Andrea Orcagna und Nardo di Cione: Eine stilgeschichtliche Untersuchung [Reprint 2020 ed.] 9783112355701, 9783112355695

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Andrea Orcagna und Nardo di Cione: Eine stilgeschichtliche Untersuchung [Reprint 2020 ed.]
 9783112355701, 9783112355695

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KUNSTWISSENSCHAFTLICHE Band

XXIII

STUDIEN

Hans Dietrich

Gronau

ANDREA ORCAGNA UND NARDO DI C I O N E Eine stilgeschichtliche

Berlin

DEUTSCHER

Untersuchung

1957

KUNSTVERLAG

MEINEM

VATER

I N H A L T Vorwort Einleitung

7 9

Das Werk des Andrea Orcagna Die gesicherten Werke Der Strozzi-Altar in S. Maria Novella Das Tabernakel von Orsanmichele Der Matthäus-Altar in den Uffizien Zugeschriebene Werke Der „Triumph des Todes" in S. Croce Das Baronci-Triptychon der Sammlung Lanz Das Altarbild in der Badia in Florenz

12 20 23

-

27 34 38

Das Werk des Nardo di Cione Die Fresken Nardos Die Cappella Strozzi in S. Maria Novella Die Cappella Giochi e Bastari in der Badia in Florenz Die Annenkapelle im Kreuzgang von S. Maria Novella Die Tafelbilder Nardos

41 47 53 56

Schlußbetrachtungen

61

A n h a n g . Zu den verlorenen Wandbildern Orcagnas in der Hauptchorkapelle von S. Maria Novella E x k u r s . Zur Darstellung der von Heiligen empfohlenen Stifter auf italienischen Grabmälern des späten Mittelalters Anmerkungen Schrifttum O r t s - und K ü n s t l e r v e r z e i c h n i s

65 68 73 87 88

D i e Z a h l e n am R a n d e d e s T e x t e s v e r w e i s e n a u f d e n B i l d e r t e i l

B i l d e r n a c h w e i s : Fratelli Alinari, Florenz i , 13, 20, 21, 26-30, 32, 34, 36, 38-44, 54, 55. Anderson, Rom 19, 46. Ashmolean Museum, Oxford 57. Bayr. Staatsgemälde-Sammlung, München 52,53. Ciachi, Florenz 37. Croci, Bologna 56. Frankenstein, Wien 51, Textabb. S. 33. Giac. Brogi, Florenz 2-12, 14-17, 24, 25, 31, 33, 35, 58. Mortimer Offner, New York 49, 50. National Gallery, London 47. Sammlung Lanz, Amsterdam 23. R. Soprintendenza, Florenz 18, 22. The N. Y . Hist. Soc., New York 48. Victoria and Albert-Museum, London 45. E s l i e f e r t e n : Die Druckstöcke Bendix Sc Lemke, den Druck Otto v. Holten, den Einband Biblos, alle in Berlin.

VORWORT Die Arbeit lag in etwas veränderter Form und unter dem Titel „ D i e Maler des Orcagna-Kreises" im Dezember 1934 der Philosophischen Fakultät der G e o r g August-Universität in Göttingen als Dissertation vor. Das Thema ist der Florentiner Trecentomalerei entnommen, einem Gebiet, das erst in den letztvergangenen Jahrzehnten eingehender untersucht worden ist. Das Werk des Andrea Orcagna und seines Bruders Nardo di Cione hat das Interesse der Forschung in besonderem Maße auf sich gezogen. Das ist verständlich genug. Die beiden Brüder sind nicht nur die führenden Meister im dritten Viertel des Jahrhunderts, sondern gehören zu den wenigen bedeutenden Erscheinungen des Trecento überhaupt; der Einfluß ihres Wirkens hat sich bis an die Schwelle des Quattrocento geltend gemacht. V o r wenigen Jahren erst erschien die Abhandlung von Klara Steinweg, in der das Werk Orcagnas einer gründlichen Untersuchung unterzogen und das gesamte biographische Material zusammengefaßt, zugleich auch der Wandel des Urteils über den Künstler in der kunstgeschichtlichen Literatur aufgezeigt wird. Im Falle Nardos ist es bisher bei Einzelbetrachtungen geblieben. Durch die Studien jedoch, die Suida, Siren und Offner dem Werke Nardos gewidmet haben, besitzen wir eine klare Vorstellung von dem Wesen dieses Künstlers, und damit die Erkenntnis, daß er an Bedeutung Orcagna wenig nachsteht. Wenn trotz reicher Vorarbeiten erneut das Thema angeschlagen wird, so geschieht das aus einem doppelten Wunsch heraus. E s erscheint notwendig, die Frage nach dem künstlerischen Werdegang sowohl Orcagnas wie Nardos nachzuprüfen, insbesondere zu versuchen, das Dunkel zu lichten, das über der Periode vor dem Hauptwerk der Künstler, den Malereien für die Familie Strozzi in S. Maria Novella in Florenz, liegt. Eine Betrachtung des Werkes der beiden Brüder im Zusammenhang kann allein die letzte Kontrolle über diese Fragen gewähren, zumal da es an gesicherten Daten vielfach, im Falle Nardos so gut wie ganz fehlt. Z u m anderen reizt die Möglichkeit, bei einer solchen vergleichenden Betrachtung auf Dinge achten zu können, die der Beurteilung bei einer gesonderten Fragestellung entgehen: vor allem darauf, wie sich zwei eng verwandte Künstler einer Generationsschicht den Darstellungsproblemen ihrer Zeit gegenüber verhalten haben. Die erste Anregung zu dieser Arbeit geht auf Prof. Mario Salmi in Florenz zurück. Ihre A u s f ü h r u n g " wäre nicht möglich gewesen ohne die Hilfe von Bibliothek und Photographien-Sammlung des Deutschen Kunsthistorischen 7

Instituts in Florenz. Mancherlei Anregungen ergaben sich bei der Durchsicht des reichen Abbildungsmaterials, das Sir Robert und Lady Witt in London in großzügiger Weise dem Publikum zugänglich machen. Mit wertvollen Auskünften und Ratschlägen haben mich Dr. Walter und Dr. Elisabeth Paatz in Frankfurt und Dr. Friedrich Antal in London unterstützt; durch freundliche Beschaffung von Photographien ist mir Prof. Richard Offner in New Y o r k behilflich gewesen. Ihrer, sowie des verstorbenen Prof. Otto Lanz, der mir das Studium eines Bildes seiner Sammlung in Amsterdam ermöglichte, sei an dieser Stelle mit Dankbarkeit gedacht. Mein ganz besonderer Dank gebührt meinem hochverehrten Lehrer in Göttingen, Prof. Graf Vitzthum, der die Arbeit von ihrem Entstehen an durch steten Rat gefördert hat. L o n d o n , Mai 1937

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Hans Dietrich G r o n a u

EINLEITUNG Für die Frage nach dem Ablauf der künstlerischen Tätigkeit Orcagnas und Nardos gibt ein in Pistoia bewahrtes Dokument den ersten wichtigen Anhaltspunkt: die bekannte Umfrage nach den hervorragendsten Florentiner und Sieneser Malern, die gegen Ende der vierziger Jahre des Trecento von den Operai von S. Giovanni Fuorcivitas in Pistoia abgehalten wurde, als der Auftrag für die Hochaltartafel jener Kirche vergeben werden sollte. Das Pistoieser Dokument 1 bietet uns nicht nur eine höchst willkommene „Adressenliste der besten Maler der beiden Städte" (Schlosser), sondern erlaubt zugleich einen Einblick in die Lage im florentinischen (und sienesischen) Kunstgebiet um die Jahrhundertmitte. Noch gebührte Taddeo Gaddi, dem Hauptvertreter der „giottesken" Richtung, in Florenz der erste Rang; an ihn erging auch schließlich der Auftrag, das Altarbild auszuführen. Maestro Stefano — gleichfalls einer der Älteren — , der von Ghiberti und Vasari hochgepriesene, für uns nicht mehr faßbare Künstler, folgt unmittelbar auf Taddeo; erst dann, immerhin jedoch an dritter Stelle, finden sich die Namen Orcagnas und Nardos 2 . Neigte sich in jener Zeit die Gunst des Publikums in der „ P r o v i n z " noch den Vertretern der älteren Generation zu, so wandelte sich die Situation in Florenz selbst überaus rasch. Die wichtigsten Schöpfungen der fünfziger Jahre rühren von Orcagna und Nardo her: von Orcagna das Tabernakel in Orsanmichele und das Altarbild der Strozzi-Kapelle in S. Maria Novella, von Nardo die Fresken jener Kapelle. Mit diesen Arbeiten hatten die Brüder in Florenz eine Vorrangstellung erreicht, die sie bis zu ihrem Ende (in der zweiten Hälfte des folgenden Jahrzehnts) nicht mehr abgeben sollten. Der Versuch, das Lebenswerk der beiden Künstler der Folge seiner Entstehung nach wiederaufzubauen, es gar bis zu dem Zeitpunkt der Pistoieser Urkunde heranzuführen, wird durch den Mangel an sicheren Daten empfindlich gestört. Das Geburtsdatum steht für keinen von ihnen fest. Da sie aber erst um das Jahr 1343 der Arte de' medici e speciali beitraten 3 , darf man vermuten, daß sie nicht wesentlich früher als um das Jahr 1320 geboren waren 4 . Der Strozzi-Altar Orcagnas ist 1357 datiert, das Tabernakel trägt die Jahreszahl 1359; 1367, wohl ein Jahr vor seinem Tode 5 , erhält Orcagna den Auftrag für den Matthäus-Altar aus Orsanmichele. Die Dokumente besagen, daß er an diesem Bild nicht allein tätig war, daß vielmehr sein jüngerer Bruder Jacopo di Cione es zu Ende führte. Mit dieser Aufzählung sind nicht nur die wichtigsten für uns in Betracht kommenden Daten für Orcagna genannt 6 , sondern auch die urkundlich gesicherten Werke seiner Hand. Das Bild der künstlerischen Entwicklung des Malers ist also lückenreich. Völlig dunkel bleibt der Anfang; aber auch die reife Zeit ist nicht genügend erhellt. K . Steinweg hat in ihr die Entstehung des Freskofragments in S. Croce vermutet, das zwar für Andrea ungesichert ist, das aber wohl ein Bruchstück 9

einer bereits von Ghiberti dem Künstler zugewiesenen darstellt.

Freskokomposition

An Bemühungen, das sehr kleine „ W e r k " des Malers durch Zuschreibungen zu erweitern, hat es nicht gefehlt. Keine der Attributionen ist unwidersprochen geblieben; es schien nicht möglich, ein dem Strozzi-Altar ebenbürtiges Werk zu entdecken 7 . Das Tabernakel, zwei Altarbilder und ein Freskenzyklus (der nur in einem Fragment auf uns gekommen ist) scheinen wenig, wenn man der wenigstens fünfundzwanzigjährigen künstlerischen Tätigkeit Andreas Rechnung trägt. Drei Ursachen lassen sich erklärend anführen. Einmal ist der umfangreichen Beschäftigung Orcagnas als Bildhauer und Architekt zu gedenken 8 . Zum anderen ist eine große Anzahl von Fresken und Tafelbildern, von denen die Quellen berichten, den baulichen Veränderungen der Kirchen und Klöster zum Opfer gefallen 9 . Ein dritter wesentlicher und nicht genügend in Betracht gezogener Faktor liegt darin, daß Orcagna sich in weitem Maße seiner Werkstatt zur Ausführung von Aufträgen bedient zu haben scheint. Daß Jacopo di Cione für ihn tätig war, lehrt der dokumentarisch gesicherte Fall des Matthäus-Altares. Über den Werkstattbetrieb des Trecento wissen wir allzu wenig 1 0 . Will man sich der Aufgabe unterziehen, aus der Fülle der „orcagnesken" Werke diejenigen namhaft zu machen, die •— wenigstens im Entwurf — Orcagna zugeschrieben und daher seinem Werke eingeordnet werden können, wird man nicht nur die Formensprache untersuchen müssen, sondern vor allem festzustellen haben, welche unter ihnen k o m p o s i t i o n e l l den Anforderungen genügen, die die gesicherten Werke des Malers stellen. Ich glaube, daß sich zwei Altarbilder auf diese Weise dem Maler zuweisen lassen. Sehr viel schwieriger noch liegt der Fall bei N a r d o. Wir kennen den Zeitpunkt seiner Immatrikulation in die Arte de' medici, sein Todesdatum (1365/66), und dürfen aus dem Wortlaut des Dokuments in Pistoia entnehmen, daß er — wenigstens zeitweise — seine Werkstatt mit Orcagna geteilt hat 1 1 . Nicht eine einzige inschriftlich oder durch dokumentarische Aussagen gesicherte Arbeit des Malers hat sich erhalten. Besäßen wir nicht die positive Angabe in den Kommentaren des Ghiberti, daß die Fresken der Cappella Strozzi sein Werk seien 12 , dann würde der Maler das Los so mancher bedeutenden Erscheinung des Trecento teilen und heute der Vergessenheit angehören. Früh, schon seit dem Beginn des 16. Jahrhunderts, beginnt der Ruhm Orcagnas denjenigen Nardos zu überstrahlen. Die vorvasarianischen Quellen kennen Nardo schon nicht mehr, oder sie geben die Aufzeichnung Ghibertis verunklärt wieder. Billi weist die Malereien der Strozzi-Kapelle bereits ganz Andrea zu. Der Anonimo Magliabecchiano verquickt die Angaben Ghibertis und Billis und führt die Fresken dementsprechend zweimal, unter Nardo und unter Orcagna, auf; Gelli wiederum folgt dem libro des Billi 1 3 . Das Werkverzeichnis schließlich, das die zweite A u f l a g e der Viten Vasaris enthält, hat Ghiberti gegenüber an

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U m f a n g erheblich zugenommen, ist aber nicht mehr in allen Einzelheiten nachzuprüfen, bzw. hat sich als unrichtig erwiesen 1 4 . Die Folgen dieser V e r w i r r u n g waren für die gesamte künftige Forschung unheilvoll.

Nicht nur blieb die Persönlichkeit Nardos enigmatisch, sondern es

mußte sich notgedrungen ein falsches Bild der Eigenart Orcagnas

ergeben.

N u r aus der V e r m e n g u n g der Arbeiten der beiden Maler ist das Fehlurteil v o n der „ D o p p e l n a t u r " Orcagnas zu erklären, das seit dem Erscheinen v o n Crowe und Cavalcaselle's „History of Painting in Italy" (1864) geltend blieb. W i c k h o f f hat als erster die Aussage Ghibertis als bindend erkannt und demgemäß die Fresken der Cappella Strozzi aus dem W e r k Orcagnas gelöst 1 5 . Damit waren die Voraussetzungen zu der Erkenntnis Nardos geschaffen, und die A u f b a u arbeit seines W e r k e s konnte beginnen. D e n A n f a n g machte Suida's Studie über die „Florentinischen Maler um die Mitte des X I V . Jahrhunderts" (1905). Wichtige Beiträge zur Rekonstruktion lieferte Siren 16 .

Die endgültige K l ä r u n g in

allen Zuschreibungsfragen sowie eine vorzügliche Charakterisierung des Künstlers wird Offner verdankt 1 7 . In Florenz haben sich neben dem Zyklus in S. Maria Novella zwei weitere, ihrem Umfang nach bescheidenere Folgen v o n Wandbildern erhalten; Tafelbilder befinden sich in verschiedenen europäischen und amerikanischen Sammlungen. D e r Versuch, an diesen Arbeiten den künstlerischen W e r d e g a n g des Malers ablesen zu wollen, hat auszugehen v o n den Fresken der Cappella Strozzi. Es ist kaum denkbar, daß Orcagnas Altarbild in der Kapelle aufgestellt worden sei, ehe nicht die Arbeit an ihnen zu Ende geführt war.

Aller Wahrscheinlichkeit

nach ist der K o n t r a k t mit Nardo zur gleichen Zeit geschlossen worden wie derjenige mit Orcagna. U m die Mitte der fünfziger Jahre etwa werden die Fresken zu datieren sein.

II

DAS W E R K DES ANDREA

ORCAGNA

Die gesicherten Werke Der Stroit-Altar

in S. Maria NopeJIa

Über die Entstehung des Altares gibt das von Baldinucci 18 mitgeteilte Dokument aus dem Jahre 1354 Auskunft. Nach dessen Wortlaut sollte die von Tommaso di Rossello Strozzi für seine Familienkapelle in der Hauptkirche des Florentiner Dominikanerordens bei Orcagna bestellte Altartafel in zwanzig Monaten vollendet sein. Das Datum 1357, das diese — nebst der Signatur des Malers — trägt, zeigt, daß der Maler die ihm gestellte Frist kaum wesentlich überschritten haben kann. Die Altartafel befindet sich, in relativ gutem Erhaltungszustand 19 , unverändert an dem Ort, für den sie von Anfang an bestimmt war. 1

Die Mitte der Haupttafel nimmt Christus ein, der in hieratischer, streng frontaler Haltung auf unsichtbarem Sitz thront. Eine Mandorla von Cherubim umrahmt seine Gestalt und hebt sie wirksam hervor; vier musizierende Engel knieen zu seinen Füßen. Zu den Seiten Christi ordnen sich acht heilige Gestalten paarweis an. Vier von ihnen sind eng mit Christus verbunden. Aus den ausgestreckten Händen Christi empfangen Thomas von Acquin ein geöffnetes Buch, Petrus (der sich wie Thomas auf die Kniee niedergelassen hat) die Schlüssel. Thomas wird durch die Jungfrau Maria dem Schutze Christi empfohlen, hinter Petrus wird Johannes der Täufer sichtbar, der mit seiner Rechten auf Christus z hinweist. An den äußeren Rändern stehen der Erzengel Michael und Katharina 3 von Alexandrien, Paulus und Laurentius; sie rahmen sichtlich die in Christus gipfelnde Hauptgruppe ein. Ein A u f b a u von strenger Symmetrie also, der den überaus feierlichen, ernsten Eindruck des Altarbildes bestimmt. Unter der Haupttafel läuft ein schmaler Sockelstreifen hin, auf welchem die Inschrift des Malers mit dem Datum sowie die Namen der Heiligen verzeichnet sind. Das Ganze ruht auf der nur wenig vorspringenden Predella, in die drei Darstellungen erzählenden Inhalts eingelassen sind. Die mittlere mit der Dar; Stellung der „Navicella" nimmt gleicherweise auf Christus wie auf den Apostelfürsten Bezug, die linke stellt eine Szene aus dem Leben des heiligen Thomas 4 (Thomas gerät während eines Messeamtes in Neapel in Verzückung) dar, die andere gibt eine Laurentiuslegende wieder (die Intervention des Laurentius bei der 6 Seelenwägung durch Michael errettet die Seele Kaiser Heinrichs II., dessen T o d in der mittleren Szene dargestellt ist) 20 . In den Giebeln zeigen Medaillons die Taube des heiligen Geistes und Halbfiguren von verehrenden Engeln. Thomas und Petrus sind sowohl durch ihre Stellung als auch durch ihre Beziehung zu Christus vor den übrigen Heiligen des Altares ausgezeichnet. Beiz

sonders betont ist zweifellos Thomas, den Maria selbst in ihren Schutz nimmt. Diese Hervorhebung des Dominikanerheiligen findet eine doppelte Erklärung: einmal steht der Altar in der ihm geweihten Kapelle seiner Ordenskirche 21 , zugleich jedoch war Thomas der Schutzpatron des Auftraggebers. Aber auch Petrus läßt sich auf eine Persönlichkeit des Hauses Strozzi beziehen. Ein Piero di Ubertino Strozzi, Vatersbruder des Tommaso, war als Knabe 1 3 1 9 in das Kloster von S. Maria Novella eingetreten, dessen Prior er 1332 wurde. E r stieg zu hohen Würden innerhalb seines Ordens auf (1333 Ordensvicar für Toscana, ab etwa 1348 Pater Provincialis der römischen Ordensprovinz), bekleidete nach seiner Ausbildung in Paris den Lehrstuhl für Theologie in Pisa; in einem Dokument von 13 5 9 ist er als „lector" (Lehrer der Theologie) des Florentiner Klosters bezeichnet. Nach seinem Tode 1362 wurde er in S. Maria Novella beigesetzt 22 . E s scheint kein Zweifel bestehen zu können, daß das Erscheinen Petri an bevorzugter Stelle des Altarbildes besonderen Wünschen seitens des Auftraggebers entsprochen hat. Die Feststellung ist in doppelter Hinsicht wichtig, Sie eröffnet ein tieferes Verständnis für die ikonographische Bedeutung der Tafel, damit aber zugleich für die künstlerische Leistung des Malers in diesem Altarwerk. Erst jetzt ist es möglich, den ikonographischen Typus des Strozzi-Altares genau zu bestimmen. Von etwa der Mitte des 13. Jahrhunderts an findet sich in Rom, im 14. Jahrhundert besonders in Oberitalien (in Venedig und der Terraferma, in der Lombardei, in Piemont) in großer Anzahl ein ganz bestimmter, fest ausgeprägter Typus der Darstellung der thronenden Madonna (mit dem Kinde), der die Stifter von Heiligen empfohlen werden. Fast ausschließlich befinden sich diese „Fürbitte"Darstellungen über den Grabmälern des oder der Stifter (in den rund- oder spitzbogigen, lunettenartigen Nischen über der Tumba), beinahe immer handelt es sich bei den m a l e r i s c h e n Darstellungen um Fresken. Aus der Fülle der Beispiele (eine ausführliche Erörterung über Herkunft und Entwicklung dieses Bildtypus findet sich im Exkurs, S. 68 f.) sei ein dem Paolo Veneziano zugeschriebenes Bild herausgegriffen, das zum Grabmal des 1339 verstorbenen Dogen Francesco Dandolo gehört (Venedig, S. Maria dei Frari, vgl. Exkurs, S. 70). 5 5 In der Mitte, vor einem Vorhang, sitzt Maria; zwei Heilige, Franz und Elisabeth, treten von links und rechts heran und empfehlen durch Auflegen der einen Hand und die auf Maria weisende Geste der anderen den Dogen und seine Gemahlin. Die Stifter knieen mit gefalteten Händen in Profilstellung zu den Seiten der Madonna. Das Kind wendet sich dem Dogen lebhaft zu und segnet ihn mit der erhobenen Rechten. Auf diesen weist auch die linke Hand der Madonna, während ihr K o p f sich nach der Seite der Stifterin hinneigt, wenn ihr Blick auch auf den Beschauer gerichtet ist. Für unseren Zusammenhang sind zwei Momente von besonderer Wichtigkeit: 1. Stifter und Heilige sind paarweis zusammengeordnet, 2. die beiden Figurenpaare sind durch Blickbeziehung wie Aktion in festen inhaltlichen wie kompositioneilen Zusammenhang mit der Madonna und dem Kind gebracht.

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Daß der Strozzi-Altar im kompositionellen Schema mit den Darstellungen der im Exkurs zusammengestellten Gedächtnis- oder Votivbilder auf das engste übereinstimmt, werden Vergleiche zeigen. Ikonographisch jedoch sind die Abweichungen beträchtlich. Nicht Stifter sind es, die von Heiligen empfohlen werden, sondern Heilige; die Zentralfigur ist nicht Maria mit dem Kind, sondern Christus. Und doch ist der Zusammenhang zwischen Strozzi-Altar und den Stifterbildern auch im Ikonographischen gesichert. Thomas und Paulus sind nachweislich die Schutzpatrone des Auftraggebers und eines seiner nächsten Anverwandten, sie personifizieren also gleichsam die Stifter. Somit ist man berechtigt, den Strozzi-Altar mit dem Darstellungstypus der Fürbitt-Bilder in Verbindung zu bringen. Der „Fürbitte"-Charakter des Bildes wird vollends erwiesen durch den Umstand, daß Thomas und Petrus durch Maria und Johannes, den Fürbittern beim Jüngsten Gericht, Christus empfohlen werden. Mit dieser Feststellung wird nun auch die innere Verknüpfung des Themas des Altarbildes mit den Fresken des Nardo di Cione offenbar, die die Wände der Strozzi-Kapelle schmücken (über diese ausführlicher unten, S. 41 ff.). A n der Wand hinter dem Altarbild sehen wir das Jüngste Gericht, an der linken Wand das Paradies, in das Tommaso Strozzi und seine Gemahlin Caterina Einlaß finden, gegenüber treten uns die Schrecken der Hölle entgegen. Der Bildkreis der gesamten künstlerischen Ausgestaltung der Kapelle ist also auf das engste mit dem Gedanken an die Erlösung verbunden, ein Gedanke, der nahegelegen haben muß: unter der Kapelle befindet sich die Begräbnisstätte der Familie Strozzi 23 . Aus den Stifterdarstellungen allein ist der Altar ikonographisch jedoch nicht zu erklären. Wie kommt es, daß Christus den ihm empfohlenen Heiligen Buch und Schlüssel verleiht? Auch hierfür lassen sich Vorbilder aufzeigen. In zahlreichen Bologneser Handschriften der Decretalien finden sich von etwa der Mitte des 14. Jahrhunderts an Darstellungen des folgenden Typus: in der Mitte thront erhöht Christus, streng frontal gerichtet, mit segnender Gebärde der rechten 5 8 Hand (wir halten uns hier an ein Beispiel in einer Handschrift der Biblioteca Comunale in Siena, betitelt „Decretorum volumen commentaria", deren Miniaturen gegen 1350 von einem Bologneser Maler ausgeführt wurden). Z u den Seiten knieen zwei Gestalten. Engel, die den Thron Christi schwebend umgeben, krönen die Figur links mit der päpstlichen Tiara, die andere mit der Kaiserkrone; ein anderes Engelpaar überreicht ihnen Buch bzw. Schwert 24 . Es ist die Verleihung der geistlichen und weltlichen Macht auf Erden durch Christus, die symbolisch zur Darstellung gebracht wird 26 . Die wesentlichsten Bestandteile dieser Komposition: die erhöht thronende, völlig dem Beschauer zugewendete Figur Christi, das Motiv der seitlich knieenden, ihre Arme nach der Mitte zu ausstreckenden Gestalten, sind in den StrozziAltar übernommen. Ikonographisch wie formal hat sich die Darstellung jedoch entscheidend verändert. Die Verleihung von Buch und Schlüssel erfolgt durch Christus selbst; die Engel sind zu Begleitfiguren geworden, die mit der alles

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beherrschenden Aktion, welche die knieenden Figuren mit Christus verbindet, keinen Zusammenhang mehr haben; in wunderbarer Klarheit tritt das Thema zu Tage. Wiederum also ist ein ikonographisches Vorbild in absolut selbständiger Weise umgedeutet worden, ist das Vorbild in seiner Symbolik gleichsam gesteigert, in eine abstraktere Sphäre erhoben. Nicht die Antithese zwischen kirchlicher und weltlicher Macht auf Erden, die das Thema der bolognesischen Beispiele war, soll hier dargestellt werden. So wie Petrus mit dem Schlüssel die Herrschaft über die Kirche verliehen wird, so empfängt Thomas, als „Berufener Gottes" 26 , mit dem Buche die Obhut über die Kirchenlehre. Wie der geistige Inhalt der Tafel in großartiger Weise konzentriert ist, so sind auch die drei Darstellungen in der Predella unlösbar mit ihm verbunden. Freilich bedeutet es nicht „nur eine Variation des Bildthemas", sondern geradezu dessen Illustrierung, „wenn etwa die Kirchenlehre in der Darbringung des Meßopfers durch den Heiligen Thomas verherrlicht wird, oder wenn in dem Bild der Navicella Christus in Petrus die Kirche errettet" 27 . Aber auch das dritte Bild der Staffel ist nicht nur auf die beiden Heiligen, die in ihm wirken — Laurentius und Michael —, bezogen, sondern besitzt eine höhere geistige Bedeutung. Was liegt näher, als die Szene der Seelenrettung (vgl. oben S. 12) aus dem Votivcharakter des Hauptbildes zu erklären? Der Strozzi-Altar erhebt sich damit inhaltlich über die Grenzen des kirchlichen Andachtsbildes: er verkündet ein dogmatisches Programm 28 . Kein Zweifel, daß ein hochgebildeter Geist es entworfen haben muß. Nichts ist wahrscheinlicher, als daß man in Piero Strozzi den geistigen Urheber zu vermuten hat. Er mag Orcagna auch die Kenntnis der beiden Bildschemata, die eingewirkt haben, vermittelt haben. Die Darstellung der Decretales-Handschriften, die über die ganze kirchliche Welt verbreitet waren, ist ihm natürlich vertraut gewesen. Auch das Gedächtnisbild, das in Florenz offenbar nie die Rolle besessen hat wie in Rom oder in Oberitalien, mag ihm während seiner römischen Tätigkeit oder auf einer seiner Reisen nach dem Norden bekannt geworden sein 29 . Daß der dogmatische Charakter des Bildthemas auch die formale Durchgestaltung der Altartafel entscheidend beeinflußt hat, geht aus der Betrachtung des Bildes klar hervor. Der Inhalt bedingt die Gestaltung, nur aus dem Inhalt heraus kann die Form völlig verstanden werden. Die Aufgabe, die dem Maler gestellt wurde, hätte kaum einen wirksameren bildlichen Ausdruck finden können. Die Darstellung ist ganz abstrakt, fast bis zur Nüchternheit; die Wiedergabe des realen Zusammenhangs wird selbst in den Predellenszenen auf ein Mindestmaß reduziert; jeder einzelne Bestandteil des Bildes wird dem gedanklichen Inhalt auch formal untergeordnet. Klarste und einfachste Flächenrelationen herrschen vor. Für die Zuordnung der knieenden, im reinen Profil gegebenen Gestalten zur Frontalfigur des erhöht thronenden Christus wählte schon der Bologneser Miniaturist das kompositionelle Schema eines annähernd gleichseitigen Dreiecks. Die Komposition des

Strozzi-Altares erweist sich als wesentlich überlegen. Dadurch, daß Christus hier selbst Buch und Schlüssel überreicht, ergibt sich ein engeres Zusammenrücken der Hauptfiguren. Das Dreiecksschema tritt beherrschend hervor und schließt in wunderbarer Straffheit die drei Figuren zusammen; Maria und Johannes, hinter Thomas und Petrus aufragend, mildern die Starrheit der geometrischen Form auf das glücklichste. Somit entsteht ein klar ablesbares, überaus einprägsames, abstrakt-lineares Gebilde von wesentlich konzentrierterer Gestaltung, als wir es je in den zeitlich früheren Votivdarstellungen oder in den Miniaturen finden, Die einheitlich flächenhafte Gestaltung des Grundes erhöht die übersinnlichstrenge W i r k u n g der Darstellung. Der reich gemusterte Teppich bildet keine Bühne, auf der die Figuren stehen, sondern ist ein reines Flächenornament. Ganz ornamental erscheint auch die Mandorla, die sich gleichmäßig über das Gold des Grundes wie über den Teppichstreifen hin erstreckt. Gegen den Hintergrund setzen sich die Figuren, gleichsam reliefartig, in fast ungebrochenem Umriß ab. Zwischen den Konturen wölbt sich der Körper in flacher Erhöhung vor. Nie aber besitzt er eine wirklich organische Körperhaftigkeit. Das ist jedoch nicht Schwäche, sondern Beweis der Stilkraft; denn, wie K. Steinweg mit Recht hervorhebt (S. 6 ; ) , liegt jeder Figur eine klare Körpervorstellung zu Grund. Sie zeigt sich deutlich bei der Gestalt Christi, deren Kniee sich kräftig unter dem Mantel abzeichnen. Auch bei Petrus deuten die Formen des Körpers sich unter der Gewandung an. In straffen, gespannten Bahnen fällt das Mantelende vom Arm herab; wo es den Boden berührt, bricht es unstofflich hart um. Aber diese Faltenzüge betonen den Umriß der knieenden Gestalt sehr wirksam, sie verstärken damit den Eindruck der Körperbewegung. Die Funktion der Gliedmaßen tritt freilich nur wenig in Erscheinung. Die Falten, die in parallelen Zügen über Schulter und Rücken des Heiligen spielen, führen ein eigenes Leben, sind abstrakt-ornamental. Auch bei der Gestalt des Paulus liegt der Faltenbildung offenbar eine Naturbeobachtung zu Grunde: der Mantel ist über dem Arm des Heiligen gerafft. Aber wiederum sind die organischen Faltenbildungen stilisiert; sie gliedern den Körper nur bescheiden. So ist die Gestalt des Heiligen von gewaltiger Strenge und Starrheit. In der Bildung der Köpfe verbindet sich individueller Gehalt mit abstrakter Stilisierung. Die darstellerischen Mittel sind knapp und von äußerster Präzision. Die Köpfe sind länglich, überaus wohlgebildet. Ornamentgleich ist das Haar um den Kopf geordnet; leichte Abweichungen, etwa in der Art, wie die Lockenenden über die Schultern fallen, mildern nur die Strenge der symmetrischen Anordnung. Ganz ornamental ist die Bildung der Ohren, von metallischer Schärfe die Zeichnung der Brauen, der Augen, des Mundes. In den Köpfen äußert sich das plastische Empfinden des Malers sehr deutlich: die Gesichter werden durch dunkle Umrisse scharf vom Grund abgesetzt, gleichmäßig lichten sie sich von allen Seiten nach der Mitte zu auf; stärkere Lichter betonen die am meisten hervortretenden Partien. 16

Bei der Betrachtung der K ö p f e von Petrus und Thomas wird der Gedanke wach, als habe der Maler einen individuellen Typus charakterisieren wollen. In dem K o p f des Petrus hat schon Siren 30 das Porträt eines Zeitgenossen ver- 7 mutet; das gleiche trifft auch sicherlich für Thomas 2u: die kräftige, leicht gebogene Nase, die gewölbten Lippen, das volle, stark vorspringende Kinn verleihen dem K o p f einen entschieden persönlichen, von ailen anderen Köpfen unterschiedlichen Zug. Die Stilisierung in der Zeichnung ist jedoch auch bei diesen beiden Köpfen zu ausgeprägt, als daß sie von naturhafter Porträtmäßigkeit wären. Immerhin stützen diese Beobachtungen das Ergebnis der ikonographischen Untersuchung, daß in den beiden Heiligen die Auftraggeber verkörpert sind. Der Maler behält die dekorative Flächengestaltung auch in den Predellenbildern bei. Die Darstellungen entfalten sich in horizontaler Richtung, so daß die Vorgänge sich in der Fläche ablesen lassen. Weder der Innenraum in der Szene des Todes Kaiser Heinrichs, noch die Gruppierung der singenden Mönche auf der Thomas-Predella, lösen räumliche Vorstellungen aus; selbst stark bewegte Gestalten, auf der Navicella, Laurentius und Michael in der Szene der Seelenrettung, werden möglichst in der Fläche ausgebreitet, so daß sich ihre Umrisse scharf vom Hintergrund absetzen können. Die Gebundenheit an die Flächc führt in den Predellenbildern jedoch nicht zu Kompositionen von strenger Symmetrie, wie es der repräsentative Charakter der Haupttafel verlangte. In steter Steigerung, mit wirksam verteilten Akzenten, entwickelt sich die Szene der Thomasmesse zu ihrem Höhepunkt. Der dichtgedrängten Apostelschar in der Navicella wird die Gruppe von Christus und Petrus entgegengesetzt, und die beiden, ikonographisch geforderten, Bildelemente werden überaus glücklich durch das wiederholte Motiv des ausgestreckten Armes verbunden. Daß Petrus die Hauptfigur der Szene ist, wird überdies durch das über seinem K o p f aufragende Gebirge deutlich zum Ausdruck gebracht. In den beiden seitlichen Szenen des rechten Predellenbildes ist die Gestaltung nun vollends abstrakt. Wir sehen, daß der Maler auch Darstellungen erzählenden Charakters aus dem Bereich der zuständlichen Illustration erhebt, um sie in klare Beziehungen zum symbolischen Gehalt des Hauptbildes zu bringen. Das Bestreben Orcagnas nach letzter Klarheit ist wohl selbst für das äußere Gefüge des Altarwerks einflußgebend gewesen: an die Stelle des vielteiligen Polyptychons, in welchem die architektonischen Glieder die Einheitlichkeit der Darstellung stark behindert hätten, tritt — zum erstenmal in der Geschichte des Florentiner Altarbildes — die geschlossene Bildfläche 3 1 . Die ikonographischen Vorbilder haben diese Lösung fraglos vorbereitet. Das legt vor allem die Beobachtung nahe, daß die Einheitlichkeit der Darstellung d o r t eine Unterbrechung zu erleiden scheint, w o das thematisch Neue einsetzt: zwischen der Hauptgruppe und den äußeren Heiligenpaaren, Michael-Katharina und Paulus-Laurentius. Obwohl diese vier Heiligen das Thema ideell erweitern und ergänzen 32 , wirken

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sie kompositionell durchaus isoliert; sie stehen mit der großen Zentralgruppe nur in lockerem Zusammenhang. Die Analyse der Figurenkonstellation im Zentrum der Komposition ließ erkennen, daß die Verbindung der vier Gestalten mit Christus durch lineare Mittel erreicht wird. In ein- und derselben Fläche verbinden sich, vermittelst des Buches und der Schlüssel, die Arme Christi und der knieenden Heiligen. Die Zueinanderordnung der Figuren ist denkbar unkompliziert: zwei reine Profilfiguren werden einer zentralen Frontalfigur untergeordnet und völlig unräumlich vor die hinter ihnen stehenden Gestalten gesetzt. Selbst bei dem Paar Thomas-Maria hebt der Maler die Andeutung eines „räumlichen" Verhältnisses zwischen den beiden Figuren auf, indem Thomas die etwas seitlich hinter ihm stehende Gestalt der J u n g f r a u weitgehend verdeckt. Ganz flächenhaft sind die vier Engel zu den Füßen Christi zueinander gruppiert; unmöglich, trotz scheinbarer Hilfsmittel (der schräg verkürzte Kopf des rückwärtigen Engels links!), sie in räumlich eindeutige Beziehung zu bringen. Eine wichtige Rolle ist in diesem Zusammenhang der Mandorla zuerteilt, die als reines, dem Hintergrund plastisch aufliegendes Ornament die Figur Christi umrahmt. Anders die Gruppierung der Heiligen zu den Seiten. Scharf setzt sich die stark verkürzte, schräg gestellte Gestalt des Paulus von dem frontal gerichteten Laurentius ab; durch dessen Kopfwendung zu Paulus hin, durch den Kontrast der beschatteten rechten Mantelpartie der vorderen zum hellen Brokatgewand der hinteren Figur wird deutlich ausgedrückt, daß sie beide hintereinander gestaffelt zu denken sind. Dasselbe erreicht Orcagna auf der anderen Seite durch umgekehrtes Verfahren. Während hier die vordere Gestalt sich dem Beschauer zuwendet und nur die verkürzte linke Schulter eine leichte Drehung des Oberkörpers nach innen andeutet, ist Katharina entschieden schräg ins Bild hineingestellt. Die gegensätzliche Blickrichtung, das Durchschimmern des bunten Brokatstoffes zwischen den leicht gespreizten Beinen von Michael treten hinzu, um auch hier den Eindruck hervorzurufen, daß die zwei Figuren getrennten Schichten angehören. So entstehen scheinbar an den Seiten diagonal nach innen weisende Kulissen. Die schräge Anordnung des Rades der Katharina, die verkürzte Ansicht des Rostes des Laurentius, führen den Blick jedoch wieder schräg nach vorn zurück. Dadurch wird die Entstehung eines Raumkontinuums, in das sich die zur Mitte hin anschließenden Figuren einfügen könnten, verhindert. Diese Art der Figurenkonstellation und ihre Auswertung als seitlicher „Raumkulisse" kommt im Strozzi-Altar keineswegs zuerst v o r : die Malerei des frühen Trecento bediente sich ihrer häufig. Ganz ähnlich wie im Altarbild Orcagnas findet sie sich schon auf dem ersten Fresko des Zyklus der Franzlegende in der Oberkirche von S. Francesco in Assisi, auf dem Wandbild der Laurentiusmarter des B. Daddi in S. Croce in Florenz, verwendet (weitere Beispiele in S. Croce bieten die Fresken Giottos, des Taddeo Gaddi und des Maso 3 3 ). In den beiden Fresken des Meisters der Franzlegende und des Daddi erhält die Komposition 18

durch die an den beiden Seiten aufgestellten, nach innen gerichteten Profil-en face-Paare einmal im bildmäßigen (flächenhaften) Sinn eine feste Rahmung (also durchaus der Bedeutung der seitlichen Figurenpaare im Stro2zi-Altar entsprechend), zum anderen jedoch wird durch ihre Stellung die Raumbühne klar begrenzt, auf der der zentrale Vorgang sich abspielt. Orcagna aber schaltet zwischen die Paare eine völlig fiächenhaft konzipierte Figurengruppe ein. Wenn auch das der Florentiner Tradition entstammende Motiv nicht ganz widerspruchslos in die Komposition eingefügt werden konnte, so bewirkt doch die Stilkraft Orcagnas, daß die Einheitlichkeit der Darstellung nicht gestört wird. Die Raumillusion wird fast völlig gebannt, denn das Standmotiv der rückwärtigen Figuren ist weitgehend verschleiert (man vergleiche dagegen die vorher angeführten Beispiele in Assisi und in S. Croce!). Die äußeren Umrißlinien von Laurentius-Paulus verbinden sich für den Blick zu einer nahezu einheitlichen Linie, und das gleiche gilt, wenn auch weniger ausgeprägt, für das Paar MichaelKatharina. Die einheitlich flächenhafte Gestaltung des Grundes ist schließlich ein ganz wesentliches Mittel, um den Kontrast zwischen den gleichsam als „ F l ü g e l " wirkenden äußeren Heiligenpaaren und der Hauptgruppe zu mildern. Die erstaunliche Leistung, die der wahrscheinlich noch in den dreißiger Jahren stehende Maler in dem Altar der Strozzi-Kapelle vollbrachte, wird keineswegs in ihrer Bedeutung geschmälert, wenn man die glücklichen äußeren Umstände betont, die im Spiel waren. Der Auftraggeber das Mitglied einer der angesehensten und vermögendsten Familien von Florenz, der Aufstellungsort eine bedeutende Kapelle der Hauptkirche des Dominikanerordens dieser Stadt, das Thema aller Wahrscheinlichkeit nach formuliert von einem gelehrten Ordensangehörigen, von dem wohl auch für die endgültige Ausgestaltung des Altarbildes entscheidende Anregungen ausgegangen sein werden — zu welcher Steigerung der künstlerischen Fähigkeiten mußten diese Faktoren bei einem noch verhältnismäßig jungen Künstler führen! Der letzte von ihnen scheint vor allem wichtig. Seit langem hat man die Bedeutung erkannt, welche der Einfluß der scholastischen Dominikaner-Philosophie auf die Bildgestaltung bei Dominikaneraufträgen seit dem vierzehnten Jahrhundert gewonnen hat. Sicherlich ist der Stil des Strozzi-Altares nicht allein mit dem Nachweis erklärt, daß das Thema ein abstraktes Programm verkündet. Denn dieser Stil bleibt nicht allein auf Ordensaufträge beschränkt, und auch Orcagnas eigene Stilentwicklung bleibt durchaus nicht starr an die Prägungen gebunden, die der Maler im Altarwerk der Strozzi-Kapelle gefunden hat. Daß der Orden sich aber dieser Stilform häufig bedient, die dem dogmatischen Charakter seiner Lehre sichtlich entgegenkam und ihn am eindringlichsten zu illustrieren vermochte, ist eine unbestrittene Tatsache; sie hat in den Fresken der Spanischen Kapelle ihren monumentalsten Ausdruck gefunden. Die merkwürdige Erscheinung, daß von etwa der Mitte des Trecento an sich die Fälle mehren, daß nicht nur altertümliche Bildformen wieder aufgegriffen werden, sondern daß auch die darstellerischen Mittel über-

'9

raschende Anklänge an solche aus dem späten Dugento zeigen, wird man kaum der Tat eines einzelnen Malers oder einer Künstlergruppe zuschreiben können. Die Erklärung muß vielmehr darin gefunden werden, daß neue geistige Strömungen Themenwahl wie Ausdrucksmittel beeinflußt und gewandelt haben, zu deren Hauptträgern die Dominikaner sicherlich gerechnet werden müssen 3 4 .

Das Tabernakel von Orsanmichele Die Betrachtung des großen bildhauerischen Werkes soll sich in unserem Zusammenhang auf einige wesentliche Stilfragen beschränken, da über seine stilgeschichtliche

Stellung innerhalb Orcagnas

Gesamtwerk

wie über

seine

ikonographische Bedeutung gründliche Untersuchungen vorliegen 3 5 . Die Arbeit am Tabernakel, mit dessen Errichtung wohl kaum vor dem Jahre 1 3 5 2 begonnen wurde, scheint Orcagna und seine Werkstatt bis gegen das E n d e des sechsten Jahrzehnts beschäftigt zu haben (Steinweg S. 72); sie ging also für einige Jahre derjenigen am Altar der Strozzi-Kapelle parallel.

Das stilistische

Verhältnis des plastischen Schmucks zum Altarbild bietet die Möglichkeit, das Fortschreiten der Arbeit zu kontrollieren; die zeitliche Reihenfolge der Entstehung der einzelnen Reliefs hat Klara Steinweg mit schlüssigen Argumenten aufgewiesen.

Die gleiche Autorin hat auch die Frage nach dem Umfang der

eigenhändigen Beteiligung Orcagnas an der Ausführung untersucht; ihren wohlbegründeten Ergebnissen glauben wir uns weitgehend anschließen zu können. Das Tabernakel umschließt das Madonnenbild des B. Daddi, das dieser im Jahre 1347 als Ersatz für das durch Brand zerstörte wundertätige Gnadenbild des 13. Jahrhunderts schuf. Das Hauptgewicht liegt daher auf Darstellungen aus dem Marienleben; die Reihe setzt ein mit der Szene der Mariengeburt und endet mit dem T o d Maria und der Gürtelspende an Thomas. Einzelreliefs mit den Darstellungen v o n Tugenden 3 6 , Propheten, Patriarchen und Engeln, die Statuen der 12 Apostel, vervollkommnen das Programm, das dem Darstellungsbereich der Marienportale an den gotischen Kathedralen des Nordens überraschend nahekommt.

Die Natur der A u f g a b e verhinderte freilich am Tabernakel eine ge-

schlossene Gestaltung, die Reliefs und Statuen ziehen sich in verschiedener Höhe um den ganzen Bau herum. Die Rückwand allein bot eine zusammenhängende Fläche, die den beiden letzten Szenen aus der Marienlegende vorbehalten wurde; an ihr finden sich die Künstlerinschrift und das Datum: 1359. O b w o h l also A r t der A u f g a b e wie Thema andere waren als am Altar der Strozzi-Kapelle, gibt es zwischen diesem und dem Tabernakel zahlreiche stilistische Berührungspunkte.

Sie sind deutlich greifbar an einigen der Reliefs

erzählenden Inhalts. Die Darstellungen der Geburt Christi, des Tempelganges und der Anbetung der K ö n i g e zeugen v o n dem gleichen Willen, das inhaltlich Bedeutsame in unmittelbar anschaulicher Weise bildlich zu gestalten.

20

Bei der

Geburtsszene tritt die Darstellung der Verkündigung an die Hirten kaum hervor, 8 und selbst bei den Szenen des Tempelganges und der Anbetung der Könige 10, 9 sind die Begleitliguren auf eine Mindestzahl beschränkt; der Blick des Betrachters wird durch kein Detail von untergeordneter Bedeutung abgelenkt. Die Figuren umrahmen gleichsam das in der Krippe liegende Kind in der Geburtsszene, das räumliche Moment ist vollkommen ausgeschaltet, und der schlicht gefaltete Vorhang ist vollends ein wesentliches Mittel, um die Darstellung aus dem Bereich des Alltäglichen zu erheben. Es ist durchaus die gleiche, abstrakt-ornamentale Anordnung, die etwa die Szene der Seelenrettung in der rechten Altarpredella zeigt. Die Gestaltung ist im Relief aber um so aufschlußreicher für das Stilwollen des Künstlers, als es sich hier um eine Darstellung handelt, die in der ersten Trecentohälfte zu immer reicherer Ausbildung in zuständlicher Hinsicht gelangte. Diese Beobachtung trifft in gleicher Weise für den Tempelgang zu. Die Szene ist gegenüber dem reich bewegten Bild des Taddeo Gaddi (S. Croce, Cap. Baroncelli) auf ihre einfachsten Elemente zurückgeführt, und Orcagna verleiht dem Vorgang gleichsam sakramentale Bedeutung. Die tiefe Verehrung der beiden Eltern hat einen prachtvollen Ausdruck gefunden; ihre Anordnung gleicht, wie K . Steinweg (S. 78) sehr treffend bemerkt, derjenigen von Stifterpaaren. Der innerliche wie formale Zusammenhang mit der Strozzi-Tafel bedarf kaum einer weiteren Erläuterung. Gegenüber dieser kleinen Gruppe von Reliefs, die ihren engsten stilistischen und damit zeitlichen Zusammenhang mit dem Altarwerk offenbart, hat in der Darstellung der Mariengeburt das Szenische entschieden stärkere Betonung 1 1 erfahren. Mit der sichtlich größeren Freude am Detail zusammen geht das Bestreben, räumlich schärfer zu differenzieren und den Aufbau der Gestalten klarer zu entwickeln. Lehrreich ist eine Gegenüberstellung mit dem Relief der Anbetung. Der Vorhang fällt hier unmittelbar hinter den Figuren herab und drängt sie entschieden nach vorn; für die Entfaltung der Figuren bietet sich also nur eine nach der Tiefe zu eng begrenzte Schicht. In der Szene der Mariengeburt eröffnet sich der Blick in einen wohnlichen Raum, dessen hintere Abschlußwand tief zurückzuliegen scheint; den Abstand des Bettes vom Bildrand versucht die Anordnung der weiblichen Figuren zur Linken glaubhaft zu machen. Der Vorhang ist hier nicht nur ein ornamentaler, rahmengleicher Bestandteil der Komposition, wie bei der Geburt Christi, sondern er erfüllt zugleich die Aufgabe, die Illusion der Raumtiefe durch Schattengebung zu verstärken. Trotz der vergleichsweise klareren räumlichen Disposition der Figuren entwickelt sich aber auch hier der Hauptvorgang in der Fläche: die Senkrechten und Waagerechten sind stark betont, und die Hauptbewegungen entwickeln sich dem Vordergrunde parallel. Ganz ohne Widerspruch geht die Kombination der räumlich-plastischen und der flächenhaften Tendenzen freilich nicht ab: der K o p f der Frau links ragt empfindlich aus dem Bilde heraus 37 , und rechts stößt die Truhe unvermittelt gegen die Umrahmung. — Eine neue Aufgabe ist nun auch dem Gewand zu21

erteilt worden. Die Faltenzüge brechen härter, sie schneiden zugleich tiefer in den umhüllten Körper ein; die Lagerung der Gliedmaßen wird deutlicher erkennbar. Dies gilt schon für das Relief des Tempelganges, in höherem Maße aber noch für 12 die Doppelszene der Rückwand. Hier hat der Gewandstil heftig erregte Formen angenommen, die den Reliefs einen ganz neuen, überaus lebendigen Charakter verleihen; sie finden sich in ähnlicher Lebhaftigkeit in dem Relief der Todesverkündigung und bei der prachtvollen Halbfigur eines Propheten, beide in der Sockelzone unterhalb des Marientodes, schließlich bei den Engeln, die das Gnadenbild des Daddi umrahmen (Abbn. Steinweg Tf. X I I , T f . X X , T f . X X V und X X V I ) . Die Annahme, daß diese Reliefs am Endpunkt einer raschen stilistischen Entwicklung stehen, die der Künstler während der Arbeit am Tabernakel durchlaufen hat, wird durch das Datum 1359 bestätigt, das das Marientod-Relief trägt. Sie reicht jedoch nicht aus, um den Stilwandel völlig zu erklären, der seit der Arbeit am Strozzi-Altar eingetreten ist. Die Ursachen zu diesem Stilwandel liegen tiefer. Man kommt ihnen näher, wenn man der Bestimmung des Tabernakels gedenkt. Bei dem Auftrage des Tommaso Strozzi handelte es sich letzten Endes um das Monument einer vornehmen Familie. Der Tabernakelbau hingegen umschließt ein wundertätiges Gnadenbild, das bei der breiten Masse der Florentiner Bevölkerung in höchster Verehrung stand, zu dem selbst aus weiten Teilen Toscanas die Gläubigen pilgerten; es waren größtenteils Stiftungen, die während der großen Pest des Jahres 1348 von Bürgern der Stadt dem Oratorium von Orsanmichele hinterlassen worden waren, aus welchen die Mittel zur Errichtung des Tabernakels flössen38. Der maßvoll-strenge Stil des Strozzi-Altares, der mit der abstrakten Darstellung in vollem Einklang stand, wirkte wohl in den gleichzeitig entstandenen Reliefs nach; die Arbeit am Tabernakel mußte aber schließlich zur Wahl mehr expressiver, mehr v o l k s t ü m l i c h e r Mittel führen. Daß diese sich gerade an den Reliefs der Rückwand und an den Engeln zu den Seiten des Madonnenbildes zeigen, ist aufschlußreich genug: sie befinden sich an den beiden Hauptschauseiten. Orsanmichele war zur Zeit der Entstehung des Tabernakels noch eine offene Halle; die Rückwand war damals von der wenig entfernten Straße frei sichtbar. Hier brachte Orcagna nicht nur Signatur und Datum, sondern auch sein Selbstbildnis an (Abb. Steinweg Tf. X V ) . An dem Doppelrelief der Rückwand offenbart sich gleichsam der ganze Formenreichtum, über den die künstlerische Gestaltung jener Zeit verfügte. Der Marientod wird breit erzählt, mit reicher Fülle an Details; der symbolische Charakter der Szene der Gürtelspende wird durch das ornamentale, abstrakte Bildschema wirksam versinnbildlicht. Für den modernen Betrachter ergibt sich dadurch freilich ein fühlbarer Zwiespalt: der bildlichen Form fehlt es an Geschlossenheit und Prägnanz 39 . Die Betrachtung der Florentiner Kunst in der zweiten Trecentohälfte lehrt, daß die Unstimmigkeiten, zu denen dieses unvermittelte Nebeneinander zweier widersprechender Stilhaltungen zwangsläufig 22

führen muß, in dieser Zeit häufig genug auftreten. Wenn Orcagna dieser Gefahr im Strozzi-Altar entgangen ist, dann sicherlich nicht zuletzt aus dem Grunde, daß ein einheitliches theologisches Programm ihn band. Ist man sich der inneren Voraussetzungen bewußt, die den Gegensatz zwischen Marientod- und Gürtelspende-Relief bedingen, dann wird man die Frage, ob Orcagna für die Stilhaltung des ersteren verantwortlich gewesen sei, nicht verneinend beantworten können 40 .

Der Mattbäus-Altar

der Uffi^ien

Mit der Errichtung des Tabernakels hatte das Gnadenbild von Orsanmichele eine würdige Aufstellung erhalten. Die Reichtümer des Oratoriums waren jedoch keineswegs erschöpft; unmittelbar nach Vollendung der Tabernakelarbeiten ging man daran, Orsanmichele in einer der Heiligkeit des Ortes angemessenen Weise auszugestalten. 1361 wurde der Getreidemarkt von der Piazza di Orsanmichele fortverlegt, um das geschäftige Getriebe von dem Gebäude fernzuhalten 41 . Der Bau sollte nun seinen ursprünglich profanen Charakter bald ganz verlieren: die Capitani von Orsanmichele beschlossen im Jahre 1366, die offene Halle in einen geschlossenen Raum zu verwandeln 42 . Den Florentiner Zünften fiel die Aufgabe zu, die weitere Ausschmückung des Gebäudes zu übernehmen. In Ermangelung freier Wandflächen erhielt jede zunächst einen der Pfeiler zugewiesen, um hieran die Bilder ihrer Schutzheiligen anzubringen 43 . Eine der reichsten unter den „ g r o ß e n " Zünften, die der Geldwechsler (Arte del Cambio), sicherte sich für diese Aufgabe die Dienste Orcagnas. Der Auftrag, ein Tafelbild mit der Darstellung des Schutzpatrons der Zunft, des Apostels Matthäus, zu malen, erging an ihn im September 1367. Ein knappes Jahr später, im August 1368, mußte Orcagna die Fertigstellung des Bildes jedoch seinem jüngeren Bruder Jacopo di Cione übertragen, da eine Krankheit ihn verhinderte, die Arbeit selbst zu Ende zu führen. Auf Umwegen ist die Tafel in die Sammlung 13 der Uffizien gelangt 44 . Nicht nur der Heilige sollte zur Darstellung gelangen, sondern auch Szenen aus seiner Legende. Der Bildtypus, den Orcagna wählt, war bereits im 13. Jahrhundert ausgebildet worden: man ordnete die illustrierenden Legendenszenen, einzeln bzw. paarweise übereinander gestaffelt, stets zu den Seiten der Heiligenfigur an, die in voller Vorderansicht, stehend oder thronend, die Mitte der Tafel einnimmt. Den Beispielen des Dugento bzw. des frühen Trecento 45 gegenüber ist die äußere Form des Matthäus-Bildes in wesentlichen Punkten unterschieden. Die seitlichen Tafeln haben die gleiche Höhe wie die mittlere und sind durch die Säulen des Rahmenwerks deutlich von ihr abgesetzt: die Gestalt des Apostels beherrscht das Mittelfeld und wird in ihrer Entfaltung durch die Legendendarstellungen nicht behindert 46 . Daß Orcagna nur vier Begebnisse aus der 2

3

Matthäuslegende schildert und somit für die Darstellung jeder einzelnen Szene eine größere Fläche gewinnt, mag durch die knappe Fassung der Heiligenvita in der Legende aurea bedingt sein 47 . Von der Tradition völlig abweichend ist die Verteilung der Szenen. Die übliche Art der Anordnung war, mit dem ersten Bilde aus der Legende links oben einzusetzen und die weiteren in zeitlicher Reihenfolge darunter folgen zu lassen; das letzte der Reihe befand sich dann stets unten rechts. Orcagna behält die chronologische Aufeinanderfolge bei. Durch Vertauschung des jeweiligen Einsatzpunktes auf beiden Seiten aber erreicht er, daß die Darstellungen der Berufung des Jüngers und seines Martertodes — Anfang und Ende — sowie der beiden Wundertaten des Apostels (Beschwörung der Magier, Erweckung des Königssohnes) sich hüben und drüben auf e i n e r Höhe befinden; die Szenen sind somit ihrer i n h a l t l i c h e n Bedeutung nach paarweise gruppiert 4 8 . Damit ist zugleich erreicht, daß diejenige Darstellung, an deren Sichtbarkeit den Auftraggebern vor allem gelegen sein mußte, die Berufung des Zöllners, sich in Augenhöhe des Betrachters befindet. Der Bildtypus war vorzüglich geeignet, um die feierlich-erhabene W i r k u n g zu erzielen, die das repräsentative Bild des Schutzpatrons einer mächtigen Zunft an dieser Stelle auszuüben hatte. Man muß schon einige Jahrzehnte in der Geschichte der Florentiner Malerei zurückgehen, um eine Gestalt von ähnlich hieratischem Gepräge wie die des Matthäus zu finden, zu Altären des gleichen Typus aus dem ersten Viertel des Trecento. Nur aus einer bewußten Wiederaufnahme altertümlicher Formen läßt es sich erklären, daß — mehrere Jahre nach Abschluß der Arbeiten am Tabernakel! — diese Figur entsteht, die an Unwirklichkeit der Erscheinung selbst von denen des Strozzi-Altares nicht übertroffen wird. Allein in der erregteren Art der Faltenführung zeigt es sich, daß die Reliefs des Tabernakels zeitlich vorangehen 4 9 . Doch bleibt das Spiel der Falten auch in dieser entwickelteren Form überwiegend ornamental, die Struktur des Körpers ist unter der Gewandung nicht zu erkennen. Die erzählenden Darstellungen auf den Seitentafeln stimmen in der Vortragsweise mit der monumentalen Heiligenfigur nahe überein. W e n i g bewegte Figuren, die sich in maßvoll gehaltenen Gesten einander zuwenden, setzen sich einzeln oder in Gruppen klar gegen das Gold des Hintergrundes ab. Ein schmaler Bodenstreifen dient als Bühne — in der Drachenzähmung durch eine Stufe deutlich nach vorn abgegrenzt; in den übrigen Szenen bezeichnen Gebäude den Schauplatz näher. Nur in der Martyriumsdarstellung ist die feierliche Ruhe zuliebe einer lebendigeren, realistischeren Schilderung aufgegeben. Mit Ausnahme dieser Szene kommen die Darstellungen in ihrer Gesamtwirkung denen in der Predella des Strozzi-Altares so nahe, daß man erst bei eingehenderer Betrachtung die Unterschiede in der Darstellungsweise gewahrt. In dem Bilde 15 der Erweckung des Königssohnes ist die Disposition der Figuren derart, daß die zentrale Figur — der Königssohn auf der Bahre — auch in räumlicher Hinsicht sich nahezu im Mittelpunkt der Komposition befindet; innerhalb der Gruppen 24

sind die Figuren durch geschicktes Hintereinanderstaffeln, durch wechselnde Blickbeziehungen klar voneinander abgesetzt. (Man betrachte als Gegenbeispiel die Darstellung des Meßwunders in der Predella des Strozzi-Altares, in der die Mönche links sich so eng zusammendrängen, daß man die Gruppe als Einheit empfindet.) Noch deutlicher wird das Bestreben nach Klarlegung der räumlichen Situation in der Berufungsszene. Durch die schräg gestellte Zöllnerbank wird 16 der Blick vom Bildrand weg nach hinten geleitet und die Stellung des Apostels genau fixiert; weiter zurück und energisch in die Tiefe hinein sind die Gestalten der vier Jünger in enger Staffelung angeordnet. Wie erklärt es sich, daß der Charakter der Komposition, trotz der Bereicherung der darstellerischen Mittel, dem Strozzi-Altar gegenüber nahezu unverändert geblieben ist? Die Ursache liegt in dem übereinstimmenden Willen, das inhaltlich Bedeutsame durch leicht ablesbare Flächenrelationen zu veranschaulichen. Auch in den Matthäus-Szenen entwickelt sich der eigentliche Vorgang in der Fläche: die Träger der Handlung stehen, in einfachen Profil- oder en face-Stellungen, stets in der gleichen Ebene. Der Betrachter erfaßt den geistigen Zusammenhang in der Szene der Erweckung des Königssohnes sofort durch das einprägsame Linienspiel, das sich aus der Führung der Arme der drei Hauptfiguren ergibt (man wird sofort an die Darstellung der Navicella in S. Maria Novella erinnert); die Hauptgruppe wird überdies durch das im Hintergrunde aufragende Gebäude, das trotz der Eckansicht als prächtiges Ornament wirkt, fest miteinander verbunden. In den beiden Darstellungen der linken Tafel stehen die Figuren ohne ein solches äußerlich verbindendes Glied einander gegenüber. Keineswegs büßen die Darstellungen hierdurch an innerem Halt ein. Die Kontrastierung der in tiefrotem bzw. -blauem Gewand gekleideten Magier, denen die heraldisch wirkenden Drachen attributartig beigeordnet sind, und der hellen Gestalten des Apostels und seines heiligen Begleiters, verleiht der Szene der 14 Drachenzähmung höchste Wirksamkeit; den Ausgleich zwischen den beiden Figurenpaaren schafft die Geste des Matthäus, die in den ornamentartigen Drachen ihre formale Entsprechung findet. Zu dieser prachtvoll ausgewogenen Komposition steht die Darstellung der Berufung in deutlichem Gegensatz. Die rechte Bildhälfte wird völlig beherrscht durch das Zollhaus, das Matthäus auf Christi Weisung verläßt; auf der linken, vor dem ungebrochenen Gold des Hintergrundes, steht Christus mit den ersten vier Jüngern. Die asymmetrische Entwicklung der Komposition, die man aus formalen Gründen hat rügen wollen 60 , ergibt eine Vertiefung des Inhaltlichen dieser Szene, die, wie bereits betont, den Auftraggebern der Tafel ihres Themas wegen besonders wichtig sein mußte. Erhält die Darstellung durch die antithetische Gegenüberstellung der weltlichen Wirkungsstätte des Apostels und der schlichten Gruppe von Männern, deren Reihen Matthäus fortan angehören sollte, nicht gleichnishafte Bedeutung? Der gleiche Stilwille, der die Apostelfigur der mittleren Tafel zu einer übersinnlichen Erscheinung werden ließ, prägt für die biblischen und legendären

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Begebnisse klare, ornamentale Bildformen und erhebt damit auch sie in eine 17 abstrakte Sphäre. In der Marterszene wandelt sich nun der Charakter der Darstellung nicht unwesentlich: er wird unruhig, ja uneinheitlich. Es ist nicht nur der lebhaftere Ton des Vortrags, der diese Uneinheitlichkeit bedingt: sie wird hervorgerufen durch die mangelnde Festigkeit des kompositionellen Entwurfs. Die übrigen Bilder der Folge verdanken die Geschlossenheit ihrer Wirkung nicht zuletzt der echt orcagnesken, festen Begrenzung auf beiden Seiten, die gewissermaßen einen Rahmen innerhalb des Rahmens bildet. In der Martyriumsszene schließen die beiden Krieger und die hinter ihnen aufragende Architektur das Bild auf der linken Seite ab; auf der rechten fehlt der Komposition hingegen jeglicher Halt; die starke, durchlaufende Bewegung, die der ausgestreckte A r m des Königs einleitet, scheint sich jenseits der Umrahmung fortzusetzen. Das ist eine Stilhaltung, für die es weder in den Bildern der Matthäusfolge, noch im übrigen Werk Orcagnas eine Parallele gibt: das strenge, dekorative Bildschema, das Orcagna stets wählt, ist hier durchbrochen. Die Kenntnis der Urkunden zur Entstehung des Altarbildes erlaubt es, die Folgerung aus diesen stilkritischen Untersuchungen zu ziehen: als Jacopo di Cione ein Jahr nach Auftragserteilung die Tafel übernahm, muß diese in der Anlage nahezu vollendet gewesen sein. Die großartige Heiligengestalt des Mittelfeldes und die ersten drei Bilder der Legendenfolge können nur auf unmittelbare Entwürfe Orcagnas selbst zurückgehen; sie lassen sich, unter Berücksichtigung der Entwicklung, die die Arbeiten am Tabernakel brachten, vom Strozzi-Altar her vollkommen als seine Schöpfungen verstehen. Die Darstellung des Martertodes steht in der Durchführung Orcagna nahe, verrät jedoch in ihrem Gefüge eine andersartige künstlerische Auffassung. Der Schluß ist naheliegend, daß man hier eine Erfindung des Werkstattgenossen zu erblicken hat 51 . Hatte Andrea an der Entstehung des Matthäus-Altares entscheidenden geistigen Anteil, so kann die Ausführung des Bildes nicht mehr in seinen Händen gelegen haben. Ein Vergleich der Einzelformen ergibt beträchtliche Stilverschiedenheiten dem Strozzi-Altar gegenüber. Die Zeichnung der K ö p f e ist mit wenigen Ausnahmen 52 von geringerer Schärfe, die Haare sind als kaum differenzierte Masse wiedergegeben und wirken fast perückenmäßig; an die Stelle der sorgfältig artikulierten Hände dort treten hier plumpe, grobe Formen; die baulichen Teile lassen die Präzision in der Durchbildung vermissen, die sie in den Predellenbildern in S. Maria Novella und in den Reliefs des Tabernakels besitzen. Wir sehen durchweg einen Maler am Werk, dessen künstlerische Fähigkeiten empfindlich hinter denen Orcagnas zurückbleiben. Auch hier deckt sich der stilistische Befund mit der dokumentarischen Aussage: der Maler, der das Werk zu Ende führte, war Jacopo di Cione. Diese Feststellung zwingt zur Vorsicht, wenn man aus Vergleichen mit den sicher eigenhändigen Arbeiten Orcagnas etwas über die späte Entwicklung von 26

Gewand- und Figurenstil des Meisters entnehmen will. Immerhin wird man sagen dürfen, daß Jacopo auch hier Orcagna zu folgen versucht hat. Die wenig gegliederten, starr aufragenden Figuren sind, trotz der entschieden schlankeren Proportionen, im A u f b a u den Gestalten des Strozzi-Altares eng verwandt; nur bei lebhafter bewegten deuten sich, wie in den späten Reliefs, die Gliedmaßen unter der Gewandung an. Der Gewandstil steht jedoch ganz auf der Stufe der entwickelten Arbeiten am Tabernakel: unruhige Umrisse und stark durchfurchte Oberflächen sind übereinstimmende Merkmale. Der repräsentative Charakter des Auftrages freilich muß es bedingt haben, daß der Gestaltentypus abstrakt ist, und daß die Gewandentwicklung vergleichsweise streng bleibt; nur ausnahmsweise findet sich ein aufflatterndes Gewand (Marterszene). Man ist also berechtigt, den Matthäus-Altar in weitem Maße als Spätwerk Orcagnas zu bezeichnen. Wir erkennen, daß im letzten malerischen Werk Andreas der gleiche, ornamental-dekorative Gestaltungswille herrscht, der das ganze Schaffen des Meisters hindurch entscheidend wirksam ist. Der flächenhafte Illustrationsstil gewinnt abermals Geltung, verbindet sich aber in den Legendenbildern mit einem ausgesprochenerem Raumbewußtsein, das die plastischen Arbeiten am Tabernakel geschärft hatten. Die Verbindung von räumlicher Ordnung und dekorativer Flächengestaltung erfolgt nunmehr ohne Widersprüche; Unklarheiten, wie sie am Tabernakel zu beobachten waren, finden sich hier nicht. Ein Entwicklungsgang von ungewöhnlich klarer Folgerichtigkeit findet in diesem monumentalen Altarwerk seinen würdigen Abschluß.

Zugeschriebene

Werke

Der „Triumph des Todes" in S. Croce Das Altarbild in der Strozzi-Kapelle und die Matthäus-Tafel lehren Orcagna als den Schöpfer erhabener, repräsentativer Werke kennen. Der gleichen Gattung sind die Reliefs am Tabernakel zuzurechnen. Auch in ihnen behält der Künstler eine strenge Kompositionsweise bei, obwohl Formengebung und Durchgestaltung im Einzelnen sich zu größerer Vielseitigkeit entwickeln. Der Untergang der Freskenzyklen Andreas, namentlich derjenigen im Hauptchor von S. Maria Novella in Florenz (vgl. Anhang, S. 65 f.), macht es unmöglich, die künstlerische Persönlichkeit Orcagnas in ihrem ganzen Umfang zu erfassen. Es ist heute nicht mehr mit Sicherheit zu entscheiden, ob der abstrakte Kompositionsstil auch für Wandbilder erzählenden Inhalts richtunggebend gewesen ist. Der Verlust wird nur unvollständig ausgeglichen durch das Fragment eines Freskos, das sich in S. Croce erhalten hat. Dieses Fragment einer großen Freskokomposition, das 191 o im rechten Seitenschiff der Franziskanerkirche hinter einem Altarbild des 16. Jahrhunderts wieder-

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Gewand- und Figurenstil des Meisters entnehmen will. Immerhin wird man sagen dürfen, daß Jacopo auch hier Orcagna zu folgen versucht hat. Die wenig gegliederten, starr aufragenden Figuren sind, trotz der entschieden schlankeren Proportionen, im A u f b a u den Gestalten des Strozzi-Altares eng verwandt; nur bei lebhafter bewegten deuten sich, wie in den späten Reliefs, die Gliedmaßen unter der Gewandung an. Der Gewandstil steht jedoch ganz auf der Stufe der entwickelten Arbeiten am Tabernakel: unruhige Umrisse und stark durchfurchte Oberflächen sind übereinstimmende Merkmale. Der repräsentative Charakter des Auftrages freilich muß es bedingt haben, daß der Gestaltentypus abstrakt ist, und daß die Gewandentwicklung vergleichsweise streng bleibt; nur ausnahmsweise findet sich ein aufflatterndes Gewand (Marterszene). Man ist also berechtigt, den Matthäus-Altar in weitem Maße als Spätwerk Orcagnas zu bezeichnen. Wir erkennen, daß im letzten malerischen Werk Andreas der gleiche, ornamental-dekorative Gestaltungswille herrscht, der das ganze Schaffen des Meisters hindurch entscheidend wirksam ist. Der flächenhafte Illustrationsstil gewinnt abermals Geltung, verbindet sich aber in den Legendenbildern mit einem ausgesprochenerem Raumbewußtsein, das die plastischen Arbeiten am Tabernakel geschärft hatten. Die Verbindung von räumlicher Ordnung und dekorativer Flächengestaltung erfolgt nunmehr ohne Widersprüche; Unklarheiten, wie sie am Tabernakel zu beobachten waren, finden sich hier nicht. Ein Entwicklungsgang von ungewöhnlich klarer Folgerichtigkeit findet in diesem monumentalen Altarwerk seinen würdigen Abschluß.

Zugeschriebene

Werke

Der „Triumph des Todes" in S. Croce Das Altarbild in der Strozzi-Kapelle und die Matthäus-Tafel lehren Orcagna als den Schöpfer erhabener, repräsentativer Werke kennen. Der gleichen Gattung sind die Reliefs am Tabernakel zuzurechnen. Auch in ihnen behält der Künstler eine strenge Kompositionsweise bei, obwohl Formengebung und Durchgestaltung im Einzelnen sich zu größerer Vielseitigkeit entwickeln. Der Untergang der Freskenzyklen Andreas, namentlich derjenigen im Hauptchor von S. Maria Novella in Florenz (vgl. Anhang, S. 65 f.), macht es unmöglich, die künstlerische Persönlichkeit Orcagnas in ihrem ganzen Umfang zu erfassen. Es ist heute nicht mehr mit Sicherheit zu entscheiden, ob der abstrakte Kompositionsstil auch für Wandbilder erzählenden Inhalts richtunggebend gewesen ist. Der Verlust wird nur unvollständig ausgeglichen durch das Fragment eines Freskos, das sich in S. Croce erhalten hat. Dieses Fragment einer großen Freskokomposition, das 191 o im rechten Seitenschiff der Franziskanerkirche hinter einem Altarbild des 16. Jahrhunderts wieder-

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entdeckt wurde 5 3 , ist seit seiner Auffindung als Überrest jener ,,tre magnifiche istorie" angesehen worden, die Ghiberti als Werk Orcagnas aufführt. Freilich findet sich in den Kommentaren Ghibertis keine genaue Angabe bezüglich des Gegenstandes, der zur Darstellung gebracht war, noch des Ortes, an welchem sich die Wandmalereien in S. Croce befanden. Die genaueren Ausführungen Vasaris ,,nel mezzo della chiesa a man destra" 54 stimmen jedoch mit dem heutigen Befund überein. Sie sagen überdies aus, daß die Fresken Orcagnas in S. Croce, „in trc quadri simili", den gleichen Gegenstand im Wesentlichen wiedergaben, wie die berühmten Wandbilder der Südwand des Pisaner Camposanto: Trionfo della Morte (unter Fortlassung der Szene der Begegnung der drei Ritter mit den Toten und der Eremiten auf dem Hügel darüber, also der gesamten linken Hälfte 5 5 ), Jüngstes Gericht und Inferno. Sehr wahrscheinlich, daß die „tre quadri" Vasaris und die „tre istorie" des Ghiberti identisch waren. Dokumentarische Belege, die Orcagnas Namen sicher mit den Fresken in S. Croce verbinden, haben sich bisher nicht nachweisen lassen. 18

Das erhaltene Bruchstück wird eingefaßt von einer ungewöhnlich breiten, mehrstreifigen Bordüre, deren mittleres Feld mit reichem Blattornament verziert ist. Vierpaßartige Felder mit kleinen figürlichen Darstellungen 56 unterbrechen den rahmenden Streifen. Das größte im Zusammenhang erhaltene Fragment des eigentlichen Bildes bildete die untere linke Ecke des Freskos, das sich nach rechts weit über den Rahmen des verdeckenden Altares hinaus erstreckt haben muß. Obwohl durch rohe Verstümmelungen arg entstellt 57 , ist es noch immer von außerordentlich starker Wirkung. Dicht an die innere Rahmenleiste gedrängt, z. T . von dieser überschnitten, stehen in engster Gruppierung vier Bettlergestalten: zwei Lahme, ein Mann und eine Frau, die sich vornübergebeugt auf ihre Krücken stützen; dahinter, nur mit den Köpfen sichtbar, ein alter bärtiger Mann mit spitzem Schnabelhut und ein kahlköpfiger Blinder, der mit seiner Rechten ins Bild hineinweist. Den Boden zu ihren Füßen bedecken tote Gestalten.

Es ist durchaus die gleiche Figurenkonstellation, die sich etwa in der Mitte 19 des Pisaner Trionfo-Freskos findet — ein Beweis dafür, daß man Vasaris Beschreibung Glauben schenken darf. Das Programm der Malereien des Camposanto wird — wesentlich gekürzt — in S. Croce wiederholt 58 . Die Frage, die sich sofort erhebt, ist die nach den künstlerischen Beziehungen zwischen Pisa und Florenz. War Pisa gebend, war Florenz das Vorbild für den Pisaner Zyklus, oder gehen beide auf ein gemeinsames Vorbild zurück? Man wird mit diesen Fragen zunächst auf das Gebiet der Priorität geführt. Die Datierungsfrage für die Fresken des Camposanto ist mit völliger Sicherheit noch nicht gelöst worden. Immerhin: die Mehrzahl der Forscher ist geneigt, den Beginn der Arbeiten nicht sehr viel früher als 1350 anzunehmen 59 . Für eine Datierung des Florentiner Zyklus fehlt jeglicher sichere Anhaltspunkt. Für diesen ist nur auf dem Wege des Stilvergleichs eine ungefähre zeitliche Ansetzung zu erreichen. 28

Direkte Vergleiche zwischen den Gestalten des Fresko-Fragments und denen des Strozzi-Altares werden durch die thematischen Verschiedenheiten nicht unerheblich erschwert. In den Köpfen der Bettler spiegelt sich in unterschiedlicher Kraft die innere Erregung über die Vision des Todes wieder, jeder einzelne von ihnen charakterisiert einen bestimmten Typus; bei den Gestalten des Altarbildes, vor allem bei denen der Haupttafel, ist jedes unmittelbare Pathos vermieden oder doch sehr gedämpft. Bei genauerem Zusehen wird man nun im Handschriftlichen manche Übereinstimmungen feststellen können. Der Kopf des Blinden ist in seiner Struktur dem des Paulus nahe verwandt; dem Kopf der toten Nonne entspricht derjenige Kaiser Heinrichs in der Todesszene der Altarstaffel bis in Einzelheiten; in der Haltung wie in der Durchführung lassen sich die Köpfe des Bärtigen und des Blinden sehr gut mit denen der beiden Ritter vergleichen, die in demselben Predellenbild erscheinen: sie haben mit jenen das scharfe Profil gemein, und die Faltenzüge um Mund und Kinn und auf der Stirn des Kahlköpfigen kehren in verwandter Weise bei dem näher zum Bett stehenden Manne wieder. Die Bettlerin schließlich erinnert in Kopfhaltung wie Ausdruck sehr an den Mönch, der sich zwischen der Thomasgruppe und dem Lesepult auf der Darstellung des Messewunders befindet. Diese Vergleiche mögen genügen. Sie stellen den orcagnesken Charakter der Malerei außer Zweifel. Die Autorschaft Orcagnas wird durch den Aufbau der Komposition vollends gesichert. Es ist ein glücklicher Zufall, daß bei der Zerstörung des Freskos eine ßildecke im Zusammenhang erhalten blieb. Die Art ihrer Gestaltung ermöglicht einen Rückschluß auf die Gesamtanlage des Wandbildes. W i e im Strozzi-Altar hebt die Darstellung mit einer Figurengruppe an, die eng an den Rahmen gesetzt ist und somit die Komposition seitlich fest begrenzt. Freilich: im Fresko überschneidet der Rahmen die äußeren Figuren, die Rahmenleiste verdeckt zugleich auch die im Vordergrund liegende Gestalt zur Hälfte. Damit wird angedeutet, daß die Figuren sich in einem gewissen Abstand von der vorderen Bildebene befinden sollen. Die Raumillusion wird jedoch durch die Art, wie die Figuren zueinander geordnet sind, verunklärt, ja geradezu aufgehoben. Die scharfen, geradlinigen Umrisse, mit denen sich jede der Bettlergestalten gegen die andere absetzt, verhindern das Entstehen eines Figurenraumes, der Blick in die Tiefe wird durch die am Boden ausgestreckten Figuren verwehrt. Man betrachte als Gegenbeispiel Masos Fresko der Drachenzähmung durch Papst Sylvester in der Cap. Bardi in S. Croce, aus den vierziger Jahren 6 0 , auf dessen rechter Seite sich zo eine sehr verwandte Figurenkonstellation findet. W i e im ,,Trionfo della Morte" setzt dort die Gruppe unmittelbar am Bildrand ein, überchneidet der Rahmenstreifen die äußerste Gestalt. Bei Maso aber leitet die Art der Staffelung der Figuren den Blick schrittweise in die Tiefe; der Standort der Hauptfiguren wird durch eine Säule, durch die auf dem Vordergrund verstreuten Steine und durch die liegenden Gestalten genauer bestimmt, nach rückwärts grenzt ihn die bizarre Felswand ab. Im Trionfo-Bild wird das seiner Grundbestimmung 29

nach raumschaffende Motiv der „Figurenkulisse" nicht ausgewertet. Die Gruppe wirkt trotz mehrfacher Überschneidungen, trotz des wiederholten Wechsels von frontalen und seitlichen Stellungen, flach geschichtet, nicht anders, als die beiden Heiligenpaare zu den Flanken der Hauptgruppe auf der Strozzi-Tafel; ihre enge Verbindung mit der Umrahmung, deren Linien sie wiederholt, verleiht ihr selbst einen „rahmenden" Charakter. Die Annahme liegt nahe, daß die Gesamtanlage des Freskos der abstrakt-flächenhaften Struktur des StrozziAltares nahe verwandt gewesen sein muß. Das Fresko des „ T r i o n f o " erweist sich demnach auch in seinem fragmentarischen Erhaltungszustand als ein sicheres W e r k Orcagnas. Man darf aus den Verwandtschaften in der Durchbildung der Einzelformen wie aus der auffallenden Ubereinstimmung des kompositionellen Aufbaues weiterhin schließen, daß kein wesentlicher Zeittraum die Entstehung von Wandbild und Strozzi-Altar getrennt haben wird. Daß das Fresko kein S p ä t w e r k Orcagnas gewesen sein kann, ergibt sich aus den Verschiedenheiten, welche die Gewandbehandlung den sicher späten Arbeiten Andreas gegenüber aufweist. Die Kutten der Bettler liegen den Körpern eng an, die Faltenbildung ist sparsam. Ähnliches findet sich allein in der Predella des Strozzi-Altares (Thomasmesse, Todesszene), bzw. an den frühen Reliefs des Tabernakels (vgl. vor allem die Geburt Christi). Wichtige Anhaltspunkte für eine ungefähre zeitliche Ansetzung des Freskos bietet der Figurenstil. Bei aller Vergleichbarkeit im Einzelnen weichen die Gestalten des Fragments in ihren Proportionen von denen des Strozzi-Altares ab, sie sind von schwererem, gedrungeneren Bau. Figuren von durchaus verwandtem Wuchs gibt es nun im Werk eines der älteren Generation angehörenden Malers, in den bereits genannten Fresken des Maso di Banco in der Cappella Baidi in S. Croce. Eine Gegenüberstellung der beiden Lahmen mit den Gestalten, die auf der „Drachenzähmung durch Papst Sylvester" erscheinen, etwa mit den beiden vor dem Heiligen knieenden Magiern, zeigt, daß die Figuren im A u f b a u sich recht nahe kommen, vor allem in der Art, wie die mächtigen Köpfe auf breiten, gerundeten Schultern sitzen; im Vergleich mit ihnen ist im Altarbild das Verhältnis von Kopf zu Figur entschieden schlanker. Auch in der Gewandbehandlung steht das Fragment dem Fresko des Maso vergleichsweise näher als dem Altarwerk der Strozzi-Kapelle. Dasselbe gilt in Bezug auf die Haarbehandlung : bei Maso und im Fragment ist das Haar in einzelnen scharfen Linien wiedergegeben (vgl. den Bart des vor dem Papst knieenden Mannes mit dem des Bettlers mit dem Schnabelhut), im Altarbild wird es stärker zusammengefaßt. Das gleiche Verhältnis ergibt sich schließlich, wenn man die drei W e r k e auf ihre malerische Erscheinung hin untersucht. Der koloristische Gesamteindruck des Fragments (die Grundfarben sind grau-braune und taubenblaue Töne in den Gewändern der Bettler, ein weißliches Grau im Mantel der toten Nonne; dazu gesellt sich das Purpurrot des Kardinalshutes) erinnert durchaus an die Farbgebung in der 3°

Cappella Bardi; er ist wesentlich weicher als im Strozzi-Altar, in dem kräftige Farbwerte unvermittelt nebeneinander stehen. Wägt man die Ergebnisse der vergleichenden Betrachtungen gegeneinander ab, dann wird man wohl sagen dürfen, daß das Fresko Orcagnas in S. Croce v o r dem Strozzi-Altar entstanden sein muß. In der Kompositionsweise wie im Handschriftlichen sind die Beziehungen zum Altarbild jedoch zu eng, als daß man einen vielj ährigen Abstand zwischen den beiden Werken annehmen möchte. Der Auftrag für die Altartafel erging im Jahre 1354; das Fresko des „ T r i o n f o " mag also gegen das Jahr 1350 entstanden sein 61 . Wir kommen hiermit zu einem überraschenden Resultat: die Entstehungszeiten der beiden Freskenzyklen in S. Croce und im Pisaner Camposanto scheinen eng beieinander gelegen zu haben. Mit anderen Worten: um die Jahrhundertmitte erhalten zwei Maler in Pisa und Florenz, Traini 6 2 und Orcagna, Aufträge zur Ausführung von Wandbildern, die thematisch in wesentlichen Punkten übereinstimmen; das Thema eines dieser Fresken, der „Triumph des Todes", scheint, wie es das Fehlen älterer schriftlicher bzw. bildlicher Quellen vermuten läßt, erst damals formuliert worden zu sein. Ist es nicht sehr wahrscheinlich, daß die Ursache für die Erteilung dieser Aufträge hier und dort die gleiche war? Liegt es nicht nahe, anzunehmen, daß das Erlebnis der grauenvollen Pest des Jahres 1348 den unmittelbaren äußeren Anlaß zur Fassung des Themas des „ T r i o n f o " gegeben hat, der die Allmacht des Todes schildert, welcher kein Bewohner der Erde zu entrinnen vermag 6 3 ? W o das Thema, das der Darstellung in Pisa wie Florenz zu Grunde liegt, zuerst niedergelegt wurde, wissen wir heute nicht mehr 64 ; dies läßt sich ebensowenig entscheiden wie die Frage, welcher der beiden Freskenzyklen früher zur Darstellung gelangte. Aus dem Befund des Fragments geht mit Sicherheit nur hervor, daß die künstlerische Gestaltung der Fresken in S. Croce sehr wesentlich sich von derjenigen in Pisa unterschieden hat. In der Florentiner Kirche war, wie die Angaben bei Vasari bezeugen, das Programm als solches beschränkter. Aus dem Wenigen, das sich von den Fresken erhalten hat, geht weiter hervor, daß an Stelle der breit erzählenden Schilderung, die sich an der Wand des Camposanto bietet, sich in dem Fresko Orcagnas eine knappe, weniger realistische, sicherlich abstraktere Fassung des gleichen Themas fand. Die Zahl der Bettler ist hier wesentlich geringer, es fehlt die für die Charakterisierung der Gruppe als „species misera" hochbedeutsame Gestalt mit dem von Seuchen zerfressenen Gesicht und den vorgestreckten Armstümpfen, es fehlen die hockenden und kriechenden Krüppel. Im Vergleich zu den leidenschaftlich bewegten, mit grausamer Wirklichkeit wiedergegebenen Bettlerfiguren erscheinen ihre Gefährten in Florenz weniger armselig und verzweifelt, ohne jedoch an innerer Ausdruckskraft und Spannung hinter jenen zurückzustehen. In Pisa ist das Geschehen in eine Landschaft verlegt, Pflanzen und Buschwerk erscheinen hinter den Figuren; in Florenz stehen diese vor einem neutralen Grund. Eine Teil-

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beobachtung trägt zur Beurteilung der Gestaltungsabsichten in Florenz bei: der Spruch „ D a c c h é Prosperitade . . . " ist bei Traini auf einer geschwungenen Pergamentrolle verzeichnet, die einer der Bettler der Erscheinung des Todes entgegenstreckt; Orcagna setzt ihn dagegen direkt auf den Hintergrund. E s ist überaus bezeichnend, daß der mit dem Maßstab der

florentinisch-

römischen Hochrenaissance messende Vasari der Darstellung in S. Croce den V o r z u g gegeben hat. nordisch anmutende

G e g e n die Pisaner Fassung mag ihn zunächst der fast Realismus

der Darstellung

eingenommen

haben.

Den

Ausschlag f ü r die kritische Einstellung Vasaris hat aber aller Wahrscheinlichkeit nach der Vergleich des kompositioneilen A u f b a u e s gegeben 6 5 . A u s der rahmengleichen A n o r d n u n g der Figuren in der Bildecke (Ähnliches findet sich in Pisa nicht!) glaubten wir schließen zu können, daß die Gestaltung v o n Orcagnas „ T r i o n f o " der straffen K o m p o s i t i o n des Strozzi-Altares nahe verwandt war. W i r dürfen weiterhin folgern, daß der Z y k l u s im ganzen wesentlich strenger gegliedert war 6 6 , daß die Szenentrennung in S. Croce entschiedener betont war als in Pisa, w o in der R a h m u n g die vertikalen Glieder neben den horizontalen bedeutungsmäßig zurücktreten (wir verstehen, w a r u m Vasari in Florenz v o n den „tre q u a d r i "

spricht!).

W i e auch immer das zeitliche Verhältnis

zwischen dem Pisaner und dem

Florentiner Z y k l u s w a r 6 7 : sicher ist, daß jeder der beiden Maler eine eigene L ö s u n g f ü r die Darstellung des „ T r i o n f o " fand, daß keiner den anderen etwa „ k o p i e r t " hat. W i e aber mag Orcagnas Fassung ausgesehen haben? Ist es denkbar, daß er der architektonisch aufgebauten G r u p p e der Bettler auf der anderen Bildseite eine ähnlich lockere A n o r d n u n g gegenübergesetzt haben kann, wie sie Traini in der Schar der sorglosen J ü n g l i n g e und Mädchen gegeben hat?

Im

Camposanto wirkt die Zweiteilung des Themas, das dort zur A u f g a b e stand, auf die künstlerische Konzeption ein, die beiden Bildhälften (Begegnung der Lebenden und der T o t e n , T r i o n f o d. Morte) entsprechen sich in ihrer formalen Gestaltung. E s gibt nun im Trecento eine zweite Art der Darstellung des „ T r i o n f o " , die sich in Fresken im Sacro Speco in Subiaco (Scala Santa) und in S. Fran2 1 , 22 cesco in L u c i g n a n o (Prov. Siena), beide aus der zweiten Jahrhunderthälfte, erhalten hat.

Hier erscheinen den Bettlern gegenüber zwei elegante

junge

Männer, die v o m T o d e angefallen werden, der über das Leichenfeld reitet; der

eine

trägt

einen

Falken, der andere hält einen Geldbeutel.

Auf

eine

Darstellung v o n diesem T y p u s geht zweifellos ein Florentiner Stich des späteren Quattrocento zurück, den die Sammlung

der Albertina in zwei

bewahrt 6 8 .

erhellt

Was

die

signorini

bedeuten,

aus

den

Fassungen

Inschriften,

die

ihnen beigegeben sind: im Gegensatz zu den Bettlern, die wie in Pisa und S. Croce den T o d herbeisehnen — über ihnen erscheint wiederum der V e r s „ D a c c h é Prosperitade . . . " — , gehen sie ahnungslos ihrem Schicksal entgegen bzw. versuchen sie, mit dem T o d e zu paktieren 6 9 . Inhaltlich wie formal ist der in diesen Fresken und Stichen erhaltene Darstellungstypus des „ T r i o n f o " nur eine 32

F l o r c n t i n i s c h u m 1 4 7 0 , T r i o n f o della M o r t e ( A u s s c h n i t t ) . W i e n , A l b e r t i n a

Variation desselben Themas, das dem Pisaner Bilde zugrunde liegt 70 . Der Vortragston im Camposanto ist breit erzählend, in den soeben betrachteten Beispielen knapp und zugespitzt. An Stelle des locker gefügten Aufbaues der Trionfo-Darstellung in Pisa ist hier die Komposition stärker ausgewogen; in den Stichen sind die beiden Bildhälften sogar in völliger Entsprechung gestaltet. Es kann keine Frage sein, welchem der beiden Bildtypen das Florentiner Fragment näher steht: die Bettlergestalten stimmen in Anzahl, Zueinanderordnung und in ihrer Stellung am Rahmen vollkommen mit der Gruppe auf dem Fresko in Lucignano überein; der im Vordergrund stehende Lahme ist auf beiden Bildern bis in Einzelheiten der Kleidung und Haltung nahezu identisch. In der 33

festen Verbindung der Figuren mit dem Rahmen, im Verhältnis der stehenden Figuren zu den liegenden gleicht die Gruppe des Fragments den Bettlern auf dem Wiener Blatt. Aus diesen Analogien läßt sich mit größter Sicherheit folgern, daß die Gesamtdisposition des Wandbildes in S. Croce von ähnlicher Art war wie die, welche sich in diesen von Pisa abweichenden Beispielen der TrionfoDarstellungen erhalten hat 71 . Mit dieser Feststellung gewinnt die Frage nach den künstlerischen Beziehungen zwischen den Fresken in Pisa und Florenz eine neue Grundlage. Die äußerlichen Ubereinstimmungen zwischen den Fassungen des Traini und Orcagnas brauchen nicht mehr allein damit erklärt zu werden, daß der eine der beiden Maler sich an die Darstellung des anderen gehalten habe (hinter dieser Annahme steht zuletzt noch immer der von Vasari vertretene Standpunkt!). Die Tatsache, daß es von dem „zweiten" Darstellungstypus mehrere, örtlich wie zeitlich unterschiedliche, Beispiele gibt, spricht zum mindesten dafür, daß d i e s e Fassung des „ T r i o n f o " die geläufigere w a r ; die Wahrscheinlichkeit ist demnach groß, daß es Traini war, der die Darstellung um- (aus-) gestaltet hat" 2 . Mit dieser Erkenntnis fällt die Notwendigkeit, die Fresken in Pisa und Florenz zeitlich weit auseinanderzurücken. Die auf Grund der stilistischen Aussagen aufgestellte Behauptung, die beiden Zyklen seien etwa gleichzeitig entstanden, gewinnt hiermit erneut an Gewicht.

Das Baronci-Triptychon

der Sammlung Lan^

Unser Datierungsvorschlag für das Fresko in S. Croce erhält eine weitere Stütze durch die Kenntnis eines Altarbildes in der Sammlung Otto Lanz in Amsterdam 7 3 . B. Berenson, der das Bild in die Literatur eingeführt hat, schrieb es, freilich ohne nähere Begründung, dem Andrea Orcagna zu; K. Steinweg hat der Zuweisung lebhaft widersprochen 7 4 . Es ist also erforderlich, die Autorfrage in aller Ausführlichkeit zu diskutieren. 23 In der Mitteltafel des nicht sehr großen Triptychons ist Maria auf dem Throne dargestellt, die dem Kind ihre Brust darreicht; zwei Engel mit Blumenvasen knieen in Verehrung auf den Seiten. In den Seitentafeln erscheinen zwei Heilige: der Märtyrer Ansanus zur Linken, Maria Magdalena zur Rechten der Madonna. Alle Zierteile des Rahmenwerks sind modern; alt, jedoch stark zerstört, ist der Dreipaß über der Madonna mit der Halbfigur von Gottvater, alt ist gleichfalls der Inschriften tragende Sockel 7 5 . Uber die Herkunft des Altarbildes ist nichts bekannt. Der ursprüngliche Aufstellungsort läßt sich jedoch mit größter Wahrscheinlichkeit bestimmen. Die Inschriften des Sockels nennen außer der Jahreszahl 1350 und den Heiligennamen den Besteller des Bildes: Tommaso Baronci („Hoc opus fecit fieri Tommas Baronci M C C C L " ) . Baronci, Angehöriger einer kleineren Florentiner Familie, 34

bekleidete verschiedentlich höhere Stellen in der Verwaltung der Stadt. Der Enkel Tommasos hatte im frühen Quattrocento das Patronat über eine Kapelle in S. Maria Maggiore in Florenz inne 7 6 . Eine Kapelle dieser Kirche war dem Heiligen Ansanus (einem der Schutzpatrone Sienas) geweiht 7 7 . Bedenkt man schließlich, daß die geringen Ausmaße des Triptychons sehr gut zu den verhältnismäßig schmalen Altären der Kirche passen 7 8 , dann wird man kaum daran zweifeln können, daß das Bild für den Familienaltar der Baronci in S. Maria Maggiore gemalt worden ist. Zur Identifizierung des Malers verhilft dieser Nachweis nicht. Wohl aber trägt er zum Verständnis des Bildtypus wie der äußeren Erscheinung bei. Das innige Motiv der Mitteltafel zeigt, daß das Bild als schlichtes Andachtsbild dienen sollte, im Gegensatz etwa zum Strozzi-Altar, dessen Bestimmung war, ein Programm von streng dogmatischem Charakter zu verkünden. Den Unterschieden in der Aufgabe entspricht die Ausführung hier und dort. Das Altarbild der Strozzi ist bis in alle Einzelheiten von höchster Vollendung, von geschmeideartiger Kostbarkeit; es repräsentiert würdig die Vorrangstellung, die die Familie des Auftraggebers in der Stadt einnahm. Sehr viel bescheidener stellt sich das Bild der Baronci dar. Die Punzierung der Heiligenscheine, der Randleisten, des Vorhangstoffes und der Gewandborten (stets ein untrügliches Mittel, um die Qualität zu prüfen!) ist gleichförmig und von geringerer Präzision als im StrozziAltar; das Kolorit läßt die Leuchtkraft, die malerische Anlage die wirksame Farbkontrastierung vermissen, die jenes W e r k besitzt 79 . Trotz des deutlichen Qualitätsabstandes wird man den orcagnesken Charakter des Baronci-Altars unschwer erkennen. Die Köpfe sind in der Durchbildung wie im Typus denen des Strozzi-Altares eng verwandt. Der Kopf der Magdalena etwa gleicht bis in Einzelheiten demjenigen des Heiligen Michael: hier wie dort dasselbe längliche, ovale Gesicht, dieselben Augen und Nasen, eine ähnliche Bildung des Mundes; hier wie dort ist das Haar in sanften Wellen um den Kopf geordnet und fällt in Locken über die Schultern; ja selbst in der leichten Schrägneigung und in der Art des Halsansatzes stimmen die beiden Köpfe nahezu überein. Schlagende Verwandtschaften besitzen weiterhin die Köpfe der Engel hier und die im Profil gegebenen Engel dort, das Christuskind und die Köpfe der Cherubim, welche die Mandorla bilden. Nur gering sind jenem Altarbild gegenüber die Abweichungen in den Köpfen der Madonna und des Heiligen Ansanus; der Madonnenkopf steht trotz der gewissen rundlichen Derbheit demjenigen des Heiligen Laurentius im Typus nahe. Sehr gut lassen sich schließlich die Handformen (etwa die linken Hände von Ansanus und Paulus), Ansatz und Bildung der Ohren (z. B. bei Ansanus und Johannes), miteinander vergleichen, obwohl auch hierbei die Ausführung des Baronci-Altares hinter der des Bildes in S. Maria Novella zurückbleibt. Diese auffälligen Übereinstimmungen lassen nur eine Erklärung zu: der Maler des Baronci-Altares muß der Werkstatt Orcagnas angehört haben; es ist unmög35

lieh, zwei völlig getrennt arbeitende Künstler anzunehmen. Daß Orcagna das Bild selbst ausgeführt habe, ist auf Grund des Qualitätsabstandes schwer denkbar. Die Analyse der Komposition macht es jedoch überaus wahrscheinlich, daß ein Entwurf Orcagnas vorgelegen hat 8 0 . Die Madonna sitzt vor einem gemusterten Vorhang; der Thronsitz ist nicht zu erkennen. Ihr Kopf neigt sich zur Seite; die linke Körperpartie, vor der sich das Kind befindet, ist etwas zurückgenommen. Sehr deutlich setzt sich der plastisch entwickelte Körper des Kindes von der Mutter ab, kräftig wölbt sich die Brust der Maria, die sie dem Kinde darbietet, vor. In entschiedener Schrägstellung sind die Engel vor die Madonna angeordnet. Ansanus ist frontal gegeben, Magdalena in ähnlicher Körperwendung wie die Madonna; ihr Kopf ist kaum merklich geneigt, jedoch nach der Gegenseite. Trotz der leichten Drehung des Körpers erscheint die Gestalt der Magdalena nicht weniger „frontal" als die des Ansanus. Die gleichmäßige Auflichtung von den Konturen her gegen die Mitte hin bewirkt, daß die Figuren sich reliefmäßig von dem Hintergrund abheben; Raum verdrängen sie nicht. Konsequenterweise ist der Teppich als reines Flächenornament gestaltet, er bietet keine Basis, auf der die Gestalten ruhen könnten. Die ornamentale Gesinnung des Malers geht auch aus der Art hervor, wie die Heiligenscheine in die Spitzbögen der Randpunzierung eingefügt sind, oder wie der rahmende Zierstreifen hinter den Figuren quer durch das Bildfeld verläuft. Genau so wenig wie im StrozziAltar wirken sich die körperlich-plastischen Werte der Madonnengruppe im räumlichen Sinne aus; Madonna und Kind bilden eine flache, reliefhafte Schicht. Der Saum des Überwurfs verläuft starr und fast gradlinig über die rechte Schulter bis in den Schoß der Maria; das Mantelende, das Maria schützend vor das Kind hält, hängt ohne Rücksicht auf die körperliche Struktur der Gruppe senkrecht herab. Rechter Unterarm und rechte Hand der Madonna liegen ganz in der Fläche. Obwohl die Engel etwas vom vorderen Bildrand abgerückt sind und ihre Fronten schräg nach innen weisen, ist die räumliche Situation der Mittelgruppe nicht eindeutig zu bestimmen; die Profilstellung der Köpfe und die scharfe Konturierung heben jede Raumwirkung auf. Es ist also die gleiche Umsetzung plastisch-räumlicher Werte in die Fläche, die sich beim Strozzi-Altar beobachten ließ, vor allen Dingen in den Teilen, in denen keine Bindung an ein überliefertes Motiv dem Stilwillen Schranken setzte. Diesen grundsätzlichen Übereinstimmungen zwischen den beiden Altären steht eine wichtige Abweichung gegenüber: an Stelle der gestreckten Proportionen der Figuren dort finden sich hier Gestalten von untersetztem, gedrungenen Wuchs. Wichtig aber ist, daß das Spannungsverhältnis zwischen Figur und Rahmen bei beiden Altären gleich bleibt. Hier wie dort eine klare, sichere Disposition der Figuren auf der Fläche, die sie füllen, ohne von dem Rahmen eingeengt zu werden. Hier ist offenbar ein verwandter, sicher gestaltender Geist am Werk. — Auch die Gewandbehandlung ist im Baronci-Altar von anderem

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Charakter. Eine verwandte Faltengebung zeigt sich nur in den Mänteln des rechts knieenden Engels des Baronci-Altares und des Petrus auf der Strozzi-Tafel. Im allgemeinen fällt das Gewand großflächiger; die Oberfläche ist kaum durch Falten belebt. Die in Haltung und Bewegung einander sehr ähnlichen linken Arme von Ansanus und Paulus fordern zum Vergleich heraus. Dem sehr viel reicheren, unruhigeren Bild, das der in zahlreichen Falten sich stauende Mantel des Paulus ergibt, steht bei Ansanus eine sparsamere, auf Wiedergabe der notwendigsten Falten sich beschränkende Gewandbehandlung entgegen. Sie bewirkt die gleichsam panzerartige Starrheit des Gewandes des Märtyrers, die durch das Motiv der linken, den Mantelüberwurf ergreifenden Hand des Heiligen besonders deutlich gemacht wird. Daß der Maler bewußt stilisiert, legt ein Vergleich mit der Mitteltafel nahe: die Art, wie das Schleiertuch über die Brust der Maria fällt, zeugt davon, daß der Maler stofflich zu differenzieren versteht. Gewandbehandlung und Figurenstil hängen auf das Engste miteinander zusammen. Über die Lagerung und die Funktionen der Gliedmaßen verrät die Anordnung des Gewandes nur wenig, selbst dort nicht, w o die Faltenbildung ausnahmsweise reicher ist (beim rechten der beiden Engel); daraus erklärt sich die nahezu blockhafte Geschlossenheit in der Erscheinung der Figuren. Bei den Heiligengestalten des Strozzi-Altares ist das Neue im Vergleich mit denen des älteren Werkes nicht nur die Zunahme der Faltenmotive an sich, sondern vor allem die Tatsache, daß durch die Bereicherung der Gewandbehandlung zugleich die funktionelle Bedeutung der Glieder stärker betont wird. Die Entwicklung, die der Stil Orcagnas im Verlauf der späten fünfziger und der sechziger Jahre erfahren hat, läßt sich durchaus an diejenige anschließen, welche sich aus dem Verhältnis zwischen Baronci- und Strozzi-Altar ergibt. Das bedeutet, daß wir das Triptychon aus S. Maria Maggiore als ein Beispiel orcagnesker Gestaltungsweise um das Jahr 1350 betrachten dürfen. Mit dieser Feststellung ist die Möglichkeit gegeben, unseren Datierungsvorschlag für das Trionfo-Fresko nachzuprüfen, denn dieses gehört unserer Ansicht nach etwa der gleichen Zeit an. Direkte Vergleiche zwischen beiden Werken werden freilich auch hier durch die Verschiedenartigkeit des Themas erschwert; zu berücksichtigen sind ferner die Diskrepanzen in den Ausmaßen. Unter diesen Einschränkungen stehen sich Fresko und Altarbild in der Tat sehr nahe. Die Gestalt des in Vorderansicht gegebenen Bettlers dort läßt sich in der Körperbildung überraschend gut mit derjenigen des Heiligen Ansanus vergleichen : sie hat mit dieser die breit entwickelten Schultern, die Rundlichkeit in der Bildung des Kopfes gemein. E i n gemeinsames Merkmal der Figuren im Altarbild und im Fresko-Fragment ist aber vor allen Dingen die faltenarme Gewandgebung. Sie bewirkt hier wie dort, daß die Gestalten schwer und ungegliedert erscheinen — ein Umstand, den wir bei dem Fresko auf das Nachwirken der Formengebung Masos zurückgeführt haben. Der Einfluß Masos läßt sich auch im Baronci-Altar deutlich erkennen. 37

Zwei Madonnenbilder, die diesem Künstler von R. Offner in überzeugender Weise zugeschrieben werden 8 1 , weisen unmittelbare Beziehungen zur Madonna unseres Altarbildes auf. In der Haltung des Körpers, im Typus des Kindes, in der Art, wie der Mantelsaum herabfällt, erinnert die Madonna des BaronciAltares sehr an diejenige des Kaiser-Friedrich-Museums. Noch besser läßt 24 sie sich mit dem Madonnenbilde Masos in S. Spirito in Florenz vergleichen. Durchaus verwandt sind Typus der K ö p f e und Bildung der Hände; man vergleiche auch, wie ähnlich der Hals ansetzt. Hier wie dort umspannt das Gewand den Kern des Körpers faltenlos; hier wie dort wird die Starrheit der Erscheinung durch das Schleiertuch gemildert, das in analoger Weise in weichen Falten über die Brust der Maria gelegt ist. In der allgemeinen Anlage schließlich stimmt die Madonna des Maso mit der Magdalena des Baronci-Altares eng überein. Keines der beiden Bilder Masos läßt sich mit Genauigkeit datieren. Sie sind unter sich nicht unwesentlich verschieden. In dem Berliner Bild lösen die ausgeprägte Körperdrehung der Madonna und die innige Beziehung zwischen Mutter und Kind räumliche Vorstellungen aus; die Anordnung der Tafel in S. Spirito hingegen ist von frontaler Gradlinigkeit, derjenigen der Tafeln des Baronci-Altares grundsätzlich gleichend 82 . Aus dieser Übereinstimmung ergibt sich die Erkenntnis, daß die Stilhaltung Orcagnas sich bereits in der Malerei der älteren Generation angebahnt hat. Der Baronci-Altar erweist sich also als ein wichtiges verbindendes Glied. Obwohl er in der Qualität der Malerei hinter dem Fresko-Fragment oder dem Altarwerk der Strozzi-Kapelle zurücksteht, ist seine Kenntnis zum Verständnis der Stilentwicklung Orcagnas bedeutungsvoll.

Das Altarbild in der Badia in Floren^ 25

Das Triptychon mit der Darstellung des Pfingstwunders in der Badia gehört zu den am wenigsten beachteten Meisterwerken der Florentiner Trecentomalerei. Die Quellenschriften zur florentinischen Kunstgeschichte führen es nicht auf; vielleicht weil das Bild an wenig zugänglicher Stelle aufgestellt war 83 . Auch in der heutigen Literatur ist dem Bilde nur vereinzelt eine Würdigung zuteil geworden, aus leicht verständlichem Grund: die äußere Erscheinung wird weitgehend bestimmt durch eine gründliche Restauration, die im späten 18. Jahrhundert (laut Inschrift am Sockel: 1 7 7 1 ) erfolgt ist. Große Partien der drei Tafeln sind in entstellender Weise übermalt worden, bzw. sind von einer undurchdringlichen Firnisschicht überzogen. Der Zeit der Erneuerung gehört auch der Rahmen an. So präsentiert sich das Bild in der dunklen Cappella Bonsi, in der es heute aufbewahrt ist, wenig günstig 84 . Das Thema der Darstellung ist die Ausgießung des Heiligen Geistes. Die Fassung, die der Maler des Badia-Altares wählt, unterscheidet sich sehr wesentlich von den übrigen Darstellungen der gleichen Szene, die sich aus dem Trecento

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erhalten haben 85 : in jenen spielt sich der heilige Vorgang stets in einem (ikonographisch geforderten!) Innenraum ab, Maria ist niemals so sichtbar vor den Aposteln ausgezeichnet wie hier, es fehlen die verehrenden Engel, die sich der Maria schwebend nahen. Der Badia-Altar ist keine Variante zu diesen Darstellungen, sondern eine völlige Neuschöpfung des Themas. Maria, die einzige Frontalfigur der drei Tafeln, ist so deutlich der Mittelpunkt der Komposition, daß die Bezeichnung des Bildes als eine „Ausgießung des Heiligen Geistes" den vollen Charakter der Darstellung kaum zu erfassen scheint: man ist versucht, das Bild zugleich als eine Verehrung Maria zu deuten. Erst in einem Werke des ausgehenden Quattrocento, dem Bilde des Pfingstwunders aus der Werkstatt Botticellis in der Slg. Cook in Richmond 86 , findet sich ein vergleichbarer Bildgedanke ausgeprägt. Trotz der empfindlichen Zaesur, welche die Komposition durch die aufsteigenden Vertikalen des Rahmenwerks erfährt, ist es dem Maler gelungen, sie einheitlich zu gestalten. In überaus wirkungsvoller Weise ist der Mittelpunkt durch die alle Figuren überragende Gestalt der Maria betont. Aber nicht nur im planimetrischen Sinn bedeutet sie höchste Steigerung: ihre Gestalt ist zugleich Zentrum eines deutlich vorstellbaren Figurenraumes. Ganz ähnlich wie beim Strozzi-Altar hebt die Gesamtkomposition zu den Seiten mit einer Figurenstaffelung an, die den Blick von der vorderen Bildebene schräg in die Tiefe leitet, also kulissenartig wirkt. Anders wie dort aber nimmt die Mitteltafel die Tiefenbewegung auf und fuhrt sie weiter; erst die beiden hintersten Apostel (Johannes und Petrus) bieten ihr Einhalt und leiten sie in die Fläche über. Dagegen wird die Raumwirkung des Mittelbildes bestimmt durch die nahe dem Vordergrunde knieenden Apostel Andreas und Matthäus, die bildeinwärts gerichtet sind und ihre Rücken dem Beschauer zuwenden. Die räumliche Situation ist so deutlich veranschaulicht, daß man den Grundriß der Gesamtfiguration aufzeichnen könnte. Freilich: der Raum, den die Figuren zu umschließen scheinen, wird hier durch die Behandlung des Grundes als einheitliche Fläche genau so negiert, wie es beim Strozzi-Altar der Fall ist. Es hat also den Anschein, als sei der Kontrast zwischen den flächenhaft-dekorativen und den den Raum veranschaulichenden Gestaltungstendenzen stärker als bei der Strozzi-Tafel. Tatsächlich aber haben sich beide im Badia-Altar auf das glücklichste durchdrungen. Die Anordnung der Figuren bewirkt zweierlei. Einmal wird durch die kontinuierliche Staffelung der Gestalten nach rückwärts (scheinbar) Raum verdrängt, zugleich aber schließen sich, indem sie nach hinten zu in die Fläche hinaufrücken, die Figuren auch für den optischen Eindruck zusammen. Der gesamte Figurenkomplex ist in eine einfache geometrische Form eingefügt, die derjenigen überaus verwandt ist, welche durch die Zentralgruppe des Altares in der Strozzi-Kapelle gebildet wird. Der erstaunlich straffe, überaus architektonische Bildgedanke, der in dem Altarbild seine Ausprägung erfahren hat, ist als kompositionelle Lösung so 39

deutlich dem Strozzi-Altar verwandt, daß der Entwurf nur Orcagna selbst zugeschrieben werden kann. Die Ausführung hingegen scheint kaum in seinen Händen gelegen zu haben. Der heutige Zustand erschwert es, hierüber eine eindeutige Antwort zu erteilen. Die Mitteltafel kommt den eigenhändigen Arbeiten Orcagnas am nächsten. Der mächtige, ausdrucksvolle Kopf des Apostels Johannes ähnelt stark der Prophetenfigur am rückwärtigen Sockel des Tabernakels; der Kopf des Philippus erinnert in der Schärfe des Umrisses und in der energischen Bildung der Formen an die Köpfe von Petrus und Thomas der Strozzi-Tafel; denjenigen Mariens kann man mit dem Kopf des Heilandes dort vergleichen. Wesentlich geringer dagegen sind die Figuren der Seitentafeln, die Formen sind durchweg unpräziser, ja gelegentlich ausgesprochen groben Charakters. Sehr schwer zu beurteilen ist die Gewandbehandlung; sie scheint ihr ursprüngliches Aussehen am stärksten eingebüßt zu haben. Vor allem irreführend ist die barocke Lichtführung, die einzelnen Gestalten (besonders denen des Jakobus Minor und des Andreas) eine ganz modern wirkende Plastizität verleiht, die sie niemals besessen haben können. Der Faltenreichtum an sich scheint jedoch ursprünglich zu sein. Und hierin läßt sich der Altar ausgezeichnet mit der Matchäus-Tafel in Beziehung setzen. Ganz analog ist die Führung der zackig über den Umriß der Gestalten hinausragenden Falten bei Matthäus hier wie dort. Die Faltenkaskade, die vom linken Arm des Thomas herabfällt, findet sich in ganz ähnlicher Weise bei dem zur Linken des Königs stehenden Manne in der Erweckungsszene; die Schüsselfalten über der Brust desselben Apostels oder an der Hüfte des Jakobus Minor stehen in ihrer Bildung denen im Gewand des einen Magiers der Drachenzähmung sehr nahe. Der Ausführung nach gehört der Badia-Altar dem heutigen Anschein zufolge in die Kategorie der „Werkstattarbeiten", und zwar weist die reiche Faltengebung ihm einen Platz in der Nähe von Orcagnas letztem Werk, der MatthäusTafel, an 87 . Als Erfindung aber tritt das Altarbild als ein durchaus ebenbürtiges Werk an die Seite des Altarbildes der Cappella Strozzi. Das gesetzmäßige Denken Orcagnas offenbart sich in dieser vollendeten Zentralkomposition in reinster Weise. Die Bestrebungen zu straffer Vereinheitlichung des Bildgedankens, zu architektonisch fester Gestaltung, die in der Hauptgruppe des Strozzi-Altares zu Tage treten, vermögen sich hier noch klarer auszusprechen, da die Darstellung alle Figuren gleichmäßig erfassen konnte und nicht wie dort durch ikonographische Bindungen gehindert war. Form und Inhalt haben sich restlos durchdrungen.

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DAS W E R K DES N A R D O DI

Die Fresken Die Cappella Stroit

CIONE

Nardos

in j". Maria Novella

Die Kapelle erhebt sich auf rechteckigem Grundriß am Ende des westlichen Querschiffs der Dominikanerkirche. Ein spitzbogiges Fenster durchbricht die Westwand fast in ihrer ganzen Höhe, so daß für die Darstellung des Jüngsten Gerichts nur die Wandpartie über dem Fenster und die Felder zu seinen Seiten blieben; Nord- und Südwand dagegen boten für die Schilderung des Inferno und des Paradieses glatte, ungegliederte Flächen. Ein ornamentaler Fries, der bunte Marmorplatten imitiert, umzieht sockelartig die Wände; Medaillons mit Engelsköpfen, in flüchtiger Grisaillemalerei, sind auf die einzelnen Felder aufgesetzt. Ein auf flachen Wandpfeilern ruhender Bogen trennt die Kapelle vom Querhaus. In der Laibung der Archivolte finden sich die Kirchenväter dargestellt, die in voller Vorderansicht auf tabernakelartigen Sitzen thronen; auf den Wandvorlagen, in ruhiger Frontalstellung, der Ordensgründer und Thomas von Aquino. Der letztere Heilige, Schutzpatron der Kapelle wie des Auftraggebers Tommaso Strozzi, erscheint auch auf den Kappen des Kreuzgewölbes, und zwar in sehr merkwürdiger, m. W. sonst nie wiederkehrender Weise: er verkörpert symbolisierend die Kardinaltugenden. In feierlicher Haltung sieht Thomas aus Rundfeldern herab, je zwei Tugenden assistieren ihm; in den reich ornamentierten Streifen, welche, den Gewölberippen entlanglaufend, die glorienumstrahlten Medaillons umschließen, sind nebst den Evangelistensymbolen je drei weitere Tugendgestalten dem Heiligen beigesellt. Wir kennen 3 5 diese Art der Gruppierung der virtutes bereits von Orcagnas Tabernakel her (vgl. Anm. 36): sie geht zurück auf die Definition der Tugenden, die der Heilige selbst in der Summa Theologiae gegeben hat. Damit ist, wie bei dem Altarbild Andreas, erwiesen, daß ein Dominikaner die Anlage des Freskenschmucks bestimmt haben muß. Gleichzeitig gewinnt man eine Vorstellung davon, wie eng die Gedankenkreise sich berühren, die die zeitlich unmittelbar benachbarten Schöpfungen Orcagnas in Orsanmichele und Nardos beeinflußt haben. A n den Kapellenwänden sind die Letzten Dinge geschildert. Die Auferweckung der Toten am Jüngsten Tage, die Verehrung von Maria und Christus durch Chöre von Engeln und Heiligen im Paradies, in das die Auserwählten, unter ihnen das Stifterpaar, Zutritt finden, die Schrecken der Hölle — dies darzustellen, war die Aufgabe, die dem Maler gestellt war. Daß sie im Einklang steht mit dem Grundthema des Altarbildes, haben wir bereits gesehen (S. 14). Wie hat der Maler der Fresken sich seiner gewaltigen Aufgabe entledigt? 4i

Der szenische Zusammenhang des J ü n g s t e n G e r i c h t s wird durch das in die Wandfläche einschneidende Fenster empfindlich zerrissen. Die Teilung in Selige und Verdammte war zwar thematisch gegeben, ist aber nie so stark zum Ausdruck gekommen wie hier. Dafür bot sich durch die Betonung der Wandmitte die Möglichkeit einer Gliederung des Aufbaues. Sie ist in der oberen 26 Partie des Freskos wirksam verwendet worden. Z u den Seiten Christi, der in einer feurigen Glorie erscheint, schweben die Engel des Gerichtstages, die mit ihren Posaunen tief in die unteren Zonen der schmalen Wandfelder hinabreichen. Engel mit den Symbolen der Passion leiten über zu den Aposteln, die 27, 28 zu je sechs auf Wolkenbänken in schräg zur Mitte hin gerichteten Reihen sitzen, und zu den Fürbittern, Maria und Johannes, welche knieend zu Christus aufblicken. Die hohen Wandstreifen zu den Seiten des Fensters zwangen naturgemäß zu vertikaler Entfaltung. Die Darstellungen der Seligen und der 29 30 Verdammten stehen nur im untersten Teil in lockerem, äußerlichen Zusammenhang miteinander: jedesmal schreitet eine jugendliche Frauengestalt, den Rücken zum Beschauer gewendet und eine ältere Frau mit sich ziehend, von außen in die Mitte des Bildes hinein; die Grabluken sind gleichmäßig zur Mitte hin verkürzt gezeichnet, nach außen hin entsteigen ihnen die zum Leben Wiedererweckten. Im übrigen aber sind die unteren Hälften der seitlichen Wandfelder zu selbständigen Bildteilen geworden. Zu beiden Seiten wenden sich die zu äußerst stehenden Figuren von den Rändern fort zur Mitte hin und schließen so jedes Feld für sich ab. Der horizontale obere Abschluß tritt (vor allem bei der Darstellung der Seligen) mit hinzu, um eine organische Verbindung der Felder zu den Seiten des Fensters nach oben hin zu verhindern. Die Scharen der Gestalten, die in übereinander gestaffelten Reihen die Wandflächen in übergroßer Enge füllen, scheinen — die einen in seliger Verzückung, die anderen in dumpfer Verzweiflung — zu harren; den dramatischen Ruf der Gerichtsposaunen scheinen allein wenige Aufblickende und Horchende vernommen zu haben. Die Beziehungen zum eigentlichen Geschehen drücken sich nur m i m i s c h aus, sie sind k o m p o s i t i o n e l l nicht zur Gestaltung gelangt. 31

In der Darstellung des P a r a d i e s e s hat der Maler zwei verschiedene ikonographische Vorbilder vereinigt: den Typus der Marienkrönungsdarstellungen (man vergleiche etwa das B. Daddi zugeschriebene Triptychon im KaiserFriedrich-Museum 88 ) und das Schema, das ein unbekannter Maler aus dem Umkreise Giottos für sein Paradiesbild in der Kapelle des Bargello gewählt hat (Foto Alinari 20 476). In jenem Wandbild, vom Ende des ersten Jahrhundertdrittels, teilt ein Fenster die Mitte der Wandfläche. Die Gliederung der Wand gab dem Maler die Möglichkeit, die Monotonie der Heiligenreihen zu unterbrechen und die Komposition organisch zu gestalten 89 . Wie sehr das Beispiel des älteren Freskos in der Strozzi-Kapelle noch nachwirkt, erkennt man daraus, daß auch hier die Heiligenreihen kolonnenartig zur Rechten und Linken des Bildes in die Höhe steigen. Um das freie Wandstück auszufüllen, das in der Mitte

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klafft, versetzt der Maler zwei Engelsgestalten unter den Thron. Sie wirken völlig isoliert, ihre Anordnung erscheint wie zufällig; sie lassen die freie Fläche spannungslos. Zu unterst wird der „Schacht" geschlossen durch die eng gedrängte Schar der Erlösten. Nirgends ist der Versuch gemacht worden, die Riesenfläche einheitlich durchzubilden; die Komposition zerfällt in einzelne Bildteile, die locker miteinander verbunden sind. Die Beziehungen der Figuren zur Mitte hin beschränken sich wie im „ J ü n g s t e n Gericht" auf Aufschauen, auf sparsame Gesten; sie bleiben für die Durchgestaltung des Bildganzen ohne Bedeutung. Die Darstellung der H ö l l e ist eine ausführliche und getreue Illustration des 32 Inferno Dantes. Vom Limbus an bis zum achten Höllenbezirk ist ein Durchschnitt durch den Höllenberg gegeben, wie ihn der Dichter mit Virgil durchwandert hat: Gesang für Gesang, Ring für Ring werden dem Betrachter vorgeführt. Vorhölle und die ersten fünf Höllenbezirke bis zum Mauerkranz der Stadt Dis, welcher die „schwachen" Sünder von den peccatori violenti und frodolenti trennt, werden in den drei obersten konzentrischen Streifen vereinigt; die Bolgien des siebenten und achten Ringes stellen die beiden untersten Streifen dar; sie sind durch schmale Felsgrate voneinander getrennt. Lucifer thront inmitten der Giganten auf dem Brunnen, dessen Grund die letzte und schlimmste Höllenzone birgt; um diesen herum formen sich symmetrisch die zehn Bezirke der malabolgia. Auf die Gestaltung der unteren Wandpartie hat die zentrale Anordnung Luzifers nur insofern Einfluß gehabt, als von seiner Gestalt aus das dekorative „Gerippe" seinen Ausgang nimmt, das die einzelnen Felder umklammert. Nardo interpretiert die einzelnen Gesänge wörtlich; er gibt nicht, wie kurz vor ihm Traini im Camposanto, die Hölle als geschlossene Einheit wieder. Als Miniaturenkomplex von ungeheurem Ausmaß ist seine Darstellung zu werten. Sie ist überaus reich an Einzelmotiven, die wie Bilder einer Handschrift für sich betrachtet sein wollen; die zahlreichen Beischriften sollen das Bemühen des Betrachters erleichtern. Sehr wahrscheinlich war der Maler durch seinen Auftrag gebunden, ein landkartenartiges Bild der Hölle und ihrer Schrecken zu entwerfen. Die Gestaltung der Fresken des Jüngsten Gerichts und des Paradieses läßt jedoch darauf schließen, daß Nardo diese Art, Einzelmotive zu addieren, der Vereinheitlichung einer Komposition im formalen wie im geistigen Sinne vorgezogen haben muß. W i r müssen auf diesen Punkt näher eingehen. Zunächst ist der malerischen Durchführung zu gedenken. Soweit der heutige Zustand ein Urteil erlaubt 9 0 , war die koloristische Haltung der Fresken stets heiterer und strahlender als im Altarbild der Kapelle; lichte und dunklere Farbtöne wechseln in regelloser Folge miteinander ab. (Im Altarbild sind nicht allein die Übergänge schroffer, sondern werden die Farbwerte deutlich kontrastiert; die Tektonik des Bildaufbaues erhält dadurch eine wirksame Unterstützung 9 1 ). Mit Hilfe des weich spielenden Lichts erteilt Nardo seinen Figuren plastische 43

Rundung. Die Lichtführung erstreckt sich aber nicht einheitlich auf die gesamte Wandfläche: stets ist es die Einzelfigur, die auf diese Weise herausgearbeitet wird. Die Scharen der Seligen und Verdammten, der Erlösten im Paradies, der Sünder, die sich in den einzelnen Höllenbezirken zusammendrängen, zeigen völlig übereinstimmende Gestaltungsart: durch Blickbeziehungen, Überschneidungen, durch her- und hinübergreifende Gesten werden mehrere Figuren zu lockeren Gruppen verbunden. Als Beispiel sei das Feld links v o m Fenster ge29 wählt. Unmittelbar am Rahmenstreifen steht im Vordergrund eine Frauengestalt, in leichter Wendung nach innen, den K o p f ins Profil gedreht. Sie reicht ihre Hand einem jungen Mädchen, das in tänzerisch anmutender Bewegung ins Bild hineinschreitet. Jenes wiederum wendet den K o p f einer dritten weiblichen Gestalt zu, welche sich in Vorderansicht darbietet und der am Bildrand stehenden sich zuneigt. So ergibt sich eine reizvolle, lineare Verbindung, zugleich erhält man eine Aussage darüber, wie denn die Figuren im Räume stehen. Ähnlich bewegte Figurenkonstellationen wiederholen sich häufig. Immer aber bleiben Bewegung wie Raumeindruck isoliert: man gewinnt nie den Eindruck, die Richtung sei einheitlich orientiert oder der Raum konsequent durchgestaltet. Stufenartig steigen im Gerichts- wie im Paradiesbilde die enggeschichteten Reihen in die Höhe. Der Maler verwischt selbst den Raumeindruck, der sich in ersterem Bild durch diese Art der Staffelung wie durch den bühnenartigen, in Verkürzung gezeichneten Vordergrund ergeben könnte, denn in allen vier Stufenreihen befinden sich die zu äußerst stehenden Gestalten in e i n e r Ebene mit der Bildbegrenzung. Selbst innerhalb der einzelnen Heiligenreihen auf dem Paradiesbild macht sich das Bestreben nach „Individualisierung" fühlbar, das die Gestaltung der ganzen Komposition charakterisiert. Nur bei den Engelschören ganz oben ist die Richtung zum Throne hin für die Reihenbildung maßgebend. J e tiefer man kommt, desto mehr überwiegt das Interesse an der Ausbildung der einzelnen Figur, die durch Verschiedenartigkeit in Bewegung und Wendung von den ihr benachbarten abweicht. Das Streben, die geistige wie formale Einheit der Komposition zu lockern, einzelne Darstellungselemente aus dem Zusammenhang herauszulösen, auf diese das Augenmerk des Beschauers zu lenken, gipfelt — man möchte sagen zwangsläufig — in der Ausprägung der individuellen Züge der weltlichen Personen zu oft porträthafter Treue. Die Fresken der Strozzi-Kapelle sind Vorläufer der berühmten „Schauwände" des Quattrocento: es finden sich, namentlich unter den Seligen des Gerichtsbildes, „Bildnisse" in einer Fülle, wie man sie in der italienischen Malerei, im geschlossenen Zusammenhang von Darstellungen sakralen Charakters, vorher nicht beobachten kann 92 . Nur wenigen läßt sich heute mit Bestimmtheit ein Name geben. Wohlbekannt ist das Bildnis Dantes, das sich unter den Seligen links vom Fenster befindet (zweite Reihe von oben, die dritte Gestalt von links) 93 . In der darunter folgenden Reihe fällt das kühne Profil eines den Lorbeerkranz tragenden togatus auf: es ist das Porträt des Kaisers 44

Konstantin, geschaffen in engster Anlehnung an römische Münzen 94 (sein Widersacher Maxentius erscheint gegenüber, unter den Verdammten). In der jungen Frau, die mit antikischer Geste ihren Mantel rafft, und in dem hinter ihr stehenden Mann ganz unten links hat man wohl Stifterin und Stifter zu vermuten, denn sie ähneln den Gestalten, die Michael ins Paradies leitet. Z u r Rechten von 34 Dante, hart an der Bildbegrenzung, erblickt man die mächtige Gestalt eines nicht mehr jugendlichen Mannes in geistlicher Tracht, dessen K o p f unmittelbar an die bekannten Bildnisse Fr. Petrarcas erinnert 95 ; die Schriftrolle, die er in 33 seinen Händen hält, läßt den Dargestellten als Gelehrten erkennen, auch die örtliche Nähe zu Dante, auf den sein Blick gerichtet ist, würde für Petrarca sprechen 96 . Doch besteht eine Ähnlichkeit mehr im allgemeinen Typus als in den einzelnen Zügen; auch zeigt keines der gesicherten Porträts die Tonsur, die hier sichtbar ist. — Die nicht identifizierbaren Gestalten überwiegen an Zahl. Wer mag in dem höfisch-eleganten Mann dargestellt sein, der sich Dante von der anderen Seite zuwendet; wessen Züge gibt die vornehme Frauengestalt wieder, deren scharfes Profil unterhalb von Konstantin sichtbar ist 97 ? Es ist merkwürdig, daß Vasari sich die Gelegenheit hat entgehen lassen, auf diese Porträts hinzuweisen; nur wenig später zählt er die Bildnisse auf den S. Croce-Fresken Orcagnas mit der Ausführlichkeit einer guida auf! Sollte er auch in der StrozziKapelle insgeheim das „mancamento de'scrittori" in der Überlieferung der Namen der Dargestellten beklagt haben, das seiner Vorliebe nach Identifizierung bekannter Persönlichkeiten im Camposanto Schranken setzte? Die heiligen Gestalten wahren im Typus die traditionelle Überpersönlichkeit. Die hieratische Strenge jedoch, die Andreas Figuren besitzen, ist bei Nardo einer oft anmutigen Lebendigkeit gewichen, die sich durch die lockeren, eleganten Gesten und Kopfwendungen, vor allem durch den lebhaften Ausdruck der K ö p f e dem Betrachter mitzuteilen scheint. Nardo greift zu vergleichsweise abstrakten Darstellungsmitteln allein dann, wenn er seinen Figuren eine repräsentative Würde verleihen will: bei den Kirchenvätern im Eingangsbogen, für die Wiedergabe des heiligen Thomas in den Rundfeldern des Gewölbes 9 8 . Der Unterschied zu der Gestaltungsweise Orcagnas offenbart sich bereits bei den Aposteln des Gerichtsbildes und bei den Gestalten der Erzväter, die über den Seligen zur Linken des Fensters emporragen 99 : die Formengebung Nardos ist gelöster, die Gewandbehandlung weicher. Die Heiligen des Paradieses, schlank und wohlgebildet, mit kleinen K ö p f e n auf langgestreckten Körpern, in weich herabfallende Gewänder gekleidet, sind beweglich und gelenkig. Dies trifft vor allem auf die weiblichen Gestalten zu. In ihnen hat der Maler Idealbilder 34 von einer Anmut geschaffen, der man vorher in Florenz selbst bei Bernardo Daddi nicht begegnet, und für die es später erst bei Lorenzo Monaco und Fra Angelico wieder Vergleichbares gibt. Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß der „lyrische" Charakter von Nardos Kunst eine starke Verwandtschaft mit der frühen sienesischen 45

Kunst verrät 1 0 0 . Die Köpfe mit den schmalen, länglichen Augen, in denen das Weiße eine besonders expressive Bedeutung hat 1 0 1 , die wechselnden Ausdrucksmöglichkeiten, die Lebendigkeit der Gesten und Wendungen, der frisch erzählende Ton des Vortrags in den Szenen des Inferno — das alles sind sienesische Elemente. Auch im Einzelnen lassen sich Berührungspunkte mit Siena aufzeigen. Die Fresken des Ambrogio Lorenzetti im Palazzo Pubblico in Siena bieten zahlreiche Analogien: die Scharen der Reigen tanzenden Mädchen auf der Darstellung der „Folgen des Guten Regiments" etwa zeigen nahe Übereinstimmung mit der Frauengruppe unter den Seligen, der Caterina Strozzi zugesellt ist; die Gestalten der Bürger auf der Allegorie des Buon Governo sind in der Durchbildung der Köpfe manchen der Erlösten auf Gerichtsbild und Paradies verwandt. Im Figurenstil kommt Nardo Simone Martini gelegentlich überraschend nahe: man vergleiche etwa die klagende Magdalena auf der kleinen Pariser Kreuztragung 1 0 2 mit der jungen Frau, welche hinter der Nonne ganz links in der untersten Reihe der Verdammten steht. — Die erregte, unmittelbar lebendige Ausdruckskraft der Figuren Simones besitzen Nardos Gestalten jedoch nicht, sie wirken neben jenen gedämpfter in ihrem Schmerz, gehaltener in ihren Bewegungen. Der dolcezza der Frauenbilder des Florentiners fehlt die zarte Schwermut, die den weiblichen Gestalten des sienesischen Malers oft eignet; seine Gestalten behalten im Vergleich zu Simone die florentinische Schwere. Es fehlt Nardo — das muß besonders betont werden — auch die Geschlossenheit der malerischen Vision Ambrogios, der die allegorischen Fresken in Siena, namentlich die großen Landschaftsbilder, trotz der Fülle des Details ihre einheitliche W i r k u n g verdanken. Der — generationsmäßig gesehen — ältere Traini hat sie im Camposanto noch vollkommen bewahrt. Gemessen am W e r k Orcagnas, wird eine nur auf das Formale ausgehende Betrachtung der Fresken Nardos wohl ein negatives Werturteil auslösen können. Denn die unorganische Flächenfüllung Nardos steht in ausgesprochenstem Gegensatz zum klaren, gesetzmäßigen A u f b a u der Kompositionen Andreas, der die formale Durchbildung dem ideellen Gehalt der Darstellung stets unterordnet. Das sind Gestaltungsunterschiede, die gewiß im ureigensten Wesen der beiden Künstler begründet sind und sich nicht nur aus der Verschiedenheit des Themas und der materiellen Leistung erklären lassen können. Und doch wird man die Rolle des Themas nicht unterschätzen dürfen. In der Spanischen Kapelle, die etwa ein Jahrzehnt später durch Andrea da Firenze ihren Freskenschmuck erhielt, findet sich ein ganz ähnlicher „Gegensatz" zwischen den Darstellungen auf den beiden sich gegenüberliegenden Hauptwänden. Im „Triumph des Heiligen T h o m a s " gibt der Maler ein symmetrischabstraktes Bildsystem, in welchem die Gestalt des Thomas das formale und geistige Zentrum darstellt. In dem Fresko der sogenannten „Ecclesia Triumphans", das ausführlich das Heilswerk der Dominikaner illustriert, sind Einzelmotive 46

bunt über die Wandfläche verstreut. Der gleiche „Widerspruch" zwischen „abstrakter" und „illustrativer" Darstellungsart gab sich auf dem großen Relief Orcagnas an der Rückwand des Tabernakels zu erkennen. In beiden Fällen ist der scheinbare Gegensatz der Gestaltungsweise vom Inhalt her bedingt. Die bildliche Ausgestaltung der Cappella Strozzi in ihrer Gesamtheit verrät eine einheitliche Planung; A l t a r b i l d u n d F r e s k e n g e h ö r e n i n h a l t l i c h z u s a m m e n . Der geistige Grundgehalt des Programmes wird im Altarbild verkündet; in den Fresken wird das Thema gleichsam erläuternd erweitert. D i e f o r m a l e A u s g e s t a l t u n g durch O r c a g n a und N a r d o entspricht diesem Programm vollkommen.

Die Cappella Giochi e Bastari in der Badia Der mittelalterliche Bau der Florentiner Badia, das Werk des Arnolfo di Cambio 1 0 3 , erhielt seine heutige Gestalt zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Die Verwandlung der alten Basilika in eine Halle auf kreuzförmigem Grundriß erforderte unter anderem, daß die einstigen Nebenkapellen des Chores bis auf Stirnwand und Teile der Seitenmauern abgetragen wurden; neu aufgerichtete Mauern riegelten die Kapellenrümpfe gegen den Innenraum ab. Diesem radikalen Eingriff in die ursprüngliche Baustruktur fielen die Malereien, die Vasari in jenen Kapellen beschreibt, nahezu gänzlich zum Opfer. Von dem Freskenzyklus der südlichen Chorkapelle (Cappella Covone), den Vasari dem Puccio Capanna zuweist 1 0 4 , blieben einzig vier Wandbilder teilweise verschont; Überreste der Fresken in der nördlich an den Chor anschließenden Kapelle, welche im Trecento nacheinander unter dem Patronat der Familien Giochi und Bastari stand, wurden 1910 dank der Initiative Baccis freigelegt 1 0 5 . Nur drei Szenen aus der Passionsfolge, die in der Vita des Buffalmacco als angebliches Werk dieses Malers von Vasari aufgeführt ist, haben sich im Zusammenhang erhalten: Kreuztragung und Geißelung, zu den Seiten des Fensters, und der Selbstmord des Judas und des Pilatus, auf der Nordwand; das Fragment eines vierten Bildes findet sich auf dem Teilstück der südlichen Begrenzung 1 0 6 . Die Sockelzone ist mit bunt marmorierten Feldern verziert, dem Fenster entlang ziehen sich Blattornamente, die von Vierpaßfeldern mit Halbfiguren von Engeln unterbrochen werden; im Bogenscheitel ein Brustbild Christi. Peleo Bacci, dem eine gründliche Darlegung des historischen und künstlerischen Bestandes dieser Kapelle zu verdanken ist, hat mit allem Recht die hohen Qualitäten der Wandbilder gepriesen, die namentlich das am besten erhaltene Fresko der Kreuzigung auszeichnen. Sein Versuch, Vasaris Attribution an Buffalmacco aufrechtzuerhalten, war freilich von Anbeginn zum Scheitern verurteilt, da gesicherte Arbeiten dieses Malers sich bisher nicht haben nachweisen lassen; überdies macht der stilistische Befund die Zuschreibung an einen Altersgenossen 47

Giottos unmöglich 1 0 7 . W e n i g e Jahre nach der Freilegung nahm Siren die Malereien für Nardo in Anspruch, und seinem Schritt hat die Forschung sich ohne Ausnahme angeschlossen 1 0 8 . Die fragmentarischen, vielfach beschädigten 1 0 9 Passionsfresken verdienen eine eingehende Betrachtung. Noch immer geht eine starke W i r k u n g von ihnen aus. Die Darstellungen fesseln durch die Lebendigkeit des Vortrags und durch ihre Erfindung. 6 K r e u z t r a g u n g 1 1 0 . Der Maler gibt nicht den Auszug aus der Stadt wieder, vor deren Tor die Darstellung sonst stets verlegt wird, sondern er greift aus der Schilderung des Ganges nach Golgatha eine Szene von tiefem dramatischen Gehalt heraus: dargestellt ist, wie ein Krieger den nachfolgenden Marien den W e g verwehrt 1 1 1 . Rechts die Gruppe der Frauen: Magdalena, die Hände ringend, die Jungfrau, mit gebeugtem Haupt, und Maria Kleophas (?), die schmerzerfüllt auf Maria blickt; Kopf und Heiligenschein einer vierten Gestalt werden über Magdalena sichtbar. Von höchster Wirksamkeit der Gegensatz der ruhig bewegten Frauen zum Schergen, der mit gezücktem Schwert gegen sie vorgeht, und der Kontrast des derben Soldatenkopfes zum feinen Antlitz Christi. Die Farbgebung unterstreicht die Gegensätze: das fahle Gelb des Söldnerkleides sticht lebhaft gegen den roten Mantel Christi und den graugrün-dunkelblauenleuchtendgrünen Dreiklang der Frauengruppe ab. Der Hintergrund ist zerstört; erhalten hat sich allein die Krone eines Laubbaumes, über den Häuptern der Marien. Für die spannungsreiche Darstellung hat der Maler eine fest begrenzte Form gefunden. Zur Rechten schließen die äußeren Umrisse der Frauen das Wandbild sicher ab. Die Vertikalfalten, die über das äußere Bein des Heilands herabfallen, geben den rahmenden Abschluß zur Linken. Von beiden Seiten aus geht die Bewegung in die Bildmitte. Christus wendet sich im Schreiten zurück und blickt auf die Frauen; der Wendung seines Hauptes entspricht drüben die Kopfneigung Märiens. Das Schwert des Soldaten begegnet der abwehrend vorgestreckten Hand der Jungfrau. Es ergibt sich somit ein Spiel von linearen Verbindungen, dessen Rhythmus den Ausdrucksgehalt der Handlung auf ablesbare Weise formuliert. Die G e i ß e l u n g s s z e n e 1 1 2 ist in einen hofartigen Raum verlegt, zu dem von vorn einige Stufen hinaufführen. Christus nimmt die Mitte des Bildes ein, seine Arme sind auf dem Rücken gefesselt. Er wendet sich nach rechts einem dem Betrachter abgekehrten Schergen zu, der in starker Ausfallstellung mit seinem rechten A r m zum Schlage ausholt; seine Linke greift an die Brust des Heilandes. Von links tritt der andere Folterer heran, der mit der Rechten die Geißelrute zum Streich erhebt, mit der anderen an den Rücken Christi faßt. Gemäß dem Darstellungsschema, das in Florenz in der Werkstatt des Pacino di Bonaguida und in einem Predellenbild des Ugolino da Siena vorgebildet war 1 1 3 , fehlen Pilatus und die zuschauenden Juden. Die kontrapostisch bewegte

Stellung des Heilands kehrt nahezu identisch in Ugolinos Darstellung wieder; auch die Beinstellung der flagellanti könnte von dorther angeregt sein. Die Kenntnis des mutmaßlichen Vorbildes läßt das Besondere unserer Darstellung deutlich zu Tage treten: in Ugolinos Geißelungsbild biegen beide Schergen sich beim Ausholen des Streiches zurück, so daß Christus frei zwischen ihnen steht, in dem Fresko greift ein jeder an den Körper des Heilands, drängen beide gegen ihn v o r ; dort lehnt Christus in sanfter Ergebenheit an der Säule, hier ist er frei aufgerichtet und blickt in ruhiger Gelassenheit auf seinen Peiniger herab — es ist etwas von dem triumphator in seinem Gebahren. In dem F r a g m e n t d e r S ü d w a n d blickt man durch eine hohe Doppel- 38 arkade, die auf einem dünnen Rundpfeiler aufsetzt, in das Innere eines Raumes, dessen Decke auf Stützpfosten ruht. In diesem, eng gruppiert und nach rechts gewendet, die Schar der Juden. Vier Männer stehen in ruhiger Beschaulichkeit hart an der Umrahmung. Zwischen Pfeiler und Stützpfosten drängen sich zwei weitere Gestalten. Der Jüngling im Vordergrund ballt die Fäuste und scheint Drohrufe auszustoßen, sein Gefährte wirft die Arme weit nach vorn vor. Der rasche Wechsel von ruhiger Haltung zu heftigem Agieren wird durch die Führung der Arme verdeutlicht. Das Bewegungsmotiv, das die schlichte Geste des Alten am Bildrand einleitet, erfährt eine wirksame Steigerung bei den beiden vor ihm stehenden Männern. Die Koordinierung der Figuren und der Gesten ist derart folgerichtig, daß man trotz der fragmentarischen Erhaltung sich eine klare Vorstellung von der Gesamtanlage des Freskos machen kann. Die Arme weisen schräg nach oben, auf das gleiche Ziel sind die Blicke gerichtet; einer der Zuschauer hat einen erhöhten Standort eingenommen. Die Gestalt Christi muß demnach höher gestanden haben als die Gruppe der Juden. Daraus folgt mit größter Wahrscheinlichkeit, daß das Wandbild die Vorführung Christi dargestellt hat 1 1 4 . Z w e i räumlich und zeitlich getrennte, inhaltlich jedoch verwandte Geschehnisse, d e r S e l b s t m o r d d e s J u d a s u n d des P i l a t u s , sind in dem Fresko der Nordwand zu einem Bilde vereinigt. Die Beobachtungsgabe des Malers, 39 die in den K ö p f e n des Fragments, den Typen der flagellanti und des Kriegers, dem A k t der Geißelungsszene sich offenbart, schafft in der Wiedergabe des Judas eine Studie von krasser Realistik, für die nur eine Gerichtsstätte das Vorbild bieten konnte: mit schlaff baumelnden Gliedern, mit geborstenem Leib und geöffneten Munde hängt der Entseelte an dem Aste eines Baumes. Ausgezeichnet ist das Entsetzen des Pilatus charakterisiert, der hinter dem Gitter seines Kerkers zu einem niederschwebenden Teufel aufsieht 1 1 5 . Zunächst zur Frage der Zuschreibung. Von der Einheitlichkeit der K o n zeption wird man sich unschwer überzeugen können, trotz des traurigen Erhaltungszustandes, in dem sich die Fresken heute befinden 1 1 6 . Überall die gleiche geistige Vertiefung in den Inhalt, die gleiche leidenschaftliche Spannung: gedämpft in der Darstellung der Kreuztragung, erregt in den beiden anderen Pas49

sionsszenen. So wird man zur Nachprüfung der Attribution die erste mit dem Paradiesesfresko und mit den Seligen des Jüngsten Gerichtsbildes, die letzteren mit den Scharen der zur Verdammnis Verurteilten auf dem Jüngsten Gericht der Strozzi-Kapelle vergleichen müssen. Die Übereinstimmungen liegen klar zu Tage und brauchen im Einzelnen nicht aufgewiesen zu werden. Nardo di Cione war der Maler der Cappella Giochi e Bastari. Wann aber sind die Fresken entstanden, was sagen sie über den Maler aus? i. Wir haben wiederholt auf den linear-flächenhaften Charakter der Darstellungen hingewiesen. So entschieden der Wille zur Klarlegung der räumlichen Situation sich ausspricht (bei dem Fragment der „ V o r f ü h r u n g " wird man besonders die wichtige Rolle des Rundpfeilers beachten müssen, der die Gestalten vom Vordergrund zurückdrängt, im Geißelungsbild die präzisen Raumangaben), so kräftig die plastische Durchbildung einzelner Gestalten (Magdalena!) ist — die Darstellungen kommen von der Bindung an die Fläche nicht los. Sehr bezeichnend für die Gestaltungsweise der „ G a n g zum Kalvarienberg". Trotz der kräftigen Rundung der Schulter- und Armpartie und der körperlichen Fülle, die unter dem Mantel spürbar wird, setzt die Gestalt der Magdalena sich flach von Maria ab; „flach" wirkt auch die Gestalt der „Maria Kleophas". Ganz nahe dem Vordergrund ist der Krieger aufgestellt; die leise Schräge seiner Körperrichtung wird durch den Schild, der die entscheidende Verkürzung verdeckt, wirkungslos gemacht. Nur Christus macht eine entschiedene Wendung ins Bild hinein, aber auch diese wird aufgehoben durch die horizontale Führung seines linken Armes, durch die Drehung des Kopfes in die Fläche. Zieht man zum Vergleich die zuvor betrachtete Frauengruppe unter den Seligen des Gerichts29 freskos heran, wird man den Unterschied in der Gestaltungsweise leicht erkennen. E s genügt, als Gegenbeispiel eine einzige Gestalt zu betrachten, das junge Mädchen mit den Z ö p f e n : in einer komplizierten Wendung schreitet sie ins Bildinnere hinein, der K o p f , in Dreiviertel-Ansicht, weist in die entgegengesetzte Richtung — ein Moment, das wie kein anderes dazu angetan ist, eine Vorstellung von räumlicher Tiefe zu erwecken. Das gleiche flächenmäßige Denken äußert sich in dem Fragment der Vorführung Christi. Trotz der kräftigen Überschneidung der Figuren durch den Pfeiler kann man von Raumtiefe nicht sprechen. Stärker als alle räumlichen Momente bestimmen die sich nur in der Fläche auswirkenden, rein linearen Verbindungen die Wirkung der Darstellung, in einem Maße, wie wir es auf den Fresken der Strozzi-Kapelle nicht beobachten. Dort erstrecken die Bewegungen der Figuren sich ungehemmt nach allen Richtungen hin, das Prinzip der flachen Schichtung ist vielfach durchbrochen. Eine reichere, belebtere Wirkung, ein Eindruck von größerer Lockerheit, ja von überquellender Lebendigkeit, wird damit erreicht. Nicht zu übersehen ist ferner die verschiedene Proportionierung der Figuren. In ihrer Ausprägung sind die Typen — soweit die Erhaltung eine Beurteilung zuläßt — denen der Strozzi-Kapelle unmittelbar verwandt. Den Figuren der 5°

Badia fehlt jedoch die Schlankheit und die leichte Beweglichkeit des Wuchses; das Verhältnis von K o p f zur ganzen Figur ist geringer, die Gestalten wirken untersetzter. Nur in den obersten Wandpartien der Strozzi-Kapelle wird man auf Vergleichbares kommen. Es kann für diese Divergenzen nur eine Erklärung geben: die Fresken in der Badia müssen einer früheren Phase der Entwicklung Nardos angehören 1 1 7 . Z u einer ungefähren Bemessung des Abstandes, der sie von dem Zyklus in S. Maria Novella trennt, verhilft ein Vergleich mit Orcagnas Frühwerk, dem Fragment des „ T r i o n f o della Morte" in S. Croce. Zwischen diesem und den Wandbildern der Badia bestehen in der Tat auffallende Beziehungen. Die Gruppierung der vier Männer am linken Rand des Vorführungsfragmentes, das Verhältnis dieser Gruppe zum Rahmen, ja selbst die Geste des zuvorderst stehenden Mannes — in all diesen Einzelheiten scheinen uns, trotz der deutlichen Unterschiede im künstlerischen Temperament, die größten Analogien zur Bettlergruppe in S. Croce zu existieren. Die Übereinstimmungen beschränken sich nicht allein auf diese Szene in der Kapelle der Badia. Man vergleiche die Gestalt der Magdalena auf der Kreuztragung mit den beiden Lahmen: nicht nur die Körperauffassung im Allgemeinen, auch die Wiedergabe des Mantels sind hier wie dort verwandt. Die vertikalen Röhrenfalten im Mantel Christi kehren sehr ähnlich bei dem vorderen der beiden Krüppel wieder. Man wird schließen dürfen, daß die Fresken der Badia und Orcagnas Zyklus in S. Croce sich zeitlich ganz nahe stehen müssen. Wir hatten für diesen eine Entstehung in der Zeit um 1550 angenommen. Die gleiche Periode möchten wir denn auch für die Fresken Nardos in Vorschlag bringen. 2. Wenn sich auch mit diesem Datierungsvorschlag die Basis für die Kenntnis Nardos erweitert, so wird man die Malereien nur in relativem Sinn als Frühwerke des Malers bezeichnen dürfen. Denn in der Einheitlichkeit der Konzeption, der Klarheit des Bildaufbaues, in der Fähigkeit zu scharfer Charakterisierung und lebhafter Kontrastierung verkündet sich ein Maler, dessen Stil bereits vollkommen ausgeprägt ist. Vergebens wird man in den Fresken nach Anzeichen einer unmittelbaren stilistischen Abhängigkeit zu Werken der älteren Generation suchen, die mit Sicherheit über Nardos Schulung Auskunft geben könnten. Nur bei einzelnen Gestalten — bei der Magdalena und der „Maria Kleophas" vornehmlich, auch bei dem bärtigen Zuschauer im Vordergrund des Vorführungsfragments und den beiden ganz rückwärts sichtbar werdenden Köpfen hinter ihm — und in der farblichen Haltung (die sich freilich allein im Fresko der Kreuztragung noch ungefähr beurteilen läßt), kann man Beziehungen zum Werk des Maso di Banco aufweisen 1 1 8 . Die Konstellation der Mariengruppe erinnert in ihrem Schema durchaus an die rechte Gruppe auf der Darstellung der Drachenzähmung in der Cappella Bardi in S. Croce. Diese Beziehungen 20 reichen jedoch nicht aus, um mit Bestimmtheit auf ein direktes „Schul"-Verhältnis zwischen Nardo und Maso schließen zu können 1 1 9 . Immerhin gibt zu

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denken, daß sich auch von den beiden „ F r ü h " - W e r k e n Orcagnas aus, dem Fragment des „ T r i o n f o " und dem Baronci-Triptychon, die Brücken zu Maso schlagen ließen. Stilistische Beziehungen engster Art bestehen zu dem fragmentarisch erhaltenen Freskenzyklus der ehemaligen südlichen Nebenkapelle des Chores der Badia, der Cappella Covone, der verschiedentlich mit dem Namen des Maso di Banco 37 verbunden worden ist 1 2 0 . In der Darstellung der Bartholomäus-Marter blickt man in einen Raum, dessen Decke ähnliche Stützen tragen, wie sie sich auf dem Fragment der Vorführung Christi finden. V o n links nahen durch eine Tür Gestalten, andere stehen in dichter Gruppierung ganz rechts am Rahmen der Lunette (nur die Oberkörper sind erhalten). Die Verwandtschaften zwischen diesem Fresko und den Malereien der Cappella Giochi e Bastari gehen über prinzipielle Übereinstimmungen der Kompositionsweise hinaus: ganz nahe ist der K o p f des Bartholomäus hier dem des Heilands in der Kreuztragung, derjenige des Schinders, der vor dem Heiligen kniet, denen der flagellanti auf der Geißelung verwandt; der Mann in orientalischer Tracht, der auf der Marterszene links im Türrahmen steht, gleicht durchaus dem Zuschauer im weißen Turban, welcher neben dem Bärtigen auf dem Fragment der Vorführung sichtbar ist. Die Zuschreibung dieser Fresken an Maso besteht u. E . nicht zu Recht. Trotz mannigfacher Berührungspunkte unterscheiden die Malereien sich fundamental von denen der Cappella Bardi in S. Croce: sie lassen den klaren A u f b a u Masos vermissen, und es herrscht in ihnen ein Grad von individueller Beobachtungsgabe, den man mit dem Wesen des Malers des Sylvesterzyklus nicht vereinbaren kann. Als „Quelle" für Nardo kommen die Wandbilder der Cappella Covone also schwerlich in Betracht. Sie rühren vielmehr von einem Maler her, der sich von dem Stil Masos in dem gleichen Maße entfernt hat wie Nardo selbst. Damit ergeben sie eine interessante Parallele für die Kunst Nardos in der Zeit um 1 3 5 0 1 2 1 . Die Fresken stellen die Abhängigkeit Nardos von der sienesischen Kunst erneut unter Beweis. Gewiß hält er sich nicht sklavisch an die ikonographischen Vorbilder, die ihm die Malerei Sienas gewährte 1 2 2 . Aber es gibt für die doppelte Entlehnung doch wohl nur eine Erklärung: daß die lebendige, reiche Phantasie des Malers in der Florentiner Tradition nicht genügend Anregung fand. Sein künstlerisches Temperament muß ihn besonders prädestiniert haben, sienesische Eindrücke zu erleben und zu verarbeiten. Die „Quellen" sind wiederum die großen sienesischen Meister. A n Simone wird man freilich bei den vergleichsweise schweren Figuren der Cap. Giochi nicht denken können; im Figurenstil bieten sich jedoch erneut Analogien zu Ambrogio Lorenzetti: in Charakter und Ausdruck, in Bewegung und Gesten stehen die Figuren des Vorführungsfragments denjenigen nahe, die sich auf Ambrogios Fresko der Marter der Franziskanermönche im Chor von S. Fran-

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cesco in Siena finden123. Von besonderem Interesse ist die Beziehung zu Barna, die sich im ikonographischen Motiv der Kreuztragung ergab, denn in Barna hat man wohl, entgegen den verwirrenden Angaben Vasaris, einen unmittelbaren Nachfolger der führenden sienesischen Maler der ersten Jahrhunderthälfte zu vermuten, damit also einen Altersgenossen Nardos 124 . Wie Nardo hat der Sieneser Maler den verfeinerten Stil seiner Vorgänger (Simones vor allem) ins „Volkstümliche" abgewandelt, indem er etwa das derbe Aussehen seiner Kriegergestalten besonders betont (Judaskuß, S. Gimignano!) oder anschauliche Milieuschilderungen gibt (Hochzeit zu Kanaa 125 ). Daß Nardo die Fresken Barnas in S. Gimignano gekannt hat, ehe er die Malereien in der Badia begann, scheint nach den bisherigen Datierungsvorschlägen für jene nicht möglich 126 . Das ist auch kein wesentlicher Punkt. Wichtig erscheint, daß der Maler in dem gleichen Maße vorangeschritten ist, wie sein sienesischer Zeitgenosse. Die Fresken bereichern unsere Vorstellung von Nardo also erheblich. In ihnen gelangt der Maler zu einer Klarheit der Gestaltung, die man nach dem Studium des Zyklus der Cappella Strozzi kaum erwarten würde. Die Malereien bieten nicht das verwirrend bunte Bild, das sich durch die Häufung der Motive auf den Wänden der Kapelle in S. Maria Novella ergibt; der Aufbau entwickelt sich vielmehr in stetem, fließenden Rhythmus. (Allein bei der Doppelszene der Nordwand stehen die Darstellungen zusammenhanglos nebeneinander, doch war eine Verschmelzung aus thematischen Gründen nicht möglich.) An realistisch beobachteten Figuren ist auch hier kein Mangel; sie sind aber dem Gesamtgefüge des Bildes eingeordnet. Man muß für den scheinbaren Gegensatz, der sich hier in der Darstellungsweise zwischen den beiden Zyklen in der Badia und in S. Maria Novella ergibt, nicht nur den zeitlichen Abstand, sondern zugleich weitgehend die Verschiedenheit der Aufgaben verantwortlich machen: in dem einen Fall handelte es sich um riesige Flächen, die durchzugestalten waren, und wohl sicher um ein fest vorgeschriebenes Programm, im anderen um kleine, begrenzte Wandbilder und um Illustrationen zu Bibeltexten, die dem lyrischen Temperament des Malers besonders liegen mußten. Es ist keine Frage, daß Nardos künstlerische Begabung für Aufgaben, wie sie ihm in der Cappella Strozzi gestellt wurden, nicht gewachsen war; in Darstellungen kleinen Maßstabes, wie denen der Badia, leistet er sein Bestes.

Die Annenkapelle im Kreu^gang von S. Maria

Novella

In dieser Kapelle, die sich gegen den zweiten Kreuzgang der Dominikanerkirche öffnet 127 , haben sich vier kleine Wandbilder erhalten, welche die Hauptepisoden aus dem Leben der Marienmutter erzählen: die Verkündigung an 53

Joachim und Anna, die Begegnung an der Goldenen Pforte, die Geburt und den Tempelgang Mariä. A u f Mauervorsprüngen zwischen den ersten und den letzten beiden Fresken erscheinen je zwei Heilige in ganzer Figur, Thomas, die Evangelisten Johannes und Lukas (?), und Dominikus. In der Quellenliteratur wird den Malereien keine Erwähnung getan. Die Zuschreibung an Nardo, zuerst ausgesprochen von Suida 1 2 8 , trifft im allgemeinen das Richtige; Widersprüche sind nur vereinzelt laut geworden 1 2 9 . In den Typen stimmen die Wandbilder mit denen der Cappella Strozzi vollkommen überein. Der heutige Zustand läßt freilich eine Beurteilung über die ursprüngliche Ausführung nur in begrenztem Maße zu. Die Verkündigung an Joachim hat in der Oberfläche empfindlich gelitten, weitgehende Restaurierungen machen sich auch an den übrigen Wandbildern bemerkbar 1 3 0 . Einen wesentlichen Anspruch auf Eigenhändigkeit erheben die vier monumentalen Heiligengestalten: sie kommen in ihrer Konzeption den Aposteln des 44 Gerichtsbildes nahe; bei der Gestalt des Thomas wird man auch an die Marien der Kreuztragung in der Badia erinnert. Kaum irgendwo klingt bei Nardo das Formenideal des Maso di Banco so stark nach wie in dieser prächtigen Heiligenfigur131. 40 Die Verkündigung an Joachim und Anna ist die einzige Darstellung, der ein ganzes Bildfeld zur Verfügung stand (die anderen Bilder sind durch die Vorsprünge der Wand in ihrer Ausdehnung behindert). In der allgemeinen Disposition und speziell im Landschaftlichen berührt sich die Darstellung eng mit der des Taddeo Gaddi in der Baroncelli-Kapelle in S. Croce (wie ja die Bilder jener Kapelle die Ikonographie des Marienlebens in Florenz das ganze Trecento hindurch maßgebend beeinflußt haben). Gombosi hat mit Recht darauf hingewiesen, daß der räumlich-malerische Illusionismus Gaddis hier einer dekorativen Flächenfüllung gewichen ist 1 3 2 : das reich belebte, felsige Gelände erstreckt sich nicht wie dort in die Tiefe, sondern zieht sich in der Art einer Kulisse steil in die Höhe. Fernes und Nahes werden in gleicher Weise auf die Fläche projiziert. — Wenn auch der gegenwärtige Zustand Vorsicht erheischt und man nicht mehr entscheiden kann, wieweit die Lichtführung den heute „flachen" Eindruck des Bildes ursprünglich aufhob, so unterscheidet die gleichwertige Verstreuung der Akzente über die Fläche Nardos Bild von dem des Taddeo; es ist durchaus die gleiche Gestaltungsweise, die wir in der Cappella Strozzi beobachten konnten. In der gleichen, für den Stilwandel bezeichnenden Weise ist die Szene der 41 „ B e g e g n u n g " dem Vorbild der Cappella Baroncelli gegenüber verändert worden. Taddeo stellt seine Figuren auf einer geräumigen Bühne auf, die Stadtmauer im Hintergrund zieht sich in die Tiefe. Nardo hingegen gibt eine magere Kulisse, die sich unmittelbar hinter den Figuren erhebt und diese ganz nach vorn drängt. Ein paar Türme und Dächer sind allein von dem reichen Stadtbild des Taddeo geblieben. — Der Bauer mit der • Kapuze ist nahezu wörtlich übernommen. Charakteristisch für die neue, realistischere Haltung aber ist, daß das „Bäuerliche" 54

seiner Erscheinung stärker zum Ausdruck gebracht ist: sein G e w a n d ist zerfranst und zerschlissen; sein Gefährte naht sich barfüßig. Das durch die örtlichen Verhältnisse gegebene, wenig glückliche Bildformat mußte besonders f ü r die Tempelgangsszene hinderlich sein.

Nardo hatte, wie 4}

Orcagna in seinem Relief am Tabernakel, auf die reizvolle Belebung zu verzichten, die Taddeo auf dem großen Wandbild in S. Croce dieser Szene verleihen konnte. Seine Darstellung hält sich in wesentlichen Punkten an ein Predellenbild des Bernardo Daddi v o m Altarwerk aus S. Pancrazio (Uffizien) 1 3 3 : wie dort sehen wir seitlich auf den Stufenvorbau des Tempels, wie dort ist die Anzahl der Figuren, Taddeo gegenüber, eingeschränkt. Damit sind die Übereinstimmungen erschöpft.

Denn während Daddi die Figuren paarweise sich in Unterhaltung

einander zuwenden läßt, schließen bei Nardo sich das Elternpaar und seine Begleiter, der Hohepriester und die Tempeldiener zu einheitlichen Gruppen zusammen, die die Gestalt der Maria in ihre Mitte nehmen. Bei Daddi springt der Stufenvorbau doppelt zurück und erstreckt sich in die Tiefe hinein; bei Nardo ist die räumliche Situation verunklärt. Der V o r g a n g entwickelt sich hier der vorderen Bildebene parallel; die Hauptfigur, Maria, ist in nächster Nähe des vorderen Bildrandes aufgestellt und lenkt den Blick sofort auf sich. Das Fresko der Geburt Mariä präsentiert sich heute so sehr als Werk des 42 Restaurators, daß über die ursprünglicheWirkung kaum noch etwas zu sagen ist. I m Ikonographischen steht es in nahen Beziehungen zu Orcagnas Relief am Tabernakel wie zu einem Predellenbild in O x f o r d , das ein Werkstattgenosse Nardos wohl um die Mitte der sechziger Jahre geschaffen hat 1 3 4 . Die drei Dar- 57 Stellungen unterscheiden sich nur in der Anordnung der Figuren voneinander; die Hauptfiguren selbst, die heilige Anna, die Pflegerin mit dem Kinde, die beiden Besucherinnen, stimmen weitgehend überein, auch die Ausstattung der Wochenstube ist überall nahezu die gleiche. Alle diese Dinge kehren nun höchst verwandt auf Ghirlandaios berühmtem Fresko der Geburt des Täufers im Chor v o n S. Maria Novella wieder.

D a Ghirlandaio die zerstörten Fresken Orcagnas ersetzte, die

in der Zeit ab 1348 entstanden 1 3 5 , liegt die Annahme nahe, daß der Maler hier Motive aus dem alten Freskenzyklus übernommen habe. Damit ist auch f ü r unsere Darstellungen das Vorbild gesichert. O b auch die übrigen Darstellungen auf Vorbilder Orcagnas zurückgehen, d. h. ob die f ü r den Stilwandel charakteristischen Abwandlungen gegenüber den Darstellungen v o n Taddeo Gaddi und Bernardo Daddi auf Andrea zurückzuführen sind, ist nicht zu entscheiden.

D e r Figurentypus, die frische Beob-

achtungsgabe, die sich in den Bauerngestalten auf der „ B e g e g n u n g " und den Tieren auf dem ersten Wandbild der Folge zu erkennen gibt, stellen sicher, daß die Ausführung N a r d o unterstanden hat 1 3 6 .

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Die Tafelbilder Nardos Wenn man aus der Zahl der erhaltenen Tafelbilder auf Nardos Tätigkeit als Tafelmaler schließen darf, so muß sie im Vergleich zu Orcagna sehr ausgedehnt gewesen sein. Die Mehrzahl seiner Bilder sind Altarwerke oder Fragmente von solchen; nur vereinzelt haben sich Tafeln kleinen Formats, die offenbar privater Andacht dienten, erhalten. Kein einziges Bild des Malers trägt ein Datum oder läßt sich mit Sicherheit datieren 137 . Unter allen Marienkrönungsdarstellungen des Trecento ist diejenige Nardos 45 im Victoria and Albert Museum in London vielleicht die schlichteste 138 . Maria und Christus sitzen ganz tief, es fehlt die Angabe des Thrones, es fehlen die verehrenden und musizierenden Engel, die die Szene sonst stets begleiten; die beiden Gestalten beherrschen das Bild vollkommen. Ein großmustriger Teppich bedeckt den Grund bis fast zur halben Höhe der spitzbogig geschlossenen Tafel. Blau-goldene Vögel und Blumenornamente in den gleichen Tönen sind in den ziegelroten Teppich eingewirkt, das weiße Gewand Mariens hat ein dunkles Futter, blau und mattlila sind die Farben von Mantel und Gewandung Christi. So ergibt sich eine farbliche Wirkung von außerordentlichem Reiz, den man vor den Bildern Nardos immer wieder empfinden wird. Die Umrißlinien der einander in reinem Profil zugeneigten Figuren laufen der Rahmung parallel; durch den Saum der Mäntel auf dem Schoß der beiden Gestalten wird die Horizontale wirksam betont. Der Maler arbeitet entschieden mit linearen Mitteln, um die Komposition ganz in die Fläche einzubinden. Aber dieser flächenmäßigen „ B i n d u n g " haftet nichts Starres an: die leichte Beweglichkeit der Figuren, die harmonische, stark modulierte Linienführung, der lichte Charakter der Farben, der zarte Ausdruck, der die K ö p f e beseelt, verleihen dem Bilde eine Lebendigkeit, die keine Starrheit aufkommen läßt. Die beiden Figuren entsprechen bis in alle Einzelheiten den Aposteln in der oberen Hälfte des Gerichtsbildes in der Strozzi-Kapelle: in der Bildung der K ö p f e , der Hände, in der Zeichnung der Augen und der Haare. Unmittelbar verwandt ist auch die Art, wie die Mäntel sich am Oberkörper den Figuren eng anschmiegen und in weichem Faltenspiel am Boden aufstauen. Die Marienkrönungstafel wird demnach an den Anfang der Tätigkeit Nardos in der Strozzi-Kapelle gehören, also wohl gegen die Mitte der fünfziger Jahre entstanden sein. In der Konzeption steht die reizvolle kleine Madonnentafel der Sammlung 46 Jones in Minneapolis dem Londoner Bild ganz nahe 139 . Maria ist in ganzer Figur gegeben, sie wendet ihr schmales, feines Gesicht dem Kinde zu, das mit Manteltuch und Haar der Mutter spielt. Die schlanke Gestalt der Madonna scheint sich leise in den Hüften zu drehen. Offenbar hat der Maler an eine statuarische Gruppe gedacht; Haltung wie Zueinanderordnung von Madonna und Kind lassen ein Vorbild pisanischer Herkunft vermuten.

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Den Grund bedeckt zu unterst wiederum ein Brokatstoff mit prächtigen Ornamenten. Ein fein punzierter Streifen läuft dem Rahmen entlang und zieht sich hinter der Madonnengestalt horizontal herüber, auf dem Teppichstreifen aufsetzend, so daß dessen Bedeutung als Standfläche für die Figur vollends aufgehoben und das Folienhafte des Goldgrundes unterstrichen wird. Diese Art der Randpunzierung findet sich gelegentlich schon früher; es ist aber bezeichnend, daß gerade unsere Periode sich ihrer häufig bedient 140 . In ihren Proportionen, im Typus wie in der Drapierung des Gewandes stimmt die Madonnenfigur mit den weiblichen Heiligen in den untersten Reihen des Paradiesfreskos überein. Somit wird die Tafel wohl ein wenig später anzusetzen sein als die Marienkrönung. Die ernsten Heiligenfiguren, die die National Gallery in London bewahrt 47 (aus der Spitalkirche SS. Giovanni e Niccolö in Florenz) 1 4 1 , gehörten ursprünglich in einen Altarzusammenhang. Die sehr fein abgestimmte farbliche Haltung (lichtes Moosgrün und zartes Lila bei der Gestalt des Evangelisten Johannes, Fleischrosa und Lapislazuli bei Johannes dem Täufer, leuchtendes Blau und Zinnober bei Jakobus), die charakteristischen K ö p f e und die Proportionen der drei Figuren stellen Offners Zuschreibung an Nardo sicher. Daß diese Tafeln unter dem Namen Orcagnas gingen 1 4 2 , ist verständlich genug. In der Gestalt des Johannes Baptista äußert sich eine feierliche Würde, die durchaus an die Erscheinung des Matthäus aus Orsanmichele gemahnt. Der Heilige bietet sich in voller Vorderansicht dar, das Gewand staut sich in harten, scharf brechenden Falten, in metallisch anmutender Starrheit fällt der Zipfel des Mantels auf den Boden. Der leise Konstrapost in der Stellung der beiden Heiligen zu seinen Seiten akzentuiert die Strenge seiner Wirkung. Das abstrakte Gepräge läßt sich wie bei der Matthäustafel fraglos aus dem Umstand erklären, daß Johannes der Schutzpatron des Bestimmungsortes des Altarbildes war. Ansätze zu der Faltengebung, wie sie sich im Gewand des Johannes Baptista beobachten läßt, finden sich schon in den Fresken der Cappella Strozzi: bei der Gestalt des Johannes im Jüngsten Gericht etwa, die auch im Typus und in der Haartracht dem Täufer unseres Bildes eng verwandt ist. Für die tiefen Schüsselfalten, die den Mantel des Jakobus aushöhlen, gibt es jedoch im Werk Nardos, soweit wir es kennen gelernt haben, keine Parallelen. Das sind Formen, die man aus Kenntnis der Entwicklung des Gewandstiles bei Orcagna erst in den sechziger Jahren vermuten darf. Demnach gehört das Londoner Altarbild in die letzte Phase der Tätigkeit des Malers. Die monumentale Konzeption räumt der großen Madonnentafel in der Samm- 48 lung der Historical Society in N e w Y o r k einen hervorragenden Platz unter den Arbeiten Nardos ein 1 4 3 . Die vier Heiligen zu den Seiten der Maria, die beiden Johannes, Zanobius und Reparata, sind in annähernder Symmetrie hart an den Rahmen angeordnet. In voller Vorderansicht ragt die hoch thronende Madonna über sie empor, sie beherrscht die Tafel vollkommen. 57

In mehr als einer Hinsicht wird man bei diesem Bild an den Altar der StrozziKapelle erinnert. Für die Gestalt des Evangelisten könnte Nardo den Paulus dort geradezu als Vorbild gewählt haben: in der Stellung, der Drapierung des Mantels, der Anlage der Hauptfaltenzüge und in der Bildung der Köpfe stehen die beiden Figuren sich recht nahe. Der Art, wie die Gestalt der Maria dem Grunde aufliegt, wie sie von der Bordüre des Vorhangs gleichsam eingerahmt wird, entspricht durchaus die Anordnung Christi innerhalb der Mandorla. Bei aller Symmetrie der Komposition ist die W i r k u n g jedoch ohne jegliche Strenge: das anmutig bewegte Kind kontrastiert mit der aufrechten Haltung der Mutter, die begleitenden Heiligen scheinen voller Leben. Die zeitliche Einreihung des Bildes bereitet gewisse Schwierigkeiten. Der unleugbare Zusammenhang mit dem Strozzi-Altar gibt zu denken. In den Typen, in der Bildung der Köpfe und in der Ponderation berühren sich die Heiligen unmittelbar mit den Erzvätern und den Aposteln des Jüngsten Gerichts. Andererseits aber sind die Figuren des Vordergrundes im A u f b a u stärker gegliedert als jene der Cappella Strozzi, die straff geführten Faltenzüge ordnen sich der Bewegung der Gestalten entschieden unter. Mit der knittrigen, harten Art der Faltengebung in den Tafeln der National Gallery ist unser Bild nicht verwandt. Die Bildung der Falten zeigt nichts von dem unruhigen Reichtum, sie beschränkt sich vielmehr auf große, durchgehende Motive. W ä g t man diese Momente gegeneinander ab, so wird man geneigt sein, das Bild in die zweite Hälfte des sechsten Jahrzehnts zu datieren. Über den ursprünglichen Aufstellungsort ist nichts bekannt. Bildform wie Anordnung der Heiligen schließen aus, daß die Tafel einst die Mitte eines Polyptychons bildete. Die Auswahl der Heiligen, die sämtlich Schutzpatrone der Stadt Florenz sind, legt die Vermutung nahe, daß das Bild von einer Florentiner Körperschaft in Auftrag gegeben wurde 1 4 4 , wie es bei Orcagnas Matthäusbild der Fall war. Trifft diese Vermutung zu, dann handelt es sich bei der Tafel in New York um einen Auftrag von repräsentativem Charakter, dem eine feierlichernste Darstellungsweise am besten entsprach. 51 Das Polyptychon, das in der Sammlung des Grafen Pälffy in Schloß Boj nicke (Bäjmocz; Tschechoslovakei) bewahrt wird 1 4 5 , ist ein weiteres Zeugnis der feierlichen Haltung, die die Altarbilder der Orcagna-Zeit offenbaren.' Vergleichen wir ein charakteristisches W e r k aus der älteren Generation, etwa den MarienAltar des Bernardo Daddi aus S. Pancrazio in den Uffizien: hier ist die Madonna von einem Kranz von jubilierenden Engeln umgeben, die Heiligen in den Seitentafeln und in den Aufsätzen des Giebels wenden sich ihr in Verehrung zu, im Altarsockel werden Szenen aus dem Marienleben erzählt. Bei Nardo ist das Gepräge von entschiedener Zurückhaltung. Es fehlen die Engel wie das zierliche Tabernakel, unter dem Daddi die Madonna thronen läßt; die Heiligen in den seitlichen Tafeln, Jakobus und Hieronymus, Johannes Baptista und Onofrius, wie die in Paaren gruppierten in der Predella, sind nicht gegen die Mitte gekehrt,

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sondern richten ihren Blick auf den Beschauer. Allein die traditionelle Geste des Täufers weist deutlich auf Maria hin. In völliger Abgerücktheit ist die Madonna mit dem Kinde beschäftigt. Es ist die gleiche, entschiedene Trennung zwischen Maria und den Heiligen, die wir schon im Baronci-Altar beobachten konnten. — Im Vergleich mit Daddis Altarbild ist weiterhin festzustellen, daß das gesamte Gefüge des Altares wesentlich einfacher und zugleich straffer geworden ist, indem nunmehr die Seitentafeln in ihrem Format der mittleren Tafel stärker angeglichen und die Felder der Predella regelmäßig gegliedert sind. Das ist der Altartypus, der die ganze Folgezeit in Florenz Gültigkeit besitzen sollte. In den lebhafter bewegten Figuren der Predella klingt der Stil der Fresken der Cappella Strozzi wieder an, die weiblichen Heiligen hier und dort stehen sich in Wuchs wie Typus noch durchaus nahe. Der härtere Charakter der Faltengebung wie der größere Reichtum an Faltenmotiven überhaupt verbinden das Altarwerk jedoch mit den beiden zuletzt betrachteten Arbeiten Nardos: Jakobus etwa ist der gleichen Heiligenfigur in der Londoner National Gallery ganz nahe verwandt. Wie jene, so muß auch der Altar in Bäjmocz bereits den letzten Lebensjahren Nardos angehören. In die sechziger Jahre muß die Entstehung der beiden Tafeln mit den Heiligen 49, 50 Johannes Baptista und Petrus in der Jarves Collection der Yale University (New Häven) fallen 1 4 6 , die aus ihrem ursprünglichen Altarverband gelöst sind: sie stimmen im wesentlichen mit den Heiligen des soeben betrachteten Altares überein. Die Gewandbehandlung jedoch erscheint lockerer und bewegter als dort: der Mantel flattert frei von der Schulter des Johannes herab, in großen, schwingenden Falten fällt er über den linken A r m des Täufers und des Petrus. Untersucht man die beiden Tafeln, die drei Londoner Heiligen und das große Altarwerk auf den Faltenstil hin, dann rücken die beiden letzteren Werke infolge der ihnen gemeinsamen spröden Härte des Faltenwurfs enger zusammen, erweisen sich die Tafeln in New Häven als Bindeglieder zwischen der Madonnentafel in New Y o r k und dem Altar in Bäjmocz. Damit ergibt sich die folgende Reihe: Madonna Historical Society - Tafelbilder N e w Häven - Altar Bäjmocz - Tafelbilder der National Gallery. Das letzte Glied in der Entwicklungskette stellen zwei zusammengehörige Tafelbilder in der Pinakothek in München dar 1 4 7 , die sich ganz eng mit den drei Heiligengestalten der National Gallery verbinden. Jedes von ihnen zeigt fünf 52, 53 Heilige, in enger Gruppierung und nach innen weisender Staffelung (links Julian, Benedikt, Petrus, hinter ihnen Nikolaus von Bari (?) und Stephanus; rechts Johannes Gualbertus, Romuald (?) und Johannes Baptista, dahinter Katharina (?) und Paulus). Das Mittelbild ist nicht mehr erhalten, wir wissen nicht, welches der Gegenstand der Darstellung war, dem die Heiligen sich in Verehrung zuwenden. Aus der Anlage der Seitentafeln geht aber einwandfrei hervor, daß die Komposition des Triptychons straff zentralisiert war. Nardo 59

gelangt also fast gleichzeitig zu einer verwandten Altarlösung, wie sie Orcagna im Badia-Altar gegeben hat. E s ist schwer vorstellbar, daß der Maler der Fresken der Cappella Strozzi diesen Altartypus ohne die Einwirkung Andreas hätte wählen können. Eine Fülle von Fragen drängt sich bei dieser Feststellung auf: wie eng war der Grad der Zusammenarbeit der beiden Brüder gegen Ende ihrer Tätigkeit? War Orcagna, wie später etwa Niccolö Gerini, ein „Unternehmer", der eingehende Aufträge auf die Mitarbeiter in seiner Werkstatt verteilte, wenn er, wie es gerade zu Beginn der sechziger Jahre der Fall war, außerhalb von Florenz tätig sein mußte 1 4 8 ? Die Zuschreibung der Tafeln in München an Nardo bedarf einer Einschränkung. Die grelle Buntheit der Farbgebung, die groben Hände und Füße der Heiligen, die breit ausladenden K ö p f e , die übertrieben scharfen Falten auf der Stirn und um die Augen der älteren Heiligen verraten, daß die Ausführung der Tafeln nicht in Nardos Händen gelegen haben kann. Sie muß vielmehr das Werk eines „compagno di bottega" gewesen sein, der möglicherweise bereits am Altar in Bäjmocz mitarbeitete, und dessen Handschrift sich schließlich in zwei in Florenz befindlichen Triptychen wiedererkennen läßt 149 . Beide Altarbilder zeigen eine Durchdringung von Stilelementen, die gleicherweise von Nardo wie von Orcagna 54 abzuleiten sind. In dem Trinitäts-Altar der Florentiner Akademie etwa benutzt der anonyme Maler für die Gestalt Gottvaters Orcagnas Christus des StrozziAltares. In die Nähe Orcagnas gehört auch die Madonna des Triptychons in der Sakristei von S. Croce (sie gemahnt an Arbeiten des Jacopo di Cione) 1 5 0 . Die metallisch harte Bildung der Falten bei den Gestalten des Andreas in dem Akademiebild und des Hiob in S. Croce entspricht durchaus der Prägung der Falten im Gewand der Matthäusfigur Orcagnas. In den Typen jedoch ist (mit Ausnahme der „orcagnesken" Madonna in S. Croce) der Einschlag der Formengebung Nardos unverkennbar. — Die Kompilation von Formengut der beiden Brüder läßt die Abhängigkeit des „ c o m p a g n o " erkennen. Ist es aber denkbar, daß die großartige Konzeption der Trinität, die die Reihe der Trinitätsdarstellungen in Florenz einzuleiten scheint, auf ihn zurückgehen kann? Ob der Maler einen Entwurf Orcagnas verwendete, oder aber, wie bei den Münchner Tafeln, eine Arbeit des Nardo zu Ende führte, wird sich mit Sicherheit nicht mehr entscheiden lassen. Immerhin gibt zu denken, daß beide Altarbilder das Datum 1365 tragen, also aus dem Todesjahr Nardos stammen. Die Erwägung Sirens, es könne sich um Werke handeln, die Nardo in den letzten Monaten seines Lebens begonnen hatte 1 5 1 , kann sehr wohl das Richtige treffen 1 6 1 .

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SCHLUSSBETRACHTUNGEN Eine Reihe von bedeutenden Werken zeugt von der Tätigkeit Orcagnas und Nardos während des Zeitraumes vom Ende der vierziger bis zum Ende der sechziger Jahre. Wandmalereien in S. Croce, in der Badia, in S. Maria Novella; Altarwerke für Privatkapellen wie für öffentliche Körperschaften, Andachtsbilder für häuslichen Gebrauch, die Umkleidung eines weitverehrten Gnadenbildes mit bildhauerischem Schmuck, sind uns erhalten; anderes, nicht minder Bedeutsames, wie der große Freskenzyklus Orcagnas im Chor von S. Maria Novella, hat späteren Veränderungen weichen müssen (s. Anhang). Vom Anbeginn ihrer Tätigkeit müssen die Brüder als die hervorragendsten Künstler in ihrer Vaterstadt gegolten haben. Die äußeren Umstände waren ihnen freilich günstig: nach der Jahrhundertmitte scheint von den großen Meistern der ersten Trecentohälfte in Florenz nur Taddeo Gaddi mehr am Leben gewesen zu sein. Einem Mangel an geeigneten Kräften jedoch kann die Bevorzugung Orcagnas und Nardos durch die ersten Kirchen und Klöster, die vornehmsten Familien, die großen Zünfte nicht entsprungen sein. Die künstlerische Bedeutung ihres Schaffens muß von Anfang an als bemerkenswert erschienen sein: die beiden Künstler müssen die Fähigkeit besessen haben, im Bilde auszudrücken, was die Zeit bewegte. Anfang der vierziger Jahre traten Orcagna und Nardo der Arte de' medici bei; ihre Lehrzeit muß damals also beendet gewesen sein. Bei welchem Künstler, in welcher Werkstatt sie verbracht wurde, wissen wir nicht mehr. Vieles spricht dafür, daß Orcagna wie Nardo dem Maso di Banco nahegestanden haben, dessen bedeutendstes Werk, die Wandmalereien in der Sylvesterkapelle von S. Croce, in eben jenen Jahren wohl vollendet wurde. Die ersten Arbeiten, mit denen die beiden Meister für uns faßbar sind, bieten nicht die Hilfsmittel, mit denen eigentliche Frühwerke sich erkennen lassen könnten. In ihnen verkündet sich bereits ein völlig ausgebildetes Stilbewußtsein und ein Können, das dem Anfängerstadium ganz entwachsen ist. Zugleich bezeugen sie, daß die Brüder eine sehr verschiedene Art der Anschaulichkeit besitzen. Orcagna erweist sich von Anfang an als ein Künstler mit einem überaus klaren Sinn für das Wesentliche, für gesetzmäßige, ja geradezu „klassische" Ordnung, den eine Schulung bei einem Architekten oder in einer Bauhütte gereift haben mag. Wenn sich auch im Laufe seiner künstlerischen Tätigkeit die Mittel Orcagnas bereichern, so ist das Bild, das die Reihe seiner Werke bietet, doch von erstaunlicher Geschlossenheit. Nardo ist von wesentlich ungleichmäßigerer Natur. Was er erstrebte, waren nicht der architektonisch klare Aufbau und die einheitliche Konzentrierung einer Komposition; seine eigentliche Begabung zeigt sich im Schildern einer bestimmten Situation, die er kontrastreich aufzubauen weiß, und in der Wiedergabe einzelner Erscheinungen. 61

In der Kombination dieser so gegensätzlichen Künstlernaturen muß das Geheimnis des Erfolges der Werkgemeinschaft von Orcagna und Nardo beruht haben. E s ist sicher kein Zufall, daß die Arbeit an der künstlerischen Ausgestaltung der Cappella Strozzi auf die beiden Maler verteilt worden ist. Wir haben gesehen, wie sehr das Zusammenwirken von monumentaler Strenge und lebendiger Anschaulichkeit dem Programm entsprach, das in den Malereien verkündet wird. E s ist aber keineswegs so, daß sich die Tätigkeit Orcagnas auf Arbeiten von spezifisch monumentalem Charakter beschränkt hätte; auch er erhielt Aufgaben, die lebendiges Schildern verlangten (Tabernakel, Szenen der Matthäus-Tafel). Zum anderen hat Nardo Altarwerke geschaffen, denen etwas von der feierlichen Strenge seines Bruders anhaftet. Mit dem naheliegenden Einwand einer gegenseitigen „Beeinflussung" ist dieser relative Angleich nicht vollauf erklärt. Es ist kein Zweifel, daß der Charakter der Aufgabe, des „Programmes", das einer Darstellung zugrunde lag, einen wesentlichen Einfluß auf die Ausgestaltung gewonnen hat. Die gemeinsamen Merkmale sind mit der Beobachtung, daß das Verhalten der beiden Brüder den Darstellungsproblemen ihrer Zeit gegenüber gleichgerichtet war, nicht erschöpft. Orcagna wie Nardo schaffen flächenhafte, d. i. „antiräumliche" Darstellungen. Die Figuren werden nahe dem Vordergrund aufgebaut, einfache Profil- und Frontalstellungen herrschen vor. Die Gestalten decken sich so sehr, daß eine Raumvorstellung nicht aufkommen kann ; an die Stelle klarer, räumlicher Relationen tritt eine flache Schichtung. Wenn eine Szene die Wiedergabe von Architekturen oder Landschaften verlangt, so werden diese in der Art von Kulissen gestaltet. Rahmenverwandte Bildungen, die Betonung der Horizontalen und der Vertikalen im Bilde, bestimmen die Kompositionen. Mit dem Flächenstil geht — bei Orcagna fast durchweg, bei Nardo gelegentlich — ein abstrakter Figurenstil zusammen. Der Höhepunkt dieses merkwürdig abstrakten Stiles liegt in der Zeit um und bald nach 1350. In der Folgezeit zeigt sich gelegentlich das Bestreben, das Prinzip der flachen Schichtung zu lockern; die Figuren verlieren an Starrheit, die Gewänder entwickeln sich in reicherer Faltung. Man hat den „abstrakten" Flächen- und Figurenstil des Orcagna-Kreises als eine „Reaktion" der Künstler gegen den malerisch-illusionistischen Stil bezeichnet (Gombosi), der sich in Florenz in den ersten Jahrzehnten des Trecento durch die Weiterbildung des reifen Stiles von Giotto und unter Einfluß Sienas, namentlich des Ambrogio Lorenzetti, ausgebildet hatte. Tatsächlich aber hat es in Florenz neben der „offiziellen" großen Kunst jenes Zeitraumes, die durch die Namen eines Bernardo Daddi, eines Taddeo Gaddi und eines Maso vertreten ist, Kleinmeister von ausgesprochen volkstümlicher Haltung gegeben, bei denen archaische Formen sich bis an die Jahrhundertmitte lebendig erhielten: der „Meister des Cäcilien-Altares", Pacino di Bonaguida, der „Meister der Pietà F o g g " , Jacopo di Casentino, der sog. „Meister der Dominikaner-Bildnisse" und der „Biadaiolo62

Meister" sind hier zu nennen. Die Betrachtung der Spätwerke des Bernardo Daddi (Tabernakel-Madonna in Orsanmichele, von 1546/7) oder des Maso (Fresko der Marienkrönung im Refektorium von S. Croce) lehrt, daß die Abkehr von dem „Raumstil" schon eingesetzt hatte, ehe Orcagna und Nardo einen bestimmenden Einfluß auf die Stilhaltung hätten gewinnen können. In der konsequenten Durchbildung des „Flächenstiles", d. h. in dem weitgehenden Verzicht auf Darlegung des räumlichen Zusammenhanges und in dessen Ersetzung durch klare, eindeutige Flächenrelationen, in der Verbindung von Raumverneinung und abstraktem Figurenstil liegt das Neue des Stiles, wie ihn vornehmlich Orcagna ausgebildet hat. Wie ist die starke Wirkung dieses seltsamen Stiles zu erklären? Welches waren seine Vorzüge, w o er doch die fortschrittlichen Errungenschaften der unmittelbaren Vorgänger scheinbar nicht beachtete? Er ermöglichte: 1. eine monumentale, hieratische Feierlichkeit, 2. schnelles Erfassen des Wesentlichen, war damit in hohem Maße zum Ausdruck eines repräsentativen Willens wie zur Verbreitung programmatisch-abstrakter Gedankengänge geeignet. Welche ausschlaggebende Bedeutung mußte dieser Stil in dem Zeitraum des dritten Jahrhundertviertels gewinnen, in dem die Dominikaner allegorischsymbolische Aufträge zu vergeben hatten, in welchem der Heiligenkult, speziell im Dominikaner-Orden, einen Höhepunkt erreichte 153 ; in dem die öffentlichen Körperschaften, die Zünfte, sich in hervorragender Weise an der Ausgestaltung der kirchlichen Bauten beteiligten (Orsanmichele)! Es ist ein glückliches Zusammenwirken von künstlerischem Schaffen und allgemeiner geistiger Haltung, das, an der Schwelle eines neuen Zeitalters, noch einmal die ganze Kraft des Mittelalters zeitigt. Die Dominikaner scheinen die ersten gewesen zu sein, die die Bedeutung des Orcagna-Stiles erkannten. Der erste große Auftrag, den Orcagna erhielt, die Fresken im Chor von S. Maria Novella, ging von niemandem anders aus als von Frä Jacopo Passavanti, dem führenden Geist des Ordens in Florenz (s. Anhang); dem Orden war auch in der Folgezeit die Arbeit Orcagnas und Nardos zu einem großen Teil gewidmet. Für S. Maria Novella malte Andrea da Firenze ab 1366 die Fresken der Spanischen Kapelle; einen „Triumph des Hl. Thomas" stellt das überaus „abstrakte", dem Fr. Traini zugeschriebene Bild in S. Caterina in Pisa, aus dem Jahre 1363, dar 1 5 4 . Thomistische Vorstellungen machen sich in der Ikonographie des Tabernakels in Orsanmichele bemerkbar. Dem Beispiel, das der mächtige Orden seit der Zeit um die Jahrhundertmitte setzte, schloß der übrige Auftraggeberkreis sich nahezu ausnahmslos an. Orcagna ist fraglos die führende künstlerische Persönlichkeit in diesem Jahrhundertviertel, der eigentliche Schöpfer dieses Stiles; der einzige, der seine strengen Formen stetig gewahrt hat. Die überlegene geistige und künstlerische Einheit, die sein ganzes Schaffen auszeichnet, wird im Werk des Nardo bereits

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durchbrochen; keiner seiner Nachfolger hat sie mehr besessen. Die einzelnen Stilelemente jedoch sollten sich bis an das Ende des Trecento lebendig erhalten; sie begegnen uns vor allem immer wieder dann, wenn es sich um einen Auftrag von feierlich-repräsentativer Art handelt. Auch die beiden führenden Meister vom Ende des Trecento, Spinello Aretino und Agnolo Gaddi, folgen in ihren Anfängen der Tradition der Orcagna-Werkstatt; erst mit dem Eindringen der Spätgotik, des internationalen „weichen" Stils um die Jahrhundertwende, verliert der Stil Orcagnas an Bedeutung.

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A N H A N G Z u den verlorenen Wandbildern Orcagnas in der Hauptchorkapelle von S. Maria Novella Über diese Fresken Orcagnas, die ihrem Umfang nach zu den Hauptarbeiten des Malers gehört haben, besitzen wir nur spärliche Angaben, die im folgenden zusammengestellt seien. G h i b e r t i , Commentarii (ed. Schlosser, I, 39 f.) berichtet, Orcagna habe die Cappella Maggiore von S. Maria Novella ausgemalt; auf die Darstellungen geht er mit keinem Wort ein. V a s a r i wiederholt die knappe Aussage Ghibertis in der ersten A u f l a g e der Viten. Ausführlicher läßt er sich jedoch in der Ausgabe von 1568 über die Malereien aus (ed. Mil., I, 595, III, 260 f.): sie seien von Nardo begonnen worden, und dieser habe später Orcagna zur Mitarbeit herangezogen ( „ . . . lo tolse in compagnia . . . "). Die Fresken seien aber infolge Undichtwerdens des Daches (also durch eindringende Feuchtigkeit) so schwer beschädigt worden, daß die Familie Ricci im Jahre 1485 die neue Ausschmückung der Kapelle beschloß und diese Arbeit Ghirlandaio übertrug. Ghirlandaio habe sich für seine Fresken an die Vorbilder Orcagnas gehalten. Die Aussagen Vasaris lassen sich nur zum Teil nachkontrollieren. Der Angabe, daß Nardo der eigentlich Verantwortliche gewesen sei, wird man mit Mißtrauen begegnen. In der ersten Ausgabe der Viten findet sie sich noch nicht, und sie wird weder durch Ghiberti noch durch Billi bezeugt (letzterer stimmt mit den Commentarii überein). Sie wird wohl dem Bestreben des Biographen entsprungen sein, die Bedeutung Nardos zu unterstreichen, das sich auch sonst in der Ausgabe von 1568 bemerkbar macht, und der Verdacht, man habe es hier mit einer ad hoc konstruierten Fabel Vasaris zu tun, wird vollends wach, wenn man sieht, daß auf Grund dieser Angabe Vasari Nardo zum Älteren der beiden Brüder stempelt. Daß Ghirlandaio sich an das Programm Orcagnas angeschlossen habe, läßt sich mit Gewißheit nicht belegen. In dem Kontrakt, den Giov. Tornabuoni am 1. Sept. 1485 mit dem Künstler abschloß (abgedruckt bei G . S. Davies, Ghirlandaio, 1908, S. 170 f.), ist hiervon nicht die Rede. Da Ghirlandaio laut der Verpflichtung erst im Mai des folgenden Jahres mit der Arbeit beginnen sollte, ist anzunehmen, daß in den vorausgehenden Monaten die Wandbilder Orcagnas abgeschlagen wurden (Davies, a. a. O., S. 104). Der tatsächliche Bestand der Wandbilder Ghirlandaios weicht im übrigen nicht unwesentlich von dem im Kontrakt aufgestellten ausführlichen Programm ab. Die geringsten Veränderungen finden sich nun auf der rechten Kapellenwand, auf der die Legende des Johannes des Täufers geschildert wird, d. h. bei denjenigen Darstellungen, die wohl kaum auf den Bestand des Trecento zurückgehen konnten, da sie den

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Schutzpatron des neuen Bestellers verherrlichen. Bei den Szenen aus der Mariengeschichte auf der gegenüberliegenden Wand sind jedoch zwei Darstellungen, die Szenen der Purificatio Maria und des Jesusknaben unter den Schriftgelehrten, dem ursprünglichen Programm gegenüber fortgelassen und durch andere ersetzt worden, und von den übrigen befinden sich nur zwei, die Mariengeburt und der T o d der Jungfrau, an dem ihnen kontraktmäßig zugewiesenen Platz. Der Gedanke liegt nahe, daß für die A b f a s s u n g des Marienprogrammes noch Themenwahl wie Anordnung des von Orcagna herrührenden Zyklus maßgebend gewesen waren, und daß sich die Notwendigkeit einer Programmänderung erst nachträglich ergab. (Der Grund hierzu war wohl, daß nicht nur je eine weitere Szene aus dem Leben der Maria bzw. der Johanneslegende hinzukam, sondern daß auch für die Bildnisse des Stifterpaares ein Platz zu finden war.) — Daß der Angabe Vasaris eine gewisse Glaubwürdigkeit beizumessen ist, scheint sich durch den Nachweis zu ergeben, daß eines der Fresken Ghirlandaios, die Geburt des Täufers, in den Hauptmotiven mit einer Darstellung Orcagnas bzw. mit Darstellungen aus dem Orcagnakreise übereinstimmt (s. S. 55). Der dritte Passus Vasaris schließlich, derjenige über die Art der Beschädigung, findet seine Bestätigung durch ein von Baldinucci (Notizie de' professori del disegno, Ausg. von 1845, I, 260) mitgeteiltes Dokument: nach diesem ist die Zerstörung auf einen Blitzschlag zurückzuführen, der das Dach der Kapelle im Jahre 1358 traf. Damit ergibt sich ein sicherer Terminus ante quem für die Arbeit Orcagnas. Glücklicherweise ist man in der Lage, die Entstehungszeit der Fresken genauer zu bestimmen, und zwar mit Hilfe einer Urkunde des Frä Jacopo Passavanti 155 ). Z u einem nicht bekannten Zeitpunkt, jedenfalls nach 1348, gibt Passavanti den Ordensangehörigen des Florentiner Klosters kund, daß der Familie der Tornaquinci, die auf sein Betreiben (P., mütterlicherseits der Familie verwandt, war operarius des Klosters = vergl. Anm. 29) die Kosten für die Ausmalung der Cappella Maggiore getragen hätte, keinerlei Anspruch auf das Jus Patronatus zustünde. Sie habe lediglich das Recht, ihre Wappen in der Kapelle anzubringen, die zu dem Zeitpunkt der Abfassung der Urkunde bereits vorhanden waren („sicut sunt"). Passavanti weist dabei hin auf einen Ordensbeschluß aus dem Pestjahr 1348, in dem dies ausdrücklich festgelegt worden sei. E s ist höchst wahrscheinlich, daß das Consiglium aus dem Jahre der magna mortalitas im Zusammenhang mit dem Beginn der Malarbeiten abgehalten wurde, um von vornherein spätere Auseinandersetzungen über das Patronatsrecht auszuschließen, denn die Patronatsherrschaft der Kapelle gebührte der Familie Ricci. Wer die Arbeit innehatte, wird nicht mitgeteilt. Hier tritt aber die Aussage Ghibertis ergänzend hinzu. Wir dürfen also schließen, daß Orcagna um das Jahr 1348 mit den Fresken begann 1 5 6 . Uber die Tätigkeit Orcagnas in der Zeit um 1350 ergibt sich demnach folgendes Büd:

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um 1348: Beginn der Fresken im Chor von S. M. Novella, um 1550: Arbeit an den Wandmalereien in S. Croce. Die Jahre um die Jahrhundertmitte bedeuteten also eine ununterbrochene Inanspruchnahme des Meisters; sie sahen ihn mit wichtigen und überaus umfangreichen Werken beschäftigt. Wir verstehen jetzt, weshalb ein vergleichsweise unbedeutender Auftrag, wie ihn der Baronci-Altar darstellt, der Werkstatt überlassen blieb, und haben zugleich eine Erklärung für das bisher unverständliche Phänomen, daß der Maler in dem Altarwerk der Cappella Strozzi sich bereits auf der Höhe seiner Meisterschaft zeigt. Endlich aber läßt sich jetzt dasjenige Werk namhaft machen, welches den in der Pistoieser Urkunde vom Ende der vierziger Jahre sich widerspiegelnden Ruf Orcagnas begründet haben muß: der Freskenschmuck der Chorkapelle von S. Maria Novella.

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EXKURS Zur Darstellung

der von H e i l i g e n empfohlenen Stifter

i t a l i e n i s c h e n G r a b m ä l e r n des s p ä t e n

auf

Mittelalters

Diese Darstellung, die sich v o m späteren 1 3 . Jahrhundert an und besonders im 14. Jahrhundert in verschiedensten Landschaften Italiens in V e r b i n d u n g mit G r a b m ä l e r n überaus zahlreich findet, ist ikonographisch im Zusammenhang noch nicht untersucht worden. D i e folgenden A u s f ü h r u n g e n wollen keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. N u r einige der wichtigsten und bekanntesten Beispiele sollen genannt und zusammengestellt werden. E i n e planmäßige Bearbeitung dieses Themas wäre nicht nur aus ikonographischen G r ü n d e n v o n Interesse. D a d u r c h , daß die Stifter mit der Gottheit, der sie durch ihre Schutzpatrone empfohlen werden, in Beziehung gesetzt sind, ist v o n vornherein ein ganz bestimmtes kompositionelles Schema gegeben. S o

finden

sich bereits in den frühen Darstellungen Gruppierungen v o n Figuren um eine Zentralfigur, die den T y p u s der „ S a c r a Conversazione" des 15. und 16. Jahrhunderts durchaus v o r w e g n e h m e n . D i e E n t w i c k l u n g innerhalb der Reihe der V o t i v - oder Gedächtnisbilder (quadri o affreschi votivi o commemorativi im Italienischen) führt offenbar direkt zu diesem Bildgedanken hin, den das Altarbild der Renaissance aufnehmen und der in den ersten Jahrzehnten des Cinquecento, vorzüglich in Venedig, seine klassische A u s p r ä g u n g erfahren sollte. Das Altarbild des 14. Jahrhunderts ist v o n dieser E n t w i c k l u n g so gut wie unberührt geblieben; die F o r m des vielteiligen Polyptychons, die bis in den Beginn des Quattrocento hinein f ü r die Darstellung der Madonna mit Heiligen die allein übliche war (über die Ausnahmen in Siena v g l . A n m . 3 1 ) , hat sie offenbar verhindert. N u r aus der Ableitung des Strozzi-Altares aus dem Kompositionsschema und dem inhaltlichen G e d a n k e n des Gedächtnisbildes heraus erklärt sich die F o r m , die Orcagna f ü r ihn wählte: die der einheitlichen, ungegliederten Tafel. Fast ausschließlich ist die Madonna mit dem K i n d e der Gegenstand der Vere h r u n g ; fast immer ist sie in den Mittelpunkt der Darstellung gesetzt 1 5 7 . Ausnahmsweise wird C h r i s t u s verehrt. S o in einem Fresko über der T u m b a des 1256 verstorbenen Kardinals Guglielmo Fieschi in S. Lorenzo fuori in R O M (Christus v o m Kardinal und dessen Oheim, Papst Innocenz I V . , in Gegenwart von vier Heiligen verehrt. F o t o And. 2203). A u c h das Fresko der Nikolauskapelle in der Unterkirche von S. Francesco in A S S I S I , abgebildet bei V a n Marie, I I I , 229, verdient in diesem Zusammenhang erwähnt zu werden, obwohl es nicht in unmittelbarer Verbundenheit mit dem G r a b der Stifter, der Brüder Orsini, steht. Selten werden die Stifter in Verbindung mit der K r e u z i g u n g (Beispiele: Mosaiklünette über dem G r a b des D o g e n Michele M o r o , gest. 1382, in SS. Giovanni e Paolo in V E N E D I G , A b b . bei V a n Marie, I V , S. 7 3 ; Lünette, Fresko aus der Altichiero-Schule, über dem seitlichen Portal von S. F e r m o in V E R O N A , abgeb. bei E . Sandberg Vavalä, L a pitt. veron., 1926, S. 197) oder mit der K r ö n u n g M a r i a dargestellt (Fresko des Altichiero über dem Grabmal des Dotto, gest. 1370, in der Eremitanikirche in P A D U A — F o t o Arte Graiiche No. 6169). — Wieweit man das dem , , G i o t t i n o " zugeschriebene Tafelbild mit der Beweinung Christi, in den Uffizien (Abb. bei Van

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Marie, III, Tafel bei S. 418) in unserem Zusammenhang aufführen darf, ist unsicher; über die beiden weiblichen Stifter, die in der Szene eingeführt sind, über die ursprüngliche Bestimmung des Bildes in der Kirche S. Remigio in Florenz, ist nichts bekannt. Daß der Gedanke, den Verstorbenen über seiner Beisetzungsstätte in Verehrung der Gottheit darzustellen, seinen Ursprung in den ältesten Zeiten des Christentums hat, lehrt das Fresko des 6. Jahrhunderts in der Comodilla-Katakombe in R o m (Krypta der Hl. Merita, A b b . 3 76 in W u l f f , Altchristl. u. byzantinische K u n s t , Bd. II, S. 442). Hier w i r d der Madonna durch den Hl. Audactus d. J . die W i t w e Turtura empfohlen; auf der anderen Seite steht der Hl. Felix. N o c h gibt es keinerlei Beziehung der Madonna zur Stifterin. I m Kompositionellen aber zeigt die Darstellung bereits alle Merkmale des späteren Fürbittbildes im K e i m . D u r c h Handauflegen deutet der Heilige an, daß die Stifterin in seinem Schutz steht. I m 1 3 . J a h r h u n d e r t scheint der Bildgedanke in R o m überaus lebendig gewesen zu sein. Geistliche und weltliche Herren lassen in den Nischen über ihren Gräbern diese Darstellung, als Fresko oder als Mosaik, anbringen. D i e Beziehung der Madonna zum Stifter wird jetzt fast regelmäßig dadurch angedeutet, daß das K i n d sich ganz dem seitlichen k n i e e n d e n

Verstorbenen zuwendet und ihn

segnet. Fast ausnahmslos legt der Schutzpatron seine Hand auf die Schulter des Stifters. Dieser ist immer in wesentlich kleinerem Maßstab wiedergegeben als Madonna oder Heilige. Beispiele S. A L E S S I O (A ventin). Mosaik, ehem. über der Tumba des Senators Pandolfo Savelli. Vor 1287. Erwähnt bei Van Marie, I, 501, Abb. bei F. Nerini, De Templo et Coenobio Sanctorum Bonifatii et Alexii Histórica Monumenta, Rom 1752, Tafel bei S. 261. S. M A R I A IN A R A C O E L I , Cap. S. Rosa. Mosaik (römischer Senator durch Franziskus empfohlen). Abb. bei Van Marie, I, S. 499. Ende 13. Jahrh. S. M A R I A SOPRA M I N E R V A . Mosaik des Giovanni di Cosma über der Tumba des Bischofs von Mende, Gugl. Durante, gest. 1296. Abb. Van Marie, I, S. 497. Foto des ganzen Grabes: Alinari 22 887. S. M A R I A M A G G I O R E . Mosaik des Giov. di Cosma über der Tumba des Kardinals Gonsalve Rodríguez (gest. 1299). Van Marie I, S. 498. G R O T T E N V O N ST. P E T E R . No. 49. Stark restauriertes Mosaik, Madonna zwischen zwei knieenden Stiftern, ohne Heilige. Wohl Ende 13. Jahrhundert. Foto Anderson 20317. Im Typus abweichend und ohne Verbindung mit einem Grabmal das Mosaik des P. Cavallini in S. M A R I A IN T R A S T E V E R E (um 1291), das den Stifter der Mosaiken, Bertoldo Stefaneschi, in Verehrung der in einer kreisförmigen Glorie erscheinenden Maria zeigt (Abb. bei Toesca, Storia dell'Arte ital., II Medioevo, II, S. 982). Diese Darstellung kehrt jedoch identisch wieder auf dem nur in einigen Fragmenten erhaltenen Grabmal Bonifaz' VIII. (gest. 1303), dessen Gesamtaufbau die Zeichnung Grimaldis überliefert hat (Cod. Barberini, 2733, f. 22. Reprod. in HülsenGregorovius, Le Tombe dei Papi, Rom 1931, II, Tafel X X I ) . — Erwähnt sei schließlich noch ein Weihmosaik der Colonna, aus dem Ende des 13. Jahrhunderts, aus S. Maria in Aracoeli in den Familienpalast überführt (vgl. Van Marie, I, S. 500). — Dem frühen Trecento gehört bereits an das Fresko des P. Cavallini oder seiner Schule über der Tumba des Kardinals Matteo d'Aquasparta in S. M A R I A I N A R A C O E L I . Abb.: Graf Vitzthum-Volbach, Handb. der Kunstw., S. 206.

Darstellungen des Trecento E s entspricht völlig der neuen Verlebendigung, die mit dem Eindringen der Gotik in die italienische Malerei alle Bildvorstellungen erfaßt, wenn der Charakter des Gedächtnisbildes sich wandelt und seine starre Feierlichkeit einbüßt. Die Beziehungen zwischen Madonna und Stiftern werden intensiver; treten diese in der Zweizahl auf, so wendet sich nicht selten die Madontia dem einen, das K i n d dem anderen Stifter zu. V o r allem aber werden diese nunnehr fast allgemein in der gleichen Größe dargestellt wie die Heiligen und die Madonna. — Das Fresko überwiegt bei weitem. Tafelbilder bleiben seltene Ausnahmen. I m 14. Jahrhundert findet sich das Gedächtnisbild vor allem in den Landschaften Oberitaliens. In R o m geht es u m die Wende des 13. 2.1m 14. Jahrhundert in die Grabmalplastik selbst über (so etwa bei dem schon genannten Grabmal Bonifaz' V I I I . ) ; auch Mittelitalien, vor allem Pisa, behandelt den Bildgedanken überwiegend in der Plastik. V o n Pisa aus dringt der Typus nach Neapel und nach Mailand, im Zusammenhang mit der Expansion der Pisaner Bildhauer. Einige Beispiele werden am E n d e dieser Ausführungen autgezählt. Relativ selten bleibt das Votivbild in Florenz. Beispiele VENEDIG, S. Maria dei Frari. Lünette (Tafelbild) über dem Grab des 1339 verstorbenen Dogen Francesco Dandolo. Bis vor kurzem in der Sakristei der Sslutc, neuerdings mit dem Grabmal Dandolos in den Frari wieder vereinigt. Von E. Sandberg Vavalä Paolo Veneziano zugeschrie57 ben (Burl. Mag. Bd. 57, 1930, 178). Vgl. Text, S. 13, Abb. 57. VERONA. Aus der überaus großen Anzahl von Votivfrcskcn in den Kirchen Veronas (die Kirchen S. Anastasia und S. Pier Maggiore sind besonders reich an ihnen) seien nur wenige herausgegriffen. S. Eufemia. Hof. Fresko, um 1330 (Abb. E. Sandberg Vavala, La Pitt, veron., 1926, S. 230). S. Anastasia. Fresko, dem Lorenzo Veneziano zugeschrieben, aus den fünfziger Jahren des Trecento (Abb. ebda., S. 116). — Fresko über dem Cavalli-Grab von 1390 (Abb. ebda., S. 230).— Fresko über der Pellegrini-Tumba (1393, Abb. ebda., S. 203). LOMBARDEI. Das Votivfresko über dem östlichen Vierungsbogen der Abteikirche von V i b o l d o n e bei Mailand (dat. 1349; Abb. bei Toesca, Storia della pittura e miniatura nella Lombardia, S. 215) verdient deswegen aufgeführt zu werden, weil in unmittelbarem örtlichen Zusammenhang, über dem westlichen Vierungsbogen, sich eine Darstellung des Jüngsten Gerichts, von der gleichen Hand, befindet (über den übrigen Vierungsbogen die Apostel, von Maria bzw. Johannes dem Täufer geführt). In M a i l a n d sei das besonders schöne Fresko über dem Robbiani-Grab in S. Lorenzo genannt (Abb. Toesca, a. a. O., Tafel bei S. 293). Entstanden in den letzten Jahrzehnten des Trecento. PIEMONT. Ungewöhnlich ist die Darstellung auf einem Votivfresko im Kreuzgang der Abteikirche von V e z z o l a n o (Abb. L'Arte XIII, 1910, S. 341), datierbar um 1354. Die spitzbogig geschlossene Nische ist in drei Felder zerlegt. In der Lunette ist die Majestas Domini dargestellt, im untersten Feld die Begegnung der drei Lebenden und der drei Toten. Drei der Stifter (aus der Familie der Herren von Castelnuovo) nähern sich, in der Gestalt der heiligen drei Könige, von links der heiligen Familie; ein vierter wird rechts der Madonna durch Michael empfohlen (im Mittelfeld). Bei diesem Beispiel wird, wie bei dem Fresko in Viboldone oder in der Darstel7°

lung Orcagnas, der unmittelbare Zusammenhang mit dem Erlösungsgedanken besonders klar verdeutlicht. F L O R E N Z scheint die Votivdarstellung in Verbindung mit der Grabstätte kaum gekannt zu haben. Nur ein Beispiel hat sich erhalten, im K r e u z g a n g der C a r m i n e . Die Stifter waren, nach dem Wappen im Fries zu urteilen, ein Boverelli und seine Gemahlin (vgl. Santi Mattei, Ragionamenti intorno all'antica chiesa del Carmine etc., 1896, 101 f.). Das Fresko läßt sich aus stilistischen Gründen in die sechziger Jahre des Trecento datieren. Diese Datierung läßt sich vielleicht auch dokumentarisch belegen : der Stifter hieß, nach seinem Schutzpatron zu urteilen, Jakobus ; der einzige Boverelli dieses Namens ist im Jahre 1363 erwähnt (in dem v o n Passerini zusammengestellten Stammbaum der Familie, Ms. derBibl. Naz. in Florenz). A b b . Van Marie, I V , S. 235. — Der Stil läßt an Oberitalien denken, das Fresko ist wiederholt mit G i o v . da Milano in Verbindung gebracht worden (Venturi, Van Marie). — Sicherer Import von Oberitalien, wenn überhaupt für Florenz gemalt, die Lünette v o n G i o v . da Milano im Mctrop. Museum in N e w Y o r k (sechziger Jahre; Sirén, Giottino, A b b . 23), die der Bildform nach ursprünglich wohl für die Nische einer Tumba bestimmt war. Erwähnt zu werden verdient schließlich ein Fresko in einem Straßentabernakel in der Via Buonarroti, aus der zweiten Jahrhunderthälfte (Abb. Dedalo, XI/2, 1930/31, S. 1313). D a ß der Bildgedanke in den ersten Jahrzehnten des Trecento in Florenz bereits bekannt war, lehrt ein zerstörtes Fresko der Giotto-Schule im Erdgeschoß des Bargello, auf dem eine Heilige eine Stifterin der Madonna empfiehlt, sowie zwei Hausaltärchen aus dem Umkreis des B. Daddi, in denen er ganz klar ausgeprägt ist (Metropolitan Mus., N e w Y o r k , Stiftung Friedsam, A b b . Offner, Corpus III, Sect. I V , Tf. I X ; Wien, Slg. Bondy, A b b . ebda. Tf. X I ; freundlicher Hinweis von Prof. Offner). Das bedeutendste Beispiel des späten Trecento, ein Altarbild aus der Werkstatt des A g n o l o Gaddi in der Pinakothek zu Parma (Abb. 58), ist für unseren Zusammenhang von besonderem 58 Interesse, weil die Komposition sicherlich auf den Strozzi-Altar zurückgeht. Der Stil weist es in das letzte Viertel des Trecento (das Datum 1375, das sich auf den Stufen des Thrones findet, ist von R. Salvini, Boll. d'Arte, Dez. 1935, S. 294, A n m . 7, bestritten worden, vielleicht mit Recht), zudem stammt es, laut Angabe des Katalogs (von C. Ricci, 1896, S. 351), aus S. Maria Novellai A u c h in diesem Bild werden zwei Heilige, Petrus Martyr und Thomas, von Heiligen empfohlen; der erstere erfleht von Maria den Schutz für eine Stifterin. Wiederum hat der Bildtypus bewirkt, daß der Maler die einheitliche Tafel wählte. — V o n verwandtem Charakter, jedoch mit der Madonna dell'Umiltà als Gegenstand der Verehrung, ein Altarbild ehem. Slg. Van Stolk in Haarlem (Abb. Sirén, Buri. Mag. Dez. 1914, S. 113, dort dem „ C o m p a g n o d ' A g n o l o zugewiesen).

Es seien zum Abschluß noch einige plastische Darstellungen dieses Themas genannt. Auch hier ist der Denkmälerbestand zu groß, als daß eine auch nur annähernde Vollständigkeit in der Aufzählung hier erreicht werden könnte. Wiederum ist der Norden Italiens besonders reich an Beispielen. Im Typus unterscheiden sie sich von den Bildern und Fresken nicht. R O M . Ein frühes Beispiel das Grabmal des Kardinals Grafen v o n Giussano in S. Giovanni in Laterano (errichtet 1287 v o n Giac. Colonna, vgl. D . Angeli, Le Chiese di Roma, S. 173; Foto Alinari 19 595. Der Kardinal durch einen Heiligen — Johannes? — Christus empfohlen). V o r allem verdient hier das Grabmal des Kardinals de Braye (gest. 1282) in S. Domenico in O R V I E T O , v o n A r n o l f o di Cambio, erwähnt zu werden, wenn auch der heutige A u f b a u nicht mehr den ursprünglichen Zustand zeigt (Abb. Venturi, Storia, I V , S. 100). V o n diesem Grabmonument abhängig ist das des Papstes Benedikt X I . , in S. Domenico in P E R U G I A (um 1325, A b b . Venturi a. a. O . , S. 356/7).

71

In P I S A sei auf das um die Mitte des Trecento entstandene Tabernakel über dem Portal des Camposanto (Abb. Venturi a. a. O . fig. 423) v o r allem deswegen hingewiesen, weil es kompositionell den Gedanken der ,,Sacra Conversazione" völlig ausgebildet zeigt. E i n bedeutendes Beispiel in M A I L A N D ist das Grabmal des Stefano I. Visconti in S. Eustorgio, entstanden gegen die Mitte des Trecento (nach Venturi Schulwerk des G i o v . di Balduccio aus Pisa, A b b . Storia I V , fig. 448). F ü r die Darstellung auf Grabmälern in Mailand und in der Lombardei vgl. folgende Abbildungen bei Venturi, Storia, I V : f i g g . 463, 465, 470, 486.

Das Weihrelief des J a c o p o d e l l a Q u e r c i a für den Bischof von Siena, den Kardinal Antonio Casini, das dieser in den späteren dreißiger Jahren des Quattrocento für eine Kapelle des Sieneser Domes ausführen ließ, möge die Reihe der plastischen Darstellungen beschließen (Florenz, Slg. Ojetti). E s zeigt den Kardinal, von dem Hl. Antonius Eremita empfohlen, in tiefer Verehrung vor der Madonna knieend (über den ehemaligen Zustand des Reliefs, auf dessen linker Seite Sebastian stand, vgl. P. Bacci, J . della Quercia, 1929, S. 279; Abb. Illustrated Souvenir, Exhib. of Italian Art, London 1930, S. 1 1 1 ) . Das Relief, das den alten Bildgedanken in großartiger Weise steigert und verinnerlicht, gehört schon nicht mehr eigentlich zu einem Grabmonument. Die Emanzipation des Fürbittbildes von der Grabstätte hatte bereits im Trecento eingesetzt. Im 15. und 16. Jahrhundert wird die Trennung vollkommen. Malerische Beispiele kommen in Verbindung mit Grabmälern nicht mehr vor. Die Stifter werden nunmehr in das Altarbild eingeführt; es gibt kaum eine Darstellung, auf der sie nicht erscheinen können (z. B. bei der Verkündigung Maria: Tizian, Dom in Treviso). Rom und Oberitalien (besonders Venedig) allein halten bis in das 16. Jahrhundert hinein in der Skulptur den Gedanken lebendig. Beispiele f ü r Grabmäler in R O M : Grabmal Riario, SS. Apostoli, A b b . Venturi, Storia, V I , S. 663/4; Grabmal Cardinal von Cusa, S. Pietro in Vincoli, von A . Bregno, A b b . ebda., S. 9 4 ; ; in V E N E D I G und der T E R R A F E R M A : Grabmal des D o g e n N . Marcello, SS. Giovanni e Paolo, von

P. L o m b a r d e , A b b . ebda., S. 1083;

Grabmal der Medca Colleoni in Bergamo, Cap.

Colleoni, A b b . ebda., S. 881.

Es ist überaus bezeichnend, daß das florentinische Grabmal der Renaissance den Bildgedanken nicht verwendet hat; die Tradition, die in Rom und in Oberitalien für den spezifischen „Fürbitt"-Typus bestand, hat in Florenz von Anfang an gefehlt. Fresko und Altarbild nehmen jedoch in Florenz von Anfang des Quattrocento an den Gedanken der Stifterdarstellungen auf; die Reihe eröffnet Masaccios Fresko in S. Maria Novella, in Filippinos Altarbild der Nerli in S. Spirito schließlich sind die Motive der „Sacra Conversazione" und des Gedächtnisbildes auf das glücklichste miteinander vereinigt 1 5 8 .

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ANMERKUNGEN Für die Titel der häufiger gitterten Werke s. J1. SS 1

E s findet sich verzeichnet in den libri di Entrata e Uscita der Kirche S. Giovanni Fuorcivitas. V g l . Chiappelli, Bull. Stor. Pistoiese, II, 1900, 2 ff.: ,,Di una tavola dipinta di Taddeo Gaddi e t c . " Wiederabdruck und Kritik der Aufzeichnung: C. v. Fabriczy, Rep. f. Kunstwiss., X X I I I , 1900, 469/7. Sie beginnt mit den Worten: „Questi sono Ii migliori maestri di dipingere che siano in firenze per la tavola dellopera di sancto Giovanni e quelli che meglio la farebono." Die Eintragung stammt frühestens aus dem Jahre 1 3 4 7 .

2

Genannt sind schließlich unter den Florentiner Künstlern Puccio (d. i. wohl sicherlich der bei Vasari, ed. Mil. I 402 f. erwähnte Puccio Capanna) und ein Maestro Franciescho (hinter dessen Namen der Zusatz ,,locjuale istae in bottegha dellandrea (Orcagna?)". Letzteren hat man mit Francesco Traini identifizieren wollen, obwohl kein weiteres Dokument oder erhaltene Werke einen Aufenthalt dieses Malers in Florenz bezeugen; gegen diese Annahme wendet sich neuerdings P. Bacci, L a Diana, V , 1930, S. 1 6 1 . — Man kann jedenfalls mit einiger Sicherheit schließen, daß Orcagna und Nardo unter den aufgeführten Künstlern die einzigen Vertreter der jüngeren Generation waren.

3

V g l . R. Graves Mather, N u o v e informazioni relative alle matricole di Giotto etc., l'Arte X X X I X , 1936, 50 f.

4

Diese Vermutung zuerst ausgesprochen von K . Steinweg, A . Orcagna (im Folgenden stets zitiert als „ S t . " ) , S. 59. V g l . auch Anm. 1 1 .

6

Das genaue Todesdatum O.s steht nicht fest. V o n 1369 an schweigen die Urkunden über ihn, 1 3 7 7 findet sich seine Frau als Witwe verzeichnet (St. 59). Daß Andrea aber schon Ende 1368 gestorben ist, iäßt sich u. E . aus dem Umstand schließen, daß sein Bruder Jacopo di Cione am 12. Jan. 1369 (st. n.) Mitglied der Zunft wird, sich also selbständig macht (vgl. Frey, Loggia, 3 3 9 ) ; Jacopo schcint auch sofort sein Wohnquartier gewechselt zu haben (Colnaghi, Dictionary, 195).

6 7

Die Regcsten zusammengestellt St. 53 ff. So sieht z. B. R. Offner, Studies, S. 107, Anm. 7, im Strozzi-Altar ,,the only admissable painting by Orcagna".

8

F ü r O.s Tätigkeit als Baumeister vgl. St. 39 f., sowie L . M. Tosio, Boll. d'Arte 1934, Juni.

9

V g l . hierzu den Anhang, S. 65 f., Thieme-Becker X X V I , 38, sowie A n m . 14.

10

Die folgenden Angaben mögen einen Einblick in das verwickelte Problem geben. Überaus geläufig ist die K o l l e k t i v a r b e i t mehrerer Künstler, z. B. in der A r t von kontraktmäßig genau befristeten Werk-Gemeinschaften (Pacino di Bonaguida und Tambo di Serraglio 1302/03, vgl. Thieme-Becker X X V I , 1 2 6 ; Nardo di Cione und der Pistoieser Maler G i o v . di Bart. Cristiani, für Arbeiten außerhalb von Florenz (vgl. Chiappelli, Arte del Rinascimento, 1 9 2 5 , 567). — Orcagna und Nardo scheinen nach dem Wortlaut des Pistoieser Dokuments um 1 3 4 7 , vermutlich auch in der Folgezeit, zum mindesten die Werkstatt geteilt zu haben, wahrscheinlich auch mit ihrem dritten Bruder Jacopo (vgl. A n m . 5). — Sehr oft sind mehrere Maler an ein und demselben Werk gemeinsam tätig gewesen, ohne daß man immer mit Sicherheit bestimmen kann, wer die führende Rolle innehatte. Charakteristische Beispiele die beiden Hauptwerke des Jacopo di Cione, für die der Auftrag an den Maler Niccolö (Gerini) erging (vgl. hierzu Thieme-Becker X X V I , 39). Diese A r t der Kollektivarbeit wird vorzüglich, illustriert durch das 1399 bei Spinello Aretino, Niccolö Gerini und Lorenzo di Niccolö bestellte Marienkrönungs-Tript. aus S. Felici a in Florenz (Accademia, dat. 1 4 0 1 , A b b . V a n Marie III, S. 598), in welchem sich die drei „ H ä n d e " deutlich nebeneinander erkennen lassen (für die Aufteilung vgl. Offner, Studies, 92). — Daß A . Gaddi mit zahlreichen Gehilfen gearbeitet hat, lehren die jüngst publizierten Zahlungsbelege für die Cintola-Kapelle des

73

Prateser Domes (Poggi, R i v . d'Arte X I V , 355 ff.): nicht weniger als sechs „ d i s c e p o l i " bzw. „ g a r z o n i " sind namentlich erwähnt. G a d d i scheint geradezu die größte Anzahl der bei ihm bestellten Altarwerke und Tafelbilder einem bisher anonymen Hauptgehilfen überantwortet zu haben, dem s o g . , . M a d o n n e n m e i s t e r " , der zu Unrecht mit Starnina identifiziert worden ist. 11

Zusammenstellung aller urkundlichen Nachrichten: Thieme-Becker X X V I , 39/40. — Das Geburtsdatum steht f ü r N . ebensowenig fest wie f ü r Andrea. Milanesi (Anm. zu Vasari I , 594) hat aus den Angaben Vasaris über die angebliche Zusammenarbeit der Brüder im Chor von S. M. Novella (s. Anhang S. 65) schließen wollen, daß N . der Lehrmeister O.s gewesen sei; Frey ( L o g g i a , m ) betrachtet ihn als den ältesten der Brüder und gibt als sein Geburtsdatum, ohne jegliche B e g r ü n d u n g , das J a h r 1307 an. Tatsächlich läßt sich hierüber nichts ergründen; die Tatsache, daß er etwa drei Jahre früher stirbt als O., schließt keineswegs in sich, daß er der ältere gewesen sei. D a N . (wie O.) erst um 1343 Mitglied der Z u n f t wird, so wird man auch f ü r ihn das Geburtsjahr um das J a h r 1 3 2 0 vermuten dürfen. —

Über ver-

schollene Werke N.s s. Thieme-Becker, a. a. O., sowie A n m . 14. 12 13

Commentarii, ed. Schlosser, I 40, I I 1 3 9 f. F ü r diese Quellen und ihr Verhältnis zu O. vgl. die kritischen Untersuchungen K . Steinwegs, im quellengeschichtlichen Teil ihres Buches.

11

Vasari gibt N . u. a. das Fresko des Inferno im Pisaner Camposanto (ed. Milanesi, I, 599). Die Cap. Strozzi weist Vasari in beiden A u f l a g e n der Viten O. in Zusammenarbeit mit N . zu S. 185/6,

2

ed. Mil. I 59;). — In der zweiten A u f l . zeigt Vasari die Neigung, N . eine viel-

fache Beteiligung an den Arbeiten seines Bruders zuzuschreiben. Während er 1550 — außer der Strozzi-Kapelie — nur von einer Mitarbeit an dem (verlorenen) Fresko O.s an der Fassade von S. Apollinare weiß, berichtet er 1568 von einer Mithilfe N.s bei den Fresken im Chor von S. M. Novella und in der Cap. Cresci in der Annunziata (auch diese verloren). Wie wenig jedoch diesen Angaben zu trauen ist, erhellt daraus, daß N . laut Vasari eine Anzahl von Tafelbildern nach O.s T o d vollendet haben soll — Nardo starb aber rund drei Jahre früher! (Liegt hier eine Verwechslung mit J a c o p o v o r ? ) Nachweisbar falsch der Bericht einer Zusammenarbeit N.s und O.s am Hochaltarbild f ü r S. Pier Maggiore (der Wortlaut Mil. I 595 ist freilich nicht ganz klar); das Bild — im wesentlichen die Arbeit des J a c o p o di Cione — ging erst 1 3 7 0 in A u f t r a g (Poggi in Siren, Giottino, 100/1). 15

F . Wickhoff, Über die Zeit des G u i d o da Siena, Mitt. d. Inst. f. öster. Geschichtsforsch., X ,

le

G i o t t o etc., I 241 ff.

1 8 8 9 , 2 4 4 ff. 17

Art in America X I I , 99 ff., sowie Studies, 97 ff. — Z u r Kritik der jüngsten Arbeit über Nardo, v o n G . G o m b o s i , vgl. A n m . 1 3 7 .

18

Baldinucci, Not. dei prof. del dis., A u s g . v o n 1845, I 261, gibt das Dokument, das offenbar in fragmentarischem Zustand erhalten war, nach einer Nachschrift wieder, die sich in den Spoglie des Senators Carlo Strozzi (aus dem 17. Jahrh., aufbewahrt im Archivio di Stato in Florenz — zitiert als A . S. F. — ) findet. Infolge des ungenauen Zitats bei Baldinucci war es nicht möglich, die betr. Stelle in den Carte Strozziane aufzufinden.

18

F ü r den heutigen Zustand vgl. St. 143 f., A n m . 1 1 1 — Die seitlich angebrachten, übereck gestellten Fialen des Rahmens sind moderne Ergänzungen.

20

Die Deutung geht auf K . Steinweg zurück (St. 69).

21

V g l . J . W o o d B r o w n , T h e Dominican Church of S. Maria Novella, 1902, 134.

22

D i e Nachrichten über Piero Str. entstammen einem im 18. Jahrh. verfaßten Ms. des L u i g i Strozzi, betitelt „ V i t e degli Huomini illustri della famiglia degli Strozzi", P. II, c. 1 2 2 (Ms. im A . S. F . , Carte Uguccioni-Strozzi, 3a Serie, cod. 75. — V g l . auch Litta, L e celebri famiglie d'Italia, X V , T f . II. — D e r erste Hinweis, daß der Apostel Petrus sich auf Piero Str. beziehen muß, findet sich bei J . Mesnil, L e portrait de Dante par l'Orcagna, Miscell. d'Arte, 1903, 36. — Als lector ist Piero erwähnt A . S. F . , ebda., cod. 89, c. 6 1 . — Z u m Todesdatum: A . S. F . ,

74

ebda, cod. 36, c. 3 8 : „Vite degli Huomini ill. di Casa Str. scritte da Lor. di Filippo Str.", Ms. des 18. Jahrh., sowie Litta, a. a. O. — Nach der Vita des Luigi Str. liegt Piero unter dem Altar begraben. — Von den übrigen Heiligen läßt sich Katharina sicherlich auf die Gemahlin des Tommaso Str. beziehen, eine Caterina di Buonaccorso Palarcioni (vgl. Litta, a. a. O), um so mehr, als sie in der nächsten Nähe des Thomas erscheint (so auch Mesnil, a. a. O.). über einer Nische, die sich unterhalb der Kapelle gegen das Querhaus öffnet, befindet sich eine undatierte Inschrift des frühen Trecento, aus der hervorgeht, daß in der Gruft die Kinder und Nachkommen des Rosso Str. liegen (s. Wood Brown, a. a. O.). Weitere Beispiele nennt A . Graf Erbach-Fürstenau, La miniatura bologn. del Trecento, l'Arte X I V , T 9 1 1 , 1 1 2 / 3 : Rom, Vat. Bibl., cod. vat. lat. 1 3 6 6 Rom, Vat. Bibl., cod. vat. lat. 2 4 9 6 Rom, Vat. Bibl., cod. vat. lat. 2 4 9 2 Madrid, Bibl., C. 4 Toledo, Kath., III, 4 Jena, Bibl., El. f. 5 1 , C Paris, Bibl. nat., cod. lat. 3 1 9 9 (Giov. da Legnano, de Pace ecclesiae). — Van Marie IV, 4 4 1 , bildet eine Miniatur aus einerweiteren, der Staatsbibl. München gehörigen Decretales-Hs. ab. Die Darstellungen der Verleihung der weltlichen und geistlichen Macht in den Bologneser Handschr. lassen sich wie die Votivdarstellungen auf einen frühchristlichen Bildtypus zurückführen. Sie haben ihren Ursprung sicherlich in der Darstellung der Gesetzesverleihung an die Apostelfürsten durch Christus (traditio legis), die sich vom 4 . bis 6. Jahrhundert in plastischen und malerischen Beispielen findet (Hauptbeispiele: Sarkophag des Junius Bassus; Apsismosaik in S. Costanza in Rom). Besonders zahlreich auf ravennatischen Sarkophagen des 4 . und 5 . Jahrh. (Beisp.: Toesca, Storia dell'Arte it., II Mcdioevo, Parte I, 1 9 2 7 , S. 2 5 0 , 2 5 2 . Vgl. auch Wulff, Altchristi, und byzantin. Kunst, Index, sowie Toesca a. a. O., Index, unter „Traditio Legis"). — Ikonographisch bildeten die Darstellungen am Triclinium Leos III. im Lateran (aus der Zeit der Kaiserkrönung Karls d. Gr.) einen Übergang von der Darstellung der traditio legis zu dem Typus der Darstellungen in den Decretales-Handschriften: Papst und Kaiser (Sylvester (?) und Konstantin, Leo und Karl) empfangen von Christus die Symbole ihrer Herrschaft (vgl. Percy E . Schramm, Die deutschen Kaiser und Könige in Bildern ihrer Zeit, I, 1 9 2 8 , S. 2 9 ff., Abb. 4 ff.). Sehr nahe dem ikonographischen Gedanken des Strozzi-Altares berührt sich die Darstellung des der ersten Hälfte des 6. Jahrh. angehörenden Apsismosaiks von SS. Cosmo e Damiano in Rom (entstanden unter Papst Felix IV., Abb. Wulff a. a. O., S. 4 1 7 ) . Christus hält die Gesetzesrolle in der Hand, steht zu den ihn umgebenden Aposteln ohne Verbindung. Diese aber empfehlen die Schutzheiligen der Kirche durch Auflegen der Hände und die auf Christus weisenden Gesten. Wenn auch Christus und die beiden Apostel stehend wiedergegeben sind, so ist die ikonographische Verwandtschaft mit dem Strozzi-Altar recht auffällig — es ist durchaus schon der Versuch, die Darstellung der traditio legis mit der der Stifterempfehlung zu vereinigen. Mir ist nur ein einziges weiteres Beispiel vor dem Strozzi-Altar bekannt, in welchem sich die beiden Bildvorstellungen in dieser Weise durchdringen: die Darstellung im Perikopenbuch Heinrichs II., München, Staatsbibl. Cim. 5 7 : hier empfehlen Petrus und Paulus Kaiser Heinrich und Kaiserin Kunigunde, denen Christus die Kronen verleiht (Schramm, a. a. O., Abb. 8 1 ) . Als solcher ist er durch die Bibelzitate gekennzeichnet, die sich auf den Seiten des Buches finden, das er von Christus empfängt. Links steht: „Dignus es accipere librum et solvere signacula eius" (Apok. 5 , 9 ) , rechts: „Dedi tibi cor sapiens et intelligens" (1 K g e 3 , 1 2 ) . St. S. 6 7 .

29

Vgl. dazu Hettner, Ital. Studien (z. Gesch. der Renaiss.), 1879, 108 f.

29

Die Vita Pieros im Ms. des Luigi Strozzi berichtet von einem längeren Aufenthalt in Genua. — Es bleibt freilich die Möglichkeit, daß Fra Jacopo Passavanti, der Verfasser des „Specchio della vera Penitenza", bei der Abfassung des Programmes eingewirkt hat, denn er war von spätestens 1348 an „Operarius" von S. Maria Novella (s. Anhang, S. 66), wohl bis zu seinem Tode 1357. Im Necrologium venerabiiis conventus S. M. N., das das Archiv des Klosters bewahrt, wird von seiner Tätigkeit als Opcrarius ausdrücklich gesagt, daß er die Kirche „quam tantum promovit magnifieavit et decoravit in multis scilicet testudinibus pluribus et picturis ut nullus unquam operarius tantum fecerit in cadem" (vgl. C. di Pierro, Contributo alla biogr. di Fra J. Passavanti, in Giorn. stor. della lett. it., Bd. 47, 1906, S. 14).

30

Giottino, S. 66. Daß die Polyptychonform nicht völlig aus der Vorstellung des Malers verschwunden war, beweisen die Gicbelaufsätzc, die auf dem Goldgrund in feiner Punzierung eingravierten Säulchen, die in den plastischen Kapitellen des Rahmenwerks enden, und die Vorsprünge im Sockel. — Obwohl die einheitliche Altartafcl sich in den bekannten Maestà-Darstellungen Sienas vorbereitet findet, bedeutet O.s Bild für clic Geschichte der Altarformcn einen Fortschritt insofern, als hier der Aufbau der Komposition straff organisiert ist. Selbst in der „fortschrittlichsten" Maestà, der des A. Lorcnzetti in Massa Marittima (Abb. Venturi, Storia V, S. 719), bleibt die Madonna in der Mitte isoliert. Die wenigen fiorentinischen Beispiele für eine einheitliche Altartafcl aus dem späteren Trecento stammen von Malern des Orcagna-Kreises (z. B. Giov. del Biondo, Marienkrönungstafcl von 1373, Fiesole, Mus. Bandini; Mariotto di Nardo, Mad. u. Heilige von 1393/4, Villamagna b. Florenz), bzw. haben die gleichen ikonographischcn Voraussetzungen wie der Str.-Altar (Tafeln aus dem Umkreis des A. Gaddi, ehem. Mus. van Stolk, Haarlem, und Parma, Finac. fs. Exkurs, S. 71].) — Vereinfacht ist auch die Gliederung der Predella, in der nur drei Szenen geschildert werden, obwohl in der Haupttafel sieben Heilige außer Maria und Christus erscheinen. Auch hier wird die Gestaltung vom Inhalt her bestimmt: es werden allein diejenigen Legenden erzählt, die mit dem Hauptthema unmittelbar zusammenhängen.

31

32

Die Bedeutung von Laurentius und Michael ergibt sich aus dem rechten Predellenbild (vgl. S. 12). Katharina war nicht nur die Schutzheilige der Gattin des Tommaso Str. (Anm. 22), sondern sie ist zugleich die Patronin der Wissenschaften; ihre Stellung hinter Thomas von Aquino findet somit eine doppelte Erklärung. Paulus durfte auf einer ,,Thomas"-Tafel nicht fehlen, denn der Dominikanerheilige galt als Kommentator der Briefe des Apostels.

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In Masos Fresko der Drachenzähmung in der Cap. Bardi (Abb. 20) findet sich geradezu der Prototypus für die Gruppe Paulus-Laurentius: vgl. den Kaiser Konstantin und den rechts neben ihm stehenden Mann auf der rechten Bildseite!

34

Für den Einfluß der Dominikaner auf die Bildgestaltung im 14. Jahrhundert vgl. die trotz mancher sachlichen Irrtümer ausgezeichneten Betrachtungen von Hettner: Die Dominikaner in der Kunstgesch. des 14. und 15. Jahrh. (in der in Anm. 28 zitierten Schrift Ital. Studien, S. 99 ff.), ferner F. X . Kraus, Gesch. der christl. Kunst II/2 (1908), S. 138 ff., G. Gombosi, Spinello Aretino, S. 11 ff. St. S. 71 ff. Zur Ikonographie : A. de Surigny, Le tabernacle de la Vierge dans l'église Or-SanMichele à Florence, in Annales archéol., X X V I , 1869, S. 26 f. u. öfters (freundl. Hinweis von F. Antal). A. de Surigny hat nachgewiesen, daß die eigentümliche Gruppierung der Tugenden — jeder der Tugenden sind ihre Filialtugenden beigeordnet — sich aus der Definition der virtutes erklären läßt, die der Hie. Thomas von Aquino in der Summa Theologiae gegeben hat. Vgl. St. S. 112. Zu diesen Angaben vgl. L. Passerini, Curiosità storico-artistiche fiorentine, Flz. 1866,1: La loggia di O. S. M., S. 4 f., bes. S. 26 f.

35

86

37 38

76

39

O. versucht den Gegensatz zwischen den beiden Bildhälften dadurch auszugleichen, daß er auch der Komposition des Marientodes einen ornamental-flächenhaften Charakter verleiht: die senkrecht aufragenden Figuren zu den Seiten, der horizontale Richtungszug in der Entfaltung der Hauptgruppe im Vordergrund, geben der Komposition festen Halt; die hinten stehenden Figuren rücken in die Höhe und füllen die Fläche gleichmäßig aus.

40

Suida (Flor. Maler S. 10) hat als erster den Gegensatz zwischen oberer und unterer Reliefhälfte bemerkt, ohne jedoch an O.s Urheberschaft zu zweifeln. Dagegen erkennt St. (S. 92 f.) im Relief des Marientodes „ w e d e r in geistiger noch in formaler Beziehung die Qualitäten des Reliefstils O . s " .

41 42

Gaye, Carteggio inedito etc., I, 5 1 3 . Urkunde bei Franceschini, L'oratorio di S. Michele in Orto, Flz. 1892, S. 58. Die A u s f ü h r u n g des Beschlusses verzögerte sich bekanntlich erheblich (vgl. Franceschini, a. a. O . , S. 58; P o g g i , O. S. M . , 1895, S. 39 f.).

43

Die kleinen Z ü n f t e mußten sich in Pfeiler teilen (vgl. Passerini, a. a. O., S. 1 7 , A n m . 2).

44

D o k k . publiziert von G . Poggi im Anhang zu Siren, Giottino, S. 99 f. Über die Schicksale des

E i n Verzeichnis der Altäre an den Pfeilern gibt Franceschini, a. a. O., S. 2 1 , A n m . Altares ebda., sowie St. S. 33/4. 45

Beispiele aus dem Dugento: Siren, T o s k . Maler des 13. Jahrh., 1922, A b b n . 1 2 , 24, 45, 98. Der Altartypus ist auch im A n f a n g des Trecento noch häufig, er findet sich in Florenz bei dem sog. Cäcilienmeister (Abbn. Van Marie I I I , SS. 278, 289) und bei J . di Casentino (Abb. Van Marie I I I , S. 292), in Sicna bei S. Martini (Van Marie I I , A b b . S. 230), in Pisa bei Traini (Abb. V a n Marie V , S. 208/9). Gegen die Mitte des Jahrh. scheint die Altarform außer Gebrauch zu kommen. Nach nahezu zwanzigjähriger Pause findet sie wieder A n w e n d u n g , besonders häufig bei Malern des Orcagna-Krciscs. G i o v . dcl Biondo verwendet den T y p u s mehrfach (Hauptbeispiel: Johannes-Altar, Flz. Slg. Contini, A b b . Dedalo X I / 2 , 1930/1, S. 1290/1). G a n z spätes V o r k o m m e n : Lorenzo di Niccolö, S. Gimignano, Pinac., dat. 1404 (Van Marie I I I , A b b . S. 634) — eines der letzten Beispiele dieses Altarbildtypus.

*46 Die einzigen mir bekannten Altarbilder früherer Zeit, die sich in dieser Beziehung mit der Matthäus-Tafel vergleichen lassen, sind die in der vorgehenden Anm. aufgeführten Werke des S. Martini und des Traini. 47

Jacopus a Voragine, L e g . aurea, franz. A u s g . v o n Roze, Paris 1902, I I I , S. 77 f.

48

Die textlichen Erläuterungen im Sockel der Tafel folgen bezeichnenderweise der t r a d i t i o n e l l e n , d. h. chronologischen, A r t der A b f o l g e .

49

In der allgemeinen Anlage wie im T y p u s ist die bei St. T f . X X abgebildete Prophetenfigur im Sockel der R ü c k w a n d dem Matthäus nahe verwandt.

60

St., S. 1 2 1 .

51

Die Frage nach dem Anteil der beiden Brüder wurde bisher dahingehend beantwortet, daß A n d r e a lediglich den E n t w u r f f ü r die Heiligengestalt geliefert habe, während die Anlage der Legendenszenen und die Ausführung des Ganzen stets als Arbeit des J a c o p o angesehen wurde (vgl. St. S. 150, A n m . 160, Thieme-Becker X X V I , S. 39, Offner, Burl. M a g . , A u g . 1933, S. 83 f.). N u r St. S. 1 1 9 f. hat in einem der Legendenbilder, der E r w e c k u n g des Königssohnes, den E n t w u r f O.s erkannt. — Sehr lehrreich eine Gegenüberstellung der Matthäus-Tafel und des Bildes des Apostels Petrus in SS. Stefano e Cecilia in Flz., das Offner a. a. O . dem J . di Cione zuschreibt: wie sehr hat J a c o p o in diesem selbständigen Werk das Vorbild der Matthäusfigur O.s vergröbert!

52

A l s ungewöhnlich ausdrucksvoll fallen in der Erweckungsszene auf der K o p f des Mannes links neben dem K ö n i g und der en face gesehene hart am linken Bildrand. Sie lassen sich beide vollkommen mit K ö p f e n des Strozzi-Altares (Predella!) vergleichen.

53

Zuerst veröffentlicht v o n N . Tarchiani im „ M a r z o c c o " v o m 23. Juli 1 9 1 1 .

54

In der 2. A u f l . der Viten (1568), A u s g . Milanesi I , 600. Z u r Kritik Vasaris v g l . St. S. 12.

77

66

Vasari spricht v o n der „ v i t a de' romiti che servono a D i o su quel m o n t e " , bezieht sich also deutlich auf die linke obere Hälfte des Pisaner „ T r i o n f o s " , nicht auf das Leben der A n a choreten, das sich rechts an das Inferno anschließt. (Vgl. auch St. S. 12.)

68

A u f unserer A b b . nicht sichtbar. Ganz oben die seltsame Darstellung eines Erdbebens (Abb. Steinweg, T f . X X X I I ) ; im untersten Feld ist nur eine F i g u r noch deutlich zu erkennen, die Darstellung ist undeutbar.

67

Drei horizontale, breite Streifen sind in die Wand eingegraben, in welche die Querbalken hineinpassen, welche das Altarbild des Minga auf dessen Rückseite zusammenhalten. Die Reste der Malereien sind glücklicherweise gut erhalten. (Daß die Umrisse z. T . nachgezogen sind, bemerkt St. S. 148, A n m . 149.)

58

Folgende Fragmente lassen sich noch erkennen, die den Zusammenhang mit dem Pisaner Fresko verraten: rechts v o n der Bettlergruppe ein dunkler, zackiger Flügel — offenbar v o n einem Teufel, der sich den Gestalten nahte; hoch über den K ö p f e n der Bettler die Inschrift ,,Schermo di savere di ricchezza . . . " ; ganz oben rechts ein nackter Unterkörper — wohl v o n einem Verdammten. Z u den Inschriften „ D a c c h e Prosperitade etc. . . . " und im oberen Teil des Freskos ( „ S c h e r m o etc.") und deren unmittelbaren Zusammenhängen mit den Epigrammen in Pisa v g l . W . Bombe, Cicerone 1 9 1 1 , S. 786 f . ; f ü r die Pisaner Inschriften S. M o r p u r g o , l'Arte I I , 1899, S. 51 f. —

59

Den einzigen Anhaltspunkt bietet die Notiz, daß 1379 das Fresko des „ I n f e r n o " einer Restauration unterzogen wurde; seine erste E r w ä h n u n g findet sich 1 3 7 4 (Supino, R i v . d'Arte, I V , 1907, S. 182/3). Die Tatsache, daß 1349 eine Anzahl von Bildhauern und Steinmetzen im Camposanto arbeitet, daß Dachbalken in Arbeit sind (Supino, II Camposanto di Pisa, 1896, 8/9; vgl. auch G . G r a f Vitzthum, Rep. f. Kunstwiss., Bd.28, 1905, S. 204), kann nur ungefähr f ü r eine Datierung der Fresken herangezogen werden; es wird nicht gesagt, an welcher Stelle des Riesenbaues diese Arbeiten im G a n g waren, und es bleibt daher die Möglichkeit, daß die Südseite, an deren Wand sich die drei Hauptfresken befinden, zu diesem Zeitpunkt bereits vollendet war. — G r a f Vitzthum (a. a. O.) datiert „ u m 1 3 5 0 " . A n neuester Literatur zu diesem Problem sei angeführt H . Beenken, Zeitschr. f. bild. K s t . , B d . 62, 1928/29, S. 84, welcher die Fresken (allerdings aus ausschließlich stilistischen Gründen) etwa

1340/50

datiert. In die zweite Hälfte des fünften Jahrzehnts datiert M . Meiß, T h e A r t Bullettin, J u n i 1 9 3 4 , S. 97 ff. (The problem of Francesco Traini). Venturis Datierungsvorschlag „ u m 1 3 7 7 " (Storia, V , S. 722 f.) ist längst als unhaltbar abgelehnt worden (von Supino, R i v . d'Arte, a. a. O.). 60

Folgende Daten lassen sich f ü r eine Datierung der Fresken heranziehen: 1. 1336 stirbt Gualtiero di J a c o p o Bardi, der testamentarisch den Ausbau einer Kapelle in S. Croce bestimmt (Ms. des Passerini, Bibl. Naz., Florenz, vgl. R. Offner, Burl. M a g . , B d . 54,1929, S. 240). 2. E n d e September bzw. A n f a n g Oktober 1 3 4 1 wird Maso di Banco auf G r u n d einer Forderung des R o d o l f o de' Bardi,, et sociorum societatis B a r d o r u m " — aus nicht näher angegebenen Gründen — gepfändet (Dok. publ. v o n G . P o g g i , R i v . d'Arte V I I , 1 9 1 0 , S. 153). Die beiden mitgeteilten Daten lassen sich möglicherweise als eine untere Grenze für die Entstehung der Wandbilder verwenden (vgl. auch Suida, Thieme-Becker, X X V I , S. 208).

61

Bisherige Datierungsvorschlage: St. S. 122/3 datiert „ u m 1 3 6 0 " . Orsini, A u s g . der OrcagnaVita Vasaris (Flor. 1 9 1 4 , S. 40/1), datiert die Fresken — auf G r u n d völlig haltloser Kombinationen (an denen das Heftchen reich ist) — auf das J a h r 1 3 4 3 . Das Datum mit Recht von St. S. 149 in Frage gestellt.

42

Durch die ausgezeichneten Untersuchungen von Meiß a. a. O. ist die Urheberschaft Trainis f ü r den Pisaner Hauptzyklus u. E . jetzt einwandfrei erwiesen.

63

Diesen Gedanken haben f ü r Pisa bereits ausgesprochen E . Dobbert, Rep. f. Kunstwiss., I V , 1 8 8 1 , S. 1 2 , sowie F. X . Kraus, Gesch. d. christl. Kunst, II/2, 1. H . , 1900, S. 160.

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"

Petrarcas T r i o n f o della Morte, dessen Titel seit Vasari f ü r die beiden Darstellungen in Pisa und Florenz übiich ist, kann auf keinen Hall als literarische Quelle gelten (A. Venturi, Les triomphes de P. etc., Rev. de l ' A r t ancien et moderne, X X , 1906, S. 81 f . , glaubte dies f ü r Pisa), denn P. begann die Niederschrift f ü r den ersten Entwurf der Trionfi nicht v o r Beginn der f ü n f z i g e r Jahre in der Vaucluse (C. Appel, die Triumphe Fr. P.s, 1 9 0 1 , S. X X I , S. 109 f.). E s wäre eher der umgekehrte Fall möglich : Petrarca mag sehr wohl das Fresko O.s bei seinem Aufenthalt in Florenz im Jahre 1350 gesehen haben. — Unter den gleichzeitigen Dichtungen berührt sich das,,Capitolo della M o r t e " , das Piero bzw. J a c o p o Alighieri, den Söhnen Dantes, zugeschrieben w i r d , in seinem gedanklichen A u f b a u sehr nahe den Zyklen in Pisa und Florenz. Das Gedicht setzt ein mit dem Totentanz und geht v o m Jüngsten Gericht auf die Schilderung der Hölle über; es schließt mit dem Ausblick auf das Paradies (vgl. die von G . Carducci besorgte Ausgabe, in ,,Rime di M. Cino da Pistoia e t c . " . , F l z . 1862, S. 218 ff.; Excerpte gibt V i g o , L e danze macabre in Italia,

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2

1 9 0 1 , S. 92 f., wieder).

Vasari, ed. Mil. I, 600 urteilt wie f o l g t : „(Orcagna) . . . lavorò in questa (opera) con miglior disegno e più diligenza che a Pisa non avea . . . " V g l . dazu auch St. S. 12. Bekanntlich hielt Vasari das Pisaner Fresko gleichfalls f ü r das Werk O.s.

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V g l . St. S. 1 3 1 , die im S. Crocc-Fresko Pisa gegenüber eine „straffere Durchorganisicrung" sieht.

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Die Meinungen hierüber gehen stark auseinander. Tarchiani (vgl. A n m . 53) und Bombe (vgl. A n m . 58) sowie J . Kurzwelly (Buffalmacco- und Trainifragen, Rep. f. K u n s t w . , X X X V , S. 349) setzen das F l o r e n t i n e r Fresko voran. Die neuesten Forschungen kommen zum umgekehrten Ergebnis. Aber während Meiß a. a. O. S. 1 5 1 einen geringen Zeitabstand zwischen Pisa und Florenz anzunehmen scheint, schlägt St. S. 122/3 e ' n e etwa zehnjährige Spanne vor.

68

F ü r Beschaffung der Bildvorlage aus Wien bin ich Herrn Prof. F. Saxl zu Dank verpflichtet. D i e „ v o l k s t ü m l i c h e r e " Fassung (B. X I I I , S. 423, No. 60), die unsere A b b . wiedergibt, wurde zuerst publiziert durch D u c de Rivoli, Études sur les Triomphes de Pétrarque, Gaz. des BeauxA r t s , April-Juni 1887. F ü r das zweite Wiener E x . (B. X I I I , S. n é ) vgl. d'Essling-Müntz, Pétrarque, 1902, T f . bei S. 168. — Die Wiener Darstellungen sind denen auf den Fresken gegenüber insoweit verändert, als es sich hier um Illustrationen zu den Trionfi des Petrarca handelt, wie sie sich im Verlauf des Quattrocento ausbildeten: der T o d erscheint auf dem von Ochsen gezogenen Karren. Über die Epigramme des Stiches s. S. M o r p u r g o , L'Arte 1899, S. 64, über diejenigen des Freskos in Subiaco F . Hcrmanin, I monasterii dì Subiaco, I , 1904, S. 5 1 1 . Bei letzterem Bild ist der Ausspruch der Bettler Pisa u. Florenz gegenüber dem Wortlaut nach verändert, der Sinn bleibt jedoch der gleiche: „ T u lasce noi che sempre (te chiamemo) ; desiderando che ne dea la m(orte)."

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Das wird deutlich ersichtlich in Subiaco, w o auf der dem Fresko gegenüberliegenden Wand der Scala Santa die Begegnung der drei Lebenden und drei Toten dargestellt ist. Hermanin a. a. O. S. 506 f. vermutet, daß die J ü n g l i n g e auf der Darstellung d e s , . T r i o n f o " die gleichen seien, die v o n dem Hl. Macarius v o r den Särgen vergebens v o r dem ihnen drohenden Schicksal gewarnt werden.

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Daß bei allgemeiner Verwandtschaft zwischen Pisa und Florenz die beiden Freskenzyklen in Einzelheiten der formalen Erscheinung sich unterschieden haben müssen, dafür scheint auch das einschränkende „ q u a s i " zu sprechen, das Vasari bei seiner vergleichenden Betrachtung gebraucht (ed. Mil. I , 600): O . habe in S. Croce „ . . . quasi il medesimo modo nell'invenzione, nelle maniere, nelle scritte e nel rimanente" gewählt wie in Pisa.

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E s ist kaum wahrscheinlich, daß die Darstellungen des „ z w e i t e n " T y p u s unmittelbar auf O.s F r e s k o zurückgehen, obwohl sie sämtlich später sind als das Wandbild in S. Croce. Hermanin (a. a. O.) datiert das Fresko in Subiaco in die zweite Hälfte des Trecento, ebenso V a n Marie V , S. 42. D e r Spätzeit des Trecento gehört auch die Darstellung in Lucignano an. V a n Marie I I ,

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S. 505/6 gibt sie einem Nachfolger des Bartolo di Fredi; das Wandbild in Subiaco gehört nach Hermanin einem in Siena geschulten Lokalkünstler. E s spricht vieles dafür, daß die Quelle f ü r die „ T r i o n f o " - D a r s t e l l u n g e n in Siena zu suchcn ist, denn auch das Fresko Trainis besitzt einen starken, nie bestrittenen „sienesischen" Charakter, und Siena war durch die große Pest besonders schwer betroffen worden. 73

Das Triptychon gelangte mit der Sammlung E . Cancssa in N e w Y o r k zur Versteigerung (s. T h e Canessa Coli., N . Y . , American A r t Galleries, Jan. 1924, N o . 1 7 3 , unter „ N a r d o di Cione"). Ausgestellt Amsterdam 1934, Italiaansche Kunst in Nederlandsch Bezit, Kat. N o . 262, als Werk O.s.

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Berenson, Dedalo X l / 2 , 1930/1, S. 9 8 6 : , , . . . il trittico Baronci, del 1 3 5 0 , dell'Orcagna". Dagegen Steinweg, Thieme-Becker X X V I , S. 38 : „ D a s Triptychon der Slg. Lanz . . . ist als unmittelbare Voraussetzung des Strozzi-Altarcs . . . undenkbar.*'

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Die Madonna trägt über weißlichem G e w a n d einen dunkelblauen, rotgefütterten Mantel. Die E n g e l haben gelbliche Tracht, die glciche Farbe kehrt im G e w a n d des Ansanus wieder. Lebhafter das Kolorit bei der Heiligen: ihr G e w a n d ist zinnoberrot, das Futter dunkelblau. Das Bild ist in allen wichtigen Teilen gut erhalten. Jcdoch ist durch starke Sprungbildung der Mantel der Madonna, der (ehem. rote) Vorhang des Mittelbildes, sowie der rote Tcppich zu den Füßen der Maria und der Magdalena in seiner farblichen Wirkung beeinträchtigt.

76

Testament des Antonio di Lorenzo B. von 1429: „ A n t o n i u s qu. Laurentii de Baronci lasciö alla sua Cappella de Baronci in S. Maria Maggiorc fiur. 600 etc. e t c . " (Flz., Bibl. Naz., Magl. Cl. X X V I , Cod. 1 4 1 , c. 158). Daß es sich um den E n k e l T o m m a s o s handelt, stellt der im Schedario Gargani (Ms. in der Bibl. Naz. Flz.) aufgestellte Stammbaum der Familie sicher. — T o m maso B. war laut dem Schedario 1346, 1 3 5 4 , 1358 und 1 3 6 1 „de* Signori di F i r e n z e " ; Sacchetti ( N o v . 83) erwähnt ihn als Prior. Ausführliche Angaben über die Familie bringt Passerini in seiner Ausgabe des Romancs von Ademollo „Marietta de' R i c c i " (Flz. 1845, I V , S. 1539).

77

„ L a cappella di Sant'Ansano" wird 1552 erwähnt; damals war sie im Besitz der Familie Orlandini (A. S. F . , C o n v . soppr., 1 1 4 , F a 62, c. 45). Sie war die letzte Kapelle links. — Die Patronatsverhältnisse der vorangehenden hundert Jahre sind nicht mehr festzustellen. — M i r ist außer dem Baronci-Altar eine florentinische Darstellung des Hl. Ansanus nicht bekannt, auch V a n Marie führt in dem ikon. Index seiner „Italian Schools of Painting" (Bd. V I ) keine auf.

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Die Maße betragen: größte Höhe 135 cm; Gesamtbreite 1 1 7 cm. Der Carnesecchi-Altar des Masolino, der sich in der gleichen Kirche auf dem Altar unmittelbar neben der ehem. Cappella di S. Ansano befand, muß, wenn man die Breite der verschollenen Katharinentafcl nach der des wiederaufgefundenen Julian-Flügels berechnet, ganz ähnliche Proportionen gehabt haben: Mitteltafel (ehem. N o v o l i ) 132 X 58 cm, Seitentafcln je 135 (?) X 53,5 c m ; d. h. 135 X 165 als größte Höhe resp. Breite (für die Maße vgl. Toesca, Boll. d'Arte, I I I , 1923/4, 3).

79 80

V g l . hierzu die Ausführungen von St. S. 66. Die gleiche „ H a n d " , die den Baronci-Altar in O.s Werkstatt ausführte, glaube ich wiedererkennen zu können in einem fünfteiligen Altarbild (Madonna und vier Heilige) im Depot der Akademie in Florenz (zeitweise auf dem Hochaltar von S. Maria Maggiore aufgestellt). Auch bei diesem wohl etwas späteren Werk ist der „ o r c a g n e s k e " Charakter so offensichtlich, daß es wiederholt O. selbst zugewiesen worden ist (Siren, G i o t t o I , 225/6; Toesca, Flor. Maler, 79 (dort A b b . ) ; Berenson, Ital. Pict., 403 gibt O. die Madonna, die Heiligen J . di Cione). — Jenes Altarbild mag als lehrreiches Beispiel f ü r die Arbeitsweise der OrcagnaWerkstatt gelten. Die Madonna steht in der Tat O. recht nahe: im T y p u s und in der K o p f haltung gleicht sie sehr dem Michael des Strozzi-Altares. Schon die E n g e l der Mitteltafel weichen stark ab; die Heiligen haben mit O. nur noch wenig gemein: in der Ponderation, in den T y p e n , in der Durchmodellierung und in der Farbgebung ergeben sie sich als Werke eines durchaus grobschlächtigen Gehilfen, der orcagneske Stilformen kompiliert hat.

80

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R . Offner, Four panels, a fresco and a problem, in Burl. M a g . , B d . 54, 1929, S. 224 ff (mit guten A b b . ) . Beide Bilder bildeten die Mitteltafeln v o n Polyptychen, die heute aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang gelöst sind (vgl. auch die folg. Anm.).

82

Die Chronologie der wenigen Werke von der Hand Masos steht noch nicht fest. A u s einem Vergleich mit Masos Wandmalereien in S. Croce, entstanden wohl anfangs der vierziger Jahre (vgl. A n m . 60), ergibt sich als wahrscheinlich, daß das Polyptychon, dessen Mittcltafel die Berliner Madonna bildete, zeitlich eng mit den Fresken zusammengehört, während dasjenige in S. Spirito einige Jahre später entstanden sein wird. V g l . auch A n m . 1 1 8 .

83

Das Bild ist m. W . zuerst erwähnt bei Fantozzi, N u o v a Guida etc., 1845, S. 259 (ohne bestimmte Zuschreibung).

Damals befand es sich in einer am V o r h o f gelegenen, dem

Hl. Benedikt geweihten Kapelle. 84

Wie sehr die ursprüngliche Farbwirkung durch den heutigen Zustand beeinträchtigt wird, zeigt eine Stelle auf der linken T a f e l ganz unten links, w o bei einem Reinigungsversuch die ursprüngliche Malschicht freigelegt wurde: der Teppich war zinnoberrot (mit goldenen Mustern), der Mantel des links knieenden Apostels (Jakobus minor) zeigte ein kräftiges Flaschengrün. Besonders stark scheinen durch die Restauration die im Vordergrund der Mittcltafel knieenden Apostel gelitten zu haben. A m besten erhalten die rückwärtigen Apostel des Mittelbildes und diejenigen der rechten Tafel (mit Ausnahme des Matthias ganz rechts).— Die Apostel verteilen sich wie folgt (von links nach rechts): Linke T a f e l : Jakobus minor, Simon, Thomas. Mitte: J a k o b u s major, Johannes; Petrus, Philippus; vorn knieend Andreas und Matthäus. Rechte T a f e l : Bartholomäus, Thaddäus, Matthias.

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Beispiele: Giotto, A r e n a ; J a c o p o di Cione, Giebelaufsatz des Altarcs aus S. Pier Maggiore, L o n d o n , Nat. Gall., N o . 5 7 7 * Andrea da Firenze, Gewölbefeld der Spanischen Kapelle; Mariotto di Nardo, Paradiso degli Alberti (Abb. L ' A r t e X I , 1908, 186); Barnabä da Modena, L o n d o n , Nat. Gall., N o . 1437 (Van Marie I V , A b b . S. 379).

88 87

A b b . bei Bode, Botticelli, Klass. der Kunst, S. 1 0 1 . Das Altarwerk ist O. zuerst von C r o w c und Cavalcaselle (engl. A u s g . I I , S. 214) zugeschrieben worden. Suida (Flor. Maler, S. 44 f.) weist es einem v o n ihm konstruierten Maler A . Nuzi zu (nicht identisch mit dem Maler aus Fabriano), er hebt die hohen Qualitäten des Bildentwurfs hervor. V a n Marie I I I , S. 465, zieht den Altar als mögliches F r ü h w e r k O.s in E r w ä g u n g . — Seit Sirin (Giottino, S. 68 f . : Ausführung der Flügel durch J . di Cione?) ist häufig auf die Diskrepanz zwischen E n t w u r f und Ausführung hingewiesen worden (so von KhvoshinskiSalmi, I pittori tose., I I , 1 9 1 4 , S. 26: A . O. con aiuto di bottega; zuletzt von Bcrcnson, It. pict. S. 403: „execution by J . di Cione"). Völlige Ablehnung der Zuschreibung an O. durch Steinweg, Thieme-Becker X X V I , S. 38 („typische Werkstattarbeit"). — Daß die Ausführung J . di Cione oblag, ist stilistisch nicht völlig zu begründen.

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K a t . N o . 1064. A b b . V a n Marie I I I , S. 380.

89

V g l . hierzu Suida, Flor. Maler S. 20; Rintelen, G i o t t o und die Giotto-Apokryphen, 1 9 1 2 , S. 283, A n m . 92.

90

Keines der Wandbilder blieb von Restaurierungen verschont, deren Grad von gelegentlicher Überarbeitung bis zu stellenweise gänzlicher Erneuerung schwankt. G e r i c h t s b i l d . Die obere Hälfte der Wand und die , , S e l i g e n " bis auf geringe Details (Wolkenbänke!) wenig berührt; besonders gut erhalten die K ö p f e . Die größten Schäden bei den Gestalten der Verdammten (einige K ö p f e ganz modern). P a r a d i e s b i l d . A m stärksten erneuert der gesamte Mitteltrakt, v o r allem die K ö p f e der „ E r l ö s t e n " in der letzten Reihe. Neu die Wolken, überarbeitet die Mäntel der E n g e l , von Christus und Maria (deren K ö p f e jedoch unberührt). Starke Schäden in den beiden obersten Reihen zu Seiten des Thrones (Engelschöre). Die meisten übrigen Gestalten bis ganz herunter nur in den Gewandpartien häufiger restauriert, die K ö p f e o f t im originalen Zustand. Weitgehende Restaurierungen im I n f e r n o : die nackten Figuren vielfach modernisiert, jedoch, wie es scheint, meist unter Zugrundelegung des ur8l

91 92

sprünglichen Bestandes. — Die Höllenszenen lassen sich jetzt ausgezeichnet studieren mit Hilfe der Detailaufnahmen von Giac. B r o g i in Florenz, Nos. 25564—25578 (ed. 1936). V g l . St. S. 66. Die Bildnisköpfe auf dem genannten giottesken Fresko des Bargello sind, mit A u s n a h m e des berühmten Dantekopfes (der freilich bekanntlich modernisiert worden ist!), v o n geringer Individualität; im J ü n g s t e n Gericht Trainis, das nur w e n i g e Jahre früher entstand, entbehren sie einer scharfen Charakterisierung v o l l k o m m e n ; der T y p u s der Köpfe ist außerordentlich einheitlich (vgl. Graf Vitzthum, Rep. f. Kunstwiss., 1905, 203, 206). — Fast gleichzeitig mit den Fresken der Cap. Strozzi jedoch (1352) malt ein Zeitgenosse Nardos, T o m m a s o da Modena, die lebendigen, bildnisartigen Köpfe in S. Niccolö in Treviso.

* s J . Mesnil, Le portrait de Dante etc., Miscell. d'Arte, I, 1903, 32 ff. Abb. bei Suida, Flor. Maler, Tf. X. 94

Zu vgl. die bei Delbrück, Spätantike Kaiserporträts, 1933, Tf. 1/4, abgebildeten M ü n z e n d e s Kaisers.

66

Man v g l . die A b b i l d u n g e n , welche den Abschnitt zur Ikonographie Petrarcas bei Prince d'Essling-E. Müntz, Pétrarque, 1902, begleiten, vor allem die Miniatur der Hs. Vat. lat. No. 3 1 9 8 .

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W ä h r e n d der D r u c k l e g u n g wird mir, durch frdl. Hinweis v o n Dr. H. Keller in München, bekannt, daß E. Schaeffer, Das Flor. Bildnis, Mchn 1904, S. 22 f. u. S. 204 f., A n m . 14, den Dargestellten mit aller Bestimmtheit als Pctrarca angesehen hat; den M a n n zwischen ihm und Dante möchte Sch. mit Boccaccio identifizieren.

97

„ P o r t r ä t s " gibt es ferner unter den Seligen des Paradiesbildes (die meisten stark überarbeitet); unter ihnen hat Al. Chiappelli, Nuova Antologia, Bd. 188, 1903, 541 f., die Bildnisse Dantes und Petrarcas erkennen wollen. — Bildnisartige Köpfe fehlen auch im Inferno nicht. Die Gruppe der Heuchler (ganz unten rechts) hat z. B. Suida, Flor. Maler S. 19, verzeihlicherweise für „ Z u s c h a u e r " halten wollen. Diese Figuren sind, wie schon Suida, a. a. O., S. 20, bemerkt, von geringerer Qualität in der A u s f ü h r u n g .

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Deutung durch Suida, a. a. O., S. 18. Es sind (von links): Moses, Noah (mit der Arche), Isaak (nicht J a k o b ! ) , Sarah und Abraham.

100 V g l . hierzu R . Offner, Studies, S. 104, sowie F. Antal, Entwickl. d. Trecento und Quattrocento Malerei, (Galls) Jahrb. f. Kunstwiss., 1924/5, 213. 101

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104

V g l . Antal, Studien zur Gotik im Quattrocento, Jahrb. d. Preuß. Kunstslgn., 1925, S. 13, A n m . 3. Van Marie II, A b b . S. 243. Middeldorf-Paatz, Mitt. d. Kunsthist. Inst, in Florenz, III, J a n . 1932 (mit Grundrißrekonstruktion). ed. Milanesi, I 403.

106 p é l e o Bacci, Gli affreschi di Buffalmacco scoperti nella chiesa di Badia in Firenze, Boll. d'Arte, V , 1911, 1 ff. 1 0 6 Vasari 2 (ed. Mil. I, 506) beschreibt die folgenden: F u ß w a s c h u n g , Christus vor Herodes, Pilatus im Gefängnis, Selbstmord des Judas. — Nach Baccis Berechnung müssen 12 Szenen die W ä n d e ursprünglich geschmückt haben. V o n den Fresken auf den oberen Wandpartien haben sich nur die U m r a h m u n g e n erhalten. 107 v g l . Schlossers Kritik zu dem Aufsatz Baccis, in Ghiberti, Commentarii, II, 132. — Die höchst eindrucksvollen Freskenreste der Cap. S. J a c o p o in der Badia a Settimo bei Florenz, die Ghiberti Buffalmacco zuweist (Abb. Offner, Corpus, Sect. III, Vol. I, 1931, Taf. X X X V 1 / 1 0 ; ebda., S. 103 f., ausführliche Bibliographie), sind zu schlecht erhalten, als daß sie zur Basis einer Rekonstruktion des , , Œ u v r e " des Malers benutzt werden könnten ( w i e dies

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Siren, vor allem Burl. Mag. Bd. 37, 176 f., versucht hat). J . Kurzwelly, a. a. O. (vgl. Anm. 67) S. 3j4 schloß sich dem Vorgang Baccis an. Siren, Giotto, I 244 f. — Van Marie, III, 481. — Offner, Art in America X I I , 1924, 99 f., und Studies, 99. — Thieme-Becker X X V I , 40. — Berenson, Ital. Pict., 383. Möglicherweise wurden die Fresken bereits bei dem Brand des Chores 1569 beschädigt (Bacci, a. a. O., 5). Die Freilcgungsarbciten taten das ihrige. Wie Bacci feststellt, hat der Maler nicht nur reine Freskotechnik angewendet, sondern auch ,,al secco" gearbeitet. Bei den Gestalten des Fragments, bei welchem die al secco aufgetragenen Lasuren abgeblättert sind, tritt die Untermalung zutage, deren Pinselführung einen nervösen, skizzenhaften Duktus verrät. Die Abbildungen 36—39 geben nur Ausschnitte wieder.

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Das ist ganz offenbar ein der sienesischen Malerei entlehntes Motiv. Es findet sich bei Barna in dem Fresko der Collegiata zu S. Gimignano (Abb. Van Marie II, Tf. bei S. 290), w o es freilich eine Nebenepisode darstellt, noch deutlicher auf einem dem Bartolo di Fredi zugeschriebenen, jedoch wohl von Andrea di Bartolo herrührenden Predellenbild der Sammlung Stiftung Schloß Rohoncz in Lugano (Kat. Ausstellung München, 1930, No. 15), schließlich auf einer weiteren Predella des Andrea di Bartolo im Dom von Tuscania (Foto bei Sir R. Witt, London). Vgl. auch Anm. 122.

112

Abb. bei Bacci, a. a. O., Tafel nach S. 12. Die Beispiele aus dem Pacino-Kreis abgebildet bei Offner, Corpus III, Vol. 1I/I, Tf. I X , Tf. X I V ; die Predella des Ugolino, die vom ehemaligen Hochaltarbild in S. Croce stammt, jetzt im Kaiser-Friedrich-Museum bewahrt wird (No. 163 5 A), im Abbildungsheft zum Kat. der Staatl. Museen, Die ital. Meister, 13.—15. Jh., S. 1 3 1 .

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Diese Szene ist bei Vasari erwähnt, vgl. oben, Anm. 106. Bacci, a. a. O. S. 12, weist nach, daß die Wiedergabe des Selbstmörders sich getreu an die Schilderung der Legenda Aurea hält (franz. Ausg. von Roze, I, 1902, 318 f.). Auch für diese Darstellung gibt es bei Pacino das Vorbild, in einem der Medaillons seines „Lebensbaumes" in der Akad. Florenz (Abb. Offner, Corpus, a. a. O., Tf. II, 7a); doch fehlt diesem die Realistik der Fassung Nardos vollkommen. — Der Selbstmord des Pilatus wird erzählt Legenda aurea, frz. Ausg. I, 406. Obwohl genaue Untersuchungen durch den Zustand erschwert sind, scheint Offners Urteil, in den Fresken sei ,,the loose execution of assistants of Nardo's design, very nearly througho u t " zu erkennen, nicht gerechtfertigt (Studies, S. 99). Van Marie III, 481 f. ist der einzige, der einen Datierungsversuch macht. Auch er setzt die Entstehungszeit der Fresken früher an als diederCap. Strozzi, freilich ohne nähere Begründung.

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Als „ W e r k " des Maso sind zu bezeichnen: 1. die Fresken mit Darstellungen der Sylvesterlegende in der Cap. Bardi in S. Croce, des Jüngsten Gerichts und der beiden Heiligen, die es flankieren, in der Grabnische der gleichen Kapelle, 2. das Fresko der Marienkrönung, heute im Refettorio di S. Croce, 3. das Polytpychon in S. Spirito in Florenz, 4. das von Offner zusammengestellte, heute aufgelöste Polyptychon, dessen einzelne Tafeln sich in Berlin, Königsberg und New York befinden. Vgl. den in Anm. 81 zitierten Aufsatz Offners, dem die Rekonstruktion des Werkes Masos verdankt wird.

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Berenson, Ital. Pict. S. 383. formuliert vorsichtig: „Pupil probably of Maso di Banco".

120

Die Cap. Covone war dem Hl. Johannes Evangelista geweiht. Die Fresken wurden als Werk des „Giottino" publiziert von Siren, Monatsh. f. Kunstwiss., 1 9 0 8 , 1 1 1 8 f., sowie in Giotto, I, 204 f. (hier die besten Abbildungen in Band II, Tf. 177/9); v ß'- auch Dedalo V I I I , 1927/8, 402 f. — Sie stellen dar die Bartholomäus-Marter (Südwand), die Steinigung des Stephanus (?) und die Marter eines Heiligen (?; links bzw. rechts vom Fenster der Ostwand). Von der Darstellung der Nordwand ist nur ein Bruchstück geblieben, das eine Gestalt zeigt, die sich von einem Balkon herniederneigt. — Die Zuschreibung an Maso findet sich bei Van Marie, III, 413, und bei Berenson, Ital. Pict., 337. Vergl. auch die folg. Anmerkung.

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121

Der einzige Daticrungsvorschlag findet sich bei Sirén, a. a. O., der die Fresken wohl etwas zu spät, bereits nach der Mitte des Jahrhunderts, ansetzt. Sirén hat u. E . mit Rccht die Fresken mit jenen des heutigen Studio Romanelli bei S. Spirito und mit dem Wandbild der „ V e r t r e i b u n g des Duca d ' A t e n e " (heute in der Società Filarmonica in Florenz, Herkunft ungewiß) in Beziehung gesetzt. Die Malereien sind das Werk eines anonymen Malers, der bis gegen 1360 gearbeitet zu haben scheint (Sirén datiert die Malereien im Studio Romanelli auf Grund äußerer Indizien um 1360). Diese Gruppe hat Sirén f ü r den rätselhaften Giottino Vasaris in Anspruch nehmen wollen und an die Fresken der Sylvester-Kapelle in S. Croce angegliedert. Siréns Rekonstruktionsversuch des Werkes des „ G i o t t i n o " (zuerst in Giottino, 1908), ist auf das schärfste von Schlosser (Das GiottinoProblem und die moderne Stilkritik, Kunstgesch. Jahrb. der K . K . Zentralkomm., V , 1910) zurückgewiesen worden (vgl. auch Ghiberti, II, 130, sowie Suida, Monatsh. f. Kunstwiss., 1908, 1009 f.

122

Die Darstellung der Kreuztragung ist den angeführten sienesischen Beispielen gegenüber (s. Anni, n r ) insofern verändert, als der Scherge nicht wie dort das Schwert Maria auf die Brust setzt. Christus erscheint im Vergleich mit den „ V o r b i l d e r n " nicht als „ D u l d e n d e r " , sondern er schreitet erhobenen Hauptes einher (vgl. das oben über die Geißelung Gesagte!). Hier gibt sich der Florentiner wiederum deutlich zu erkennen.

123

Fragmente von Wandmalereien aus dem Kapitelsaal der Kirche. A b b . Yan Marie, II, S. 387, bes. S. 388.

124

Siche S. L . Faison, J r . , The Art Bulletin, Dez. 1932, 28; ff., „ B a r n a and Bartolo di F r e d i " .

125

Abbildungen bei Faison, a. a. O. f i g g . lo, 22.

126

Faison a. a. O. kommt nach eingehendsten Untersuchungen zum Schluß, daß Barnas Passionszyklus in S. Gimignano kurz v o r 1356 entstanden sein muß.

127

Die Kapelle ging im 14. Jahrh. von der Familie Da Quinto an die Familie Stcccuti über, deren Wappen in den Säulenkapitellen zu finden ist. Der erste Steccuti, dem die Kapelle gehörte, starb 1360 und wurde in ihr begraben. 1360 kann ebensowohl ein terminus ante wie post quem bedeuten. V g l . W o o d B r o w n , The Dominican Church of S. M. Novella, 1902, 105.

128

Florent. Maler, S. 20 f.

129

Die Zuschreibung lehnen ab Wulff (Rezension zu Suida, in: Monatshefte f. Kunstwiss., Juli

130

Die Figuren der „ B e g e g n u n g " und der „ M a r i e n g e b u r t " sind stark erneuert worden.

1905, 158) und Venturi (Storia, V , 766). 131

Z u vergleichen besonders die prächtigen Heiligenfiguren Masos in der Nische der Barditumba (s. Anni. 1 1 8 ) .

132

Spinello Aretino, S. 16/7.

133

Gesamtabbildung des Altares bei Van Marie I I I , S. 387, dieses Predellenbildes bei Offner, Corpus, I I I / I I I , T f . X I V 27.

134 V g l . hierüber unten, A n m . 150. 136

S. A n h a n g , S. 65 f.

138

Offner, Studies. 99, sieht in den Fresken durchweg eine starke Beteiligung von Gehilfen. — Datierungsvorschläge : Suida scheint sie früher ansetzen zu wollen als die Fresken der Cap. Strozzi, ebenso V a n Marie I I I , 482 f . , der sie für sogar noch früher entstanden hält als die Malereien der Badia, die er schon v o r diejenigen der Strozzi-Kapelle datiert. Bei dem heutigen Zustand der Malereien ist es ein wenig aussichtsreiches Unterfangen, eine genauere Datierung versuchen zu wollen. Vieles spricht in der Tat dafür, daß die Wandbilder noch in den A n f a n g des sechsten Jahrzehnts gehören: die Zueinanderordnung der Figuren zeigt nur geringe Ansätze zu einer Loslösung v o m Prinzip der flächenmäßigen Schichtung; die Figuren selbst sind untersetzter als in der Strozzi-Kapelle, mit Ausnahme freilich der beiden Besucherinnen in der Wochenstube, die bereits die schlanken Proportionen der heiligen Frauen des Paradiesbildes zeigen.

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137

D e r einzige ernsthafte Versuch, die Tafelbilder Nardos chronologisch zu ordnen, findet sich bei G o m b o s i : „ N a r d o s Madonna im Museum der Bild. Künste in Budapest", in: A Szepmüveszeti Muzeum E v k ö n y — J h b . d. Mus. d. bild. Künste in Budapest, V , 1927/8, 5 f. (mit deutschem Auszug). Die Chronologie Gombosis ist jedoch deswegen hinfällig, weil er in das Werk Nardos eine Anzahl Bilder aufnimmt, die sicherlich von ganz anderer Hand sind (u. a. die Madonnentafeln in Budapest und in SS. Apostoli in Florenz, von J . di Cione; den Bcrnhardsaltar, Flor. A k a d . , von dem „ M e i s t e r der Rinuccini-Kapelle"). S. auch A n m . 150. — Wertvolle Anregungen zur Chronologie gibt Offner, Studies, S. 97 ff.

138

S. Cat. of the Constantine Alex. Ionides Coli., I , 1925, N o . 104, als „ S c h o o l of Orcagna". Maße: H. 1 2 1 , B. 79,5 cm. — Das Bild wurde, bis Siren, Giottino S. 72, die Zuschreibung an N a r d o aussprach, f ü r ein Werk des B. Daddi gehalten. So zuerst Schubring, Jahrb. d. K ö n . Preuß. Kunstslgn., X X I , 1900, 164, dann G r a f Vitzthum, Bern. Daddi, S. 2 1 , 62/3, und Khvoshinski-Salmi, I Pittori toscani, IT, 1 9 1 4 , 23

(die das Bild jcdoch S. 30 auch als

Werk Nardos aufführen!). — Die Zuschreibung Sirens ist seither allgemein akzeptiert. 138

A u s Slg. Baron Tucher, Wien. V g l . Münchner Jahrb. 1908, I, A b b . 2. — Zuerst Nardo zugeschrieben von Offner, A r t in America, A p r . 1924, 99 f. — Maße: H. 95 cm, B . 44 cm. — Das Bild ist mir im Original nicht bekannt.

140

Z u diesen beiden Bildern gesellt sich als sicheres Erzeugnis einer relativ frühen Entwicklungsphase Nardos ein Predellenfragment, darstellend eine Szene aus der Benediktslegende (die Knaben Maurus und Placidus werden dem Heiligen zugeführt), in der Sammlung Berenson in Settignano bei Florenz (erste Zuschreibung durch Siren, Giottino, S. 89; A b b . Siren, Giotto, I I , T f . 2 1 3 oben). Der Maler steht in der feinen kleinen Tafel, die zu einem verschollenen Altarwerk gehört, sehr deutlich auf der Stilstufe der Pala Strozzi Orcagnas.

141

Kat. der NationalGallery, N o . 581. Erste Zuweisung an N a r d o : Offner, Art in A m . , a. a. O. — Van Marie I I I , 5 1 1 , glaubt sie einem anonymen Meister geben zu müssen, den er den „ C o m pagno dell'Orcagna" nennt. (Die Tafel mit dem Hl. Petrus in SS. Stefano e Cecilia in Florenz, die Van Marie ebendort in Zusammenhang mit den Londoner Heiligen bringt, ist von J a c o p o di Cione, v g l . A n m . 51.)

142

S o bei Siren, Giottino, S. 69, und im Katalog der National Gallery.

143

S. Cat. of the Galler)' of A r t of the N . Y . H . S . , 1 9 1 5 , The Bryan Coli., N o . B-3. D a s Bild erkannte Suida auf G r u n d der Lithographie im Katalog der Pariser Sammlung Artaud de M o n t o r (1843, pl. 7, als „ G u i d o de Sienne") als Arbeit Nardos (Flor. Maler, 21 f.); die Zuschreibung blieb unwidersprochen. — Maße: H. 195, B . 97,5 cm. Das Bild ist mir nur aus der Reproduktion bekannt.

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S o ist die Nachricht v o n einer großen Madonenntafel überliefert, die sich in den Räumen der gabella de' contratti in Florenz befand, und welche die folgende Inschrift trug: „ A . D . 1356 Nardus Cionis de Florentiae me f e c i t " (Nachweis v o n G e o r g Gronau, vgl. Thieme-Becker X X V I , 40).

146

Bajmocz ist der ehem. ungarische, Bojnicke der heutige tschechische Ortsname. D e r Altar ist mir im Original nicht bekannt. Der Rahmen ist moderne Arbeit. — F ü r Erlaubnis der Reproduktion ist der V e r f . Prof. Offner zu großem Dank verpflichtet. — Maße: Mitteltafel H. 106, B . 49 c m ; Seitentafeln je 91 X 33 cm, Predella Mitte: H. 3 1 , B . 53 cm, Seitenteile je 31 X 36 cm. — A u c h dieses Werk wurde, ehe der Stil Nardos in seinem U m f a n g erkannt worden war, Orcagna zugewiesen (T. Gerevich und A . Colasanti, Rass. d'Arte X I I , 1 9 1 2 , 168, erste Publizierung). — Die Z u w e i s u n g an N a r d o gleichzeitig bei Berenson, Ital. Pict., 383, und Thieme-Becker X X V I , 40. Über den Zustand vgl. Gerevich, a. a. O .

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F ü r die freundliche Beschaffung der Abbildungsvorlagen dieser Bilder wie der Madonnentafel der Historical Society sei auch an dieser Stelle P r o f . Offner gedankt. — Cat. of the Jarves Coli., Y a l e Univ., N e w H ä v e n , 1 9 1 6 , N o . 1 3 , 14, als Werke Orcagnas (Siren). Mir nur aus der Photographie bekannt. Maße je 1 0 1 , 5 X 41 cm. — Offner, A r t in A m . , a. a. O . , gab die Tafeln

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zuerst Nardo. Allein Van Marie hält noch an der Zuschreibung an Orcagna fest (III, 468/9), nach ihm gehörten die Heiligen in Orcagnas reifste Entwicklungsphase. 147

148 14s

Kat. der älteren Pinakothek 1 ? , 1930, H. G. No. 1027/8 (als Spinello Aretino). M a ß e : je 144X72 cm. Die Benennungen der Heiligen im Katalog vielfach unzutreffend. — Siren, Giottino 72, als W e r k Nardos; so auch Offner a. a. O. Van Marie III, 511 gibt sie seinem „ C o m p a g n o " (vgl. Anm. 141). V. etwa 1358 bis 1362 hat Orcagna häufig i. Orvieto geweilt (vgl. d. Regesten bei St. S. 5 5 f.). Mit den beiden Altären bringt schon Siren, Giottino S. 72, die Tafeln in Verbindung. — Offner, Studies S. 100, schreibt die Ausführung der Tafeln größtenteils Gehilfen zu. Vgl. auch die folgende Anm.

160 j j e r Altar in S. Croce (seit Jahren in Restaurierung) abg. Van Marie III, S. 513. Die beiden Altäre finden sich bei Gombosi, a . a . O . , als eigenhändige Arbeiten Nardos verzeichnet; Siren hält sie für Werke der bottega des Nardo, die Jacopo di Cione zu Ende geführt habe. Van Marie III, 513 f. gibt die Altäre seinem „ C o m p a g n o " . Daß der Maler von Orcagna wie Nardo beeinflußt sei, vermutet auch Offner, Studies, 100. — Ich glaube die gleiche „ H a n d " wiedererkennen zu können in dem bereits erwähnten Predellenbild des Ashmolean Museums in Oxford (Abb. 56), darstellend die Geburt Mariä (vgl. S. 5s, als W e r k aus dem Kreise Orcagnas publ. von Suida, Monatsh. f. Kunstwiss., 1908, S. 1011/12). Die übrigen Teile der Predella, zusammengestellt von Steinweg, Thieme-Becker X X V I , 38, sind charakteristische Erzeugnisse der Orcagna-Werkstatt und stehen Jacopo di Cione besonders nahe. Das mag als Beweis dafür stehen, welchen Grad die Verbindung zwischen den drei Brüdern gegen Mitte der sechziger Jahre angenommen hatte. 161 152

Giottino, S. 74. Es seien zum Abschluß noch zwei Bilder genannt, die Nardo mit Recht zugewiesen worden sind. 1. F i e s o l e , Museo Bandini. Christus am Kreuz, zwei Engel fangen das Blut auf, Magdalena, knieend und das Kreuz umfassend, Maria und Johannes, zu den Seiten stehend; in der Predella des tabernakelartigen, mittelgroßen Bildes 5 Heilige in Halbfigur. Feine, sicher völlig eigenhändige Arbeit aus Nardos Spätzeit (Siren, Giotto I, 252; Abb. ebda. II, Tf. 209 rechts). — 2. N e w Y o r k , Slg. H. Goldman. Kleines Tragaltärchen. Mitteltafel: Halbfigur der Madonna mit dem Kinde; in den Flügeln die Heiligen Petrus und Joh. Evangelista. Zuschreibung Offners, Art in Am., a. a. O. (dort Abbildung). Die Madonna ist außerordentlich nahe derjenigen in der Sammlung Jones in Minneapolis verwandt; an Ausdruckskraft der Empfindung, an Kostbarkeit der Ausführung scheint das Triptychon jenes Bild noch zu übertreffen. Der Gewandbehandlung nach ist das Tragaltärchen wohl später anzusetzen. — Offner hebt zwei Momente hervor: 1. Die Heiligen in den Flügeln wenden sich der Mitte zu; sie sind deutlich auf Maria bezogen. 2. Das Motiv der Madonna in Halbfigur, begleitet von Heiligen in ganzer Figur, kommt in Florenz nicht vor, dagegen zweimal in Siena (Duccio, National Gallery, London, Abb. Van Marie II, S. 16; Ambrogio Lorenzetti, Polyptychon, Siena, Accademia, Abb. ebda., S. 425).

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Vgl. hierfür besonders H. v. d. Gabelentz, D. kirchl. Kunst i. Italien. Mittelalter, 1907, S. 208.

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Durch den erst vor kurzem erfolgten Nachweis, daß dies bedeutende Tafelbild in den Jahren 1363/4 entstand (Dokumente publ. von P. Bacci, II trionfo di San Tommaso etc., in: La Diana, V, 1930, 161 ff.), ist die immer wieder aufgestellte These einer Beeinflussung Orcagnas durch Traini des wichtigsten Arguments beraubt worden. Die Zuschreibung an Traini neuerdings als unhaltbar abgelehnt durch M . Meiß, The problem of Francesco Traini, in: The Art Bulletin, Juni 1933, 97 fr. Die Urkunde findet sich verzeichnet in einem Ms. des P. Vincenzo Fineschi (Flor., Bibl. Naz., Conv. soppr. F. 5—491); abgedruckt bei C. di Pierro, Giorn. stor. della lett. ital., Bd. 47, 1906, 15 f. Sie lautet (nach Pierro): „ N o t u m sit fratribus universis de conventu florentino quod licet f. Jacobus Passavante operarius ecclesie fecit pingi Cappellam majorem

165

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istius ecclesie ad expensas quorundam de Tornaquincis, nullum tarnen jus habent, quod in dicta Cappella possint petere sepulturam, nec ipsi petiverunt, nec eis fuit concessum a Conventu; sed solum quod arma earum ibi arma ponerentur sicut sunt et hoc fuit declaratum tempore quo Rev. Pater Mag. de Strozzis erat Provincialis istius Provinciae et ipse tenuit consilium super hoc . . . anno ilio quo magna mortalitas est sequuta." 1M

Bei Baldinucci a. a. O . (ohne Zitat der Quelle) findet sich, daß Orcagna die Fresken „ 1 3 5 0 " ausgeführt habe; das Jahr mag sehr w o h l das Vollendungsdatum bedeutet haben. W o o d Brown (The Dominican Church of S. M. N . , 1902, 128 f.) hat, offenbar infolge unrichtiger Interpretierung der Angaben des Necrologiums, die Entstehungszeit der Fresken in die Jahre zwischen 1340 und 1348 verlegen wollen.

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Es kommt jedoch auch vor, daß der Thron der Madonna an die eine Seite des Bildes gerückt ist. So bereits in einem Mosaik des späten Dugento, das sich ursprünglich in S. M. Maggiore in Rom befand (vgl. V a n Marie, I, 500 f., mit Abb.-Nachweis). Im 14. Jahrh. gelegentlich in Oberitalien, so in Bergamo (vgl. Toesca, La pitt. e la miniat. nella Lombardia, A b b . S. 271, 272), in Mocchirolo (Prov. Mailand, Oratorio), in S. Stefano in Lentate sul Sevèso (Abbildungen bei Van Marie, I V , S. 249, S. 251), in Verona (Fresko Altichieros in S. Anastasia, Cap. Cavalli, A b b . Van Marie, I V , S. 151).

168

Eine ausführliche Untersuchung über das Thema des Fürbitt-Bildnis dürfte nicht auf Italien allein beschränkt bleiben, sondern müßte auch den reichen Denkmälerbestand des Nordens einbeziehen und sich mit der Frage befassen, wieweit diese Beispiele sich von den italienischen Darstellungen ableiten lassen. Die Beziehungen liegen klar zutage bei dem bedeutensten Beispiel der deutschen Malerei, bei Dürers Rosenkranzbild,

DIE WICHTIGSTE, HÄUFIGER ZITIERTE LITERATUR B. Berenson, Italian Pictures of the Renaissance, London 1932 J. Colnaghi, Dictionary of Florentine Painters, London 1929 J. Crowe and G . C a v a l c a s e l i , History of Painting in Italy, engl. Ausg. v. R. Langton Douglas, Bd. II (Giotto and the Giottesques), London 1903 Karl Frey, Die Loggia dei Lanzi, Berlin 1885 Ghiberti, Commentarli = Denkwürdigkeiten des Lorenzo Ghiberti, herausg. v. J. von Schlosser, Berlin 1912 G . Gombosi, Spinello Aretino, eine stilgeschichtliche Studie usw., Budapest 1926 Raimond van Marie, The Development of the Italian Schools of Painting, Haag 1923/25 Rich. Offner, A Corpus of Florentine Painting, N e w Y o r k 1930 ff. Rich. Offner, Studies in Florentine Painting, New Y o r k 1927 Osvald Siren, Giottino und seine Stellung in der gleichzeitigen florentin. Malerei, Leipzig 1908 O . Sirén, Giotto and some of his followers, Cambridge, Mass., 1917 Klara Steinweg, Andrea Orcagna, Zur Kunstgesch. d. Ausi. Heft 131, Straßburg 1929 Wilh. Suida, Florcntinische Maler um die Mitte des X I V . Jahrhunderts, Straßburg 1905 Thieme-Becker = Allg. Lexikon der bild. Künstler, begr. v. U. Thieme und F. Becker Pietro Toesca, Die

florentinische

Malerei des X I V . Jahrh., Florenz-München 1929

G . Vasari, Le Vite etc., A u s g . von 1568, herausg. von G . Milanesi, Florenz 1878 A . Venturi, Storia dell'Arte Italiana, 1901 ff. Bollettino d'Arte del Ministero della Pubblica Istruzione, 1. Serie, Rom 1907 ff., 2. Serie, The Burlington Magazine, L o n d o n 1903

ff.

[ R o m 1921/2 ff.

Dedalo, Mailand 1922/3 ff. Rassegna d'Arte, Mailand 1900—1922 Rivista d'Arte, Florenz 1904 ff. A . S . F . = R . Archivio di Stato, Firenze

87

istius ecclesie ad expensas quorundam de Tornaquincis, nullum tarnen jus habent, quod in dicta Cappella possint petere sepulturam, nec ipsi petiverunt, nec eis fuit concessum a Conventu; sed solum quod arma earum ibi arma ponerentur sicut sunt et hoc fuit declaratum tempore quo Rev. Pater Mag. de Strozzis erat Provincialis istius Provinciae et ipse tenuit consilium super hoc . . . anno ilio quo magna mortalitas est sequuta." 1M

Bei Baldinucci a. a. O . (ohne Zitat der Quelle) findet sich, daß Orcagna die Fresken „ 1 3 5 0 " ausgeführt habe; das Jahr mag sehr w o h l das Vollendungsdatum bedeutet haben. W o o d Brown (The Dominican Church of S. M. N . , 1902, 128 f.) hat, offenbar infolge unrichtiger Interpretierung der Angaben des Necrologiums, die Entstehungszeit der Fresken in die Jahre zwischen 1340 und 1348 verlegen wollen.

167

Es kommt jedoch auch vor, daß der Thron der Madonna an die eine Seite des Bildes gerückt ist. So bereits in einem Mosaik des späten Dugento, das sich ursprünglich in S. M. Maggiore in Rom befand (vgl. V a n Marie, I, 500 f., mit Abb.-Nachweis). Im 14. Jahrh. gelegentlich in Oberitalien, so in Bergamo (vgl. Toesca, La pitt. e la miniat. nella Lombardia, A b b . S. 271, 272), in Mocchirolo (Prov. Mailand, Oratorio), in S. Stefano in Lentate sul Sevèso (Abbildungen bei Van Marie, I V , S. 249, S. 251), in Verona (Fresko Altichieros in S. Anastasia, Cap. Cavalli, A b b . Van Marie, I V , S. 151).

168

Eine ausführliche Untersuchung über das Thema des Fürbitt-Bildnis dürfte nicht auf Italien allein beschränkt bleiben, sondern müßte auch den reichen Denkmälerbestand des Nordens einbeziehen und sich mit der Frage befassen, wieweit diese Beispiele sich von den italienischen Darstellungen ableiten lassen. Die Beziehungen liegen klar zutage bei dem bedeutensten Beispiel der deutschen Malerei, bei Dürers Rosenkranzbild,

DIE WICHTIGSTE, HÄUFIGER ZITIERTE LITERATUR B. Berenson, Italian Pictures of the Renaissance, London 1932 J. Colnaghi, Dictionary of Florentine Painters, London 1929 J. Crowe and G . C a v a l c a s e l i , History of Painting in Italy, engl. Ausg. v. R. Langton Douglas, Bd. II (Giotto and the Giottesques), London 1903 Karl Frey, Die Loggia dei Lanzi, Berlin 1885 Ghiberti, Commentarli = Denkwürdigkeiten des Lorenzo Ghiberti, herausg. v. J. von Schlosser, Berlin 1912 G . Gombosi, Spinello Aretino, eine stilgeschichtliche Studie usw., Budapest 1926 Raimond van Marie, The Development of the Italian Schools of Painting, Haag 1923/25 Rich. Offner, A Corpus of Florentine Painting, N e w Y o r k 1930 ff. Rich. Offner, Studies in Florentine Painting, New Y o r k 1927 Osvald Siren, Giottino und seine Stellung in der gleichzeitigen florentin. Malerei, Leipzig 1908 O . Sirén, Giotto and some of his followers, Cambridge, Mass., 1917 Klara Steinweg, Andrea Orcagna, Zur Kunstgesch. d. Ausi. Heft 131, Straßburg 1929 Wilh. Suida, Florcntinische Maler um die Mitte des X I V . Jahrhunderts, Straßburg 1905 Thieme-Becker = Allg. Lexikon der bild. Künstler, begr. v. U. Thieme und F. Becker Pietro Toesca, Die

florentinische

Malerei des X I V . Jahrh., Florenz-München 1929

G . Vasari, Le Vite etc., A u s g . von 1568, herausg. von G . Milanesi, Florenz 1878 A . Venturi, Storia dell'Arte Italiana, 1901 ff. Bollettino d'Arte del Ministero della Pubblica Istruzione, 1. Serie, Rom 1907 ff., 2. Serie, The Burlington Magazine, L o n d o n 1903

ff.

[ R o m 1921/2 ff.

Dedalo, Mailand 1922/3 ff. Rassegna d'Arte, Mailand 1900—1922 Rivista d'Arte, Florenz 1904 ff. A . S . F . = R . Archivio di Stato, Firenze

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ORTSVERZEICHNIS A m s t e r d a m 34 ff., 67, 80 Assisi 18, 68 B ä j m o c z (Bojnicke) 58 ff. B e r g a m o 72 Berlin, Kaiser-FriedrichM u s e u m 38,42, 48 f., 81,83 B u d a p e s t 85 Fiesole 76, 86 F l o r e n z passim H a a r l e m 7 1 , 76 J e n a 75

S e t t i m o ( F l o r e n z ) 82

G i o t t i n o 68 f., 84

S i e n a 14, 46, 52 f.

G i o t t o 18, 42, 62, 7 1 , 82

S u b i a c o 32, 79 f.

G i o v a n n i d a M i l a n o 71

T o l e d o 75

G i o v a n n i d i C o s m a 69

T r e v i s o 82

J a c o p o di C a s e n t i n o 62, 77

V e n e d i g , S. M . dei Frari 7,

J a c o p o di C i o n e 9 f., 23, 26 f.,

1 3 , 68, 7 0

L o m b a r d o , P i e t r o 72

V e z z o l a n o 70

L o r e n z e t t i , A m b r o g i o 46,

V i b o l d o n e 70

5 2 f., 6 2 , 7 6

V i l l a m a g n a ( F l o r e n z ) 76

L o r e n z o di N i c c o l ò 73, 77

W ien, A l b e r t i n a 32 ff., 7 1 , 79

L o r e n z o M o n a c o 45 L o r e n z o V e n e z i a n o 70

KÜNSTLERVERZEICHNIS

Maestro Stefano 9 M a r i o t t o di N a r d o 76

L u c i g n a n o 32, 79 f.

A l t i c h i e r o 68, 87

L u g a n o 83

A n d r e a di B a r t o l o 83

M a d r i d 75

A n d r e a d a F i r e n z e 19, 46 f.,

M a i l a n d 70, 72

75 f-. 77. 8 5 f-

V e r o n a 68, 70, 87

L e n t a j e sul Sevèso 87 L o n d o n 56, 57 ff.

6°.

63

M a s a c c i o 72 Maso

di B a n c o

18,

29 f . ,

37 f., 51 f., 54, 6 1 ff., 7 8 , 8 1 ,

83

Alassa M a r i t t i m a 76

A n g e l i c o , Fra 45

M i n n e a p o l i s 56 f., 86

A r n o l f o di C a m b i o 47, 7 1

M o c c h i r o l o 87

B a r n a d a S i e n a 53, 83 f.

M e i s t e r dei Pietà F o g g 62

M ü n c h e n 59 f., 75

B a r t o l o di F r e d i 80, 83

M e i s t e r der R i n u c c i n i - K a p e l l e

N e w H a v e n 59

B i a d a i o l o - M e i s t e r 62

Neu- Y o r k 57 ff., 7 1 , 86

B i o n d o , G i o v . del 76 f.

O r v i e t o 71, 86

Botticelli 39

O x f o r d 5 ; , 86

B u f f a l m a c c o 47, 82

P a d u a 68

C a v a l l i n i , Pietro 69

Paris 46, 75

C r i s t i a n i , G i o v . di Bart. 73

P a r m a 7 1 , 76

D a d d i , B e r n . 18, 20, 22, 42,

P e r u g i a 71 Pisa 28, 31 ff., 43, 46, 63, 72, 7 8 , 86

Pistoia 9 P r a t o 73 f. R i c h m o n d 39 R o m passim

45. 55. 58 f-, 62 f., 7 1 D ü r e r 87 F i l i p p i n o 72 G a d d i , A g n o l o 64, 7 1 , 73 f., 76 G a d d i , T a d d e o 9 , 1 8 , 2 1 , 5 4 f., 6 1 f.

S. G i m i g n a n o 53, 77, 83 f.

G e r i n i , N i c c o l ò 60, 73

S e t t i g n a n o (Florenz) 85

G h i r l a n d a i o 55, 65 f.

88

Meister

der

Dominikaner-

B i l d n i s s e 62

85 Meister des

Cäcilien-Altares

77 N u z i , A l l e g r e t t o 81 P a c i n o di B o n a g u i d a 48, 62, 73. 83 Paolo V e n e z i a n o 13, 70 P u c c i o C a p a n n a 47, 73 Q u e r c i a , J a c o p o della 72 S i m o n e M a r t i n i 46, 52 f., 77 S p i n e l l o A r e t i n o 64, 73 T i z i a n 72 T o m m a s o da M o d e n a 8 2 T r a i n i 31 f., 34, 43, 46, 63, 73, 7 7 f., 82, 86

U g o l i n o d a S i e n a 48 f., 83

ORTSVERZEICHNIS A m s t e r d a m 34 ff., 67, 80 Assisi 18, 68 B ä j m o c z (Bojnicke) 58 ff. B e r g a m o 72 Berlin, Kaiser-FriedrichM u s e u m 38,42, 48 f., 81,83 B u d a p e s t 85 Fiesole 76, 86 F l o r e n z passim H a a r l e m 7 1 , 76 J e n a 75

S e t t i m o ( F l o r e n z ) 82

G i o t t i n o 68 f., 84

S i e n a 14, 46, 52 f.

G i o t t o 18, 42, 62, 7 1 , 82

S u b i a c o 32, 79 f.

G i o v a n n i d a M i l a n o 71

T o l e d o 75

G i o v a n n i d i C o s m a 69

T r e v i s o 82

J a c o p o di C a s e n t i n o 62, 77

V e n e d i g , S. M . dei Frari 7,

J a c o p o di C i o n e 9 f., 23, 26 f.,

1 3 , 68, 7 0

L o m b a r d o , P i e t r o 72

V e z z o l a n o 70

L o r e n z e t t i , A m b r o g i o 46,

V i b o l d o n e 70

5 2 f., 6 2 , 7 6

V i l l a m a g n a ( F l o r e n z ) 76

L o r e n z o di N i c c o l ò 73, 77

W ien, A l b e r t i n a 32 ff., 7 1 , 79

L o r e n z o M o n a c o 45 L o r e n z o V e n e z i a n o 70

KÜNSTLERVERZEICHNIS

Maestro Stefano 9 M a r i o t t o di N a r d o 76

L u c i g n a n o 32, 79 f.

A l t i c h i e r o 68, 87

L u g a n o 83

A n d r e a di B a r t o l o 83

M a d r i d 75

A n d r e a d a F i r e n z e 19, 46 f.,

M a i l a n d 70, 72

75 f-. 77. 8 5 f-

V e r o n a 68, 70, 87

L e n t a j e sul Sevèso 87 L o n d o n 56, 57 ff.

6°.

63

M a s a c c i o 72 Maso

di B a n c o

18,

29 f . ,

37 f., 51 f., 54, 6 1 ff., 7 8 , 8 1 ,

83

Alassa M a r i t t i m a 76

A n g e l i c o , Fra 45

M i n n e a p o l i s 56 f., 86

A r n o l f o di C a m b i o 47, 7 1

M o c c h i r o l o 87

B a r n a d a S i e n a 53, 83 f.

M e i s t e r dei Pietà F o g g 62

M ü n c h e n 59 f., 75

B a r t o l o di F r e d i 80, 83

M e i s t e r der R i n u c c i n i - K a p e l l e

N e w H a v e n 59

B i a d a i o l o - M e i s t e r 62

Neu- Y o r k 57 ff., 7 1 , 86

B i o n d o , G i o v . del 76 f.

O r v i e t o 71, 86

Botticelli 39

O x f o r d 5 ; , 86

B u f f a l m a c c o 47, 82

P a d u a 68

C a v a l l i n i , Pietro 69

Paris 46, 75

C r i s t i a n i , G i o v . di Bart. 73

P a r m a 7 1 , 76

D a d d i , B e r n . 18, 20, 22, 42,

P e r u g i a 71 Pisa 28, 31 ff., 43, 46, 63, 72, 7 8 , 86

Pistoia 9 P r a t o 73 f. R i c h m o n d 39 R o m passim

45. 55. 58 f-, 62 f., 7 1 D ü r e r 87 F i l i p p i n o 72 G a d d i , A g n o l o 64, 7 1 , 73 f., 76 G a d d i , T a d d e o 9 , 1 8 , 2 1 , 5 4 f., 6 1 f.

S. G i m i g n a n o 53, 77, 83 f.

G e r i n i , N i c c o l ò 60, 73

S e t t i g n a n o (Florenz) 85

G h i r l a n d a i o 55, 65 f.

88

Meister

der

Dominikaner-

B i l d n i s s e 62

85 Meister des

Cäcilien-Altares

77 N u z i , A l l e g r e t t o 81 P a c i n o di B o n a g u i d a 48, 62, 73. 83 Paolo V e n e z i a n o 13, 70 P u c c i o C a p a n n a 47, 73 Q u e r c i a , J a c o p o della 72 S i m o n e M a r t i n i 46, 52 f., 77 S p i n e l l o A r e t i n o 64, 73 T i z i a n 72 T o m m a s o da M o d e n a 8 2 T r a i n i 31 f., 34, 43, 46, 63, 73, 7 7 f., 82, 86

U g o l i n o d a S i e n a 48 f., 83

WERKVERZEICHNIS Andrea Orcagna Trionfo della Morte, Florenz S. Croce 9, 27, 37, 51 Altarbild, Florenz S. M. Novella Cap. Strozzi 9, 12, 20, 24, 27, 29, 35, 43, 47, 61, 67, 70, 75 Tabernakel, Florenz Orsanmichele 9, 20, 24, 41, 47 Orcagna, Verlorene Werke Fresken, Florenz S. S. Annunziata 74 Fresko, Florenz, S. Apollinare 74 Fresken, Florenz S. Croce 28, 45 Fresken, Florenz S. M. Novella Cap. Maggiore 27, 61, 63, 65 O r c a g n a (und J a c o p o di C i o n e ) Matthäustafel, Florenz, Uffizien 9, 23, 40, 58 O r c a g n a (und W e r k s t a t t ) Baronci, Triptychon, Amsterdam, Sammlung Lanz 34, 67, 80 Altarbild, Florenz, Badia, Cap. Bonsi 38, 60 Altarwerk, Florenz, Akademia, Vorrat (aus S. M. Maggiore) 80 N a r d o di C i o n e Altarwerk, Bàjmocz (Bojnicke), Graf Pàlffy 58 Kreuzigung, Fiesole, Mus. Bandini 86 Madonna (verschollen), Gabella di contratti 85 Fresken, Florenz, Cap. Giochi e Bastari Fresken, Florenz, S. M. Novella, Cap. Maggiore 65 Fresken, Florenz, S. M. Novella, Cap. Strozzi 9, 14, 41, 50, 53, 61 Fresken, Florenz, S. M. Novella, Kreuzgang, Cap. S. Anna 53 Drei Heilige, London, Nat. Gali. 57 Marienkrönung, London, Victoria and Albert Mus. 56 Madonna mit Kind, Minneapolis, Sammlung Herschel v. Jones 56, 86 Zwei Tafelbilder, München, Alt. Pinakothek 59 Zwei Heilige, New Häven, Yale Univ., Jarves Coli. 59 Madonna mit Kind und Heiligen, New York, Hist. Society 57 Triptychon, Sammlung H. Goldman 86 Benediktszene, Settignano (Florenz), Sammlung Berenson 85

Dil-. B I L D HR

4 O r c a g n a , St rozzi-Altar, Thomas messe

TOiffWr-mMfttarffT

5 O r c a g n a , Strozzi-Aitar, Navicella

6 O r c a g n a , Strozzi-Altar, T o d Kaiser Heinrichs

12 C) resili na, Tabe nia kel. T o d María und ( »ürtclspcnde

13 O r e a u: na (und Jacopo di Ci one), Matthäus-Tafel. Florenz, Uftízíen

18 O r c a g n a , Tri on to della Morte (Fragment). Florenz, S. Croce

20 M a s o d i B a n c o , Drachenzähmung und Hrwcckungswunder des Meiligen Sylvester, Florenz, S. Croce, Cap. Bardi

24 .Masti d i B a n c o , M a d o n n a mit K i n d . F l o r e n z , S. Spirito

29 N a r d o , J ü n g s t e s ( ì er ¡cht, Oie S e l i g e n

30 N a r d o , J ü n g s t e s G e r i c h r, Die V e r d a m m t e n

3 N u r d o, Porträt Pjtr.irc.is ( ? ) , Ausschnitt aus iJjn SJIÍ^JH des J ü n g s t e n ( ì c r i c h t s

35 N a r d o , O e r I ICÍHLÍC T i n unas mir dun A i t ri huren d e r I : o r r i r u d o . A u s s c h n i r r v o m G e w ö l b e d e r C a p . S t r o z z i , M o r e n o , S. M . N o v e l l a

3 1 F l o r e t u i n i s c h u m H 5 0 , Hartholomiiusmarrcr ( A u s s c h n i t t ) . F l o r e n z , B a d i a , C'appella C o v o n e

44 N a r d o (und Werksratr), Cap. S. Anna, Oer I Ici lige Thomas

4S N a r d o , M a d o n n a mir K i n d u n d Heiligen. N e w Y o r k , T h e N e w Y o r k Historical Socie tv

49, 5 ° N a i ' d o , D e r Heilige J o h a n n e s B a p t . u n d d e r Heilige Petrus. C a m b r i d g e , Mass. Yale U n i v c r s i t y , Slg. J a r v e s

52, 53 N a r d o ( u n d W e r k s t a t t ) , Z w e i Altartafeln. M ü n c h e n , Alt. P i n a k o t h e k

IkVt*« íi

57 W e r k s t a t t N a r d o s , Mariengeburt. Oxford, Ashmolean Museum

frnuuiifp m brr.iatni i ra3tntutnw«nuuiu«3n«

58 B o l o g n e s i s c h , i 4 . Jahrh., Miniatur, Christus verleiht die weltliche und die kirchliche Macht. Siena, Stadtbibliothek