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German Pages [36] Year 2012
Ludger Honnefelder
Prof. Dr. Dr. h.c., em. Professor der Philosophie an der Universität Bonn, Guardini-Professor und Otto Warburg Senior Research Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin (2005–2007/2009–2012), ehemaliger Direktor des AlbertusMagnus-Instituts
Lectio Albertina
Albertus-Magnus-Institut
Ludger Honnefelder Albertus Magnus und die kulturelle Wende im 13. Jahrhundert – Perspektiven auf die epochale Bedeutung des großen Philosophen und Theologen
ISBN 978-3-402-11194-9
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Honnefelder Albertus Magnus und die kulturelle Wende im 13. Jahrhundert – Perspektiven auf die epochale Bedeutung des großen Philosophen und Theologen
Ludger Honnefelder
Albertus Magnus und die kulturelle Wende im 13. Jahrhundert – Perspektiven auf die epochale Bedeutung des großen Philosophen und Theologen
Lectio Albertina Band 13
© 2012 Aschendorff Verlag GmbH & Co. KG, Münster Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf fotomechanischem oder ähnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergütungsansprüche des § 54 Abs. 2 UrhG werden durch die Verwertungsgesellschaft Wort wahrgenommen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier Fotografie und Umschlaggestaltung: Rüdiger Block, Hürth Satz: Albertus-Magnus-Institut, Bonn TUSTEP -Satzprogramm bereitgestellt von Dr. Michael Trauth, Trier Druck: Aschendorff Druckzentrum GmbH & Co. KG, Druckhaus Aschendorff, Münster ISBN 978–3– 402–11194–9
Albertus Magnus und die kulturelle Wende im 13. Jahrhundert – Perspektiven auf die epochale Bedeutung des großen Philosophen und Theologen Ludger Honnefelder, Bonn
In der Kultur- und Geistesgeschichte der Menschheit gibt es Phänomene und Gestalten, die sich gegen den einfachen Zugriff sperren und nicht auf eine einzige Formel zu bringen sind. Nicht selten erfahren sie deshalb das Schicksal, verkannt, unterschätzt oder zumindest in ihrer epochalen Bedeutung fehl eingeschätzt zu werden. Zu den Phänomenen dieses Typs gehört zweifellos das, was wir Europa nennen; und zu den Gestalten, denen solches widerfährt, ist sicher Albertus Magnus zu zählen. Dass sie beide unter den bis heute immer noch unbegriffenen Phänomenen und Gestalten begegnen, ist kein Zufall, stehen beide doch in einem engen Zusammenhang. Europa – so liest man in allen einschlägigen Untersuchungen1 – ist weder geographisch zu fassen, es sei denn, man behilft sich mit der groben Umschreibung als einer Halbinsel des asiatischen Kontinents, noch politisch zu definieren, ja nicht einmal über seine kulturellen Ingredienzen zu bestimmen. Auch historisch haben wir beim Blick auf den Ablauf der verschiedenen Gestalten Europas Schwierigkeiten. Denn die Antike kennt das, was wir Europa nennen, noch nicht – allenfalls wäre das um das Mittelmeer gruppierte römische Reich und die im Zuge Alexanders sich ausbreitende hellenistische Kultur zu nennen –, und die Neuzeit kennt es bis zu dem späten, nach den Weltkriegen einsetzenden Versuch einer europäischen Einigung gleichsam nicht mehr. Zugleich ist das, was Europa im Kern ausmacht, zu einem Ingredienz der ganzen (zumindest westlichen) Welt geworden. Am ehesten – so sagen die Historiker – hat es Europa zur Zeit des Mittelalters gegeben. Jedenfalls gibt es kein anderes Ereignis in der Vergangenheit, so R. Schieffer (der die Lectio Albertina 1998 gehalten hat),2 bei dem sich so viele verschiedene der auf der Halbinsel beheimateten Regionen, Volksstämme und Konfessionen versammelt haben wie 1215 beim IV . Laterankonzil.3 1 Vgl. etwa die Überblicke bei: Gollwitzer 1982 und 1972; Maier 1995; Schieder 1986 sowie die Sammelbände Koslowski 1992; Delgado / Lutz-Bachmann 1995. 2 Vgl. Schieffer 1999. 3 Vgl. dazu Schieffer 2006.
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Was sie zusammenführte, war der über alle politische Zugehörigkeiten, kulturelle Verschiedenheiten und kirchlich-konfessionelle Gliederungen hinausgehende christliche Glaube, und die Form ihrer Einheit war bezeichnenderweise ein Konzil. I. Beides ist für die Antwort auf die Frage nach dem Phänomen Europa von Bedeutung. Nicht als wäre Europa zur Zeit des IV . Laterankonzils rundum christlich gewesen – im größten Teil Spaniens lebte eine muslimische Bevölkerung, und im Osten gab es die nicht zur Christenheit gehörenden TatarenVölker, von den allenthalben in Europa existierenden jüdischen Glaubensgemeinschaften ganz abgesehen – oder als hätte das Konzil ein Europa geschaffen, das sich als politisch-kulturelle Einheit verstand. Die Antwort auf die Frage nach dem Phänomen Europa zeigt sich im Blick auf die Form der Einheit, unter der sich Europa um 1215 zusammenfindet, nämlich die eines Konzils und dies im Horizont des christlichen Glaubens. Konzil heißt ja, unter den Bedingungen der Vielheit und Verschiedenheit Einverständnis zu finden. Eben das aber – so stellte Jacob Burckhardt Jahrhunderte später fest4 – ist das Proprium Europas, aus Verschiedenheit und Vielheit zu Formen der Einheit zu finden, welche die Vielheit und Verschiedenheit nicht aufhebt, sondern in produktiver Weise in sich aufbewahrt. Eine discordia concors hat er sie deshalb in Umkehrung der bei Horaz begegnenden antiken Formel genannt, nicht uneinige Einigkeit, sondern einige Uneinigkeit. In der Tat, der Verschiedenheiten gibt es in der Geschichte Europas genug: Antike und Christentum, Athen und Jerusalem, Judentum – Christentum – Islam, Rom und Byzanz, lateinisches und orthodoxes Christentum, Mittelalter und Neuzeit, Religion und Aufklärung, Westen gegen Osten, Norden angesichts des Südens – oder heute: Union (EU ) der 27 oder Staatenbund (Europarat) der 47 Staaten, Staaten, die zur Währungsunion des Euro gehören und solche, für die dies nicht gilt. Doch nicht den Zustand der unter der Klammer Europas existierenden Uneinigkeit will Burckhardts Formel beschreiben, sondern einen für Europa charakteristischen Prozess, nämlich den, immer neu aus Uneinigkeit Einigkeit herstellen zu können und in der Einheit des Verschiedenen die eigene Identität zu finden. Oder noch anders: dem Leiden an dem Zustand der Verschiedenheit und Zerrissenheit immer neu die Hoffnung entgegenzusetzen, aus den Spannungen eine Einheit gewinnen zu können, der es gelingt, die 4 Vgl. Burckhardt 1947. Vgl. dazu Kaegi 1968; Kreis 2007.
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Dynamik und Kraft der Spannungen in sich aufzubewahren. Als das, was den Zusammenhang Europas herstellt, betrachtet Burckhard deshalb die »von Haus aus gleichartige ... Bildung«.5 Doch was hat dies mit dem das IV . Laterankonzil bestimmenden und das Mittelalter prägenden christlichen Glauben zu tun? Kann eine ideologische Klammer eine Einheit dieser Art überhaupt zustande bringen? Gerade weil der christliche Glaube keine Ideologie ist – so lässt sich auf diese Frage antworten – kann er dies, und warum er dies vermag, wird sichtbar, wenn wir die Form dieses Glaubens betrachten: Denn er ist eine ›Ortsbestimmung‹, die von einem anderen her erfolgt, und zwar eine solche, die je neu gewonnen werden muss. Und diese andere Perspektive, aus der die Ortsbestimmung erfolgt – in der Sprache des christlichen Glaubens ist dies die Perspektive Jesu – verweist ihrerseits auf eine ältere Perspektive, nämlich die des Alten Bundes bzw. der hebräischen Bibel, die von der jüngeren christologischen Perspektive nicht abgelöst und überflüssig gemacht wird, sondern als bleibender Maßstab für die je neu zu gewinnende eigene Ortsbestimmung wirksam bleibt. Es ist die Rezeption eines früheren, als maßstäblich Erfahrenen, das die Transformation in die jeweilige Gegenwart aus sich heraus treibt und bestimmt. Denn zu dieser Form gehört die Auffassung einer nach vorn offenen Geschichte, nicht die einer Wiederholung des ewig Gleichen; es ist ein je Neues, das aus der Kraft eines Ursprünglicheren gewonnen wird. Man kann diese Form, das Eigene im Rückbezug auf ein Ursprünglicheres, d. h. durch Rezeption eines Anderen zu gewinnen, in Europa schon vor dem Aufkommen des Christentums finden, vor allem in der Form, in der sich die römische Kultur auf die Leitideen der griechischen, philosophisch geprägten Kultur bezieht, um auf dieser bleibend präsent gehaltenen Folie ihr eigenes Selbstverständnis zu entwickeln. R. Brague hat deshalb von einem »römischen Weg« Europas gesprochen bzw. diese Form die »lateinische« genannt6 und in ihr nicht nur die Form des christlichen Europas gesehen, sondern die Form Europas überhaupt, die Form einer – wie er es formuliert – »exzentrischen Identität«.7 II .
Es kann nicht verwundern, dass mit dieser in wenigen Zügen skizzierten Form einer Transformation durch Rezeption auch die Bedeutung der Gestalt Alberts des Großen erfasst werden kann. Denn Albert ist mit seinem Werk nicht nur auf 5 Burckhardt 1850; zitiert nach Kaegi 1956, 700; vgl. auch ders. 1973, 26. 6 Vgl. Brague 1992; vgl. auch ders. 1994; ders. 1997; ders. 2006; ders. 2007. 7 Vgl. Brague 1992.
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dem Hintergrund der skizzierten Form Europas zu verstehen, er hat diese Form an einer entscheidenden Stelle zur Geltung gebracht und zum Besitz der künftigen europäischen Kultur gemacht, und dies in einer Weise, dass wir sie heute ohne ihn kaum angemessen begreifen können.8 Alberts Biographie macht dies sichtbar:9 Denn die erste Hälfte von Alberts Werk steht noch ganz im Zeichen der ersten Welle der Rezeption der antiken Wissenschaftskultur im lateinischen Westen, die von Karl dem Großen bis zum Beginn des 13. Jahrhunderts reicht.10 Sie folgt der Forderung Augustins, dass das rechte Verständnis des Glaubens die Aneignung von jedwedem Bildungsgut erforderlich macht, dessen man nur habhaft werden kann.11 Nicht zu Unrecht hat man das Projekt, mit dem Karl der Große mit Hilfe seines Beraters Alkuin dieser Forderung entspricht, eine »Renaissance« des Bildungswesens genannt.12 Freilich war von der reichen Wissenschaftskultur der Antike nach den Wirren der Völkerwanderung im lateinischen Westen nur mehr ein Rest bekannt, nämlich dasjenige, was die antike Grundbildung der septem artes liberales umfasst. Dies freilich genügt unter dem Anstoß, den Glauben auch zur Einsicht zu bringen (intellectus fidei), um an den von Karl inaugurierten Hof-, Kathedral- und Klosterschulen ein Wissen-wollen-umdes-Glaubens-willen auszulösen, das in zunehmendem Maß jenes Wissenwollen-um-des-Wissens-willen zur Folge hat, dessen Kulmination die ›Renaissance der Wissenschaft‹ im 12. Jahrhundert darstellt.13 Doch was heißt bis dato »Wissenschaft«? Man kann es den Schriften Alberts entnehmen, die er bis in die Mitte seines Lebens verfasst: Es ist der Versuch, eine Enzyklopädie des Wissens am methodischen Leitfaden der artes zu entwickeln, überwölbt von einer Theologie, die sich am Vorbild der neuplatonischen Philosophie orientiert. Alles Wissen – so das Konzept – ist als Entfaltung des Wissens vom göttlich Ersten zu begreifen, und das philosophisch Wissbare ist unter das zu subsumieren, was man mit Hilfe des Offenbarungsglaubens von diesem Ersten weiß. Albert ist diesem Konzept – wie er selbst später kritisch vermerkt – lange gefolgt:
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Vgl. Aris 2005. Vgl. Möhle u. a. 2011. Vgl. etwa Honnefelder u. a. 2005. Vgl. dazu näher Honnefelder 2011b, 13 f. Zum historischen Kontext der in der »renovatio imperii Romanorum« Karls enthaltenen Bildungsreform vgl. neuerlich Fried 2009, 58–97. 13 Vgl. Weimar 1981, insbesondere den Beitrag von Kluxen 1981; ferner Honnefelder u. a. 2005 und Honnefelder 2011b.
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»Vieles ist an anderer Stelle über diese Materie (sc. der Theologie) in ausführlicher Weise erörtert worden und wir selbst sind den Meinungen jener Lehrer der Theologie gefolgt, die die Meinungen der Naturwissenschaftler auf die Theologie zurückführen wollten, indem sie die Auffassung vertraten, die Engel hätten Gott durch die Bewegung der Himmel(sschalen) gedient und seien deshalb als Seelen zu bezeichnen«.14
Aber trifft diese Deutung der Theologie – so fragt sich Albert – tatsächlich die Intention der Offenbarung, auf die sie sich stützt? Ist sie als die Antwort auf unser theoretisches Wissen-wollen zu verstehen oder dient sie – so Albert in den Einleitungsüberlegungen zu seiner Sentenzenkommentierung – einem ganz anderen Konzept? Gegen die bisherige Tradition fragt er, was denn überhaupt das Subjekt (d. h. der Gegenstand) der Theologie ist, ob sie eine einzige Wissenschaft ist, ob sie theoretisch oder praktisch ist, wie in der Theologie methodologisch vorzugehen und in welcher Art hier die für eine Wissenschaft erforderlichen Begründungen zu geben sind.15 Denn der menschliche Verstand – so vermerkt er kritisch – ist zwar ein großartiges Vermögen, aber doch keines, das sich die Perspektive Gottes, den god’s eye view, zutrauen könnte, auch nicht mit Hilfe des Glaubens: »Nicht in absoluter Weise (sc. als solcher) ist er (Gott) Subjekt (der Theologie), sondern (nur) insofern er Alpha und Omega ist, Ursprung und Ziel, weil so das, was von ihm her ist, in der Wissenschaft gleichsam als von ihm [nämlich von Gott] hervorgebracht betrachtet wird«.16
Wie aber, so lautet die Gegenfrage, lässt sich unter der Bedingung solcher Grenzen an der Dynamik unseres Erkenntnisvermögens festhalten, die doch über das je Begrenzte hinausgeht und das Ganze der Welt begreifen möchte, einschließlich seines göttlichen Grundes? Dass das traditionelle Selbstverständnis der Theologie, dem er selbst zu Beginn seiner Lehre gefolgt ist, nicht zu überzeugen vermag, aber ein ganz anderes Konzept von Wissenschaft möglich ist und dass dieses Verständnis seine Probleme viel erfolgreicher zu lösen vermag, merkt Albert, als er in den 40-er Jahren des 13. Jahrhunderts an die Universität von Paris kommt. Dort 14 Albertus Magnus, II Sent. d. 14. a. 6 (Ed. Paris. 27), 226b: »Alibi etiam disputatum est de ista materia multum et prolixe, et ibi secuti sumus dicta quorundam magistrorum theologiae, qui voluerunt opiniones naturalium ad theologiam reducere dicendo quod angeli deserviunt deo in motibus caelorum, et quod illi ab eis animae dicuntur«. Vgl. dazu Burger 2011a, 103 mit Anm. 35, dies. 2011b, 364, ferner Anzulewicz 2009, 220 mit weiterer Literatur, sowie Honnefelder 2008, 51–84. 15 Vgl. Albertus Magnus, I Sent. d. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 378–397. 16 Vgl. Albertus Magnus, I Sent. d. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 384 f.: »Non autem absolute tantum est subiectum, sed secundum quod ipse est ›alpha et omega, principium et finis‹, quia sic ea quae sunt ab ipso, considerantur in ista scientia tamquam principiata ab ipso«.
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hatte nur wenig mehr als ein Jahrzehnt zuvor Michael Scottus, ein weitgereister aus Schottland stammender Gelehrter für eine intellektuelle Sensation gesorgt. Denn unter den Schriften, die er mitbrachte, waren nicht nur Übersetzungen der großen wissenschaftlichen Werke des Aristoteles – der Metaphysik, der Physik und der anderen libri naturales (also der naturphilosophischen bzw. naturwissenschaftlichen Schriften) –, sondern vor allem die Übersetzung des sog. Großen Kommentars, den Ibn Rushd /Averroes, der große arabische Gelehrte aus Cordoba, zu den Schriften des Aristoteles verfasst hatte.17 Bis zu diesem Zeitpunkt war die Aneignung der dem lateinischen Westen verloren gegangenen Schriften des Aristoteles noch vergleichsweise harmlos verlaufen.18 Man hatte zwar die Gräben entdeckt, die die Weltsicht dieser Schriften von denen des christlichen Glaubens trennt und deshalb nicht nur die diese Gräben aufreißenden Interpretationen (wie die des David von Dinant19 ) sondern auch den Gebrauch der problematischen aristotelischen Werke als Lehrbücher mit Verboten belegt. Doch darüber hinaus meinte man, wie Alberts Zeitgenossen Roger Bacon und Robert Grosseteste und anfangs auch er selbst, das aristotelische Lehrgut in das bislang verfolgte Konzept der Theologie integrieren zu können. Was dies in concreto bedeutet wird anhand der Lectio Albertina von 2001 von H. Jorissen deutlich.20 Die Lage ändert sich geradezu dramatisch, als man beginnt, Averroes zu lesen, und entdeckt – man lese die von G. Endreß gehaltene Lectio Albertina von 200321 –, dass die aristotelische Weltsicht nicht nur erheblich größere Spannungen zur christlichen aufweist als bisher angenommen, sondern dass sie auf einem ganz anderen Wissenschaftsverständnis beruht, dem gegenüber eine Theologie als naiv und unkritisch erscheinen muss, die die biblische narratio zwar mit dem Grundrepertoire der aristotelischen Begriffs- und Urteilslogik verbindet und die Kompatibilität mit der neuplatonischen Emanationsphilosophie schon für einen ausreichenden Ausweis des Wahrheitsanspruchs der Theologie hält. Doch für Albert ist genau dieses neu bekannt werdende Wissenschaftsverständnis der Grund, die aristotelische Weltsicht nicht – wie viele seiner Mitstreiter – endgültig zu verwerfen, sondern im Gegenteil zu rezipieren, was natürlich nur in Form einer höchst kritischen, auf dem neuen Boden auszutragenden Aneignung geschehen kann. Albert gibt deshalb um 1250 das Arbeitsprogramm auf, das er bisher verfolgt hat und 17 18 19 20 21
Dod 1982, bes. 58 f., 75–77; Burnett 1994; Hasse 2010. Vgl. näher Honnefelder u. a. 2005. Vgl. dazu ausführlicher Anzulewicz 2005. Vgl. hierzu Jorissen 2002, der dies am Beispiel der Transsubstantiationslehre zeigt. Vgl. Endress 2004.
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widmet sich in den folgenden 10 Jahren einer Kommentierung sämtlicher aristotelischer Schriften, insgesamt 36, und das mit dem Ziel, wie er schreibt, sie »den Lateinern zugänglich zu machen«.22 L. Sturlese hat diese Zäsur in Alberts Werk eine »Wende« genannt,23 womit er nicht die – gegen seine These von Wieland24 eingewendete – Kontinuität von Alberts späteren Werken mit den früheren bestreiten, sondern, wie bei der Lectio Albertina von 2004 vorgetragen, »die radikale Verschiebung ... von Alberts Interessen« hervorheben möchte.25 Sicher besteht eine »Wende« darin, dass Albert mit seiner um 1250 einsetzenden Aristoteles-Kommentierung das Verständnis der Theologie als integrierender Einheitswissenschaft (endgültig) aufgibt, um von nun an einer durch seine Aristoteles-Kommentierung inspirierten Auffassung von einem Netzwerk von Wissenschaften zu folgen, in dem der Theologie ein Platz als eine Wissenschaft sui generis zugeordnet werden kann.26 Wie Alberts Kommentierung der aristotelischen Metaphysik zeigt, erlaubt ihm dies durchaus, früher vertretene Lehren zu integrieren wie etwa die (neuplatonische) These des Liber de causis vom Ursprung aller Dinge in Gott als erstem Prinzip. Nach vollzogener Wende versteht er sie nicht mehr als Ausgangspunkt der Metaphysik, sondern als den die Metaphysik abschließenden Gedanken.27 Es ist die kritische Rezeption des Corpus der aristotelischen Wissenschaften, die Albert sein Verständnis von Wissenschaft ändern lässt, und dies so wirkungsvoll und nachhaltig, dass seine eigene »Wende« zur Wende des europäischen Wissenschaftsverständnisses überhaupt wird, wobei »Wende« für ihn selbst nicht heißt, dass er nun für falsch hält, was er vorher als wahr erkannt hat, sondern dass dem zuvor gelehrten ein neuer Ort zuzuordnen ist, ein Ort, der allererst dessen Wahrheit erkennen lässt. Der Fortgang der kritischen Edition der Werke Alberts, der Editio Coloniensis, hat die so verstandene »Wende« deutlicher als zuvor hervortreten lassen und damit zu einem neuen konturenschärferen Bild der Bedeutung des großen Gelehrten geführt. Das gilt nicht nur für das, was wir durch die Edition von Alberts Metaphysik,28 sondern auch von seiner Physik,29 von der ersten seiner beiden Ethikkommentierungen 30 und der zur Zeit am Albertus-Magnus-Institut in 22 Albertus Magnus, Phys. l. 1 tr. 1 c. 1 (Ed. Colon. 4/1, )1,48 f.: » . . . nostra intentio est omnes dictas partes facere Latinis intelligibiles«. 23 Vgl. Sturlese 1993, 332–342. 24 Vgl. Wieland 1999. 25 Sturlese 2005, 9 mit Anm. 23. 26 Vgl. Honnefelder 2008, 51–84. 27 Vgl. dazu Honnefelder 2011c; ders. 2008, 85–113. 28 Vgl. Albertus Magnus, Metaph. (Ed. Colon. 16). 29 Vgl. Albertus Magnus, Phys. (Ed. Colon. 4). 30 Vgl. Albertus Magnus, Super Ethica (Ed. Colon. 14).
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Arbeit befindlichen Edition der Kommentierung der libri naturales 31 wissen. Dies gilt auch für seine Reflexionen im Übergang, für seine Überlegungen in De homine 32 und in seinem Sentenzenkommentar.33 Es ist die im und um das Albertus-Magnus-Institut geschehene Forschung, die dies in den letzten beiden Jahrzehnten eindrucksvoll vor Augen geführt hat. In den nach der Mitte des 13. Jahrhunderts entstandenen Texten Alberts ist keiner zu vernehmen, der – wie das bis dato transportierte Albertbild meinte – nur Texte weitergeben will oder Stoff sammelt oder nur erste Schritte tut, die bald durch die Schritte anderer (wie die seines Schülers Thomas von Aquin) abgelöst werden. Vielmehr wird in diesen Texten ein neues Konzept von Wissenschaft sichtbar, das die gelehrte Arbeit an der soeben gegründeten Institution der Universität gleichsam auf den Begriff bringt und damit die Tür öffnet für die mit ihr einsetzende rasante Entwicklung einer neuen Wissenschaftskultur.34 Formal folgt die »Wende« der eingangs bereits genannten Struktur, und dies in doppelter Hinsicht: Es ist die Rezeption, durch welche ein Früheres maßgeblich wird, die zur Transformation in ein Neues führt, und es ist die Spannung zwischen der Perspektive des Glaubens und der philosophischen Kultur, die Albert zu eben dieser Transformation nötigt. Denn die Identität von Schöpferund Offenbarungsgott lässt weder eine Trennung noch eine einfache Identifizierung zwischen Vernunft und Glauben zu. III .
Doch was ist dieses neue Wissenschaftsverständnis, dem Albert im Rückgriff auf Aristoteles und dessen islamische und jüdische Fortführer Bahn bricht? Schon vor Beginn von Alberts Aristoteles-Kommentierung kündigt sich – wie M. Burger gezeigt hat – dieses neue Verständnis an, wenn er in seiner Pariser Sentenzenvorlesung auf die traditionelle Anfangspassage wie einen Paukenschlag die bereits erwähnte Frage platzen lässt, ob das, was da im Sentenzenbuch des Petrus Lombardus mit dem schlichten Verweis auf die res et signa, die Sachen und Zeichen, als Theologie präsentiert wird, überhaupt Wissenschaft genannt werden kann.35 31 Vgl. Donati 2011. 32 Vgl. Albertus Magnus, De homine (Ed. Colon. 27/2). Ausgewählte Texte übersetzt in Albertus Magnus, De homine – Über den Menschen. 33 Vgl. etwa die von M. Burger in System der Wissenschaften, 372–397, bereits veröffentlichten Textpartien der in Vorbereitung befindlichen kritischen Edition des Sentenzenkommentars. 34 Vgl. ausführlicher die Beiträge in Honnefelder 2011a. 35 Vgl. bes. Albertus Magnus, I Sent. d. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 382.
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Wissen, das »Wissenschaft (episteme/scientia)« genannt werden kann, ist ja – wie Albert unter Berufung auf Aristoteles und Avicenna ausführt – nicht eine Ansammlung von beliebigen Informationen, sondern ein Wissen in Form von Sätzen, genauer gesagt, von Satzzusammenhängen, die aus angebbaren Gründen einen Anspruch auf Wahrheit erheben können.36 Und wenn Sätze als notwendig wahr gelten können, insofern sie aus anderen als wahr geltenden Sätzen logisch abgeleitet sind, dann ist – so Aristoteles – eine Wissenschaft im Idealfall der Zusammenhang von Sätzen, der die Form einer deduktiven Ableitung aller Sätze der jeweiligen Wissenschaft aus obersten Prinzipien besitzt, die als wahr gelten: Ideale Wissenschaft ist cognitio ex principiis.37 Die »Exstruktur« der Wissenschaft ist dies in der modernen Wissenschaftsgeschichte genannt worden38 und der Idealgestalt dieser Struktur folgt bis heute die Wissenschaft, wenn sie in den Naturwissenschaften die deduktiv-nomologische Erklärung eines Ereigniszusammenhangs als maßgebliches Ziel betrachtet und die Gestalt eines axiomatisch-deduktiven Zusammenhangs als das Ideal einer Theorie betrachtet.39 Freilich weiß Albert – wie auch die moderne Wissenschaftstheorie40 – , dass die faktischen Wissenschaften das beschriebene Ideal nur allenfalls in Teilen erreichen, doch ist es das Ideal, auf dessen Folie sich die Gestalt der faktischen Wissenschaften bestimmen lässt und ihre Legitimität gewinnt. So oder so gilt: Wissenschaftliche Theorien sind geordnete Satzzusammenhänge, und anders als in dieser Gestalt sprachlicher, ggf. mathematischer Modelle können wir den Ereigniszusammenhang, der uns umgibt und den wir ›Welt› nennen, wissenschaftlich nicht erkennen. Daraus ergibt sich – und auch hier folgt Albert Aristoteles – dreierlei: die Begrenztheit jeder einzelnen Wissenschaft und damit auch ihrer Gesamtheit, die mit der je begrenzten Sicht verbundene Vielheit und Verschiedenheit der Wissenschaften und ihr Zusammenhang in Form von wohl zu verstehenden Schnittstellen. Denn wenn ein Satz – wie schon Aristoteles feststellt41 – in seiner einfachsten Form darin besteht, etwas von etwas auszusagen, indem ein Subjekt durch ein Prädikat charakterisiert wird, Subjekt und Prädikat aber im Fall der generellen Sätze, mit denen es Wissenschaft zu tun hat, Sprachzeichen für Begriffe sind und Begriffe – anders als Eigennamen – bestimmte Eigentümlichkeiten der 36 Vgl. Albertus Magnus, I Sent. d. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 378–397. 37 Vgl. Aristoteles, Anal. Post. I 1–11. 38 Als Beleg für die Wirkungsgeschichte vgl. Kant, Kritik der reinen Vernunft, A836 / B864; zur Wissenschaftsgeschichte vgl. Diemer 1968; Baumgartner 1973. 39 Vgl. etwa Friedmann 1973. 40 Vgl. Cartwright 1983; zur nachfolgenden Debatte vgl. Falkenburg 2006. 41 Vgl. dazu Tugendhat 2003; sowie Tugendhat / Wolf 1983.
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Gegenstände erfassen, auf die sie referieren, kann selbst das erste Subjekt einer Wissenschaft, auf die sich letztlich alle Sätze der betreffenden Wissenschaft beziehen, nur eine bestimmte begrenzte Seite der Wirklichkeit erfassen.42 Und unter unseren restringierten Erkenntnisbedingungen heißt dies, dass diese Eigenschaften dem ersten Subjekt infolge von Gründen zugesprochen, nicht aber aus ihm abgeleitet werden können. Die sprachliche und epistemische Begrenztheit unserer Sicht der Wirklichkeit, so stellt Albert mit Aristoteles fest,43 wird gleichsam kompensiert durch die Vielheit und Verschiedenheit der Sichten, was sich in einer entsprechenden Vielheit und Verschiedenheit der Wissenschaften zeigt. Unsere wissenschaftliche Weltsicht ist nur möglich in Form dieser Vielheit und Verschiedenheit von Wissenschaften. Es ist die pluralistisch-strukturierte Sicht von Wissenschaft, wie sie Aristoteles der platonischen Tendenz zu einer deduktiv verfahrenden Einheitswissenschaft entgegensetzt, die Albert dazu bewegt, sich von der neuplatonischen Einheitskonzeption abzuwenden, vermag doch die pluralistische Konzeption sowohl der Begrenztheit und Verschiedenheit der möglichen Sichten Rechnung zu tragen als auch die Vielheit als ein Netzwerk zu begreifen, in dem sich das Ganze zeigt, das für uns nicht von einem einzigen Punkt erfassbar ist.44 Dass sich diese Sicht schon in den Übergangswerken Alberts Bahn bricht, wurde im Blick auf die Bestimmung des Wissenschaftscharakters der Theologie bereits erwähnt.45 IV .
Was Albert unter der wissenschaftlichen Weltsicht versteht, wird deutlich in dem Bild, das er im Prolog seines Kommentars zur Physik des Aristoteles von der »Naturwissenschaft (scientia naturalis)« zeichnet.46 Wie S. Donati, die Editorin der Kommentare Alberts zu den unter dem Titel der Parva naturalia versammelten aristotelischen Schriften gezeigt hat, versteht Albert die Naturwissenschaft als einen sachlichen Zusammenhang, genauer gesagt als ein 42 Vgl. Aristoteles, Anal. Post., bes. I 7 (75a 38 – 75b 20). 43 Vgl. Aristoteles, Anal. Post. (87a38) und Albertus Magnus, Anal. Post. l. 1 tr. 5 c. 6 (Ed. Paris. 2), 140a. 44 Vgl. Anzulewicz 2009, 220 f. mit Anm. 10. 45 Vgl. Albertus Magnus, II Sent. d. 14. a. 6 (Ed. Paris. 27), 226b (s. o. Anm. 13). Vgl. auch die Abgrenzung von Philosophie und Theologie in Albertus Magnus, II Sent. d. 3 a. 6 (Ed. Paris. 27), 94b; vgl. dazu Anzulewicz 2009, 219–221; ferner auch Anzulewicz 2011, 393 f. mit Anm. 42. 46 Albertus Magnus, Phys. l. 1 tr. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 100–153.
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netzwerkartiges System von eigenständigen Disziplinen, zu dem Aristoteles den Plan und die Methode im Ansatz skizziert hat, die aber – so Albert – in ihrer methodologischen Ordnung und in ihrer Vollständigkeit allererst zu entwerfen ist.47 Und eben dies tut Albert. Er entwickelt das Netzwerk, entwirft die Methode (wo es Aristoteles bei Anmerkungen belässt) und füllt die Lücken in der Reihe der Disziplinen, die vom Netzwerk der scientia naturalis gefordert werden, indem er in eigenen Abhandlungen die Disziplinen behandelt, zu denen uns keine Werke aus der Feder des Aristoteles: »Unsere Absicht in der Naturwissenschaft ist es, nach unseren Kräften die Brüder unseres Ordens zufriedenzustellen, die uns schon seit mehreren Jahren bitten, ihnen ein solches Buch über die Naturdinge zu verfassen, in dem sie sowohl die vollkommene Naturwissenschaft (scientiam naturalem perfectam) hätten als auch aus dem sie die Bücher des Aristoteles sachgerecht (competenter ) verstehen könnten«.48
Es geht nicht nur um Kommentierung der aristotelischen Schriften, sondern um die Ausarbeitung einer vollständigen, nach Disziplinen gefächerten Wissenschaft von der Natur. Dieser neue methodologische Ansatz erlaubt ihm, auf der einen Seite Aristoteles zu kritisieren, wo er die Kosmologie – wie beispielsweise mit der unbewiesenen Annahme, die Welt der Gestirne sei ein ewiges, nezessitaristisch verlaufendes Geschehen, – ideologisch auflädt,49 anderseits sich von Avicenna und Maimonides zu distanzieren, wenn sie die getrennten Intelligenzen der aristotelischen Kosmologie mit den biblischen Engeln identifizieren und mit der Bewegung der Himmelskörper in einen Zusammenhang bringen.50 Den Anstoß gibt sicher der christliche Glaube, aber die Kritik geschieht im Namen der einzuhaltenden wissenschaftlichen Rationalität.51 H. Möhle hat in einer eingehenden Analyse von Alberts Kommentar zu den Zweiten Analytiken gezeigt,52 wie Albert die von Aristoteles in diesem Text entwickelte Theorie der Wissenschaft aufgreift und in einer Weise interpretiert, die sie erst zu der Theorie des Netzwerks der Wissenschaften macht, die er in ihr sieht. Denn dass sich eine jede Wissenschaft nur auf eine Gegenstandsgattung 47 Vgl. Donati 2011. 48 Albertus Magnus, Phys. I tr. 1 c. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 100 f.: »Intentio nostra in scientia naturali est satisfacere pro nostra possibilitate fratribus ordinis nostri nos rogantibus ex pluribus iam praecedentibus annis, ut talem librum de physicis eis componeremus, in quo et scientiam naturalem perfectam haberent et ex quo libros Aristotelis competenter intelligere possunt«. 49 Vgl. Albertus Magnus, Phys. l. 8 tr. 1 c. 13–15 (Ed. Colon. 4/2, 574–581). 50 Vgl. Albertus Magnus, II Sent. d. 14. a. 6 (Ed. Paris. 27), 226b (s. o. Anm. 13). 51 Vgl. dazu näher Schwartz 2011. 52 Vgl. Möhle 2011c.
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bezieht und keine ihrer Annahmen über diesen Gegenstand mit Hilfe von Prinzipien aus anderen Wissenschaften bewiesen werden darf, begründet Albert nicht mehr wie Aristoteles mit der Einheit des übergeordneten Begriffs, durch den – wie durch den Begriff der Zahl in der Arithmetik – die Gegenstandsgattung erfasst wird. Die Gegenstandsgattung einer Wissenschaft ist in seiner Sicht vielmehr das »Prinzip der Hervorbringung, nämlich die Ursache«.53 Es ist die Einheit der Kausalverhältnisse, d. h. die Tatsache, dass die Eigenschaften eines Gegenstandes die gleiche Ursache haben wie ihr Träger, die – so Möhle – nach Albert Subjekt und Eigenschaften einer Wissenschaft zusammenschließen. Da es aber eine Vielheit von Kausalzusammenhängen gibt, muss es eine Vielheit und Verschiedenheit der Wissenschaften geben. Die Pointe dieser Fokussierung auf die Kausalzusammenhänge liegt nach Möhle in der Annahme Alberts, dass das Ziel die Ermittlung der Ursache der Ursachen ist und eine Untersuchung erst dann eine »vollkommene Wissenschaft (scientia perfecta)« darstellt, wenn sie von der Zielursache als der causa causarum her zu unterscheiden vermag, »welche von diesen Ursachen erste Ursachen sind, die Ursachen der anderen Ursachen sind, wie es das Ziel ist, und welche zweite Ursachen sind, die ihr Verursachungsvermögen von jenen haben, so dass sie nicht ohne sie verursachen«.54
Was dies für das Netzwerk der Wissenschaften bedeutet und wie deutlich sich dies von einem rein deduktiven Verständnis von Wissenschaft unterscheidet, wird an der scientia naturalis deutlich, die als Subjekt das corpus mobile, d. h. das in Raum und Zeit existierende und dem Entstehen und Vergehen unterworfene Wirkliche zum Gegenstand hat. Können nämlich die Eigenschaften dieses Teils der Wirklichkeit nicht aus dem übergreifenden Subjektsbegriff des corpus mobile abgeleitet werden, wie ist dann überhaupt wissenschaftliches Wissen vom Lebendigen möglich, und wohin gehört dann die Psychologie, wenn wir – wie Aristoteles – unter der »Seele« die forma, d. h. das Struktur- und Organisationsprinzip eines jeden Lebendigen verstehen?55
53 Albertus Magnus, Anal. Post. l. 1 tr. 1 c. 16 (Ed. Paris. 2), 60: »[S]ed dicimus genus, quod est generationis principium sicut causa«; vgl. Möhle 2011c, 307–309. 54 Albertus Magnus, De animal. l. 11 tr. 1 c. 2 n. 14, ed. Stadler, 765: »[V]olentes facere s[c]ientiam perfectam distinguemus quae istarum sunt causae primae, quae sunt causae aliarum causarum sicut est finis, et quae sunt causae secundae, quae ab illis habent causalitatem suam, ita quod non causant sine ipsis«; übersetzt in: System der Wissenschaften, 245. 55 Zum Ort der biologischen Disziplinen innerhalb von Alberts Wissenschaft von der Natur und seiner (unterschiedlichen) Einordnung der Psychologie in sein Netzwerk der Wissenschaften vgl. näher Donati 2011, bes. 367–371.
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Um die »Wissenschaft von den Lebewesen (scientia de animalibus)« verstehen und als Subjekt der Wissenschaft die bereits skizzierten Kausalverhältisse betrachten zu können, müssen wir – so Albert – das von Aristoteles beschriebene Konzept der Wissenschaft als cognitio ex principiis erweitern. Der Frage nach den Gründen bzw. Ursachen muss ein aus Beobachtung zu gewinnendes Wissen um die Eigenarten der jeweiligen Lebewesen voraufgehen. »Aus diesem Grund unterteilen wir unsere Wissenschaft von den Lebewesen so, dass wir zuerst alle bekannten Unterschiede der Lebewesen in den Gliedern, der Fortpflanzung, der Ernährung, der typischen Verhaltensweisen und in allem anderen benennen und danach die Gründe für alle Unterschiede nach einer bestimmten Ordnung untersuchen«.56
Denn Erkenntnis des Lebendigen setzt nach Albert, wie Th. Köhler (der die Lectio Albertina 2009 hielt),57 herausgearbeitet hat, bei dem ein, »was durch Erfahrung wahrgenommen wird (quod per experimentum vidit )«.58 Erst wenn etwas auf dieser Erfahrungsbasis als Fall von etwas beschrieben und klassifiziert ist, können Eigenschaften dieser Spezies aus den Ursachen, sprich dem gewonnenen Wissen über den durch die Form bestimmten Bauplan abgeleitet werden. Der induktive Aufweis der maßgeblichen Annahmen in Form eines processus narrativus, d. h. einer auf Beobachtung beruhenden Beschreibung, ist die Voraussetzung für den dann folgenden processus assignativus causarum, d. h. die Ableitung der zu erklärenden Phänomene nach dem Vorbild der cognitio ex principiis, in der die »vollkommene Wissenschaft« ihr Ziel erreicht.59 F. Pelster hat dieses methodologische Verfahren das erste Grundgesetz Alberts als Naturforscher genannt.60 Und mit diesem Grundgesetz ist nicht weniger als der methodologische Prototyp moderner auf Forschung basierender Wissenschaft vom Lebendigen beschrieben. »Judged by the thirteenth-century standards ...«, schreibt D. C. Lindberg, »it is Albert who was the innovator. It is he who transformed the debate«.61 56 Übersetzung bei Möhle 2011a, 231. Lateinischer Text in Pelster 1935, 233: »Hac igitur de causa etiam nostram scientiam de animalibus sic distribuimus, ut primo dicamus omnes notas animalium diversitates in membris et generatione et cibo et moribus et aliis et postea omnium diversitatum per ordinem causas disseramus«. 57 Vgl. Köhler 2009. 58 Albertus Magnus, De animal. l. 11 tr. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 238: »quicumque vult docendo narrare et tradere quod per rationem cognovit et quod per experimentum vidit de naturis animalium, debet habere diffinitiones notas per se, per quas dirigatur intentio loquentis de naturis animalium secundum illas diffinitiones«; vgl. Köhler 1994; ders. 2001–2002; Spruit 2007; vgl. auch Honnefelder 2008, 67–70. 59 Vgl. Albertus Magnus, De animal. l. 11 tr. 1 c. 1–3, übersetzt in: System der Wissenschaften, 234–277. Zur Terminologie der beiden processus, die auf Petrus Hispanus zurückgeht, vgl. Köhler 1994, bes. 116 ff. 60 Pelster 1935, 236. 61 Lindberg 1982, 25.
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Doch wo – so bleibt zu fragen – gehört in einem solchen Netzwerk der Wissenschaften die Psychologie hin? Albert ist auch hier innovativ: Da er wie Aristoteles der Meinung ist, dass die »Seele (anima)« nur richtig begriffen ist, wenn man sie als Form, d. h. als Struktur und Organisationsprinzip von allem Lebendigen versteht, ordnet er die Behandlung der formhaften Natur der Seele ebenso wie der Leistungen, welche Seele und Körper gemeinsam sind, ohne Bedenken und gegen alle Versuchungen eines platonischen Dualismus der Naturwissenschaft zu, genauer gesagt den Wissenschaften von den beseelten Körpern, d. h. der Botanik und der Zoologie.62 – Das hindert ihn aber nicht, in einer eigenen, die Kommentierung des aristotelischen Werkes De anima ergänzenden Schrift, dem von H. Anzulewicz eingeleiteten und übersetzten »Buch über die Natur und den Ursprung der Seele (Liber de natura et origine animae)«63 der Frage nach der Natur der Seele nachzugehen, sofern sie auch getrennt vom Leib zu existieren vermag, eine Frage, die er noch in seinem ersten Kommentar zur aristotelischen Ethik der Theologie zugeordnet hatte.64 In dieser Schrift über die Natur und den Ursprung der Seele rezipiert er die in seinen Augen berechtigten Aspekte der (neu-)platonischen Lehre von der rationalen Seele als einer eigenen Substanz (substantia), ohne doch die aristotelische Sicht der Seele als »Akt des Körpers (actus corporis)« aufzugeben oder zu schmälern. »Wenn wir die Seele für sich betrachten, stimmen wir Plato zu, wenn wir sie als Form der Beseelung betrachten, die sie dem Körper verleiht, dem Aristoteles« – heißt es dazu in seiner Summe.65 Die Psychologie ist daher nicht nur Sache der Wissenschaft von der Natur, sondern auch der Metaphysik. Dabei ist es, worauf E. Runggaldier in der Lectio Albertina 2009 hingewiesen hat,66 gerade die spezifisch neuplatonische Sicht der Beseeltheit aller von der Natur hervorgebrachten Dinge, die ihn vor einem platonisierenden Substanzdualismus von Seele und Leib bewahrt und an der Einheit der menschlichen Seele als Form des Leibes und damit an der Einheit von 62 Vgl. Donati 2011, 357. 63 Vgl. Albertus Magnus, De natura et origine animae – Über die Natur und den Ursprung der Seele, übers. Anzulewicz, sowie Anzulewicz 2006. 64 Albertus Magnus, Super Ethica (Ed. Colon. 14/1), 71: »Dicendum, quod hoc quod animae defunctorum remaneant post mortem, non potest per philosophiam sufficienter sciri. Et supposito, quod remaneant, de statu earum et qualiter se habeant ad ea quae circa nos fiunt, omnino nihil sciri per philosophiam potest, sed haec cognoscuntur altiori lumine infuso non naturali, quod est habitus fidei«. 65 Albertus Magnus, Summa II tr. 12 q. 69 m. 2 a. 2 (Ed. Paris. 33), 16b: »Dicendum quod animam considerando secundum se consentiemus Platoni: considerando autem eam secundum formam animationis quam dat corpori, consentiemus Aristoteli«. 66 Vgl. Runggaldier 2010.
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Leib und Seele beim Menschen festhalten lässt. Auf der anderen Seite erlaubt ihm diese Sicht, die »top-down-causality« der Seele zu würdigen, in Form jener intentionalen Leistungen, ohne die letztlich der Mensch nicht das Wesen wäre, das Metaphysik zu treiben, nämlich die Frage nach der Welt als Welt zu stellen vermag. Wie C. Steel gezeigt hat, hält Albert ebenso wie sein Schüler Thomas von Aquin den Ausgang von der Sinneserfahrung für eine bleibende Voraussetzung der geistigen Erkenntnis des Menschen. Doch traut er dem menschlichen Intellekt – weniger skeptisch als Thomas – im Ausgang von der Sinneserfahrung die Entwicklung eines – wie es in Alberts intellekttheoretischen Schriften heißt – »erworbenen Intellekts (intellectus adeptus)« zu, der an das Göttliche reicht.67 Erkenntnis in Form von Wissenschaft ist in Alberts Augen als Prozess der Bildung des Menschen zu verstehen.68 V. Damit fällt erneut ein Stichwort, das im Blick auf das tradierte Albert-Bild überrascht. Denn wenn Albert über die Stoffvermittlung hinaus innovativ war, so besagt dieses Bild, dann war er es im Bereich der Naturwissenschaften. Doch nicht nur im Blick auf die wissenschaftliche Sicht der Natur hat Albert das innovative Potential, das der aristotelische Ansatz enthält, besser verstanden als seine Zeitgenossen. Denn zum aristotelischen Konzept eines Netzwerks von Wissenschaften gehört ja nicht nur die Differenzierung nach Gegenständen, sondern auch die nach den Zielen, derentwegen nach wissenschaftlichem Wissen zu streben sinnvoll, ja notwendig ist. Wir suchen ja Wissen nicht nur von dem, was der Fall ist und warum es der Fall ist, sondern auch Wissen von dem, was zu tun ist und warum dies getan werden soll, weshalb zum aristotelischen Netzwerk neben den theoretischen auch die praktischen Disziplinen gehören. Vielleicht war es gar die Nikomachische Ethik des Aristoteles, die gegen Mitte des 13. Jahrhunderts in der vollständigen lateinischen Übersetzung durch Grosseteste vorlag, die Albert nicht nur veranlasste, das tradierte Curriculum am neugegründeten Studium universale in Köln umzuwerfen und diesen Text zum Gegenstand einer Vorlesung zu machen,69 sondern die ihn insgesamt die Herausforderung und das Potential entdecken ließ, das im aristotelischen Netzwerk der Wissenschaften enthalten war. Wie der Conspectus der in der Editio Coloniensis enthaltenen Schriften zeigt, wird Albert 67 Vgl. Albertus Magnus, De anima l. 1 tr. 1 c. 1 (Ed. Colon. 7), 2 f.; l. 3 tr. 2 c. 19 (Ed. Colon. 7), 206; l. 3 tr. 3 c. 11 (Ed. Colon. 7), 221–223; Steel 2001. 68 Vgl. näher Honnefelder 2011c, bes. 350 ff.; Anzulewicz 2011. 69 Vgl. dazu näher Honnefelder 2008, 75–78.
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durch das Eingehen auf die aristotelische Herausforderung nicht nur zum Innovator der Naturwissenschaft, sondern auch zu dem der Theologie, der Ethik und der Politik. Beginnen wir mit der Theologie. Was Albert zur Entwicklung eines neuen Wissenschaftsverständnisses der Theologie veranlasst, ist deren schärfster Gegner in Form der Metaphysik des Aristoteles, genauer gesagt dessen Erster Philosophie, die Aristoteles bezeichnenderweise auch Theologie nennt. Weil sie eine auf das Medium von Begriff und Argument gestützte Theorie des Ganzen und Ersten ist, lässt sie – so Averroes70 – nicht nur den Glauben an Offenbarung, sondern auch eine auf deren Autorität gestützte Theologie hinter sich; sie allein kann ein rational vertretbares Wissen liefern, das die Frage nach dem Sinn des Lebens zu beantworten vermag und ein wirklich wissendes Selbstverhältnis vermittelt. Nur an wenigen anderen Stellen der Geistesgeschichte ist das mit dieser Sicht verbundene Projekt einer Bildung durch radikale Aufklärung entschiedener und anspruchsvoller formuliert worden. Das Erstaunliche: Albert widerlegt diese Sicht nicht, sondern nutzt sie, um sie über sich hinaus zu führen. In der Tat, so lautet seine Antwort auf das aristotelische Projekt einer Ersten Philosophie, die in Form dieser Ersten Philosophie betriebene theoria ist die Vollendung des Menschen. Weil ihr Ziel nichts anderes ist als das Wissen um das Ganze und das um seiner selbst willen, ist sie »frei (liber )« und sie macht frei.71 Denn in ihr sprengt der homo faber die Bindung an das bloß Lebensdienliche und wird zum homo sapiens. Ja, die theoria solcher Form kann »göttlich (divina)« genannt werden, nicht weil sie ein Wissen von Gott zu vermitteln vermag, wie es nur Gott zu besitzen vermag, sondern weil sie Leitfäden des Erkennens freilegt, mit deren Hilfe wir die Bindung an die Welt des homo faber sprengen und wirklich »Vernunft (intellectus)« sein können.72 Die Erste Philosophie eröffnet das wissende Selbstverhältnis, das den eigentlichen Rang des Menschen ausmacht. Im Rahmen dieses wissenden Selbstverhältnisses vermag die menschliche Vernunft in der Transzendenz ihres Fragens das Göttliche zu berühren, nicht aber die Antworten zu finden, die eine wirkliche Vollendung des menschlichen Strebens nach dem gelungenen Leben darstellen: »Aus jenem Licht, das unserer Naturveranlagung entspricht, ist uns nicht hinreichend bekannt, was zum Heile notwendig ist«.73 Deshalb geht eine Theologie, die sich auf Glauben 70 Vgl. etwa Averroes, Phys. I c. 60 (Venedig 1562), 36rv. 71 Vgl. Albertus Magnus, Met. l. 1 tr. 2 c. 7 (Ed. Colon. 16/1), 24; vgl. dazu Honnefelder 2011c, bes. 350 ff. 72 Vgl. Albertus Magnus, Met. l. 1 tr. 2 c. 7 (Ed. Colon. 16/1), 26. 73 Albertus Magnus, Summa I tr. 1 q. 4 (Ed. Colon. 34/1), 15,64– 66: »Ex illuminatione
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an ein Offenkundigwerden des Göttlichen im geschichtlichen Erfahrungsraum des Menschen stützt, über die Erste Philosophie des Aristoteles und des Averroes hinaus. Freilich wird dieser Charakter des Glaubens, nicht Mythologie, Ideologie oder Projektion zu sein, erst offenkundig, wenn er – wie Karl Lehmann in seiner Lectio dargelegt hat74 – zur Theologie wird.75 Und das geschieht, wenn die Glaubensartikel ihr Orientierungswissen durch den Einsatz der wissenschaftlichen Vernunft freigeben. Die Glaubensartikel bleiben dabei Weisen des Glaubens, was die Theologie bleibend von den anderen Wissenschaften unterscheidet; es sind die hermeneutischen und systematischen Methoden der Wissenschaft, die in Alberts Sicht den Charakter des Glaubens als ein wissendes Selbstverhältnis des Menschen sui generis deutlich machen.76 Das lässt zugleich den Glauben als Grunddimension des Menschen offenkundig werden und die Theologie in den Kreis der Wissenschaften treten. Dabei arbeitet Albert eine Dimension des wissenden Selbstverhältnisses in Form der Theologie heraus, die Averroes nicht zu sehen vermag und die den Kosmos der Wissenschaften, wie ihn Aristoteles und Averroes beschreiben, als zu eng erweist. Denn offensichtlich ist die Unterscheidung zwischen theoretischer und praktischer Wissenschaft von zentraler Wichtigkeit, aber nicht ausreichend. Denn es gibt ein Wissen, das sich weder in der Theorie erschöpft noch allein auf Praxis bezogen ist, sondern eine dritte Form darstellt, nämlich das einer Theorie, welche eine Vollendung vermittelt, die den ganzen Menschen ergreift in Erkennen und Streben, Vernunft und Wille/Gefühl. Deshalb charakterisiert Albert die Theologie weder als rein theoretische noch als bloß praktische Wissenschaft, sondern nennt sie eine »scientia affectiva«,77 was ihr – wie W. Senner herausgearbeitet hat78 – in Alberts Mund nichts an Rationalität nimmt. Denn gemeint ist eine Einsicht des Intellekts, die auf den Affekt abzielt, womit Albert einen vom theoretischen Intellekt verschiedenen Seelenteil meint, der Wollen und Handeln allererst ermöglicht. Die scientia affectiva richtet sich weder allein (wie die theoretischen Disziplinen) auf das Wahre, noch (wie die praktischen Disziplinen) allein auf das Gute, sondern auf die ursprüngliche Einheit von beiden. »Beseligend (beatificans)«79
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enim connaturali nobis non sufficienter innotescunt, quae ad salutem necessaria sunt«. Vgl. auch Lehmann 2006 (Übersetzung nach ebd., 35 f.). Vgl. Lehmann 2006. Vgl. Anm. 14 u. 15. Vgl. Lehmann 2006. Vgl. Lehmann 2006. Vgl. Senner 2009; außerdem ders. 1980. Vgl. Albertus Magnus, I Sent. d. 1, übersetzt in: System der Wissenschaften, 388 f., 392–395.
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nennt Albert dieses Wissen; wir würden heute sagen: sinnstiftend, weil es jene umfassende Orientierung vermittelt, die allererst definitive Identität zu stiften vermag. Diese Ortsbestimmung als wissenschaftliche Explikation des dem Glauben zu entnehmenden Wissens von dem finis beatificans, dem heilvermittelnden Ziel des Menschen, lässt die Theologie, und darin wird Thomas seinem Lehrer Albert folgen, den Charakter der überwölbenden Einheitswissenschaft, der »wahren Philosophie (vera philosophia)« verlieren,80 macht sie aber fähig, in das Netzwerk der Wissenschaften einzutreten und dort einen Platz ganz eigener Art einzunehmen. Zugleich wird mit dieser Einführung der Theologie das Netzwerk der Wissenschaften grundlegend erweitert. Denn mit der Theologie tritt eine Wissenschaft auf den Plan, der eine Rationalität eigen ist, die einem kontingentem geschichtlichen Geschehen übergreifenden, ja definitiven Sinn abzugewinnen vermag, eine Rationalität, die dem aristotelisch-averroistischen Raster noch völlig fremd ist. »Geisteswissenschaften« oder »hermeneutische Wissenschaften« wird man Disziplinen solcher Art später nennen. VI .
Wenn aber Theologie den Charakter einer solchen orientierenden Sinnwissenschaft gewinnt, muss sie dann nicht andere Wissenschaften des aristotelischen Netzwerks wie die Metaphysik und vor allem die Ethik überflüssig machen? Bei der Metaphysik kann Albert noch auf die Grenzen verweisen, denen die Metaphysik als rein theoretische, auf den Horizont der abstrakten transkategorialen Begriffe beschränkten Disziplin unterliegt.81 Wie aber steht es mit der Ethik ? Mit dieser Frage wird Albert konfrontiert, als ihm (wie bereits erwähnt) kurz nach Übernahme der Aufgabe eines Gründungsrektors des neuen Studium universale in Köln die vollständige Übersetzung der Nikomachischen Ethik des Aristoteles bekannt wird. Sofort macht er sie zum Gegenstand einer Vorlesung, die sein Baccalaureus Thomas von Aquin mitschreibt und die zur Grundlage von Super Ethica wird, eines in der Editio Coloniensis bereits kritisch edierten Werkes.82 Als wie gewichtig er die Herausforderung betrachtet, die mit der aristotelischen Disziplin der Ethik verbunden ist, zeigt die Tatsache, dass er die Disziplin im Rahmen seines Aristoteles-Projekts ein zweites Mal 80 Zum Verständnis der Theologie als der »wahren Philosophie« vgl. näher Honnefelder 2008, 17– 40. 81 Vgl. dazu ausführlicher Honnefelder 2008, 51–84. 82 Vgl. Albertus Magnus, Super Ethica (Ed. Colon. 14). Vgl. auch Honnefelder 2008, 75–78.
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zum Gegenstand der Kommentierung macht, aus der die Ethica hervorgeht,83 ein Text, dessen Edition sich in Vorbereitung befindet, gestützt auf Handschriften, von denen sich eine äußerst wichtige nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs im Schutt wiederfand und mit Hilfe des Förderkreises der Albertus-Magnus-Stiftung restauriert werden konnte.84 Was aber macht die von Aristoteles begründete Disziplin der Ethik für Albert so herausfordernd und warum ist sie nicht durch die Theologie zu ersetzen? In wissenschaftstheoretischer Sicht ist es die Frage, ob und inwieweit das menschliche Handeln im Blick auf Gut und Böse Gegenstand von Wissenschaft sein kann oder nicht ausschließlich in den Bereich einer durch »Weisheit«, d. h. durch lebensweltliche Bildungskontexte bestimmte Morallehre fällt, wie sie von den Autoren des 12. Jahrhunderts vorgetragen wurde.85 Und wenn sie als Wissenschaft betrieben werden soll, dann müsste geklärt werden, wie eine praktische Wissenschaft überhaupt möglich ist. In beiderlei Hinsicht stellt sich zudem die Frage, ob und inwieweit eine wissenschaftlich betriebene Ethik nicht mit der Theologie als Wissenschaft zusammenfallen muss, die doch nach Albert von dem beseligenden Letztziel der menschlichen Praxis handelt. Auf den aristotelischen Ansatz einzugehen, wird daher für Albert zum Anlass alle drei Fragen systematisch aufzugreifen. Betrachtet man das Ergebnis auf dem Hintergrund der von G. Wieland beschriebenen Entwicklung vom 12. zum 13. Jahrhundert,86 zeigt sich Albert auch hier als der Innovator, der die Ethik als eine praktische Disziplin der Philosophie gleichsam wieder herstellt. Zu Recht nennt J. Müller in seiner – auf eine Teiledition gestützten – Untersuchung der Ethica das Resultat von Alberts Auseinandersetzung mit Aristoteles daher einen »zweiten Anfang« der Disziplin.87 Will man sich aber auf Aristoteles einlassen und Ethik als eine praktische Disziplin der Philosophie begründen, dann muss in Alberts Sicht die Frage beantwortet werden, wie sich die beatitudo, unter der Augustinus den ontologischen Zustand der durch Gnade geschenkten Vereinigung mit Gott versteht, in Beziehung setzen lässt zu der eudaimonia, die Aristoteles in der Nikomachischen Ethik als maßgebliches Thema der Ethik behandelt und als Resultat gelungener menschlicher Praxis beschreibt. Hält man nämlich Augustins Deutung für die allein zutreffende Bestimmung, muss sich doch die Ethik in Theologie auflösen und menschliche Praxis ihren ethischen Sinn verlieren. Wozu also Ethik? 83 Vgl. Albertus Magnus, Ethica (Ed. Paris. 7). 84 Vgl. Albertus Magnus, Ethica (Köln, Hist. Archiv Cod. W 298 [7020]), zu dieser Handschrift vgl. auch Fauser 1982, 175–176. 85 Vgl. dazu näher Wieland 1981, 22–33. 86 Vgl. ebd. 87 Vgl. Müller 2001, 305–307; vgl. auch Dreyer 2005.
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Die Antwort Alberts auf diese Frage wie auf die Frage nach der Möglichkeit der Ethik als einer »praktischen Wissenschaft (scientia practica)« findet sich in den wissenschaftstheoretischen Reflexionen, die Albert den beiden EthikWerken voranschickt.88 Eine nähere Analyse der Verhältnisse zeigt nämlich nach Albert deutlich, dass Ethik ihren eigenen Gegenstandsbereich besitzt, der sich in Ursprung und Ziel von dem der Theologie unterscheidet. Denn sie hat es mit den einzelnen kontingenten Handlungen des Menschen zu tun, und dies im Hinblick auf das im Handeln sich realisierende gelingende gute Leben, die felicitas. Da das konkrete Handeln den erworbenen Einstellungen und Haltungen, den mores folgt, seien es Tugenden oder Laster, ist es Sache der Ethik zum einen als lehrbare Disziplin (ethica docens) die Gründe der Sitten aufzuzeigen und zum andern als handlungsleitende Disziplin (ethica utens) dem konkreten Handeln die Richtung zu weisen.89 Die Theologie hat dagegen jene Tugenden wie Glaube, Hoffnung und Liebe zum Gegenstand, die nicht wie die natürlichen Tugenden durch »Lehre und Übung (doctrina et experimentum)«90 erworben, sondern durch Gottes Gnade geschenkt werden. In seiner späten Summa theologiae heißt es daher: »Die praktischen Disziplinen, die die Philosophen betrachten, . . . gehen zurück auf das vollkommene Werk, das durch die erworbene Tugend zustande kommt, die ( Theologie) dagegen auf das vollkommene Werk, das durch die gnadenhaft eingegossenen Tugenden entsteht«.91
Während das Ziel der Theologie die jenseitige Glückseligkeit ist, ist Ziel der Ethik die hier und jetzt erreichbare, freilich im Blick auf das definitive Gelingen des Menschen unvollständig bleibende Glückseligkeit. Mit dieser Differenzierung wahrt Albert den Eigensinn des Ethischen, ohne ihn gegen die theologische Perspektive, nämlich die des von Gott verheißenen Heils auszuspielen. Zugleich verstärkt er gegenüber Aristoteles die Rolle, die der handlungsleitenden Vernunft bei der Bestimmung der naturalen Strebungen zukommt, um die »Mitte« zu gewinnen, die in Gestalt der ethischen Tugenden handlungsleitend wird.92 Damit gibt er das Strukturmodell einer 88 Vgl. Albertus Magnus, Super Ethica prol. (Ed. Colon. 14/1), 1– 4; ders., Ethica l. 1 tr. 1, ed. Müller. Vgl. auch Müller 2001, 48–58. 89 Vgl. näher Müller 2001, 268–277. 90 Albertus Magnus, Super Ethica l. 6 lect. 4 (Ed. Colon. 14/2), 417. 91 Albertus Magnus, Summa I tr. 1 q. 3 c. 3 (Ed. Colon. 34/1), 13, 76–81: » . . . practica est sicut et ceterae partes scientiae moralis. Differt autem ab aliis practicis, quas philosophi considerant; aliae enim practicae stant ad opus perfectum perfectione virtutis acquisitae, ista autem stat ad opus perfectum perfectione virtutis infusae per gratiam«. 92 Vgl. Albertus Magnus, Ethica l. 6 tr. 1 c. 1–2, übersetzt in: System der Wissenschaften, 314–329; vgl. auch die Hinweise in Möhle 2011b.
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Ethik vor, dem Thomas von Aquin und durch ihn eine breite Wirkungsgeschichte folgt.93 Zugleich zeigt er mit der kreativen Verbindung von ethica docens und utens, dass Ethik in ähnlicher Weise verstanden werden kann, wie nach seiner Meinung die Naturwissenschaft zu verstehen ist, nämlich als die – über den aristotelischen Ansatz hinausgehende – Verbindung einer Ethik, die sich induktiv auf als gut sich zeigende Haltungen und Einstellungen bezieht, mit einer Ethik, die ihr Resultat auf Prinzipien zurückführt.94
VII .
Zu den praktischen Disziplinen des aristotelischen Netzwerks gehört die Politik. Albert widmet sich diesem – noch nicht in der Editio Coloniensis edierten – Text95 nicht nur, weil die Disziplin im Netzwerk des Aristoteles vorkommt. Was Aristoteles in der Nikomachischen Ethik und in der Politik über das Handeln in der Polis schreibt, wird für Albert zum Anlaß, ein über Aristoteles hinausgehendes Konzept der Stadt und des in ihr sich vollziehenden Lebens zu entwickeln und dieses Konzept unter den veränderten gesellschaftlichen Bedingungen des 13. Jahrhunderts auch praktisch zur Geltung zu bringen. Beschrieben wird es von Albert nicht nur im Rahmen seiner Kommentierung der aristotelischen Ethik und Politik, sondern auch in einem Predigtzyklus, den er im Dominikanerinnenkloster in Augsburg hält;96 die praktische Umsetzung zeigt sich vor allem im Großen Schied, dem maßgeblich auf ihn zurückgehenden Dokument, durch das 1258 der Streit zwischen dem Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden als Landesherrn und der Bürgerschaft der Stadt geschlichtet wird.97 J. Burckhardt nennt dieses Dokument »eines der wichtigsten politischen Denkmäler des Mittelalters«.98 J. Le Goff sieht in Alberts Konzeption der Stadt die Theorie, in der die im 13. Jahrhundert einsetzende »kommunale Revolution« ihren maßgeblichen Ausdruck findet.99 Albert selbst ist ohne Zweifel ganz und gar ein Mensch der Stadt. Die meiste Zeit hat er in Köln verbracht, der zu seiner Zeit neben Paris größten 93 Zum Ansatz der Ethik bei Thomas von Aquin vgl. die immer noch maßgebliche Studie von Kluxen 1988. 94 Vgl. näher Honnefelder 2008, 51–84, bes. 75–78. 95 Zu dem Text, seiner Entstehung und der Frage seiner Authentizität in der mittelalterlichen Rezeption vgl. Flüeler 1992, 1–85. 96 Vgl. Schneyer 1969. 97 Vgl. Groten 2011. 98 Burckhardt 2004, 217 mit Anm. 7. 99 Vgl. Le Goff 1998, 86 f.; vgl. auch Meier 1994, 24, 35.
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Stadt diesseits der Alpen,100 den Rest in anderen Städten. Und er ist einem Orden beigetreten, der die Stadt als den Ort seines Wirkens begreift. Denn – so macht die im 12. Jahrhundert einsetzende Entwicklung in Westeuropa deutlich –: Die Stadt ist die neue, die Zukunft bestimmende Lebensform der Menschen. Für Albert entspricht dies der Natur des Menschen; denn zum Menschen gehört, dass er nicht nur ein individuelles und soziales Leben führt; das gelungene Leben (bene vivere) ist nicht denkbar, ohne dass die zum Menschen gehörige communicatio die Gestalt einer communicatio politica annimmt: »Der Mensch wird seinem Wesen nach politisch genannt, sofern er ein gelungenes Leben nicht ohne Leben in der Gemeinschaft (communicatio) führen kann«.101 Erst im verfassten Gemeinwesen wird der homo perfectus, die vollendete Gestalt des Menschlichen möglich. Denn nicht das private Gute ist das höchste Ziel, auf das der Menschen seiner Natur nach hinstrebt, sondern die Teilnahme an einem gemeinsamen Guten (bonum commune).102 Nur wenn der Mensch als Bürger in der Stadt Herrschaft ausübt und der Herrschaft zugleich unterworfen ist, kann die dem Menschen seiner Natur nach eigene Freiheit gewahrt werden.103 Auf diese Weise wird die naturwüchsige Geburtschaft des Menschen – wie es in den Augsburger Predigten heißt – zur Gemeinschaft, getragen von einer amicitia der Mitglieder.104 Unverkennbar knüpft Albert dabei an das aristotelische Konzept des menschlichen Lebens in der polis als der sozio-kulturellen Vollendung der menschlichen Lebensform an.105 Doch bei der Übernahme dieses Konzepts bleibt es nicht: Die christliche Schöpfungslehre und der Gedanke der fraternitas aller Menschen lassen ihn die elitären Defizite der aristotelischen polis entdecken und die Gleichheit aller Bürger der Stadt und ihr Recht auf Partizipation an der Macht entdecken.106 Das führt ihn dazu, der Stadt eine Vielheit und Verschiedenheit ( pluralitas) von Bürgern zuzuordnen, die in einer gemischten Verfassung ihre Teilhabe am Gemeinwesen realisieren. Ziel ist nicht nur der Schutz der Bürger gegen Feinde (munitio), nicht nur eine Lebensform, die 100 Vgl. näher Groten 1998. 101 Vgl. Albertus Magnus, Politica l. 1 c. 1 (Ed. Paris. 8), 13–15; Super Ethica l. 5 l. 4 c. 6 (Ed. Colon. 14/1), 327. 102 Vgl. Albertus Magnus, Politica l. 7 c. 2 (Ed. Paris. 8), 641b. 103 Vgl. Albertus Magnus, Politica l. 6 c. 1 (Ed. Paris. 8), 560, 563–565; vgl. auch Schmidt 2001, 350. 104 Vgl. Albertus Magnus, Predigt 2, 111–119, bes. 111; Ethica l. 8 tr. 3 c. 1–5 (Ed. Paris. 7), 537–546. 105 Vgl. Meier 1994, 35– 47, 63–75; Kempshall 1999, 1–75; Schmidt 2001; Söder 2008. 106 Vgl. Albertus Magnus, Predigt 3, 119–126.
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politische Herrschaft an Recht und Gesetz bindet (urbanitas), sondern ein Leben aller in Gemeinschaft (unitas) und Freiheit (libertas) erlaubt.107 Auf diese Weise soll die Teilhabe am gemeinsamen Guten zu jenem bene vivere der Bürger führen, zu dem – wer könnte das in Köln vergessen – auch die pulchritudo der Stadt, sowie die laetitia populi und der cultus religiosus gehört.108 Im genannten Schiedsspruch, ist – wie M. Groten in der Lectio Albertina 2010 gezeigt hat109 – ein »ungewöhnlicher Entscheidungsüberschuss« enthalten, der offensichtlich auf Albert zurückgeht. Denn in dem Schiedsspruch werden nicht nur die Gründe für die wechselseitigen Beschwerden von Erzbischof und Bürgerschaft ausgeräumt, sondern eine Struktur eingeführt, die neben dem Landesherrn und der Patrizierschaft auch der breiten Bürgerschaft in den Zünften und Stadtvierteln Teilhabe an der Bestimmung des gemeinsamen Lebens einräumt. Was Albert in Form einer Mischverfassung beschreibt und als maßgeblich für die weitere Geschichte der Stadt verankert – so sagen die Sozialhistoriker110 – ist nicht mehr einfach die Struktur der antiken polis des Aristoteles mit ihren elitären Zügen und auch nicht nur ein Abbild der himmlischen civitas des Augustinus, sondern die heraufziehende konkrete Gestalt der modernen Bürger-Stadt.
VIII .
Man hat Albert den Großen den doctor universalis genannt. Je mehr die Editio Coloniensis seiner Werke voranschreitet und der Forschung verlässliche Einsicht in sein Denken ermöglicht, umso mehr beginnen wir zu begreifen, was damit eigentlich gemeint ist. Albert ist nicht der universale Gelehrte, weil er alles und jedes zusammengetragen hat (obwohl er auch das getan hat); er ist es auch nicht, weil sein Werk viele Facetten besitzt, von denen jede ihre eigene Bedeutung hat und einzelne ganz besondere Beachtung verdienen (auch das ist richtig, aber keineswegs alles). Er ist doctor universalis, weil er für den lateinischen Westen eine neue Form auf den Weg gebracht hat, Universalität zu denken, nämlich als Perspektive auf das Ganze unter den Bedingungen endlicher Erkenntnis. Und diese Perspektive ist das, was er in neuer Weise »Wissenschaft« nennt. 107 Vgl. programmatisch Albertus Magnus, Predigt 1, 105, sowie den Predigtzyklus insgesamt. 108 Vgl. Albertus Magnus, Predigt 7, 142–147. 109 Vgl. Groten 2011, 16–29; zum Großen Schied und seinem historischen Kontext vgl. auch Stehkämper 2001; Strauch 2008. 110 Vgl. Meier 1994, 65–75; Schmidt 2001.
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Und darunter versteht er nicht akkumuliertes Expertenwissen mit nützlichen Anwendungsdimensionen, sondern eine neue Form der menschlichen Orientierung, und zwar eine solche im Modus eines um seine Perspektiven wissenden Selbstverhältnisses. Deshalb umfasst das Wissen-wollen der Wissenschaft in seiner Sicht auch die Dimensionen der Praxis des Menschen und dessen Suche nach Sinn. Auf solche Weise kann Wissenschaft als Prozess der Bildung aufgefasst werden als Weg zu jenem wissenden Selbstverhältnis, das sich als ein Leben aus universaler Wahrheit versteht. Wenn das die Formel ist, die die Lebensform bezeichnet, für die Europa steht, dann war Albert der, der die Tür zu dieser Lebensform geöffnet hat. Den Schluss soll im Rückblick auf meine mehr als anderthalb Jahrzehnte dauernde Tätigkeit als Direktor des Albertus-Magnus-Instituts eine persönliche Bemerkung bilden: Dass ich selbst dem Versuch, Albert und seine neue Perspektive der Universalität zu begreifen, seit über 15 Jahren im Rahmen des Albertus-Magnus-Instituts nachgehen konnte, war für mich eine besondere Freude, für die ich allen Grund habe zu danken. Denn ich habe im Kreis der Kollegen und Mitarbeiter des Instituts, der Mitglieder in Direktorium und Beirat, die mit mir die Verantwortung getragen haben, und nicht zuletzt im Gespräch mit den vielen auswärtigen Gästen des Instituts eine communicatio erfahren, die höchst selten ist. Ohne sie hätte ich das Bild von Albert dem Großen, das ich heute Abend zu skizzieren versucht habe, nicht gewinnen können.
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