeignet. Wird aber ein hohes Schutzniveau für das Betreiben des Verwahrungsgeschäfts generell nicht für erforderlich erachtet, so sollte das gesamte Depotgeschäft als Finanzdienstleistung klassifiziert werden. Wie zuvor im Rahmen der Diskussion über das Depotgeschäft dargelegt, sind ökonomisch jedenfalls keine Gründe ersichtlich, die gegen die Abwicklung von Betreibern des Depotgeschäftes im allgemeinen Insolvenzrechts sprechen, da die Kunden regelmäßig ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO besitzen.120 Mithin besteht auch keine Notwendigkeit, das Sonderinsolvenzrecht für die Abwicklung von Betreibern des eingeschränkten Verwahrgeschäftes anzuwenden. (h) Eigengeschäft Als Eigengeschäft gilt nach § 1 Abs. 1a S. 3 KWG die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumenten für eigene Rechnung, die nicht unter den Tatbestand des Eigenhandels fällt. Das Eigengeschäft gilt grundsätzlich weder als Bankgeschäft noch als Finanzdienstleistung und unterliegt damit nicht der Banken118 

BR-Drucks. 791/12, S. 569. Richtlinie 2011/61/EU. 120  Vgl. Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (f). 119 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

141

aufsicht. Ausnahmsweise wird es aber als Finanzdienstleistung behandelt, wenn das betreibende Unternehmen einer „Instituts-, Finanzholding- oder gemischten Finanzholding-Gruppe oder einem Finanzkonglomerat angehört, der oder dem [auch] ein CRR-Kreditinstitut angehört“121. CRR-Kreditinstitute sind Institute, die das Einlagengeschäft und das Kreditgeschäft betreiben.122 Gesetzessystematisch unglücklich ist die Definition der verwendeten Begrifflichkeiten. Abgegrenzt werden müssen Institutsgruppen, Finanzholdinggruppen, gemischte Finanzholding-Gruppe und Finanzkonglomerate. Seit der Umsetzung der CRD IV findet sich keine Definition mehr unmittelbar im KWG. Für die Definition des Finanzkonglomerates verweist das KWG auf die Definition im Finanzkonglomerate-Aufsichtsgesetz (FKAG)123, welches ein Finanzkonglomerat als eine Gruppe definiert, der sowohl Versicherungen als auch Banken oder Wertpapierdienstleistungsunternehmen angehören.124 Für die Definitionen von Finanzholding- und gemischter Finanzholding-Gruppe muss nunmehr nach § 10a KWG die CRR125 herangezogen werden.126 Eine Finanzholding- und eine gemischte Finanzholding-Gruppe bestehen demnach aus einem übergeordneten Unternehmen i.S.d. Art. 11 CRR und einem oder mehreren untergeordneten Unternehmen i.S.d. Art. 18 CRR.127 Ein übergeordnetes Unternehmen ist nach Art. 11 Abs. 2 CRR eine Mutterfinanzholdinggesellschaft oder eine gemischte Mutterfinanzholdinggesellschaft. Diese wiederum ist in Art. 4 Nr. 30 CRR definiert als Finanzholdinggesellschaft oder gemischte Finanzholdinggesellschaft, die nicht von einem CRR-Institut kontrolliert wird. Für die Definition einer gemischten Finanzholdinggesellschaft verweist Art. 4 Abs. 21 CRR auf die Richtlinie 2002/87/EG, in der gemischte Finanzholdinggesellschaften als Mutterunternehmen definiert sind, die selbst keiner Aufsicht unterliegen, aber mindestens einem beaufsichtigten Tochterunternehmen übergeordnet und Teil eines Finanzkonglomerats sind.128 Die Finanzholdinggesellschaft ist in der CRR als Unternehmen definiert, dessen Tochtergesellschaften ausschließlich oder hauptsächlich Institute sind.129 Untergeordnete Unternehmen werden in Art. 18 CRR als CRR-Institute und Finanzinstitute bezeichnet, die Tochterunternehmen sind. Tochterunternehmen sind nach Art. 4 Nr. 16 CRR Tochterunternehmen im Sinne von Artikel 1 und 2 121 

§ 1 Abs. 1a S. 3 Nr. 2 KWG. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 Verordnung 575/2013. 123  § 1 Abs. 20 KWG. 124  § 1 Abs. 2 Nr. 2 FKAG. 125  Capital Requirements Regulation, Verordnung 575/2013. 126  Vgl. die Gesetzesbegründung BT-Drucks. 17/10974 S. 70. 127  § 10a S. 1 KWG. 128  Art. 2 Nr. 15 Richtlinie 2002/87/EG. 129  Art. 4 Nr. 20 CRR. 122 

142

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

der Richtlinie 83/349/EWG, die inzwischen durch Richtlinie 2013/34/EU ersetzt wurde. In beiden Richtlinien sind Tochterunternehmen definiert als Unternehmen, die von einem anderen Unternehmen kontrolliert werden können. Der Begriff der CRR-Institute und CRR-Finanzinstitute umfasst alle CRR-Kreditinstitute und CRR-Wertpapierfirmen sowie Unternehmen, die als Holdinggesellschaften für beaufsichtigte Unternehmen fungieren.130 Neben den Unternehmen einer Finanzholding- und gemischten Finanzholding-Gruppe sind auch Unternehmen, die Teile einer Institutsgruppe sind, als Finanzdienstleister erfasst, wenn sie Eigengeschäft betreiben. Die Institutsgruppe ist im Gesetz nicht definiert, die Bedeutung des Begriffes lässt sich aber aus §§ 10 und 10a KWG ableiten. Demnach ist eine Institutsgruppe eine Gruppe, an deren Spitze ein Institut steht.131 Die vielfache Verschachtelung der Definitionen, die insbesondere durch unnötige Verweise auf europarechtliche Normen verursacht wird, erschwert die Lesbarkeit der Normen erheblich, ohne dass ein Nutzen dieser Vorgehensweise ersichtlich wäre. Hätte der Gesetzgeber eine Legaldefinition der Finanzholding-Gruppe, der gemischten Finanzholding-Gruppe und der Institutsgruppe im KWG vorgenommen, hätte dies die Übersichtlichkeit deutlich erhöht. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass abgesehen von der nachfolgend geschilderten Ausnahme alle gruppenangehörigen Unternehmen, die Eigengeschäft betreiben, unter der Voraussetzung, dass sich in der Gruppe auch mindestens ein Einlagenkreditinstitut befindet, als Finanzdienstleistungsinstitute gelten. Nur wenn kein Institut an der Spitze der betreffenden Gruppe steht,132 kein nennenswertes Versicherungsgeschäft zusätzlich zu dem Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäft innerhalb der Gruppe betrieben wird133 und die Mehrzahl der Unternehmen innerhalb der Gruppe keine Institute sind,134 wird das Unternehmen als keiner qualifizierten Gruppe zugehörig betrachtet und das Eigengeschäft unterliegt nicht dem Bankaufsichtsrecht. Unter diese Ausnahme fallen beispielsweise Betreiber des Eigengeschäfts innerhalb eines Industriekonzerns mit angeschlossenem Einlagenkreditinstitut. Die Klassifizierung des Eigengeschäfts als Finanzdienstleistung unter bestimmten Voraussetzungen wurde erst im Jahr 2014 in das KWG aufgenommen. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte damit vermieden werden, dass sich die Risiken aus dem Eigengeschäft eines Unternehmens auf ein gruppenangehöriges Einlagenkreditinstitut auswirken.135 Um dies zu vermeiden, müsse auch der Betreiber des Eigengeschäfts der Aufsicht der BaFin unterstellt werden. Dies soll durch 130 

Art. 4 Nr. 26 CRR.

131 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Boos,

§ 10a KWG, Rn. 8. Andernfalls handelt es sich um eine Institutsgruppe. 133 Andernfalls handelt es sich um ein Konglomerat und eine gemischte Finanzholding-Gruppe. 134  Andernfalls handelt es sich um eine Finanzholding-Gruppe. 135  BT-Drucks. 17/12601, S. 40. 132 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

143

§ 1 Abs. 1a S. 3 KWG gewährleistet werden.136 Gleichzeitig wird aber durch die Einschränkung auf Unternehmen innerhalb von bestimmten Finanzgruppen die grundsätzliche Erlaubnisfreiheit des Eigengeschäfts beibehalten. Ökonomisch begründet der Gesetzgeber mithin die Einbeziehung des Eigengeschäfts mit einer von dem Unternehmen ausgehenden Ansteckungsgefahr für ein anderes Unternehmen innerhalb der Gruppe. Dies erscheint zwar plausibel, ist aber mit der gesellschaftsrechtlichen Haftungsbegrenzung auf das Einzelunternehmen nur schwer in Einklang zu bringen. Verluste eines Unternehmens beschränken sich grundsätzlich auf die betroffene Gesellschaft und können nicht direkt auf andere Unternehmen innerhalb der Gruppe übergreifen. Es bestehen jedoch innerhalb einer Gruppe häufig Verbindungen in Form von gegenseitigen Darlehen oder gemeinsam genutzter Infrastruktur zwischen den Gesellschaften, durch die eine Ansteckung erfolgen kann. Auch erhöht sich die indirekte Ansteckungsgefahr dadurch, dass die Unternehmen häufig unter gleichem Namen am Finanzmarkt tätig sind und die Insolvenz einer Gesellschaft dieser Gruppe in der Folge von der Allgemeinheit möglicherweise nicht von den sonstigen Gesellschaften der Gruppe getrennt wahrgenommen wird. Eine detaillierte Analyse von Gruppeninsolvenzen und den damit verbundenen Anreizen kann im Rahmen dieser Arbeit nicht vorgenommen werden, so dass für die Notwendigkeit der Erfassung von Unternehmen basierend auf der Tätigkeit anderer Unternehmen innerhalb einer Gruppe auf weitergehende Literatur verwiesen werden muss. (i) Sonstige Finanzdienstleistungen Neben den aufgeführten Tätigkeiten gelten auch die Drittstaateneinlagenvermittlung137, das Sortengeschäft138, das Factoring139 und das Finanzierungsleasing140 als Finanzdienstleistungen. Für Finanzdienstleistungsinstitute, die nur diese Geschäfte anbieten, ist aber nach § 2 Abs. 7, 7a KWG das Sonderinsolvenzrecht des § 46 KWG weitgehend nicht anwendbar. Das sonstige Sonderinsolvenzrecht findet bei keinem Finanzdienstleistungsinstitut Anwendung, so dass der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts für die Betreiber der genannten Finanzdienstleistungen generell nicht eröffnet ist. Daher wird hier auch auf eine detaillierte Darstellung verzichtet. Nicht unerwähnt bleiben soll aber an dieser Stelle, dass das Factoring und das Finanzierungsleasing eine darlehenersetzende Funktion innehaben. Die Insolvenz eines großen Factoringbetreibers oder Finanzierungsleasingunternehmens kann bei den Kunden mithin auch zu Finanzierungsproblemen führen und damit ökonomisch ähnliche Konsequenzen verursachen wie die Nichtverlängerung eines 136 

BT-Drucks. 17/12601, S. 40. § 1 Abs. 1a Nr. 5 KWG. 138  § 1 Abs. 1a Nr. 7 KWG. 139  § 1 Abs. 1a Nr. 9 KWG. 140  § 1 Abs. 1a Nr. 10 KWG. 137 

144

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Darlehens. Eine Einbeziehung dieser Unternehmen in das Sonderinsolvenzrecht wäre somit aus den im Rahmen des Kreditgeschäfts aufgeführten Gründen141 wünschenswert. (2) Zusammenfassung Aus ökonomischer Sicht ist eine Abwicklung von Finanzdienstleistern innerhalb des allgemeinen Insolvenzrechts grundsätzlich möglich und somit die Eröffnung des Sonderinsolvenzrechts für Finanzdienstleistungsinstitute nicht erforderlich. Eine Ausnahme davon stellt insbesondere die Anlagenverwaltung nach dem Kapitalanlagegesetzbuch dar. Diese kann wie das Einlagengeschäft klassischer Banken ausgestaltet werden und ist folglich denselben Risiken ausgesetzt. Das KAGB sieht aber keine mit dem KWG oder dem SAG vergleichbaren Regelungen zur Abwicklung vor. Darüber hinaus ist auch das KredReorgG auf Kapitalanlagegesellschaften nicht anwendbar. Einer Kapitalanlagegesellschaft steht somit in Deutschland nur das allgemeine Insolvenzrecht offen. Eine Begründung für eine derart von den klassischen Einlageninstituten abweichende Abwicklung ist nicht ersichtlich. Auch bei den Finanzdienstleistungen des Factorings und des Finanzierungsleasings wäre die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzrechts notwendig. Die Betreiber solcher Finanzdienstleistungen nehmen eine mit dem Betrieb des Kreditgeschäfts vergleichbare Funktion wahr, so dass die Risiken ihrer Insolvenz für die Gesamtwirtschaft vergleichbar mit den Risiken der Insolvenz eines Kreditgebers sind. Aus ökonomischer Sicht ist eine unterschiedliche Behandlung von Betreibern des Factorings oder des Finanzierungsleasings auf der einen Seite und Betreibern des Kreditgeschäfts auf der anderen Seite somit nicht gerechtfertigt. Gerade für diese Finanzdienstleister ist aber nach § 2 Abs. 7a KWG nicht einmal § 46 KWG anwendbar. b)  Anwendungsbereich des SAG und der SRM-VO Der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts im SAG ist in § 1 SAG legal definiert. Demnach fallen sechs unterschiedliche Institute in den Anwendungsbereich, die im Folgenden beschrieben werden, soweit für sie nicht die SRM-VO maßgeblich ist. Wie im KWG erfolgt auch im SAG die Definition der erfassten Unternehmen anhand der ausgeübten Tätigkeit. Darüber hinaus ist das SAG aber auch auf Unternehmen anwendbar, die selbst keine Finanzinstitute sind, sondern lediglich Teil einer Institutsgruppe oder eines Finanzkonglomerates sind. Im Folgenden wird zunächst der Anwendungsbereich des SAG ohne Berücksichtigung der SRM-VO dargestellt und im Anschluss erläutert, welche Institute durch die SRM-VO vom Anwendungsbereich des SAG ausgenommen sind.

141 

Vgl. Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (c).

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

145

aa)  CRR-Kreditinstitute Gemäß § 1 Nr. 1 SAG gilt das SAG für CRR-Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 3d Satz 1 KWG. § 1 Abs. 3d KWG verweist für die Definition des CRR-Kreditinstituts auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der CRR142. Demnach ist ein Kreditinstitut „ein Unternehmen, dessen Tätigkeit darin besteht, Einlagen oder andere rückzahlbare Gelder des Publikums entgegenzunehmen und Kredite für eigene Rechnung zu gewähren“. Damit ist der Begriff des Kreditinstituts im SAG wesentlich enger gefasst als im KWG. Während im KWG schon das Betreiben des Einlagengeschäfts oder des Kreditgeschäfts ausreicht, um als Kreditinstitut zu gelten, müssen im SAG beide Geschäfte gleichzeitig betrieben werden. Allerdings schließt der Begriff des Einlagengeschäfts im SAG solche Einlagen ein, deren Rückzahlungsanspruch in Inhaber- oder Orderschuldverschreibungen verbrieft wird. Derartige Einlagen sind in § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG explizit vom Einlagenbegriff ausgenommen. Die weitere Definition im SAG erfasst daher auch Pfandbriefgeschäfte als Einlagengeschäfte.143 Mithin ist ein Unternehmen, welches das Pfandbriefgeschäft und das Kreditgeschäft betreibt, ebenfalls ein CRR-Kredit­ institut. Die weiteren Bankgeschäfte des KWG werden von der Definition des CRR-Kreditinstituts nicht erfasst. Allerdings fallen viele Betreiber von Bankgeschäften i.S.d. KWG, die nicht unter den Begriff des CRR-Kreditinstitutes zu subsumieren sind, in die Kategorie der CRR-Wertpapierfirmen. Der Anwendungsbereich des SAG ist für alle CRR-Kreditinstitute eröffnet mit Ausnahme der Unternehmen nach Art. 2 Abs. 5 der CRD IV. Diese Ausnahme betrifft Zentralbanken, Postgiroämter und „den Zugang zur Tätigkeit von Wertpapierfirmen, sofern dieser in der Richtlinie 2004/39/EG geregelt ist“. Die Herausnahme der Zentralbank aus dem Anwendungsbereich des Sonderabwicklungsrechts ist damit zu begründen, dass deren Insolvenz regelmäßig ausgeschlossen ist. In Deutschland ist eine Insolvenz beispielsweise ausgeschlossen, da der Bund eine Verpflichtung aus Art. 88 GG hat, die Funktionsfähigkeit der Bundesbank zu gewährleisten und damit eine Insolvenz zu vermeiden.144 Die Ausnahme für Postgiroämter hat in Deutschland keinen Anwendungsbereich, da es seit der Umwandlung der Deutschen Bundespost in die Deutsche Post AG durch das Postum-

142  Verordnung 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über die Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung Nr. 646/2012. 143  Im KWG ist nur die Ausgabe von Namenspfandbriefen als Einlagegeschäft umfasst. Andere Pfandbriefe werden nur durch den Begriff des Pfandbriefgeschäfts abgedeckt. Vgl. Beck/Samm/Kockemoor/Demmelmair, § 1 KWG, Rn. 181. 144  Siekmann, Die Verwendung des Gewinns der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank, S. 5; Spindler/Becker/Starke, Die Deutsche Bundesbank, § 27, S. 487.

146

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

wandlungsgesetz145 kein Postgiroamt mehr gibt. Die schon sprachlich verunglückte Ausnahme für „den Zugang zur Tätigkeit von Wertpapierfirmen, sofern dieser in der Richtlinie 2004/39/EG geregelt ist“ soll eine doppelte Regulierung der betroffenen Wertpapierfirmen durch die MiFID und die CRD IV verhindern. Für die Definition des Anwendungsbereichs des SAG ist diese Ausnahme nicht von Relevanz, da diese Wertpapierfirmen als CRR-Wertpapierfirmen erfasst sind und somit nicht vom Anwendungsbereich des SAG ausgenommen sind.146 Weiterhin bestehen länderspezifische Ausnahmen vom Anwendungsbereich der CRD IV und damit vom Anwendungsbereich des SAG. Für Deutschland umfassen diese Ausnahmen die Kreditanstalt für Wiederaufbau, Unternehmen, die aufgrund des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes als Organe der staatlichen Wohnungspolitik anerkannt sind und nicht überwiegend Bankgeschäfte betreiben, sowie Unternehmen, die als gemeinnützige Wohnungsunternehmen anerkannt sind. Die Ausnahme von Unternehmen basierend auf dem Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz kann nur auf einen gesetzgeberischen Irrtum zurückzuführen sein, da dieses Gesetz durch Art. 21 des Steuerreformgesetzes 1990147 aufgehoben wurde.148 Vor der Aufhebung waren gemeinnützige Wohnungsunternehmen weitgehend von der Bankenregulierung befreit. Die Erfassung dieser Unternehmen im Anwendungsbereich der CRD IV wäre einer Aufhebung der Befreiung gleichgekommen. Nach der Aufhebung der Ausnahmen für gemeinnützige Wohnungsunternehmen im KWG ist aber eine Ausnahme für diese Unternehmen in der CRD IV nicht mehr begründbar. Da das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ohnehin aufgehoben wurde, ist die einzige verbleibende länderspezifische Ausnahme für Deutschland die Kreditanstalt für Wiederaufbau. Für die Verbindlichkeiten der KfW haftet der Bund nach § 1a KfWG, so dass eine Insolvenz des Instituts ausgeschlossen ist und die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts für Banken hinfällig ist. Die Ausnahme der KfW vom Anwendungsbereich des SAG ist somit richtig. Insgesamt hätte der Gesetzgeber die Lesbarkeit der Definition des CRR-Kreditinstituts deutlich verbessern und Fehler vermeiden können, indem er eine vollständige Definition in das SAG oder das KWG aufgenommen hätte, anstatt auf die einschlägigen EU-Richtlinien und Verordnungen zu verweisen. Zusammenfassend lässt sich das CRR-Kreditinstitut als Unternehmen definieren, welches das Kreditgeschäft gleichzeitig mit dem Einlagengeschäft oder dem Pfandbriefgeschäft i.S.d. KWG betreibt und weder Zentralbank noch die KfW ist.

145  Gesetz zur Umwandlung der Unternehmen der Deutschen Bundespost in die Rechtsform der Aktiengesellschaft (Postumwandlungsgesetz – PostUmwG), vom 14. 09. 1994, BGBl. I., S. 2325, 2339. 146  Vergleiche dazu unter bb). 147  Steuerreformgesetz 1990 vom 25. 07. 1988, BGBl. I, S. 1093, 1136. 148  Vgl. für die Aufhebung des WGG auch Jenkis, Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht, S. VII.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

147

bb)  CRR-Wertpapierfirmen Auch die Definition der CRR-Wertpapierfirma im SAG ist durch vielfältige Verweise geprägt. So verweist § 1 Nr. 2 SAG auf § 1 Abs. 3d S. 2 KWG, der wiederum auf Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der CRR-Verordnung149 verweist, welcher auf die ­MiFID150 weiterverweist. Erst in der Richtlinie findet sich tatsächlich eine Definition des Begriffs der Wertpapierfirma. Gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der MiFID ist eine Wertpapierfirma „jede juristische Person, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/ oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt.“ Damit ist die Definition ähnlich wie im KWG zweigeteilt: Um als CRR-Wertpapierfirma zu gelten, muss das Unternehmen zumindest eine Tätigkeit aus einem abschließend definierten Tätigkeitskatalog ausüben und die Ausübung muss gewerbsmäßig sein. Die dem KWG fremde Einschränkung des Anwendungsbereichs durch die Richtlinie auf juristische Personen wird durch den zweiten Unterabsatz von Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 der Richtlinie relativiert, da sie den Mitgliedstaaten die Einbeziehung von Unternehmen, die keine juristischen Personen sind, unter zusätzlichen Voraussetzungen ermöglicht. Ob Deutschland von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, lässt sich aufgrund der Verweisungskette nicht feststellen. Um Klarheit zu schaffen, hätte der Gesetzgeber diesen Aspekt in der Umsetzung aufgreifen müssen. Der Umstand, dass im KWG auch solche Unternehmen, die keine juristischen Personen sind, Institute sein können, lässt aber darauf schließen, dass der Gesetzgeber diese auch im SAG berücksichtigen wollte und somit von der Möglichkeit in der Richtlinie, derartige Unternehmen einzubeziehen, Gebrauch machen wollte. Ein Unternehmen gilt somit dann als CRR-Wertpapierfirma, wenn es Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten gewerblich betreibt. Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten sind in Art. 4 Abs. 1 Nr. 2 der Richtlinie definiert als „jede in Anhang I Abschnitt A genannte Dienstleistung und Tätigkeit, die sich auf eines der Instrumente in Anhang I Abschnitt C bezieht“. Die Liste der Instrumente umfasst übertragbare Wertpapiere, Geldmarktinstrumente, Anteile an Investmentfonds151 und Derivate. In der Liste der Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten werden acht verschiedene Bereiche aufgeführt.152 Allerdings sind nach § 1 Nr. 2 SAG nur solche CRR-Wertpapierfirmen vom Anwendungsbereich des SAG erfasst, die mit einem Anfangskapital von mindestens 730.000 Euro auszustatten sind. Dies sind gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. c KWG Wertpapierhandelsbanken sowie Finanzdienstleistungsinstitute, die auf eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln oder 149 

Verordnung Nr. 575/2013. Richtlinie 2004/39/EG. 151  Wörtlich: „Anteile an Organismen für gemeinsame Anlagen“. 152  Anhang I Abschnitt A der Richtlinie 2004/39/EG. 150 

148

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

das eingeschränkte Verwahrgeschäft betreiben. Mithin müssen Unternehmen zwei Voraussetzungen erfüllen, um nach § 1 Nr. 2 SAG in den Anwendungsbereich des SAG zu fallen: Es muss sich um CRR-Wertpapierfirmen handeln und sie müssen ein Anfangskapital von mindestens 730.000 Euro für den Betrieb ihrer Geschäfte benötigen. Finanzdienstleistungsinstitute, die lediglich das eingeschränkte Verwahrgeschäft153 betreiben, erfüllen zwar die zweite Voraussetzung, nicht aber die erste, da das Verwahrgeschäft in der MiFID nur als Nebendienstleistung gilt und daher nicht die Qualifizierung des Betreibers als CRR-Wertpapierfirma zulässt.154 Mithin ist das SAG nur auf jene Betreiber des eingeschränkten Verwahrgeschäfts anwendbar, die zugleich zumindest eine der in der Richtlinie aufgeführten Wertpapierdienstleistungen oder Anlagetätigkeiten erbringen und dadurch zur CRR-Wertpapierfirma werden. Weiterhin müssen Finanzdienstleistungsinstitute, die für eigene Rechnung mit Finanzinstrumenten handeln, ein Anfangskapital von 730.000 Euro aufweisen und erfüllen damit die zweite Voraussetzung des § 1 Nr. 2 SAG. Der Handel mit Finanz­ instrumenten fällt regelmäßig unter die Finanzdienstleistung des Eigenhandels155 oder Eigengeschäfts156. Der Betrieb des Eigenhandels qualifiziert ein Unternehmen auch sowohl als Finanzdienstleistungsinstitut als auch als CRR-Wertpapierfirma,157 so dass alle Betreiber des Eigenhandels in den Anwendungsbereich des SAG fallen. Anderes gilt für Betreiber des Eigengeschäftes. Sie sind zwar ebenfalls als CRR-Wertpapierfirmen zu qualifizieren und erfüllen damit die erste Voraussetzung des § 1 Nr. 2 SAG. Mangels Qualifikation als Finanzdienstleistungsinstitut müssen Unternehmen, die das Eigengeschäft außerhalb einer Unternehmensgruppe betreiben, in der sich ein CRR-Kreditinstitut befindet, jedoch kein Anfangskapital von 730.000 Euro vorweisen.158 Sie erfüllen mithin nicht die zweite Voraussetzung des § 1 Nr. 2 SAG. Folglich fallen nur solche Betreiber des Eigengeschäfts in den Anwendungsbereich des SAG, die auch Finanzdienstleistungsinstitute im Sinne des § 1 KWG sind. Auch Wertpapierhandelsbanken müssen einen Anfangsbetrag von mindestens 730.000 Euro aufweisen und erfüllen damit die Voraussetzungen des § 1 Nr. 2 SAG, wenn es sich bei ihnen zugleich um CRR-Wertpapierfirmen handelt. Wertpapierhandelsbanken sind in § 1 Abs. 3d S. 5 KWG definiert als Kreditinstitute, die keine CRR-Kreditinstitute sind und das Finanzkommissionsgeschäft oder das Emmissionsgeschäft betreiben oder Finanzdienstleistungen der Anlagevermittlung, der Anlageberatung, des Betriebs eines multilateralen Handelssystems, der 153 

Zum Begriff des eingeschränkten Verwahrgeschäftes vgl. Kapitel D. I. 1. a) bb) (1) (g). Anhang I Abschnitt B Nr. 1 der Richtlinie 2004/39/EG. 155  § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG; vgl. Kapitel D. I. 1. a) bb) (1) (e). 156  § 1 Abs. 1a S. 3 KWG; vgl. Kapitel D. I. 1. a) bb) (1) (h). 157  § 1 Abs. 1a Nr. 4 KWG; Anhang I Abschnitt A Nr. 3 MiFID-RL. 158  Vgl. Kapitel D. I. 1. a) bb) (1) (h). 154 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

149

Abschlussvermittlung, der Finanzportfolioverwaltung oder des Eigenhandels erbringen. Da die Betreiber dieser Geschäfte auch immer die Voraussetzungen der Definition einer CRR-Wertpapierfirma erfüllen, ist der Anwendungsbereich des § 1 Nr. 2 SAG für jede Wertpapierhandelsbank erfüllt. Mithin ist der Anwendungsbereich des SAG für Unternehmen, die das Finanzkommissionsgeschäft oder das Emmissionsgeschäft betreiben, und für Unternehmen, die zusätzlich zu einem Bankgeschäft eine der erwähnten Finanzdienstleistungen erbringen, eröffnet. Vom Anwendungsbereich des SAG ausgenommen sind sogenannte „lokale Firmen“, da es sich bei ihnen gemäß Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 lit. b der MiFID nicht um CRR-Wertpapierfirmen handelt. Diese Ausnahme betrifft Unternehmen, die am Kreditmarkt „mit dem alleinigen Ziel der Absicherung von Positionen“ tätig sind. Keine der durch § 1 Nr. 2 SAG erfassten CRR-Wertpapierfirmen betreiben ein Geschäft, das eine Abwicklung des Instituts außerhalb des allgemeinen Insolvenzrechts erforderlich machen würde. Für alle erfassten Tätigkeiten wurde im Kapitel über den Anwendungsbereich des § 46 KWG dargelegt, dass selbst eine weitgehende Beendigung der Tätigkeit keine makroökonomischen Auswirkungen befürchten lässt oder eine Ansteckungsgefahr begründet, die eine Abweichung vom allgemeinen Insolvenzrecht rechtfertigen könnte. Auch ein bank run auf die Institute aufgrund ihrer betriebenen Geschäfte ist nicht zu befürchten. Mithin ist die Eröffnung des Anwendungsbereichs für viele CRR-Wertpapierfirmen in § 1 Nr. 2 SAG ökonomisch nicht gerechtfertigt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Anwendungsbereich des SAG für Finanzdienstleistungsinstitute etwas enger ist als der Anwendungsbereich von § 46 KWG. Nur Finanzdienstleistungsinstitute, die das eingeschränkte Verwahrgeschäft, den Eigenhandel oder das Eigengeschäft betreiben und zugleich CRR-Wertpapierfirmen sind, können im SAG abgewickelt werden. Darüber hinaus werden durch § 1 Nr. 2 SAG auch Kreditinstitute erfasst, die keine CRR-Kreditinstitute sind, aber das Emmissionsgeschäft oder das Finanzkommissionsgeschäft betreiben oder zusätzlich eine der aufgeführten Finanzdienstleistungen erbringen. Bedauerlich ist allerdings, dass die Finanzdienstleistungen des Finanzierungsleasings, des Factorings sowie der Zahlungsdienste in der Richtlinie nicht als Wertpapierdienstleistung oder Anlagetätigkeit erfasst sind. Somit ist weder § 46 KWG noch das SAG auf die Betreiber dieser Dienstleistungen anwendbar, auch wenn die Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts zur Abwicklung dieser Betreiber den Zielen der Bankenabwicklung159 entgegenstehen kann. cc)  Institutsgruppen und Finanzkonglomerate Neben CRR-Kreditinstituten und CRR-Wertpapierfirmen findet das SAG auch auf Unternehmen Anwendung, die keinen Bezug zum Finanzdienstleistungssektor 159 

Vgl. Kapitel B. II.

150

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

haben, wenn diese Teil einer Institutsgruppe, einer Finanzholding-Gruppe, einer gemischten Finanzholding-Gruppe oder eines Finanzkonglomerates sind.160 Der Anwendungsbereich des SAG für Unternehmensgruppen ist damit vergleichbar mit dem Anwendungsbereich des KWG für Finanzinstitute die lediglich aufgrund ihres Eigengeschäfts der Aufsicht unterliegen.161 Für die Darstellung der Definition dieser Unternehmensgruppen wird auf den entsprechenden Teil verwiesen.162 Im Gegensatz zu den im KWG erfassten Finanzgruppen sind im SAG auch solche Finanzgruppen erfasst, denen kein CRR-Kreditinstitut sondern lediglich eine CRR-Wertpapierfirma angehört. Ob die Anwendung des SAG auf eine gesamte Gruppe und damit auch auf Unternehmen, die als eigenständiges Unternehmen im Rahmen der Insolvenzordnung abgewickelt würden, zu rechtfertigen ist, bedarf einer separaten Betrachtung von Gruppeninsolvenzen. Dabei sind insbesondere die Verbindungen zwischen den Unternehmen zu berücksichtigen. Eine vollständige Analyse der Problematik würde allerdings im Rahmen dieser Arbeit zu weit führen. Eine Einschätzung der Sinnhaftigkeit der Einbeziehung von Institutsgruppen und Finanzkonglomeraten bleibt daher zukünftigen Arbeiten vorbehalten. dd)  Inländische Unionszweigstellen Der Anwendungsbereich des SAG umfasst nach § 1 Nr. 5 SAG auch Zweigstellen von Unternehmen mit Sitz außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums. Für die Definition der Zweigstellen wurde vor Inkrafttreten des AbwMechG auf § 53 Abs. 1 KWG verwiesen. In der aktuellen Fassung führt § 1 Nr. 4 SAG nur noch inländische Unionszweigstellen auf, ohne diese näher zu definieren oder auf eine Definition zu verweisen. Aus Sicht des Gesetzgebers war diese Anpassung erforderlich, um die Konformität mit dem Anwendungsbereich der BRRD sicherzustellen. Gemäß Art. 2 Nr. 89 BRRD ist eine Unionszweigstelle eine in einem Mitgliedstaat befindliche Zweigstelle eines Drittlandinstituts. Für die Definition einer Zweigstelle wird wiederum in Art. 2 Nr. 17 auf die CRR verwiesen, die eine Zweigstelle in Art. 4 Abs. 1 Nr. 17 als eine „Betriebsstelle, die einen rechtlich unselbständigen Teil eines Instituts bildet und sämtliche Geschäfte oder einen Teil der Geschäfte, die mit der Tätigkeit eines Instituts verbunden sind, unmittelbar betreibt.“ Demnach sind Zweigstellen ausländischer Unternehmen im Inland erfasst, wenn in den Zweigstellen Bankgeschäfte betrieben oder Finanzdienstleistungen erbracht werden. Nicht erfasst sind somit Zweigstellen von ausländischen Finanz­ instituten, wenn sie in der inländischen Zweigstelle keine Finanzgeschäfte betreiben. Der Begriff der Zweigstelle ist demnach von den Begriffen der Repräsentanz, des Tochterunternehmens und des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs 160  § 1 Nr. 3,4 SAG; für die Definition der Gruppen wird auf Kapitel D. I. 1. a) bb) (1) (h) verwiesen. 161  Vgl. § 1 Abs. 1a S. 3 Nr. 2 KWG. 162  Erläuterungen unter D I. 1. a) bb) (1) (h).

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

151

abzugrenzen.163 Repräsentanzen dürfen im Gegensatz zu Zweigstellen keine Bankgeschäfte und Finanzdienstleistungen betreiben.164 Tochterunternehmen unterscheiden sich von Zweigstellen durch ihre rechtliche Selbstständigkeit.165 Weiterhin erfordert eine Zweigstelle eine dauernde physische Präsenz. Andernfalls erbringt das Unternehmen nur grenzüberschreitende Finanzdienstleistungen.166 Die Einbeziehung von Zweigstellen in den Anwendungsbereich des Sanierungsund Abwicklungsgesetzes führt zu einer weitgehenden Gleichbehandlung dieser Stellen mit Instituten i.S.d. KWG. Zweigstellen werden wie Institute behandelt, um mögliche Defizite bei der Beaufsichtigung des Unternehmens im Ausland auszugleichen und damit das Vertrauen der Kunden im Inland, die regelmäßig nicht zwischen einer Zweigstelle und einem Tochterunternehmen unterscheiden, zu erhalten. Dennoch ist diese Herangehensweise nicht optimal. Dies zeigt sich insbesondere im Abwicklungsrecht. Unternehmen bilden eine eigenständige Haftungseinheit und erzeugen durch die Verringerung der Haftungsmasse das kollektive Handlungsproblem, welches durch das Insolvenzrecht gelöst wird. Eine Zweigstelle hingegen hat keine eigenständige Haftungsmasse. Mithin kann sich auch nicht die Zweigstelle alleine in einer Krise befinden, welche durch ein Insolvenzverfahren zu lösen wäre. Nur das gesamte Unternehmen, von dem die Zweigstelle lediglich ein Teil ist, kann sich in einer Krise befinden, so dass die Anwendung eines Insolvenzrechts erforderlich wird. Die Anwendung des Sanierungs- und Abwicklungsgesetzes auf die Zweigstelle kann das Problem des Gesamtunternehmens nicht lösen. Stattdessen müsste eine länderübergreifende Lösung gefunden werden, wie dies innerhalb der EU schon der Fall ist. Die Behandlung von grenzüberschreitenden Bankeninsolvenzen mit Bezug zu nichteuropäischen Staaten ist Gegenstand einer intensiv geführten Diskussion in Politik und Literatur.167 Für Vorschläge, die der Behandlung von Zweigstellen als eigenständige Kreditinstitute vorzuziehen sind, wird auf die weitergehende Literatur verwiesen. ee)  Anwendungsvorrang der SRM-VO Gemäß § 1 S. 1 SAG ist das SAG nur dann unmittelbar anwendbar, wenn die SRM-VO keine Anwendung findet. Gemäß Art. 2 SRM-VO erstreckt sich der Anwendungsbereich der Verordnung auf CRR-Kreditinstitute und Mitglieder von Institutsgruppen oder Finanzkonglomeraten, soweit diese auf konsolidierter Basis durch die EZB beaufsichtigt werden. Mithin ist das SAG nur noch für CRR-Wertpapierfirmen und inländische Unionszweigstellen uneingeschränkt anwendbar. 163  Vgl.

Luz/Leistikow/Papenthin, § 53 KWG, Rn. 3. § 53a KWG, Rn. 12. 165 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Vahldiek, § 53 KWG, Rn. 35 ff. 166 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Vahldiek, § 53 KWG, Rn. 14 ff. 167  Vgl. nur FDIC/Bank of England, Resolving Financial Institutions; IMF, Resolution of Cross-Border Banks; Eisenbeis, Home Country versus Cross-border; Lastra, Journal of International Economic Law 2003, 79. 164 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Vahldiek,

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

152

Aber auch für die Institute im Anwendungsbereich der SRM-VO ist das SAG weiterhin von Bedeutung. Zwar ist die SRM-VO für die Erstellung eines Abwicklungskonzepts für diese Unternehmen maßgeblich, die Abwicklung der Unternehmen erfolgt aber nach Art. 29 SRM-VO basierend auf dem SAG. Auch ist das SAG in Bereichen, in denen die SRM-VO keine Regelungen vornimmt für die betroffenen Unternehmen weiterhin unmittelbar anwendbar. Dies betrifft beispielsweise die Regelungen zur gruppeninternen finanziellen Unterstützung der §§ 22 ff. SAG oder Frühintervention nach §§ 36 ff. SAG. c)  Anwendungsbereich des Sanierungs- und Reorganisationsverfahrens Das Sanierungsverfahren und das Reorganisationsverfahren im KredReorgG stehen allen Kreditinstituten offen. Kreditinstitute sind dabei nach § 1 Abs. 1 Kred­ ReorgG Kreditinstitute im Sinne des § 1 Abs. 1 KWG. Damit ist der Anwendungsbereich kleiner als der des § 46 KWG, der auch einige Finanzdienstleistungsinstitute erfasst. Auch die Anwendungsbereiche des KredReorgG und des SAG sind nicht deckungsgleich. Einerseits sind das Sanierungs- und das Reorganisationsverfahren nicht auf Finanzdienstleistungsinstitute oder CRR-Wertpapierfirmen anwendbar. Andererseits erfasst der Anwendungsbereich eine größere Zahl Bankgeschäfte, da die Verfahren nach dem KredReorgG auf alle Kreditinstitute anwendbar sind und nicht ausschließlich auf CRR-Kreditinstitute und Wertpapierhandelsbanken, deren Tätigkeitsfelder wesentlich enger definiert sind. d)  Zusammenfassung Der Anwendungsbereich des deutschen Sonderinsolvenzrechts für Banken ist nicht einheitlich geregelt. Alle Anwendungsbereiche haben zwar gemeinsam, dass sie nur für Unternehmen eröffnet sind, die Finanzgeschäfte betreiben, die erfassten Finanzgeschäfte unterscheiden sich jedoch erheblich voneinander. Der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts sollte de lege ferenda auf Unternehmen beschränkt sein, deren Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht aufgrund der betriebenen Geschäfte einen bank run auslösen könnte oder eine Ansteckungsgefahr für das Finanzsystem darstellt oder die Kreditversorgung der Gesamtwirtschaft gefährdet.168 Die Gefahr eines bank run besteht sowohl bei Krisen von Betreibern des Einlagengeschäfts als auch von Anlageverwaltern von Invest­ mentvermögen. Eine Kreditklemme droht bei der Insolvenz von Betreibern des Kreditgeschäfts und Geschäften, die eine mit dem Kreditgeschäft vergleichbare Funktion innehaben. Dazu gehören das Diskontgeschäft, das Revolvinggeschäft, das Garantiegeschäft, das Factoring und das Finanzierungsleasing. Auch bei der Abwicklung von Betreibern des Zahlungsdienstegeschäfts und zentralen Gegenparteien im allgemeinen Insolvenzrecht drohen Risiken für die Ansteckung des Finanzsystems. Mithin sollte der Anwendungsbereich auch für sie eröffnet werden. 168 

Vgl. Kapitel B. II.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

153

Keine Norm des Sonderinsolvenzrechts hat de lege lata einen Anwendungsbereich, der auch nur annähernd diese Kriterien erfüllt. Den weitesten Anwendungsbereich hat wohl § 46 KWG. So ist der Anwendungsbereich des § 46 KWG für alle Kreditinstitute und die meisten Finanzdienstleistungsinstitute eröffnet. Ein derart großer Anwendungsbereich ist ökonomisch allerdings nicht gerechtfertigt. So erfasst § 46 KWG auch eine Vielzahl von Finanzdienstleistungsinstituten, die unproblematisch im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt werden könnten. Andererseits werden Zahlungsdiensteinstitute und Betreiber der Anlageverwaltung von Investmentvermögen nicht erfasst. Der Anwendungsbereich des SAG ist nur unwesentlich kleiner als der des § 46 KWG und ebenfalls größer, als dies ökonomisch erforderlich wäre. Die Tätigkeiten von CRR-Wertpapierfirmen erlauben eine Abwicklung der Betreiber im Rahmen der allgemeinen Insolvenzordnung und rechtfertigen keine davon abweichende Behandlung durch das Sonderinsolvenzrecht. An anderer Stelle greift die Definition des CRR-Kreditinstituts hingegen zu kurz. So sind nur solche Institute vom Anwendungsbereich des SAG erfasst, die zugleich das Einlagengeschäft oder das Pfandgeschäft und das Kreditgeschäft betreiben. Somit sind zum einen nicht alle Geschäfte erfasst, die ökonomisch mit dem Betreiben des Einlagengeschäfts oder des Kreditgeschäfts vergleichbar sind; zum anderen ist das Betreiben von nur einem der Geschäfte nicht vom Anwendungsbereich des SAG abgedeckt. Wie zuvor dargestellt, reichen aber das Betreiben des Einlagengeschäfts oder des Kreditgeschäfts für sich genommen aus, um die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts zu rechtfertigen. Den kleinsten Anwendungsbereich haben das Sanierungs- und Reorganisationsverfahren, welche nur bei Kreditinstituten Anwendung finden können. Zwar ist die Liste der erfassten Bankgeschäfte hier noch immer zu groß, aber der Ausschluss von Finanzdienstleistungsinstituten aus dem Anwendungsbereich ist angemessen. Abschließend lässt sich festhalten, dass keine Norm des Sonderinsolvenzrechts ausschließlich für solche Institute eröffnet ist, deren Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht problematisch ist. Umgekehrt ist der Anwendungsbereich für einige Institute nicht eröffnet, obwohl deren Abwicklung im Sonderinsolvenzrecht geboten wäre. Darüber hinaus verursachen die unterschiedlichen Anwendungsbereiche der verschiedenen Normen ein hohes Maß an Intransparenz. Eine Vereinheitlichung der Anwendungsbereiche nach den oben genannten Kriterien ist mithin anzustreben. 2.  Erfasste Institute im US-Sonderinsolvenzrecht Wie zuvor dargestellt, stehen in den USA zwei unterschiedliche Abwicklungsregime für Finanzinstitute zur Verfügung: einerseits das Regime für Einlageninstitute nach § 1821 Title 12 U.S.C. und andererseits die durch den Dodd-Frank Act geschaffene Orderly Liquidation Authority der FDIC für sonstige systemrelevante Finanzinstitute. Beide Regime haben unterschiedliche Anwendungsbereiche, die im Folgenden vorgestellt werden sollen.

154

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

a)  Definition des Einlageninstitutes Der Anwendungsbereich des Abwicklungsrechts der FDIC nach 12 U.S.C. § 1821 (c) ist auf versicherte Einlageninstitute (insured depository institutions) beschränkt. Darunter fallen sowohl Einlageninstitute, die nach dem Recht der Bundesstaaten gegründet wurden,169 als auch Einlageninstitute, die nach Bundesrecht gegründet wurden.170 Der Begriff des Einlageninstitutes ist als bank oder savings association legaldefiniert.171 aa)  Der Begriff der bank Der Begriff der Bank (bank) wird durch § 1813 (a)(1) Title 12 U.S.C. untergliedert in nationale Banken (national bank), bundesstaatliche Banken (state bank) und Niederlassungen ( federal branch und insured branch). Eine Bank wird von anderen Unternehmen anhand des Vorliegens einer Banklizenz unterschieden.172 Jedes Unternehmen mit einer Banklizenz gilt als Bank, auch wenn es keinerlei Finanzgeschäfte durchführt. Eine nationale Bank wird nach § 21 Title 12 U.S.C. gegründet, bundesstaatliche Banken nach dem jeweiligen Recht des Gründungsstaates. Während nationale Banken uneingeschränkt in den Anwendungsbereich des Abwicklungsregimes der FDIC fallen, müssen bundesstaatliche Banken zusätzlich die Voraussetzung des § 1813 (a)(2)(A) Title 12 U.S.C. erfüllen, also tatsächlich Einlagengeschäft betreiben, um als Einlageninstitut dem Abwicklungsregime zu unterfallen. Darüber hinaus sind auch Niederlassungen ausländischer Banken erfasst, wenn sie in den USA Einlagen annehmen. bb)  Der Begriff der savings association Savings associations nach § 1831 (b)(1) Title 12 U.S.C. sind sowohl savings associations auf nationaler Ebene173 als auch auf Ebene der einzelnen Bundesstaaten174. Auf Ebene der Bundesstaaten fallen unter diesen Begriff building and loan associations, savings and loan associations, homestead associations sowie sogenannte cooperative banks.175 Savings associations, auch als thifts bezeichnet, sind mit Banken weitgehend gleichgestellt. Der wohl größte Unterschied liegt in der Beschränkung von savings associations bei der Darlehensvergabe. Savings associations auf Bundesebene dürfen beispielsweise nur Geschäftskredite in Höhe von bis

169 

Vgl. § 1821 (c)(3) Title 12 U.S.C. Vgl. § 1821 (c)(2) Title 12 U.S.C. 171  Vgl. § 1813 (c)(2) Title 12 U.S.C. 172  Marcey/Miller/Carnell, Banking Law and Regulation, S. 47. 173  Vgl. § 1831 (b)(2) Title 12 U.S.C. 174  § 1831 (b)(3) Title 12 U.S.C. 175  § 1831 (b)(3) Title 12 U.S.C. 170 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

155

zu 20 % ihrer Vermögens­gegenstände ausgeben.176 Darüber hinausgehende Kredite müssen an Privatkunden vergeben werden. Auch savings associations werden somit anhand ihrer Lizenz definiert. cc)  Erfasste Tätigkeiten Die Definition von Banken und savings associations im US-Recht anhand der Art der erworbenen Lizenz ermöglicht keine ökonomische Analyse des Anwendungsbereichs. Der Erwerb einer bestimmten Lizenz ist für sich betrachtet generell nicht geeignet, eine vom allgemeinen Insolvenzrecht abweichende Abwicklung von Unternehmen ökonomisch zu rechtfertigen. Eine unterschiedliche Behandlung zweier bis auf das Vorliegen einer Banklizenz identischer Unternehmen ist ökonomisch nicht angezeigt. Einen Ansatzpunkt für die Analyse bietet aber die Untersuchung derjenigen Tätigkeiten, die nur mit einer Lizenz als Bank oder savings association betrieben werden dürfen. Regelmäßig werden nur solche Unternehmen eine Banklizenz beantragen, die lizenzpflichtige Geschäfte betreiben, da mit einer Banklizenz eine Vielzahl von Einschränkungen verbunden ist. Die Definition lizenzpflichtiger Tätigkeiten erfolgt in den USA auf Ebene der Bundesstaaten und kann daher im Rahmen dieser Arbeit nicht für das gesamte US-Territorium beantwortet werden.177 Beispielhaft wird das Recht des Bundesstaates New York herangezogen, der aufgrund der Finanzmetropole New York City im Bereich des Bankrechts eine herausgehobene Bedeutung einnimmt. Die Definition lizenzpflichtiger Tätigkeiten im Bundesstaat New York wird durch § 131 Nr. 1 Banking Law of New York vorgenommen: „[…] No corporation, domestic or foreign, other than a national bank or a federal reserve bank, unless expressly authorized by the laws of this state, shall employ any part of its property, or be in any way interested in any fund which shall be employed for the purpose of receiving deposits, making discounts, receiving for transmission or transmitting mon­ ey in any manner whatsoever, or issuing notes or other evidences of debt to be loaned or put into circulation as money […]“

Im Gegensatz zu der sehr ausdifferenzierten Begrifflichkeit des Bankgeschäfts im deutschen Recht beschränkt sich die Regelung in New York somit auf eine sehr grundlegende Definition, die durch die Gerichte näher ausgestaltet wurde. (1) Umfang der erlaubnispflichtigen Geschäfte Nach dem Wortlaut von § 131 Banking Law ist es wie im deutschen Recht ausreichend, nur eine Art von Bankgeschäften zu betreiben, um eine Erlaubnispflicht zu begründen. Dieses Verständnis von § 131 Banking Law wird auch grundsätzlich

176  § 1464 (c)(2)(A) Title 12 U.S.C. für savings associations auf Bundesebene. Für die Einschränkungen von savings associations in New York vgl. § 380 New York Banking Law. 177 Vgl. Michie, Banks and Banking, Band 1A, S. 153 f.

156

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

von den zuständigen Gerichten geteilt.178 Allerdings wird für die Beurteilung, ob es sich bei einer Tätigkeit um ein erlaubnispflichtiges Geschäft handelt, von einigen Gerichten berücksichtigt, ob das Unternehmen auch andere Bankgeschäfte betreibt.179 Die FDIC hat darüber hinaus mit Bezug auf das Urteil United States v. Jenkins180 festgestellt, dass schon eine einzelne Geschäftsbeziehung ausreichend ist, um eine Erlaubnispflicht auszulösen.181 Im Gegensatz zum deutschen Recht wird ein gewerbsmäßiges Betreiben des fraglichen Geschäfts somit nicht vorausgesetzt. Insoweit ist der Anwendungsbereich des Bankaufsichtsrechts in den USA weiter als in Deutschland. Eingeschränkt wird er wiederum dadurch, dass natürliche Personen keinesfalls der Erlaubnispflicht unterliegen, auch wenn sie erlaubnispflichtige Geschäfte betreiben. Dennoch verbleibt eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Kleine Unternehmen laufen jederzeit Gefahr, durch eine Kreditvergabe, beispielsweise an ihre Inhaber oder gute Kunden, oder vergleichbare Tätigkeiten ein verbotenes Bankgeschäft zu betreiben. (2) Einlagengeschäft (receiving deposits) Auch in den USA wird das klassische Einlagengeschäft als erlaubnispflichtiges Geschäft behandelt. Ohne Lizenz ist das Einlagengeschäft nicht nur nach dem Banking Law von New York, sondern auch nach nationalem Recht untersagt.182 Mangels einer weiteren Erläuterung durch den Gesetzgeber, was unter Einlagen (deposits) zu verstehen ist, muss auf Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden.183 Einlagen sind demnach Gelder, die in die Obhut der Bank gelangen und vom Einleger nach dessen Willen zurückverlangt werden können.184 Im Gegensatz zur deutschen Regelung ist zum Betreiben des Einlagengeschäfts weder eine Vielzahl von Geldgebern185 noch die Verwendung typisierter Verträge notwendig.

178  Supreme Court of Wisconsin, MacLaren v. State, 141 Wis. 577; Supreme Court of New York, People v. Bartow, 6 Cow. 290. 179  Supreme Court of New York, Miller v. Discount Factors, 141 N.Y.S.2d 140. 180  United States Court of Appeals, United States v. Jenkins, 943 F.2d 167. 181  FDIC, Counsel Opinion on Deposits. 182  § 378 (a)(2) Title 12 U.S.C. 183  Die Definition in § 1813 (l) Title 12 U.S.C. hilft an dieser Stelle nicht weiter, da diese auf die Abgrenzung von Einlagen innerhalb einer schon bestehenden Bank abstellt. Für die vorliegende Frage ist aber gerade interessant, bei welchem Geschäft eine Banklizenz erforderlich ist. 184  „The term ‚deposit‘ signifies the act of placing money in the ‚custody‘ of a bank, to be withdrawn at the will of the depositor“ Michie, Banks and Banking, Band 5A, S. 42; vgl. auch United States Court of Appeals, United States v. Jenkins, 943 F.2d 167; Black’s Law Dictionary, 2009, Begriff „deposit“; Bollen, Journal of Banking and Finance Law and Practice 2006, 283, 287. 185  United States Court of Appeals, United States v. Jenkins, 943 F.2d 167.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

157

Auch Einlagen institutioneller Anleger, beispielsweise anderer Banken, sind vom Einlagenbegriff erfasst.186 Um Einlagen von Darlehen abzugrenzen, wird der Sinn und Zweck der Geldhingabe herangezogen. Während die Einlage demnach in erster Linie im Interesse des Geldgebers, also des Einlegers, vorgenommen wird, wird das Darlehen vor allem im Interesse des Geldempfängers, also des Darlehensnehmers, gegeben.187 Diese Unterscheidung verursacht jedoch eine enorme Rechtsunsicherheit, da regelmäßig beide Parteien von der Geldhingabe profitieren. Der Geldgeber erhält einen Zins für die Einlage und der Geldempfänger wird das Geld regelmäßig profitabel weiterverwenden. Welcher Aspekt überwiegt, ist objektiv kaum feststellbar. Als eines der wenigen Indizien für ein Darlehen wird angeführt, dass die Finanzierung zur Überwindung unzureichender Liquidität im Interesse des Darlehensnehmers erfolgt und daher nicht als Einlage gilt.188 Durch das Verbot des klassischen Einlagengeschäftes ohne Banklizenz wird gewährleistet, dass nur Banken oder savings associations189 das Einlagengeschäft betreiben können und damit Betreiber des Einlagengeschäfts grundsätzlich in den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts fallen. Einlagen werden zwar auch in den USA durch die Einlagensicherung abgesichert, um bank runs zu verhindern, die Einlagensicherung ist aber nach § 1821 (a)(1)(E) Title 12 U.S.C. auf 250.000 USD beschränkt, so dass insbesondere institutionelle bank runs noch immer ein Risiko darstellen. Wie im Kapitel über die ökonomischen Auswirkungen der Insolvenz aufgezeigt, besteht das Ziel eines Sonderinsolvenzrechts unter anderem in der Verhinderung derartiger bank runs und der damit verbundenen Ansteckungsrisiken. Die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auf Unternehmen, die das Einlagengeschäft betreiben, ist somit ökonomisch folgerichtig. Problematisch ist, dass die Definition des Einlagengeschäfts auf die Rückzahlbarkeit nach dem Willen des Einlegers abstellt. Damit kann die Ausgabe von Eigenkapital unter keinen Umständen unter das Einlagengeschäft fallen. Dieses Schlupfloch wird in den USA in großem Umfang genutzt. Dazu werden Modelle wie diejenigen des Money Market Funds (MMF) verwendet. MMFs sind Investmentfonds (mutual funds), die in kurzfristige Anlagen investieren und zur Refinanzierung Anteile ausgeben, deren Wert stabil bei 1 USD liegt. Neben dem Invest186  Supreme Court of Kansas, American State Bank v. Wilson Bank, 204 P. 709; Michie, Banks and Banking, Band 1A, S. 191. 187  Supreme Court of Appeals of West Virginia, Commercial Banking & Trust Co. v. Doddridge County Bank, 194 S.E. 619; Supreme Court of Kansas, American State Bank v. Wilson Bank, 204 P. 709; Michie, Banks and Banking, Band 1A, S. 191; Michie, Banks and Banking, Band 5A, S. 50 f. 188  Supreme Court of Nebraska, State Ex Rel. Spillmann v. Atlas Bank of Nelight et al., 114 Neb. 646; Supreme Court of Nebraska, State Ex Rel. Spillmann v. Farmers’ State Bank of Wolbach et al., 117 Neb. 448. 189  Vgl. für die Erlaubnis von savings associations deposits entgegenzunehmen § 1464 (b) Title 12 U.S.C.

158

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

ment in sichere Anlagen wird dies insbesondere dadurch erreicht, dass der MMF Anteile frei ausgeben und zurückkaufen kann, so dass Angebot und Nachfrage kontinuierlich ausgeglichen werden.190 Darüber hinaus können auf Beträge, die in MMF investiert sind, Schecks ausgestellt werden und „Geldautomaten“ stehen zur „Rückzahlung“ von Geldern191 bereit.192 Damit erfüllen MMFs für Anleger ähnliche Funktionen wie ein Bankkonto.193 Bei dem Anspruch gegenüber dem MMF aus den Anteilen handelt es sich allerdings nur um einen bedingten Rückzahlungsanspruch,194 so dass die Investition nicht als Einlage betrachtet werden kann und das Geschäft folglich auch nicht als Bankgeschäft gilt. Zweifelhaft ist, ob diese Erlaubnisfreiheit des Geschäfts der MMFs wirtschaftlich begründbar ist. Der Abzug von Geldern aus MMFs ist ökonomisch mit einem bank run vergleichbar. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass nicht nur Banken, sondern auch MMFs während der Finanzkrise staatliche Unterstützung, im Wesentlichen in Form von Garantien, erhalten haben. Nachdem einer der größten MMF, der Reserve Primary Fund, mit einem verwalteten Vermögen von 63 Mrd. USD nach der Insolvenz von Lehman Brothers nicht mehr in der Lage war, 1 USD pro Anteil zu zahlen, garantierte die US-Regierung die Zahlung bis zu einer Höhe von 50 Mrd. USD pro MMF für die Dauer von einem Jahr.195 Im Anschluss daran wurden umfangreiche Reformen für die Regulierung der MMFs durch die Securities and Exchange Comission (SEC) vorgeschlagen.196 Im Gegensatz zu Banken können MMFs aufgrund des Umstands, dass sie sich mit Hilfe von Eigenkapital finanzieren, nicht insolvent werden.197 Somit ist eine Einbeziehung dieser Gesellschaften in den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts auch nicht unmittelbar einsichtig. Die Rücknahme der Anteile zu einem festen Preis führt aber ökonomisch zu den gleichen Effekten, die der Abzug von Fremdkapital außerhalb der Insolvenz hat. Es wäre somit wünschenswert, im Falle der Unterschreitung von 1 USD pro Anteil, ebenfalls ein kollektives Verfahren nach dem Vorbild des Sonderinsolvenzrechts anzuwenden. (3) Darlehensgeschäft (making discounts) Als erlaubnispflichtiges Geschäft wird unter bestimmten Voraussetzungen auch die Darlehensvergabe gesehen. Anstelle des Darlehensbegriffs verwendet das Banking Law noch bis heute den aus dem Jahre 1804 stammenden Begriff

190 

Birdthistle, Winsconsin Law Review 2010, 1155, 1167. Also technisch zum Verkaufen von Anteilen an dem Money Market Fund. 192  Birdthistle, Winsconsin Law Review 2010, 1155, 1161. 193  Birdthistle, Winsconsin Law Review 2010, 1155, 1161. 194  Fischer/Roiter, A Floating NAV, S. 13. 195  Birdthistle, Winsconsin Law Review 2010, 1155, 1180. 196  Fischer/Roiter, A Floating NAV, S. 17. 197  Fischer/Roiter, A Floating NAV, S. 13. 191 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

159

des Abschlags (making discounts).198 Damals wurde der Zins für ein Darlehen typischerweise bei Darlehensausgabe vom Nennwert abgezogen und somit eine Diskontierung des Nennwerts auf den Gegenwartswert vorgenommen. Lange Zeit wurden der Tatbestand des Diskontierens und die Vergabe von Darlehen weitgehend gleichgesetzt.199 Jedenfalls herrschte Einigkeit darüber, dass unter der Tätigkeit des Diskontierens die Darlehensvergabe bei Ausreichung des Darlehens unter Abzug der Zinsen zu verstehen war.200 Im frühen 20. Jahrhundert wurde der Begriff des Diskontierens durch den New York Court of Appeals im Fall Meserole Securities v. Cosman (Meserole)201 ausgelegt. Das Gericht stellte fest, dass der Kauf von Unternehmensanleihen zu einem Diskont nach dem Wortlaut des § 131 Banking Law of New York eine Diskontierung darstelle und somit bei einer Wortlautauslegung ohne Lizenz nicht gestattet sei. Um die schon zu dieser Zeit in dieser Weise übliche Unternehmensfinanzierung nicht durch ein Verbot zu gefährden,202 legte das Gericht den Begriff „making discounts“ deutlich enger aus. Aufgrund des historischen Kontextes sind nach Ansicht des Gerichts ausschließlich diejenigen Tätigkeiten erfasst, die im Zusammenhang mit sonstigen Bankgeschäften stehen.203 Somit sei die Diskontierung von Geldforderungen so lange erlaubt, wie sie nicht von Unternehmen des Bankgewerbes vorgenommen werde. Diese Ansicht wurde in der Literatur begrüßt.204 Allerdings ist mit einer derartigen Definition wenig gewonnen. Hält man die Diskontierung nur für ein Bankgeschäft, wenn sie gemeinsam mit anderen Bankgeschäften betrieben wird, ist ihre eigenständige Erwähnung bei den erlaubnispflichtigen Tätigkeiten überflüssig. Hilfsweise führte das Gericht an, dass nur die Erstemission von Wertpapierinstrumenten als Darlehensgeschäft gelten könne. Aus dem Begriff des discount ergebe sich, dass nur der originäre Zinsabschlag erfasst sei, nicht aber ein derivativer Abschlag auf den Nennwert.205 Eine derartige Interpretation folgt aber weder aus dem Wortlaut noch aus der Gesetzeshistorie. Vielmehr ist anzunehmen, dass 198 

Bishop, Yale Law Journal 1959, 269, 278. Supreme Court New York, Proper Spirit Trading Corporation v. Schilowitz et al, 140 Misc. 171; Bishop, Yale Law Journal 1959, 269, 272; Kripke, Business Lawyer 1956, 523, 530. 200  Bishop, Yale Law Journal 1959, 269, 272. 201  Court of Appeals of New York, Meserole Securities Co. v. Cosman et al., 253 N.Y. 130 = 170 N.E. 519. 202  Court of Appeals of New York, Meserole Securities Co. v. Cosman et al., 253 N.Y. 130, 146. 203  „The Legislator has, of course, not attempted to forbid business corporations from exercising any of these powers occasionally and incidentally to a commercial business, but it has provided that no corporation shall by any implication or construction be deemed to possess the power to carry on a business which constitutes a form of banking business“; Court of Appeals of New York, Meserole Securities Co. v. Cosman et al., 253 N.Y. 130, 134. 204  Kripke, Business Lawyer 1956, 523, 531. 205  Court of Appeals of New York, Meserole Securities Co. v. Cosman et al., 253 N.Y. 130, 156. 199 

160

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

das Gericht nur ein weiteres Argument anführte, um das ihm vorliegende Geschäft nicht als Diskontgeschäft deklarieren zu müssen.206 Mitte des 20. Jahrhunderts wurde diese Rechtsprechung durch ein Urteil des New Yorker Supreme Court im Fall Isidore Miller v. Discount Factors (Miller)207 weitgehend revidiert. Im Gegensatz zu Meserole stellte das Gericht dabei auf den Wortlaut der Norm ab. So sei die Gewährung von Darlehen unproblematisch ohne Banklizenz möglich, solange bei deren Ausgabe kein Abschlag vom Nennwert in Höhe des Zinses (ein discount) vorgenommen werde. Ob der Abschlag als Zins bezeichnet werde, spiele dabei keine Rolle. Insbesondere sei nicht darauf abzustellen, ob das Unternehmen weitere Bankgeschäfte betreibe.208 Diese Entscheidung ist methodisch zweifelhaft und bereitete der Praxis eine Vielzahl von Problemen. Die vom Gericht vorgenommene formale Abgrenzung nach dem Zeitpunkt der Zinserhebung ist nicht geeignet, eine sachgerechte Definition des Bankgeschäftes vorzunehmen.209 Ob ein Zinssatz zu Beginn der Laufzeit des Darlehens abgezogen (diskontiert) wird, in Form einer regelmäßigen Prämienzahlung geleistet oder erst am Ende der Laufzeit fällig wird, hat wirtschaftlich keine Bedeutung.210 Es ist somit nicht nachvollziehbar, weswegen der Zeitpunkt der Zinszahlung die Notwendigkeit einer Banklizenz determinieren sollte. In der Praxis bereitete das Urteil Probleme, da mit der neuen Rechtsauslegung die Eingrenzung auf Tätigkeiten in Verbindung mit anderen Bankgeschäften entfiel und somit alle üblichen Unternehmensanleihen, die einen Zins in Form des anfänglichen Abschlags vorsahen und ohne Banklizenz ausgegeben wurden, nichtig wurden.211 Darüber hinaus musste nun auch jeder Käufer der Anleihen fürchten, für das Betreiben von Bankgeschäften ohne Banklizenz belangt zu werden. Als gesetzgeberische Reaktion wurde in kürzester Zeit § 131 Banking Law New York um folgenden Satz ergänzt: „The purchase or other acquisition on original issue or subsequent transfer for less than the principal amount thereof or otherwise at a discount of any evidences of indebtedness or other obligations for the payment of money shall not by reason of such discount be or be deemed to be a violation of the provisions of this section.“212

Damit war zumindest für zukünftige Anleihegeschäfte keine Banklizenz mehr erforderlich. Diese Regelung besteht bis heute fort. Auch das Factoring sowie die 206 

Kripke, Business Lawyer 1956, 523, 526. Supreme Court of New York, Isidore Miller v. Discount Factors, 285 A.D. 772 = 141 N.Y.S.2d 140. 208  Supreme Court of New York, Isidore Miller v. Discount Factors, 141 N.Y.S.2d 140, 145. 209  Bishop, Yale Law Journal 1959, 269, 272; Kripke, Business Lawyer 1956, 523, 528. 210  Eine ausführliche Darstellung findet sich bei Kripke, Business Lawyer 1956, 523, 527 f. 211  Bishop, Yale Law Journal 1959, 269, 274. 212  § 131 Nr. 1 Banking Law of New York. 207 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

161

Darlehensvergabe ohne anfänglichen Zinsabzug sind grundsätzlich ohne Lizenz möglich. Die Vergabe von Darlehen unter 25.000 USD an Privatpersonen und unter 50.000 USD an Unternehmen erfordert jedoch zumindest eine Lizenz als licensed lender.213 Insgesamt ist somit im US-Recht lediglich die Vergabe von Darlehen mit anfänglichem Zinsabzug, die nicht im Kauf von Schuldverschreibungen bestehen, banklizenzpflichtig. Somit unterfallen nur wenige Geschäfte im Bereich der Darlehensvergabe der Lizenzpflicht und die Abwicklung der meisten Betreiber des Darlehensgeschäfts erfolgt nicht im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts für Einlageninstitute. Allerdings gelten Betreiber des Darlehensgeschäfts überwiegend als Finanzinstitute214 und somit ist die Abwicklung im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts des Dodd-Frank Act möglich.215 (4) Zahlungsverkehr (receiving for transmission or transmitting money in any manner whatsoever) Auch das Geschäft des Zahlungsverkehrs darf ohne eine entsprechende Lizenz nicht betrieben werden. Neben der Lizensierung als Bank oder als savings association bestehen allerdings weitere Möglichkeiten der Lizensierung für den Zahlungsverkehr. Beispielsweise gibt es eine eigenständige Lizenz für money transmitters, die nicht unter das Sonderinsolvenzrecht von Banken fallen, aber Funktionen des Zahlungsverkehrs wahrnehmen dürfen.216 Damit sind auch Betreiber von Zahlungsverkehrsdiensten nur in Teilen von dem Abwicklungsregime für Einlageninstitute erfasst. (5) Zusammenfassung Als lizenzpflichtige Tätigkeiten gelten in den USA grundsätzlich bestimmte Formen der Darlehensvergabe und das Betreiben von Zahlungsverkehrsdiensten sowie des Einlagengeschäfts. Allerdings erfordern weder die Darlehensvergabe noch das Zahlungsverkehrsgeschäft zwangsläufig eine Banklizenz oder eine Lizenz als savings association. Vielmehr können beide Geschäfte auch mit anderen Lizenzen oder lizenzfrei betrieben werden. Damit fallen die Betreiber der Geschäfte nicht mehr in den Anwendungsbereich des Abwicklungsregimes für Einlageninstitute. Lediglich das Betreiben des Einlagengeschäfts erfordert eine Banklizenz oder eine Lizenz als savings association. Beide Lizenzen führen grundsätzlich zur Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts.

213 

§ 340 Banking Law of New York. Siehe für die Definition des Finanzinstitutebegriffs nach US-Recht unter b). 215  Vgl. infra Kapitel D. I. 2. b). 216  § 641 Banking Law of New York. 214 

162

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

dd)  Einschränkung auf versicherte Einlageninstitute Das Betreiben von erlaubnispflichtigen Einlagengeschäften im Rahmen einer Banklizenz führt ausnahmsweise nicht zur Anwendung des Sonderinsolvenzrechts für Einlageninstitute, wenn die Einlagen nicht bei der FDIC versichert sind. Nur nationale Einlageninstitute, bundesstaatliche Einlageninstitute, die Mitglieder der Federal Reserve sind,217 sowie regelmäßige Niederlassungen ausländischer Banken, die jeweils Einlagen von weniger als 250.000 USD annehmen,218 sind nach Bundesrecht verpflichtet, ihre Einlagen bei der FDIC zu versichern. Alle anderen Einlageninstitute sind dazu nicht verpflichtet, sind aber regelmäßig freiwillig versichert.219 Nur versicherte Einlageninstitute werden im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts abgewickelt. Diese Einschränkung wird im US-Recht mit dem Sinn und Zweck des Sonderinsolvenzrechts begründet. Demnach ist die FDIC als Verwalter im Verfahren für versicherte Einlageninstitute besonders geeignet, da sie an die Stelle der Einleger tritt und damit als großer, wenn nicht gar größter Gläubiger im Insolvenzverfahren auftritt. Nur in diesen Fällen hat sie also ein wesentliches Eigen­interesse an der Abwicklung und soll diese dann selbst betreiben können. Dieser Argumentation ist entgegen zu halten, dass es für die FDIC grundsätzlich auch möglich wäre, ihre Interessen im Rahmen des regulären Insolvenzverfahrens durchzusetzen. Eine Sonderbehandlung eines bestimmten Gläubigers ist ökonomisch nicht begründbar. Ein Sonderinsolvenzrecht ist ökonomisch nur dann zu rechtfertigen, wenn es im Vergleich zur Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts zu wirtschaftlich vorteilhaften Abwicklungsergebnissen für alle Beteiligten führt. Damit ist es auf die Fälle anzuwenden, in denen die in Kapitel B geschilderten ökonomischen Problemstellungen entstehen und somit auf alle Einlageninstitute. Eine Differenzierung zwischen versicherten Einlageninstituten und unversicherten Einlageninstituten ist hingegen nicht angezeigt. Gerade in Fällen, in denen keine Einlagensicherung zur Verfügung steht, drohen besondere Gefahren durch einen bank run, denen das allgemeine Insolvenzrecht nicht wirksam begegnen kann. Zwar mag es nur wenige Einlageninstitute geben, die nicht versichert sind, wodurch die Einschränkung auf versicherte Einlageninstitute keine wesentlichen praktischen Auswirkungen haben dürfte, jedoch ist ein Ausschluss dieser Institute aus dem Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts prinzipiell abzulehnen. b)  Definition des Finanzinstituts nach dem Dodd-Frank Act Der Anwendungsbereich der Orderly Liquidation Authority ist deutlich weiter gefasst als der des FDIC-Abwicklungsregimes für Einlageninstitute. So können grundsätzlich alle Finanzinstitute, die keine versicherten Einlageninstitute sind, 217 

Macey/Miller/Carnell, Banking Law and Regulation, S. 234. § 3104 Title 12 U.S.C. 219  Macey/Miller/Carnell, Banking Law and Regulation, S. 234. 218 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

163

im Rahmen der OLA abgewickelt werden.220 Eingeschränkt wird dieser weite Anwendungsbereich durch die Voraussetzung der Systemrelevanz des Instituts.221 Bevor auf die Frage der Systemrelevanz näher eingegangen wird, soll in einem ersten Schritt die Definition des Begriffs des Finanzinstituts erfolgen. aa)  Übersicht über den Begriff des Finanzinstituts Als Finanzinstitut gilt gemäß § 201 (11) Dodd-Frank Act erstens jede Bankholdinggesellschaft, zweitens jede durch die Fed beaufsichtigte Nichtbank sowie drittens jede sonstige in Finanzgeschäften tätige Gesellschaft,222 die nach Bundesrecht oder dem Recht der Bundesstaaten gegründet wurde.223 Die Einbeziehung von In-Finanzgeschäften-tätigen-Gesellschaften unabhängig von ihrer Lizenz stellt einen deutlichen methodischen Unterschied zur Definition des Einlageninstitutes dar. Während der Begriff des Einlageninstitutes ausschließlich nach formalen Kriterien definiert wird, wird der Begriff des Finanzinstituts im Dodd-Frank Act, ähnlich wie im deutschen Recht, nach der Art der Tätigkeit definiert. Aus ökonomischer Sicht ist diese Methode zur Definition des Begriffs „Finanzinstitut“ zu begrüßen, da die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Insolvenz nicht von der Form des Unternehmens abhängig sind, sondern lediglich von dessen Aktivitäten. Durch die Einschränkung auf Gesellschaften werden aber – wie schon in der Definition des Einlageninstituts – natürliche Personen, die Finanzgeschäfte betreiben, ausgeschlossen. Im Folgenden werden die drei einzelnen Gruppen von Finanzinstituten kurz vorgestellt und diskutiert. bb)  Bankholdinggesellschaft Zur Konkretisierung des Begriffs der Bankholdinggesellschaft verweist der Dodd-Frank Act auf § 1841 (a) Title 12 U.S.C., der als Teil des Bank Holding Company Act eingeführt wurde. Dort ist eine Bankholdinggesellschaft als Unternehmen definiert, welches eine Bank oder eine Bankholdinggesellschaft kontrolliert.224 Kontrolle im Sinne dieser Bestimmung wird immer dann fingiert, wenn die Bankholdinggesellschaft mindestens 25 % der stimmberechtigten Aktien einer Bank besitzt oder kontrolliert.225 Wie aus dem Übernahmerecht bekannt, geht die 220 

§ 201 (a)(8) Dodd-Frank Act. Vgl. infra Kapitel D. II. 222  § 201 (a)(11)(B) Dodd-Frank Act. 223  § 201 (a)(11)(A) Dodd-Frank Act, davon gibt es einige hier zu vernachlässigende Ausnahmen, beispielsweise im Bereich des Farm Credit System oder für staatliche Gesellschaften in § 201 (a)(11)(C) Dodd-Frank Act. 224  § 1841(a)(1) title 12 U.S.C. 225  § 1841(a)(2)(A) title 12 U.S.C.: „the company directly or indirectly or acting through one or more other persons owns, controls, or has power to vote 25 per centum or more of any class of voting securities of the bank or company“. 221 

164

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Regelung davon aus, dass es nicht der Mehrheit der stimmberechtigten Aktien bedarf, um ein Unternehmen zu kontrollieren.226 Die Vermutung ist unwiderlegbar, so dass ein Unternehmen auch dann als Bankholdinggesellschaft gilt, wenn es tatsächlich keine Kontrolle ausüben kann, beispielsweise weil ein anderer Eigentümer mehr als 50 % der Anteile der Bank besitzt. Umgekehrt gibt es hingegen keine unwiderlegliche Vermutung, dass ein Anteilsinhaber von weniger als 25 % keine Kontrolle über die Bank ausüben kann. Mithin wird ein Unternehmen, das weniger als 25 % der Anteile der Bank kontrolliert, als Bankholdinggesellschaft betrachtet, wenn es tatsächlich auf irgendeine Weise die Wahl der Mehrheit der Mitglieder des Boards steuert227 oder wenn die Fed feststellt, dass die Gesellschaft auf andere Art direkt oder indirekt Kontrolle ausübt.228 Insbesondere die Ermessensentscheidung der Fed verhindert die Umgehung der Anwendung des Rechts für Bankholdinggesellschaften durch kontrollierende Unternehmen. Die Kehrseite der Regelung ist eine größere Rechtsunsicherheit für die betroffenen Gesellschaften. Die Kontrolle muss über eine Bank oder eine Bankholdinggesellschaft ausgeübt werden. Mit der Einbeziehung der Bankholdinggesellschaft werden auch Gruppenstrukturen erfasst, in denen die Bank durch die Holding nur indirekt über weitere Untergesellschaften kontrolliert wird. Als Bank werden in diesem Zusammenhang sowohl bei der FDIC versicherte Einlageninstitute verstanden 229 als auch andere Institute, die das Einlagengeschäft betreiben und zugleich auch Geschäftskunden Darlehen zur Verfügung stellen.230 Nicht erfasst werden hingegen insbesondere diejenigen Institute, die zwar das Einlagengeschäft betreiben, aber das Darlehensgeschäft auf Privatkunden beschränken. Savings associations, die aufgrund von engen Beschränkungen bei der Vergabe von Geschäftskrediten typischerweise in diese Kategorie fallen, sind sogar dann vom Bankbegriff ausgenommen, wenn sie bei der FDIC als Einlageninstitute versichert sind.231 Die Einbeziehung von Bankholdinggesellschaften in die Abwicklung im Rahmen der OLA ermöglicht der FDIC die Umsetzung der single point of entry-Strategie (SPOE-Strategie). Damit soll die Abwicklung von Bankengruppen deutlich vereinfacht werden. Bankengruppen bestehen in den USA oft aus einer Holding an der Spitze, gefolgt von einer Vielzahl von eng miteinander verzahnten Untergesellschaften, zu denen auch Banken gehören. Die Verzahnung führt dazu, dass die Abwicklung eines einzelnen Unternehmens innerhalb der Gruppe regelmäßig zur Insolvenz der gesamten Gruppe führt. Darüber hinaus erschwert sie die Fortführung einer einzelnen insolventen Bank der Gruppe, welche ohne Unterstützung der restlichen Gruppe nicht in der Lage ist, ihre Funktionen weiter wahrzunehmen. Um 226 

Vgl. dazu ausführlich Cahn, Der Kontrollbegriff des WpÜG, S. 77 f. § 1841(a)(2)(B) Title 12 U.S.C. 228  § 1841(a)(2)(C) Title 12 U.S.C. 229  Vgl. zu diesem Bankbegriff Kapitel D. I. 2. a) aa). 230  § 1841(c)(1)(A),(B) Title 12 U.S.C. 231  § 1841(c)(2)(B) Title 12 U.S.C. i.V.m. § 1841 (j) Title 12 U.S.C. 227 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

165

beide Probleme zu vermeiden, übernimmt die FDIC in der SPOE-Strategie nicht die Kontrolle über das jeweilige insolvente Institut innerhalb der Gruppe, sondern über die Holding der Gruppe und sorgt im Anschluss für eine Rekapitalisierung der gefährdeten Untergesellschaften, deren Verkauf oder deren Schließung. Damit soll ein Kollaps der gesamten Gruppe vermieden und der Fortführungswert erhalten werden.232 cc)  Finanzinstitute unter der Aufsicht der Fed Zur Definition des Begriffs der Finanzinstitute unter der Aufsicht der Fed verweist § 201 (a)(15) Dodd-Frank Act auf § 102 (a)(4)(D) des Dodd-Frank Act. Demnach sind „Finanzinstitute unter der Aufsicht der Fed“ Finanzinstitute, die von der Fed als solche festgelegt wurden.233 Die Fed nimmt diese Festlegung gemäß § 113 (a)(1) des Dodd-Frank Act unter zwei Voraussetzungen vor: Einerseits muss es sich bei dem Unternehmen um ein Nichtbank-Finanzinstitut (nonbank financial company) handeln, andererseits muss dieses eine Gefahr für das US-Finanzsystem darstellen. (1) Definition einer nonbank financial company Im Dodd-Frank Act wird eine nonbank financial company als ein Unternehmen bezeichnet, welches vorrangig im Finanzgeschäft tätig ist (predominantly engaged in financial activities), ohne Bankholding, Börse oder Clearingstelle zu sein.234 Darunter fallen neben US-Unternehmen auch ausländische Unternehmen, die in ihren US-Niederlassungen Finanzgeschäfte betreiben und vorwiegend im Finanzgeschäft tätig sind.235 Als vorwiegend im Finanzgeschäft tätige Gesellschaften gelten gemäß § 102 (a)(6) Dodd-Frank Act Unternehmen, deren Finanzgeschäfte entweder mindestens 85 % der Umsätze oder deren finanzgeschäftsbezogene Vermögensgegenstände mindestens 85 % des Gesamtvermögens des Unternehmens ausmachen.236 Konkretisiert wird dieses Gesetz durch die Regelung der Fed, die für die Überprüfung die letzten zwei Geschäftsjahre des Unternehmens heranzieht.237 Für die Definition der Tätigkeiten, die als Finanzgeschäfte gelten, verweist § 102 (a)(6) Dodd-Frank Act auf § 4 (k) des Bank Holding Company Act (BHCA). Die dortige Definition von Finanzgeschäften ist sehr weitgehend. Beispielhaft sollen hier nur einige Tätigkeiten aufgeführt werden.

232 

FDIC, Single Point of Entry Strategy, S. 76614 f. § 102 (a)(4)(D) Dodd-Frank Act. 234  § 102 (a)(4)(B) Dodd-Frank Act. 235  § 102 (a)(4)(A) Dodd-Frank Act. 236  § 102 (a)(6) Dodd-Frank Act. 237  Federal Reserve System, Definition of Financial Company, S. 20757. 233 

166

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

So gilt das Verleihen, Austauschen, Übertragen, Investieren für Dritte und die Verwahrung von Geld oder Finanzinstrumenten als Finanzgeschäft.238 Darüber hinaus sind Versicherungsgeschäfte,239 Finanzberatung,240 der Eigenhandel241 sowie das merchant banking,242 also der kurzfristige Kauf und Verkauf von Finanzins­ trumenten zur Realisierung eines Spekulationsgewinns,243 erfasst. Auch wurde die Fed durch § 4 (k)(4)(F) BHCA dazu ermächtigt, weitere Tätigkeiten als Finanzgeschäfte zu deklarieren, die einen starken Zusammenhang mit dem Bankgeschäft aufweisen. Von dieser Ermächtigung hat die Fed Gebrauch gemacht.244 So stellen auch das Verlängern von Darlehen,245 das Leasinggeschäft,246 das Emissionsgeschäft247 sowie unterstützende Tätigkeiten, wie IT-Support248 für Institute oder deren Beratung249, Finanztätigkeiten dar. Die Liste erfasst damit alle Tätigkeiten, die in § 1 KWG als Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen definiert sind, geht aber insbesondere durch die Einbeziehung unterstützender Tätigkeiten noch deutlich darüber hinaus. Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass mit der Qualifizierung als nonbank financial institution noch keine direkten Rechtsfolgen verbunden sind. Nur wenn diese Institute auch systemrelevant sind, führt dies zu rechtlichen Konsequenzen. Dennoch ist fraglich, ob eine derart weite Auslegung des Begriffs der nonbank financial institution notwendig ist, um den Anwendungsbereich des Bankeninsolvenzrechts zu bestimmen. Schon im deutschen Recht ist eine Vielzahl von Tätigkeiten erfasst, deren Betrieb nicht die Anwendung eines Sonderinsolvenzrechts zu rechtfertigen vermag. Im Dodd-Frank Act ist der Anwendungsbereich noch einmal deutlich erweitert. Damit werden zwar zusätzlich zu den im deutschen Sonderinsolvenzrecht erfassten Unternehmen auch solche Unternehmen erfasst, die Zahlungsdienstleistungen erbringen oder die Anlageverwaltung von Investmentvermögen betreiben und deren Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht eine Gefahr für das Finanzsystem darstellen kann. Darüber hinaus wird der Anwendungsbereich aber auf Unternehmen ausgeweitet, deren Tätigkeiten nur einen geringen Einfluss auf die Finanzstabilität haben. Durch diese Ausweitung erlangt die Fed einen enormen Beurteilungsspielraum bei der Frage, welche Institute sie potentiell unter ihre 238 

§ 4 (k)(4)(A) BHC Act. § 4 (k)(4)(B) BHC Act. 240  § 4 (k)(4)(C) BHC Act. 241  § 4 (k)(4)(E) BHC Act. 242  § 4 (k)(4)(H) BHC Act. 243  Federal Reserve System, Definition of Financial Company, S. 20762. 244  12 CFR Part 242 Appendix A. 245  12 CFR Part 242 Appendix A (f)(1). 246  12 CFR Part 242 Appendix A (f)(3). 247  12 CFR Part 242 Appendix A (f)(7). 248  12 CFR Part 242 Appendix A (f)(14). 249  12 CFR Part 242 Appendix A (f)(9). 239 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

167

Aufsicht stellt und mithin welche Institute potentiell nach Title 2 Dodd-Frank Act abgewickelt werden. (2) Voraussetzung der Gefahr für das US-Finanzsystem Nicht alle Unternehmen, die als nonbank financial institutions gelten, werden durch die Fed beaufsichtigt. Die Fed übernimmt vielmehr nur die Aufsicht über diejenigen nonbank financial institutions, deren Schieflage eine Gefahr für das US-Finanzsystem darstellen könnte. Für die Festlegung, welche Institute das Finanzsystem gefährden, stellt der US-Gesetzgeber nur eine Reihe von Faktoren auf, die bei der Abwägung zu berücksichtigen sind.250 Darauf aufbauend hat das durch den Dodd-Frank Act neu geschaffene Financial Stability Oversight Council einen dreistufigen Prozess für die Festlegung, ob ein Institut systemrelevant ist, ausgearbeitet:251 In einem ersten Schritt sollen einheitliche quantitative Schwellenwerte herangezogen werden.252 Dabei werden Institut selektiert, die mehr als 50 Mrd. USD an konsolidierten Vermögensgegenständen und entweder mehr als 30 Mrd. USD an Credit Default Swaps, oder mehr als 3,5 Mrd. USD in Derivateverbindlichkeiten, oder mehr als 20 Mrd. in Gesamtverbindlichkeiten, oder einen Verschuldungsgrad von mindestens 15:1 oder mindestens 10 % Fremdkapital mit einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten aufweisen.253 Alle Institute, die keine dieser Schwellen überschreiten, stellen nach Ansicht des FSB keine hinreichende Gefahr für das Finanzsystem dar und werden nicht von der Fed beaufsichtigt. Institute, die mehr als 50 Mrd. USD an konsolidierten Vermögensgegenständen haben und mindestens eine weitere Schwelle überschreiten, werden in einem zweiten Schritt näher analysiert. Im zweiten Schritt werden zur Einschätzung der Gefahr, die das Institut für das Finanzsystem darstellt, zusätzliche der Behörde zur Verfügung stehende Daten herangezogen.254 Neben den im ersten Schritt untersuchten Faktoren wird auch berücksichtigt, wie gut das Unternehmen im Falle seines Ausscheidens aus dem Markt von anderen Marktteilnehmern ersetzt werden könnte (substitutability) und welchen Einfluss die möglicherweise stattfindende Aufsicht über das Institut auf die Wahrscheinlichkeit und Auswirkung einer Abwicklung hat.255 Die Institute, die 250 

§ 113 (2) Dodd-Frank Act. Für eine detaillierte Darstellung siehe unter II. 2. b). Reg. 77, 70, Appendix A to Part 1310 – Financial Stability Oversight Council Guidance for Nonbank Financial Company Determinations. 252  Fed. Reg. 77, 70, Appendix A to Part 1310 – Financial Stability Oversight Council Guidance for Nonbank Financial Company Determinations, S. 21660. 253  Fed. Reg. 77, 70, Appendix A to Part 1310 – Financial Stability Oversight Council Guidance for Nonbank Financial Company Determinations, S. 21660. 254  Fed. Reg. 77, 70, Appendix A to Part 1310 – Financial Stability Oversight Council Guidance for Nonbank Financial Company Determinations, S. 21661. 255  Fed. Reg. 77, 70, Appendix A to Part 1310 – Financial Stability Oversight Council Guidance for Nonbank Financial Company Determinations, S. 21658, 21661. 251  Fed.

168

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

auch nach diesem Schritt noch als Gefahr für das Finanzsystem betrachtet werden, werden schließlich in einem letzten Schritt einer eingehenden Analyse unterzogen. Im dritten Schritt werden die Institute aufgefordert, zusätzliches internes Material zur Verfügung zu stellen, so dass beispielsweise Abwicklungspläne und die Komplexität der ausgeübten Geschäfte berücksichtigt werden können.256 Wird das Institut auch im letzten Schritt als Gefahr für das US-Finanzsystem betrachtet, so wird es der gesonderten Aufsicht der Fed unterworfen und muss gesteigerten regulatorischen Anforderungen gerecht werden. Mit der Unterwerfung des Finanzinstituts unter die Aufsicht der Fed ist zwar der persönliche Anwendungsbereich des OLA für das Institut eröffnet, dennoch muss eine separate Überprüfung der konkreten Systemrelevanz des Instituts zum Zeitpunkt der Insolvenz erfolgen.257 dd)  Sonstige vorrangig im Finanzgeschäft tätige Gesellschaften Neben den im Finanzgeschäft tätigen Gesellschaften, die aufgrund der von ihnen ausgehenden Gefahr für das US-Finanzsystem der Aufsicht der Fed unterliegen, fallen auch sonstige vorrangig im Finanzgeschäft tätige Gesellschaften unter den Voraussetzungen des § 201 (a)(11)(B)(iii) Dodd-Frank Act in den persönlichen Anwendungsbereich der OLA, wenn sie systemrelevant sind. Die Definition vorrangig im Finanzgeschäft tätiger Gesellschaften ist, soweit ersichtlich, deckungsgleich mit der Definition einer nonbank financial institution. In beiden Fällen wird für die in Frage kommenden Tätigkeiten auf § 4 (k) BHCA verwiesen. Damit sind in dieser Gruppe auch alle Finanzinstitute unter der Aufsicht der Fed erfasst und eine separate Erfassung dieser Untergruppe258 ist für die Bestimmung des Anwendungsbereichs der OLA überflüssig. Ähnliches gilt auch für die explizite Erfassung von Tochtergesellschaften, die vorrangig im Finanzgeschäft tätig sind.259 Auch diese werden schon unter den Begriff der „sonstigen vorrangig im Finanzgeschäft tätigen Gesellschaften“ subsumiert. Eine separate Nennung ist nicht erforderlich. ee)  Zusammenfassung Insgesamt lässt sich der persönliche Anwendungsbereich der OLA unterteilen in Bankholdinggesellschaften und alle vorrangig im Finanzgeschäft tätigen Gesellschaften. Das Finanzgeschäft wird im US-Recht durch den BHCA und die zugehörigen Regelungen der Fed sehr weit ausgelegt,260 so dass potentiell eine Vielzahl 256  Fed. Reg. 77, 70, Appendix A to Part 1310 – Financial Stability Oversight Council Guidance for Nonbank Financial Company Determinations, S. 21662. 257  Vgl. infra Kapitel D. II. 2. 258  Vgl. supra cc. 259  § 201 (a)(11)(B)(iv) Dodd-Frank Act. 260  Lee, The Banking Law Journal 2011, 867, 872.

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

169

von Unternehmen erfasst ist. Dass die OLA dennoch nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen soll, wird nicht durch die Beschränkung des Anwendungsbereichs im Hinblick auf die ausgeübte Tätigkeit des Unternehmens erreicht, sondern durch die strenge Prüfung der Systemrelevanz des betreffenden Unternehmens im konkreten Insolvenzfall.261 3.  Zusammenfassende Bewertung Der Anwendungsbereich für das Bankeninsolvenzrecht ist weder innerhalb Deutschlands noch innerhalb der USA einheitlich ausgestaltet. Unterschiede bestehen nicht nur im Hinblick auf die erfassten Tätigkeiten, sondern auch bei der Methode zur Definition des Anwendungsbereichs. In Deutschland wird der Anwendungsbereich aller Normen des Sonderinsolvenzrechts methodisch anhand der tatsächlich betriebenen Geschäfte bestimmt. In den USA wird die Anwendung des Bankeninsolvenzrechts für Einlageninstitute hingegen nicht vom Betrieb bestimmter Geschäfte, sondern vom Vorliegen einer Bankerlaubnis abhängig gemacht. Die Definition des Anwendungsbereichs basierend auf den betriebenen Geschäften birgt zwar durch den Beurteilungsspielraum der zuständigen Behörde eine höhere Rechtsunsicherheit als eine Definition anhand der Lizenz des Unternehmens, dennoch ist sie vorzugswürdig. Die Auswirkungen einer Abwicklung eines Unternehmens hängen nicht vom Vorliegen einer Bankerlaubnis, sondern von den tatsächlich betriebenen Geschäften des Unternehmens ab. Ein Unternehmen mit einer Bankerlaubnis, welches keine Bankgeschäfte betreibt, kann zweifellos im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt werden. Neben den methodischen Unterschieden sind aber vor allem die Unterschiede zwischen den von den Anwendungsbereichen umfassten Tätigkeiten problematisch. Es sind keine ökonomischen Gründe ersichtlich, die gegen eine Vereinheitlichung der verschiedenen Anwendungsbereiche sprechen. Für Betreiber, deren Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht problematisch ist, sollte der Anwendungsbereich aller Normen des Sonderinsolvenzrechts eröffnet sein. Alle anderen Unternehmen sollten wiederum im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts abgewickelt werden. Die aktuelle Struktur mit unterschiedlichen Anwendungsbereichen für unterschiedliche Normen führt zu einem hohen Maß an Intransparenz. Darüber hinaus erschweren Unterschiede im Anwendungsbereich die Zusammenfassung des Abwicklungsrechts in einem einzelnen Gesetz oder einem Abschnitt des allgemeinen Insolvenzrechts. Darauf aufbauend ergibt sich die Frage, welche Betreiber nicht im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt werden sollten und mithin welche Tätigkeiten vom Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrecht umfasst sein sollten. In der Literatur wird es teilweise für ausreichend gehalten, den Anwendungsbereich des Sonder-

261 

Vgl. infra Kapitel D. II. 2.

170

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

insolvenzrechts auf die Betreiber des Einlagengeschäfts zu beschränken.262 Nach dieser Ansicht entsteht das gesteigerte Risiko einer Bankeninsolvenz ausschließlich durch die Gefahr eines bank run.263 Tatsächlich stellt der bank run zwar ein klassisches Risiko in der Insolvenz von Banken dar. Auch verhindert die Absicherung einer Vielzahl von Gläubigern des Betreibers des Einlagengeschäfts durch den Einlagensicherungsfonds eine effiziente Disziplinierung des Managements durch die Gläubiger und verursacht damit moral hazard. Ein Sonderinsolvenzrecht könnte das moral hazard Problem und die Gefahr eines bank run möglicherweise verringern.264 Zusätzlich zu Betreibern des Einlagengeschäfts sollten auch Anlageverwalter von Investmentvermögen in den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts fallen. Wie das Beispiel der MMF in den USA zeigt, können diese eine wirtschaftlich vergleichbare Funktion wahrnehmen und sind ebenfalls anfällig für bank runs. Die Besonderheiten der Bankenabwicklung beschränken sich aber nicht auf die Gefahr eines bank run und Fehlanreize durch die Absicherung der Gläubiger im Rahmen des Einlagensicherungssystems. Vielmehr geht von der Abwicklung einiger Institute auch die Gefahr einer Ansteckung des Finanzsystems und der Unterversorgung der Realwirtschaft mit Krediten aus.265 Mithin sind auch Institute, die Geschäfte betreiben, die mit einer besonders hohen Ansteckungsgefahr für andere Institute oder für die Realwirtschaft verbunden sind, in ein Sonderinsolvenzrecht einzubeziehen. Diese können dann in einer Weise abgewickelt werden, die eine Ansteckungsgefahr für andere Unternehmen reduziert. Neben den Betreibern des Einlagengeschäfts und den Anlageverwaltern von Investmentvermögen sollten mithin auch de lege ferenda die Betreiber des Kreditgeschäfts oder von Geschäften mit einer wirtschaftlich vergleichbaren Funktion vom Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts erfasst werden. Durch die Stilllegung vieler oder großer Betreiber des Kreditgeschäfts im allgemeinen Insolvenzrecht kann eine Kreditklemme entstehen, die eine Wirtschaftskrise auslöst oder vertieft. Somit ist es auch zur Abwicklung von Betreibern des Kreditgeschäfts erforderlich, ein Verfahren durchzuführen, welches die Gesamtwirtschaft weniger beeinträchtigt als eine Abwicklung im allgemeinen Insolvenzverfahren.266 Selbiges gilt für die Betreiber des Diskontgeschäfts, des Revolvinggeschäfts, des Garantiegeschäfts, des Factoring und des Finanzierungsleasings, die eine mit den Betreibern des Kreditgeschäfts vergleichbare Funktion einnehmen.267 Darüber hinaus geht auch 262 

Banking Committee of the US Senate, S. Hrsg. 111 – 179, S. 85. Banking Committee of the US Senate, S. Hrsg. 111 – 179, S. 85. 264  Vgl. supra Kapitel B. II. 4. 265  Vgl. supra Kapitel B. II. 3. 266  Für eine Erweiterung des Anwendungsbereiches über Einlageninstitute hinaus sprechen sich i.E. auch aus Čihák/Nier, The Need for Special Resolution Regimes, S. 11; für ein sogar über den Kreditinstitute-Begriff hinausgehen Anwendungsbereich vgl. Riethmüller, WM 2010, 2295,2298. 267  Vgl. supra Kapitel D. I. 1. d) m.w.N. 263 

I.  Institutseigenschaft als Anwendungsvoraussetzung

171

eine Ansteckungsgefahr von Betreibern von Zahlungsdiensten sowie von zentralen Gegenparteien aus, so dass auch diesen das Sonderinsolvenzrecht offen stehen sollte. Bei der Untersuchung der Anwendungsbereiche des deutschen Sonderinsolvenzrechts und des US-Rechts lässt sich feststellen, dass trotz einer Vielzahl unterschiedlicher Definitionen kein Anwendungsbereich mit dem Anwendungsbereich de lege ferenda vergleichbar ist. Im Anwendungsbereich des § 46 KWG sind Betreiber von Geschäften erfasst, deren Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht unproblematisch möglich wäre. Dazu gehören das Pfandbriefgeschäft, das Finanzkommissionsgeschäft, das Depotgeschäft sowie das Emissionsgeschäft. Nicht erfasst sind hingegen Zahlungsdienstleistungsinstitute und Verwalter von Investmentvermögen, deren Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht die Finanzmarktstabilität gefährden kann. Auch für Betreiber von Factoring und dem Finanzierungsleasing ist der Anwendungsbereich des § 46 KWG nicht eröffnet, obwohl diese eine mit Betreibern des Kreditgeschäfts vergleichbare Funktion einnehmen. Auch der Anwendungsbereich des SAG erfasst mehr Tätigkeiten als nötig und ist dennoch unvollständig. Einerseits werden Betreiber des eingeschränkten Verwahrgeschäfts und des Eigenhandels erfasst, die unproblematisch im Rahmen der allgemeinen Insolvenzordnung abgewickelt werden könnten. Andererseits sind beispielsweise die Betreiber des Einlagengeschäfts oder des Pfandgeschäfts nur dann erfasst, wenn sie auch das Kreditgeschäft betreiben und vice versa. Den kleinsten Anwendungsbereich des deutschen Sonderinsolvenzrechts haben das Sanierungs- und das Reorganisationsverfahren, welche nur Kreditinstituten im Sinne des KWG offenstehen. Doch selbst dieser Anwendungsbereich ist größer als notwendig. So werden Tätigkeiten wie das Depotgeschäft oder das Finanzkommissionsgeschäft erfasst, deren Betrieb keine Anwendung des Sonderinsolvenzrechts rechtfertigt. Es fehlen hingegen im Anwendungsbereich Tätigkeiten wie die Anlageverwaltung von Investmentvermögen oder das Factoring. Das US-Sonderinsolvenzrecht besteht aus einem Teil, der lediglich für Einlageninstitute anwendbar ist, und einem Teil, der für alle systemrelevanten Finanzinstitute mit Ausnahme der Einlageninstitute anwendbar ist. Während die Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Betreiber des Einlagengeschäfts zu kurz greift, ist der Anwendungsbereich des Dodd-Frank Act in Bezug auf die einbezogenen Geschäfte zur Definition des Finanzinstituts deutlich zu weit. Neben der Art der einbezogenen Geschäfte stellt sich bei der Definition des Finanzinstitutsbegriffs im US-Recht auch die Frage nach dem Umfang, in dem die erfassten Geschäfte betrieben werden müssen. Nur wenn die Finanzgeschäfte einen Anteil von mindestens 85 % des Umsatzes oder der Bilanz ausmachen, erfüllen die betreffenden Unternehmen die Definition des Finanzinstitutsbegriffs. Diese Einschränkung erscheint jedoch verfehlt.268 Große Unternehmen, die neben einem signifikanten Finanzgeschäft überwiegend Nichtfinanzgeschäfte betreiben, fallen 268 

So auch Lubben, Seattle Law Review 2011, 1159, 1260.

172

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

damit aus dem Anwendungsbereich der OLA heraus. Dennoch kann deren Abwicklung im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts eine größere Ansteckungsgefahr verursachen als die Abwicklung eines kleinen Finanzinstituts, welches kein weiteres Geschäft betreibt. Die aktuelle Definition des Anwendungsbereichs ermöglicht es Finanzunternehmen mit Nichtfinanzunternehmen zu verschmelzen, deren Umsatz und Vermögensgegenstände 20 % derer des Finanzunternehmens ausmachen, und sich damit dem Anwendungsbereich des Dodd-Frank Act zu entziehen.269 Da die Finanzgeschäfte des verschmolzenen Unternehmens nur noch einen Anteil von 80 % des Umsatzes und der Vermögensgegenstände ausmachen, handelt es sich nicht mehr um ein Finanzinstitut im Sinne des Dodd-Frank Act. Alternativ zu einer relativen Schwelle wurde in der Literatur vorgeschlagen, eine absolute Schwelle anzuwenden. So könnte demnach ein Institut nur dann in den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts fallen, wenn die erfassten Finanzgeschäfte des Unternehmens einen „erheblichen“ Umfang haben.270 Damit entstünde aber einerseits eine große Rechtsunsicherheit in Hinblick auf die Definition des „erheblichen“ Umfangs und andererseits die Gefahr der Vermengung der Voraussetzung im Hinblick auf das betriebene Geschäft und der Voraussetzung der Systemrelevanz. Bei der Eingrenzung der Unternehmen anhand der ausgeübten Geschäfte sollte lediglich berücksichtigt werden, ob das Institut die relevanten Geschäfte nicht nur gelegentlich ausübt. Für die Beantwortung dieser Frage könnte im Dodd-Frank Act das Kriterium der Gewerbsmäßigkeit, wie es im deutschen Recht für die Definition von Instituten verwendet wird, herangezogen werden.

II.  Kriterium der Systemrelevanz Nicht alle Institute, die durch ihre Tätigkeit in den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts fallen, können auch im Sonderinsolvenzrecht abgewickelt werden. Vielmehr muss das Institut für die Anwendbarkeit von großen Teilen des Sonderinsolvenzrechts zusätzlich das Kriterium der Systemrelevanz erfüllen. Mit dieser zusätzlichen Einschränkung des Anwendungsbereichs soll die Abwicklung im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts auf diejenigen Fälle reduziert werden, in denen eine Abwicklung im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts eine Ansteckung des Finanzmarkts oder der Realwirtschaft nach sich ziehen würde. Nachdem zuvor schon die ökonomischen Gründe für die Systemrelevanz von Finanzinstituten dargestellt wurden,271 werden nachfolgend die gesetzlichen Kriterien zur Feststellung der Systemrelevanz dargestellt und analysiert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse werden sodann in einer Kritik an diesem Kriterium zusammengeführt. 269  Vgl. zur Ausweichstrategie des Aufkaufens auch Lubben, Seattle Law Review 2011, 1159, 1272. 270 Vgl. Jackson, Bankruptcy Code Chapter 14, S. 28. 271  Vgl. Kapitel B. II. 3.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

173

1.  Voraussetzung der Systemrelevanz in Deutschland a)  Rechtslage Im deutschen Sonderinsolvenzrecht stehen lediglich Maßnahmen nach § 46 KWG und die Durchführung des Sanierungsverfahrens nach §§ 2 f. SAG nicht-systemrelevanten Instituten offen. Alle anderen Normen des Sonderinsolvenzrechts setzen die Systemrelevanz des abzuwickelnden Instituts voraus. Anstelle einer einheitlichen Definition des Kriteriums der Systemrelevanz, hat der Gesetzgeber unterschiedliche, teilweise vage Voraussetzungen formuliert, die das Vorliegen einer Systemrelevanz erforderlich machen. Der Wortlaut des § 46g KWG ist mit der folgenden Formulierung noch vergleichsweise klar: „Sind wirtschaftliche Schwierigkeiten bei Kreditinstituten zu befürchten, die schwerwiegende Gefahren für die Gesamtwirtschaft, insbesondere den geordneten Ablauf des allgemeinen Zahlungsverkehrs erwarten lassen, so kann […]“272

Die Entscheidung über das Vorliegen einer Systemgefährdung i.S.d. § 46g KWG trifft die Bundesregierung nach Anhörung der Deutschen Bundesbank. Für die Anwendbarkeit der Abwicklungsinstrumente des SAG und für die Durchführung des Reorganisationsverfahrens ist hingegen keine vergleichbar explizite Voraussetzung zu finden.273 Vielmehr setzt § 62 Abs. 1 Nr. 2 SAG für die Anwendung von Abwicklungsinstrumenten des SAG – wie auch § 7 KredReorgG durch einen Verweis auf § 62 SAG für die Durchführung des Reorganisationsverfahrens – lediglich voraus, dass die Abwicklungsmaßnahme zur Erreichung der Abwicklungsziele geeignet sein muss.274 Bis zum Inkrafttreten des AbwMechG wurden als Abwicklungsziele gemäß § 67 Abs. 1 SAG a.F. die Abwendung einer Systemgefährdung und der Schutz öffentlicher Mittel durch die Vermeidung der Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln genannt. Gemäß § 67 Abs. 1 SAG n.F.275 wurde das Merkmal der Systemgefährdung durch vier detailliertere Ziele ersetzt. Der Gesetzgeber bezweckte mit der Änderung des § 67 SAG ausweislich der Gesetzesbegründung lediglich eine Anpassung des Gesetzeswortlautes an die BRRD, nicht aber eine materielle Änderung der Rechtslage.276 Vor diesem Hintergrund sind auch die vier ersetzenden Ziele als Untergruppen der Abwendung einer Systemgefährdung zu verstehen. Das erste Ziel der Abwicklung nach dem SAG besteht in der Sicherstellung der Kontinuität kritischer Funktionen des insolventen Instituts. Unter kritischen Funk-

272 

§ 46g Abs. 1 KWG. Vgl. § 77 Abs. 1 SAG; § 7 Abs. 2 KredReorgG. 274  Selbiges gilt für die Einleitung des Verfahrens auf europäischer Ebene durch den Ausschuss nach Art. 18 Abs. 1 lit. c SRM-VO. 275  Auf europäischer Ebene Art. 14 Abs. 2 SRM-VO. 276  BT-Drucks. 18/5009, S. 67. 273 

174

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

tionen sind gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 38 SAG277 Tätigkeiten, Dienstleistungen und Geschäfte zu verstehen, deren Einstellung zu einer Störung der Realwirtschaft oder der Finanzmarktstabilität führen würde. Dabei spielen insbesondere die Größe und die Verflechtungen des Instituts sowie die Substituierbarkeit von dessen Tätigkeiten eine Rolle. Das zweite Ziel ist die Vermeidung erheblicher negativer Auswirkungen auf die Finanzstabilität, vor allem durch die Verhinderung von Ansteckungen. Erhebliche negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität kann ebenfalls lediglich die Abwicklung eines systemrelevanten Instituts verursachen. Das dritte Ziel war auch schon in § 67 Abs. 1 Nr. 2 SAG a.F. aufgeführt. Demnach muss der Schutz öffentlicher Mittel bezweckt werden. In der alten Gesetzesfassung war allerdings klargestellt, dass der Schutz öffentlicher Mittel durch die Vermeidung der Inanspruchnahme außerordentlicher finanzieller Mittel erfolgen sollte.278 Der Wegfall des Zusatzes hat jedoch keine materiellen Auswirkungen. Der Schutz öffentlicher Mittel im Zusammenhang mit einer Bankenabwicklung ist grundsätzlich dadurch zu erreichen, dass der Einsatz von Steuermitteln zur Bankenrettung durch die Abwicklung des insolventen Instituts im SAG vermieden wird. Eine Bankenrettung durch Steuermittel kommt generell nur bei der Abwicklung systemrelevanter Finanzinstitute in Frage. Viertens muss der Schutz der unter das Einlagensicherungsgesetz fallenden Einleger bezweckt werden. Bei der Insolvenz eines Kreditinstituts zahlt der Einlagensicherungsfonds den Einlegern den vollen Betrag ihrer abgesicherten Forderungen. Ein besonderer Schutz der Einleger kann mithin lediglich dann erforderlich sein, wenn der Einlagensicherungsfonds nicht in der Lage ist, die Einlagen zurückzuzahlen. Unzureichende Mittel des Einlagensicherungsfonds sind aber regelmäßig nur bei der Insolvenz eines systemrelevanten Instituts zu befürchten. Zur Abwicklung kleinerer Instituten ist eine Anwendung des Sonderinsolvenzrechts mithin nicht erforderlich, um die abgesicherten Einleger zu schützen. Das fünfte Abwicklungsziel ist der Schutz der Gelder und Vermögenswerte der Kunden. Der Begriff des Kunden ist nicht legaldefiniert. Allerdings wird der Begriff von Kundengeldern und Kundenvermögen auch in Art. 44 Abs. 2 (c) BRRD verwendet. Regelbeispiele für Kundengelder und Kundenvermögen sind danach Gelder, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie für Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere fallen oder von Alternativen Investmentfunds verwaltet werden. Mithin handelt es sich bei Geldern und Vermögenswerten der Kunden um solche, die für den Kunden treuhänderisch am Finanzmarkt investiert werden. Dieses Ziel kann nicht nur bei der Abwicklung systemrelevanter Institute erreicht werden. Auch die Abwicklung kleiner Institute im Sonderinsolvenzrecht kann einen höheren Erlös erzielen als die Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht und damit den Verlust der Kunden im Vergleich zu einer Abwicklung im 277  278 

Auf europäischer Ebene Art. 2 Abs. 1 Nr. 35 BRRD. Vgl. § 67 SAG a.F.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

175

allgemeinen Insolvenzrecht reduzieren. Der Gesetzgeber bezeichnet dieses Ziel in der Gesetzesbegründung zum AbwMechG aber dennoch als ein Ziel zur Abwendung der Systemgefährdung.279 Möglicherweise ist das Ziel mithin allgemeiner zu verstehen, so dass es nicht im Schutz von Geldern und Vermögenswerten lediglich der Kunden des betroffenen Instituts, sondern der Kunden aller Institute besteht. Diese sind aber nur dann betroffen, wenn die Insolvenz des abzuwickelnden Instituts einen Ansteckungseffekt verursachen würde und damit nur, wenn das Institut systemrelevant ist. Die ersten vier genannten Ziele können mithin eindeutig nur bei der Abwicklung eines systemrelevanten Instituts im SAG erreicht werden. Die Gesetzesbegründung des AbwMechG deutet darauf hin, dass selbiges auch für das letzte Ziel gelten soll, auch wenn sich dies nicht klar aus dem Wortlaut ergibt. Mithin ist das Sonderinsolvenzrecht im Ergebnis nur für die Abwicklung von systemrelevanten Instituten anwendbar. Die Entscheidung darüber, ob die Abwicklungsziele besser im Sonderinsolvenzrecht des SAG erreicht werden können als im allgemeinen Insolvenzrecht und mithin darüber, ob das insolvente Institut systemrelevant ist, trifft für Institute im Anwendungsbereich der SRM-VO der europäische Abwicklungsausschuss nach Art. 18 Abs. 1 lit. c, Abs. 5 SRM-VO. Der Rat kann aber auf Vorschlag der Kommission Einwände gegen die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts mit der Begründung erheben, dass eine Abwicklung nicht im öffentlichen Interesse ist,280 mithin also die Systemrelevanz des Instituts zu verneinen ist und damit eine Abwicklung des Instituts im Sonderinsolvenzrecht des SAG verhindern.281 Außerhalb des Anwendungsbereichs der SRM-VO wird die Entscheidung, ob die Abwicklungsziele besser im Sonderinsolvenzrecht des SAG erreicht werden können als im allgemeinen Insolvenzrecht durch die deutsche Abwicklungsbehörde getroffen. Die Entscheidung über das Vorliegen der auf die Abwicklungsvoraussetzungen des SAG verweisenden Voraussetzungen des Reorganisationsverfahrens trifft nach § 7 KredReorgG wiederum die BaFin. Damit sind die Bundesregierung, die Bundesbank, der europäische Abwicklungsausschuss, die Abwicklungsbehörde und die BaFin bei verschiedenen Anlässen zur Feststellung der Systemrelevanz befugt. Es ist zu befürchten, dass die gestreute Zuständigkeit eine verlässliche Einschätzung der Systemrelevanz eines Instituts weiter erschwert, wenn die Behörden keine einheitlichen Indizien für die Einschätzung heranziehen. b)  Indizien für das Vorliegen einer Systemgefährdung Die in § 67 Abs. 2 SAG a.F. enthaltenen Anhaltspunkte für die Bestimmung der Systemrelevanz sind durch das AbwMechG ersatzlos entfallen. Zur angestrebten

279 

BT-Drucks. 18/5009, S. 67. Art. 18 Abs. 7 SRM-VO. 281  Art. 18 Abs. 8 SRM-VO. 280 

176

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Vereinheitlichung von § 67 SAG und Art. 31 BRRD282 wäre eine Übernahme der Indizien des § 67 Abs. 2 SAG a.F. in die BRRD vorzugswürdig gewesen, um den zuständigen Behörden eine einheitliche Beurteilung der Systemrelevanz zu ermöglichen. Durch die Streichung der Indizien des § 67 Abs. 2 SAG a.F. gibt es nunmehr keine gesetzlichen Vorgaben zur Bestimmung der Systemrelevanz eines Instituts. Mangels einer Ersatzregelung liegt es nahe, die Indizien des § 67 Abs. 2 SAG a.F. als Auslegungshilfe zur Bestimmung der Systemrelevanz heranzuziehen. Die in § 67 Abs. 2 a.F. genannten Indizien wurden vollständig aus § 48b Abs. 2 KWG a.F. übernommen. Die ersten fünf Faktoren, die auf den Empfehlungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht basieren, wurden bereits 2013 durch das Risikoabschirmungsgesetz283 um vier weitere Faktoren ergänzt.284 Durch das Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes285 wurde im Anschluss ein Faktor wieder gestrichen. Die Liste der Faktoren in § 67 Abs. 2 SAG a.F. war nicht abschließend und konnte jederzeit durch weitere Faktoren ergänzt werden, die die Behörden für angezeigt hielten.286 Die im Gesetz aufgeführten Indizien bezwecken eine Unterscheidung zwischen solchen Instituten, deren Abwicklung im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts eine Gefahr für den Finanzmarkt darstellt, und solchen, deren Abwicklung keine Gefahr darstellt. Wie im ökonomischen Teil dieser Arbeit dargestellt,287 kann eine Gefahr für den Finanzmarkt sowohl aus einer direkten Ansteckung als auch aus einer indirekten Ansteckung resultieren. Eine direkte Ansteckung findet aufgrund von Verlusten aus den Forderungen gegenüber einem insolventen Institut statt, während eine indirekte Ansteckung durch einen Vertrauensverlust der Gläubiger erfolgt. Neben der Ansteckungsgefahr spielt auch die makroökonomische Bedeutung des Instituts eine Rolle für die Bestimmung der Systemrelevanz. Die in § 67 Abs. 2 SAG a.F. aufgeführten Aspekte sind jeweils einem oder mehreren dieser ökonomischen Grundgedanken zuzuordnen. Problematisch ist allerdings, dass keine der Indizien eine zuverlässige Bestimmung der Systemrelevanz ermöglicht. Sie können lediglich Anhaltspunkte für die Beurteilung der Behörde liefern. Im Folgenden werden die Indizien des § 67 Abs. 2 SAG a.F. kurz dargestellt und rechtsökonomisch analysiert.

282 

Vgl. BT-Drucks. 18/5009, S. 67. zur Abschirmung von Risiken und zur Planung der Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Finanzgruppen vom 7. 8. 2013, BGBl I., 3090. 284  BT-Drucks. 17/12601, S. 40. 285 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes vom 15. 7. 2014, BGBl I., 934. 286  Noch zu § 48b KWG a.F.: BT-Drucks. 17/3024, S. 64; Beck/Samm/Kokemoor/Bornemann, § 48b KWG, Rn. 43; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 48b KWG, Rn. 13. 287  Vgl. supra Kapitel B. II. 3. 283  Gesetz

II.  Kriterium der Systemrelevanz

177

aa)  Art und Umfang der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Unternehmen des Finanzsektors (§ 67 Abs. 2 Nr. 1 SAG a.F.) Art und Umfang der Verbindlichkeiten des Kreditinstituts gegenüber anderen Instituten und sonstigen Unternehmen des Finanzsektors stellen den wichtigsten Faktor für die direkte Ansteckungsgefahr dar. Unter dem Faktor „Art der Verbindlichkeit“ kann sowohl nach der Art der Besicherung der Verbindlichkeit als auch nach ihrer Laufzeit unterschieden werden. Beide Merkmale haben unmittelbaren Einfluss auf die Risiken einer direkten Ansteckung. Wird ein Kreditinstitut abgewickelt, hängt der Wert der Forderungen gegen das insolvente Institut im Wesentlichen von ihrem Rang ab. Hält das Gläubigerinstitut besicherte Forderungen, so ist der Wertverlust und damit die Gefahr einer direkten Ansteckung deutlich geringer als im Falle von nachrangigen Forderungen. Auch erhöht eine kurze Laufzeit die Ansteckungsgefahr.288 Gläubiger von kurzfristigen Verbindlichkeiten gehen bei ihrer Liquiditätsplanung von einer Rückzahlung innerhalb von sehr kurzer Zeit aus. Die Insolvenz eines Kreditinstitutes verzögert aber regelmäßig die Rückzahlung. Während diese Verzögerung für Gläubiger langfristiger Verbindlichkeiten keine Auswirkungen hat, kann sie bei Gläubigern kurzfristiger Verbindlichkeiten Liquiditätsengpässe bis hin zur Illiquidität verursachen und damit eine Abwicklung oder Restrukturierung dieser Gläubiger notwendig machen. Auch die Berücksichtigung des „Umfangs“ der Verbindlichkeiten ist begründet. Je umfangreicher die Verbindlichkeiten eines Instituts sind, desto größer ist der potentielle Verlust der Gläubiger im Falle der Insolvenz. Die ausschließliche Berücksichtigung von Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen des Finanzsektors ist folgerichtig, da nur die Ansteckung anderer Finanz­ institute eine Kettenreaktion auszulösen droht, die dann zu einer Beeinträchtigung der Realwirtschaft führen kann.289 Ein hoher Anteil von Verbindlichkeiten gegenüber Unternehmen der Realwirtschaft stellt hingegen eine weitaus geringere Gefahr dar. bb)  Umfang der aufgenommenen Einlagen (§ 67 Abs. 2 Nr. 2 SAG a.F.) Der Umfang der aufgenommenen Einlagen stellt sowohl einen Indikator für die direkte als auch für die indirekte Ansteckungsgefahr dar. Wird ein Institut mit einer Vielzahl von Einlegern insolvent, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass das Vertrauen der Einleger in die Bankwirtschaft insgesamt erschüttert wird und 288 Schwennicke/Auerbach/Brandi,

§ 48b KWG, Rn. 17. Aufgrund der Beschränkung auf Verbindlichkeiten gegenüber anderen Unternehmen des Finanzsektors kann auch nicht der Verschuldungsgrad des Instituts herangezogen, wie fälschlich dargestellt von Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr, S. 75. 289 

178

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

die Einleger ihr Geld auch aus anderen Instituten abziehen.290 Auch erhöht der Umfang der aufgenommenen Einlagen die Wahrscheinlichkeit, dass der Einlagensicherungsfonds nicht mehr in der Lage sein wird, ohne Zusatzbeiträge alle Einleger auszuzahlen.291 Der Zusatzbeitrag kann dann wiederum die zur Zahlung verpflichteten Institute in Schwierigkeiten bringen. Somit erhöht ein größerer Umfang aufgenommener Einlagen auch die direkte Ansteckungsgefahr. cc)  Art und Umfang der eingegangenen Risiken und die Verhältnisse auf den Märkten, auf denen die Positionen gehandelt werden (§ 67 Abs. 2 Nr. 3 SAG a.F.) Mit diesem Indikator kann das Risiko dafür erfasst werden, dass die Insolvenz eines Institutes Marktbewegungen auslöst, die zu Verlusten bei anderen Instituten führen. So ist vorstellbar, dass Institute zur Verbesserung ihrer eigenen Liquidität, die beispielsweise durch einen bank run dramatisch reduziert wurde, Vermögensgegenstände in großem Ausmaß verkaufen.292 Insbesondere in wenig liquiden Märkten führt der massenhafte Verkauf von Vermögensgegenständen regelmäßig zu einem Preisabsturz der betroffenen Instrumente. Der verringerte Marktpreis verursacht dann bei anderen Instituten, die ihre Vermögenswerte basierend auf Marktpreisen bilanzieren, einen Verlust. Dieser Verlust kann die Gläubiger oder die Aufsicht dazu veranlassen, den Abbau von Risiken zu fordern, was regelmäßig erneut zu einem Verkauf von Finanzinstrumenten führt. Somit entsteht eine Verlustspirale, die den gesamten Finanzsektor betreffen kann.293 dd)  Vernetzung mit anderen Finanzmarktteilnehmern (§ 67 Abs. 2 Nr. 4 SAG a.F.) Die Vernetzung mit anderen Finanzmarktteilnehmern kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Die Vernetzung durch gegenseitige Forderungen wurde bereits in § 67 Abs. 2 Nr. 1 SAG a.F. durch den Faktor „Art und Umfang der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Unternehmen des Finanzsektors“ erfasst. Die zusätzliche Erwähnung der Vernetzung mit anderen Finanzmarktteilnehmern in § 67 Abs. 2 Nr. 4 SAG a.F. stellte einen Auffangtatbestand dar.294 Gegenseitige Verbindlichkeiten wurden hier also nicht berücksichtigt. Als sonstige Vernetzungsmöglichkeiten kommen die Erbringung wesentlicher Dienstleistungen für andere Finanzmarktteilnehmer oder die Zugehörigkeit zu einer Verbundgruppe in Frage.295 Werden 290  Als Einlage ist hier, wie im gesamten KWG nur die Publikumseinlage zu verstehen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 1 KWG), daher sind institutionelle „Einlagen“ nicht erfasst; a.A. Schwennicke/Auerbach/Brandi, §48b KWG, Rn. 18. 291 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 48b KWG, Rn. 13. 292 Beck/Samm/Kokemoor/Bornemann, § 48a KWG, Rn. 49. 293 Vgl. Brunnermeier, Journal of Economic Perspectives, 77, 93. 294 Beck/Samm/Kokemoor/Bornemann, § 48b KWG, Rn. 47. 295 Schwennicke/Auerbach/Brandi, § 48b KWG, Rn. 20.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

179

wesentliche Dienstleistungen für andere Finanzmarktteilnehmer angeboten, so kann der Ausfall der Dienstleistung zu operationellen Schwierigkeiten bei diesen Teilnehmern führen. Die Insolvenz eines verbundangehörigen Instituts kann zu Nachzahlungsverpflichtungen der anderen Teilnehmer des Verbunds führen und somit ebenfalls eine Ansteckung verursachen. Unabhängig von der Art der Vernetzung, steigt die Gefahr einer direkten Ansteckung mit dem Grad der Vernetzung des betroffenen Instituts. Folglich ist die Aufnahme dieses Faktors wirtschaftswissenschaftlich gut begründbar. ee)  Verhältnisse auf den Finanzmärkten (§ 67 Abs. 2 Nr. 5 SAG a.F.) Die Verhältnisse auf den Finanzmärkten haben auf das direkte und das indirekte Ansteckungsrisiko sowie auf die makroökonomischen Auswirkungen der Insolvenz einen großen Einfluss. Der Wortlaut der Nr. 5 stellt insbesondere auf das indirekte Ansteckungsrisiko ab. Nach § 67 Abs. 2 Nr. 5 SAG a.F. sollten „insbesondere die von den Marktteilnehmern erwarteten Auswirkungen eines Zusammenbruchs des Instituts oder der Gruppe auf andere Unternehmen des Finanzsektors, auf den Finanzmarkt sowie auf das Vertrauen der Einleger und Marktteilnehmer in die Funktionsfähigkeit des Finanzmarkts und in die Realwirtschaft“ berücksichtigt werden. Dieser Faktor basierte auf den Erwartungshaltungen der Einleger und des Finanzmarktes und spiegelt damit das ökonomische Risiko der indirekten An­steckungsgefahr umfänglich wider. Eine ängstliche Erwartungshaltung kann schnell zu einem bank run bei anderen Instituten führen und damit eine indirekte Ansteckung auslösen oder beschleunigen. Daneben haben die Verhältnisse auf den Finanzmärkten aber auch Einfluss darauf, ob die Verluste der Gläubiger durch die Insolvenz eines Instituts absorbiert werden können oder eine Kettenreaktion auslösen und ob die Stilllegung des Instituts eine Kreditklemme verursachen kann. Die Verhältnisse auf den Finanzmärkten zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung sind jedoch ex ante nicht bestimmbar. Mithin führt die Berücksichtigung dieses Indizes trotz seiner ökonomischen Fundierung zu einer hohen Unsicherheit über die Systemrelevanz des Instituts. ff)  Die Komplexität der Geschäfte (§ 67 Abs. 2 Nr. 6 SAG a.F.) Die Komplexität der Geschäfte führt für sich genommen noch nicht zu einer Systemrelevanz des Instituts, das diese betreibt. Eine hohe Komplexität erschwert zwar möglicherweise die Abwicklung des Instituts, gefährdet damit aber nicht zwangsläufig den Finanzsektor. Eine Erfassung dieses Indikators kann aber dennoch geboten sein, um der Aufsicht die Möglichkeit zur eröffnen, Institute für systemrelevant zu erklären, deren

180

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Geschäftsstruktur so komplex ist, dass eine Einschätzung der tatsächlich vorhandenen Ansteckungsrisiken nicht möglich ist. gg)  Grenzüberschreitende Tätigkeiten (§ 67 Abs. 2 Nr. 7 SAG) Die eigenständige Nennung von grenzüberschreitenden Tätigkeiten konnte als Reaktion des Gesetzgebers auf die Literaturmeinung betrachtet werden, nach der die Systemrelevanz nur im Hinblick auf den deutschen Finanzsektor beurteilt werden sollte.296 Nach der Einführung des Faktors der grenzüberschreitenden Tätigkeiten mussten auch Geschäfte mit Finanzinstituten außerhalb Deutschlands Berücksichtigung finden. Wie stark diese zu gewichten waren, lag weitgehend im Ermessen der zuständigen Behörde. In einem integrierten Finanzmarkt sollte die Berücksichtigung von Einflüssen auf Institute anderer Länder schon aus dem Eigeninteresse nationaler Institute selbstverständlich sein. Eine Beeinträchtigung ausländischer Institute kann sich andernfalls wiederum unmittelbar negativ auf die nationalen Institute auswirken. hh)  Ersetzbarkeit der angebotenen Dienstleistungen und Systeme (§ 67 Abs. 2 Nr. 8 SAG) Die Ersetzbarkeit der angebotenen Dienstleistungen und Systeme spielt wohl vor allem im Bereich des Zahlungsverkehrs und der Börsen eine entscheidende Rolle.297 Aber auch grundsätzlich hat die Ersetzbarkeit einen erheblichen Einfluss auf die makroökonomischen Auswirkungen der Insolvenz des Instituts. Können Geschäfte, wie beispielsweise Zahlungsdienstleistungen, das Garantiegeschäft oder das Finanzierungsleasing, durch die anderen Marktteilnehmer nicht mehr erbracht werden, weil es keinen alternativen Anbieter für die entsprechende Dienstleistung gibt, kann dies im schlimmsten Falle zu einem Zusammenbruch des Finanzsystems und massiven Beeinträchtigungen der Realwirtschaft führen. ii)  Größe des Kreditinstituts Die Größe des Kreditinstituts wurde bis Ende 2014 ebenfalls als Indikator für die Systemrelevanz aufgeführt. Die Größe eines Instituts hat auf alle Aspekte der Systemrelevanz Einfluss. Regelmäßig erhöht sich mit der Größe des Instituts der Umfang der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Finanzinstituten und damit die direkte Ansteckungsgefahr. Darüber hinaus steigt die Sichtbarkeit und damit die Gefahr eines Vertrauensverlustes der Gläubiger in andere Institute. Nicht zuletzt hat auch schon die Insolvenz eines einzelnen großen Kreditinstituts typischerweise

296  So z.B. Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr, S. 69; zustimmend Schwennicke/Auerbach/Brandi, § 48b KWG, Rn. 16. 297  Vgl. Schwennicke/Auerbach/Brandi, § 48b KWG, Rn. 22.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

181

signifikanten Einfluss auf die Marktentwicklung und damit auf die Verluste aus Finanzinstrumenten anderer Institute. Vor diesem Hintergrund ist nicht nachvollziehbar, weshalb der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes298 diesen Faktor aus der Liste gestrichen hat. Nach der Gesetzesbegründung sollte dieses Gesetz im Wesentlichen redaktionelle Änderungen vornehmen.299 Zur konkreten Streichung nimmt die Begründung keine Stellung.300 jj)  Zusammenfassung Die Indikatoren des § 67 Abs. 2 SAG a.F. zur Feststellung der Systemrelevanz eines Instituts berücksichtigten die im Kapitel „Ökonomische Auswirkungen der Insolvenz“ vorgestellten Ansteckungswege der direkten und indirekten Ansteckung sowie die makroökonomischen Erwägungen einer Bankeninsolvenz. Sie bildeten damit eine gute Grundlage zur Einschätzung der Systemrelevanz eines Instituts. Aber selbst trotz der Konkretisierung des abstrakten Begriffs der Systemrelevanz durch acht Faktoren verbleibt ein enormer Beurteilungsspielraum bei der zuständigen Behörde. Einerseits sind für die Indikatoren keine Schwellen angegeben, bei deren Überschreitung eine Systemrelevanz fingiert wird, andererseits sind Faktoren, wie der der Verhältnisse auf den Finanzmärkten, ex ante nicht prognostizierbar. Die Abschaffung der Faktoren des § 67 Abs. 2 SAG a.F. durch das ­AbwMechG vergrößert diesen Beurteilungsspielraum zusätzlich und sollte rückgängig gemacht werden. Zur Verbesserung der Prognostizierbarkeit sollten die Faktoren vielmehr auch auf europäischer Ebene verbindlich für die Entscheidung des Ausschusses über die Abwicklung eines Instituts im SAG verankert werden. Selbst dann verbliebe noch ein hohes Maß an Unsicherheit über die Systemrelevanz eines Instituts im Insolvenzfall. c)  Systemrelevante Banken in Deutschland Zur Prognose der Systemrelevanz eines Instituts kann möglicherweise die Beurteilung der Systemrelevanz bei der laufenden Aufsicht herangezogen werden. Die Aufsichtsrichtlinie301 unterscheidet zur Festlegung der Überwachungsintensität zwischen systemrelevanten und nicht systemrelevanten Instituten.302

298 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen auf dem Gebiet des Finanzmarktes, vom 15. 7. 2014, BGBl. I, S. 934. 299  BT-Drucks. 18/1305, S. 1. 300  Vgl. BT-Drucks. 18/1305, S. 41. 301  Richtlinie zur Durchführung und Qualitätssicherung der laufenden Überwachung der Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute durch die Deutsche Bundesbank (Aufsichtsrichtlinie – AufsichtsRL) vom 21. 02. 2008. 302  Art. 6 AufsichtsRL.

182

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Nach Auskunft der BaFin wurden im Jahr 2012 in Deutschland 36 Banken in der laufenden Aufsicht als stark systemrelevant erachtet, weitere 191 Institute als mittelstark systemrelevant und 1690 Institute als kaum systemrelevant.303 Legte man als einziges Kriterium für die Systemrelevanz die Bilanzsumme zugrunde, so würden Institute mit einer Bilanzsumme von mehr als etwa 30 Mrd. Euro als systemrelevant erachtet.304 Damit zieht die deutsche Bankenaufsicht den Kreis der systemrelevanten Banken deutlich weiter als das Financial Stability Board (FSB). International wird nur noch die Deutsche Bank durch das FSB als systemrelevant anerkannt.305 Die Beurteilung der Systemrelevanz für die laufende Aufsicht kann allerdings nur eine grobe Orientierung geben. Weder führt die Feststellung der Systemrelevanz eines Finanzinstituts im Rahmen der laufenden Aufsicht zu der automatischen Abwicklung im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts noch sind Institute aus dem Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts ausgeschlossen, die in der laufenden Aufsicht als nicht systemrelevant gelten.306 Vielmehr hängt es von den konkreten Marktumständen zum Zeitpunkt der Abwicklung ab, ob ein Institut als systemrelevant erachtet wird. 2.  Voraussetzung der Systemrelevanz in den USA a)  Rechtslage Auch in den USA ist der Anwendungsbereich von Teilen des Sonderinsolvenzrechts nur für systemrelevante Institute eröffnet. Während für die Abwicklung von Einlageninstituten im Rahmen des FDIA keine Systemrelevanz erforderlich ist, stellt sie für die Anwendbarkeit des OLA ein wesentliches Kriterium dar. Wie zuvor aufgezeigt, erfasst der Anwendungsbereich der OLA ein breites Spektrum an Finanzgeschäften, so dass hier die Voraussetzung der Systemrelevanz die maßgebliche Einschränkung des Anwendungsbereichs darstellt. Der US-Gesetzgeber hat für diese Feststellung ein mehrstufiges Verfahren in § 203 des Dodd-Frank Act vorgesehen. In einem ersten Schritt verfassen FDIC und Fed auf Antrag des Finanzministers oder des betroffenen Institutes eine Empfehlung zur Abwicklung des Institutes im Rahmen der OLA, wenn ihre Leitungsgremien von der Systemrelevanz des Instituts überzeugt sind und sich jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit für 303 

BT-Drucks. 17/10931, S. 5. Vgl. Liste des Bankenverbandes, 100 größte Banken 2012. 305  FSB, Global systemically important banks 2015, S. 3. 306  Bemerkenswerterweise stellt die BaFin in ihrem Jahresbericht nur die Möglichkeit heraus, Institute, die nach der AufsichtsRL nicht als systemrelevant eingestuft wurden, im Falle einer Schieflage als systemrelevant zu behandeln, nicht aber den umgekehrten Fall, vgl. BaFin, Jahresbericht 2010, S. 160; allgemein auch Schwennicke/Auerbach/Brandi, § 48b KWG, Rn. 15. 304 

II.  Kriterium der Systemrelevanz

183

die Empfehlung aussprechen.307 Diese Empfehlung muss eine Beschreibung der Auswirkungen einer Abwicklung des Instituts auf die Finanzstabilität in den USA enthalten und erklären, weswegen das allgemeine Insolvenzrecht ungeeignet für die Abwicklung ist.308 Weiterhin muss die Empfehlung unter anderem Vorschläge für Maßnahmen enthalten, die unter der OLA durchgeführt werden sollen,309 die Wahrscheinlichkeit einer Rettung durch den Privatsektor beurteilen310 sowie bestätigen, dass es sich um eine nonbank financial institution handelt311. Basierend auf dieser Empfehlung stellt der Finanzminister in Absprache mit dem Präsidenten der USA in einem zweiten Schritt die Systemrelevanz fest, sofern er den Empfehlungen zustimmt.312 Diese Entscheidung wird dem betroffenen Institut und der FDIC im Anschluss mitgeteilt.313 Widerspricht das Institut der Entscheidung nicht, so wird die FDIC als Abwickler eingesetzt.314Anderenfalls klagt der Finanzminister vor dem District Court des District of Columbia auf die Einsetzung. Trifft das Gericht nicht innerhalb von 24 Stunden eine Entscheidung, so gilt die Klage als erfolgreich und die FDIC kann mit der Abwicklung beginnen.315 Das Institut kann sich gerichtlich nur mit dem Argument gegen die Einsetzung der FDIC wehren, dass es kein Finanz­ institut sei, nicht aber damit, dass es nicht systemrelevant sei.316 Somit liegt die Festlegung der Systemrelevanz unüberprüfbar bei der FDIC, der Fed, dem Finanzminister und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Der Anwendungsbereich für die Abwicklung von Einlageninstituten im Rahmen des FDIA ist im Gegensatz zur OLA sowohl für systemrelevante als auch für nicht systemrelevante Institute eröffnet. Die Systemrelevanz wird aber vorausgesetzt, um von der grundsätzlichen Vorgabe abzuweichen, das Institut zu den geringstmöglichen Kosten für die FDIC abzuwickeln.317 Stellt die FDIC also die Systemrelevanz des Einlageninstitutes fest, kann sie beispielsweise die Abwicklung verzögern, was zwar möglicherweise zu höheren Kosten für die Gläubiger und damit für die FDIC als Einlagenversicherer führt, dafür aber Marktverwerfungen reduziert.

307 

§ 203 (a)(1)(A) Dodd-Frank Act. § 203 (a)(2)(B),(F) Dodd-Frank Act. 309  § 203 (a)(1)(D) Dodd-Frank Act. 310  § 203 (a)(1)(E) Dodd-Frank Act. 311  § 203 (a)(1)(H) Dodd-Frank Act. 312  § 203 (b) Dodd-Frank Act. 313  § 202 (a)(1)(A)(i) Dodd-Frank Act. 314  § 202 (a)(1)(A)(i) Dodd-Frank Act. 315  § 202 (a)(1)(A)(v) Dodd-Frank Act. 316  § 202 (a)(1)(A)(iv) Dodd-Frank Act. 317  § 1823 (c)(4)(G)(i) i.V.m. § 1823 (c)(4)(A)(ii) Title 12 U.S.C. 308 

184

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

b)  Indizien für das Vorliegen einer Systemrelevanz Im Gegensatz zu der Definition der Systemrelevanz im Bereich der durch die Fed zu beaufsichtigenden Nichtbankeninstitute hat der US-Gesetzgeber für die Festlegung der Systemrelevanz im Bereich der OLA und des FDIA keine Konkretisierung des Begriffes vorgenommen.318 Wie auch im deutschen Recht führt die Feststellung der Systemrelevanz für die laufende Aufsicht im Rahmen von Title I des Dodd-Frank Act noch nicht dazu, dass das Institut auch für die Abwicklung als systemrelevant gilt.319 Daher muss auch im US-Recht eine eigenständige Prüfung der Systemrelevanz zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung erfolgen. Mithin entsteht im US-Recht ein mit dem deutschen Recht vergleichbares Maß an Unsicherheit über das anwendbare Abwicklungsregime. Eine Auslegungshilfe für das Kriterium der Systemrelevanz bei der Abwicklung können aber möglicherweise die Prüfungskriterien zur Bestimmung der Systemrelevanz während der laufenden Aufsicht darstellen. Allerdings ist der Wortlaut der Definition von Systemrelevanz für die Abwicklung und für die laufende Aufsicht nicht identisch. Der Wortlaut der Definition des systemischen Risikos im Bereich der Abwicklung lautet in OLA und FDIA übereinstimmend: „[…] would have serious adverse effects on economic conditions or financial stability“320

Im Gegensatz dazu lautet die Formulierung für die Unterwerfung eines systemrelevanten Institutes unter die laufende Aufsicht der Fed nach § 113 (a)(1) DoddFrank Act: „[…] could pose a threat to the financial stability“321

Fraglich ist, ob diese unterschiedlichen Definitionen auch zu unterschiedlichen Anforderungen an die Systemrelevanz führen oder ob die Kriterien, die für die Interpretation von § 113 Dodd-Frank Act durch das Financial Stability Oversight Council entwickelt wurden, um die Systemrelevanz für die laufende Aufsicht zu beurteilen, auch für die Entscheidung über die Systemrelevanz im Rahmen der Abwicklung herangezogen werden können. Zu berücksichtigen ist jedenfalls, dass die Regelungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten angewandt werden. Während die erste Definition in den Fällen herangezogen wird, in denen das Institut schon gescheitert ist und unmittelbar vor seiner Abwicklung steht, findet letztere Definition während der laufenden Bankaufsicht Anwendung und damit regelmäßig weit vor einer möglichen zukünftigen Abwicklung.

318  Kritisch dazu Joo, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law 2011, 47, 60. 319  Baird/Morrison, American Bankruptcy Institute Law Review 2011, 287, 291. 320  § 1823 (c)(4)(G)(i)(I) Title 12 U.S.C.; § 203 (b)(2) Dodd-Frank Act. 321  § 113 (a)(1) Dodd-Frank Act.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

185

Damit ließe sich auch die unterschiedliche Wortwahl erklären. Das Wort could322 in der Definition zur Beurteilung der Systemrelevanz für die laufende Aufsicht erfordert einen geringeren Grad an Sicherheit als das Wort would323 für die Festlegung der Systemrelevanz im Abwicklungsfall. Would setzt eine Folge nach Eintritt der entsprechenden Bedingung als sicher voraus. Würde also das Institut im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt, so würden auch die negativen Auswirkungen sicher eintreten. Im Gegensatz dazu spiegelt die Verwendung von could die Unsicherheit wider, die im Vorfeld über die aktuellen Marktumstände zum Zeitpunkt der Abwicklung besteht. Institute werden in der laufenden Aufsicht also bereits dann als systemrelevant klassifiziert, wenn (unter bestimmten Marktbedingungen) negative Folgen für die Finanzwirtschaft durch deren Abwicklung drohen könnten, ohne dass der Eintritt solcher Folgen feststehen müsste. Ähnliches gilt für den Unterschied zwischen „serious adverse effects“324 in der Definition der Systemrelevanz für die Abwicklung und „threat“325 in der Definition für die laufende Aufsicht. Die Verwendung von threat spiegelt die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung wider. Eine Bedrohung kann sich sehr unterschiedlich auswirken. Sie kann sich gar nicht realisieren, geringe Auswirkungen haben oder in einem Zusammenbruch des Finanzsystems enden. Eine ernsthafte negative Auswirkung ist hingegen bereits ein mögliches Ergebnis und lässt damit keinen Spielraum mehr für unsichere Entwicklungen. Beide Begriffe unterscheiden sich aber nur im Grad der erforderlichen Sicherheit. Würde nicht in Betracht gezogen, dass die Realisierung der Bedrohung eine ernsthafte Auswirkung auf die Stabilität des Finanzmarktes haben könnte, sondern lediglich eine geringe Auswirkung für möglich gehalten, würde das Gesetz nicht den Begriff einer Bedrohung verwenden, sondern eine schwächere Formulierung, wie etwa „ein Risiko für das Finanzsystem“. Der Unterschied zwischen Auswirkungen auf „economic conditions or financial stability“326 im Abwicklungsbereich und Auswirkungen nur auf die „financial stability“327 im Bereich der laufenden Aufsicht ist lediglich redaktioneller Natur. Auch im Bereich der laufenden Aufsicht werden die Auswirkungen auf die Realwirtschaft berücksichtigt, wie sich aus § 113 Abs. 2 lit. D Dodd-Frank Act ergibt, der die Wichtigkeit des Instituts als Quelle für Kredite von Haushalten, Unternehmen und der Regierung einbezieht. Folglich kann davon ausgegangen werden, dass sich beide Begriffe für die Beurteilung der Systemrelevanz materiell nicht unterscheiden. Somit können die Indizien, die für die Festlegung der Systemrelevanz während der laufenden Bankaufsicht 322 

Übersetzt ‚könnte‘. Übersetzt ‚würde‘. 324  Übersetzt ‚ernsthafte negative Auswirkungen‘. 325  Übersetzt ‚Bedrohung‘. 326  Übersetzt ,Wirtschaftsbedingungen oder Finanzstabilität‘. 327  Übersetzt ‚Finanzstabilität‘. 323 

186

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

entwickelt wurden, grundsätzlich auch für die Festlegung der Systemrelevanz bei der Abwicklung herangezogen werden. Im Folgenden werden die Kriterien vorgestellt und mit den ökonomischen Grundgedanken sowie mit der deutschen Rechtslage verglichen. aa)  Anteil der Verbindlichkeiten (§ 113 (a)(2)(A) Dodd-Frank Act)328 Ein Kriterium zur Beurteilung der Systemrelevanz ist der Anteil der Verbindlichkeiten, das sogenannte leverage.329 Klassischerweise wird darunter der Anteil von Fremdkapital zu Eigenkapital verstanden.330 Je größer der Fremdkapitalanteil ist, desto risikoreicher agiert das Institut. Für die Beurteilung der Systemrelevanz ist dieser Indikator jedoch wirtschaftlich ungeeignet.331 So kann auch ein sehr kleines Institut einen sehr hohen Fremdkapitalanteil haben. Zwar ist das Institut dann stark gefährdet, das Finanzsystem ist durch dessen Abwicklung aber möglicherweise nicht betroffen. Für das Finanzsystem ist die absolute Höhe der Verbindlichkeiten deutlich relevanter. Auch können Verbindlichkeiten gegenüber der Realwirtschaft für die Beurteilung der Ansteckungsgefahr durch das Institut weitgehend vernachlässigt werden. Der deutsche Indikator in § 67 SAG a.F., der auf den Umfang und die Art der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Unternehmen des Finanzsektors abstellt,332 ist somit klar vorzugswürdig. bb)  Umfang und Art außerbilanzieller Risiken und Überwachung des Instituts (§ 113 (a)(2)(B) und (H) Dodd-Frank Act)333 Auch der Indikator der Höhe und Art der außerbilanziellen Risiken334 ist nur begrenzt geeignet, das Risiko für das Finanzsystem im Falle einer Abwicklung des Instituts abzubilden. Zwar sind gerade große Institute mittels der Verlagerung von Risiken auf special purpose vehicles oft außerbilanzielle Risiken in großem Umfang eingegangen, allerdings sind diese Risiken nicht kausal für die Systemrelevanz der Institute. Ob die Risiken in der Bilanz abgebildet werden oder nicht, beeinflusst nicht die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Abwicklung des Instituts. 328 

Wortlaut der Norm: „extent of the leverage of the company“. § 113 (a)(2)(A) Dodd-Frank Act. 330  Black’s Law Dictionary, 2009, leverage. 331  Anders jedoch auch ohne nähere Erläuterung FSB/IMF/BIS, Guidance to Assess the Systemic Importance, S. 13. 332  § 67 Abs. 2 Nr. 1 SAG a.F.; vgl. auch unter D. II.1. b) aa). 333  Wortlaut von § 113 (a)(2)(B): „the extent and nature of the off-balance-sheet exposures of the company“; Wortlaut von § 113 (a)(2)(H): „the degree to which the company is already regulated by 1 or more primary financial regulatory agencies“. 334  § 113 (a)(2)(B) Dodd-Frank Act. 329 

II.  Kriterium der Systemrelevanz

187

Der Umfang der außerbilanziellen Risiken ist aber für die Wirksamkeit der Bankaufsicht und damit auch indirekt für die Beurteilung der Systemrelevanz bedeutsam. § 113 (a)(2)(H) Dodd-Frank Act berücksichtigt die Überwachung eines Instituts durch eine Aufsichtsbehörde als Faktor, der die Systemrelevanz eines Instituts verringert. Eine wirksame Überwachung kann aber nur erfolgen, wenn alle Risiken durch die Überwachungsbehörde erkannt werden. Geht das Institut außerbilanzielle Risiken in größerem Umfang ein und verschleiert damit seine Risiken, droht die Überwachung ins Leere zu laufen. Zur Beurteilung der Systemrelevanz für die laufende Überwachung ist dieser Indikator somit grundsätzlich geeignet. Für die Beurteilung der Systemrelevanz im Abwicklungsfall eignet sich dieses Kriterium hingegen nicht. Die Überwachung konnte in diesen Fällen die Schief­ lage des Instituts nicht verhindern und ist für die Abwicklung nicht mehr von Bedeutung. Dennoch ist die Berücksichtigung außerbilanzieller Risiken und der Wirksamkeit der Überwachung geboten, um Institute für systemrelevant erklären zu können, deren Risikostruktur von der zuständigen Behörde nicht hinreichend erfasst werden kann und bei denen die Auswirkung einer Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht auf die Finanzstabilität daher nicht eingeschätzt werden kann. Somit sind diese Faktoren vergleichbar mit der Berücksichtigung der Komplexität der Geschäfte im deutschen Recht.335 cc)  Bedeutung für die Realwirtschaft (§ 113 (a)(2)(E) Dodd-Frank Act)336 Weiterhin wird berücksichtigt, welche Bedeutung das Institut für die Kreditversorgung der Realwirtschaft hat.337 Dieser Aspekt ist für die Beurteilung der makroökonomischen Auswirkungen einer Abwicklung des Instituts einzubeziehen. Allerdings sollten die Auswirkungen einer Insolvenz für die Realwirtschaft nur im Hinblick auf die Besonderheiten von Finanzinstituten berücksichtigt werden.338 Auch die Insolvenz von Unternehmen außerhalb des unmittelbaren Finanzsektors kann zu einer großen Beeinträchtigung der Realwirtschaft führen. Das Sonderinsolvenzrecht für Banken hat aber nicht die Aufgabe, wichtige Unternehmen im Allgemeinen zu retten, sondern bankenspezifische Risiken bei der Abwicklung zu berücksichtigen. Somit erscheint es nicht ausreichend, eine hohe Relevanz für die Realwirtschaft festzustellen, vielmehr muss eine bankenspezifische Gefahr, beispielsweise in Form einer Kreditklemme oder der Ansteckung des Finanzsystems dargelegt werden.

335 

§ 67 Abs. 2 Nr. 6 SAG a.F.; vgl. auch unter D. II.1. b) ff). Wortlaut der Norm: „the importance of the company as a source of credit for households, businesses, and State and local governments and as a source of liquidity for the Unit­ ed States financial system“. 337  § 113 (a)(2)(D),(E) Dodd-Frank Act. 338  Vergleiche dazu unter B. II. 3. c). 336 

188

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Im deutschen Recht gibt es keinen vergleichbaren Indikator zur Beurteilung der Systemrelevanz. dd)  Umfang der Vermögensverwaltung für Dritte339 Ein weiteres Indiz für die Systemrelevanz eines Instituts ist ein großer Umfang von Vermögen, welches durch das Institut verwaltet wird, sich aber nicht in dessen Eigentum befindet.340 Welche ökonomische Bedeutung dieser Indikator für die Gefährdung des Finanzsystems haben soll, ist unklar. Unter dem Geschäft der Verwaltung von Vermögen, welches nicht im Eigentum des Instituts steht, ist das Finanzportfoliogeschäft341 zu verstehen. Inwiefern ein umfangreiches Finanzportfoliogeschäft aber zu einer höheren Systemrelevanz des Instituts führen soll, ist nicht ersichtlich. Im Fall der Abwicklung würde für den Eigentümer des Vermögens kein Verlust anfallen, da die Vermögensgegenstände aus der Insolvenzmasse ausgesondert werden. Eine Ansteckungsgefahr bestünde mithin nicht. ee)  Art des Geschäfts, der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten Neben den bisher aufgeführten Indikatoren werden drei weitere Aspekte genannt, die bei der Bestimmung der Systemrelevanz Berücksichtigung finden sollen. Diese sind außerordentlich weit formuliert und eröffnen einen großen Beurteilungsspielraum. So berücksichtigt § 113 (a)(2) Dodd-Frank Act folgende Faktoren: „(G) the nature, scope, size, scale, concentration, interconnectedness, and mix of the activities of the company; […] (I) the amount and nature of the financial assets of the company (J) the amount and types of liabilities of the company, including the degree of reliance on short-term funding; […]“342

Diese Faktoren sind für die Beurteilung der Systemrelevanz zwar von Bedeutung, dennoch erscheint es sehr fraglich, ob sie in Anbetracht ihrer Breite geeignet sind, den Begriff der Systemrelevanz näher zu bestimmen. Ein wesentliches Kriterium zur Beurteilung der Systemrelevanz bleibt im USRecht unerwähnt: Die Verhältnisse auf den Finanzmärkten zum Zeitpunkt der Abwicklung und die damit verbundene zu erwartende Reaktion auf eine Insolvenz des Instituts. Dies ist letztlich wohl darauf zurück zu führen, dass die Kriterien in § 113 des Dodd-Frank Act für die Bestimmung der Systemrelevanz im Rahmen der laufenden Aufsicht und nicht für die Abwicklungssituation entworfen wurden. Zum Zeitpunkt der Beurteilung der Systemrelevanz für die laufende Aufsicht ist 339  Wortlaut der Norm: „the extent to which assets are managed rather than owned by the company[…]“. 340  § 113 (a)(2)(F) Dodd-Frank Act. 341  Vgl. Kapitel D. I. 1. a) bb) (1) (a). 342  § 113 (a)(2) Dodd-Frank Act.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

189

eine Einschätzung der Verhältnisse auf den Finanzmärkten, die zum Zeitpunkt der möglichen zukünftigen Insolvenz des Instituts vorherrschen, nicht möglich. Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass auch im US-Recht keine gelungene Definition des Begriffs der Systemrelevanz gefunden wurde, die ex ante eine zuverlässige Bestimmung des anwendbaren Abwicklungsregimes zulassen würde. 3.  Probleme der Abgrenzung nach geltendem Recht Die vorangegangenen Teile343 machen deutlich, dass die Unterscheidung zwischen systemrelevanten und nicht systemrelevanten Instituten sowohl nach deutschem als auch nach US-Recht einen sehr großen Beurteilungsspielraum für die zuständigen Behörden lässt und nur in Abhängigkeit von der Lage zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung vorgenommen werden kann. Zwar sind die im Gesetz aufgeführten Kriterien geeignet, der zuständigen Behörde Richtlinien für die Beurteilung zu geben. Eine klare Definition stellen sie aber nicht dar, so dass die betroffenen Institute und deren Gläubiger regelmäßig nicht zuverlässig beurteilen können, ob sie als systemrelevant gelten und damit im Sonderinsolvenzrecht abgewickelt werden oder ob sie als nicht-systemrelevant gelten und im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt werden.344 Dadurch wird eine hohe ex ante-Unsicherheit für die Gläubiger erzeugt. Die erwartete Insolvenzquote hängt maßgeblich von der Art des durchgeführten Insolvenzverfahrens ab, wodurch die Unsicherheit über das Abwicklungsverfahren schon auf den Zeitpunkt der Darlehensvergabe zurückwirkt. Als Kompensation für die Unsicherheit über das anzuwendende Verfahren werden die Kreditgeber regelmäßig einen höheren Fremdkapitalzins verlangen.345 Um dies zu verhindern und ein ex ante effizientes Abwicklungsverfahren zu erreichen, muss diese Unsicherheit reduziert werden. a)  Verbesserung der Definition des Kriteriums der Systemrelevanz Fraglich ist, ob die bestehende Unsicherheit durch eine verbesserte Definition des Merkmals der Systemrelevanz verringert werden könnte.346 Eine verbesserte Definition setzt allerdings vorraus, dass die Systemrelevanz ex ante zumindest theoretisch zuverlässig bestimmbar ist. Dazu müsste es möglich sein, die direkte 343 

Vgl. unter D. II. 1., 2. Selbst die Leiterin der FDIC, Sheila Bair, definierte Systemrelevanz vor dem Bankausschuss des US-Kongresses als schwer zu definieren und zumindest auch in starken Teilen eine Frage der Marktwahrnehmung, vgl. Regulation and Resolving Institutions Consider­ed „Too Big to Fail“, Banking Committee of the US Senate, S. Hrsg. 111 – 179, S. 22. 345  Vgl. Kapitel B. I. 3. b). 346  Für eine Übersicht über die Ansichten in der Literatur zu der Frage, ob Systemrelevanz ex ante näher definiert werden kann vgl. Schooner, US Bank Resolution Reform, S. 416; Binder, Sachverständigengutachten, S. 54. 344 

190

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

und indirekte Ansteckungsgefahr ex ante zu erkennen und mögliche makroökonomische Auswirkungen der Insolvenz eines Instituts abzuschätzen. aa)  Kriterien für die direkte Ansteckung Eine direkte Ansteckungsgefahr besteht, wenn die Kürzung der Verbindlichkeiten des betroffenen Instituts im Rahmen des Insolvenzverfahrens bei einem oder mehreren anderen Instituten derart hohe Verluste verursacht, dass dieses ebenfalls in eine Schieflage geraten. Um eine Abgrenzung ex ante vornehmen zu können, müssen also erstens die Höhe der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Finanzinstituten, zweitens die Höhe der Kürzung dieser Verbindlichkeiten im Insolvenzfall und drittens die Frage, ob diese Kürzung ein anderes Institut in Schieflage bringt, berücksichtigt werden. Schon die Höhe der Verbindlichkeiten ist ex ante nicht ohne Schwierigkeiten erfassbar. Aus den Bilanzen des Instituts ist der Wert der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Finanzinstituten zwar unproblematisch abzuleiten, die Höhe der außerbilanziellen Risiken ist hingegen schwerer feststellbar. § 62 Abs. 2 SAG a.F. erfasste zwar die Höhe der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Finanzinstituten als Indikator für die Systemrelevanz, die außerbilanziellen Risiken wurden im deutschen Recht aber nicht als eigenständiger Indikator aufgeführt. Die Höhe der Verbindlichkeiten gegenüber anderen Finanzinstituten ist für sich aber kein hinreichendes Merkmal für eine Systemrelevanz des Instituts. Nur wenn eine starke Kürzung der Verbindlichkeiten durch eine Insolvenz verursacht wird, droht eine direkte Ansteckung der Gläubiger. Der Umfang der Kürzung ist davon abhängig, welchen Rang die Verbindlichkeiten einnehmen und wie hoch der Verwertungserlös ausfällt. Der Rang der Verbindlichkeiten ist davon abhängig, ob die Verbindlichkeiten besichert, unbesichert oder nachrangig sind und welches Abwicklungsregime Anwendung findet.347 Die Art der Besicherung ist ex ante bestimmbar. Als Abwicklungsregime könnte das reguläre Insolvenzrecht zugrunde gelegt werden, da dies auf alle nicht systemrelevanten Institute Anwendung fände. Problematisch ist aber die Bestimmbarkeit des Verwertungserlöses, der von der Marktlage im Zeitraum der Abwicklung abhängt.348 Bei guter Marktlage lassen sich grundsätzlich höhere Verwertungserlöse erzielen als in einer Krisensituation. Die Marktlage zum Zeitpunkt der Abwicklung lässt sich aber ex ante nicht bestimmen. Möglicherweise könnten zwar Annahmen über die Marktlage zum Zeitpunkt der Abwicklungsentscheidung getroffen werden. Diese bergen aber die Gefahr, zu optimistisch oder zu pessimistisch zu sein. Wird die Marktlage zu optimistisch eingeschätzt, übersteigen die tatsächlichen Verluste die Erwartungen und Institute, die ex ante nicht für systemrelevant gehalten wurden, lösen einen Dominoeffekt 347  Zum Einfluss des anzuwendenden Abwicklungsregimes auf den Rang vgl. im Detail Kapitel E. IV. 5. c) und Kapitel E. IV. 3. 348 Vgl. FSB/IMF/BIS, Guidance to Assess the Systemic Importance, S. 7 f.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

191

aus. Wird die Marktlage umgekehrt zu pessimistisch eingeschätzt, werden ex ante mehr Institute für systemrelevant gehalten, als für die Abwicklung innerhalb einer stabilen Marktlage notwendig wäre. Die Marktlage ist nicht nur ein wesentlicher Faktor für die Höhe der Kürzung der Verbindlichkeit, sondern auch für die Beurteilung der Frage, ob eine derartige Kürzung geeignet ist, die Stabilität anderer Institute zu gefährden. Die Verlustabsorptionsfähigkeit der Gläubigerinstitute steht in direktem Zusammenhang mit deren sonstigem Vermögen. Häufig verliert dieses Vermögen in einer Krisensituation stark an Wert, so dass auch die Verlustabsorptionsfähigkeit der Institute reduziert ist und schon geringe Kürzungen ihrer Forderungen gegenüber betroffenen Instituten eine Schieflage verursachen können. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Marktlage zum Zeitpunkt der Abwicklung des Instituts wesentlichen Einfluss auf die Auswirkungen der Abwicklung hat. Die direkte Ansteckungsgefahr vergrößert sich durch die Verschlechterung der Marktlage erheblich. Da die Marktlage im Zeitraum der Abwicklung aber ex ante nicht vorhersehbar ist, ist auch eine ex ante Feststellung der direkten Ansteckungsgefahr nicht zuverlässig möglich. bb)  Kriterien für die indirekte Ansteckung Noch weniger vorhersehbar als die Gefahr einer direkten Ansteckung ist die Gefahr einer indirekten Ansteckung. Die indirekte Ansteckung entsteht durch einen Vertrauensverlust der Anleger in die Solvenz ihres Instituts aufgrund mangelnder Informationen über dessen Zustand und dem daraus resultierenden Abzug ihres Vermögens.349 Wie die Information über die Insolvenz eines Instituts interpretiert wird, ist insbesondere von den Gründen für die Insolvenz und der allgemeinen Marktlage zum Zeitpunkt der Insolvenz abhängig. Ist die Marktunsicherheit allgemein hoch, so besteht eine erhöhte Gefahr, dass Informationen über die Insolvenz eines Finanz­ instituts als Indikator für die Solvenz des eigenen Institutes herangezogen werden und einen Abzug von Kapital bei dem eigenen Institut auslöst. Umgekehrt wird die Insolvenz eines Instituts in einem stabilen Marktumfeld oder aufgrund von institutsspezifischen Umständen wohl regelmäßig nicht zu einer indirekten Ansteckung führen.350 Die indirekte Ansteckung ist auch bei der Insolvenz kleiner Institute grundsätzlich möglich. Gerät ein kleines Institut, wie beispielsweise eine Sparkasse im ländlichen Raum, in Schieflage, so hat dies möglicherweise Auswirkungen auf das Vertrauen in den gesamten Sparkassensektor. Bringt der entstandene Vertrauensverlust die Anleger dazu, ihre Mittel aus allen Sparkassen abzuziehen, entsteht eine Finanzkrise, ausgelöst durch die Insolvenz eines kleinen Instituts. Folglich 349  350 

Vgl. Kapitel B II. 3. b). Vgl. Kapitel B II. 3. b).

192

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

können auch kleine Institute eine indirekte Ansteckung verursachen. Mithin ist eine geringe Größe des Instituts nicht geeignet, die Systemrelevanz von Instituten ex ante auszuschließen.351 Die indirekte Ansteckungsgefahr ist mithin genauso wie die direkte Ansteckungsgefahr stark abhängig von den konkreten Umständen der Insolvenz des Instituts. Eine ex ante-Bestimmung kann daher ebenfalls nicht zuverlässig erfolgen.352 Wenn aber eine Festlegung der Systemrelevanz ex ante nicht möglich ist, bleibt die Unsicherheit der Gläubiger über die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts bis zur Abwicklungsentscheidung bestehen. Wie zuvor dargestellt führt diese Unsicherheit zu höheren Fremdkapitalkosten und ist ex ante ineffizient. b)  Wegfall des Kriteriums der Systemrelevanz Basierend auf der Feststellung, dass eine klare Unterscheidung zwischen systemrelevanten und nicht systemrelevanten Instituten ex ante nicht möglich ist, stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit dieser Unterscheidung. Dass das Kriterium der Systemrelevanz nicht unabdingbar ist, zeigt das Beispiel der Einlageninstitute im US-Rechtssystem. Diese werden unabhängig von ihrer Systemrelevanz durch die FDIC im Rahmen des FDIA abgewickelt. Ob die Einschränkung des Sonderinsolvenzrechts auf systemrelevante Institute geboten ist, hängt wesentlich von dem Ziel ab, das mit einem besonderen Bankeninsolvenzrecht angestrebt wird. Wird lediglich das Ziel verfolgt, das Finanzsystem vor einem Zusammenbruch zu bewahren, so ist kein Grund dafür ersichtlich, das Bankeninsolvenzrecht auch für nicht systemrelevante Banken zu öffnen. Dafür könnte vor allem sprechen, dass starke Eingriffe in die Eigentümer- und Gläubigerrechte mit dem Sonderinsolvenzrecht verbunden sind, die auf ein Minimum beschränkt werden müssen. Insbesondere vor dem Hintergrund von Art. 14 Abs. 3 GG könnte eine derartige Einschränkung auch grundgesetzlich geboten sein.353 Weiterhin könnte die Einschränkung auf systemrelevante Institute auch den Einsatz von Steuermitteln reduzieren, soweit dieser im Rahmen des Bankeninsolvenz­ verfahrens vorgesehen ist. Wird das Ziel des Sonderinsolvenzrechts für Banken hingegen weitergehend darin gesehen, ein Insolvenzrecht zu schaffen, welches die Besonderheiten des Bankensektors hinreichend berücksichtigt und eine möglichst effiziente Reorganisation oder Abwicklung gewährleistet, dann ist eine Einschränkung auf systemrelevante Institute verfehlt.354 Die Stabilisierung des Finanzsystems würde dann zum 351  Vgl. auch FSB/IMF/BIS, Guidance to Assess the Systemic Importance of Financial Institutions, Markets and Instruments, S. 7; Mülbert, Systemrelevanz, S. 862. 352  So auch Wallison vor dem Bankausschuss des US-Kongresses, vgl. Regulation and Resolving Institutions Considered „Too Big to Fail“, S. Hrsg. 111 – 179, S. 22; Moosa, The Myth of Too Big to Fail, S. 126; Pflock, Europäische Bankenregulierung, S. 135. 353  Mülbert, in: FS Schneider, S. 861. 354  Mülbert, in: FS Schneider, S. 861.

II.  Kriterium der Systemrelevanz

193

großen Teil schon durch eine effiziente Abwicklung mit geringeren Verlusten gewährleistet. Ein stärkerer Eingriff in die Eigentümer- und Gläubigerrechte oder der Einsatz von Steuergeldern wäre in einem derart ausgestalteten Sonderinsolvenzrecht nur in Ausnahmefällen notwendig. Mithin wäre in einem solchen Sonderinsolvenzrecht auch die Beschränkung des Anwendungsbereichs auf systemrelevante Institute zur Reduktion des Einsatzes von Steuermitteln hinfällig. Anstelle der Begrenzung des Anwendungsbereichs anhand des Kriteriums der Systemrelevanz müsste in diesem Fall eine enge Begrenzung anhand des erfassten Tätigkeitsbereiches erfolgen.355 Nur diejenigen Institute, die aufgrund der Besonderheiten des betriebenen Geschäfts nicht im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts abgewickelt werden können, dürften in den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts fallen. Die unterschiedlichen Ansätze zur Definition des Anwendungsbereichs werden im US-Recht deutlich. Die OLA verfolgt das erstgenannte Ziel des Schutzes des Finanzmarktes. Der Anwendungsbereich ist in Hinblick auf die betriebenen Geschäfte sehr weit gefasst und wird durch die Voraussetzung der Systemrelevanz beschränkt. Das FDIA-Abwicklungsregime hingegen steht exemplarisch für die zuletzt genannte Zielsetzung. Der Anwendungsbereich ist bezüglich der erfassten Tätigkeiten der Institute auf Betreiber des Einlagen- und Kreditgeschäftes beschränkt. Somit sind ausschließlich Institute erfasst, deren Tätigkeit eine Abwicklung im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts rechtfertigt. Das vorrangige Ziel dieses Abwicklungsregimes besteht in der möglichst effizienten Abwicklung der Einlageninstitute, nicht in der Rettung des Finanzmarktes. Folglich fallen auch nicht systemrelevante Institute in den Anwendungsbereich dieses Regimes. Die effiziente Abwicklung führt aber zugleich dazu, dass eine Gefährdung des Finanzsystems durch die Abwicklung regelmäßig nicht erfolgt. Darüber hinaus gibt es innerhalb des FDIA-Abwicklungsregimes spezielle Regelungen zur Abwicklung von systemrelevanten Instituten insbesondere für den Einsatz von staatlichen Geldern. Im Hinblick auf die Schwierigkeit, ex ante eine Unterscheidung zwischen systemrelevanten und nicht systemrelevanten Instituten vorzunehmen, und mit Blick auf die im ökonomischen Kapitel dieser Arbeit dargestellten Ziele eines Bankeninsolvenzverfahrens sollte das Kriterium der Systemrelevanz für die Definition des Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzrechts im deutschen Recht fallen gelassen und der Anwendungsbereich lediglich durch eine enge Definition der erfassten Tätigkeiten beschränkt werden.356 Vergleichbar mit dem Abwicklungsregime für Einlageninstitute in den USA sollte das Abwicklungsregime auf die Besonderheiten der abzuwickelnden Institute abgestimmt werden und dadurch einerseits die Fortführung der Geschäfte ermöglichen und andererseits den Verwertungserlös erhöhen, um die Ansteckungsgefahr für das Finanzsystem zu reduzieren.357 Inner355 

Vgl. Kapitel D. I. 3. So auch neuerdings Jackson, Building on Bankruptcy, S. 34. 357  Zu den Instrumenten für die Abwicklung vgl. Kapitel E. 356 

194

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

halb des Sonderinsolvenzrechts könnten dann einzelne Maßnahmen, insbesondere die staatliche Unterstützung des Instituts, auf solche Institute beschränkt werden, die im Interesse der Stabilität des Finanzmarktes gerettet werden müssen. Damit würde die Unsicherheit über das anwendbare Abwicklungssystem vermieden und die ex ante-Effizienz der Abwicklung erheblich vergrößert.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens Das Insolvenzrecht und das Sonderinsolvenzrecht ermöglichen die Durchführung geordneter Verfahren zur Bewältigung einer finanziellen Krisensituation.358 Die Bestimmung einer Krisensituation eröffnet häufig einen großen Beurteilungsspielraum. Daher muss bei der Untersuchung des Anwendungsbereichs nicht nur die Definition der Kriterien für das Vorliegen einer Krisensituation, sondern auch die Zuständigkeit für die Einleitung des Verfahrens analysiert werden. Nachfolgend werden einerseits die Kriterien und andererseits die zuständigen Akteure zur Einleitung eines Verfahrens und deren Interessenlage betrachtet. 1.  Definition einer Krisensituation in den Rechtsordnungen a)  Grundsätzliche Erwägungen Das Insolvenzverfahren nach der Insolvenzordnung kann nur durchgeführt werden, wenn eine Überschuldung oder eine zumindest drohende Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens vorliegt.359 Damit werden zwei verschiedene Kriterien zur Feststellung einer durch das Insolvenzrecht zu lösenden Krise definiert. Einerseits liegt demnach eine Krise vor, wenn die Vermögensgegenstände des Schuldners nicht mehr ausreichen, um alle Verbindlichkeiten zu erfüllen, andererseits wenn die Liquidität des Unternehmens unzureichend ist. Im US-Insolvenzrecht wird das Vorliegen einer Krise zur Insolvenzeröffnung nur bei einem Insolvenzantrag durch die Gläubiger des betroffenen Unternehmens vorausgesetzt, nicht aber bei einem Antrag durch den Schuldner selbst.360 Als Kriterium zur Feststellung der Krise dient gemäß § 303 (h)(1) Bankruptcy Code lediglich die Zahlungsunfähigkeit, nicht aber die Überschuldung. Im Falle einer Überschuldung haben die Gläubiger im US-Recht keine Möglichkeit, ein Insolvenz­verfahren einzuleiten. In Anbetracht des wirtschaftlichen Ziels des Insolvenzrechts, einen Wettlauf der Gläubiger um die verbliebenen Vermögensgegenstände zu verhindern und damit

358 

Vgl. ausführlich Kapitel B. I. 1. §§ 17, 18, 19 InsO. 360  Vgl. auch infra Kapitel IV. 1. a) aa). 359 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

195

die Überwachungskosten jedes einzelnen Gläubigers zu reduzieren,361 erscheint der Ausschluss des Indikators der Überschuldung problematisch. Insbesondere in Fällen der Überschuldung, also wenn die Vermögensgegenstände nicht mehr ausreichen, um alle Verbindlichkeiten zu bedienen, haben die Gläubiger einen Anreiz, ihre Forderung schnellstmöglich zu vollstrecken.362 Diese wertvernichtende Einzelzwangsvollstreckung kann nur durch das Insolvenzrecht verhindert werden. Auch die mit der Insolvenz verbundenen Fehlanreize für das Management hängen unmittelbar mit dem Verlustrisiko der Eigentümer zusammen, das wiederum davon abhängt, wie hoch der Differenzbetrag zwischen Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten ausfällt.363 Weniger plausibel ist die Verwendung des Indikators der Zahlungsunfähigkeit. Ist das Unternehmen zwar nicht überschuldet, aber zahlungsunfähig, so bestehen keine Fehlanreize für das Management, da mögliche anfallende Verluste bei den Eigentümern anfallen. Auch besteht für die Gläubiger zunächst kein Anreiz, ihre Forderungen schnellstmöglich geltend zu machen, da das Vermögen jederzeit ausreichen wird, um ihre Forderungen vollständig zu begleichen. Allerdings führt die Vollstreckung einer Forderung in das illiquide Vermögen des Unternehmens möglicherweise dazu, dass Vermögensgegenstände, die zur Fortführung notwendig sind, dem Unternehmen nicht mehr zur Verfügung stehen und die Fortführung des Unternehmens daher trotz eines positiven Eigenkapitals gefährdet wird.364 Die erzwungene Stilllegung des Unternehmens kann dann wiederum zu einem derart hohen Wertverlust führen, dass dadurch eine Überschuldung verursacht wird.365 Wird erst zu diesem Zeitpunkt ein Insolvenzverfahren eingeleitet, so kann das Ziel der Reorganisation von Unternehmen mit einem Fortführungswert, der den Stilllegungswert überschreitet, nicht mehr erreicht werden. Mithin ist die Anwendung des Insolvenzrechts zur Lösung einer Zahlungsunfähigkeit auch bei Unternehmen begründet, die nicht überschuldet sind. Die Beschränkung der Anwendung des Insolvenzrechts auf Fälle der Zahlungsunfähigkeit, wie sie im US-Recht vorgesehen ist, kann sich aber als problematisch erweisen. Sie ermöglicht es überschuldeten Unternehmen durch die kontinuierliche Liquidation von Vermögenswerten über einen langen Zeitraum hinweg zahlungsfähig zu bleiben. Im Extremfall kann das dazu führen, dass die Zahlungsunfähigkeit erst eintritt, wenn alle Vermögensgegenstände verbraucht sind. Die verbleibenden Gläubiger erhalten dann im Insolvenzverfahren mangels verwertbaren Vermögens nichts mehr. Daher entsteht für die Gläubiger in dieser Situation ein starker Anreiz zur frühzeitigen Einzelzwangsvollstreckung, die durch das Insolvenzrecht gera361 

Vgl. Kapitel B. I. 1. Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 525. 363  Vgl. Kapitel B. I. 2. 364  Schmidt, Ökonomische Analyse des Insolvenzrechts, S. 109. 365  Dies ist im Bankbereich klassischerweise der Fall bei einem bank run, vgl. Baxter/ Hansen/Sommer, American Bankruptcy Journal , 2004, 57, 63; Lastra, Journal of Banking Regulation 2008, 165, 169. 362 

196

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

de verhindert werden sollte. Auch hat das Management einen starken Anreiz zur Überinvestition, da die Eigentümer ab dem Zeitpunkt der Überschuldung keinen weiteren Vermögensverlust erleiden können, aber an einem etwaigen Gewinn weiterhin partizipieren. Insofern ist die Beschränkung auf die Zahlungsunfähigkeit als Insolvenzgrund problematisch. Nur mit dem zusätzlichen Insolvenzgrund der Überschuldung kann der Zweck des Insolvenzrechts erreicht werden. Gerade im Falle einer Bankeninsolvenz greift die Beschränkung auf die Zahlungsunfähigkeit zu kurz. Banken haben regelmäßig Zugriff auf große Bestände von liquiden Mitteln. Solange der Markt auf die Solvenz der Institute vertraut, können sie jederzeit neue Kredite aufnehmen oder erhalten Geld von der Zentralbank, die damit die Zahlungsfähigkeit der Banken gewährleistet. Selbst wenn der Bank keine neuen Gelder zur Verfügung gestellt werden, kann sie ihre Zahlungsfähigkeit leichter aufrechterhalten als andere Unternehmen, da Vermögensgegenstände von Banken oft wesentlich leichter liquidierbar sind. Typischerweise handelt es sich bei den Vermögensgegenständen um Forderungen oder Finanzmarktinstrumente, die auf einem liquiden Markt verkauft werden können.366 Um zu verhindern, dass überschuldete Institute auf diese Weise die Behebung der Krise durch die Bankenaufsicht oder die Gläubiger vermeiden, bedarf es gerade in Sonderinsolvenzverfahren für Banken des Eröffnungsgrundes der Überschuldung.367 Neben der Überschuldung im Sinne der Insolvenzordnung, gemessen am Vergleich von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, kann bei Banken auch die regulatorische Eigenkapitalquote als Indikator einer Krise herangezogen werden. Die Eigenkapitalquote ergibt sich aus dem Verhältnis der Eigenmittel zum Wert der risikogewichteten Vermögensgegenstände. Unter Eigenmitteln sind dabei aber nicht nur klassisches Eigenkapital zu verstehen, sondern beispielsweise auch nachrangige Fremdkapitalinstrumente und vielfältige Formen des Hybridkapitals.368 Der Wert der risikogewichteten Vermögensgegenstände reflektiert die Ausfall-, Zins- und Marktrisiken der Vermögensgegenstände des Instituts, so dass besonders risikoreiche Gegenstände zu 100 % mit Eigenmitteln unterlegt werden müssen und besonders sichere Gegenstände keiner Unterlegung bedürfen. Der klassische Überschuldungstest und der Test einer hinreichenden regulatorischen Eigenkapitalquote können zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.369 Einerseits ist vorstellbar, dass die regulatorische Eigenkapitalquote unterschritten wird, ohne dass eine Überschuldung vorliegt. Hält ein Institut Vermögensgegenstände im Wert von 100 TEUR, die mit derart hohen Risiken behaftet sind, dass sie vollständig mit Eigenmitteln unterlegt werden müssen, und bestehen die Passiva des Instituts aus 90 TEUR Eigenkapital und 10 TEUR Fremdkapital, dann wird

366 

So auch Baxter/Hansen/Sommer, American Bankruptcy Journal 2004, 57, 63. So auch Bennett, FDIC Banking Review September 2001, 1, 3. 368  Vgl. für das deutsche Recht § 10 KWG. 369  Vgl. dazu auch Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 524 f. 367 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

197

die regulatorische Eigenkapitalquote unterschritten.370 Dennoch hat das Institut Vermögensgegenstände von 100 TEUR und Verbindlichkeiten nur in Höhe von 10 TEUR und ist damit weit von einer Überschuldung entfernt. Andererseits kann aber auch eine Überschuldung vorliegen, obwohl die regulatorische Eigenkapitalquote erfüllt ist. Hält das Institut ausschließlich vollkommen sichere Vermögensgegenstände, so muss es keinerlei Eigenmittel dafür vorhalten. Ist der Wert dieser Vermögensgegenstände aber geringer als der Wert der Verbindlichkeiten, so ist das Institut überschuldet. Dieser Fall ist allerdings eher theoretischer Natur, da er nur bei Instituten eintreten kann, die keinerlei Eigenmittel vorhalten müssen. Sobald das Institut Eigenmittel vorhalten muss, muss ein Teil davon aus hartem Kernkapital bestehen, also aus solchem Kapital, das auch bei einer Überschuldungsprüfung als Eigenkapital anerkannt würde. Im Falle einer Überschuldung wäre derartiges hartes Kernkapital aber nicht mehr vorhanden. Somit führt eine Unterschreitung der regulatorischen Eigenkapitalquote mit Ausnahme des aufgezeigten Beispiels immer zu einer Überschuldung.371 Fraglich ist, ob der Indikator der regulatorischen Eigenkapitalquote dem Indikator der Überschuldung als Kriterium zur Feststellung der Krise von Finanzinstituten vorzuziehen ist. Dies kann nur vor dem Hintergrund der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens für Banken beurteilt werden. Wie zuvor dargestellt, beginnt der Wettlauf der Gläubiger um die Vermögensgegenstände grundsätzlich erst dann, wenn die Vermögensgegenstände nicht mehr ausreichen, um alle Verbindlichkeiten zu erfüllen. Die Unterschreitung der regulatorischen Eigenkapitalquote reicht mithin grundsätzlich nicht aus, um einen derartigen Anreiz zu verursachen.372 Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Unterschreitung der regulatorischen Eigenkapitalquote ein negatives Signal an den Finanzmarkt sendet, das geeignet sein kann, einen bank run auszulösen, der in der Folge zu einer Überschuldung führen kann.373 Wird dies durch die Gläubiger antizipiert, besteht für sie ein Anreiz, die Forderungen schon vor der eigentlichen Überschuldung durchzusetzen. Durch diese Durchsetzung in Form der Einzelzwangsvollstreckung kann die Fortsetzung des Geschäftsbetriebes erst unmöglich werden. Basierend auf dieser Überlegung, ist das Ziel der werterhaltenden Fortführung besser erreichbar, wenn das Sonderinsolvenzrecht schon bei Unterschreiten der regulatorischen Eigenkapitalquote anwendbar ist. Für die Verwendung des regulatorischen Eigenkapitals anstelle der Überschuldung zur Bestimmung der Krise spricht auch das Ziel der Vermeidung von Fehlan370  Die Vermögensgegenstände müssten in diesem Fall mit 100 Eigenmitteln unterlegt werden. Da das Institut aber nur Eigenmittel in Höhe von 90 aufweist, wird die Eigenkapitalquote, die ein positives Eigenkapital erfordert, unterschritten. 371  A.A. ohne nähere Ausführung Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 524. 372  Daraus die Ungeeignetheit der regulatorischen Eigenkapitalquote als Indikator herleitend Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 525. 373  Vgl. Kapitel B II. 2.

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

198

reizen für das Management. Dies soll anhand des folgenden Beispiels aufgezeigt werden:374 Bank A Fremdkapital

80

80

100

80 ∙ 0,5+120 ∙ 0,5  =  100

100 – 80 = 20

100 – 80 = 20

Vermögensgegenstände Eigenkapital

Bank B

Banken A und B haben das gleiche Eigenkapital aber ein unterschiedlich hohes Risiko. Beide sind mit Fremdkapital in Höhe von 80 TEUR ausgestattet. Bank A hat sichere zukünftige Einkünfte in Höhe von 100 TEUR. Bank B hingegen hat riskante zukünftige Einkünfte von entweder 80 TEUR oder 120 TEUR mit je 50 %iger Wahrscheinlichkeit. Somit haben beide ein Vermögen von 100 TEUR und damit Eigenkapital von 20 TEUR375. Wird beiden Banken die Möglichkeit eröffnet, ein Projekt mit einem negativen Erwartungswert durchzuführen, welches mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % einen Gewinn von 5 TEUR erwirtschaftet, und mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % einen Verlust von 20 TEUR, so fällt die Entscheidung über die Durchführung des Projekts bei den Banken unterschiedlich aus, wenn das Risiko des Vorhabens positiv mit dem bestehenden Risiko von Bank B korreliert ist. Positiver Fall

Negativer Fall

Gesamt

Ohne Projekt

Differenz

Bank A

25

0

12,5

20

–7,5

Bank B

45

0

22,5

20

2,5

Die Eigentümer von Bank A erhalten im positiven Fall 25 TEUR 376 und im negativen Fall 0 EUR377. Somit sinkt der Wert des Eigenkapitals bei Durchführung des Projektes von 20 TEUR auf 12,5 TEUR 378 Das Management der Bank A würde sich mithin gegen die Durchführung entscheiden. Da das Projekt einen negativen Erwartungswert hat, ist diese Entscheidung auch für die Gesellschaft insgesamt optimal und ein Überinvestitionsproblem bestünde nicht. Die Entscheidung in Bank B fällt hingegen entgegengesetzt aus. Die Eigentümer der Bank B erhalten im positiven Fall einen Wert von 45 TEUR. Der negative Fall tritt annahmegemäß nur dann auf, wenn der Wert des Eigenkapitals ohnehin 0 374  Für die grundsätzliche Wirkungsweise des Überinvestitionsproblems vgl. Kapitel B. I. 2. b). 375  Wert von 100 abzüglich 80 Fremdkapital. 376  100+5 – 80 = 25. 377  100 – 20 – 80 = 0. 378 0,5 ∙ 25+0,5 ∙ 0 = 12,5.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

199

EUR wäre, da sich der Wert der Bank in dieser Situation ohne das Projekt nur noch auf 80 TEUR beläuft. Mithin würde das Eigenkapital im Wert auf 22,5 TEUR 379 steigen und das Management würde das Projekt trotz des insgesamt negativen Erwartungswertes durchführen. Somit läge bei Bank B das Überinvestitionsproblem vor. Obwohl also beide Banken Eigenkapital in derselben Höhe aufweisen, tritt das Überinvestitionsproblem nur bei der Bank mit den riskanteren Projekten auf. Würde sich die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auf die Fälle der Überschuldung beschränken, so könnte diese Überinvestition nicht verhindert werden. Das Überinvestitionsproblem ließe sich hingegen reduzieren, wenn die Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens schon bei Unterschreitung der erforderlichen Eigenmittel möglich wäre. Bank A müsste bei Durchführung des Projektes aufgrund der hohen Ausfallgefahr das gesamte Verlustrisiko mit Eigenmitteln unterlegen. Für das sonstige risikofreie Geschäft müssten keine Eigenmittel vorgehalten werden. Somit würden die 20 TEUR an vorhandenem Eigenkapital ausreichen, um das Verlustrisiko von 20 TEUR auszugleichen und das Sonderinsolvenzrecht würde nicht angewandt. Dies wäre auch nicht notwendig, da die Durchführung des Projektes die Gläubiger nicht beeinträchtigen würde. Bank B müsste hingegen schon für das laufende Geschäft 20 TEUR an Eigenmitteln vorhalten. Für die Durchführung des Projektes müsste sie weitere 20 TEUR Eigenmittel aufbringen, die sie nicht hat. Würde sie das Projekt dennoch beginnen, würden die Eigenmittel nicht mehr ausreichen und ein Sonderinsolvenzverfahren könnte eröffnet werden. Der Insolvenzverwalter würde die Durchführung des Geschäfts stoppen und damit den Gläubigerschutz gewährleisten. Dieses Beispiel verdeutlicht, dass die Verwendung des regulatorischen Eigenkapitals dem Überschuldungsbegriff als Insolvenzschwelle vorzuziehen ist, um das Überinvestitionsproblem zu reduzieren.380 Gegen die Verwendung des regulatorischen Eigenkapitals wird teilweise angeführt, dass es im Gegensatz zum handelsrechtlichen Eigenkapital nicht durch Wirtschaftsprüfer testiert, sondern nur durch die Bankenaufsicht verifiziert wird.381 Dieser Kritik ist zwar grundsätzlich zuzustimmen, allerdings würde auch bei der Feststellung der Überschuldung ein tagesaktueller Wert des Eigenkapitals verwendet, der ebenfalls nicht testiert ist und somit ebenfalls Spielraum für Manipulationen lässt.

379 0,5 ∙ 45+0,5 ∙ 0

= 22,5. Nieto/Wall kommen zu dem gleichen Ergebnis, führen dies aber schlicht auf die Vorverlagerung des Anwendungsbereichs zurück, vgl. Nieto/Wall, Prompt Corrective Action, S. 361; im Ergebnis ebenfalls Baily vor dem Bankausschuss des Kongresses, U.S. Senate, Committee on Banking, Housing, and Urban Affairs, S. Hrsg. 111 – 179, S. 110. 381  Nieto/Wall, Prompt Corrective Action, S. 367. 380 

200

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Wird das Sonderinsolvenzverfahren schon bei Unterschreitung des regulatorischen Eigenkapitals eröffnet, muss im Insolvenzverfahren stärker auf den Schutz der Eigentumsrechte geachtet werden, da das Eigenkapital typischerweise zu diesem Zeitpunkt noch einen positiven Wert aufweist. Neben dem Kriterium der Unterschreitung der regulatorischen Eigenkapitalquote sollte das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit bestehen bleiben. Die Zahlungsunfähigkeit führt bei einer Bank nahezu umgehend zu einem Ausscheiden aus dem Marktgeschehen und damit zu ihrer Stilllegung. Die Bereitstellung von liquiden Mitteln gehört zu ihrem Kerngeschäft. Kann die Bank diese Funktion wegen Zahlungsunfähigkeit nicht mehr wahrnehmen, so kann sie einen wesentlichen Teil ihrer Dienstleistungen nicht mehr erbringen. In diesem Fall werden die Geschäftspartner regelmäßig ihr Geld von dem Institut abziehen und das Institut durch einen bank run zwingen, in kürzester Zeit seine Vermögensgegenstände zu veräußern. Dies ist meist nur mit Abschlägen möglich382 und führt letztlich zur Überschuldung und zum Verstoß gegen die Eigenkapitalvorschriften. Ohne das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit müssten die Gläubiger diese Unterschreitung abwarten und könnten dann nur noch das stillgelegte Institut verwerten. Das Kriterium der Zahlungsunfähigkeit ermöglicht es den verantwortlichen Akteuren hingegen, frühzeitig einzugreifen und eine zwangsweise Stilllegung möglicherweise zu verhindern. b)  Deutsches Recht aa)  Sachlicher Anwendungsbereich des § 46 KWG Die Maßnahmen des § 46 KWG können nur ergriffen werden, wenn eine „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern, insbesondere für die Sicherheit der ihm anvertrauten Vermögenswerte“383 vorliegt.384 § 46 KWG selbst enthält keine nähere Erläuterung des Begriffs der „Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern“. In der Literatur haben sich unterschiedliche Ansichten über die Abgrenzung des Begriffs der „Verpflichtungen“ und des Begriffs der „Gefahr“ herausgebildet. (1) Verpflichtungen eines Instituts Ein Teil der Autoren versteht unter den „Verpflichtungen eines Instituts“385 nur diejenigen Verpflichtungen, die in Zusammenhang mit dem Bank- oder Finanzdienstleistungsgeschäft des Instituts stehen. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck

382 

Vgl. Kapitel B. II. 2. § 46 Abs. 1 S. 1 1. Alt. KWG. 384  Die zweite Alternative der Unmöglichkeit der wirksamen Aufsicht soll hier nicht näher behandelt werden, da sie nicht unmittelbar für die Krisenbehebung einschlägig ist. 385  § 46 Abs. 1 S. 1 1. HS KWG. 383 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

201

der Norm, die nur der Vorbeugung derjenigen Gefahren diene, die speziell aus dem Betreiben von Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäften entstammten.386 Die wohl vorherrschende Meinung stellt hingegen auf alle Verpflichtungen des Institutes ab, und begründet dies einerseits mit dem Wortlaut387, andererseits mit dem Argument, dass sich Gefahren für die Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Bank- und Finanzdienstleistungsgeschäft nicht von den Gefahren für sonstige Verpflichtungen trennen ließen.388 Tatsächlich ist die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern nur dann gefährdet, wenn sie nicht vollständig durchsetzbar sind, wenn also eine Zwangsvollstreckung nicht zur vollen Befriedigung des Anspruchs der Gläubiger führt. Dies ist grundsätzlich nur bei überschuldeten Instituten der Fall. Eine Überschuldung kann aber nicht nur bei einem Teil des Unternehmens vorliegen, sondern betrifft immer das Institut als Ganzes. Somit ist der herrschenden Meinung zuzustimmen, die alle Verpflichtungen des Instituts als „Verpflichtungen des Instituts“ im Sinne des § 46 KWG versteht. (2) Begriff der Gefahr Auslegungsbedürftig ist weiterhin der Begriff der Gefahr.389 Regelmäßig wird dabei auf die Regelbeispiele des § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG zurückgegriffen,390 der die Gefahr für die dem Institut anvertrauten Vermögenswerte vermutet, wenn ein Verlust der Eigenmittel in Höhe von mindestens 50 %391 oder in drei aufeinander folgenden Geschäftsjahren ein Verlust von jeweils mehr als 10 % der Eigenmittel392 eintritt.393 Diese Vermutung erscheint auf den ersten Blick plausibel. Verluste in diesem Ausmaß lassen befürchten, dass die Eigenmittel bei unverändertem Fortgang nach kurzer Zeit vollständig aufgebraucht sein werden, was eine Überschuldung und damit eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubi386 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann,

§ 46KWG, Rn. 36.

387 Beck/Samm/Kockemoor/Samm, § 46 KWG, Rn. 27; Pannen, Krise und Insolvenz bei

Kreditinstituten, S. 19. 388  Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 132; Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 11; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke/Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 6; im Ergebnis so auch Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG, Rn. 3. 389  Ausführlich dazu insbesondere Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 133 f. 390  Geier/Schmitt, Ablauf der Krise eines Kreditinstituts, S. 14. 391  § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. a KWG. 392  § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit. b KWG. 393 Beck/Samm/Kockemoor/Samm, § 46 KWG, Rn. 28; Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 135; Boos/Fischer/ Schulte-Mattler/Lindemann, § 46KWG, Rn. 38; Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 10; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 7.

202

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

gern nach sich zieht.394 Allerdings ist dies nicht notwendigerweise der Fall.395 Ein Institut mit einer großen Menge von Eigenmitteln könnte einen Verlust von 50 % der Eigenmittel hinnehmen, ohne in eine Krise zu geraten. Darüber hinaus ist die implizite Annahme, dass auch zukünftig Verluste anfallen und das Institut somit in eine Krise geraten wird, nicht unbedingt gerechtfertigt. Reduzieren sich die Eigenmittel beispielsweise durch eine Sonderausschüttung an die Eigentümer, so ist nicht zu erwarten, dass eine weitere Reduktion der Eigenmittel in den kommenden Jahren erfolgt. Es ist daher von wesentlicher Bedeutung, ob das Vorliegen einer Gefahr bei den geschilderten Verlusten widerleglich oder unwiderleglich vermutet wird.396 Die Widerleglichkeit ist in der Literatur umstritten. Einige Autoren vertreten die Ansicht, dass schon die Vermutung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG widerleglich ist,397 andere stellen sich auf den Standpunkt, dass zwar die Vermutung in § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG unwiderleglich ist, der Bezug von § 46 KWG aber nur eine widerlegliche Vermutung begründet398. Schließlich wird auch die Ansicht vertreten, dass das Vorliegen der aufgeführten Beispiele sowohl für die Anwendung von § 35 KWG als auch von § 46 KWG eine unwiderlegliche Vermutung für das Vorliegen einer Gefahr darstellt.399 Der Wortlaut des § 35 KWG („Gefahr […] besteht auch a) bei […]“400) spricht klar für eine unwiderlegliche Vermutung. Institute von dem Anwendungsbereich des § 46 KWG auszunehmen, weil keine Gefahr für die anvertrauten Vermögenswerte besteht, obwohl sie Verluste in der beschriebenen Höhe gemacht haben, ist somit nur durch eine teleologische Reduktion möglich. Dazu müsste der Wortlaut dem vom Gesetzgeber verfolgten Sinn und Zweck entgegenstehen. Ausweislich der Gesetzesbegründung verfolgte der Gesetzgeber mit der Erfassung der Beispielsfälle den Zweck, den Anwendungsbereich des § 35 KWG weit zu fassen, um der BaFin entsprechende Spielräume zu eröffnen. So wird in der Gesetzesbegründung explizit die Anwendbarkeit des § 35 KWG in einer Situation bejaht, in der zwar eines der beiden Beispiele des § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG einschlägig ist, tatsächlich

394 So jedenfalls Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 136. 395  So auch Beck/Samm/Kockemoor/Samm, § 35 KWG, Rn. 67; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, § 35 KWG, Rn. 37. 396  Für die Auffassung, dass diese Unterscheidung irrelevant sei: Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 137. 397 Beck/Samm/Kockemoor/Samm, § 35 KWG, Rn. 67; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/ Fischer, § 35 KWG, Rn. 37. 398  Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 46 KWG, Rn. 4; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 20. 399  So im Ergebnis Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 137. 400  § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

203

jedoch keine Gefahr vorliegt.401 Die Entscheidung über die Anwendung von Maßnahmen nach § 35 KWG soll dann in das Ermessen der BaFin gestellt werden. Die Interpretation von § 35 KWG als widerlegliche Vermutung stünde der gesetzgeberischen Intention entgegen, der BaFin ein weites Ermessen einzuräumen, da der BaFin durch die Widerlegung der Vermutung die Möglichkeit zur Ergreifung von Maßnahmen nach § 35 KWG verwehrt würde. Mithin kommt eine teleologische Reduktion nicht in Frage und die Vermutung des § 35 KWG muss als unwiderleglich ausgelegt werden. Auch ist die Ansicht abzulehnen, die die Vermutung des § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG im Anwendungsbereich des § 35 KWG als unwiderleglich auslegt und im Anwendungsbereich des § 46 KWG als widerleglich. Der Entzug der Bankerlaubnis nach § 35 KWG ist eine deutlich weitergehende Maßnahme als die temporäre Schließung oder die Möglichkeit zum Erlass von Anweisungen an die Geschäftsleitung nach § 46 KWG.402 Würde das Institut die Voraussetzung des § 46 KWG, dass eine Gefahr für die anvertrauten Vermögenswerte vorliegen müsse, erfolgreich widerlegen, könnte dies aber für dieselbe in § 35 KWG genannte Voraussetzung nicht, so wäre es der BaFin nicht möglich, Maßnahmen nach § 46 KWG vorzunehmen, sie könnte aber dennoch nach § 35 KWG die Bankerlaubnis entziehen. Dies widerspräche dem Sinn und Zweck des § 46 KWG, der der BaFin umfassende Möglichkeiten zur Überwindung der Krise einräumen soll. Mithin ist der Ansicht zuzustimmen, nach der eine Gefahr im Sinne des § 46 Abs. 1 KWG bei Vorliegen der Beispielsfälle des § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG de lege lata unwiderleglich vermutet wird. Die unwiderlegliche Vermutung einer Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der Gläubiger basierend auf einer Veränderung der Eigenmittelhöhe ist aber de lege ferenda abzulehnen. Die Veränderung kann lediglich ein Indiz für eine drohende Gefahr darstellen. Mithin müsste jedenfalls eine zusätzliche Voraussetzung nach dem Vorbild des § 45 Abs. 1 S. 2 KWG eingeführt werden. Dann läge eine Gefahr für die Erfüllung der Verbindlichkeiten nur vor, wenn neben dem einmaligen Verlust von mindestens 50 % der Eigenmittel oder dem dreimaligen Verlust von mehr als 10 % der Eigenmittel zusätzlich mit einer Unterschreitung der Mindestanforderungen oder einer Überschuldung zu rechnen wäre. Eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern des Instituts besteht nicht nur, wenn die Regelbeispiele des § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG 401  BT-Drucks. 7/3657, S. 16: „Das Bundesaufsichtsamt wird aber nicht in jedem Fall bei einem Verlust der Hälfte des haftenden Eigenkapitals oder bei einer nachhaltigen Unrentabilität die Erlaubnis zurücknehmen. Ausnahmen können z.B. möglich sein, wenn das Institut überdurchschnittlich gut mit Eigenkapital ausgestattet war. In diesem Fall kann die Abberufung des für den Verlust verantwortlichen Geschäftsleiters nach § 36 ausreichen.“; Würde die Anwendbarkeit des § 35 KWG in solchen Fällen ausgeschlossen, bliebe der BaFin nicht mehr die Möglichkeit zu Maßnahmen nach § 35 KWG. Die Begründung weist aber nur darauf hin, dass § 35 KWG in diesen Situationen nicht zwangsläufig Anwendung finden muss, sondern auch Maßnahmen nach § 36 KWG ausreichen können. 402  Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 20.

204

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

vorliegen. Darüber hinaus können Maßnahmen nach § 46 KWG getroffen werden, wenn das Institut überschuldet ist, ohne dass die Eigenmittel sich einmalig mindestens halbiert haben oder dreimal in Folge um mehr als 10 % gesunken sind.403 Wie zuvor erläutert, geht die Gefahr für die Gläubiger nicht von dem Absinken der Eigenmittel selbst aus, sondern von der damit indizierten drohenden Überschuldung. Kommt die Überschuldung auf anderem Wege zustande, ändert dies nichts an der Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern. Neben der Überschuldung kann auch die Zahlungsunfähigkeit eine Gefahr i.S.d. § 46 KWG darstellen.404 Die Zahlungsunfähigkeit führt dazu, dass das Institut seine Verbindlichkeiten nicht mehr zum Fälligkeitszeitpunkt begleichen kann.405 bb)  Abwicklungsvoraussetzungen nach dem Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG) Der Anwendungsbereich des SAG wird im Gegensatz zum Anwendungsbereich von § 46 KWG nicht mehr mit Hilfe des Gefahrenbegriffs definiert. Stattdessen ist eine Bestandsgefährdung erforderlich, die in § 63 SAG406 legaldefiniert ist. Eine Bestandsgefährdung liegt demnach unter vier alternativen Umständen vor: im Fall der Überschuldung, der Zahlungsunfähigkeit, dem qualifizierten Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Anforderungen und der Unterstützung durch staatliche Mittel. (1) Überschuldung Nach § 63 Nr. 2 SAG407 liegt eine Bestandsgefährdung vor, wenn die Vermögenswerte des Instituts die Höhe seiner Verbindlichkeiten unterschreiten oder objektive Anhaltspunkte vorliegen, dass dies in naher Zukunft der Fall sein wird. Diese Definition entspricht nahezu wortgleich derjenigen der Überschuldung nach § 19 InsO. Ausweislich der Gesetzesbegründung sind beide Voraussetzungen allerdings nicht identisch.408 Vielmehr sollen zur Bewertung anstelle der Regelungen des § 19 InsO die Bewertungsvorschriften der §§ 69 ff. SAG herangezogen werden. Hinweise zur Bewertung der Vermögensgegenstände sind insbesondere in § 72 Abs. 1 SAG zu finden. Demnach ist die Bewertung „auf vorsichtige Annahmen, insbesondere auch in Bezug auf Ausfallwahrscheinlichkeiten und Verlust403  Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 142 m.w.N. 404 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46 KWG, Rn. 37; im Detail Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 137 f. m.w.N. 405  Für eine detaillierte Diskussion von Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung vergleiche infra bb. 406  Auf europäischer Ebene Art. 18 Abs. 3 SRM-VO. 407  Auf europäischer Ebene Art. 18 Abs. 3 lit. b SRM-VO. 408  BT-Drucks. 18/2575, S. 165.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

205

quoten bei Ausfall, zu stützen“409. Darüber hinaus kann das Bundesministerium der Finanzen nach § 76 SAG durch Rechtsverordnung die Methode der Bewertung der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten näher festlegen. Solange keine derartige Verordnung erlassen wurde, besteht allerdings das aus dem Insolvenzrecht bekannte Problem der Unternehmensbewertung fort. Auch die EBA hat bisher keine verbindlichen Guidelines, sondern lediglich einen Entwurf zur entsprechenden Vorschrift in der SRM-VO erlassen. Die Kommentarliteratur zu § 19 InsO fordert überwiegend eine möglichst marktgerechte Bewertung des Unternehmens.410 Regelmäßig liegt aber zum Zeitpunkt der Erstellung einer Überschuldungsbilanz kein Angebot eines Dritten mit einem Kaufpreis für das Unternehmen vor, so dass der tatsächliche Wert, den Marktteilnehmer zu bezahlen bereit wären, zumeist nicht ermittelt werden kann. Eine Ansicht bestimmt in diesen Fällen den Unternehmenswert durch eine Addition der Einzelwerte von dessen Vermögensgegenständen.411 Eine andere Ansicht greift in diesen Fällen auf die betriebswirtschaftlichen Bewertungsmodelle für Unternehmen zurück.412 Dabei handelt es sich im Wesentlichen um die Barwertmethode und die Multiplikatorenmethode. Bei der Barwertmethode werden erwartete zukünftige Zahlungen auf den aktuellen Zeitwert abgezinst, also deren Barwert gebildet. Dabei werden die Zahlungsströme des Gesamtunternehmens oder nur des Eigenkapitals betrachtet. Für die Überschuldungsbilanz müssen notwendigerweise die Zahlungen des Gesamtunternehmens betrachtet werden, da andernfalls eine Überschuldung nicht feststellbar wäre.413 Der Zahlungsstrom an das Gesamtunternehmen muss dann mit Hilfe der unternehmensspezifischen Kapitalkosten abgezinst werden, um den Barwert zu erhalten. Ist dieser Barwert kleiner als der Marktwert der Verbindlichkeiten des Unternehmens, dann liegt eine Überschuldung vor. Zur Bewertung mit Hilfe der Barwertmethode müssen umfangreiche Prognosen über die zukünftigen Zahlungen und die zukünftigen Kapitalkosten vorgenommen werden. Schon kleine Änderungen dieser Annahmen führen zu deutlichen Abweichungen bei der Unternehmensbewertung. Dennoch stellt die Barwertmethode gemäß dem Entwurf zur Bewertung von Instituten nach der SRM-VO die präferierte Bewertungsmethode der EBA dar.414 409 

§ 61 Abs. 4 S. 1 SAG. Vgl. nur BT-Drucks. 12/2443, S. 115; MüKo/Drukarczyk/Schüler, § 19 InsO, Rn. 137; Braun/Bußhardt, § 19 InsO, Rn. 18 m.w.N.; a.A. KK/Mertens/Cahn, Anh. § 92 AktG, Rn. 15; Wackerbarth, NZI 2009, 145, 148 f. 411 Braun/Bußhardt, § 19 InsO, Rn. 18; MüKo/Drukarczyk/Schüler, § 19 InsO, Rn. 139. 412 Vgl. ausführliche Darstellung des Streitstandes bei Hüttemann, in: FS Schmidt, S. 770 f. m.w.N. 413  Die Zahlungen an die Eigenkapitalgeber können nur einen positiven Wert oder einen Wert von null annehmen, da die Haftung der Eigenkapitalgeber beschränkt ist. Mithin kann auch der Barwert nur positiv sein oder einen Wert von null erreichen und somit läge niemals ein negatives Eigenkapital und mithin keine Überschuldung vor. 414  EBA, EBA/CP/2014/38, S. 16. 410 

206

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Bei der Multiplikatorenmethode werden Marktwerte von mit dem zu bewertenden Unternehmen vergleichbaren Unternehmen herangezogen und mit Hilfe eines Multiplikators angepasst. Als Multiplikator können verschiedene Kennzahlen angewendet werden. Häufig werden Umsatz oder Gewinn im Verhältnis zu dem Unternehmenswert verwendet. Liegt der Wert von Unternehmen A beispielsweise zehnmal so hoch wie dessen Gewinn, dann wird angenommen, dass dies bei dem vergleichbaren Unternehmen B ebenfalls der Fall ist. Auch hier gilt, dass für die Überschuldungsbilanz nur Multiplikatoren herangezogen werden können, die sich auf das Gesamtunternehmen beziehen.415 Anschließend muss wiederum von dem ermittelten Wert der Wert des Fremdkapitals abgezogen werden. Für die Anwendung dieser Methode muss eine Auswahl der vergleichbaren Unternehmen getroffen werden, deren Multiplikatoren stark voneinander abweichen können. In Abhängigkeit von dieser Auswahl können die Resultate stark divergieren. Fraglich ist aber, ob diese Bewertungsmodelle auch für die Bestimmung einer Überschuldung nach § 63 Nr. 2 SAG unter Berücksichtigung des § 71 SAG herangezogen werden können. Der Wortlaut des § 71 SAG, der eine „vorsichtige Bewertung“ zugrunde legt, erinnert stark an das Vorsichtsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB nach dem „vorsichtig zu bewerten [ist], namentlich sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen“416. Gegen die Anwendung der handelsrechtlichen Bewertungsvorschriften spricht aber, dass die Bewertung nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 SAG auch „angemessen“ erfolgen soll. Diese Formulierung leitet sich aus dem klareren Wortlaut des Artikel 36 Abs. 1 der Abwicklungsrichtlinie ab, der eine faire und realistische Bewertung vorsieht. In der englischen Fassung handelt es sich um eine „fair […] valuation“, die deutlich an das Konzept des fair value erinnert, der in IFRS 13 definiert ist als „der Preis, zu dem unter aktuellen Marktbedingungen am Bemessungsstichtag ein geordneter Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern stattfinden würde.“417

Folgt man dieser Argumentation, so handelt es sich bei einem angemessenen Wert grundsätzlich um einen Marktwert, der durch die Buchwerte des HGB nicht hinreichend ermittelt werden kann. Fraglich ist, wie der Vorsichtsgedanke vor diesem Hintergrund hinreichend berücksichtigt werden kann. In Fällen, in denen ein konkretes Angebot vorliegt, muss wohl davon ausgegangen werden, dass der Marktpreis auch tatsächlich erzielt werden kann, womit dem Vorsichtsgedanken hinreichend Rechnung getragen ist 415  Multiplikatoren sind immer positiv und der Grundwert, der für die Ermittlung des Unternehmenswertes herangezogen wird ist ebenfalls immer positiv, so dass auch in der Multiplikatorenmethode bei Verwendung von Multiplikatoren, die unmittelbar das Eigenkapital bewerten, niemals ein negativer Eigenkapitalwert ermittelt werden kann und somit keine Überschuldung möglich wäre. 416  § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB. 417  IFRS 13 Rn. 2.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

207

und nicht auf Buchwerte zurückgegriffen werden muss. Gerade im Bankenbereich besteht aber ein großes Interesse daran, keine negativen Signale durch das Einholen von Kaufangeboten auszusenden, um nicht den Abzug von Mitteln auszulösen. Somit wird regelmäßig in den fraglichen Situationen kein konkretes Angebot vorliegen. Aber auch für Fälle ohne konkretes Angebot scheint der Ansatz der Buchwerte verfehlt. So spiegeln Buchwerte nach HGB grundsätzlich nur in geringem Umfang positive Wertentwicklungen wider. Vermögenswerte werden grundsätzlich zu Anschaffungspreisen bilanziert. Eine Wertsteigerung in Form einer Marktpreiserhöhung wird in der Bilanz nicht dargestellt. Somit wird der Buchwert des Vermögens regelmäßig deutlich unter dessen Marktwert liegen und mithin kann das Kriterium einer realistischen Bewertung durch den HGB-Ansatz nicht erfüllt werden. Die Verwendung von Buchwerten führt auch nicht zu einer fairen Bewertung, da zwei Institute mit identischen Vermögenswerten unterschiedlich bewertet werden können. Dies soll an einem Beispiel veranschaulicht werden: Angenommen Institut A kauft 100 Aktien zu einem Preis von 50. Institut B kauft später die gleichen 100 Aktien zum Preis von 100. Der aktuelle Kurs der Aktien liegt bei 200. Beide Institute haben keine sonstigen Vermögenswerte und Verbindlichkeiten in Höhe von 8.000. Bei einer Marktwertbetrachtung hätten beide Institute ein Vermögen im Wert von 20.000418 und Verbindlichkeiten im Wert von 8.000 und wären somit nicht überschuldet. Bei einer Betrachtung der Buchwerte nach HGB hätte Institut A Vermögenswerte im Wert von 5.000419 und Institut B Vermögenswerte mit einem Buchwert von 10.000420. Somit wäre Institut A überschuldet und Institut B nicht, obwohl beide identische Vermögens- und Verbindlichkeitenpositionen besitzen. Das Kriterium der Gleichbehandlung beider Institute wäre somit massiv verletzt. Aber auch eine Heranziehung von Marktwerten nach IFRS kommt wohl nicht in Frage. Zwar sind diese Werte angemessen, allerdings beinhalten sie kein Vorsichtselement. Sie versuchen lediglich bestmöglich den tatsächlichen Wert der Vermögenswerte und Verbindlichkeiten wiederzugeben. Somit muss weiterhin auf Bewertungsmodelle zurückgegriffen werden, wenn keine konkreten Angebote für das Institut vorliegen. Dieses Ergebnis entspricht den Vorgaben aus dem Entwurf der EBA für die Festlegung von Bewertungsmethoden in der SRM-VO, der für die Bewertung nicht Buchwerte, sondern abdiskontierte Marktwerte heranzieht.421 Das Vorsichtsprinzip kann dabei durch den Ansatz konservativer Annahmen gewahrt werden. Es ist üblich, in den Bewertungsmodellen ein Best, ein Middle- und ein Worst-Case-Szenario zu berechnen. Die Verwendung des Ergebnisses des Worst-Case-Szenarios gewährleistet die Einhaltung des Vorsichtsprinzips. Darüber hinaus sind die ermittelten Werte im Gegensatz zu den 418 

100 Aktien ∙ Marktwert von 200 = 20.000. 100 Aktien ∙ Anschaffungspreis von 50 = 5.000. 420  100 Aktien ∙ Anschaffungspreis von 100 = 10.000. 421  EBA, EBA/CP/2014/38, S. 16. 419 

208

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Buchwerten angemessen und erfüllen somit alle Bewertungsvoraussetzungen des § 69 Abs. 1 Nr. 1 SAG. Unklar ist, wie der Entwurf der EBA dem Vorsichtsprinzip gerecht werden kann. Die Bewertung soll auf dem wahrscheinlichsten Szenario, also gerade nicht auf dem Worst-Case-Szenario, basieren. Ein Risikopuffer soll nur dann gebildet werden, wenn Anhaltspunkte für zusätzliche Risiken bestehen.422 Dies ist mit dem allgemeinen Vorsichtsprinzip aber nicht in Einklang zu bringen. Neben der eingetretenen Überschuldung sind aber nach § 63 SAG auch schon objektive Anhaltspunkte dafür, dass diese zumindest in naher Zukunft eintritt, ausreichend, um Maßnahmen nach dem Sonderinsolvenzrecht einzuleiten.423 Damit schuf der Gesetzgeber gleich zwei Ungenauigkeiten. Einerseits ist nicht klar, wie ausgeprägt die objektiven Anhaltspunkte sein müssen und andererseits ist der Zeitraum der nahen Zukunft nicht näher abgegrenzt. Der Begriff der objektiven Anhaltspunkte stellt klar, dass rein subjektive Prognosen grundsätzlich nicht ausreichen, um eine drohende Überschuldung anzunehmen. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Überschuldung ist aber wohl ebenfalls nicht erforderlich. Konkrete Hinweise, die auf eine zukünftige Überschuldung hindeuten, sind ausreichend. Einen derartigen Hinweis kann beispielsweise das Ergebnis eines Banken-Stresstestes darstellen. Hingegen kann eine lediglich mögliche zukünftige Überschuldung nicht ausreichen. Die vage Möglichkeit einer Überschuldung ist von dem Wortlaut des § 63 SAG nicht erfasst, denn es werden Anhaltpunkte dafür gefordert, dass der Eintritt der Überschuldung „in naher Zukunft bevorsteht“424 und nicht lediglich „in naher Zukunft bevorstehen könnte“. Eine gewisse Eintrittswahrscheinlichkeit wird daher zu fordern sein, wenn diese auch nicht über 50 % liegen muss. Weiterhin ist der Begriff der „nahen Zukunft“ nicht näher definiert. Möglicherweise ist der relevante Zeitraum aus dem Stresstest der EBA abzuleiten, der auf eine Zeitspanne von drei Jahren ausgelegt ist.425 Ergeben sich durch den Stresstest Anhaltspunkte, dass die Bank am Ende der Testperiode überschuldet sein wird, so ist diese Information geeignet, das Vertrauen der Gläubiger in die Bank derart zu erschüttern, dass sie beginnen, ihre Gelder aus dem Institut abzuziehen und damit die Zeit bis zur Überschuldung deutlich verkürzen. Zusätzlich gibt das negative Ergebnis des Stresstests dem Management einen Anreiz zur Überinvestition, den es zu unterbinden gilt. Dazu sollte das Sonderinsolvenzrecht bereits anwendbar sein, wenn der Stresstest eine Überschuldung erst am Ende der Testperiode prognostiziert.426 Mithin erscheint die Auslegung der „nahen Zukunft“ in Form eines Dreijahreszeitraums angemessen.

422 

EBA, EBA/CP/2014/38, S. 20. Vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 2 SAG. 424  § 63 Abs. 1 Nr. 2 SAG (Hervorhebungen hinzugefügt). 425  EBA, Methodological Note, S. 9. 423 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

426

209

(2) Zahlungsunfähigkeit

Neben der Überschuldung stellen auch die Zahlungsunfähigkeit und das Vorliegen objektiver Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit in naher Zukunft eine Bestandsgefährdung im Sinne des § 63 SAG dar.427 Auch hier ist die Parallele zum allgemeinen Insolvenzrecht, hier zur Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO und zur drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO, klar erkennbar. Der Gesetzesbegründung nach müssen aber auch bei der Zahlungsunfähigkeit die Besonderheiten des Bankensektors Berücksichtigung finden.428 Insbesondere sei die vom BGH entwickelte Toleranz einer Liquiditätslücke von weniger als 10 % mit einer Dauer von bis zu drei Wochen429 im Bereich der Bankeninsolvenz nicht anwendbar.430 Eine Zahlungsunfähigkeit liegt grundsätzlich vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine Zahlungspflichten zum Fälligkeitszeitpunkt zu erfüllen.431 Nach diesem Wortlaut muss ein Schuldner immer hinreichende liquide Mittel vorhalten, um jederzeit seine fälligen Verbindlichkeiten zu begleichen. Im Finanzsektor muss aber berücksichtigt werden, dass ein wesentliches Element der Bankdienstleistung in der Fristentransformation besteht. Die Bank schafft einen volkswirtschaftlichen Wert dadurch, dass sie Einlagen mit kurzer Laufzeit annimmt und Darlehen mit langer Laufzeit ausgibt. Die Fristentransformation führt aber dazu, dass schon im normalen Geschäftsbetrieb eine gleichzeitige Auszahlung aller fälligen Forderungen regelmäßig nicht möglich ist. Würde man die Definition der Zahlungsunfähigkeit des § 17 Abs. 2 InsO dem Wortlaut nach anwenden, so wäre annähernd jedes Kreditinstitut dauerhaft zahlungsunfähig.432 Für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit lässt sich aber auf die bankaufsichtsrechtlichen Regeln zurückgreifen. So werden in § 4 LiqV433 Vorgaben dazu gemacht, welcher Anteil der jeweils fälligen Forderungen für die Liquiditätsanalyse als Liquiditätsabfluss angesetzt werden muss. Diese reichen von 100 % der Verbindlichkeiten gegenüber Zentralbanken434 über 40 % der täglich fälligen Ver426 A.A. Brogl, der als Maßstab der Soliditätseinschätzung nicht den Stresstest, sondern nur die im Zeitpunkt aufsichtlicher Maßnahmen geltenden Normen heranziehen möchte, dabei aber übersieht, dass diese Normen einen außerordentlich hohen Beurteilungsspielraum lassen, der auch mit Instrumenten außerhalb der bestehenden Normen ausgefüllt werden kann, vgl. Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr, S. 67. 427  § 63 Abs. 1 Nr. 3 SAG; auf europäischer Ebene Art. 18 Abs. 4 lit. c SRM-VO. 428  BT-Drucks. 18/2575, S. 165. 429  BGH NJW 2005, 3062. 430  BT-Drucks. 18/2575, S. 165. 431  Vgl. Legaldefinition des § 17 Abs. 2 InsO. 432 Vgl. Binder, Sachverständigengutachten, S. 22 f.; Binder, Alternative Resolution Regimes, S. 237. 433  Verordnung über die Liquidität der Institute (Liquiditätsverordnung – LiqV) vom 14. 12. 2006, BGBl. I, S. 3117. 434  § 4 Abs. 2 Nr. 1 LiqV.

210

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

bindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten435 bis hin zu 10 % der täglich fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Kunden436. Diese Werte können als Richtwert für die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit im normalen Geschäftsgang herangezogen werden. Im Sinne einer vorsichtigen Ermittlung ist aber im Vergleich zur LiqV tendenziell ein höherer Anteil der fälligen Verbindlichkeiten für die Ermittlung des Mittelabflusses anzusetzen. Liegen objektive Anhaltspunkte dafür vor, dass vermehrt Mittel abgezogen werden, beispielsweise aufgrund eines sich anbahnenden bank run, so kann es darüber hinaus erforderlich werden, den Anteil der anzusetzenden fälligen Verbindlichkeiten zu erhöhen.437 Das Insolvenzrecht soll verhindern, dass die Bank aufgrund ihrer tatsächlichen Zahlungsunfähigkeit dazu gezwungen ist, betriebsnotwendiges Vermögen zu veräußern. Daher muss ein bank run frühzeitig verhindert werden und die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts für diesen Fall gewährleistet sein. Eine Abweichung von den Vorgaben der der LiqV zur Berücksichtigung der tatsächlich erwarteten Auszahlungen ist unabdingbar, um auf absehbare Liquiditätsengpässe rechtzeitig zu reagieren. Die praktische Bedeutung der Zahlungsunfähigkeit als Auslöser des Insolvenz­ verfahrens für Banken wurde in der Literatur zum Teil bezweifelt.438 Dies wurde damit begründet, dass betroffene Institute regelmäßig von der Zentralbank oder im Interbankenmarkt zusätzliche Liquidität erhalten können. Dies trifft aber nur zu, solange hinreichendes Vermögen zur Besicherung dieser Mittel zur Verfügung steht oder ein hinreichendes Vertrauen in die Stabilität des Instituts besteht. Der mögliche Einwand, dass im Falle des Vertrauensverlustes regelmäßig auch die Überschuldung droht, führt hier nicht weiter. Für einen Vertrauensverlust muss nicht tatsächlich eine Überschuldung drohen. Allein der Glaube an die Gefährdung des Instituts kann einen bank run auslösen. Dieser führt dann zwar in der Folge möglicherweise zur Überschuldung, tatsächlich ist dann aber die Zahlungsunfähigkeit Grund für die folgende Überschuldung und sollte somit als originärer Auslöser auch durch das Sonderinsolvenzrecht erfasst sein. Wie schon bei der Überschuldung reichen auch bei der Zahlungsunfähigkeit objektive Anhaltspunkte dafür aus, dass das Institut in naher Zukunft nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten zum Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Fraglich ist aber, wie schon bei der Überschuldung, für welchen Zeitraum die Zahlungsfähigkeit ermittelt werden muss. Insbesondere ist fraglich, ob der Prognosezeitraum aufgrund des gleichen Wortlauts mit demjenigen für die Überschul435 

§ 4 Abs. 1 Nr. 1 LiqV. § 4 Abs. 1 Nr. 2 LiqV. 437 Anders wohl Binder, der nur auf die im normalen Geschäftsgang eingeforderten Pflichten abstellt, vgl. Binder, Sachverständigengutachten, S. 23. 438 Vgl. Binder, Bankeninsolvenz im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, S. 143. 436 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

211

dung deckungsgleich sein muss. Dagegen könnte die Kontextabhängigkeit des Ausdrucks „nahe Zukunft“ sprechen. Die Aussage, „wir bauen in naher Zukunft ein Haus“ wird sicher allgemein anders verstanden als die Aussage „wir fliegen in naher Zukunft zum Mars“.439 Folglich müssen die Zeiträume für die drohende Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit trotz des gleichen Wortlauts nicht zwangsläufig deckungsgleich sein und der Zeitraum für die Ermittlung der Zahlungsfähigkeit muss eigenständig bestimmt werden. Ein Blick in die Literatur zur drohenden Zahlungsunfähigkeit der Insolvenzordnung kann dabei zur Orientierung beitragen. Die drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO ist nicht auf die nahe Zukunft beschränkt. Dennoch wird in der Literatur überwiegend vertreten, dass ein Zeitraum von mehr als zwei bis drei Jahren grundsätzlich nicht betrachtet werden muss, da die Vorhersage der Zahlungsfähigkeit wohl darüber hinaus nicht verlässlich möglich ist.440 Durch die Beschränkung des Betrachtungshorizonts auf die nahe Zukunft im Rahmen des § 63 SAG hat der Gesetzgeber wohl einen kürzeren Zeitraum als den des allgemeinen Insolvenzrechts vorgesehen. In der LiqV wird eine Prognose für einen Zeitraum von einem Jahr erwartet. Dieser Zeitraum erscheint auch für die Zwecke des § 63 SAG angemessen. Damit könnte auch auf das vorhandene bankaufsichtsrechtliche Zahlenmaterial zurückgegriffen werden, um das Vorliegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit zu ermitteln. Zu beachten ist auch hier, dass nur objektive Anhaltspunkte für eine Zahlungsunfähigkeit vorliegen müssen. Eine gerade noch hinreichende Liquidität bei der Ermittlung der Werte nach der LiqV kann somit dennoch zu dem Ergebnis führen, dass objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Institut in naher Zukunft zahlungsunfähig sein wird. Lediglich klarstellende Wirkung hat § 63 Abs. 1 Nr. 3 2. HS SAG.441 Demnach liegt keine Zahlungsunfähigkeit oder drohende Zahlungsunfähigkeit des Instituts vor, wenn das Institut die Zahlungsunfähigkeit nur aufgrund von Staatsgarantien abwenden kann. Dies ergibt sich schon daraus, dass nach der Vergabe der Staatsgarantien keine Zahlungsunfähigkeit mehr vorliegt. Werden finanzielle Unterstützungen durch den Staat gewährt, finden die spezielleren Vorschriften des § 63 Abs. 2 SAG Anwendung. So sieht § 63 Abs. 2 SAG Sonderregelungen für die Behandlung der Empfänger derartiger Staatshilfen vor. Würde der Empfang von Staatshilfen schon eine Insolvenz des Empfängers aufgrund der Auslöser der Überschuldung oder der Zahlungsunfähigkeit verursachen, liefen diese Vorschriften ins Leere.442

439 Vgl.

Linke/Nussbaumer/Portmann, Studienbuch Linguistik, S. 186. Uhlenbruck/Mock, § 18 InsO, Rn. 24; Braun/Bußhardt, § 18 InsO, Rn. 8 m.w.N. 441  BT-Drucks. 18/2575, S. 165. 442  BT-Drucks. 18/2575, S. 165. 440  Vgl.

212

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

(3) Qualifizierter Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Anforderungen Das wohl wichtigste Indiz für das Vorliegen einer Bestandsgefährdung liegt in dem Verstoß „gegen die mit einer Erlaubnis nach § 32 des Kreditwesengesetzes verbundenen Anforderungen in einer Weise […], die die Aufhebung der Erlaubnis durch die Aufsichtsbehörde rechtfertigen würde“443 oder das Vorliegen objektiver Anhaltspunkte dafür, dass ein derartiger Verstoß in naher Zukunft vorliegen wird.444 Dieser Verknüpfung von Aufhebung der Bankerlaubnis und Abwicklung des Instituts liegt vermutlich die Annahme zugrunde, dass ein Institut ohne Bank­ erlaubnis nicht überlebensfähig ist. Auch wenn dies regelmäßig zutreffen wird, sind auch Fälle vorstellbar, in denen das Bankgeschäft nur einen geringen Umfang der Tätigkeiten des Unternehmens einnimmt und der Entzug der Bankerlaubnis beispielsweise aufgrund der Nichtnutzung der Banklizenz für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten nach § 35 Abs. 2 Nr. 1 KWG oder der Verstoß gegen das Wertpapierhandelsgesetz nach § 35 Abs. 2 Nr. 6. KWG erfolgt. In diesen Fällen ist eine Abwicklung des gesamten Unternehmens im Rahmen des SAG unverhältnismäßig und würde einen ungerechtfertigten Eingriff in die Eigentümerrechte bedeuten. Schon vor Einführung des SAG konnte ein Unternehmen nach Aufhebung der Bankerlaubnis gemäß § 38 KWG abgewickelt werden. In der Literatur wird diese Ermächtigung der BaFin dahingehend einschränkend ausgelegt, dass sie nicht erfolgen darf445 oder jedenfalls eine besonders sorgfältige Verhältnismäßigkeitsprüfung zu erfolgen hat,446 wenn das Institut noch weitere nicht erlaubnispflichtige Geschäfte betreibt. Selbiges gilt auch für die Anwendung des § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG. Beispielhaft führt die BRRD Fälle auf, in denen die Aufhebung der Bankerlaubnis auf Verstößen gegen die Eigenmittelvorgaben beruht.447 Regelmäßig werden Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG nur verhältnismäßig sein, wenn sie zum Gläubigerschutz erforderlich sind. Mithin erfüllt insbesondere der Entzug der Bankerlaubnis aufgrund eines Verstoßes gegen die Eigenmittel- oder Liquiditätsvorschriften, die auch der deutsche Gesetzgeber als besonders relevanten Anwendungsfall hervorhebt,448 die Abwicklungsvoraussetzungen des § 63 SAG. Im Folgenden sollen die einzelnen Gründe für die Aufhebung der Bankerlaubnis überblicksartig dargestellt werden. Für eine detaillierte Behandlung wird auf die bestehende umfangreiche Kommentarliteratur verwiesen.

443 

§ 55 Abs. 2 Nr. 1 SAG. § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG; auf europäischer Ebene Art. 18 Abs. 4 lit. a SRM-VO. 445 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, § 38 KWG, Rn. 9; Schwennicke/Auerbach/ Schwennicke, § 38 KWG, Rn. 6; Luz/Heemann, § 38 KWG, Rn. 7. 446 Beck/Samm/Kockemoor/Samm, § 38 KWG, Rn. 9; Szagunn/Haug/Ergenzinger, § 38 KWG, Rn. 3. 447  Art. 32 Abs. 4 lit. a) BRRD. 448  BT-Drucks. 18/2575, S. 164. 444 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

213

(a) Gefahr für die Verpflichtungen gegenüber Gläubigern Wie schon bei der Darstellung des Anwendungsbereichs von § 46 KWG gezeigt,449 ermöglicht die Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts gegenüber seinen Gläubigern gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG den Entzug der Bank­ erlaubnis. Eine Vermutung für eine derartige Gefahr besteht bei einem Verlust der Hälfte der erforderlichen Eigenmittel und bei einem Verlust von 10 % der erforderlichen Eigenmittel in dreimaliger Folge.450 Diese Fälle sind aber nicht abschließend, so dass auch andere Gefahren für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts den Entzug der Bankerlaubnis begründen können. (b) Unzureichende Eigenmittel oder Liquidität Explizit sind unzureichende Eigenmittel oder Liquidität in § 35 Abs. 2 Nr. 8 KWG als Grund für den Entzug der Bankerlaubnis angeführt. § 35 Abs. 2 Nr. 8 KWG verweist auf die Vorschriften der EU-Bankenaufsichtsverordnung, die die Eigenmittelanforderungen, Liquiditätsanforderungen und Beschränkungen von Großkrediten regeln. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen sowie gegen die Anforderungen der Art. 104 und 105 der CRD IV, umgesetzt durch das CRD IV Umsetzungsgesetz451 in § 10 Abs. 3 KWG und § 11 Abs. 3 KWG, stellt demnach einen Grund zum Entzug der Bankerlaubnis dar. Im Kontext von § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG ist es sogar schon ausreichend, wenn objektive Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die Eigenmittelanforderungen oder die Liquiditätsanforderungen in naher Zukunft vorliegen. Damit werden die Tatbestände der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung marginalisiert. Es ist kaum vorstellbar, dass die deutlich strengeren bankaufsichtsrechtlichen Anforderungen im Hinblick auf Eigenmittel und Liquidität erfüllt sind und dennoch eine Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung vorliegt.452 Es lässt sich somit festhalten, dass die klassischen insolvenzrechtlichen Schwellen faktisch durch bankaufsichtsrechtliche Schwellen ersetzt wurden, die die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts vorverlagern. Diese Vorverlagerung der Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts wird in der Literatur damit begründet, dass die strukturierte und geordnete Abwicklung von Finanzinstituten nur möglich

449 

Vgl. supra aa. § 35 Abs. 2 Nr. 4 lit a, b KWG. 451  Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Anpassung des Aufsichtsrechts an die Verordnung (EU) Nr. 575/2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen (CRD IV-Umsetzungsgesetz) vom 28. 08. 2013, BGBl I, S. 3395. 452  Vgl. supra a; Schelo, NJW 2011, 186, 188; Mayes/Nieto/Wall, Multiple Safety Net Regulators, S. 23; a.A. noch Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 524. 450 

214

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

sei, wenn schon frühzeitig in deren Geschäfte eingegriffen werden könne.453 Diese Begründung stellt aber nicht auf die Besonderheiten von Finanzinstituten ab und ist somit nicht geeignet, eine Ausnahme vom allgemeinen Insolvenzrecht zu rechtfertigen. Jedes Unternehmen ist mit geringeren Verlusten für die Insolvenzgläubiger abzuwickeln und leichter zu reorganisieren, wenn noch keine Überschuldung vorliegt. Um die Notwendigkeit der Vorverlagerung des Anwendungsbereichs durch die Verwendung von regulatorischen Eigenmittel- und Liquiditätsschwellen zu begründen, muss auf die Besonderheiten der Institute abgestellt werden. Für eine frühzeitigere Einleitung des Sonderinsolvenzverfahrens im Vergleich zum allgemeinen Insolvenzverfahren spricht vor allem die Gefahr eines bank run und das größere Risiko von Überinvestitionen bei Finanzinstituten. Im Gegensatz zu sonstigen Unternehmen haben die Gläubiger von Finanzinstituten oft die Möglichkeit, ihr Kapital sehr kurzfristig abzuziehen und insbesondere institutionelle Investoren, die nicht von der Einlagensicherung profitieren, könnten bereits bei Unterschreitung der regulatorischen Eigenkapitalanforderungen das Vertrauen in das Institut verlieren, beginnen, ihre Gelder abzuziehen und damit einen bank run auslösen, der die Insolvenz des Instituts nach sich ziehen könnte.454 Für die Verwendung der Eigenmittel an Stelle des Eigenkapitals zur Bestimmung der Krise spricht außerdem, dass eine Eigenmittelquote das Risiko für Überinvestitionen besser reflektiert und damit einen guten Indikator für die entsprechende Gefahr darstellt. Darüber hinaus ist das Management von Finanzinstituten regelmäßig in der Lage, das Risiko der Investitionen der Institute innerhalb von kurzer Zeit zu erhöhen, was die Gefahr von Überinvestitionen vergrößert und damit den Gläubigern von Finanzinstituten schadet.455 Vor diesem Hintergrund lässt sich eine Vorverlagerung der Anwendung des Sonderinsolvenzrechts im Bankenbereich, wie sie durch § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG in Verbindung mit § 35 Abs. 2 Nr. 8 KWG erfolgt, mit spezifischen Bankrisiken begründen. Fraglich ist jedoch, ob die Notwendigkeit besteht, unmittelbar bei oder sogar schon vor Unterschreitung der Anforderung, namentlich bei dem Vorliegen objektiver Anhaltspunkte für eine Unterschreitung in naher Zukunft, Abwicklungsmaßnahmen ergreifen zu können. Alternativ könnten auch mit § 48b KWG a.F. vergleichbare Schwellen herangezogen werden, die eine Unterschreitung der Anforderungen von mindestens 10 % vorsahen, bevor Abwicklungsmaßnahmen ergriffen werden konnten. Gegen die unmittelbare Anwendung von Abwicklungsmaßnahmen bei Unterschreitung der Eigenmittelanforderungen spricht schon die Gesetzessystematik. So werden in der Richtlinie über Eigenkapitalforderungen beispielsweise Wandelan453  International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency, S. 21, 22; Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr, S. 67; Riethmüller, WM 2010, 2295, 2298. 454  Zu den spezifischen Bedingungen für einen bank run vgl. Kapitel B. II. 2. 455  Vgl. dazu supra a, sowie Kapital B. II. 4.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

215

leihen als hartes Kernkapital anerkannt, soweit sie „zur vollständigen Wiederherstellung der harten Kernkapitalquote des Instituts […] erforderlich“456 sind. Derartige Wandelanleihen würden aber wenig Sinn ergeben, wenn sie ausschließlich im Zeitpunkt der Abwicklung gewandelt würden. Durch das in der Abwicklungsrichtlinie vorgesehene Instrument der Gläubigerbeteiligung ist im Rahmen des Insolvenzrechts keine Wandelanleihe nötig, um das Fremdkapital in Eigenkapital umzuwandeln. Mithin hatte der EU-Gesetzgeber wohl eine Situation vor Augen, in der eine Unterschreitung der Kernkapitalquote möglich ist, ohne dass das Sonderinsolvenzrecht zur Anwendung kommt. Auch die Ziele des Bankeninsolvenzrechts rechtfertigen keinen derart frühen Eingriff. Bei dem genannten Beispiel der Wandelanleihe ist zu erwarten, dass das Institut nach der Wandlung die Kapitalanforderungen wieder vollständig erfüllt. Bestehen derartige Anleihen oder hat das Institut alternative Möglichkeiten, die Eigenkapitalquote zu verbessern, haben die Gläubiger keinen Anreiz ihre Einlagen abzuziehen, da für diese dann keine erhöhte Ausfallgefahr besteht. Auch besteht für das Management in dieser Situation regelmäßig kein erhöhter Anreiz zur Überinvestition. Mithin ist nicht ersichtlich, weshalb die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts schon bei einer drohenden Unterschreitung der Mindestkapitalisierung möglich sein sollte. Wie zuvor dargelegt, ist auch das Argument, dass ein frühzeitiger Eingriff einen höheren Verwertungserlös erwarten lässt, für sich genommen nicht geeignet, Sonderregelungen für den Finanzsektor zu begründen.457 Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesministerium der Finanzen im Rahmen einer Rechtsverordnung, welche nach § 63 Abs. 3 SAG zur näheren Bestimmung der Bestandsgefährdung erlassen werden soll, eine Einschränkung des Anwendungsbereichs nach dem Vorbild des § 48b KWG a.F. vornehmen wird. (c) Gründe zur anfänglichen Erlaubnisversagung § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG ermächtigt die BaFin auch zur Aufhebung der Bankerlaubnis, wenn Tatsachen bekannt werden, welche die Versagung der anfänglichen Erlaubnis nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 KWG oder Abs. 2 Nr. 1 bis 3 KWG rechtfertigen würden. Im Wesentlichen sind davon drei unterschiedliche Kategorien der Erlaubnisversagung umfasst. Zum ersten muss das Institut ein Mindestkapital in Abhängigkeit von der geplanten Tätigkeit vorhalten, welches zwischen 25.000 Euro für Anlageberater und 5 Mio. Euro für Einlageninstitute variiert.458 Dieses Mindestkapital muss auch dann vorgehalten werden, wenn die notwendigen Eigenmittel niedriger ausfallen. Das Institut muss somit regelmäßig anfallende Anfangsverluste antizipieren und dafür sorgen, dass diese Verluste nicht zu einer Unterschreitung des Mindestka456 

Art. 54 Abs. 4 lit. a CRR. Vgl. supra a. 458  § 33 Abs. 1 Nr. 1 lit. d, e KWG. 457 

216

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

pitals führen.459 Die Vorschrift zur Vorhaltung eines absoluten Mindestkapitals ist in Anbetracht der ausgefeilten Eigenmittelanforderungen zumindest fragwürdig. Betreibt ein Einlageninstitut lediglich Geschäfte im Wert von unter 5 Mio. Euro ist beispielsweise kaum begründbar, weswegen es zur Sicherheit der Gläubiger Eigenkapital im Wert von mindestens 5 Mio. Euro vorhalten sollte. Praktische Relevanz hat diese Regelung dennoch vermutlich kaum, da die vorzuhaltenden Eigenmittel in der Praxis die Grenze von 5 Mio. Euro immer überschreiten werden. Weiterhin muss das Institut zum Erhalt der Bankerlaubnis zuverlässige und fachlich geeignete Geschäftsleiter und Inhaber nachweisen und ein ordnungsmäßiger Betrieb gewährleistet sein.460 Wird die Unzuverlässigkeit eines neuen Inhabers oder Geschäftsleiters oder ein nicht ordnungsgemäßer Betrieb festgestellt, ermächtigt dies die BaFin zum Entzug der Bankerlaubnis nach § 35 Abs. 2 Nr. 3 KWG und damit auch zur Abwicklung des Instituts nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG. Da die Abwicklung nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 SAG zur Erreichung der Abwicklungsziele erforderlich sein muss, wird aber regelmäßig die vorherige Ergreifung milderer Mittel, beispielsweise die Abberufung der betroffenen Geschäftsleiter nach § 36 KWG, vorausgesetzt. Dennoch ist fraglich, ob die Unzuverlässigkeit von Inhabern oder Geschäftsleitern die BaFin überhaupt zu Maßnahmen, die über den Entzug der Bankerlaubnis hinausgehen, ermächtigen sollte. Die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts ist mit starken Eingriffen in die Eigentümerrechte verbunden und wenn aufgrund des vorhandenen Eigenkapitals nicht zu erwarten ist, dass das Institut nach dem Entzug der Bankerlaubnis nicht mehr in der Lage sein wird, seine Verbindlichkeiten zu erfüllen, ist auch nicht ersichtlich, weswegen das Sonderinsolvenzrecht zur Anwendung kommen sollte. Vielmehr sollte es in diesem Fall dem Eigentümer überlassen bleiben, wie er seine Verbindlichkeiten nach Entzug der Bankerlaubnis zu erfüllen gedenkt. Weiterhin muss eine wirksame Aufsicht über das Institut möglich sein.461 Diese wird insbesondere in den Fällen als gefährdet erachtet, in denen das Institut in einen intransparenten Unternehmensverbund eingebunden ist oder Auslandsgeschäfte die Aufsicht maßgeblich erschweren. Wie schon für die vorangehenden Gründe zur anfänglichen Erlaubnisverweigerung stellt sich auch hier die Frage, ob eine Abwicklung notwendig ist oder der Entzug der Bankerlaubnis ausreicht. Auch hier gilt grundsätzlich, dass nur in Fällen, in denen eine Gläubigergefährdung vorliegt, eine Abwicklung gerechtfertigt sein kann. Allerdings kann die Gläubigergefährdung möglicherweise nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden, wenn eine wirksame Aufsicht nicht möglich ist. Nur durch eine wirksame Aufsicht kann sichergestellt werden, dass eine zutreffende Ermittlung von Eigenmitteln und Liquidität, die als Indikatoren für die Gläubigergefährdung und damit für die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts herangezogen werden, erfolgt. Ist dies nicht 459 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, 460 

§ 33 Abs. 1 Nr. 2, 3, 4, 4a, 4b, 7 KWG. 461  § 33 Abs. 2 KWG.

§ 35 KWG, Rn. 21.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

217

möglich, so kann es aus Vorsichtsgründen geboten sein, eine Abwicklung zu betreiben, um eine Gläubigergefährdung auszuschließen. (d) Zwischenfazit Die Annahme einer Bestandsgefährdung des Instituts bei einem Verstoße gegen eine an die dauerhafte Erlaubnis geknüpfte Anforderung in einer Weise, die die Aufhebung der Erlaubnis durch die Aufsichtsbehörde rechtfertigen würde, umfasst eine Vielzahl von Fällen. Die Gefahr für die Verpflichtungen gegenüber Gläubigern des Institutes war schon vor Einführung des SAG als Abwicklungsgrund im KWG vorgesehen und lässt sich ökonomisch gut begründen, andere Gründe zum Entzug der Bankerlaubnis sind hingegen nicht geeignet, Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG zu rechtfertigen. Die wohl relevantesten Schwellen zur Feststellung einer Krise und damit zur Ergreifung von Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts stellt die Unterschreitung der Eigenmittel- oder Liquiditätsanforderungen dar. Gemäß § 35 Abs. 2 Nr. 8 KWG ermöglicht die Unterschreitung die Aufhebung der Bankerlaubnis und erfüllt somit nach § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG den Tatbestand der Bestandsgefährdung, der den sachlichen Anwendungsbereich des SAG eröffnet. Wie zuvor dargestellt,462 bietet die Verwendung der Eigenmittel als Indikator im Gegensatz zur Anwendung des Überschuldungsbegriffs die Möglichkeit, bankspezifische Risiken, wie bank runs und verstärkte Überinvestitionsanreize, zu berücksichtigen. Auch die Verwendung bankaufsichtsrechtlicher Liquiditätsanforderungen zur Bestimmung der Zahlungsfähigkeit ist im Finanzsektor, dessen Kerngeschäft die Fristentransformation ist, dem Begriff der Zahlungsunfähigkeit in der Insolvenzordnung vorzuziehen. Zu berücksichtigen ist aber, dass eine geringe Unterschreitung der Anforderungen an Eigenmitteln und Liquidität häufig noch keine Anwendung des Sonderinsolvenzrechts rechtfertigt, da eine Gläubigergefährdung nicht erfolgt. Die in § 48b KWG a.F. vorgesehene Regelung, die eine Abwicklung nur für Fälle vorsah, in denen die Anforderungen um mindestens 10 % unterschritten wurden, sollte de lege ferenda auf § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG übertragen werden. Problematisch ist die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts in Fällen, in denen keine Gläubigergefährdung vorliegt. Darunter fallen insbesondere die Gründe, die zur Verweigerung der anfänglichen Erlaubniserteilung dienen. Weder die Unterschreitung des Anfangskapitals noch eine unzuverlässige Geschäftsleitung oder Inhaberschaft führen unmittelbar zu einer Gefährdung der Gläubiger. Möglicherweise verursacht zwar der darauf basierende Entzug der Bankerlaubnis eine derartige Gefährdung. Ist dies aber nicht der Fall, weil beispielsweise das Institut ausreichendes Eigenkapital zur Befriedigung aller Gläubiger vorhält oder profitable nichterlaubnispflichtige Geschäfte betreibt, so ist eine Abwicklung als unverhältnismäßig und damit unzulässig zu betrachten.

462 

Vgl. supra 1. a).

218

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

(4) Unterstützung durch staatliche Mittel Neben der Überschuldung, der Zahlungsunfähigkeit und dem qualifizierten Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Anforderungen eröffnet auch die Bewilligung außerordentlicher finanzieller Unterstützung aus öffentlichen Mitteln den sachlichen Anwendungsbereich des SAG.463 Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass ein Institut, welches Unterstützung durch öffentliche Mittel erhält, ohne diese Unterstützung die Voraussetzungen für eine Abwicklung erfüllen würde. Ein Institut soll sich einer Abwicklung im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts aber nicht auf Kosten der Steuerzahler entziehen können. Somit erscheint es folgerichtig, die Unterstützungsleistung als Insolvenzgrund aufzunehmen. Der Anwendungsbereich könnte alternativ auch eröffnet werden, indem alle Unterstützungsleistungen bei der Ermittlung der Eigenmittel und der Liquidität unberücksichtigt blieben. Letztere Vorgehensweise hätte es dem Bund oder den Ländern ermöglicht, Institute außerhalb einer Krisensituation finanziell zu unterstützen, ohne damit den Anwendungsbereich des SAG zu eröffnen. Würde das Institut ohne die finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Mitteln die Abwicklungsvoraussetzungen des § 63 SAG nicht erfüllen, sollte die Unterstützung auch keine Durchführung von Abwicklungsmaßnahmen ermöglichen. Mithin wäre eine Betrachtung der Finanzlage des Instituts ohne staatliche Unterstützung zur Beurteilung, ob die Abwicklungsvoraussetzungen vorliegen, der aktuellen Regelung vorzuziehen. Gemäß § 63 Abs. 2 SAG eröffnen aber nicht alle außerordentlichen finanziellen Unterstützungen den sachlichen Anwendungsbereich des SAG. Vielmehr werden solche Unterstützungsleistungen ausgenommen, die zur „Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft und zur Wahrung der Finanzstabilität erfolgen“464. Diese Leistungen müssen zum einen präventiv, zeitlich befristet und verhältnismäßig sein und dürfen „nicht dem Ausgleich von Verlusten dienen, die das Institut erlitten hat oder in naher Zukunft voraussichtlich erleiden wird.“465 Sie dürfen zum anderen nur in Form einer staatlichen Garantie für Liquiditätsfazilitäten oder neu emittierte Verbindlichkeiten sowie durch die Zuführung von Eigenkapital oder den Kauf von Kapitalinstrumenten zu Marktbedingungen zum Zwecke der Schließung von Kapitallücken, die in einem Bankenstresstest festgestellt wurden, dienen. Schon die Vereinbarkeit dieser beiden Voraussetzungen ist fraglich. Zwar können Garantien präventiv und zeitlich befristet ausgestaltet werden. Sie dienen auch regelmäßig nicht dem Ausgleich von Verlusten, sondern dem Ausgleich mangelnder Liquidität. Auch der „Kauf von Kapitalinstrumenten zum Zwecke der Schließung von Kapitallücken“466 kann ohne den Ausgleich von voraussichtlichen zukünftigen Verlusten erfolgen, wenn die Instrumente zum Marktwert gekauft werden. Allerdings erfolgt ein Kauf von Kapitalinstrumenten immer un463 

§ 63 Abs. 2 SAG; auf europäischer Ebene Art. 18 Abs. 4 lit. d SRM-VO. § 63 Abs. 2 Nr. 4 SAG. 465  § 63 Abs. 2 S. 3 SAG. 466  § 63 Abs. 2 Nr. 3 lit. b SAG. 464 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

219

befristet und kann damit das allgemeine Kriterium der Befristung nicht erfüllen. Auch neues Eigenkapital kann die Voraussetzungen der Ausnahme für bestimmte Unterstützungsmaßnahmen nicht erfüllen. Eigenkapital steht immer zur Begleichung vergangener und zukünftiger Verbindlichkeiten zur Verfügung und dient somit auch dem Ausgleich vergangener oder zukünftiger Verluste. Zudem ist auch eine von Anfang an als befristet festgelegte Zuführung von Eigenkapital gesellschaftsrechtlich nicht möglich, da der Charakter des Eigenkapitals mit Rückforderungsrechten von Eigenkapitalgebern nicht vereinbar ist.467 Mithin steht als einzige Unterstützungsleistung, die allen Anforderungen des § 63 Abs. 2 SAG gerecht wird, die zeitlich befristete Garantie zur Verfügung. Die Ausnahme von der Anwendung des Sonderinsolvenzrechts im Falle von Unterstützungsleistungen, die zur Abhilfe schwerer Störungen der Volkswirtschaft erfolgen, erscheint darüber hinaus grundsätzlich verfehlt. Mit dem Sonderinsolvenzrecht wird nach § 67 Abs. 1 SAG gerade das Ziel verfolgt, eine Systemgefährdung abzuwenden. Mithin werden mit Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG und staatlichen Unterstützungsleistungen zur Abwendung schwerer Störungen der Volkswirtschaft das gleiche Ziel verfolgt. Zur Zielerreichung wäre es daher vorzuziehen, das Sonderinsolvenzrecht auch dann anzuwenden, wenn außerordentliche finanzielle Unterstützungen zur Abhilfe einer schweren Störung der Volkswirtschaft und zur Wahrung der Finanzstabilität geleistet wurden. Im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts hat die Abwicklungsbehörde einen weiten Spielraum, ob und welche Maßnahmen ergriffen werden. Ist erkennbar, dass die Durchführung von Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts die Gefahr für das Finanzsystem oder die Volkswirtschaft vergrößert, wird sich die Abwicklungsbehörde gegen die Anwendung dieser Maßnahmen entscheiden, um die Abwicklungsziele bestmöglich zu erfüllen. Die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts auszuschließen, wenn bestimmte Formen von Finanzhilfen zur Abwendung einer schweren Störung der Volkswirtschaft gezahlt werden, reduziert die Möglichkeiten der Krisenbehebung ohne ersichtlichen Grund. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Berücksichtigung staatlicher Unterstützungszahlungen im Anwendungsbereich des SAG unglücklich vorgenommen wurde. Anstelle eines eigenständigen Tatbestandes der Zahlung außerordentlicher finanzieller Unterstützungen aus öffentlichen Mitteln in § 63 Abs. 2 SAG wäre eine Regelung vorzugswürdig gewesen, die die Beurteilung der Bestandsgefährdung ohne Berücksichtigung staatlicher Unterstützungszahlungen vorsieht. Auch die Ausnahme von der grundsätzlichen Anwendbarkeit des SAG bei einer außerordentlichen Zahlung aus öffentlichen Mitteln für bestimmte Staatshilfen, die der Abwendung schwerer Störungen der Volkswirtschaft und der Wahrung der Finanzstabilität dienen, ist abzulehnen.

467 

Siehe nur MüKo/Ballwieser, § 246 HGB, Rn. 81.

220

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

cc)  Sachlicher Anwendungsbereich des KredReorgG Der sachliche Anwendungsbereich des Reorganisationsverfahrens nach §§ 7 ff. KredReorgG entspricht gemäß § 7 Abs. 2 KredReorgG dem des SAG.468 Der Anwendungsbereich des Sanierungsverfahrens ist gemäß § 2 Abs. 1 Kred­ ReorgG schon eröffnet, wenn eine Sanierungsbedürftigkeit vorliegt, wenn also die Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 KWG erfüllt sind. Demnach kann ein Sanierungsverfahren durchgeführt werden, wenn Umstände die Annahme rechtfertigen, dass die Eigenmittel- oder Liquiditätsanforderungen des Instituts nicht dauerhaft erfüllt werden können. § 45 Abs. 1 S. 2 KWG enthält zwei Regelbeispiele, bei deren Vorliegen die Annahme, dass die Anforderungen nicht dauerhaft erfüllt werden können, regelmäßig gerechtfertigt ist. Demnach liegt ein Regelbeispiel vor, wenn sich ein negativer Trend in der Eigenmittelkennziffer oder der Liquiditätskennziffer abzeichnet. Mithin sind die Voraussetzungen des § 45 KWG und damit die Voraussetzungen für die Durchführung des Sanierungsverfahrens stärker mit denen des § 46 KWG vergleichbar als mit denen des Reorganisationsverfahrens. Wie § 46 KWG i.V.m. § 35 KWG leitet auch § 45 KWG eine Gefahr für die Erfüllung der Mindestanforderungen aus einem Absinken der Eigenmittel ab. Während in § 46 KWG ein einmaliger Verlust von mindestens 50 Prozent der Eigenmittel oder ein dreimaliger Verlust von mindestens 10 Prozent der Eigenmittel erforderlich ist, um eine Gefahr für die Gläubiger anzunehmen, reicht für die Annahme einer Sanierungsbedürftigkeit nach § 45 KWG schon ein einmaliger Verlust von 10 Prozent oder ein dreimaliger Verlust von 3 Prozent der Eigenmittel aus, wenn mit einer Unterschreitung der Mindestanforderungen innerhalb der kommenden 12 Monate zu rechnen ist. Im Gegensatz zu den Anwendungsvoraussetzungen des § 46 KWG erfasst § 45 KWG auch explizit ein Absinken der Liquidität. So wird eine Sanierungsbedürftigkeit bei einer einmaligen Verringerung der Liquiditätskennziffer um mindestens 25 Prozent oder einer dreimaligen Verringerung um mindestens 10 Prozent angenommen. Mithin kann das Sanierungsverfahren regelmäßig früher durchgeführt werden, als Maßnahmen nach § 46 KWG ergriffen werden können. Fraglich ist, ob das Sanierungsverfahren auch früher als die Maßnahmen des SAG durchgeführt werden kann. Für eine frühere Anwendbarkeit des Sanierungsverfahrens spricht der Verweis des § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG auf § 35 KWG, der in Abs. 2 Nr. 4 eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts gegenüber seinen Gläubigern erst annimmt, wenn ein stärkerer Verlust von Eigenmitteln als in § 45 KWG vorliegt. Dagegen spricht aber der Wortlaut des § 63 Abs. 1 Nr. 1 SAG, der schon das Vorliegen objektiver Anhaltspunkte dafür, dass in naher Zukunft eine Aufhebung der Bankerlaubnis gerechtfertigt ist, für die Anwendbarkeit von Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG genügen lässt. Die Bankerlaubnis kann wiederum nach § 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG aufgehoben werden, wenn eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts gegenüber seinen Gläubigern besteht. Nach dem 468 

Vgl. die Ausführungen unter bb).

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

221

Wortlaut ist der Anwendungsbereich des SAG mithin schon eröffnet, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass in naher Zukunft eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen des Instituts gegenüber seinen Gläubigern besteht. Eine eindeutige Festlegung ist aufgrund der Vielzahl von vagen Begrifflichkeiten nicht möglich. Es ist aber jedenfalls anzunehmen, dass die Abwicklungsbehörde erst dann Maßnahmen ergreift, wenn ein Sanierungsverfahren gescheitert ist oder keine Aussicht auf Erfolg hat. Zwar ist das Sanierungsverfahren nicht bei den alternativen Maßnahmen des § 62 SAG erfasst, die den Abwicklungsmaßnahmen grundsätzlich vorausgehen, aber eine Abwicklungsanordnung kann wohl nicht als verhältnismäßig gelten, wenn ein Sanierungsverfahren die Krise ebenso gut hätte beheben können. c)  US-Recht Innerhalb des US-Rechts unterscheiden sich nicht nur die persönlichen, sondern auch die sachlichen Anwendungsbereiche des FDIC-Abwicklungsregimes und der OLA im Dodd-Frank Act. Während die Anwendung der OLA auf Finanzinstitute beschränkt ist, die zu geringe Eigenmittel oder eine zu geringe Liquidität aufweisen, kann die Abwicklung von Banken unter dem FDIC-Regime auch aus einer Vielzahl weiterer Gründe erfolgen. Daher werden nachfolgend knapp die Voraussetzungen für beide Regime getrennt voneinander vorgestellt und kritisch gewürdigt. aa)  FDIC-Abwicklungsregime Im FDIC-Abwicklungsregime wird der Anwendungsbereich durch § 1821 (c)(5) Title 12 U.S.C. definiert. Dort sind 13 Indikatoren aufgeführt, die der Übersichtlichkeit halber im Folgenden gruppiert dargestellt werden sollen. (1) Überschuldung Wie im deutschen Recht stellt auch im US-Recht die Überschuldung eines Instituts einen Insolvenzgrund dar.469 Welche Werte in einer Überschuldungsbilanz angesetzt werden können, ist dabei nicht näher definiert. Im Gegensatz zum deutschen HGB sieht das US-Bilanzrecht allerdings keine vorsichtige Bilanzierung, sondern eine Bilanzierung auf Basis von Marktwerten vor, so dass davon auszugehen ist, dass der Marktwert der Vermögensgegenstände heranzogen werden muss.470 Ob eine modellbasierte Errechnung des Unternehmenswertes ausreicht, ist hingegen unklar. Die Grundsätze zur Feststellung der Überschuldung sind im US-Recht deutlich weniger konkret als im deutschen Recht. Dies mag darauf zurückzuführen sein, dass die Überschuldung im allgemeinen Insolvenzrecht keinen Insolvenzgrund 469 

Vgl. § 1821 (c)(5)(A) Title 12 U.S.C. Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 525.

470 Vgl.

222

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

darstellt und die methodische Frage der Bestimmung einer Überschuldung daher auf wenige Fälle des Sonderinsolvenzrechts beschränkt ist. (2) Zahlungsunfähigkeit Auch die Zahlungsunfähigkeit stellt einen Grund für die Ermächtigung der FDIC zur Abwicklung der Bank dar.471 Wie auch im deutschen Recht stellt sich die Frage, ob die im Insolvenzrecht entwickelten Grundsätze für die Zahlungsunfähigkeit auf das Sonderinsolvenzrecht übertragen werde können. Dagegen spricht jedenfalls der ungleiche Wortlaut von § 303 des Bankruptcy Code und § 1821 Title 12 U.S.C. Nach § 303 (h)(1) Bankruptcy Code besteht eine Zahlungsunfähigkeit dann, wenn der Schuldner grundsätzlich seine unbestrittenen fälligen Schulden nicht begleicht.472 Nach § 1821 (c)(5)(F) Title 12 U.S.C. kommt es hingegen darauf an, ob die Bank wahrscheinlich nicht in der Lage sein wird, ihre Schulden zu zahlen oder die Einlagen zurückzuzahlen, die im normalen Geschäftsverlauf verlangt werden.473 Während das allgemeine Insolvenzrecht also darauf abstellt, ob der Schuldner seine Schulden tatsächlich zahlt,474 und damit eine Zahlungsunfähigkeit ausschließt, solange der Schuldner zahlt, kann eine Zahlungsunfähigkeit im Bankeninsolvenzrecht schon vorliegen, wenn es wahrscheinlich ist, dass die zukünftig zu erwartenden Zahlungen nicht mehr getätigt werden können. Damit umfasst die Zahlungsunfähigkeit im US-Bankeninsolvenzrecht auch die aus dem deutschen allgemeinen Insolvenzrecht bekannte drohende Zahlungsunfähigkeit. Fällige Forderungen werden nur in der Höhe berücksichtigt, in der ein Zahlungsverlangen im normalen Geschäftsgang zu erwarten ist. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass die Fristentransformation im Bankgeschäft grundsätzlich eine Zahlung aller fälligen Forderungen unmöglich macht.475 Die Einschränkung auf Zahlungsverlangen im normalen Geschäftsgang lässt aber Krisensituationen unberücksichtigt, in denen das Zahlungsverlangen regelmäßig wächst. Eine Formulierung, die den erwarteten Kapitalabzug unter Berücksichtigung aller Umstände heranzieht, wäre daher dem aktuellen Wortlaut vorzuziehen. Im Gegensatz zum deutschen Recht, das die Prüfung der Zahlungsfähigkeit auf die „nahe Zukunft“ eingrenzt und damit eine, wenn auch sehr ungenaue, Vorgabe bezüglich des Zeitraums macht, nimmt das US-Recht keine einschränkende Zeitangabe vor. Die Betrachtung wird demnach nur durch die tatsächliche Prog471 

Vgl. § 1821 (c)(5)(F) Title 12 U.S.C. § 303 (h)(1) Dodd-Frank Act: „the debtor is generally not paying such debtor’s debts as such debts become due unless such debts are the subject of a bona fide dispute as to liability or amount;“. 473  § 1821 (c)(5)(F) Title 12 U.S.C.: „The institution is likely to be unable to pay its obligations or meet its depositors’ demands in the normal course of business.“ 474  Tabb, The law of Bankruptcy, S. 159. 475  Vgl. supra 2. b) bb) (2). 472 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

223

noseungenauigkeit eingeschränkt, die ab einem festzulegenden zukünftigen Zeitpunkt keine zuverlässige Aussage mehr zulässt. Dieses Problem ist aus der deutschen Diskussion zur drohenden Zahlungsunfähigkeit hinlänglich bekannt. (3) Starke Verluste Im US-Recht ist das Sonderinsolvenzrecht auch anwendbar, wenn substantielle Verluste bei der Bank aufgetreten sind.476 Diese Vorschrift erinnert damit an die deutschen Regelungen zur Gefahr für die Verpflichtungen der Bank gegenüber Gläubigern in § 35 KWG und der Sanierungsbedürftigkeit des § 45 KWG.477 Allerdings müssen die Verluste im US-Recht aufgrund der Verletzung von Gesetzen oder unsicherem oder unzuverlässigem Geschäftsgebaren entstanden sein, um den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts zu eröffnen.478 Da die Verletzung von Gesetzen und das unsichere oder unzuverlässige Geschäftsgebaren, welche beide die Lage des Instituts verschlechtern, aber schon für sich genommen Insolvenzgründe darstellen, ist der Insolvenzgrund der starken Verluste praktisch gegenstandslos. Die Anwendung des Insolvenzrechts kann im US-Recht im Gegensatz zum deutschen Recht nicht ausschließlich auf der Feststellung wesentlicher Verluste des Instituts beruhen. Wie zuvor dargestellt,479 ist dies aus ökonomischer Sicht zu begrüßen, da Verluste als solche die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts nicht rechtfertigen können. (4) Verletzung der bankaufsichtsrechtlichen Kapitalvorschriften Vergleichbar mit dem deutschen Sonderinsolvenzrecht nimmt auch das US-Sonderinsolvenzrecht auf die bankaufsichtsrechtlichen Kapitalvorschriften Bezug. Anders als im deutschen Recht führt eine leichte Unterschreitung der Mindestvorgaben für die Eigenmittel für sich genommen aber nicht unmittelbar zur Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts.480 Eine Abwicklung basierend auf einer leichten Unterkapitalisierung des Instituts kann das Institut vermeiden, wenn es rechtzeitig einen Plan zur Einhaltung der Mindestvorgaben für das Eigenkapital erstellt und umsetzt, den Anweisungen der Aufsichtsbehörde zur Erhöhung des Eigenkapitals Folge leistet und Aussicht darauf hat, zukünftig wieder hinreichend Eigenmittel vorzuhalten.481 Dies gilt aber nicht für eine kritische Unterkapitalisierung (critical undercapital­ ization). Wird das Institut nach § 1821 (c)(5)(L)(i) Title 12 U.S.C. „critically undercapitalized“, so ist eine unmittelbare Abwicklung ohne weitere Voraussetzungen möglich. Als critically undercapitalized gilt ein Institut dann, wenn sein mate476 

§ 1821 (c)(5)(B) Title 12 U.S.C. Vgl. supra 2. b) bb) (3) (a). 478  § 1821 (c)(5)(B)(i), (ii) Title 12 U.S.C. 479  Vgl. supra 2. b) bb) (3) (a). 480  § 1821 (c)(5)(K) Title 12 U.S.C. 481  § 1821 (c)(5)(K)(i)–(iv) Title 12 U.S.C. 477 

224

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

rielles Eigenkapital (tangible equity) 2 % aller Vermögensgegenstände und 65 % der benötigten Eigenmittel unterschreitet.482 Das materielle Eigenkapital ist dabei definiert als Kernkapital zuzüglich dem Kapital aus Vorzugsaktien abzüglich aller immateriellen Vermögensgegenstände.483 Damit kann das materielle Eigenkapital als ein konservatives Maß für den Wert des Eigenkapitals verstanden werden, das die Berücksichtigung immaterieller Werte aufgrund von Bewertungsschwierigkeiten ausschließt.484 Neben der kritischen Unterschreitung der Eigenmittelanforderungen stellt auch substanziell unzureichendes Kapital einen Insolvenzgrund dar. Substanziell unzureichendes Kapital liegt dann vor, wenn Risiken eingegangen wurden, die durch die klassischen Kenngrößen nicht hinlänglich erfasst wurden und daher keine kritische Unterschreitung vorliegt, obwohl eine starke Gefährdung der Gläubiger für die Aufsicht erkennbar ist. Eine Besonderheit des Insolvenzgrundes der kritischen Unterschreitung der Eigenmittelanforderungen ist die Beschränkung des Ermessensspielraums der Aufsichtsbehörde zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Während bei allen sonstigen Insolvenzgründen die Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens im Ermessen der Aufsichtsbehörde steht, wird die Insolvenzeröffnung seit der Savings-and-­LoanKrise grundsätzlich vorgeschrieben, wenn eine kritische Unterschreitung der Eigenmittelanforderungen für einen Zeitraum von 90 Tagen vorliegt, wobei diese Periode auf bis zu 270 Tage verlängert werden kann.485 Damit soll die Bankenaufsicht davon abgehalten werden, die Abwicklung des Instituts in der Hoffnung auf eine Erholung zu verzögern und damit die Verluste der Gläubiger zu vergrößern. Neben der kritischen Unterschreitung und der leichten Unterschreitung reicht auch die drohende Unterschreitung schon für die Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens aus, wenn keine vernünftige Aussicht auf eine Erholung des Institutes ohne staatliche Zuschüsse besteht.486 Diese Regelung ist grundsätzlich mit der482  § 1831o (b)(1)(E) i.V.m. § 1831 (c)(3)(B) Title 12 U.S.C.; vgl. dazu auch die Übersicht bei Eisenbeis/Kaufman, Bank Crisis Resolution, S. 6. 483  § 208.41 (f) Title 12 CFR. 484  Daraus schließen Swire und Bennett, dass mit diesem Indikator aufgrund der Unzulänglichkeiten des Rechnungswesens nur die tatsächliche Überschuldung festgestellt wird. Der Marktwert des Unternehmens liege demnach in der Krise oft unter dessen Buchwert, was dazu führe, dass eine Überschuldung basierend auf den Buchwerten häufig verspätet festgestellt werde. Dies ist aber jedenfalls dann zweifelhaft, wenn die Bewertung der Vermögensgegenstände grundsätzlich zu Marktwerten erfolgt, wie dies im US-GAAP vorgesehen ist. In diesem Fall verursacht der Indikator critically undercapitalized eine Vorverlagerung des Insolvenzzeitpunktes vor den Zeitpunkt der Überschuldung; vgl. Bennett, FDIC Banking Review September 2001, 1, 4; Swire, Duke Law Journal 1992, 469, 489. 485  § 1831o (h)(3)(A), (C)(i) Title 12 U.S.C.; ausnahmsweise kann die Abwicklung nicht vorgenommen werden, wenn das Institut einen positiven Wert hat, die Bedingungen des Sanierungsplans erfüllt und die Vorsitzenden der FED und der FDIC bestätigen, dass eine Insolvenz nicht zu erwarten ist (§ 1831o (h)(3)(C)(ii)); vgl. zu den Vor- und Nachteilen des Ermessens der FDIC supra Kapitel 1. b). 486  § 1821 (c)(5)(G) Title 12 U.S.C.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

225

jenigen des deutschen Sonderinsolvenzrechts im SAG vergleichbar. Sie eröffnet schon vor der eigentlichen Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben die Möglichkeit der Abwicklung. Allerdings ist die Vorschrift weniger weitreichend als das deutsche Äquivalent. So ist gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 SAG der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts bereits eröffnet, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Institut die Eigenmittelvorgaben in naher Zukunft nicht erfüllen wird. Nach § 1821 (c)(5)(G) Title 12 U.S.C. muss darüber hinaus auch eine Prognose über die Wahrscheinlichkeit der Erholung des Instituts angestellt werden. Nur dann, wenn es keine vernünftige Aussicht auf eine derartige Erholung gibt, es also gänzlich unwahrscheinlich ist, dass das Institut die Eigenmittelanforderungen aus eigener Kraft wieder erfüllen kann, ist das Sonderinsolvenzrecht anwendbar. (5) Gesetzesverstöße Auch qualifizierte Gesetzesverstöße können den Anwendungsbereich des US-Sonderinsolvenzrechts eröffnen. Verstößt das Institut vorsätzlich gegen Unterlassungsanordnungen487 oder legt es seine Bücher auf Anfrage der Bankenaufsicht dieser gegenüber nicht offen,488 so ist dies ausreichend, um eine Abwicklung einzuleiten. Bei anderen Verletzungen von Gesetzen muss es zusätzlich wahrscheinlich sein, dass dadurch eine Insolvenz verursacht wird oder starke Verluste aus der Verletzung resultieren; der Zustand des Instituts muss sich verschlechtern oder die Interessen der Einleger oder des Einlagensicherungsfonds müssen ernsthaft beeinträchtigt sein.489 Wie schon in der Diskussion des deutschen Rechts dargestellt, gilt auch für das US Recht, dass aus ökonomischer Sicht unklar ist, weswegen der reine Verstoß gegen Gesetze oder Vorgaben eine Abwicklung des Instituts rechtfertigen sollte, da die Abwicklung der Wahrung der Gläubigerinteressen dient. Besteht trotz des Verstoßes hinreichendes Eigenkapital besteht auch keine Notwendigkeit der Abwicklung. Die Abwicklung sollte nicht als Drohmittel zur Durchsetzung von aufsichtsrechtlichen Interessen Verwendung finden. Anders gestaltet sich die Situation, wenn Interessen der Gläubiger beeinträchtigt sind. In diesen Fällen ermöglichen aber regelmäßig auch andere Indikatoren die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts. Ein zusätzlicher Insolvenzgrund für Gesetzesverstöße ist dazu nicht erforderlich. (6) Verlassen der Einlagensicherung Auch die Beendigung der Mitgliedschaft in der Einlagensicherung stellt einen Insolvenzgrund dar.490 Mit der Beendigung der Mitgliedschaft fallen die Institute nicht mehr unter das Abwicklungsregime der FDIC, das gemäß § 1821 (c) Title 487 

§ 1821 (c)(5)(D) Title 12 U.S.C. § 1821 (c)(5)(E) Title 12 U.S.C. 489  § 1821 (c)(5)(H) Title 12 U.S.C. 490  § 1821 (c)(5)(J) Title 12 U.S.C. 488 

226

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

12 U.S.C. nur versicherte Einlageninstitute erfasst. Damit ist die Rechtsfolge des Verlassens der Einlagensicherung im Hinblick auf das Sonderinsolvenzrecht vergleichbar mit dem Entzug der Banklizenz nach deutschem Recht. Wird einem deutschen Institut die Lizenz entzogen, muss es sein Bankgeschäft einstellen und fällt in der Folge nicht mehr in den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts. Fraglich ist aber, ob der Verlust der Banklizenz oder das Verlassen der Einlagensicherung als solche geeignete Indikatoren für die Eröffnung des Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzrechts darstellen. Durch diese Maßnahme erfolgt noch keine Gläubigergefährdung und es ist nicht ersichtlich, welche Gründe die Abwicklung eines vollkommen solventen und zahlungsfähigen Unternehmens rechtfertigen könnten. Möglicherweise sollen aber Institute, die absehbar zukünftig insolvent werden, davon abgehalten werden, durch das Verlassen der Einlagensicherung der Anwendung des Sonderinsolvenzrechts zu entgehen. Dies wird aber schon dadurch verhindert, dass das freiwillige Verlassen der Einlagensicherung für Banken nicht möglich ist.491 Somit ist der Insolvenzgrund des Verlassens der Einlagensicherung abzulehnen. (7) Unsafe and Unsound Conditions Als weiterer Insolvenzgrund kommt das Vorliegen von unsafe and unsound conditions in Frage. Nach Angaben der FDIC ist dieser Begriff nicht abschließend definierbar. Vielmehr müssen alle Risiken der Bank umfassend berücksichtigt werden, darunter die Kapitalbasis, die Liquidität, das Management und die Vermögensgegenstände. Beispiele für unsafe and unsound conditions sind die Vergabe von Krediten mit zu niedrigen Zinssätzen, übermäßige Gemeinkosten oder übermäßige Verluste.492 Fraglich ist, ob diese Voraussetzungen aus ökonomischer Sicht ausreichend sind, um eine Abwicklung einzuleiten. Der Betrieb einer Bank unter diesen Umständen erscheint tatsächlich problematisch, da die langfristige Stabilität der Bankgeschäfte nicht gewährleistet werden kann. Gerät ein Institut wegen derartiger Geschäftspraktiken in Schieflage, ist darüber hinaus das Vertrauen in die Finanzindustrie insgesamt gefährdet. Somit sollte die Möglichkeit bestehen, den zukünftigen Betrieb von Bankgeschäften zu verhindern. Dies ist durch den Entzug der Bankerlaubnis möglich. Eine darüber hinaus in die Rechte der Eigentümer eingreifende Abwicklung ist hingegen nur gerechtfertigt, wenn durch den Entzug der Bankerlaubnis die Erfüllung der Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern der Bank zweifelhaft ist und damit eine Überschuldung oder eine Zahlungsunfähigkeit droht. Für diesen Fall sind aber die vorhandenen Insolvenzgründe ausreichend und ein zusätzlicher Insolvenzgrund in Form des Vorliegens von unsafe and unsound conditions ist nicht erforderlich.

491  492 

§ 1818 (a)(1) Title 12 U.S.C. FDIC, Risk Management Manual, Section 15.1. mit weiteren Beispielen.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

227

Problematisch ist vor allem, dass der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts durch diesen Eröffnungsgrund über das ökonomisch notwendige Maß hinaus ausgeweitet wird und zu einer Abhängigkeit der Gläubiger von dem Ermessen der Aufsichtsbehörde führt. Wie schon beim Vorliegen von Gesetzesverstößen besteht hier die Möglichkeit für die Aufsicht, die Abwicklung missbräuchlich als Drohinstrument gegenüber dem Institut einzusetzen. (8) Zustimmung Liegt eine Zustimmung zur Abwicklung des Instituts durch den Vorstand oder die Eigentümerversammlung vor, so müssen keine weiteren Voraussetzungen erfüllt sein, damit das Institut abgewickelt werden kann.493 Damit wurde ein Gleichlauf zum allgemeinen Insolvenzrecht der USA hergestellt, in dem die Anwendung des Insolvenzrechts basierend auf einem Schuldnerantrag nur in Fällen des Missbrauchs abgelehnt wird.494 Unzweifelhaft sollten die Eigentümer das Recht haben, auch die Abwicklung eines Unternehmens zu betreiben. Ob die Abwicklung mit Hilfe des Insolvenzrechts oder außerhalb des Insolvenzrechts erfolgt, ist so lange nicht von Relevanz, wie die Vermögensgegenstände ausreichen, um alle Gläubiger zu befriedigen. Die Anwendung des Insolvenzrechts ist in diesen Fällen zwar nicht notwendig, führt aber auch grundsätzlich zu keinem von der Abwicklung außerhalb des Insolvenzrechts abweichenden Ergebnis. Problematisch ist aber, dass die Abwicklungsentscheidung ausschließlich durch die Aufsichtsbehörde in Zusammenarbeit mit dem Vorstand aber ohne Beteiligung der Eigentümer getroffen werden kann. Im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzrecht, in dem die Eigentümer sich darauf berufen können, dass die Abwicklung einen Missbrauch des Insolvenzrechts darstellt, wenn das Unternehmen sich in keiner Schieflage befindet, haben die Eigentümer im Sonderinsolvenzrecht keine Möglichkeit, eine Abwicklung nach der Zustimmung des Vorstandes zu verhindern. Dies widerspricht der allgemeinen Kompetenzverteilung innerhalb einer Gesellschaft. Sowohl nach deutschem Recht als auch nach dem Recht verschiedener US-Bundesstaaten liegt die Kompetenz zur Auflösung einer Gesellschaft in den Händen der Eigentümerversammlung.495 Die Zustimmung zur Abwicklung muss demnach auf die Zustimmung durch die Eigentümerversammlung beschränkt sein, um die Kompetenzordnung nicht durch das Sonderinsolvenzrecht zu unterwandern. Allgemein ist ein Abwicklungsgrund basierend auf der Zustimmung der Gesellschaft nicht notwendig. Entweder die Gesellschaft ist solvent und das Sonderinsolvenzrecht ist zur Abwicklung nicht erforderlich, weil alle Gläubiger vollständig 493 

§ 1821 (c)(5)(I) Title 12 U.S.C. Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 171. 495  Vgl. § 119 Abs. 1 Nr. 8 AktG; 8 Del. C. 1953, § 271 (a); § 1001 (a) GCL New York. 494 

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

228

befriedigt werden können, oder die Gesellschaft ist insolvent und ein sonstiger Abwicklungsgrund ist einschlägig. (9) Zwischenfazit Wie auch im deutschen Sonderinsolvenzrecht wird im US-Sonderinsolvenzrecht neben den Gründen der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung auch die Verletzung der bankaufsichtsrechtlichen Kapital- und Liquiditätsanforderungen als Insolvenzauslöser aufgeführt. Damit erfolgt auch in den USA eine Vorverlagerung der Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts vor den Zeitpunkt, in dem das allgemeine Insolvenzrecht anwendbar wäre. Neben den klassischen Indikatoren werden aber auch ausdrücklich solche herangezogen, die nicht notwendigerweise zu einer Gläubigergefährdung führen. So führen Gesetzesverstöße oder unsafe and unsound conditions zur Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts, auch ohne dass das Institut dadurch in Schieflage geraten sein muss. Im Gegensatz zum deutschen Recht, wo sich derartige Ausweitungen des Anwendungsbereichs durch eine einschränkende Auslegung unterbinden lassen, steht einer solchen Auslegung im US-Recht klar der Wortlaut entgegen. Es ist zu befürchten, dass mit dem Sonderinsolvenzrecht nicht nur die einleitend aufgeführten ökonomischen Ziele verfolgt werden, sondern das Recht zugleich als Drohmittel gegen das Institut eingesetzt wird. Aus ökonomischer Sicht sollten die Gründe für die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts auf die Indikatoren beschränkt werden, die eine Gläubigergefährdung indizieren können. bb)  Voraussetzungen nach dem Dodd-Frank Act Die Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens nach dem Dodd-Frank Act erfordert gemäß § 203 (a)(2)(A) Dodd-Frank Act „an evaluation of whether the financial company is in default or in danger of default“496. Diese Voraussetzung wird in § 203 (c)(4) Dodd-Frank Act näher definiert. Demnach sind vier unterschiedliche Situationen erfasst, die im Folgenden kurz dargestellt werden. (1) Überschuldung und drohende Überschuldung Wie im FDIC-Abwicklungsregime des FDIA stellt die Überschuldung auch im Rahmen der OLA einen Insolvenzgrund dar.497 Die Formulierung ist dabei weitgehend deckungsgleich. Im Gegensatz zur Regelung im FDIA ist im Dodd-Frank 496 

§ 203 (a)(2)(A) Dodd-Frank Act. (c)(4)(C) Dodd-Frank Act; schon alleine dieser Insolvenzgrund verdeutlich, dass die Anwendung der OLA entgegen der Ansicht von Baird/Morrison deutlich über den Anwendungsbereich des allgemeinen Insolvenzrechts hinaus geht, in dem für den Gläubiger kein Antragsrecht aufgrund von Überschuldung, sondern lediglich aufgrund von Zahlungsunfähigkeit besteht, vgl. § 303 (h)(1) Bankruptcy Code; Baird/Morrison, American Bank­ ruptcy Institute Law Review, 2011, 287, 292. 497  § 203

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

229

Act aber die drohende Überschuldung ebenfalls erfasst. So reicht es aus, wenn es überwiegend wahrscheinlich ist, dass eine Überschuldung eintritt. Ein weiterer Unterschied im Wortlaut besteht in der Berücksichtigung von Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern. Diese sind nach § 1821 (c)(5)(A) Title 12 U.S.C. im FDIC-Abwicklungsregime explizit bei der Aufstellung der Überschuldungsbilanz zu berücksichtigen.498 Im Rahmen des Dodd-Frank Act bleiben sie hingegen unerwähnt.499 Fraglich ist, ob der Auslassung inhaltliches Gewicht beizumessen ist. Dafür würde sprechen, dass die Normen nahezu wortgleich sind und eine Auslassung wohl nur dann vorgenommen würde, wenn ihr auch eine Bedeutung beizumessen wäre. Dem ist aber entgegen zu halten, dass es sich bei dem Wortlaut um einen vielfach durch den Gesetzgeber verwendeten Wortlaut für den Tatbestand der Überschuldung handelt.500 Der Gesetzgeber muss also nicht notwendigerweise § 1821 Title 12 U.S.C. zum Vorbild genommen haben und hat daher auch nicht notwendigerweise die Erwähnung der Gesellschafterverbindlichkeiten bewusst ausgelassen. Gegen die Annahme einer bewussten Auslassung der Gesellschafterverbindlichkeiten könnte ebenfalls sprechen, dass es sich bei der Erwähnung der Gesellschafter im Rahmen des FDIA lediglich um ein Beispiel zur Verdeutlichung des Begriffs „others“ handelt und „others“ auch im Rahmen des Dodd-Frank Act erfasst sind. Die reine Auslassung eines Beispiels verändert aber für sich genommen noch nicht die materielle Wirkung der Norm. Auch nach Sinn und Zweck erscheint eine identische Auslegung der Normen des FDIA und der OLA angemessen. In beiden Fällen stellt die Anwendbarkeit eines Abwicklungsregimes für die Schieflage einer Finanzinstitution das Ziel der Norm dar. Ein sachlicher Grund für die Berücksichtigung der Gesellschafterverbindlichkeiten bei Einlageinstituten, nicht aber bei anderen Finanzinstituten, ist nicht ersichtlich. Insbesondere die Einbeziehung der drohenden Überschuldung als Insolvenzgrund in der OLA und die damit verbundene Vorverlagerung des Anwendungsbereichs zeigt den gesetzgeberischen Willen, die Schieflage des Instituts weit auszulegen. Damit wäre die Nichtberücksichtigung von Gesellschafterverbindlichkeiten kaum vereinbar. (2) Zahlungsunfähigkeit und drohende Zahlungsunfähigkeit Neben der Überschuldung stellt auch die Zahlungsunfähigkeit einen Eröffnungsgrund der OLA dar.501 Wie bei dem Insolvenzgrund der Überschuldung ist 498  § 1821 (c)(5)(A) Title 12 U.S.C.: „The institution’s assets are less than the institution’s obligations to its creditors and others, including members of the institution.“ 499  § 203 (c)(4)(C) Dodd-Frank Act: „the assets of the financial company are, or are likely to be, less than its obligations to creditors and others; or“. 500  Vgl. § 4617 (a)(3)(A) Title 12 U.S.C.; § 2183 (b)(1) Title 12 U.S.C.; § 650.1 (a)(1)(i) 62 FR 43633. 501  § 203 (c)(4)(D) Dodd-Frank Act.

230

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

auch bei der Zahlungsunfähigkeit die überwiegende Wahrscheinlichkeit für deren Eintritt zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausreichend. Auch hier ist der Wortlaut weitgehend mit demjenigen des FDIA identisch. Eine separate Erwähnung der Einleger entfällt hier allerdings, da es sich bei den Finanzinstituten, die nach der OLA abgewickelt werden, nicht um Einlageninstitute handeln kann.502 Auch für die Bestimmung der Zahlungsfähigkeit im Rahmen der OLA werden nur Zahlungen berücksichtigt, die im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb eingefordert werden, und nicht alle fälligen Forderungen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass nicht nur Einlageinstitute, sondern auch andere Finanzinstitute kurzfristige Verbindlichkeiten haben, die im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb regelmäßig refinanziert werden und nicht zurückgezahlt werden müssen. Wie zuvor aufgezeigt, wäre es aber zu begrüßen, wenn nicht auf den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb abgestellt würde, sondern auf die erwarteten Auszahlungsforderungen, um auf antizipierte Finanzkrisen angemessen reagieren zu können.503 (3) Fälle der Anwendung des Bankruptcy Code Neben den Fällen der Zahlungsunfähigkeit und der Überschuldung begründet auch die Stellung oder die drohende Stellung eines Insolvenzantrags nach dem Bankruptcy Code die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts.504 Diese Regelung besteht nur im Dodd-Frank Act und hat kein Äquivalent im FDIA. Dies ist auf den Umstand zurückzuführen, dass Banken, die im Rahmen des FDIA abgewickelt werden, nach § 109 (b)(2) Bankruptcy Code keine Antragsberechtigung haben und somit die Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts für diese Institute ausgeschlossen ist. Finanzinstitute, die im Rahmen der OLA abgewickelt werden, sind hingegen nicht von der Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts ausgeschlossen. Ihnen steht es demnach frei, jederzeit einen Insolvenzantrag zu stellen. Um zu verhindern, dass diese Institute dann nach allgemeinem Insolvenzrecht abgewickelt werden, obwohl das Sonderinsolvenzrecht besser geeignet wäre, die Stabilität des Finanzsystems zu bewahren, wurde die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts für diese Situation sichergestellt, durch dessen Eröffnung allgemeine Insolvenzverfahren über die betroffenen Institute eingestellt werden müssen. Grundsätzlich dürfte in Fällen der Eröffnung des Verfahrens unter dem Bank­ ruptcy Code auch ein eigenständiger Grund zur Eröffnung des Sonderinsolvenz­ verfahrens vorliegen. Da die freiwillige Verfahrenseröffnung im Rahmen des Bankruptcy Code aber auch ohne Insolvenzgrund denkbar ist, wäre die Aufsichtsbehörde des Finanzinstituts ohne den Sonderinsolvenzgrund der Insolvenzantragstellung nicht in der Lage, das allgemeine Insolvenzverfahren abzuwenden, und müsste abwarten, bis sich die Lage des Instituts während des allgemeinen Insolvenzverfahrens soweit verschlechtert hat, dass ein Sonderinsolvenzgrund vorliegt. 502 

Vgl. Kapitel D. I. 2. b). Vgl. supra aa) (2). 504  § 203 (c)(4)(A) Dodd-Frank Act. 503 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

231

Vor diesem Hintergrund ist die Möglichkeit, ein Sonderinsolvenzverfahren für den Fall zu eröffnen, dass das Institut einen Insolvenzantrag stellt, obwohl weder die Zahlungsunfähigkeit noch eine Überschuldung droht, ökonomisch gerechtfertigt. Die Gefahr für die Solvenz des Finanzinstituts droht in dieser Situation durch die Durchführung des allgemeinen Insolvenzverfahrens selbst.505 (4) Starke Verluste Wie auch im FDIA ist das Sonderinsolvenzrecht der OLA anwendbar, wenn das Institut sicher oder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Verluste erleidet, die dazu führen, dass wesentliche Teile des Kapitals oder das gesamte Kapital aufgebraucht werden und keine vernünftige Aussicht auf die Vermeidung eines derartigen Verlustes besteht.506 Im Gegensatz zum Eröffnungsgrund im FDIA müssen diese Verluste in der OLA aber nicht auf einen Gesetzesverstoß oder eine unsichere Geschäftspolitik zurückzuführen sein. Auch ist unklar, welcher Kapitalbegriff für die Bestimmung des Verlustes in § 203 Dodd-Frank Act herangezogen werden muss. Allgemein lassen sich drei Kapitalkategorien unterscheiden: Das regulatorische Eigenkapital, das gesellschaftsrechtliche Eigenkapital und das gesamte Betriebsvermögen.507 Das regulatorische Eigenkapital könnte wie im FDIA für die Feststellung eines starken Kapitalverlustes in § 203 Dodd-Frank Act herangezogen werden. Auch wenn § 1831o Title 12 U.S.C. nur für Einlageninstitute anwendbar ist, sind andere regulatorische Eigenkapitalvorschriften für einige der Finanzinstitute anwendbar, welche innerhalb der OLA abgewickelt werden. So müssen nach § 115 (a)(2) DoddFrank Act508 auch Bankholdinggesellschaften mit Vermögensgegenständen von mehr als 50 Mrd. USD regulatorische Eigenkapitalvorschriften erfüllen. Bei diesen Instituten handelt es sich um Finanzinstitute, deren Systemrelevanz für die Zwecke der laufenden Aufsicht gesetzgeberisch angenommen wird und die somit mit hoher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der OLA abgewickelt würden. Gestützt wird dieses Verständnis durch die Betrachtung der alternativen Interpretationen. Würde man das Kapital in diesem Zusammenhang als das Betriebsvermögen verstehen, ist kaum vorstellbar, dass diese Regelung jemals zur Anwendung käme. Zu einem Zeitpunkt, zu dem das Betriebsvermögen in wesentlichen Teilen verbraucht ist, befindet sich ein Institut, welches regelmäßig mit mindestens 80 % Fremdkapital arbeitet, schon lange in der Überschuldung und damit in der Insolvenz. Ein Eingriff des Sonderinsolvenzrechts zu einem derart späten Zeitpunkt ist nicht im Sinne des Gesetzgebers.

505  Zu den Problemen des allgemeinen Insolvenzverfahrens für Finanzinstitute wird im weiteren Verlauf näher eingegangen. 506  § 203 (c)(4)(B) Dodd-Frank Act. 507  Black, Law Dictionary, 2009, „capital“. 508  Entspricht § 5365 Title 12 U.S.C.

232

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Verstünde man das Kapital als gesellschaftsrechtliches Eigenkapital, so wäre eine Unterscheidung zu dem Überschuldungsbegriff kaum noch vorzunehmen. Für den Fall, dass das gesellschaftliche Eigenkapital vollständig oder zu wesentlichen Teilen aufgebraucht ist, liegt regelmäßig wohl auch eine drohende Überschuldung vor, so dass der Indikator der starken Kapitalverluste neben demjenigen der drohenden Überschuldung ohne Funktion bliebe. Mithin ist der Kapitalbegriff gleichlaufend zu demjenigen im FDIA als regulatorischer Eigenkapitalbegriff zu verstehen. Anwendung findet der Indikator somit nur bei denjenigen Finanzinstituten, bei denen Vorgaben für das regulatorische Eigenkapital bestehen, namentlich bei systemgefährdenden Bankholdinggesellschaften. Der Insolvenzgrund der starken Verluste geht im Dodd-Frank Act über denjenigen der starken Verluste im FDIA hinaus. Während der Insolvenzgrund im FDIA nicht mehr vorliegt, wenn vernünftigerweise eine Erholung des Instituts erwartet werden kann, reicht diese Erwartung in der OLA nicht aus. Vielmehr muss im Rahmen der OLA vernünftigerweise zu erwarten sein, dass der Verlust vermeidbar ist. Eine später erwartete Erholung des Instituts führt in der OLA mithin nicht zur Unanwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts. Diese Einschränkung ist ökonomisch nicht gerechtfertigt. Werden lediglich die Vorgaben für das regulatorische Eigenkapital mit überwiegender Wahrscheinlichkeit verletzt, droht aber keine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit und ist die Erholung des Instituts vernünftigerweise zu erwarten, dann ist die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts weder zum Gläubigerschutz noch zur Verhinderung negativer Anreize notwendig. (5) Zusammenfassung Der Anwendungsbereich der OLA ist im Verhältnis zum Abwicklungsregime unter dem FDIA im Hinblick auf die finanzielle Situation des Instituts weiter gefasst. So reicht schon die drohende Überschuldung oder die drohende Zahlungsunfähigkeit aus, um das Sonderinsolvenzrecht anzuwenden. Zusätzlich wird die Insolvenzeröffnung unter dem Bankruptcy Code als Auslöser für die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts erfasst. Dieser Indikator ist notwendig, um zu verhindern, dass die Bankenaufsicht die Eröffnung eines allgemeinen Insolvenzverfahrens durch die Eröffnung eines Sonderinsolvenzverfahrens unterbinden kann, selbst wenn keine sonstigen Insolvenzgründe vorliegen. Der Anwendungsbereich der OLA ist allerdings im Vergleich zu dem FDIA-Regime auf finanzielle Schieflagen beschränkt. Gesetzesverstöße, ungeordnete Verhältnisse des Institutes oder dessen Zustimmung sind nicht ausreichend, um eine Abwicklung unter der OLA vorzunehmen. Diese Einschränkung ist zweckmäßig, da das Insolvenzrecht der Lösung von finanziellen Krisen dient und nicht für sonstige bankaufsichtsrechtliche Zwecke missbraucht werden sollte.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

233

2.  Kompetenz zur Feststellung einer Krisensituation a)  Zuständige Behörde Das Vorliegen der Eröffnungsgründe wird anhand der im vorangegangenen Teil geschilderten Kriterien durch die zuständige Behörde festgestellt. Das Verfahren zur Feststellung unterscheidet sich zwischen dem allgemeinen Insolvenzverfahren und den Sonderinsolvenzverfahren stark. Ausgehend von der Verantwortungsteilung für die Insolvenzeröffnung im allgemeinen Insolvenzverfahren werden im Folgenden die Besonderheiten der Bankeninsolvenz beleuchten. aa)  Allgemeine Insolvenz Das allgemeine Insolvenzverfahren wird im deutschen Recht durch einen zweistufigen Prozess ausgelöst. In einem ersten Schritt müssen die Gläubiger oder der Schuldner einen Insolvenzantrag stellen. Im zweiten Schritt entscheidet dann das Insolvenzgericht, ob ein Insolvenzgrund, also die (drohende) Zahlungsunfähigkeit oder eine Überschuldung, vorliegt.509 Somit kann das Insolvenzverfahren nur eröffnet werden, wenn einerseits die Krise durch Stellung eines Insolvenzantrags angezeigt und andererseits das Vorliegen der Insolvenzgründe durch das Insolvenzgericht festgestellt wird. Der Schuldner ist jederzeit zur Vermeidung der Insolvenzverschleppung und das Insolvenzgericht bei Antragstellung zur Prüfung der Solvenz des Unternehmens verpflichtet. Es liegt nicht im Ermessen des Schuldners, ob er bei vorliegender Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit einen Insolvenzantrag stellt, soweit es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person handelt. Vielmehr sind die Mitglieder des Vertretungsorgans nach § 15a InsO verpflichtet „ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen“510. Diese Pflicht begründet eine kontinuierliche Überprüfung durch die Mitglieder des Vertretungsorgans, ob sich das Unternehmen in einer Krise befindet, und entlastet damit die Gläubiger von ihrer Überwachungsfunktion.511 Liegen die Insolvenzgründe vor, wurde ein Antrag gestellt und liegen keine Abweisungsgründe im Sinne des § 26 InsO vor, dann muss das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren eröffnen.512 Ein Ermessensspielraum besteht bei dieser Entscheidung nicht. Neben der Antragspflicht des Schuldners besteht ein Antragsrecht des Gläubigers, um diesem unabhängig von der Mitwirkung des Schuldners die Initiierung des Insolvenzverfahrens zu ermöglichen.513

509 Uhlenbruck/Mock,

§ 16 InsO, Rn. 7 f. § 15a Abs. 1 S. 1 InsO. 511  Vgl. Kapitel B. I. 1. 512 Nerlich/Römermann/Mönning/Schweizer, § 27 InsO, Rn. 8. 513  § 14 InsO. 510 

234

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Im Gegensatz zur deutschen Regelung ist im allgemeinen Insolvenzrecht der USA keine Insolvenzantragspflicht für den Schuldner vorgesehen. Ein Anreiz für die Vertretungsorgane zur Überwachung der Solvenz des Unternehmens besteht dennoch, da sie gegebenenfalls deliktsrechtlich für einen Schaden aus einer verspäteten Antragstellung belangt werden.514 Auch ist das Recht des Schuldners zur Insolvenzantragstellung in den USA im Gegensatz zum deutschen Recht nicht auf Krisensituationen beschränkt. Er hat jederzeit, unabhängig von seiner Solvenz und Zahlungsfähigkeit, das Recht zur Antragstellung.515 Die Kompetenz des Insolvenzgerichts zur Feststellung einer Krisensituation weicht ebenfalls von derjenigen des deutschen Insolvenzgerichts ab. Während das deutsche Insolvenzgericht nach § 26 InsO die Eröffnung des Insolvenzverfahrens verweigern kann, wenn es das Vorliegen von Insolvenzgründen ablehnt, ist diese Möglichkeit im US-Recht bei Antragstellung durch den Schuldner umstritten.516 Die überwiegende Ansicht sieht eine Überprüfungsmöglichkeit im Rahmen von Chapter 7 ausschließlich für Privatinsolvenzen517 und im Rahmen von Chapter 11 erst bei der Genehmigung des Insolvenzplans vor, nicht aber schon bei der Insolvenzeröffnung.518 Nach dieser Ansicht hat das Insolvenzgericht folglich nur sehr eingeschränkte Überprüfungsmöglichkeiten. Aus wirtschaftlicher Sicht dürfte die Überprüfung im Rahmen von Chapter 11 dennoch ausreichen, da der Schuldner regelmäßig kein Interesse daran hat, außerhalb einer Krisensituation freiwillig eine Liquidation im Rahmen von Chapter 7 anzustreben. Umfänglicher gestalten sich die Überprüfungskompetenzen des Insolvenzgerichts, wenn nicht der Schuldner, sondern die Gläubiger des Unternehmens einen Insolvenzantrag stellen und der Schuldner diesem Antrag widerspricht. In diesem Falle überprüft das Gericht uneingeschränkt, ob der Schuldner tatsächlich zahlungsunfähig ist.519 Zusammenfassend lässt sich damit festhalten, dass das Vorliegen von Insolvenzgründen in den USA bei der Eröffnung des Verfahrens eine geringere Rolle einnimmt als in Deutschland, da das US-Insolvenzverfahren auch ohne Vorliegen von Insolvenzgründen eröffnet werden kann. Für die Fälle, in denen eine Feststellung nach dem Bankruptcy Code erforderlich ist, also insbesondere bei einem Gläubigerantrag, trägt das US-Insolvenzgericht die Verantwortung für die Überprüfung. 514 

Thompson, Stanford Journal of Law, Business and Finance 2007, 536. § 301 Bankruptcy Code. 516 Vgl. Tabb, The Law of Bankruptcy, S.168 f., 214 f. 517  Mit der Begründung, dass „good faith“ ausschließlich in § 707 (b) Bankruptcy Code geregelt ist, der nur auf Privatinsolvenzen Anwendung findet; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 168 f. m.w.N. 518  Mit Verweis auf § 1129 (3)(a) Bankruptcy Code, in dem „good faith“ als Genehmigungsvoraussetzung genannt wird; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 214 f. m.w.N. 519  § 303 (h)(1) Bankruptcy Code. Im Gegensatz zum deutschen Insolvenzrecht ist im US-Insolvenzrecht der Insolvenzgrund der Überschuldung unbekannt. Die Feststellung einer Krisensituation durch das Gericht kann somit einzig anhand der Zahlungsfähigkeit des Schuldners vorgenommen werden. 515 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

235

Somit obliegt den Insolvenzgerichten in beiden Jurisdiktionen die Verantwortung für die engültige Feststellung der Krisensituation. Im deutschen Recht hat darüber hinaus der Schuldner die Pflicht, die finanzielle Situation zu überwachen, und bei Vorliegen der Insolvenzgründe einen Insolvenzantrag zu stellen. bb)  Bankeninsolvenz Im Gegensatz zur Feststellung des Vorliegens der Insolvenzgründe im allgemeinen Insolvenzrecht, obliegt die Feststellung der Krisensituation in der Bankeninsolvenz in Deutschland und den USA weder einem Gericht, noch den Gläubigern des betreffenden Instituts. An deren Stelle treten die Aufsichts- und die Abwicklungsbehörde. Im Bereich der Abwicklungsverordnung wird die Krisensituation seit 2016 im Rahmen des Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) durch die zuständige Bankaufsichtsbehörde festgestellt. In diesem Prozess wird laufend eine holistische Beurteilung der beaufsichtigten Institute vorgenommen und zugleich überprüft, ob die Abwicklungsvoraussetzungen vorliegen.520 Der Wegfall der Zuständigkeit eines Gerichts lässt sich mit der Art des Verfahrens erklären. Während das allgemeine Insolvenzrecht in der Verantwortung des Insolvenzgerichtes durchgeführt wird, wird das Sonderinsolvenzrecht von der Abwicklungsbehörde verantwortet. Im administrativen Verfahren des Sonderinsolvenzrechts kommt dem Gericht keine wesentliche Rolle zu. Folglich ist es auch nicht in die Feststellung der Krisensituation eingebunden. Fraglich ist aber, weshalb den Gläubigern des Instituts kein Recht eingeräumt wird, ein Sonderinsolvenzverfahren zu initiieren. Den Gläubigern kein Initiativrecht einzuräumen scheint dem Zweck eines Insolvenzverfahrens als kollektives Verfahren dem Schutz der Gläubigergemeinschaft zuwider zu laufen. Ohne eine Insolvenzantragsmöglichkeit haben die Gläubiger keine Möglichkeit, die Begleichung von Verbindlichkeiten eines überschuldeten Unternehmens oder die Zwangsvollstreckung anderer Gläubiger in dessen Vermögen zu unterbinden. Dennoch könnte der Ausschluss des Insolvenzantragsrechts der Gläubiger von Finanzinstituten gerechtfertigt sein. Als Rechtfertigung kommt insbesondere die Anfälligkeit des Finanzsektors für negative Signale in Frage. Die Öffentlichkeitswirkung eines Insolvenzantrags durch die Gläubiger sendet ein starkes Signal, über deren Einschätzung der Solvenz des Instituts an den Markt. In Zeiten allgemeiner Unsicherheit über den Zustand eines Instituts kann dieses Signal selbst dann ausreichend sein, einen bank run auszulösen, wenn der Insolvenzantrag vollkommen unbegründet ist. Der bank run ist wiederum geeignet, die tatsächliche Insolvenz des Instituts zu verursachen.521 Damit würde nicht nur die objektive Prüfung der Solvenz des Instituts obsolet, das Institut würde sich darüber hinaus auch in einer schwierigen Lage durch jeden Gläubiger erpressbar machen, der einen Insolvenz­ 520 

EBA, EBA/GL/2014/13, S. 7 f. International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency; Swire, Duke Law Journal 1992, 496, 493. 521 

236

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

antrag zu stellen droht.522 Die Gefahr eines durch die Stellung eines Insolvenzantrags ausgelösten bank run bei Finanzinstituten stellt somit eine hinreichende Rechtfertigung dar, um die Antragsberechtigung der Gläubiger abweichend vom allgemeinen Insolvenzrecht entfallen zu lassen.523 Aber nicht nur den Gläubigern ist das Antragsrecht verwehrt. Auch der Schuldner selbst kann weder im deutschen noch im US-Recht einen Antrag zur Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens stellen.524 An dessen Stelle tritt im deutschen Recht aber die Pflicht nach § 46b Abs. 1 S. 1 KWG der BaFin die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und nach § 138 SAG der BaFin und der Abwicklungsbehörde die Bestandsgefährdung des Instituts anzuzeigen. Diese Meldung muss unverzüglich erfolgen; eine Dreiwochenfrist, wie sie in § 15a InsO zur Insolvenzantragstellung gewährt wird, existiert weder in § 46b KWG noch in § 138 SAG. Damit besteht im deutschen Recht die Pflicht der Vertretungsorgane fort, die Solvenz ihres Instituts zu Überwachen und eine Krise anzuzeigen. Während im allgemeinen Insolvenzrecht aber ein Insolvenzantrag für die Insolvenzeröffnung vorausgesetzt wird, können die Bankaufsichtsbehörde und die Abwicklungsbehörden auch ohne eine Anzeige durch den Schuldner Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts ergreifen, wenn sie im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums die Voraussetzungen für gegeben halten. Im US-Recht besteht nicht einmal eine formelle Möglichkeit des Schuldners zur Anzeige einer Krise. Vielmehr obliegt es dort ausschließlich der Bankaufsichtsbehörde, die Krise festzustellen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.525 Die Verantwortung der Bankaufsichtsbehörde und der Abwicklungsbehörden für die Feststellung der Krise und die darauf basierende Einleitung des Sonderinsolvenzrechtsverfahrens lässt sich mit dem Wissen dieser Behörden über den Zustand der Bank begründen.526 Im Gegensatz zu den Gläubigern der Bank erhalten sie regelmäßig Informationen über die wirtschaftliche Situation des Instituts und 522  International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency; Swire, Duke Law Journal 1992, 496, 493. 523  Die von Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bankruptcy Law, S. 52 weiterhin angeführten Gründe, weswegen Gläubiger nicht geeignet seien, das Insolvenzverfahren zu beantragen stellen darauf ab, dass Gläubiger keine hinreichenden Kenntnisse besäßen, ein Verfahren rechtzeitig zu beantragen. Dabei berücksichtigen die Autoren aber nicht hinreichend, dass es sich bei dem Recht nicht um ein Exklusivrecht handeln muss, sondern dass auch ein weiteres Antragsrecht anderer Institutionen bestehen kann, die einen besseren Zugriff auf Informationen zur rechtzeitigen Antragstellung besitzen. Jackson, Bankruptcy Code Chapter 14, S. 37 sieht zwar das Problem, möchte den Gläubigern aber ohne nähere Begründung dennoch weiterhin ein Antragsrecht zusprechen. 524  Vgl. § 46b Abs. 1 S. 4 KWG; § 1821 (c)(2)(A) Title 12 U.S.C.; § 202 (a)(1)(A)(i) DoddFrank Act; Carpenter, Insolvency of Systemically Significant Financial Companies, S. 5. 525  Bliss/Kaufman, Virginia Law and Business Review 2007, 143, 156; Carpenter, Insolvency of Systemically Significant Financial Companies, S. 5. 526  International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency, S. 19; Marinč/Vlahu, The Economics of Bank Bankruptcy Law, S. 52.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

237

haben darüber hinaus die Möglichkeit, in Sonderfällen Beobachter in die Bank zu entsenden, die sich ein genaues Bild über die finanzielle Lage des Instituts machen können.527 Diese Kenntnisse führen zu einer umfangreichen Beurteilungsgrundlage, die die Feststellung einer Krisensituation frühzeitig ermöglicht.528 Das Vorliegen einer umfangreichen Beurteilungsgrundlage alleine gewährleistet aber noch nicht die ökonomisch optimale Eröffnung des Verfahrens. Hat die Aufsichtsbehörde einen Anreiz, die Verfahrenseröffnung zu verzögern, besteht die Gefahr, dass das Insolvenzverfahren trotz der Kenntnis der Behörde über die Krise nicht eröffnet und die Krise des Instituts weiter vertieft wird. Dieser Fehlanreiz besteht insbesondere im Bankeninsolvenzrecht, da die Aufsichtsbehörde keine eigenen Verluste aus der Verzögerung der Verfahrenseröffnung zu befürchten hat. Im allgemeinen Insolvenzrecht besteht dieser Fehlanreiz nicht, da die antragsberechtigten Fremdkapitalgeber weitere Verluste oft nur über ein Insolvenzverfahren verhindern können.529 Während also im allgemeinen Insolvenzrecht der Anreiz und die Berechtigung zur Antragstellung in einer Hand liegen, fallen sie im Bankeninsolvenzrecht regelmäßig auseinander.530 Anders stellt sich die Situation nur für den Fall dar, dass die Abwicklungsbehörde zugleich als Einlagenversicherer und damit als Gläubiger eines insolventen Einlageninstituts auftritt. Wird in dieser Konstellation die Insolvenzeröffnung verzögert, so läuft die Abwicklungsbehörde Gefahr, über den Einlagensicherungsfonds einen größeren Verlust hinnehmen zu müssen.531 Um das Verlustrisiko zu reduzieren, besteht dann ein Anreiz für die Abwicklungsbehörde, rechtzeitig ein Sonderinsolvenzverfahren zu eröffnen. In Deutschland tragen die BaFin als Bank­ aufsichtsbehörde, die Finanzmarktstabilisierungsanstalt als nationale Abwicklungsbehörde und der Abwicklungsausschuss als europäische Abwicklungsbehörde kein finanzielles Risiko bei der Abwicklung einer Bank.532 Mithin ist auch kein unmittelbarer Anreiz für die zuständigen Behörden erkennbar, ein Insolvenzver527 Vorlage des Jahresabschlusses und zugehöriger Berichte nach § 26 KWG; Auskunftspflicht nach § 44 KWG; Bestellung eines Sonderbeauftragten nach § 45c KWG; die Anzeigepflicht der Vertreter des Instituts nach § 46b KWG. 528  Bennett, FDIC Banking Review September 2001, 1, 7; Fed, Study on the Resolution of Financial Companies, S. 11; Kaufman, Cato Journal 1988, 559, 578. 529  Kann der Fremdkapitalgerber außerhalb der Insolvenz seine Forderung nicht unmittelbar geltend machen, so kann er sich ohne das Insolvenzrecht nicht vor Wertverlusten schützen, die durch die Begleichung anderer Verbindlichkeiten des Schuldners für ihn entstehen. 530  Daher wird in Teilen für die Einführung eines Antragsrechts der Gläubiger im Sonderinsolvenzverfahren plädiert, vgl. Bliss/Kaufman, Resolving large complex financial institutions, S. 285. 531  Bennett, FDIC Banking Review September 2001, 1, 4; Hynes/Walt, Why Banks are Not Allowed in Bankruptcy, S. 6. 532  Für den deutschen Einlagensicherungsfonds vgl. § 6 AnlEntG; der europäische Fonds steht zwar nach Art. 67 Abs. 3 SRM-VO im Eigentum des Ausschusses, die Verluste müssen aber durch Sonderbeiträge der Banken getragen werden, vgl. Art. 71 SRM-VO.

238

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

fahren einzuleiten. Auch in den USA sind Aufsicht und Einlagensicherung zumeist getrennt. Regelmäßig wird auf Bundesebene die Bankenaufsicht von der Federal Reserve Bank übernommen, während die FDIC für die Einlagensicherung verantwortlich ist. Nur für wenige Institute ist die FDIC sowohl als Einlagensicherungsfonds als auch als Aufsichtsbehörde zuständig.533 Für die Bankaufsichtsbehörden, denen die Feststellung einer Krisensituation verbunden mit dem Auslösen des Insolvenzverfahrens obliegt, besteht damit weder in Deutschland noch in den USA ein finanzieller Anreiz, ein Insolvenzverfahren rechtzeitig einzuleiten. Erschwerend kommt hinzu, dass die Einleitung eines Abwicklungsverfahrens häufig als Scheitern der Bankaufsichtsbehörde aufgefasst wird, deren Aufgabe es aus Sicht der Öffentlichkeit gewesen wäre, den Eintritt einer Insolvenz zu verhindern.534 Befürchten die verantwortlichen Personen innerhalb der Bankaufsichtsbehörde, dass sie politisch für die Krise der Bank mitverantwortlich gemacht werden, so besteht ein starker Anreiz, der Bank so viel Zeit wie möglich zu lassen, um die Krise ohne Anwendung des Sonderinsolvenzrechts zu überwinden. Die Kombination aus einem fehlenden Anreiz zur rechtzeitigen Eröffnung und einem Anreiz, die Eröffnung des Sonderinsolvenzrechts aus politischen Gründen zu verzögern, birgt die Gefahr, dass die Insolvenzeröffnung erst deutlich nach dem Eintritt der Krise erfolgt. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, wurde der FDIC als Einlagensicherungsfonds in § 1821 (c)(10) Title 12 U.S.C ein zusätzliches Recht zur Einleitung des Bankeninsolvenzverfahrens für Einlageninstitute eingeräumt, wenn dies notwendig ist, um Verluste der Einlagensicherung zu verringern.535 Verzögert also die eigentlich zuständige Aufsichtsbehörde die Initiierung des Sonderinsolvenzverfahrens und führt diese Verzögerung zu Verlusten der FDIC, so kann die FDIC selbstständig das Verfahren einleiten. Damit ist die Antragsberechtigung in den USA im Bereich des Sonderinsolvenzrechtes für Einlageninstitute funktional vergleichbar mit der Situation im allgemeinen Insolvenzrecht. Einerseits ist eine Person mit hoher Kompetenz zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage dazu ermächtigt, das Verfahren einzuleiten – im allgemeinen Insolvenzrecht der Schuldner und im Sonderinsolvenzrecht die Bankenaufsicht; andererseits kann auch die Person mit dem höchsten wirtschaftlichen Interesse an der Abwicklung grundsätzlich das Verfahren einleiten – im allgemeinen Insolvenzrecht die Gläubiger und im Sonderinsolvenzrecht der Einlagensicherungsfond. Im Unterschied zum allgemeinen Insolvenzrecht wird im Sonderinsolvenzrecht allen Gläubigern mit Ausnahme des Einlagensicherungsfonds das Antragsrecht entzogen, um einem dadurch möglicherweise ausgelösten bank run entgegenzuwirken. 533  Namentlich für Institute auf Bundesebene, die nicht Mitglied der Federal Reserve sind und Thrifts; vgl. Jickling/Murphy, Who Regulates Whom?, S. 4. 534  International Monetary Fund, Global Financial Stability Report, S. 79; Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 531. 535  Bennett, FDIC Banking Review September 2001, 1, 7.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

239

Im deutschen Recht besteht für den Ausschuss, der nach Art. 75 Abs. 1 ­SRM-VO den Fonds verwaltet, zwar die Möglichkeit, Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts einzuleiten, allerdings trägt der Fonds nicht die Verluste einer verspäteten Einleitung des Verfahrens. Vielmehr kann er die Verluste durch Sonderbeiträge nach Art. 71 SRM-VO auf alle Mitgliedsinstitute umlegen. Mithin haben die verantwortlichen Behörden zwar die notwendige Kompetenz zur Beurteilung der wirtschaftlichen Situation des Instituts, aber keinen hinreichenden Anreiz zur frühzeitigen Einleitung eines Abwicklungsverfahrens. Neben der Bankenaufsicht und den Abwicklungsbehörden sind teilweise auch politische Gremien in die Einleitung eines Sonderinsolvenzverfahrens involviert. Im deutschen Recht obliegt es beispielsweise der Bundesregierung nach § 46g KWG ein Moratorium über ein oder mehrere Kreditinstitute zu verhängen, wenn „wirtschaftliche Schwierigkeiten bei dem Institut zu befürchten [sind], die schwerwiegende Gefahren für die Gesamtwirtschaft […] erwarten lassen“536. Die Zuständigkeit der Bundesregierung ist wohl darauf zurückzuführen, dass es sich um eine sehr weitreichende Maßnahme handelt, die die gesamte Wirtschaft nachhaltig zu beeinträchtigen droht. Eine derartige Beeinträchtigung würde regelmäßig der Regierung angelastet, so dass diese einen hinreichenden Anreiz hat, ein Moratorium nur dann zu verhängen, wenn andernfalls noch schwerwiegendere Konsequenzen für die Gesamtwirtschaft drohen. Zur Gewährleistung der Sachkompetenz muss nach § 46g Abs. 2 KWG die Bundesbank gehört werden. Im US-Recht ist die Regierung bei der Eröffnung von Sonderinsolvenzverfahren für systemrelevante Finanzinstitute, die kein Einlagengeschäft betreiben, nach dem Dodd-Frank Act neben der Fed als Bankaufsichtsbehörde und der FDIC als Abwicklungsbehörde involviert. In dem Verfahren zur Feststellung der Systemrelevanz537 muss ebenfalls festgestellt werden, ob sich das Unternehmen in einer Krise befindet. Kommen Fed und FDIC jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit zu dem Ergebnis, dass eine Krise vorliegt, muss diese auch durch den Finanzminister nach Rücksprache mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten festgestellt werden.538 Im Gegensatz zur Feststellung der Systemrelevanz ist die Feststellung der Krise zwar innerhalb von 24 Stunden gerichtlich überprüfbar, allerdings ist keine vollumfängliche Überprüfung vorgesehen.539 Das Gericht soll lediglich feststellen, ob die Entscheidung arbitrary and capricious540, also willkürlich, war. Die politische Mitverantwortung für die Feststellung der Krise wird dadurch gerechtfertigt, dass die Rettung systemrelevanter Institute zu einer Beteiligung des Steuerzahlers führen könnte. Die Verantwortung für Steuergelder obliegt der Regierung und so erschiene es folgerichtig, diese zum Schutz der Steuergelder auch an dem Verfah536 

§ 46g KWG. Vgl. dazu Kapitel D II. 2. a). 538  § 203 (b)(1) Dodd-Frank Act. 539  § 202 (a)(1)(v) Dodd-Frank Act. 540  § 202 (a)(1)(iv)(I) Dodd-Frank Act. 537 

240

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

ren zu beteiligen. Die Beteiligung des Steuerzahlers an der Rettung ist aber durch § 214 Dodd-Frank Act explizit ausgeschlossen, so dass daraus die Notwendigkeit der Beteiligung der Regierung an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht abgeleitet werden kann. Die Regierungsbegründung beschränkt sich darauf, die Beteiligung des Finanzministeriums vorzusehen, um die Anwendung der OLA auf ein Mindestmaß zu begrenzen.541 Zur Erreichung dieses Ziels hätten aber vielmehr die Kriterien zur Definition der Krise verschärft werden sollen. Die Einbindung der Regierung in die Entscheidungsfindung ist vor diesem Hintergrund abzulehnen. Auch im deutschen Recht ist der politische Einfluss auf die Abwicklungsentscheidungen seit der Verabschiedung der SRM-VO deutlich gewachsen. Während die Einleitung von Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG noch vollständig in der Hand der Abwicklungsbehörde lag, haben die Gremien der EU ein wesentliches Mitspracherecht bei der Einleitung von Abwicklungsmaßnahmen nach der SRM-VO. Gelangt der europäische Abwicklungsausschuss zu dem Ergebnis, dass die Abwicklungsvoraussetzungen bei einem Institut vorliegen, übermittelt er ein Abwicklungskonzept an die Europäische Kommission, die dieses innerhalb von 24 Stunden billigen oder Einwände erheben kann.542 Erhebt die Kommission Einwände, kann das Abwicklungskonzept nicht in Kraft treten. Darüber hinaus kann die Kommission innerhalb von 12 Stunden auch dem Europäischen Rat vorschlagen, gegen das Abwicklungskonzept Einwände aus zwei unterschiedlichen Gründen zu erheben. Zum einen kann der Rat einwenden, dass die Abwicklung im Sonderinsolvenzrecht nach dem öffentlichen Interesse nicht notwendig ist, und zum anderen kann er Einwände gegen die Belastung des Abwicklungsfonds durch die Maßnahme erheben. Die Frist für die Erhebung der Einwände beträgt für den Rat ebenfalls 24 Stunden.543 Wendet der Rat mangelndes öffentliches Interesse an der Abwicklung ein, so kann eine Abwicklung nicht durch die Abwicklungsbehörden erfolgen und das Institut wird regelmäßig im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt.544 Bei anderen Einwänden muss der Ausschuss das Abwicklungskonzept innerhalb von acht Stunden unter Berücksichtigung der Einwände ändern.545 Nur wenn das Konzept von dem Rat und der Kommission gebilligt wird oder keine fristgerechten Einwendungen erhoben werden, kann der Ausschuss das Abwicklungsverfahren einleiten.546 Die Einleitung eines Verfahrens nach der SRM-VO ist damit ähnlich politisch geprägt wie die Einleitung eines Sonderinsolvenzverfahrens nach dem Dodd-Frank Act. Im europäischen Recht wird die Einbindung politischer Gremien aber nicht mit 541 

U.S.-Senate, Report No. 111 – 176, S. 58. Art. 18 Abs. 7 SRM-VO. 543  Art. 18 Abs. 7 SRM-VO. 544  Art. 18 Abs. 8 SRM-VO. 545  Art. 18 Abs. 7 SRM-VO. 546  Art. 18 Abs. 9 SRM-VO. 542 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

241

dem Ziel begründet, die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auf ausgewählte Fälle zu reduzieren. Vielmehr sind der Delegation von Entscheidungen mit einem hohen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum an europäischen Regulierungsbehörden seit der Meroni-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs547 enge Grenzen gesetzt, so dass eine Beteiligung der politischen Gremien bei einer wesentlichen Entscheidung, wie der Einleitung von Sonderinsolvenzverfahren, geboten schien.548 Im Ergebnis ist aber auch im europäischen Recht die Beteiligung politischer Gremien an der Entscheidung über die Einleitung eines Sonderinsolvenz­ verfahrens abzulehnen. Besser wäre es, den Beurteilungsspielraum der Behörde durch eine genauere Definition der Abwicklungsvoraussetzungen zu reduzieren. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Verantwortung für die Feststellung einer Krisensituation und die damit verbundene Initiierung des Insolvenz­ verfahrens im Bereich der Finanzinstitute deutlich von derjenigen bei anderen Unternehmen abweicht. Während im allgemeinen Insolvenzrecht Gläubiger und Schuldner antragsberechtigt sind und ein Gericht das Vorliegen der Voraussetzungen überprüft, sind im Sonderinsolvenzrecht vorrangig die Bankenaufsicht und die Abwicklungsbehörden mit dieser Aufgabe betraut, teilweise mit Beteiligung politischer Gremien. Gläubigern und Schuldnern wird hingegen kein Antragsrecht eingeräumt. b)  Beurteilungs- und Ermessensspielraum der zuständigen Behörde Wie bei der Definition der Abwicklungsvoraussetzungen dargestellt, besteht bei einer Vielzahl der Kriterien ein außerordentlich großer Beurteilungsspielraum für die zuständige Behörde.549 Im deutschen Recht eröffnen der nur vage abzugrenzende Gefahrenbegriff des § 46 KWG sowie der Begriff der Bestandsgefährdung des § 63 SAG550 einen umfangreichen Beurteilungsspielraum. Darüber hinaus erfordern auch andere Indikatoren, wie beispielsweise die drohende Unterschreitung von Eigenmittel- oder Li547  EuGH, Meroni & Co., Industrie Metallurgiche, S.P.A. v. High Authority of the European Coal and Steel Community, Case 9/56. 548 Vgl. Legal Service of the Comission, Proposal for a Regulation of the European Parliament and of the Council establishing uniform rules and a uniform procedure for the reoslution of credit institutions and certain investment firms in the framework of a Single Resolution Mechanism and a Single Bank Resolution Fund and amending Regulation (EU) No 1093/2010 of the European Parliament and of the Council, 14547/13 vom 7. 10. 2013, abzurufen unter: https://archive.org/stream/802602-cls-banking-union/802602-cls-bankingunion_djvu.txt. 549  Vgl. auch Lorenz und Wolfers/Voland, die von einer Art business judgement rule für die Bankenaufsicht sprechen, in Lorenz, NZG 2010, 1046, 1050; Wolfers/Voland, WM 2011, 1159, 1164; für das US-Recht stellt Joo fest, dass sich ein großer Ermessensspielraum bei der Feststellung des Vorliegens der Insolvenzgründe ergibt, Joo, Brooklyn Journal of Corporate Finance and Commercial Law 2011, 47, 57. 550  Im europäischen Recht entspricht dies Art. 18 Abs. 4 SRM-VO.

242

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

quiditätsvorgaben, eine Prognose der zukünftigen Entwicklung, die zwangsläufig eine Beurteilung unsicherer zukünftiger Faktoren beinhaltet und nicht überprüfbar ist.551 Im Rahmen des SAG wird nicht einmal der Zeitraum „in naher Zukunft“ genauer festgelegt, so dass auch in dieser Hinsicht potentiell unterschiedliche Perioden betrachtet werden können.552 Neben dem Beurteilungsspielraum besteht für die zuständige Behörde zum Teil auch ein großer Ermessensspielraum. Maßnahmen des § 46 KWG stehen selbst bei Feststellung einer Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern vollständig im pflichtgemäßen Ermessen der BaFin. Sie erhält die Befugnis, aber nicht die Verpflichtung tätig zu werden.553 Einen vergleichbaren Ermessensspielraum hatte auch die nationale Abwicklungsbehörde vor der Verabschiedung der SRM-VO bei der Anwendung von Maßnahmen des SAG nach § 77 Abs. 1 SAG.554 In der SRM-VO wurde dem Ausschuss hingegen kein Ermessensspielraum bei der Einleitung des Abwicklungsverfahrens gelassen.555 Allerdings hat der Ausschuss auch nach der SRM-VO einen großen Ermessensspielraum bei der Entscheidung, welche Abwicklungsinstrumente zum Einsatz kommen sollen.556 Im US-Recht besteht für die zuständigen Behörden ebenfalls ein weiter Beurteilungs- und Ermessensspielraum. Die Beurteilung, ob bei einem Institut unsafe and unsound conditions vorliegen oder ob eine Zahlungsunfähigkeit droht, erfordert eine Vielzahl von wertenden Entscheidungen. Der Beurteilungsspielraum wird im Vergleich zu dem deutschen Recht aber im US-Recht durch bestimmte Vorgaben, insbesondere die festgelegte Höhe einer kritischen Unterkapitalisierung, begrenzt. Auch wird die zuständige US-Behörde in Fällen der kritischen Unterkapitalisierung in ihrem Ermessen eingeschränkt. Diese Einschränkung ist auf die Erfahrungen mit den Ereignissen in den 1980er Jahren zurückzuführen. In den 1980er Jahren fand in den USA die sogenannte Savings-and-Loan-Krise statt, die insbesondere die kleineren Einlageninstitute (thrifts) betraf. Die zuständige Bankaufsichtsbehörde nahm dabei zum Teil über lange Zeiträume hinweg in Kauf, dass die Banken keine ausreichenden Eigenmittel aufbringen konnten oder

551 Vgl.

Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 48b KWG, Rn. 8; EBA, EBA/ GL/2015/07, S. 12. 552  Zur gleichlautenden Regelung der SRM-VO hat die EBA ausgeführt, den Zeitraum bewusst vage lassen zu wollen, um der Abwicklungsbehörde Spielraum zur Auswahl eines angemessenen Zeitraums zu lassen; vgl. EBA, EBA/GL/2015/07, S. 26. 553  Vgl. für § 46 Abs. 1 S. 2 KWG („sie kann“); S. 3 KWG („Die Bundesanstalt kann“); S. 4 („Sie kann“). 554  Wortlaut: „Die Abwicklungsbehörde kann bei Vorliegen der Abwicklungsvoraussetzungen […] erforderliche Maßnahmen treffen […]“. 555  Art. 18 Abs. 6 SRM-VO lautet: „Sind die [Abwicklungsvoraussetzungen] erfüllt, legt der Auschuss ein Abwicklungskonzept fest.“. 556  Art. 22 SRM-VO.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

243

sogar insolvent waren, ohne Maßnahmen zu deren Reorganisation zu betreiben.557 Unterstützt wurde die Vorgehensweise der Behörde durch Programme des Kongresses, die der Aufsichtsbehörde vorschrieben, auf bestimmte Maßnahmen zu verzichten, bis sich das Marktumfeld gebessert hatte.558 Diesem Vorgehen lag die Idee zu Grunde, dass die Institute vor einer Insolvenz bewahrt werden könnten und sie nach dem Ende der Wirtschaftskrise wieder das nötige Kapital aufweisen würden, um ihre Bankgeschäfte weiter zu betreiben.559 Einigen Instituten ist dies auch gelungen. Bei der Mehrheit der Institute, die schließlich abgewickelt werden mussten, vergrößerten sich jedoch durch das verzögerte Vorgehen der Aufsichtsbehörde die angehäuften Verluste und verursachten damit geschätzte Mehrkosten für die Gläubiger in Höhe von 66 Mrd. USD.560 Im Anschluss an die Savings-and-Loan-Krise fand daher in den USA eine intensive Debatte über die Vor- und Nachteile des Beurteilungs- und Ermessensspielraums der Bankenaufsicht statt, an deren Ende die Reduzierung des Ermessens durch den FDICIA stand.561 Als Vorteil eines großen Spielraums wird vor allem angeführt, dass die Aufsichtsbehörde die Anzahl der Reorganisationen betroffener Institute auf das absolut notwendige Maß begrenzen kann und damit Kosten unnötiger Reorganisationen für die Volkswirtschaft und für die Gläubiger vermeiden kann. Wird die Behörde hingegen gezwungen, bei Unterschreitung einer bestimmten vordefinierten Schwelle unmittelbar ein Insolvenzverfahren einzuleiten, so müssten auch Institute abgewickelt oder reorganisiert werden, die sich voraussichtlich bei einer Besserung der Marktlage erholt hätten. Damit entstünde nicht nur für die Eigentümer und Gläubiger des Institutes, die die Kosten des Insolvenzverfahrens tragen müssten, ein unnötiger Wertverlust, sondern darüber hinaus könnte die Insolvenz über verschiedene Ansteckungskanäle auch andere Institute in Mitleidenschaft ziehen und möglicherweise sogar eine Finanzkrise auslösen.562 Weiter wird argumentiert, dass die Bankenaufsicht regelmäßig auf ein breites Spektrum an Instrumenten zurückgreifen könne, um eine bessere Eigenkapitalausstattung des Institutes zu erzwingen, wobei viele Maßnahmen weniger einschneidende Konsequenzen hätten als eine Reorganisation. Ein breites Ermessen der Bankenaufsicht könnte demnach 557 

Edwards, Harvard Business Law Review 2011, 279, 281; FDIC, An Examination of the Banking Crises, S. 46, 47. 558  FDIC, An Examination of the Banking Crises, S. 47, 48. 559  FDIC, An Examination of the Banking Crises, S. 47. 560  Congressional Budget Office, Cost of Forbearance, S. 7; Edwards, Harvard Business Law Review 2011, 279, 282. 561  Vgl. dazu ausführlich Edwards, Harvard Business Law Review 2011, 279, 285 f.; Eisenbeis/Horvitz, The Role of Forbearance, S. 49 f.; trotz des reduzierten Ermessensspielraums kam es 2001 zu einer verzögerten Abwicklung der Superior Bank aufgrund der Überbewertung der Vermögensgegenstände durch die zuständige Bankenaufsicht vgl. Schooner, US Bank Resolution Reform, S. 409. 562  Asser, Legal Aspects of Regulatory Treatment of Banks in Distress, S. 67.

244

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

dazu beitragen, im Einzelfall von einer Abwicklung des Instituts abzusehen, wenn diese zu höheren Kosten für die Gesamtwirtschaft und die Gläubiger des Instituts führt. Für den Fall, dass ein Institut die festgelegten Schwellenwerte noch nicht unterschritten hat, kann sich ein Beurteilungsspielraum für die Behörde ex post als hilfreich erweisen. Wird der Behörde kein Beurteilungsspielraum eröffnet, so muss sie bis zum Unterschreiten der Schwelle weitgehend machtlos zusehen, wie sich die Situation des Institutes verschlechtert. Eine Norm, die einen hohen Beurteilungsspielraum zulässt, würde es der Behörde hingegen ermöglichen, die Lage der Bank vollumfänglich zu erfassen und zu beurteilen und im Anschluss die Entscheidung über die Abwicklung zu treffen.563 Beispielsweise kann dabei das aktuelle Marktumfeld berücksichtigt werden, welches sich regelmäßig auf die Insolvenzwahrscheinlichkeit eines angeschlagenen Institutes auswirkt. Im Umfeld einer Wirtschaftskrise könnte demnach ein Eingreifen schon früher erfolgen als in einer stabilen wirtschaftlichen Lage. Diese Flexibilität wird der Aufsicht nur durch einen weiten Beurteilungsspielraum ermöglicht.564 Neben diesen ex post-Argumenten müssen aber auch die ex ante gesetzten Anreize durch die Eröffnung eines weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraums berücksichtigt werden. Rechnet das Management der Bank damit, dass eine Unterschreitung bestimmter Schwellen möglicherweise keine Auswirkungen haben wird, weil die Aufsichtsbehörde ihren Beurteilungsspielraum zugunsten des Institutes ausübt, so entfällt der Anreiz für das Management, die Unterschreitung der Schwelle zu vermeiden. Daraus resultiert aber, wie teilweise fälschlich angegeben,565 keine Verstärkung des moral hazard. Im Gegenteil wird damit der Anreiz, übermäßige Risiken einzugehen, vor Unterschreitung der Schwelle sogar gesenkt, da das Management und die Eigentümer in einigen Fällen noch einen Wert erhalten, selbst wenn sie die Schwelle unterschritten haben. Diesen Wert gilt es nicht durch Maßnahmen zu gefährden, die einen negativen Erwartungswert haben. Der moral hazard-Anreiz wird durch einen hohen Beurteilungs- und Ermessensspielraum reduziert. Teilweise wird in der Literatur die Notwendigkeit eines großen Ermessens diskutiert, um ex ante eine Unsicherheit (constructive ambiguity) über die Abwicklung des Instituts zu schaffen, die moral hazard reduzieren soll.566 Dieses Konzept basiert auf der Annahme, dass Banken grundsätzlich gerettet werden und nur einzelne Institute abgewickelt werden können, ohne die Gesamtwirtschaft zu gefähr563  So auch Binder, Sachverständigengutachten, S. 41; Krimminger, Deposit insurance, banking resolutions and moral hazard, S. 203. 564  International Monetary Fund, Framework for Bank Insolvency, S. 26. 565  Čihák/Nier, The Need for Special Resolution Regimes, S. 14; Krimminger, Deposit insurance, banking resolutions and moral hazard, S. 203; Riethmüller, WM 2010, 2295, 2299. 566  Knight, Mitigating Moral Hazard, S. 257; Lastra/Olivares-Caminal, From consolidat­ ed supervision to consolidated resolution, S. 319; Molyneux, Banking Crises, S. 13.

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

245

den. Unter diesen Umständen wäre es demnach notwendig, die Rettung in das Ermessen der Aufsichtsbehörden zu stellen und damit jedes Institut der Unsicherheit auszusetzen, ob es im Falle seiner Insolvenz gerettet würde. Unabhängig von der grundsätzlichen Kritik an dieser Methode, besteht die Notwendigkeit dazu nicht, wenn davon ausgegangen wird, dass regelmäßig alle Institute in einem Sonderinsolvenzrecht ohne staatliche Unterstützung abgewickelt werden können. In diesem Fall ist die Anwendung des Konzepts der constructive ambiguity zur Erzeugung einer Unsicherheit über die Rettung des Instituts nicht erforderlich. Theoretisch lässt sich somit feststellen, dass ein Ermessensspielraum bei der Beurteilung, ob eine Krisensituation vorliegt, die ein Sonderinsolvenzverfahren notwendig macht, ex ante moral hazard verringern könnte und ex post eine vollständigere Erfassung der Lage des Instituts und eine den wirtschaftlichen Verlust minimierende Abwicklungsentscheidung ermöglichen würde. Mithin sprechen aus theoretischer Sicht keine Gründe gegen einen weiten Beurteilungs- und Ermessensspielraum der Behörden. Dabei wird aber vorausgesetzt, dass die Behörden ihr Ermessen immer pflichtgemäß und losgelöst von Eigeninteressen ausüben. Diesen Annahmen steht aber die Erfahrung der Savings-and-Loan-Krise entgegen, die gezeigt hat, dass die Bankenaufsicht zur Vermeidung des Vorwurfs, sie hätte in der laufenden Aufsicht nicht erfolgreich gearbeitet, auch dann die Einleitung des Verfahrens vermied, wenn die Eröffnung ökonomisch angezeigt wäre. Daneben kann auch die Notwendigkeit der internationalen Koordination die Reduktion des Ermessensspielraums zu Gunsten einheitlicher Standards erfordern. Übt jede Aufsichtsbehörde ihr Ermessen unterschiedlich aus, so ist eine einheitliche Abwicklung des Institutes nur schwer umsetzbar.567 Eine optimale Ausgestaltung des Beurteilungs- und Ermessensspielraums muss sowohl die Notwendigkeit zur flexiblen Handhabung unterschiedlicher Faktoren zur Feststellung einer Krise berücksichtigen als auch eine Einschränkung der Spielräume vornehmen. Ist der Entscheidungsspielraum zu groß, wirkt sich die Unsicherheit über die Abwicklung negativ auf die Entscheidungsfindung der beteiligten Kapitalgeber aus. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass sich Fehlanreize der verantwortlichen Institution zur Verzögerung der Einleitung des Sonderinsolvenzverfahrens führen. 3.  Zusammenfassende ökonomische Beurteilung Neben den Voraussetzungen des persönlichen Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzrechts, der einerseits durch die ausgeübten Tätigkeiten und andererseits durch den Status der Systemrelevanz definiert wird, stellt das Vorliegen einer Krisensituation die entscheidende Voraussetzung zur Anwendung des Sonderinsolvenzrechts dar. 567 

260.

Garcia/Lastra/Nieto, Journal of Financial Regulation and Compliance 2009, 240,

246

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

Für die ökonomische Beurteilung der Definition einer Krisensituation müssen insbesondere die Ziele des Insolvenzrechts berücksichtigt werden. Das Sonderinsolvenzrecht verfolgt, wie auch das Insolvenzrecht, das Ziel einer effizienten Abwicklung oder Reorganisation eines Unternehmens in den Fällen, in denen eine Fortführung des Unternehmens außerhalb des Insolvenzrechts mit wertvernichtenden Anreizen für die Kapitalgeber verbunden ist.568 Dies ist bei klassischen Unternehmen einerseits dann der Fall, wenn sie überschuldet sind, da erstens die Gläubiger dann einen Anreiz haben, ihre Forderungen schnellstmöglich zu vollstrecken und damit die Fortführung des Unternehmens zu verhindern und zweitens der Schuldner den Anreiz zu suboptimalen Investitionsentscheidungen hat.569 Andererseits besteht ein wertvernichtender Anreiz für die Gläubiger zur Vollstreckung in das betriebsnotwendige Vermögen, wenn der Schuldner zahlungsunfähig ist. Vor diesem Hintergrund sieht das allgemeine Insolvenzrecht in Deutschland die Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung als Insolvenzgründe vor. Im US-Recht muss für die Anwendung des Insolvenzrechts lediglich im Falle eines Gläubigerantrags eine Krise des Unternehmens vorliegen. Als Insolvenzgrund wird dort ausschließlich die Zahlungsunfähigkeit berücksichtigt. Die Nichtberücksichtigung der Überschuldung ist aus ökonomischer Sicht problematisch,570 da Unternehmen mit sehr liquiden Vermögenswerten ihre Zahlungsfähigkeit auch im Überschuldungsstatus lange erhalten können und die Gläubiger somit nicht vor Vermögensverlusten geschützt sind. Das Vorliegen von Insolvenzgründen wird in beiden Jurisdiktionen auf Antrag durch ein Insolvenzgericht überprüft. Dabei bestehen Ausnahmen von der Überprüfung im US-Recht bei Anträgen des Schuldners auf eine Liquidierung im Rahmen von Chapter 7. Antragsberechtigt sind regelmäßig die Gläubiger des Unternehmens und das betroffene Unternehmen als Schuldner. Eine Antragspflicht ist im deutschen Recht explizit für das Vertretungsorgan des Schuldners vorgesehen, im US-Recht kann sich das Management des Schuldners mit Schadenersatzforderungen konfrontiert sehen, wenn es nicht rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellt und somit besteht eine indirekte Pflicht zur Antragstellung. Mit der Antragspflicht des Schuldners wird das ökonomische Ziel erreicht, den Gläubiger von der andernfalls bestehenden Überwachungsnotwendigkeit zu entlasten. Damit macht sich das Insolvenzrecht das Wissen des Schuldners über seine finanzielle Situation zu Nutzen. Das Antragsrecht des Gläubigers ist hingegen auf die Fehlanreize des Schuldners zur Verzögerung des Verfahrens zurückzuführen. Der Schuldner hat einen Anreiz die Insolvenz hinauszuzögern, um für die Eigenkapitalgeber die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Erholung so lange wie möglich zu erhalten. Die damit verbundenen Verluste fallen bei den Gläubigern an, die folglich den

568 

Vgl. Kapitel B. Vgl. Kapitel B. I. 570  Jackson, Bankruptcy not Bailout, S. 38. 569 

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

247

größten Anreiz haben, derartige Verzögerungen durch eine Antragstellung zu vermeiden.571 Im Sonderinsolvenzrecht besteht hingegen weder ein Antragsrecht für die Gläubiger noch für den Schuldner. Im deutschen Recht besteht lediglich die Pflicht der Geschäftsleiter des betroffenen Instituts, vorliegende Insolvenzgründe gegenüber der BaFin nach § 46b KWG und nach § 138 SAG gegenüber der Abwicklungsbehörde anzuzeigen. Im US-Recht existiert nicht einmal eine derartige Pflicht. Durch den Entzug des Antragsrechts des Schuldners soll vermieden werden, dass ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, welches geeignet ist, Maßnahmen der Bankenaufsicht zur außerinsolvenzlichen Sanierung oder Reorganisation zu vereiteln.572 Faktisch kommt eine Anzeige bei der BaFin oder der Abwicklungsbehörde aber einem Insolvenzantrag gleich, da die BaFin oder die zuständige Abwicklungsbehörde spätestens nach der Anzeige Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts ergreifen wird. Problematisch ist aber der vollständige Wegfall des Antragsrechts der Gläubiger. Die Gläubiger sind die Partei, die regelmäßig den größten Anreiz zur Insolvenzantragstellung besitzt. Gerechtfertigt ist der Entzug des Antragsrechts im Sonderinsolvenzrecht allerdings dadurch, dass schon die Insolvenzantragstellung eine starke Signalwirkung im Markt auslöst. Schlimmstenfalls kann bereits die Antragstellung einen bank run auslösen, welcher geeignet ist, eine Krise bei einem grundsätzlich solventen und zahlungsfähigen Institut auszulösen. Die Abwägung zwischen der Gefahr einer derartigen Verunsicherung des Marktes und den Folgen einer möglichen Verzögerung der Antragstellung fällt zugunsten eines Verzichts auf das Recht der Gläubiger zur Insolvenzantragstellung aus. Vorstellbar wäre es aber, den Gläubigern ein formelles Recht zur Anzeige des Vorliegens der Insolvenzgründe bei der Aufsichtsbehörde einzuräumen. Die Aufsichtsbehörde könnte dadurch zu einer Prüfung gezwungen werden und das Entschließungsermessen über die Durchführung eines Verfahrens reduziert werden. Zwar besteht eine Prüfpflicht nach § 139 SAG, wenn die Abwicklungsbehörde von einer „anderen Stelle“ Kenntnis von dem Vorliegen der Insolvenzgründe erhält, allerdings wird ihr Entschließungsermessen dann nicht reduziert. In der SRM-VO findet sich nicht einmal eine mit § 139 SAG vergleichbare Regelung. In den USA wird an Stelle der Gläubiger dem Einlagensicherungsfonds die Möglichkeit eröffnet, ein Sonderinsolvenzverfahren einzuleiten. Der Fonds nimmt bei der Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens durch die Entschädigung der Einleger und den Eintritt in die entsprechenden Forderungen die Position eines Gläubigers ein. Als solcher hat er auch die Verluste einer verspäteten Eröffnung zu tragen und mithin einen Anreiz, das Verfahren rechtzeitig einzuleiten. Im Vergleich zu den sonstigen Gläubigern besteht aber bei dem Einlagensicherungsfonds nicht die Gefahr, dass er ohne Berücksichtigung der allgemeinen Auswirkungen 571 

Vgl. Kapitel III. 1. a) aa).

572 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann,

§ 46b KWG, Rn. 1.

248

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

ein verfrühtes Verfahren einleitet. In Europa trägt nicht der Einlagensicherungsfonds die Verluste einer verspäteten Insolvenzeröffnung, sondern die Gesamtheit der Kreditinstitute, auf die die Verluste über Sonderbeiträge umgelegt werden. Mithin ist ein mit dem US-Recht vergleichbares Recht des europäischen Abwicklungsausschusses als Verwalter des Fonds nicht geeignet, einen Anreiz zur rechtzeitigen Einleitung des Verfahrens zu setzen. Um eine verspätete Einleitung zu vermeiden, wäre es aber vorstellbar, den Gläubigern ein formelles Recht zur nichtöffentlichen Anzeige der Krise eines Instituts bei dem Ausschuss oder der Bankenaufsicht zu eröffnen und das Entschließungsermessen der Behörde bei Vorliegen der Voraussetzungen zu reduzieren. Damit könnte einer Verzögerung des Verfahrens möglicherweise vorgebeugt werden. Bleibt die Anzeige nichtöffentlich, besteht auch keine Gefahr eines negativen Signals an den Finanzmarkt. Zur Umsetzung des Vorschlags könnte die Prüfpflicht nach § 139 SAG, die entsteht, wenn die Abwicklungsbehörde von einer „anderen Stelle“ Kenntnis von dem Vorliegen der Insolvenzgründe erhält, ergänzt werden. In der SRM-VO findet sich aber keine mit § 139 SAG vergleichbare Regelung, so dass ein Anzeigerecht für die Gläubiger neu aufgenommen werden müsste. Neben der Zuständigkeit für die Feststellung einer Krise und der damit verbundenen Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterscheiden sich auch die Insolvenzgründe des allgemeinen Insolvenzrechts von denen des Sonderinsolvenzrechts. Während sich die Insolvenzgründe des allgemeinen Insolvenzrechts auf die (drohende) Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung beschränken, existiert ein umfangreicher Katalog von Sonderinsolvenzgründen. Zwar sind in diesem Katalog auch die Insolvenzgründe der Zahlungsunfähigkeit und die Überschuldung beinhaltet, deren Bedeutung ist aber im Sonderinsolvenzrecht wesentlich geringer als im allgemeinen Insolvenzrecht. An die Stelle der klassischen Insolvenzgründe treten im Sonderinsolvenzrecht die Gründe der unzureichenden regulatorischen Eigenmittel und regulatorischen Liquiditätsvorgaben. Da die Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben nahezu immer vor dem Eintritt der Überschuldung erfolgt, ersetzt dieser Krisenindikator faktisch den Insolvenzgrund der Überschuldung. Wie aufgezeigt, ist eine Orientierung an den Eigenmitteln gegenüber der Orientierung an dem bilanziellen Eigenkapital grundsätzlich vorzuziehen. Die Eigenmittel reflektieren das Risiko des Instituts und damit die Gefahr der Fehlanreize für Überinvestitionen im Umfeld von Insolvenzen besser. Darüber hinaus wird die Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben vom Markt wohl auch regelmäßig als Anzeichen für eine Krise aufgefasst und könnte damit schon deutlich vor der Überschuldung einen bank run auslösen. Fraglich ist aber, ob eine leichte Unterschreitung der Eigenmittel oder gar nur eine drohende Unterschreitung ausreichen sollten, um den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts zu eröffnen. Ist die Fortführung des Instituts nicht gefährdet, weil die Unterschreitung absehbar nur kurzfristigen Charakter hat und daher keine negativen Signale bezüglich des Zustandes des Instituts an den Markt sendet, ist die Anwendung von Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts nicht gerechtfertigt. Dies gilt umso mehr für eine lediglich drohende Verletzung der Vorschriften. Mithin sollte de lege ferenda eine

III.  Vorliegen einer Krisensituation und Auslöser des Verfahrens

249

qualifizierte Unterschreitung der Eigenmittelvorschriften notwendig sein, um den Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts zu eröffnen. Als Vorbild für eine Qualifizierung kann die Regelung des § 48b KWG a.F. herangezogen werden, der eine Bestandsgefährdung erst dann annahm, wenn eine Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben um mehr als 10 % vorlag. Alternativ könnte die Qualifizierung auch zweistufig nach dem Vorbild des § 1821 (c)(5)(K) Title 12 U.S.C. ausgestaltet werden. Liegt lediglich eine einfache Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben vor, so muss weiterhin die Voraussetzung erfüllt sein, dass keine vernünftige Aussicht auf eine Erholung des Instituts besteht. Erst bei einer kritischen Unterkapitalisierung entfällt diese weitere Voraussetzung. Auch im Bereich der Zahlungsunfähigkeit können Kennzahlen aus dem Bank­ aufsichtsrecht herangezogen werden. Finanzinstitute können zur Beurteilung der Zahlungsfähigkeit auf detaillierte Berechnungen zurückgreifen, die auf die Regelungen in Basel III zurückgehen. Diese Anforderungen berücksichtigen insbesondere das Bankmodell der Fristentransformation. Wandte man den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit aus dem allgemeinen Insolvenzrecht wortlautgemäß an, so wäre eine Vielzahl von Instituten unmittelbar zahlungsunfähig, da sie nur in den seltensten Fällen eine hinreichende Liquidität zur Zurückzahlung aller jederzeit abziehbaren Einlagen vorhalten. Die Liquiditätsberechnung im Rahmen des Bankaufsichtsrechts berücksichtigt diesen Umstand und setzt zugleich einen hinreichenden Liquiditätspuffer voraus. Aufgrund der Notwendigkeit eines Liquiditätspuffers ist die bankaufsichtsrechtliche Liquiditätsbetrachtung auch dem angepassten Zahlungsunfähigkeitsbegriff vorzuziehen, nach dem nur Liquidität für diejenigen Abflüsse vorgehalten werden muss, die im normalen Geschäftsverkehr zu erwarten sind573 wodurch kein Spielraum für eine Verschlechterung der Situation durch unerwartete negative wirtschaftliche Entwicklungen mehr besteht. Wie auch bei der Überschuldung sollte aber für die Anwendung des Sonderinsolvenzrechts auch nicht jede Unterschreitung oder drohende Unterschreitung der Liquiditätsanforderungen genügen. Vielmehr kann auch hier nach dem Vorbild des § 48b KWG a.F. eine qualifizierte Unterschreitung von mindestens 10 % angesetzt werden oder ein zweistufiges System Anwendung finden, das bei einer geringen Unterschreitung die Erholungsaussichten berücksichtigt. Die Heranziehung der Grenzen der regulatorischen Eigenmittel und Liquidität ist nur bei Instituten denkbar, die derartige Vorgaben erfüllen müssen. Der Anwendungsbereich für die regulatorischen Anforderungen an Eigenmittel und Liquidität und der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts sind aber nicht deckungsgleich. So findet das Sonderinsolvenzrecht auch auf Institute Anwendung, die keine Mindesteigenmittel oder Liquidität vorhalten müssen. In Deutschland richtet sich der Anwendungsbereich für Eigenmittelvorgaben nach Art. 1 CRR i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Nr. 3 CRD IV i.V.m. Art. 4 Abs. 1 CRR i.V.m. Art. 4 Abs. 1 Nr. 1, 2 MiFID iv. Anhang I Abschnitt A RL MiFID. Die in Anhang I Abschnitt 573 

Vgl. § 1821 (c)(5)(F) Title 12 U.S.C.; § 203 (c)(4)(D) Dodd-Frank Act.

250

D.  Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts

A MiFID aufgeführten Tätigkeiten sind zwar weitgehend, aber nicht vollkommen deckungsgleich mit den Tätigkeiten von Instituten im Sinne des § 1 KWG. Im USRecht fallen ebenfalls einige Finanzinstitute, die keine Eigenmittelvorgaben erfüllen müssen, in den Anwendungsbereich der OLA. Legt man die qualifizierte Unterschreitung der regulatorischen Eigenmittelund Liquiditätsvorgaben als alleinige Sonderinsolvenzgründe fest, so müssen für alle Institute, die in den persönlichen Anwendungsbereich des Insolvenzrechts fallen, auch die regulatorischen Vorgaben Anwendung finden. Dies kann einerseits durch die Verkleinerung des Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzrechts und andererseits durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der regulatorischen Mindestvorgaben erfolgen. In Kapitel D. I. wurde dargestellt, dass die Verkleinerung des Anwendungsbereichs des Sonderinsolvenzrechts dringend geboten ist, da zurzeit auch eine Vielzahl von Tätigkeiten erfasst ist, deren Betrieb keine Abwicklung des Betreibers außerhalb des regulären Insolvenzrechts rechtfertigt. Die verbleibenden Tätigkeiten wären nahezu vollständig von dem Anwendungsbereich für Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften erfasst. Nicht erfasste Tätigkeiten müssten de lege ferenda aufgrund der Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts den Eigenmittelvorschriften unterworfen werden. Folgt man dieser Ansicht, so könnte die qualifizierte Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben den Indikator der Überschuldung und die qualifizierte Unterschreitung der Liquiditätsvorgaben den Indikator der Zahlungsunfähigkeit vollständig ersetzen. Damit würden zwei ähnlich transparente Kriterien, wie diejenigen im allgemeinen Insolvenzrecht, auch für das Sonderinsolvenzrecht geschaffen. Bei der Ermittlung der Eigenmittel und der Liquidität sollten alle staatlichen Unterstützungen unberücksichtigt bleiben. Diese Vorgehensweise ist in § 1821 (c)(5)(G) Title 12 U.S.C. angedeutet, in welchem für die Beurteilung der Erholung des Instituts, jedwede Staatshilfe unberücksichtigt bleiben muss. Damit müsste kein neuer Abwicklungsgrund für den Empfangs von außerordentlichen öffentlichen Mitteln geschaffen werden, sondern es müsste lediglich die Vorgehensweise zur Ermittlung der Eigenmittel und der Liquidität angepasst werden. Weitere Indikatoren zur Anwendung des Sonderinsolvenzrechts sollten vollständig entfallen. Insbesondere die Eröffnung des Anwendungsbereichs aufgrund von Gesetzesverstößen des Instituts wird nicht dem eigentlichen Ziel des Sonderinsolvenzrechts gerecht, sondern wirkt vielmehr als Sanktionsmechanismus. Die Beschränkung würde auch zu zusätzlicher Transparenz und zu einer Einschränkung des bisher sehr großen Beurteilungsspielraums der Aufsichtsbehörde führen. Beide Effekte erhöhen die Berechenbarkeit des Insolvenzverfahrens und dienen damit dem Gläubigerinteresse. Für die Erreichung der eingangs genannten Ziele des Sonderinsolvenzrechts sind die beiden Indikatoren ebenfalls vollständig ausreichend.

E.  Instrumente I.  Einführung Nachdem der Anwendungsbereich des Sonderinsolvenzrechts untersucht wurde, werden in diesem Kapitel die Instrumente zur Behebung der Krise von Finanzinstituten betrachtet. Im Kapitel über die ökonomischen Auswirkungen einer Insolvenz wurde deutlich, dass die Ziele des Insolvenzverfahrens über ein Nichtfinanzinstitut teilweise von den Zielen des Insolvenzverfahrens bei einem Finanzinstitut abweichen. Insbesondere gilt es bei der Abwicklung von Finanzinstituten, bank runs zu verhindern und die Kreditversorgung der Wirtschaft nicht zu gefährden. Dabei muss der Einsatz von Steuergeldern so gering wie möglich gehalten werden, um die Anreize der Gläubiger zur Überwachung des Instituts zu erhalten. Die Instrumente zur Behebung einer Krise können in zwei Kategorien eingeteilt werden: Instrumente, die eine Fortführung ermöglichen, und solche, die zu einer Stilllegung führen.1 Die Fortführung wiederum kann unter dem alten Rechtsträger oder einem neuen Rechtsträger erfolgen. Die Fortführung unter dem alten Rechtsträger wird regelmäßig als Reorganisation bezeichnet und ist mit einer Rekapitalisierung verbunden, um eine vorliegende Überschuldung zu beheben. Demgegenüber erfolgt die Fortführung unter einem neuen Rechtsträger in Form eines Verkaufs des Unternehmens oder des Finanzinstituts als Ganzes. Der Käufer sorgt dann für neues Eigenkapital und behebt damit die Überschuldung. Bei der Stilllegung werden die Vermögensgegenstände des Unternehmens hingegen einzeln verkauft. In der Insolvenz eines Nichtfinanzinstituts stellt die Maximierung des Verwertungserlöses regelmäßig das einzige verfolgte Ziel dar.2 Übersteigt der Zerschlagungswert den Fortführungswert, so wird das Unternehmen stillgelegt und damit der Verwertungserlös maximiert. Wird hingegen ein Finanzinstitut insolvent, besteht möglicherweise ein öffentliches Interesse an dessen Fortführung, auch wenn der Stilllegungswert den Fortführungswert überschreitet.3 Ein fortgeführtes Institut ist weiterhin in der Lage, Einlagen entgegenzunehmen und Kredite zu vergeben. Mithin verringert eine Fortführung im Vergleich zu einer Stilllegung die Auswirkungen der Insolvenz eines einzelnen Instituts auf die Gesamtwirtschaft. In der Finanzkrise wurde die Fortführung der betroffenen Institute durch die Rettung der Institute mit Hilfe von Steuermitteln ermöglicht. Vorstellbar ist aber anstelle 1 Vgl.

Bork, Einführung in das Insolvenzrecht, S. 3. Vgl. Kapitel B I. 3  Hüpkes, Bank insolvency, S. 187; Lastra, Cross-Border Resolution of Banking Crises, S. 314. 2 

252

E.  Instrumente

dessen auch eine Fortführung durch eine Sanierung im Rahmen des Insolvenzrechts. Damit müssten grundsätzlich die Eigentümer und Gläubiger die Verluste des Instituts anstelle der Gesamtwirtschaft tragen.4 Wird das Institut aber im öffentlichen Interesse fortgeführt, obwohl der Stilllegungswert den Fortführungswert überschreitet, erleiden die Gläubiger durch die Fortführung einen zusätzlichen Verlust. Zu klären ist dann, wer diesen zusätzlichen Verlust der Gläubiger tragen muss. Das allgemeine Insolvenzrecht ermöglicht insolventen Unternehmen die Fortführung ihrer Geschäfte, bis die Gläubigerversammlung über Fortführung oder Stilllegung entschieden hat.5 Andernfalls würde die Entscheidung über die Fortführung schon durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorweggenommen. Fraglich ist aber, ob das allgemeine Insolvenzrecht auch die Fortführung von Finanzinstituten ermöglicht oder ob deren Geschäftsmodell einer Fortführung in der Insolvenz entgegensteht. Ist eine Fortführung im allgemeinen Insolvenzrecht nicht möglich, spricht dies für die Notwendigkeit eines Sonderinsolvenzrechts, da im allgemeinen Insolvenzrecht dann nur die Stilllegung des Instituts zur Behebung der Krise zur Verfügung stünde. In der Literatur wurden vielfach besondere Instrumente zur Abwicklung von Finanzinstituten gefordert.6 Im Folgenden werden die Instrumente des allgemeinen Insolvenzrechts und des Sonderinsolvenzrechts dargestellt, mit denen Finanzinstitute reorganisiert oder abgewickelt werden können. Neben den einzelnen Instrumenten spielen auch die Regelungen des allgemeinen Teils eine wesentliche Rolle für die Beurteilung der Geeignetheit eines Regimes zur Behebung der Krise eines Finanzinstituts. So kann die Dauer des Verfahrens die Reorganisationsfähigkeit eines Instituts reduzieren und ein fehlendes oder schlecht gestaltetes Anfechtungsrecht kann zu einem hohen Mittelabzug vor Insolvenzeröffnung führen und damit das Insolvenzverfahren ins Leere laufen lassen. Eine entscheidende Rolle spielt darüber hinaus die Ausgestaltung des Vollstreckungs- und Rückzahlungsverbotes. Wird das insolvente Institut daran gehindert, im regelmäßigen Geschäftsbetrieb Einlagen auszuzahlen oder fällige Forderungen zu begleichen, kann dies eine Fortführung verhindern. Im folgenden Abschnitt werden daher das Rückzahlungsverbot, die Dauer des Verfahrens und das Anfechtungsrecht des allgemeinen Insolvenzrechts und des Sonderinsolvenzrechts dargestellt und verglichen. Daran schließt sich eine Untersuchung der Instrumente zur Reorganisation und zur übertragenden Sanierung an gefolgt von einer Darstellung der Instrumente zur Stilllegung des Unternehmens.

4 

Mayes, Journal of International Money and Finance 2004, 515, 518. Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 661. 6  Vgl. nur Čihák/Nier, The Need for Special Resolution Regimes, S. 15. 5 

II.  Allgemeiner Teil

253

II.  Allgemeiner Teil 1.  Zahlungsverbot und Automatic Stay a)  Allgemeines Insolvenzrecht Im Insolvenzverfahren muss zwischen der Verwertung des Unternehmens und der Verteilung des Verwertungserlöses unterschieden werden. Diese Unterscheidung spiegelt sich auch in der Unternehmensbilanz wider. Die zu verwertenden Vermögensgegenstände sind auf der Aktivseite zu finden. Die Verteilung des Verwertungserlöses erfolgt unter den Gläubigern und Eigentümern, die auf der Passivseite der Bilanz aufgeführt sind.7 Das Insolvenzverfahren ist zweistufig aufgebaut: in einem ersten Schritt wird die Aktivseite verwertet und in einem zweiten Schritt werden die Verbindlichkeiten auf der Passivseite gemäß ihres Ranges erfüllt. Um eine kollektive Verwertung zu ermöglichen, wird die Passivseite des insolventen Schuldners eingefroren. Gläubiger werden an der Vollstreckung ihrer Forderungen gehindert und der Schuldner kann seine Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen. Damit gewinnt der Schuldner die Freiheit, das Unternehmen bis zur bestmöglichen Verwertung fortzuführen, ohne den Verlust notwendigen Betriebsvermögens fürchten zu müssen.8 Im amerikanischen allgemeinen Insolvenzrecht Recht wird die Vollstreckung der Gläubiger in das Vermögen des Schuldners durch den automatic stay in § 362 Bankruptcy Code unterbunden.9 Durch den stay wird einerseits der Gläubiger daran gehindert, seine Forderung gerichtlich durchzusetzen, andererseits wird aber auch der Schuldner daran gehindert, vorinsolvenzliche Verbindlichkeiten zu begleichen. In der deutschen Insolvenzordnung sind die Normen zur Unterbindung der Einzelvollstreckung und Rückzahlungen in den §§ 81, 87, 89, 166 InsO und §§ 30d, 153b ZVG zu finden. § 81 InsO macht Zahlungen des Schuldners aus der Insolvenzmasse nach Verfahrenseröffnung unwirksam.10 §§ 87 und 89 InsO verbieten die Einzelvollstreckung der Gläubiger und verweisen sie auf das Insolvenzverfah-

7 

Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 655. Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 661. 9  „a petition filed under […] this title […] operates as a stay, applicable to all entities, of – (1) the commencement or continuation, including the issuance or employment of process, of a judicial, administrative, or other action or proceeding against the debtor that was or could have been commenced before the commencement of the case under this title, or to recover a claim against the debtor that arose before the commencement of the case under this title; (2) the enforcement, against the debtor or against property of the estate, of a judgment obtained before the commencement of the case under this title;[…]“. 10 MüKo/Ott/Vuia, § 81 InsO, Rn. 4; vgl. auch Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 244 ff. 8 

254

E.  Instrumente

ren. § 166 InsO und §§ 30d, 153b ZVG wiederum verhindern die Verwertung des Schuldnervermögens, welches mit einer Sicherheit belastet ist. In beiden Rechtsordnungen gibt es jedoch Ausnahmen von dem Verbot der Begleichung von Verbindlichkeiten vor der Verteilung des Verwertungserlöses. aa)  Schwebende Geschäfte Die größte Ausnahme vom Zahlungsverbot besteht für die Begleichung von Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften. Darunter sind gegenseitige Geschäfte zu verstehen, die noch von keiner Seite erfüllt sind. Ein klassisches Beispiel für ein schwebendes Geschäft ist ein Kaufvertrag, bei dem weder der Verkäufer die Sache übereignet hat noch der Käufer den Kaufpreis gezahlt hat. Auch Dauerschuldverhältnisse werden als schwebende Geschäfte behandelt. § 103 der Insolvenzordnung eröffnet dem Insolvenzverwalter die Wahl, derartige Geschäfte zu erfüllen oder abzulehnen. Sowohl der Bundesgerichtshof als auch die rechtswissenschaftliche Literatur waren sich lange Zeit unsicher darüber, wie die Norm zu verstehen ist und welcher Zweck mit ihr verfolgt wird.11 Einigkeit herrscht aber darüber, dass der Vertragspartner des Schuldners einen Anspruch gegen die Insolvenzmasse erhält, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung des schwebenden Geschäfts verlangt. Lehnt der Insolvenzverwalter das Geschäft hingegen ab, so kann der Vertragspartner lediglich eine Insolvenzforderung wegen Nichterfüllung geltend machen.12 Bei Ablehnung wird der Vertragspartner somit behandelt wie andere Insolvenzgläubiger und eine Zahlung der Forderung vor der Erlösverteilung ist nicht möglich. Nimmt der Insolvenzverwalter hingegen das Geschäft an, wird die vorinsolvenzliche Forderung zur Masseverbindlichkeit, die der insolvente Schuldner unmittelbar begleichen kann. Mithin werden die Forderungen sowohl von einer Kürzung im Insolvenzverfahren ausgenommen als auch vom allgemeinen Zahlungsverbot. Begründet wird diese Ausnahme mit dem Interesse der Gläubigergesamtheit, den Verwertungserlös zu maximieren.13 Übersteigt der Wert der Forderung des Schuldners aus dem schwebenden Geschäft den Wert der Verbindlichkeit des Schuldners, vergrößert die Durchführung des Geschäfts den Wert des insolventen Unternehmens. Beruft sich aber der Vertragspartner auf seine Einrede des nicht erfüllten Vertrages nach § 320 BGB, kann das Geschäft nicht ohne die Begleichung der Verbindlichkeit des Schuldners durchgeführt werden. Um die Durchführung dennoch zu ermöglichen, muss eine Ausnahme von dem Verbot geschaffen werden, Gläubigerforderungen vor der Verteilung des Verwertungserlöses zu begleichen. Diese Begründung ist aber nicht mit dem überwiegenden Verständnis von § 103 InsO in Einklang zu bringen. Demnach ist § 103 InsO nur auf den Teil des 11 MüKo/Kreft,

§ 103 InsO, Rn. 1 f.; Uhlenbruck/Wegener, § 103 InsO, Rn. 1 f. § 103 InsO. 13 Uhlenbruck/Wegener, § 103 InsO, Rn. 2. 12 

II.  Allgemeiner Teil

255

Vertrages anwendbar, der noch nicht erfüllt wurde.14 Sind also noch Forderungen des Gläubigers aus einer vor Insolvenzeröffnung erfolgten Teilerfüllung offen, werden diese als Insolvenzforderungen behandelt. Hier weicht die Insolvenzordnung vom US Bankruptcy Code ab, der in § 365 auch die Zahlung von Teilforderungen, die vor Insolvenzeröffnung fällig wurden, verlangt, um die Erfüllung des Geschäfts wählen zu können. Stellt man bei der Begründung für § 103 InsO auf die Regelungen des § 320 BGB ab, wäre eine mit dem US-Recht vergleichbare Vorgehensweise angemessen. Nach § 320 BGB steht die Einrede des nicht erfüllten Vertrages auch Gläubigern zur Verfügung, die eine Zahlung, die vor der aktuell fälligen Zahlung oder Leistung fällig wurde, aus dem Vertrag nicht erhalten haben.15 Folglich hätte der Gläubiger auch die Möglichkeit, die Leistung zu verweigern, wenn eine Teilleistung vor Beginn des Insolvenzverfahrens nicht vollständig erfüllt wurde und § 103 InsO müsste diese Teilleistung ebenfalls als Masseverbindlichkeit behandeln. Wesentlich schlüssiger ist die Regelung des § 103 InsO mit der Parallele zur Aufrechnung in § 389 BGB i.V.m. § 94 InsO zu begründen. Die Aufrechnung ermöglicht es dem Gläubiger, seine Forderungen gegen den Schuldner mit seinen Verbindlichkeiten gegenüber dem Schuldner zu verrechnen. Betrachtet man ein schwebendes Geschäft als ein verknüpftes Geschäft bestehend aus einer Forderung und einer Verbindlichkeit, so reduziert eine Teilleistung des Schuldners vor Insolvenzeröffnung dessen Verbindlichkeit und somit die Höhe der möglichen Aufrechnung. Eine Aufrechnung erfolgte nur noch in Höhe der zu Insolvenzbeginn unerfüllten Teilleistungen. Diese Begründung deckt sich mit dem allgemeinen Verständnis des § 103 InsO und wäre mithin vorzuziehen. Folgt man der Auffassung, dass § 103 InsO die Parallele zu § 389 BGB darstellt, wird deutlich, dass die Ausnahme von der Forderungskürzung und dem allgemeinen Zahlungsverbot den Gläubigern eines schwebenden Geschäfts nur solche Rechte einräumt, die ein vergleichbarer aufrechnungsbefugter Gläubiger in der Insolvenz ebenfalls hätte. Könnte der Gläubiger aufrechnen, müsste er in der Höhe der Aufrechnung keine Kürzung seiner Forderung in Kauf nehmen und müsste auch keine Verzögerung bei der Zahlung akzeptieren. Mithin ist die Möglichkeit zur Auszahlung der ungekürzten Verbindlichkeiten aus schwebenden Geschäften als Ausnahme vom allgemeinen Rückzahlungsverbot gerechtfertigt, wenn der Insolvenzverwalter die Erfüllung der Geschäfte wählt. bb)  Critical Vendor Exception Neben der Ausnahme für schwebende Geschäfte besteht im US-Recht auch eine Ausnahme für die Zahlung an kritische Geschäftspartner. Obwohl sich im Bank­ ruptcy Code keine derartige Ausnahme findet, wird durch das Insolvenzgericht im Rahmen seines Ermessens nach § 363 (b)(1) Bankruptcy Code die Zahlung von 14 Uhlenbruck/Wegener, 15 MüKo/Emmerich,

§ 103 InsO, Rn. 15 f.; MüKo/Kreft, § 103 InsO, Rn. 25 f. m.w.N. § 320 BGB, Rn. 6.

256

E.  Instrumente

vorinsolvenzlichen Verbindlichkeiten von Schlüsselzulieferern (critical vendors) ermöglicht, um die Handelsbeziehung aufrechtzuerhalten.16 Dieser Ausnahme liegt die Annahme zugrunde, dass Handelspartner die Lieferung von wesentlichen Teilen oder die Erbringung von wesentlichen Dienstleistungen an den insolventen Schuldner einstellen könnten, selbst wenn die neuen Lieferungen oder Dienstleistungen vollständig bezahlt werden. Ein derartiger Lieferstopp könnte die Reorganisationschancen des Schuldners dramatisch reduzieren. Die dadurch erzwungene Stilllegung würde der Gläubigergesamtheit schaden, so dass eine Zahlung im Interesse aller Gläubiger erfolgen kann, auch wenn sie gegen die Rangordnung des Insolvenzrechts verstößt. Der Begriff des critical vendors wurde im weiteren Verlauf sehr weit ausgelegt. So qualifizierte das Gericht in Kmart17 2.330 von 4.330 Zulieferern als critical vendors. In der Revision des Falles schränkte der Seventh Circuit Court diese Praxis ein und stellte Kriterien für die Zulassung von Zahlungen an critical vendors auf. So müssen (1) die durch die Zahlung benachteiligten Gläubiger mindestens genauso gestellt sein wie ohne Zahlung an die critical vendors, (2) der Zulieferer müsste ohne Zahlung zukünftige Lieferungen verweigern und (3) die Gläubigerdiskriminierung stellt den einzigen Weg dar, eine Reorganisation zu ermöglichen.18 Trotz dieser strengen Kriterien ist die Begleichung vorinsolvenzlicher Forderungen vieler Gläubiger vor der Verteilung des Verwertungserlöses noch immer üblich. Durch die critical vendor-Ausnahme wird die Ausnahme für schwebende Geschäfte auf alle wesentlichen bestehenden Geschäftsbeziehungen ausgeweitet. Eine vergleichbare Regelung gibt es im deutschen Recht nicht. Dennoch ist bemerkenswert, dass die Notwendigkeit erkannt wurde, den automatic stay sogar im allgemeinen Insolvenzrecht anzupassen, um die Fortführung des Unternehmens zu gewährleisten. b)  Sonderinsolvenzrecht Ein wesentlicher Unterschied zwischen dem allgemeinen Insolvenzverfahren und dem Sonderinsolvenzrecht besteht im Umgang mit Verbindlichkeiten des Insolvenzschuldners.19 Das allgemeine Insolvenzrecht friert die Verbindlichkeiten bis auf wenige Ausnahmen ein, um dem Unternehmen die Zeit zu verschaffen, eine Entscheidung über die Reorganisation oder Abwicklung zu treffen. Für Finanzinstitute würde eine solche Maßnahme hingegen eine Blockade des Kerngeschäfts darstellen.20 16  In re Jus for Feet, Inc., 242 B.R. 821 (D. Del. 1999); In re Chateaugay Corp., 80 B.R. 279 (S.D.N.Y. 1987); Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1070 f. 17  359 F.3d at 869 f. 18  359 F.3d at 873 f. 19  Bliss/Kaufman, Virginia Law & Business Review 2007, 143, 157; Hynes/Walt, Why Banks are Not Allowed in Bankruptcy, S. 14. 20  Baxter/Hansen/Sommer, American Bankruptcy Journal 2004, 57, 70; Binder, Bankenintervention und Bankenabwicklung in Deutschland, S. 13, 17, 28.

II.  Allgemeiner Teil

257

Bei Nichtfinanzunternehmen hat der Betrieb des alltäglichen Geschäfts regelmäßig keine Veränderung der Passivseite der Bilanz zur Folge. Darlehen werden oft langfristig zur Finanzierung des Geschäfts aufgenommen und das Eigenkapital wird meist nur durch regelmäßige Ausschüttungen verändert. Die einzige für das Tagesgeschäft relevante Position auf der Passivseite ist wohl die Position der Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen. Ein insolventes Unternehmen kann aber auch im Insolvenzverfahren neue Verbindlichkeiten begründen, die als Masseverbindlichkeiten behandelt werden, und bei vorhandener Brückenfinanzierung Lieferungen und Leistungen unmittelbar bezahlen. Die Fortführung ist somit ohne unüberwindbare Schwierigkeiten trotz des Zahlungsverbots möglich. Anders gestaltet sich die Fortführung eines Finanzunternehmens bei einem bestehenden Zahlungsverbot. Das Kerngeschäft besteht bei Finanzinstituten regelmäßig in der Bereitstellung von Liquidität. Kann ein Institut aber aufgrund des Zahlungsverbots keine Auszahlungen gegenüber seinen Gläubigern mehr tätigen, wird es auch keine Einzahlungen mehr erhalten und das Geschäftsmodell bricht zusammen.21 Basierend auf dieser Überlegung, findet das Zahlungsverbot im Sonderinsolvenzrecht nur sehr eingeschränkt Anwendung. Zahlungsverbote können im deutschen Sonderinsolvenzrechtecht durch die BaFin nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 KWG und durch die Bundesregierung nach § 46g KWG verhängt werden. Von diesem Zahlungsverbot sind alle baren und unbaren Zahlungen an Dritte erfasst.22 Weiterhin treten bei Anordnung eines Zahlungsverbotes auch die Verbote der Zwangsvollstreckung, des Arrestes und der einstweiligen Verfügungen in das Vermögen des Schuldners nach § 46 Abs. 2 S. 6 KWG oder § 46g Abs. 1 Nr. 1 KWG in Kraft. Somit ist das Zahlungsverbot mit demjenigen der Insolvenzordnung vergleichbar. Im Gegensatz zur Insolvenzordnung tritt das Zahlungsverbot der §§ 46, 46g KWG hingegen nicht automatisch bei Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens in Kraft, sondern muss eigenständig angeordnet werden. Im Kreditinstitutereorganisationsgesetz sind für das Reorganisationsverfahren keine Möglichkeiten zum Verbot von Zahlungen an Gläubiger vorgesehen. Allerdings ist der Anwendungsbereich des § 46 KWG regelmäßig eröffnet, wenn das Reorganisationsverfahren des KredReorgG eingeleitet wird, so dass die BaFin das Zahlungsverbot nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 KWG als flankierende Maßnahmen anordnen kann. Werden Abwicklungsmaßnahmen nach dem SAG getroffen, kann die Abwicklungsbehörde ein Zahlungsverbot nach § 82 SAG erlassen. Dieses Verbot kann aber nur für den Zeitraum von der öffentlichen Bekanntgabe des Verbots bis zum Ablauf des auf die Bekanntgabe folgenden Geschäftstags angeordnet werden. Weiterhin kann die Behörde die Durchsetzung von Sicherungsrechten für die gleiche 21  Vgl. Statement von Bair vor dem U.S. Senat, Banking Committee of the US Senate, S. Hrsg. 111 – 179, S. 52. 22 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46 KWG, Rn. 73.

258

E.  Instrumente

Dauer untersagen.23 Bei der Anordnung beider Verbote hat die Abwicklungsbehörde die möglichen Auswirkungen auf das ordnungsgemäße Funktionieren der Finanzmärkte zu beachten.24 Das Zahlungsverbot des SAG unterscheidet sich von demjenigen der allgemeinen Insolvenzordnung einerseits durch einen fehlenden Automatismus, andererseits aber vor allem durch die eingeschränkte Dauer. Gibt die Abwicklungsbehörde das Zahlungsverbot freitagmorgens bekannt, muss eine Lösung der Krise bis zum darauffolgenden Dienstagmorgen erfolgen. Aufgrund der Kürze des Zeitraums des Zahlungsverbots wurde wohl von einem Verbot der Einzelzwangsvollstreckung im SAG vollständig abgesehen; das entsprechende gerichtliche Verfahren würde wohl deutlich länger dauern, als das Vollstreckungsverbot in Kraft wäre. Systematisch fragwürdig ist allerdings, dass die BaFin – wenn auch nur mit Zustimmung der Abwicklungsbehörde25 – ein Zahlungsverbot nach § 46 KWG oder die Bundesregierung ein Zahlungsverbot nach § 46g KWG neben den Maßnahmen der §§ 82 und 83 SAG erlassen kann, und damit die Beschränkungen des SAG umgangen werden können.26 Das Sonderinsolvenzrecht der USA erlaubt der FDIC als Abwicklungsbehörde ein Zahlungs- und Vollstreckungsverbot für längere Zeiträume zu verhängen als das SAG. So erlaubt § 210 (a)(8) Dodd-Frank Act die Anordnung eines stays von bis zu 90 Tagen für die Abwicklung von Finanzinstituten in der OLA. Im Rahmen des FDIA zur Abwicklung von Einlageinstituten ist ein Zahlungsverbot von bis zu 45 Tagen möglich, wenn das Institut abgewickelt werden soll, und von bis zu 90 Tagen, wenn die Bank reorganisiert werden soll.27 Auch wenn das US-Sonderinsolvenzrecht ein längeres Zahlungsverbot ermöglicht, wird dies regelmäßig nicht zur Sanierung, sondern lediglich zur Abwicklung des Instituts genutzt. Üblicherweise werden innerhalb weniger Tage alle zu sanierenden Teile der abzuwickelnden Bank auf einen Käufer übertragen. Im Anschluss erfolgt dann die Liquidation der verbleibenden Vermögensgegenstände.28 Die Unterschiede zwischen dem allgemeinen Insolvenzrecht und dem Sonderinsolvenzrecht im Bereich des Zahlungsverbotes tragen der Problematik Rechnung, dass die Fortführung der Bank während eines länger bestehenden Zahlungsverbotes praktisch unmöglich ist. Aber auch das Sonderinsolvenzrecht kommt nicht vollständig ohne ein Zahlungsverbot aus. Das Verbot dient dazu, die Gläubiger an das Insolvenzverfahren zu binden. Ohne ein Vollstreckungsverbot verliert das kollektive Verfahren seine Wirkung und die Gläubiger entziehen sich dem Verfahren, indem sie ihre Forderungen im Wege der Einzelzwangsvollstre-

23 

§ 83 Abs. 1 SAG. §§ 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 SAG. 25  § 82 Abs. 5 SAG. 26  Lorenz, Stellungnahme des Bankenverbandes, S. 14. 27  § 1821 (d)(12) Title 12 U.S.C. 28  Siehe zum Vorgehen der FDIC unter III. 3. b). 24 

II.  Allgemeiner Teil

259

ckung durchsetzen.29 Dies macht die Durchführung eines effizienten Insolvenzverfahrens unmöglich. Als Ergebnis dieses Dilemmas ergibt sich die Notwendigkeit, Verfahren bei einem bestehenden Zahlungsverbot innerhalb kürzester Zeit durchzuführen. Nur dann kann die Bank reorganisiert werden und zugleich verhindert werden, dass sich die Gläubiger dem Verfahren entziehen. Diese Herangehensweise spiegelt sich auch im SAG wider, in welchem das Zahlungsverbot auf den Zeitraum bis zum Ende des nächsten Geschäftstages begrenzt ist. Aber auch wenn eine Reorganisation bis zum Ende des nächsten Geschäftstages wünschenswert ist, wird dies nicht immer möglich sein, so dass die Ermächtigung der Abwicklungsbehörde, ein Zahlungs- und Vollstreckungsverbot für einen längeren Zeitraum zu verhängen teilweise erforderlich ist. Es steht im Ermessen der Abwicklungsbehörde, wie lange das Verbot in Kraft gesetzt werden kann, ohne die Fortführung des Instituts unmöglich zu machen oder Verwerfungen des Finanzmarktes zu verursachen. Die maximale Dauer eines Zahlungs- und Vollstreckungsverbotes, die nicht überschritten werden kann, ohne eine Fortführung des Instituts unmöglich zu machen, wird dann faktisch durch die Feststellung des Entschädigungsfalls nach § 5 Anlegerentschädigungsgesetz bestimmt. Für Maßnahmen nach § 46 KWG liegt dieser Zeitraum bei sechs Wochen. Überschreitet das Zahlungsverbot nach § 46 KWG sechs Wochen, wird der Entschädigungsfall festgestellt und eine Fortführung eines Einlageninstitutes wird damit unmöglich. Eine vergleichbare Dauer wäre auch de lege ferenda für das Zahlungsverbot nach §§ 82, 83 SAG vorstellbar, um die Notwendigkeit des Erlasses eines Zahlungsverbotes nach § 46 KWG bei der Durchführung von Maßnahmen nach dem SAG entfallen zu lassen. 2.  Kündigungsrechte der Vertragspartei a)  Grundsatz Die Ausübung von Kündigungsrechten der nichtinsolventen Vertragspartei kann die Fortführung von Unternehmen im Insolvenzverfahren maßgeblich erschweren. Sie steht insbesondere dem Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei schwebenden Geschäften entgegen.30 Der Insolvenzverwalter kann im allgemeinen Insolvenzrecht die Erfüllung von Geschäften wählen, die für die Reorganisation notwendig sind oder den Verwertungserlös vergrößern, und die Ablehnung von solchen Geschäften wählen, die nicht notwendig und für den Insolvenzschuldner nachteilig sind. Im Sonderinsolvenzrecht für Finanzinstitute besteht ein derartiges Wahlrecht zwar nicht, dort sind schwebende Verträge grundsätzlich weiterhin zu erfüllen, aber ein Kündigungsrecht steht diesem Grundsatz ebenfalls entgegen. Problematisch sind mithin sowohl im allgemeinen Insolvenzrecht als auch im Sonderinsolvenzrecht Klauseln, die eine Vertragsbeendigung oder ein Kündi29  30 

Vgl. zum kollektiven Handlungsproblem Kapitel B. I. 2. Vgl. Kapitel E. II. a) aa).

260

E.  Instrumente

gungsrecht der Gegenpartei für den Fall der Durchführung insolvenzrechtlicher Maßnahmen oder dem Vorliegen von Insolvenzgründen vorsehen. Im deutschen Insolvenzrecht sind derartige Vereinbarungen nach § 119 InsO grundsätzlich unwirksam. Auch im US-Insolvenzrecht sind diese dort als ipso facto-Klauseln bezeichneten Vereinbarungen nach § 365 (e) Bankruptcy Code im allgemeinen Insolvenzrecht und nach § 210 (c)(13) Dodd-Frank Act und § 1823 (e) Title 12 U.S.C. im Sonderinsolvenzrecht nicht wirksam. Ein vergleichbares allgemeines Beendigungsverbot existiert im deutschen Sonderinsolvenzrecht nicht. Im deutschen Sonderinsolvenzrecht sind nach § 144 SAG lediglich Kündigungen verboten, die unmittelbar an die Durchführung einer Krisenpräventionsmaßnahme oder Krisenmanagementmaßnahme nach dem SAG anknüpfen, wenn der Schuldner seine Hauptleistungspflichten weiterhin erfüllt. Kündigungen aus anderen Gründen oder wenn der Schuldner seine Hauptleistungspflicht nicht erfüllt, sind nur nach § 84 Abs. 1 SAG bis zum Ablauf des auf die Bekanntgabe der Aussetzung folgenden Geschäftstages ausgesetzt. Nach Ablauf dieses Zeitraums kann die Gegenpartei kündigen, wenn die Abwicklungsbehörde bis dahin das Instrument der Gläubigerbeteiligung nicht angewandt hat und den Vertrag nicht übertragen hat.31 Weshalb im deutschen Sonderinsolvenzrecht kein mit dem Insolvenzrecht oder dem US-Sonderinsolvenzrecht vergleichbares allgemeines Verbot von Vertragskündigungen bei der Durchführung eines Sonderinsolvenzverfahrens vorgenommen wurde, ist unklar. Im Vergleich von US- und deutschem Sonderinsolvenzrecht ist in dieser Hinsicht das US-Sonderinsolvenzrecht vorzugswürdig. Neben den allgemeinen Regelungen zu Kündigungsrechten für Vertragsparteien bestehen für Finanzgeschäfte Sonderregelungen. Insbesondere für die Abwicklung von Finanzinstituten, deren Geschäfte zu einem Großteil Finanzgeschäfte sind, sind diese Sonderregelungen von wesentlicher Bedeutung. b)  Sonderregeln für Finanzgeschäfte32 Sowohl im allgemeinen Insolvenzrecht als auch im US-Sonderinsolvenzrecht bestehen Ausnahmen für Finanzgeschäfte von den allgemeinen Regeln des Kündigungsverbots. Im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht sieht § 104 InsO eine automatische Beendigung von Geschäften vor, die eine Lieferung von Waren zum Gegenstand haben, die einen Markt- oder Börsenpreis haben, wenn der Liefertermin nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt. Dabei handelt es sich vor allem um Derivategeschäfte. Im US-Recht erfolgt zwar keine automatische Beendigung von Finanzgeschäften, aber §§ 559 – 561 Bankruptcy Code ermöglichen die Durchsetzung von vertraglichen Beendigungsklauseln sogenannter qualified financial contracts. Darunter sind ebenfalls Derivate sowie repurchase agreements zu ver31 

§ 84 Abs. 6 SAG. Teile dieses Kapitels waren Bestandteil der LL.M. Thesis des Autors an der Columbia University. 32 

II.  Allgemeiner Teil

261

stehen. Da Derivateverträge regelmäßig auf dem ISDA Master Agreement basieren,33 enthalten sie auch standardmäßig sogenannte close out netting-Klauseln.34 Diese Klauseln sehen das Recht der solventen Vertragspartei vor, bei Durchführung von insolvenzrechtlichen Maßnahmen bei dem Vertragspartner, alle Verträge zu kündigen und Forderungen und Verbindlichkeiten aus diesen Verträgen aufzurechnen. Die Durchsetzbarkeit dieser Klauseln bei bestimmten Finanzgeschäften nach §§ 559 – 561 Bankruptcy Code führt mithin zu einem vergleichbaren Ergebnis wie die automatische Beendigung dieser Geschäfte nach § 104 InsO. Mithin wird im allgemeinen Insolvenzrecht eine Kündigung von bestimmten Finanzgeschäften entgegen dem grundsätzlichen Kündigungsverbot ermöglicht. Als Begründung für die Zulässigkeit des close-out netting von Derivaten im amerikanischen Recht und der automatischen Kündigung im deutschen Recht wird der Schutz des Finanzsystems angeführt. Das Insolvenzrisiko der Gläubiger, die zumeist Finanzinstitute sind, wird demnach durch die Möglichkeit, die Verträge zu beenden und die Forderungen und Verbindlichkeiten glattzustellen, deutlich reduziert und damit das Ansteckungsrisiko des Finanzmarkts verringert.35 Während dieses Ziel bei der Insolvenz eines Nichtfinanzunternehmens möglicherweise erreicht werden kann, würde die Ausnahme zu erheblichen Problemen bei der Abwicklung von Finanzinstituten führen.36 Das Beispiel der Insolvenz des Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) veranschaulicht die Gefahren für die Finanzstabilität, die mit dem closeout netting verbunden sind. LTCM verwaltete Vermögenswerte in Höhe von etwa 3,5 Mrd. USD und hielt Derivate mit einem Nominalwert von etwa 1,25 Billionen USD. Nach einem Verlust von 3,6 Mrd. USD sorgte die Federal Reserve für eine Rettung des Fonds.37 Ein wesentlicher Grund für die Rettung war dabei die Sorge, dass die unkoordinierte Beendigung der Derivate im Rahmen des close-out netting zu Verwerfungen an den Finanzmärkten führen würde. Die Verwerfungen könnten aus zwei verschiedenen Effekten entstehen: aus Notverkäufen und der Neugewichtung des Derivateportfolios der Vertragsparteien. Die Vertragsparteien des Insolvenzschuldners beenden im Fall der Insolvenz alle Derivatekontrakte und vollstrecken in die als Besicherung für die Nettoforderung hinterlegten Vermögensgegenstände. Diese Vollstreckung ist sowohl nach § 362 (b)(6), (7), (17), (27) Bankruptcy Code als auch nach § 81 Abs. 3 S. 2 InsO 33 Ebenroth/König,

25a WpHG, Rn. VIII 55. Vgl. im Detail zum close-out netting nach § 104 die Dissertation von Fuchs, Close-out Netting, Collateral und systemisches Risiko. 35  Schwarcz/Sharon, Wash. & Lee L. Rev. 2014, 1715, 1724; Mooney, The Bankruptcy Code’s Safe Harbors for Settlement Payments and Securities Contracts, Tex. Int’l L. J. 2014, 243, 247; Uhlenbruck/Lüer, § 104 InsO, Rn. 2 f.; Neuerlich/Römermann/Balthasar, § 104 InsO, Rn. 4. 36  Bank for International Settlements, Cross-border Bank Resolution, S. 40; Fried, Finanzderivate, S. 418 f. 37  Edwards/Morrison, Yale Journal on Regulation 2005, 101, 110. 34 

262

E.  Instrumente

trotz des allgemeinen Vollstreckungsverbots möglich. Der Sicherungsgegenstand wird im nächsten Schritt am Finanzmarkt verkauft. Im Falle der Insolvenz eines großen Instituts kann dieses Überangebot zu einem deutlichen Absturz der Marktpreise führen, der eine Ansteckung des Finanzsektors zur Folge haben kann.38 Weiterhin kann die Beendigung der Derivate eine Neugewichtung des Portfolios der Vertragsparteien notwendig machen. Werden die Derivate zu Hedgingzwecken oder als Teil einer breiteren Investmentstrategie gehalten, dann führt die Beendigung zu einem erhöhten Risiko oder zu einer ungewollten Investmentverschiebung. Um diesen Effekt auszugleichen, entsteht eine Nachfrage nach den weggefallenen Derivaten am Markt und die Preise für diese Instrumente steigen stark an, was zu weiteren Verwerfungen führen kann.39 Neben den Gefahren für die Marktstabilität, die durch das close-out netting hervorgerufen werden können, bereitet es auch bei der Reorganisation von Finanzinstituten größere Schwierigkeiten.40 Nicht nur für die Vertragsparteien, auch für den Insolvenzschuldner erfüllen die Derivate regelmäßig das Ziel der Risikosteuerung. Werden alle Derivate aufgekündigt und das Institut soll fortgeführt werden, muss es schon unmittelbar zu Beginn des Insolvenzverfahrens neue Derivategeschäfte abschließen. Bei einer Vielzahl komplexer Geschäfte und in der kritischen Lage des Instituts kann dieser Nachkauf zu enormen organisatorischen und finanziellen Problemen führen, die die Fortführung des Instituts erschweren.41 Zusätzlich sind mit dem Neuabschluss hohe Transaktionskosten verbunden.42 Die Ausnahme für Finanzgeschäfte vom allgemeinen Kündigungsverbot würde bei der Durchführung des allgemeinen Insolvenzverfahrens über ein Finanzinstitut mithin Risiken für den Finanzmarkt und Problemen bei der Fortführung des Instituts mit sich bringen. Im deutschen Sonderinsolvenzrecht bestehen keine Sonderregelungen für die Kündigung von Finanzgeschäften. Mithin kann die Abwicklungsbehörde lediglich nach § 84 Abs. 1 SAG eine Beendigungssperre bis zum Ablauf des folgenden Geschäftstages anordnen und Kündigungen nach § 144 SAG unterbinden, wenn diese unmittelbar darauf basieren, dass ein Verfahren nach dem SAG durchgeführt wird. Das US-Sonderinsolvenzrecht sieht hingegen Ausnahmen für Finanzgeschäfte vom allgemein deutlich weitergehenden Kündigungsverbot vor.43 So wird das close-out netting von Finanzgeschäften im US-Sonderinsolvenzrecht lediglich bis zum Ende 38  Pellerin/Walter, Economic Quarterly 2012, 1, 23; Skeel, The New Financial Deal, S. 160. 39  Vgl. zu dem Effekt im Fall der Lehman Insolvenz FDIC, The Orderly Liquidation of Lehman Brothers Holdings, S. 33. 40 Vgl. Fuchs, Close-out Netting, Collateral und systemisches Risiko, S. 76. 41  Joo, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law 2011, 47, 67; Brierley, Insolvency Resolution, S. 378; Binder, Alternative Resolution Regimes, S. 241; Fuchs, Close-out Netting, Collateral und systemisches Risiko, S. 77 m.w.N. 42  Statement of Rajan before the U.S. Committee on Banking, S.Hrg. 111 – 179, S. 103, 106. 43  § 1821 (c)(8)(A) Title 12 U.S.C.; § 210 (c)(8)(A) Dodd-Frank Act.

II.  Allgemeiner Teil

263

des auf die Einsetzung der FDIC folgenden Geschäftstages ausgesetzt.44 Mithin sind die Beendigungssperren für Finanzgeschäfte im US-Sonderinsolvenzrecht und dem deutschen Sonderinsolvenzrecht vergleichbar. Die zeitliche Begrenzung des Beendigungsverbotes bis zum Ablauf des folgenden Geschäftstages ist aber umstritten. Insbesondere wird kritisiert, dass ein Tag nicht ausreiche, um die Krise eines Instituts zu lösen.45 Daher schlugen unter anderem Jackson und Riethmüller vor, die Beendigung für einen längeren Zeitraum auszusetzen.46 Die zeitliche Begrenzung des Beendigungsverbots kann durch die Abwicklungsbehörde umgangen werden, indem sie die betroffenen Verträge auf ein Brückeninstitut oder einen Käufer überträgt. Die Beendigung eines Vertrages im deutschen Sonderinsolvenzrecht und eines qualified financial contract im US-Sonderinsolvenzrecht sind ausgeschlossen, wenn sie lediglich auf der Insolvenz des Instituts basieren und die Abwicklungsbehörde die Verträge auf ein Brückeninstitut oder einen anderen Käufer übertragen hat.47 Da die Behörde innerhalb eines Tages oft nicht endgültig über die Notwendigkeit der Finanzgeschäfte zur Fortführung des Instituts entscheiden kann, wird sie wohl regelmäßig eine Übertragung auf eine Brückenbank vornehmen, wenn unmittelbar kein Käufer zur Verfügung steht, schon um die Beendigung der Finanzgeschäfte zu verhindern. Die Übertragung der Derivate auf eine Brückenbank trägt aber zum Anreizproblem des moral hazard bei: Da die Brückenbank die Verbindlichkeiten aus den Derivaten regelmäßig vollständig begleichen wird, besteht für die Vertragsparteien kein Anreiz mehr zur Überwachung des Schuldners.48 Um dieses Ergebnis zu vermeiden, wurde von einigen Autoren vorgeschlagen, die Regelungen zu schwebenden Geschäften im allgemeinen Insolvenzrecht auf Finanzgeschäfte im Sonderinsolvenzrecht zu übertragen.49 Gegen die Anwendung des Wahlrechts des Insolvenzverwalters bei Finanzgeschäften50 spricht aber, dass im Zeitraum zwischen Insolvenzeröffnung und der Entscheidung des Verwalters ein hohes Maß an Unsicherheit für die Gegenpartei entsteht.51 Wartet der Verwalter die weitere Marktentwicklung ab und entscheidet 44 

§ 1821 (e)(10)(B) Title 12 U.S.C.; § 210 (c)(10)(B) Dodd-Frank Act. Fuchs, Close-out Netting, Collateral und systemisches Risiko, S. 353; Pellerin/Walter, Economic Quarterly 2012, 1, 26 m.w.N. 46  Jackson, Bankruptcy Code Chapter 14, S. 56; Riethmüller, WM 2010, 2295, 2303. 47  Vgl. § 84 Abs. 6 Nr. 1 SAG; § 1821 (e)(10)(B) Title 12 U.S.C.; § 210 (c)(10)(B) DoddFrank Act; kritisch mit Blick auf die Umgehungsmöglichkeiten Fuchs, Close-out Netting, Collateral und systemisches Risiko, S. 354. 48  Skeel, The New Financial Deal, S. 161; Pellerin/Walter, Economic Quarterly 2012, 1, 26; Duffie/Skeel, Costs and Benefits of Automatic Stays, S. 143 f. 49  Skeel, The New Financial Deal, S. 162. 50  Äquivalent zum Wahlrecht des Insolvenzverwalters im allgemeinen Insolvenzrecht besteht im Sonderinsolvenzrecht das Recht der Abwicklungsbehörde, alle Verträge abzulehnen, vgl. § 79 Abs. 5 Nr. 2 SAG; § 210 (c)(1) Dodd-Frank Act; § 1821 (e)(1) Title 12 U.S.C. 51  Fried, Finanzderivate, S. 432; Nerlich/Römermann/Balthasar, § 104 InsO, Rn. 5; Duffie/Skeel, A Costs and Benefits of Automatic Stays, S. 151. 45 

264

E.  Instrumente

basierend auf dieser Entwicklung über die Erfüllung, ist für die Gegenpartei unklar, ob sie abgesichert ist. Schließt die Gegenpartei in dieser Situation ersatzweise ein neues Finanzgeschäft in Erwartung einer Ablehnung des Vertrags ab, ist sie dem Risiko ausgesetzt, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Finanzgeschäfts wählt. Schließt sie hingegen kein Ersatzgeschäft ab, ist sie dem Risiko ausgesetzt, dass der Insolvenzverwalter das Finanzgeschäft ablehnt. Darüber hinaus würde eine Behandlung von Derivaten als schwebende Geschäfte den Insolvenzverwalter oder die Abwicklungsbehörde zur risikolosen Spekulation einladen.52 Entwickelt sich das Geschäft negativ, kann der Verwalter die Derivate ablehnen; entwickelt es sich positiv, kann er die Erfüllung verlangen. Somit erscheint die Übertragung der Regelungen zu schwebenden Geschäften aus dem allgemeinen Insolvenzrecht für die Behandlung von Finanzgeschäften nicht praktikabel. Denkbar wäre aber eine angepasste Erfüllungspflicht von Finanzgeschäften.53 Ein derartiges Modell könnte sowohl zur Behandlung von Derivaten im Sonderinsolvenzrecht als auch im allgemeinen Insolvenzrecht dienen und einen Gleichlauf beider Regime ermöglichen. Zur Herleitung eines solchen Modells soll in einem ersten Schritt der Zweck des Wahlrechts des Insolvenzverwalters dargestellt werden. Außerhalb der Insolvenz gilt grundsätzlich, dass ein rechtsgültig geschlossener Vertrag zu erfüllen ist. Erfüllt eine Vertragspartei die Vereinbarung nicht, kann die andere Vertragspartei nach deutschem Recht regelmäßig entweder Schadenersatz oder Erfüllung verlangen. Im US-Recht steht der Vertragspartei hingegen nur das Recht auf Schadenersatz zu. Damit wird es der Vertragspartei im amerikanischen Recht ermöglicht, einen sogenannten efficient breach54 zu begehen.55 Das klassische Beispiel eines efficient breach ist die Kündigung des Baus einer Brücke ins Nirgendwo. Entscheidet der Auftraggeber nach Vertragsabschluss, aber vor Bauvollendung, dass die Brücke nicht mehr benötigt wird, kann er den Vertrag brechen und dem Bauunternehmer werden seine bis dahin angefallenen Kosten erstattet und der erwartete Gewinn gezahlt. Damit ist der Bauunternehmer nicht schlechter gestellt als vor dem Vertragsbruch. Der Auftraggeber hingegen spart die Zahlung der zukünftigen Kosten des Bauunternehmers ein. Somit stellt der Vertragsbruch eine Partei besser und die andere Partei ist indifferent und der Vertragsbruch ist pareto-effizient. Der efficient breach ist allerdings nur bei illiquiden Gegenständen notwendig, um das Pareto-Optimum zu erreichen. Bestünde für die Brücke ein objektiver Marktwert, könnte der Auftraggeber die Brücke fertigstellen lassen und verkaufen. Der Vertragsbruch würde ihn in diesem Fall nicht besserstellen. Im deutschen Recht kann der Vertragspartner auf Erfüllung klagen; ein efficient breach ist mithin nicht möglich. Stattdessen kommt aber ein gesetzliches Kündi52 

BT-Drucks. 12/7302, S. 167; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 794. Dieser Vorschlag wurde für das US-Recht im Rahmen des LL.M.-Papers des Autors entwickelt. 54  Übersetzt: einen effizienten Vertragsbruch. 55  Erstmals thematisiert durch Birmingham, Rutgers L. Rev., 1970, 273. 53 

II.  Allgemeiner Teil

265

gungsrecht in Betracht. Für die Herstellung unvertretbarer beweglicher Sachen und die Herstellung von unbeweglichen Sachen findet § 649 BGB Anwendung.56 Dieser ermöglicht es dem Besteller bis zur Vollendung des Werkes, jederzeit den Vertrag zu kündigen und nur den Gewinn und die bisher angefallenen Kosten zu zahlen. Damit ist das Kündigungsrecht im Werkvertragsrecht auf Verträge über illiquide Gegenstände beschränkt und damit auf Verträge, für die ein efficient breach zur Herstellung des Pareto-Optimums notwendig ist. In der amerikanischen Literatur wird das Recht des Insolvenzverwalters, schwebende Verträge in der Insolvenz abzulehnen auf das Recht des efficient ­breach außerhalb der Insolvenz zurückgeführt.57 In der deutschen Literatur findet sich keine wirtschaftliche Begründung für das Ablehnungsrecht. Wird das Ablehnungsrecht aber mit dem efficient breach begründet, so sollte es auf Fälle von schwebenden Verträgen über illiquide Gegenstände beschränkt werden. Vor diesem Hintergrund erscheint ein Ablehnungsrecht des Insolvenzverwalters für Finanzgeschäfte nicht notwendig. Finanzgeschäfte sind regelmäßig liquide und ein Vertragsbruch ist daher nicht zur Herstellung eines wirtschaftlich besseren Zustands erforderlich. Folglich könnte das Wahlrecht des Insolvenzverwalters bei Finanzgeschäften zugunsten einer beiderseitigen zwingenden Erfüllung aufgegeben werden. Im Vergleich zur aktuell bestehenden Rechtslage im Sonderinsolvenzrecht müsste mithin nur das Kündigungsrecht der Gegenpartei eingeschränkt werden, da ein Wahlrecht für den Verwalter nur im allgemeinen Insolvenzrecht besteht. Im allgemeinen Insolvenzrecht müsste hingegen auch das Wahlrecht des Verwalters eingeschränkt werden. Die zwingende Erfüllung des Finanzgeschäftes führt aber zu einer Verringerung des Überwachungsanreizes des Vertragspartners und zu Möglichkeiten des regulatory arbitrage. Diese Folgen werden bei der Betrachtung eines Futures in einem Insolvenzrecht ohne Ablehnungsrecht des Insolvenzverwalters deutlich: Beispielhaft wird angenommen, dass der Insolvenzschuldner einen Future über den Kauf einer Aktie für 100 Euro ein Jahr nach Vertragsschluss abschließt. Liegt der aktuelle Marktwert der Aktie ebenfalls bei 100 Euro und vernachlässigt man den Zinseffekt, beträgt der Wert des Futures null Euro bei Vertragsabschluss. Wird ein halbes Jahr nach Vertragsabschluss das Insolvenzverfahren über den Käufer eröffnet und ist der Wert der Aktie auf 80 Euro gefallen, dann hat der Future zum Insolvenzzeitpunkt für den Vertragspartner einen Wert von 20 Euro. Erfüllt der Insolvenzverwalter diesen schwebenden Vertrag, hat der Vertragspartner nach der aktuellen Rechtslage im allgemeinen Insolvenzrecht eine Forderung von 100 Euro gegen die Masse. Somit muss er keinen Verlust aus der Insolvenz tragen. Diese Vorgehensweise stellt den Vertragspartner besser als die im Folgenden geschilderte Alternative, die außerhalb der Insolvenz wirtschaftlich identisch ist, in der Insolvenz aber schlechter behandelt würde. 56  57 

Bei beweglichen Sachen in Verbindung mit § 651 BGB. Lubben, U. Pa. J. Bus. L. 2009, 61, 62; Westbrook, Minn. L. Rev. 1989, 227, 250.

E.  Instrumente

266

Beide Parteien hätten auch den Kauf der Aktie am nächsten Tag vereinbaren können und am jeweiligen Folgetag einen neuen Vertrag mit einem an den aktuellen Aktienkurs angepassten Kaufpreis über den Kauf der Aktie am nächsten Tag abschließen können. Wird nicht die Aktie geliefert, sondern lediglich die Differenz zwischen dem Aktienwert und dem vereinbarten Kaufpreis beglichen, findet also ein cash settlement statt, dann sind die wirtschaftlichen Positionen der beiden Vertragsparteien identisch mit dem Abschluss eines einjährigen Futures, wenn die Parteien vereinbaren, den jeweiligen Ausgleichsbetrag erst nach Ablauf des Jahres fällig zu stellen. In der zweiten Variante hätte der Vertragspartner des Insolvenzschuldners zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung aber eine Forderung in Höhe von 20 Euro und einen Future mit einem Wert nahe null. Seine Forderung würde wie jede andere Insolvenzforderung behandelt und bei unzureichender Besicherung gekürzt. Grafisch lassen sich beide Varianten wie folgt darstellen: 120

100

80

60

40

20

0 Akenwert

Variante 1

Variante 2

Forderungen in Variante 2

Obwohl also beide Alternativen außerhalb der Insolvenz die gleiche Auswirkung haben, würden sie innerhalb der Insolvenz unterschiedlich behandelt und eröffnen damit die Möglichkeit zum regulatory arbitrage. Dieser Effekt tritt lediglich auf, wenn die Erfüllungswahl des Insolvenzverwalters erzwungen wird, da er andernfalls im ersten Fall das Geschäft ablehnen würde und der Vertragspartner dann ebenfalls nur Insolvenzforderung besäße. Um regulatory arbitrage zu vermeiden, müssen Inhaber von Forderungen aus Finanzgeschäften wie sonstige Gläubiger behandelt werden. Der Wert des Finanzgeschäfts zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung muss dazu wie eine Insolvenzforderung behandelt und mithin basierend auf der Insolvenzquote gekürzt werden. Sind die Finanzgeschäfte besichert, wie dies regelmäßig der Fall ist, ist eine Gleichbehandlung unproblematisch zu gewährleisten, da weder besicherte Inhaber von Forderungen aus Finanzgeschäften noch sonstige Gläubiger einen Verlust durch

II.  Allgemeiner Teil

267

die Insolvenz erleiden. Schwieriger ist der Fall von teilweise oder vollständig unbesicherten Inhabern von Forderungen aus Finanzgeschäften. Vorstellbar wäre eine Kürzung der Forderung zum Zeitpunkt des settlements des Finanzgeschäfts. Dies könnte durch eine Verrechnung des Kürzungsbetrages mit dem aus dem Finanzgeschäft resultierenden Forderungsbetrag erfolgen. Die Vorgehensweise ist aber problematisch, da die Liquidität des Finanzgeschäftes dadurch verloren ginge. Ein Handel mit einem derart angepassten Derivat würde deutlich erschwert, da es nicht mehr den Standardspezifikationen der gehandelten Derivate entspräche.58 Eine vorzuziehende Alternative bestünde in einer Ausgleichspflicht des Vertragspartners. Dazu würde der Betrag errechnet, um den der Wert des Derivates gekürzt würde, handelte es sich um eine reguläre Forderung. Dieser Betrag würde dann als Forderung des Insolvenzschuldners gegen den Vertragspartner erfasst und das Derivat unberührt gelassen, so dass der Handel weiterhin unproblematisch möglich wäre. Eine Aufrechnung mit dieser Forderung wäre weiterhin möglich, so dass der Vertragspartner durch die vorgeschlagene Vorgehensweise keinem zusätzlichen Risiko ausgesetzt wäre.59 Die vielfach kritisierte Problematik des Herauspickens einzelner für den Insolvenzschuldner positiven Verträge aus der Gesamtheit aller Verträge würde schon durch den Wegfall des Wahlrechts gelöst.60 Darüber hinaus müsste das Kündigungsrecht in Form des close-out netting anlässlich der Insolvenz des Unternehmens dauerhaft verboten werden. Dieser Vorschlag ließe sich sowohl im allgemeinen als auch im Sonderinsolvenzrecht umsetzen. Damit könnten eine Reihe von Zielen erreicht werden: Finanzgeschäfte blieben auch nach Insolvenzeröffnung erhalten und Marktverwerfungen durch ein close-out netting würden vermieden. Weiterhin könnte ein Finanzinstitut besser reorganisiert werden, da die Notwendigkeit zum Neuabschluss der Finanzgeschäfte entfiele. Darüber hinaus würden die Vertragspartner von Finanzgeschäften nicht mehr von einer Forderungskürzung ausgenommen, wie dies bei der Übertragung der Derivate auf eine Brückenbank im geltenden Sonderinsolvenzrecht der Fall ist, sondern würden in gleichem Maße wie andere Gläubiger beteiligt. Dies würde die Überwachungsanreize für Gegenparteien erhöhen und damit das Risiko für moral hazard reduzieren. c)  Zusammenfassung Der Vergleich der Regelungen zum Zahlungs- und Vollstreckungsverbot zwischen dem allgemeinen Insolvenzrecht und dem Sonderinsolvenzrecht hat große Unterschiede aufgezeigt. Während im allgemeinen Insolvenzrecht ein weitgehen58  Duffie/Skeel, Costs and Benefits of Automatic Stays; Edwards/Morrison, Yale Journal on Regulation 2005, 101, 128. 59  Damit wird auch dem häufig für das close-out netting angeführte Argument, der Risikoreduzierung durch das netting, Rechnung getragen, vgl. zu dem Argument nur Bliss, Economic Perspectives March 2003, 48, 52. 60  Vgl. nur Fried, Grenzen für Netting-Vereinbarungen, S. 492.

268

E.  Instrumente

des und dauerhaftes automatisches Zahlungs- und Vollstreckungsverbot besteht, erfolgt ein derartiges Verbot im Sonderinsolvenzrecht nur höchst eingeschränkt. Als Ausnahme vom Zahlungsverbot im allgemeinen Insolvenzrecht wurde im US-Recht durch Insolvenzgerichte die Möglichkeit eröffnet, die Forderungen von kritischen Zulieferern zu begleichen, um weiterhin beliefert zu werden und das Geschäft fortführen zu können. Eine ähnliche Idee lässt sich auch bei der Insolvenz von Finanzinstituten anwenden. Die fristgerechte Begleichung von Forderungen gehört zum Kerngeschäft von Finanzinstituten und eine Fortführung des Geschäfts ist bei Anwendung eines Zahlungsverbots praktisch ausgeschlossen. Eine Fortführung von Finanzinstituten bei Anwendung eines länger andauernden Zahlungsverbotes ist kaum vorstellbar. Um das allgemeine Insolvenzrecht auch für Banken anwendbar zu machen, müsste das Zahlungsverbot für diese Insolvenzschuldner deutlich eingeschränkt werden.61 Im Sonderinsolvenzrecht besteht kein vergleichbares Zahlungs- und Vollstreckungsverbot. Der weitgehende Entfall dieses Verbots macht aber die schnelle Lösung der Insolvenzsituation erforderlich. Da die Gläubiger nicht an das Insolvenzverfahren gebunden sind, sondern weiterhin ihre Forderungen einzeln vollstrecken können, muss eine Lösung der Krise glaubwürdig und zeitnah erfolgen. Darüber hinaus sollte das close-out netting von Finanzgeschäften sowohl im allgemeinen Insolvenzrecht als auch im Sonderinsolvenzrecht reformiert werden, um eine Reorganisation des insolventen Unternehmens zu erleichtern und Verwerfungen der Finanzmärkte zu verhindern. Das zurzeit bestehende zeitlich begrenzte Beendigungsverbot im Sonderinsolvenzrecht, welches parallel zum Zahlungs- und Vollstreckungsverbot in Kraft gesetzt wird, reicht nicht aus, um das Institut zu reorganisieren. Um eine Beendigung über einen längeren Zeitraum zu verhindern, kann die Abwicklungsbehörde lediglich die Übertragung der Verträge auf eine Brückenbank vornehmen, was wiederum moral hazard befördert. Anstelle der bestehenden Regelung sollte die Beendigung von Finanzgeschäften basierend auf einer Insolvenzverfahrenseröffnung oder dem Vorliegen von Insolvenzgründen dauerhaft verboten, das Wahlrecht der Abwicklungsbehörde nach § 79 Abs. 5 Nr. 2 SAG aufgehoben und die Behandlung der Inhaber von Forderungen aus Finanzgeschäften an die Behandlung sonstiger Gläubiger angeglichen werden. 3.  Art des Verfahrens Neben der Untersuchung, wie ein Zahlungsverbot im Insolvenzrecht für Finanz­ institute ausgestaltet sein müsste und welche Kündigungsrechte den Vertragsparteien zustehen sollten, muss auch die Art des Insolvenzverfahrens betrachtet werden. Während es sich bei dem Verfahren im allgemeinen Insolvenzrecht sowohl im deutschen als auch im US-Recht um ein gerichtliches Verfahren handelt, sind 61  Grundsätzlich auch Jackson, Bankruptcy not Bailout, S. 45 ff., wenn auch eine deutlich geringere Einschränkung des Zahlungsverbotes gefordert wird.

II.  Allgemeiner Teil

269

die Sonderinsolvenzrechte als Verwaltungsverfahren ausgestaltet. Dieser grundlegende Unterschied hat Einfluss auf verschiedene Aspekte der Reorganisation und Abwicklung. a)  Dauer des Verfahrens Die Dauer des Insolvenzverfahrens ist bei der Insolvenz eines Finanzinstituts von besonderer Relevanz, da eine Reorganisation nicht mit einem längeren Zahlungsverbot vereinbar ist und somit ein mit dem allgemeinen Insolvenzverfahren vergleichbarer Schutz vor der Einzelverwertung der Vermögensgegenstände des Instituts entfällt.62 Ein Verwaltungsverfahren verspricht eine schnelle Lösung der Krise. Das gesamte Abwicklungsverfahren der FDIC soll beispielsweise innerhalb von 90 Tagen abgeschlossen sein,63 während allgemeine Insolvenzverfahren durchschnittlich zwischen 20 und 30 Monaten dauern.64 Zusätzlich ist es der FDIC möglich, schon vor Abschluss des Verfahrens wesentliche Teile der Forderungen der Gläubiger zu begleichen. So werden regelmäßig zwischen 50 und 80 Prozent der Forderungssumme als sogenannte advance dividends ausbezahlt.65 Diese Vorauszahlungen sind im Wesentlichen möglich, da die FDIC Zugriff auf Mittel des Finanzministeriums hat, die die nötige Liquidität für eine vorzeitige Ausschüttung schaffen.66 Die kürzere Dauer des Verwaltungsverfahrens ist auch darauf zurückzuführen, dass die formellen Vorgaben für das verwaltungsrechtliche Verfahren wesentlich geringer als diejenigen für ein gerichtliches Verfahren ausfallen. So muss kein Gläubigerausschuss gebildet werden, für den Ladungsfristen zu beachten sind, und keine Abstimmung zur Verabschiedung eines Insolvenzplans erfolgen. Die Abwicklungsbehörde hat einen weiten Ermessenspielraum bei der Entscheidung über die Abwicklung oder Reorganisation. Darüber hinaus hat die Behörde oft schon durch die laufende Aufsicht einen guten Einblick in die Vermögensverhältnisse und Verbindlichkeiten sowie das Geschäftsmodell des Instituts erhalten, so dass eine aufwendige Einarbeitung entfallen kann. Die Kenntnisse über das Geschäft des Instituts und vorangegangene Gespräche mit möglichen Erwerbern machen eine Übertragung des besonders zeitkritischen Einlagengeschäfts oft sogar am ersten Wochenende nach Eröffnung des Verfahrens möglich.67 Findet sich kein Käufer, werden die entsprechenden Geschäftsteile 62 

Vgl. oben unter E. II. 1. b). FDIC, Resolutions Handbook 2015, S. 8. 64  Li, An Empirical Examination, S. 2,3; die Verfahrensdauer im deutschen Recht wird schon dadurch sichtbar, dass der erste Berichtstermin nicht über sechs Wochen nach Insolvenzeröffnung hinaus angesetzt werden soll und nicht über drei Monate danach angesetzt werden darf, § 29 Abs. 1 InsO. 65  FDIC, Resolution Handbook 2003, S. 86. 66  Pellerin/Walter, Economic Quarterly 2012, 1, 17. 67  Diese Transaktionen werden als „Purchase and Assumption“ Transaktionen bezeichnet und in Kapitel E. V. 2. b) näher behandelt. 63 

270

E.  Instrumente

auf eine Brückenbank übertragen.68 Auch die deutsche Abwicklungsbehörde hat nach dem SAG die Möglichkeit, innerhalb kürzester Zeit einen Verkauf oder eine Übertragung auf eine Brückenbank umzusetzen.69 Fraglich ist, ob eine vergleichbare Vorgehensweise auch im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts möglich wäre. Der Fall Lehman Brothers Inc. hat deutlich gemacht, dass eine zeitnahe Übertragung von Geschäftsteilen auch im Insolvenzverfahren nach dem Bankruptcy Code möglich ist. Nachdem das Management am 15. September einen Insolvenzantrag gestellt hat, wurden wesentliche Teile des Instituts schon am 20. September an Barclays und andere Teile am 22. September an Nomura Holdings verkauft.70 § 363 Bankruptcy Code ermöglicht einen Verkauf von Unternehmensteilen während des Insolvenzverfahrens, wenn dies – regelmäßig aufgrund des hohen Wertverlustes in der Insolvenz – im Interesse der Gläubiger ist. Dieses Vorgehen ist seit der Insolvenzrechtsreform im Jahr 2007 auch nach § 158 InsO möglich und vom Gesetzgeber gewollt.71 Darüber hinaus kann das Insolvenzverfahren deutlich beschleunigt werden, wenn schon bei Insolvenzeröffnung ein Insolvenzplan vorbereitet ist.72 Diese Vorbereitung könnte für Banken im Rahmen der Erstellung der Sanierungsund Abwicklungspläne erfolgen. Um eine schnelle Verfahrensabwicklung von Bankeninsolvenzen im allgemeinen Insolvenzrecht zu ermöglichen, würde sich auch die Einrichtung einer Sonderzuständigkeit eines zentralen Insolvenzgerichts für Bankeninsolvenzsachen anbieten.73 In Anbetracht der erwartungsgemäß niedrigen Fallzahlen in diesem Bereich würde dies die Bündelung der Kompetenzen für die Abwicklung von Finanzinstituten bei einem alleinzuständigen Gericht ermöglichen. In der Literatur zum US-Recht wird darüber hinaus über die Einsetzung eines beratenden special masters diskutiert, der das Insolvenzgericht mit seiner Expertise unterstützt.74 Im deutschen Recht wäre an dessen Stelle die Einsetzung eines Experten als Insolvenz­verwalter vorstellbar. Beispielsweise könnte die Bankenaufsicht einen Insolvenzverwalter vorschlagen, der durch seine vorherige Tätigkeit schon mit dem Institut vertraut wäre. In Zusammenhang mit einem bestehenden Insolvenzplan in Form des Sanierungs- und Abwicklungsplans könnte damit eine wesentliche Beschleunigung des Verfahrens im allgemeinen Insolvenzrecht erreicht werden. 68 

FDIC, Resolution Handbook 2015, S. 18 f. §§ 107 ff. SAG. 70  Crapo, Pratt’s Journal of Bankruptcy Law 2008, 703. 71  BT-Drucks. 16/3227, S. 20; MüKo/Görk/Janssen, § 158 InsO, Rn. 12; Uhlenbruck/ Zipperer, § 158 InsO, Rn. 8 m.w.N. 72  Eine Untersuchung von Tashjian, Lease und McConnel ergab eine durchschnittliche Dauer von drei Monaten, Tashjian/Lease/McConnel, Journal of Financial Economics 1996, 135, 143. 73  Jackson, Bankruptcy not Bailout, S. 33; Skeel, The New Financial Deal, S. 169 f. 74  Fed, Study on the Resolution of Financial Companies, S. 8 m.w.N. 69 

II.  Allgemeiner Teil

271

b)  Rechtssicherheit Neben der Dauer des Verfahrens spielt auch die Rechtssicherheit der beteiligten Parteien eine wesentliche Rolle. Der Rechtsschutz von Gläubigern und Aktionären kann nicht allein durch ein verwaltungsrechtliches Verfahren sichergestellt werden.75 Schon aus verfassungsrechtlichen Gründen muss der Rechtsweg für die Eingriffe in die Rechte der am Insolvenzverfahren beteiligten Parteien eröffnet werden.76 Im Fall der Klageerhebung muss sich dann zusätzlich zu der zuständigen Behörde auch ein Gericht mit allen wesentlichen Fragen des Insolvenzverfahrens beschäftigen. Derartige Parallelstrukturen könnten durch ein gerichtliches Insolvenzverfahren vermieden werden. Weiterhin könnte ein auf dem Insolvenzverfahren aufbauendes Gerichtsverfahren auf viele bestehende Regelungen des Insolvenzrechts zurückgreifen. Die Interpretation von Normen des Insolvenzrechts hat sich im Laufe der Zeit durch die Rechtsprechung konkretisiert, während Rechtssicherheit über die Anwendung der Normen des SAG erst zukünftig durch die Auslegung der Abwicklungsbehörde entstehen kann.77 Da die Anzahl von Verfahren gering ist, kann ein erheblicher Zeitraum vergehen, bis eine mit der Auslegung des allgemeinen Insolvenzrechts vergleichbare Sicherheit besteht. Beispielhaft soll hier nur die Regelung des § 79 Abs. 5 Nr. 1 SAG erwähnt werden, die der Abwicklungsbehörde das Recht einräumt, „in Bezug auf einen Vertrag, bei dem das in Abwicklung befindliche Institut oder gruppenangehörige Unternehmen Vertragspartei ist, 1. alle oder einzelne Regelungen um[zu]gestalten;“. Stellt man allein auf den Wortlaut ab, ist eine beliebige Veränderung aller Verträge ohne erkennbare Grenzen möglich. Erst im Zeitverlauf werden sich aufgrund des Handelns der Abwicklungsbehörde, der zugehörigen Rechtsprechung und dem wissenschaftlichen Diskurs Konturen dieser Norm herausbilden. Somit ist unter Rechtssicherheitsgesichtspunkten die Anwendung des allgemeinen Insolvenzrechts in angepasster Form der Anwendung eines verwaltungsrechtlichen Sonderinsolvenzrechts klar vorzuziehen. Eine verringerte Unsicherheit wäre auch wirtschaftlich vorteilhaft, da damit die Finanzierungskosten gesenkt würden.78 4.  Anfechtung a)  Grundlagen Das Anfechtungsrecht ermöglicht es dem Insolvenzverwalter oder der Abwicklungsbehörde, wirksame Rechtshandlungen, die der Schuldner vor Insolvenzeröffnung getätigt hat, nachträglich rückabzuwickeln. Die Rückabwicklung derjenigen 75 

Thole, Bank Crisis Management and Resolution, S. 12. Binder, Bankenintervention und Bankenabwicklung in Deutschland, S. 51. 77  Binder, Bankenintervention und Bankenabwicklung in Deutschland, S. 51. 78  Vgl. oben unter B. I. 4. b). 76 

272

E.  Instrumente

Rechtshandlungen, durch die die Insolvenzgläubiger benachteiligt werden, führt zu einer Mehrung der Masse und schützt damit die Gläubigergesamtheit.79 Das Anfechtungsrecht wird im US-Recht unterteilt in die Kategorien fraudulent transfers80 und preferential transfers81. Die Regelungen des Anfechtungsrechts im deutschen Insolvenzrecht können in vergleichbare Kategorien unterteilt werden. Unter fraudulent transfers werden im US-Recht solche Transaktionen verstanden, für die der Schuldner keinen gleichwertigen Gegenwert erhalten hat.82 Unter diesen Anfechtungstatbestand fallen beispielsweise unentgeltliche Leistungen des Schuldners oder Verkäufe unter dem Marktwert unter Ausnutzung der Notlage des Schuldners. Damit soll einerseits verhindert werden, dass der Schuldner den Gläubigern Vermögen vorsätzlich entzieht, und andererseits, dass er die Beantragung des Insolvenzverfahrens zu Lasten der Gläubiger hinauszögert, indem er sich zusätzliche Liquidität durch Notverkäufe von Vermögensgegenständen unter dem Marktwert verschafft. Auch Investitionen in riskante Projekte mit negativem Erwartungswert – das overinvestment – fallen in diese Kategorie und können somit angefochten werden.83 Die Verhinderung von fraudulent transfers ist somit sowohl im allgemeinen Insolvenzverfahren als auch im Sonderinsolvenzverfahren wünschenswert, um schädliches Schuldnerverhalten zu unterbinden. Preferential transfers sind hingegen Rechtshandlungen, die einzelne Insolvenzgläubiger gegenüber der Insolvenzgläubigergemeinschaft potentiell besserstellen.84 Darunter fallen die nachträgliche Bestellung von Sicherheiten und die vorzeitige Rückzahlung von Verbindlichkeiten. Nach Insolvenzeröffnung wird durch das Zahlungsverbot verhindert, dass einzelne Gläubiger ihre Position durch Rückzahlungsverlangen oder die Einzelzwangsvollstreckung verbessern. Ohne das Anfechtungsrecht bestünde die Gefahr, dass sich Gläubiger dem kollektiven Insolvenzverfahren entziehen, indem sie kurz vor Insolvenzeröffnung ihre Forderungen geltend machen.85 Dies ist insbesondere dann problematisch, wenn der Gläubiger dadurch bessergestellt ist, als er im Insolvenzverfahren stünde und damit die sonstigen Gläubiger benachteiligt. Wird hingegen beispielsweise die Forderung eines vollständig besicherten Gläubigers durch den Schuldner beglichen, muss diese Rechtshandlung nicht anfechtbar sein, da sie die sonstigen Gläubiger nicht benachteiligt. b)  Die Anfechtung im allgemeinen Insolvenzrecht Im allgemeinen Insolvenzrecht der USA hat sich ein differenziertes System zur Anfechtung von Rechtshandlungen herausgebildet. Preferential transfers sind 79 

Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 531 f. Übersetzt: „Betrügerische Zahlung“. 81  Übersetzt: „Begünstigende Zahlung“. 82  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 570 f. 83  Vgl. zum Problem der Überinvestition oben unter Kapitel B. I. 3. b). 84  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 482 f. 85  Vgl. oben unter Kapitel B. I. 2. 80 

II.  Allgemeiner Teil

273

dabei nach § 547 Bankruptcy Code Übertragungen von Vermögensgegenständen des Schuldners zugunsten eines Gläubigers aufgrund einer zuvor bestehenden Verbindlichkeit des Schuldners. Die Übertragungen sind anfechtbar, wenn sie während der Insolvenz des Schuldners oder innerhalb von 90 Tagen vor Insolvenzeröffnung vorgenommen werden und den Gläubiger im Vergleich zu seinem Verwertungserlös nach Chapter 7 besser stellen.86 Schon durch diese Definition wird die Anfechtung von Rechtshandlungen ausgeschlossen, die den Gläubiger nicht besser stellen als er im Insolvenzverfahren stünde und somit die Zahl der anfechtbaren Geschäfte reduziert. Darüber hinaus besteht eine Vielzahl von Ausnahmen, von denen hier nur die wichtigsten genannt werden sollen.87 Die wohl wichtigste Ausnahme von der Anfechtbarkeit sind Zahlungen im ordentlichen Geschäftsverkehr.88 Die sogenannte ordinary course exception des § 547 (c)(2) Bankruptcy Code erlaubt es dem Schuldner, unanfechtbare Zahlungen vorzunehmen, solange diese subjektiv oder objektiv im Rahmen des ordentlichen Geschäftsverkehrs erfolgen.89 Der Grund für diese Ausnahme besteht darin, dass derartige Zahlungen nur die reguläre Fortführung des Schuldners bezwecken. Da die Anfechtung von preferential transfers aber nur Rechtsgeschäfte erfassen soll, die zur Umgehung des Insolvenzverfahrens durchgeführt werden, müssen unver86  Wortlaut des § 547 (b) Bankruptcy Code: „(b) Except as provided in subsections (c) and (i) of this section, the trustee may avoid any transfer of an interest of the debtor in property – (1) to or for the benefit of a creditor; (2) for or on account of an antecedent debt owed by the debtor before such transfer was made; (3) made while the debtor was insolvent; (4) made – (A) on or within 90 days before the date of the filing of the petition; or (B) between ninety days and one year before the date of the filing of the petition, if such creditor at the time of such transfer was an insider; and (5) that enables such creditor to receive more than such creditor would receive if(A) the case were a case under chapter 7 of this title; (B) the transfer had not been made; and (C) such creditor received payment of such debt to the extent provided by the ­provisions of this title.“ 87  Vgl. § 547 (c) Bankruptcy Code und die Erläuterungen in Tabb, The Law of Bank­ ruptcy, S. 516 ff. 88  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 520 f. 89  Wortlaut des § 547 (c): „The trustee may not avoid under this section a transfer – […] (2) to the extent that such transfer was in payment of a debt incurred by the debtor in the ordinary course of business or financial affairs of the debtor and the transferee, and such transfer was – (A) made in the ordinary course of business or financial affairs of the debtor and the transferee; or (B) made according to ordinary business terms;“; zur Erläuterung der Unterscheidung von (A) und (B) vgl. insbesondere Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 526 f.

274

E.  Instrumente

dächtige Geschäfte von der Anfechtbarkeit ausgenommen werden. Eine weitere wesentliche Ausnahme besteht in § 547 (c)(4) Bankruptcy Code für Zahlungen, aufgrund derer der Schuldner neue Werte erhalten hat.90 Darunter ist insbesondere die Rückzahlung von Lieferantenkrediten zu verstehen, die Voraussetzung für die weitere Lieferung und Kreditgewährung des Lieferanten ist.91 Diese Ausnahme ist vergleichbar mit der Ausnahme vom Rückzahlungsverbot für critical vendors.92 Die Gläubigergemeinschaft profitiert von der Rückzahlung, da diese eine darauffolgende Mehrung des Schuldnervermögens erst ermöglicht. Eine Anfechtbarkeit könnte dazu führen, dass der Zulieferer seine Lieferungen einstellt, um sein Verlustrisiko zu reduzieren. Damit würden alle Gläubiger schlechter gestellt. Neben der Anfechtbarkeit von preferential transfers sind im Bankruptcy Code nach § 548 auch fraudulent transfers anfechtbar. Dabei wird zwischen solchen Geschäften unterschieden, die der Schuldner mit tatsächlichem Betrugsvorsatz durchgeführt hat,93 und solchen, bei denen der Betrugsvorsatz fingiert wird.94 Fingiert wird der Betrug, wenn der Gegenwert des Geschäfts nicht mit der Leistung des Schuldners gleichwertig war, und der Schuldner zur Zeit des Geschäftsabschlusses insolvent war oder das Geschäft eine Gefahr für die Solvenz des Unternehmens verursachte.95 90  Wortlaut des § 547 (c) Bankruptcy Code: „The trustee may not avoid under this section a transfer – (A) […] (4) to or for the benefit of a creditor, to the extent that, after such transfer, such creditor gave new value to or for the benefit of the debtor – (B) not secured by an otherwise unavoidable security interest; and (C) on account of which new value the debtor did not make an otherwise unavoidable transfer to or for the benefit of such creditor;“. 91  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 537 f. 92  Vgl. oben unter E. II. 1. a) bb). 93  So lautet § 548 (a)(1)(A) Bankruptcy Code: „made such transfer or incurred such obligation with actual intent to hinder, delay, or defraud any entity to which the debtor was or b­ ecame, on or after the date that such transfer was made or such obligation was incurred, indebted“. 94  Letzteres wird auch als „constructive fraud“ bezeichnet, vgl. Tabb, The Law of Bank­ ruptcy, S. 591 f. 95  Der Wortlaut des § 548 (a)(1)(B) Bankruptcy Code lautet: „(i) received less than a reasonably equivalent value in exchange for such transfer or obligation; and (ii)(I) was insolvent on the date that such transfer was made or such obligation was incurred, or became insolvent as a result of such transfer or obligation; (II) was engaged in business or a transaction, or was about to engage in business or a transaction, for which any property remaining with the debtor was an unreasonable small capital; (III) intended to incur, or believed that the debtor would incur, debts that would be beyond the debtor’s ability to pay as such debts matured; or (IV) made such transfer to or for the benefit of an insider, or incurred such obligation to or for the benefit of an insider, und an employment contract and not in the ordinary course of business.“

II.  Allgemeiner Teil

275

In der deutschen Insolvenzordnung sind die Anfechtungsregeln in den §§ 130 ff. InsO verortet. §§ 130, 131, 135 und 136 InsO regeln die Anfechtbarkeit von Zahlungen an Gläubiger und sind mit den Regelungen zu preferential transfers vergleichbar. Im Gegensatz zum US-Recht sind aber auch Zahlungen anfechtbar, die den Gläubiger im Vergleich zur Teilnahme am Insolvenzverfahren nicht begünstigen. Beispielsweise ist eine Rückzahlung der Forderung eines besicherten Gläubigers im deutschen Recht grundsätzlich anfechtbar. Auch sind keine Ausnahmen für Zahlungen im ordentlichen Geschäftsverkehr vorgesehen. Dafür sind Geschäfte nur anfechtbar, wenn der Geschäftspartner von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners Kenntnis hatte oder wenn sie dem Gläubiger eine Sicherung bieten oder Befriedigung gewähren, die ihm nicht zustand.96 Zahlungen im ordentlichen Geschäftsverkehr ohne Kenntnis des Geschäftspartners von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners können somit auch nach deutschem Insolvenzrecht nicht angefochten werden. Dennoch verursacht die deutsche Regelung ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit, da die subjektive Kenntnis oder Unkenntnis des Geschäftspartners nur schwer belegt werden kann. Der Umfang des deutschen Anfechtungsrechts geht mithin in diesem Bereich deutlich über den des US-Rechts hinaus. Zur Erreichung des Zwecks, die Umgehung des Insolvenzrechts zu verhindern, wäre hingegen auch ein eingeschränkterer Umfang ausreichend gewesen. Neben den anfechtbaren Rückzahlungen an die Insolvenzgläubiger sind auch Geschäfte des Schuldners mit Dritten unter bestimmten Voraussetzungen anfechtbar. Die Paragraphen 132, 133 und 134 InsO erfassen Fälle, in denen der Schuldner sein Vermögen und damit die zur Verteilung verfügbare Masse durch seine Rechtshandlungen reduziert, und sind somit mit der Kategorie der fraudulent transfers vergleichbar. So sind unentgeltliche Leistungen bis zu vier Jahre vor Stellung des Insolvenzantrags anfechtbar,97 Rechtshandlungen, die den Gläubiger vorsätzlich benachteiligen 10 Jahre98 und sonstige unmittelbar nachteilige Rechtsgeschäfte bis zu drei Monate.99 Mit Ausnahme der unentgeltlichen Leistung sind Rechtshandlungen nur anfechtbar, wenn der Geschäftspartner Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit oder dem Benachteiligungsvorsatz des Schuldners hatte. Damit ist das Anfechtungsrecht im Bereich der fraudulent transfers im Vergleich zum US-Recht im Bereich der entgeltlichen Leistungen deutlich eingeschränkt. Zur Anfechtung unentgeltlicher Leistungen bestehen hingegen im deutschen Recht weitergehende Möglichkeiten. Während unentgeltliche Leistungen im Bankruptcy Code nur anfechtbar sind, wenn sie mit tatsächlicher Gläubigerbenachteiligungsabsicht vorgenommen wurden oder eine Gefahr für die Solvenz des Unternehmens verursachen, sind sie gemäß der Insolvenzordnung ohne weitere Voraussetzungen anfechtbar, wenn sie innerhalb der letzten vier Jahre vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgten. 96 

Für Rückzahlungen an Gesellschafter oder stille Teilhaber wird die Kenntnis fingiert. § 134 InsO. 98  § 133 InsO. 99  § 132 InsO. 97 

276

E.  Instrumente

c)  Die Anfechtung im Sonderinsolvenzrecht Das Anfechtungsrecht in der OLA des Dodd-Frank Act, dem Sonderinsolvenzrecht für Nichteinlageninstitute, wurde nahezu wortgleich aus dem allgemeinen Insolvenzrecht übernommen und umfasst damit sowohl fraudulent transfers als auch preferential transfers.100 Im Sonderinsolvenzrecht für Einlageninstitute wurde das Anfechtungsrecht hingegen deutlich eingeschränkt. So sind nach § 1821 (d)(17) Title 12 U.S.C. nur fraudulent transfers anfechtbar, die mit tatsächlichem Betrugsvorsatz durchgeführt wurden. Die rein tatsächliche Benachteiligung von Insolvenzgläubigern, darunter als regelmäßig größter Gläubiger der FDIC als Einlagensicherungsfonds, reicht hingegen nicht aus, um Geschäfte anzufechten. Im deutschen Sonderinsolvenzrecht finden sich keine Regelungen zur Anfechtung. Auch kann die Abwicklungsbehörde regelmäßig nicht auf das Anfechtungsgesetz zurückgreifen, nach dem zumindest Rechtshandlungen mit Benachteiligungsvorsatz und unentgeltliche Leistungen angefochten werden könnten,101 da ausschließlich Gläubiger nach § 2 AnfG anfechtungsberechtigt sind und die Abwicklungsbehörde regelmäßig kein Gläubiger des abzuwickelnden Instituts ist. Die Einschränkung des Anfechtungsrechts im Sonderinsolvenzrecht im Vergleich zum allgemeinen Insolvenzrecht erhöht die Transaktionssicherheit im Finanzmarkt und kann damit zur Finanzstabilität beitragen. Finanzinstitute führen täglich Zahlungen durch, deren Umfang oft die Höhe ihrer Eigenmittel, teilweise sogar ihrer Vermögensgegenstände, übersteigt.102 Allerdings findet ein wesentlicher Anteil dieser Zahlung im ordentlichen Geschäftsbetrieb und ohne Kenntnis des Geschäftspartners von der Insolvenz des Instituts statt und ist somit auch nach geltem Anfechtungsrecht der allgemeinen Insolvenzordnungen nicht als preferential transfer anfechtbar. Die Anfechtung von fraudulent transfers ist, wie zuvor dargestellt, auch bei Finanzinstituten grundsätzlich geboten und dürfte die regulären Geschäfte des Instituts nicht tangieren. In der Kategorie der fraudulent transfers können Geschäfte angefochten werden, durch die das Schuldnervermögen reduziert wird und die sich dadurch nachteilig auf die Insolvenzmasse auswirken. Problematisch ist aber, dass im geltenden Insolvenzrecht für die Feststellung der Nachteilhaftigkeit auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung abgestellt wird.103 Hat sich ein Geschäft zwischen Abschluss des Geschäfts und Insolvenzeröffnung nachteilig entwickelt, droht die Anfechtbarkeit sowohl nach § 132 InsO als auch nach § 547 Bankruptcy Code, auch wenn es bei Geschäftsabschluss das Vermögen des Schuldners gemehrt hat. Diese Betrachtung ist jedoch verfehlt und kann sich insbesondere bei volatilen Finanzprodukten nachteilig für den Vertragspartner eines insolventen Unterneh100  § 210 (a)(11)(A) Dodd-Frank Act erfasst Fraudulent transfers und § 210 (a)(11)(B) Dodd-Frank Act Preferential Transfers. 101  Vgl. §§ 3, 4 AnfG. 102  Baxter/Hansen/Sommer, American Bankruptcy Journal 2004, 57, 63. 103  Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 548.

II.  Allgemeiner Teil

277

mens auswirken. Ziel des Anfechtungsrechts ist die Verhinderung von Geschäften, die das Management gegen das Interesse der Gläubiger abschließt. Dazu muss das Geschäft zum Zeitpunkt des Abschlusses bewertet werden. Erhält der Schuldner zum Zeitpunkt des Abschlusses einen adäquaten Gegenwert, sollte das Geschäft nicht durch eine anschließende für den Schuldner negative Entwicklung des Geschäfts, beispielsweise durch Marktfluktuationen, anfechtbar werden. Auch die Anfechtbarkeit von Rückzahlungen an Gläubiger nach § 130 InsO könnte bei der Anwendung auf Banken zu Problemen führen. Im Zeitraum zwischen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit und Eröffnung des Insolvenzverfahrens finden Zahlungen in großer Höhe statt, die nach § 130 InsO anfechtbar würden, sobald der Gläubiger Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit erlangen würde. Diese Kenntnis könnte beispielsweise durch eine entsprechende Medienberichterstattung entstehen, insbesondere, da nach § 130 Abs. 2 InsO die Kenntnis von Umständen ausreicht, die zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit schließen lassen. Vorzuziehen wäre daher eine an den Bankruptcy Code angelehnte Regelung, nach der nur außerordentliche Zahlungen anfechtbar wären, bei denen der Gläubiger mehr erhält als im Insolvenzverfahren. Damit würden auch Einleger geschützt, die klassischerweise im Insolvenzverfahren keine Verluste hinnehmen müssen. Selbst wenn sie außerordentliche Abhebungen vornähmen, würden die Zahlungen nicht anfechtbar, da sie durch die Zahlung nicht besser als im Insolvenzverfahren gestellt würden. Der Wegfall des Anfechtungsrechts im deutschen Sonderinsolvenzrecht für Banken steht im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzrecht und zum US-Sonderinsolvenzrecht. Zur Bindung der Gläubiger an das Insolvenzverfahren hat das Anfechtungsrecht aber wesentliche Bedeutung. Ohne die Möglichkeit, Zahlungen im Vorfeld der Insolvenz zu unterbinden, wenn diese der Gläubigergesamtheit schaden, besteht einerseits der Fehlanreiz für das Management zur verschwenderischen Investition in riskante Projekte in der Hoffnung auf einen Erfolg und damit auf das Überleben des Instituts und andererseits der Fehlanreiz für die Gläubiger, die eine Forderungskürzung im Insolvenzverfahren erwarten, ihre Forderung frühzeitig zu vollstrecken und damit einen run auf das Institut auszulösen. Auch ein mögliches betrügerisches Verhalten des Managements könnte mit Hilfe des Anfechtungsrechts besser unterbunden werden.104 Um eine Verunsicherung des Finanzmarktes durch die Schaffung eines Anfechtungsrechts im deutschen Sonderinsolvenzrecht zu verhindern, sollte dabei nicht die Insolvenzordnung zum Vorbild genommen werden, sondern der Bankruptcy Code, der nicht auf die Kenntnis des Geschäftspartners abstellt, sondern die Anfechtbarkeit anhand objektiver Kriterien festlegt. Darüber hinaus muss zur Beurteilung der Nachteiligkeit eines Geschäfts auf den Zeitpunkt des Geschäftsabschlusses und nicht auf den Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung abgestellt werden. Die Anfechtbarkeit von fraudulent transfers würde verhindern, dass Projekte, die lediglich aufgrund des overinvestment-Problems durchgeführt würden, die Insolvenzmasse verringern und die Anfechtbarkeit von preferential transfers wäre auf Geschäfte beschränkt, die außerhalb des ordentli104 

Swire, Duke Law Journal 1992, 469, 518.

278

E.  Instrumente

chen Geschäftsbetriebs erfolgen und zu einer Besserstellung des Vertragspartners im Vergleich zu seiner Stellung im Insolvenzverfahren führen. Damit würde die durch die Einführung eines Anfechtungsrechts entstehende Unsicherheit am Kapitalmarkt auf ein Minimum reduziert. 5.  Entzug der Bankerlaubnis Für die Restrukturierung von Finanzinstituten im allgemeinen Insolvenzrecht stellt auch die Regelung des § 35 KWG ein wesentliches Hindernis dar. So wurde in § 35 Abs. 2a KWG durch das Restrukturierungsgesetz festgelegt, dass die Bankerlaubnis durch die Aufsichtsbehörde aufgehoben werden soll, wenn über das Institut ein Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.105 Ausweislich der Gesetzesbegründung wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens deutlich, dass präventive Eingriffe und Sanierungsbemühungen gescheitert oder von vornherein aussichtslos sind. Daher sei die Erlaubnis nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens regelmäßig zu entziehen.106 Der Entzug der Bankerlaubnis macht aber die Fortführung des Bankgeschäfts und damit die Fortführung des Finanzinstituts faktisch unmöglich. Ausnahmsweise kann daher nach überwiegender Ansicht ein Entzug der Bankerlaubnis entfallen, wenn der Insolvenzverwalter eine erfolgreiche Durchführung eines Insolvenzplanverfahrens nach §§ 217 ff. InsO in Aussicht stellt und die Durchführbarkeit durch Tatsachen belegt.107 Nach anderer Ansicht lässt hingegen die zugrunde liegende Richtlinie 2001/24/EG über die Sanierung und Liquidation von Kreditinstituten keinen Spielraum für eine solche Ausnahme.108 Damit wird aber der Grundsatz des Insolvenzverfahrens verkannt, nach dem eine Fortführung jedenfalls bis zur Gläubigerentscheidung über Fortführung oder Stilllegung erfolgen muss, um die Möglichkeit der Fortführung zu erhalten. Mithin sollte in § 35 KWG der Entzug der Bankerlaubnis auf diejenigen Fälle beschränkt werden, in denen eine Stilllegung des Instituts im Insolvenzverfahren beschlossen wurde. Neben dem Entzug der Bankerlaubnis ist weiterhin problematisch, dass das Institut durch die Insolvenzeröffnung von der weiteren Teilnahme an den Zahlungsverkehrssystemen der Bundesbank ausgeschlossen wird.109 Damit ist die Fortführung des klassischen Bankgeschäfts auch ohne Entzug der Bankerlaubnis tatsächlich kaum vorstellbar. Um eine Fortführung im allgemeinen Insolvenzverfahren zu ermöglichen, müsste diese Regelung der Bundesbank angepasst werden.

105 

Vgl. BT-Drucks. 17/3024, S. 17. BT-Drucks. 17/3024, S. 59. 107 Schwennicke/Auerbach/Schwennicke, § 35 InsO, Rn. 50; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, § 35 InsO, Rn. 46; BT-Drucks. 17/3024, S. 59. 108  Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 127. 109  Art. 34 Abs. 1 a) Geschäftsbedingungen für die Teilnahme an TARGET2-Bundesbank; Art. 29 Abs. 4 Allgemeine Geschäftsbedingungen der Deutschen Bundesbank, Bankrechtliche Regelungen. 106 

III.  Frühinterventionsmaßnahmen

279

III.  Frühinterventionsmaßnahmen 1.  Übersicht Das Sonderinsolvenzrecht lässt sich in zwei Kategorien einteilen: Einerseits gibt es formelle Verfahren zur Abwendung der Krisensituation durch eine Reorganisation, eine übertragende Sanierung oder die Stilllegung des Instituts. Andererseits gibt es Eingriffsbefugnisse, die nur teilweise in die Selbstverwaltung des Instituts eingreifen und mit Hilfe der Durchführung gezielter Maßnahmen die Behebung der Krise bezwecken. Letztere Normen sind dem Sonderinsolvenzrecht zuzurechnen, da sie wie das verfahrensbezogene Insolvenzrecht die Funktion erfüllen, eine finanzielle Krisensituation zu lösen. Im deutschen Sonderinsolvenzrecht können diese Maßnahmen eigenständig, zum Teil aber auch in Ergänzung zu einem formellen Sonderinsolvenzverfahren durchgeführt werden. Oft sind sie der Eröffnung eines formellen Verfahrens vorgelagert. Regelmäßig wird erst dann ein formelles Verfahren eröffnet, wenn die Frühinterventionsmaßnahmen nicht zum Erfolg führen. Frühinterventionsmaßnahmen sind in §§ 2 ff. KredReorgG, in § 46 KWG und in §§ 36 ff. SAG vorgesehen. Maßnahmen nach dem KWG und dem SAG sind ausweislich des § 36 Abs. 1 S. 1 SAG nicht exklusiv, sondern können nebeneinander angewendet werden. Die Möglichkeiten nach §§ 36 ff. SAG und § 46 KWG überlappen sich allerdings stark. Weshalb der Gesetzgeber die Umsetzung von Artikel 27 der Abwicklungsrichtlinie nicht vollständig in § 46 KWG vorgenommen hat und damit unnötige Dopplungen vermieden hat, ist unklar. Im Folgenden werden die Maßnahmen nach beiden Gesetzen kurz vorgestellt und analysiert. 2.  Das Sanierungsverfahren Liegt eine Sanierungsbedürftigkeit vor, kann jedes Kreditinstitut ein Sanierungsverfahren nach §§ 2 ff. KredReorgG durchführen.110 Dazu legt es nach § 2 Abs. 2 KredReorgG einen Sanierungsplan vor und schlägt einen geeigneten Sanierungsberater vor. Der Sanierungsplan kann im Gegensatz zu dem Reorganisationsplan im Reorganisationsverfahren oder dem Insolvenzplan im Insolvenzverfahren aber keine Maßnahmen enthalten, die gegen den Willen der Gläubiger in deren Rechte eingreifen.111 Diese Einschränkung ist problematisch. Der größte Vorteil der Durchführung eines Insolvenzverfahrens gegenüber einer außergerichtlichen Sanierung liegt darin, auch solche Gläubiger an das Verfahren binden zu können, die den geplanten Maßnahmen nicht zustimmen.112 Da dies im Sanierungsverfahren nach dem KredReorgG nicht möglich ist, stellt sich die Frage, welchen Vorteil 110 

Vgl. zum Anwendungsbereich ausführlich Kapitel D. III. 1. b) cc). § 2 Abs. 2 S. 2 KredReorgG. 112  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 33; vgl. auch Kapitel B. I. 2. 111 

280

E.  Instrumente

die Durchführung des Sanierungsverfahrens einem Institut gegenüber einer außergerichtlichen Sanierung bringen kann.113 Der einzige ersichtliche Vorteil des Sanierungsverfahrens besteht in der Möglichkeit, Sanierungskredite in Höhe von bis zu 10 Prozent der Eigenmittel des Instituts aufzunehmen, die in einem möglicherweise später durchzuführenden Insolvenzverfahren vorrangig befriedigt werden.114 Damit kann ein Institut seine Liquidität verbessern, soweit es noch Eigenmittel in nennenswerter Höhe aufweisen kann. Naheliegend wäre auch die Annahme, dass mit Hilfe des vorrangigen Sanierungskredites ein mögliches Unterinvestitionsproblem beseitigt werden kann. Das Unterinvestitionsproblem tritt allerdings erst bei bestehender Überschuldung auf und mithin nachdem alle Eigenmittel aufgebraucht sind.115 Gegen die Durchführung eines Sanierungsverfahrens spricht aber aus Sicht des Instituts die negative Signalwirkung und die damit verbundene Gefahr eines bank run, die von einem derartigen Verfahren ausgeht.116 Zwar ist der Antrag des Instituts als solcher nicht veröffentlichungspflichtig, auch die gerichtliche Entscheidung kann ohne mündliche Verhandlung und damit ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durch Beschluss ergehen.117 Dennoch ist zumindest fraglich, ob die Durchführung eines Sanierungsverfahrens unter Beteiligung einer Vielzahl von Gläubiger tatsächlich geheim gehalten werden kann. Dem könnte bei börsennotierten Instituten auch die Veröffentlichungspflicht nach § 15 Abs. 1 WpHG entgegenstehen.118 Entscheidet sich das Institut für eine Durchführung des Verfahrens und ist der Antrag zulässig und nicht offensichtlich ungeeignet, ordnet das zuständige OLG Frankfurt am Main119 die Durchführung des Verfahrens an und bestellt den Sanierungsberater. Der Sanierungsberater ist mit dem schwachen vorläufigen Insolvenz­ verwalter vergleichbar120 und hat neben Auskunftsrechten nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 KredReorgG insbesondere das Recht, Anweisungen an die Geschäftsführung des Instituts zu erteilen. Er hat die Aufgabe, die Durchführung des Sanierungsplans

113  Kritisch auch Bachmann, ZBB 2010, 459, 461; Kuder, Neues Restrukturierungsrecht für Banken, S. 98, 103; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 2 KredReorgG, Rn. 8; Frind, ZinsO 2010, 1921, 1922. 114  § 2 Abs. 2 S. 5 KredReorgG. 115  Vgl. Kapitel B. I. 3. a). 116  Schuster/Westpfahl, Der Betrieb 2011, 221, 223; vgl. auch Kapitel B. II. 2. 117  Kuder, Neues Restrukturierungsrecht für Banken, S. 98, 106; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 3 KredReorgG, Rn. 21; a.A. Schuster/Westphal, Der Betrieb 2011, 221, 223. 118  Bachmann, ZBB 2010, 459, 462; Schuster/Westphal, Der Betrieb 2011, 221, 223. 119  Das OLG Frankfurt am Main ist allein zuständig gemäß § 2 Abs. 3 S. 2 KredReorgG i.V.m. § 1 Abs. 3 S. 1 FinDAG. 120  Bachmann, ZBB 2010, 459, 462.

III.  Frühinterventionsmaßnahmen

281

zu überwachen, und zeigt dem OLG nach der Durchführung die Beendigung des Sanierungsverfahrens an, welches dann durch das OLG aufgehoben wird.121 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass das Sanierungsverfahren aufgrund der mangelnden Eingriffsbefugnisse in die Rechte Dritter wohl kein wesentliches Instrument des Sonderinsolvenzrechts darstellt.122 Einen signifikanten Vorteil bietet es lediglich Instituten, die eine hinreichende Menge an Eigenmitteln vorweisen können, denen aber Liquidität fehlt, und die somit von der Aufnahme eines Sanierungskredites profitieren können. 3.  Maßnahmen nach dem KWG Zur Abwendung einer Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern kann die BaFin einstweilige Maßnahmen nach § 46 KWG durchführen.123 Die Liste des § 46 Abs. 1 KWG enthält nur beispielhafte Maßnahmen und kann durch weitere Anordnungen ergänzt werden, die die BaFin für geboten hält.124 Die Kataloginstrumente lassen sich unterteilen in solche Maßnahmen, die sich auf die Geschäftsführung auswirken, und solche, die die Zahlungen des Instituts einschränken. a)  Beschränkung der Geschäftsführung Zur Beschränkung der Geschäftsführung ist es der BaFin möglich, nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 KWG Anweisungen an die Geschäftsführung des Instituts zu erlassen oder nach Nr. 3 Inhabern und Geschäftsleitern die Ausübung ihrer Tätigkeit zu untersagen oder zu beschränken. Im Bereich der Anweisung für die Geschäftsführung ist insbesondere vorstellbar, dass die BaFin die Risikoreduktion der betriebenen Geschäfte anordnet, eine Umstrukturierung des Instituts betreibt oder die Erhöhung des Eigenkapitals fordert.125 Die damit zur Verfügung stehenden Eingriffsmöglichkeiten greifen stark in die freie Geschäftstätigkeit des Unternehmens ein und müssen daher einer verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung unterzogen werden.126 Alternativ oder zusätzlich zur Erteilung von Anweisungen an die Geschäftsführung kann die BaFin auch die Tätigkeit von Geschäftsleitern vorübergehend 121 

§ 6 KredReorgG. auch Webers, Das Sanierungsverfahren nach dem Restrukturierungsgesetz, S. 148; Bachmann, ZBB 2010, 459, 462; Müller-Eising et al., Betriebs Berater 2011, 66, 70; Lorenz, NZG 2010, 1046, 1049. 123  Vgl. zum Anwendungsbereich ausführlich Kapitel D. III. 1. b) aa). 124  Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut „insbesondere“, vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46 KWG, Rn. 54. 125 Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 17; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/ Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 24 m.w.N. 126 Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 22. 122 So

282

E.  Instrumente

untersagen oder beschränken, wenn eine Mitverantwortung des betroffenen Geschäftsleiters für die Gefährdung des Instituts jedenfalls vermutet wird.127 Im Gegensatz zur Abberufung des Geschäftsleiters nach § 36 KWG ist die Untersagung der Tätigkeit nach § 46 KWG nur vorübergehend und die Gründe für eine Untersagung sind enger gefasst. Allerdings stellt die zeitlich begrenzte Untersagung nach § 46 KWG auch geringere Anforderungen an die Begründung der Maßnahme in der Verhältnismäßigkeitsprüfung. Während die Abberufungsgründe in § 36 KWG belegt sein müssen und teilweise sogar eine Verwarnung des Geschäftsleiters vor der Abberufung voraussetzen,128 reicht im Rahmen von § 46 KWG eine „vermutete, noch zu erhärtende Unfähigkeit“ aus.129 Neben der Untersagung der Geschäftsführung, kann die BaFin auch anordnen, dass der Geschäftsleiter nicht mehr alleinvertretungsbefugt ist, sondern das Institut beispielsweise nur noch gemeinsam mit einem Sonderbeauftragten nach § 45c KWG vertreten kann.130 Sowohl die Anordnung von Maßnahmen, als auch der Eingriff in die personelle Besetzung der Geschäftsleitung ermöglichen es der BaFin, direkten Einfluss auf die Geschäftspraktiken zu nehmen, ohne dass dies unmittelbar für die Öffentlichkeit erkennbar ist. b)  Einschränkung der Zahlungen Neben den Eingriffen in die Geschäftsleitung, die nach innen wirken, kann die BaFin auch unterschiedliche Zahlungsverbote aussprechen, die eine unmittelbare Außenwirkung entfalten. Nach § 46 Abs. 1 Nr. 2 KWG kann die BaFin ein Verbot der Annahme von Einlagen oder von sonstigem Kundenvermögen sowie die Gewährung von Krediten erlassen. Durch das Verbot wird das klassische Bankgeschäft weitgehend zum Erliegen gebracht.131 Das Institut darf weder das Einlagengeschäft noch das Kreditgeschäft weiter betreiben. Sogar die Auszahlung verbindlich zugesagter Kredite wird durch Anordnung dieser Maßnahme unterbunden.132 Weiterhin möglich sind aber die Veräußerung und der Erwerb von Vermögensgegenständen sowie die Begleichung bestehender Verbindlichkeiten. Ein Veräußerungs- und Zahlungsverbot kann die BaFin aber nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 KWG anordnen. Die Wirkung eines derartigen Verbotes ist insbesondere mit Blick auf das Vollstreckungsverbot nach § 46 Abs. 2 S. 6 KWG, welches in Kraft tritt, wenn Maßnahmen nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 – 6 KWG ergriffen werden, 127 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46 KWG, Rn. 66; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 30. 128  Vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fischer, § 36 KWG, Rn. 127. 129  VG Berlin, Entscheidung 14 A 189/81, abgedruckt in Beckmann/Bauer, Bankaufsichtsrecht, § 46 KWG, Nr. 8, S. 12. 130 Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 20. 131 Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 18. 132 Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 27.

III.  Frühinterventionsmaßnahmen

283

vergleichbar mit dem Zahlungs- und Vollstreckungsverbot im allgemeinen Insolvenzrecht nach §§ 81 und 89 InsO. Auch der Zweck der Anordnung ist mit dem des Zahlungsverbotes oder des Anfechtungsrechts vergleichbar.133 So soll einerseits verhindert werden, dass der Schuldner sein Vermögen verkauft und den Erlös dem Zugriff der Gläubiger entzieht,134 andererseits sollen Zahlungen an und Vollstreckungen durch einzelne Gläubiger verhindert werden, die andere Gläubiger benachteiligen und es den Zahlungsempfängern erlauben, sich dem kollektiven Verfahren zu entziehen.135 Auch die Ausnahmen vom Zahlungs- und Veräußerungsbot in § 46 Abs. 2 S. 2 KWG erinnern an das Insolvenzrecht. So darf das Institut weiterhin Geschäfte vornehmen, die zur Abwicklung notwendig sind. Weiterhin darf das Institut gemäß § 46 Abs. 2 S. 3 KWG solche Geschäfte durchführen, die von der BaFin genehmigt werden. Vergleicht man die Rolle der BaFin mit der Rolle des Insolvenzverwalters, sind die Parallelen deutlich erkennbar. Zahlungen, die von der BaFin oder dem eingesetzten Sonderbeauftragten gestattet wurden, sind nach § 46 KWG genauso erlaubt wie Zahlungen des Insolvenzverwalters nach § 80 InsO. Die Vergleichbarkeit wird auch durch den Verweis von § 46 Abs. 2 S. 7 KWG zum Schutz von Zahlungssystemen auf die Vorschriften der Insolvenzordnung sichtbar. Maßnahmen nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 – 6 KWG werden demnach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gleichgesetzt.136 Neben dem Verbot der Annahme von Vermögensgegenständen von Kunden und der Gewährung von Krediten sowie dem Erlass eines Veräußerungs- und Zahlungsverbots hat die BaFin gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 5 KWG die Möglichkeit, das Institut für den Verkehr mit der Kundschaft zu schließen und nach Nr. 6 die Entgegennahme von Zahlungen, die nicht zur Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Institut bestimmt sind, zu verbieten. Die Schließung des Instituts beschränkt das Institut nicht in rechtlicher Hinsicht und wird regelmäßig nur begleitend zu anderen Maßnahmen nach § 46 KWG angeordnet.137 Es handelt sich um eine Schließung des Zugangs zum Institut – sowohl in Form einer räumlichen Schließung von Filialen als auch von Online-Zugängen und Geldautomaten.138 Das Verbot der Entgegennahme von Zahlungen nach Nr. 6 ist im Vergleich zu dem Verbot der Annahme von Kundenvermögen nach Nr. 2 weniger restriktiv. Es verfolgt den Zweck, die Gläubiger in der Krise des Instituts davor zu schützen, Gelder einzuzahlen, die vom Institut nicht vollständig zurückgezahlt werden 133  Vgl. im Allgemeinen Binder, Bankeninsolvenzen im Spannungsfeld zwischen Bank­ aufsichts- und Insolvenzrecht, S. 316. 134  Vgl. dazu die Anreize zur Überinvestition in Kapitel B. I. 3. b). 135 Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 25, 26; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46 KWG, Rn. 73. 136 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46 KWG, Rn. 109. 137 Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 53. 138 Luz/Willemsen/Rechel, § 46 KWG, Rn. 28; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/ Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 54; Pannen, Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, S. 46.

E.  Instrumente

284

können.139 Ausgenommen sind daher in Nr. 6 auch Zahlungen, die zur Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Institut bestimmt sind und damit keine Forderungen begründen, sowie Zahlungen, deren Rückzahlung durch Sicherungseinrichtungen vollumfänglich sichergestellt ist. Somit ist es dem Institut auch bei Anordnung einer Maßnahme nach Nr. 6 weiterhin möglich, das Einlagengeschäft zu betreiben, solange die Einlagen vom Einlagensicherungsfonds gedeckt sind. Auch das Kreditgeschäft wird durch den Erlass des Verbots der Entgegennahme von Zahlungen nach Nr. 6 nicht beeinträchtigt. Die kombinierte Anordnung der Nr. 4 – 6 wird regelmäßig als Moratorium bezeichnet, auch wenn der Gesetzgeber diese Bezeichnung für Maßnahmen der Bundesregierung nach § 46g KWG zur Schließung mehrere Institute oder zur Gewährung eines Zahlungsaufschubs gewählt hat.140 Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass die Eingriffsschwelle für die Anordnung dieser Maßnahmen höher läge als für Maßnahmen nach den Nummern 1 – 3.141 Dem ist aber insbesondere mit Blick auf die weitreichende Wirkung des Verbots der Annahme von Kundenvermögen und der Gewährung von Krediten nach Nr. 2 zu widersprechen. Zwar sind die Eingriffe in die Geschäftsführung weniger stark als die Einschränkungen der Zahlungen, die Verhängung des Verbots nach Nr. 2 stellt aber im Vergleich beispielsweise zu Nr. 6 den stärkeren Eingriff dar. 4.  Maßnahmen nach dem SAG Neben den genannten Maßnahmen nach dem Kreditwesengesetz kann die Aufsichtsbehörde gegenüber Instituten, die gegen die Eigenmittelvorschriften oder die Liquiditätsvorschriften verstoßen, auch Frühinterventionsmaßnahmen nach §§ 36 f. SAG anordnen. Diese sind weitgehend vergleichbar mit Maßnahmen zur Beschränkung der Geschäftsführung nach § 46 KWG und zur Bestellung eines Sonderbeauftragten nach § 45c KWG. Gemäß § 36 Abs. 1 S. 1 SAG kann die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Institut Maßnahmen anordnen, „die geeignet und erforderlich sind, um die signifikant verschlechterte wirtschaftliche Situation des Instituts zu verbessern.“ Vergleichbar mit der Anordnungsbefugnis in § 46 KWG erfolgt damit keine abschließende Aufführung möglicher Maßnahmen. Allerdings enthält auch § 36 SAG einen beispielhaften Maßnahmenkatalog. Nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 SAG kann die Aufsichtsbehörde von der Geschäftsleitung eine Reihe von Maßnahmen, wie beispielsweise die Aktualisierung oder Umsetzung des Sanierungsplans, die Einberufung einer Anteilsinhaberversammlung oder die Änderung der Geschäftsstrategie oder der operativen Strukturen verlan139 Luz/Willemsen/Rechel,

§ 46 KWG, Rn. 29. Höpfner, Präventive Bankenaufsicht, S. 61; Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46 KWG, Rn. 2. 141  Höpfner, Präventive Bankenaufsicht, S. 61; Schwennicke/Auerbach/Schwennicke/ Haß/Herweg, § 46 KWG, Rn. 33. 140 

III.  Frühinterventionsmaßnahmen

285

gen. Alle erwähnten Maßnahmen ließen sich auch unproblematisch in Form einer Anweisung nach § 46 Abs. 1 Nr. 1 KWG anordnen. Die Notwendigkeit zur Aufnahme dieser Maßnahmen in das SAG ist somit nicht ersichtlich. Noch unverständlicher ist die Aufnahme der Regelung des § 36 Abs. 1 Nr. 2 SAG, nach dem die Aufsichtsbehörde „vom Institut verlangen [kann], dass einer oder mehrere Geschäftsleiter des Instituts abberufen werden, sofern sie gemäß den Vorschriften des Kreditwesengesetzes für die Erfüllung ihrer Aufgaben nicht geeignet sind.“ Die Geeignetheit eines Geschäftsleiters ist in § 25c KWG geregelt. Eine Abberufung wegen mangelnder Eignung nach den Vorschriften des KWG ist losgelöst vom SAG schon nach § 36 Abs. 3 KWG möglich. § 36 Abs. 1 Nr. 2 SAG stellt damit eine redundante Dopplung von § 36 Abs. 3 KWG dar. Auch der Sinn und Zweck von § 37 SAG erscheint vor dem Hintergrund der bestehenden Möglichkeiten im KWG fragwürdig. So kann die Aufsichtsbehörde nach § 37 Abs. 1 SAG gegenüber dem Institut die Abberufung einzelner oder aller Geschäftsleiter anordnen, wenn Maßnahmen nach § 36 SAG nicht erfolgreich waren. Allerdings könnte die Aufsichtsbehörde auch die Tätigkeit des Geschäftsleiters nach § 46 Abs. 1 Nr. 3 KWG untersagen, denn § 46 KWG bleibt gemäß § 37 Abs. 2 SAG explizit anwendbar. Die Gesetzesbegründung zu §§ 36 und 37 SAG beschränkt sich darauf, auf die Umsetzung von Artikel 27 und 28 der Abwicklungsrichtlinie zu verweisen und gibt daher auch keinen Aufschluss über die Erwägungsgründe zur Aufnahme schon im KWG vorhandener Befugnisse der BaFin in das SAG.142 Im Gegensatz zu §§ 36 und 37 SAG erweitert die Ermächtigung zur Einsetzung eines vorläufigen Verwalters nach § 38 SAG die Befugnisse der Abwicklungsbehörde im Vergleich zu den Befugnissen der BaFin im KWG. Zwar besteht mit § 45c KWG, der gemäß § 38 Abs. 5 SAG auch weiter anwendbar bleibt, im KWG die Möglichkeit zur Bestellung eines Sonderbeauftragten, der mit dem vorläufigen Verwalter vergleichbar ist, der vorläufige Verwalter nach dem SAG unterliegt aber keinen mit dem Sonderbeauftragten vergleichbaren Beschränkungen. So kann die BaFin nach § 45c Abs. 1 KWG lediglich einen Sonderbeauftragten bestellen, nach § 38 Abs. 2 SAG können aber mehrere vorläufige Verwalter bestellt werden. Auch besteht für den vorläufigen Verwalter kein mit § 45c Abs. 3 S. 2 KWG vergleichbares Verbot, die Funktion von Organen der Geschäftsführung und der Aufsichtsorgane zugleich zu übernehmen. Die Aufgaben und Befugnisse des Sonderbeauftragten und des vorläufigen Verwalters können gleichermaßen frei festgelegt werden, wobei § 45c KWG im Gegensatz zu § 38 SAG eine exemplarische Auflistung von Aufgaben enthält.

142 

Vgl. BT-Drucks. 18/2575, S. 154 f.

286

E.  Instrumente

5.  Rechtliche Würdigung Auch bei der Beurteilung der Frühinterventionsmaßnahmen muss zwischen Maßnahmen mit Auswirkungen auf die Geschäftsführung und Maßnahmen mit Außenwirkung unterschieden werden. Der Eingriff in die Geschäftsführung vor der Eröffnung eines formellen Verfahrens setzt die laufende Bankaufsicht konsequent fort. Wie im Kapitel zu den ökonomischen Auswirkungen der Insolvenz dargestellt, verstärken sich die Anreize des Managements zur Überinvestition – im Bankbereich moral hazard genannt – je geringer die Eigenkapitaldecke des Instituts wird. Eingriffe in die Geschäftsführung in Form von Anordnungen oder durch personelle Veränderungen sind geeignet, die Durchführung von risikoreichen aber im Erwartungswert negativen Projekten zu unterbinden und damit schon im Vorfeld der Insolvenz korrigierend einzugreifen. Die Ungleichbehandlung des Finanzsektors im Vergleich zu anderen Sektoren, in denen das Management bis zu Insolvenzeröffnung freie Hand hat, lässt sich damit rechtfertigen, dass die Risikoerhöhung bei Finanzinstituten besonders leicht möglich ist und die nachträgliche Anfechtung einer Vielzahl von Rechtsgeschäften stärkere Verwerfungen zu verursachen droht als bei der Insolvenz von Nichtfinanzinstituten. Im Gegensatz zu Maßnahmen mit Außenwirkung gefährdet die Beschränkung der Geschäftsführung die Fortführung des Instituts nicht. Allerdings ist fraglich, ob alleine durch Anweisungen oder personelle Veränderungen eine ernsthafte finanzielle Krise des Instituts wirksam behoben werden kann. Regelmäßig wird daher die Funktion der Vorbereitung einer effektiven Reorganisation oder Abwicklung in dieser Phase eine entscheidende Rolle einnehmen. Unnötig ist hingegen die Doppelstruktur der Ermächtigung zu derartigen Maßnahmen im KWG und im SAG. Die Anwendbarkeit von beiden Gesetzen mit annähernd gleichen Maßnahmen verursacht eine leicht vermeidbare Intransparenz. Aufgrund der inhaltlichen Nähe zur laufenden Bankenaufsicht und dem Mischcharakter von § 46 KWG als Norm des Sonderinsolvenzrechts und der laufenden Aufsicht143 wäre es wünschenswert, die entsprechenden Normen des SAG zu streichen und die Regelungen zum vorläufigen Verwalter und zum Sonderbeauftragten zusammenzuführen. Anders als die Eingriffe in die Geschäftsführung, ist die Beschränkung der Zahlungen in § 46 KWG kritisch zu betrachten, da sie, wie das Zahlungsverbot im allgemeinen Insolvenzrecht,144 die Fortführung eines Finanzinstituts deutlich erschwert. Spätestens, wenn der Einlagensicherungsfonds sechs Wochen nach Ergreifung von Maßnahmen nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 – 6 KWG den Sicherungsfall erklärt,145 bricht das Einlagengeschäft zusammen und eine Fortführung eines klassischen Finanzinstituts wird undenkbar. Wie schon zuvor dargelegt, muss das Zahlungs- und Vollstreckungsverbot daher auf einen sehr kurzen Zeitraum beschränkt 143 

Vgl. Kapitel C. II. 2. b). Vgl. Kapitel E. II. 1. a). 145  § 5 Abs. 1 S. 2 Anlegerentschädigungsgesetz. 144 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

287

werden, wenn die Fortführungsoption bewahrt werden soll.146 Die Einschränkung der Zahlungen ist lediglich sinnvoll, um eine wirksame Durchführung der Reorganisation oder Abwicklung des Instituts zu ermöglichen und sollte daher auch nur als begleitende Maßnahme vorgenommen werden. Im Sonderinsolvenzrecht des SAG finden sich bereits die Regelungen der §§ 82 und 83 SAG zum Zahlungs- und Vollstreckungsverbot, die aber lediglich eine Aussetzung der Zahlungsverpflichtungen und Vollstreckung bis zum Ende des nächsten Geschäftstages ermöglichen. Wird mehr Zeit zur Reorganisation oder Abwicklung des Instituts benötigt, müssen zusätzlich Maßnahmen nach § 46 KWG angeordnet werden. Problematisch sind dabei die unterschiedlichen Zuständigkeiten für die Anordnung eines Zahlungs- und Vollstreckungsverbotes nach § 46 KWG und für die Durchführung der Maßnahmen nach dem SAG. Erstere liegt bei bei der Aufsichtsbehörde und letztere bei der Abwicklungsbehörde. Vorzuziehen wäre daher sowohl zur Vereinheitlichung der Zuständigkeit als auch zur Vergrößerung der Übersichtlichkeit, die Regelungen der §§ 82, 83 SAG wie zuvor beschrieben147 anzupassen und die Ermächtigung des § 46 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 4 – 6 KWG entfallen zu lassen. Darüber hinaus kann auch das Sanierungsverfahren als Frühinterventionsmaßnahme entfallen, da der praktische Nutzen gegenüber einer privaten Verhandlungslösung nicht ersichtlich ist.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts 1.  Übersicht Übersteigt der Fortführungswert eines Unternehmens seinen Stilllegungswert, wählen die Gläubiger im allgemeinen Insolvenzrecht die Verwertung in Form einer Reorganisation oder einer übertragenden Sanierung, um ihren Verwertungserlös zu maximieren. Umgekehrt wählen die Gläubiger die Stilllegung, wenn die Fortführung keinen höheren Verwertungserlös verspricht. Grundsätzlich gilt dies auch für die Entscheidung über die Fortführung von Finanzinstituten. Allerdings kann die Stilllegung eines Finanzinstituts zu negativen Folgen für den Finanzmarkt führen und eine Fortführung des Instituts ist zur Vermeidung von Ansteckungseffekten notwendig.148 Im Sonderinsolvenzverfahren muss dieser Aspekt neben dem Gläubigerinteresse berücksichtigt werden. Die Reorganisation unterscheidet sich von der übertragenden Sanierung im Wesentlichen durch den Rechtsträger des fortgeführten Unternehmens. Während bei einer übertragenden Sanierung ein neuer Rechtsträger das Geschäft übernimmt,

146 

Vgl. Kapitel E. II. 1. b). Vgl. Kapitel E. II. 1. b). 148  Vgl. Kapitel B. II. 147 

288

E.  Instrumente

führt bei einer Reorganisation der alte Rechtsträger das Unternehmen fort.149 In diesem Abschnitt werden die Möglichkeiten zur Reorganisation von Unternehmen und Finanzinstituten untersucht, bevor im nächsten Abschnitt die übertragende Sanierung betrachtet wird. Eine Reorganisation erfordert regelmäßig eine finanzielle Restrukturierung, um die Überschuldung oder die Illiquidität des Insolvenzschuldners zu überwinden. Die Überschuldung kann durch die Kürzung von Forderungen oder die Umwandlungen von Forderungen in Eigenkapital behoben werden. Einen wesentlichen Aspekt der Umschuldung stellt die Frage dar, wie hoch der Beitrag der unterschiedlichen Gläubiger ausfallen muss, um die Insolvenz zu beheben. Der Beitrag wird neben dem Finanzierungsbedarf im Wesentlichen durch den Rang der jeweiligen Forderung bestimmt. Die Haftungskaskaden, die den Rang gesetzlich vorgeben, weichen in den unterschiedlichen Abwicklungsregimen zum Teil erheblich voneinander ab.150 Neben den unterschiedlichen Haftungskaskaden unterscheiden sich die Verfahren in der Ausgestaltung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Gläubiger. Während die Gläubiger großen Einfluss auf den Verlauf des allgemeinen Insolvenzverfahrens nehmen können, sind ihre Mitwirkungsmöglichkeiten im Sonderinsolvenzverfahren für Banken regelmäßig beschränkt.151 Im deutschen Recht stehen drei Verfahren zur Reorganisation zur Verfügung. Das Insolvenzplanverfahren der §§ 217 ff. InsO, welches allen Unternehmen offensteht, das Reorganisationsverfahren in §§ 7 ff. KredReorgG für systemrelevante Kreditinstitute und die Beteiligung der Anteilsinhaber und Gläubiger nach §§ 89 ff. SAG.152 Im US-Sonderinsolvenzrecht für Einlageninstitute besteht zwar die Möglichkeit der FDIC, als conservator Institute zu reorganisieren, regelmäßig findet aber eine übertragende Sanierung statt.153 Aufgrund der mangelnden Bedeutung wird auf die Reorganisation im FDIA nicht näher eingegangen. In der OLA des Dodd-Frank Act ist schon keine Reorganisationsmöglichkeit mehr vorgesehen. Für Nichtfinanzinstitute besteht hingegen mit Chapter 11 des Bankruptcy Code ein weit verbreitetes Reorganisationsverfahren im allgemeinen Insolvenzrecht. Dieses Verfahren diente als Vorbild für das Insolvenzplanverfahren und damit auch für das Reorganisationsverfahren des KredReorgG. Alle geschilderten Verfahren bezwecken die Fortführung des Unternehmens oder der Bank unter dem gleichen Rechtsträger nach einer Kürzung oder Umwandlung der Gläubigerforderungen. Im Folgenden werden die Unterschiede zwischen den Verfahren beleuchtet und die Notwendigkeit dieser Unterschiede untersucht. Im folgenden Unterabschnitt wird die Verantwortung für die Durchführung des 149 

Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 665. Siehe im Folgenden unter 4. 151  Vgl. dazu unter 5. 152  Vgl. zum Anwendungsbereich ausführlich Kapitel D. 153  FDIC, Resolutions Handbook 2015, S. 25. 150 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

289

Verfahrens erörtert, gefolgt von den Möglichkeiten der Finanzierung während des Verfahrens. Anschließend werden die Möglichkeiten zur Umwandlung oder Kürzung der Gläubigerforderung dargestellt und die Rechte der Gläubiger im Verfahren analysiert. 2.  Verantwortung für die Durchführung a)  Allgemeines Insolvenzrecht Die Verantwortung für die Durchführung eines Reorganisationsverfahrens liegt im allgemeinen Insolvenzrecht regelmäßig bei einem gerichtlich eingesetzten Insolvenzverwalter.154 Seine Aufgaben umfassen neben der Organisation des Verfahrens unter anderem die Anfechtung von Rechtshandlungen, die Zulassung oder Abwehr von Insolvenzforderungen sowie die Ausübung des Wahlrechts bei schwebenden Verträgen. Darüber hinaus kann er auch einen wesentlichen Einfluss auf die Art der Verwertung des Unternehmens ausüben.155 Aufgrund seiner hohen Verantwortung für das Gelingen des Verfahrens wird die Auswahl des Insolvenzverwalters auch als „Schicksalsfrage des Verfahrens“ bezeichnet.156 Sowohl im deutschen als auch im US-Recht entscheiden die Gläubiger als Betroffene des Verfahrens über die Auswahl des Verwalters.157 Im Unterschied zum US-Recht können die Gläubiger im deutschen Insolvenzrecht darüber hinaus sogar an der Bestellung eines vorläufigen Verwalters mitwirken und diesen sogar durch einen einstimmigen Vorschlag des vorläufigen Gläubigerausschusses selbst festlegen.158 Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass der vorläufige Insolvenzverwalter regelmäßig auch zum endgültigen Insolvenzverwalter bestellt wird, um Reibungsverluste während des Verfahrens zu vermeiden. Ohne Mitbestimmung der Gläubiger bei der Auswahl des vorläufigen Verwalters würden ihre Recht zur Auswahl des endgültigen Verwalters ins Leere laufen.159 Neben der Durchführung des Insolvenzverfahrens in der Verantwortung eines Insolvenzverwalters kann der Insolvenzschuldner unter bestimmten Voraussetzungen das Verfahren auch in Eigenverwaltung durchführen. Im US-Recht ist die Eigenverwaltung der Normalfall bei der Durchführung eines Reorganisationsverfahrens in Chapter 11.160 Ein Insolvenzverwalter wird im Chapter-11-Verfahren durch das Insolvenzgericht lediglich auf Antrag eines Gläubigers bestellt, wenn dies zum

154 

§ 56 InsO; § 702 Bankruptcy Code; § 1104 Bankruptcy Code. § 159 InsO; Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 112. 156  Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 112. 157  § 57 InsO; § 702 (b) Bankruptcy Code; § 1104 (b) Bankruptcy Code. 158  Vgl. § 56a Abs. 2 InsO im Gegensatz zu § 701 Bankruptcy Code. 159 Uhlenbruck/Zipperer, § 56a InsO, Rn. 2; zur Kritik daran vgl. MüKo/Graeber, § 56a InsO, Rn. 2. 160  § 1107 Bankruptcy Code. 155 

290

E.  Instrumente

Gläubigerschutz erforderlich ist.161 Im deutschen Recht ist hingegen auch im Reorganisationsverfahren die Bestellung eines Insolvenzverwalters die Regel. Die Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO muss vom Schuldner beantragt werden und kann lediglich erfolgen, „wenn keine Umstände bekannt sind, die erwarten lassen, dass die Anordnung zu Nachteilen für die Gläubiger führen wird.“162 Wird die Eigenverwaltung angeordnet, so ist jedenfalls ein Sachwalter zu bestellen, der die Geschäftsführung überwacht.163 Im US-Recht ist hingegen ein Sachwalter auch nur auf Antrag eines Gläubigers zu bestellen.164 In beiden Rechtsordnungen bleibt der Insolvenzschuldner in der Eigenverwaltung grundsätzlich verfügungsberechtigt und kann das Unternehmen bis zur Verabschiedung des Insolvenzplans fortführen.165 Unabhängig davon, ob das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung oder mit Hilfe eines Insolvenzverwalters durchgeführt wird, obliegt dem Insolvenzgericht die Aufsicht über das Verfahren. Wird ein Insolvenzverwalter vorgeschlagen, prüft es dessen Geeignetheit vor seiner Bestellung und überwacht seine Amtsführung.166 Neben der laufenden Aufsicht über das Verfahren besteht im Insolvenzplanverfahren die wohl wichtigste Rolle des Gerichts in der Bestätigung des Insolvenzplans und damit der Prüfung, ob die Gläubiger hinreichend geschützt wurden und die Haftungskaskade eingehalten wurde.167 Im deutschen Recht ist das Amtsgericht am Sitz des Landgerichtes, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zuständig.168 Im US-Recht wurden spezielle Insolvenzgerichte geschaffen, die dem jeweiligen district court unterstellt sind und mit speziellen Insolvenzrichtern besetzt sind.169 Die zuständigen Amts- und Insolvenzgerichte bearbeiten alle Insolvenzverfahren unabhängig von deren Größe oder dem betroffenen Industriezweig. Eine weitere Rolle im deutschen Insolvenzverfahren kommt der BaFin zu, wenn es sich bei dem Insolvenzschuldner um ein Kredit- oder Finanzinstitut handelt. Die BaFin erhält in diesen Fällen nach § 46b Abs. 1 S. 6 KWG ein Anhörungsrecht bei der Bestellung des Insolvenzverwalters. Unklar ist aber, ob sich dieses Anhörungsrecht auch auf den vorläufigen Insolvenzverwalter und den Sachwalter bezieht. Dies wird in der Literatur überwiegend mit Verweis auf den Normzweck bejaht.170 Tatsächlich bezweckt die Einholung der Stellungnahme der BaFin die 161 

§ 1104 (a) Bankruptcy Code. § 270 Abs. 2 InsO. 163  § 270c InsO i.V.m. § 274 InsO. 164  § 1104 (c) Bankruptcy Code. 165  § 270 Abs. 1 InsO; § 1107 Bankruptcy Code. 166  Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 117. 167  § 248 InsO, § 1129 Bankruptcy Code. 168  § 2 InsO i.V.m. § 3 InsO. 169  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 83 f. 170 Vgl. ausführlich Beck/Samm/Kockemoor/Skauradszun, § 46b KWG, Rn. 60 f.; Schwennicke/Auerbach/Haß/Herweg, § 46b KWG, Rn. 20; dagegen spricht sich Lindemann 162 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

291

bessere Beurteilung der Eignung des vorgeschlagenen Insolvenzverwalters zur Abwicklung oder Reorganisation eines Instituts. Die BaFin prüft in der laufenden Aufsicht regelmäßig die Geeignetheit von Geschäftsführern nach § 25c KWG und besitzt somit ein hohes Maß an Erfahrung in diesem Bereich. Diese Erfahrungen sind für die Bestellung eines Insolvenzverwalters von gleichem Nutzen wie für die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters oder eines Sachwalters. Mithin spricht Vieles dafür, von einem Anhörungsrecht der BaFin in § 46b KWG auch für die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters und eines Sachwalters auszugehen. Zu weit geht aber die Ansicht, es handele sich bei dem Mitwirkungsrecht des § 46b KWG um ein Vorschlagsrecht.171 Das Vorschlagsrecht für den Insolvenz­ verwalter liegt gemäß § 56a InsO und § 57 InsO lediglich bei der Gläubigerversammlung oder der vorläufigen Gläubigerversammlung. Ein paralleles oder gar ein ersetzendes Vorschlagsrecht der BaFin ist aus der Formulierung des § 46b KWG nicht zu entnehmen.172 Neben der Anhörung bei der Bestellung des Verwalters, hat die BaFin nach § 46b Abs. 1 KWG auch weitere Informationsrechte über den Verlauf des Verfahrens. b)  Sonderinsolvenzverfahren Im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzverfahren liegt die Verantwortung für die Durchführung einer Reorganisation im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts regelmäßig nicht bei einem Insolvenzverwalter unter der Aufsicht eines Insolvenzgerichts, sondern bei einer Behörde. So ist die Abwicklungsbehörde nach §§ 77, 89 SAG für die Anordnung der Beteiligung der Anteilsinhaber und Gläubiger zuständig. Diese Anordnung muss weder gerichtlich bestätigt werden noch ist eine Gläubigermitwirkung vorgesehen. Damit wird insbesondere das Ziel einer möglichst geringen Verfahrensdauer verfolgt.173 Allerdings kann die Abwicklungsbehörde einen Sonderverwalter nach § 87 SAG einsetzen, der die Geschäftsleitung für die Dauer von bis zu drei Jahren ersetzt. Die Aufgaben und Befugnisse des Sonderverwalters sind grundsätzlich mit denen des Insolvenzverwalters vergleichbar. So soll er nach § 86 Abs. 1 Nr. 1 SAG das in Abwicklung befindliche Institut leiten und für die Fortsetzung der Tätigkeiten und Dienstleistungen des Instituts sorgen. Weiterhin steht ihm die Verfügungsbefugnis über alle Vermögenswerte des Instituts nach § 86 Abs. 1 Nr. 2 SAG zu. Im Gegensatz zum Insolvenzverwalter, der gemäß § 59 Abs. 1 InsO nur aus wichtigem Grund entlassen werden darf, kann der Sonderverwalter jederzeit nach § 88 Abs. 4 SAG von seinen Aufgaben entbunden werden und ist nach § 88 Abs. 2 SAG der Abwicklungsbehörde gegenüber weisungsgebunden.

gegen eine Rechtspflicht zur Anhörung aus, vgl. Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Lindemann, § 46b KWG, Rn. 21. 171  So aber Luz/Willemsen/Rechel, § 46b KWG, Rn. 17. 172  So auch Beck/Samm/Kockemoor/Skauradszun, § 46b KWG, Rn. 64. 173  Vgl. Kapitel E. II. 3. a).

292

E.  Instrumente

Parallelen zwischen dem Sonderinsolvenzrecht und dem allgemeinen Insolvenzrecht bestehen auch bei der Durchführung der Reorganisation im Insolvenzplanverfahren unter Eigenverwaltung und im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG. In beiden Verfahren behält der Schuldner die Verfügungsbefugnis und die Verantwortung für die Durchführung der Reorganisation. Ebenfalls wird ihm in beiden Verfahren eine Aufsichtsperson zur Seite gestellt, die die Durchführung überwachen soll. Im Verfahren nach dem KredReorgG ist dies der Reorganisationsberater, im Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung der Sachwalter.174 Beide haben im Wesentlichen Überwachungs- und Berichtspflichten.175 Darüber hinaus ist der Reorganisationsberater aber auch berechtigt, Anweisungen an die Geschäftsführung des Instituts zu erteilen.176 Der Sachwalter kann zwar keine Anweisungen erteilen, hat dafür aber das Recht der Eingehung von Verbindlichkeiten zu widersprechen, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören und kann anordnen, dass Zahlungen nur über ihn abgewickelt werden dürfen.177 Darüber hinaus kann das Insolvenzgericht eine Zustimmungsbedürftigkeit durch den Sachwalter für bestimmte Rechtsgeschäfte anordnen und damit die Eigenverwaltung für diese Rechtsgeschäfte beenden.178 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Aufsicht eines Insolvenzgerichts zum Schutz von Gläubigern im Sonderinsolvenzverfahren vollständig entfällt. Anstelle eines Insolvenzverwalters oder Sachwalters wird ein Sonderverwalter oder ein Reorganisationsberater eingesetzt, der gegenüber der Bank­ aufsichtsbehörde weisungsgebunden ist. Die Abwicklungsbehörde trifft im Verfahren nach dem SAG die maßgeblichen Verwertungsentscheidungen und übernimmt damit gleichzeitig die Rolle der Gläubigerversammlung und des Insolvenzgerichts. Auch das Reorganisationsverfahren in Eigenverwaltung kann durch die Weisungsbefugnis der Aufsichtsbehörde über den Reorganisationsberater im Sonderinsolvenzrecht besser gesteuert werden als ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung. Die Unterschiede lassen sich insbesondere mit der Sachkunde der Aufsichtsoder Abwicklungsbehörde im Bereich der Finanzindustrie sowie mit dem gesteigerten öffentlichen Interesse an einer Bankenabwicklung durch Ansteckungsrisiken begründen. Fraglich ist aber, ob die stärkere Einbindung der Aufsichtsbehörde nicht auch durch die Anpassung der Insolvenzordnung erreicht werden könnte. Vergleichbar mit der Anpassung durch § 46b KWG könnten der Aufsichtsbehörde im Insolvenzverfahren weitere Befugnisse eingeräumt werden. So könnte an die Stelle des Anhörungsrechts zur Bestellung eines Insolvenzverwalters oder Sach-

174 

§ 7 i.V.m. § 3 KredReorgG; § 270c InsO. § 274 InsO; § 7 i.V.m. § 4 Abs. 1 KredReorgG. 176  § 7 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 4 KredReorgG. 177  § 275 InsO. 178 MüKo/Tetzlaff/Kern, § 277 InsO, Rn. 36. 175 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

293

walters ein Vorschlags- und Weisungsrecht treten.179 Ein derartiges Vorschlagsrecht war auch im § 46b KWG des Regierungsentwurfs zum Restrukturierungsgesetz vom 5. 7. 2010 vorgesehen, ist aber im Regierungsentwurf vom 27. 09. 2010 zu einem Anhörungsrecht abgeschwächt worden.180 Von einigen Autoren wurde kritisiert, dass die BaFin mangels Erfahrung bei der Auswahl eines Insolvenzverwalters auf Hörensagen angewiesen sei.181 Dabei wird allerdings die Kompetenz übersehen, die die BaFin schon im Rahmen der Auswahl der Reorganisationsberater, die eine vergleichbare Stellung im Verfahren einnehmen, erworben hat oder erwerben wird. Insbesondere ist vorstellbar, dass die BaFin eng mit ausgewählten Insolvenzverwaltern zusammenarbeitet, die dann sowohl als Reorganisationsberater als auch als Insolvenzverwalter für Finanzinstitute tätig werden könnten. Durch ein Vorschlagsrecht der Aufsichtsbehörde wären deren Einflussmöglichkeiten mit denjenigen im SAG und im KredReorgG vergleichbar. Im Gegensatz zum aktuellen Sonderinsolvenzverfahren hätte das Insolvenzgericht aber weiterhin die Aufsicht über das Verfahren und könnte die Interessen der Gläubiger wahren. Um die Kompetenz des Insolvenzgerichts zu stärken wäre eine Zuständigkeitsbündelung, wie sie in § 2 Abs. 3 S. 2 KredReorgG für das Sanierungs- und Reorganisationsverfahren vorgesehen ist, allerdings wünschenswert. 3.  Brückenfinanzierung a)  Allgemeines Insolvenzrecht In Abhängigkeit von der Länge des Verfahrens und der Liquidität des insolventen Unternehmens ist eine Brückenfinanzierung erforderlich, um das Unternehmen während des Verfahrens fortzuführen. Zur Finanzierung kann das Unternehmen grundsätzlich auf bestehende Finanzmittel zurückgreifen, Vermögensgegenstände verwerten und den Erlös verwenden oder neue Finanzmittel durch bestehende oder neue Gläubiger erhalten. Die Finanzierung durch bestehende Mittel oder den Verwertungserlös ist ohne Weiteres möglich, solange die Mittel oder die zu verwertenden Gegenstände nicht als Sicherheit für Verbindlichkeiten hinterlegt sind. Wird aber Sicherungsgut zur Finanzierung des Insolvenzverfahrens eingesetzt, so wird der Sicherungsnehmer der Gefahr ausgesetzt, dass sein Grad der Besicherung sinkt und er in der Folge nicht mehr den vollen Gegenwert seiner Sicherheit erhält. Beispielsweise könnte Geld von einem verpfändeten Konto zur Zahlung der Mitarbeiter genutzt werden, das dem Sicherungsnehmer dann nicht mehr zur Befriedigung seiner Forderung 179 Weitergehend Jackson, der der Aufsichtsbehörde sogar ein Vorschlagsrecht für den Insolvenzplan einräumen will, Jackson, Bankruptcy Code Chapter 14, S. 44. 180  Vgl. Referentenentwurf des RStruktG S. 26 unter http://rsw.beck.de/docs/libraries­ provider5/rsw-dokumente/RefE-Restrukturierungsgesetz mit dem Regierungsentwurf in BT-Drucks. 17/3024, S. 20. 181  Frind, NZI 2010, 705, 708; zustimmend Beger, Bankenkrisen und Insolvenzrecht, S. 272.

294

E.  Instrumente

zur Verfügung steht. Zum Schutz des Sicherungsnehmers bestehen daher Sonderregelungen in der Insolvenzordnung zur Nutzung des Sicherungsgutes. So kann der Insolvenzverwalter im deutschen Recht ein Sicherungsgut nur dann nutzen, wenn sichergestellt ist, dass er einen eventuell entstehenden Wertverlust ausgleichen kann.182 Die Ausgleichsverbindlichkeit ist eine Masseverbindlichkeit und somit vor den unbesicherten Insolvenzforderungen zu befriedigen.183 Diese Regelung erlaubt es dem Insolvenzverwalter auch, verpfändete Geldmittel oder sonstige liquide Gegenstände zu verwenden, solange das Vermögen zur Befriedigung aller Massegläubiger ausreicht. Eine ähnliche Regelung findet sich auch im Bankruptcy Code, die im Falle der Nutzung von Sicherungsgut einen angemessenen Schutz für den Sicherungsnehmer erfordert.184 Als angemessener Schutz kommt die Zahlung eines Ausgleichs, die Bestellung einer neuen Sicherheit oder die Bereitstellung eines anderen Schutzes, wie der Garantie einer dritten solventen Partei, in Betracht.185 Die reine Begründung einer Masseverbindlichkeit, wie sie in der Insolvenzordnung die Regel ist, reicht hingegen nach § 361 (3) Bankruptcy Code explizit nicht aus. Der Ausschluss der Masseverbindlichkeit als angemessener Schutz wurde erst während der Beratungen im US-Senat eingefügt, der den Anspruch des Sicherungsnehmers auf eine Erfüllung seiner Forderung als Masseverbindlichkeit als unzureichend erachtete.186 Damit wird es dem Verwalter im US-Insolvenzrecht im Vergleich zum deutschen Insolvenzrecht deutlich erschwert, Sicherungsgut zur Brückenfinanzierung zu verwenden. Zusätzlich ist eine gerichtliche Genehmigung oder die Zustimmung der Sicherungsnehmer erforderlich, damit Finanzmittel, die als Sicherheit hinterlegt wurden – das sogenannte cash collateral – verwendet werden dürfen, selbst wenn ein angemessener Schutz des Sicherungsnehmers gewährleistet wird.187 Neben der Verwendung vorhandener Mittel oder des Verwertungserlöses kommt auch die Kreditaufnahme im Insolvenzverfahren als Finanzierungsquelle in Frage. Aufgrund der regelmäßig vorliegenden Überschuldung sind Gläubiger aber oft nicht gewillt, neue Finanzmittel zur Verfügung zu stellen.188 Neue Finanzmittel ermöglichen aber die Fortführung des Unternehmens und erhöhen damit den Verwertungserlös. Somit profitieren letztlich auch die unbesicherten Insolvenzgläubiger von der Darlehensaufnahme.189 Um die Aufnahme neuer Darlehen möglich zu machen, bevorzugen die Insolvenzordnungen die neuen Darlehensgeber. 182 

§ 172 Abs. 1 InsO; näher dazu Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 767 f. § 172 InsO, Rn. 23. 184  § 363 (e) i.V.m. § 361 Bankruptcy Code. 185  § 361 Bankruptcy Code. 186  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 295. 187  § 363 (c)(2) Bankruptcy Code. 188  Vgl. dazu Kapitel B. I. 3. a). 189  Vgl. dazu Kapitel B. I. 3. a); Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 673. 183 MüKo/Tetzlaff,

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

295

In der deutschen Insolvenzordnung werden neue Darlehen als Masseverbindlichkeiten behandelt.190 Darüber hinaus kann der Insolvenzverwalter auch neue Sicherheiten für den Darlehensgeber bestellen.191 Im US-Bankruptcy Code besteht für den Insolvenzverwalter zusätzlich die Möglichkeit, eine Masseforderung zu begründen, die vor allen anderen Masseforderungen beglichen werden muss, und sogar eine vorrangige Sicherheit an bestehenden Sicherungsgütern einzuräumen.192 Die Möglichkeit, eine vorrangige Masseverbindlichkeit zu begründen, ist ökonomisch gerechtfertigt. So kann es durchaus im Interesse der Massegläubiger sein, das Unternehmen mit Hilfe eines neuen Darlehens fortzuführen, wenn der Fortführungswert den Stilllegungswert überschreitet, auch wenn der Fortführungswert nicht ausreicht, alle Massegläubiger zu befriedigen. Ohne die Möglichkeit vorrangige Masseverbindlichkeiten zu begründen, ist es dem Insolvenzverwalter aber in dieser Situation unmöglich, einen Darlehensgeber zu finden, wenn er keine Sicherungsgegenstände mehr zur Verfügung hat. Die Bestellung einer vorrangigen Sicherheit lässt sich hingegen kaum begründen. Besicherte Gläubiger profitieren nicht von dem neuen Darlehen, werden aber durch die vorrangige Sicherheit schlechter gestellt, da ihre eigene Sicherheit dadurch an Wert verliert. Diese Möglichkeit des Bankruptcy Code ist mithin abzulehnen. Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass die vorrangige Befriedigung neuer Darlehensgeber eine Brückenfinanzierung mit Fremdkapital erst ermöglicht. In der Insolvenzordnung ist eine solche Finanzierung aber nur möglich, wenn die Vermögensgegenstände ausreichen, um alle Masseverbindlichkeiten zu begleichen, da andernfalls auch neue Gläubiger einen Verlust erleiden würden. Im US-Recht kann eine Darlehensfinanzierung aufgrund der Möglichkeit der vorrangigen Sicherheitenbestellung auch in Fällen der unzureichenden Insolvenzmasse erfolgen. b)  Sonderinsolvenzrecht Zur Finanzierung des Reorganisationsverfahrens des KredReorgG kann ebenfalls ein Kredit aufgenommen werden, der im Falle einer Insolvenz vor den Insolvenzforderungen zu befriedigen ist und als Sanierungskredit bezeichnet wird.193 Genauso wie Darlehen, die im allgemeinen Insolvenzverfahren vom Insolvenzschuldner aufgenommen werden, gelten Sanierungskredite als Masseverbindlichkeit.194 Die Höhe des Darlehens ist aber im Gegensatz zu neuen Darlehen im allgemeinen Insolvenzverfahren auf 10 Prozent der Eigenmittel begrenzt, um die sonstigen Gläubiger zu schützen.195 Da die Durchführung eines Reorganisations190 

§ 55 i.V.m. § 53 InsO. Bamberger, Mitwirkungspflichten, S. 451. 192  § 364 (c)(1), (d) Bankruptcy Code, zur Kritik an dieser Möglichkeit vgl. nur Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1063 f. 193  § 8 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 2 Abs. 2 S. 3 KredReorgG. 194 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 2 KredReorgG, Rn. 9. 195 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 2 KredReorgG, Rn. 14. 191 

296

E.  Instrumente

verfahrens eine Bestandsgefährdung voraussetzt und diese regelmäßig erst mit einer Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben vorliegen wird,196 sind die Eigenmittel typischerweise bei der Durchführung des Verfahrens nur noch in geringem Umfang vorhanden und die Obergrenze für Sanierungskredite in Höhe von 10 Prozent der Eigenmittel verhindert die Aufnahme von Sanierungskrediten in größerem Umfang. Problematisch ist darüber hinaus, dass der Vorrang für den Kredit erst durch den Reorganisationsplan geschaffen wird.197 Während diese Vorgehensweise für das Sanierungsverfahren, auf das in den Normen des Reorganisationsverfahrens verwiesen wird, praktikabel ist, verursacht sie im Reorganisationsverfahren erhebliche Schwierigkeiten. Im Sanierungsverfahren wird der Sanierungsplan bei Verfahrenseröffnung eingereicht und im Verfahren nur noch umgesetzt.198 Ist ein Sanierungskredit vorgesehen, kann der Darlehensgeber sich seines Vorrangs somit zum Zeitpunkt der Darlehensvergabe sicher sein. Im Reorganisationsverfahren wird der Plan hingegen erst zum Abschluss des Verfahrens durch Abstimmung verschiedener Gläubigergruppen und der Anteilsinhaber verabschiedet.199 Wird der Plan dabei abgelehnt und in der Folge ein Insolvenzverfahren eröffnet, besteht keine Vorrangstellung durch den Plan und der Darlehensgeber hat im Insolvenzverfahren lediglich eine Insolvenzforderung. Die ursprünglich bezweckte Kompensation des Darlehensgebers in Form eines höheren Rangs in einer möglicherweise folgenden Insolvenz kann somit nicht sichergestellt werden. Ob sich unter diesen Umständen ein Darlehensgeber findet, ist zumindest zweifelhaft. Für die Reorganisation im Rahmen des SAG ermöglicht die SRM-VO eine Brückenfinanzierung. So stehen die Gelder des Abwicklungsfonds gemäß Art. 76 Abs. 1 lit. b SRM-VO zur Gewährung von Darlehen an ein in Abwicklung befindliches Institut zur Verfügung. Alternativ kann der Abwicklungsfonds auch neue Verbindlichkeiten des in Abwicklung befindlichen Instituts besichern.200 Die Mittel für die Brückenfinanzierung entstammen aus der europäischen Bankenabgabe.201 Sollten diese nicht ausreichen, kann der Fonds Sonderbeiträge erheben.202 Im Gegensatz zu der Brückenfinanzierung im allgemeinen Insolvenzrecht und im KredReorgG beschränkt sich die Finanzierung im SAG somit nicht auf die Besserstellung des Darlehensgebers bei der Rückzahlung zur Unterstützung einer Finanzierung am Kapitalmarkt. Vielmehr sieht die SRM-VO die direkte Finanzierung von Abwicklungsmaßnahmen aus zwangsweise erhobenen Mitteln unter 196 

Vgl. Kapitel D. III. 1. B. bb. § 8 Abs. 1 S. 3 KredReorgG. 198  § 2 Abs. 2 KredReorgG. 199  §§ 12, 13 KredReorgG, vgl. auch im Folgenden. 200  Art. 76 Abs. 1 lit. a SRM-VO. 201  Art. 70 SRM-VO. In Deutschland wird diese nach § 12 Abs. 2 RStruktFG erhoben und nach § 11a RStruktFG an den Abwicklungsfonds übertragen. 202  Art. 71 SRM-VO. 197 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

297

Umgehung des Kapitalmarktes vor. Fraglich ist, ob diese Vorzugsbehandlung von Abwicklungsmaßnahmen bei Finanzinstituten begründet ist. Ein Blick auf die Rolle der Zentralbank bei der Darlehensvergabe an solvente Banken verdeutlicht die Besonderheiten einer Bankeninsolvenz und kann damit die Notwendigkeit einer Finanzierung durch den Abwicklungsfonds darlegen. Zentralbanken treten regelmäßig als sogenannter lender of last resort auf. Sie vergeben dabei Darlehen an Banken, die am Markt keine Refinanzierung erhalten.203 Die Finanzierung wird aber auf Institute beschränkt, die nicht überschuldet sind. Somit profitieren einerseits diejenigen Institute, die aufgrund der Unsicherheit im Markt über deren Solvenz keine Darlehen mehr erhalten, und andererseits solche, die sich aufgrund einer allgemeinen Liquiditätskrise am Markt nicht refinanzieren können. Für eine Refinanzierung eines Nichtfinanzinstituts im allgemeinen Insolvenzrecht spielt die Unsicherheit des Marktes über die Zahlungsfähigkeit des insolventen Unternehmens nur eine untergeordnete Rolle, da eine bevorzugte Rückzahlung des neuen Darlehens durch das Insolvenzrecht ermöglicht wird. Diese Möglichkeit steht aber auch einer Bank im Insolvenzverfahren grundsätzlich offen. Ist der Grund für die fehlende Bereitschaft zur Brückenfinanzierung aber nicht die Unsicherheit über die Zahlung des insolventen Instituts, sondern eine allgemeine Liquiditätskrise, ist die Privilegierung für neue Darlehensgeber im allgemeinen Insolvenzrecht wirkungslos und die Finanzierung durch den Abwicklungsfonds gerechtfertigt. Liquiditätskrisen resultieren häufig aus Finanzkrisen.204 Somit ist die Wahrscheinlichkeit, dass in der Insolvenz eines Finanzinstitutes die Brückenfinanzierung aufgrund einer Liquiditätskrise scheitert, besonders hoch.205 Darüber hinaus erschwert die Komplexität von Finanzinstituten die Risikoabschätzung und damit die Suche nach einem Kapitalgeber in der Insolvenz.206 Für eine Sonderbehandlung von Finanzinstituten spricht aber insbesondere, dass eine mangelnde Brückenfinanzierung die Stilllegung des Instituts erzwingen könnte und damit eine bestehende Finanz- oder Liquiditätskrise noch verschärft.207 Insbesondere in einem Sonderinsolvenzrecht wie dem SAG, dessen Anwendung eine Systemrelevanz voraussetzt, ist somit eine Finanzierungsmöglichkeit jenseits des Kapitalmarktes notwendig, um die Brückenfinanzierung sicherzustellen und damit die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Die Ermächtigung des Abwicklungsfonds zur Kreditvergabe eröffnet diese zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit, die weder im allgemeinen Insolvenzrecht, noch im KredReorgG vorhanden ist. Wie die Finanzierung durch den lender of last resort außerhalb des Insolvenz­ verfahrens sollte aber auch die Finanzierung durch den Abwicklungsfonds nur das 203 

Fischer, On the Need for an International Lender of Last Resort, S. 492. Rösch/Kaserer, Journal of Banking & Finance 2013, 2284, 2300 f. 205  Relativierend vgl. Skeel, Financing Systemically Important Financial Institutions in Bankruptcy, S. 74. 206  Pellerin/Walter, Economic Quarterly 2012, 1, 15. 207  Vgl. dazu auch das ökonomische Kapitel B. II. 3. c). 204 

298

E.  Instrumente

letzte Mittel darstellen, um dessen Ressourcen zu schonen und die staatliche Intervention im Insolvenzverfahren zu minimieren.208 Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn auch im Sonderinsolvenzverfahren die gleichen Möglichkeiten zur vorrangigen Befriedigung des neuen Darlehensgebers geschaffen werden, die im allgemeinen Insolvenzrecht bereits bestehen. Würden Finanzinstitute im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts abgewickelt, müsste dem Abwicklungsfonds die Möglichkeit eröffnet werden, auch Verfahren über Institute im allgemeinen Insolvenzverfahren zu finanzieren, soweit sich kein anderer Marktteilnehmer zur Finanzierung bereit erklärt. Die Notwendigkeit einer Brückenfinanzierung hängt maßgeblich von der Länge des Verfahrens ab. Wenn das Insolvenzrecht eine Umschuldung innerhalb von sehr kurzer Zeit ermöglicht, ist auch die Durchführung des Verfahrens ohne jegliche Brückenfinanzierung denkbar. 4.  Behebung der Überschuldung a)  Allgemeines Insolvenzrecht aa)  Einführung Zur Behebung der Überschuldung eines Unternehmens können entweder die Forderungen der Gläubiger gekürzt oder neues Eigenkapital ausgegeben werden. Die Ausgabe neuen Eigenkapitals ist allerdings für ein überschuldetes Unternehmen zumeist nicht praktikabel. Das Eigenkapital müsste zunächst zur Rückzahlung der Schulden verwendet werden und die Eigenkapitalgeber würden erst bei einer deutlichen Werterholung des Unternehmens profitieren. Mithin liegt ein Unterinvestitionsproblem vor, welches Eigenkapitalgeber von einer Investition in ein überschuldetes Unternehmen abhält.209 Folglich findet in der Praxis regelmäßig eine Kürzung der Verbindlichkeiten statt. Diese kann in Form einer nominellen Kürzung oder durch eine Wandlung von vorhandenem Fremdkapital in Eigenkapital erfolgen.210 Eine nominelle Kürzung muss die Überschuldung beheben, aber zugleich darf den Alteigentümer kein wirtschaftlicher Wert zukommen, da andernfalls die Rangfolge der Forderungen missachtet würde.211 Werden die Forderungen um mehr als das Nötige gekürzt, erhalten die Eigentümer einen Wert, obwohl die im Vergleich zum Eigenkapital höherrangigen Forderungen nicht vollständig beglichen wurden. Werden die Forderungen weniger als nötig gekürzt, wird die Überschuldung nicht behoben.212 Mithin muss der Kürzungs208  So im Ergebnis auch Jackson, Bankruptcy not Bailout, S. 44; Scott, The Context for Bankruptcy Resolutions, S. 8. 209  Vgl. Kapitel B. 3. a). 210  Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 666. 211  Zur Haftungsrangfolge siehe infra Kapitel E. IV. 4. a) cc) (2). 212  Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 655, 666.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

299

betrag basierend auf dem Fortführungswert genau bestimmt werden. Die genaue Bestimmung des Fortführungswertes ist allerdings aufgrund der Prognoseunsicherheit kaum möglich. Daher ist grundsätzlich die Wandlung von Fremdkapital in Eigenkapital einer nominellen Kürzung vorzuziehen.213 Durch die Wandlung werden die Alteigentümer enteignet und die Gläubiger erhalten als neue Eigentümer den unbekannten Fortführungswert des Unternehmens. Eine Unternehmensbewertung ist dazu grundsätzlich nicht notwendig. Da aber in der Praxis Forderungen mit unterschiedlichen Rangklassen 214 bestehen, werden regelmäßig nicht alle Forderungen in Eigenkapital gewandelt. Um die Klasse der zu wandelnden Gläubigerforderungen zu bestimmen, ohne Einigkeit über den Fortführungswert erzielen zu müssen, schlug Bebchuk schon 1988 vor, dem höchstrangigen Gläubiger das gesamte Eigenkapital zuzusprechen und den im Rang nachfolgenden Gläubigern die Option einzuräumen, das Eigenkapital zu erwerben, indem sie alle höherrangigen Gläubiger auszahlen.215 Diese Idee soll kurz anhand eines Beispiels verdeutlicht werden. Angenommen ein Unternehmen hat besicherte Verbindlichkeiten im Wert von 300 Euro, unbesicherte Verbindlichkeiten im Wert von 200 Euro sowie Eigenkapital und es herrscht Unsicherheit über den Fortführungswert des Unternehmens. Dann würden im Modell von Bebchuk folgende Optionsrechte verteilt: Ausübungspreis der Option Besicherte Gläubiger

0

Unbesicherte Gläubiger

300

Eigenkapitalgeber

500

Wollte man eine klassische Forderungskürzung vornehmen, müsste der Unternehmenswert festgelegt werden und die unbesicherten Verbindlichkeiten würden zuerst gekürzt. Bei einem angenommenen Fortführungswert von 400 Euro würden die unbesicherten Forderungen beispielsweise auf 100 Euro gekürzt, um die Überschuldung zu beheben. Stellt sich die Abschätzung aber nachträglich als falsch heraus und beläuft sich der Fortführungswert tatsächlich auf 500 Euro, so erhalten die Eigenkapitalgeber ungerechtfertigter Weise 100 Euro, obwohl die unbesicherten Gläubiger eine Forderungskürzung hinnehmen mussten. Im Modell von Bebchuk würden die unbesicherten Gläubiger ihre Option ausüben, das Eigenkapital erhalten und die besicherten Gläubiger auszahlen. Die Eigenkapital­ geber würden ihre Option nicht ausüben, da sie keine 500 Euro für ein Unternehmen, dessen Wert sie ex ante auf 400 Euro schätzen, zahlen würden. Läge der Wert des Unternehmens dann tatsächlich bei 500 Euro, erhielten die unbe213 

Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 666. bestehen jedenfalls die Rangklassen der nachrangigen, der unbesicherten und der besicherten Forderungen. 215  Bebchuk, Harvard Law Review 1988, 775 ff. 214  Regelmäßig

300

E.  Instrumente

sicherten Gläubiger 200 Euro216 und die Alteigentümer nichts. Dies würde eine gerechte Verteilung gewährleisten. Auch bei divergierenden Ansichten über den Fortführungswert führt dieses Modell zu einer gerechten Lösung. Sind die Alteigentümer der Ansicht, dass der Fortführungswert 600 Euro beträgt, zahlen sie die besicherten und unbesicherten Gläubiger aus und behalten das Eigenkapital. Unabhängig von der Optionsausübung ist das Unternehmen nach der Insolvenz nicht mehr überschuldet, da das gesamte Fremdkapital getilgt wurde. Die Tilgung des gesamten Fremdkapitals ist aber in der Praxis regelmäßig nicht notwendig und mangelnde Finanzmittel von Gläubigern niedrigeren Ranges könnten diese von der Ausübung ihrer Option abhalten. Daher kommt das Modell von Bebchuk regelmäßig nicht in Reinform, sondern abgewandelt zur Anwendung. Ein Beispiel für eine Mischform aus dem Modell und einer nominellen Kürzung findet sich häufig bei Chapter-11-Verfahren im allgemeinen US-Insolvenzrecht, welches im Folgenden dargestellt wird. bb)  Chapter 11 In der US-Insolvenzrechtspraxis hat sich eine Mischform aus dem Modell von Bebchuk und einer nominellen Kürzung durchgesetzt. So wird in einem ersten Schritt durch eine Unternehmensbewertung festgestellt, welchen Rang die rangniedrigsten Forderungen haben, die aus der Insolvenzmasse vollständig beglichen werden können. Forderungen dieses Rangs bleiben vom Insolvenzverfahren unangetastet. Die Forderungen des nächstniedrigeren Rangs werden dann als fulcrum securities bezeichnet und sind solche Forderungen, die im Insolvenzverfahren nach Chapter 11 typischerweise in Eigenkapital gewandelt werden.217 Alle weiteren rangniedrigeren Forderungen werden dann regelmäßig vollständig gekürzt.218 Die Problematik der Unternehmensbewertung wird bei dieser Vorgehensweise reduziert, da die Alteigentümer enteignet werden und mithin nicht mehr auf Kosten der Gläubiger von einer Wertsteigerung profitieren können. Auch sinkt die erforderliche Genauigkeit der Unternehmensbewertung, da Schwankungen im Wert erst dann relevant werden, wenn sich dadurch die Klasse der zu wandelnden Forderungen ändert. Dennoch entfällt die Notwendigkeit einer Unternehmensbewertung nicht vollständig und mithin bleiben die damit verbundenen Probleme zumindest zum Teil bestehen. Eine Forderungskürzung oder -umwandlung kann in Chapter 11 sowohl in einem klassischen Insolvenzplanverfahren erfolgen als auch in einem sogenannten pre-packaged Verfahren, in dem der Insolvenzplan schon vor Insolvenzeröffnung ausgearbeitet wird. 216  Eigenkapital im Wert von 500 abzüglich der Rückzahlung an die besicherten Gläubiger von 300. 217  Third Avenue, The Fulcrum Security. 218  Ausnahmen werden zum Teil für kritische Händler oder Kleinstforderungen vorgenommen.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

301

(1) Klassisches Insolvenzplanverfahren In einem typischen Verfahren zur Sanierung eines Unternehmens nach Chapter 11 des Bankruptcy Codes wird das Insolvenzverfahren durch den Schuldner beantragt. Nach Eröffnung des Verfahrens wird ein Insolvenzplan aufgestellt, welcher durch die Gläubiger verabschiedet werden muss. Nach der Bestätigung des Plans durch das Insolvenzgericht werden alle Forderungen der Gläubiger durch die Rechte ersetzt, die durch den Insolvenzplan begründet werden.219 Der Insolvenzplan wird in Chapter 11 grundsätzlich vom Schuldner aufgestellt. Dieser hat innerhalb der ersten 120 Tage nach Insolvenzeröffnung sogar das exklusive Recht zur Planaufstellung.220 Damit soll verhindert werden, dass verschiedene Gläubiger ihren eigenen Plan aufstellen, anstatt eine konsensorientierte Lösung mit dem Schuldner anzustreben. Andererseits ist die Exklusivitätsperiode zeitlich beschränkt, um dem Schuldner kein Erpressungspotential gegenüber den Gläubigern einzuräumen.221 Für die Planaufstellung müssen die Vorgaben des § 1123 Bankruptcy Code berücksichtigt werden. § 1123 (a)(1) Bankruptcy Code sieht die Bildung von Gruppen vor, die nach § 1122 Bankruptcy Code „im Wesentlichen gleiche“222 Gläubiger und Eigentümer zusammenfassen sollen. Die Gleichheit wird grundsätzlich durch den Rang und die Sicherheit der Gläubiger bestimmt.223 So wird typischerweise eine Klasse für alle Eigentümer, eine für alle nachrangigen Gläubiger sowie eine für alle unbesicherten Gläubiger gebildet. Im Gegensatz dazu bildet regelmäßig jeder einzelne besicherte Gläubiger eine eigene Gruppe, da unterschiedliche Sicherungsgegenstände zu einer Ungleichheit der Gläubiger führen.224 Darüber hinaus können weitere Gruppen gebildet werden. Häufig ist die Gruppenbildung von dem strategischen Ziel geprägt, eine Mehrheit bei der Abstimmung über den Insolvenzplan zu erhalten, und ist damit ein entscheidendes Element für den Erfolg des Verfahrens.225 Die Gläubiger innerhalb einer Gruppe müssen im Insolvenzplan gleichbehandelt werden, es sei denn, die schlechter behandelten Gläubiger stimmen dem Plan zu.226 Neben der Gruppenbildung muss der Insolvenzplan auch die Rechte der gruppenangehörigen Gläubiger festlegen. Einerseits müssen diejenigen Gruppen benannt werden, deren Forderungen nach § 1124 Bankruptcy Code unangetastet bleiben,227 andererseits müssen die neuen Rechte der Inhaber von gekürzten oder 219 

§ 1141 Bankruptcy Code. § 1121 (b) Bankruptcy Code. 221  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1087. 222  Im Original: „substantially similar“. 223  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1094. 224  Adler/Baird/Jackson, Bankruptcy, S. 688. 225  Vgl. dazu im Detail Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1092 ff.; Adler/Baird/Jackson, Bankruptcy, S. 689 f. 226  § 1123 (a)(4) Bankruptcy Code. 227  § 1123 (a)(2) Bankruptcy Code. 220 

302

E.  Instrumente

gewandelten Forderungen definiert werden.228 Ein nach diesen Regeln aufgestellter Insolvenzplan wird zur Abstimmung unter den Gläubigern gebracht. (a) Annahme des Insolvenzplans Zur Bestätigung des Plans ist grundsätzlich die Zustimmung jeder Gruppe, deren Forderung gekürzt wird, erforderlich.229 Gemäß § 1126 (f) Bankruptcy Code wird die Zustimmung von Gruppen fingiert, deren Forderungen nicht gekürzt werden. Umgekehrt wird die Ablehnung nach § 1126 (g) Bankruptcy Code fingiert, wenn die Gruppe keinerlei Vermögen durch den Plan erhält. Alle anderen Gruppen müssen in einer Abstimmung über die Zustimmung entscheiden. Für eine Zustimmung der Gruppe ist eine doppelte Mehrheit der Gläubiger innerhalb der Gruppe erforderlich. Einerseits muss eine einfache Personenmehrheit der Gläubiger zustimmen und darüber hinaus muss diese Mehrheit mindestens Zweidrittel der Forderungen halten.230 Mit dem Erfordernis der Personenmehrheit wird sichergestellt, dass nicht wenige Großgläubiger innerhalb der Gruppe die Minderheit der Gläubiger aus eigennützigen Motiven dominiert. Beispielsweise könnten die Großgläubiger an einer Fortsetzung der Geschäftsbeziehung interessiert sein und einer höheren Forderungskürzung zustimmen, um die Reorganisation zu erleichtern, wodurch die Kleingläubiger benachteiligt würden. In der Gruppe der Eigenkapital­geber wird dieses Risiko nicht gesehen, so dass dort lediglich eine Mehrheit von Zweidritteln des Eigenkapitals für die Zustimmung der Gruppe erforderlich ist.231 Zusätzlich zur Zustimmung der Gruppe muss jeder einzelne Gläubiger entweder dem Plan zugestimmt haben oder durch den Plan mindestens den Betrag erhalten, den er bei einer Liquidation in Chapter 7 erhalten hätte.232 Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass kein Gläubiger durch das Chapter-11-Reorganisationsverfahren gegen seinen Willen schlechter gestellt wird, als er in einer Liquidation stünde. (b) Obstruktionsverbot Stimmt nicht jede Gruppe dem Plan zu, kann dieser dennoch nach den Regeln des § 1129 (b) Bankruptcy Code, dem sogenannten cram down, bestätigt werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass zumindest eine beeinträchtigte Gruppe dem Plan zugestimmt hat.233 Diese Bedingung ist auch aus ökonomischer Sicht grundsätzlich gerechtfertigt. Das Reorganisationsverfahren nach Chapter 11 dient dazu, einen höheren Verwertungserlös als die Liquidation nach Chapter 7 zu er228 

§ 1123 (a)(3) Bankruptcy Code. § 1129 (a)(8) Bankruptcy Code. 230  § 1126 (c) Bankruptcy Code. 231  § 1126 (d) Bankruptcy Code. 232  § 1129 (a)(7)(A) Bankruptcy Code. 233  § 1129 (a)(10) Bankruptcy Code kann nicht durch § 1129 (b) Bankruptcy Code umgangen werden. 229 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

303

zielen. Das Verfahren ist dann pareto-optimal, wenn keine Gruppe schlechter, aber zumindest eine Gruppe durch einen höheren Fortführungswert bessergestellt ist. Mithin muss zumindest eine Gruppe dem Plan zustimmen und damit signalisieren, dass sie durch die Reorganisation gegenüber einer Liquidation bessergestellt ist. Die anderen Gläubiger sind durch den in § 1129 (a)(7)(A) Bankrupcy Code garantierten Mindestwert in Höhe des Anteils, den sie in einer Liquidation erhielten, vor einer Schlechterstellung durch die Fortführung geschützt. Weniger klar ist allerdings, weshalb die zustimmende Gruppe beeinträchtigt sein muss. Vorstellbar ist auch eine Situation, in der die zustimmende Gruppe bei einer Liquidation eine Forderungskürzung hinnehmen müsste, im Reorganisationsverfahren aber die volle Forderung realisieren kann und daher nicht beeinträchtigt ist. Auch in diesem Fall wäre die Reorganisation pareto-optimal. Lediglich in Fällen, in denen die zustimmende Gruppe weder in der Liquidation, noch in der Reorganisation eine Beeinträchtigung hinnehmen muss, kann deren Zustimmung nicht als hinreichendes Indiz für eine pareto-optimale Reorganisation verstanden werden. Die aktuelle Gesetzeslage führt dazu, dass der Schuldner oft versucht, eine Gläubigergruppe künstlich zu beeinträchtigen, um mit deren Zustimmung die Voraussetzung für die Bestätigung des Plans zu erlangen.234 Zusätzlich zur Zustimmung mindestens einer beeinträchtigen Gläubigergruppe, muss aber für die Bestätigung des Plans ohne Zustimmung aller Gruppen auch die Haftungskaskade eingehalten sein.235 So müssen die besicherten Gläubiger grundsätzlich den Wert ihrer besicherten Forderung zugesprochen bekommen.236 Alle anderen Gruppen müssen entweder den vollen Wert ihrer Forderung erhalten oder keine rangniedrigere Gruppe darf einen wirtschaftlichen Wert erhalten. Um den Gläubigern kein Blockadepotential zu geben, werden Insolvenzpläne grundsätzlich so aufgestellt, dass die Ablehnung einzelner Gruppen mit Hilfe des cram down überwunden werden kann. Besicherte Gläubiger werden mithin im Insolvenzplan regelmäßig vollständig befriedigt. Anhand des geschätzten Fortführungswertes wird festgelegt, bis zu welchem Rang die weiteren Forderungen vollständig befriedigt werden können.237 Die Forderungen des nächstniedrigeren Rangs, die sogenannten fulcrum securities, werden dann in Eigenkapital umgewandelt. Alle Gruppen niedrigeren Ranges erhalten keinen Wert. Damit wird die Einhaltung der Haftungskaskade und damit die Anwendbarkeit des cram down sichergestellt. Durch den Insolvenzplan wird bei dessen Bestätigung die Kapitalstruktur angepasst und die Überschuldung beseitigt. Regelmäßig sind die neuen Eigentümer alte nachrangige oder unbesicherte Gläubiger und die alten Eigentümer haben ihren Anspruch verloren. Darüber hinaus können weitere Maßnahmen, wie die Ver234 Vgl.

Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1126 f. Im Detail Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1153 f. 236  § 1129 (b)(2)(A) Bankruptcy Code; für die genauen und sehr detaillierten Regelungen vgl. Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1144 ff. 237  Zum Rang der Forderungen vgl. Kapitel E. VI. 3. a) aa). 235 

E.  Instrumente

304

änderung des Managements, des Geschäftsmodells oder der Satzung beschlossen werden, um das Unternehmen zu reorganisieren. (2) Pre-packaged Verfahren Während im klassischen Verfahren die Aufstellung des Insolvenzplans, die Abstimmung und die Bestätigung nach der Insolvenzeröffnung stattfindet, erfolgt die Aufstellung und Abstimmung des Insolvenzplans im pre-packaged Insolvenz­ verfahren schon vor Insolvenzeröffnung.238 Im Vergleich zu einer außergerichtlichen Sanierung bietet ein pre-packaged Insolvenzverfahren nach Chapter 11 die Möglichkeit, alle Gläubiger an den Plan zu binden. Mithin kann verhindert werden, dass einzelne Gläubiger aufgrund ihrer Zustimmungsverweigerung ihre volle Forderung vollstrecken können, obwohl dies ohne den Sanierungsbeitrag anderer Gläubiger nicht möglich gewesen wäre.239 Im Vergleich zu einem traditionellen Insolvenzverfahren kann ein pre-packaged Verfahren sehr schnell und damit kostengünstig durchgeführt werden.240 Besonders geeignet sind derartige Verfahren für Unternehmen, bei denen keine Änderung des Geschäftsmodells, sondern lediglich die Restrukturierung der Verbindlichkeiten vorgenommen werden soll.241 Die Durchführung des Verfahrens innerhalb sehr kurzer Zeit könnte dem pre-­ packaged Insolvenzverfahren auch eine Vorbildfunktion für die Reorganisation von Kreditinstituten zukommen lassen. cc)  Insolvenzplanverfahren Vergleichbar mit der Reorganisation des Unternehmens im Reorganisationsverfahren nach Chapter 11 des Bankruptcy Code erfolgt die Umschuldung im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens.242 Allerdings unterscheidet sich das Insolvenzplanverfahren in maßgeblichen Punkten vom US-Recht. Die Vorlage eines Insolvenzplans kann nach § 218 InsO nur durch den Schuldner oder den Insolvenzverwalter erfolgen. Eine Frist, nach deren Ablauf auch die Vorlage durch einzelne Gläubiger möglich ist, ist in der Insolvenzordnung im Gegensatz zum Bankruptcy Code nicht vorgesehen. Um eine dadurch drohende Verzögerung des Verfahrens durch den Schuldner zu verhindern, besteht nach § 218 Abs. 2 InsO die Möglichkeit für die Gläubigerversammlung, den Insolvenzverwal-

238 

Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1116 f. Problem wird in den Wirtschaftswissenschaften als hold-out-Problem oder Trittbrettfahrer-Problem bezeichnet. 240  Huntemann/Dietrich, ZInsO 2001, 13, 16; Müller, Verhandlungsgesteuerte Sanierung durch den prepackaged plan, S. 82 f. 241  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1118. 242  Eine ausführliche Darstellung zu Details des Insolvenzplans findet sich in Herzig, Das Insolvenzplanverfahren. 239  Dieses

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

305

ter zu beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten. In diesem Fall muss der Verwalter den Plan binnen angemessener Frist vorlegen.243 Der Insolvenzplan untergliedert sich nach der Insolvenzordnung in einen darstellenden und einen gestaltenden Teil.244 Im gestaltenden Teil muss, vergleichbar mit dem Plan im Bankruptcy Code, die Änderung der Rechtsstellung der Beteiligten festgelegt werden. Dazu sind ebenfalls Gruppen zu bilden.245 Wie im Bank­ ruptcy Code wird auch in § 222 Abs. 1 InsO grundlegend zwischen vier Klassen unterschieden: den besicherten Gläubigern, den unbesicherten Gläubigern, den nachrangigen Gläubigern und den Eigentümern. Innerhalb dieser Klassen können die Gläubiger zu Gruppen zusammengefasst werden, wenn deren wirtschaftliche Interessen übereinstimmen. Die Rechte der Gläubiger innerhalb einer Gruppe können nur einheitlich ausgestaltet werden, es sei denn, die schlechter gestellten Gläubiger stimmen der Behandlung zu.246 (1) Annahme des Insolvenzplans Für die Bestätigung des Insolvenzplans ist nach § 248 Abs. 1 InsO die Annahme des Plans durch die beteiligten Gläubiger und Eigentümer sowie den Schuldner erforderlich. Wie auch im Bankruptcy Code erfolgt die Abstimmung im Insolvenzplanverfahren in Gruppen.247 § 244 InsO setzt die Zustimmung jeder Gruppe für die Annahme des Insolvenzplans voraus. Dieses Erfordernis wird allerdings dadurch relativiert, dass Gläubiger, deren Forderungen nicht beeinträchtigt werden, nach § 237 InsO kein Stimmrecht haben. Bleiben deren Forderungen im Insolvenzplan unverändert bestehen, so ist deren Zustimmung mithin nicht erforderlich. Insofern entspricht die Insolvenzordnung dem Bankruptcy Code, der eine Zustimmung dieser Gläubiger fingiert. Bei der Behandlung nachrangiger Gläubiger unterscheidet sich die Insolvenzordnung hingegen vom Bankruptcy Code. Während deren Ablehnung des Plans im Bankruptcy Code fingiert wird, wenn sie keinen Wert erhalten, bilden sie nach § 222 Abs. 1 Nr. 3 InsO im deutschen Recht keine eigene abstimmungsberechtigte Gruppe. Mithin muss bei vollständiger Kürzung der nachrangigen Forderungen im Bankrutpcy Code ein cram down der Gruppe der nachrangigen Gläubiger erfolgen, um den Plan zu verabschieden, während nachrangige Gläubiger im deutschen Recht in diesen Fällen keinen Einfluss auf die Verabschiedung des Plans nehmen können. Wesentliche Unterschiede bestehen auch bei der Behandlung der Eigentümer. Im Bankruptcy Code wird deren Ablehnung fingiert, wenn sie keinen Gegenwert im Insolvenzplan erhalten. In der 243 

§ 218 Abs. 2 InsO; dazu näher Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 763. § 219 InsO. 245  § 222 InsO. 246 MüKo/Breuer, § 226 InsO, Rn. 10; näher dazu Herzig, Das Insolvenzplanverfahren, S. 261. 247  § 243 InsO. 244 

306

E.  Instrumente

Insolvenzordnung können sie hingegen selbst dann für den Plan stimmen, wenn sie vollständig enteignet werden. Nur wenn ihre Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte durch den Plan nicht beeinträchtigt werden, können sie nicht an der Abstimmung teilhaben.248 Nimmt kein Eigentümer an der Abstimmung teil, gilt die Zustimmung der Gruppe der Eigentümer nach § 246a InsO als erteilt. Diese Zustimmungsfik­ tion wird im Wesentlichen mit Verfahrenserleichterungen begründet.249 Schlüssiger wäre es aber wohl, wie im US-Recht eine Ablehnung zu fingieren, da eine Zustimmung von einem Beteiligten, der keinen Wert erhält, nicht zu erwarten ist. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass besicherte und unbesicherte Gläubiger sowie die Eigentümer im deutschen Insolvenzrecht immer dann über den Insolvenzplan abstimmen können, wenn ihre Rechte beeinträchtigt werden. Umgekehrt können nachrangige Gläubiger nur abstimmen, wenn sie durch den Insolvenzplan einen wirtschaftlichen Wert erhalten, andernfalls haben sie keinen Einfluss auf die Entscheidung über die Annahme des Plans. Im Gegensatz zum Bankruptcy Code ist diese Vorgehensweise weder schlüssig noch ökonomisch gerechtfertigt. Besser wäre es, die Gruppe der nachrangiger Gläubiger genauso zu behandeln wie die Gruppe der Eigentümer und ihre Ablehnung zu fingieren, wenn sie keinen wirtschaftlichen Wert erhalten. Für die Annahme des Plans durch die jeweils abstimmende Gruppe ist, wie auch in Chapter 11, eine doppelte Mehrheit erforderlich. Zum einen muss eine Mehrheit der Personen innerhalb der Gruppe zustimmen, zum anderen müssen die zustimmenden Gläubiger mehr als die Hälfte der nominellen Forderungen vorweisen. Die Zustimmungsvoraussetzungen sind damit im Vergleich zum Bankruptcy Code abgeschwächt, da lediglich eine einfache Forderungsmehrheit, nicht aber eine Zwei­ drittelmehrheit für die Annahme des Plans durch die Gruppe erforderlich ist. (2) Obstruktionsverbot Ebenfalls nach dem Vorbild des Chapter-11-Verfahrens wurde im deutschen Insolvenzplanverfahren ein Mechanismus eingeführt, der die Bestätigung des Insolvenzplans unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne die Zustimmung aller Gruppen ermöglicht. Wie im US-Recht wird die Zustimmung einer Gruppe fingiert, wenn die Haftungskaskade eingehalten wird. Dazu darf keine gleichrangige Gruppe im Vergleich zu der ablehnenden Gruppe bessergestellt werden, kein vorrangiger Gläubiger einen Wert erhalten, der seinen vollen Anspruch übersteigt, und kein nachrangiger Gläubiger einen wirtschaftlichen Wert erhalten.250 Die weiteren Voraussetzungen zur Anwendung des Obstruktionsverbotes unterscheiden sich allerdings vom Bankruptcy Code. Im Insolvenzverfahren nach dem Bankruptcy Code muss nur eine beeinträchtigte Gruppe dem Plan zustimmen, um eine Bestätigung gegen den Willen der an248 

§ 222 Abs. 1 Nr. 4 InsO. § 246a InsO, Rn. 3. 250  § 245 Abs. 2 InsO. 249 Uhlenbruck/Hirte,

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

307

deren Gruppen zu ermöglichen. Eine vergleichbare Regelung war auch im Regierungsentwurf für die Insolvenzordnung vorgesehen. Durch den Rechtsausschuss wurde aber beschlossen, dass eine Bestätigung des Plans nur gegen den Willen einer oder mehrerer Gruppen möglich ist, wenn die Mehrheit der abstimmenden Gruppen dem Plan zugestimmt hat.251 Diese Änderung ist in mehrfacher Hinsicht verfehlt. Zunächst fehlt es an einer wirtschaftlichen Begründung einer derartigen Voraussetzung. Während sich das Erfordernis der Zustimmung mindestens einer Gruppe von dem wirtschaftlichen Modell der Pareto-Effizienz ableiten lässt, ist ein vergleichbares Modell für ein Mehrheitserfordernis nicht ersichtlich.252 Darüber hinaus erlangt die Gruppenbildung dadurch eine noch stärkere taktische Bedeutung für das Gelingen der Reorganisation. Schon bei den geringeren Anforderungen des Chapter 11 wird regelmäßig die Gruppenzusammenstellung manipuliert, um die Zustimmung mindestens einer Gruppe zu erreichen.253 Ist hingegen die Zustimmung der Mehrheit der Gruppen erforderlich, besteht ein verstärkter Anreiz, mutmaßlich zustimmende Gläubiger in möglichst viele Gruppen zu unterteilen, um eine Zustimmung der Mehrheit der Gruppen zu erreichen. Diese Unterteilung kann nach überwiegender Ansicht in der Literatur sogar aus strategischen Erwägungen innerhalb der vorgegebenen Rangklassen vorgenommen werden, solange die Erwägungen sachgerecht sind.254 Eine Vielzahl von Gruppen erschwert aber die Koordination und führt damit zu unnötigen Verzögerungen des Verfahrens sowie Kostensteigerungen. Aber auch wenn keine übermäßige Unterteilung vorgenommen wird, ist das Mehrheitserfordernis problematisch. In einem typischen Insolvenzverfahren, in dem besicherte Gläubiger unbeeinträchtigt bleiben und nachrangige Gläubiger und Anteilsinhaber keinen Wert erhalten, können lediglich die Klasse der unbesicherten Gläubiger und die Klasse der Anteilsinhaber an der Abstimmung teilnehmen. Nimmt die Gruppe der unbesicherten Gläubiger den Insolvenzplan an, kann die Blockade durch die Anteilsinhaber nicht verhindert werden, da lediglich die Hälfte der Gruppen für den Plan stimmte und damit das Erfordernis des § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht erfüllt ist. Den Anteilsinhaber wird mithin erneut ein Instrument gegeben, um das Verfahren zu blockieren, obwohl ihre Anteile keinen wirtschaftlichen Wert mehr haben. Auch das gelegentlich angeführte Argument, mit der Notwendigkeit eine Mehrheit der Gruppen zu gewinnen würde das Ziel verfolgt, die Gesamtgläubigerschaft mehrheitlich überzeugen zu müssen,255 ist jedenfalls fragwürdig. Durch die Einteilung der Gruppen, die keinesfalls die gleiche Größe haben müssen, kann auch 251  § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO; vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 55; MüKo/Drukarczyk, § 245 InsO, Rn. 24. 252  Siehe auch Kapitel E. IV. 4. a) bb) (1); MüKo/Drukarczyk, § 245 InsO, Rn. 25; a.A. Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 777 m.w.N. 253  Rusch, University of Colorado Law Review 1992, 163 f. 254 MüKo/Eidenmüller, § 222 InsO, Rn. 111; Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 222 InsO, Rn. 5 m.w.N. 255 Vgl. Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 777.

308

E.  Instrumente

die Zustimmung einer deutlichen Minderheit der Gläubiger für die Annahme eines Plans ausreichen.256 Ebenfalls unglücklich ist die Gestaltung des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO, der für die Fiktion einer Zustimmung der Gruppe voraussetzt, dass die Angehörigen der Gruppe durch den Insolvenzplan nicht schlechtergestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden. Eine vergleichbare Regelung besteht zwar auch im Bankruptcy Code, der Bankruptcy Code ermöglicht aber die Schlechterstellung einzelner Gläubiger innerhalb einer ablehnenden Gruppe im Vergleich zu deren Verwertungserlös bei einer Liquidation, wenn die schlechter gestellten Gläubiger dem Plan zugestimmt haben. Nach dem Wortlaut des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist dies im Insolvenzplanverfahren nicht vorstellbar. Demnach kann die Zustimmung einer Gruppe keinesfalls fingiert werden, wenn Angehörige einer ablehnenden Gruppe durch den Insolvenzplan schlechtergestellt werden, als sie ohne einen Plan stünden. Damit können zwar einzelne Gläubiger nach § 226 InsO schlechtergestellt werden als der Rest der Gruppe, wenn sie der Schlechterstellung zustimmen. Wenn sie aber schlechterstehen als ohne den Plan, kann keine Zustimmung der Gruppe mehr fingiert werden, auch wenn alle anderen Voraussetzungen vorliegen. Dieses Ergebnis ist nicht schlüssig. Offenkundig hat der Gesetzgeber in § 226 InsO nur den Schutz derjenigen Gläubiger vorgesehen, die einer Schlechterstellung nicht zustimmen. Selbiges sollte auch für § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO gelten. So sollte nur dann keine Zustimmung fingiert werden können, wenn zumindest ein ablehnender Gläubiger schlechtergestellt werden soll, als er ohne den Plan stünde. Die Regelung in § 1129 (a)(7) Bankruptcy Code ist in dieser Hinsicht vorzugswürdig. Problematisch für die Reorganisation ist auch die Regelung des § 225a Abs. 2 S. 2 InsO. So kann die Zustimmung von Gruppen nicht fingiert werden, wenn ihnen anstelle ihrer Forderung die Anteile an der Gesellschaft zugesprochen werden sollen, ihre Forderungen also in Eigenkapital umgewandelt werden sollen. In diesem Fall reicht sogar der Widerspruch eines einzelnen Gläubigers innerhalb der Gruppe, um die Umwandlung zu verhindern. Damit wird eine Sanierung nach dem Vorbild des Modells von Bebchuk maßgeblich erschwert.257 Eine vergleichbare Regelung kennt der Bankruptcy Code nicht. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Abweichungen des deutschen Insolvenzrechts von dem US-Bankruptcy Code im Bereich des Obstruktionsverbotes sanierungshinderlich und wirtschaftlich kaum begründbar sind und somit die Ausgestaltung des Obstruktionsverbotes im US-Recht dem § 245 InsO klar vorzuziehen ist.

256 

Vgl. für ein Rechenbeispiel bei MüKo/Drukarczyk, § 245 InsO, Fn. 42. Eidenmüller bezeichnet die Regelung ebenfalls als wesentliches Sanierungshindernis, MüKo/Eidenmüller, § 225a InsO, Rn. 33. 257 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

309

(3) Zustimmung des Schuldners Ein weiteres Erfordernis für die Bestätigung des Plans stellt die Zustimmung des Schuldners zum Insolvenzplan dar.258 Diese gilt als erteilt, wenn der Schuldner nicht widerspricht. Dabei muss zwischen der Einbringung des Insolvenzplans durch den Schuldner und den Verwalter unterschieden werden. Hat der Schuldner den Insolvenzplan eingebracht, so wäre ein Widerspruch als rechtsmissbräuchlich zu betrachten und das Zustimmungserfordernis entfällt.259 Somit kann der Schuldner lediglich widersprechen, wenn der Insolvenzplan durch den Verwalter erstellt wurde. Zuständig für die Einlegung des Widerspruchs ist das jeweilige Vertretungsorgan der juristischen Person.260 Die Zustimmung wird nach § 247 Abs. 2 InsO fingiert, wenn der Schuldner durch den Plan nicht schlechtergestellt wird, als er ohne einen Plan stünde und kein Gläubiger einen wirtschaftlichen Wert erhält, der den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigt. Dieses eigenständige Zustimmungserfordernis des Schuldners ist spätestens seit der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG verfehlt. Vor der Reform war ein Eingriff in die Rechte der Eigentümer durch den Insolvenzplan gegen deren Willen nicht möglich. Die Zustimmung des Schuldners war somit erforderlich, um eine indirekte Beeinträchtigung der Rechte der Eigentümer durch eine Umstrukturierung zu verhindern.261 Durch das ESUG haben die Anteilsinhaber aber ihre Sonderstellung weitgehen verloren und nehmen jetzt eine Rolle im Verfahren ein, die mit der der Gläubiger vergleichbar ist.262 Ein eigenständiger Schutz von Organen und Anteilseignern ist damit nicht mehr erforderlich. Aus wirtschaftlicher Perspektive ist die Unterscheidung zwischen dem Schuldner und den Anteilsinhabern bei einer juristischen Person schon grundsätzlich fragwürdig. Wird der Schuldner schlechtergestellt, so werden wirtschaftlich die Anteilsinhaber schlechtergestellt. Stimmen die Anteilsinhaber einem Insolvenzplan zu, ist nicht klar, weshalb dem Vorstand die Möglichkeit in § 247 InsO eingeräumt wird, den Insolvenzplan abzulehnen, wenn der Schuldner voraussichtlich durch den Plan schlechtergestellt wird. Ein Eigeninteresse des Schuldners unabhängig von dem der Anteilsinhaber ist nicht ersichtlich. In der Praxis wird dieses Zustimmungserfordernis aber regelmäßig kein Hindernis für die Bestätigung des Insolvenzplans darstellen, da der Schuldner regelmäßig ohne den Plan nicht besserstünde, die Haftungskaskade im Insolvenzplan eingehalten wird und mithin die Voraussetzungen für die Unbeachtlichkeit eines Widerspruchs nach § 247 InsO vorliegen.

258 

§ 247 InsO.

259 MüKo/Sinz,

§ 247 InsO, Rn. 25 m.w.N. § 247 InsO, Rn. 7 f. 261  Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 779. 262  Beispielsweise kann die Zustimmung der Anteilsinhaber nun nach § 245 Abs. 3 InsO fingiert werden. 260 MüKo/Sinz,

310

E.  Instrumente

(4) Pre-packaged Verfahren Der Insolvenzplan kann auch im deutschen Recht schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellt werden.263 Somit ist ein pre-packaged Insolvenzverfahren mit den damit verbundenen Zeit- und Kostenvorteilen auch im deutschen Recht vorstellbar.264 Während im US-Recht umfangreiche Erfahrungen mit dem pre-packaged Verfahren nach Chapter 11 vorliegen, gibt es in Deutschland bisher nur wenige vergleichbare Verfahren. Somit ist noch eine Reihe von Fragen ungeklärt. Unklar ist beispielsweise, inwieweit sich die Parteien im Vorfeld der Insolvenzeröffnung über den Plan abstimmen können. Während eine unverbindliche Absprache mangels entgegenstehender Regelung wohl möglich sein dürfte, ist nicht endgültig geklärt, ob auch eine verbindliche Zusage, wie sie im Bankruptcy Code erfolgen kann, im deutschen Insolvenzrecht vor Insolvenzeröffnung möglich ist.265 Das pre-packaged Verfahren eignet sich insbesondere für die schnelle Restruk­ turierung der Verbindlichkeit und weniger für eine Reorganisation des Geschäftsmodells.266 Um eine Bestätigung sicherzustellen, sollte der Plan regelmäßig so ausgestaltet werden, dass die Zustimmung von ablehnenden Gruppen durch § 245 InsO fingiert werden kann. Dazu bietet es sich an, im Vorfeld eine Unternehmensbewertung vorzunehmen und anhand dieser Bewertung festzulegen, bis zu welchem Rang die Forderungen unangetastet bleiben können. Der Plan sollte diese Forderungen dann als unbeeinträchtigte Forderungen aufnehmen und die Forderungen des nächstniedrigeren Rangs in Eigenkapital umwandeln. Alle nachrangigen Gläubiger sowie die Anteilsinhaber sollten keine Ansprüche durch den Plan erlangen. Durch die Umsetzung eines derart gestalteten Plans würde die Überschuldung der Gesellschaft beseitigt und die Rangfolge unter den Gläubigern bliebe gewahrt. Im günstigsten Fall kann die Gesellschaft schon im Vorfeld die Zustimmung der Mehrheit der zu bildenden Gläubigergruppen und aller Gläubiger, deren Forderungen in Eigenkapital umgewandelt werden sollen, sicherstellen. Insbesondere die Zustimmung der von der Wandlung betroffenen Gläubiger ist essentiell für das Gelingen der Reorganisation mittels eines Debt-Equity-Swaps. Erhält der Insolvenzschuldner deren Zustimmung, kann das Insolvenzplanverfahren innerhalb von kurzer Zeit eine Reorganisation auch gegen den Willen der Anteilsinhaber und anderer Gläubigergruppen durchgeführt werden. Damit eröffnet es möglicherweise auch Chancen zur Reorganisation von Kreditinstituten, die mangels der Möglichkeit, das Institut bei einem bestehenden Zahlungs- und Vollstreckungsverbot über einen längeren Zeitraum fortzuführen, auf ein schnelles Verfahren angewiesen sind. 263 

§ 218 Abs. 1 S. 2 InsO. im Detail Müller, Verhandlungsgesteuerte Unternehmenssanierung durch den pre-packaged Plan; Braun/Braun/Frank, § 218 InsO, Rn. 17. 265  Vgl. Nerlich/Römermann/Braun, § 218 InsO, Rn. 20; dagegen Müller, Verhandlungsgesteuerte Unternehmenssanierung durch den pre-packaged Plan, S. 54 f. 266  Vgl. zur strategischen Bedeutung des Zeitvorsprungs Herzig, Das Insolvenzplanverfahren, 2001, S. 159. 264  Vgl.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

311

b)  Bankeninsolvenzrecht aa)  Reorganisationsverfahren des KredReorgG Auch im Sonderinsolvenzrecht für Banken kann die Überschuldung durch Forderungskürzung oder -umwandlung in einem Plan behoben werden. Vergleichbar mit dem Insolvenzplan im allgemeinen Insolvenzverfahren muss dazu im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG ein Reorganisationsplan aufgestellt werden. Im Gegensatz zum Insolvenzplan ist der Reorganisationsplan allerdings schon bei Beantragung des Reorganisationsverfahrens vorzulegen und kann nicht erst während des Verfahrens erarbeitet werden.267 Das Reorganisationsverfahren ist somit eher mit einem pre-packaged Verfahren als mit einem klassischen Insolvenzverfahren zu vergleichen. Die Vorschriften zum Inhalt des Reorganisationsplans sind in großen Teilen wortgleich aus den Vorschriften des Insolvenzplanverfahrens übernommen.268 So muss auch im Reorganisationsplan festgelegt werden, wie die Rechtsstellung der Gläubiger und Anteilsinhaber durch den Reorganisationsplan verändert werden soll.269 Auch über den Reorganisationsplan müssen die Gläubiger abstimmen, bevor er durch das Gericht bestätigt werden kann.270 Dazu werden, vergleichbar mit dem Insolvenzplanverfahren, Gruppen gebildet.271 Im Gegensatz zu den Vorschriften zur Gruppenbildung in § 222 InsO, schreibt das KredReorgG nur allgemein vor, dass Beteiligte mit gleicher Rechtsstellung und gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden sollen. Eine Unterteilung in Rangklassen wird damit nicht unmittelbar vorgeschrieben. In der Gesetzesbegründung verweist der Gesetzgeber aber auf § 222 InsO,272 weshalb davon auszugehen ist, dass auch im Reorganisationsverfahren eine Einteilung in nachrangige, unbesicherte und besicherte Forderungsgruppen erfolgen muss.273 Dies ist ohnehin wegen der unterschiedlichen wirtschaftlichen Interessen der Gläubiger mit verschiedenen Rängen angezeigt. Die Unterteilung innerhalb der Klassen ist im Reorganisationsverfahren aber insgesamt freier möglich als im allgemeinen Insolvenzverfahren, da kein mit § 222 Abs. 2 S. 2 InsO vergleichbares Erfordernis einer sachgerechten Abgrenzung besteht. Verboten ist damit lediglich eine willkürliche Abgrenzung.274 Abstimmungsberechtigt sind im Reorganisationsverfahren, wie nach § 237 Abs. 2 InsO im Insolvenzverfahren, nur solche Gläubigergruppen, deren Forde-

267 

§ 7 Abs. 1 S. 1 KredReorgG. Vgl. § 8 KredReorgG mit §§ 219, 220, 221 InsO. 269  § 8 Abs. 1 S. 3 KredReorgG. 270  § 20 Abs. 1 KredReorgG. 271  § 8 Abs. 2 KredReorgG. 272  BT-Drucks. 17/3024, S. 50. 273  So auch Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 8 KredReorgG, Rn. 14. 274 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 8 KredReorgG, Rn. 16. 268 

E.  Instrumente

312

rungen durch den Plan beeinträchtigt werden.275 Dies ergibt sich nicht aus § 17 Kred­ReorgG, sondern aus dem Umstand, dass nach § 14 KredReorgG nur solche Gläubiger ihre Forderung überhaupt anmelden müssen, in deren Rechte eingegriffen wird. Mangels einer § 246 Nr. 1 InsO entsprechenden Regelung im Kred­ ReorgG werden nachrangige Gläubigergruppen aber nicht von der Abstimmung ausgeschlossen, sondern können wie die anderen Gläubigergruppen an der Abstimmung über den Reorganisationsplan teilnehmen. Dies vermeidet eine kaum zu rechtfertigende Benachteiligung der nachrangigen Gläubiger der InsO, erschwert aber möglicherweise die Verabschiedung des Reorganisationsplans, da die nachrangigen Gläubiger ihre erwartungsgemäß hohen Forderungskürzungen womöglich nicht hinnehmen und gegen den Plan stimmen werden. Auch im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG besteht die Möglichkeit, einen Plan zu bestätigen, der nicht die Zustimmung aller Gruppen erhält. Die Voraussetzungen für die Zustimmungsfiktion der Gläubigergruppen in § 19 KredReorgG entsprechen nahezu wörtlich den Voraussetzungen nach § 245 InsO. Unterschiede bestehen allerdings hinsichtlich der Zustimmungsfiktion der Anteilsinhaber. Ihre Zustimmung gilt nach § 245 InsO als erteilt, wenn sie nicht schlechtergestellt werden als in einer Liquidation und wenn kein Gläubiger mehr als den vollen Betrag seines Anspruchs erhält. In § 19 KredReorgG findet sich keine dieser Voraussetzungen. Stattdessen müssen die im Reorganisationsplan vorgesehenen Maßnahmen geeignet, erforderlich und angemessen sein, um „erhebliche Folgeeffekte bei anderen Unternehmen des Finanzsektors infolge der Bestandsgefährdung des Kreditinstituts und eine Instabilität des Finanzsystems [zu] verhindern.“ Der Gesetzgeber spricht in der Gesetzesbegründung zu § 19 KredReorgG von erhöhten Anforderungen des KredReorgG an die Zustimmungsfiktion der Anteilseigner im Vergleich zu den Gläubigern.276 So sei ein Entzug der Anteile nach § 19 KredReorgG nicht allein aufgrund deren wirtschaftlicher Wertlosigkeit zulässig. Nur zur Abwendung erheblicher negativer Folgeeffekte für den Finanzsektor und als ultima ratio könne der Entzug der Mitgliedschaftsrechte im KredReorgG gerechtfertigt werden. Diese Aussagen müssen vor dem Hintergrund der Gesetzeshistorie betrachtet werden. Zum Zeitpunkt des Erlasses des KredReorgG war ein Eingriff in die Mitgliederrechte gegen den Willen der Eigentümer im Insolvenzplanverfahren nicht möglich. Die Möglichkeiten zum Eingriff in die Eigentümerrechte zum Schutz des Finanzsystems im KredReorgG stellten mithin ein Novum im deutschen Insolvenzrecht dar. In dem später verabschiedeten ESUG hat sich das Verständnis des Gesetzgebers von dem notwendigen Schutz des Mitgliedschaftsrechts aber deutlich gewandelt. In der Gesetzesbegründung des ESUG wird dargelegt, dass sich die schützenswerte Rechtsposition des Anteilsinhabers „nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, das ohne einen Insolvenzplan zur Abwicklung des Rechtsträgers und zu dessen Löschung im Register führt“, auf den restlichen 275 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, 276 

BT-Drucks. 17/3024, S. 55.

§ 8 KredReorgG, Rn. 3.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

313

Vermögenswert beschränkt.277 Der Schutz des Vermögenswerts der Anteilsinhaber ist im Insolvenzplanverfahren nach der Umsetzung des ESUG dafür wesentlich stärker ausgestaltet als im KredReorgG. So ermöglicht § 19 KredReorgG im Gegensatz zu § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO die Enteignung der Anteilsinhaber, obwohl deren Anteile noch einen wirtschaftlichen Wert haben, soweit dies zur Abwendung einer Systemgefährdung erforderlich ist. Diese Möglichkeit lässt sich mit der besonderen Interessenlage im Bankeninsolvenzverfahren rechtfertigen. Im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzverfahren, welches lediglich im Interesse der Gläubiger durchgeführt wird, besteht im Sonderinsolvenzverfahren auch ein eigenständiges Interesse an dem Erhalt der Stabilität des Finanzsystems und der Verhinderung von Ansteckungen.278 Mithin kann auch das Konzept der Pareto-Effizienz nicht mehr unverändert Anwendung finden. So kann eine Reorganisation durchaus erstrebenswert sein, wenn das Finanzsystem dadurch vor erheblichen Beeinträchtigungen geschützt wird, selbst wenn dies die Anteilsinhaber und die Gläubiger schlechterstellt, als sie ohne die Reorganisation stünden. Werden die Anteilsinhaber aber zum Erhalt der Stabilität des Finanzsystems enteignet, obwohl ihre Anteile nicht wertlos sind, muss schon aus verfassungsrechtlichen Gründen eine Entschädigung der Anteilsinhaber in Höhe des Anteilswertes bei einer Liquidation, beispielsweise durch den Abwicklungsfonds, erfolgen. Um das Ziel des Sonderinsolvenzrechts für Banken, die Stabilität des Finanzsystems zu bewahren und Ansteckungen durch die Abwicklung von Instituten zu unterbinden,279 besser zu erreichen, müsste das Obstruktionsverbot des § 19 Kred­ ReorgG noch deutlich weitergehend ausgestaltet werden. Das bereits für das allgemeine Insolvenzverfahren kritisierte Zustimmungserfordernis einer Mehrheit der abstimmenden Gruppen für die Anwendung des Obstruktionsverbotes,280 ist im Sonderinsolvenzverfahren ebenfalls verfehlt. Ist die Reorganisation zur Abwendung des Zusammenbruchs des Finanzsystems erforderlich, angemessen und verhältnismäßig, dann muss sogar die Zustimmung aller Gläubigergruppen fingiert werden können. Im Interesse des Gläubigerschutzes muss aber sichergestellt werden, dass die Haftungskaskade weiterhin eingehalten wird, dass also weiterhin kein Gläubiger mit einem höheren Rang einen wirtschaftlichen Wert erhält, der größer ist als sein Anspruch und dass kein Gläubiger mit einem niedrigeren Rang einen wirtschaftlichen Wert erhält, solange ein den Plan ablehnender Gläubiger nicht vollständig befriedigt ist. Die Einhaltung der Haftungskaskade verschlechtert grundsätzlich nicht die Erfolgsaussichten einer Reorganisation. Folglich können die Gläubiger zumindest vor einer unbilligen Rangverschlechterung geschützt werden, ohne dass das Risiko einer Systemgefährdung vergrößert wird. Auch vor 277 

BT-Drucks. 17/5712, S. 18. Vgl. Kapitel B. II. 3. 279  Vgl. Kapitel B. II. 3. 280  Vgl. Kapitel IV. 4. a) cc) (2). 278 

314

E.  Instrumente

einer Schlechterstellung im Vergleich zu einer Liquidation sollten die Gläubiger geschützt werden. Dieser Schutz sollte aber bei einer Reorganisation zum Erhalt der Stabilität des Finanzsystems nicht wie im allgemeinen Insolvenzrecht durch ein Obstruktionsrecht der Gläubiger erfolgen, sondern durch einen Anspruch der Gläubiger gegen den Abwicklungsfonds. Im Reorganisationsverfahren ist eine Zustimmung des Schuldners, wie sie nach § 247 InsO zur Bestätigung des Insolvenzplans erforderlich ist, nicht notwendig. Für die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital ist aber, wie in § 225a InsO, die Zustimmung derjenigen Gläubiger notwendig, deren Forderungen umgewandelt werden sollen.281 Wie schon im Kapitel über das allgemeine Insolvenzrecht dargestellt,282 ist ein derartiges Erfordernis geeignet, eine effiziente Reorganisation des Instituts zu blockieren. Durch die Verweigerung ihrer Zustimmung zur Umwandlung können die betreffenden Gläubiger das Gelingen des Reorganisationsverfahrens gefährden. Ohne die Möglichkeit der Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital kann das Institut nur durch eine Forderungskürzung reorganisiert werden. Diese ist aber mit den bereits geschilderten Bewertungsproblemen verbunden.283 Wird der Unternehmenswert zu hoch angesetzt, fällt die Forderungskürzung zu niedrig aus, die Überschuldung wird nicht beseitigt und das Reorganisationsverfahren ist gescheitert. Wird das Unternehmen aber zu niedrig bewertet, fällt die Kürzung der Forderungen zu hoch aus und die Anteilsinhaber erhalten einen ihnen nicht zustehenden wirtschaftlichen Wert zu Lasten der Gläubiger. Erhalten die Anteilsinhaber einen wirtschaftlichen Wert, dann kann die Zustimmung der ablehnenden Gläubiger nicht fingiert und der Reorganisationsplan mithin nicht bestätigt werden. Während sich das Scheitern einer Reorganisation für die blockierenden Gläubiger im allgemeinen Insolvenzverfahren negativ auswirkt, da sie dann nur den regelmäßig niedrigeren Liquidationswert erhalten würden, löst das Scheitern der Reorganisation eines systemrelevanten Instituts höchstwahrscheinlich ein Abwicklungsverfahren aus, in dem die blockierenden Gläubiger bessergestellt sein können als im Reorganisationsverfahren.284 Die Notwendigkeit der Zustimmung zu einer Wandlung von Fremdkapital in Eigenkapital nach § 9 KredReorgG sollte mithin entfallen, um den Gläubigern dieses Blockadepotential zu nehmen. Insgesamt sind die Beseitigung der Überschuldung durch ein Reorganisationsverfahren einerseits und durch ein pre-packaged Insolvenzplanverfahren andererseits weitgehend vergleichbar. Unterschiede gibt es insbesondere im Bereich des Obstruktionsverbots der Anteilsinhaber. Diese Unterschiede lassen sich mit dem besonderen öffentlichen Interesse an der Reorganisation von Finanzinstituten zum Schutz des Finanzmarkts begründen. Dennoch geht das Obstruktions281 

§ 9 KredReorgG. Vgl. Kapitel E. IV. 4. a) cc) (3). 283  Vgl. Kapitel E. IV. 4. a) aa). 284  Vgl. dazu im Folgenden. 282 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

315

verbot im KredReorgG nicht weit genug. Die Reorganisation sollte als ultima ratio auch gegen den Willen der Mehrheit der Gläubigergruppen und sogar gegen den Willen aller Gläubigergruppen vorgenommen werden können, wenn dies erforderlich ist, um eine Ansteckung des Finanzsystems zu verhindern. Dazu müsste sowohl die Notwendigkeit der Zustimmung der Mehrheit aller teilnehmenden Gruppen als auch der Gläubiger, deren Fremdkapital in Eigenkapital gewandelt wird, entfallen. Darüber hinaus sollte eine ablehnende Gruppe durch den Plan schlechtergestellt werden können, als sie ohne den Plan stünde, und ihr zum Ausgleich eine angemessene Kompensation durch den Abwicklungsfonds gezahlt werden, wenn die Schlechterstellung zum Erhalt der Stabilität des Finanzmarktes erforderlich ist. bb)  Gläubigerbeteiligung im SAG (1) Einführung Auch im Sanierungs- und Abwicklungsgesetz besteht die Möglichkeit der Reorganisation des Instituts durch den alten Unternehmensträger. Die Behebung der Überschuldung erfolgt dabei aber nicht durch die Verabschiedung eines Plans, der die Rechte der Gläubiger beschneidet, sondern durch das Instrument der Gläubigerbeteiligung. Wie im Reorganisationsverfahren kann die Überschuldung auch mit Hilfe des Instruments der Gläubigerbeteiligung entweder durch Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital oder durch die vollständige oder teilweise Kürzung von Fremdkapital beseitigt werden. Zur Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung hat die Abwicklungsbehörde nach Maßgabe der §§ 89 ff. SAG anzuordnen, dass relevante Kapitalinstrumente in Anteile oder Instrumente des harten Kernkapitals umgewandelt oder ganz oder teilweise herabgeschrieben werden. Weiterhin kann sie gemäß § 90 SAG anordnen, dass berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten in Eigenkapital umgewandelt oder herabgeschrieben werden. Bei der Umwandlung oder Herabschreibung ist die Haftungskaskade des § 97 SAG zu berücksichtigen. Ebenso wie bei der Anwendung des Obstruktionsverbots im allgemeinen Insolvenzrecht und im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG, muss zunächst die rangniedrigste Klasse umgewandelt oder abgeschrieben werden. Wenn dies nicht ausreicht, um das Institut zu reorganisieren, wird im Anschluss die nächsthöhere Rangklasse herangezogen. Anders als im KredReorgG wird hingegen der Schutz der Gläubiger vor Schlechterstellung nicht durch ein Obstruktionsrecht gewährleistet. Die Gläubigerbeteiligung kann somit gegen den Willen der Gläubiger durchgeführt werden. Zum Schutz der Gläubiger muss der Abwicklungsfonds aber gemäß § 147 SAG eine nach § 146 SAG festgestellte Schlechterstellung kompensieren. (2) Rangfolge der Verbindlichkeiten Die Rangfolgen der Verbindlichkeiten nach dem SAG einerseits und dem allgemeinen Insolvenzrecht sowie dem KredReorgG andererseits unterscheiden

316

E.  Instrumente

sich zum Teil erheblich. Im allgemeinen Insolvenzverfahren und im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG nehmen besicherte Verbindlichkeiten des Schuldners den höchsten Rang ein, gefolgt von unbesicherten und zuletzt von nachrangigen Verbindlichkeiten.285 Innerhalb dieser Klassen besteht regelmäßig ein Gleichrang der Verbindlichkeiten. Im SAG wurde hingegen eine eigenständige detaillierte Haftungskaskade entwickelt, wonach zunächst die Kapitalinstrumente herangezogen werden und anschließend die sogenannten berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten. (a) Kapitalinstrumente Gemäß § 97 Abs. 1 Nr. 1 SAG nehmen Anteile und andere Instrumente des harten Kernkapitals den niedrigsten Rang ein. Instrumente des harten Kernkapitals werden in Art. 26 der CRR 286 definiert als Kapitalinstrumente, das mit diesen Instrumenten verbundene Agio, einbehaltene Gewinne, das kumulierte sonstige Ergebnis, sonstige Rücklagen und der Fonds für allgemeine Bankrisiken. Damit wird zur Festlegung des Rangs einer Verbindlichkeit im SAG auf bankaufsichtsrechtliche Kapitalvorgaben zurückgegriffen. Im Ergebnis unterscheiden sich die Haftungskaskaden des SAG und des Insolvenzrechts an dieser Stelle jedoch kaum. Anteile und das harte Kernkapital nehmen auch im Insolvenzverfahren regelmäßig den niedrigsten Rang ein. Den nächsthöheren Rang haben nach § 97 Abs. 1 Nr. 2 SAG die Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals. Dies sind Instrumente des Hybridkapitals, die die Voraussetzungen des Art. 52 CRR erfüllen. Darunter fallen zeitlich unbefristete Instrumente, die nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen gekündigt werden können, beispielsweise nicht-kumulative Vorzugsaktien 287, aber auch viele Wandel­anleihen. Hier weicht die Haftungskaskade des § 97 SAG von derjenigen der Insolvenzordnung ab. Nicht-kumulative Vorzugsaktien, die nach Art. 52 Abs. 1 lit. f CRR vertraglich keinen höheren Rang in der Insolvenz verliehen bekommen können, wenn sie als zusätzliches Kernkapital dienen sollen, werden im allgemeinen Insolvenzrecht wie Aktien behandelt und haben somit nach der Insolvenzordnung gemeinsam mit den sonstigen Aktien den niedrigsten Rang. Durch den höheren Rang als zusätzliches Kernkapital werden sie im SAG bessergestellt, als sie im allgemeinen Insolvenzverfahren stünden. Erst im Rang nach den Instrumenten des Kernkapitals können gemäß § 97 SAG Instrumente des Ergänzungskapitals gekürzt oder umgewandelt werden. Als Ergänzungskapital gelten nach Art. 63 CRR insbesondere nachrangige Darlehen. 285 

Vgl. zur Haftungskaskade der InsO auch Kapitel E. VI. 3. a) bb). VO (EU) 575/2013. 287  Nicht-kumulative Vorzugsaktien sind Vorzugsaktien, deren Dividende aus Verlustjahren nicht nachgezahlt wird. Sie stehen damit im Gegensatz zu kumulativen Vorzugsaktien, bei denen der Dividendenanspruch aufrechterhalten und so lange kumuliert wird, bis die Gesellschaft den Anspruch erfüllen kann. 286 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

317

Allerdings werden diese lediglich anerkannt, wenn sie eine Ursprungslaufzeit von mindestens fünf Jahren haben.288 Auch diese Voraussetzung führt zu Inkonsistenzen zwischen den Rängen der Darlehen in der Insolvenzordnung und dem SAG. Während im allgemeinen Insolvenzverfahren alle nachrangigen Darlehen unabhängig von der Ursprungslaufzeit in gleichen Teilen ausgezahlt werden, müssen im SAG zunächst nachrangige Darlehen mit einer Ursprungslaufzeit von mindestens fünf Jahren gekürzt oder gewandelt werden. Wenn die Tilgung des harten Kernkapitals und die Kürzung oder Umwandlung des zusätzlichen Kernkapitals und des Ergänzungskapitals, die gemäß § 2 Abs. 2 SAG auch als „relevante Kapitalinstrumente“ bezeichnet werden, nicht ausreicht, können auch „berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten“ für die Reorganisation herangezogen werden. (b) Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten sind nach § 91 SAG grundsätzlich alle Verbindlichkeiten eines Instituts, die keine relevanten Kapitalinstrumente sind. Allerdings ist eine Reihe von Verbindlichkeiten nach § 91 SAG von dieser Kategorie ausgenommen. Der Rang von Verbindlichkeiten innerhalb der Klasse der berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten richtet sich nach dem Rang, den die Verbindlichkeit als Insolvenzforderung eingenommen hätte.289 Verbindlichkeiten, die keine berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten sind, können im SAG nicht gekürzt oder umgewandelt werden und sind folglich mit besicherten Verbindlichkeiten im Insolvenzverfahren vergleichbar. Zu den nicht-berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Sinne des SAG gehören besicherte Verbindlichkeiten,290 Verbindlichkeiten die sich auf ein Vermögen beziehen, an dem dem Gläubiger ein Absonderungs- oder Aussonderungsrecht zusteht,291 und Verbindlichkeiten aus einem Treuhandverhältnis292. Diese Verbindlichkeiten können auch im allgemeinen Insolvenzverfahren nicht gekürzt werden. Allerdings umfasst die Gruppe der nichteinbeziehungsfähigen Verbindlichkeiten im SAG darüber hinaus noch weitere Verbindlichkeiten, die im allgemeinen Insolvenzrecht nicht den Rang einer besicherten Forderung einnehmen. So sind Verbindlichkeiten aus der Vergütung von Beschäftigten mit Ausnahme einiger variabler Vergütungsbestandteile ausgenommen.293 Diese Ausnahme führt zu einem Gleichlauf der Ansprüche der Beschäftigten im Sonderinsolvenzrecht und im Insolvenzverfahren. Das ausstehende Gehalt im Insolvenzverfahren wird nach § 165 SGB III durch den Sozialversicherungsträger gezahlt und da eine 288 

Art. 63 (g) CRR. § 97 Abs. 1 S. 3 SAG. 290  § 91 Abs. 2 Nr. 2 SAG. 291  § 91 Abs. 2 Nr. 3 SAG. 292  § 91 Abs. 2 Nr. 4 SAG. 293  § 91 Abs. 2 Nr. 7 lit. a SAG. 289 

318

E.  Instrumente

derartige Regelung für ein Verfahren nach dem SAG nicht vorgesehen ist, erfolgt die Privilegierung des Gehaltes durch § 91 SAG. Wesentlich stringenter als die Aufnahme der Gehaltsverbindlichkeiten in die Liste der nichtberücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten wäre allerdings eine Ergänzung des § 165 SGB III um das Verfahren nach dem SAG. Weiterhin ausgenommen sind Verbindlichkeiten gegenüber Geschäfts- oder Handelsgläubigern aufgrund von Lieferungen und Leistungen, die von wesentlicher Bedeutung für den laufenden Geschäftsbetrieb des Instituts sind.294 Damit wurde das critical vendor-Konzept aus dem US-Recht in das SAG übernommen, um die Fortführung des Institutes sicherstellen zu können. Wie zuvor dargestellt,295 sind die kritischen Geschäftspartner eines Kreditinstituts aber häufig dessen Kunden, die wohl regelmäßig nicht in diese Kategorie fallen können, da ihre Verbindlichkeiten nicht aus Lieferungen oder Leistungen stammen. Ob der Schutz der sonstigen Geschäfts- oder Handelsgläubiger vor diesem Hintergrund eine Fortführung nennenswert erleichtert, erscheint zumindest fragwürdig. Die weiteren Ausnahmen sind auf die Besonderheiten des Bankensystems zurückzuführen. So sind gedeckte Einlagen im Sinne des § 2 Abs. 5 EinSiG296 von einer Kürzung oder Umwandlung ausgenommen.297 Andernfalls müssten die Einlagensicherungssysteme den Verlust aus der Beteiligung der erstattungsfähigen Einlagen tragen. Ein solcher Verlust könnte das Vertrauen in die Einlagensicherungssysteme gefährden und damit einen bank run auslösen.298 Die Ausnahme für gedeckte Einlagen ist auch im allgemeinen Insolvenzrecht zu finden. So sind gedeckte Einlagen aufgrund der Regelung in § 46f Abs. 4 Nr. 1 KWG im Insolvenzverfahren im Rang vor den übrigen Insolvenzforderungen zu befriedigen. Dadurch werden sie zwar nicht wie im SAG mit besicherten Forderungen gleichgesetzt, aber dennoch erfolgt eine Besserstellung gegenüber den sonstigen unbesicherten Forderungen. Darüber hinaus sind im SAG auch Verbindlichkeiten gegenüber Einlagensicherungssystemen aufgrund von Beitragspflichten nicht berücksichtigungsfähig.299 Besondere Bedeutung hat diese Ausnahme, wenn der Einlagensicherungsfonds Sonderbeiträge nach § 27 EinSiG für die Entschädigung von Einlegern einer anderen Bank erhebt, die von dem Insolvenzschuldner noch nicht beglichen wurden. Um die Ausstattung des Fonds mit Finanzmitteln nicht zu gefährden und das Ver-

294 

§ 91 Abs. 2 Nr. 7 lit. b SAG. Vgl. Kapitel E. II. 1. a) bb). 296 Einlagensicherungsgesetz, Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/49/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Einlagensicherungssysteme (DGSD-Umsetzungsgesetz), BGBl. I, 2015, S. 786. 297  § 91 Abs. 2 Nr. 1 SAG. 298  Vgl. Kapitel B. II. 2. 299  § 91 Abs. 2 Nr. 7 lit. c SAG. 295 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

319

trauen der Einleger zu erhalten, wird die Forderung der Einlagensicherungseinrichtung im SAG einer besicherten Forderung gleichgestellt. Weiterhin werden Verbindlichkeiten gegenüber anderen Instituten mit einer Ursprungslaufzeit von weniger als sieben Tagen und Verbindlichkeiten gegenüber Zahlungssystemen mit einer Restlaufzeit von weniger als sieben Tagen pauschal von Kürzungen und Umwandlungen ausgenommen.300 Die Klassifizierung dieser Verbindlichkeiten als nichtberücksichtigungsfähig soll wohl der Gefahr einer direkten Ansteckung anderer Institute durch eine Forderungskürzung entgegenwirken.301 Fallen Forderungen mit kurzer Restlaufzeit aus, so besteht nicht nur die Gefahr, dass der Gläubiger durch die Abschreibung der Forderung in die Überschuldung gerät, sondern auch, dass er in naher Zukunft über keine hinreichende Liquidität mehr verfügt. Somit erscheint die Besserstellung dieser Forderungen durchaus begründet. Allerdings muss berücksichtigt werden, dass die Marktteilnehmer ex ante ihr Verhalten entsprechend anpassen und Institute daher einander anstelle von Darlehen mit einer langen Laufzeit Darlehen mit einer Laufzeit von weniger als sieben Tagen gewähren werden, um das Risiko einer Kürzung oder Wandlung bei einer Abwicklung über das SAG zu vermeiden. Darüber hinaus verursacht diese Ausnahme auch eine zusätzliche Abweichung von der Rangordnung im allgemeinen Insolvenzverfahren, in dem die Laufzeit einer Forderung für deren Rang keine Rolle spielt. Die generelle Ausnahme wäre überdies nicht erforderlich gewesen, um eine direkte Ansteckung zu verhindern, da Verbindlichkeiten auch im Rahmen von § 92 SAG im Einzelfall von einer Kürzung oder Umwandlung ausgenommen werden können. § 92 SAG ermöglicht den Ausschluss von grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, wenn dies zwingend notwendig und verhältnismäßig ist, um die Fortführung der kritischen Funktionen des Instituts sicherzustellen oder die Gefahr einer Ansteckung zu vermeiden. Auch können Verbindlichkeiten ausgenommen werden, wenn deren Berücksichtigung eine Wertvernichtung für die anderen Gläubiger darstellen würde. Dies ist beispielsweise vorstellbar, wenn ein wesentlicher Geschäftspartner die Geschäftsbeziehung beendet, wenn seine Forderung gekürzt wird, und seine Leistungen nicht einfach zu ersetzen sind. § 92 SAG eröffnet der Abwicklungsbehörde die Möglichkeit, zielgerichtet nur diejenigen Verbindlichkeiten auszunehmen, deren Kürzung das Institut oder das Finanzsystem schädigen würden. Mithin müssten weder alle Verbindlichkeiten gegenüber Instituten mit einer Ursprungslaufzeit von weniger als sieben Tagen pauschal ausgenommen werden noch Verbindlichkeiten gegenüber Geschäfts- und Handelsgläubigern aufgrund von Lieferungen und Leistungen.

300  301 

§ 91 Abs. 2 Nr. 5, 6 SAG. Vgl. Kapitel B. II. 3. a).

E.  Instrumente

320

Die folgende Tabelle stellt die Haftungskaskade des allgemeinen Insolvenzrechts und des Reorganisationsverfahrens im KredReorgG der Haftungskaskade des SAG gegenüber: InsO/KredReorgG

SAG

besicherte Verbindlichkeiten

unbesicherte Verbindlichkeiten

nichtberücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten: – besicherte Verbindlichkeiten – Verbindlichkeiten gegenüber anderen Instituten oder Zahlungssystemen mit einer Laufzeit von weniger als 7 Tagen – Verbindlichkeiten gegenüber Beschäftigten, wesentlichen Geschäftspartnern aus Lieferungen und Leistungen sowie Einlagensicherungssystemen – ausgeschlossene Verbindlichkeiten nach § 92 SAG – gedeckte Einlagen berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten

nachrangige Verbindlichkeiten

Instrumente des Ergänzungskapitals

Anteile

Instrumente des zusätzlichen Kernkapitals

entschädigungsfähige Einlagen

Anteile und Instrumente des harten Kern­ kapitals

Die Unterschiede zwischen den Haftungskaskaden sind aus mehreren Gründen problematisch. Zum einen laufen sie dem Ziel zuwider, die Insolvenzrisiken ex ante bestmöglich vorhersehen zu können.302 Ist der Gläubiger beispielsweise ein Institut, das kurzfristige Darlehen mit einer Laufzeit von weniger als sieben Tagen an ein Kreditinstitut vergibt, lässt sich nicht vorhersagen, ob es den höchsten Rang bei einer Reorganisation einnehmen wird oder mit den unbesicherten Gläubigern gleichgesetzt wird. Dies hängt allein davon ab, ob das Kreditinstitut im Rahmen der allgemeinen Insolvenzordnung oder im Rahmen des SAG reorganisiert wird, was wiederum ausschließlich eine Frage der Systemrelevanz ist. Da die Frage, ob ein Institut zum Abwicklungszeitpunkt systemrelevant ist, kaum zuverlässig beantwortet werden kann,303 ist für den Gläubiger auch bis zuletzt unklar, ob er mit der vollen Werthaltigkeit seiner Forderung rechnen kann oder ob er größere Abschreibungen zu erwarten hat. Diese Unsicherheit muss er bei der Berechnung des Kreditzinses berücksichtigen, wodurch sich die Kreditvergabe insgesamt verteuern dürfte. Folglich wäre eine Angleichung der Haftungskaskade von Insolvenzrecht und SAG wünschenswert. Zum anderen hat die Abweichung der Rangfolgen zwischen dem KredReorgG und dem SAG möglicherweise ungewollte Folgen. Gläubiger, die im SAG bessergestellt sind als im KredReorgG, werden regelmäßig versuchen, die Durchführung eines Reorganisationsverfahrens nach dem KredReorgG zu blockieren. Gelingt es 302  303 

Vgl. Kapitel B. I. 4. b). Vgl. Kapitel D. II. 3.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

321

ihnen, eine Mehrheit der abstimmenden Gruppen gegen den Reorganisationsplan zu organisieren, kann der Plan nicht verabschiedet werden und das Reorganisationsverfahren ist gescheitert. Um die Krise zu bewältigen, muss dann entweder ein Insolvenzverfahren oder das Verfahren nach dem SAG durchgeführt werden. Da nur systemrelevante Institute das Reorganisationsverfahren nach dem Kred­ ReorgG nutzen können, wird das Institut voraussichtlich nach dem SAG reorganisiert. Gläubigergruppen, die antizipieren, dass sie bei dem Verfahren nach dem SAG geringere Kürzungen hinnehmen müssen als im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG, haben somit einen großen Anreiz, die Reorganisation in Eigenverwaltung des Instituts scheitern zu lassen. Eine Angleichung der Haftungskaskaden des KredReorgG und des SAG könnte diesen Anreiz aufheben. (3) Mindestwandlungskapital und Beteiligung des Abwicklungsfonds Die Reorganisation eines Unternehmens kann nur erfolgen, wenn die Überschuldung behoben wird. Kann eine Abschreibung oder Umwandlung von Forderungen nicht in einer hinreichenden Größenordnung erfolgen, weil zu viele Forderungen nichtberücksichtigungsfähig sind, kann auch die Überschuldung nicht beseitigt werden. Die Insolvenzordnung sieht in § 26 InsO in diesem Fall die Abweisung des Insolvenzantrags mangels Masse vor. In der Folge können alle besicherten Gläubiger ihre Forderungen vollstrecken und unbesicherte Gläubiger gehen leer aus. Das Unternehmen besteht dann lediglich aus einer leeren Hülle und muss aufgelöst werden. Zu dem gleichen Ergebnis könnte man auch bei der Abwicklung eines Instituts nach den Regelungen des SAG gelangen, wenn die Summe der berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten und der Kapitalinstrumente so gering ausfällt, dass deren Abschreibung oder Umwandlung nicht ausreicht, um das Instituts so zu rekapitalisieren, dass die Überschuldung beseitigt wird. Dieses Ergebnis ist aber insbesondere bei systemrelevanten Finanzinstituten nicht wünschenswert, da eine unkoordinierte Liquidation des Instituts wesentliche Auswirkungen auf die Finanzstabilität haben könnte. Um zu erreichen, dass eine Reorganisation erfolgreich durchgeführt werden kann, wurde in § 49 SAG festgelegt, dass jedes Institut auf Verlangen der Abwicklungsbehörde einen Mindestbetrag berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten vorzuhalten hat. Der Mindestbetrag wird nach § 49 Abs. 1 S. 2 SAG304 als Quote aus der Summe der Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten einerseits und der Summe der Gesamtverbindlichkeiten und Eigenmittel des Instituts andererseits ausgedrückt. Im Gegensatz zur Quote der Eigenmittel richtet sich die Mindestbetragsquote damit nicht nach den risikogewichteten Aktiva, sondern nach der Bilanzsumme. Vorgesehen ist eine institutsspezifische Quote, die vermutlich bei mehr als 8 % festgesetzt werden wird.305 Damit weicht die aus der BRRD stam304 

Äquvivalent nach Art. 12 Abs. 4 SRM-VO. Vortrag von Elke König, Vorsitzende des SRB, am 02. 11. 2015 während der Konferenz „One Year of SSM“ in Frankfurt, ausgerichtet durch das Intitute for Law and Finance. 305 

322

E.  Instrumente

mende Vorgabe von dem Vorschlag des Financial Stability Board ab. Das Financial Stability Board schlägt zwei unterschiedliche Mindestquoten vor. Einerseits sollen Institute eine Quote von 6 % überschreiten, die sich aus der Summe der Kapital­ instrumente und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Verhältnis zur Bilanzsumme ergibt, andererseits sollen sie eine Quote von 16 – 20 % überschreiten, die sich aus der Summe der Kapitalinstrumente und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva für systemrelevante Institute ergibt.306 Eine Mindestvorgabe für das Wandlungskapital im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva ist mit den Zielen der Gläubigerbeteiligung besser vereinbar als eine Mindestvorgabe im Verhältnis zur Bilanzsumme. Das Ziel der Gläubigerbeteiligung liegt darin, mit der Wandlung des Mindestbetrags die harte Kernkapitalquote eines Instituts in einem Ausmaß wiederherzustellen, das erforderlich wäre, um die bankaufsichtsrechtlichen Kapitalvorgaben zu erfüllen.307 Da sich die Kapitalvorgaben an den risikogewichteten Aktiva orientieren, muss ein Institut mit riskanten Aktiva eine größere Menge Eigenmittel vorhalten als ein Institut mit weniger riskanten Aktiva und folglich muss der Mindestbetrag bei Instituten mit mehr riskanten Aktiva höher ausfallen. Bei einer Mindestvorgabe, die sich an den risikogewichteten Aktiva orientiert, muss ein Institut bei einer riskanteren Geschäftspolitik automatisch mehr Wandlungskapital vorhalten. Bei einer Mindestvorgabe, die sich an der Bilanz­ summe orientiert, muss die Quote hingegen manuell an das Risikoprofil der Institute angepasst werden. Mithin ist die erstgenannte Quote der letztgenannten vorzuziehen. Für die Berechnung des Mindestbetrags dürfen nicht alle berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten herangezogen werden. Insbesondere können Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von weniger als einem Jahr nicht berücksichtigt werden.308 Damit soll gewährleistet werden, dass die Verbindlichkeiten auch tatsächlich für die Reorganisation zur Verfügung stehen und nicht zuvor beglichen wurden.309 Die Abwicklungsbehörde kann bei der Festsetzung der Mindestbetragsquote darüber hinaus berücksichtigen, ob die Verbindlichkeiten im Abwicklungsfall voraussichtlich herabgeschrieben oder umgewandelt werden können oder unter die Ausnahme des § 92 SAG fallen, weil deren Herabschreibung oder Umwandlung die Finanzstabilität gefährden würde. Hat ein Institut beispielsweise viele Verbindlichkeiten gegenüber Großbanken, deren Herabschreibung oder Umwandlung eine Ansteckungsgefahr verursacht, kann die Abwicklungsbehörde die institutsspezifische Quote entsprechend erhöhen.310 Reicht das vorgehaltene wandelbare Kapital nicht für die Reorganisation des ­Instituts aus, kann der Abwicklungsfonds nach Art. 27 Abs. 6 i.V.m. Art. 76 Abs. 1 306 

FSB, Adequacy of loss-absorbing capacity, S. 13. § 49 Abs. 4 SAG. 308  § 49 Abs. 2 Nr. 4 SAG. 309  FSB, Adequacy of loss-absorbing capacity, S. 11. 310  § 49 Abs. 4 Nr. 3 SAG. 307 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

323

lit. e SRM-VO311 zusätzliche Mittel zur Rekapitalisierung bereitstellen. Dies kann entweder notwendig werden, weil ein zu großer Teil der Verbindlichkeiten nach § 92 SAG von der Wandlung oder Herabschreibung ausgeschlossen wird oder weil die Verluste des Instituts zu groß sind, um durch Wandlung oder Herabschreibung des Mindestwandlungskapitals eine ausreichende Kapitalausstattung zu gewährleisten. Voraussetzung für die Zahlung des Abwicklungsfonds ist allerdings, dass die Anteilsinhaber und Gläubiger einen Beitrag zum Ausgleich eines Fehlbetrags in Höhe von mindestens 8 % der Summe aus Verbindlichkeiten und Eigenmitteln des Instituts geleistet haben.312 Wird die Mindestbeteiligung der Gläubiger nicht erreicht, kann eine Reorganisation durch das Instrument der Gläubigerbeteiligung nicht erfolgen. In diesem Fall muss die Abwicklungsbehörde auf andere Instrumente, etwa die Ausgliederung, zurückgreifen. Diese Beschränkung sorgt für eine ungerechtfertigte Einschränkung bei der Wahl der besten Abwicklungsvariante. Stellt eine Reorganisation durch das Instrument der Gläubigerbeteiligung das effizienteste Instrument zur Gewährleistung der Finanzstabilität dar, sollte sie unabhängig von der Höhe der Gläubigerbeteiligung erfolgen und der Abwicklungsfonds sollte die notwendigen zusätzlichen Mittel aufbringen. Andernfalls wird die Abwicklungsbehörde gezwungen, ein suboptimales Instrument für die Reorganisation zu verwenden, das einen Anstieg der Kosten für den Abwicklungsfonds erwarten lässt. Der Ausgleichsbetrag des Abwicklungsfonds darf 5 % der Summe aus Verbindlichkeiten und Eigenmitteln des Instituts nur überschreiten, wenn alle berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, die nicht nach § 92 SAG ausgeschlossen sind, vollständig abgeschrieben oder umgewandelt wurden.313 Diese Voraussetzung impliziert im Umkehrschluss, dass der Restrukturierungsfonds bis zu 5 % beitragen kann, ohne dass alle berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten vollständig abgeschrieben oder umgewandelt wurden. Dies ist nicht mit dem Grundsatz vereinbar, staatliche Hilfen nur als ultima ratio einzusetzen. Gemäß der Haftungskaskade des § 97 SAG müssen berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten voll herangezogen werden, um die notwendige Kapitalausstattung des Instituts wiederherzustellen. Nur wenn dieser Beitrag nicht ausreicht, sollte der Restrukturierungsfonds einspringen. Eine Zahlung des Abwicklungsfonds sollte mithin generell – und nicht nur bei einer Überschreitung der 5 %-Grenze – lediglich erfolgen, nachdem alle berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten herangezogen wurden. (4) Zugrunde liegende Unternehmensbewertung Zur Festlegung, welche Verbindlichkeiten ganz oder teilweise abgeschrieben und welche Verbindlichkeiten in Eigenkapital gewandelt werden, ist im Verfahren nach dem SAG genauso wie im allgemeinen Insolvenzverfahren eine Einschätzung 311 

Vormalig der Restrukturierungsfonds nach § 94 SAG i.V.m. § 7a RStruktFG. Art. 27 Abs. 7 lit. a SRM-VO. 313  Art. 27 Abs. 7 lit. b SRM-VO. 312 

324

E.  Instrumente

des Unternehmenswertes erforderlich.314 Im allgemeinen Insolvenzrecht liegt die Feststellung, ob dem Insolvenzplan ein angemessener Unternehmenswert zugrunde gelegt ist, grundsätzlich bei den Gläubigern. Nur wenn die Zustimmung einer Gläubigergruppe im Rahmen des Obstruktionsverbotes fingiert werden muss, prüft das Insolvenzgericht die Angemessenheit der wirtschaftlichen Beteiligung der Gruppe und damit die Angemessenheit des Unternehmenswertes. Im administrativen Verfahren des SAG legt die Abwicklungsbehörde den angemessenen Unternehmenswert ohne Beteiligung der Gläubiger fest. Um den Gläubigerschutz dennoch sicherzustellen, enthalten §§ 69 ff. SAG detaillierte Regelungen zur Bewertung des Instituts. So muss die Bewertung durch einen sachverständigen, unabhängigen Prüfer vorgenommen werden.315 Die Bewertung hat sich gemäß § 72 SAG „auf vorsichtige Annahmen zu stützen, insbesondere auch in Bezug auf Ausfallwahrscheinlichkeiten und Verlustquoten hinsichtlich der Vermögenswerte des Instituts.“ Welche Bewertungsverfahren diese Voraussetzung erfüllen, ist unklar, wird aber zukünftig möglicherweise durch das Bundesministerium der Finanzen konkretisiert, das in § 76 Nr. 2 SAG ermächtigt wird, eine Verordnung zur Methode der Bewertung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten zu erlassen. Solange diese Konkretisierung nicht erfolgt ist, wird man wohl auf die bekannten Bewertungsmodelle unter Verwendung konservativer Inputvariablen zurückgreifen können.316 Regelmäßig ist davon auszugehen, dass die Gläubigerbeteiligung neben der Herabschreibung von Forderungen auch die Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital beinhaltet, so dass es auf die genaue Bewertung des Unternehmens nicht ankommt. Die Bewertung dient dann lediglich zur Bestimmung der fulcrum security, die dann in Eigenkapital gewandelt wird.317 Anders gestaltet sich die Situation, wenn die Wandlung der fulcrum security nicht ausreicht, um genügend Eigenkapital zu erzeugen, so dass die Mindestvorgaben an die Eigenmittel auf diesem Wege nicht erfüllt werden können. In diesem Fall muss auch die Wandlung ranghöherer Verbindlichkeiten erfolgen und für den Umwandlungssatz nach § 98 SAG eine genaue Wertermittlung vorgenommen werden. c)  Verwendung von Zwangswandelanleihen als alternative Reorganisationsmöglichkeit Die beiden vorgenannten Verfahren zur Behebung der Überschuldung bringen unterschiedliche Probleme mit sich. Die Reorganisation im Rahmen des Kred­ ReorgG birgt durch das Zustimmungserfordernis zum Reorganisationsplan das Risiko, dass die Gläubiger das Verfahren in der Hoffnung auf eine Besserstellung im Verfahren nach dem SAG blockieren. Die Reorganisation im Rahmen des SAG 314 

Vgl. §§ 96, 98 SAG. § 70 SAG. 316  Vgl. Kapitel D. III. 1. b) bb) (1). 317  Vgl. Kapitel E. IV. 1. 315 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

325

wiederum erzeugt durch den Ausschluss bestimmter Instrumente in § 92 SAG Unsicherheit bei den Gläubigern über die Werthaltigkeit ihrer Forderung und setzt falsche Anreize. Unsicherheit entsteht dadurch, dass einzelne Gläubiger nicht einschätzen können, ob ihre Forderung von der Herabschreibung oder Wandlung ausgenommen wird, beispielsweise um die Gefahr einer Ansteckung des Finanzmarktes zu reduzieren. Werden die Forderungen von der Wandlung ausgenommen, müssen die betroffenen Gläubiger keinen Wertverlust befürchten, werden sie hingegen nicht ausgenommen, droht den Gläubigern ein Totalausfall. Wesentlich problematischer als die Unsicherheit über die Werthaltigkeit der Forderung ist aber, dass andere systemrelevante Institute einen Anreiz haben, Forderungen gegen ein ausfallgefährdetes Institut am Markt zu kaufen. Dieser Anreiz entsteht dadurch, dass dieselbe Forderung für systemrelevante Gläubiger einen höheren Wert hat als für andere Gläubiger. Ist ein Forderungsinhaber nicht systemrelevant, erwartet er, dass seine Forderung im Insolvenzverfahren gekürzt oder gewandelt wird. Der Erwartungswert der Forderung sinkt damit deutlich unter den Nominalwert. Für ein systemrelevantes Institut entspricht der Wert der Forderung hingegen weiterhin dem Nominalwert, da es davon ausgehen kann, dass die Forderung nach § 92 SAG von der Wandlung ausgeschlossen wird. Mithin hat die Forderung für ein systemrelevantes Institut einen deutlich höheren Wert und das Institut kauft die Forderung zum Marktwert und erzielt die Differenz zwischen dem Nominalwert und dem Kaufpreis als Gewinn. Diese Möglichkeit des regulatory arbitrage führt dazu, dass Forderungen im Vorfeld einer Insolvenzmaßnahme vermehrt von systemrelevanten Instituten erworben und gehalten werden und damit nicht mehr gewandelt werden können. Kann aber keine Reorganisation in Form der Wandlung erfolgen, droht das Sonderinsolvenz­ verfahren zu scheitern.318 Aufgrund der Probleme der bestehenden Verfahren wird im Folgenden eine Alternative aufgegriffen. So wird seit einiger Zeit in der Literatur die Reorganisation eines Instituts durch die Wandlung von Zwangswandelanleihen, den sogenannten contingent convertibles oder CoCos, diskutiert.319 Zwangswandelanleihen sind Anleihen, die bei Vorliegen bestimmter Bedingungen in Eigenkapital gewandelt werden. Im Gegensatz zu klassischen Wandelanleihen hat also nicht der Anleihegläubiger die Wahl, ob er wandeln möchte, sondern die Wandlung erfolgt zwangsweise.320 Als Auslöser können unterschiedliche Bedingungen festgelegt werden. Grundsätzlich kann zwischen regelgebundenen und diskretionären Auslösern 318 

S. 5.

Im Ergebnis auch Krahnen/Siekmann, Stellungnahme zum Restrukturierungsgesetz,

319  Vgl. nur Cahn/Kenadjian, Contingent Convertible Securities, S. 263; Coffee, Columbia Law Review 2011, 795; Frank, Contingent Convertible Bonds, S. 1 ff.; Henkel/Kaal, Northwestern Journal of International Law & Business 2012, 191; Sleiman, Contingent Convertible Bonds, S. 111; Claessens/Herring/Schoenmaker, A Safer World Financial System, S. 67 m.w.N. 320  Nodoushani, ZBB 2011, 143, 144 f.

326

E.  Instrumente

unterschieden werden.321 Diskretionäre Auslöser werden in der Regel durch die Aufsichtsbehörde gesteuert, während regelgebundene Auslöser an bestimmte Größen, wie die Eigenkapitalquote oder die Eigenmittelquote anknüpfen.322 Bei allen Unterschieden zwischen Vorschlägen über die optimale Ausgestaltung von CoCos herrscht in der Literatur weitgehend Einigkeit darüber, dass die Wandlung zur Vermeidung des Insolvenzverfahrens erfolgen sollte und diesem somit zeitlich vorgelagert sein muss.323 Im Folgenden wird jedoch vorgeschlagen, die Instrumente so auszugestalten, dass sie erst während des Insolvenzverfahrens in Eigenkapital gewandelt werden. Der Auslöser für die Wandlung wäre somit die Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens selbst. Ein derart durchgeführtes Insolvenzverfahren ist vergleichbar mit einem pre-packaged-Verfahren nach Chapter 11 des Bankruptcy Code oder im Insolvenzplanverfahren.324 Durch diese Vorgehensweise würde eine Reihe von Problemen klassischer Zwangswandelanleihen vermieden. Ein wesentliches Problem der Wandlung klassischer Zwangswandelanleihen als Alternative zu den Reorganisationsverfahren im Sonderinsolvenzrecht stellt die Umgehung der Haftungskaskade des Insolvenzrechts dar. Im Fall der Reorganisation durch das Instrument der Gläubigerbeteiligung im SAG müssen zuerst das gesamte Eigenkapital und das gesamte Ergänzungskapital herabgeschrieben werden, bevor die Gläubigerforderungen herabgeschrieben oder gewandelt werden. Auch bei einer Reorganisation im allgemeinen Insolvenzverfahren oder im Reorganisationsverfahren des KredReorgG wird zuerst das Eigenkapital herabgeschrieben, bevor eine Herabschreibung oder Wandlung des Fremdkapitals erfolgt. Werden Zwangswandelanleihen hingegen gewandelt, bevor das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, müssen die Anteilsinhaber nur eine Verwässerung hinnehmen, nicht aber einen vollständigen Wertverlust. Die Wandlung der Anleihen erst im Sonderinsolvenzverfahren würde hingegen die Abschreibung des Eigenkapitals und der Ergänzungsmittel ermöglichen, und könnte den Gläubigern der Zwangswandelanleihen das gesamte Eigenkapital zuschreiben. Auch die Einhaltung gesellschaftsrechtlicher Anforderungen verursacht bei klassischen Zwangswandelanleihen Probleme. Zwar ist die Schaffung von genehmigtem Kapital für die Umwandlung von Zwangswandelanleihen seit Inkrafttreten der Aktienrechtsnovelle 2016325 nicht mehr auf 50 % des bestehenden Grundkapi-

321  Sleiman, Contingent Convertible Bonds, S. 38 f.; Frank, Contingent Convertible Bonds, S. 3. 322 Vgl. Henkel/Kaal, Northwestern Journal of International Law & Business 2012, 191, 252, m.w.N. 323  Vgl. nur Coffee, Columbia Law Review 2011, 795, 830; Henkel/Kaal, Northwestern Journal of International Law & Business 2012, 191; Sleiman, Contingent Convertible Bonds, S. 111; Claessens/Herring/Schoenmaker, A Safer World Financial System, S. 67 m.w.N. 324  Coffee, Columbia Law Review 2011, 795, 830. 325 Gesetz zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2016) vom 22. 12. 2015, BGBl. I, S. 2565.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

327

tals beschränkt.326 Aber selbst ohne eine feste Obergrenze wird eine Gesellschaft regelmäßig kein unbegrenztes genehmigtes Kapital vorhalten. Im Krisenfall ist der Aktienwert erwartungsgemäß gering, so dass das genehmigte Kapital möglicherweise nicht ausreichen könnte, um den Gläubigern der Zwangswandelanleihen einen angemessenen Anteil am Unternehmen zukommen zu lassen.327 Darüber hinaus muss auch sichergestellt werden, dass der Mindestnennwert von einem Euro nach § 8 Abs. 2 S. 1 AktG zum Zeitpunkt der Wandlung gewährleistet ist. Ist der Aktienwert unter einen Euro gefallen, ist eine Wandlung nicht ohne eine Kapitalherabsetzung möglich, die nach § 222 AktG die Zustimmung der Aktionäre erfordert. Mithin ist eine automatische Wandlung in diesen Fällen ausgeschlossen.328 § 56 SAG beseitigt derartiger Hindernisse für die Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung. So steht ein unzureichendes genehmigtes Grundkapital der Wirksamkeit einer Abwicklungsanordnung und damit einer Wandlung gemäß § 56 Abs. 1 S. 4 SAG nicht entgegen. Wird die Zwangswandelanleihe also erst während des Sonderinsolvenzverfahrens gewandelt, kann auf § 56 SAG zurückgegriffen werden, um gesellschaftsrechtliche Probleme zu vermeiden. Ein weiterer Vorteil der Wandlung im Sonderinsolvenzverfahren gegenüber der Wandlung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt in der Möglichkeit, vor der Wandlung eine Fortführungsprognose vornehmen zu können. Liegt der Liquidationswert des Instituts über dessen Fortführungswert und ist eine Fortführung zur Sicherstellung der Funktion der Finanzmärkte nicht erforderlich, gibt es keinen Grund, das Institut zu reorganisieren. Vielmehr sollte es unter diesen Umständen liquidiert werden. Wird eine klassische Zwangswandelanleihe verwendet, findet die Wandlung unabhängig von der Fortführungsprognose statt. Die dadurch vollzogene Aufstockung des Eigenkapitals alleine wird aber regelmäßig die Insolvenz von Instituten, die ein Verlustgeschäft betreiben, nur verzögern, nicht aber verhindern.329 In der anschließenden Insolvenz verlieren die ehemaligen Inhaber der Zwangswandelanleihen als neue Anteilsinhaber vermutlich ihr gesamtes Investment. Wäre hingegen unmittelbar die Liquidation beschlossen worden, hätte möglicherweise ein Teil des Wertes erhalten werden können. Die Wandlung im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts ermöglichte es der Abwicklungsbehörde in einem ersten Schritt zu entscheiden, ob eine Fortführung wertmaximierend oder aus Gründen der Finanzmarktstabilität geboten ist und andernfalls eine Liquidation anstelle der Reorganisation durchzuführen. Damit würde eine ineffiziente Wandlung vermieden. Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass Zwangswandelanleihen, deren Wandlung erst während des Sonderinsolvenzverfahrens erfolgt, eine Reihe 326  Vgl. zur Ausnahme für Zwangswandelanleihen § 192 Abs. 3 S. 3 und 4 AktG n.F.; ausführlich Nodoushani, WM 2016, 589, 592 f. 327  Cahn/Kenadjian, Contingent Convertible Securities, S. 263. 328  Vgl. näher Cahn/Kenadjian, Contingent Convertible Securities, S. 264; Schlitt/Seiler/Singhof, AG 2003, 254, 256 f. 329  Coffee, Columbia Law Review 2011, 795, 833.

328

E.  Instrumente

von Vorteilen gegenüber klassischen Zwangswandelanleihen aufweisen. Mit ihnen können die Haftungskaskade eingehalten, gesellschaftsrechtliche Probleme vermieden und ineffiziente Wandlungen verhindert werden. Ein derartiges Instrument könnte eine Weiterentwicklung der Idee des vertraglichen Bail-in in § 53 SAG darstellen. Nach § 53 Abs. 1 SAG kann der Mindestbetrag berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten teilweise durch Instrumente mit einer vertraglichen Gläubigerbeteiligungsklausel erfüllt werden. Diese Klausel muss eine Umwandlung oder Herabschreibung der Instrumente einräumen, die vor der Heranziehung anderer berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten erfolgt.330 Damit wird eine weitere Rangklasse zwischen den Ergänzungsmitteln und den berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten geschaffen. Im Gegensatz zum hier vertretenen Vorschlag ersetzt diese Klasse aber nicht die berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten und behebt damit nicht das eingangs dargestellte Problem der Unsicherheit von Gläubigern berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten über eine Wandlung. Darüber hinaus fehlt es auch an Vorgaben, welche Gläubiger die vertraglichen Bail-In-Instrumente halten dürfen. Somit kann nicht sichergestellt werden, dass diese nicht von anderen systemrelevanten Instituten gehalten werden und damit auch nach § 92 SAG von einer Herabschreibung oder Wandlung ausgenommen werden müssen. Vorzugswürdig ist eine Lösung, die von dem Konzept der berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten Abstand nimmt und sich auf Zwangswandelanleihen oder vergleichbare Instrumente mit einer Gläubigerbeteiligungsklausel konzentriert. Das Halten derartiger Instrumente im Anlagebuch von Instituten müsste untersagt werden. Im Handelsbuch dürften die Instrumente nur noch als Dienstleistung für Dritte erworben werden. Auch müssten Gestaltungsvarianten verboten werden, in denen ein Institut der Begünstigte derartiger Instrumente ist, ohne sie selbst zu halten. Dazu könnte auf das Konzept des beneficial ownership zurückgegriffen werden.331 Der Vorteil einer derartigen Ausgestaltung bestünde darin, dass keine Zwangswandelanleihen von der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung ausgenommen werden müssten. Damit würde einerseits die Unsicherheit der Gläubiger über den Wert der Forderung reduziert und andererseits entfiele der Anreiz, die Instrumente aus Gründen des regulatory arbitrage an systemrelevante Institute zu verkaufen. Mithin würde letztlich auch die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Refinanzierung gesteigert. Ein derartiges Modell weist noch eine Reihe von weiteren Vorteilen auf. Eine Zustimmung der Gläubiger, wie sie im KredReorgG vorgesehen ist, wird dem Insolvenzverfahren durch die Vertragsklausel vorweggenommen. Die Durchführung des Sonderinsolvenzverfahrens ist dann vergleichbar mit einem pre-packaged-Verfahren bei vorheriger Einholung der Zustimmung der betroffenen Gläubiger. Auch 330  § 53 Abs. 2 Nr. 1 SAG; vgl. dazu auch Cahn/Kenadjian, Contingent Convertible Securities, S. 273 f. 331  Ausführlich zu dem Konzept Reinhard-DeRoo, Beneficial Ownership, S. 29 f.

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

329

die Dauer des Verfahrens kann verringert werden, da keine Entscheidung über die Wandlungsfähigkeit der Verbindlichkeiten mehr getroffen werden muss. Vielmehr muss die Abwicklungsbehörde bei der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung lediglich festlegen, ob die Wandlung des zusätzlichen Kernkapitals und des Ergänzungskapitals für die Wiederherstellung einer hinreichenden Eigenkapitalausstattung ausreicht oder ob die Zwangswandelanleihen zusätzlich gewandelt werden müssen. Stellt die Abwicklungsbehörde fest, dass der Stilllegungswert den Fortführungswert überschreitet und eine Fortführung zur Erhaltung der Finanzstabilität nicht notwendig ist, könnte sie eine Liquidation des Instituts anstelle der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung betreiben und eine Wandlung unterbliebe. In diesem Modell bleiben auch andere Forderungen gegen das Institut in voller Höhe bestehen, so dass die Gläubiger dieser Forderungen keinen Anreiz zum Abzug ihres Kapitals aufgrund der Krise mehr haben. Folglich können sich das Zahlungsverbot und das Anfechtungsrecht im Bereich der preferential transfers auf wenige betroffene Forderungen beschränken. Da die Forderungen und Verbindlichkeiten des operativen Geschäfts nicht betroffen wären, stünde auch der Fortführung des Instituts im Sonderinsolvenzverfahren nichts entgegen.332 Teilweise wird gegen die Verwendung von Zwangswandelanleihen hervorgebracht, dass diese zu einer Steigerung der Finanzierungskosten eines Instituts führen würden.333 Dem ist entgegen zu halten, dass ein Insolvenzverfahren mit vorhandenen Zwangswandelanleihen schneller und damit kostengünstiger abzuwickeln ist und somit die Gesamtkosten der Finanzierung durch Zwangswandelanleihen sinken müssten.334 Steigen die Finanzierungskosten dennoch, ist dies regelmäßig darauf zurückzuführen, dass die zuvor eingepreiste implizite Staatsgarantie entfällt und die Gläubiger jetzt das volle Verlustrisiko selbst tragen müssen.335 Dieser Effekt spricht aber nicht gegen die Verwendung von Zwangswandelanleihen, sondern stellt ein weiteres Argument für deren Verwendung dar. Durch die Internalisierung des Verlustrisikos besteht für Gläubiger der Anleihen ein Anreiz, das Unternehmen besser zu überwachen und sich zusätzliche Rechte einräumen zu lassen, um beispielsweise moral hazard des Managements zu verhindern. Um eine wirksame Reorganisation zu gewährleisten, müsste vergleichbar mit dem Mindestwandlungskapital in § 49 SAG auch eine Mindestquote für die vorgeschlagenen Zwangswandelanleihen erfüllt werden. Die Höhe sollte ausreichen, damit das Institut nach der Wandlung eine hinreichende Kapitalausstattung vorweisen kann. Gemäß § 95 SAG soll die Rekapitalisierung des Instituts in dem Um332 Vgl. die alternative Idee mit vergleichbarer Wirkung bei Harrison/Anderson/­ Twaddle, Journal of Financial Stability 2007, 324. 333  Deutsche Bank Research, Contingent Convertibles, S. 14; Avdijev/Kartasheva/Bogdanova, BIS Quarterly Review September 2013, 43, 51 f. 334  Himmelberg/Tsyplakov, Pricing Contingent Capital Bonds, S. 17. 335  D’Souza/Gravelle/Engert/Orsi, Bank of Canada Report December 2010, 51, 54; Murphy/Walsh/Willison, Precautionary Contingent Capital, S. 5 f.

330

E.  Instrumente

fang vorgenommen werden, der erforderlich ist, um den Zulassungsbedingungen zu genügen und das Vertrauen des Marktes in das Institut aufrechtzuerhalten. Weiterhin sieht § 96 Abs. 1 Nr. 2 SAG vor, dass die Umwandlung ausreichend sein soll, um die erforderliche Quote für das harte Kernkapital des Instituts wiederherzustellen. Die Wiederherstellung lediglich des harten Kernkapitals wird aber regelmäßig nicht ausreichen, um den Zulassungsbedingungen zu genügen und das Vertrauen des Marktes aufrechtzuerhalten.336 Vielmehr ist die Erlaubnis nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 1. HS KWG zu versagen, wenn die zum Geschäftsbetrieb erforderlichen Mittel nicht zur Verfügung stehen. Erforderlich sind nach Art. 92 Abs. 1 CRR eine harte Kernkapitalquote von 4,5 %, eine Kernkapitalquote von 6 % und eine Gesamtkapitalquote von 8 %. Mithin sollte jedes Institut Zwangswandelanleihen in einem Umfang ausgeben, der ausreicht, um eine Gesamtkapitalquote von 8 % zu erreichen. Nur dann kann der Zweck des § 95 SAG erfüllt werden. Die Gesamtkapitalquote errechnet sich aus den Eigenmitteln im Verhältnis zu den risikogewichteten Aktiva. Die Mindestquote der Zwangswandelanleihen sollte sich mithin de lege ferenda an den risikogewichten Aktiva orientieren. Damit stünde die Quote auch im Einklang mit den TLAC-Vorgaben des Financial Stability Board für systemrelevante Institute.337 Die notwendige Höhe hängt davon ab, zu welchem Zeitpunkt das Insolvenzverfahren eingeleitet wird und wie hoch die Verluste durch das Insolvenzverfahren ausfallen. Unter der Annahme, dass das Verfahren eingeleitet wird, sobald alle Eigenmittel aufgebraucht sind und die Verluste durch ein schnelles Insolvenzverfahren klein gehalten werden können, ist eine Zielvorgabe von 8 % vermutlich ausreichend. Bei der Berechnung der Mindestmenge der Zwangswandelanleihen muss sichergestellt werden, dass die Quote zusätzlich zu den Eigenmitteln eines Instituts erfüllt wird.338 Überschneiden sich beide Größen, kann nicht gewährleistet werden, dass die Wandlung der Anleihen ausreicht, um die Eigenmittelvorgaben zu erfüllen, wenn die Eigenmittel gemäß der Haftungskaskade vor der Wandlung herabgeschrieben wurden. Wie schon bei dem Mindestwandlungskapital nach § 49 SAG wäre eine Mindestrestlaufzeit für die Erfüllung der Minimalanforderungen vorteilhaft, um sicherzustellen, dass die Anleihen im Abwicklungsfall noch vorhanden sind. 5.  Vergleichende Zusammenfassung Reorganisationen von Unternehmen unter dem bestehenden Rechtsträger können sowohl im allgemeinen Insolvenzrecht als auch im Sonderinsolvenzverfahren vorgenommen werden. Wichtigstes Element derartiger Reorganisationen ist die 336 

Vgl. § 96 Abs. 3 Nr. 2 SAG. FSB, Adequacy of loss-absorbing capacity, S. 13. 338  So auch Coffee, Columbia Law Review 2011, 795, 843, andernfalls muss die Quote entsprechend erhöht werden. So setzt das FSB eine Zielquote von 16 – 20 % der risikogewichteten Aktiva, erkennt aber einige Eigenmittel als TLAC an. 337 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

331

Behebung der Überschuldung entweder durch eine Forderungskürzung oder durch die Wandlung von Fremdkapital in Eigenkapital. Darüber hinaus müssen aber auch Aspekte der Brückenfinanzierung und der Mitwirkungsrechte der Beteiligten beachtet werden. Das allgemeine Insolvenzverfahren wird einzig im Interesse der Gläubiger durchgeführt. Die Gläubigerversammlung hat folglich starke Mitspracherechte bei der Auswahl eines Insolvenzverwalters, der dann vom Insolvenzgericht bestellt wird und die Interessen der Gläubiger vertreten soll. Neben dem Insolvenzverfahren in der Verantwortung des Insolvenzverwalters kann aber auch ein Verfahren in Eigenverwaltung nach dem Vorbild des Chapter 11 Bankruptcy Code durchgeführt werden, in welchem der Insolvenzschuldner weiterhin die Verfügungsbefugnis innehat. In jedem Fall steht den Gläubigern im allgemeinen Insolvenzverfahren das Recht zu, über den Insolvenzplan zu entscheiden. Nur wenn mehr als die Hälfte der betroffenen Gläubigergruppen zustimmt, kann der Insolvenzplan verabschiedet werden.339 Im deutschen Sonderinsolvenzrecht können Kreditinstitute eine Reorganisation mit Hilfe des Reorganisationsverfahrens nach dem KredReorgG durchführen, welches starke Parallelen zum Insolvenzplanverfahren des allgemeinen Insolvenzrechts aufweist. Daneben besteht im SAG mit dem Instrument der Gläubigerbeteiligung eine weitere Reorganisationsmöglichkeit. Während die Mitwirkungsrechte der Gläubiger Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG weitgehend mit denen des Insolvenzplanverfahrens vergleichbar sind, haben sie bei dem Instrument der Gläubigerbeteiligung nach dem SAG keine Mitspracherechte. a)  Finanzierung Zur Finanzierung des Insolvenzverfahrens kann der Verwalter im allgemeinen Insolvenzverfahren einerseits vorhandene Mittel verwenden und andererseits neue Darlehen als Masseverbindlichkeiten aufnehmen. Im US-Insolvenzverfahren besteht darüber hinaus die Möglichkeit, neue Forderungen zur Brückenfinanzierung vorrangig zu besicherten Verbindlichkeiten zu bedienen. Eine vergleichbare Möglichkeit besteht im deutschen Insolvenzrecht hingegen nicht.340 Die Brückenfinanzierung des Reorganisationsverfahrens im KredReorgG ist mit der des allgemeinen Insolvenzrechts vergleichbar. So kann das Institut neue Kredite aufnehmen, die vorrangig zu befriedigen sind. Allerdings setzt diese Vorrangigkeit die Verabschiedung des Plans voraus und erzeugt damit eine Unsicherheit für potentielle Gläubiger, die eine Brückenfinanzierung unmöglich machen könnte.341 Die Lösung des allgemeinen Insolvenzrechts ist folglich vorzuziehen und sollte auf das Reorganisationsverfahren übertragen werden, so dass neue Kre339 

Vgl. Kapitel E. IV. 2. a). Vgl. Kapitel E. IV. 3. a). 341  Vgl. Kapitel E. IV. 3. b). 340 

332

E.  Instrumente

dite unabhängig von der Verabschiedung des Reorganisationsplans als vorrangig gelten. Findet der Insolvenzschuldner keinen Gläubiger zur Brückenfinanzierung, so muss das Unternehmen stillgelegt werden. Die Stilllegung eines Instituts gilt es aber dann zu vermeiden, wenn dadurch die Finanzstabilität gefährdet würde. Stattdessen muss in diesem Fall eine Brückenfinanzierung durch den Abwicklungsfonds ermöglicht werden. Um eine Reorganisation von Instituten in Eigenverwaltung zu vereinfachen, sollte dem Abwicklungsfonds eine Brückenfinanzierung nicht nur in Verfahren nach dem SAG, sondern auch in Verfahren nach dem KredReorgG ermöglicht werden. Umgekehrt sollte im Verfahren nach dem SAG auch die Ermächtigung zur Vergabe vorrangiger Kredite geschaffen werden, so dass die Finanzierung des Abwicklungsfonds nur als letztes Mittel notwendig ist. Um Insolvenzverfahren über Institute in der allgemeinen Insolvenzordnung zu ermöglichen, könnte eine Änderung der SRM-VO vorgenommen werden, die es dem Abwicklungsfonds erlaubt, auch Mittel in Insolvenzverfahren über Institute nach dem allgemeinen Insolvenzrecht zur Verfügung zu stellen, wenn dies zum Schutz des Finanzmarktes erforderlich ist. b)  Verwalter Im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzverfahren gibt es im Verfahren nach dem SAG keinen unabhängigen Insolvenzverwalter, sondern einen Sonderverwalter. Dessen Rechte sind mit denen des Insolvenzverwalters weitgehend vergleichbar; im Gegensatz zum Insolvenzverwalter ist er allerdings gegenüber der Abwicklungsbehörde weisungsgebunden.342 Dies ist auch schlüssig, da das Verfahren nicht mehr lediglich im Gläubigerinteresse durchgeführt wird, sondern auch im Interesse der Finanzstabilität, für die die Abwicklungsbehörde verantwortlich ist. Sonderregeln für die Bestellung von Insolvenzverwaltern bei einem allgemeinen Insolvenzverfahren über ein Institut finden sich zwar auch im KWG, allerdings hat die BaFin lediglich ein Anhörungsrecht und kein Auswahlrecht oder gar Weisungsbefugnis.343 Vorstellbar ist aber auch, der BaFin oder der Abwicklungsbehörde ein exklusives Vorschlagsrecht oder sogar eine Weisungsbefugnis, vergleichbar mit der Weisungsbefugnis gegenüber dem Sonderverwalter, für Insolvenzverfahren über Kreditinstitute einzuräumen. Dies könnte die Bereitschaft der BaFin und der Abwicklungsbehörde erhöhen, das allgemeine Insolvenzrecht zur Abwicklung des Instituts anzuwenden.344

342 

Vgl. Kapitel E. IV. 2. b). Vgl. Kapitel E. IV. 2. a). 344  Vgl. Kapitel E. IV. 2. b). 343 

IV.  Verfahren zur Reorganisation des Instituts

333

c)  Reorganisation der Verbindlichkeiten Die Überschuldung wird im allgemeinen Insolvenzrecht durch einen Insolvenzplan behoben, der dazu die Herabschreibung oder Wandlung von Verbindlichkeiten vorsieht. Die Gläubiger werden dabei einerseits durch ihre Mitwirkungsrechte geschützt, andererseits durch die Regelung, dass sie durch den Insolvenzplan nicht schlechtergestellt werden dürfen, als sie ohne den Plan stünden. Darüber hinaus muss die Haftungskaskade des Insolvenzrechts eigenhalten werden, wenn zumindest eine Gläubigergruppe den Insolvenzplan ablehnt. Eine Wandlung von Fremdkapital in Eigenkapital durch den Insolvenzplan kann im deutschen Insolvenzrecht nur erfolgen, wenn jeder betroffene Gläubiger dieser Wandlung zustimmt.345 Die dadurch entstehende Blockademöglichkeit einzelner Gläubiger ist geeignet, die Reorganisation mittels eines Debt-Equity-Swaps zu verhindern und eine Behebung dieser Blockademöglichkeit ist dringend geboten. Die Regeln des Insolvenzplanverfahrens wurden für das Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG weitgehend übernommen. Auch dort können die Gläubiger eine Wandlung ihres Fremdkapitals in Eigenkapital blockieren. Darüber hinaus ist auch im Reorganisationsverfahren eine Mehrheit der abstimmenden Gläubigergruppen erforderlich, um den Plan anzunehmen. Dieses Erfordernis ist nicht mit dem Ziel des Bankeninsolvenzrechts vereinbar. Erstellt ein systemrelevantes Institut einen Reorganisationsplan, der eine Fortführung des Instituts ermöglicht und damit die Gefahr einer Ansteckung des Finanzmarktes reduziert, so sollte dieser Plan auch gegen den Willen aller Gläubiger umgesetzt werden können. Zum Schutz der Gläubiger ist lediglich erforderlich, dass die Haftungskaskade eingehalten wird und kein Gläubiger schlechtergestellt wird, als er ohne den Plan stünde. Eine Schlechterstellung des Gläubigers sollte auch dadurch verhindert werden können, dass der Abwicklungsfonds den Verlust erstattet, vergleichbar mit den Regelungen des § 147 SAG.346 Nach geltendem Recht wird hingegen eine Blockade des Reorganisationsplans durch die Gläubiger ermöglicht und damit die Gefahr verursacht, dass die Gläubiger in Erwartung einer Besserstellung in einem anschließenden Verfahren nach dem SAG das Verfahren blockieren.347 Die Reorganisation durch das Instrument der Gläubigerbeteiligung im SAG unterscheidet sich vom Reorganisationsverfahren vor allem in zwei grundlegenden Punkten. Zum einen haben die Gläubiger bei der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung nach dem SAG im Gegensatz zum Reorganisationsverfahren nach dem KredReorG keine Möglichkeit, die Herabschreibung oder Umwandlung ihrer Forderungen zu verhindern. Allerdings sind sie, wie im allgemeinen Insolvenzverfahren und im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG, vor einer Schlechterstellung im Vergleich zu einer Liquidation geschützt. Zum anderen findet im SAG eine andere Haftungskaskade Anwendung als im allgemeinen 345 

Vgl. Kapitel E. IV. 4. a) cc) (2). Vgl. Kapitel E. IV. 4. b) aa). 347  Weijs, European Business Organization Law Review 2013, 201, 219. 346 

334

E.  Instrumente

Insolvenzverfahren und im KredReorgG. Die unterschiedlichen Haftungskaskaden verursachen eine Unsicherheit der Gläubiger im Vorfeld eines Insolvenzverfahrens, da die Gläubiger ihren Rang erst zuverlässig bestimmen können, wenn festgelegt wurde, welches Verfahren eröffnet wird.348 Außerdem kann eine abweichende Haftungskaskade Anreize für bestimmte Gläubigergruppen setzen, das Reorganisationsverfahren zu blockieren, um im anschließenden Verfahren nach dem SAG einen höheren Wert zu erhalten.349 Eine einheitliche Haftungskaskade könnte durch die Anpassung des § 46f Abs. 4 KWG hergestellt werden. § 46f Abs. 4 KWG sorgt bisher lediglich für eine Besserstellung von Einlagen im allgemeinen Insolvenzverfahren über Institute. Um einen Gleichlauf der Haftungskaskaden zu gewährleisten, könnte die Haftungskaskade des § 97 SAG in § 46f KWG übernommen werden. d)  Verfahrensdauer Regelmäßig erfordert die Durchführung des klassischen allgemeinen Insolvenz­ verfahrens mehr Zeit als die Durchführung der Sonderinsolvenzverfahren. Nach der Eröffnung muss im allgemeinen Insolvenzverfahren ein Insolvenzplan verhandelt werden und die Forderungen müssen angemeldet werden. Weiterhin muss eine Abstimmung nach vorheriger Offenlage des Plans durchgeführt werden. Im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG muss hingegen schon bei der Eröffnung des Verfahrens ein Reorganisationsplan vorliegen und gemäß § 14 Abs. 1 S. 3 KredReorgG findet eine vereinfachte Forderungsanmeldung statt, in der lediglich der Grund und der Betrag der Forderung anzugeben ist.350 Damit wird das Verfahren deutlich beschleunigt. Allerdings ist auch in diesem Reorganisationsverfahren nach § 16 KredReorgG eine Offenlegung des Plans und nach § 17 KredReorgG eine Abstimmung erforderlich. Am schnellsten ist wohl die Reorganisation durch das Instrument der Gläubigerbeteiligung durchzuführen, da dafür weder ein Plan aufgestellt oder verabschiedet werden muss noch eine formelle Forderungsanmeldung notwendig ist. Die Abwicklungsbehörde erlässt lediglich eine Anordnung, um die Forderungen der Gläubiger herabzuschreiben oder umzuwandeln. Im optimalen Fall kann diese Reorganisation über ein Wochenende erfolgen, um die Fortführung des reorganisierten Finanzinstitutes am folgenden Wochenanfang zu gewährleisten. Ein schnelles Verfahren ist insbesondere dann notwendig, wenn die Gefahr besteht, dass zwischenzeitlich Mittel vom Institut abgezogen werden oder wenn ein Zahlungsverbot die Fortführung des Instituts verhindert. Die Verwendung von Zwangswandelanleihen könnte dieses Problem beheben, da Forderungen und Verbindlichkeiten des Instituts, die nicht aus Eigenmitteln oder den Zwangswandelanleihen bestehen, von der Insolvenz nicht betroffen wären und somit keine Gefahr 348 

Hardee, North Carolina Banking Institute 2011, 259, 288. Kapitel E. IV. 4. b) bb) (2) (b). 350  Vgl. näher Höher, Das Reorganisationsverfahren, S. 176. 349 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

335

eines Abzugs von Mitteln oder die Notwendigkeit bestünde, ein Zahlungsverbot über die sonstigen Geschäfte des Instituts zu erlassen.351 Zwangswandelanleihen könnten damit sowohl im Sonderinsolvenzrecht als auch im allgemeinen Insolvenzrecht eine schnelle Reorganisation des Instituts ermöglichen. Alternativ könnte ein allgemeines Insolvenzverfahren zur Reorganisation eines Kreditinstituts durch die Verwendung von Abwicklungsplänen, die nach §§ 40 ff. SAG erstellt werden müssen, beschleunigt werden. Die Abwicklungspläne müssten im Rahmen des Insolvenzverfahrens nur noch umgesetzt werden. Ein derartiges pre-packaged-Verfahren wird in den USA regelmäßig zur Sanierung verwendet, in Deutschland wird das Potential aber bisher nicht ausgeschöpft.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung 1.  Übersicht Der Fortführungswert eines Unternehmens kann nicht nur durch ein Reorganisationsverfahren, sondern auch durch eine übertragende Sanierung erhalten werden. Während im Reorganisationsverfahren eine Rekapitalisierung unter dem alten Rechtsträger erfolgt, werden bei der übertragenden Sanierung die Vermögensgegenstände des insolventen Unternehmens auf einen neuen Rechtsträger übertragen, der das Geschäft fortführt.352 Die Gläubiger des insolventen Unternehmens profitieren von der Übertragung über den Kaufpreis, der den Fortführungswert des Unternehmens widerspiegelt und somit oft höher liegt als der Liquidationswert. In einer klassischen übertragenden Sanierung werden diejenigen Vermögensgegenstände als Paket verkauft, die für die Fortführung des Betriebs notwendig sind. Alle sonstigen Aktiva werden stückweise liquidiert. Der Erlös wird an die Gläubiger des Insolvenzschuldners nach ihrem Rang innerhalb der Haftungskaskade ausgeschüttet. Im Vergleich zur Reorganisation hat die übertragende Sanierung den Vorteil, dass der Insolvenzverwalter keine Unternehmensbewertung vornehmen muss, da sich der Wert des Unternehmens aus dem Verkaufspreis ergibt.353 Neben den Vermögensgegenständen können auch Verbindlichkeiten auf den Käufer übertragen werden. Damit ist aber die Gefahr verbunden, die Haftungskaskade zu untergraben. Wenn Forderungen mit niedrigem Rang übertragen und dann vollständig beglichen werden und Forderungen mit höherem Rang bei dem alten Rechtsträger verbleiben und nur teilweise beglichen werden, verstößt die Ausschüttung gegen die Haftungskaskade. Die übertragende Sanierung ist der Stilllegung eines Finanzinstituts häufig vorzuziehen. Einerseits besteht die Möglichkeit, bei der übertragenden Sanierung 351 

Vgl. Kapitel E. IV. 4. c). Wellensiek, NZI 2002, 233, 234; Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 664. 353  Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, S. 666. 352 

336

E.  Instrumente

einen höheren Verwertungserlös zu erzielen, andererseits reduziert die Fortführung die Gefahr für die Finanzstabilität. Regelmäßig können bei der übertragenden Sanierung die Geschäftsbeziehungen mit den Einlegern und den Kreditnehmern fortgesetzt werden, wodurch die Unsicherheit der Einleger reduziert und eine Verknappung des Kreditangebots verhindert wird.354 Somit stellt die übertragende Sanierung neben der Reorganisation ein wichtiges Instrument der Bankenabwicklung dar. Eine übertragende Sanierung kann sowohl im allgemeinen Insolvenzrecht als auch im Sonderinsolvenzrecht erfolgen. Im allgemeinen Insolvenzrecht ist dabei zwischen der übertragenden Sanierung im Insolvenzplan und dem Verkauf des Unternehmens vor Aufstellung des Plans zu unterscheiden. Im Sonderinsolvenzverfahren erfolgt der Verkauf grundsätzlich durch die Abwicklungsbehörde. Für eine detaillierte Diskussion der Verantwortung für die Durchführung des Verfahrens und der Brückenfinanzierung während des Verfahrens wird auf die Ausführungen zum Reorganisationsverfahren verwiesen.355 Im ersten Abschnitt dieses Teils wird auf die Möglichkeiten zur vollständigen Übertragung des Geschäfts auf einen Käufer eingegangen. Im Anschluss wird dann die Übertragung lediglich von Teilen des Geschäfts diskutiert. Im Bereich des Sonderinsolvenzrechts besteht darüber hinaus die Möglichkeit, Brückeninstitute zu gründen und Teile des Geschäfts oder das gesamte Geschäft an diese zu übertragen, worauf im anschließenden Abschnitt näher eingegangen wird. Zuletzt werden Maßnahmen diskutiert, die im Sonderinsolvenzrecht zur Stabilisierung des übernehmenden Rechtsträger vorgenommen werden können. 2.  Vollständiger Verkauf a)  Allgemeines Insolvenzverfahren aa)  Unternehmensverkauf durch den Insolvenzplan Soll eine übertragende Sanierung im allgemeinen Insolvenzverfahren erfolgen, kann diese entweder im Insolvenzplan oder während des Verfahrens vorgenommen werden. Ist der Verkauf im Insolvenzplan vorgesehen, gibt es im Verfahren keine wesentlichen Unterschiede zur Reorganisation.356 Im gestaltenden Teil wird die Übertragung der Vermögensgegenstände auf einen Käufer und die Verteilung des Verkaufserlöses unter den Gläubigern anhand der gegebenen Rangfolge festgelegt. Auch der Insolvenzplan in Chapter 11 des Bankruptcy Code kann den Verkauf des Unternehmens vorsehen.357 354  FDIC, Resolution Handbook 2003, S. 21 f.; siehe auch Krimminger, Ending too big to Fail, S. 302. 355  Vgl. Kapitel E. IV. 2. und Kapitel E. IV. 3. 356  Vgl. dazu Kapitel E. IV. 4. a). 357  § 1123 (b)(4) Bankruptcy Code.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

337

bb)  Der § 363 Sale im Bankruptcy Code Neben dem Verkauf der Vermögensgegenstände im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens besteht auch die Möglichkeit des Verkaufs durch den Insolvenzverwalter. In Chapter 7 des Bankruptcy Code stellt der Verkauf der Vermögensgegenstände nach § 363 Bankruptcy Code den Regelfall der Verwertung dar. Der Insolvenzverwalter verfolgt damit das Ziel der Maximierung des Verwertungserlöses, der im Anschluss an die Gläubiger ausgeschüttet wird.358 Bei dem Verkauf muss zwischen Verkäufen im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb und solchen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes unterschieden werden.359 Während der Verkauf im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes allein durch den Verwalter vorgenommen werden kann, erfordert der Verkauf von Vermögensgegenständen außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes eine Anhörung der Insolvenzgläubiger und bei deren Widerspruch die Zustimmung des Insolvenzgerichts.360 Beim Verkauf des gesamten Unternehmens handelt es sich unzweifelhaft um eine Tätigkeit außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes.361 Ein Verkauf kann mithin nur erfolgen, wenn das Insolvenzgericht dem Verkauf zustimmt oder kein Gläubiger dem Verkauf widerspricht.362 Die Zustimmung des Insolvenzgerichts hängt wiederum wesentlich von der Höhe des Verkaufspreises ab. In einem Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code, der auch als § 363 sale bezeichnet wird, können alle Vermögensgegenstände, die nicht als Sicherheit bestellt wurden, frei verwertet werden. Vermögensgegenstände, die als Sicherheit für eine Verbindlichkeit bestellt wurden, können hingegen grundsätzlich nicht frei von den Rechten der Sicherungsnehmer übertragen werden. Dieser Umstand stellt in der Praxis oft ein Hindernis für den Verkauf des Unternehmens dar, so dass § 363 (f) Bankruptcy Code bei Vorliegen bestimmter Bedingungen den Verkauf frei von Belastungen ermöglicht.363 Insbesondere ist es demnach möglich, den Gegenstand zu veräußern, wenn der Veräußerungspreis größer ist als der Sicherungswert. In diesem Fall wird der besicherte Gläubiger durch den Verkauf nicht schlechter gestellt, da er von dem Erlös zumindest in Höhe seiner Sicherheit befriedigt wird. Als Gegenleistung für den Verkauf der Vermögensgegenstände kommen neben einer Geldzahlung auch alternativ oder kumulativ eine teilweise oder vollständige Übernahme der Verbindlichkeiten in Frage.364 Dabei obliegt es dem Insolvenzgericht, die Einhaltung der Haftungskaskade zu überwachen.365 358 

§§ 704, 726 Bankruptcy Code; vgl. auch Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 89 f. § 363 Bankruptcy Code. 360  Madaus, NZI 2008, 715, 717. 361  § 363 (b) Bankruptcy Code; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 442 f. 362  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 443. 363  Resnick/Sommer, Collier Guide to Chapter 11, § 3.05. 364  Berman, Pratt’s Journal of Bankruptcy Law 2010, 291, 294. 365  Vgl. § 105 (a) Bankruptcy Code. 359 

338

E.  Instrumente

Ein Unternehmensverkauf nach § 363 Bankruptcy Code ist nicht nur in einem Chapter-7-Verfahren, sondern auch in einem Chapter-11-Verfahren möglich. Allerdings besteht hier die gesteigerte Gefahr, dass der Insolvenzschuldner den § 363 sale lediglich nutzt, um das Unternehmen unter Umgehung der Anforderungen an eine Planverabschiedung zu verkaufen. Ein solcher Verkauf wird auch als sub rosa-Plan366 bezeichnet und ist verboten.367 Um festzustellen, ob es sich um einen sub rosa-Plan handelt oder ob ein valider Grund für einen Verkauf vor der Verabschiedung des Plans vorliegt, hat der US Court of Appeals im Fall In Re Lionel Corp.368 Anhaltspunkte festgelegt, die für und gegen einen sub rosa-Plan sprechen. So ist unter anderem zu berücksichtigen, wie wahrscheinlich eine Planverabschiedung in naher Zukunft ist, wie der Verkaufspreis im Verhältnis zur vorgenommenen Unternehmensbewertung ausfällt und vor allem ob der Unternehmenswert im Insolvenzverfahren steigt oder fällt.369 Einen weiteren wesentlichen Faktor stellt die Einhaltung der Haftungskaskade dar.370 Neben Vorgaben zur grundsätzlichen Zulässigkeit eines § 363 sale haben die Gerichte auch Vorgaben für die Durchführung eines Verkaufs nach § 363 Bank­ ruptcy Code herausgearbeitet. Nach geltender Rechtsprechung ist vor dem Verkauf regelmäßig ein Bieterverfahren durchzuführen. Dadurch soll ein möglichst neutrales Verkaufsverfahren gewährleistet werden, welches den Erlös für die Insolvenzgläubiger maximiert und die Einflussmöglichkeiten des Insolvenzschuldners als Verhandlungspartei reduziert. Die wohl bekanntesten Fälle einer übertragenden Sanierung durch einen § 363 sale sind die Fälle Chrysler und General Motors sowie der Fall Lehman Brothers Inc. In allen drei Fällen sahen sich einige Gläubiger durch den Verkauf im Vergleich zur Verabschiedung eines Insolvenzplans benachteiligt.371 Trotz der möglichen Gläubigerbenachteiligung werden in den USA vermehrt Verkäufe nach § 363 Bankruptcy Code durchgeführt, um das Verfahren schnell abzuschließen und den Erlös für die Gläubiger zu maximieren. Die Kontrolle durch das Insolvenzgericht wird dabei zum Gläubigerschutz für ausreichend gehalten.372 Die hohe Geschwin366  Der Begriff sub rosa stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „unter dem Siegel der Verschwiegenheit“; Duden; online abrufbar unter: http://www.duden.de/rechtschreibung/sub_rosa. 367  Berman, Pratt’s Journal of Bankruptcy Law 2010, 291, 297. 368  Comm. of Equity Sec. Holders v. Lionel Corp., 722 F.2d 1063 (2d Cir. 1983). 369  Vgl. im Detail Korres, Florida Law Review 2011, 959, 970. 370  Zur diesbezüglichen Kritik an der Entscheidung im Fall Chrysler vgl. Korres, Florida Law Review 2011, 959, 967. 371  Vgl. für Chrysler, In re Chrysler LLC, 576 F.3d 108 (2nd Cir. 2009); für General Motors: In re Gen. Motors Corp., 407 B.R. 463, (Bankr. S.D.N.Y. 2009) und In re Motors Liquidation Company, 430 B.R. 65 (S.D.N.Y. 2010); für Lehman Brothers, In re Lehman Bros. Holdings Inc., 415 B.R. 77 (S.D.N.Y. 2009). 372  Resnick/Sommer, Collier Guide to Chapter 11, § 3.02; Skeel, The New Financial Deal, S. 30; kritisch aber Madaus, NZI 2008, 715, 718.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

339

digkeit, mit der ein § 363 sale erfolgen kann, wird auch durch die Betrachtung des Lehman-Falls deutlich. Der Verkauf von annähernd allen Vermögensgegenständen von Lehman Brothers Inc. an Barclays erfolgte innerhalb von nur fünf Tagen.373 Ausschlaggebend für den Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code war die Sorge, dass das Institut innerhalb kürzester Zeit im Insolvenzverfahren deutlich an Wert verlieren würde und daher dringender Handlungsbedarf bestünde. Für einige Autoren stellt das Lehman-Insolvenzverfahren das Vorzeigebeispiel einer gelungenen Abwicklung eines Finanzinstituts im allgemeinen Insolvenzrecht dar,374 für andere wiederum waren die dadurch entstandenen Marktverwerfungen ein wesentlicher Grund für die Schaffung eines Sonderinsolvenzrechts für derartige Institute.375 cc)  Unternehmensveräußerung nach §§ 159, 160 InsO Auch nach der deutschen Insolvenzordnung ist eine übertragende Sanierung ohne einen Insolvenzplan möglich. Der Verkauf der Vermögensgegenstände erfolgt dann nach §§ 159, 160 InsO. Außerhalb des Planverfahrens stellt diese Art der Verwertung, genauso wie in Chapter 7, den Regelfall dar. Aber auch im Planverfahren steht diese Möglichkeit zur Verfügung. Im Gegensatz zum Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code bedarf es für den Verkauf des Unternehmens nach §§ 159, 160 InsO regelmäßig nicht der Zustimmung des Insolvenzgerichts, sondern der Gläubiger. Ausnahmsweise kann das Unternehmen nach § 158 InsO auch ohne Zustimmung der Gläubiger veräußert werden, wenn die Veräußerung noch vor dem Berichtstermin erfolgen muss, um eine erhebliche Wertminderung der Insolvenzmasse zu vermeiden.376 Dies ist aber nur zulässig, wenn das Gericht keinen Gläubigerausschuss nach § 67 InsO eingesetzt hat, der über die Veräußerung abstimmen könnte.377 In jedem Fall hat der Insolvenzschuldner nach § 158 Abs. 2 S. 2 InsO das Recht, die Untersagung des Verkaufs beim Insolvenzgericht zu beantragen, welches eine Untersagung ausspricht, wenn bis zum Berichtstermin keine erhebliche Wertminderung zu befürchten ist.378 Bei der Feststellung, was eine erhebliche Verminderung der Insolvenzmasse darstellt, hat das Gericht einen hohen Beurteilungsspielraum. Eine feste Mindestverlustquote kann der Unterschiedlichkeit der Situationen nicht gerecht werden und wird überwiegend abgelehnt.379 Darüber hinaus wäre aber auch die flexible Einbeziehung weiterer Faktoren, beispielsweise des Veräußerungsprei373  Die Eröffnung erfolgte am 15. September und die Bestätigung des Verkaufs am 20. September, vgl. Valukas, Lehman Brothers Examiner’s Report, S. 1961. 374  Skeel, The New Financial Deal, S. 30; Summe, Lehman Brothers’ Derivatives Portfolio, S. 128. 375  Siehe nur FDIC, The Orderly Liquidation of Lehman Brothers Holdings, S. 41. 376 MüKo/Görg/Janssen, § 158 InsO, Rn. 16. 377 MüKo/Görg/Janssen, § 158 InsO, Rn. 20. 378 Uhlenbruck/Zipperer, § 158 InsO, Rn. 17. 379 MüKo/Görg/Janssen, § 158 InsO, Rn. 17; Uhlenbruck/Zipperer, § 158 InsO, Rn. 17.

E.  Instrumente

340

ses im Verhältnis zum erwarteten Unternehmenswert, wie dies im US-Recht nach der Lionel-Entscheidung erfolgt, wünschenswert. Dies würde dem Gericht mehr Spielraum für eine wirtschaftlich effiziente Entscheidung einräumen. In Anbetracht des Haftungsrisikos des Insolvenzverwalters für eine Fehlentscheidung bei einem Verkauf ohne Beteiligung der Gläubiger und der Möglichkeit, einen Gläubigerausschuss schon im Eröffnungsbeschluss zu bestellen, wird der Insolvenzverwalter aber wohl nur in wenigen Fällen auf § 158 InsO zurückgreifen.380 Größere Relevanz haben somit die Regelungen der §§ 159, 160 InsO zur Veräußerung nach dem Berichtstermin oder bei bestehendem Gläubigerausschuss. So bedürfen nach § 160 Abs. 1 InsO alle Geschäfte von besonderer Bedeutung der Zustimmung des Gläubigerausschusses oder – wenn kein Gläubigerausschuss bestellt ist – der Zustimmung der Gläubigerversammlung. In § 160 Abs. 2 InsO listet der Gesetzgeber als Regelbeispiel für Geschäfte von besonderer Bedeutung insbesondere die Veräußerung von Unternehmen und Betrieben auf. Verkauft der Insolvenzverwalter alle oder annähernd alle Vermögensgegenstände im Rahmen der übertragenden Sanierung, liegt somit unzweifelhaft eine zustimmungspflichtige Rechtshandlung i.S.d. § 160 InsO vor und der Gläubigerausschuss muss dem Verkauf zustimmen. Mithin kommt dem Gläubigerausschuss und dessen Zusammensetzung eine große Bedeutung bei der übertragenden Sanierung zu. Der Gläubigerausschuss kann vor der ersten Gläubigerversammlung nach § 67 InsO durch das zuständige Insolvenzgericht bestellt werden und soll sich nach § 67 Abs. 2 InsO aus einem Vertreter der absonderungsberechtigten Gläubiger, einem Vertreter der Großgläubiger, einem Vertreter der Kleingläubiger und einem Vertreter der Arbeitnehmer zusammensetzen. In der ersten Gläubigerversammlung kann dann die Zusammensetzung nach § 68 Abs. 2 InsO verändert werden oder der Gläubigerausschuss gänzlich abgeschafft werden. Wird der Gläubigerausschuss abgeschafft, entscheidet nach § 160 Abs. 1 S. 2 InsO die Gläubigerversammlung über den Verkauf des Unternehmens. Die Gläubigerversammlung entscheidet nach § 76 InsO mit der Summenmehrheit der Forderungen, während der Gläubigerausschuss nach § 72 InsO nach Personenmehrheit beschließt. Beide Verfahren unterscheiden sich wiederum von dem Verfahren zur Abstimmung über den Insolvenzplan nach § 244 InsO.381 Bei der Verabschiedung des Insolvenzplans wird der Gläubigerschutz durch die Einteilung in Gruppen und das Erfordernis einer doppelten Mehrheit in Form einer Summenmehrheit und einer Personenmehrheit gewährleistet. Bei einer Entscheidung der Gläubigerversammlung nach § 76 InsO oder des Gläubigerausschusses nach § 72 InsO ist der Schutz der Gläubiger hingegen unvollständig. Die im Planverfahren vorgesehene Einteilung in Gruppen wird dem Umstand gerecht, dass unterschiedliche Gläubigergruppen unterschiedliche Interessen verfolgen. So haben besicherte Gläubiger oft ein Interesse an der Liquidation des Unternehmens, da sie in diesem 380 MüKo/Görg/Janssen, 381 

§ 158 InsO, Rn. 19. Vgl. dazu Kapitel E. IV. 4. a) cc) (1).

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

341

Fall ihre Sicherheit verwerten können und sich die Verwertung kostengünstiger darstellt, als eine langfristige Beteiligung am Restrukturierungsprozess. Nachrangige Gläubiger und Gläubiger, die zugleich Geschäftspartner sind, haben hingegen ein Interesse an der Fortführung des Unternehmens, selbst dann, wenn der Fortführungswert den Liquidationswert nicht überschreitet. Nur bei einer Fortführung haben die nachrangigen Gläubiger zumindest die Chance, ihre Forderungen zu realisieren. Auch den Geschäftspartnern ist die Möglichkeit der Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen oft wichtiger als die Durchsetzung ihrer Insolvenzforderungen. Wird nun in der Gläubigerversammlung über den Verkauf des Unternehmens abgestimmt, besteht die Gefahr, dass besicherte Gläubiger die Mehrheit der Forderungen und damit in der Versammlung stellen und den Verkauf ablehnen, um eine schnelle Verwertung ihres Sicherungsgutes zu erreichen, obwohl ein Verkauf möglicherweise die effiziente Entscheidung darstellen würde. Umgekehrt könnten Geschäftspartner und nachrangige Gläubiger die Mehrheit stellen und für einen Verkauf votieren, obwohl dieser im Erwartungswert einen geringeren Erlös verspricht als eine stückweise Liquidation. Dies ist insbesondere dann wahrscheinlich, wenn der Käufer auch nachrangige Forderungen übernimmt und die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen verspricht. Mithin birgt der Abstimmungsmechanismus der Gläubigerversammlung die Gefahr, dass wirtschaftlich ineffiziente Entscheidungen über den Verkauf des Unternehmens getroffen werden. Wenn die Besetzung des Gläubigerausschusses die Mehrheitsverhältnisse der Gläubigerversammlung widerspiegelt, ändert sich an den Schwächen des Abstimmungsverfahrens nichts. Erfolgt die Abstimmung hingegen in der Besetzung des durch das Gericht nach § 67 InsO bestellten Ausschusses, ändert sich die Betrachtung. Wie schon bei der Abstimmung in der Gläubigerversammlung, ist davon auszugehen, dass der Vertreter der besicherten Gläubiger den Verkauf ablehnen wird, um seine Sicherheit zu verwerten. Der Vertreter der Arbeitnehmer wird hingegen regelmäßig für einen Verkauf votieren, wenn der Käufer Zugeständnisse bei der Arbeitsplatzsicherung macht. Mithin kommt es zumeist maßgeblich darauf an, welche Gläubiger die Kleingläubiger und die Großgläubiger vertreten. Handelt es sich dabei beispielsweise um Lieferanten, ist der Verkauf unabhängig vom vereinbarten Kaufpreis überwiegend wahrscheinlich, sofern keine alternative Fortführungsoption besteht. Somit kann auch hier eine Entscheidung losgelöst von der aus ökonomischer Sicht einzig relevanten Frage getroffen werden, ob der Verkauf den Verwertungserlös maximiert. Im Gegensatz zur Entscheidung der Gläubigerversammlung oder des Gläubigerausschusses nach dem Berichtstermin kann das Insolvenzgericht die Entscheidung des Gläubigerausschusses vor dem Berichtstermin allerdings nach § 158 Abs. 2 S. 2 InsO auf Antrag des Insolvenzschuldners überprüfen und so eine ineffiziente Verwertung verhindern. Nach dem Berichtstermin ist dies nicht vorgesehen, so dass ineffiziente Entscheidungen zu Lasten bestimmter Gläubiger bestehen bleiben. Einen gerichtlichen Schutz vor der Umsetzung von sub rosa-Plänen, wie er in der US-Rechtsprechung entwickelt wurde, kennt das deutsche Recht nicht. Frag-

342

E.  Instrumente

lich ist daher, ob der Schutz der Gläubiger vor einem Missbrauch des Instruments der Betriebsveräußerung durch ein Zustimmungserfordernis gewährleistet werden kann. Insbesondere die dargestellten Abstimmungsverfahren in Verbindung mit den regelmäßig vorherrschenden Interessenkonflikten in der Gläubigerversammlung und dem Gläubigerausschuss lassen eine gerichtliche Kontrolle insgesamt vorzugswürdig erscheinen. b)  Bankeninsolvenzrecht aa)  Purchase and Assumption Transaction Neben den Möglichkeiten zur übertragenden Sanierung im allgemeinen Insolvenzrecht stehen auch im Bankeninsolvenzrecht Instrumente zur Durchführung einer übertragenden Sanierung zur Vergügung. Diese erfolgt im US-Recht durch eine sogenannten purchase and assumption (P&A) transaction und stellt die am häufigsten angewandte Methode der FDIC zur Bankenabwicklung dar.382 Vergleichbar mit einem Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code wird damit das Ziel verfolgt, möglichst schnell die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten vollständig oder teilweise zu übertragen, um die Fortführung des Instituts unter dem Rechtsträger des Käufers zu gewährleisten und den Fortführungswert zu realisieren.383 Die Rechtsgrundlage für eine P&A Transaktion von Einlageninstituten ist § 1821 (d)(2)(G) Title 12 U.S.C. Für systemrelevante Finanzinstitute, die keine Einlageninstitute sind, stellt § 210 (a)(1)(G) Dodd-Frank Act die Rechtsgrundlage einer P&A Transaktion dar. In den nahezu wortgleichen Absätzen wird der FDIC als Abwicklungsbehörde allgemein gestattet, das insolvente Institut mit einem anderen Institut zu verschmelzen oder nach Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten auf ein anderes Institut zu übertragen.384 Im Zeitverlauf haben sich verschiedene Formen der P&A-Transaktion etabliert. Den geringsten Umfang hat die ausschließliche Übertragung von Einlagen auf den Käufer (Basic P&A). Darüber hinaus können auch Verbraucherkredite übertragen werden (Loan Purchase P&A) oder alle Vermögenswerte und Verbindlichkeiten (Whole Bank P&A).385 In den Anfängen der Bankenabwicklung erlaubte die FDIC dem Käufer keine Prüfung der zu übertragenden Gegenstände, so dass 382 

FDIC, Resolutions Handbook 2015, S. 16. Hynes/Walt, Why Banks are Not Allowed in Bankruptcy, S. 19. 384  Text des § 1821 (d)(2)(G): „Merger; transfer of assets and liabilities (i) In general The Corporation may, as conservator or receiver – (I) Merge the insured depository institution with another insured depository institution; or (II) Subject to clause (ii) [Approval by appropriate Federal banking agency], transfer any asset or liability of the institution in default (including assets and liabilities associated with any trust business) without any approval, assignment, or consent with respect to such transfer.“ 385  FDIC, Resolution Handbook 2015, S. 16 f. 383 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

343

regelmäßig nur eine Übertragung der Einlagen, die mit einer geringen Unsicherheit behaftet waren, in Frage kam.386 Nachdem in den 1980ern auch due diligence erlaubt wurden, waren die Käufer bereit, auch riskantere Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu übernehmen. In der Folge versuchte die FDIC in einem ersten Schritt zumeist die Bank als Ganzes zu vermarkten. War der Höchstbietende bereit mehr zu zahlen, als die Liquidation erzielt hätte, dann wurde die Bank an diesen verkauft. Nur wenn dies nicht der Fall war, wurden andere P&A-Modelle in Betracht gezogen. Erst als die FDIC durch den FDICIA gezwungen wurde, die für die FDIC kostengünstigste Abwicklung durchzuführen, wurden diese Vorgehensweise geändert und wieder vermehrt andere P&A-Modelle berücksichtigt, die teilweise höhere Erlöse versprachen.387 Interessierte Käufer müssen eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen, um am Bieterprozess der FDIC teilnehmen zu können. So müssen sie die FDIC davon überzeugen, dass sie innerhalb eines Wochenendes in der Lage sind, den übernommenen Betrieb fortzuführen. Weiterhin müssen sie Mindestvoraussetzungen im Bereich der regulatorischen Vorgaben erfüllen. Einerseits müssen sie die Eigenmittelvorgaben einhalten, andererseits müssen sie qualitative Faktoren wie das CAMELS388 rating zufriedenstellend erfüllen. Weiterhin erwartet die FDIC typischerweise, dass das übernehmende Institut mindestens die doppelte Größe des zu übernehmenden Instituts hat.389 Nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitserklärung wird den qualifizierten Bietern Zugang zu einem elektronischen Datenraum eröffnet, um eine due diligence durchführen zu können. Entscheidet sich der Käufer dazu, ein Gebot abzugeben, muss dieses aus zwei Teilen bestehen: der deposit premium und der asset premium/discount. Erstere ist die prozentuale Prämie, die der Käufer über den nominellen Wert der Einlagen hinaus bereit ist für das Einlagengeschäft zu zahlen. Die Angabe soll prozentual und nicht absolut erfolgen, damit bei schwankenden Einlagenhöhen keine Anpassung des Betrages notwendig ist. Darüber hinaus muss der Käufer für alle sonstigen Vermögensgegenstände einen Zuschlag zum oder Abschlag vom Buchwert der Gegenstände nennen. Aufgrund der eingetrübten Marktlage ist wohl regelmäßig mit einem Abschlag zu rechnen.390 Die FDIC wählt dann den Bieter mit dem höchsten Gebot aus.391 Für den Erwerb der Vermögensgegenstände ist eine Banklizenz erforderlich. Bieter haben aber die Möglichkeit, diese während des Bieterverfahrens zu beantragen.392 386 

FDIC, Resolution Handbook 2003, S. 24. FDIC, Resolution Handbook 2003, S. 28. 388  Das CAMELS rating ist ein Zusammengesetztes Rating der Faktoren Capital Adequacy, Assets, Management Capability, Earnings, Liquidity und Sensitivity; vgl. Carnell/ Macey/Miller, The Law of Financial Institutions, S. 434 f. 389  Übereinstimmend mit Verweis auf eine FDIC Guideline: Grant Thornton, Troubled bank opportunities, S. 4 f.; Faucette/Bruno/Heit, FDIC provides further clarification. 390  Grant Thornton, Troubled bank opportunities, S. 6. 391  Zu den Zuschüssen siehe im Detail unter Kapitel E. V. 5. 392  FDIC, Marketing Process. 387 

344

E.  Instrumente

Grundsätzlich ist das purchase and assumption-Verfahren der FDIC mit dem Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code vergleichbar. Unterschiede finden sich vor allem bei der Vorauswahl potentieller Käufer. Während der Käufer im 363-sale lediglich eine hinreichende Zahlungsfähigkeit darlegen muss, müssen im P&A Verfahren eine Reihe weiterer regulatorischer Vorgaben erfüllt sein. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die FDIC die Transaktion unter anderem durchführt, um die durch das insolvente Institut angebotenen Dienstleistungen zu bewahren während der 363-sale lediglich der Maximierung des Verwertungserlöses dient.393 Diese Erwägung gewinnt in dem Verfahren der OLA, in dem eine Liquidation des systemrelevanten Instituts verhindert werden soll, um die Finanzmarktstabilität nicht zu gefährden, noch zusätzlich an Bedeutung. Ist der Käufer nicht in der Lage, das Institut zumindest mittelfristig fortzuführen, ist eine Übertragung der Vermögensgegenstände an diesen Käufer zum Schutz der Stabilität des Finanzsystems ungeeignet. Fraglich ist dennoch, ob ein derart aufwendiges Vorauswahlverfahren zur Erreichung dieses Ziels notwendig ist. Zur Beantwortung dieser Frage können Parallelen zu Transaktionen außerhalb von Insolvenzverfahren gezogen werden. Empirische Untersuchungen machen deutlich, dass Käufer von Unternehmen nur selten durch den Kauf in eine Krise geraten.394 Überträgt man dieses Ergebnis auf die übertragende Sanierung im Sonderinsolvenzverfahren, ist die Sorge vor einem Scheitern des Käufers in einer purchase and assumption-Transaktion nicht begründet. Eine Vorauswahl, wie sie im US-Sonderinsolvenzrecht erfolgt, wäre mithin für den Erhalt der Finanzmarktstabilität entbehrlich und eine Prüfung der Zahlungsfähigkeit, wie sie in § 363 Bankruptcy Code erfolgt, ausreichend. Ein weiterer Unterschied zwischen dem Verkauf im allgemeinen Insolvenzverfahren und im Sonderinsolvenzverfahren besteht in der Vorgabe der FDIC zur möglichst kostengünstigen Abwicklung (least cost resolution). Während das Insolvenzgericht im allgemeinen Insolvenzverfahren die Interessen aller Gläubiger berücksichtigt und Verkäufe unterbindet, in denen Gläubiger schlechter gestellt werden als im Falle einer Liquidation des Unternehmens, muss die FDIC lediglich die eigenen Kosten berücksichtigen.395 Bei näherer Betrachtung stellt sich aber auch dieser Unterschied als unwesentlich heraus. Die Abwicklung ist für die FDIC umso günstiger, je niedriger die Zahlung an die versicherten Einleger abzüglich der Verwertungserlöse ausfällt. Mithin besteht das Ziel ebenfalls in der Maximierung des Verwertungserlöses. Lediglich in Fällen, in denen der Verwertungserlös ausreicht, um alle versicherten Einlagen auszuzahlen, ist diese Zielsetzung nicht mehr eindeutig. Allerdings stellt ein solcher Fall die absolute Ausnahme dar,396 und selbst unter diesen Umständen ist naheliegend, dass die FDIC das höchste Gebot auswählen würde. 393 

FDIC, Resolution Handbook 2003, S. 22. Kaplan/Strömberg, Journal of Economic Perspectives 2009, 121, 129. 395  § 1823 (c)(4)(A) Title 12 U.S.C. 396  Bennet/Unal, Understanding Bank Failure Resolution Costs, S. 40. 394 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

345

Lediglich in Fällen der Insolvenz systemrelevanter Institute weichen beide Verfahren möglicherweise auch im Ergebnis voneinander ab. In diesen Fällen ist es der FDIC bei Einlageninstituten aufgrund der systemic risk exception397 und bei sonstigen Finanzinstituten mangels einer least cost-Vorgabe im Dodd-Frank Act gestattet, das Institut im Rahmen des P&A-Verfahrens zu veräußern, auch wenn der Liquidationserlös den Veräußerungserlös übersteigen würde, wenn dies dazu führt, dass die Marktstabilität besser gewährleistet werden kann. Um das gleiche Ergebnis bei einem Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code zu erzielen, müsste die Rechtsprechung dem Insolvenzverwalter auch einen Verkauf gestatten, der nicht den Erlös maximiert, wenn die FDIC den schlechter gestellten Gläubigern die Differenz zum Liquidationserlös erstattet. Die Rechte der FDIC müssten dafür nicht maßgeblich erweitert werden, da es ihr schon nach geltendem Recht möglich ist, zusätzliche Mittel zur Abwicklung systemrelevanter Einlageninstitute nach § 1823 (c)(4)(G) Title 12 U.S.C. und sonstiger systemrelevanter Institute nach § 210 (a)(7) Dodd-Frank Act aufzubringen, um Gläubiger zu entschädigen. Zusammenfassend lässt sich somit feststellen, dass die Unterschiede zwischen dem Sonderinsolvenzrecht für die Abwicklung von Finanzinstituten und dem allgemeinen Insolvenzrecht im Hinblick auf die übertragende Sanierung im USRecht gering ausfallen. Lediglich die Möglichkeit der FDIC, Mittel zur Finanzierung der übertragenden Sanierung des Instituts zur Verfügung zu stellen sowie die Vorauswahl der Bieter ist auf das Sonderinsolvenzrecht beschränkt. Die Bieterauswahl ist aber grundsätzlich entbehrlich und die Finanzierungsmöglichkeit der FDIC könnte ohne größere Schwierigkeiten auf das allgemeine Insolvenzrecht übertragen werden. bb)  Reorganisationsplan und Übertragungsanordnung Das deutsche Sonderinsolvenzrecht sieht für die übertragende Sanierung die Übertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten im Reorganisationsplan nach § 11 KredReorgG oder durch eine Übertragungsanordnung nach §§ 107 ff. SAG vor. Wesentlicher Unterschied ist die Verantwortlichkeit für die Übertragung. Während die Übertragung im Reorganisationsplan durch den Insolvenzschuldner vorgeschlagen und durchgeführt wird, erfolgt die Übertragungsanordnung durch die Abwicklungsbehörde.398 (1) Qualifizierung des übernehmenden Rechtsträgers Wie bei der Übertragung im US-Sonderinsolvenzrecht werden auch im deutschen Sonderinsolvenzrecht Mindestanforderungen für die Abgabe eines Gebotes formuliert. So setzt § 118 Abs. 2 SAG voraus, dass der übernehmende Rechtsträger, soweit er erlaubnispflichtige Geschäfte betreibt, die für seine Tätigkeit geltenden Anforderungen der CRR und der umgesetzten Richtlinien CDR IV und MiFID II 397  398 

§ 1823 (c)(4)(G)(i) Title 12 U.S.C. Vgl. zur Verantwortung für die Durchführung des Verfahrens Kapitel E. IV. 2.

E.  Instrumente

346

erfüllt. Darunter fallen insbesondere regulatorische Vorgaben für Banken und Wertpapierinstitute, insbesondere Eigenmittel- und Liquiditätsvorgaben sowie Vorschriften über die Qualifikation der Geschäftsleitung und über die Eigentümerstruktur. Im Gegensatz zur Vorgängerregelung des § 48c Abs. 5 KWG a.F. verzichtet § 118 Abs. 2 SAG mit dem Verweis auf die Verordnung und die Richtlinien auf eine eigenständige Auflistung der Voraussetzungen. Diese Vorgehensweise führt zu einer deutlichen Verringerung der Transparenz der Norm, da nicht einmal ein konkreter Verweis auf geltendes Recht vorgenommen wurde, sondern lediglich ein abstrakter Verweis auf die Umsetzungsgesetze der Richtlinien, die als Artikelgesetze verschiedene Gesetze betreffen. Im Ergebnis müssen dadurch beispielsweise nur diejenigen Vorschriften des KWG durch den übernehmenden Rechtsträger erfüllt werden, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlich waren. Welche Vorschriften des KWG das betrifft, ist wiederum nur durch ein detailliertes Studium der Richtlinie und des Umsetzungsgesetzes zu erkennen. Materiell haben sich die Anforderungen an den übernehmenden Rechtsträger im Vergleich zu § 48c Abs. 5 KWG a.F. tendenziell erhöht. Zwar entfallen Kriterien wie die Rechtsform der juristischen Person oder die Hauptverwaltung im Inland, allerdings stellen diese zumeist keine wesentlichen Hürden für den Käufer dar. Zusätzlich müssen aber nach der neuen Regelung die Eigenmittel- und Liquiditätsanforderungen vollumfänglich erfüllt werden. Nach alter Rechtslage musste lediglich ein Kernkapital von 5 Millionen Euro nachgewiesen werden.399 Mit den erhöhten Anforderungen des § 118 Abs. 2 SAG unterscheiden sich die Voraussetzungen, die potentielle Käufer zu erfüllen haben, nicht mehr maßgeblich von denen der FDIC im US-Recht. Lediglich eine mit dem CAMELS rating vergleichbare Voraussetzung besteht im deutschen Recht nicht. Für die im CAMELS rating berücksichtigten Faktoren beinhalten aber auch die CRR und die CRD IV Mindestvorgaben, so dass in der Praxis kein wesentlicher materieller Unterschied bestehen dürfte. Anders als bei der Übertragungsanordnung wurden die Anforderungen an den übernehmenden Rechtsträger im Reorganisationsverfahren des KredReorgG durch die Umsetzung der BRRD scheinbar reduziert. In § 11 Abs. 2 KredReorgG a.F. wurde noch auf § 48c Abs. 5 KWG a.F. verwiesen, wodurch die Voraussetzungen für den übernehmenden Rechtsträger bei der Übertragung nach dem KredReorgG und der Übertragungsanordnung identisch waren. In § 11 Abs. 2 KredReorgG n.F. fehlt hingegen ein Verweis auf § 118 Abs. 2 SAG. Auch eine vergleichbare Norm zur Regelung der Mindestanforderungen an einen Käufer besteht für die Ausgliederung nach dem KredReorgG nicht. Die Gesetzesbegründung lässt diese Veränderung mit Verweis auf die Richtlinie unkommentiert.400 Nach dem Wortlaut könnte mithin jede natürliche oder juristische Person als übernehmender Rechtsträger in der Ausgliederung nach § 11 KredReorgG auftreten. Dies erscheint jedoch wenig überzeugend. So hat der Gesetzgeber bei der Einführung von § 11 KredReorgG ausgeführt, dass bei der Übertragung wesentlicher Teile systemrelevanter Insti399  400 

§ 48c Abs. 5 Nr. 6 KWG a.F. BT-Drucks. 18/2575, S. 207.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

347

tute dafür Sorge getragen werden muss, dass der übernehmende Rechtsträger den Anforderungen an ein Kreditinstitut genügt.401 Auch ist nicht ersichtlich, weshalb an den übernehmenden Rechtsträger bei der Übertragungsanordnung hohe Anforderungen gestellt werden, nicht aber, wenn eine vergleichbare Übertragung im Reorganisationsverfahren erfolgt. Mithin ist von einer Regelungslücke und einer vergleichbaren Interessenlage auszugehen, so dass § 118 Abs. 2 SAG analog auf die Ausgliederung nach § 11 KredReorgG Anwendung finden muss. (2) Verfahren der übertragenden Sanierung Das Verfahren zur Ermittlung des Käufers ist in § 126 SAG kodifiziert. Im Wesentlichen sind die Grundsätze mit denen der P&A-Transaktion der FDIC vergleichbar. Wie bei der Abwicklung systemrelevanter Institute durch die FDIC stellt die Wahrung der Finanzmarktstabilität gemäß § 126 Abs. 2 Nr. 1 SAG einen wesentlichen Grundsatz des Vermarktungsprozesses dar. Das Ziel der Kostenminimierung der FDIC wird durch das Ziel ersetzt, eine möglichst hohe Gegenleistung zu erreichen.402 Dieser Unterschied ergibt sich schon aus der deutschen Trennung von Abwicklungsinstitut und Einlagensicherungseinrichtung. Die deutsche Abwicklungsbehörde hat keine eigenen Insolvenzansprüche gegen das Institut und folglich stellt eine Kostenminimierung eine wenig sinnvolle Zielgröße dar. Stattdessen erhält der Käufer den Zuschlag im Bieterverfahren, der den maximalen Preis für die Gegenstände zu zahlen bereit ist. Regelmäßig dürfte aber zwischen dem Ziel der Kostenminimierung der FDIC und der Erreichung einer möglichst hohen Gegenleistung der Abwicklungsbehörde praktisch kein Unterschied bestehen.403 Neben den Vermarktungszielen weist § 126 SAG klarstellend darauf hin, dass der Vermarktungsprozess nicht diskriminierend sein darf und Interessenkonflikte so weit wie möglich zu vermeiden sind.404 Weiterhin soll der Notwendigkeit einer raschen Durchführung der Abwicklungsmaßnahme Rechnung getragen werden.405 Ist es dennoch nicht möglich, einen Vermarktungsprozess so schnell durchzuführen, dass die Finanzmarktstabilität gewahrt bleiben kann, so kann die Abwicklungsbehörde nach § 126 Abs. 3 SAG eine Übertragung sogar freihändig vornehmen. Nähere Vorgaben, wann auf den Vermarktungsprozess nach § 126 Abs. 3 SAG verzichtet werden kann, soll das Bundesfinanzministerium durch Rechtsverordnung erlassen.406 Im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG gibt es keine mit dem Vermarktungsprozess des § 126 SAG vergleichbare vorgeschriebene Vorgehensweise. Der Schutz der bei dem übertragenden Rechtsträger verbleibenden Gläubiger 401 

BT-Drucks. 17/3024, S. 51. § 126 Abs. 2 Nr. 5 SAG. 403  Vgl. Kapitel E. V. 2. b) aa). 404  § 126 Abs. 2 Nr. 2, 3 SAG. 405  § 126 Abs. 2 Nr. 4 SAG. 406  § 126 Abs. 5 SAG. 402 

348

E.  Instrumente

vor einem zu niedrigen Kaufpreis und der auf den übernehmenden Rechtsträger wechselnden Gläubiger vor einer zu niedrigen Haftungsmasse erfolgt im Reorganisationsverfahren primär über die Zustimmungsnotwendigkeit zum Reorganisationsplan. Lehnen die Gläubiger den Plan mehrheitlich ab, ist eine Übertragung nicht möglich und das Reorganisationsverfahren gescheitert. In dem sich regelmäßig anschließenden Abwicklungsverfahren nach dem SAG kann dann erneut eine Übertragung vorgesehen werden, die dann aber die Voraussetzungen des § 126 SAG erfüllen muss. Darüber hinaus werden die Gläubiger durch die gesamtschuldnerische Haftung für die Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers in § 11 Abs. 4 KredReorgG geschützt. Demnach haftet der übernehmende Rechtsträger auch für Verbindlichkeiten, die bei dem übertragenden Rechtsträger verbleiben und zwar bis zu dem Betrag, den die Gläubiger ohne eine Ausgliederung erhalten hätten. Der übertragende Rechtsträger haftet sogar für den vollen Betrag, so dass die übertragenen Gläubiger bei einer Insolvenz des übernehmenden Rechtsträgers nicht schlechtergestellt sind als ohne die Übertragung. Nach Auswahl des übernehmenden Rechtsträgers muss dieser seine Zustimmung erklären. Im Reorganisationsverfahren muss diese immer notariell beurkundet werden.407 Bei der Übertragungsanordnung ist die notarielle Beurkundung hingegen bei der Übertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten nicht vorgesehen.408 Neben der Übertragung einiger oder aller Vermögensgegenstände ist nach § 107 SAG auch die Übertragung der Anteile des insolventen Instituts möglich.409 Die Übertragung der Anteile entspricht wirtschaftlich der Übertragung aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten. Mithin ist die oft einfacher und schneller umzusetzende Möglichkeit zur Übertragung der Anteile grundsätzlich zu begrüßen, insbesondere wenn einige Vermögensgegenstände ausländischem Recht unterliegen. Im Gegensatz zu einer Übertragung aller Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten steht bei einer Übertragung der Anteile aber das Vermögen des übernehmenden Rechtsträgers nicht für die Begleichung der übernommenen Verbindlichkeiten zur Verfügung. Mithin wird auch durch die Übertragung der Anteile die Überschuldung des Instituts nicht beseitigt. Vielmehr muss im Anschluss eine Rekapitalisierung des Instituts erfolgen. Diese erfolgt regelmäßig durch den Erwerber und stellt somit indirekt den Kaufpreis des Instituts dar. (3) Gegenleistung Im Gegensatz zum Verfahren nach der Insolvenzordnung und der P&A-Transaktion erfolgt die Gegenleistung für die Übertragung im Reorganisationsverfahren ausschließlich in Form von Anteilen des übernehmenden Rechtsträgers.410 Auch 407 

§ 11 Abs. 2 S. 1 KredReorgG. § 109 Abs. 1 S. 3 SAG. 409  Dies wurde insbesondere durch Binder gefordert; vgl. Binder, ZBB 2012, 417, 425. 410  § 11 Abs. 1 S. 1 KredReorgG. 408 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

349

bei der Übertragungsanordnung kann die Gegenleistung in Form von Anteilen erfolgen, allerdings ist auch eine Geldzahlung möglich.411 Weshalb die Geldzahlung nicht auch bei der Übertragung im Reorganisationsverfahren ermöglicht wurde, ist unklar. Grundsätzlich ist eine Geldzahlung bei einer Übertragung auf einen bestehenden Rechtsträger weniger problembehaftet als eine Zahlung in Anteilen. Bei einer Zahlung in Anteilen muss der übernehmende Rechtsträger eine ausreichende Zahl an Anteilen vorhalten. Oft wird das übernehmende Institut aber nur dann in der Lage sein mit eigenen Anteilen zu zahlen, wenn es eine Kapitalerhöhung vornimmt. Für eine Kapitalerhöhung wird regelmäßig ein Hauptversammlungsbeschluss erforderlich sein, der die Durchführung der Übertragung maßgeblich verzögern kann. Problematisch ist darüber hinaus, dass bei einer Gegenleistung in Form von Anteilen neben der Bewertung der zu übertragenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten auch die Anteile des übernehmenden Rechtsträgers bewertet werden müssen. Teilweise wird mit Verweis auf die Methodengleichheit vertreten, dass selbst bei börsengehandelten Anteilen bei der Bewertung nicht auf den Aktienkurs abgestellt werden könne.412 Demnach müsse grundsätzlich eine eigenstände Ertragswertberechnung vorgenommen werden. Diese Schlussfolgerung ist allerdings nicht zwingend. Dagegen spricht insbesondere, dass nach § 136 Abs. 2 Nr. 3 SAG eine Angabe zu den Methoden und Annahmen für die Bestimmung des Wertes der Anteile in der Abwicklungsanordnung erfolgen muss. Müsste die Bewertung immer auf der Methode der Ertragswertberechnung basieren, wäre eine Beschreibung der Methode nicht erforderlich. Auch handelte es sich dann nicht um mehrere Methoden, sondern lediglich um eine Methode. Die Formulierung des § 136 Abs. 2 SAG deutet vielmehr darauf hin, dass unterschiedliche Methoden einzeln oder in Kombination verwendet werden können, um den Wert der Gegenleistung zu ermitteln. Die Berücksichtigung des Börsenkurses zur Bestimmung des Wertes der Gegenleistung stellt schon in § 31 WpÜG die bevorzugte Methode dar und sollte auch bei der Übertragungsanordnung Anwendung finden, wenn die übernehmende Gesellschaft börsennotiert ist. Andernfalls müssen alternative Bewertungsmethoden herangezogen werden. Im Vergleich zu einer Gegenleistung in Geld verursacht die Gegenleistung in Anteilen mithin Bewertungsprobleme und kann zu einer Verzögerung der Übertragung führen. Vor diesem Hintergrund sollte § 11 KredReorgG geändert werden, um genauso wie § 111 Abs. 5 SAG andere Gegenleistungen als Anteile zuzulassen. (4) Ausgleichsverbindlichkeit im SAG Ist der Wert der übertragenen Vermögensgegenstände im Falle einer Übertragungsanordnung geringer als der Wert der übertragenen Verbindlichkeiten entsteht ein negativer Kaufpreis, der übernehmende Rechtsträger muss also für die Über411  412 

§ 111 Abs. 5 S. 1 SAG. Schuster/Westphal, Der Betrieb 2011, S. 282, 284.

350

E.  Instrumente

nahme entschädigt werden. Für diesen Fall sieht § 111 Abs. 3 SAG die Entstehung einer Ausgleichverbindlichkeit des übertragenden Instituts gegenüber dem übernehmenden Rechtsträger vor. Wurden alle oder nahezu alle Vermögensgegenstände an den übernehmenden Rechtsträger übertragen, ist diese Ausgleichsverbindlichkeit allerdings wertlos, da dem übertragenden Rechtsträger keine Mittel zur Erfüllung der Forderung mehr zur Verfügung stehen. Aber selbst, wenn nicht alle Vermögensgegenstände übertragen wurden, ist die Werthaltigkeit der Forderung fragwürdig, da der übertragende Rechtsträger nach der Übertragung gemäß § 116 SAG liquidiert wird und mit einer vollen Erfüllung der Forderung dann ebenfalls nicht zu rechnen ist. Mithin ist der übernehmende Rechtsträger wohl nur zur Übernahme von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten bereit, wenn der Wert der Vermögensgegenstände den der Verbindlichkeiten nicht unterschreitet oder die Unterschreitung durch zukünftige Synergieeffekte des Käufers kompensiert werden kann. Die Normierung einer Ausgleichsverbindlichkeit in § 111 SAG stellt eine Besonderheit des SAG dar. Weder gibt es eine vergleichbare Regelung im allgemeinen Insolvenzrecht oder im KredReorgG noch im Sonderinsolvenzrecht für Banken in den USA. In Anbetracht der beschränkten Werthaltigkeit der Forderung ist aber auch zweifelhaft, ob sie bei der Übertragung eine entscheidende Bedeutung gewinnt. (5) Gesamtschuldnerische Haftung im KredReorgG Eine Besonderheit der Übertragung im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG stellt die gesamtschuldnerische Haftung des Erwerbers dar. Nach § 11 Abs. 4 KredReorgG haftet der übernehmende Rechtsträger für nichtübertragene Verbindlichkeiten des übertragenden Rechtsträgers bis zu dem Betrag, den die Gläubiger ohne eine Ausgliederung erhalten hätten. Eine derartige Haftung kann ein wesentliches Übertragungshindernis darstellen und setzt den übernehmenden Rechtsträger einem unbilligen Risiko aus.413 Der übernehmende Rechtsträger hat keine Kontrolle über die Verwertung der im übertragenden Rechtsträger verbliebenen Vermögensgegenstände und damit auch nicht über den damit erzielten Verwertungserlös. Stellt das Gericht beispielsweise fest, dass eine Forderung bei der Ausgliederung einen Wert von 10 Prozent des nominellen Forderungsbetrages hatte, der übertragende Rechtsträger erzielt aber durch eine schlechte Verwertung nur 6 Prozent des nominellen Forderungsbetrages, dann haftet der übernehmende Rechtsträger für die verbleibenden 4 Prozent. Neben der potentiellen Haftung für eine schlechte Verwertung muss der Erwerber möglicherweise selbst bei optimaler Verwertung erheblich mehr als den Marktwert des Instituts zahlen. Dies wird am folgenden Rechenbeispiel deutlich: Hat ein insolventes Institut Vermögensgegenstände mit einem Marktwert von 50 TEUR und Verbindlichkeiten in Höhe von 100 TEUR und überträgt das gesamte Vermögen und 50 TEUR Verbindlichkeiten auf einen Käufer, dann „zahlt“ der Erwerber den Marktwert der Vermögensgegenstände durch die Übernahme der 413 

Obermüller/Kuder, ZinsO 2010, 2016, 2019.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

351

Verbindlichkeiten, die er vollständig begleichen muss. Die bei dem übertragenden Rechtsträger verbliebenen Gläubiger erhalten nach der Übertragung nichts mehr, da im Institut keine Vermögensgegenstände zur Verwertung vorhanden sind. Sie können geltend machen, dass sie ohne die Übertragung ihre Insolvenzquote von 50 % und mithin 25 TEUR erhalten hätten. Diesen Betrag können sie dann nach § 11 Abs. 4 KredReorgG gegen den übernehmenden Rechtsträger geltend machen, der dann zusätzlich zu den 50 TEUR in Form der Übernahme von Verbindlichkeiten noch 25 TEUR aus der gesamtschuldnerischen Haftung zahlen muss. Für Vermögensgegenstände im Wert von 50 TEUR musste der Erwerber dann 75 TEUR zahlen. Mithin entsteht durch die Gesamthaftung einerseits ein Verwertungsrisiko und andererseits eine deutliche Verteuerung der Übernahme, welche potentielle Erwerber von der Übernahme des Instituts oder Teilen davon nach dem KredReorgG abhalten kann. Ewerber haben einen starken Anreiz, eine Übertragung nach dem KredReorgG abzulehnen und erst einer sich vermutlich anschließenden Übertragungsanordnung nach dem SAG zuzustimmen und von den Vorzügen des SAG zu profitieren. Eine Abschaffung der gesamtschuldnerischen Haftung des § 11 Kred­ ReorgG ist mithin dringend geboten, um einen Gleichlauf mit den Regelungen des SAG zur Übertragungsanordnung zu erreichen. c)  Zwischenfazit Die Mechanismen zur übertragenden Sanierung im allgemeinen Insolvenzrecht und im Sonderinsolvenzrecht sind im Wesentlichen vergleichbar. Grundsätzlich birgt die übertragende Sanierung außerhalb eines Insolvenzplans die Gefahr einer Umgehung der insolvenzrechtlichen Haftungskaskade durch die Übertragung von Verbindlichkeiten. Im allgemeinen US-Insolvenzrecht wird eine derartige Übertragung regelmäßig als sub rosa-Plan untersagt. Im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht ist eine solche Übertragung hingegen rechtmäßig, wenn eine Gläubigermehrheit der Übertragung nach § 160 InsO zustimmt. Die benötigten Mehrheiten für eine Zustimmung nach § 160 InsO weichen zum Teil erheblich von denen für eine Zustimmung zu einem Insolvenzplan ab. Die dadurch eröffneten Missbrauchsmöglichkeiten sind problematisch.414 Mithin wäre eine gerichtliche Kontrolle bei einem Unternehmensverkauf nach §§ 159, 160 InsO angebracht. Während im allgemeinen Insolvenzverfahren jede zahlungsfähige Partei als Erwerber des Unternehmens in Frage kommt, haben die zuständigen Abwicklungsbehörden im Sonderinsolvenzrecht den Kreis der potentiellen Erwerber durch die Einführung bankaufsichtsrechtlicher Kriterien, die potentielle Erwerber zu erfüllen haben, eingeschränkt. Damit soll gewährleistet werden, dass der übernehmende Rechtsträger in der Lage ist, das insolvente Institut nach der Übernahme angemessen fotzuführen. Eine Notwendigkeit für eine solche Vorsichtsmaßnahme lässt sich empirisch nicht belegen. 414 

Vgl. Kapitel E. V. 2. a) cc).

352

E.  Instrumente

Für einige Möglichkeiten des Sonderinsolvenzrechts, wie die Begründung einer Ausgleichsverbindlichkeit oder eine gesamtschuldnerische Haftung findet sich kein Äquivalent in der allgemeinen Insolvenzordnung. Fraglich ist mithin, inwiefern sie die Abwicklung von Instituten im Vergleich zum allgemeinen Insolvenzverfahren erleichtern können. Wie zuvor gezeigt, wird die Ausgleichverbindlichkeit regelmäßig keine große praktische Bedeutung für die übertragende Sanierung gewinnen, da mit einer Werthaltigkeit in der Regel nicht zu rechnen ist. Die gesamtschuldnerische Haftung stellt sogar ein Übertragungshindernis dar. Beide Möglichkeiten sind auch nicht mit Besonderheiten von Finanzinstituten in der Abwicklung zu rechtfertigen und sollten de lege ferenda abgeschafft werden. 3.  Partielle Übertragung Für das Ziel des Erhalts der Finanzmarktstabilität und die dazu notwendige Fortführung kritischer Funktionen des Instituts ist es oft ausreichend, lediglich einen Teil der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu übertragen. Diese Möglichkeit besteht grundsätzlich in allen allgemeinen und besonderen Insolvenzverfahren.415 Eine Ausgliederung von Teilen eines insolventen Instituts kann grundsätzlich vorgenommen werden, indem von Anfang an lediglich ein Teil der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten übertragen wird, oder indem erst alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten übertragen werden und anschließend ein Teil davon wieder auf den alten Rechtsträger zurück übertragen wird. Eine Rückübertragung ist allerdings lediglich im deutschen Sonderinsolvenzrecht vorgesehen und kann in keiner anderen Rechtsordnung durchgeführt werden. a)  Auswahl der Vermögensgegenstände Bei einer partiellen Übertragung spielt die Auswahl der zu übertragenden Vermögensgegenstände eine entscheidende Rolle. Im allgemeinen Insolvenzrecht wird die Auswahl regelmäßig durch die Erwerber vorgenommen, die als Kriterium die Relevanz der Vermögensgegenstände oder der Verbindlichkeiten für die Fortführung des Betriebes heranziehen. Dies bietet ihnen die Möglichkeit, ihre Haftungsrisiken einzuschränken, und lediglich gewinnbringende Teile des insolventen Instituts zu übernehmen. Auch im Sonderinsolvenzrecht ist ein interessierter übernehmender Rechtsträger vermutlich meist einfacher zu finden, wenn lediglich eine partielle Übertragung stattfinden soll.416 Allerdings steht bei der Auswahl der zu übertragenden Vermögensgegenstände im Sonderinsolvenzrecht der Erhalt der Marktstabilität im Vordergrund, so dass dem übernehmenden Rechtsträger regel415 Im allgemeinen US-Insolvenzrecht nach § 363 Bankruptcy Code, im allgemeinen deutschen Insolvenzrecht nach § 160 InsO, im U.S. Sonderinsolvenzrecht nach § 210 (a)(1)(G) Dodd-Frank Act und § 1821 (d)(2)(G) Title 12 U.S.C. sowie im deutschen Sonderinsolvenzrecht nach § 11 KredReorgG und §§ 110 ff. SAG. 416  Geier/Schmitt, Ablauf der Krise eines Kreditinstituts, S. 22.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

353

mäßig keine mit dem allgemeinen Insolvenzrecht vergleichbare Freiheit bei der Auswahl der Vermögensgegenstände zukommt. aa)  Negative Auswahlkriterien Bei den einzigen gesetzlich normierten Kriterien für die Auswahl von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten zur Übertragung im SAG handelt es sich um Negativ-Kriterien des § 110 SAG. Demnach können besicherte Verbindlichkeiten grundsätzlich nur zusammen mit den zugehörigen Sicherheiten übertragen werden.417 Auch dürfen Saldierungs- und Aufrechnungsvereinbarungen durch die Übertragung nicht beeinträchtigt werden.418 Zum Schutz der Einleger wurden Einlagen allerdings von der Regelung ausgenommen, so dass diese eigenständig übertragen werden können, selbst wenn sie Teil einer Aufrechnungsvereinbarung oder Sicherheitenbestellung sind.419 Die Regelungen des § 110 SAG sind über den Verweis in § 11 Abs. 1 S. 4 KredReorgG auch im Reorganisationsverfahren anwendbar. Die Einschränkungen bei der Übertragung bezwecken den Schutz der besicherten Gläubiger vor dem Entzug der Sicherheit. Der Schutzmechanismus des § 110 SAG entspricht weitgehend den Regelungen des § 165 InsO über die Verwertung unbeweglicher Gegenstände im allgemeinen Insolvenzrecht. So kann der Verwalter unbewegliche Gegenstände nur freihändig verkaufen, wenn die Belastung an den Erwerber übergeht und der Sicherungsnehmer somit auch nach der Übertragung besichert bleibt.420 Geht die Belastung an den Erwerber über, so kann der Gläubiger seinen sachenrechtlichen Anspruch gegen den Erwerber aus einer Hypothek nach § 1147 BGB und aus einer Grundschuld nach § 1192 Abs. 1 i.V.m. § 1147 BGB vollstrecken. Da dies regelmäßig vielversprechender sein wird, als den schuldrechtlichen Anspruch gegen den insolventen Schuldner zu vollstrecken, wird der Gläubiger regelmäßig gegen den Erwerber vorgehen. Der Regressanspruch des Erwerbers gegen den Insolvenzschuldner ist zumeist nicht werthaltig, so dass eine freihändige Übertragung eines belasteten unbeweglichen Gegenstands nach § 165 InsO mit einer Übertragung von Sicherungsgegenstand und Verbindlichkeit nach dem SAG weitgehend vergleichbar ist. Eine freihändige lastenfreie Übertragung von unbeweglichen Gegenständen ist im Insolvenzplanverfahren allerdings im Gegensatz zum Verfahren nach dem SAG möglich, wenn der besicherte Gläubiger der Übertragung zustimmt.421 Das US-Insolvenzrecht erlaubt einen freihändigen lastenfreien Verkauf nach § 363 (f)(3) Bank­r uptcy Code sogar ohne die Zustimmung des Gläubigers, wenn der Verkaufspreis den Wert der Sicherheit übersteigt. Im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht ist der freihändige Verkauf belasteter Vermögensgegenstände ohne Zustimmung 417 

§ 110 Abs. 1 SAG. § 110 Abs. 3 SAG. 419  § 110 Abs. 2 SAG. 420  Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 529. 421  Tetzlaff, ZInsO 2004, 521, 529. 418 

354

E.  Instrumente

des Gläubigers hingegen auf bewegliche Gegenstände beschränkt, die sich im Besitz des Schuldners befinden.422 Zusammenfassend lässt sich damit feststellen, dass die Einschränkung des § 110 SAG bei der Auswahl der zu übertragenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten, einen stärkeren Schutz der Gläubiger als die Regelungen der Insolvenzordnung und des Bankruptcy Code gewährleisten. Auch im US-Sonderinsolvenzrecht gibt es keine mit § 110 SAG vergleichbare Beschränkung. Eine solche Einschränkung ist auch für den Gläubigerschutz nicht erforderlich. Zwar muss verhindert werden, dass dem Gläubiger eine Sicherheit ohne jede Kompensation entzogen wird. Aber selbst im Insolvenzplanverfahren nach der Insolvenzordnung kann ein beweglicher Gegenstand unbelastet verwertet werden, wenn der Gläubiger dafür in Höhe seiner besicherten Forderung befriedigt wird. Ein besonderes Schutzbedürfnis des besicherten Gläubigers ist dann nicht ersichtlich. Mithin sollte in § 110 SAG eine Klausel nach dem Vorbild des § 363 (f)(3) Bank­ ruptcy Code eingeführt werden, die die lastenfreie Übertragung eines Sicherungsgegenstands gestattet, wenn der Erlös ausreicht, um den besicherten Gläubiger auszuzahlen. Nur wenn die Zahlung in Höhe der besicherten Verbindlichkeit nicht sichergestellt werden kann, sollte eine unbelastete Übertragung des Vermögensgegenstandes unterbunden werden. Ob in diesem Fall eine Übertragung des belasteten Gegenstands erfolgen können sollte, wie in § 165 InsO vorgesehen, oder der belastete Gegenstand nur mit der Verbindlichkeit gemeinsam übertragen werden kann, wie in § 110 SAG angedacht, ist nicht entscheidend, da die praktischen Unterschiede zwischen den Varianten gering ausfallen. bb)  Positive Auswahlkriterien Abgesehen von den Negativ-Kriterien des § 110 SAG finden sich keine Vorgaben zur Auswahl der zu übertragenden Vermögensgegenstände im SAG. Auch das KWG, in dem die Übertragungsanordnung erstmals normiert wurde, enthielt keine Angaben darüber, wie die Übertragungsgegenstände identifiziert werden sollten. Aus der Gesetzesbegründung zur Übertragungsanordnung im KWG a.F. ergibt sich jedoch, dass der Gesetzgeber plante, mit Hilfe der partiellen Übertragung systemrelevante Teile auszugliedern.423 Auch aus den in § 67 SAG normierten Abwicklungszielen ergibt sich, dass die Übertragung zur Abwendung einer Systemgefährdung dienen muss, woraus sich ableiten lässt, dass die Systemrelevanz der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten bei der Auswahl berücksichtigt werden muss.424 Dabei muss aber darauf geachtet werden, dass die Überlebens-

422 

§ 166 Abs. 1 InsO. BT-Drucks. 17/3024, S. 62. 424  So auch Mayes, Bridge Banks and Too Big to Fail, S. 348; Geier/Schmitt, Ablauf der Krise eines Kreditinstituts, S. 21; Schuster/Westphal, Der Betrieb 2011, 282, 283; Schelo, NJW 2011, 186, 190. 423 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

355

oder Sanierungsfähigkeit des ausgegliederten Teils sichergestellt werden kann.425 Andernfalls droht der übernehmende Rechtsträger durch die Übernahme selbst in eine Krise zu geraten und die Finanzstabilität ist erneut gefährdet. Im US-Sonderinsolvenzrecht wird die Auswahl der zu übertragenden Gegenstände lediglich durch die Vorgabe der least cost resolution der FDIC beschränkt.426 Die Auswahl wird dementsprechend so vorgenommen, dass das Paket der übertragenen Gegenstände den Erlös maximiert. Folglich werden die gleichen Kriterien herangezogen wie für einen Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code. Bei systemrelevanten Instituten findet die Vorgabe der least cost resolution aber aufgrund der systemic risk exception keine Anwendung.427 Bei der Abwicklung dieser Institute besteht wie auch im deutschen Sonderinsolvenzrecht das Ziel im Erhalt der Finanzmarktstabilität.428 Mithin wird bei P&A-Transaktionen zur Abwicklung systemrelevanter Institute auch die Systemrelevanz der auszulagernden Gegenstände eine wesentliche Rolle spielen. Eine Trennung von systemrelevanten Teilen eines Instituts, die durch eine Übertragung gerettet werden sollen, und den sonstigen Teilen, die liquidiert werden sollen, dürfte in der Praxis aber regelmäßig schwerfallen. Oft ist das Geschäft von Banken hochgradig integriert und die einzelnen Geschäftsbereiche sind eigenständig nicht überlebensfähig.429 Darüber hinaus kann auch das Aufteilungsverbot des § 110 SAG430 dazu führen, dass eine Abspaltung der systemrelevanten Teile nicht ohne die Übertragung einer Vielzahl weiterer Vermögensgegenstände oder Verbindlichkeiten erfolgen kann. Aber nicht nur die Trennung von systemrelevanten und nicht-systemrelevanten Teilen des Instituts bereitet Probleme. Schon die Bestimmung der systemrelevanten Geschäfte an sich ist problematisch. Auf der Seite der Vermögensgegenstände kommt insbesondere das Kreditgeschäft als systemrelevant in Betracht. Besteht in einer Bankenkrise die Gefahr einer Kreditklemme mit den entsprechenden makroökonomischen Konsequenzen, kann die Übertragung des Kreditgeschäfts eine Verknappung des Angebots an Darlehen möglicherweise vermeiden.431 Zudem könnten auch Vermögensgegenstände als systemrelevant betrachtet werden, die nur in einem illiquiden Markt verkauft werden können. Werden diese nicht übertragen, sondern am Markt verkauft, verursacht das Überangebot möglicherweise einen starken Preisverfall, der eine indirekte Ansteckung verursachen kann.432 Auf der Seite der Verbindlichkeiten ist regelmäßig das Einlagengeschäft systemrele425 

Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr, S. 88 f. FDIC, Resolutions Handbook 2015, S. 12 f. 427  § 1823 (c)(4)(G)(i) Title 12 U.S.C. 428  Vgl. § 204 (a) Dodd-Frank Act; § 1823 (c)(4)(G)(i) Title 12 U.S.C. 429  Mayes, Bridge Banks and Too Big to Fail, S. 348. 430  Vgl. supra aa). 431  Vgl. dazu Kapitel B. II 3. c) und Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (c). 432  Vgl. Kapitel B. II 3. b). 426 

356

E.  Instrumente

vant. Dessen Übertragung stärkt das Vertrauen der Einleger in die Sicherheit des Finanzmarktes und verhindert eine indirekte Ansteckung über bank runs.433 Da­ rüber hinaus könnten auch Verbindlichkeiten gegenüber anderen systemrelevanten Instituten übertragen werden, um eine direkte Ansteckung zu verhindern.434 Wie schon bei der Bestimmung der Systemrelevanz des gesamten Instituts ist auch die Bestimmung der Systemrelevanz einzelner Bereich hochgradig situationsabhängig und kann nur schwer vorgenommen werden.435 Zwar können die nach §§ 40 f. SAG zu erstellenden Abwicklungspläne die Auswahl vereinfachen, eine endgültige Entscheidung kann jedoch nur bei Vorliegen aller Informationen über den Zustand des Marktes und damit erst nach Eintritt des Insolvenzfalls vorgenommen werden. Ob die Abwicklungsbehörde dann innerhalb kürzester Zeit in der Lage ist, diese Auswahl der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten so vorzunehmen, dass diese dem Bestimmtheitsgrundsatz genügt, ist zumindest fraglich.436 b)  Rückübertragung Um die Abwicklungsbehörde von dem Zeitdruck bei der Auswahl der auszulagernden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu entlasten, hat der deutsche Gesetzgeber neben der partiellen Übertragung für die Übertragungsanordnung in § 127 SAG und für die Übertragung im Reorganisationsverfahren in § 11 Abs. 1 S. 2 KredReorgG die Möglichkeit einer Rückübertragung vorgesehen.437 Eine vergleichbare Regelung besteht im US-Recht nicht. Eine Übertragung im Rahmen einer P&A-Transaktion ist immer endgültig.438 Durch die Rückübertragung kann die Abwicklungsbehörde innerhalb von vier Monaten nach dem Wirksamwerden der Übertragung anordnen, dass einige oder alle übertragenen Gegenstände an den übertragenden Rechtsträger zurückübertragen werden.439 Die zeitliche Begrenzung dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Rechtssicherheit, da andernfalls die Gefahr einer kontinuierlichen Änderung der Vermögenslage des übernehmenden Rechtsträgers bestünde.440 Eine vergleichbare Befristung findet sich in § 11 KredReorgG nicht. Die Erwägungen treffen aber auf die Übertragung durch einen Reorganisationsplan in gleicher Weise zu. Hier ist davon auszugehen, dass die Befristung des § 127 SAG auf Übertragungen nach § 11 KredReorgG analog anzuwenden ist. Bei der Rückübertragung von einer Brückenbank nach § 131 SAG gibt es keine pauschale Befristung. 433 

Vgl. Kapitel B. II 3. b). Vgl. Kapitel B. II 3. a). 435  Vgl. Kapitel D. II. 3. 436  Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr, S. 90 f. 437  Wolfers/Voland, WM 2011, 1159, 1165; Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr, S. 91; Schuster/Westphal, Der Betrieb 2011, 221, 228. 438 Vgl. Bliss/Kaufman, Resolving large complex financial institutions, S. 293. 439  § 127 Abs. 1 SAG. 440  BT-Drucks. 18/2575, S. 184. 434 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

357

Vielmehr muss die Abwicklungsbehörde eine individuelle Frist für die Rückübertragung festlegen, die auch den Zeitraum von vier Monaten überschreiten kann. Darüber hinaus muss sie die Voraussetzungen für eine Rückübertragung näher bestimmen.441 Eine weitere Voraussetzung der Rückübertragung nach § 127 SAG ist die Einwilligung des übernehmenden Rechtsträgers.442 Diese Voraussetzung bestand bei der Vorgängerregelung des § 48j KWG a.F. nicht und wurde erst durch das BRRD-Umsetzungsgesetz eingeführt. Im KredReorgG wurde hingegen durch das BRRD-Umsetzungsgesetz kein eigenständiges Zustimmungserfordernis des übernehmenden Rechtsträgers für die Rückübertragung normiert. Ein eigenständiges Zustimmungserfordernis wurde in § 48j KWG a.F. und damit auch in dem nach dessen Vorbild entstandenen § 11 KredReorgG für obsolet erachtet, da die Übertragungsanordnung die Möglichkeit der partiellen Rückübertragung enthalten musste.443 Allerdings unterscheidet sich das Einwilligungserfordernis des § 127 SAG grundsätzlich von einer abstrakten Zustimmung zur Rückübertragung nach § 48j KWG a.F. So muss der übernehmende Rechtsträger nach der neuen Rechtslage in die konkrete Rückübertragung einwilligen und stimmt nicht lediglich der abstrakten Möglichkeit einer Rückübertragung zu. Mithin wird das Instrument der Rückübertragung durch das Zustimmungserfordernis nach § 127 SAG maßgeblich eingeschränkt. Der übernehmende Rechtsträger hat nunmehr die Möglichkeit, die konkrete Rückübertragung durch die Verweigerung seiner Einwilligung zu verhindern oder einzuschränken. Fraglich ist, ob die Abwicklungsbehörde die Einwilligung zur Rückübertragung schon bei der ursprünglichen Übertragung einholen kann. Grundsätzlich ist dies nach § 182 BGB möglich und kann nach § 183 BGB sogar unwiderruflich ausgestaltet werden. Auch das sachenrechtliche Bestimmtheitsgebot steht einer allgemeinen und unwiderruflichen Zustimmung zur Rückübertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten nicht entgegen, selbst wenn diese erst nachträglich nach dem Ermessen der Abwicklungsbehörde ausgewählt werden. Zwar könnte eine dinglich wirkende Willenserklärung über eine nicht näher bestimmbare Menge von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten im Vorfeld einer Rückübertragung nicht wirksam abgegeben werden, die Übertragung erfolgt aber durch Anordnung und erfordert somit keine dingliche Einigung. Mithin kann die Abwicklungsbehörde die Einwilligung des übernehmenden Rechtsträgers zur Rückübertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten im Ermessen der Behörde schon im Rahmen der Zustimmung zur ursprünglichen Übertragung einholen. Im Gegensatz zur vorherigen Regelung des § 48j KWG a.F. hat der übernehmende Rechtsträger aber nun einen Gestaltungsspielraum, die Rücküber-

441 

§ 131 Abs. 1 S. 2 SAG. § 127 Abs. 1 SAG. 443 Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 48j KWG, Rn. 7. 442 

358

E.  Instrumente

tragung beispielsweise nur für einen Teil der übertragenen Vermögensgegenstände zuzulassen. Findet eine Rückübertragung statt, so gilt der rückübertragene Gegenstand nach § 127 Abs. 2 SAG als von Anfang an im Vermögen des übertragenden Rechtsträgers verblieben. Allerdings haftet der übernehmende Rechtsträger für einen eventuell geringeren Erlös, den der Gegenstand nach der Rückübertragung im Vergleich zu der Situation vor der Rückübertragung erzielt.444 Die Gegenleistung oder die Ausgleichsverbindlichkeit ist bei der Rückübertragung anzupassen.445 Werden also Verbindlichkeiten rückübertragen, steigt die Gegenleistung oder die Ausgleichsverbindlichkeit sinkt; werden hingegen Vermögensgegenstände rückübertragen, sinkt die Gegenleistung oder die Ausgleichsverbindlichkeit steigt. Auch wenn keine Kaufpreisanpassung für die Übertragung im Reorganisationsverfahren normiert ist, muss § 127 Abs. 3 SAG analog auf den Kaufpreis in Form von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger Anwendung finden. Andernfalls würden die Anteilsinhaber des übernehmenden Rechtsträgers durch die Verwässerung schlechtergestellt, wenn Vermögensgegenstände rückübertragen werden, oder bessergestellt, wenn Verbindlichkeiten rückübertragen werden. In der Gesamtbetrachtung lässt sich feststellen, dass das Instrument der Rückübertragung der Abwicklungsbehörde die Möglichkeit einer partiellen Übertragung eröffnet, ohne dass zuvor zwischen Gegenständen, die übertragen werden sollen, und solchen, die beim alten Rechtsträger verbleiben sollen, endgültig unterschieden werden muss. Notwendig ist dieses Instrument insbesondere, wenn eine unmittelbare Übertragung zur Fortführung des Instituts erforderlich und die Aufspaltung des Instituts zeitintensiv ist, beispielsweise weil die Systemrelevanz von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten nicht unmittelbar erkennbar ist. c)  Gläubigerschutz Unabhängig davon, ob die Ausgliederung durch eine partielle Übertragung oder durch eine vollständige Übertragung mit partieller Rückübertragung erfolgt, besteht die Gefahr der Gläubigerungleichbehandlung, wenn nur ein Teil der Verbindlichkeiten übertragen wird. Übertragene Verbindlichkeiten werden regelmäßig vollständig befriedigt, während beim insolventen Institut verbleibende Verbindlichkeiten meist nur quotal oder gar nicht befriedigt werden können. Die partielle Übertragungsanordnung ist somit mit einem sub rosa-Plan vergleichbar,446 der die Schutzmechanismen des allgemeinen Insolvenzrechts umgeht. Besonders problematisch ist dabei, dass die Auswahl der zu übertragenden Verbindlichkeiten nicht anhand der Haftungskaskade, sondern anhand der Systemrelevanz erfolgt.447 Würden ausschließlich besicherte Verbindlichkeiten übertragen, bliebe die Haftungs444 

§ 127 Abs. 4 SAG. § 127 Abs. 3 SAG. 446  Vgl. Kapitel E. V. 2. a) bb). 447  Riethmüller, WM 2010, 2295, 2301. 445 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

359

kaskade bewahrt, da weiterhin die Verbindlichkeiten niedrigeren Rangs den Wertverlust hinnehmen müssten. Werden aber alle systemrelevanten Verbindlichkeiten übertragen, befinden sich darunter in der Regel auch unbesicherte oder sogar nachrangige Verbindlichkeiten. Da der übernehmende Rechtsträger diese Verbindlichkeiten vollständig befriedigen muss, werden sie auch zu ihrem Nominalwert vom Kaufpreis bzw. der Gegenleistung abgezogen. Somit schmälert sich der Erlös für die beim insolventen Rechtsträger verbliebenen Gläubiger. Dies soll anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden: vor Übertragung

nach Übertragung

Unbesicherte Verbindlichkeiten

60

60

Nachrangige Verbindlichkeiten

40

20

Vermögensgegenstände

50

30

83 %

50 %

Insolvenzquote

Ein Institut hat Verbindlichkeiten in Höhe von 100 Mio. Euro, darunter 40 Mio. Euro nachrangige und 60 Mio. Euro unbesicherte Verbindlichkeiten. Die Vermögensgegenstände haben einen Wert von 50 Mio. Euro. Übernimmt der Käufer im Rahmen einer Übertragungsanordnung systemrelevante Vermögensgegenstände im Wert von 30 Mio. Euro und nachrangige systemrelevante Verbindlichkeiten im Wert von 20 Mio. Euro, so zahlt er als Gegenleistung 10 Mio. Euro448. Damit hat das Institut noch nachrangige Verbindlichkeiten im Wert von 20 Mio. Euro449, unbesicherte Verbindlichkeiten im Wert von 60 Mio. Euro und Vermögensgegenstände im Wert von 30 Mio. Euro450. Die Insolvenzquote der unbesicherten Gläubiger fällt somit von 83 %451 auf 50 %452. Die Schlechterstellung der Gläubiger im Vergleich zu ihrer Situation ohne eine Übertragungsanordnung wird im deutschen Sonderinsolvenzrecht durch § 147 SAG verhindert, der ihnen einen Anspruch gegen den Abwicklungsfonds453 in Höhe des Differenzbetrages zusagt. Da im Insolvenzverfahren wohl regelmäßig keine Fortführung des Instituts anzunehmen ist, wird der Gutachter nach § 146 SAG die hypothetischen Befriedigungsquoten der Gläubiger basierend auf dem Zerschlagungswert des Instituts ansetzen, so dass der Differenzbetrag deutlich geringer ausfällt als bei Berücksichtigung eines hypothetischen Fortführungswertes. Im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG besteht ein solcher Anspruch 448  Vermögensgegenstände in Höhe von 30 Mio. Euro abzüglich Verbindlichkeiten im Wert von 20 Mio. Euro ergeben den Kaufpreis von 10 Mio. Euro. 449  Ursprünglich 40 Mio. Euro abzüglich 20 Mio. Euro. 450  Ursprünglich 50 Mio. Euro abzüglich 30 Mio. Euro zuzüglich 10 Mio. Euro. 451  50/60 = 0,83. 452  30/60 = 0,5. 453 Der Anspruch gegen den Abwicklungsfonds ergibt sich aus Art. 76 Abs. 1 lit. 5 ­SRM-VO. § 147 SAG verweist fälschlich noch auf den Restrukturierungsfonds.

360

E.  Instrumente

zwar nicht gegen den Abwicklungsfonds, aber im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung nach § 11 KredReorgG gegen den übernehmenden Rechtsträger.454 Im US-Sonderinsolvenzrecht fehlt ein vergleichbarer Anspruch, so dass die bei dem übertragenden Rechtsträger verbleibenden Gläubiger die Fortführung gegen ihr eigenes Interesse und im Interesse der Finanzmarktstabilität durch eine geringere Befriedigungsquote finanzieren müssen. Aber auch der Schutz des § 147 SAG bleibt hinter dem Schutz der Gläubiger im allgemeinen Insolvenzverfahren zurück. Im Rahmen des Obstruktionsverbotes wird darin der Schutz der Gläubiger nicht nur dadurch gewährleistet, dass sie nicht schlechter gestellt werden als in einer Liquidation, sondern auch dadurch, dass keine Abweichungen von der Haftungskaskade zugelassen werden, dass also kein Gläubiger mit niedrigerem Rang einen Wert erhält, bevor alle höherrangigen Gläubiger vollständig befriedigt sind.455 Dieser Schutz wird zugunsten der Bewahrung der Marktstabilität aufgegeben, so dass die Abwicklungsbehörde frei darin ist, auch Verbindlichkeiten mit niedrigem Rang zu übertragen. Darin wird auch die veränderte Zielsetzung des Sonderinsolvenzverfahrens im Vergleich zum allgemeinen Insolvenzverfahren deutlich.456 4.  Brückeninstitut Steht kein Interessent für den Erwerb der Vermögensgegenstände des insolventen Instituts zur Verfügung, ist eine klassische übertragende Sanierung nicht durchführbar. Die Abwicklungsbehörde kann im Sonderinsolvenzrecht aber die Übertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten auf ein Brückeninstitut anordnen. Die Übertragung auf ein Brückeninstitut ermöglicht die Fortführung der übertragenen Teile der Bank, bis ein Erwerber gefunden wurde, und verhindert eine Stilllegung und die damit möglicherweise verbundene Gefährdung der Finanzmarktstabilität.457 Im US-Sonderinsolvenzrecht stellt diese Variante die einzige Möglichkeit dar, das Institut fortzuführen und damit den Fortführungswert zu erhalten, wenn kein Käufer zur Verfügung steht.458 Im deutschen Sonderinsolvenzrecht bestünde darüber hinaus die Möglichkeit der Reorganisation mithilfe des Instruments der Gläubigerbeteiligung. Im Gegensatz zum Instrument der Übertragung auf ein Brückeninstitut ermöglicht das Instrument der Gläubigerbeteiligung aber keine Trennung zwischen erhaltenswerten Teilen des Instituts und zu zerschlagenden Teilen. Soll also nur ein Teil des Instituts fortgeführt werden und findet sich für diesen Teil kein übernehmender Rechtsträger, muss auch im deutschen Sonderinsolvenzrecht auf das Instrument des Brückeninstituts zurückgegriffen werden. 454 

Vgl. Kapitel E. V. 2. b) bb) (5). Vgl. Kapitel E. IV. 4. a) cc) (2). 456  Vgl. Kapitel B. II. 457  § 128 Abs. 3 SAG; vgl. auch Olson, The Inadequacy of Bank Insolvency Resolution, S.  147. 458  LaBrosse, Use of Bridge Banks, S. 220. 455 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

361

Ein mit dem Brückeninstitut vergleichbarer Mechanismus besteht im allgemeinen Insolvenzrecht in Form der Auffanggesellschaft.459 Eine derartige Gesellschaft findet aber keine gesonderte Erwähnung im Insolvenzrecht, sondern wird nach dem allgemeinen Gesellschaftsrecht gegründet und tritt dann wie ein Dritter als Käufer auf.460 Alternativ dazu kann das Unternehmen in der Insolvenz so lange fortgeführt werden, bis sich eine Verkaufsmöglichkeit ergibt, das Unternehmen liquidiert oder reorganisiert wurde.461 Während dieser Fortführung können auch einzelne Teile des Instituts liquidiert werden und somit eine teilweise Liquidation und teilweise Fortführung umgesetzt werden, so dass das Instrument des Brückeninstituts dafür entbehrlich ist. a)  US-Recht aa)  Gründung und Privilegierung Im US-Sonderinsolvenzrecht kann das Instrument des Brückeninstituts sowohl für die Abwicklung von Einlageninstituten nach § 1821 (n) Title 12 U.S.C. als auch von sonstigen systemrelevanten Finanzinstituten nach § 210 (h) Dodd-Frank Act eingesetzt werden. Beide Normen weichen nur unwesentlich voneinander ab. Die FDIC wird darin als Abwicklungsbehörde ermächtigt, neue Gesellschaften als Brückeninstitute zu gründen und mit einer Banklizenz auszustatten.462 Die Banklizenz ermöglicht es dem Brückeninstitut die Geschäfte des insolventen Instituts unmittelbar fortzusetzen. Das Management des Brückeninstituts wird durch die Abwicklungsbehörde eingesetzt, wodurch die Abwicklungsbehörde mittelbar die Kontrolle über das Institut ausüben kann.463 Im Vergleich zu einem regulären Institut hat das Brückeninstitut im US-Recht eine Reihe von Privilegien. Unter anderem sind die Eigenmittelanforderungen aufgehoben,464 die Abwicklungsbehörde muss als Gesellschafter kein Gesellschaftskapital einbringen465 und Brückeninstitute nach dem Dodd-Frank Act sind vollständig steuerbefreit.466 Diese Privilegien dienen letztlich einer für die FDIC möglichst kostengünstigen Abwicklung. Für die Gläubiger der Brückeninstitute sind damit aber Schutzmechanismen, wie Eigenmittelanforderungen und Mindestkapital, außer Kraft gesetzt. 459 

Wellensiek, NZI 2002, 233, 234. Brete/Thomsen, NJOZ 2008, 4159, 4166. 461  Vgl. den Insolvenzfall von United Airlines, der vom 9. 12. 2002 bis zum 1. 2. 2006 dauerte und mit einer Reorganisation endete (http://usatoday30.usatoday.com/travel/flights/ 2006 – 02 – 01-united-timeline_x.htm). 462  § 1821 (n)(2)(B) Title 12 U.S.C.; § 210 (h)(2)(A) Dodd-Frank Act. 463  § 1821 (n)(2)(D) Title 12 U.S.C.; § 210 (h)(2)(B) Dodd-Frank Act; vgl. auch FDIC, Resolutions Handbook 2003, S. 36. 464  § 1821 (n)(4)(C), (n)(5)(D) Title 12 U.S.C.; § 210 (h)(2)(G)(i) Dodd-Frank Act. 465  § 1821 (n)(5)(A) Title 12 U.S.C.; § 210 (h)(2)(G)(ii) Dodd-Frank Act. 466  § 210 (h)(10) Dodd-Frank Act. 460 

362

E.  Instrumente

bb)  Finanzierung Auch für die Finanzierung einer Brückenbank gelten im US-Sonderinsolvenzrecht Besonderheiten. Die Gläubiger einer Brückenbank müssen, ähnlich wie Insolvenzgläubiger aber anders als Gläubiger, deren Forderungen auf einen Käufer übertragen wurden, mit einer Kürzung ihrer Forderung rechnen. Werden ihre Forderungen nicht auf einen Käufer der Brückenbank übertragen, sondern verbleiben bei der Brückenbank, erleiden sie bei der Liquidierung regelmäßig einen Wertverlust. Mithin liegt bei der Brückenbank, wie schon bei dem allgemeinen Insolvenzschuldner, ein Unterinvestitionsproblem vor.467 Typischerweise wird die Finanzierung daher von der Abwicklungsbehörde übernommen.468 Für systemrelevante Finanzinstitute hat der US-Gesetzgeber darüber hinaus in § 210 (h)(16) Dodd-Frank Act nach dem Vorbild von § 364 Bankruptcy Code469 die Möglichkeit für Brückeninstitute geschaffen, Darlehen mit höherem Rang aufzunehmen, als dies außerhalb der Insolvenz möglich wäre. Durch diese Möglichkeit könnte sich der Finanzierungsbedarf durch die FDIC reduzieren. cc)  Beendigung Das Brückeninstitut kann für einen Zeitraum von zwei Jahren, der bis zu dreimal um je ein Jahr verlängert werden kann, betrieben werden.470 In dieser Zeit versucht die Abwicklungsbehörde einen Käufer für die Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten zu finden. Wird ein Käufer gefunden, kann das Brückeninstitut im Rahmen eines asset deals, also durch die Übertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten, oder eines share deals, also durch die Übertragung der Anteile des Brückeninstituts, auf den Käufer übertragen werden.471 Der Rechtsträger verliert seine Eigenschaft als Brückeninstitut, wenn eine Verschmelzung stattfindet, mehr als 80 % der Anteile verkauft werden oder wenn mehr als 50 % der Anteile verkauft werden und die FDIC eine Beendigung veranlasst. Darüber hinaus kann die FDIC den Status beenden, wenn alle oder annähernd alle Verbindlichkeiten des Brückeninstituts übertragen wurden. Verbleibende Gegenstände werden dann basierend auf einem Liquidationsplan liquidiert. Findet sich kein Käufer innerhalb der vorgegebenen Frist, wird das Institut ebenfalls unter der Verantwortung der FDIC unter Anwendung der allgemeinen Regeln zur Liquidation im Sonderinsolvenzrecht liquidiert.472

467 

Vgl. Kapitel B. I. 3. a). Vgl. Kapitel E. IV. 3. b) und supra 5. 469  Vgl. die Ausführungen in Kapitel E. IV. 3. b). 470  § 1821 (n)(9) Title 12 U.S.C.; § 210 (h)(12) Dodd-Frank Act. 471  § 1821 (n)(10) Title 12 U.S.C.; § 210 (h)(13) Dodd-Frank Act. 472  § 1821 (n)(12) Title 12 U.S.C.; § 210 (h)(15) Dodd-Frank Act. 468 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

363

b)  Deutsches Recht aa)  Gründung Im deutschen Sonderinsolvenzrecht können Brückeninstitute nach § 61 SAG durch den Restrukturierungsfonds oder die Abwicklungsbehörde gegründet werden. Der Fonds oder die Behörde können solche Institute auch ohne konkreten Anlass, also als Vorratsinstitute gründen, um eine unmittelbare Verfügbarkeit eines Rechtsträgers für die Übertragung im Insolvenzfall sicherzustellen.473 Neben der Gründung von Brückeninstituten besteht auch die Möglichkeit, Anteile an einem Rechtsträger zu erwerben, der von einem Dritten als Brückeninstitut gegründet wurde. Der Anteilserwerb darf aber nur erfolgen, wenn ein wichtiges Interesse des Bundes vorliegt und sich der Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt.474 Vorstellbar wäre beispielsweise, dass eine große Zahl von Brückeninstituten benötigt wird, so dass die durch den Restrukturierungsfonds gegründeten Institute nicht ausreichen und die Zeit für weitere Neugründungen nicht zur Verfügung steht. Bei Brückeninstituten muss es sich um juristische Personen handeln. Eine Beschränkung auf Aktiengesellschaften ist zwar nicht vorgesehen, dennoch dürfte der Zuschnitt des SAG auf Aktiengesellschaften dazu führen, dass die Aktiengesellschaft die übliche Rechtsform darstellen wird.475 Werden Brückeninstitute gemäß § 61 SAG durch den Restrukturierungsfonds und nicht durch die Abwicklungsbehörde gegründet oder gekauft, muss die Abwicklungsbehörde gemäß § 128 Abs. 1 Nr. 2 SAG die Kontrolle über das Institut ausüben können. Die Kontrolle soll der eines Mehrheitseigentümers entsprechen.476 Dazu können gesellschaftsrechtliche, vertragliche oder hoheitliche Einflussmöglichkeiten genutzt werden. Gesellschaftsrechtlich kommt insbesondere die Übertragung der Anteilsmehrheit auf die Abwicklungsbehörde in Frage. Vertraglich könnte die Abwicklungsbehörde möglicherweise über einen Beherrschungsvertrag Kontrolle über das Brückeninstitut ausüben. Fraglich ist aber, ob ein Beherrschungsvertrag zwischen einer Behörde und einem Unternehmen abgeschlossen werden kann. Der Wortlaut des § 291 Abs. 1 AktG sieht eine Beherrschung nur durch ein anderes Unternehmen vor. Ob dennoch ein direkter Beherrschungsvertrag zwischen der Abwicklungsbehörde und dem Brückeninstitut abgeschlossen werden kann, ist bisher nicht geklärt. Übt die Abwicklungsbehörde aber beispielsweise schon die Kontrolle über ein Brückeninstitut aus, kann dieses mit weiteren Brückeninstituten Beherrschungsverträge abschließen, die es der Abwicklungsbehörde indirekt ermöglichen, eine vertragliche Kontrolle auszuüben. Darüber hinaus kommt eine 473 

Zur Vorgängernorm Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Fridgen, § 5 RStruktFG, Rn. 3. § 61 Abs. 2 SAG. 475  Vgl. § 61 Abs. 3 SAG; § 143 SAG; zur Vorgängernorm Boos/Fischer/Schulte-Mattler/ Fridgen, § 5 RStruktFG, Rn. 3. 476  BT-Drucks. 18/2575, S. 184. 474 

364

E.  Instrumente

vertragliche Kontrolle in Form eines Stimmbindungsvertrages in Frage. Teilweise wird aber der Stimmbindungsvertrag nur zwischen Gesellschaftern für zulässig erachtet.477 Nach dieser Ansicht müsste die Abwicklungsgesellschaft jedenfalls einen kleinen Anteil am Brückeninstitut erwerben. Neben vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten, kommt auch die Ausübung der Kontrolle durch hoheitsrechtliche Einflussmöglichkeiten in Frage.478 Der Gesetzgeber dachte dabei insbesondere an die Ausübung hoheitlicher Kontrolle über die Eigentümergesellschaft des Brückeninstituts.479 Diese Kontrollmöglichkeit dürfte den Regelfall darstellen, da die Abwicklungsanstalt nach § 11 RStruktFG den Restrukturierungsfonds verwaltet. Der Restrukturierungsfonds wiederum ist Eigentümer des von ihm gegründeten Brückeninstituts. Folglich kann die Abwicklungsbehörde das Brückeninstitut über den hoheitlich kontrollierten Restrukturierungsfonds steuern. bb)  Lizensierung Im Gegensatz zum US-Recht erhält das Brückeninstitut im deutschen Sonderinsolvenzrecht nicht schon durch seine Gründung eine Banklizenz. Allerdings erhält es im Zuge der Übertragungsanordnung nach § 119 Abs. 2 SAG unverzüglich eine Zulassung durch die BaFin, sofern keine offensichtlichen Versagungsgründe vorliegen. Bis zur Erteilung der Zulassung gilt diese gemäß § 119 Abs. 3 SAG als erteilt. Neben der Zulassung erhält der übernehmende Rechtsträger auch alle Rechte, die der übertragende Rechtsträger in Bezug auf die Übertragungsgegenstände ausgeübt hat.480 Darunter fallen insbesondere die Mitgliedschaft in und der Zugang zu Finanzmarktinfrastrukturen, Anlegerentschädigungseinrichtungen und Einlagensicherungssystemen.481 Mithin wird auch im deutschen Sonderinsolvenzrecht sichergestellt, dass das Brückeninstitut alle erforderlichen Voraussetzungen erfüllt, um das Finanzgeschäft weiter zu betreiben. cc)  Privilegierung Ein deutsches Brückeninstitut hat gegenüber einem regulären Finanzinstitut nur wenige Privilegien. So darf es trotz der Vorschrift des § 202 Abs. 3 S. 1 AktG genehmigtes Kapital vorhalten, welches die Hälfte des Grundkapitals übersteigt.482 Eine Aufhebung der Eigenmittelvorschriften, wie sie im US-Recht erfolgt, findet hingegen grundsätzlich nicht statt. § 118 Abs. 2 SAG legt fest, dass der übernehmende Rechtsträger die Anforderungen der CRD IV und der zugehörigen Verord477  Vgl. zur Zulässigkeit von Stimmbindungsverträgen nur BGH, BGHZ 48, 163, 166; Hüffer/Koch, § 133 AktG, Rn. 27; MüKo/Schröer, § 136 AktG, Rn. 70 f. m.w.N. 478  § 128 Abs. 1 Nr. 2 SAG. 479  BT-Drucks. 18/2575, S. 184. 480  § 118 Abs. 3 SAG. 481  § 118 Abs. 3 S. 2 SAG. 482  § 61 Abs. 3 SAG.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

365

nung einhalten muss. In der BRRD war zwar vorgesehen, dass diese Vorschriften temporär bei Aufnahme des Betriebs der Brückenbank nicht erfüllt werden müssen,483 diese Ausnahme wurde vom deutschen Gesetzgeber aber nicht umgesetzt. Ob diese unvollständige Umsetzung die Richtlinie für diese Ausnahme unmittelbar anwendbar macht, ist bisher ungeklärt und überschreitet den gesetzten Rahmen dieser Arbeit. Mittelfristig muss jedoch auch nach der Richtlinie eine Einhaltung der Eigenmittel- und Liquiditätsvorschriften gewährleistet sein. dd)  Finanzierung Um eine ausreichende Kapitalausstattung zu gewährleisten darf der Gesamtwert der auf das Brückeninstitut übertragenen Verbindlichkeiten gemäß § 130 Abs. 1 SAG den Gesamtwert der Vermögensgegenstände des Instituts nicht übersteigen. Die Vermögenswerte müssen aber nicht vollständig von dem übertragenden Rechtsträger kommen, sondern können auch aus anderen Quellen, beispielsweise aus dem Abwicklungsfonds, stammen. Weiterhin ist grundsätzlich auch das Instrument der Gläubigerbeteiligung nach § 95 Nr. 2 SAG auf übertragene Verbindlichkeiten anwendbar, um Kapital für das Brückeninstitut zu schaffen. Fraglich ist aber, ob dieses Instrument nach der Übertragung noch von der Abwicklungsbehörde angewandt wird. Werden nur systemrelevante Verbindlichkeiten übertragen, sind diese nach § 92 SAG von der Wandlung ausgenommen, so dass kein zusätzliches Kapital bei dem Brückeninstitut entstünde. Nicht-systemrelevante wandelbare Verbindlichkeiten könnten hingegen entweder vor der Übertragung gewandelt werden oder bei dem übertragenden Rechtsträger verbleiben, um die Bilanz des Brückeninstituts nicht zu belasten. Welchen Vorteil eine Übertragung und anschließende Wandlung gegenüber einem Verbleib bei dem übertragenden Rechtsträger haben soll, ist nicht ersichtlich. Eine Wandlung von Verbindlichkeiten in Eigenkapital des Brückeninstituts birgt darüber hinaus auch die Gefahr, dass die Abwicklungsbehörde oder der Restrukturierungsfonds nicht mehr die Mehrheit der Anteile am Brückeninstitut hält. Nach § 97 SAG müssen die Anteile zuerst herabgeschrieben oder gewandelt werden. Selbst wenn die Anteile nicht vollständig herabgeschrieben werden, wird der Wert des Eigenkapitals regelmäßig so gering sein, dass schon ein niedriger Wandelbetrag ausreichen kann, um die Abwicklungsbehörde oder den Restrukturierungsfonds derart zu verwässern, dass er seine Mehrheit und damit die Kontrolle verliert. Mithin wird das Instruments der Gläubigerbeteiligung regelmäßig nicht beim Brückeninstitut angewendet werden, sondern vor der Übertragung beim übertragenden Rechtsträger. Im Gegensatz zu US-Brückeninstituten ist es deutschen Brückeninstituten nicht möglich, neue Darlehen aufzunehmen, die durch das Sonderinsolvenzrecht einen höheren Rang eingeräumt bekommen. Mithin ist zumindest bei einer geringen Eigenkapitalausstattung fraglich, ob sich ein Brückeninstitut am Markt selbst finan-

483 

Artikel 41 Abs. 1 S. 2 BRRD.

366

E.  Instrumente

zieren kann. Andernfalls ist es auf die finanzielle Unterstützung des Abwicklungsfonds angewiesen.484 ee)  Beendigung Die Frist zur Abwicklung der Brückenbank im SAG entspricht weitgehend der Frist im US-Recht. So soll die Brückenbank innerhalb von zwei Jahren abgewickelt werden.485 Diese Frist kann mehrfach jeweils um ein Jahr verlängert werden. Im Gegensatz zum US-Recht ist diese Verlängerungsmöglichkeit nicht auf drei Jahre begrenzt. Allerdings wird das Ermessen der Abwicklungsbehörde zur Verlängerung im deutschen Recht begrenzt. So kann eine Verlängerung nur erfolgen, wenn sie erforderlich ist, um die Fortführung wesentlicher Bank- oder Finanzdienstleistungen zu gewährleisten oder das Ziel der Veräußerung besser zu erreichen.486 Die Verlängerungsentscheidung muss gemäß § 128 Abs. 4 S. 3 SAG begründet werden. Innerhalb der gegebenen Frist versucht die Abwicklungsbehörde das Brückeninstitut nach § 129 Abs. 1 SAG zu vermarkten und das Institut im Wege eines asset deal oder eines share deal an einen Verkäufer zu übertragen. Gelingt dies, verliert der Rechtsträger seine Eigenschaft als Brückeninstitut nach § 128 Abs. 4 Nr. 1 oder Nr. 2 SAG. Der Verlust der Eigenschaft als Brückeninstitut basiert auf § 128 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SAG, wenn die Voraussetzungen für ein Brückeninstitut nicht mehr erfüllt sind, also die Anteile des Brückeninstituts nicht mehr von einer öffentlichen Stelle gehalten werden oder die Brückenbank nicht mehr durch die Abwicklungsanstalt kontrolliert wird. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Anteile an dem Institut zumindest mehrheitlich an einen Dritten veräußert wurden. Während die FDIC im US-Recht die Wahl hat, ob die Eigenschaft als Brückeninstitut erhalten werden soll, wenn zwischen 50 % und 80 % der Anteile verkauft werden, endet im deutschen Recht die Eigenschaft automatisch bei einem Verkauf von mindestens 50 % der Anteile. Auch bei dem Verkauf aller oder weitgehend aller Vermögenswerte, Rechte oder Verbindlichkeiten verliert das Brückeninstitut seinen Status gemäß § 128 Abs. 4 Nr. 2 SAG automatisch. Gelingt eine Vermarktung nicht, so hat das Brückeninstitut nach § 129 Abs. 2 SAG einen Liquidationsplan aufzustellen, dessen Durchführung durch die Abwicklungsbehörde überwacht wird. Im Gegensatz zum US-Sonderinsolvenzrecht enthält das deutsche Sonderinsolvenzrecht aber keine Vorgaben für die Verteilung des Erlöses aus der Liquidation nach § 129 SAG.487 Mithin ist unklar, ob die Haftungskaskade des allgemeinen Insolvenzrechts oder des Instruments der Gläubigerbeteiligung in § 97 SAG herangezogen werden muss. Verliert der Rechtsträger seine Eigenschaft als Brückeninstitut durch einen Verkauf oder durch Ablauf der Frist, werden eventuell verbleibende Vermögensgegen484 

Dazu unter 5. § 128 Abs. 4 Nr. 3 SAG. 486  § 128 Abs. 4 S. 2 SAG. 487  Vgl. dazu näher infra E. VI. 3. b). 485 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

367

stände ebenfalls liquidiert.488 Dies erfolgt allerdings nicht durch einen Liquidationsplan, sondern bei Vorliegen von Insolvenzgründen im Rahmen des allgemeinen Insolvenzverfahrens, andernfalls als Liquidation im Gesellschaftsrecht.489 5.  Maßnahmen beim übernehmenden Rechtsträger Im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzrecht ist es im Sonderinsolvenzrecht möglich, den übernehmenden Rechtsträger finanziell zu unterstützten. Nötig sind derartige Maßnahmen insbesondere dann, wenn andernfalls kein Erwerber an der Übernahme der Geschäfte interessiert ist, das Institut aber zur Vermeidung der Ansteckung des Finanzmarktes fortgeführt werden soll. Die Abwicklungsbehörden haben in diesen Fällen unterschiedliche Instrumentarien, um den Kauf für einen potentiellen Erwerber attraktiver zu gestalten. a)  US-Recht Für die Abwicklung von Einlageninstituten ist in § 1823 (c)(2) Title 12 U.S.C. allgemein geregelt, dass die FDIC dem übernehmenden Rechtsträger zur Erleichterung von Übertragungen Eigenkapital oder Fremdkapital zur Verfügung stellen kann, Garantien gegen den Wertverlust der übernommenen Gegenstände abgeben kann und Gegenstände von dem übernehmenden Rechtsträger zurückkaufen kann. In der Praxis haben sich daraus unterschiedliche Übertragungsmodelle entwickelt. So gab es lange Zeit P&A-Transaktionen mit Put-Option, die es dem Käufer ermöglichten, einen Teil der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten nach seiner Wahl zur FDIC zurückzuübertragen. Dies ermöglichte es dem Erwerber, sich die besten Gegenstände herauszusuchen und alle sonstigen Gegenstände zurückzuübertragen. Um das Rosinen-Picken zu unterbinden, wandte die FDIC im Zeitverlauf vermehrt Verlustteilungsmodelle an und stellte das Put-Options-Modell 1991 ein.490 Verkäufe im Verlustteilungsmodell sehen regelmäßig vor, dass die FDIC 80 % des Wertverlustes von Vermögensgegenständen übernimmt und der Erwerber nur 20 % tragen muss.491 Damit nimmt die FDIC dem Erwerber den größten Teil des Risikos ab, belässt ihm aber zugleich einen hinreichenden Anreiz, die Vermögensgegenstände wertmaximierend zu verwerten, beispielsweise die Rückzahlung von Darlehen mit Nachdruck zu verfolgen. Die Finanzierung des übernehmenden Rechtsträgers mit Eigenkapital oder Fremdkapital kommt wohl im Wesentlichen bei übernehmenden Brückeninstituten in Betracht. Da diese kaum kapitalisiert sind und bei hoher Unsicherheit über den Wert der übertragenen Gegenstände auch schwer eine Kapitalmarktfinanzierung erhalten werden, sind sie auf die Finanzierung durch die FDIC angewiesen. 488 

§ 128 Abs. 5 SAG. Für die Aktiengesellschaft nach §§ 262 ff. AktG, für die GmbH nach §§ 60 ff. GmbHG. 490 Vgl. FDIC, Resolution Handbook 2003, S. 25 f. 491 Vgl. FDIC, Resolution Handbook 2003, S. 29 f. 489 

368

E.  Instrumente

Im Gegensatz zu den Unterstützungsmöglichkeiten für Erwerber von Einlageninstituten nach § 1823 Title 12 U.S.C. bestehen nach dem Dodd-Frank Act keine Möglichkeiten zur Unterstützung von Erwerbern von systemrelevanten sonstigen Finanzinstituten. Unterstützungsmöglichkeiten der FDIC nach dem Dodd-Frank Act sind auf Maßnahmen bei übernehmenden Brückeninstituten beschränkt. § 212 (a) Dodd-Frank Act stellt klar, dass eine Unterstützung ausschließlich dann gestattet ist, wenn dies explizit normiert ist. Somit können Mittel gemäß § 210 (n)(9)(A) Dodd-Frank Act lediglich zur Unterstützung eines insolventen Instituts nach § 204 (d) Dodd-Frank Act und eines Brückeninstituts nach § 210 (h) DoddFrank Act verwendet werden. Eine Norm, die auch die Unterstützung eines Erwerbers ermöglicht, also eines Rechtsträgers, auf den direkt Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten vom insolventen Institut übertragen werden, findet sich hingegen nicht. Betrifft die finanzielle Unterstützung jedoch eine Übertragung auf ein Brückeninstitut oder von einem Brückeninstitut, oder den Verkauf des Brückeninstituts, so kann die FDIC basierend auf einem Liquidationsplan grundsätzlich jede Art der finanziellen Unterstützung gewähren.492 Um zu verhindern, dass die FDIC, und damit letztlich der Steuerzahler, die Abwicklungskosten trägt, erfolgt die Finanzierung des insolventen Instituts oder des Brückeninstituts im Dodd-Frank Act nicht durch die FDIC, sondern durch den sogenannten Orderly Liquidation Fund. Dieser leiht sich den notwendigen Betrag vom Finanzministerium bei einer gleichzeitigen Verpflichtung zur Rückzahlung anhand eines Rückzahlungsplans.493 Das zur Verfügung stehende Darlehensvolumen darf den Betrag von 10 % der Vermögensgegenstände des insolventen Instituts in den ersten 30 Tagen und anschließend 90 % des dann bestimmten Marktwertes der Vermögensgegenstände des insolventen Instituts nicht übersteigen.494 Um das Darlehen an das Finanzministerium zurückzuzahlen, erhebt der Orderly Liquidation Fund eine Gebühr von allen systemrelevanten Finanzinstituten.495 Mit dieser Struktur hat sich der US-Gesetzgeber gegen den ursprünglich vorgesehenen Aufbau eines Fonds im Vorfeld entschieden, aus dem dann die notwendigen Unterstützungsleistungen gezahlt werden könnten. Ein solcher Fonds hätte aus Sicht des Gesetzgebers das Signal an die Märkte gesandt, dass diese Mittel zur Bankenrettung zur Verfügung stünden, und damit moral hazard verstärkt.496 Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der FDIC als Abwicklungsbehörde sowohl für die Abwicklung von Einlageinstituten unter dem FDIA als auch für die Abwicklung von systemrelevanten Finanzinstituten unter dem Dodd-Frank Act eine Vielzahl von finanziellen Unterstützungsinstrumenten zur Verfügung stehen. Die Unterstützung von übernehmenden Rechtsträgern ohne Beteiligung einer Brü492 

§ 210 (h)(9) Dodd-Frank Act i.V.m. § 210 (n)(9)(A) Dodd-Frank Act. § 210 (n)(5) Dodd-Frank Act i.V.m. § 210 (n)(9)(B) Dodd-Frank Act. 494  § 210 (n)(6) Dodd-Frank Act. 495  § 210 (o)(1) Dodd-Frank Act. 496  McDermott, Analysis of the Orderly Liquidation Authority, S. 14. 493 

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

369

ckenbank bleibt ihr allerdings im Dodd-Frank Act verwehrt. Dies ist insbesondere verwunderlich, da gerade bei der Übernahme von systemrelevanten Finanzinstituten ein hohes Risiko für den übernehmenden Rechtsträger besteht, welches die Anwendung von Instrumenten der teilweisen Verlusttragung notwendig machen könnte, um einen Erwerber zu finden. Möglicherweise hat hier der politische Wille, keinesfalls andere Wall-Street-Institute mit staatlichen Mitteln zu unterstützen – selbst dann nicht, wenn diese durch ihre Übernahmebereitschaft zur Finanzstabilität beitragen – der Abwicklungsbehörde ein wichtiges Instrument zur effizienten Abwicklung genommen. Ein weiteres Problem könnte die Obergrenze der Mittel des Orderly Liquidation Fund darstellen. Liegt der Marktwert der Vermögenswerte des insolventen Instituts sehr niedrig, könnten 10 % davon nicht ausreichen, um eine kurzfristige Abwicklung ohne Gefährdung der Finanzstabilität zu ermöglichen. Unter diesen Umständen ist zweifelhaft, ob sich die Regierung an die selbst gesetzte Obergrenze hält und eine Finanzkrise in Kauf nimmt. Wahrscheinlicher ist die Aufhebung der Grenze in der Krise und eine damit verbundene Beschädigung des Vertrauens der Marktteilnehmer in den Abwicklungsmechanismus. b)  Deutsches Recht Auch im deutschen Recht hat die Abwicklungsbehörde die Möglichkeit, den übernehmenden Rechtsträger zu unterstützen. Dies erfolgte bis Ende 2015 durch den der Abwicklungsbehörde untergeordneten Restrukturierungsfonds.497 Nach Inkrafttreten der SRM-Verordnung ist der Restrukturierungsfonds nur noch für CRR-Wertpapierfirmen zuständig.498 Für Unterstützungsmaßnahmen aller anderen Institute ist der Abwicklungsfonds auf europäischer Ebene nach Art. 76 S ­ RM-VO zuständig. Dieser kann aber auch für Maßnahmen nationaler Abwicklungsbehörden in Anspruch genommen werden, wenn der Abwicklungsausschuss das nationale Abwicklungskonzept annimmt.499 Der Abwicklungsfonds kann dem in Abwicklung befindlichen Institut, einem Brückeninstitut und einem dritten übernehmenden Rechtsträger Sicherheiten, beispielsweise in Form von Garantien, gewähren.500 Darüber hinaus kann er auch Darlehen vergeben und Vermögenswerte erwerben.501 Im Gegensatz zur FDIC im Dodd-Frank Act ist es dem europäischen Abwicklungsfonds damit insbesondere möglich, auch übernehmende Rechtsträger zu unterstützen, ohne dass eine Brückenbank involviert ist. Brückeninstitute und Vermögensverwaltungsgesellschaften können darüber hinaus auch durch eine Kapitalzufuhr gestützt werden.502 497 

Zur Unterordnung des Fonds vgl. § 11 RStruktFG. zur alten Rechtslage Bauer, Der Restrukturierungsfond für Kreditinstitute, S. 201 f. 499  Art. 7 (3) S. 2 SRM-VO. 500  Art. 76 (1)(a) SRM-VO i.V.m. Art. 76 (2) SRM-VO. 501  Art. 76 (1)(b), (c) SRM-VO i.V.m. Art. 76 (2) SRM-VO. 502  Art. 76 (1)(d) SRM-VO. 498  Ausführlich

E.  Instrumente

370

Im Gegensatz zu dem Orderly Liquidation Fund nach dem Dodd-Frank Act wird der europäische Abwicklungsfonds, wie schon der Restrukturierungsfonds nach dem RStruktFG a.F., durch Beiträge im Voraus finanziert. Der jährliche Beitrag ergibt sich nach Art. 70 SRM aus einem Pauschalbetrag, der sich nach der Höhe der Verbindlichkeiten des Instituts im Verhältnis zur Summe der Verbindlichkeiten aller erfassten Institute bemisst, und einem risikoadjustierten Betrag, der sich nach dem Risiko des Instituts richtet. Die Höhe wird so festgesetzt, dass der Fonds nach acht Jahren seine Zielausstattung in Höhe von 1 % aller gedeckten Einlagen der umfassten Kreditinstitute erreicht.503 Reichen die Finanzmittel des Fonds nicht aus, um die Unterstützungsmaßnahme bei einer Abwicklung zu finanzieren, kann er Darlehen aufnehmen und zur Tilgung außerordentliche Beiträge bis zur dreifachen Summe der jährlichen Beiträge erheben.504 Eine Obergrenze für die Darlehensaufnahme des Fonds gibt es im Gegensatz zum US-Recht nicht. Damit besteht auch nicht die Gefahr, dass die Obergrenze im Krisenfall außer Kraft gesetzt werden muss und die Glaubwürdigkeit des Mechanismus gefährdet wird. Neben der finanziellen Unterstützung des übernehmenden Rechtsträgers, können zur Umsetzung der Übertragungsanordnung auch die §§ 14, 15, 17, 18 und 19 des FMStBG entsprechend angewandt werden. Im Einzelnen bedeutet dies, dass der übernehmende Rechtsträger nach § 14 FMStBG keine Börsenzulassung für die Aktien beantragen muss, die als Gegenleistung an den übertragenden Rechtsträger oder dessen Alteigentümer ausgegeben werden. Auch bedarf eine mit der Übertragung verbundene stille Einlage nicht der Zustimmung der Hauptversammlung, da sie nach § 15 FMStBG nicht als Unternehmensvertrag gilt. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen wird nach § 17 FMStBG nicht angewandt, so dass eine Übernahme auch entgegen grundsätzlicher kartellrechtlicher Regelungen möglich ist. Diese Ausnahme ist insbesondere erforderlich, wenn ein großes Institut insolvent wird, für das als Käufer nur andere große Institute in Frage kommen. Würde den anderen Instituten wettbewerbsrechtlich ein Erwerb untersagt, drohte die Stilllegung des insolventen Instituts. Durch § 125 Abs. 2 SAG i.V.m. § 17 FMStBG wird dieses Ergebnis verhindert. Damit wird aber auch eine stärkere Konzentration des Bankenmarktes in Kauf genommen, die in zukünftigen Bankenkrisen Probleme bereiten könnte. § 18 FMStBG schließt die Anfechtbarkeit der Übertragungsanordnung in einem späteren Insolvenzverfahren aus. Dies ist insbesondere relevant, da der übertragende Rechtsträger zumeist im Insolvenzverfahren liquidiert wird. § 18 FMStBG verhindert, dass der Insolvenzverwalter die Übertragung beispielsweise mit dem Argument, die Gegenleistung sei zu niedrig ausgefallen, nach § 132 InsO anficht und rückabwickelt. § 19 FMStBG schützt den übernehmenden Rechtsträgern vor Kündigungen seiner Vertragspartner aufgrund von change of control oder ähnlichen Klauseln, indem es diese für unwirksam erklärt. Durch die Anwendung der Normen des FMStBG werden eventuelle Hürden für eine Übernahme beseitigt. Damit kann potentiell ein größerer Kreis von Interes503  504 

Art. 69 Abs. 1 SRM-VO. Art. 74, 71 SRM-VO.

V.  Verfahren zur übertragenden Sanierung

371

senten für das zu übernehmende Institut gewonnen werden. Vor diesem Hintergrund sind die Ausnahmen zu begrüßen. Auch darüber hinaus bietet das deutsche Abwicklungsrecht der Abwicklungsbehörde mehr Möglichkeiten zur Unterstützung des übernehmenden Rechtsträgers als das US-Recht. Die Abwicklungsbehörde muss im Einzelfall entscheiden, wie hoch die finanziellen Unterstützungsleistungen ausfallen müssen, um die Finanzstabilität zu gewährleisten. Handelt es sich bei der abzuwickelnden Bank um ein nicht-systemrelevantes Institut, besteht keine Notwendigkeit für Unterstützungsleistungen. Das deutsche Sonderinsolvenzrecht bietet bei den Unterstützungsleistungen ein deutlich flexibleres Instrumentarium als das US-Sonderinsolvenzrecht. Gibt es in den USA keinen Interessenten für den Erwerb von systemrelevanten Teilen eines insolventen Instituts, kann die Abwicklungsbehörde lediglich ein Brückeninstitut gründen, welches dann durch den Orderly Liquidation Fund mit Kapital und Garantien ausgestattet werden muss. Wird das Brückeninstitut schlecht geführt, droht eine Ausweitung des Verlustes für die Abwicklungsbehörde. Die deutsche Abwicklungsbehörde hat hingegen alternativ die Möglichkeit, das Angebot durch Unterstützungsleistungen attraktiver zu gestalten und somit die Notwendigkeit der Verwendung eines Brückeninstituts zu vermeiden. Der Handlungsspielraum, den die SRM-VO und das SAG lassen, trägt somit zu einer effektiven Abwicklung bei. 6.  Kritische Würdigung Das aus dem allgemeinen Insolvenzrecht bekannte Verfahren der übertragenden Sanierung kann auch im Sonderinsolvenzrecht durchgeführt werden. Im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzverfahren, in dem es üblich ist, die Vermögensgegenstände zu veräußern und anschließend den Erlös gemäß der Haftungskaskade auszuschütten, ist das Sonderinsolvenzrecht darauf ausgelegt, neben Vermögensgegenständen auch Verbindlichkeiten an den übernehmenden Rechtsträger zu übertragen. Die Auswahl der zu übertragenden Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten erfolgt im Wesentlichen anhand des Kriteriums der Systemrelevanz. Das Ziel der übertragenden Sanierung besteht in der Fortführung des Geschäfts unter einem neuen Rechtsträger. Durch die Fortführung wird der Fortführungswert erhalten und damit die direkte Ansteckungsgefahr reduziert. Darüber hinaus wird durch die Fortführung auch eine Kreditklemme verhindert und die Kontinuität von Finanzdienstleistungen sichergestellt. Die Verunsicherung des Marktes wird im Vergleich zu einer Liquidation reduziert und damit auch die indirekte Ansteckungsgefahr vermindert. Um eine Fortführung unter dem neuen Rechtsträger zu gewährleisten, muss regelmäßig eine größere Menge operativer Verbindlichkeiten mitübertragen werden. Während die Fortführung des operativen Geschäfts von Nichtfinanzinstituten regelmäßig ohne die Übertragung von Verbindlichkeiten möglich sein dürfte, tragen Verbindlichkeiten von Finanzinstituten zum operativen Geschäft bei.

372

E.  Instrumente

Die für die Fortführung von Finanzinstituten notwendige Übertragung vieler Verbindlichkeiten verursacht Probleme im Insolvenzverfahren. Übertragene Verbindlichkeiten können nicht gekürzt werden und tragen damit auch nicht zur Behebung der Krise bei. Wird der Anteil der übertragenen Verbindlichkeiten zu groß, sind zur Behebung der Überschuldung zusätzliche Mittel notwendig, die durch die Abwicklungsbehörde oder einen zugehörigen Fonds bereitgestellt werden müssen. Schon zur Verhinderung von moral hazard ist aber nicht erwünscht, dass große Teile der Gläubiger im Falle einer Insolvenz nicht mehr haftet. Zusätzlich entsteht bei einer partiellen Übertragung das Problem der Gläubigerungleichbehandlung. Einige Forderungen werden aufgrund der Systemrelevanz der Gläubiger übertragen. Diese Gläubiger müssen keine Forderungskürzung hinnehmen. Andere Forderungen verbleiben bei dem alten Rechtsträger. Deren Gläubiger müssen eine Zahlung in Höhe der Insolvenzquote akzeptieren. Da die Übertragung unabhängig vom Rang der Forderungen erfolgt, droht auch die Haftungskaskade übergangen zu werden. Zwar erhalten die Gläubiger zumindest den Betrag, den sie im Falle einer Liquidation erhalten hätten, ein etwaiger Fortführungsmehrwert wird hingegen willkürlich durch die Entscheidung über die Übertragung verteilt. Eine Lösung für dieses Problem könnte die schon zuvor vorgestellte Verwendung von Zwangswandelanleihen darstellen.505 Damit könnten alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten mit Ausnahme der Zwangswandelanleihen auf einen Erwerber übertragen werden und das operative Geschäft könnte ohne Unterbrechung fortgeführt werden. Die Inhaber der Zwangswandelanleihen und die Alteigentümer würden hingegen bei dem alten Rechtsträger zurückbleiben und müssten den Verlust tragen. Dies stünde auch nicht im Widerspruch zur Haftungskaskade, da die Zwangswandelanleihen den niedrigsten Rang nach den Eigenmitteln einnehmen würden. Auch könnte moral hazard vermieden werden, da die Inhaber der Zwangswandelanleihen einen hohen Anreiz hätten, die Geschäftsführung zu überwachen. Reizvoll wäre eine derartige Vorgehensweise darüber hinaus, weil dafür kein Sonderinsolvenzrecht notwendig wäre. Vielmehr könnte eine derartige Übertragung auch im regulären Insolvenzrecht stattfinden, wenn dieses entsprechend der oben genannten Anmerkungen506 angepasst würde. Zur Abwicklung eines Finanzinstituts im allgemeinen Insolvenzrecht sollten allerdings die Möglichkeiten des Abwicklungsfonds zur Unterstützung des übernehmenden Rechtsträgers auf das allgemeine Insolvenzrecht übertragen werden. Der Fonds könnte auch über die Anwendbarkeit der Privilegien des FMStBG beim übernehmenden Rechtsträger entscheiden. Bei der Abwicklung systemrelevanter Institute stünden unter diesen Umständen vermutlich mehr Interessenten für eine Übernahme zur Verfügung als nach geltendem Recht. Insbesondere, wenn neben einer reinen Umschuldung auch eine Umstrukturierung des Unternehmens erfor505  506 

Vgl. Kapitel E. IV. 4. c). Vgl. Kapitel E. IV. 5. und Kapitel E. V. 2. c).

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

373

derlich ist, um zukünftig wieder Gewinne zu erwirtschaften, ist eine übertragende Sanierung einer Reorganisation regelmäßig vorzuziehen. Der übernehmende Rechtsträger kann im Anschluss an die Übernahme strukturelle Veränderungen vornehmen. Unter diesen Umständen wäre eine unterstützte Übertragung einer Reorganisation vorzuziehen, um die Finanzmarktstabilität zu gewährleisten. Ein Brückeninstitut stünde bei einer Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht nicht zur Verfügung. Die Gründung einer Auffanggesellschaft wäre zwar möglich, diese hätte aber weder eine Bankerlaubnis, noch Zugang zum Zahlungssystem. Wenn dieses Instrument genutzt werden sollte, müssten mithin Vorratsgesellschaften gegründet, mit dem notwendigen Kapital ausgestattet und eine Bankerlaubnis beantragt werden. Im Vergleich zu einer Vorratsgesellschaft nach § 61 SAG, die ihre Erlaubnis durch die Übertragung erhält, wäre der Aufwand allerdings sehr hoch. Fraglich ist daher, ob das mit Brückeninstituten verfolgte Ziel nicht auch anderweitig erreicht werden könnte. Brückeninstitute dienen dazu, das Institut so lange fortzuführen, bis es sich zu angemessenen Konditionen veräußern lässt. Für die Fortführung von Finanzinstituten in der Insolvenz erweisen sich im Wesentlichen das Zahlungsverbot und die Kündigungsrechte der Gegenparteien als hinderlich. Keine dieser insolvenzrechtlichen Regelungen findet im Sonderinsolvenzrecht Anwendung, wenn das Finanzunternehmen unmittelbar auf ein Brückeninstitut übertragen wird.507 Wie schon zuvor dargestellt, könnte das Zahlungsverbot im allgemeinen Insolvenzrecht auf nicht-operative Zahlungen eingeschränkt werden, so dass es einer Fortführung nicht entgegenstünde.508 Darüber hinaus könnten auch die Kündigungsrechte der Gegenparteien für unwirksam erklärt werden.509 Unter diesen Bedingungen könnte das insolvente Institut im Sonderinsolvenzrecht oder im allgemeinen Insolvenzrecht fortgeführt werden und eine Notwendigkeit zur Etablierung eines Brückeninstituts für den Fall, dass kein unmittelbarer Erwerber gefunden wird, entfiele.

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts 1.  Übersicht Als dritte Verwertungsmöglichkeit neben der Reorganisation und der übertragenden Sanierung steht die Stilllegung des Unternehmens als Verwertungsoption zur Verfügung. Bei der Stilllegung des Unternehmens werden dessen Vermögensgegenstände im Gegensatz zur übertragenden Sanierung nicht als Ganzes, sondern 507  Zahlungsverbot und Automatic Stay finden generell keine Anwendung im Sonderinsolvenzrecht und das Kündigungsrecht kann nicht durch eine Übertragung ausgelöst werden; vgl. Kapitel E. II. 1. und E. II. 2. 508  Vgl. Kapitel E. II. 1. b). 509  Vgl. Kapitel E. II. 2. b).

374

E.  Instrumente

stückweise verkauft. Der Erlös wird anschließend an die Gläubiger ausgeschüttet. Im allgemeinen Insolvenzrecht entscheiden sich die Gläubiger zumeist in den Fällen für eine Stilllegung des Unternehmens, in denen der Zerschlagungswert seinen Fortführungswert übersteigt. Im Sonderinsolvenzrecht kann es hingegen notwendig sein, ein Finanzinstitut zur Erhaltung der Marktstabilität fortzuführen, obwohl dessen Zerschlagungswert den Fortführungswert übersteigt. Aber auch in diesen Fällen muss das Verfahren zur Stilllegung berücksichtigt werden. So dient ein hypothetisches Verfahren zur Zerschlagung des Instituts dazu, den Betrag zu bestimmen, der den Gläubigern bei einer Abwicklung im Sonderinsolvenzverfahren durch die Abwicklungsbehörde garantiert wird.510 Erhalten die Gläubiger im Sonderinsolvenzverfahren weniger, als sie bei einer Stilllegung im allgemeinen Insolvenzrecht erhalten hätten, haben sie einen Anspruch in Höhe der Differenz gegen die Abwicklungsbehörde.511 Die Stilllegung eines Finanzinstituts kann grundsätzlich sowohl im deutschen Recht als auch im US-Recht im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts oder des Sonderinsolvenzrechts erfolgen. Eine Ausnahme stellen Einlageninstitute im US-Recht dar, die ausschließlich im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts liquidiert werden können. Bei allen anderen Instituten entscheidet deren Systemrelevanz darüber, ob sie im Sonderinsolvenzrecht oder im allgemeinen Insolvenzrecht liquidiert werden. Mithin ist für die Gläubiger oft unklar, welches Regime für die Abwicklung ihres Schuldnerinstituts Anwendung findet.512 Problematisch ist dies insbesondere, wenn sie im Sonderinsolvenzverfahren einen anderen Rang als im allgemeinen Insolvenzrecht bei der Verteilung des Erlöses einnehmen und somit einen abweichenden Verwertungserlös erwarten müssen. Um die Unsicherheit der Gläubiger ex ante zu reduzieren, wäre somit eine Angleichung der Haftungskaskaden der Liquidation im allgemeinen Insolvenzrecht und im Sonderinsolvenzrecht anzustreben. Im Folgenden werden in einem ersten Schritt die verschiedenen Liquidationsregime vorgestellt, um dann auf die Erlösverteilung einzugehen. 2.  Liquidationsverfahren a)  Allgemeines Insolvenzrecht Die Entscheidung über die Fortführung oder Stilllegung des Unternehmens wird im allgemeinen Insolvenzverfahren im Berichtstermin durch die Gläubigerversammlung getroffen.513 Beschließt die Gläubigerversammlung, dass das Unternehmen stillgelegt werden soll, muss der Insolvenzverwalter unverzüglich mit der 510 

§ 147 SAG. § 146 SAG. 512  Vgl. dazu schon Kapitel D. II. 3. 513  § 157 InsO. 511 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

375

Verwertung beginnen.514 Dies muss aber nicht zwangsläufig zu einer unmittelbaren Stilllegung führen.515 Vielmehr kann auch eine zeitlich gestreckte Veräußerung der Vermögensgegenstände erfolgen, wenn dies den Verwertungserlös steigert.516 Im Rahmen der durch die Gläubigerversammlung beschlossenen Vorgaben kann der Insolvenzverwalter diejenige Verwertungsart wählen, die den höchsten Verwertungserlös erzielt.517 Dafür kommt insbesondere der freihändige Verkauf der Gegenstände in Frage.518 Ein lastenfreier freihändiger Verkauf von unbeweglichen Gegenständen, die als Sicherheit hinterlegt wurden, ist allerdings nur mit Zustimmung des besicherten Gläubigers519 und der Gläubigerversammlung520 oder im Wege der Zwangsversteigerung521 möglich. Der freihändige Verkauf unter Beibehaltung des Sicherungsrechts ist hingegen auch ohne Zustimmung des besicherten Gläubigers möglich,522 die Zustimmung der Gläubigerversammlung ist aber weiterhin erforderlich. Bewegliche Gegenstände, an denen ein Absonderungsrecht besteht, können nach § 166 InsO sogar ohne jede Zustimmung der Gläubiger durch den Insolvenzverwalter lastenfrei veräußert werden. Der Erlös muss jedoch nach § 170 InsO vorrangig zur Befriedigung des absonderungsberechtigten Gläubigers verwendet werden. Mithin kommt dem Insolvenzverwalter ein weites Ermessen bei der Verwertung der Vermögensgegenstände zu, nachdem die Gläubigerversammlung die grundsätzliche Entscheidung zur Stilllegung des Unternehmens getroffen hat. Nach der Durchführung des Insolvenzverfahrens wird die Gesellschaft basierend auf den einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Normen aufgelöst.523 Im US-Insolvenzrecht wird die Entscheidung über die Fortführung oder die Stilllegung nicht durch eine Gläubigerversammlung, sondern durch die Wahl des Kapitels der Abwicklung festgelegt. Während die Fortführung regelmäßig in Chapter 11 durch einen Insolvenzplan erfolgt, wird das Unternehmen in Chapter 7 grundsätzlich liquidiert.524 Die Wahl des Kapitels, in dem das Insolvenzverfahren durchgeführt wird, erfolgt durch den Antragsteller des Insolvenzverfahrens.525 Die Beantragung wird in weit über 99 % aller Fälle durch den Insolvenzschuldner durchgeführt, so dass dieser im Regelfall auch durch die Wahl des Kapitels 514 

§ 159 InsO.

515 Uhlenbruck/Zipperer,

§ 157 InsO, Rn. 6; MüKo/Görg/Janssen, § 157 InsO, Rn. 6. § 159 InsO, Rn. 6. 517 MüKo/Görg/Janssen, § 159 InsO, Rn. 9. 518 Nerlich/Römermann/Balthasar, § 159 InsO, Rn. 13; MüKo/Görg/Janssen, § 159 InsO, Rn. 10. 519 Nerlich/Römermann/Becker, § 165 InsO, Rn. 18. 520  § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO. 521  § 165 InsO. 522 Nerlich/Römermann/Becker, § 165 InsO, Rn. 17. 523  Vgl. für die GmbH § 60 Abs. 1 Nr. 4 GmbHG, für die AG § 262 Abs. 1 Nr. 3 AktG. 524  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 82. 525  § 301 Bankruptcy Code; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 119. 516 MüKo/Görg/Janssen,

376

E.  Instrumente

über die Fortführung oder Stilllegung entscheidet.526 Beantragt der Schuldner die Durchführung eines Reorganisationsverfahrens nach Chapter 11 können die Gläubiger dennoch eine Liquidation erreichen, indem sie entweder einen Wechsel des Verfahrens in ein Chapter-7-Verfahren erreichen oder eine Liquidation im Rahmen des Insolvenzplans durchsetzen. Ein Wechsel kann durch das Insolvenzgericht auf Antrag eines Gläubigers vorgenommen werden, wenn ein Grund dafür vorliegt.527 Als Grund kommt insbesondere in Frage, dass der Wert der Insolvenzmasse durch die Fortführung des Chapter-11-Verfahrens wesentlich oder fortgesetzt abnimmt und keine Erholung zu erwarten ist.528 Veranlasst das Gericht keinen Wechsel, können die Gläubiger den vom Schuldner vorgeschlagenen Insolvenzplan zur Reorganisation ablehnen und nach Ablauf der exklusiven Vorschlagsperiode des Schuldners einen eigenen Insolvenzplan verabschieden, der die Liquidation vorsieht.529 Folgt das Gericht hingegen dem Antrag der Gläubiger oder beantragt der Schuldner unmittelbar ein Verfahren nach Chapter 7, findet die Liquidation planmäßig nach diesem Kapitel statt. Die Liquidation eines Unternehmens in Chapter 7 liegt gemäß § 704 (a)(1) Bank­ ruptcy Code in der Verantwortung des Insolvenzverwalters. Durchgeführt wird der Verkauf nach § 363 Bankruptcy Code.530 Auch im US-Insolvenzrecht kann ein Unternehmen über einen gestreckten Zeitraum liquidiert werden, wenn dies den Erlös steigert. Dazu kann der Insolvenzverwalter beim Insolvenzgericht beantragen, das insolvente Unternehmen vorläufig fortzuführen.531 Für den Verkauf von Gegenständen benötigt der Insolvenzverwalter immer dann die Zustimmung des Insolvenzgerichts, wenn es sich nicht um einen Verkauf im Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs handelt.532 Damit ist die Freiheit des Insolvenzverwalters bei der Verwertung eingeschränkter als im deutschen Insolvenzrecht, wo eine Zustimmung nur zu besonders bedeutsamen Rechtshandlungen erforderlich ist.533 Grundsätzlich können Gegenstände, die eine Verbindlichkeit besichern, nicht lastenfrei veräußert werden. Eine Ausnahme stellt der Verkauf nach § 363 (f) Bank­ ruptcy Code dar, der einen lastenfreien Verkauf unter bestimmten Umständen erlaubt. Insbesondere können die Gegenstände verkauft werden, wenn die besicherte Partei dem Verkauf zustimmt oder wenn der Verkaufswert den Wert der Sicherheit 526 

Block-Lieb, Brooklyn Law Journal 1991, 803, 863. § 1112 (b)(1): „[…] on request of a party in interest, and after notice and hearing, the court shall convert a case under this chapter [11] to a case under chapter 7 […] for cause […]“. 528  § 1112 (b)(4)(A): „For purposes of this subsection, the term ,cause‘ includes – (A) substantial or continuing loss to or diminution of the [bankruptcy] estate and the absence of a reasonable likelihood of rehabilitation“. 529  Zur Möglichkeit der Liquidation als Inhalt des Insolvenzplans Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 1090. 530  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 439 f. 531  § 721 Bankruptcy Code. 532  § 363 (b)(1) Bankruptcy Code. 533  Vgl. § 160 InsO. 527 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

377

übersteigt.534 Nachdem alle Vermögensgegenstände liquidiert und der Erlös an die Gläubiger verteilt wurde, erfolgt die Löschung der Gesellschaft.535 b)  Sonderinsolvenzrecht aa)  Stilllegung nach dem US-Sonderinsolvenzrecht Während nicht-systemrelevante Finanzinstitute im US-Recht im Rahmen des allgemeinen Insolvenzrechts des Bankruptcy Code stillgelegt werden können, erfolgt die Stilllegung von Einlageninstituten nach dem FDIA und von systemrelevanten Finanzinstituten nach der OLA des Dodd-Frank Act. Aus den historischen Daten für abgewickelte Einlageninstitute wird deutlich, dass eine Liquidation nur in weniger als jedem fünften Fall vorgenommen wurde.536 In der absoluten Mehrzahl der Fälle wurde ein Käufer gefunden, der zumindest wesentliche Teile des Instituts für einen Preis übernommen hat, der den Liquidationswert überstieg. Eine Fortführung stellt aus mehreren Gründen die präferierte Option im Vergleich zur Stilllegung dar. Neben dem zumeist höheren erzielbaren Verwertungserlös wirkt sich eine Fortführung auch regelmäßig weniger negativ auf die Finanzstabilität aus. Die Vermeidung des massenhaften Verkaufs von Gegenständen, der ein Überangebot am Markt schaffen und damit die Preise sinken lassen würde, sowie die Fortsetzung der Kundenbeziehungen zum Erhalt des Vertrauens in das Institut tragen zu einer Stabilisierung des Finanzmarktes bei.537 Findet sich kein Käufer, der das Einlageninstitut übernehmen könnte, und lässt die Finanzstabilität eine Liquidation des Instituts zu, wird diese unter der Verantwortung der FDIC durchgeführt. Einlageninstitute werden dann durch einen sogenannten deposit payoff, also die Auszahlung der Einlagen, abgewickelt. Dabei zahlt die FDIC als Einlagensicherungseinrichtung den Einlegern deren Einlagen bis zur Höchstsumme zurück und übernimmt die Kontrolle über das Institut.538 Auch über systemrelevante Nichteinlageninstitute übernimmt die FDIC zur Liquidation die Kontrolle, mangels Einlegern wird aber keine unmittelbare Auszahlung vorgenommen.539 Die FDIC verwertet dann die Vermögensgegenstände auf eine mit dem allgemeinen Insolvenzverfahren vergleichbare Art und Weise.540 Im Gegensatz zum allgemeinen Insolvenzverfahren bedarf die Fortführung des Instituts bis zur

534 

Vgl. auch Kapitel E. V. 2. a) bb). Adler/Baird/Jackson, Bankruptcy, S. 518. 536  FDIC, Managing the Crisis, S. 61. 537  Vgl. Kapitel B. II. 3. 538  FDIC, Resolutions Handbook 2015, S. 19. 539  § 210 (a)(1)(A) Dodd-Frank Act. 540  § 1821 (d)(2)(E) Title 12 U.S.C.; § 210 (a)(1)(D) Dodd-Frank Act. 535 

378

E.  Instrumente

endgültigen Liquidation keiner Genehmigung, sondern wird in das Ermessen der Abwicklungsbehörde gestellt.541 Die lastenfreie Verwertung der Vermögensgegenstände ist der FDIC nach dem Wortlaut des Dodd-Frank Act explizit nur für die Verwertung von Gegenständen, die Teil einer Aufrechnungsvereinbarung sind, gestattet.542 Basierend auf der Verordnungsermächtigung des § 209 Dodd-Frank Act hat die FDIC aber die Verordnung 12 CFR 380 erlassen, die der FDIC auch die lastenfreie Verwertung anderer Sicherungsgegenstände ermöglicht.543 Der besicherte Gläubiger erhält in diesem Fall ein Sicherungsrecht am Erlös des verwerteten Gegenstands.544 Der Schutz für den Gläubiger ist damit weniger stark ausgestaltet als im Bankruptcy Code, wo der lastenfreie Verkauf nach § 363 (f) nur möglich ist, wenn der besicherte Gläubiger zustimmt oder der Erlös ausreicht, um die besicherte Forderung zu befriedigen und dem Gläubiger somit durch den Verkauf kein Verlust droht. Die FDIC hingegen kann auch dann einen Vermögensgegenstand veräußern, wenn der Erlös nicht zur vollständigen Befriedigung der besicherten Forderung ausreicht. Der Gläubiger hat dann lediglich die Möglichkeit, durch Aufrechnung mit seiner Forderung – das sogenannte credit bidding – den Gegenstand selbst zu erwerben und zu veräußern.545 Die FDIC kann basierend auf dieser Verordnung attraktive Pakete von Vermögensgegenständen zusammenstellen, ohne Rücksicht darauf nehmen zu müssen, ob diese als Sicherheit dienen. Insgesamt führt diese Vorgehensweise zu einer effizienteren Verwertung des Institutsvermögens. Hat die FDIC eine vorteilhafte Verwertungsgelegenheit, kann der Gläubiger die Verwertung nicht mit dem Argument blockieren, dass der Erlös nicht zur vollständigen Befriedigung seiner besicherten Forderung ausreicht. Außerhalb des Insolvenzverfahrens könnte ein besicherter Gläubiger lediglich den Marktwert des Sicherungsgutes erzielen, der nicht unbedingt ausreichen muss, um die Forderung vollständig zu befriedigen. Mithin sollte der Gläubiger auch im Insolvenzverfahren lediglich davor geschützt werden, dass der Sicherungsgegenstand unter dem Marktwert verkauft wird. Dieser Schutz besteht durch die Möglichkeit des credit biddings. Dadurch kann der besicherte Gläubiger den Sicherungsgegenstand ohne zusätzlichen Kapitaleinsatz erwerben und ihn selbst zum Marktpreis verkaufen. Somit ist er nicht schlechtergestellt, als er außerhalb der Insolvenz stünde. Die Unterschiede zwischen dem allgemeinen Insolvenzrecht und dem Sonderinsolvenzrecht bei der Verwertung eines stillgelegten Instituts fallen in den USA 541 

§ 1821 (d)(2)(B) Title 12 U.S.C.; § 210 (a)(1)(B) Dodd-Frank Act. Vgl. § 210 (a)(12)(F) Dodd-Frank Act. 543  12 CFR 380.54: „Sale of collateral by receiver (a) The Corporation as receiver may sell property of the covered financial company that is subject to a security interest. In such a case, the purchaser of such property shall take free and clear of the security interest […]“. 544  12 CFR 380.54: „[…] the security interest shall attach to the proceeds of the sale“. 545  12 CFR 380.54 (b): „If the receiver sells property subject to a security interest under subsection (a) of this section, a holder of such security interest may purchase the property from the receiver, and may offset its claim against the purchase price of such property.“ 542 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

379

insgesamt eher gering aus. Lediglich im Hinblick auf den lastenfreien Verkauf von Vermögensgegenständen bestehen substantielle Abweichungen. bb)  Stilllegung nach dem Sanierungsund Abwicklungsgesetz Im Gegensatz zum US-Sonderinsolvenzrecht kennt das deutsche Sonderinsolvenzrecht keine unmittelbare Möglichkeit zur Stilllegung des Instituts. Lediglich nach der Übertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten auf ein Brückeninstitut oder eine Vermögensverwaltungsgesellschaft können diese stückweise verwertet und damit eine Stilllegung erreicht werden. Eine Liquidation eines Brückeninstituts ist nach § 129 Abs. 2 SAG lediglich dann vorgesehen, wenn ein Verkauf nicht oder nur zu unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Bedingungen erreicht werden kann.546 In diesem Fall kann die Abwicklungsbehörde von dem Brückeninstitut die Erstellung eines Liquidationsplans verlangen, den sie dann für verbindlich erklären kann.547 Zur Umsetzung des Plans kann die Abwicklungsbehörde dem Brückeninstitut Weisungen erteilen oder einen Sonderbeauftragten einsetzen.548 Alternativ zur Stilllegung eines Instituts mit Hilfe eines Brückeninstituts kann die Abwicklungsbehörde auch nach § 61 SAG Vermögensverwaltungsgesellschaften gründen, um Marktverwerfungen durch die Liquidation zu vermeiden. Die Aufgabe von Vermögensverwaltungsgesellschaften besteht ausschließlich in der erlösmaximierenden Verwertung der Vermögensgegenstände.549 Während die Liquidation bei Brückeninstituten also nur das letzte Mittel nach einer versuchten Sanierung darstellt, ist die Vermögensverwaltungsgesellschaft von Anfang an auf eine Stilllegung ausgerichtet. Eine Vermögensverwaltungsgesellschaft sollte zur Sicherung der Finanzmarktstabilität eingesetzt werden, wenn der unmittelbare Verkauf von Vermögensgegenständen in einem illiquiden Markt die Preise der zu veräußernden Gegenstände fallen lässt und damit die Gefahr einer indirekten Ansteckung verursacht.550 Darüber hinaus kann sie aber auch eingesetzt werden, um die Verwertungserlöse durch die Streckung des Verkaufs über einen längeren Zeitraum zu maximieren.551 Von der Ermächtigung des § 132 Abs. 2 SAG zur Regelung der näheren Voraussetzungen für die Einsetzung einer Vermögensverwaltungsgesellschaft hat das Bundesfinanzministerium bisher noch keinen Gebrauch gemacht.

546 

Näher zum Brückeninstitut vgl. Kapitel E. V. 4. b). § 129 Abs. 2, 3 SAG. 548  § 129 Abs. 3, 4 SAG. 549  § 133 Abs. 3 SAG. 550  Vgl. Kapitel B. II. 3. b); § 132 Abs. 1 Nr. 1 SAG. 551  § 132 Abs. 1 Nr. 3 SAG. 547 

E.  Instrumente

380

Wie das Brückeninstitut muss auch die Vermögensverwaltungsgesellschaft durch die Abwicklungsbehörde kontrolliert werden.552 Sie profitiert ebenfalls von der Zulassungsregelung des § 118 SAG. Eine Bankzulassung benötigt sie möglicherweise für die temporäre Fortführung der Bankgeschäfte, beispielsweise zur effizienten Verwaltung eines Darlehen-Portfolios.553 Im Gegensatz zum Brückeninstitut ist die Vermögensverwaltungsgesellschaft von Anfang an unbefristet. Besondere Regeln für die Liquidation der Vermögensgegenstände sind weder bei Brückeninstituten noch bei Vermögensverwaltungsgesellschaften vorgesehen. Mithin sind die allgemeinen Regeln für den Verkauf von Gegenständen, die als Sicherheit dienen, anzuwenden. Dies bedeutet insbesondere, dass ein lastenfreier Verkauf ohne die Zustimmung des Sicherungsnehmers nicht möglich ist, da keine mit §§ 165, 166 InsO vergleichbaren Privilegierungen vorliegen. Relevant ist dies vor allem für die Verwertung beweglicher Gegenstände und sicherungsabgetretener Forderungen, die der Insolvenzverwalter ohne Zustimmung des Sicherungsnehmers lastenfrei und freihändig veräußern darf. Weshalb eine vergleichbare Erleichterung bei der Liquidation im Sonderinsolvenzrecht fehlt, ist nicht ersichtlich. Während die lastenfreie Veräußerung im US-Sonderinsolvenzrecht gegenüber dem allgemeinen Insolvenzrecht vereinfacht wurde, um das Angebot attraktiver gestalten zu können und einen besseren Verkaufspreis zu erzielen, geht das deutsche Recht den umgekehrten Weg und lässt eine lastenfreie Veräußerung ausschließlich im allgemeinen Insolvenzrecht zu. Vorstellbar wäre es, im deutschen Recht eine mit dem US-Sonderinsolvenzrecht vergleichbare Regelung für den lastenfreien Verkauf von Vermögensgegenständen zu implementieren. Damit würde es der Abwicklungsbehörde ermöglicht, Gegenstände, die als Sicherungsgut dienen, freihändig und lastenfrei zu verkaufen. Die Gläubiger könnten durch ein mit dem credit bidding vergleichbares Konzept vor einem zu geringen Verkaufspreis geschützt werden. Beispielsweise könnte ihnen eine Art Vorkaufsrecht eingeräumt und die Aufrechnung des Kaufpreises mit der Forderung gestattet werden. Damit würde die Liquidation im deutschen Sonderinsolvenzrecht vereinfacht und die Gläubiger würden gleichermaßen geschützt. 3.  Verteilung des Erlöses Neben den Instrumenten zur Stilllegung eines Instituts hat auch die Ausgestaltung der Haftungskaskade für die Verteilung des Erlöses Einfluss auf die Ansteckungsgefahr des Instituts für das Finanzsystem. Die rangniedrigsten Gläubiger haben regelmäßig den größten Anreiz zur Überwachung der Tätigkeit des Instituts und können damit moral hazard-Verhalten des Managements unterbinden, gleichzeitig ist ihr Anreiz für einen bank run aber am höchsten. Darüber hinaus hat der Grad der Übereinstimmung der Haftungskaskaden von Sonderinsolvenz- und allgemeinem Insolvenzrecht einen wesentlichen Einfluss auf die Prognostizierbarkeit 552  553 

§ 133 Abs. 1 Nr. 2 SAG. BT-Drucks. 18/2575, S. 182.

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

381

des Ausfallrisikos der Gläubiger, wenn nicht klar ist, unter welchem Regime ein Institut reorganisiert oder abgewickelt wird. a)  Allgemeines Insolvenzrecht aa)  Bankruptcy Code In allen hier untersuchten Rechtsordnungen erhalten die besicherten Gläubiger den höchsten Rang und werden somit vor allen anderen Gläubigern befriedigt. Im allgemeinen Insolvenzrecht der USA ergibt sich dies aus § 506 (c) Bankruptcy Code, der vorsieht, dass besicherte Gläubiger den Erlös einer Verwertung nach Abzug der Verwertungskosten erhalten. Zu berücksichtigen ist dabei aber, dass besicherte Gläubiger nach Insolvenzeröffnung durch neue Gläubiger verdrängt werden können, die ein vorrangiges Sicherungsrecht zur Besicherung ihrer Insolvenzfinanzierung nach § 364 (d)(1) Bankruptcy Code erhalten.554 Eine vorrangig besicherte Insolvenzfinanzierung ist aber bei einer Stilllegung regelmäßig nicht notwendig, da der Finanzbedarf bei einer Stilllegung gering ausfällt. Im Rang nach den besicherten Gläubigern werden unbesicherte Gläubiger befriedigt. Im Bankruptcy Code werden aber nicht alle unbesicherten Gläubiger pari passu befriedigt. Vielmehr werden innerhalb der Gruppe der unbesicherten Gläubiger einige Forderungsarten bessergestellt. Den höchsten Rang innerhalb der unbesicherten Gläubiger nehmen diejenigen Gläubiger ein, die eine Superpriorität zur Gewährung der Insolvenzfinanzierung nach § 364 (c)(1) erhalten haben.555 Den nächstniedrigeren Rang haben Gläubiger, deren Sicherheiten durch das Insolvenzverfahren so stark an Wert verloren haben, dass sie zumindest teilweise unbesichert wurden und denen das Insolvenzgericht den Werterhalt zugesichert hat.556 Damit wird der Schutz der besicherten Gläubiger vor einer Schlechterstellung durch das Insolvenzverfahren gewährleistet. Die weiteren Ränge ergeben sich gemäß § 726 (a)(1) Bankruptcy Code aus § 507 (a) Bankruptcy Code. Bis zur Änderung im Jahr 2005 erhielten Masseverbindlichkeiten innerhalb des § 507 (a) Bankruptcy Code den höchsten Rang.557 Diese Priorität ist damit zu begründen, dass die Fortführung gefährdet wäre, wenn dem Unternehmen im Insolvenzverfahren Kredite nur noch zu sehr hohen Kosten oder gar nicht mehr eingeräumt würden. Der hohe Rang von Masseverbindlichkeiten sorgt für eine hohe Wahrscheinlichkeit einer vollständigen Rückzahlung und ermöglicht damit akzeptable Finanzierungsbedingungen auch ohne für jeden Gläubiger Sonderrechte nach § 364 Bankruptcy Code einzuräumen. Er beugt mithin dem 554 

Zur Notwendigkeit einer derartigen Priorität vgl. Kapitel E. IV. 3. a). Vgl. Kapitel E. IV. 3. a). 556  Sogenannte adequate protection nach § 361 Bankruptcy Code. Die Priorität dieser Zahlungen ergibt sich aus § 507 (b) Bankruptcy Code; vgl. auch Tabb, The Law of Bank­ ruptcy, S. 668 f. 557  § 597 (a)(1)(C), (2) Bankruptcy Code; Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 673. 555 

382

E.  Instrumente

Unterinvestitionsproblem vor.558 Damit lässt sich auch die vorrangige Befriedigung von Forderungen mit dem nächstniedrigeren Rang begründen: Forderungen, die im regelmäßigen Geschäftsbetrieb vor dem Eröffnungsbeschluss, aber nach Beantragung des Verfahrens durch Gläubiger des Insolvenzschuldners, entstanden sind, werden im Rang unmittelbar nach den Masseverbindlichkeiten befriedigt.559 Die weiteren Priorisierungen des § 507 (a) Bankruptcy Code sind politisch begründet und sind wirtschaftlich nicht zu rechtfertigen.560 Durch eine Gesetzesreform zur Besserstellung von Unterhaltsforderungen erlangten Unterhaltsforderungen im Jahr 2005 die oberste Priorität hinter den Superprioritäten des § 364 Bankruptcy Code.561 Weiterhin werden Zahlungen zugunsten von Arbeitnehmern,562 Fischern und Bauern,563 Konsumenten,564 dem Staat,565 der FDIC566 und bestimmten Verkehrsunfallopfern567 mit einem höheren Rang versehen. Im Rang nach den priorisierten unbesicherten Forderungen folgen nach § 726  (a)(2) Bankruptcy Code reguläre unbesicherte Forderungen gefolgt von nachrangigen Forderungen. Nachrangige Forderungen sind im Rang unterteilt in verspätet angemeldete Forderungen,568 Strafzahlungen569 und zuletzt Zinsen, die zwischen der Eröffnung und der Verteilung auf unbesicherte Forderungen angefallen sind.570 Nachrangvereinbarungen werden zwar nach § 510 (a) Bankruptcy Code explizit anerkannt, ändern aber nicht den Rang der Forderung, sondern lediglich das Verhältnis zwischen den beteiligten Gläubigern.571 Neben der gesetzlichen Subordinierung können Forderungen auch durch das Insolvenzgericht im Rahmen der equitable subordination nach § 510 (c) Bankruptcy Code für nachrangig erklärt werden. Eine gerichtliche Subordinierung erfolgt, wenn ein Gläubiger sich unbillig verhält und dadurch ein Nachteil für die Gläubigergemeinschaft entsteht.572 So wurde im Fall Yellowstone573 beispielsweise ein

558 

Vgl. Kapitel B. I. 3. a). § 507 (a)(3) i.V.m. § 502 (f) Bankruptcy Code. 560  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 664. 561  § 507 (a)(1)(A) Bankruptcy Code; vgl. auch Tabb, Law of Bankruptcy, S. 673 f. 562  § 507 (a)(4), (5) Bankruptcy Code. 563  § 507 (a)(6) Bankruptcy Code. 564  § 507 (a)(7) Bankruptcy Code. 565  § 507 (a)(8) Bankruptcy Code. 566  § 507 (a)(9) Bankruptcy Code. 567  § 507 (a)(10) Bankruptcy Code. 568  § 726 (a)(3) Bankruptcy Code. 569  § 726 (a)(4) Bankruptcy Code. 570  § 726 (a)(5) Bankruptcy Code. 571  Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 711 mit Verweis auf die Entscheidung In re Kors, Inc., 819 F.2d 19 (2d Cir. 1987). 572  In Re Clark, 893 F.2d 693 (5th Cir. 1990). 559 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

383

Gläubiger subordiniert, der ein syndiziertes Darlehen an eine nicht kreditwürdige Gesellschaft gegeben hatte, welches in großen Teilen an deren Gesellschafter ausgeschüttet wurde. Das Gericht stellte fest, dass es dem Gläubiger lediglich um die Abrechnung hoher Gebühren ging und dass das Darlehen zu Lasten der übrigen Gläubiger die Finanzsituation der Gesellschaft wesentlich verschlechterte, und sah die Voraussetzungen des § 510 (c) Bankruptcy Code als erfüllt an.574 Darüber hinaus werden auch Gesellschafterdarlehen regelmäßig subordiniert, wenn der Gesellschafter seinen Einfluss zu Lasten der anderen Gläubiger missbraucht, um beispielsweise eine außerordentliche Rückzahlung zu erhalten.575 Insgesamt ist der Zweck der gerichtlichen Subordinierung mit dem des Anfechtungsrechts vergleichbar.576 Sie versucht zu verhindern, dass die Gläubiger durch eine Umgehung des kollektiven Vollstreckungsverfahrens durch Handlungen im Vorfeld der Insolvenzeröffnung benachteiligt werden. Im Gegensatz zum Anfechtungsrecht ist die Subordinierung aber nicht zeitlich eingeschränkt, so dass auch Forderungen subordiniert werden können, die weit im Vorfeld der Insolvenz entstanden. Damit wird die Rechtssicherheit aber deutlich verringert. Besser geeignet wäre möglicherweise die Verlängerung der Anfechtungsfrist für Transaktionen mit Insidern von einem Jahr für preferential transfers und zwei Jahren für fraudulent transfers, beispielsweise nach dem Vorbild des § 133 InsO auf 10 Jahre. 573

Neben der Subordinierung droht den Gläubigern die Reklassifizierung ihres Darlehens als Eigenkapital. Während die Subordinierung auf einem unbilligen Verhalten der Gläubiger basiert, erfolgt die Reklassifizierung aufgrund der Charakteristika des Darlehens.577 Im Fall In re AutoStyle Plastics578 legte das Gericht elf Faktoren fest, die für die Beurteilung, ob es sich bei dem Geldgeber um einen Eigenkapital- oder Fremdkapitalgeber handelt, berücksichtigt werden müssen. Keiner der Faktoren für sich ist ausreichend, um eine derartige Feststellung vorzunehmen.579 Kriterien für die Reklassifizierung eines formellen Darlehens zu Eigenkapital sind eine geringe Kapitalisierung der Gesellschaft, eine Beteiligung des Geldgebers am Eigenkapital, der Mangel an Finanzierungsmöglichkeiten des Unternehmens am Markt und eine fehlende Besicherung.580 Kommt das Gericht 573  In Re Yellowstone Mountain Club, LLC, Case No. 08 – 6150 – 11, Adv. 09 – 00014 (Bankr. D. Mont. 2009). 574  Ebd.; vgl. eine Diskussion des Urteils bei Murray, Equitable Subordination in Bank­ ruptcy, S. 3 f. 575 Vgl. Tabb, The Law of Bankruptcy, S. 707 f. 576  Vgl. Kapitel E. II. 4. a); siehe auch Cahn, Equitable Subordination of Shareholder Loans?, European Business Organization Law Review 2006, 287, 297; Murray, Equitable Subordination in Bankruptcy, S. 9. 577  Norton, Annual Survey of Bankruptcy Law 2004, S. 4. 578  In re AutoStyle Plastics, Inc., 269 F.3d 726 (6th Cir. 2001). 579  In re AutoStyle Plastics, Inc., 269 F.3d 726, 750 (6th Cir. 2001). 580  Norton, Annual Survey of Bankruptcy Law 2004, S. 11 f. mit Verweis auf In re AutoStyle Plastics.

384

E.  Instrumente

zu dem Ergebnis, dass es sich bei dem vermeintlichen Darlehen tatsächlich um Eigenkapital handelt, nehmen die vermeintlichen Darlehensgeber zusammen mit den Gesellschaftern nach § 726 (a)(6) Bankruptcy Code den niedrigsten Rang in der Haftungskaskade ein. Diese Regelung erschwert die Finanzierung der Gesellschaft in einer Krisensituation, da die Gläubiger befürchten müssen, im Insolvenzverfahren als Eigenkapitalgeber behandelt zu werden. Eine erschwerte Finanzierung ist aber nicht unbedingt negativ zu bewerten. Zwar entsteht dadurch möglicherweise ein Unterinvestitionsproblem581, allerdings wird zugleich auch dem Überinvestitionsproblem582 entgegengewirkt. Letztlich wird das Unternehmen aufgrund der fehlenden Finanzierungsbereitschaft der Kapitalgeber voraussichtlich früher Insolvenz anmelden müssen. Im Insolvenzverfahren sind neue Geldgeber nach § 364 Bankruptcy Code privilegiert und müssen keine Reklassifizierung mehr fürchten. Um den Gesamteffekt beurteilen zu können, müssten die Kosten vermeidbarer Insolvenzverfahren, der Unterinvestition und der Überinvestition im Vorfeld der Insolvenz ermittelt werden.583 Da solche Daten nicht vorliegen, entbehrt eine Beurteilung des Instruments der Reklassifizierung bisher einer hinreichenden Grundlage. bb)  Insolvenzordnung Die Haftungskaskade zur Verteilung des Erlöses im deutschen Insolvenzrecht ist in den wesentlichen Punkten mit der des US-Rechts vergleichbar. Auch im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht nehmen besicherte Gläubiger die höchste Priorität ein. Nach §§ 49 f. InsO steht ihnen eine abgesonderte Befriedigung zu.584 Ihnen steht aus dem Verwertungserlös von Mobiliarsicherheiten und sicherungsabgetretenen Forderungen gemäß § 170 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Erlös nach Abzug der Verwertungskosten bis zur Höhe ihrer Forderung zu. Bei der Verwertung von Immobiliarsicherheiten im Zwangsvollstreckungsverfahren ergibt sich dieser Anspruch aus § 165 InsO i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 4 ZVG. Bei einer freihändigen Verwertung von Immobiliarsicherheiten mit Zustimmung des Sicherungsnehmers wird regelmäßig eine Verwertungsvereinbarung getroffen, die ebenfalls eine vorrangige Befriedigung vorsieht.585 Im Gegensatz zum US-Recht gibt es im deutschen Insolvenzrecht aber keine Möglichkeit, den Insolvenzfinanzierern eine höhere Priorität als den besicherten Insolvenzgläubigern einzuräumen. Damit sind die besicherten Insolvenzgläubiger im deutschen Recht besser vor Wertverlusten ihrer besicherten Forderung geschützt als im US-Recht. Wie im US-Insolvenzrecht erhalten die Massegläubiger auch im deutschen Insolvenzrecht einen höheren Rang als die sonstigen unbesicherten Gläubiger. So sind 581 

Vgl. dazu Kapitel B. I. 3. a). Vgl. dazu Kapitel B. I. 3. b). 583  Vgl. für ein theoretisches Modell Gelter, The Subordination of Shareholder Loans in Bankruptcy. 584  Vgl. im Detail Häsemeyer, Insolvenzrecht, S. 394 ff. 585 MüKo/Tetzlaff, § 165 InsO, Rn. 184. 582 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

385

gemäß § 53 InsO die Masseverbindlichkeiten vor den sonstigen Verbindlichkeiten zu befriedigen. Innerhalb der Masseverbindlichkeiten haben nach § 209 InsO die Kosten des Verfahrens586 den höchsten Rang, gefolgt von Masseverbindlichkeiten, die nach der Anzeige der Masseunzulänglichkeit begründet wurden. Den niedrigsten Rang haben dann die übrigen Masseverbindlichkeiten.587 Wie schon im vorangegangenen Kapitel erläutert, ermöglicht die Privilegierung der Masseverbindlichkeiten die (vorläufige) Fortführung des Unternehmens und damit die Maximierung des Verwertungserlöses und ist somit gerechtfertigt. Weitere vorrangig zu befriedigende Forderungen gibt es in der Insolvenzordnung bei Nichtfinanzunternehmen nicht.588 Insbesondere gibt es keine politisch begründet privilegierten Gruppen wie im Bankruptcy Code. Alle regulären unbesicherten Gläubiger werden nach § 38 InsO pari passu befriedigt. Vergleichbar mit dem Bankruptcy Code gibt es allerdings auch in der Insolvenz­ ordnung einen Katalog von nachrangigen Forderungen. So sind nach § 39 Abs. 1 InsO verschiedene Gruppen von Forderungen erst nach den übrigen unbesicherten Forderungen befriedigt. Den höchsten Rang unter den nachrangigen Forderungen nehmen die seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallenen laufenden Zinsen ein.589 Auch im Bankruptcy Code sind diese Forderungen nachrangig, nehmen aber innerhalb der nachrangigen Forderungen einen deutlich niedrigeren Rang ein. Im Gegensatz zum US-Recht sind im deutschen Recht auch die Kosten für die Teilnahme am Insolvenzverfahren erstattungsfähig. Diese sind aber im Rang erst nach den im Insolvenzverfahren angefallenen Zinsen zu berücksichtigen.590 In den USA müssen die Parteien grundsätzlich alle Rechtsverfolgungskosten selbst tragen.591 Gleichlaufend mit dem Bankruptcy Code ist wiederum die Nachrangigkeit von Geldstrafen und vergleichbaren Geldern.592 Im nächstniedrigeren Rang werden dann im deutschen Insolvenzrecht Forderungen auf eine unentgeltliche Leistung des Schuldners beglichen.593 Eine vergleichbare Regelung findet sich im US-Insolvenzrecht schon deshalb nicht, weil solche Forderungen dort mangels considera­ tion nicht entstehen können.594

586 

Definiert in § 54 InsO. Definiert in § 55 InsO. 588  Zu dem Vorrang von Einlegerforderungen nach § 46f Abs. 4 KWG bei der Abwicklung von Instituten vgl. Kapitel E. VI. 3. b) bb). 589  § 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO. 590  § 39 Abs. 1 Nr. 2 InsO. 591  Es handelt sich dabei um die sogenannte American Rule; vgl. dazu Vargo, The Amer­ ican University Law Review 1993, 1567 f. 592  § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO. 593  § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO. 594  Für das Konzept von consideration vgl. nur Fuller, Columbia Law Review 1941, 799, 814 f. 587 

386

E.  Instrumente

Den niedrigsten gesetzlichen Rang vor dem Eigenkapital nehmen Gesellschafterdarlehen ein.595 Eine Ausnahme besteht aber für Gesellschafterdarlehen, die von einem nicht-geschäftsführenden Gesellschafter mit weniger als 10 % des Eigenkapitals gegeben wurde.596 Eine weitere Ausnahme besteht für Gesellschafterdarlehen, deren Gläubiger erst in der Krise zu Gesellschaftern wurden und die ihre Gesellschafterstellung zum Zweck der Sanierung erlangt haben.597 In beiden Fällen werden die Gesellschafterdarlehen als reguläre Insolvenzforderung behandelt. Der Rang von Gesellschafterdarlehen weicht mithin im deutschen Recht vom US-Recht ab. Im US-Recht gibt es keine pauschale Nachrangigkeit von Gesellschafterdarlehen, allerdings können diese – wie zuvor dargestellt – durch das Gericht im Rahmen der equitable subordination nach § 510 (c) Bankruptcy Code für nachrangig erklärt oder zu Eigenkapital reklassifiziert werden. Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen unterscheidet sich im deutschen und im US-Recht mithin in drei wesentlichen Punkten: Erstens werden Gesellschafterdarlehen subordiniert, ohne dass die Gesellschafter versucht haben müssen, sich einen unbilligen Vorteil zu verschaffen. Zweitens findet gemäß § 39 Abs. 4 S. 2 InsO keine Subordinierung von Gesellschafterdarlehen von sanierungsbedingten Neugesellschaftern statt, die im US-Recht regelmäßig als Eigenkapital reklassifiziert werden. Drittens können Gläubiger, die keine Gesellschafter sind oder eine gesellschafterähnliche Stellung einnehmen,598 im deutschen Recht generell nicht subordiniert werden. Eine zufriedenstellende dogmatische Begründung für die pauschale Subordinierung von Gesellschafterdarlehen im deutschen Recht wurde bisher nicht gefunden. Der Informationsvorsprung und die Einflussmöglichkeiten der Gesellschafter alleine können dafür jedenfalls nicht ausreichen. Informationsvorsprung und Einflussmöglichkeiten spielen nur dann eine Rolle, wenn deren Ausnutzung zu einer unbilligen Benachteiligung der Gläubigergesamtheit führt. Mithin müsste die Regelung, vergleichbar mit der equitable subordination im US-Recht, auf unbillige Handlungen abstellen. Auch die Begründung, dass es sich bei Gesellschafterdarlehen um verschleiertes Eigenkapital handelt, kann nicht überzeugen.599 Zwar mag es Situationen geben, in denen der Gesellschafter anstelle zusätzlichen Eigenkapitals zur Finanzierung des Unternehmens Darlehen vergibt, um sich einen Vorteil in einem möglicherweise folgenden Insolvenzverfahren zu sichern. Dies wird aber vor allem im unmittelbaren Vorfeld einer Krise eine Rolle spielen. Außerhalb einer Krise kann der Gesellschafter aus einer Vielzahl von legitimen Erwägungen eine Fremdkapitalfinanzierung vorziehen. Beispielhaft sei hier nur die vorteilhafte steuerliche Behandlung oder 595 

§ 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Vgl. § 39 Abs. 5 InsO. 597  § 39 Abs. 4 S. 2 InsO. 598  Vgl. dazu MüKo/Ehricke, § 39 InsO, Rn. 48. 599 Vgl. Habersack, ZIP 2007, 2145, 2147; Gehrlein, Betriebs Berater 2008, 846, 849. 596 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

387

die Beibehaltung von Stimmgewichten zwischen verschiedenen Gesellschaftern erwähnt.600 Eine pauschale Subordinierung lässt sich mithin nicht mit dem Argument begründen, es handele sich bei den Darlehen um verschleiertes Eigenkapital. Trotz einer umfangreichen Diskussion in der Literatur wurde mithin keine endgültig überzeugende Begründung für eine Subordination von Gesellschafterdarlehen gefunden.601 Im Gegensatz zu den Konzepten der equitable subordination und der Reklassifizierung im US-Recht lässt sich die deutsche Regelung nicht auf einen wirtschaftlichen Grundgedanken zurückführen. Dennoch könnte die geltende Rechtslage ein wirtschaftlich effizientes Ergebnis erzielen. Die Subordinierung von Gesellschafterdarlehen, die außerhalb einer Krise gegeben werden, erfüllt zwar keine wirtschaftlich sinnvolle Funktion, ist für die Beurteilung der Effizienz der Behandlung dieser Darlehen von untergeordneter Rolle, da außerhalb einer Krise regelmäßig andere Finanzierungsoptionen zur Verfügung stehen und keine Notwendigkeit zum Rückgriff auf Gesellschafterdarlehen besteht. In der Krise kann die geltende Regelung zu Gesellschafterdarlehen aber negativen Anreizen entgegenwirken. So besteht in einer Krise die Gefahr, dass die Gesellschafter ineffiziente Projekte mit Hilfe von Gesellschafterdarlehen finanzieren und zu Lasten der sonstigen Gläubiger auf eine Verbesserung der Situation hoffen (Überinvestitionsproblem). Dieser Gefahr wird durch die Subordinierung zumindest entgegengewirkt, da die Gesellschafter dadurch einen größeren Anteil an einem möglichen Verlust in einer Insolvenz tragen müssen. Auf der anderen Seite besteht in der Krise die Gefahr, dass die Gesellschaft effiziente Projekte aufgrund mangelnder Finanzierung nicht durchführen kann (Unterinvestitionsproblem). Dieser Gefahr kann möglicherweise durch die Ausgabe neuer Anteile an Gläubiger des Unternehmens begegnet werden. Würden durch den Erwerb der Anteile aber die Darlehen der Erwerber als Gesellschafterdarlehen subordiniert, bestünde regelmäßig keine Bereitschaft zum Erwerb. Mithin trägt die Ausnahme des § 39 Abs. 4 S. 2 InsO dazu bei, ein Unterinvestitionsproblem zu vermeiden. Vorzuziehen wäre jedoch eine Regelung, die Sanierungskredite insgesamt von der Subordinierung ausnimmt, um auch bestehenden Eigentümern einen Anreiz zur Finanzierung der Gesellschaft zu bieten und das Unterinvestitionsproblem weiter zu verringern.602 Mithin ist die geltende Rechtslage trotz mangelnder dogmatischer Begründung zumindest teilweise geeignet, sowohl das Unter- als auch das Überinvestitionsproblem zu reduzieren und somit zu rechtfertigen. Eine generelle Ausnahme von der Subordinierung für Sanierungskredite wäre dennoch vorzugswürdig. Im Rang nach den Gläubigern von Gesellschafterdarlehen werden gemäß § 39 InsO „im Zweifel“ Forderungen mit einem Rangrücktritt befriedigt.603 Die Ver600  Cahn, Equitable Subordination of Shareholder Loans?, European Business Organi­ zation Law Review 2006, 287, 289. 601 MüKo/Ehricke, § 39 InsO, Rn. 38; wohl auch Uhlenbruck/Hirte, § 39 InsO, Rn. 35. 602  So im Ergebnis auch Gehrlein, Betriebs Berater 2008, 846, 851. 603  § 39 Abs. 2 InsO.

388

E.  Instrumente

tragsparteien können aber auch vereinbaren, dass den vertraglich subordinierten Forderungen ein höherer Rang eingeräumt wird, solange dieser den gesetzlich vorgegebenen Rang der Forderung ohne einen Rangrücktritt nicht überschreitet.604 § 39 InsO verleiht Nachrangvereinbarungen eine Wirkung inter omnes, so dass auch Gläubiger von der Vereinbarung profitieren, die nicht Vertragspartei wurden. Damit weicht die InsO von dem Bankruptcy Code ab, der die Subordinierung nur zwischen den Vertragsparteien anerkennt. Im letzten Rang werden die Eigenkapitalgeber befriedigt. Wie im US-Insolvenzrecht erhalten sie erst dann einen Anteil am Erlös, wenn alle Gläubiger vollständig befriedigt sind.605 b)  Sonderinsolvenzrecht aa)  US-Sonderinsolvenzrecht (1) Federal Deposit Insurance Act Die Verteilung des Erlöses der Verwertung von Einlageninstituten im US-Sonderinsolvenzrecht erfolgt nicht nach den allgemeinen Regeln des Bankruptcy Code, sondern gemäß der eigenständigen Haftungskaskade des Federal Deposit Insurance Act. Die Anwendung unterschiedlicher Haftungskaskaden ist aus Gläubigersicht ex ante nicht problematisch, da die Gläubiger von Einlageinstituten antizipieren können, dass für die Abwicklung ihres Schuldners eine vom Bankruptcy Code abweichende Rangfolge Anwendung findet. Trotz ihrer Eigenständigkeit gleicht die Haftungskaskade des FDIA der des Bank­r uptcy Code in wesentlichen Aspekten. Besicherte Gläubiger nehmen auch bei der Verteilung des Verwertungserlöses nach dem FDIA den höchsten Rang ein.606 Unbesicherte Gläubiger werden gemäß der Haftungskaskade des § 1821 (d)(11)(A) Title 12 U.S.C. befriedigt. Demnach werden wie im allgemeinen Insolvenzverfahren zuerst die Masseverbindlichkeiten beglichen.607 Ein besonderer Rang für Gläubiger, die eine Finanzierung des insolventen Instituts während des Insolvenz­ verfahrens vornehmen, gibt es im FDIA hingegen nicht. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass das Sonderinsolvenzverfahren in einer deutlich kürzeren Zeit durchgeführt und durch die FDIC finanziert wird, so dass eine derartige Regelung entbehrlich ist. Auch wurden im FDIA keine politisch motivierten Privilegien eingeführt. Dafür wurde eine Gruppe mit einem Vorrang ausgestattet, die im Bankruptcy Code keine Sonderbehandlung erhält. So sind die Einleger eines Instituts unmit604 Uhlenbruck/Hirte,

§ 39 InsO, Rn. 52. § 199 InsO. 606 § 1821 (e)(12) Title 12 U.S.C; Schooner/Taylor, Global Bank Regulation, S. 248; FSOC, Secured Creditor Haircuts, S. 21. 607  § 1821 (d)(11)(A)(i) Title 12 U.S.C. 605 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

389

telbar nach den Massegläubigern zu befriedigen.608 Davon profitiert in erster Linie die FDIC als Einlagensicherungsfonds, auf die die Forderungen der Einleger übergehen.609 Darüber hinaus nutzt der Vorrang aber auch denjenigen Einlegern, deren Einlagen den maximalen Haftungsbetrag übersteigen. Unabhängig vom Schutz des Einlagensicherungsfonds ist die Einräumung eines Vorrangs für Einleger im Sonderinsolvenzverfahren auch dadurch gerechtfertigt, dass mit der Besserstellung die Verlustgefahr für die Einleger und damit deren Anreiz zu einem bank run sinkt. Darüber hinaus ist von Kleinanlegern regelmäßig nicht zu erwarten, dass sie ein Institut effizient überwachen und mithin ergeben sich durch die Besserstellung auch keine negativen Auswirkungen auf die Anreize des Managements zu Überinvestitionen. Als nächste Gruppe werden in § 1821 (d)(11)(A)(iii) Title 12 U.S.C. die allgemeinen unbesicherten Insolvenzgläubiger aufgeführt. Diese nehmen auch in der Haftungskaskade des allgemeinen Insolvenzrechts einen vergleichbaren Rang ein. Unterschiede ergeben sich wiederum im Bereich der nachrangigen Forderungen. Während im allgemeinen Insolvenzrecht Strafzahlungen und verspätet angemeldete Forderungen nur nachrangig beglichen werden, gelten sie mangels eigenständiger Erwähnung nach dem FDIA als allgemeine unbesicherte Forderungen. Umgekehrt haben Nachrangvereinbarungen gemäß § 1821 (d)(11)(A)(iv) Title 12 U.S.C. Wirkung inter omnes und nicht nur inter partes. Mithin profitieren auch unbesicherte Gläubiger, die nicht Partei der Nachrangvereinbarung wurden, von der Vereinbarung. Durch diese Regelung werden vertraglich subordinierte Gläubiger im Sonderinsolvenzrecht des FDIA schlechtergestellt als im allgemeinen Insolvenzrecht des Bankruptcy Code. Diese Schlechterstellung gibt den betroffenen Gläubiger einen zusätzlichen Anreiz zur Kontrolle der Geschäfte des Instituts und reduziert mithin die Gefahr für moral hazard des Managements. Darüber hinaus werden dadurch operative unbesicherte Verbindlichkeiten, die nicht Teil der Nachrangvereinbarung sind, bessergestellt, so dass eine geringere Beeinträchtigung des Finanzmarktes durch die Liquidation des Instituts zu erwarten ist. Den vorletzten Rang nehmen wie im allgemeinen Insolvenzrecht auch nach dem FDIA die Zinsforderungen, die zwischen Insolvenzeröffnung und Zahlung anfallen, ein. Dies ergibt sich nicht aus dem Gesetz, sondern aus der zugehörigen Verordnung.610 Zuletzt erhalten die Eigenkapitalgeber einen eventuell verbleibenden Erlös nach Rückzahlung aller höherrangigen Forderungen.611 Die Erlösverteilung im FDIA unterscheidet sich neben der anzuwendenden Haftungskaskade auch in den Auszahlungsmodalitäten vom Bankruptcy Code. So kann die FDIC nach § 1821 (d)(10)(B) Title 12 U.S.C. zu jedem beliebigen Zeit608 

§ 1821 (d)(11)(A)(ii) Title 12 U.S.C. FDIC, Managing the Crisis, S. 250. 610  12 CFR 360.7 (c)(1). 611  § 1821 (d)(11)(A)(v) Title 12 U.S.C. 609 

390

E.  Instrumente

punkt im Verfahren Gelder an die Gläubiger als vorweggenommene Verteilung ausschütten. Darüber hinaus kann sie nach § 1821 (d)(4)(B) Title 12 U.S.C. auch mit Gläubigern einen Vergleich abschließen und ihnen unverzüglich den Erwartungswert ihrer Forderung auszahlen. Der Erwartungswert bemisst sich dabei an den Insolvenzraten für vergleichbare Forderungen in vergleichbaren Fällen der Vergangenheit.612 Mit beiden Maßnahmen soll erreicht werden, dass die Gläubiger schnellstmöglich liquide Mittel erhalten und damit eine Ansteckung des Finanzmarktes vermieden wird.613 Das Risiko, dass die Zahlungen höher ausfallen als der Erlös, trägt dabei die FDIC. (2) Dodd-Frank Act Die Verteilung des Erlöses nach dem Dodd-Frank Act richtet sich ebenfalls nach einer eigenständigen Haftungskaskade. Diese ist weder deckungsgleich mit der des Bankruptcy Code noch mit der des FDIA. Im Gegensatz zu der Abweichung der Haftungskaskade im FDIA von der Haftungskaskade des Bankruptcy Code birgt eine Abweichung von der Rangfolge des Bankruptcy Code im Dodd-Frank Act jedoch die Gefahr, dass die Gläubiger ex ante ihr Verlustrisiko nicht abschätzen können, da erst zum Zeitpunkt der Abwicklung sicher ist, welches Regime Anwendung findet. Nur wenn das Finanzinstitut für systemrelevant gehalten wird, erfolgt eine Abwicklung in der OLA des Dodd-Frank Act. Andernfalls findet der Bankruptcy Code und damit eine vom Dodd-Frank Act abweichende Haftungskaskade Anwendung. Den höchsten Rang nehmen auch im Dodd-Frank Act besicherte Gläubiger ein. So müssen deren Forderungen bis zum Wert der Sicherheit zuerst vollständig befriedigt werden, bevor andere Gläubiger etwas erhalten dürfen.614 Den zweiten Rang nehmen Forderungen zur Brückenfinanzierung des Instituts ein, wenn ihnen eine Superpriorität gewährt wurde. Dazu ist die FDIC ermächtigt, wenn andernfalls keine Finanzierung für das Institut zustande kommen würde.615 Diese Regelung ist grundsätzlich vergleichbar mit der Superpriorität des § 364 Bankruptcy Code zur Finanzierung des Insolvenzschuldners. Im Gegensatz dazu kann dem Gläubiger im Dodd-Frank Act aber nur eine vorrangige Befriedigung vor den unbesicherten, nicht aber vor den besicherten Gläubigern gewährt werden. Im nächsten Rang folgen dann Masseverbindlichkeiten.616 Vergleichbar mit der Haftungskaskade des Bankruptcy Code werden auch einige Gruppen im DoddFrank Act aus politischen Gründen privilegiert. Allerdings weichen die Ränge der Gläubigergruppen voneinander ab. Verbindlichkeiten gegenüber dem Staat wer612 

§ 1821 (d)(4)(B)(iii) Title 12 U.S.C. § 1821 (d)(4)(B)(i) Title 12 U.S.C.; Bliss/Kaufman, Resolving large complex financial institutions, S. 281 f. 614  § 210 (b)(5) Dodd-Frank Act; vgl. auch 12 CFR 380.50. 615  § 210 (b)(2) Dodd-Frank Act. 616  § 210 (b)(1)(A) Dodd-Frank Act. 613 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

391

den im Dodd-Frank Act mit dem zweiten Rang der unbesicherten Verbindlichkeiten unmittelbar nach den Masseverbindlichkeiten beglichen, während sie im Bankruptcy Code lediglich den achten Rang einnehmen.617 Darüber hinaus sind im Dodd-Frank Act alle staatlichen Forderungen erfasst, während der Bankruptcy Code Einschränkungen vornimmt. Der Unterschied lässt sich wohl als politische Reaktion auf die Ansicht der Öffentlichkeit verstehen, dass der Staat keinesfalls Finanzinstitute der Wall Street mit Steuermitteln unterstützen sollte und somit auch unter allen Umständen seine offenen Forderungen ihnen gegenüber durchsetzen muss. Bei anderen Unternehmen spielen hingegen offenbar die Rechte der Arbeitnehmer eine wichtigere Rolle und deren Forderungen werden daher vorrangig befriedigt. Gehaltsforderungen der Arbeitnehmer werden im Bankruptcy Code mit dem vierten Rang und Sozialpläne mit dem fünften Rang befriedigt, während sie im Dodd-Frank Act mit dem dritten und vierten Rang befriedigt werden.618 Dies ist vor allem auf strukturelle Unterschiede der beiden Regime zurückzuführen. Unterhaltsforderungen, die im Bankruptcy Code mit dem höchsten Rang der unbesicherten Verbindlichkeiten in § 507 Bankruptcy Code befriedigt werden, betreffen lediglich Privatinsolvenzen und spielen mithin bei einem Insolvenzverfahren nach dem Dodd-Frank Act keine Rolle. Auch der höhere Rang im Bankruptcy Code für Masseverbindlichkeiten, die zwischen Beantragung und Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet werden, ist in einem Verfahren nach dem Dodd-Frank Act unnötig, da das Verfahren unmittelbar durch die FDIC eröffnet wird. Mithin finden diese Forderungen auch keinen Eingang in die Liste der vorrangigen unbesicherten Forderungen. Substantiell unterscheiden sich die Haftungskaskade des Bankruptcy Code und des Dodd-Frank Act mithin vor allem in der Umkehrung der Rangfolge von Verbindlichkeiten gegenüber Arbeitnehmern und gegenüber dem Staat. Darüber hi­naus werden Forderungen von Fischern und Bauern, Konsumenten, und bestimmten Verkehrsunfallopfern entgegen dem Bankruptcy Code im Dodd-Frank Act nicht privilegiert. Forderungen der FDIC, die im Bankruptcy Code einen eigenständigen Rang zugewiesen bekommen,619 werden im Dodd-Frank Act als Verbindlichkeiten gegenüber dem Staat mit dem zweiten Rang befriedigt.620 Nach den vorrangigen Verbindlichkeiten werden nach § 210 (b)(1)(E) DoddFrank Act alle sonstigen unbesicherten Verbindlichkeiten beglichen, die nicht nachrangig sind. Wie schon im FDIA und im Gegensatz zum Bankruptcy Code gelten Strafzahlungen und verspätet angemeldete Forderungen auch im Dodd-Frank Act als allgemeine, unbesicherte Insolvenzforderungen, die nicht nachrangig, sondern im Rang mit den sonstigen unbesicherten Forderungen beglichen werden. 617 

§ 210 (b)(1)(B) Dodd-Frank Act und § 507 (a)(8) Title 12 U.S.C. § 210 (b)(1)(C), (D) Dodd-Frank Act und § 507 (a)(4), (5) Bankruptcy Code. 619  § 507 (a)(9) Bankruptcy Code. 620  Vgl. zur Definition des Begriffs „amounts owed to the United States“ 12 CFR 380.23. 618 

392

E.  Instrumente

Nachrangvereinbarungen entfalten im Dodd-Frank Act nach § 210 (b)(1)(F) Dodd-Frank Act wie im FDIA Wirkung inter omnes und üben damit eine vergleichbare Anreizwirkung wie im FDIA aus.621 Eine Besonderheit stellt im Dodd-Frank Act der Rang der Forderungen von leitenden Angestellten, Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder dar. Diese werden nicht, wie die Forderungen einfacher Angestellter, vorrangig ausgezahlt, sondern werden erst beglichen, nachdem alle sonstigen nachrangigen Verbindlichkeiten beglichen wurden.622 Die Subordinierung bringt die Ansicht des US-Gesetzgebers zum Ausdruck, dass das Management für die Krise des Instituts verantwortlich war und daher sanktioniert werden muss.623 Im Ergebnis ist die Regelung vergleichbar mit einer equitable subordination nach dem Bankruptcy Code mit einer unwiderleglichen Vermutung eines unbilligen Verhaltens des Managements zu Lasten der Gläubigergesamtheit. Den vorletzten Rang nehmen auch nach dem Dodd-Frank Act Zinsforderungen ein, die zwischen Insolvenzeröffnung und Zahlung anfallen. Dies ergibt sich wie schon beim FDIA nicht aus dem Gesetz, sondern aus der zugehörigen Verordnung.624 Zuletzt erhalten die Eigenkapitalgeber einen eventuell verbleibenden Erlös nach Rückzahlung aller Forderungen.625 Im Gegensatz zu den anderen Regimen muss bei einer Abwicklung im Rahmen des Dodd-Frank Act die Haftungskaskade nicht streng eingehalten werden. So steht es der FDIC nach § 210 (b)(4) Dodd-Frank Act frei, Gläubiger anders zu behandeln als es Ihnen gemäß ihres Ranges zustünde, um den Verwertungserlös zu maximieren oder das Institut vorläufig fortzuführen.626 Eine Schlechterstellung der Gläubiger ist jedoch nur bis zu dem Betrag möglich, den sie bei einer Liquidation nach Chapter 7 des Bankruptcy Code erzielt hätten.627 Die Differenz zwischen tatsächlich gezahlten Betrag und dem Betrag, der dem Gläubiger gemäß der Haftungskaskade zustünde, kann die FDIC jedoch nach § 210 (o)(1)(D) Dodd-Frank Act von den bessergestellten Gläubigern zurückfordern, wenn die Besserstellung nicht zur Fortführung des Instituts notwendig war und die schlechtergestellten Gläubiger trotz des erhöhten Verwertungserlöses weniger erhielten, als sie ohne Abweichung von der Haftungskaskade erhalten hätten.628 Unter diesen Umständen wird mithin vermutet, dass die Besserstellung nicht die Erreichung der Ziele der

621 

Vgl. supra (1). § 210 (b)(1)(G) Dodd-Frank Act. 623  Cohen, University of Richmond Law Review 2010, 1143, 1222. 624  12 CFR 360.7 (c)(1). 625  § 210 (b)(1)(H) Dodd-Frank Act. 626  § 210 (b)(4)(A) Dodd-Frank Act; vgl. dazu im Detail Cohen, University of Richmond Law Review 2010, 1143, 1188 ff. 627  § 210 (b)(4)(B) i.V.m. § 210 (d)(2) Dodd-Frank Act. 628  Cohen, University of Richmond Law Review 2010, 1143, 1190. 622 

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

393

Fortführung oder der Maximierung des Verwertungserlöses beförderte, und mithin wird die Besserstellung rückgängig gemacht. Die FDIC hat deutlich gemacht, dass in der Praxis nur wenige Forderungen von § 210 (b)(4) Dodd-Frank Act profitieren werden.629 So sollen nur solche Forderungen bessergestellt werden, deren Erfüllung unabdingbar für die Fortführung des Instituts ist. Beispielhaft werden Forderungen essentieller Dienstleistern aufgeführt. Ausdrücklich durch eine Verordnung ausgeschlossen ist die Besserbehandlung von langfristen Forderungen mit einer Laufzeit von mehr als 360 Tagen.630 Inhaltlich ist diese Ausnahme mit der critical vendor rule vergleichbar, die im allgemeinen Insolvenzverfahren die vollständige Begleichung von Forderungen zulässt, wenn dies zur Fortführung des Unternehmens erforderlich ist.631 Wie bei der critical vendor rule ist auch hier die Zahlung an einzelne essentielle Gläubiger günstig für die Gesamtgläubigerschaft. Darüber hinaus kann die Fortführung auch für die Finanzstabilität gegenüber einer Stilllegung vorzugswürdig sein. Die Möglichkeit der FDIC, in Ausnahmefällen von der Haftungskaskade abzuweichen, trägt mithin zu einer effektiven Abwicklung bei, vergrößert aber die Rechtsunsicherheit. Eine Ausschüttung von Teilbeträgen, wie sie nach dem FDIA möglich ist, ist im Dodd-Frank Act nicht vorgesehen. Dies mag auf die mangelnde Erfahrung der FDIC bei der Abwicklung systemrelevanter Finanzinstitute zurückzuführen sein, verursacht aber möglicherweise Liquiditätsprobleme bei den Gläubigern des abzuwickelnden Instituts. Eine mit § 1821 (d)(10)(B) Title 12 U.S.C. vergleichbare Regelung wäre mithin wünschenswert, um die Ausschüttung von Teilbeträgen auch im Dodd-Frank Act zu ermöglichen. bb)  Deutsches Sonderinsolvenzrecht Das deutsche Sonderinsolvenzrecht enthält keine Haftungskaskade für die Verteilung des Verwertungserlöses. § 97 SAG enthält lediglich eine Kaskade für das Instrument der Gläubigerbeteiligung. Zumeist ist eine eigenständige Haftungskaskade auch nicht notwendig. Bei einer Reorganisation erfolgt keine Erlösverteilung und bei einer übertragenden Sanierung wird der übertragende Rechtsträger gemäß § 116 Abs. 1 SAG im allgemeinen Insolvenzrecht abgewickelt, nach deren Normen sich die Erlösverteilung richtet. Allerdings kann eine Haftungskaskade im Sonderinsolvenzrecht nötig werden, wenn die Abwicklung des Instituts durch eine Übertragung der Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten auf eine Vermögensverwaltungsgesellschaft erfolgt. Auch für die Verteilung des Erlöses einer Liquidation eines Brückeninstituts im Falle einer gescheiterten Vermarktung wird eine Haftungskaskade benötigt. In beiden Fällen ist die Verteilung unproblematisch, solange der Erlös zur Befriedigung aller Gläubiger ausreicht. Ist die Vermögensverwaltungs629 

Fed.Reg. Vol. 76, No. 16, S. 4212. 12 CFR 380.27. 631  Vgl. Kapitel E. II. 1. a) aa). 630 

394

E.  Instrumente

gesellschaft oder das Brückeninstitut hingegen überschuldet, muss die Verlustverteilung geregelt werden. Die Überschuldung kann entweder durch einen Wertverlust der Vermögensgegenstände über die Dauer der Abwicklungszeit erfolgen oder dadurch, dass die Ausgleichsforderung des übernehmenden Rechtsträgers nach § 111 Abs. 2 SAG nicht werthaltig ist, beispielsweise weil der übertragende Rechtsträger insolvent ist. Auch fehlerhafte Bewertungen der Vermögensgegenstände oder Verbindlichkeiten können zu einer Überschuldung des übernehmenden Rechtsträgers führen. Mangels einer eigenständigen Regelung sind bei der Verteilung des Erlöses die allgemeinen Regelungen anzuwenden. Nach § 68 Abs. 1 Nr. 1 SAG sind grundsätzlich Verluste von Anteilsinhabern und Gläubigern in demselben Umfang zu tragen wie in einem allgemeinen Insolvenzverfahren. Demnach wird die Abwicklungsbehörde bei der Verteilung die Haftungskaskade der Insolvenzordnung heranziehen müssen. Solange die BaFin allerdings kein Vollstreckungsverbot nach § 46 KWG verhängt hat, können die Gläubiger der übernehmenden Gesellschaft ihre Forderungen bei Fälligkeit im Rahmen der Einzelzwangsvollstreckung durchsetzen. Neben der eigenständigen Verteilung des Erlöses durch die Abwicklungsbehörde, kann die BaFin auch nach § 46b Abs. 1 KWG ein Insolvenzverfahren beantragen, in dem die Verteilung nach den allgemeinen Regeln durchgeführt wird. Mithin richtet sich die Verteilung des Liquidationserlöses im deutschen Sonderinsolvenzrecht grundsätzlich nach der Haftungskaskade des allgemeinen Insolvenzrechts. Bei der Abwicklung von Finanzinstituten wird allerdings in Abweichung von der Haftungskaskade des allgemeinen Insolvenzrechts Forderungen von Einlegern gemäß § 46f Abs. 4 KWG ein Vorrang vor den sonstigen unbesicherten Gläubigern eingeräumt. Der Vorrang lässt sich mit dem Ziel der Verringerung der Gefahr eines bank run begründen. Weiterhin führt der Vorrang dazu, dass das Verlustrisiko der sonstigen Gläubiger steigt, die als Einleger regelmäßig besser in der Lage sind, die Geschäfte des Instituts zu überwachen. Das höhere Verlustrisiko führt zu einem höheren Überwachungsanreiz und eine stärkere Überwachung ist geeignet, moral hazard des Managements zu reduzieren. Mithin trägt die Besserstellung der Einleger in § 46f Abs. 4 KWG dazu bei, die Ziele des Bankeninsolvenz­verfahrens zu erfüllen.632 4.  Kritische Würdigung Sowohl im allgemeinen Insolvenzrecht als auch im Sonderinsolvenzrecht können Unternehmen stillgelegt und stückweise liquidiert werden. Im allgemeinen US-Insolvenzrecht wird die Entscheidung über die Stilllegung regelmäßig durch den Insolvenzschuldner getroffen, während sie im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht durch die Gläubigerversammlung erfolgt. Im Sonderinsolvenzrecht beider Jurisdiktionen entscheidet die zuständige Abwicklungsbehörde, ob das In632 

Vgl. Kapitel E. IV. 4. b) bb) (2) (b).

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

395

stitut fortgeführt oder stillgelegt werden soll. Die Abwicklungsbehörde sollte bei der Stilllegungsentscheidung zwei Aspekte berücksichtigen: Einerseits muss sie berücksichtigen, ob der Fortführungswert den Stilllegungswert überschreitet. Ist dies der Fall, sollte das Institut fortgeführt werden. Ist dies nicht der Fall, muss sie die Auswirkungen einer Stilllegung des Instituts auf den Finanzmarkt abschätzen. Wenn die Stilllegung eine zu hohe Ansteckungsgefahr befürchten lässt, muss sie das Institut fortführen, selbst wenn eine Stilllegung einen höheren Verwertungserlös bringen würde. Der Verlust für die Gläubiger, der durch die Fortführung im Vergleich zur Stilllegung entsteht, sollte von dem zuständigen Abwicklungsfonds getragen werden. Andernfalls würden die zusätzlichen Kosten der Fortführung ausschließlich den Gläubigern des insolventen Instituts auferlegt, während sich der Nutzen auf alle Akteure des Finanzmarktes verteilt. Schutzbestimmungen wie die des § 146 SAG erreichen dieses Ziel schon nach geltendem Recht. Grundsätzlich wäre vorstellbar, das allgemeine Insolvenzrecht zur Liquidation von Finanzinstituten anzuwenden. Dann würden die Gläubiger über die Fortführung des insolventen Instituts entscheiden. Der Abwicklungsbehörde müsste daher ein Vetorecht gegen die Gläubigerentscheidung zur Stilllegung eingeräumt werden, wenn eine Fortführung zur Wahrung der Systemstabilität erforderlich ist. Dazu muss aber sichergestellt werden, dass die Fortführung des Instituts bis zur endgültigen Entscheidung über die Fortführung möglich ist. Im allgemeinen Insolvenzrecht stehen der temporären Fortführung nach geltender Rechtlage insbesondere das allgemeine Zahlungsverbot, das Anfechtungsrecht und die Kündigungsrechte bestimmter Vertragsparteien entgegen. Auch wenn die Entscheidung über die Liquidation unverzüglich getroffen wird, kann eine zeitlich begrenzte Fortführung erforderlich sein. Eine unmittelbare Stilllegung könnte andernfalls Markverwerfungen verursachen. Hat die Abwicklungsbehörde die Möglichkeit, den Verkauf der Vermögensgegenstände über einen längeren Zeitraum zu strecken, hat die Liquidation einen geringeren Einfluss auf die Marktpreise und kann daher die Gefahr einer indirekten Ansteckung reduzieren.633 Das Beispiel der USA zeigt, dass eine zeitlich gestreckte Abwicklung im Rahmen des Sonderinsolvenzrechts auch ohne die Übertragung von Vermögensgegenständen auf eine Vermögensverwaltungsgesellschaft oder ein Brückeninstitut möglich ist. Um dies auch im deutschen Recht zu ermöglichen, müsste entweder das allgemeine Insolvenzrecht angepasst oder der Abwicklungsbehörde im Sonderinsolvenzrecht die Liquidation des insolventen Instituts als weiteres Instrument zur Verfügung gestellt werden. Bestünde eine Liquidationsmöglichkeit im Sonderinsolvenzrecht ohne vorherige Übertragungsanordnung, könnte die aufwendige Übertragung von Vermögensgegenständen und Verbindlichkeiten im Sonderinsolvenzrecht mit den damit verbundenen Rechtsproblemen bei Gegenständen, die nicht dem deutschen Recht unterliegen, vermieden werden. Auch bei der Verwertung der Vermögensgegenstände besteht im deutschen Sonderinsolvenzrecht noch Nachholbedarf. Während es im US-Recht und nach 633 

Vgl. Kapitel D. II. 1. b) cc).

E.  Instrumente

396

der deutschen Insolvenzordnung möglich ist, belastete Gegenstände unter bestimmten Voraussetzungen lastenfrei zu veräußern, sieht das Sonderinsolvenzrecht keine vergleichbare Möglichkeit vor. Dies erschwert die Verwertung, da der Kreis potentieller Erwerber verkleinert wird. Als Vorbild für einen lastenfreien Verkauf könnte die Regelung des 12 CFR § 380.54 im US-Sonderinsolvenzrecht dienen, die dem besicherten Gläubiger ein Sicherungsrecht am Erlös einräumt, ihm das credit bidding ermöglicht und ihn so vor einem zu geringen Verkaufspreis schützt. Neben den Verwertungsmöglichkeiten spielt auch die Erlösverteilung eine wesentliche Rolle für die Effizienz des Insolvenzverfahrens. Für die Gläubiger ist ex ante die Berechenbarkeit ihres Verlustrisikos von wesentlicher Bedeutung.634 Im Insolvenzverfahren über Finanzinstitute spielt dieser Aspekt eine besondere Rolle, wenn ex ante nicht klar ist, ob das Institut im allgemeinen Insolvenzverfahren oder im Sonderinsolvenzverfahren abgewickelt wird. Dies hängt mit Ausnahme der Abwicklung von Einlageninstituten nach dem FDIA davon ab, ob die Institute für systemrelevant gehalten werden. Da die Entscheidung erst zum Abwicklungszeitpunkt durch die Aufsichtsbehörde getroffen wird, ist für die Gläubiger intransparent, welches Verfahren zur Abwicklung oder Reorganisation Anwendung findet. Ist unklar, welches Regime Anwendung findet, sollte zumindest die Haftungskaskade der Abwicklungsregime identisch sein, um eine Prognose des Verlustrisikos der Gläubiger zu erleichtern. Für die Haftungskaskade bei der Abwicklung von Einlageninstituten nach dem FDIA spielt diese Erwägung hingegen keine Rolle, da sich die Gläubiger ex ante auf die festgelegte Haftungskaskade des Sonderinsolvenzrechts einstellen können. Vor diesem Hintergrund ist die Orientierung des deutschen Sonderinsolvenzrechts am allgemeinen Insolvenzrecht nach § 68 SAG richtig. Problematisch ist aber die Abweichung der Haftungskaskaden der Reorganisation nach § 97 SAG von der auf die InsO verweisenden Haftungskaskade der Liquidation, da die Gläubiger ex ante nicht absehen können, ob das Institut liquidiert oder reorganisiert werden wird. Im US-Recht entsteht eine ähnliche Problematik durch die Abweichung der Haftungskaskade in der OLA des Dodd-Frank Act von der Haftungskaskade des Bankruptcy Code. Finanzinstitute, die keine Einlageninstitute sind, werden nur dann im Rahmen der OLA abgewickelt, wenn sie systemrelevant sind, was für die Gläubiger schwer prognostizierbar ist. Die Abweichungen der Haftungskaskaden voneinander sind teilweise erheblich. Zwar sind die Grundstrukturen aller Kaskaden vergleichbar: So nehmen besicherte Gläubiger immer den höchsten Rang ein, gefolgt von Massegläubigern, unbesicherten Gläubigern und zuletzt den Eigentümern; bei näherer Betrachtung ergeben sich aber wesentliche Unterschiede. Die Haftungskaskaden im FDIA und des § 46f Abs. 4 KWG verleihen den Einlegern im Gegensatz zur Abwicklung von Nichtfinanzunternehmen im allgemeinen 634 

Vgl. Kapitel B. I. 4. b).

VI.  Verfahren zur Stilllegung des Instituts

397

Insolvenzrecht einen Vorrang vor den unbesicherten Gläubigern. Diese Privilegierung reduziert das Risiko der Gläubiger mit Einlagen, die nicht vollständig vom Einlagensicherungsfonds versichert sind und senkt damit das Risiko eines bank run. Darüber hinaus werden Verluste des Einlagensicherungsfonds und damit die Belastung der Abgabenzahler aus der Finanzindustrie gesenkt. Die Vermeidung von Zusatzbeiträgen des Fonds zur Verlustdeckung erhöht die Finanzstabilität in einer allgemein angespannten Lage. Darüber hinaus wird regelmäßig auch indirekt der Anreiz zu Überinvestitionen (moral hazard) verringert. Dies ist darauf zurückzuführen, dass andere Gläubiger durch die Besserstellung der Einleger ein höheres Verlustrisiko tragen müssen und somit ihr Überwachungsanreiz steigt. Da Einlagengläubiger im deutschen Recht definitionsgemäß keine institutionellen Anleger sein können und regelmäßig nur verhältnismäßig geringe Forderungen gegen das Institut haben, ist anzunehmen, dass sich andere Gläubiger durchschnittlich in einer besseren Position zur Überwachung des Instituts befinden und das Management mithin von Überinvestitionen besser abhalten können. Neben den wirtschaftlich begründeten Vorrängen für Einlagen und Massegläubiger sollten keine weiteren Vorränge eingeräumt werden. Insbesondere sind politische Erwägungen, wie sie bei der Festlegung der Haftungskaskaden im Bankruptcy Code und im Dodd-Frank Act eine Rolle gespielt haben, abzulehnen, da sie zu einem Verstoß gegen den Gläubigergleichbehandlungsgrundsatz führen. Auch die Nachrangigkeit von Forderungen leitender Angestellter und Vorstände im Dodd-Frank Act basieren auf einer unbilligen Vermutung der Verantwortung der Managements für die Krise des Instituts und ist mithin nicht gerechtfertigt. Die pauschale Subordinierung von Gesellschafterdarlehen und die Ausnahme für Neugesellschafter, die dem Unternehmen Kapital zur Sanierung zuführen, verursachen im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht trotz mangelnder dogmatischer Fundierung grundsätzlich die richtigen Anreize für die Gesellschafter. Sie reduziert den Anreiz zu Überinvestitionen, da die Gesellschafter einen größeren Anteil am Verlust tragen müssen, und verhindert darüber hinaus das Problem der Unter­ investition über die Möglichkeit, Sanierungsdarlehen zu privilegieren. Auch die Rechtssicherheit ist im Vergleich zu den US-Konzepten der equitable subordina­ tion oder der Reklassifizierung höher. Zur Verhinderung des Unterinvestitionsproblems wäre jedoch eine Privilegierung aller Sanierungsdarlehen besser geeignet und sollte in Betracht gezogen werden. Nachrangvereinbarungen sollten grundsätzlich Wirkung inter omnes und nicht nur inter partes entfalten. Nur dann profitieren auch unbesicherte Gläubiger von der Nachrangvereinbarung, die nicht Partei geworden sind. Nachranggläubiger haben einen hohen Anreiz zur Kontrolle der Geschäfte des Instituts und können damit möglicherweise moral hazard unterbinden. Besondere Bedeutung hat eine inter omnes wirkende Nachrangigkeit im Finanzsektor. Bestehen nachrangige Forderungen in hinreichender Höhe, sind nur diese von einer Insolvenz betroffen. Andere Verbindlichkeiten, darunter insbesondere alle operativen Verbindlichkeiten

398

E.  Instrumente

können vollständig befriedigt werden, so dass eine geringere Beeinträchtigung des Finanzmarktes zu erwarten ist.635 Abweichungen von der Haftungskaskade, insbesondere in Form von zusätzlichen Zahlungen an bestimmte Gläubiger, wie sie im Dodd-Frank Act zulässig sind, sollten auch im deutschen Recht zugelassen werden, um die Ansteckungsgefahr für das Finanzsystem zu reduzieren. Sie geben der Abwicklungsbehörde einerseits die Möglichkeit, essentielle Gläubiger zu befriedigen und so eine Fortführung zu gewährleisten, und andererseits, eine direkte Ansteckung durch die bevorzugte Befriedigung der betroffenen Gläubiger zu verhindern. Bei der Abweichung von der vorgegebenen Rangfolge sollten die Gläubiger immer mindestens so gut gestellt werden, wie sie ohne Abweichung stünden. Andernfalls müssten sie vollständig die Lasten der Verhinderung einer Ansteckung des Finanzsystems tragen, wobei die sonstigen Finanzmarktteilnehmer kostenfrei davon profitieren würden. Auch eine frühzeitige Auszahlung, wie sie der FDIA ermöglicht, sollte zur Wahrung der Systemstabilität im deutschen Recht ermöglicht werden.636 Damit ließen sich mögliche Liquiditätsengpässe und das makroökonomische Risiko reduzieren.637 Wird die Auszahlung konservativ vorgenommen, ist das Risiko einer überhöhten Auszahlung für die Abwicklungsbehörde oder den Insolvenzverwalter gering. Eine mögliche Unterdeckung könnte vom Abwicklungsfonds getragen werden.

635 

Vgl. zu der Wirkung nachrangiger Zwangswandelanleihen Kapitel E. IV. 4. c). So auch der Vorschlag von Jackson für das allgemeine US Insolvenzrecht; Jackson, Building on Bankruptcy, S. 28. 637  Vgl. Kapitel B. II. 3. c). 636 

F.  Schlussbetrachtung I.  Einführung Anlass zur vorliegenden Untersuchung gab die These, dass das allgemeine Insolvenzrecht nicht zur Abwicklung von Finanzinstituten geeignet sei. Durch einen rechtsökonomischen und rechtsvergleichenden Ansatz wurde überprüft, ob die Unterschiede zwischen Finanzinstituten und Nichtfinanzinstituten die Anwendung eines eigenständigen Abwicklungsregimes rechtfertigen können. Zusätzlich wurden Reformvorschläge für das allgemeine Insolvenzrecht und das Sonderinsolvenzrecht herausgearbeitet. Die vergleichende Heranziehung des US-Rechts, in dem einerseits schon seit Jahrzehnten ein eigenständiges Abwicklungsregime für Einlageninstitute besteht und andererseits im Nachgang der Finanzkrise ein neues Abwicklungsregime für systemrelevante Finanzinstitute geschaffen wurde, hat sich hierbei als außerordentlich hilfreich erwiesen. Der direkte Vergleich der Regelungen zur Bankenabwicklung in beiden Jurisdiktionen zeigte die Stärken und Schwächen des deutschen Abwicklungsregimes auf. Der ökonomische Ansatz ließ darüber hinaus eine Beurteilung der Nützlichkeit verschiedener Instrumente zur Zielerreichung eines Insolvenzverfahrens für Finanzinstitute zu. In den folgenden drei Abschnitten werden die wesentlichen Ergebnisse der Arbeit thesenförmig zusammengefasst und es wird dabei auf die entsprechenden Kapitel der Arbeit verwiesen.

II.  Notwendigkeit eines Sonderinsolvenzrechts für Banken de lege lata Die Untersuchung hat deutlich gemacht, dass das deutsche allgemeine Insolvenzrecht der Insolvenzordnung in seiner jetzigen Form nicht zur Abwicklung von Finanzinstituten geeignet ist. Die teilweise gezogene Schlussfolgerung, das allgemeine Insolvenzrechts sei grundsätzlich zur Abwicklung von Finanzinstituten ungeeignet, lässt sich daraus jedoch nicht ableiten. Vielmehr besteht alternativ zu der Schaffung eines eigenständigen Abwicklungsregimes für Banken die Möglichkeit, das allgemeine Insolvenzrecht für die Abwicklung von Finanzinstituten anzupassen. Die Untersuchung des allgemeinen Insolvenzrechts im Hinblick auf dessen Geeignetheit zur Abwicklung von Banken erfolgte ausgehend von der Funktion des Insolvenzrechts. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den Funktionen des Insolvenzrechts zur Abwicklung von Nichtfinanzinstituten und von Finanzinstituten. Insolvenzverfahren für Nichtfinanzinstitute dienen ausschließlich

400

F.  Schlussbetrachtung

der erlösmaximierenden Verwertung durch ein zwingendes kollektives Verfahren. Ohne ein solches Verfahren würden die Gläubiger nach dem first come first servePrinzip ihre Forderungen einzeln vollstrecken und eine kollektive Verwertung verhindern. Dies würde einerseits die Überwachungskosten steigern, andererseits könnte ein möglicher Erlöszugewinn durch die Fortführung des Unternehmens nicht erzielt werden, wodurch die Gläubigergemeinschaft insgesamt schlechtergestellt würde (vgl. Kapitel B. I.). Dieser Aspekt muss auch bei der Abwicklung von Finanzinstituten berücksichtigt werden. Zusätzlich muss ein Insolvenzrecht für Finanzinstitute aber auch geeignet sein, Ansteckungsgefahren für das Finanzsystem zu reduzieren, die Zahlungssysteme zu erhalten und eine Kreditklemme zu vermeiden (vgl. Kapitel B. II. 3.). Im Folgenden werden thesenartig die Probleme einer Abwicklung oder Reorganisation von Finanzinstituten im allgemeinen Insolvenzrecht dargestellt und aufgezeigt, wie diesen Problemen im Sonderinsolvenzrecht begegnet wird. Damit wird zugleich die Notwendigkeit von Sonderregelungen zur Insolvenzbewältigung von Finanzinstituten deutlich: – Das allgemeine Insolvenzverfahren kann erst bei Eintritt der (drohenenden) Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung eingeleitet werden. Ein effizientes Insolvenzverfahren über Finanzinstitute muss hingegen schon früher eröffnet werden. • Finanzinstitute haben aufgrund des Fristentransformationsmodells oft sehr kurzfristige Verbindlichkeiten, so dass die Gläubiger ihr Kapital innerhalb kürzester Zeit von dem Institut abziehen und sich damit einem allgemeinen Insolvenzverfahren entziehen können (Kapitel B. II. 2.). • Einleger haben einen hohen Anreiz, ihre Einlagen zu einem anderen Institut umzuschichten, wenn sie ein höheres Ausfallrisiko bei ihrem Institut annehmen. Aufgrund der hohen Informationsasymmetrie kann die Unterschreitung von bankaufsichtsrechtlichen Kennziffern wie der Eigenmittelquote oder der Liquiditätskennziffer ausreichen, einen massiven Abzug von Kapital in Form eines bank run durch unversicherte Gläubiger schon vor Eröffnung eines allgemeinen Insolvenzverfahrens zu verursachen (Kapitel B. II. 3. b)). • Der Fehlanreiz zur Überinvestition (moral hazard) wird dadurch verstärkt, dass die Überwachung von Kreditinstituten durch ihre Gläubiger im Vergleich zur Überwachung von sonstigen Unternehmen nur eingeschränkt erfolgt, da viele Gläubiger aufgrund des Einlagensicherungssystems keinen Verlust zu tragen haben (Kapitel B. II. 4.). • Die Gefahr der Überinvestition steigt durch die Möglichkeit der Finanzinstitute, ihr Risiko durch eine Veränderung der Anlagestrategie sehr kurzfristig zu verändern (Kapitel B. II. 4.). • Das Sonderinsolvenzrecht begegnet den Gefahren von bank runs und Überinvestitionen durch eine Vorverlagerung der Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts. Sowohl im US-Recht als auch im deutschen Recht können

II.  Notwendigkeit eines Sonderinsolvenzrechts für Banken de lege lata

401

Sonderinsolvenzverfahren schon bei Unterschreitung der Eigenmittel- oder Liquiditätsvorgaben eingeleitet werden (Kapitel D. III. 3.). – Eine Reorganisation von Finanzinstituten wird im allgemeinen Insolvenzrecht durch das dauerhafte automatische Zahlungsverbot weitgehend unmöglich gemacht. Während Nichtfinanzinstitute ihr Geschäft annähernd ausschließlich mit Hilfe ihrer Vermögensgegenstände betreiben, haben Finanzinstitute regelmäßig operative Verbindlichkeiten, die beglichen werden müssen, um eine Fortführung der Institute zu ermöglichen (Kapitel E. II. 1.). • Ohne ein dauerhaftes Zahlungsverbot kann der Fortführungswert eines Finanzinstituts möglicherweise erhalten werden. Damit könnte ein höherer Verwertungserlös erzielt werden, der das direkte Ansteckungsrisiko durch die Insolvenz reduziert (Kapitel B. II. 3. a)). • Eine Fortführung kann darüber hinaus sogar in Fällen erforderlich sein, in denen der Stilllegungswert den Fortführungswert übersteigt, um die Fortführung kritischer Finanzdienstleistungen sicherzustellen und eine Kreditklemme zu verhindern (Kapitel E. II. 1. b)). • Im deutschen Sonderinsolvenzrecht wird ein Zahlungsverbot nicht automatisch verhängt. Vielmehr kann die BaFin oder die Abwicklungsbehörde ein Zahlungsverbot nach ihrem Ermessen erlassen. Ein Zahlungsverbot kann damit auf die Fälle beschränkt werden, in denen eine Stilllegung des Instituts erfolgen soll (Kapitel E. II. 1. b)). – Bei der Eröffnung eines allgemeinen Insolvenzverfahrens ist die BaFin angehalten, einem Institut die Bankerlaubnis zu entziehen. Ohne eine Bankerlaubnis ist die Fortführung der Bankgeschäfte des Instituts nicht möglich. Damit steht dem Finanzinstitut die Möglichkeit der Reorganisation nicht mehr zur Verfügung. Im Sonderinsolvenzrecht ist ein derartiger Entzug hingegen nicht vorgesehen, so dass eine Fortsetzung der Bankgeschäfte und damit eine Reorganisation des Instituts erfolgen kann. Ähnlich wirkt sich der Wegfall des Zugangs zum Zahlungsverkehrssystem aus, der ebenfalls auf die Eröffnung eines allgemeinen Insolvenzverfahrens beschränkt ist (Kapitel E. II. 5.). – Das Anfechtungsrecht des allgemeinen Insolvenzrechts verursacht eine große Rechtsunsicherheit im Finanzmarkt. • Im deutschen Insolvenzrecht sind Zahlungen anfechtbar, die in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vorgenommen wurden, wenn das Unternehmen zahlungsunfähig war und der Gläubiger davon Kenntnis hatte. Im Gegensatz zum US-Recht gibt es keine Ausnahmen für Zahlungen, die den Gläubiger im Vergleich zur Teilnahme am Insolvenzverfahren nicht begünstigen oder die im ordentlichen Geschäftsverkehr erfolgt sind (Kapitel E. II. 4. b)). • Die Menge an potentiell anfechtbaren Rechtshandlungen ist bei Finanzinstituten sehr hoch, da sie täglich eine Vielzahl von Auszahlungen zur Befriedigung von Gläubigern vornehmen. Mithin verursacht das Anfechtungsrecht

402

F.  Schlussbetrachtung

bei Insolvenzen von Finanzinstituten eine wesentlich höhere Rechtsunsicherheit als bei Insolvenzen von Nichtfinanzinstituten. Um diese Auswirkungen zu vermeiden, wurde im Sonderinsolvenzrecht für Finanzinstitute auf ein Anfechtungsrecht verzichtet (Kapitel E. II. 4. c)). – Die Abwicklungsbehörde und die Bankaufsichtsbehörde haben keinen Einfluss auf wesentliche Entscheidungen im allgemeinen Insolvenzverfahren. • Das allgemeine Insolvenzverfahren wird lediglich im Interesse der Gläubiger durchgeführt. Mithin trifft auch die Gläubigerversammlung die wesentlichen Entscheidungen des Verfahrens. Insbesondere entscheidet sie, ob das Unternehmen reorganisiert, als Ganzes verkauft oder liquidiert wird (Kapitel E. IV. 4. a) cc) (1), E. V. 2. a) cc), E. VI. 2. a)). • Insolvenzverfahren über Finanzinstitute werden hingegen nicht lediglich im Interesse der Gläubiger durchgeführt, sondern auch im Interesse der Stabilität des Finanzmarktes. Unter anderem kann eine Fortführung angezeigt sein, obwohl sie den Verwertungserlös reduziert, wenn dadurch eine Ansteckung des Finanzmarkts verhindert wird. Im Sonderinsolvenzrecht kann die Abwicklungsbehörde die Art der Abwicklung selbst festlegen und damit auch gegen den Willen der Gläubiger eine Fortführung des Instituts erreichen (Kapitel E. IV. 4. b) bb) (1), E. V. 2. b) bb), E. VI. 2. b) bb)). – Im allgemeinen Insolvenzrecht besteht keine Möglichkeit einer Unterstützung durch den Abwicklungsfonds. • Wird im allgemeinen Insolvenzrecht kein Käufer für eine übertragende Sanierung des Unternehmens gefunden und ist kein Gläubiger bereit, neue Mittel zur Verfügung zu stellen, um eine Zahlungsunfähigkeit zu beheben, besteht keine Möglichkeit zur Fortführung des Unternehmens. • Insolvenzen von Finanzinstituten sind stark positiv miteinander korreliert. Mithin besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass ein Finanzinstitut in einer Finanzkrise insolvent wird. In diesem Fall besteht die große Gefahr, dass sich weder ein Käufer für das Institut noch ein Finanzierer im Markt finden lässt. Dennoch kann an der Fortführung des insolventen Finanzinstituts ein Interesse bestehen, um einen Ansteckungseffekt zu verhindern (Kapitel E. IV. 3. b)). • Im Sonderinsolvenzrecht hat der Abwicklungsfonds die Möglichkeit, eine Brückenfinanzierung zu ermöglichen und einen Käufer zu unterstützen, so dass eine Fortführung des Finanzinstituts erfolgen kann (Kapitel E. IV. 3. b), E. V. 5. b)). Bezugnehmend auf die Ausgangsfrage lässt sich festhalten, dass das allgemeine Insolvenzrecht nicht geeignet ist, die Ziele einer Abwicklung oder Reorganisation von Finanzinstituten zu erreichen. Mithin bedarf es spezieller Regelungen für die Bankenabwicklung, die die Besonderheiten des Geschäftsmodells von Banken und deren Relevanz für das Finanzsystem berücksichtigen.

III.  Anpassungsbedarf des bestehenden Sonderinsolvenzrechts

403

III.  Anpassungsbedarf des bestehenden Sonderinsolvenzrechts Trotz der Vorteile, die das Sonderinsolvenzrecht für die Abwicklung von Finanzinstituten im Vergleich zum allgemeinen Insolvenzrecht bietet, besteht in einigen Bereichen ein erheblicher Reformbedarf. Insbesondere der Vergleich mit dem Sonderinsolvenzrecht der USA hat Schwachstellen des deutschen Sonderinsolvenzrechts aufgezeigt, die durch eine Reform behoben werden sollten. Folgende Reformvorschläge wurden im Rahmen dieser Arbeit entwickelt: – Normen des Sonderinsolvenzrechts sollten zusammengefasst werden. Im geltenden Recht sind Maßnahmen des Sonderinsolvenzrechts im KWG, SAG, KredReorgG und der SRM-VO verteilt. Die Vermischung von sonderinsolvenzrechtlichen Normen und Normen des präventiven Bankaufsichtsrechts erschwert den Überblick über die anwendbaren Instrumente zusätzlich. Im US-Recht sind die Normen hingegen in § 1821 Title 12 U.S.C und Title 2 des Dodd-Frank Act gebündelt und von den Normen des präventiven Bankaufsichtsrechts getrennt. Diese Bündelung könnte als Vorbild für das deutsche Recht dienen (zusammenfassend Kapitel C. IV.). Die Struktur eines zusammengefassten Sonderinsolvenzrechts könnte folgendermaßen gestaltet werden: • Normen des präventiven Bankaufsichtsrechts sollten vom SAG in das KWG überführt werden. Dies betrifft folgende Kapitel des SAG: ▪ Sanierungsplanung (§§ 12 – 21a SAG) ▪ Gruppeninterne finanzielle Unterstützung (§§ 22 – 35 SAG) ▪ Abwicklungsplanung (§§ 40 – 48 SAG) ▪ Mindestbetrag berücksichtigungsfähiger Verbindlichkeiten (§§ 49 – 55 SAG) ▪ Genehmigtes Kapital und andere Instrumente harten Kernkapitals (§ 56 SAG) ▪ Abwicklungsfähigkeit (§§ 57 – 60a SAG) • Andererseits sollten Normen des Sonderinsolvenzrechts in das SAG überführt werden. Dies betrifft folgende Normen: ▪ Maßnahmen bei Gefahr (§ 46 KWG) ▪ Moratorium, Einstellung des Bank- und Börsenverkehrs (§ 46g KWG) ▪ Reorganisationsverfahren (§§ 7 – 23 KredReorgG) • Das Ergebnis wäre ein Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, welches die aus dem allgemeinen Insolvenzrecht bekannten Instrumente zur Behebung einer Krise im Sonderinsolvenzrecht vorhielte: ▪ Reorganisation in Eigenverwaltung im überführten Reorganisa­ tions­ verfahren (§§ 7 – 23 KredReorgG) ▪ Reorganisation ohne Eigenverwaltung durch das Instrument der Gläu­ biger­beteiligung im SAG (§§ 89 – 106 SAG)

404

F.  Schlussbetrachtung

▪ Übertragende Sanierung im SAG (§§ 107 – 131 SAG) ▪ Stilllegung durch eine Vermögensverwaltungsgesellschaft im SAG (§§  132 – 135 SAG) – Das Sanierungsverfahren des KredReorgG kann mangels Relevanz gestrichen werden. Es bietet abgesehen von einer privilegierten Kreditaufnahme in sehr begrenztem Umfang keine Vorteile im Vergleich zu einer außergerichtlichen Sanierung und droht durch die Öffentlichkeitswirksamkeit des Verfahrens, die Situation des Instituts zu verschlechtern (Kapitel E. III. 2.). – Für die Abwicklung von Finanzinstituten sollte nach dem Vorbild der USA ausschließlich das Sonderinsolvenzrecht angewandt werden, um eine klare Trennung zwischen den Abwicklungsregimen des allgemeinen Insolvenzrechts und des Sonderinsolvenzrechts zu erreichen (Kapitel C. III.). – Die Untersuchung hat gezeigt, dass die Anwendungsbereiche der Normen des Sonderinsolvenzrechts sehr unterschiedlich ausfallen. Ökonomisch sind keine Gründe für derartige Unterschiede ersichtlich. Vielmehr sollten alle Instrumente des Sonderinsolvenzrechts für die Abwicklung eines Instituts zur Verfügung stehen, wenn dies ökonomisch notwendig ist. Andernfalls sollte eine Abwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht erfolgen (Kapitel D. I. 3.). • Eine ökonomische Notwendigkeit zur Abwicklung im Sonderinsolvenzrecht besteht für folgende Unternehmen: ▪ Betreiber des Einlagengeschäfts (Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (a)) ▪ Betreiber des Kreditgeschäfts (Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (c)) ▪ Zentrale Gegenparteien (Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (k)) ▪ Zahlungsdienstleister (Kapitel D. I. 1. a) aa) (3) (i)) Darüber hinaus sind Geschäfte zu erfassen, die mit dem Einlagengeschäft oder dem Kreditgeschäft ökonomisch gleichzusetzen sind (zusammenfassend Kapitel D. I. 1. a) aa) (4) und Kapitel D. I. 1. a) bb) (2)). • Ein Großteil sowohl des deutschen als auch des US-amerikanischen Sonderinsolvenzrechts findet nur bei systemrelevanten Instituten Anwendung. Diese Beschränkung sollte entfallen (zusammenfassend Kapitel D. II. 3. b)). ▪ Das allgemeine Insolvenzrecht ist auch zur Reorganisation von nichtsystemrelevanten Instituten ungeeignet, da eine Fortführung der Institute darin nicht möglich ist (Kapitel F. II.). ▪ In keiner der hier untersuchten Rechtsordnungen ist eine konkrete Definition des Systemrelevanzbegriffs gelungen (Kapitel D. II. 1. und Kapitel D. II. 2.). Eine Konkretisierung ist aufgrund der Situations­bezogenheit der Systemrelevanz auch nicht möglich (Kapitel D. II. 3. a)). Um den betroffenen Parteien Rechtssicherheit über das anwendbare Abwicklungsregime zu geben, sollte die Anwendbarkeit des Sonderinsolvenzrechts nicht vom Vorliegen der Systemrelevanz eines Instituts abhängig gemacht werden (Kapitel D. II. 3. b)).

III.  Anpassungsbedarf des bestehenden Sonderinsolvenzrechts

405

▪ Daraus folgt aber nicht, dass die Systemrelevanz bei der Abwicklung außer Acht gelassen werden sollte. Vielmehr sollte sie nach dem Vorbild des FDIA-Abwicklungsregimes bei der Wahl der Abwicklungsinstrumente innerhalb des Sonderinsolvenzrechts berücksichtigt werden. Ein nicht-systemrelevantes Institut sollte immer mit dem Ziel der Maximierung des Verwertungserlöses abgewickelt werden. Unterstützungsmaßnahmen durch den Abwicklungsfonds dürfen dabei nicht erfolgen. Diese sind auf die Abwicklung von systemrelevanten Instituten zu beschränken, die beispielsweise im Interesse der Finanzmarktstabilität, aber gegen das Interesse der Gläubiger fortgeführt werden (Kapitel E. IV. 5. a) und Kapitel E. V. 6.). • Der sachliche Anwendungsbereich ist bei Vorliegen einer Vielzahl unterschiedlicher Insolvenzgründe gegeben. Um den Zielen des Insolvenzverfahrens besser gerecht zu werden, sollte er eingeschränkt und vereinheitlicht werden (zusammenfassend D. III. 3.). ▪ § 62 SAG setzt eine Bestandsgefährdung, § 46 KWG eine Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Instituts gegenüber seinen Gläubigern und § 46g KWG eine schwerwiegende Gefahr für die Gesamtwirtschaft voraus. Diese Voraussetzungen sollten vereinheitlicht werden (Kapitel D. III. 1. b)). ▪ Als Insolvenzgründe für Finanzinstitute sind die Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben und die Unterschreitung der Liquiditätsvorgaben besser geeignet als die Insolvenzgründe der Überschuldung und der Zahlungsunfähigkeit im allgemeinen Insolvenzrecht. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über Finanzinstitute sollte schon vor der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über sonstige Unternehmen möglich sein, um den gesteigerten Gefahren eines bank run und der Überinvestition zu begegnen (Kapitel D. III. 1. a)). ▪ Zur Vermeidung unnötiger Insolvenzverfahren sollten die Insolvenzgründe de lege ferenda nach dem Vorbild des US-Sonderinsolvenzrechts für Einlageninstitute zweistufig ausgestaltet werden. Eine lediglich einfache Unterschreitung der Eigenmittel- oder Liquiditätsvorgaben sollte nur dann die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ermöglichen, wenn eine Erholung des Instituts nicht zu erwarten ist. Eine qualifizierte Unterschreitung sollte im zweiten Schritt hingegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens erforderlich machen (Kapitel D. III. 1. c) aa) (4) und Kapitel D. III. 3.). ▪ Weitere Insolvenzgründe sollten entfallen. Der Verstoß gegen bankaufsichtsrechtliche Vorgaben, die nicht mit der Solvenz des Instituts zusammenhängen, kann die Anwendung eines kollektiven Vollstreckungsverfahrens nicht rechtfertigen (Kapitel D. III. 3.). – Die Anzeigerechte über das Vorliegen von Insolvenzgründen bei der Aufsichtsbehörde sollten auf die Gläubiger ausgeweitet werden.

406

F.  Schlussbetrachtung

• Gläubiger haben de lege lata nicht die Möglichkeit, die Einleitung eines Sonderinsolvenzverfahrens zu erreichen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass ein Insolvenzantrag der Gläubiger eine negative Signalwirkung entfalten kann, die geeignet ist, einen bank run auszulösen und damit auch gesunde Institute insolvent werden zu lassen. Allerdings sind die Gläubiger die einzige Partei mit einem finanziellen Anreiz, das Insolvenzverfahren rechtzeitig einzuleiten. Um beiden Aspekten Rechnung zu tragen, sollte Gläubigern ein nichtöffentliches Anzeigerecht bei der Aufsichtsbehörde eingeräumt werden, welches die zuständige Behörde beim Vorliegen von Insolvenzgründen zwingt, ein Verfahren einzuleiten (Kapitel D. III. 3.). – Eine Vertragskündigung anlässlich der Durchführung eines Sonderinsolvenzverfahrens oder anlässlich des Vorliegens von Sonderinsolvenzgründen sollte dauerhaft unterbunden werden. • Das sogenannte close-out netting ermöglicht es Vertragspartnern eines insolventen Instituts, derivative Verträge anlässlich der Durchführung des Insolvenzverfahrens zu kündigen und aufzurechnen. Das Kündigungsrecht erschwert die Fortführung eines insolventen Finanzinstituts und macht den plötzlichen Abschluss von Ersatzgeschäften notwendig, welcher zusätzliche Marktverwerfungen verursachen kann (Kapitel E. II. 2. b)). • Anstelle der bestehenden Regelung, die eine Kündigung grundsätzlich nur bis zum Ablauf des nächsten Geschäftstages unterbindet, sollte die Beendigung von Finanzgeschäften basierend auf einer Insolvenzverfahrenseröffnung oder dem Vorliegen von Insolvenzgründen dauerhaft verboten werden. Um regulatory arbitrage zu verhindern, muss die Behandlung der Inhaber von Forderungen aus Finanzgeschäften an die Behandlung sonstiger Insolvenzgläubiger angeglichen werden (Kapitel E. II. 2. b)). – In das deutsche Sonderinsolvenzrecht sollten Anfechtungsmöglichkeiten aufgenommen werden. • Im Gegensatz zum US-Sonderinsolvenzrecht und zum deutschen allgemeinen Insolvenzrecht beinhaltet das deutsche Sonderinsolvenzrecht kein Anfechtungsrecht (Kapitel E. II. 4. c)). • Zur Verhinderung von Überinvestitionen sollten fraudulent transfers im Sonderinsolvenzverfahren angefochten werden können. Darüber hinaus sollten auch solche preferential transfers anfechtbar sein, die nicht im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb erfolgten und den Gläubiger besserstellen, als er im Insolvenzverfahren stünde, um einen Abzug von Kapital vor Eröffnung des Sonderinsolvenzverfahrens zu verhindern. Das Anfechtungsrecht sollte sich an dem Anfechtungsrecht des Bankruptcy Code orientieren, um Rechtsunsicherheiten im Vergleich zum Anfechtungsrecht der Insolvenzordnung zu reduzieren (Kapitel E. II. 4. c)).

III.  Anpassungsbedarf des bestehenden Sonderinsolvenzrechts

407

– Zur Brückenfinanzierung sollte eine mit dem allgemeinen Insolvenzrecht vergleichbare Möglichkeit im Sonderinsolvenzrecht geschaffen werden, vorrangig rückzahlbare Darlehen aufzunehmen. • Die Finanzierung von Reorganisations- und Abwicklungsmaßnahmen im SAG erfolgt ausschließlich durch den Abwicklungsfonds. Insbesondere wenn der Anwendungsbereich – wie vorgeschlagen – auf nicht-systemrelevante Finanzinstitute ausgeweitet würde, wäre eine Unterstützungsleistung des Fonds nicht bei jeder Abwicklung zu rechtfertigen. Aber auch bei systemrelevanten Finanzinstituten sollte eine Unterstützung des Fonds nur als ultima ratio in Frage kommen, um die Finanzstabilität zu erhalten. • Um eine Alternative zur Finanzierung durch den Abwicklungsfonds zu schaffen, müsste der Schuldner die Möglichkeit eingeräumt bekommen, Darlehen aufzunehmen, die vorrangig zu befriedigen sind. Vorbilder dafür können das deutsche allgemeine Insolvenzrecht, welches neue Darlehensverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten behandelt, oder das US-Sonderinsolvenzrecht darstellen, in dem neuen Gläubigern sogar eine Superpriorität eingeräumt werden kann (Kapitel E. IV. 3. b)). • Im Reorganisationsverfahren sollte die Beschränkung der vorrangigen Darlehensaufnahme auf 10% der Eigenmittel entfallen und ein Vorrang unabhängig von der Annahme des Reorganisationsplans geschaffen werden (Kapitel E. IV. 3. b)). – Die Unterstützung durch den Abwicklungsfonds sollte auch in Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG als ultima ratio zur Verfügung stehen. • Kann eine Brückenfinanzierung nicht durch ein vorrangiges Darlehen erreicht werden und kommt der Abwicklungsfonds zu dem Ergebnis, dass die Reorganisation des Instituts in Eigenverwaltung erfolgversprechend und für den Erhalt der Finanzmarktstabilität erforderlich ist, sollte der Fonds die gleichen Unterstützungsleistungen erbringen können, wie bei der Anwendung der sonstigen Instrumente zur Abwicklung oder Reorgansation (Kapitel E. IV. 3. b)). – Hindernisse für eine Reorganisation im Reorganisationsverfahren müssen beseitigt werden. • Eine Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital muss auch gegen den Willen der betroffenen Gläubiger ermöglicht werden. Im Vergleich zu einer reinen Forderungskürzung stellt die Umwandlung von Fremdkapital in Eigenkapital geringere Anforderungen an die Unternehmensbewertung und führt regelmäßig zu einem wirtschaftlich angemesseneren Ergebnis. Darüber hinaus führt der Widerspruch der Gläubiger gegen eine Wandlung lediglich zu einer ineffizienten Verlängerung des Insolvenzverfahrens, da er durch eine anschließende Anordnung des Instruments der Gläubigerbeteiligung hinfällig wird (Kapitel E. IV. 4. b) aa)).

408

F.  Schlussbetrachtung

• Auch das Erfordernis der Annahme eines Reorganisationsplans durch eine Gläubigermehrheit sollte gestrichen werden, wenn die Abwicklungsbehörde feststellt, dass die Reorganisation im Interesse der Stabilität des Finanzsystems erforderlich ist. In diesem Fall sind die Gläubiger angemessen durch den Fonds zu entschädigen (Kapitel E. IV. 4. b) aa)). – Die Haftungskaskaden innerhalb des Sonderinsolvenzrechts sollten angeglichen werden. • De lege lata werden Gläubigerforderungen bei der Anwendung des Instruments der Gläubigerbeteiligung in einer anderen Rangfolge befriedigt als im Reorganisationsverfahren nach dem KredReorgG. Damit entsteht der Fehlanreiz für Gläubiger, die durch das KredReorgG schlechtergestellt sind als durch das Instrument der Gläubigerbeteiligung, das Reorganisationsverfahren zu blockieren (Kapitel E. IV. 5. c)). • Die Haftungskaskaden der übertragenden Sanierung, der Stilllegung und der Gläubigerbeteiligung innerhalb des Sonderinsolvenzrechts sollten angeglichen werden. Dadurch würde die ex ante-Prognostizierbarkeit der Forderungskürzung für die Gläubiger verbessert und damit deren Unsicherheit reduziert (Kapitel E. VI. 4.). • Die einheitliche Haftungskaskade sollte Einleger vorrangig befriedigen, um das Risiko von bank runs und den moral hazard-Anreiz zu reduzieren. Gesellschafterdarlehen sollten hingegen mit einem Nachrang versehen werden, soweit es sich nicht um Sanierungskredite handelt (Kapitel E. VI. 4.). • Folgt man nicht den oben gemachten Reformvorschlägen zur Streichung des Kriteriums der Systemrelevanz und zur ausschließlichen Anwendung des Sonderinsolvenzrechts, sollte eine Angleichung der Haftungskaskade im allgemeinen Insolvenzrecht für Insolvenzen von Finanzinstituten erfolgen. De lege lata können die Gläubiger eines Finanzinstituts nicht sicher sein, ob das Finanzinstitut im allgemeinen Insolvenzrecht oder im Sonderinsolvenzrecht abgewickelt wird. Um die Prognostizierbarkeit ihrer Forderungskürzung zumindest geringfügig zu erhöhen, sollten die Haftungskaskaden der Insolvenzregime angeglichen werden. Dies könnte für das allgemeine Insolvenzrecht durch eine Anpassung des § 46f KWG erfolgen, der schon de lege lata die Haftungskaskade des allgemeinen Insolvenzrechts für die Abwicklung von Finanzinstituten verändert (Kapitel E. VI. 4.). – Um eine effizientere Verwertung zu ermöglichen, sollte im Sonderinsolvenzrecht eine lastenfreie Veräußerung von Sicherungsgegenständen ermöglicht werden. • Während es im allgemeinen Insolvenzrecht zumindest eingeschränkte Möglichkeiten zum lastenfreien Verkauf von Sicherungsgegenständen gibt, sieht das Sonderinsolvenzrecht keine vergleichbare Berechtigung vor (Kapitel E. VI. 2. b) bb)). • Die lastenfreie Veräußerung von Sicherungsgegenständen vereinfacht die Verwertung und kann zu einem höheren Verwertungserlös führen. Als Vor-

IV.  Bankenabwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht

409

bild für eine entsprechende Berechtigung kann das US-Sonderinsolvenzrecht dienen (Kapitel E. VI. 2. b) aa)). • Zum Schutz der Gläubiger sollte ihnen das Recht eingeräumt werden, durch Aufrechnung mit ihrer Forderung den Sicherungsgegenstand zu erwerben. Als Vorbild kann das credit bidding im US-Recht dienen (Kapitel E. VI. 4.).

IV.  Reformvorschläge zur Ermöglichung der Bankenabwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht IV.  Bankenabwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht

Alternativ zur Anwendung eines eigenständigen Sonderinsolvenzrechts, besteht auch die Möglichkeit, das allgemeine Insolvenzrecht an die Bedürfnisse der Abwicklung und Reorganisation von Finanzinstituten anzupassen. In den USA wurde dieser Vorschlag insbesondere durch Scott und Taylor vertreten, die ein neues Kapitel im Bankruptcy Code für Finanzinstitute forderten.1 Für die Abwicklung von Finanzinstituten im deutschen allgemeinen Insolvenzrecht bestehen bereits Sonderregelungen im KWG (Kapitel C. II. 3.). Um die Übersichtlichkeit zu erhöhen, sollten Sonderregelungen für die Abwicklung von Banken jedoch in die Insolvenzordnung aufgenommen werden. Dort könnte beispielsweise nach dem Vorbild des Neunten Teils mit Regeln über das Verbraucherinsolvenzverfahren ein weiterer Teil mit Sonderregeln für die Abwicklung von Finanzinstituten geschaffen werden (Kapitel C. IV.). Die Vorteile einer Abwicklung von Finanzinstituten im allgemeinen Insolvenzverfahren bestünden insbesondere in einer erhöhten Rechtssicherheit für die Gläubiger durch die Involvierung eines neutralen Insolvenzgerichts und in der vorhandenen Erfahrung mit dem Verfahren (Kapitel E. II. 3. b)). Der Nachteil einer Abwicklung von Finanzinstituten im allgemeinen Insolvenzverfahren bestünde hingegen in der zu erwartenden Verlängerung der Verfahrensdauer (Kapitel E. II. 3. a)). Vor diesem Hintergrund werden im Folgenden Vorschläge zur Reformierung des allgemeinen Insolvenzrechts gemacht, deren Umsetzung eine Abwicklung von Finanzinstituten im allgemeinen Insolvenzverfahren möglich machen würde: – Die Insolvenzgründe müssten für Finanzinstitute um den Insolvenzgrund der Unterschreitung der Eigenmittelvorgaben und der Liquiditätsvorgaben ergänzt werden, um bank runs und Überinvestitionen wirksam zu verhindern (Kapitel D. III. 3.). – Das Zahlungsverbot müsste eingeschränkt werden. • Die Reorganisation des Instituts ist nur möglich, wenn kein langfristiges Verbot der Rückzahlung aller Verbindlichkeiten besteht (Kapitel E. II. 1. b)). • Eine Möglichkeit zur Behebung des Problems bestünde darin, operative Verbindlichkeiten vom Zahlungsverbot auszunehmen. Damit bestünde aber die Gefahr, dass die Gläubiger operativer Verbindlichkeiten sich dem Insol1 

Scott/Taylor, Bankruptcy Not Bailout.

410

F.  Schlussbetrachtung

venzverfahren durch Abzug ihrer Gelder entziehen. Mithin kann eine solche Maßnahme nur erfolgen, wenn operative Verbindlichkeiten auch von Kürzungen ausgenommen werden (Kapitel E. IV. 4. c)). • Eine andere Möglichkeit bestünde in der Beschränkung des Zahlungsverbots auf einen Zeitraum von wenigen Tagen, in dem die Reorganisation oder die übertragende Sanierung abgeschlossen werden müsste. Dazu könnte das in den USA weit verbreitete Modell des pre-packaged-Insolvenzverfahrens herangezogen werden, für das die Abwicklungspläne eine Grundlage bilden können (Kapitel E. IV. 5. d)). – Entscheidungsprozesse im Verfahren müssten an die zusätzlichen Funktionen, die ein Insolvenzverfahren für Finanzinstitute erfüllen muss, angepasst werden. Insbesondere muss die Aufsichtsbehörde die Möglichkeit erhalten, Maßnahmen auch gegen den Willen der Gläubiger durchzusetzen, wenn dies zum Erhalt der Finanzmarktstabilität erforderlich ist. • Dazu müsste das Anhörungsrecht der Aufsichtsbehörde zur Bestellung eines Insolvenzverwalters zu einem Vorschlagsrecht ausgeweitet werden. Zur effizienten Durchsetzung von Entscheidungen der Aufsichtsbehörde könnte der Insolvenzverwalter sogar einem Weisungsrecht nach dem Vorbild des Sonderverwalters im SAG unterworfen werden (Kapitel E. IV. 2. b)). • Das Zustimmungserfordernis der Gläubiger zur Übertragung wesentlicher Teile des Instituts nach § 160 InsO müsste entfallen, um dem Insolvenzverwalter eine übertragende Sanierung im Interesse der Finanzstabilität aber gegen das Interesse der Gläubiger zu ermöglichen (Kapitel E. V. 2. a) cc)). • Zur Vereinfachung der Reorganisation müsste das Zustimmungserfordernis derjenigen Gläubiger, deren Forderungen in Eigenkapital gewandelt werden sollen, gestrichen werden (Kapitel E. IV. 5. c)). • Im Gegenzug müssten die Gläubiger dadurch geschützt werden, dass Ihnen ein Anspruch in Höhe der Differenz der tatsächlichen Auszahlung und ihres erwarteten Erlöses bei einer Liquidation gegen den Abwicklungsfonds eingeräumt wird (Kapitel E. IV. 4. b) aa)). – Das Anfechtungsrecht müsste für Insolvenzverfahren über Finanzinstitute eingeschränkt werden. • Das Ausmaß möglicherweise anfechtbarer Rechtshandlungen übersteigt bei Insolvenzen von Finanzinstituten das in anderen Verfahren gewöhnliche Maß aufgrund der Vielzahl der durchgeführten Transaktionen um ein Vielfaches. Die mit der Unklarheit über die Anfechtbarkeit verbundene Unsicherheit gefährdet die Finanzmarktstabilität (Kapitel E. II. 4. c)). • Um die Rechtssicherheit zu erhöhen, müsste das Anfechtungsrecht auf Zahlungen beschränkt werden, die die Gläubiger besserstellen, als sie ohne die Zahlung im Insolvenzverfahren stünden, und die nicht im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb erfolgt sind. Als Vorbild könnte das Anfechtungsrecht im US-Insolvenzrecht herangezogen werden (Kapitel E. II. 4. b)).

IV.  Bankenabwicklung im allgemeinen Insolvenzrecht

411

– Die Sonderkündigungsrechte des § 104 InsO müssten aufgehoben werden und durch eine beiderseitige zwangsweise Erfüllung des Vertrages ersetzt werden, um die Fortführung von Finanzinstituten zu ermöglichen und Marktverwerfungen zu verhindern (Kapitel E. II. 2. b)). – Die Bankerlaubnis dürfte nicht bei der Insolvenzeröffnung entzogen werden, da andernfalls eine Fortführung unmöglich wird. Auch müsste der Zugang zum Zahlungsverkehrssystem der Bundesbank nach Insolvenzeröffnung erhalten bleiben. Nur im Falle einer Stilllegung sollte die Erlaubnis entzogen und der Zugang zum Zahlungsverkehrssystem gesperrt werden (Kapitel E. II. 5.). – Um eine Fortführung des Finanzinstituts zum Erhalt der Finanzmarktstabilität zu ermöglichen, auch wenn kein Erwerber und kein Brückenfinanzierer gefunden werden kann, muss dem Abwicklungsfonds als ultima ratio eine Brückenfinanzierung sowie eine Unterstützung eines potentiellen Erwerbers ermöglicht werden (Kapitel E. IV. 5. a) und Kapitel E. V. 5. b)). – In den Fällen der übertragenden Sanierung und der Stilllegung sollte der Insolvenzverwalter die Möglichkeit haben, schon früh im Verfahren Ausschüttungen in Höhe des konservativ geschätzten Verwertungserlöses vorzunehmen, um die Liquidität der Gläubiger nicht zu gefährden und damit eine direkte Ansteckung zu verhindern (Kapitel E. VI. 4.). – Zur Beschleunigung von allgemeinen Insolvenzverfahren über Finanzinstitute könnte Instituten im Bankaufsichtsrecht vorgeschrieben werden, anstelle eines Mindestwandlungskapitals nach dem SAG Zwangswandelanleihen zu halten, die erst nach Insolvenzeröffnung gewandelt werden, wenn der Insolvenzverwalter eine Fortführung des Instituts anstrebt (Kapitel E. IV. 4. c)). • Zusammen mit den Abwicklungsplänen ließe sich ein solches Insolvenzverfahren vergleichbar mit einem pre-packaged-Verfahren in kurzer Zeit durchführen. Das Zahlungsverbot und das Anfechtungsrecht könnten auf die Zwangswandelanleihen beschränkt werden; operative Verbindlichkeiten wären dann nicht betroffen. • Eine Reorganisation könnte durch eine Wandlung der Anleihen über ein Wochenende auch im allgemeinen Insolvenzrecht erfolgen. • Eine übertragende Sanierung würde dadurch vereinfacht, dass der Wert der Vermögensgegenstände nach der Wandlung den Wert der Verbindlichkeiten überstiege und ein Erwerber leichter zu finden wäre. • Eine Stilllegung könnte ohne Wandlung der Anleihen erfolgen und die Anleihegläubiger würden vorrangig vor den Anteilsinhabern befriedigt. • Zwangswandelanleihen haben damit das Potential, den Vorteil der Rechtssicherheit des allgemeinen Insolvenzverfahrens mit dem Vorteil der Geschwindigkeit des Sonderinsolvenzverfahrens zu vereinigen.

Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis

Adler, Barry/Baird, Douglas/Jackson, Thomas: Bankruptcy – Cases, Problems, and Materials, 4. Auflage, New York 2007 (zitiert: Adler/Baird/Jackson, Bankruptcy) Aghion, Philippe/Hart, Oliver/Moore, John: The Economics of Bankruptcy Reform, NBER Working Paper 4097 (abrufbar unter http://www.nber.org/papers/w4097.pdf) (zitiert: Aghion/Hart/Moore, The Economics of Bankruptcy Reform) Albrecht, Peter/Maurer, Raimond: Investment- und Risikomanagement: Modelle, Methoden, Anwendungen, 3. Auflage, Stuttgart 2008 (zitiert: Albrecht/Maurer, Investmentund Risikomanagement) Amend, Angelika: Das Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz oder der Bedeutungsverlust des Insolvenzrechts, ZIP 2009, 589 – 599 Andres, Dirk/Leithaus, Rolf/Dahl, Michael (Hrsg.): Insolvenzordnung (InsO) – Kommentar, 3. Auflage, München 2014 (zitiert: Andreas/Leithaus/Dahl/Bearbeiter, § InsO) Armour, John: Bank Resolution Regimes: Designing the Right Model? (abrufbar unter http://www3.law.ox.ac.uk/denning-archive/news/events_files/Armour_bank_resolution_regimes_for_LF_Workshop.pdf) (zitiert: Armour, Bank Resolution Regimes) Ashmead, John: In Re Colonial Realty Co.: The Second Circuit Harmonizes Bankruptcy and Bank Insolvency Law, Brooklyn Law Review 1994, 517 – 551 Asser, Tobias: Legal Aspects of Regulatory Treatment of Banks in Distress, Washington 2001 Avdijev, Stefan/Kartasheva, Anastasia/Bogdanova, Bilyana: CoCos: a primer, BIS Quarterly Review, September 2013, 43 – 56 Ayotte, Kenneth/Skeel, David: Bankruptcy or Bailouts?, The Journal of Corporation Law, 2010, 469 – 498 Bachmann, Gregor: Das neue Restrukturierungsrecht der Kreditinstitute, ZBB 2010, 459 – 471 BaFin: Auslegungsschreiben zum Anwendungsbereich des KAGB und zum Begriff des Investmentvermögens vom 14.06.2013 (abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Auslegungsentscheidung/WA/ae_130614_Anwendungsber_KAGB_begriff_invvermoegen.html) (zitiert: BaFin, Auslegungsschreiben KAGB) – Jahresbericht 2010 (abrufbar unter https://www.bafin.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Jahresbericht/dl_ jb_2010.pdf?__blob=publicationFile&v=16) (zitiert: BaFin, Jahresbericht 2010) – Merkblatt – Hinweise zu den Tatbeständen des Eigenhandels und des Eigengeschäfts (abrufbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/ mb_110322_eigenhandel_eigengeschaeft_neu.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Eigenhandel) – Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Depotgeschäfts (abrufbar unter http://www. bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_090106_tatbestand_depotgeschaeft.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Depotgeschäft)

Literaturverzeichnis

413

– Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Diskontgeschäfts (abrufbar unter http://www. bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_090106_tatbestand_diskontgeschaeft.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Diskontgeschäft) – Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Einlagengeschäfts (abrufbar unter https:// www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_140311_tatbestand_ einlagengeschaeft.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Einlagengeschäft) – Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Garantiegeschäfts (abrufbar unter http://www. bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_090108_tatbestand_garantiegeschaeft.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Garantiegeschäft) – Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Kreditgeschäfts (abrufbar unter https://www. bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_090108_tatbestand_kreditgeschaeft.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Kreditgeschäft) – Merkblatt – Hinweise zum Tatbestand des Pfandbriefgeschäfts (abrufbar unter http:// www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_090106_tatbestand_pfandbriefgeschaeft.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Pfandbriefgeschäft) – Merkblatt- Hinweise zum Tatbestand des Finanzkommissionsgeschäfts (abrufbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_100318_tatbestand_finanzkommgeschaeft.html) (zitiert: BaFin, Merkblatt Finanzkommissionsgeschäft) Baird, Douglass/Morrison, Edward: Dodd-Frank for Bankruptcy Lawyers, Am. Bankr. Inst. L. Rev. 2011, 287 – 318 Bamberger, Heinz Georg: Mitwirkungspflichten, in: Knops/Bamberger/Maier-Reimer (Hrsg.): Recht der Sanierungsfinanzierung, Berlin 2005 (zitiert: Bamberger, Mitwirkungspflichten) Bank for International Settlements: Report and Recommendations of the Cross-border Bank Resolution Group (abrufbar unter http://www.bis.org/publ/bcbs169.pdf) (zitiert: Bank for International Settlements, Cross-border Bank Resolution) – Semiannual OTC derivatives statistics (abrufbar unter https://www.bis.org/statistics/ derstats.htm) (zitiert: Bank for International Settlements, Semiannual OTC derivatives statistics) Bankenverband: Die 100 grössten Deutschen Banken, Die Bank 8/2013 (abrufbar unter https://bankenverband.de/media/file/top100-2012.pdf) (zitiert: Bankenverband, 100 größte Banken 2012) Bauer, Eva: Der Restrukturierungsfond für Kreditinstitute, in: Brogl (Hrsg.): Handbuch Banken-Restrukturierung, Berlin 2012 (zitiert: Bauer, Der Restrukturierungsfond für Kreditinstitute) Baumbach, Adolf/Hopt, Klaus/Kumpan, Christoph/Merkt, Hanno/Roth, Markus (Hrsg.): Handelsgesetzbuch – Kommentar, 36. Auflage, München 2014 (zitiert: Baumbach/Hopt/ Bearbeiter, § HGB) Baxter, Thomas/Hansen, Joyce/Sommer, Joseph: Two Cheers for Territoriality, American Bankruptcy Journal 2004, 57 – 91 Bay, Karl-Christian/Seeburg, Dirk/Böhmer, Martin: Debt-Equity-Swap nach § 225a Abs. 2 S. 1 des geplanten Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen, ZInsO 2011, 1927 – 1941 Bebchuk, Lucian Arye: A New Approach to Corporate Reorganizations, Harvard Law Review 1988, 775 – 804

414

Literaturverzeichnis

– Ex Ante Costs of Violating Absolute Priority in Bankruptcy, Journal of Finance 2002, 445 – 460 Beck, Heinz/Samm, Carl-Theodor/Kokemoor, Axel (Hrsg.): Kreditwesengesetz mit CRR, 180. Aktualisierung, Heidelberg 2015 (zitiert: Beck/Samm/Kokemoor/Bearbeiter, § KWG) Beck, Thorsten/Laeven, Luc: Resolution of Failed Banks by Deposit Insurers, World Bank Policy Research Working Paper Series 3920 (abrufbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/ Delivery.cfm/3920.pdf?abstractid=913211&mirid=1) (zitiert: Beck/Laeven, Resolution of Failed Banks by Deposit Insurers) Becker, Florian/Mock, Sebastian: Finanzmarktstabilisierung in Permanenz, Der Betrieb 2009, 1055 – 1061 Beckmann, Klaus/Bauer, Joachim (Hrsg.): Bankaufsichtsrecht – Entscheidungssammlung, 3. Ergänzungslieferung, München 1989 (zitiert: Beckmann/Bauer, Bankaufsichtsrecht) Beger, Thomas Uwe: Bankenkrise und Insolvenzrecht, Hamburg 2013 Beltratti, Andrea/Stulz, René: Why Did Some Banks Perform Better During the Credit Crisis? A Cross-Country Study of the Impact of Governance and Regulation (abrufbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1433502) (zitiert: Beltratti/Stulz, Why Did Some Banks Perform Better) Bennett, Rosalind: Failure Resolution and Asset Liquidation: Results of an International Survey of Deposit Insurers, FDIC Banking Review September 2001, 1 – 28 Bennett, Rosalind/Unal, Haluk: The Effects of Resolution Methods and Industry Stress on the Loss on Assets from Bank Failures, Journal of Financial Stability 2014, 18 – 31 – Understanding the Components of Bank Failure Resolution Costs, FDIC Working Paper 2014 – 04 (abrufbar unter https://www.fdic.gov/bank/analytical/cfr/2014/wp2014/ WP_2014_04.pdf) (zitiert: Bennett/Unal, Understanding Bank Failure Resolution Costs) Benston, George/Kaufman, George: Is the Banking and Payments System Fragile?, Journal of Financial Services Research 1995, 209 – 240 Berman, Howard: 363 Asset Sales: The Latest Restructuring Tool, Pratt’s Journal of Bank­ ruptcy Law 2010, 291 – 301 Binder, Jens-Hinrich: Ausgestaltung und Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Restrukturierung, in: ZBB 2012, 417 – 426 – Bankeninsolvenz im Spannungsfeld zwischen Bankaufsichts- und Insolvenzrecht, Berlin 2005 – Bankenintervention und Bankenabwicklung in Deutschland- Reformnotwendigkeit und Grundzüge eines verbesserten Rechtsrahmens (abrufbar http://www.sachverstaendigenrat-wirtschaft.de/fileadmin/dateiablage/Arbeitspapiere/Bankenintervention_und_Bankenabwicklung_in_Deutschland.pdf) (zitiert: Binder, Sachverständigengutachten) – Institutionalisierte Krisenbewältigung bei Kreditinstituten, ZBB 2009, 19 – 32 – Krisenbewältigung im Spannungsfeld zwischen Aufsichts-, Kapitalmarkt- und Gesellschaftsrecht, WM 2008, 2340 – 2349 – ,Too-big-to-fail‘ – can alternative resolution regimes really remedy systemic risk in large financial institution’s insolvency, in: LaBrosse/Olivares-Caminal/Singh (Hrsg.): Manag­ ing Risk in the Financial System, Cheltenham 2011 (zitiert: Binder, Alternative Resolution Regimes) Birdthistle, William: Breaking Bucks in Money Market Funds, Winsconsin Law Review 2010, 1155 – 1201

Literaturverzeichnis

415

Birmingham, Robert: Breach of Contract, Damage Measures, and Economic Efficiency, Rutgers L. Rev. 1970, 273 – 292 Bishop, Joseph: More on „Discounts“ Under New York’s Banking Law: Antiquarian Re­ search Inspired by Contemporary Legislation, Yale Law Journal 1959, 269 – 291 Bliss, Robert: Bankruptcy law and large complex financial oganizations: a primer, Economic Perspectives March 2003, 48 – 58 Bliss, Robert/Kaufman, George: A comparison of U.S. corporate and bank insolvency resolution, Journal of Economic Perspectives 2006, 44 – 56 – Resolving large complex financial institutions within and across jurisdictions, in: La­ Brosse/Olivares-Caminal/Singh (Hrsg.): Managing Risk in the Financial System, Cheltenham 2011 (zitiert: Bliss/Kaufman, Resolving large complex financial institutions) – U.S. Corporate and Bank Insolvency Regimes: A Comparison and Evaluation, Virginia Law and Business Review 2007, 143 – 177 Block-Lieb, Susan: Why Creditors File so Few Involuntary Petitions and Why the Number Is Not Too Small, Brooklyn Law Journal 1991, S. 803 – 862 Bollen, Rhys: Time to modernise the concept of „deposit“, Journal of Banking and Finance Law and Practice 2006, 283 – 294 Boos, Karl-Heinz/Fischer, Reinfrid/Schulte-Mattler, Hermann (Hrsg.): Kreditwesengesetz, 4. Auflage, München 2012 (zitiert: Boos/Fischer/Schulte-Mattler/Bearbeiter, § KWG) Bork, Reinhard: Einführung in das Insolvenzrecht, 7. Auflage, Tübingen 2014 Bormann, Jens: Kreditreorganisationsgestz, ESUG und Scheme of Arrangement – Insolvenzrechtliche Neuerungen im Spannungsverhältnis zwischen erleichterter Unternehmenssanierung und Beschneidung von Gläubiger- und Gesellschafterrechten, in: NZI 2011, 892 – 898 Boujong, Karlheinz/Ebenroth, Thomas/Joost, Detlev/Strohn, Lutz (Hrsg.): Handelsgesetzbuch – Kommentar, 3. Auflage, München 2014 (zitiert: Ebenroth/Bearbeiter, § HGB) Braun, Eberhard (Hrsg.): Insolvenzordnung (InsO) – Kommentar, 6. Auflage, München 2014 (zitiert: Braun/Bearbeiter, § InsO) Brete, Raik/Thomsen, Michael: Die Auffanggesellschaft, NJOZ 2008, 4159 – 4293 Brewer, Elijah/Genay, Hesna/Hunter, William Curt/Kaufman, George: The Value of Bank­ ing Relationships During a Financial Crisis: Evidence from Failures of Japanese Banks (abrufbar unter http://www.frbsf.org/economic-research/files/Breweretal.pdf) (zitiert: Brewer et al., The Value of Banking Relationships) Brierley, Peter: Insolvency Resolution: Key Issues Raised by the Papers, in: Evanoff/Kaufman/LaBrosse (Hrsg.): International Financial Instability – Global Banking and National Regulation, Singapur 2007 (zitiert: Brierley, Insolvency Resolution) Bris, Arturo/Welch, Ivo: The Optimal Concentration of Creditors, Journal of Finance 2005, 2193 – 2212 Bris, Arturo/Welch, Ivo/Zhu, Ning: The Costs of Bankruptcy: Chapter 7 Liquidation versus Chapter 11 Reorganization, Journal of Finance 2006, 1253 – 1303 Brogl, Frank: Aufsichtliche Gefahrenabwehr – Übertragungsanordnung und flankierende Maßnahmen, in: Brogl (Hrsg.): Handbuch Banken-Restrukturierung, Berlin 2012 (zitiert: Brogl, Aufsichtliche Gefahrenabwehr)

416

Literaturverzeichnis

– Einführung zum Banken-Restrukturierungsregime, in: Brogl (Hrsg.): Handbuch Banken-Restrukturierung, Berlin 2012 (zitiert: Brogl, Einführung zum Banken-Restrukturierungsregime) Broome, Larissa Lamkin: Redistributing Bank Insolvency Risks: Challenges to Limited Liability in the Bank Holding Company Structure, U.C. Davis Law Review 1993, 935 – 1004 Brück, Michael/Schalast, Christoph/Schanz, Kay-Michael: Das 1. Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz: Lex Hypo Real Estate oder doch mehr?, Betriebs Berater 2009, 1306 – 1313 – Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz: Hilfe für die Banken- Systemwechsel im Aktienund Insolvenzrecht, Betriebs Berater 2008, 2526 – 2535 Brunnermeier, Markus: Deciphering the Liquidity and Credit Crunch 2007 – 2008, Journal of Economic Perspectives 2009, 77 – 100 Bundesministerium der Finanzen: Struktur und Verteilung der Steuereinnahmen, Monatsbericht Juni 2011 (abrufbar unter https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/ DE/Monatsberichte/2011/06/Artikel/analysen-und-berichte/b04-struktur-und-verteilung-der-steuereinnahmen/struktur-und-verteilung-der-steuereinnahmen.html) (zitiert: Bundesministerium der Finanzen, Struktur und Verteilung der Steuereinnahmen) Buscher, Arne Martin/Link, Vivien: Sanierung und Abwicklung: Umsetzungsgesetz zur europäischen Richtlinie in Kraft (abrufbar unter http://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2015/fa_bj_1501_sanierungs-abwicklungsgesetz.html) (zitiert: Buscher/Link, Sanierung und Abwicklung) Cahn, Andreas: Der Kontrollbegriff des WpÜG, in: Mülbert/Kiem/Wittig (Hrsg.), 10 Jahre WpÜG, ZHR-Beiheft 76 2011 (zitiert: Cahn, Der Kontrollbegriff des WpÜG) – Equitable Subordination of Shareholder Loans?, European Business Organization Law Review 2006, 287 – 300 Cahn, Andreas/Kenadjian, Patrick: Contingent Convertible Securities: From Theory to CRD IV, in: Busch/Ferrarini (Hrsg.): European Banking Union, Oxford 2015 (zitiert: Cahn/Kenadjian, Contingent Convertible Securities) Calomiris, Charles/Gorton, Gary: The Origins of Banking Panics: Models, Facts, and Bank Regulation, in: Hubbard (Hrsg.): Financial Markets and Financial Crises, Chicago 1991 (zitiert: Calomiris/Gorton, The Origins of Banking Panics) Carnell, Richard/Macey, Jonathan/Miller, Geoffrey: The Law of Financial Institutions, 5. Auflage, New York 2013 Carpenter, David: Insolvency of Systemically Significant Financial Companies: Bankruptcy vs. Conservatorship/ Receivership, Congressional Research Service Report R40530 (zitiert: Carpenter, Insolvency of Systemically Significant Financial Companies) – Lehman Brothers and IndyMac: Comparing Resolution Regimes, Congressional Re­ search Service Report R40928 (zitiert: Carpenter, Lehman Brothers and IndyMac) Cerra, Valerie/Saxena, Sweta Chaman: Growth Dynamics: The Myth of Economic Recov­ ery, American Economic Review 2008, 439 – 457 Chen, Fannie: Structuring Public-Private Partnerships: Implications from the Public ­Private Investment Program for Legacy Securities, Columbia Journal of Law and Social ­Problems 2013, 509 – 538 Chen, Yehning/Weston, Fred/Altman, Edward: Financial Distress and Restructuring Models, Financial Management 1995, 57 – 75

Literaturverzeichnis

417

Čihák, Martin/Nier, Erlend: The Need for Special Resolution Regimes for Financial Institutions – The Case of the European Union, IMF Working Paper WP/09/200 (abrufbar unter https://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2009/wp09200.pdf) (zitiert: Čihák/Nier, The Need for Special Resolution Regimes) Claessens, Stijn/Herring, Richard/Schoenmaker, Dirk/Summe, Kimberly: A Safer World Financial System: Improving the Resolution of Systemic Institutions, Genf 2010 (zitiert: Claessens et al., A Safer World Financial System) Coffee, John: Systemic Risk After Dodd-Frank: Contingent Capital and the Need For Regulatory Strategies Beyond Oversight, Columbia Law Review 2011, 795 – 847 Cohan, Rodgin/Goldstein, Morris: The Case for an Orderly Resolution Regime for Systemically-Important Financial Institutions, PEW Briefing Paper 13 (abrufbar unter http:// www.iie.com/publications/papers/goldstein1009.pdf) (zitiert: Cohan/Goldstein, The Case for an Orderly Resolution Regime) Cohen, Hollace: Orderly Liquidation Authority: A New Insolvency Regime to Address Systemic Risk, University of Richmond Law Review 2010, 1143 – 1229 Committee on the Global Financial System: The role of valuation and leverage in procyclicality, CGFS Publiction No. 34 (abrufbar unter http://www.bis.org/publ/cgfs34.pdf) (zitiert: CGFS, Role of valuation) Congressional Budget Office: The Cost of Forbearance During the Thrift Crisis (abrufbar unter https://www.cbo.gov/sites/default/files/102nd-congress-1991-1992/reports/1991_06 _thecostofforbearance.pdf) (zitiert: Congressional Budget Office, Cost of Forbearance) Congressional Oversight Panel: Commercial Real Estate Losses And the Risk to Financial Stability, February Oversight Report 2009 (abrufbar unter https://www.gpo.gov/fdsys/ pkg/CPRT-111JPRT47178/html/CPRT-111JPRT47178.htm) (zitiert: Congressional Oversight Panel, February Oversight Report) Cornelli, Francesca/Felli, Leonardo: Ex-ante efficiency of bankruptcy procedures, Euro­ pean Economic Review 1997, 475 – 485 Crapo, David: Lehman Brothers Dismantles in Bankruptcy, Pratt’s Journal of Bankruptcy Law 2008, 703 – 709 D’Souza, Chris/Gravelle, Toni/Engert, Walter/Orsi, Liane: Contingent Capital and Bail-In Debt: Tools for Bank Resolution, Bank of Canada Report December 2010, 51 – 56 Davis Polk & Wardwell LLP: The Public-Private Investment Program (abrufbar unter http://www.davispolk.com/sites/default/f iles/f iles/Publication/65f0b8c8-a0814ec5-b494-47c6b826bb58/Preview/PublicationAttachment/6916eb38-dbd1-4f7b-98a3 -4837a2452545/03.25.09.PPIP.pdf) (zitiert: Davis Polk, The Public-Private Investment Program) Deutsche Bank Research: Contingent Convertibles, Finanzmarkt Spezial, 15. April 2011 (abrufbar unter https://www.dbresearch.de/PROD/DBR_INTERNET_DE-PROD/PROD 0000000000272297/Contingent_Convertibles%3A_Bankanleihen_im_Wandel.PDF) (zitiert: Deutsche Bank Research, Contingent Convertibles) Deutsche Bundesbank: Merkblatt über die Erteilung einer Erlaubnis zum Erbringen von Finanzdienstleistungen gemäß § 32 Abs. 1 KWG (abrufbar unter https://www.bundesbank. de/Redaktion/DE/Downloads/Aufgaben/Bankenaufsicht/Informationen_Merkblaetter/ merkblatt_ueber_die_erteilung_einer_erlaubnis_zum_erbringen_von_finanzdienstleistungen.pdf) (zitiert: Deutsche Bundesbank, Merkblatt Bankerlaubnis)

418

Literaturverzeichnis

– Monatsbericht Mai 2009 (abrufbar unter https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/ Downloads/Veroeffentlichungen/Monatsberichte/2009/2009_05_monatsbericht.pdf) (zitiert: Deutsche Bundesbank, Monatsbericht Mai 2009) Diamond, Douglas/Dybvig, Philip: Bank Runs, Deposit Insurance, and Liquidity, Journal of Political Economy 1983, 401 – 419 DiVenti, Theresa: Fannie Mae and Freddie Mac: Past, Present, and Future, Cityscape 2009, 231 – 242 Dombret, Andreas: Are banks different – do we need special rules for bank resolution?, in: Kenadjian (Hrsg.), Too Big to Fail – Brauchen wir ein Sonderinsolvenzrecht für Banken?, Berlin 2012 (zitiert: Dombret, Are banks different) Duffie, Darrell/Skeel, David: A Dialogue on the Costs and Benefits of Automatic Stays for Derivatives and Repurchase Agreements, in: Scott/Taylor (Hrsg.): Bankruptcy Not Bail­ out, Stanford 2012 (zitiert: Duffie/Skeel, Costs and Benefits of Automatic Stays) Dwyer, Gerald/Gilbert, Alton: Bank Runs and Private Remedies, Federal Reserve Bank of St. Lois Review 1989, 43 – 61 EBA, EBA/CP/2014/38, Consultation Paper – Draft Regulatory Technical Standards on valuation under Directive 2014/59/EU (abrufbar unter https://www.eba.europa.eu/documents/10180/886895/CP+on+draft+RTS+on+valuation+-+EBA-CP-2014-38.pdf) (zitiert: EBA, EBA/CP/2014/38) – EBA/GL/2014/13, Guidelines on common procedures and methodologies for the supervisory review and evaluation process (SREP) (abrufbar unter https://www.eba.europa. eu/documents/10180/935249/EBA-GL-2014-13+%28Guidelines+on+SREP+methodologies+and+processes%29.pdf) (zitiert: EBA, EBA/GL/2014/13) – EBA/GL/2015/07, Guidelines on the interpretation of the different circumstances when an institution shall be considered as failing or likely to fail under Article 32(6) of Directive 2014/59/EU (abrufbar unter https://www.eba.europa.eu/documents/10180/1085517/ EBA-GL-2015-07+GL+on+failing+or+likely+to+fail.pdf/02539533-27ed-4467-b4427d2fa6fcb3d3) (zitiert: EBA, EBA/GL/2015/07) – Methodological note EU-wide Stress Test 2014 (abrufbar unter https://www.eba.europa. eu/documents/10180/669262/Methodological+Note.pdf) (zitiert: EBA, Methodological Note) Edwards, Franklin: Hedge Funds and the Collapse of Long-Term Capital Management, Journal of Economic Perspectives 1999, 189 – 210 Edwards, Franklin/Morrison, Edward: Derivatives in Bankruptcy: Why the Special Treatment?, Yale Journal on Regulation 2005, 101 – 133 Edwards, Jonathan: FDICIA v. Dodd-Frank: Unlearned Lessons About Regulatory Forbear­ ance, Harvard Business Law Review 2011, 279 – 301 Eidenmüller, Horst: Der Markt für internationale Konzerninsolvenzen: Zuständigkeitskonflikte unter der EuInsVO, NJW 2004, 3455 – 3459 – Restrukturierung systemrelevanter Finanzinstitute, in: Grundmann/Haar/Merkt/Mülbert/Wellenhofer (Hrsg.), Festschrift für Klaus J. Hopt, Berlin 2010 (zitiert: Eidenmüller, in: FS Hopt) Eisenbeis, Robert: Home Country versus Cross-border – Negative Externalities in Large Banking Organization Failures and How to Avoid Them, Federal Reserve Bank of Atlanta WP 2006 No. 18 (abrufbar unter https://www.frbatlanta.org/-/media/Documents/

Literaturverzeichnis

419

research/publications/wp/2006/wp0618.pdf?la=en) (zitiert: Eisenbeis, Home Country versus Cross-border) Eisenbeis, Robert/Horvitz, Paul: The Role of Forbearance and Its Costs in Handling Troubled and Failed Depository Institutions, in: Kaufman (Hrsg.): Reforming Financial Institutions and Markets in the United States, New York 1994 (zitiert: Eisenbeis/Horvitz, The Role of Forbearance) Eisenbeis, Robert/Kaufman, George: Bank Crisis Resolution and Foreign-Owned Banks (abrufbar unter https://www.frbatlanta.org/-/media/Documents/research/publications/ economic-review/2005/vol90no4_eisenbeis-kaufman.pdf) (zitiert: Eisenbeis/Kaufman, Bank Crisis Resolution) Eßer, Martin: Kollektive Anlagemodelle als Finanzportfolioverwaltung, WM 2008, 671 – 678 European Commission: Impact of the current economic and financial crisis on potential output (abrufbar unter http://ec.europa.eu/economy_finance/publications/publication15479_en.pdf) (zitiert: European Commission, Impact of the crisis) Faucette, Douglas/Bruno, John/Heit, David: FDIC provides further clarification on qualifications and process for failed bank acquisitions (abrufbar unter http://www.lexology. com/library/detail.aspx?g=565ded95-b26a-4627-8f22-a613c22b3d32) (zitiert: Faucette/ Bruno/Heit, FDIC provides further clarification) FDIC: An Examination of the Banking Crises of the 1980s and Early 1990s (abrufbar unter https://www.fdic.gov/bank/historical/history/vol1.html) (zitiert: FDIC, An Examination of the Banking Crises) – General Counsel‘s Opinion No. 12, Engaged in the Business of Receiving Deposits Other than Trust Funds (abrufbar unter https://www.federalregister.gov/articles/2000/03/17/00-6548/general-counsels-opinion-no-12-engaged-in-the-business-ofreceiving-deposits-other-than-trust-funds) (zitiert: FDIC, Counsel Opinion on Deposits) – Managing the Crisis: The FDIC and RTC Experience (abrufbar unter https://www.fdic. gov/bank/historical/managing/) (zitiert: FDIC, Managing the Crisis) – Marketing Process (abrufbar unter https://www.fdic.gov/buying/FranchiseMarketing/ marketing_process.html) (zitiert: FDIC, Marketing Process) – Resolution of Systemically Important Financial Institutions: The Single Point of Entry Strategy, Fed. Reg. 2013, 76614 – 76624 (abrufbar unter https://www.fdic.gov/news/ board/2013/2013-12-10_notice_dis-b_fr.pdf) (zitiert: FDIC, Single Point of Entry Strategy) – Resolutions Handbook (abrufbar unter https://www.fdic.gov/about/freedom/drr_handbook.pdf) (zitiert: FDIC, Resolutions Handbook 2015) – Resolutions Handbook (nicht mehr online verfügbar) (zitiert: FDIC, Resolutions Handbook 2003) – Risk Management Manual of Examination Policies (abrufbar unter https://www.fdic. gov/regulations/safety/manual/section15-1.pdf) (zitiert: FDIC: Risk Management Manual) – The Orderly Liquidation of Lehman Brothers Holdings Inc. under the Dodd-Frank Act, FDIC Quarterly 2011 Vol. 5 (abrufbar unter https://www.fdic.gov/bank/analytical/ quarterly/2011_vol5_2/lehman.pdf) (zitiert: FDIC, The Orderly Liquidation of Lehman Broth­ers Holdings)

420

Literaturverzeichnis

FDIC/Bank of England: Resolving Globally Active, Systemically Important, Financial Institutions (abrufbar unter http://www.bankofengland.co.uk/publications/Documents/ news/2012/nr156.pdf) (zitiert: FDIC/Bank of England, Resolving Financial Institutions) Federal Reserve System, Study on the Resolution of Financial Companies under the Bank­ ruptcy Code (abrufbar unter http://www.federalreserve.gov/publications/other-reports/ files/bankruptcy-financial-study-201107.pdf) (zitiert: Fed, Study on the Resolution of Financial Companies) – Definitions of „Predominantly Engaged In Financial Activities“ and „Significant“ Nonbank Financial Company and Bank Holding Company, Fed. Reg. 2013, 20757-20781 (abrufbar unter https://www.gpo.gov/fdsys/pkg/FR-2013-04-05/pdf/2013-07688.pdf) (zitiert: Federal Reserve System, Definition of Financial Company) Ferreira, Daniel/Kershaw, David/Kirchmaier, Tom/Schuster, Edmund-Philipp: Measuring Management Insulation from Shareholder Pressure, ECGI Working Paper No. 345/2013 (abrufbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2170392) (zitiert: Ferreira et al., Measuring Management Insulation from Shareholder Pressure) Feyerabend, Hans-Jürgen/Behnes, Stephan/Helios, Marcus: Restrukturierung von Banken und Bankenabgabe – Steuerliche Aspekte des geplanten Restrukturierungsgesetzes für Kreditinstitute, Ubg 2011, 795 – 806 Financial Stability Oversight Council: Nonbank Financial Company Designations (abrufbar unter: http://www.treasury.gov/initiatives/fsoc/designations/Pages/default.aspx#nonbank) (zitiert: Financial Stability Oversight Council, Designations) Fischer, Jill/Roiter, Eric: A Floating NAV for Money Market Funds: Fix or Fantasy?, University of Pennsylvania, Institute for Law and Economics Research Paper No. 11 – 30 (abrufbar unter http://www.sec.gov/comments/4-619/4619-110.pdf) (zitiert: Fischer/Roiter, A Floating NAV) Fischer, Martin: Die Ursachen der Immobilienkrise und ihre Auswirkungen auf den Finanzmarkt Deutschland, Bremen 2009 Fischer, Stanley: On the Need for an International Lender of Last Resort, in: Goodhart/ Illing (Hrsg.): Financial Crises, Contagion, and the Lender of Last Resort, Oxford 2002 (zitiert: Fischer, On the Need for an International Lender of Last Resort) FMSA: Chronik der FMSA (abrufbar unter http://www.fmsa.de/de/presse/hintergrund-fmsa/) (zitiert: FMSA, Chronik) – Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung – Kernpunkte und Einschätzung der FMSA (abrufbar unter http://www.fmsa.de/export/sites/standard/downloads/ sonstige/FMStFG_Kernpunkte.pdf) (zitiert: FMSA, Kernpunkte zum FMStFG) – Hintergrund FMSA (abrufbar unter: http://www.fmsa.de/de/presse/hintergrund-fmsa/) (zitiert: FMSA, Hintergrund) – Historischer Überblick über die Maßnahmen des SoFFin (abrufbar unter http://www. fmsa.de/export/sites/standard/downloads/20151231_Massnahmen_der_FMSA_historisch.pdf) (zitiert: FMSA, Historischer Überblick) Frank, Nathaniel/González-Hermosillo, Brenda/Hesse, Heiko: Transmission of Liquidity Shocks: Evidence from the 2007 Subprime Crisis, IMF Working Paper WP/08/200 (abrufbar unter https://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2008/wp08200.pdf) (zitiert: Frank/González-Hermosillo/Hesse, Transmission of Liquidity Shocks)

Literaturverzeichnis

421

Frank, Ralf: Contingent Convertible Bonds (abrufbar unter http://www.dvfa.de/fileadmin/ downloads/Publikationen/DVFA-Kompendium/dvfa_kompendium_cocos.pdf) (zitiert: Frank, Contingent Convertible Bonds) Franke, Günter/Krahnen, Jan Pieter: Marktkräfte und Finanzstabilität: Desiderata und Anreizwirkungen eines institutionellen Rahmens für Bankenrestrukturierung, ZBB 2012, 399 – 412 Fried, Jörg: Finanzderivate in der Insolvenz – Grundlagen, in: Zerey (Hrsg.): Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4. Auflage, Baden-Baden 2016 (zitiert: Fried, Finanzderivate) – Insolvenzrechtliche Grenzen für Netting-Vereinbarungen – Überblick, in: Zerey (Hrsg.): Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4. Auflage, Baden-Baden 2016 (zitiert: Fried, Grenzen für Netting-Vereinbarungen) Frind, Frank: Restrukturierungsgesetz-Entwurf: Weniger wäre manchmal mehr, ZInsO 2010, 1921 – Zum Diskussionsentwurf für ein „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“ – Teil 1, ZInsO 2010, 1473 – Unabhängigkeit – kein Wert mehr an sich? Die Auswahl und berufliche Stellung des Insolvenzverwalters nach den neuen Regelungsentwürfen zur Änderung der InsO, NZI 2010, 705 – 709 FSB: 2015 update of list of global systemically important banks (G-SIBs) (abrufbar unter http://www.fsb.org/wp-content/uploads/2015-update-of-list-of-global-systemically-important-banks-G-SIBs.pdf) (zitiert: FSB, Global systemically important banks 2015) – Adequacy of loss-absorbing capacity of global systemically important banks in resolu­ tion (abrufbar unter http://www.fsb.org/wp-content/uploads/TLAC-Condoc-6-Nov2014-FINAL.pdf) (zitiert: FSB, Adequacy of loss-absorbing capacity) FSB/IMF/BIS: Guidance to Assess the Systemic Importance of Financial Institutions, Markets and Instruments (abrufbar unter https://www.imf.org/external/np/g20/pdf/100109a. pdf) (zitiert: FSB/IMF/BIS, Guidance to Assess the Systemic Importance) FSOC: Report to the Congress on Secured Creditor Haircuts (abrufbar unter https://www. treasury.gov/initiatives/Documents/Report%20to%20Congress%20on%20Secured%20 Creditor%20Haircuts.pdf) (zitiert: FSOC, Secured Creditor Haircuts) Fuchs, Florian: Close-out Netting, Collateral und systemisches Risiko – Rechtsansätze zur Minderung der Systemgefahr im außerbörslichen Derivatehandel, Tübingen 2013 (zitiert: Fuchs, Close-out Netting, Collateral und systemisches Risiko) Fuller, Lon: Consideration and Form, Columbia Law Review 1941, 799 – 824 Ganter, Hans Gerhard: Der Surrogationsgedanke bei der Aus- und Absonderung, NZI 2008, 583 – 588 Garcia, Gillian/Lastra, Rosa Maria/Nieto, María: Bankruptcy and reorganization proced­ ures from cross-border banks in the EU, Journal of Financial Regulation and Compliance 2009, 240 – 276 Gehrlein, Markus: Die Behandlung von Gesellschafterdarlehen durch das MoMiG, Betriebs Berater 2008, 846 – 854 Geier, Bernd: Das Moratorium über die Depotbank, in: BKR 2010, 144 – 151 Geier, Bernd/Schmitt, Christian: Ablauf der Krise eines Kreditinstituts unter Berücksichtigung des Restrukturierungs- und zweiten Finanzmarktstabilisierungsgesetzes sowie der Entwürfe des CRD IV-Umsetzungsgesetzes und der Crisis Management Directive

422

Literaturverzeichnis

(CMD), BRK Sonderheft November 2012 (zitiert: Geier/Schmitt, Ablauf der Krise eines Kreditinstituts) Geier, Bernd/Schmitt, Christian/Petrowsky, Janis: Der Anwendungsbereich des „Moratoriums“ nach Inkrafttreten des Restrukturierungsgesetzes, BKR 2011, 497 – 501 Gelter, Martin: The Subordination of Shareholder Loans in Bankruptcy, Olin Center Discussion Paper No. 4 (abrufbar unter http://www.law.harvard.edu/programs/olin_center/fellows_papers/pdf/Gelter_4.pdf) (zitiert: Gelter, The Subordination of Sharholder Loans in Bankruptcy) Gertner, Robert/Scharfstein, David: A Theory of Workouts and the Effects of Reorganization Law, Journal of Finance 1991, 1189 – 1222 Giani, Leonardo/Crivellaro, Jacopo: An Orderly Liquidation Authority within a Disorderly Supervisory Framework: Looking into the Dodd-Frank Act from Europe, ECFR 2014, 97 – 133 Gorton, Gary: Banking Panics and Business Cycles, Oxford Economic Papers 1988, 751 – 781 Gorton, Gary/Metrick, Andrew: Securitized Banking and the Run on Repo (abrufbar unter http://www.nber.org/papers/w15223.pdf) (zitiert: Gorton/Metrick, Securitized Banking and the Run on Repo) Gosh, Saptarshi/Mohamed, Sajid: The Troubled Asset Relief Program (TARP) and its limitations: an analysis, International Journal of Law and Management 2010, 124 – 143 Götte, Wulf/Habersack, Mathias/Kalss, Susanne: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, München 2013 (zitiert: MüKo/Bearbeiter, § AktG) Grant Thornton: Troubled bank opportunities – What you need to know about FDIC-assisted transactions (abrufbar unter http://www.grantthornton.com/staticfiles/GTCom/Financial%20services/FDIC/Web_What%20you%20need%20to%20know%20about%20 FDIC-assisted%20transactions_Feb%202011.pdf) (zitiert: Grant Thornton, Troubled bank opportunities) Günther, Marcus: Bad Banks – Die Bewältigung systemischer Finanzkrisen durch Errichtung staatlicher Abwicklungsanstalten, Baden-Baden 2012 (zitiert: Günther, Bad Banks) – Systemrelevanz von Finanzinstituten, WM 2010, 825 – 831 Gynn, Randall: Are Bailouts Inevitable?, Yale Journal on Regulation 2012, 121 – 154 Habersack, Mathias: Gesellschafterdarlehen nach MoMiG: Anwendungsbereich, Tatbestand und Rechtsfolgen der Neuregelung, ZIP 2007, 2145 – 2153 Hanten, Mathias/Livonius, Hilger von: Erlaubnispflicht kollektiver Anlagemodelle nach dem Kreditwesengesetz, BKR 2008, 230 – 234 Hardee, Jamieson: The Orderly Liquidation Authority: The Creditor’s Perspective, North Carolina Banking Institute Journal 2011, 259 – 289 Harrison, Ian/Anderson, Steve/Twaddle, James: Pre-positioning for effective resolution of bank failures, Journal of Financial Stability 2007, 324 – 341 Henkel, Christoph/Kaal, Wulf: Contingent Capital in European Union Bank Restructuring, Northwestern Journal of International Law & Business 2012, 191 – 262 Henze, Markus: Einheitliche Abwicklung für Europas Banken, Wiesbaden 2016 Herring, Frank/Fiedler, Bernhard: Der Sonderbeauftragte in der Bankenaufsicht, § 45c KWG (Neuregelungen durch das Restrukturierungsgesetz), WM 2011, 1311 – 1318

Literaturverzeichnis

423

Herring, Richard: Why and How Resolution Policy Must be Improved, in: Taylor (Hrsg.): The Road Ahead for the Fed, Stanford 2009 (zitiert: Herring, Why and How Resolution Policy Must be Improved) Herzig, Dirk: Das Insolvenzplanverfahren, Frankfurt 2001 Himmelberg, Charles/Tsyplakov, Sergey: Pricing Contingent Capital Bonds: Incentives Matter (abrufbar unter http://www.efmaefm.org/0EFMAMEETINGS/EFMA%20ANNUAL%20MEETINGS/2012-Barcelona/papers/EFMA2012_0599_fullpaper.pdf) (zitiert: Himmelberg/Tsyplakov, Pricing Contingent Capital Bonds) Hirte, Heribert/Knof, Béla/Mock, Sebastian: Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (Teil I), Der Betrieb 2011, 632 – 643 – Das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (Teil II), Der Betrieb 2011, 693 – 698 Höche, Thorsten: Das Restrukturierungsgesetz – Neue Wege in der Bankenaufsicht (mit Seitenblicken auf die Schweiz und das Vereinigte Königreich), WM 2011, 49 – 58 Höher, Gerret: Das Reorganisationsverfahren – Work-Out für Kreditinstitute, in: Brogl (Hrsg.): Handbuch Banken-Restrukturierung, Berlin 2012 (zitiert: Höher, Das Reorganisationsverfahren) Höpfner, Birgit: Präventive Bankenaufsicht – Neue aufsichtliche Instrumente, in: Brogl (Hrsg.): Handbuch Banken-Restrukturierung, Berlin 2012 (zitiert: Höpfner, Präventive Bankenaufsicht) Hopt, Klaus/Fleckner, Andreas/Kumpan, Christoph/Steffek, Felix: Kontrollerlangung über systemrelevante Banken nach den Finanzmarktstabilisierungsgesetzen, WM 2009, 821 – 834 (zitiert: Hopt et al.) – Kontrollerlangung über systemrelevante Banken nach den Finanzmarktstabilisierungsgesetzen, in: WM 2009, 821 – 834 (zitiert: Hopt et al., WM 2009) Horton, Brent: When Does a Non-Bank Financial Company Pose a ,Systemic Risk‘? A Proposal for Clarifying Dodd-Frank, Journal of Corporation Law 2012, 816 – 848 Hubbard, Glenn/Kuttner, Kenneth/Palia, Darius: Are There Bank Effects in Borrowers’ Costs of Funds? – Evidence From a Matched Sample of Borrowers and Banks, Journal of Business 2002, 559 – 581 Hübner, Leonhard/Leunert, Steven: Sanierung und Abwicklung von Banken nach SAG und SRM-VO, ZIP 2015, 2259 – 2265 Huertas, Thomas/Lastra, Rosa: The Perimeter Issue: To What Extent Should Lex Specialis be Extended to Systemically Significant Financial Institutions? An Exit Strategy From Too Big to Fail, in: Lastra (Hrsg.): Cross-Border Bank Insolvency, Oxford 2011 (zitiert: Huertas/Lastra, The Perimeter Issue) Hüffer, Uwe (Hrsg.): Aktiengesetz – Kommentar, 11. Auflage, München 2014 (zitiert: Hüffer/Bearbeiter, § AktG) Huntemann, Eva/Dietrich, Martin: Eigenverwaltung und Sanierungsplan, ZInsO 2001, 13 – 17 Hüpkes, Eva: Allocating Costs of Failure Resolution. Shaping Incentives and Reducing Moral Hazard, in: Lastra (Hrsg.): Cross-Border Bank Insolvency, Oxford 2011 (zitiert: Hüpkes, Allocating Costs of Failure Resolution) – Bank insolvency: the last frontier, in: Mayes/Pringle/Taylor (Hrsg.): Towards a new framework for financial stability, London 2009 (zitiert: Hüpkes, Bank insolvency)

424

Literaturverzeichnis

– Insolvency – why a special regime for banks?, in: Current Developments in Monetary and Financial Law, Washington 2003 (zitiert: Hüpkes, Insolvency) Hüttemann, Rainer: Überschuldung, Überschuldungsstatus und Unternehmensbewertung, in: Bitter/Lutter/Priester/Schön/Ulmer (Hrsg.): Festschrift für Karsten Schmidt zum 70. Geburtstag, Köln 2009 (zitiert: Hüttemann, in: FS Schmidt) Hynes, Richard/Walt, Steven: Why Banks are Not Allowed in Bankruptcy, University of Virginia School of Law, Research Paper Series No. 2010-03 (abrufbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1522205) (zitiert: Hynes/Walt, Why Banks are Not Allowed in Bankruptcy) International Monetary Fund: Global Financial Stability Report, April 2010 (abrufbar unter http://www.imf.org/external/pubs/ft/gfsr/2010/01/pdf/text.pdf) (zitiert: IMF, Global Financial Stability Report) – Resolution of Cross-Border Banks – A Proposed Framework for Enhanced Coordination (abrufbar unter https://www.imf.org/external/np/pp/eng/2010/061110.pdf) (zitiert: IMF, Resolution of Cross-Border Banks) International Monetary Fund/World Bank: An Overview of the Legal, Institutional, and Regulatory Framework for Bank Insolvency (abrufbar unter: https://www.imf.org/external/np/pp/eng/2009/041709.pdf) (zitiert: International Monetary Fund/World Bank, Framework for Bank Insolvency) Jackson, Thomas: Bankruptcy Code Chapter 14: A Proposal, in: Scott/Taylor (Hrsg.): Bank­ ruptcy Not Bailout, Stanford 2012 (zitiert: Jackson, Bankruptcy Code Chapter 14) – Bankruptcy, Non-Bankruptcy Entitlements, and the Creditors‘ Bargain, Yale Law Journal 1982, 857 – 907 – Building on Bankruptcy: A Revised Chapter 14 Proposal for the Recapitalization, Reorganization, or Liquidation of Large Financial Institutions, in: Scott/Jackson/Taylor (Hrsg.): Making Failure Feasible – How Bankruptcy Reform can End „Too Big to Fail“, Stanford 2015 (zitiert: Jackson, Building on Bankruptcy) – Chapter 11F – A Proposal for the Use of Bankruptcy to Resolve Financial Institutions, in: Scott/Schultz/Taylor (Hrsg.): Ending Government Bailouts As We Know Them, Stanford 2010 (zitiert: Jackson, Chapter 11F) – The logic and limits of bankruptcy law, Washington 2001 Jacoby, Florian: Vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren, ZGR 2010, 359 – 384 Jaletzke, Matthias/Veranneman, Peter (Hrsg.): Finanzmarktstabilitätsgesetz Kommentar, München 2009 (zitiert: Jaletzke/Veranneman/Bearbeiter, § FMStG) Jenkis, Helmut (Hrsg.): Kommentar zum Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht mit der WGG-Aufhebungsgesetzgebung, Hamburg 1988 (zitiert: Jenkins, Wohnungsgemeinnützigkeitsrecht) Jensen, Michael/Meckling, William: Agency costs and the theory of the firm, Journal of Financial Economics 1976, 305 – 360 Jickling, Mark: Fannie Mae and Freddie Mac in Conservatorship, Congressional Research Service Report RS22950 (zitiert: Jickling, Fannie Mae and Freddie Mac in Conservatorship) Jickling, Mark/Murphy, Edward: Who Regulates Whom? An Overview of U.S. Financial Supervision, Congressional Research Service Report R40249 (zitiert: Jickling/Murphy, Who Regulates Whom?)

Literaturverzeichnis

425

Joo, Thomas: A Comparison of Liquidation Regimes: Dodd-Frank’s Orderly Liquidation Authority and the Securities Investor Protection Act, Brooklyn Journal of Corporate, Financial & Commercial Law 2011, 47 – 77 Kaplan, Steven/Strömberg, Per: Leveraged Buyouts and Private Equity, Journal of Economic Perspectives 2009, 121 – 146 Kapur, Emily: The Next Lehman Bankruptcy, in: Scott/Jackson/Taylor (Hrsg.): Making Failure Feasible – How Bankruptcy Reform can End „Too Big to Fail“, Stanford 2015 (zitiert: Kapur, The Next Lehman Bankruptcy) Karpenstein, Ulrich: Aller guten Dinge sind drei? – Rechtsprobleme der drei „Bad Bank-Modelle“, ZBB 2009, 413 – 419 Kaserer, Christoph: Der Fall der Herstatt-Bank 25 Jahre danach, VSWG 2000, 166 – 192 Kaserer, Christoph/Köndgen, Johannes/Möllers, Christoph: Stellungnahme zum Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz, ZBB 2009, 142 – 152 Kaufman, George: Bank Contagion: A Review of the Theory and Evidence, Journal of Financial Services Research 1994, 123 – 150 – Bank Runs: Causes, Benefits, and Costs, Cato Journal 1988, 559 – 594 – ,Living wills‘: putting the caboose before the engine and designing a better engine, in: LaBrosse/Olivares-Caminal/Singh (Hrsg.): Managing Risk in the Financial System, Cheltenham 2011 (zitiert: Kaufman, Living wills) Kaufman, George/Scott, Kenneth: What Is Systemic Risk, and Do Bank Regulators Retard or Contribute to It?, The Independent Review 2003, 371 – 391 Kerft, Gerhart/Depré, Peter (Hrsg.): Heidelberger Kommentar zur Insolvenzordnung, 7. Auflage, Heidelberg 2014 (zitiert: HK/Bearbeiter, § InsO) Kirchhof, Hans-Peter/Eidenmüller, Horst/Stürner, Rolf (Hrsg.): Münchener Kommentar zur Insolvenzordnung, 3. Auflage, München 2013 (zitiert: MüKo/Bearbeiter, § InsO) Kleftouri, Nikoletta: Deposit Insurance and Moral Hazard, Journal of International Banking Law and Regulation 2013, 271 – 278 Knight, Malcolm: Mitigating Moral Hazard in Dealing With Problem Financial Institutions: Too Big to Fail? Too Complex to Fail? Too Interconnected to Fail?, in: LaBrosse/Olivares-Caminal/Singh (Hrsg.): Financial crisis management and bank resolution, London 2009 (zitiert: Knight, Mitigating Moral Hazard) Korres, Kimon: Bankrupting Bankruptcy: Circumventing Chapter 11 Protection Through Manipulation of the Business Justification Standard in § 363 Asset Sales, and a Refined Standard to Safeguard Against Abuse, Florida Law Review 2011, 959 – 983 Krahnen, Jan Pieter/Siekmann, Helmut: Stellungnahme zum Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung (abrufbar unter http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/ files/20384/No_5_2010_richtig.pdf) (zitiert: Krahnen/Siekmann, Stellungnahme zum Restrukturierungsgesetz) Krimminger, Michael: Deposit Insurance and Bank Insolvency in a Changing World: Synergies and Challanges (abrufbar unter https://www.imf.org/external/np/leg/sem/2004/ cdmfl/eng/mk.pdf) (zitiert: Krimminger, Deposit Insurance and Bank Insolvency in a Changing World)

426

Literaturverzeichnis

– Deposit insurance, banking resolutions and moral hazard: considerations in system design, in: Mayes/Pringle/Taylor (Hrsg.): Towards a new framework for financial stability, London 2009 (zitiert: Krimminger, Deposit insurance, banking resolutions and moral hazard) – Ending Too Big to Fail: Practical Resolution Alternatives for Financial Conglomerates, in: Lastra (Hrsg.): Cross-Border Bank Insolvency, Oxford 2011 (zitiert: Krimminger, Ending Too Big to Fail) Kripke, Homer: Illegal „Discounts“ by Non-Banking Corporations, Business Lawyer 1956, 523 – 538 Kuder, Karen: Neues Restrukturierungsrecht für Banken, in: Habersack/Mülbert/Nobbe/ Wittig (Hrsg.): Stärkung des Anlegerschutzes – Neuer Rechtsrahmen für Sanierung: Bankrechtstagung 2011 (zitiert: Kuder, Neues Restrukturierungsrecht für Banken) LaBrosse, John: International Experience and Policy Issues in the Growing Use of Bridge Banks, in: LaBrosse/Olivares-Caminal/Singh (Hrsg.): Financial crisis management and bank resolution, London 2009 (zitiert: LaBrosse, Use of Bridge Banks) Laeven, Luc/Levine, Ross: Bank governance, regulation and risk taking, Journal of Financial Economics 2009, 259 – 275 Landier, Augustin/Ueda, Kenichi: The Economics of Bank Restructuring: Understanding the Options, IMF Staff Position Note 12 (abrufbar unter https://www.imf.org/external/ pubs/ft/spn/2009/spn0912.pdf) (zitiert: Landier/Ueda, The Economics of Bank Restructuring) Lastra, Rosa Maria: Cross-Border Bank Insolvency: Legal Implications in the Case of Banks Operating in Different Jurisdictions in Latin America, Journal of International Economic Law 2003, 79 – 110 – Cross-Border Resolution of Banking Crises, in: Evanoff/Kaufman/LaBrosse (Hrsg.): International Financial Instability – Global Banking and National Regulation, Singapur 2007 (zitiert: Lastra, Cross-Border Resolution of Banking Crises) – Northern Rock, UK bank insolvency and cross-border bank insolvency, Journal of Banking Regulation 2008, 165 – 186 Lastra, Rosa Maria/Olivares-Caminal, Rodrigo: From consolidated supervision to consolidated resolution, in: LaBrosse/Olivares-Caminal/Singh: Managing Risk in the Financial System, Cheltenham 2011 (zitiert: Lastra/Olivares-Caminal, From consolidated supervision to consolidated resolution) Lastra, Rosa Maria/Wood, Geoffrey: Bank Insolvency in the Context of Crisis Management, in: Lastra (Hrsg.): Cross-Border Bank Insolvency, Oxford 2011 (zitiert: Lastra/ Wood, Bank Insolvency) Lee, Paul: The Dodd-Frank Act Orderly Liquidation Authority: A Preliminary Analysis and Critique – Part II, The Banking Law Journal 2011, 867 – 915 Leland, Hayne: Corporate Debt Value, Bond Covenants, and Optimal Capital Structure, Journal of Finance 1994, 1213 – 1252 Li, Kai: An Empirical Examination of U.S. Firms in Chapter 11 Bankruptcy (abrufbar unter http://mx.nthu.edu.tw/~jtyang/Teaching/Risk_management/Papers/Recoveries/An%20 Empirical%20Examination%20of%20US%20Firms%20in%20Chapter%2011%20Bankruptcy.pdf) (zitiert: Li, Empirical Examination) Linke, Angelika/Nussbaumer, Markus/Portmann, Paul: Studienbuch Linguistik, 5. Auflage, Tübingen 2004

Literaturverzeichnis

427

Lorenz, Manuel: Der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten – Überblick und erste Einordnung, NZG 2010, 1046 – 1053 – Stellungnahme des Bankenverbandes zum Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2014/59/EU (abrufbar unter https://www.bundestag.de/ blob/333050/39795585e224dcdc49acfb12944f2032/00---bdb-data.pdf) (zitiert: Lorenz, Stellungnahme des Bankenverbandes) Lubben, Stephen: Derivatives and Bankruptcy, The Flawed Case for Special Treatment, U. Pa. J. Bus. L., 2009, 61 – 78 – Financial Institutions in Bankruptcy, Seattle University Law Review 2011, 1259 – 1278 Luz, Günther (Hrsg.): KWG und CRR, 3. Auflage, Stuttgart 2015 (zitiert: Luz/Bearbeiter, § KWG) Macey, Jonathan/Miller, Geoffrey/Carnell, Richard Scott: Banking Law and Regulation, New York 2001 Madaus, Stephan: Das Insolvenzverfahren der Lehman Brothers Holdings Inc., NZI 2008, 715 – 719 Marinč, Matej/Vlahu, Razvan: The Economics of Bank Bankruptcy Law, Heidelberg 2012 Mayes, David: Bridge Banks and Too Big to Fail: Systemic Risk Exemption, in: Evanoff/ Kaufman/LaBrosse (Hrsg.): International Financial Instability – Global Banking and National Regulation, Singapur 2007 (zitiert: Mayes, Bridge Banks and Too Big to Fail) – Who pays for bank insolvency?, Journal of International Money and Finance 2004, 515 – 551 Mayes, David/Nieto, María/Wall, Larry: Multiple Safety Net Regulators and Agency Problems in the EU: Is Prompt Corrective Action Partly the Solution?, Banco de Espana WP No. 0819 2008 (abrubar unter http://www.bde.es/f/webbde/SES/Secciones/Publicaciones/PublicacionesSeriadas/DocumentosTrabajo/08/Fic/dt0819e.pdf) (zitiert: Mayes/Nieto/Wall, Multiple Safety Net Regulators) McDermott, Analysis of the Orderly Liquidation Authority, Title II of the Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act (abrufbar unter http://www.skadden.com/ newsletters/FSR_A_Analysis_Orderly_Liquidation_Authority.pdf) (zitiert: McDermott, Analysis of the Orderly Liquidation Authority) Michie, Thomas Johnson: A treatise on the law of banks and banking, Band 1A, New Providence 2011 (zitiert: Michie, Banks and Banking, Band 1A) – A treatise on the law of banks and banking, Band 5A, New Providence 2014 (zitiert: Michie, Banks and Banking, Band 5A) Mishkin, Frederic: Asymmetric Information and Financial Crises: A Historical Perspective (abrufbar unter http://www.nber.org/papers/w3400.pdf) (zitiert: Mishkin, Asymmetric Information and Financial Crises) Molyneux, Philip: Banking Crises and the Macro-economic Context, in: Lastra/Schiffmann (Hrsg.): Bank Failures and Bank Insolvency Law in Economies in Transaction, London 1999 (zitiert: Molyneux, Banking Crises) Mooney, Charles: The Bankruptcy Code’s Safe Harbors for Settlement Payments and Securities Contracts, Tex. Int‘l L. J., 2014, 243 – 267 Moosa, Imad: The Myth of Too Big to Fail, New York 2010

428

Literaturverzeichnis

Morrison, Edward: Is the Bankruptcy Code an Adequate Mechanism for Resolving the Distress of Systemically Important Institutions?, Temp. L. Rev. 2009, 449 – 463 – (Hrsg.): Economics of Bankruptcy Volume 1, Cheltenham 2012 – Economics of Bankruptcy Volume 2, Cheltenham 2012 Mülbert, Peter: Systemrelevanz, in: Bugard/Hadding/Mülbert/Nietsch/Welter (Hrsg.): Festschrift für Uwe H. Schneider zum 70. Geburtstag, Köln 2011 (zitiert: Mülbert, in: FS Schneider) Müller, Hans-Friedrich: Reorganisation systemrelevanter Banken, KTS 2011, 1 – 24 Müller, Sebastian: Verhandlungsgesteuerte Sanierung durch den prepackaged plan, Frankfurt 2013 Müller-Eising, Karsten/Brandi, Tim Oliver/Sinhart, Michael/Lorenz, Mark/Löw, Hans-Peter: Das Banken-Restrukturierungsgesetz, in: Betriebs Berater 2011, 66 – 73 (zitiert: Müller-Eising et al., Betriebs Berater 2011) Murphy, Gareth/Walsh, Mark/Willison, Matthew: Precautionary Contingent Capital, Bank of England – Financial Stability Paper No. 16/2012 (abrufbar unter http://www.bankofengland.co.uk/financialstability/Documents/fpc/fspapers/fs_paper16.pdf) (zitiert: Murphy/Walsh/Willison, Precautionary contingent capital) Murray, John: Equitable Subordination in Bankruptcy: An Analysis of In re Yellowstone (abrufbar unter http://www.americanbar.org/content/dam/aba/publications/rpte_ereport/2010/february/rp_murray.authcheckdam.pdf) (zitiert: Murray, Equitable Subordination in Bankruptcy) Myers, Stewart: Determinants of Corporate Borrowing, Journal of Financial Economics 1977, 147 – 175 Nerlich, Jörg/Römermann, Volker (Hrsg.): Insolvenzordnung (InsO) – Kommentar, 28. Ergänzungslieferung, München 2015 (zitiert: Nerlich/Römermann/Bearbeiter, § InsO) Nieto, María/Wall, Larry: Prompt Corrective Action: Is There a Case for an International Banking Standard?, in: Evanoff/Kaufman/LaBrosse (Hrsg.): International Financial Instability – Global Banking and National Regulation, Singapur 2007 (zitiert: Nieto/Wall, Promt Corrective Action) Nirk, Rudolf: Das Kreditwesengesetz – Kommentar, 13. Auflage, Frankfurt am Main 2008 (zitiert: Nirk, Das Kreditwesengesetz) Nodoushani, Manuel: CoCo-Bonds in Deutschland – Die neue Wandelschuldverschreibung, ZBB 2011, 143 – 150 – Contingent Convertible Bonds – Eine Bestandsaufnahme, WM 2016, 589 – 598 Norton, William: Annual Survey of Bankruptcy Law, 2004 Edition, Eagan 2004 Obermüller, Manfred: Das Bankenrestrukturierungsgesetz – ein kurzer Überblick über ein langes Gesetz, NZI 2011, 81 – 90 – Das ESUG und seine Auswirkungen auf das Bankgeschäft, ZInsO 2011, 1809 – 1821 – Die Entwicklung der Gesetzgebung zu Bankeninsolvenzen, ZInsO 2010, 2016 – 2022 – Die Finanzmarktstabilisierungsgesetze im Überblick, ZInsO 2010, 305 – 315 – Insolvenzrecht in der Bankpraxis, 8. Auflage, Köln 2011 Obermüller, Manfred/Kuder, Karen: Die Entwicklung der Gesetzgebung zu Bankeninsolvenz, ZInsO 2010, 2016

Literaturverzeichnis

429

Ojo, Marianne: The need for revised resolution regimes and supervisory arrangements, MPRA 2011, Nr. 33674. Olson, Gerald: Government Intervention: The Inadequacy of Bank Insolvency Resolution – Lessons from the American Experience, in: Lastra/Schiffmann (Hrsg.): Bank Failures and Bank Insolvency Law in Economies in Transition, London 1999 (zitiert: Olson, The Inadequacy of Bank Insolvency Resolution) Pannen, Klaus: Krise und Insolvenz bei Kreditinstituten, 3. Auflage, Köln 2010 Pappel, David/Prodan, Ruxandra: The Statistical Behaviour of GDP after Financial Crises and Severe Recessions (abrufbar unter http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_ id=1933988) (zitiert: Pappel/Prodan, The Statistical Behaviour of GDP) Parzinger, Josef: Fortführungsfinanzierung in der Insolvenz, München 2013 Pathan, Shams: Strong boards, CEO power and bank risk-taking, Journal of Banking and Finance 2009, 1340 – 1350 Pellerin, Sabrina/Walter, John: Ordinary Liquidation Authority as an Alternative to Bank­ ruptcy, Economic Quarterly 2012, 1 – 31 Pflock, Thomas Martin: Europäische Bankenregulierung und das „Too big to fail-Dilemma“, Berlin 2014 (zitiert: Pflock, Europäische Bankenregulierung) Plank, Leo/Nardi, Wolfgang/Pickerill, Carl/Prause, Matthias Raphael: The Regulatory Responses to Bank Insolvencies in Germany and the United States, in: Kenadjian (Hrsg.): Too Big to Fail – Brauchen wir ein Sonderinsolvenzrecht für Banken?, Berlin 2012 (zitiert: Plank et al., The Regulatory Responses to Bank Insolvencies) Poelzig, Dörte: Anreize und Desiderate der Bankenrestrukturierung aus einer juristischen Perspektive, ZBB 2012, 412 – 416 Randall, Guynn: Are Bailouts Inevitable?, Yale Law Journal on Regulation 2012, 121 – 154 Rapp, David: Zur Sanierungs- und Reorganisationsentscheidung von Kreditinstituten, Wiesbaden 2014 Reinhard-DeRoo, Matthias: Beneficial Ownership – Basic and Federal Indian Law, Aspects of a Concept, Heidelberg 2014 (zitiert: Reinhard-DeRoo, Beneficial Ownership) Resnick, Alan/Sommer, Henry (Hrsg.): Collier Guide to Chapter 11, 3. Auflage, New York 2012 Riethmüller, Tobias: Bankenrestrukturierung in Europa, Marburg 2011 – Das Restrukturierungsgesetz im ökonomischen und internationalen Kontext, WM 2010, 2295 – 2304 Roitzsch, Frank/Wächter, Gerhard: Gesellschaftsrechtliche Probleme des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes, DZWIR 2008, 1 – 8 Rösch, Christoph/Kaserer, Christoph: Market liquidity in the financial crisis: The role of liquidity commonality and flight-to-quality, Journal of Banking & Finance 2013, 2284 – 2302 Rusch, Linda: Gerrymandering the Classification Issue in Chapter Eleven Reorganizations, University of Colorado Law Review 1992, 163 – 205 Ruzik, Andy: Bankenkrisen und -insolvenzen – Ein besonderes Phänomen, BKR 2009, 133 – 141 Säcker, Franz Jürgen/Rixecker, Roland/Oetker, Hartmut/Limperg, Bettina (Hrsg.): Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 7. Auflage, München 2016 (zitiert: MüKo/Bearbeiter, § BGB)

430

Literaturverzeichnis

Sahavi, Anahita: Kollektive Anlagemodelle und das Finanzkommissionsgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, ZIP 2005, 929 – 939 Sautner, Zacharias/Vladimirov, Vladimir: Indirect Costs of Financial Distress and Bank­ ruptcy Law (abrufbar unter http://ssrn.com/abstract=1101696) (zitiert: Sautner/Vladimirov, Indirect Brankruptcy Costs and Bankruptcy Law) Schelo, Sven: Neue Restrukturierungsregeln für Banken, NJW 2011, 186 – 191 Schimansky, Herbert/Bunte, Hermann-Josef/Lwowski, Hans-Jürgen (Hrsg.): Bankrechtshandbuch, 4. Auflage, München 2011 (zitiert: Schimansky/Bunte/Lwowski/Bearbeiter, Bankrechtshandbuch) Schipke, Verena: Die Weiterentwicklung des Bankeninsolvenzrechts durch das Gesetz zur Reorganisation von Kreditinstituten, Berlin 2015 Schlitt, Michael/Seiler, Oliver/Singhof, Bernd: Rechtsfragen und Gestaltungsmöglichkeiten bei Wandelschuldverschreibungen, AG 2003, 254 – 268 Schmidt, Karsten: Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch, 3. Auflage, München 2013 (zitiert: MüKo/Bearbeiter, § HGB) Schmidt, Reinhard: Ökonomische Analyse des Insolvenzrechts, Wiesbaden 1980 Schooner, Heidi Mandanis: US Bank Resolution Reform: Then and Again, in: Lastra (Hrsg.): Cross-Border Bank Insolvency, Oxford 2011 (zitiert: Schooner, US Bank Resolution Reform) Schooner, Heidi Mandanis/Taylor, Michael: Global Bank Regulation – Principles and Policies, Amsterdam 2010 (zitiert: Schooner/Taylor, Global Bank Regulation) Schuster, Gunnar/Westphal, Lars: Neue Wege zur Bankensanierung – Ein Beitrag zum Restrukturierungsgesetz (Teil I), DB 2011, 221 – 230 – Neue Wege zur Bankensanierung – Ein Beitrag zum Restrukturierungsgesetz (Teil II), DB 2011, 282 – 289 Schwarcz, Steven: Disclosure’s Failure in the Subprime Mortgage Crisis, Utah Law Review 2008, 1109 – 1122 Schwarcz, Steven/Sharon, Ori: The Bankruptcy-Law Safe Harbor for Derivatives, Wash. & Lee L. Rev. 2014, 1715 – 1755 Schwark, Eberhard/Zimmer, Daniel (Hrsg.): Kapitalmarktrechts-Kommentar, 4. Auflage, München 2010 (zitiert: Schwark/Zimmer/Bearbeiter, §) Schwennicke, Andreas/Auerbach, Dirk (Hrsg.): KWG Kreditwesengesetz, 2. Auflage, München 2013 (zitiert: Schwennicke/Auerbach/Bearbeiter, § KWG) Scott, Kenneth: The Context for Bankruptcy Resolutions, in: Scott/Jackson/Taylor (Hrsg.): Making Failure Feasible – How Bankruptcy Reform can End „Too Big to Fail“, Stanford 2015 (zitiert: Scott, The Context for Bankruptcy Resolutions) Scott, Kenneth/Jackson, Thomas/Taylor, John (Hrsg.): Making Failure Feasible – How Bank­ruptcy Reform Can End „Too Big to Fail“, Stanford 2015 (zitiert: Scott/Jackson/ Taylor, Making Failure Feasible) Scott, Kenneth/Taylor, John (Hrsg.): Bankruptcy Not Bailout – A Special Chapter 14, Stanford 2012 (zitiert: Scott/Taylor, Bankruptcy Not Bailout) Seiler, Oliver/Wittgens, Jonas: Sonderaktienrecht für den Finanzsektor – Kapitalerhöhungen nach dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz, ZIP 2008, 2245 – 2255 Shape, William: Capital Asset Prices: A Theory of Market Equilibrium under Conditions of Risk, Journal of Finance 1964, 425 – 442

Literaturverzeichnis

431

Shin, Hyun Song: Reflections on Northern Rock: The Bank Run that Heralded the Global Financial Crisis, Journal of Economic Perspectives 2009, 101 – 119 Siekmann, Helmut: Die Verwendung des Gewinns der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank, ILF Working Paper 38 (abrufbar unter http://www.ilf-frankfurt.de/fileadmin/_migrated/content_uploads/ILF_WP_038.pdf) (zitiert: Siekmann, Die Verwendung des Gewinns der Europäischen Zentralbank und der Bundesbank) Skeel, David: The New Financial Deal – Understanding the Dodd-Frank Act and Its (Unintended) Consequences, Hoboken 2011 (zitiert: Skeel, The New Financial Deal) Sleiman, Mohamed Bou: Contingent Convertible Bonds – Zweck, Ausgestaltung und rechtliche Rahmenbedingungen, Frankfurt 2015 (zitiert: Sleiman, Contingent Convertible Bonds) Slovin, Myron/Sushka, Marie/Polonchek, John: The Value of Bank Durability: Borrowers as Bank Stakeholders, Journal of Finance 1993, 247 – 266 Smid, Stefan (Hrsg.): Insolvenzordnung (InsO) – Kommentar, 2. Auflage, Stuttgart 2001 (zitiert: Smid/Bearbeiter, § InsO) Smith, David/Strömberg, Per: Maximizing the Value of Distressed Assets, in: Honohan/ Laeven (Hrsg.): Systemic Financial Crises – Containment and Resolution, Cambridge 2005 (zitiert: Smith/Strömberg, Maximizing the Value of Distressed Assets) Spetzler, Sophie: Insolvenzrechtsreform und Bankenreorganisation, KTS 2010, 433 – 461 Spindler, Gerald: Finanzkrise und Gesetzgeber – Das Finanzmarktstabilisierungsgesetz, DStR 2008, 2268 – 2276 Spindler, Joachim von/Becker, Willy/Starke, Otto-Ernst: Die Deutsche Bundesbank, 4. Auflage, Stuttgart 1973 Statistisches Bundesamt, Bruttoinlandsprodukt 2014 für Deutschland (abrufbar unter https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressekonferenzen/2015/BIP2014/Pressebroschuere_BIP2014.pdf) (zitiert: Statistisches Bundesamt, Bruttoinlandsprodukt 2014 für Deutschland) Stern, Gary/Feldman, Ron: „Too big to fail“ and the market turmoil of 2007 and 2008, in: Mayes/Pringle/Taylor (Hrsg.): Towards a new framework for financial stability, London 2009 (zitiert: Stern/Feldman, Too big to fail) Summe, Kimberly Anne: An Examination of Lehman Brothers’ Derivatives Portfolio Postbankruptcy: Would Dodd-Frank Have Made a Difference?, in: Scott/Taylor (Hrsg.): Bankruptcy Not Bailout, Stanford 2012 (zitiert: Summe, Lehman Brother‘s Derivatives Portfolio) Swire, Peter: Bank Insolvency Law Now That it Matters Again, Duke L. J. 1992, 469 – 556 Szagunn, Volkhard/Haug, Ulrich/Ergenzinger, Wilhelm: Gesetz über das Kreditwesen – Kommentar, 6. Auflage, Stuttgart 1997 (zitiert: Szagunn/Haug/Ergenzinger, § KWG) Tabb, Charles Jordan: The Law of Bankruptcy, 2. Auflage, New York 2009 Tashjian, Elizabeth/Lease, Ronald/McConnel, John: An empirical analysis of prepackaged bankruptcies, Journal of Financial Economics 1996, 135 – 162 Taylor, John: The Financial Crisis and the Policy Responses: An Empirical Analysis of What Went Wrong, NBER Working Paper 14631 (abrufbar unter http://www.nber.org/papers/ w14631.pdf) (zitiert: Taylor, The Financial Crisis and the Policy Responses) Tenhundfeld, Mark/Monroe, Mary Frances/Vartanian, Thomas/Ledig, Robert/Ansell, David: Summary of Title II (abrufbar unter http://www.aba.com/aba/documents/RegReform/TitleIISummary.pdf) (zitiert: Tenhundfeld et al., Summary of Title II)

432

Literaturverzeichnis

Tetzlaff, Christian: Probleme bei der Verwertung von Grundpfandrechten und Grundstücken im Insolvenzverfahren, ZInsO 2004, 521 – 530 Third Avenue Credit Team: The Fulcrum Security: What it is and Why it Matters (abrufbar unter http://www.valuewalk.com/wp-content/uploads/2014/09/2014_Q3_TheFulcrum-Security.pdf) (zitiert: Third Avenue, The Fulcrum Security) Thole, Christoph: Bank Crisis Management and Resolution (abrufbar unter http://papers. ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2469807) (zitiert: Thole, Bank Crisis Mangement and Resolution) – Gläubigerschutz durch Insolvenzrecht, Tübingen 2010 Thompson, David: A Critique of “Deepening Insolvency“, A New Bankruptcy Tort Rule, Stanford Journal of Law, Business and Finance 2007, 536 – 552 Tirole, Jean: The theory of corporate finance, Princeton 2006 Triantis, George: A Theory of the Regulation of Debtor-in-Possession Financing, Vanderbilt Law Review 1992, 901 – 935 Tröger, Tobias: Konzernverantwortung in der aufsichtsunterworfenen Finanzbranche, ZHR 2013, 475 – 517 U.S. Department of Treasury: Blueprint for a Modernized Financial Regulatory Structure (abrufbar unter: http://www.treasury.gov/press-center/press-releases/Documents/Blueprint.pdf) (zitiert: U.S. Department of Treasury, Blueprint) – Financial Regulatory Reform – A New Foundation: Rebuilding Financial Supervision and Regulation (abrufbar unter: http://www.treasury.gov/initiatives/Documents/FinalReport_web.pdf) (zitiert: U.S. Department of Treasury, Financial Regulatory Reform) – Legacy Securities Public-Private Investment Program, Quarterly Report September 2013 (abrufbar unter: https://www.treasury.gov/initiatives/financial-stability/reports/ Documents/External%20Report%2013%20-9%20Final.pdf) (zitiert: U.S. Department of Treasury, Investment Program) – Monthly Report to Congress, December 2015 (abrufbar unter: https://www.treasury. gov/initiatives/financial-stability/reports/Documents/2015.12%20December%20Monthly%20Report%20to%20Congress.pdf) (zitiert: U.S. Department of Treasury, Monthly Report December 2015) U.S. Senate: The Restoring American Financial Stability Act of 2010, Report No. 111 – 176 (abrufbar unter https://www.gpo.gov/fdsys/pkg/CRPT-111srpt176/pdf/CRPT-111srpt176. pdf) (zitiert: U.S. Senate, Report No. 111 – 176) U.S. Senate, Committee on Banking, Housing, and Urban Affairs: Regulating and Resolving Institutions Whose Failure Would Pose a Risk to the Financial Sector and Underlying Economiy in the United States, Hearing 6. Mai 2009, S. Hrg. 111 – 179 (zitiert: Banking Committee of the US Senate, S.  Hrg. 111 – 179) Uhlenbruck, Wilhelm/Hirte, Heribert/Vallender, Heinz (Hrsg.): Insolvenzordnung – Kommentar, 14. Auflage, München 2015 (zitiert: Uhlenbruck/Bearbeiter, § InsO) Valukas, Anton: Lehman Brothers Holdings Inc. Chater 11 Proceedings Examiner’s Report, Vol. 5 (abzurufen unter http://web.stanford.edu/~jbulow/Lehmandocs/origIndex.html) (zitiert: Valukas, Lehman Brothers Examiner‘s Report) Vargo, John: The American Rule on Attorney Fee Allocation: The Injured Person‘s Access to Justice, The American University Law Review 1993, 1567 – 1636

Literaturverzeichnis

433

Voge, Dirk: Schuldrechtlich ausgestaltete Anlagemodelle im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 KWG, WM 2007, 1640 – 1648 Wackerbarth, Ulrich: Überschuldung und Fortführungsprognose, NZI 2009, 145 – 149 Webel, Baird: Troubled Asset Relief Program (TARP): Implementation and Status, Congressional Research Service Report R41427 (zitiert: Webel, Troubled Asset Relief Program) Webers, Wilhelm: Das Sanierungsverfahren nach dem Restrukturierungsgesetz, in: Brogl (Hrsg.): Handbuch Banken-Restrukturierung, Berlin 2012 (zitiert: Webers, Das Sanierungsverfahren nach dem Restrukturierungsgesetz) Weijs, Rolf de: Too Big to Fail as a Game of Chicken with the State: What Insolvency Law Theory Has to Say About TBTF and Vice Versa, European Business Organization Law Review 2013, 201 – 224 Wellensiek, Jobst: Übertragende Sanierung, NZI 2002, 233 – 239 Westbrook, Jay Lawrence: A Functional Analysis of Executory Contracts, Minn. L. Rev., 1989, 227 – 338 Westphal, Lars: Vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren, ZGR 2010, 385 – 436 Wheelock, David: Deposit Insurance and Bank Failures, Economic Inquiry 1992, 530 – 543 White, Michelle: Public Policy toward Bankruptcy: Me-First an Other Priority Rules, Bell Journal of Economics 1980, 550 – 564 Wilmowsky, Peter von: Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien, in: Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Hrsg.): 100 Jahre Rechtswissenschaft in Frankfurt, Frankfurt 2014 (zitiert: Wilmowsky, Insolvenzrecht: Seine Aufgaben und Prinzipien) Wolfers, Benedikt: Enteignung zur Stabilisierung des Finanzmarktes: Das Rettungsübernahmegesetz, NJW 2009, 1297 – 1302 Wolfers, Benedikt/Rau, Markus: Finanzmarktstabilisierung 3. Akt: „Bad Banks“ zur Entlastung der Bilanzen, NJW 2009, 2401 – 2406 Wolfers, Benedikt/Voland, Thomas: Der Weg aus der Krise? – Ein Überblick über das Re­ strukturierungsgesetz –, WM 2011, 1159 – 1168 – Die Entstehung von Abwicklungsanstalten im rechtlichen „Wettbewerb der Systeme“, in: Bolder/Wargers (Hrsg.): Modell „Bad Bank“: Hintergrund – Konzept – Erfahrungen, Wiesbaden 2012 (zitiert: Wolfers/Voland, Die Entstehung von Abwicklungsanstalten) – Sanierung und Insolvenz von Banken unter besonderer Berücksichtigung der Vorgaben des Verfassungs- und Europarechts, in: Hopt/Wohlmannstetter (Hrsg.): Handbuch Corporate Governance von Banken, München 2011 (zitiert: Wolfers/Voland, Sanierung und Insolvenz von Banken) Wood, Geoffrey/Kabiri, Ali: Firm stability and system stability: the regulatory delusion, in: LaBrosse/Olivares-Caminal/Singh: Managing Risk in the Financial System, Cheltenham 2011 (zitiert: Wood/Kabiri, Firm stability and system stability) Zerey, Jean-Claude: Finanzderivate – Rechtshandbuch, 4. Auflage, Baden-Baden 2016 Zimmer, Daniel/Fuchs, Florian: Die Bank in Krise und Insolvenz, ZGR 2010, 597 – 661 Zöllner, Wolfgang/Noack, Ulrich (Hrsg.): Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, Köln 2010 (zitiert: KK/Bearbeiter, § AktG) Zulauf, Urs: Schweizer Bankensanierungsrecht – geeignet für systemrelevante Banken?, WM 2010, 1525 – 1536

Sachwortregister Sachwortregister

§ 363 Sale 

337

Abberufung der Geschäftsleitung  53, 282 Abschlussvermittlung  137 Abwicklungsanordnung  107 Abwicklungsanstaltsmodell  40 Abwicklungsausschuss  56, 175, 240 Abwicklungsbehörde  52, 237, 291, 363 Abwicklungsfähigkeit  55 Abwicklungsfonds  48, 58, 369 Abwicklungskolleg  55 Abwicklungskonzept  57, 240 Abwicklungsmechanismus  56 Abwicklungsmechanismusgesetz  59 Abwicklungsrichtlinie  52 Abwicklungsvoraussetzungen  57 Advance dividends siehe Vorauszahlungen AIG  64, 87 Allgemeines Insolvenzverfahren – Besonderheiten für Banken  108 Anfechtung  79, 87, 271 – Allgemeines Insolvenzrecht  272 – Sonderinsolvenzrecht  276 Anlageberatung  134 Anlagevermittlung  134 Anlageverwaltung  139 Anpassungsbedarf  403 Anreizproblem  70, 96, 237 Ansteckungsgefahr – direkte  89, 190 – indirekte  91, 177, 191 Anteilseigner – Einbeziehung in Insolvenzplan  50 Anweisungen an die Geschäftsführung  281

Anwendungsbereich  114 – Dodd-Frank Act  162 – Ordinary Liquidation Authority  154 – Sachlicher, § 46 KWG  200 – Sachlicher, Dodd-Frank Act  228 – Sachlicher, KredReorgG  220 – Sachlicher, OLA  221 – Sachlicher, SAG  204 – SAG und SRM-VO  144 – Sanierungs- und Reorganisationsverfahren  152 – USA  153 – Vergleich  169 Asset substitution siehe moral hazard Asymmetrische Information  92 Auffanggesellschaft  361 Aufrechnungsvereinbarungen  353 Aufsicht, wirksame  216 Ausgleichsbetrag  323 Ausgleichspflicht  267 Ausgleichsverbindlichkeit  294, 349 Ausgliederung  46 Automatic Stay  253 Bad bank  39 Bankenabgabe  59, 296 Bankeninsolvenzrecht siehe Sonderinsolvenzrecht Bankerlaubnis, Entzug  212, 278 Bankgeschäfte  116 Bankholdinggesellschaft  163 Bank run  85, 91, 118, 126, 157, 178, 197, 214, 235 Bankruptcy Code  110, 230 Berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten  317

Sachwortregister Beschränkung der Geschäftsführung  281 Besicherung  48 Bestandsgefährdung  44, 104, 236 Beurteilungsspielraum  241 Bewertungsmodelle  206 BRRD-Umsetzungsgesetz  52 Brückenfinanzierung  293, 331 – Sonderinsolvenzrecht  295 Brückeninstitut  46, 47, 263, 360 – Deutsches Recht  363 – Liquidation  379 – US-Recht  361 Bureau of Consumer Financial Protection  65 Cash collateral  294 Chapter-11-Verfahren  289, 300 – Gruppenbildung  301 Close out netting  261 Conservator  110 Constructive ambiguity  244 Contingent convertibles  325 Covenants  79 Cram down  302 Credit bidding  378 Credit Default Swaps (CDS)  90 Critical vendor exception  255, 274, 318, 393 CRR-Kreditinstitute  145 CRR-Wertpapierfirmen  147 Darlehensgeschäft  158 Darlehensgewährung  48 Debt-Equity-Swap  50, 298, 310, 314 Debt overhang siehe underinvestment Deposit payoff  377 Depotgeschäft  125 Diskontgeschäft  123 Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act (Dodd-Frank Act)  65 – Anwendungsbereich  162 Drittstaateneinlagenvermittlung  143

435

Efficient breach  264 Eigengeschäft  140 Eigenhandel  137 Eigenkapitalquote  196 Eigenmittel  213 Eigenverwaltung  49, 50, 289 Eingeschränktes Verwahrgeschäft  140 Eingriffsbefugnisse  279 Einlagengeschäft  117, 156, 318 Einlagensicherung  87, 93, 97, 237 Emergency Economic Stabilization Act  62 Emissionsgeschäft  132 Enteignung  37, 313 Entzug der Bankerlaubnis  216 Equitable subordination  382, 386, 392 Ergänzungskapital  316 Erlaubnisversagung  215 Erlösverteilung siehe Haftungskaskade Ermessensspielraum  241 Ersetzbarkeit  180 Erwerb von Vermögenswerten  48 Europäischer Abwicklungsfonds siehe Abwicklungsfonds Externalitäten, negative siehe moral hazard Fachliche Eignung  216 Factoring  143 Fannie Mae  61 FDIC  66, 110, 239 FDICIA  243 Federal Housing Finance Agency (FHFA)  62 Federal Reserve Bank (Fed)  66, 239 Fehlanreiz siehe Anreizproblem Financial Stability Oversight Council  65, 167 Finanzdienstleistungsinstitut  134 Finanzgeschäfte, Kündigungsrechte  260 Finanzholdinggruppe  141 Finanzierungsleasing  143 Finanzinstitut  163

436

Sachwortregister

Finanzinstitut unter der Aufsicht der Fed  165 Finanzkommissionsgeschäft  123 Finanzkonglomerat  141, 149 Finanzkrise  25, 30, 33 Finanzmarktstabilität  95 Finanzmarktstabilisierungsanstalt (FMSA)  34 Finanzmarktstabilisierungsbeschleunigungsgesetz (FMStBG)  34 Finanzmarktstabilisierungsergänzungs­ gesetz (FMStErgG)  36 Finanzmarktstabilisierungsfonds (FMS)  34 Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz (FMStFG)  34 Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG)  33 – zweites (2. FMStG)  50 – drittes (3. FMStG)  51 Finanzportfolioverwaltung  134 Forderungskürzung  299 Forschungsstand  27 Fortführung  80, 251 Fraudulent transfers  272 Freddie Mac  61 Fristentransformation  85 Frühinterventionsmaßnahmen  53, 105, 279 – SAG  284 Fulcrum securities  300 Garantiegeschäft  34, 47, 127 Gefahr  105, 201, 213 Gefangenendilemma  73 Gegenparteirisiko  89 Gemischte Finanzholding-Gruppe  141 Geschäftsmodell  257 Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung  39 Gesetz zur Rettung von Unternehmen zur Stabilisierung des Finanzmarktes (Ret­ ettungsG)  tungsübernahmegesetz – R 37

Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)  49 Gesetzesverstöße  225 Gläubigerausschuss, vorläufiger  49 Gläubigerbeteiligung  54 – SAG  315 Good bank  46 Gruppenabwicklungsplan  55 Haftungskaskade  109, 315, 319, 328, 380 – Bankrutpcy Code  381 – Deutsches Sonderinsolvenzrecht  393 – Dodd-Frank Act  390 – Federal Deposit Insurance Act  388 – Insolvenzordnung  384 – Unterschiede  394 Hochfrequenzhandel  138 Housing and Economic Recovery Act (HERA)  61 HSH Nordbank  36 Hybridkapital  196, 316 Hypo Real Estate (HRE)  36, 37 IKB  25, 88 Insolvenzantrag  236 Insolvenzantragsrecht  108 Insolvenzgericht  246 – Bankeninsolvenzsachen  270 Insolvenzplanverfahren  45, 50, 292, 301, 304 – Zustimmungserfordernis  309 Insolvenzverwalter  109, 270, 289 Institutioneller bank run  87 Institutsgruppe  149 Instrumente  251 Investitionsentscheidungen  74 Investmentvermögen  139 Ipso facto-Klauseln  260 Kapitalerhöhung  36 Kapitalinstrumente  316 Kapitalmaßnahmen  46

Sachwortregister Kernkapital, hartes  316 Kernkapital, zusätzliches  316 Komplexität  179 Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)  146 Kreditgeschäft  119 Kreditinstitut, Definition  115 Kreditinstitute-Reorganisationsgesetz (KredReorgG)  43, 107 Kreditklemme  94 Kreditwesengesetz  105 Krise  194 Kündigungsrechte  259 Least cost resolution  344, 355 Lehman Brothers  25, 33, 88, 270 Lender of last resort  297 Lenkungsausschuss  34 Liquidationsverfahren  374 Liquidität  213, 257 Liquiditätskrise  297 Long Term Capital Management (LTCM)  88, 261 Makroökonomische Auswirkungen  94, 179, 251 Market Making  137 Marktbereinigung  81 Marktstabilität  262 Masseverbindlichkeit  77, 294, 295, 331 Maßnahmen in besonderen Fällen siehe Präventive Eingriffsnormen Mindestwandlungskapital  321 Money Market Funds (MMF)  85, 157 Moral hazard  77, 96, 121, 195, 214, 244, 263, 272 Moratorium  106, 284 MREL  321 Multilaterales Handelssystem  135 Nichtbank-Finanzinstitut (nonbank financial company)  165 Northern Rock  86

437

Obstruktionsverbot  50, 302, 306, 313 Öffentliches Interesse  251 Ökonomische Auswirkungen  70 Orderly Liquidation Authority (OLA)  66, 111, 154 Orderly Liquidation Fund  67, 368 Ordinary course exception  273 Organhaftung, Verjährung  48 Overinvestment siehe moral hazard Pfandbriefgeschäft  118 Platzierungsgeschäft  136 Politischer Einfluss  240 Präventive Eingriffsnormen  102 Preferential transfers  272 Pre-packaged Insolvenzplanverfahren  304, 310 Purchase and Assumption Transaction  342 Qualified financial contracts 

260

Rangverhältnisse  81 Receiver  110 Rechtssicherheit  271 Reformvorschläge  33, 409 Regulatory arbitrage  265, 325 Reisescheckgeschäft  130 Rekapitalisierung  34, 47, 251 Reorganisation  251, 287 Reorganisationsverfahren  44, 107, 311 – Brückenfinanzierung  296 – Reorganisationsberater  292 – Reorganisationsplan  45 – Zustimmungserfordernis  314 Restrukturierungsfonds (RStruktF)  47, 323, 363, 369 Restrukturierungsfondsgesetz (RStruktFG)  47 Restrukturierungsgesetz  42 Revolvinggeschäft  126 Risikoerhöhung  286 Risikoübernahme  34

Sachwortregister

438

Rückübertragung  356, 367 – Einwilligungserfordernis 

357

Sachsen LB  25 Sachwalter  292 Saldierungsvereinbarungen  353 Sanierung – Sanierungsberater  43, 279 – Sanierungskredit  44, 280 – Sanierungsplan  43, 279 – Sanierungsverfahren  43, 107, 279 – Übertragende Sanierung  335 Sanierungs- und Abwicklungsgesetz (SAG)  53, 104 Savings-and-Loan-Krise  243 Scheckeinzugsgeschäft  130 Schutzschirmverfahren siehe Eigenverwaltung Schwebende Geschäfte  254, 259 Signalwirkung, negative  280 Single point of entry-Strategie (SPOE-Strategie)  164 Sonderbeauftragter  53, 103 Sonderbeiträge  55 Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin)  34 Sonderinsolvenzrecht  104, 247 – Definition  100, 101 – Deutschland  102 – Notwendigkeit  393, 399 – Stilllegung  377 – USA  110 Sonderverwalter  291 Sortengeschäft  143 Special masters  270 Squeeze out  37 SRM-Verordnung  56, 104 – Anwendungsvorrang  151 Stilllegung  251, 373 Subordinierung siehe equitable subordination Sub rosa-Plan  338

Supervisory Review and Evaluation Process (SREP)  235 Systemrelevante Banken in Deutschland  181 Systemrelevanz  38, 44, 88, 172 – Deutschland  173 – Indizien  175, 184 – Notwendigkeit des Kriteriums  192 – Probleme  189 – USA  182 TLAC  321 Too big to fail siehe Systemrelevanz Too connected to fail siehe Systemrelevanz Troubled Assets Relief Program (TARP)  63 Übernahmeangebot  37 Übernehmender Rechtsträger – Anforderungen  345 – Haftung  350 – Maßnahmen  367 Überschuldung  34, 102, 110, 194, 204, 221, 228, 321 – Allgemeines Insolvenzrecht  298 – Sonderinsolvenzrecht  311 Überschuldungsbilanz  205 Übertragende Sanierung, Reorganisationsplan  347 Übertragung, partiell  46, 352 – Gläubigerschutz  358 Übertragungsanordnung  46, 54, 345 Umwandlungsgesetz  46 Underinvestment  74 Unionszweigstellen  150 Unsafe and Unsound Conditions  226 Unsicherheit  91, 263 Unterinvestitionsproblem  298 Unternehmensbewertung  323 Unternehmensveräußerung  339 Unterstützungsmaßnahmen  47, 218 Verbriefung  92

Sachwortregister Verfahrensdauer  269, 334 Verkauf, lastenfrei  380 Vermögensgegenstände, risikogewichtet  196 Vermögensverwaltungsgesellschaft  379 Vernetzung  178 Verstaatlichung  38 Verstoß gegen aufsichtsrechtliche Anforderungen  212 Volcker Rule  67 Vorauszahlungen  269 Vorhersehbarkeit  82 Vorinsolvenzliche Verfahren  42 Wahlrecht des Insolvenzverwalters  259, 265 Wandelanleihen  215 Wechseleinzugsgeschäft  130

439

Zahlungsunfähigkeit  102, 110, 194, 200, 209, 222, 229 Zahlungsverbot  253 – Anordnung durch Aufsicht  282 – deutsches Recht  257 – Sonderinsolvenzrecht  256 – US-Recht  258 Zahlungsverkehr  161, 278 Zeitknappheit  259 Zentrale Gegenpartei  133 Zerschlagung siehe Stilllegung Zession  119 Zins  82 Zuständigkeit, behördliche  233 Zuverlässigkeit  216 Zwangswandelanleihen  324, 372 Zweckgesellschaft  39, 41