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German Pages 255 Year 2016
Schriften zum Internationalen Recht Band 214
Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in Deutschland und Frankreich
Von
Nathalie Lengert
Duncker & Humblot · Berlin
NATHALIE LENGERT
Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in Deutschland und Frankreich
Schriften zum Internationalen Recht Band 214
Die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie in Deutschland und Frankreich
Von
Nathalie Lengert
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Jahre 2015 als Dissertation angenommen.
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Meinen Eltern
Vorwort Diese Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Ludwig-MaximiliansUniversität München Ende 2015 als Dissertation angenommen; die mündliche Prüfung in Form eines Rigorosums fand ebenfalls Ende 2015 statt. Text, Rechtsprechung und Literatur konnten bis Dezember 2014 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt zunächst meiner Doktormutter Frau Professor Dr. Beate Gsell für ihre hervorragende Unterstützung bei der Betreuung dieser Arbeit. Durch ihre konstruktiven Anmerkungen und Hinweise sowie nicht zuletzt ihre jederzeitige Diskussionsbereitschaft hat sie entscheidend zum Gelingen meiner Arbeit beigetragen. In den vergangenen drei Jahren habe ich als Mitarbeiterin an ihrem Lehrstuhl fachlich und persönlich sehr viel von ihr lernen dürfen. Ebenfalls herzlich bedanken möchte ich mich bei Herrn Professor Dr. Peter Kindler für die freundliche Übernahme des Zweitgutachtens sowie bei Herrn Professor Dr. Stephan Lorenz für sein Mitwirken in der Prüfungskommission. Darüber hinaus danke ich den Kolleginnen und Kollegen an der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität. Insbesondere gilt mein Dank Herrn Dr. Matthias Fervers, der mir stets mit klugem Rat zur Seite stand, sowie Herrn Marius Fischer für seine Hilfe beim Korrekturlesen dieser Arbeit. Mein größter Dank gilt meinen Eltern, die mich auf meinem langen Bildungsweg vorbehaltlos und unentwegt unterstützt haben. München, im Januar 2016
Nathalie Lengert
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 A. Historische Entwicklung des Verbraucherrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 I. Nationale Bestrebungen zum Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1. In Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. In Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 II. Europäische Bestrebungen zum Verbraucherschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 1. Entwicklung des europäischen Verbraucherschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2. Verbraucherrecht als europäisches Richtlinienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3. Hintergrund der Vollharmonisierung: ökonomisches Modell . . . . . . . . . . . . . . . 24 a) Ziel: Verwirklichung des Binnenmarktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 b) Fehlen empirischer Beweise für Hindernisse durch Rechtszersplitterung . . . 26 c) Interdependenz von Kompetenz und Wettbewerbsregulierung . . . . . . . . . . . 27 aa) Vollharmonisierung im Verbraucherrecht; kompetenzrechtliche Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 bb) Wettbewerbsregulierung im Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 B. Ziel der Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Teil 1 Allgemeiner systematischer Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts
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A. Deutscher integrativer Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 I. Systematik der Integration ins BGB im Rahmen der Schuldrechtsreform . . . . . . . 33 II. Auslagerung der Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 B. Auslagerung in den französischen Code de la consommation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 I. Code de la consommation – Reine Kompilation oder kohärente Kodifikation? . . 36 II. Systematik des Code de la consommation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 C. Rechtspolitisches Umfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 I. Modellvergleich: Verbraucherrecht als Teil des allgemeinen Zivilrechts? . . . . . . . 39 1. Für eine Auslagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2. Gegen eine Auslagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
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Inhaltsverzeichnis 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 II. Verbraucherrecht als Teil des europäischen Privatrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Kritik auf erster Ebene an der Richtlinie selbst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 a) Demokratiedefizit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 b) Subsidiaritätsprinzip und Verhältnismäßigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 c) System- und Wertungswidersprüche zwischen EU-Richtlinien . . . . . . . . . . . 46 2. Kritik auf zweiter Ebene an den Auswirkungen auf das nationale Recht . . . . . 47 a) Eingriff in die Privatautonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Einfluss des Verbraucherrechts auf das allgemeine Zivilrecht: System- und Wertungswidersprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 c) Fragmentierung des nationalen Zivilrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 d) Verlust nationaler Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 e) Uneinheitliches Recht in der Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
D. Zusammenfassung Teil 1 und Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Teil 2 Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie
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A. Reichweite von Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 II. Regelungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 III. Wirkungsweise im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich zweier mindestharmonisierender Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 I. Haustürgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 a) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Definition des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 bb) Definition des Vertragspartners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 b) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Definition des Haustürgeschäfts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Inhaltsverzeichnis
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(2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (a) Vertragsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 (b) Verhandlungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (a) Vertragsart . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 (b) Verhandlungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Ausschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 c) Schlussfolgerung hinsichtlich des Anwendungsbereichs . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 a) Informationspflichten: Schriftliche Widerrufsbelehrung . . . . . . . . . . . . . . . . 73 aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (1) Allgemeine Informationspflichten des Cconsom . . . . . . . . . . . . . . . . 75 (a) Art. L. 111-1 Cconsom: Informationspflichten des Verkäufers 75 (b) Art. L. 111-2 Cconsom: Informationspflichten des Dienstleisters 75 (c) Art. L. 113-1 ff. Cconsom: „prix et conditions de vente“ . . . . . . 76 (d) Art. L. 114-1 Cconsom: Lieferfristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 (e) Art. L. 134-1 und-2 Cconsom: „remise des contrats“ . . . . . . . . . 76 (2) Spezifische Informationspflichten für Haustürgeschäfte . . . . . . . . . . 76 b) Sanktion der fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung . . . . . . . . . . . 77 aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (1) Zivilrechtliche Sanktionen, insbesondere die „nullité“ . . . . . . . . . . . 78 (2) Strafrechtliche Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 c) Schlussfolgerung hinsichtlich Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3. Das Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 aa) Dauer der Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 bb) Beginn der Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
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Inhaltsverzeichnis b) Ausübung des Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 aa) Rechtzeitige Ausübung des Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 bb) Form des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 c) Widerrufsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 (1) Rückgewähr der Leistungen und Nutzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 (2) Wertersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 d) Verhältnis zu sonstigen Rechtsbehelfen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 e) Schlussfolgerung hinsichtlich Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4. Weitergehende Schutzvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 b) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 c) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 5. Überleitung zu II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Fernabsatzverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 aa) Definition des Verbrauchers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 bb) Definition des Vertragspartners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 cc) Definition des Betreibers einer Fernkommunikationstechnik . . . . . . . . . 96 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
Inhaltsverzeichnis
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b) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Definition des Fernabsatzvertrags und der Fernkommunikationsmittel
96
(1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 bb) Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Schlussfolgerung hinsichtlich Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 a) Vorvertragliche Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Schriftliche Bestätigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 c) Sanktionen der fehlenden oder fehlerhaften Information . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . 110 3. Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 a) Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 aa) Dauer der Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 bb) Beginn der Widerrufsfrist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Ausübung des Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Rechtzeitige Ausübung des Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113
10
Inhaltsverzeichnis bb) Form des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (2) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 (3) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 c) Widerrufsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 d) Ausschluss des Widerrufs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 e) Schlussfolgerung hinsichtlich Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Verbundene Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 a) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 c) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 d) Schlussfolgerung hinsichtlich verbundener Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 5. Erfüllung des Vertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Nicht-/Schlechtleistung und Nichtverfügbarkeit des Vertragsgegenstandes
120
aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Zahlung mittels Karte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 bb) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 cc) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Schlussfolgerung hinsichtlich Erfüllung der Fernabsatzverträge . . . . . . . . . . 122 6. Nicht bestellte Waren oder Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 a) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 b) Rechtslage in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Rechtslage in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Behandlung nicht bestellter Waren oder Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 I. Systematik und Schwächen der Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 II. Niveau der Vereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129
Inhaltsverzeichnis
11
2. Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3. Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131
Teil 3 Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
133
A. Wechsel der europäischen Strategie hin zur Vollharmonisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 I. Reichweite vollharmonisierender Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 II. Reichweite der Verbraucherrechterichtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Allgemeiner Geltungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 d) Schlussfolgerung hinsichtlich des allgemeinen Geltungsbereichs . . . . . . . . . 147 2. Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Verbraucher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 aa) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 bb) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 cc) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Unternehmer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 aa) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 bb) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 c) Schlussfolgerung hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs . . . . . 152 3. Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 a) Fernabsatzvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 aa) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 bb) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 cc) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag . . . . . . . . . . . . . . 154 aa) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 bb) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 cc) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 c) Schlussfolgerung hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs . . . . . . . 157 4. Zusammenfassende Schlussfolgerungen hinsichtlich des Anwendungsbereichs 157 a) Allgemeiner Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157
12
Inhaltsverzeichnis b) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 c) Sachlicher Awendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 II. Informationspflichten und formelle Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Informationspflichten bei anderen als Fernabsatzverträgen oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 d) Schlussfolgerung hinsichtlich allgemeiner Informationspflichten . . . . . . . . . 163 2. Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 d) Schlussfolgerung hinsichtlich Informationspflichten für besondere Vertriebsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 3. Formale Anforderungen für besondere Vertriebsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 a) Formale Anforderungen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 aa) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 bb) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 cc) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 b) Formale Anforderungen bei Fernabsatzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 aa) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 bb) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 cc) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 c) Schlussfolgerungen hinsichtlich formaler Anforderungen für besondere Vertriebsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 4. Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 5. Zusammenfassende Schlussfolgerungen hinsichtlich Informationspflichten . . . 178 a) Allgemeine Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 b) Informationspflichten und formale Anforderungen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen . . . . . . . . . . . 178 c) Sanktionen bei fehlender oder fehlerhafter Information . . . . . . . . . . . . . . . . 179 III. Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Widerrufsrecht und -frist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181
Inhaltsverzeichnis
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c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 2. Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 3. Ausübung des Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 d) Schlussfolgerung hinsichtlich Ausübung des Widerrufsrechts . . . . . . . . . . . 186 4. Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 5. Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 6. Wirkungen des Ausübung des Widerrufsrechts auf akzessorische Verträge . . . 192 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Widerrufsfolgen auf akzessorische Verträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 7. Ausnahmen vom Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 d) Schlussfolgerung hinsichtlich Ausnahmen vom Widerrufsrecht . . . . . . . . . . 196 8. Zusammenfassende Schlussfolgerungen hinsichtlich des Widerrufsrechts . . . . 197 IV. Sonstige Verbraucherrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 1. Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 d) Schlussfolgerungen hinsichtlich der Lieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201
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Inhaltsverzeichnis 2. Gefahrübergang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 d) Schlussfolgerungen hinsichtlich des Gefahrübergangs . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 3. Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 d) Schlussfolgerungen hinsichtlich Zahlungsmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 4. Telefonische Kommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 d) Schlussfolgerungen hinsichtlich telefonischer Kommunikation . . . . . . . . . . 205 5. Zusätzliche Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 d) Schlussfolgerungen hinsichtlich zusätzlicher Zahlungen . . . . . . . . . . . . . . . . 206 6. Unbestellte Waren oder Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Vorgaben der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 b) Umsetzung in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 c) Umsetzung in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 d) Schlussfolgerungen hinsichtlich unbestellter Waren oder Dienstleistungen
208
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 I. Systematik und Schwächen der Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 II. Niveau der Vereinheitlichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 2. Informationspflichten und formale Anforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 3. Widerrufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 4. Sonstige Verbraucherrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 III. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Inhaltsverzeichnis
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Teil 4 Fazit
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A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 I. Stärkung des Verbrauchervertrauens durch einheitliches hohes Verbraucherschutzniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 1. Einheitliches Verbraucherschutzniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 a) Vereinheitlichung der Regelungen der verschiedenen Richtlinien . . . . . . . . . 217 b) Vereinheitlichung der verschiedenen nationalen Regelungen durch die Umsetzung der vollharmonisierenden Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 aa) Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (1) Persönlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 (2) Sachlicher Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 bb) Informationspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 cc) Widerruf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 dd) Erfüllung von Fernabsatzverträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 ee) Nicht bestellte Waren oder Dienstleistungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 ff) Sonstige Verbraucherrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 gg) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 2. Hohes Verbraucherschutzniveau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 a) Senkung des Schutzniveaus? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 aa) Veränderung des Schutzniveaus in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 bb) Veränderung des Schutzniveaus in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 cc) Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Kumulation von Schutzstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 II. Stärkung des Binnenmarktes durch Senkung der Transaktionskosten für den grenzüberschreitenden Handel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 III. Wahrung des Subsidiaritätsprinzips? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 IV. Fazit zur Erreichung der Ziele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 B. Verengung der Umsetzungsspielräume; Einfluss auf Umsetzungsmodelle? . . . . . . . . . 231 I. System- und Wertungswidersprüche innerhalb des nationalen Rechts aufgrund der Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 II. Spricht Vollharmonisierung gegen integrierende Umsetzung? . . . . . . . . . . . . . . . . 232 C. Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249
Einleitung Die Europäische Gemeinschaft hat sich Integration zum Ziel gesetzt.1 Hintergrund ist die Vorstellung, durch die Einheit Europas sowohl die sozialen als auch die wirtschaftlichen Zustände innerhalb der Gemeinschaft zu verbessern. Die Europäische Gemeinschaft, obwohl als Wirtschaftsgemeinschaft konzipiert, ist seit jeher eine Rechtsgemeinschaft.2 Dies betont auch der EuGH: „Das Gemeinschaftsrecht beruht darauf, dass die Mitgliedstaaten nicht nur auf wirtschaftlichem, sondern auch auf rechtlichem Gebiet miteinander verflochten sind“.3 Das Recht ist sowohl Grundlage (vgl. Art. 1 Abs. 3 EUV: „Grundlage der Union sind dieser Vertrag und der AEUV“) als auch Integrationsmittel für die Gemeinschaft.4 Dass für das Funktionieren eines gemeinsamen Binnenmarktes – dem Ziel aller Gemeinschaftsverträge – ein Mindestmaß an Rechtseinheit erforderlich ist, lässt sich nicht bestreiten. Gestritten wird allerdings über den Umfang sog. horizontaler Rechtsangleichung, die das Verhältnis zwischen Privatrechtssubjekten regelt.5 Das Privatrecht steht im Vordergrund, weil es den Kern unserer Marktwirtschaft darstellt.6 Besonderes Augenmerk der europäischen Rechtssetzung innerhalb des Vertragsrechts liegt wiederum auf dem Verbraucherrecht, was nicht nur kompetenzrechtliche, sondern insbesondere auch rechtspolitische Hintergründe hat.7 Der Schwerpunkt der Gesetzgebung wird auf den Verbraucherschutz gelegt, um die
1 Vgl. bereits Gründung der Westeuropäischen Union durch Protokoll Nr. 1 zur Änderung des Brüsseler Vertrags vom 23. 10. 1954, danach 1. Erwägungsgrund der Präambel des Vertrags von Maastricht vom 7. 2. 1992. 2 Hallstein, Der unvollendete Bundesstaat, S. 33: „Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ist in dreifacher Hinsicht ein Phänomen des Rechts: Sie ist Schöpfung des Rechts, sie ist Rechtsquelle und sie ist Rechtsordnung.“ 3 EuGH, v. 18. 5. 1982, Rs. 155/79, Slg. 1982, 1575, 1610 – AM & S. 4 Hallstein, Der unvollendete Bundesstaat, S. 33; Dreher, JZ 1999, 105, 105 f.; Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 73. 5 Ulmer, JZ 1992, 1, 2. 6 Herresthal, in: Domej/Dörr, JbJZivRWiss 2008, 139, 150; die Verbraucherrechterichtlinie gehört zu einer ganzen Reihe von verschiedenen Ansätzen, die seit 2001 hauptsächlich von der EU-Kommission aber auch von anderen unabhängigen Gruppen zur Vereinheitlichung des europäischen Verbraucher- und Vertragsrechts vorangetrieben wurden, vgl. Drexl, FS Medicus, 68, 73; Jansen, 59; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 456. 7 Dies wird im Folgenden näher erläutert, siehe unten Einleitung A. II. 3.
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Einleitung
Legitimation der Union, die oft als eine vom Bürger entfernte Ebene wahrgenommen wird, zu erhöhen.8 Das Unionsrecht und das nationale Recht sind eng miteinander verknüpft9 und doch ist der Einfluss des Europarechts auf unser Zivilrecht dem Rechtsanwender oft nicht bewusst.10 Zwar wenden wir mit dem BGB nationales Recht an, dahinter verbirgt sich jedoch oft die Handschrift des europäischen Gesetzgebers. Dies gilt beispielsweise für die §§ 312 ff. BGB, die auf europarechtlichen Richtlinien beruhen. Und selbst Normen, die nicht direkt aus dem Europarecht stammen, werden durch das Gebot des Vorrangs des Europarechts überlagert, dies insbesondere durch die europarechtskonforme Auslegung.11
A. Historische Entwicklung des Verbraucherrechts Verbraucherschutz ist ein relativ modernes Phänomen. Lange Zeit waren außer allgemeinen Vorschriften gegen sittenwidriges und arglistiges Verhalten in den Rechtsordnungen keine besonderen Vorschriften zum Schutz des Verbrauchers zu finden (so weder im BGB von 1900 noch im Code civil von 1804). Mit der Zeit haben sich die Nationalstaaten sukzessive dem Verbraucherrecht gewidmet, bevor dieses kurze Zeit später von der Gemeinschaft übernommen wurde.
I. Nationale Bestrebungen zum Verbraucherschutz Die wirtschaftliche Entwicklung Ende des 19. bis Anfang des 20. Jahrhunderts hat die Herbeiführung der Konsumgesellschaft in den sog. entwickelten Ländern gefördert.12 In diesen Ländern, zu denen auch Deutschland und Frankreich gehören, wurden schrittweise Bestrebungen zur besseren Aufklärung der Konsumenten unternommen.13 Als Rechtfertigung für die Schutzmaßnahmen zugunsten der Verbraucher wird vorgebracht, das Verhältnis zwischen Verbrauchern und Unternehmern sei von einem strukturellen Ungleichgewicht geprägt: Die Kompetenz und die Informationen des Unternehmers verschaffen diesem eine gewisse Machtposition.14 8
Wilhelmsson, JCP 27 (2004), 317, 317; zum Verbraucherrecht als „Nukleus“ des gemeinschaftsrechtlichen Zivilrechts vgl. Tamm, EuZW 2007, 756. 9 Hallstein, Der unvollendete Bundesstaat, S. 36. 10 Vgl. hierzu Heiderhoff, ZJS 2008, 25, 25; Dreher, JZ 1999, 105, 105. 11 Grundlegend EuGH v. 10. 4. 1984 – Rs. 14/84, Slg. 1984, I-1891 – Colson und Kamann und v. 13. 11. 1990 – Rs. C-106/89, Slg. 1990, I-4135 – Marleasing. 12 Vgl. hierzu Damm, VersR 1999, 129, 130. 13 Auf die einzelnen Schritte wird sogleich genauer eingegangen. 14 Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 1; Micklitz, MüKo, Vor §§ 13, 14, Rn. 15; in diese Richtung auch Roth, JZ 2001, 475, 48; Picod/Davo, Droit de la consommation,
A. Historische Entwicklung des Verbraucherrechts
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Das strukturelle Defizit des Verbrauchers steigt mit der Komplexität der Produkte und der Weiterentwicklung von Marketingstrategien und Verbraucher müssen vor einer missbräuchlichen Ausnutzung dieser Machtposition der Unternehmer geschützt werden. Das Verbraucher(schutz)recht beruht somit auf der Vorstellung, dass der Verbraucher durch Werbung und Marketing manipuliert wird und dass die Marktfreiheit nicht ausreicht, um den Markt zu regulieren und den Verbraucher ausreichend zu schützen.15 1. In Deutschland Das wohl erste verbraucherschützende Gesetz Deutschlands ist das im Jahre 1894 verabschiedete Abzahlungsgesetz. Zwar wurde darin nicht ausdrücklich auf Verbraucher Bezug genommen, allerdings wurden in dem Gesetz Kaufverträge über bewegliche Sachen geregelt, bei welchen dem Käufer die Kaufsache schon vor vollständiger Kaufpreiszahlung übergeben wurde. Dies traf hauptsächlich auf Verbraucher zu. Das Abzahlungsgesetz wurde 1990 durch das Verbraucherkreditgesetz ersetzt. Im Jahre 1971 gab die Bundesregierung einen ersten Bericht zur Verbraucherpolitik bekannt.16 Der erste große Schritt des deutschen Gesetzgebers in Richtung kodifizierten Verbraucherschutzes ist in dem im Jahre 1976 verabschiedeten Gesetz zur Regelung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) zu sehen. Kontrovers geführt wurde die Debatte, ob der Schutzzweck des AGBG im Verbraucherschutz oder im generellen Schutz vor missbräuchlichen AGB zu sehen sei.17 Zwar scheint das AGBG letztendlich letzterem Schutzzweck zu dienen, da auch Unternehmer in seinen Schutzbereich einbezogen sind. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass der Schutzmechanismus der Verbandsklage hauptsächlich von Verbraucherschutzverbänden in Anspruch genommen wurde und die Rechtsprechung im Rahmen der Klauselkontrolle den Verbraucherschutz vorangetrieben hat.18 Selbst wenn der Verbraucherschutz im Rahmen des AGBG nicht im Vordergrund stand, kann dieses also als ein Grundstein für den Verbraucherschutz gesehen werden.
p. 3, 15; Raymond, Droit de la consommation, p. 4; dies im Online-Handel hinterfragend Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 28. 15 Vgl. Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 2; Micklitz, MüKo, Vor. §§ 13, 14 Rn. 14; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 2; Calais-Auloy, RTD Civ. 1994, 239, 240. 16 BT Drucks. VI/2724 vom 18. 10. 1971. 17 Vgl. Wolf, JZ 1974, 465, 469; Reich, ZRP 1974, 187, 188, Schmidt, JuS 1987, 929, 931; Heinrichs, NJW 1993, 1817, 1818; Damm, JZ 1994, 161, 167. 18 Vgl. Damm JZ 1994, 161, 166 f.; Micklitz, MüKo, Vor. §§ 13, 14 Rn. 19.
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Einleitung
Die nächsten Etappen im deutschen Verbraucherschutzrecht sind im Fernunterrichtsschutzgesetz (1976) und im Reisevertragsgesetz (1979) zu sehen.19 Ein einheitliches Verbrauchergesetz war in Deutschland anders als in Frankreich20 allerdings nie vorgesehen. 2. In Frankreich Zu den wichtigsten Anfängen des Verbraucherschutzrechts in Frankreich zählen das Gesetz vom 22. Dezember 1972 über Haustürgeschäfte, das Gesetz vom 27. Dezember 1973 (sog. Loi Royer), das insbesondere Vorschriften zu unlauterer Werbung und dem kollektiven Verbraucherschutz enthielt, sowie die sog. Loi Skrivener vom 10. Januar 1978 über den Verbraucherkredit. Ferner sind das Gesetz vom 13. Juli 1979 zum Immobiliarkredit und das Gesetz vom 6. Januar 1988 über Fernabsatzverträge zu nennen.21 Schon Anfang der 80er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurden in Frankreich erste Bemühungen um ein Verbrauchergesetzbuch angestellt. Die 1982 einberufene Commission de refonte du droit de la consommation unter Leitung des bekannten Verbraucherrechtlers Jean Calais-Auloy brachte 1985 einen ersten Entwurf eines Verbrauchergesetzbuchs hervor.22 Doch genau wie das zweite Vorhaben aus dem Jahre 1989 wurde der Entwurf nie als Gesetz verabschiedet. Dies lag hauptsächlich am politischen Widerstand der konservativen Regierung gegen die „revolutionären Ideen“23 des Gesetzesentwurfs, der beispielsweise die Möglichkeit einer „class action“ nach amerikanischem Modell vorsah. Der letztendlich am 26. Juli 1993 verabschiedete legislative Teil des Code de la consommation24 begnügt sich damit, die in vielen Einzelgesetzen verstreuten Verbraucherschutzvorschriften in einem Gesetz zusammenzufassen, ohne große inhaltliche Veränderungen vorzunehmen. Der sog. ausführende Teil (partie réglementaire) wurde erst 1997 als Dekret vom Conseil D’État verabschiedet.
19 Vgl. Micklitz, MüKo vor §§ 13, 14, Rn. 20, der darin „keine Meisterleistung deutscher Gesetzgebungskunst“ zu erkennen vermag. 20 Calais, Propositions pour un code de la consommation, rapport de la commission pour la codification du droit de la consommation au premier ministre, Documentation Française. 21 Zu einer ausführlichen Auflistung vgl. Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 6, 7. 22 Proposition pour un nouveau droit de la consommation, Documentation Française, 1985. 23 So Witz/Wolter, ZEuP 1995, 35, 37. 24 http://www.legifrance.gouv.fr/affichCode.do?cidTexte=LEGITEXT000006069565.
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II. Europäische Bestrebungen zum Verbraucherschutz 1. Entwicklung des europäischen Verbraucherschutzes Die Kommission hat erstmals im Jahre 1975 ein Programm für eine Verbraucherschutzpolitik beschlossen.25 Zweck des Programms war die Vollendung des Binnenmarktes, was sich bereits aus dem ersten Erwägungsgrund ergibt: „Nach Artikel 2 des Vertrags ist es Aufgabe der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft […] zu fördern“. Dem Programm wurden fünf fundamentale Rechte des Verbrauchers zugrunde gelegt: – der Schutz der Gesundheit und die Gewährleistung der Sicherheit der Verbraucher, – der Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher, – das Recht der Verbraucher auf Information und Erziehung, – das Recht der Verbraucher auf Wiedergutmachung erlittenen Schadens, – Vertretung und Beteiligung der Verbraucher. Diese Rechte entstammen der im Jahre 1962 von Präsident Kennedy gehaltenen Rede vor dem Kongress der Vereinigten Staaten, in der er die Notwendigkeit eines legislativen und administrativen Schutzes zugunsten der Verbraucher, die zwei Drittel aller ökonomischen Ausgaben ausmachen, proklamierte.26 Das zweite Programm von 1981,27 das auf dem vorangegangenen Programm basiert, enthielt zwei weitere Zielsetzungen: – die Einbeziehung der Verbraucherinteressen in alle EG-Politiken, und nicht nur in eine spezielle Verbraucherpolitik; – die Förderung eines Dialogs zwischen den Vertretern der Verbraucher, den Herstellern und den Vertreibern. In den 80er und 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hat sich die EU vertieft dem Verbraucherschutz gewidmet und sukzessive anhand zahlreicher Richtlinien eine Art. Sonderprivatrecht für Verbraucher geschaffen (Produkthaftungsrichtlinie 85/374/EWG, Haustürwiderrufsrichtlinie 85/577/EWG, Richtlinie zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucher25 Entschließung des Rates vom 14. 4. 1975 betreffend ein erstes Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutze und zur Unterrichtung der Verbraucher, ABl. EG Nr. C 92. 26 Der legendäre Satz Kennedys „Wir sind alle Verbraucher“ setzte den Grundstein für den amerikanischen und von diesem inspirierten europäischen Verbraucherschutz; Raymond, Droit de la Consommation, p. 1, 9, 21. 27 Entschließung des Rates vom 19. 5. 1981 betreffend ein zweites Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutze und zur Unterrichtung der Verbraucher, ABl. EG Nr. C 133.
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kredite 87/102/EG, Richtlinie über Pauschalreisen 90/340/EWG, Richtlinie über missbräuchliche Klauseln 93/13/EWG, Teilzeitwohnrechterichtlinie 94/47/EG, Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG, Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 99/ 44/EG). Entscheidend vorangetrieben wurde der europäische Verbraucherschutz in den 80er Jahren durch die Einheitliche Europäische Akte von 1986, die es der Gemeinschaft ermöglichte, im Rahmen der Binnenmarktkompetenz durch Mehrheitsentscheidungen des Rates vorzugehen, was den Entscheidungsprozess erheblich beschleunigte. Die intensiven Regelungsmaßnahmen der EU hatten zur Folge, dass kaum nationale Vorhaben im Rahmen des Verbraucherschutzes mehr entstanden. Seit dem Vertrag von Maastricht werden verbraucherschutzrechtliche Kompetenzen auch ausdrücklich in den Gründungsverträgen festgehalten.28 Nach Art. 4f) AEUV gehört das Verbraucherrecht zu den geteilten Zuständigkeiten zwischen Union und Mitgliedstaaten. Auch Art. 114 III AEUV und Art. 169 I AEUV verankern das hohe Verbraucherschutzniveau als leitenden Grundsatz der Union. Sogar in Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union heißt es: „Die Politik der Union stellt ein hohes Verbraucherschutzniveau sicher.“ Über Art. 6 I EUV wird die Charta als mit den Gründungsverträgen rechtlich gleichrangig eingestuft. Dies zeigt den besonderen Stellenwert des Verbraucherschutzes in der Europäischen Union. 2. Verbraucherrecht als europäisches Richtlinienrecht Diese Anhäufung von Richtlinien im Verbraucherprivatrecht mag auf den ersten Blick unkoordiniert wirken. Allerdings lässt sich doch eine gewisse Systematik erkennen, wenn man die verschiedenen Richtlinien im Zusammenhang betrachtet. So legen die Haustürwiderrufsrichtlinie 85/577/EWG und die Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG Vertragsschlussmodalitäten fest. Die Richtlinie 93/13/EWG über die Kontrolle von missbräuchlichen Klauseln in Verbraucherverträgen gibt ihrerseits einen Standard für die Inhaltskontrolle von Verträgen vor. Alle anderen Richtlinien regeln bestimmte Vertragstypen genauer und können demnach als besonderer Teil des Verbraucherrechts qualifiziert werden.29 Allerdings bleibt es bisher bei punktuellen Regelungen des Verbraucherrechts ohne Gesamtkonzept und gemeinsame Grundstrukturen.
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Damals Art. 129a EGVertrag; vgl. hierzu Gsell, Staudinger/Eckpfeiler, Neubearbeitung 2012, Rn. 1; Kannowski, Staudinger, Neubearbeitung 2014, Vor §§ 13, 14 Rn. 8; Micklitz, MüKo Vor §§ 13, 14 Rn. 20; Micklitz, GPR 2009, 254, 257. 29 Vgl. hierzu das Grünbuch der Kommission KOM (2006) 744, S. 10; Micklitz, MüKo, Vor. §§ 13, 14 Rn. 28; Micklitz/Reich, VuR 2007, 121, 125; in diese Richtung auch Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 358.
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Hinsichtlich der Richtlinienart haben sich zwei Grundmodelle herauskristallisiert:30 die mindestharmonisierende Richtlinie, die den Mitgliedstaaten Abweichungen „nach oben“ zugunsten des Verbrauchers erlaubt und die vollharmonisierende Richtlinie, die den Mitgliedstaaten jegliche Abweichungen, mit Ausnahme ausdrücklicher Öffnungsklauseln, verwehrt. Daneben gibt es auch Zwischen- bzw. Mischmodelle wie zum Beispiel die sog. targeted harmonisation, im Rahmen derer einige zentrale Vorschriften vollharmonisierend, andere nur mindestharmonisierend wirken. Diese soll in Teil 3 weiter erörtert werden. Der überwiegende Anteil dieser Richtlinien folgte dem Prinzip der Mindestharmonisierung.31 Seit 200232 zeichnet sich ein Strategiewechsel der Kommission hin zur Vollharmonisierung ab. Ziel war die Konsolidierung des bestehenden Verbraucher-acquis.33 Zwar war die Produkthaftungsrichtlinie bereits als vollharmonisierende Richtlinie konzipiert, allerdings wurde dies erst im Jahre 2002 durch eine entsprechende Auslegung des EuGH anerkannt.34 Die Richtlinie über Fernabsatz von Finanzdienstleistungen brachte im Jahre 200235 erstmals eine von Anfang an eindeutige Vollharmonisierung im Verbraucherschutzrecht zum Vorschein. Im jüngeren Verbraucherrecht hat die EU-Kommission die Vollharmonisierungsstrategie konsequent weiterverfolgt. So wurde beispielsweise auch die Reform der Verbraucherkreditrichtlinie (2008),36 sowie der Time-Sharing-Richtlinie (2009)37 im Wege der Vollharmonisierung durchgeführt. 2008 verkündete die EU-Kommission erstmals ihr Vorhaben, vier bestehende Richtlinien (RL 85/577/EWG über Haustürgeschäfte, RL 93/13/EWG über die Kontrolle von missbräuchlichen Klauseln in Verbraucherverträgen, RL 97/7/EG über Fernabsatzverträge und RL 99/44/EG über den Verbrauchsgüterkauf) in einer vollharmonisierenden Richtlinie über Rechte der Verbraucher durch Zusammenführung zu vereinfachen und zu aktualisieren.38 Nach einem über zwei Jahre dauernden Gesetzgebungsverfahren wurde am 23. Juni 2011 endlich eine Einigung gefunden. 30
Siehe bereits Einleitung. Vgl. Grigoleit, AcP 210 (2010) 354, 408. 32 Vgl. die Mitteilung der Kommission zur verbraucherpolitischen Strategie 2002 – 2006, KOM (2002) 208 endg. 7. 5. 2002. 33 Vgl. die Mitteilung der Kommission zur verbraucherpolitischen Strategie 2002 – 2006, KOM (2002) 208 endg. 7. 5. 2002, S. 14 ff. 34 EuGH v. 25. 4. 2002, Rs. C-183/00, Slg. 2002, I-3901, Rn. 23 ff. – González Sánchez/ Medicina Asturiani. 35 Richtlinie 2002/65/EG. 36 Art. 22. 37 Erwägungsgrund 3. 38 Vgl. Erwägungsgrund 2 und 8 des Vorschlags für eine Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, Kom (2008) 614 endg. 2008/0196 (COD). 31
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Wenn die Richtlinie nach der Intention der Vertragspartner nach Art. 288 III des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) „nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich“ sein soll, so wären allgemeine Regelungen, Generalklauseln o. ä. zu erwarten. Der Vergleich der Richtlinientexte zeigt jedoch ein ganz anderes Bild: die Regelungen sind mittlerweile so spezifisch, dass sie sich zum Teil nur mehr durch eine wortwörtliche Übernahme richtlinienkonform umsetzen lassen;39 aus Gründen der Rechtssicherheit und um Unsicherheiten bei der Auslegung des Umsetzungsrechts zu vermeiden, sollte jede nicht zwingend notwendige sprachliche Abweichung vom Richtlinientext vermieden werden.40 Wo bleibt da der Umsetzungsspielraum, der den Mitgliedstaaten nach den Gründungsverträgen41 vorbehalten ist?42 Dieser Widerspruch wird im Rahmen der Umsetzung vollharmonisierender Richtlinien noch deutlicher, da sich hier der Umsetzungsspielraum der Mitgliedstaaten weiter verkürzt. Somit darf durchaus bezweifelt werden, ob die vollharmonisierende Richtlinie überhaupt die angemessene Rechtssetzungstechnik für das Verbraucherrecht darstellt. Dies wird im letzten Teil dieser Arbeit erörtert werden. An dieser Stelle bereits erwähnenswert ist jedoch, dass die Vollharmonisierungsstrategie keinesfalls konsequent durchgehalten wird. So ist etwa die im vergangenen Jahr verabschiedete Richtlinie 20014/17/EU über Wohnimmobilien-Kreditverträge gemäß ihrem Art. 2 I erneut als mindestharmonisierende Richtlinie konzipiert. Wenn diese Vollharmonisierungsstrategie dem Grundgedanken des Richtlinienrechts entgegenwirkt, stellt sich die Frage, was der Hintergrund für den Strategiewechsel der Kommission war. 3. Hintergrund der Vollharmonisierung: ökonomisches Modell Die EU-Kommission hat einen Prozess in Gang gesetzt, in dem die bestehenden verbraucherrechtlichen Richtlinien auf ihre Regelungslücken und inhaltliche Kohärenz überprüft werden sollten.43 Die Ergebnisse dieser Überprüfung hat sie dann zum Anlass für die Reform der Verbraucherrichtlinien genommen. In Erwägungsgrund 2 der Verbraucherrechterichtlinie heißt es: 39
Siehe hierzu insbesondere die zahlreichen Informationskataloge in Art. 4 der Fernabsatzrichtlinie und Art. 4 und 5 der neuen Verbraucherkreditrichtlie. 40 Vgl. Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 14, 16; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 550; in diese Richtung auch Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 179; Effer-Uhe/ Watson, GPR 2009, 7, 8. 41 Gemäß Art. 288 III AEUV ist die Richtlinie nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich und überlässt den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel zu deren Umsetzung. 42 Vgl. zum Umsetzungsspielraum Teil 2, A. und Teil 3, A. 43 Erwägungsgrund 2 der VRRL.
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„Diese Überprüfung hat ergeben, dass es sinnvoll ist, die beiden genannten Richtlinien durch eine einzige Richtlinie zu ersetzen. Daher sollten in dieser Richtlinie allgemeine Vorschriften für die gemeinsamen Aspekte von Fernabsatzund außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen festgelegt werden; dabei sollte der den älteren Richtlinien zugrunde liegende Mindestharmonisierungsansatz aufgegeben werden, wobei dennoch den Mitgliedstaaten gestattet werden sollte, innerstaatliche Rechtsvorschriften in Bezug auf bestimmte Aspekte beizubehalten oder einzuführen.“ a) Ziel: Verwirklichung des Binnenmarktes Die Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) soll allem voran die Rechtszersplitterung in den Mitgliedstaaten im Bereich von Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften beseitigen.44 Als Zersplitterungsfaktoren werden einmal die Mindestharmonisierung und zum anderen die Uneinheitlichkeit der Regelungen in den Richtlinien selbst genannt.45 Die Vereinheitlichung der Vorgaben in den Richtlinien selbst ist unstreitig ein lohnenswertes Ziel, das einen Gewinn an Kohärenz brächte. Allerdings ist zweifelhaft, ob dieses nicht auch durch Beibehaltung des Konzepts der Mindestharmonisierung hätte verwirklich werden können. Die Kommission rechtfertigt den Übergang vom Grundsatz der Mindestharmonisierung zur Vollharmonisierung damit, dass die Rechtszersplitterung in den Mitgliedstaaten höhere Kosten für die Einhaltung der verschiedenen Rechtsvorschriften im grenzüberschreitenden Handel verursacht und dadurch den Binnenmarkt und das Verbrauchervertrauen in diesen schwächt.46 Allein diese Begründung (insbesondere in Bezug auf die Kosten der Rechtszersplitterung) zeigt deutlich den wirtschaftlichregulatorischen Hintergedanken der Kommission.47 Zwar ist die Erleichterung des Handels innerhalb des Binnenmarktes ein wünschenswertes Bestreben, jedoch sollte jede Einwirkung auf die Wettbewerbsbedingungen und somit jede Rechtsvereinheitlichung von sachlichen Gründen getragen sein.48 Die Verhinderung der Rechtszersplitterung als sachlicher Grund erscheint aber zweifelhaft, wenn man bedenkt, dass eine in ihrem Anwendungsbereich doch sehr eingeschränkte Richtlinie insbesondere den Vertragsschluss, die Anfechtung und die Mängelrechte ausklammert und diese Bereiche also weiterhin von den Mitgliedstaaten autonom geregelt
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Erwägungsgrund 5 und 6 der VRRL. Erwägungsgrund 5, 6 und 7 der VRRL; vgl. Micklitz/Reich, VuR 2007, 121, 124; CastetsRenard, Recueil Dalloz 2009, 1158; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 279; Kannowski, Staudinger, Neubearbeitung 2013, Vor §§ 13, 14 Rn. 19. 46 Vgl. Erwägungsgrund 6 der VRRL. 47 Vgl. Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 280; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 459; Artz, GPR 2009, 171, 171. 48 Dreher, JZ 1999, 105, 106; Roth, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 13, 37; Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 73. 45
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werden.49 Inwiefern die Vereinheitlichung von Informationspflichten und Widerrufsrechten also tatsächlich die Rechtszersplitterung beseitigt und die Vollharmonisierung damit gerechtfertigt werden kann, wird im Folgenden zu klären sein. b) Fehlen empirischer Beweise für Hindernisse durch Rechtszersplitterung Gemäß Erwägungsgrund 5 werde das grenzüberschreitende Potenzial des Versandhandels, das zu den wichtigsten greifbaren Ergebnissen des Binnenmarkts gehören sollte, im Vergleich zum inländischen Versandhandel nicht in vollem Umfang ausgeschöpft. Zwar ist mit der Vereinheitlichung der Regelungen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge eine einheitliche Widerrufsbelehrung und Informationspflichterfüllung möglich, was wiederum zu einer Senkung der Kosten führen kann. Erheblich kritisiert50 wird allerdings das Fehlen empirischer Daten, die den negativen Einfluss der unterschiedlichen Verbraucherschutzvorschriften in den Mitgliedstaaten auf den Fernabsatzhandel belegen. Gleiches gilt für das Argument der Kommission, die hohen Transaktionskosten würden aufgrund des Anpassungsaufwands der Unternehmen an die jeweiligen Rechtsvorschriften den Handel im Binnenmarkt behindern und das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt schwächen.51 Die von vielen aufgeworfene Frage,52 ob nicht andere Ursachen wie beispielsweise die unterschiedlichen Sprachen in den Mitgliedstaaten, sowie die uneinheit49
Gsell, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 1, 5. Reich, ZEuP 2010, 7, 17; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 461; Micklitz/Reich, VuR 2007, 121, 124; Schulze, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 67; Limmer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 187, 204; Stürner, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 3, 6; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 60; Wilhelmsson, JCP 27 (2004), 317, 325 ff.; vgl. zu einer Unternehmensumfrage Vogenauer/Weatherill, JZ 2005, 870, 875 ff.; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 264; Howells, ERCL 2011, 173, 184; der Kommission beipflichtend Föhlisch, MMR 2009, 75, 776; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 288; Aubert de Vincelles, RTD Eur. 2010, p. 695, 696; Fauvarque-Cosson, RTD Civ. 2002, p. 463 Rn. 21. 51 Erwägungsgrund 6: „Bestimmte Unterschiede schaffen erhebliche Hindernisse für den Binnenmarkt, von denen die Unternehmer und die Verbraucher betroffen sind. Aufgrund dieser Unterschiede müssen Unternehmer, die ihre Waren oder Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten wollen, höhere Kosten für die Einhaltung der Rechtsvorschriften aufwenden. Die unangemessene Rechtszersplitterung untergräbt auch das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt.“ 52 Reich, ZEuP 2010, 7, 10; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 460 f. m.w.Nachw.; Schulze, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 63, 70 f.; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 62; Wilhelmsson, JCP 27 (2004), 317, 329; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 264; Howells, ERCL 2011, 173, 186; Deshayes, RDC 2011 n84, p. 1469, 1471; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 443; Aubert de Vincelles, RTD 50
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liche Abwicklung des nachvertraglichen Rechtsverhältnisses (beispielsweise bei Mängeln etc.) eine weitaus größere Bedeutung für die Entscheidung eines Verbrauchers für oder gegen den grenzüberschreitenden Vertrag haben, bleibt von der Kommission unberücksichtigt. Zudem ist fraglich, wie viele Verbraucher sich tatsächlich ihrer Rechte bewusst sind und sich mithin hiervon bei ihrer Kaufentscheidung leiten lassen.53 c) Interdependenz von Kompetenz und Wettbewerbsregulierung Kritisiert wird auch, dass der Verbraucher nicht um seiner selbst willen, sondern als Instrument zur Regulierung des Wettbewerbs geschützt wird. Leitender Faktor sei die Optimierung der ökonomischen Effizienz.54 Dies bestätigt auch die EU-Kommission, die Verbraucherschutz als „Regulierung der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher“ definiert.55 Allerdings darf nicht übersehen werden, dass der EU außerhalb der Binnenmarktkompetenz weitgehend die Kompetenz zur Verbraucherrechtssetzung fehlt.56 aa) Vollharmonisierung im Verbraucherrecht; kompetenzrechtliche Hintergründe Die Gründungsverträge sehen keine allgemeine Rechtsgrundlage für Rechtssetzungsakte der EU vor. Es gilt das Prinzip der singulären Einzelermächtigung (Art. 5 I 1 EUV), d. h. die EU kann nur in den ihr ausdrücklich zugewiesenen Bereichen Rechtssetzungsakte vornehmen. Eine generelle Rechtsangleichung ist nicht als Vertragszweck normiert.57 Die europäischen Ermächtigungsnormen sind nicht nach rechtlichen Sachgebieten gegliedert, sondern funktional unterteilt.58
Eur. 2010, p. 695, 696; Aubert de Vincelles, RDC 2009 n82, p. 578 Rn. 8; Lequette, in: Mazeau/ Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 2010, 185, 189. 53 Vgl. hierzu auch Bureau, Recueil Dalloz 1994, 291. 54 Drexl, FS Medicus, 68, 85; Micklitz, GPR 2009, 254, 255; Müller-Graff, NJW 1993, 13, 16; Reich, ZEuP 2010, 7, 16; Boucard, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 39, 40; Lequette, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 2010, 185, 194; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 20. 55 Grünbuch zum Verbraucherschutz in der Europäischen Union vom 2. 10. 2001, KOM (2001) 531.1. 56 Schmidt-Kessel, Vur 9/2012, 350, 353. 57 Limmer, MittBayNot 1999, 325, 326; Roth, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 13, 26; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 364; Tamm, EuZW 2007, 756, 759; Stathopoulos, ZEuP 2003, 243; Lequette, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 2010, 185, 194. 58 Herresthal, JbJZivRWiss 2008, 139, 153; Basedow, AcP 200 (2000) 445, 473.
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Gem. Art. 4 II f) AEUV gehört der Verbraucherschutz zu den Bereichen der geteilten Zuständigkeit. Dies bedeutet, dass sowohl die Union, als auch die Mitgliedstaaten gesetzgeberisch tätig werden können, die Mitgliedstaaten jedoch nur, sofern und soweit die Union ihre Zuständigkeit nicht ausgeübt hat (vgl. Art. 2 II AEUV). Gemäß Art. 169 II AEUV kann die Union ihren Beitrag zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus in zweierlei Hinsicht verwirklichen: entweder durch Maßnahmen, die sie im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts nach Art.114 AEUV erlässt, oder durch Maßnahmen zur Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten. Maßnahmen der zweiten Alternative hindern die Mitgliedstaaten nach Abs. 4 jedoch nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen. Maßnahmen dieser Alternative würden also vollharmonisierende Vorschriften nicht rechtfertigen, da die Mitgliedstaaten im Rahmen der Umsetzung vollharmonisierender Vorschriften gerade keine strengeren Schutzmaßnahmen ergreifen können. Die EU leitet daher ihre Kompetenzen für das Verbraucherprivatrecht ausschließlich aus Art. 114 AEUV ab, der die Errichtung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zulässt, die für das Funktionieren des Binnenmarktes (Abs. 1) unter Zugrundelegung eines hohen Verbraucherschutzniveaus (Abs. 3) erforderlich sind.59 An der Vorschrift des Art. 114 AEUV wird erkennbar, dass nicht zwischen öffentlichem und privatem Recht oder gar zwischen verschiedenen Sachgebieten des jeweiligen Rechtsgebietes unterschieden, sondern ausschließlich auf den jeweiligen Zweck der Regelungen abgestellt wird. Eine Beschränkung auf eine Mindestangleichung ist hier gerade nicht vorgesehen. Dies eröffnet den Rechtssetzungsorganen der EU einen weiten Spielraum hinsichtlich der Beurteilung, ob ein Regelungsbedarf besteht oder nicht, solange die Zweckförderung zu bejahen ist.60 Da es an einer mangelnden scharfen Grenzziehung dieser Kompetenz-Begründung fehlt – grundsätzlich kann jede vertragsrechtliche Norm den Binnenmarkt durch Beeinflussung der Ausgaben und Vorkehrungen der Parteien beeinträchtigen61 – werden massive Eingriffe in die Rechtsordnung der Mitgliedstaaten möglich. Dies gilt umso mehr, da die kompetenzrechtliche Begründung der Rechtsakte vom hierfür allein zuständigen EuGH, der zwar die bloße Feststellung von Regelungsunterschieden in den Mit59 Vgl. hierzu Roth, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 13, 21; Micklitz, GPR 2009, 254, 257; vgl. zur Kompetenz als Hintergrund für die massiven Regelung in Verbraucherbeziehungen Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 58; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 50; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 364; Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1159; Marais, RDC 2007 n8 3, p. 901; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 20. 60 Müller-Graff, NJW 1993, 12, 17; Streinz, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 23, 28; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 374. 61 Vgl. Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 365; Stathopoulos, ZEuP 2003, 243, 244; Herresthal, in: Zehn Jahre Schuldrechtsmodernisierung, 279, 284, der eine Divergenz der Vorschriften und die daraus folgenden hemmenden Effekte nicht als ausreichend ansieht, um die Kompetenz zu begründen.
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gliedstaaten nicht genügen lässt, aber Hemmnisse für die Ausübung von Grundfreiheiten oder eine spürbare Wettbewerbsverzerrung fordert,62 nur selten ernsthaft in Frage gestellt wird. So findet man in den privatrechtlichen Richtlinien oft die nur floskelhafte Formulierung, dass sich die Unterschiede der Rechtsvorschriften unmittelbar auf das Funktionieren des Binnenmarktes auswirkten, was eine Angleichung notwendig mache.63 So steht es auch in Art. 1 VRRL, der den Gegenstand der Richtlinie festlegt: „Zweck dieser Richtlinie ist es, durch Angleichung bestimmter Aspekte der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten in Bezug auf Verträge, die zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen werden, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen und damit zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarkts beizutragen.“ bb) Wettbewerbsregulierung im Hintergrund Dass die Verbraucherpolitik der EU zugleich eine Wettbewerbspolitik darstellt, soll hier nicht in Frage gestellt werden, dies ergibt sich bereits aus der verwendeten Kompetenznorm, Art. 114 AEUV. Zu berücksichtigen ist allerdings die Interdependenz von Verbraucherschutz und Marktregulierung: Die Gefahren, vor denen der Verbraucher durch Schutzvorschriften bewahrt werden soll (z. B. die Informationsasymmetrien), sind gleichzeitig Gefahren für einen funktionierenden Markt, denn mit zunehmender Nachfrage durch selbständige Verbraucher am Markt, wächst auch die Orientierung des Wettbewerbs an den Bedürfnissen der Verbraucher.64 Es kann keine Marktfreiheit ohne Marktordnung geben. Das Verbraucherrecht hat eine soziale Funktion, namentlich den Schutz des Schwächeren im Verhältnis zum Stärkeren. Allerdings reicht die Schutzfunktion nicht aus, um das Verbraucherrecht abschließend zu charakterisieren; die ökonomische Seite des Verbraucherrechts hat eine ebenso große Bedeutung,65 denn wenn das Verbraucherrecht seine Schutz62 Vgl. EuGH v. 7. 3. 1996, Rs. C-192/94, Slg. 1996, I-1281 – El Corte Inglés/Rivero; hinsichtlich der konkreten Überprüfung der Richtlinie mit den kompetenzrechtlichen Voraussetzungen des Art. 114 AEUV Vgl. die Tabakentscheidungen des EUGH v. 5. 10. 2000 Rs. C-376/98, Slg. 2000, I-8419 ff. – Deutschland/Rat und Kommission – Tabakwerberichtlinie und EuGH v. 10. 12. 2002, Rs. C-491/01, Slg. 2002, I-11453 ff. – British American Tobacco und EuGH v. 12. 12. 2006, Rs. C-380/03, Slg. 2006, I-11573 ff. – Deutschland/Parlament und Rat – Tabakwerberichtlinie II. 63 Vgl. nur Erwägungsgrund 3 RL 577/85/EWG; Erwägungsgrund 3 RL 97/7/EG; Erwägungsgründe 2, 3, 4 RL1999/44/EG; Erwägungsgrund 7 RL 2008/48/EG. 64 Vgl. Roth, JZ 2001, 475, 481; Joerges, AG 1983, 57, 60; Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 57; in Frankreich wird eine Zusammenfügung des Verbraucher- und des Lauterkeitsrechts unter dem Begriff „Droit du marché“ diskutiert, Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 18 und Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 21; Basedow, AcP 200 (2000) 445, 486; in diese Richtung auch Gsell, JZ 2012, 809, 814 ff. 65 Schmidt-Kessel, Vur 9/2012, 350, 352; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 282.
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Einleitung
funktion erfüllt, dann nur weil es sich markt-regulatorischer Vorschriften bedient. Das Verbraucherrecht soll gerade einen Ausgleich zwischen Marktfreiheit und den hiermit verbundenen Risiken der Ausnutzung des Schwächeren einerseits und Marktregulierung und dem wiederum damit verbundenen Risiko des übertriebenen Protektionismus und der Bevormundung des Verbrauchers andererseits finden.66 Im Unterschied zum nationalen Konzept des Verbraucherrechts als Schutz des strukturell Unterlegenen, das als Ziel einen gerechten Interessenausgleich sieht, stellt das europäische Verbraucherrecht den Marktbezug deutlich stärker in den Vordergrund.67 Der Verbraucher soll durch mehr Vertrauen in den Binnenmarkt, namentlich aufgrund garantierter Information im Rahmen des Vertragsschlusses, dazu bewegt werden, ein Maximum an Marktteilnahme zu manifestieren. Regulierungsprivatrecht der EU ist deshalb immer zweckbezogen und der Schutz wird den Verbrauchern um ihrer Funktion willen als Antrieb für den grenzüberschreitenden Handel gewährt.68 Unabhängig von den tatsächlichen Beweggründen der Kommission für den Erlass der Verbraucherrechterichtlinie, muss sich diese an ihrem propagierten Ziel, der Bekämpfung von Rechtszersplitterung in der Union, messen lassen.
B. Ziel der Arbeit In dieser Arbeit soll die vollharmonisierende Verbraucherrechterichtlinie auf ihren Nutzen für die Vereinheitlichung des Verbrauchervertragsrechts und auf ihre Auswirkungen auf das nationale Recht rechtsvergleichend am Beispiel von Frankreich und Deutschland untersucht werden. Hierbei steht einerseits das Spannungsverhältnis zwischen dem deklarierten Ziel der Verbraucherrechterichtlinie, die Rechtszersplitterung in den Mitgliedstaaten zu 66 Micklitz, MüKo, Vor §§ 13, 14 Rn. 15; in diese Richtung auch Roth, JZ 2001, 475, 48; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 3, 15; Aubry, Petites affiches 2014 n8 128, p. 3; Raymond, Droit de la consommation, p.4 und 36, geht sogar soweit, dem Verbraucherrecht als Hauptzweck die Regulierung des Marktes mit Verbrauchsgütern und -dienstleistungen zuzuordnen, wie es beim Lauterkeitsrecht der Fall ist. 67 Gsell, in: Staudinger/Eckpfeiler, Neubearbeitung 2012, Rn. 8; Micklitz, GPR 2009, 254, 257; Durner, VVDStRL 70, 2011, 401, 418; Ulmer, JZ 1992, 1, 3; Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 72; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 282; Aubert de Vincelles, RTD Eur. 2010, p. 695, 696; Picod, Petites affiches 2014 n8 128, p. 36. 68 Micklitz, GPR 2009, 254, 259; Micklitz, MüKo, Vor §§ 13, 14 Rn. 74; Heiderhoff, ZJS 2008, 25, 26; Schulze, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 63, 65; Artz, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 209, 210; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 51; Wilhelmsson, JCP 27 (2004), 317, 318; Roth, JZ 2001, 475, 481; Stoffel-Munck, RTD com. 2012, 705, 710; Boucard, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat 2010, 1, 11; Lequette, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 2010, 185, 189.
B. Ziel der Arbeit
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bekämpfen, und der Integrationsflexibilität, die durch die Wahl der Richtlinie als Harmonisierungsmittel gewährleistet werden soll, im Fokus. Andererseits soll die Frage nach dem Gelingen der Umsetzung und den systematischen Auswirkungen der Richtlinie in den nationalen Rechtsordnungen Deutschlands und Frankreichs erörtert werden. Zunächst sollen zwei Umsetzungsgrundmodelle, namentlich das integrierende Modell (Deutschland) und das auslagernde Modell (Frankreich) erläutert werden (Teil 1). Sodann ist auf die Rechtslage nach Umsetzung der mindestharmonisierenden Richtlinien in Deutschland und Frankreich im Bereich des Haustürgeschäftsund Fernabsatzrechts einzugehen und rechtsvergleichend der weitere Harmonisierungsbedarf darzustellen (Teil 2). Anschließend wird die Rechtslage nach der Umsetzung der vollharmonisierenden Verbraucherrechterichtlinie auf deren Nutzen hinsichtlich der Vereinheitlichung des Verbraucherrechts und deren Auswirkungen auf die nationalen Rechtsordnungen untersucht (Teil 3). Im Schlussteil soll die VRRL an ihren Zielen gemessen und die Auswirkungen der Vollharmonisierung auf die Umsetzungsmodelle nochmals beleuchtet werden (Teil 4).
Teil 1
Allgemeiner systematischer Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts Da Richtlinien von den Organen der EU beschlossen, jedoch von den Mitgliedstaaten umgesetzt werden, muss zunächst zwischen der europäischen Ebene und der nationalen Ebene differenziert werden. Sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene sind dann jeweils zwei Grundmodelle zu unterscheiden: auf europäischer Ebene hinsichtlich der Art. der Richtlinie Mindest- und Vollharmonisierung und auf nationaler Ebene hinsichtlich der Umsetzungstechnik der integrative und der auslagernde Ansatz. Art. 288 AEUV benennt die verschiedenen Rechtsakte der EU. In Unterabsatz 3 heißt es: „Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.“
Eine wörtliche Übernahme des Richtlinientextes ist folglich nicht erforderlich. Somit erlaubt die Richtlinie eine flexiblere Transformation des Gemeinschaftsrechts in das nationale Recht und stellt das mildere Eingriffsmittel im Vergleich zu einer Verordnung dar.1 Unabhängig von der Art. der Richtlinie (ob mindest- oder vollharmonisierend) verbleibt den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung jedoch immer ein gewisser Spielraum. Allerdings muss die Umsetzung so erfolgen, dass bei Anwendung der Umsetzungsnormen das von der Richtlinie gewünschte Ergebnis entsteht. Meist ist hierfür eine konkrete Änderung bzw. Einführung von nationalen Rechtsnormen erforderlich.2 Folglich stellt sich auch die Frage nach der systematischen Verortung der Umsetzungsvorschriften. Hinsichtlich der Umsetzungstechnik haben sich in den Mitgliedstaaten ebenfalls zwei Grundmodelle entwickelt: das in dieser Arbeit als auslagernder Ansatz bezeichnete Modell, bei dem die Verbraucherschutzvorschriften in einem eigens hierfür geschaffenen Gesetz umgesetzt werden, und der integrative Ansatz, bei dem die Umsetzung in schon bestehenden nationalen Zivilgesetzen erfolgt. 1 2
10.
Streinz, Europarecht, Rn.. 474; Limmer, MittBayNot1999, 325, 326. Heiderhoff, ZJS 2008, 25, 29; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9,
A. Deutscher integrativer Ansatz
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Aufgrund der Wahlfreiheit hinsichtlich der Umsetzungsmittel, die in Art. 288 III AEUV festgehalten ist, besteht keine EU-rechtliche Vorgabe für den integrativen oder auslagernden Ansatz. Daran ändert auch die Vollharmonisierung nichts.3
A. Deutscher integrativer Ansatz Dem in Deutschland verfolgten integrativen Ansatz ging lange Zeit ein auslagernder Ansatz voraus. So wurden die Richtlinien über außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge4 zunächst durch das sog. Haustürwiderrufsgesetz5 vom 16. 1. 1986 und die Fernabsatzrichtlinie6 durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf EURO7 vom 27. 6. 2000 umgesetzt. Die Produkthaftungsrichtlinie8 wurde als eine der wenigen Richtlinien in der Schuldrechtsreform nicht ins BGB integriert und verbleibt bis heute im Produkthaftungsgesetz.9
I. Systematik der Integration ins BGB im Rahmen der Schuldrechtsreform Im Rahmen des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes,10 das am 1. 1. 2002 in Kraft trat, wurde der überwiegende Teil des Verbraucherrechts, das bisher in vielen Nebengesetzen verstreut war, in das BGB integriert. Somit wurde das Verbraucherrecht jedenfalls äußerlich wieder zu einer Komponente des allgemeinen Zivilrechts.11 Ziel war es, „die Einheit des Schuldrechts zu gewährleisten“.12 Dem war ein paar Jahre vorher13 die Schaffung der Definitionen des Verbrauchers § 13 BGB und des Unternehmers § 14 BGB vorausgegangen, die diese Integration vorbereitete. 3
Gebauer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 163, 174; von Vogel, GPR 2005, 164, 164; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 180. 4 Haustürwiderrufsrichtlinie 85/577/EWG. 5 BGBl I 1986, S. 122. 6 Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG. 7 BGBl I 2000, S. 897. 8 Richtlinie 85/374/EWG. 9 BGBl I 1989, S. 2198. 10 BGBl I 2001, S. 3138. 11 Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 213. 12 BT-Drucks. 6857. 13 Durch das Gesetz über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur Umstellung von Vorschriften auf Euro vom 27. Juni 2000.
34
Teil 1: Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts
Sowohl der Verbraucherbegriff des § 13 BGB als auch der Unternehmerbegriff des § 14 BGB wurden wörtlich aus dem AGBG übernommen. Der Verbraucherbegriff des AGBG entsprach wiederum fast wörtlich der Definition aus Art. 2 der Haustürwiderrufrichtlinie von 1985. Der Unternehmerbegriff aus dem AGBG hingegen war in Angleichung an die Vorgaben der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln angepasst worden und war richtlinienkonform auszulegen. Der Gesetzgeber hatte sich also schon mit der Integration der Verbraucherdefinition ins BGB für die Integration eines Teils des europäischen Rechts entschieden.14 Die Auswirkungen der Integration waren allein systematischer Natur, eine inhaltliche Änderung der Vorschriften war hiermit nicht verbunden.15 Allerdings wurde das BGB somit als Transformationsort europäischen Sekundärrechts bestimmt und muss sich seither den Anforderungen der Richtlinienkonformität stellen.16 Die Integration erfolgte nicht in einem besonderen Abschnitt zum Verbraucherrecht.17 sondern in den entsprechenden Abschnitten zu den geregelten Vertragsformen. So finden sich die Definitionen des Verbrauchers und des Unternehmers im allgemeinen Teil des BGB, wo sich auch alle anderen allgemein gültigen Definitionen finden. Mit der Schuldrechtsreform wurde in §§ 312 – 312 f. BGB der Untertitel „Besondere Vertriebsformen“ eingefügt. Innerhalb dieses Untertitels sind die Vorschriften zum Haustürgeschäft, zum Fernabsatzvertrag, sowie zum elektronischen Geschäftsverkehr zu finden, die alle auf EG-Richtlinien beruhen. Weitere Umsetzungsvorschriften finden sich dann grundsätzlich in den Abschnitten zum jeweiligen Vertrag, so beispielsweise in §§ 491 ff. BGB für Verbraucherdarlehensverträge18 und in §§ 651a ff. BGB für das Reisevertragsrecht.19 In §§ 355 ff. BGB wurden allgemeine Vorschriften zum Widerruf geschaffen, auf die jeweils in den verschiedenen Abschnitten zu Verbraucherverträgen (siehe nur §§ 312 I 1, 312 d I 1, und 495 I 1 BGB) verwiesen wird. Kritisiert wird die Verknüpfung der Widerrufsfolgen mit denen des Rücktritts nach §§ 346 ff. BGB, die zu Unklarheiten führen soll. Auch sind die zahlreichen öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Vorschriften aus den Richtlinien kaum systematisch organisiert;
14
Vgl. Staudinger/Kannowski, Neubearbeitung 2013, Vor §§ 13, 14 Rn. 18, 21. Thüsing, Staudinger BGB, Neubearbeitung 2012, Vor §§ 312b – i; Bülow, NJW 2002, 1145, 1145. 16 Bülow, NJW 2002, 1145, 1145. 17 Dies wird teilweise als „modulare Umsetzung“ definiert, so Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 271. 18 In Umsetzung der Richtlinie 87/102/EG, geändert durch die Richtlinie 90/88/EWG und die neue Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG. 19 In Umsetzung der Richtlinie 90/314/EWG. 15
B. Auslagerung in den französischen Code de la consommation
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teilweise fehlt es auch gänzlich an verwaltungs-, ordnungswidrigkeiten- und strafrechtlichen Sanktionen.20 Auch kann kritisiert werden,21 dass einige Sondergesetze, wie das Produkthaftungs- und das Fernunterrichtsschutzgesetz bestehen blieben.
II. Auslagerung der Informationspflichten Zunächst waren die aus den Richtlinien stammenden Informationspflichten in den jeweiligen Sonder(umsetzungs)gesetzen geregelt. Im Rahmen der Schuldrechtsreform wurden die Informationspflichten des Unternehmers gegenüber dem Verbraucher in die Verordnung über Informationspflichten nach Bürgerlichem Recht (BGB-InfoV) ausgelagert, um die Kodifikation des BGB nicht völlig zu überfrachten. Im Zuge der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie zum 11. 6. 2010 wurden die Informationspflichten aus § 312c BGB und § 1 BGB-InfoV in Art. 246 §§ 1 und 2 EGBGB überführt. Die entsprechenden Vorschriften des BGB verweisen auf diese Informationspflichten. Schon während der Schuldrechtreform forderten einige eine Generalklausel für Informationspflichten, die im BGB selbst zu verorten sein sollte.22 Ihrem Anliegen wurde erst durch die Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie 2013 entsprochen.23
B. Auslagerung in den französischen Code de la consommation Der Code Napoléon von 1804 gilt auch heute noch als ein Wahrzeichen für die Einheit von Frankreich.24 Dieser Respekt vor dem Gesetzbuch manifestiert sich insbesondere in den wenigen Reformen desselben.25 In Anbetracht der französischen Einstellung zu ihrem traditionsreichen Zivilgesetzbuch stellte sich die Frage nach einer Integration der europarechtlichen Verbraucherschutzvorschriften in den Code civil nicht. Die Auslagerung dieser Vor20 Schmidt-Kessel, Vur 9/2012, 350, 354; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 13 f. 21 Micklitz, MüKo Vor §§ 13, 14, Rn. 15. 22 Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 216. 23 Vgl. §§ 312a II i.V.m. 312 BGB i.V.m. Art. 246 I EGBGB n.F. 24 Vgl. Bürge, ZEuP 2004, 5 ff. zum „Mythos“ des Code civil; Cornu, Rec. Dalloz 2002, p. 351. 25 Vgl. hierzu Cornu, Rec. Dalloz 2002, p. 351; Borghetti, in: Zehn Jahre Schuldrechtsmodernisierung, 111, 112 ff.; Fauvarque-Cosson, RTD Civ. 2002, p. 463 Rn. 2.
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Teil 1: Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts
schriften in ein dafür eigens geschaffenes Gesetzbuch, den Code de la Consommation, war somit vorprogrammiert.
I. Code de la consommation – Reine Kompilation oder kohärente Kodifikation? Im Gegensatz zur rein ordnenden Kompilation soll eine Kodifikation ein systematisches und wertungstechnisch kohärentes Gesamtwerk darstellen, das klar formuliert ist und somit von jedem Bürger verstanden werden kann.26 Bei dem Code de la consommation handelt es sich um eine reine Kompilation,27 die, wie es auch der Vorgehensweise der EU-Kommission entspricht, nur die punktuell für sie besonders wichtigen Verbrauchermaterien geregelt hat. Eine systematische Umfassung und Erweiterung der Materie ist hierin nicht angelegt. Der Code de la consommation sollte hauptsächlich dem Zweck dienen, den Rechtsanwendern den Zugriff auf die einschlägigen Vorschriften zu erleichtern.28 Allerdings lässt sich auch hier die gleiche Systematik erkennen wie auf EUEbene, wenn man das Zusammenspiel der verschiedenen geregelten Bereiche genauer betrachtet.
II. Systematik des Code de la consommation Der Code de la consommation besteht aus einem legislativen und einem erst 1997 verabschiedeten ausführenden Teil (partie réglementaire), der den legislativen Teil ergänzt.29 Der legislative Teil ist in fünf Bücher unterteilt,30 jedes Buch wiederum in Titel und die Titel in Kapitel und diese in Teile und Unterteile. In dieser Arbeit wird 26 Duve, JURA 2002, 793, 798; Müller-Graff, GPR 2009, 106, 110; Basedow, AcP 200 (2000), 445, 471. 27 Bureau, Recueil Dalloz 1994, 291; Calais-Auloy, RTD Civ. 1994, 239; Pizzio, RTD Com. 1998, 53; Raymond, Droit de la consommation, p. 19; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 8; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 36, 37; Tröger, ZEuP 2003, 525, 526; Witz/Wolter, ZEuP 1995, 35, 35; Szönyi, GRUR Int 1996, 83, 84; Roth, JZ 2001, 475, 476; von Vogel, GPR 2005, 164, 167; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 18 Fn. 28. 28 Doc. Sénat, n8 312, p. 5, 9. 29 Wobei die Koordinierung des legislativen und des ausführenden Teils Schwierigkeiten bereitet, so Stoffel-Munck, RTD Com. 2012, 705. 30 Livre 1er: Information des concommateurs et formation des contrats Livre II: Conformité et sécurité des produits et des services Livre III: Endettement Livre IV: Les associations des consommateurs Livre V: Les institutions.
B. Auslagerung in den französischen Code de la consommation
37
ausschließlich das erste Buch (Livre I), das die Information im Rahmen von Verbraucherverträgen und deren Zustandekommen regelt, relevant werden. Ein großer Vorwurf, der den Verfassern des Code de la consommation gemacht werden kann, ist das Fehlen einer Definition des Anwendungsbereichs des Gesetzes, sowohl in persönlicher als auch in sachlicher Hinsicht.31 So sind einige Vorschriften auf jegliche Personen anwendbar, seien sie Verbraucher oder Unternehmer.32 Andere Vorschriften können nur von Verbrauchern geltend gemacht werden.33 Kritisiert wird auch, dass nicht alle verbraucherschützenden Regelungen ihren Weg in den Code de la consommation gefunden haben, sowie die Auswahl der zu integrierenden Spezialgesetze.34 So finden sich im Code de la consommation Gesetze, die nicht recht als Verbrauchergesetze einzuordnen sind, wie beispielsweise Etiquettierungsvorschriften und Vorschriften über geschützte Herkunftsbezeichnungen.35 Auf der anderen Seite fehlen einige Gesetze, die durchaus als verbraucherschützend zu qualifizieren sind, so z. B. Vorschriften zur Regelung von Partnervermittlungen36 oder das Reisevertragsrecht37 sowie die Bestimmungen aus dem Code monétaire et financier38 zu Haustürgeschäften im Zusammenhang mit Finanzprodukten. Dennoch bleibt die Kodifikation im Code de la consommation nicht gänzlich ohne Auswirkungen: Durch die Auslagerung hat das Verbraucherrecht sich in Frankreich einen eigenständigen Rechtskorpus geschaffen, was den Stellenwert des Verbraucherrechts unterstreicht.39 Allerdings wird das Auffinden des Verbraucherrechts erschwert, wenn neben dem Code de la consommation auch andere Spezialgesetzte sowie der Code civil Anwendung finden. Denn neben dem Code de la consommation dient auch der Code civil dem Schutz der Verbraucher. Viele Vorschriften des Code de la consommation verweisen explizit auf den Code civil.40 Fraglich ist allerdings, ob sonstige Vorschriften des Code civil, auf die nicht verwiesen wird, ebenfalls neben dem speziellen Verbraucherschutzrecht 31
Raymond, Droit de la consommation, p. 19; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 23; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 4. 32 So z. B. Art. L 213-1 ff. Code de la consommation. 33 So z. B. Art. L. 111-1 ff. Code de la consommation. 34 Bureau, Recueil Dalloz 1994, 291 ff.; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 3; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 37. 35 Art. L. 112-1 et s. und Art. L. 115-1 et s. Cconsom. 36 Loi n8 89-421 du 23 juin 1989 und décret n890-422 du 16 mai 1990. 37 Art. L. 211-1 et s. Code du tourisme. 38 Articles L341-1 et s. Code monétaire et financier. 39 Raymond, Droit de la consommation, p. 19; vgl. von Vogel, GPR 2005, 164, 168, der von einer Herausbildung eines entsprechenden Rechtsbewussteins spricht. 40 So z. B. Art. L.211-1.
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Teil 1: Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts
anwendbar sind. Diese Frage hat die Cour de cassation bejaht, indem sie betonte, dass die strengen Prinzipien des Vertragsrechts auch für Verbraucherverträge Anwendung finden.41 So bleibt das allgemeine Zivilrecht anwendbar, wenn das Verbraucherrecht keine speziellen Regelungen vorsieht.42 Und selbst in den Fällen, in denen spezielle Regelungen, etwa strafrechtliche Sanktionen im Code de la consommation vorgesehen sind, kann auch auf allgemeine zivilrechtliche Sanktionen zurückgegriffen werden.43 Eine klare Grenzziehung innerhalb des Code de la consommation wäre wünschenswert gewesen. Denn diese Zersplitterung der Verbraucherschutzvorschriften bringt Rechtsunsicherheit mit sich.44 Verwirrend45 erscheint auch die Methode, den Code de la consommation einerseits als sog. „code pilote“ für alle Vorschriften anzusehen, die ausschließlich den Schutz des Verbrauchers im Auge haben und das gleiche Gesetzbuch andererseits als sog. „code suiveur“ für allgemeine Vorschriften aus dem Code civil oder Sondervorschriften aus anderen Gesetzen zu beschreiben, welche im Code de la consommation reproduziert sind.46 Dies führt dazu, dass dieselben Vorschriften in verschiedenen Gesetzen zu finden sind, ohne dass etwaige Gesetzesänderungen im „code pilote“ konsequent in alle „codes suiveurs“ übertragen werden. Der französische Gesetzgeber scheint dieses Problem erkannt zu haben, da neuerdings anstatt der Reproduktion der Gesetzestexte eher die Methode der einfachen Verweisung auf die einschlägigen Vorschriften gewählt wird.47
C. Rechtspolitisches Umfeld Den Entscheidungen entweder für den auslagernden oder integrativen Ansatz gingen lange rechtspolitische Diskussionen voran. Die entscheidenden Gesichtspunkte sollen im Folgenden dargestellt werden. Zunächst ist auf die jeweilige 41
In der Sache hat die Cour de cassation im Rahmen eines Verbraucherdarlehensvertrags, in dem alle verbraucherrechtlichen Informtionspflichten eingehalten wurden, eine Verletzung der allgemeinen Informationspflicht „obligation de conseil“ des Kreditunternehmens bejaht, Cass. civ. 1re, 27 juin 1995, D. 1995. 621. 42 Bureau, Recueil Dalloz 1994, 291 ff.; Raymond, Droit de la consommation, p. 20; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 425; vgl. auch Mazeaud, RTD com, 1998, 95; Pizzio, RTD Com. 1998, 53. 43 Siehe hierzu unten Teil 2, B. I. 2. b) cc) (1). 44 Pizzio, RTD Com. 1998, 53; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 40 sieht sogar Regelungen des Fernabsatzrechts aus dem Code de la consommation mit dem Umsetzungsgesetz zum elektronischen Geschäftsverkehr als unvereinbar an. 45 Siehe hierzu Miniato, Recueil Dalloz 2004, p. 1416; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 317 f. 46 So beispielsweise die Reproduzierung des Art. L. 410-2 Code de commerce in Art. L. 113-1 Cconsom. 47 So beispielsweise der Verweis von Art. L. 112-2 – 1 et s. Cconsom auf Vorschriften des Code rural et de la pêche maritime.
C. Rechtspolitisches Umfeld
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dogmatische Einordnung des Verbraucherrechts einzugehen (1.). Daran soll sich die europarechtliche Komponente und deren rechtspolitische Beurteilung anschließen (2.).
I. Modellvergleich: Verbraucherrecht als Teil des allgemeinen Zivilrechts? In Deutschland wie in Frankreich stehen sich zwei Grundansichten gegenüber: die eine Ansicht klassifiziert das Verbraucherrecht als integralen Teil des allgemeinen Zivilrechts, die andere als eigenes Rechtsgebiet, das zwar noch keine komplette Autonomie genießt, jedoch auf dem Weg dorthin ist.48 Die Frage nach der Einordnung des Verbraucherrechts in das allgemeine Zivilrecht und somit der Integration in das Zivilgesetzbuch hängt insbesondere von dessen Anpassungsfähigkeit an die allgemeinen Regeln des Zivilrechts ab und zwar sowohl auf regelungstechnischer als auch auf Wertungsebene. 1. Für eine Auslagerung Verfechter der Auslagerung von Verbraucherschutzvorschriften aus dem BGB bringen vor, dass das BGB zu statisch sei,49 um das sich ständig weiterentwickelnde Verbraucherrecht sachgerecht aufnehmen zu können. Eine schnelle und flexible Änderung und Modernisierung der Vorschriften ließe sich innerhalb eines Spezialgesetzes besser vollziehen. Eine Auslagerung erlaube zudem eine leichtere Integration der in das öffentliche Recht hineinragenden Regeln, die auf Richtlinien beruhen.50 Denn selbst wenn der Großteil der verbraucherrechtlichen Regelungen das Vertragsrecht und somit das Zivilrecht betreffen, so sind öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht selten notwendig. Gerade auch moderne Formen des Dienstleistungsvertragsrechts seien in einem Sondergesetz eher zusammenzuführen als im BGB.51 Hierdurch könne das Zivilgesetzbuch als elementare Ordnung des Zivilrechts bestehen bleiben.52 48 Für Frankreich siehe Raymond, Droit de la consommation, p. 3; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 20, betrachten das Verbraucherrecht gerade nicht als autonomes Rechtsgebiet; zur Autonomie des Verbraucherrechts als ausschlaggebendes Kriterium für eine Auslagerung siehe auch Stoffel-Munck, RTD Com. 2012, 705. 49 Vgl. Blaurock, JZ 1994, 270, 276 der von der „Gefahr der Versteinerung des Rechts“ spricht. 50 Vgl. hierzu auch Dürner, VVDStRL 2011, 70, 401, 420; Blaurock, JZ 1994, 270, 276; Honsell, JZ 2001, 18, 19; Raymond, Droit de la consommation, p. 34; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 38. 51 Micklitz, Verhandlungen des 69. DJT, Gutachten A 9; Micklitz, GPR 2009, 254, 258. 52 Bürge, ZEuP 2004, 5, 18.
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Teil 1: Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts
Vor allem aber die bessere Verbindung von materiellem Recht und Prozessregeln sowie die Ausgestaltung des individuellen, kollektiven, judiziellen und administrativen Rechtsschutzes sprächen für eine Auslagerung der Verbraucherschutzvorschriften aus dem BGB.53 Das letztgenannte Argument ist von einigem Gewicht, denn Verbraucherschutz lässt sich nicht nur durch zivilrechtliche Sanktionen durchsetzen.54 Dies spiegeln auch die vielen administrativen Sanktionsvorschläge sowie der Aufruf nach Bildung von Verbraucherschutzorganisationen in den Richtlinien wider.55 Hervorgehoben wird ebenfalls, dass die systematische Stellung in einem Verbrauchergesetz dem Rechtsanwender entgegenkommt, der den Ursprung der Regelungen somit sofort erkennen und bei deren Anwendung berücksichtigen kann.56 Insbesondere sei eine richtlinienkonforme Auslegung innerhalb des BGB deutlich komplizierter als in Sondergesetzen,57 denn die Wechselwirkung mit anderen Vorschriften des BGB ist nicht zu verhindern. Gerade in Kernbereichen des bürgerlichen Rechts lässt sich eine überschießende Umsetzung kaum vermeiden, wenn man eine Zersplitterung des nationalen Rechts durch nicht aufeinander abgestimmte Vorschriften verhindern möchte.58 Dies wiederum führt zur Aufgabe nationaler Besonderheiten über den Anwendungsbereich der Richtlinie hinaus. Mit einer Auslagerung der Sondervorschriften könnten Übertragungen von verbraucherspezifischen Wertungen in das allgemeine Zivilrecht besser verhindert werden.59 So stelle das Verbraucherrecht insbesondere den Grundsatz der Gleichheit im allgemeinen Zivilrecht in Frage und dies rechtfertige eine Auslagerung in ein Verbrauchergesetzbuch.60 53 Micklitz, GPR 2009, 254, 263; so auch die Auslagerung in den Code de la consommation rechtfertigend Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 38. 54 Joerges, AG 1983, 57, 58. 55 Vgl. Art. 23 I VRRL „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, mit denen die Einhaltung dieser Richtlinie sichergestellt wird. (2) Die in Absatz 1 genannten Mittel schließen Rechtsvorschriften ein, nach denen eine oder mehrere der folgenden nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften bestimmten Einrichtungen gemäß dem jeweiligen innerstaatlichen Recht die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen kann bzw. können, um die Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie sicherzustellen: a) öffentliche Einrichtungen oder ihre Vertreter; b) Verbraucherverbände, die ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben; c) Berufsverbände, die ein berechtigtes Interesse daran haben, tätig zu werden.“ 56 Stoffel-Munck, RTD Com. 2012, 705. 57 Berger, JURA 2001, 289, 293; Roth, JZ 2001, 475, 482. 58 Vgl. hinsichtlich der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie Tröger, ZEuP 2003, 525, 525; von Vogel, GPR 2005, 164, 166. 59 Berger, JURA 2001, 289, 293. 60 Vgl. hinsichtlich der Integration einiger Vorschriften des elektronischen Geschäftsverkehrs in den Code civil Fenouillet, RDC 2004, 955, 963, 967.
C. Rechtspolitisches Umfeld
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Auch soll den Verbrauchern die Rechtsfindung durch die Zusammenfügung der Vorschriften in einem Regelwerk erleichtert werden.61 Wenn man allerdings den Code de la consommation betrachtet und insbesondere berücksichtigt, dass daneben viele Sondergesetze zur Anwendung kommen, so kann darüber gestritten werden, ob durch diese Kompilation wirklich eine einfachere Rechtsfindung erreicht worden ist.
2. Gegen eine Auslagerung Gegen eine Auslagerung scheint zunächst die Transparenz für die Rechtsanwender zu sprechen, die ihre Rechte und Pflichten aus einem einheitlichen Regelwerk erfassen können.62 Daneben wird vorgebracht, dass das Verbraucherrecht keine einheitliche Materie mehr ist, somit wäre die Zusammenfassung in einem Verbrauchergesetz nur formeller Natur und führe zur Herauslösung des Verbraucherrechts aus dem sachlichen Regelungszusammenhang.63 Gegen den statischen Charakter des BGB wird eingewandt, dass dieses seit 2009 schon durch über zwanzig Gesetze geändert worden ist.64 Die Aufarbeitung der Spannungen zwischen Verbraucherrecht und allgemeinem Zivilrecht werde besser innerhalb der allgemeinen Zivilrechtswissenschaft bewältigt. Denn wenn die Verbraucherschutzvorschriften Teil des BGB seien, müsse sich die Rechtswissenschaft auch eingehender damit auseinandersetzen, als wenn diese in Nebengesetzen geregelt wären. Dies wiederum führe zu größerem juristischen Austausch in dieser Materie und zu besserer Problembewältigung.65 Zudem ist jeder, sobald er im privaten Bereich tätig wird, Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, sodass das Verbraucherrecht durchaus als integraler Bestandteil des Zivilrechts gesehen werden kann.66 Gegen das Vorliegen eines Systembruchs durch die Integration der Verbraucherschutzvorschriften in das BGB wird der Verbraucherbegriff vorgebracht. Dieser stellt 61 Vgl. Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 8; Roth, JZ 2001, 475, 485, der von „Signalwirkung“ spricht. 62 von Vogel, GPR 2005, 164, 166; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 183. 63 Gsell, JZ 2012, 809, 812 ff.; in diese Richtung auch Lorenz, FS Lorenz, 2001, 193. 64 Gsell, JZ 2012, 809, 812 ff. 65 Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 69; Basedow, AcP 200 (2000), 445, 472 der ebenfalls erkennt, dass Regelungen in Nebengesetzen von der Zivilrechtswissenschaft leichter übersehen werden; gegen eine rein privatrechtliche Einordnung des allgemeinen europäischen Verbraucherrechts jedoch Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 13; Schmidt-Kessel, VuR 2012, 350, 354. 66 So schon Kennedy im Jahre 1962; vgl. auch Bülow, NJW 2002, 1145, 1148; Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 481, 494.
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gerade nicht auf eine Personengruppe ab, sondern auf den Vertragszweck.67 Einige sehen die systematische Einordnung der Richtlinienvorschriften im allgemeinen Teil des BGB als durchaus gelungen und normlogisch an.68 Auch erlaube der weitgehend einheitliche Verbraucherbegriff eine stimmige Integration der Richtlinien in das BGB. Darüber hinaus sei der Verbraucherbegriff auch Zeichen einer allgemeinen Wertungsgrundlage, der als Anknüpfungspunkt für die Integration dienen kann.69 Zu berücksichtigen sei auch, dass ein Verbrauchergesetzbuch den Eindruck der Vollständigkeit hervorruft. Die Verbraucher müssten sich jedoch trotzdem ebenfalls mit den allgemeinen Regelungen des BGB und u. U. auch sonstiger Spezialgesetzte auseinandersetzen, wie es auch in Frankreich der Fall ist.70 Auch habe die Zusammenfassung der einzelnen Richtlinienumsetzungsgesetze im BGB zu einem besseren Überblick über die Gesamtkonstellation des Zivilrechts beigetragen und eine Verbindung zwischen Verbraucherrecht und dem allgemeinen Zivilrecht geschaffen.71 Auch in Frankreich gibt es Stimmen, die die Befürchtung äußern, die Existenz des Code de la consommation bedrohe das Gleichgewicht des allgemeinen Vertragsrechts.72 Zudem wird durch die Integration und folglich die Verhinderung einer ständig wachsenden Zahl an Nebengesetzen die Bedeutung des BGB als zentrales Regelwerk des Zivilrechts gefestigt.73 3. Stellungnahme Für die Zuordnung des Verbraucher(vertrags)rechts als Sonderprivatrecht oder als Teil des allgemeinen Zivilrechts ist dessen Regelungsinhalt maßgeblich. Zwar ist der Charakter des Verbraucherrechts als Querschnittsmaterie evident,74 jedoch befasst 67
Duve, JURA 2002, 793, 795; zwar gegen die Auslagerung aber sehr kritisch hinsichtlich der Gerechtigkeitsgrundlage des „Verbraucherbegriffs“ vgl. Roth, JZ 1999, 529, 533. 68 Müller-Graff, GPR 2009, 106, 116; Tonner, EuZW 2010, 767, 770. 69 Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 481, 491. 70 Roth, JZ 2001, 475, 486; von Vogel, GPR 2005, 164, 168; Wendehorst, in: Mazeau/ Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 61, 64 f. kritisiert die Systematik, die dazu führt, dass zwischen verschiedenen Abschnitten des BGB und EGBGB „herum gesprungen“ werden muss. 71 Vgl. Müller-Graff, GPR 2009, 106, 114; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2612; in diese Richtung bereits Lorenz, FS Lorenz, 2001, 193. 72 Raymond, Droit der la consommation, p. 35. 73 Basedow, AcP 200 (2000), 445, 473 und 489; von Vogel, GPR 2005, 164, 166; Herresthal, in: Zehn Jahre Schuldrechtsmodernisierung, 279, 286, 304. 74 Dies betonen auch Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 3; siehe auch Calais-Auloy, RTD Civ 1994, 239.
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sich die Mehrzahl der verschiedenen Regelungen mit vorvertraglicher Information der Vertragsparteien, den Folgen mangelnder Information hinsichtlich des Vertragsschlusses, der Vertragsform und Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag sowie der inhaltlichen Wirksamkeit bestimmter Klauseln. Diese Vorschriften sind allesamt Teilbereichen des allgemeinen Zivilrechts zuzuordnen.75 Gerade der notwendige Zusammenhang zwischen Verbraucherrecht und allgemeinem Zivilrecht76 wird durch die Integration ins BGB verdeutlicht.77 Dass in personeller Hinsicht der Figur des Verbrauchers spezifischer Interessenschutz zugebilligt wird, spricht alleine nicht für eine Auslagerung der Materie.78 Auch dürfen die Schwierigkeiten bei der Anwendung der einschlägigen Verbrauchernormen nicht außer Acht gelassen werden, wenn die Rechtsanwender die Vorschriften in verschiedenen Gesetzen suchen müssen, die (wie beispielsweise in Frankreich zu sehen ist) nicht immer in einem sachlichen Zusammenhang stehen. Zudem wird der Gesetzgeber durch die Integration der Verbraucherschutzvorschriften in das BGB gezwungen, etwaige Sonderregelungen durch konkrete Situationsunterschiede zu rechtfertigen. Dies wiederum schützt vor übertrieben protektionistischem Verbraucherschutz.79 Im Ergebnis scheint es somit vorzugswürdig, die verbrauchervertragsrechtlichen Vorschriften im Zivilgesetzbuch zu verankern. Zu berücksichtigen bleibt, dass durch die Einführung der auf dem Unionsrecht basierenden Verbraucherschutzvorschriften in das BGB, letzteres einen starken europarechtlichen Einschlag bekommen hat. Dies wirkt sich insbesondere auch auf die Auslegung der allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften aus.80 Auch die Anpassungsprobleme, die bei der Änderung der zugrunde liegenden europarechtlichen
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Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 481, 496; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 19 sehen ebenfalls das Zivilrecht als Hauptdisziplin des Verbraucherrechts an, wobei gerade in Frankreich auch das Strafrecht eine große Rolle spiele. 76 Dieser Zusammenhang wird auch in der französischen Literatur diskutiert, vgl. hierzu Bureau, Recueil Dalloz 1994, 291 ff.; Mazeaud, RTD com, 1998, 95 ff.; Mazeaud, RDC 2003, 295 ff. 77 Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2612; Roth, JZ 2001, 475, 487. 78 So auch Stoffel-Munck, RTD Com. 2012, 705; anders Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 17. 79 Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 69; zur Interdependenz des allgemeinen Vertragsrechts und des Verbraucherrechts jedoch ohne die Notwendigkeit deren Zusammenfügung zu sehen, vgl. Raymond, Droit de la consommation, p. 35. 80 Gsell, Staudinger/Eckpfeiler, Neubearbeitung 2012, Rn. 7; Müller-Graff, GPR 2009, 106, 115; dies ist ein tragendes Argument der französischen Literatur für die Legitimation eines Verbrauchergesetzes, Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 8.
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Vorschriften entstehen, sind nicht zu vernachlässigen.81 Dies wird im Folgenden hinsichtlich der VRRL konkret untersucht. Rechtsvergleichend bleibt festzustellen, dass die überwiegende Anzahl der europäischen Länder sich für den auslagernden Ansatz entschieden haben, sei es durch Umsetzung in einem Verbrauchergesetzbuch oder in Einzelgesetzen.82
II. Verbraucherrecht als Teil des europäischen Privatrechts Dass die rechtspolitische Stimmung im Hinblick auf das Verbraucherrecht und die Methode seiner Umsetzung auch stark von dessen europarechtlichem Bezug abhängt, hat Micklitz83 sehr treffend beschrieben: „Die schon vor Einführung der §§ 13 und 14 in das BGB teilweise auch emotional geführte Diskussionen um den Stellenwert des Verbraucherrechts im Zivilrecht haben sich in das BGB hinein verlagert, wobei sich die Diskussion um den Stellenwert des Verbraucherrechts mit den Diskussionen um die Reichweite der ,Europäisierung‘ des nationalen Privatrechts vermengt.“ Dies wird etwa anhand der Kritik an der Herangehensweise der Kommission deutlich: „Man muss leider feststellen, dass es keine gute Idee war, der EU-Kommission die Kompetenz im Bereich des Verbraucherschutzes zu geben.“84 heißt es u. a. Diese Kritik richtet sich einerseits gegen das Konzept der Richtlinie selbst und deren Zustandekommen und andererseits gegen die Auswirkungen deren Umsetzung in das nationale Recht.
81 Vgl. Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 68, der eine bedeutend größere Ausstrahlungswirkung auf nicht-harmonisierte nationale Vorschriften in den Mitgliedstaaten sieht, die das europäische Verbraucherrichtlinienrecht in ihre Zivilgesetzbücher integriert haben; Schinkels, JZ 20009, 774, 779 stellt die Frage, ob das deutsche Verbraucherwiderrufsrecht nicht in einem Verbrauchergesetzbuch neben dem BGB besser aufgehoben wäre. 82 Nur vier der Mitgliedstaaten integrieren die verbraucherschützenden Vorschriften vollständig in ihr Zivilgesetzbuch, so neben Deutschland auch die Niederlande, Ungarn und Tschechien. Vgl. hierzu den Überblick im Rahmen des EG-Verbraucherrechtkompendiums geleitet von Prof. Dr. Schulte-Nölke: http://www.eu-consumer-law.org/consumerstudy_part1_ de.pdf. 83 Micklitz, MüKo Vor. §§ 13, 14 Rn. 15. 84 Honsell, JZ 2001, 18, 20.
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1. Kritik auf erster Ebene an der Richtlinie selbst a) Demokratiedefizit Kritisiert wird insbesondere das Demokratiedefizit bei Rechtssetzungsmaßnahmen der EU,85 das auch vom BVerfG86 schon des Öfteren betont wurde. Die zu geringen Mitwirkungsbefugnisse des Parlaments, das kein Repräsentationsorgan eines souveränen europäischen Volkes und nicht als Vertretung der Unionsbürger als ununterschiedene Einheit nach dem Prinzip der Wahlgleichheit eingesetzt ist, sei mit der Idee einer demokratischen Grundordnung nicht vereinbar. Die Römischen Verträge von 1957 sahen ursprünglich eine rein beratende Funktion des Parlaments im Gesetzgebungsverfahren vor. Durch die einheitliche Europäische Akte und die Verträge von Maastricht, Amsterdam, Nizza und Lissabon wurden die Befugnisse des Parlaments nach und nach erweitert. Ursprung aller Richtlinien sind auch heute noch Initiativen der Kommission, Art. 289 I AEUV. Der anschließende gesetzgeberische Prozess auf EU-Ebene im sog. ordentlichen Gesetzgebungsverfahren wird vom Rat und vom Parlament nach Maßgabe des Art. 294 AEUV durchgeführt. Dabei sind das Parlament und der Rat gleichberechtigte Mitentscheidungsorgane. Das Parlament legt seinen Standpunkt in erster Lesung fest und übermittelt ihn dem Rat. Sollte der Rat die etwaigen Abänderungen des Parlaments nicht mit qualifizierter Mehrheit billigen, so ist ein Vermittlungsausschuss anzurufen. Ein Entwurf des Vermittlungsausschusses muss dann wiederum vom Rat und vom Parlament erlassen werden. Trotzdem hat das europäische Parlament insbesondere aufgrund eines fehlenden Initiativrechts eine schwächere Stellung als die nationalen Parlamente und insofern ist ein gewisses Demokratiedefizit auf EU-Ebene vorhanden. Andere sehen den Ausgleich für die fehlende parlamentarische Legitimation im Verbraucherschutz als politikwissenschaftliches Legitimationskonzept, das gesellschaftlichen Erfordernissen nachgeht.87 b) Subsidiaritätsprinzip und Verhältnismäßigkeitsprinzip Teilweise wird in der europäischen Rechtssetzung ein Verstoß gegen das Subsidiaritätsprinzip gesehen. In der Tat sollen das Subsidiaritätsprinzip, Art. 5 III EUV,88 und das Verhältnismäßigkeitsprinzip, Art. 5 IV EUV89 gewährleisten, dass 85 Dickert, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 177, 180; vgl. auch bereits Kritik von Limmer, MittBayNot 1999, 325, 327; Schwarze, JZ 1998, 1077, 1080. 86 BVerfGE 123, 267, NJW 2009, 2267. 87 Durner, VVDStRL 70, 2011, 401, 437. 88 „Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern, und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder
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Maßnahmen der EU nicht über das erforderliche Maß hinausgehen. Die EU soll im Bereich geteilter Zuständigkeit nur eingreifen, wenn das verfolgte Ziel besser auf Gemeinschaftsebene als auf Ebene der Mitgliedstaaten realisiert werden kann. Dennoch betrachtet die EU-Kommission das Subsidiaritätsprinzip anscheinend nicht wirklich als Schranke ihrer Kompetenzen. Auch hat der EuGH dem Gemeinschaftsgesetzgeber ein weites Ermessen zugebilligt, sodass Verstöße gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip von den Mitgliedstaaten nur bei deren Offensichtlichkeit geltend gemacht werden können.90 Wenn das Gemeinschaftsrecht bis ins kleinste Detail Regelungen vorgibt, so kann an der Unabdingbarkeit dieser Regelungstechnik für die Erreichung der Angleichungsziele gezweifelt und die Frage gestellt werden, ob eine Angleichung (in Abgrenzung zur Vereinheitlichung) nicht durch allgemeine, weniger detaillierte Vorschriften erreicht werden könnte.91 Nicht zuletzt wird auch die längere Reaktionszeit des europäischen Gesetzgebers auf Veränderungen im Markt als Nachteil aufgeführt.92 c) System- und Wertungswidersprüche zwischen EU-Richtlinien Gerade die mangelnde Kohärenz verschiedener sekundärrechtlicher Gemeinschaftsvorhaben ist ein weit verbreiteter Kritikpunkt.93 Diese wurde von der Kommission ebenfalls festgestellt und als Teilbegründung für den Zusammenschluss mehrerer Richtlinien im Rahmen der VRRL aufgeführt, der zu mehr Kohärenz innerhalb des Gemeinschaftsrechts führen soll.94 So werden beispielsweise die Informationspflichten und das Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge und Haustürgeschäfte weitgehend vereinheitlicht. lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden könne, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind.“ 89 „Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erforderliche Maß hinaus.“ 90 EuGH v. 10. 1. 2006, Rs. C-344/04, Slg. 2006, I-403- IATA & ELFFA/Department for Transport; zur vergleichsweise geringen Bedeutung des Subsidiaritätsprinzips in Bereich des Verbraucherrechts Rösler, EuR 2008, 800, 806 ff.; zur Anwendung dieser Grundsätze bei der Verbraucherrechterichtlinie siehe Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 263 f. 91 Vgl. Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 74; Raymond, Droit de la consommation, p. 17; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 11; für die Einhaltung dieser Grenzen im Rahmen der VRRL Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1159; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 285; Tamm, EuZW 2007, 756, 759. 92 Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 463; ähnlich auch Fauvarque-Cosson, RTD Civ. 2002, p. 463 Rn. 24. 93 s. z.B. Herresthal, in: Domej/Dörr, JbJZivRWiss 2008, 139, 152. 94 Erwägungsgrund 2: „Diese Richtlinien wurden im Lichte der gesammelten Erfahrungen im Hinblick darauf überprüft, ob die geltenden Rechtsvorschriften durch Beseitigung von Unstimmigkeiten und Regelungslücken vereinfacht und aktualisiert werden können. Diese Überprüfung hat ergeben, dass es sinnvoll ist, die beiden genannten Richtlinien durch eine einzige Richtlinie zu ersetzen.“
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2. Kritik auf zweiter Ebene an den Auswirkungen auf das nationale Recht a) Eingriff in die Privatautonomie Das europäische Verbraucherrecht wird oft auch gerade wegen seiner Eingriffsintensität in den Grundsatz der Privatautonomie als Grundgedanke des Vertragsrechts beanstandet.95 Der Grundsatz der Privatautonomie und die aus ihr abgeleitete Vertragsfreiheit beruhen auf der Annahme, dass freie und gleiche Parteien im Stande sind, ihre Interessen selbst wahrzunehmen und die Rechtsordnung dementsprechend nicht in wirksam geschlossene Vertragsabreden eingreifen darf.96 Dass der Verbraucherschutz zu protektionistischen Maßnahmen führen kann, wurde schon Anfang der 80er Jahre diskutiert.97 Zwar wird auch von den energischsten Verfechtern der Privatautonomie diesem Grundsatz keine absolute Geltung zugesprochen, jedoch ist die Grenzziehung zwischen Privatautonomie und zwingendem Recht ein höchst umstrittenes Thema.98 Darauf soll hier nicht weiter eingegangen werden. Fest steht, dass der Staat insoweit seiner Regulierungspflicht nicht aus dem Weg gehen kann, als es für die freie Ausübung der Privatautonomie erforderlich ist und dass Elemente des Verbraucherschutzes durchaus das privatautonome System stärken können.99 Denn dem Grundsatz der Privatautonomie geht, wie bereits aufgezeigt, die Annahme der grundsätzlichen Gleichheit der Vertragsparteien voraus.100 Sobald diese Annahme widerlegt ist, darf der Staat zur Aufrechterhaltung der Privatautonomie eingreifen, so z. B. zum Schutz der Geschäftsunfähigen und in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten. So können auch Einschränkungen der Privatautonomie durch die Schutzbedürftigkeit von Verbrauchern gerechtfertigt sein bzw. können Informationspflichten und Widerrufsrechte im Ergebnis gerade zur Ermöglichung einer privatautonomen Entscheidung erforderlich sein.101 Hervorzuheben ist, dass das Verbraucherrecht im Gegensatz zum allgemeinen Zivilrecht kein konkretes Defizit (wie beispielsweise beim arglistig Getäuschten), sondern ein abstraktes, dem Verbraucher inhärentes Defizit in einer bestimmten Verhandlungs-
95 Micklitz, GPR 2009, 254, 257; Honsell, JZ 2001, 18, 19; Heiderhoff, ZJS 2008, 25, 25; Roth, JZ 1999, 529, 529; Dauner-Lieb, NJW 2004, 1431, 1432; von Vogel, GPR 2005, 164, 166. 96 Wagner, ZEuP 2007, 180, 192; Dauner-Lieb, NJW 2004, 1431, 1433. 97 Joerges, AG 1983, 57, 58. 98 Vgl. Drexl, FS Medicus, 68; Damm, VersR 1999, 129, 131; Basedow, AcP 200 (2000), 445, 469. 99 Vgl. hierzu Joerges, AG 1983, 57, 59; Müller-Graff, GPR 2009, 106, 117; Grundmann, NJW 2004, 14, 17; Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 65; Raymond, Droit de la consommation, p. 1; Wagner, ZEuP 2007, 180, 195; Koch, GPR 2014, 128, 132 f. 100 Mazeaud, RDC 2003, 295; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 1; Roth, JZ 2001, 475, 487; Wagner, ZEuP 2007, 180, 194; Dauner-Lieb, NJW 2004, 1431, 1433. 101 So auch Wagner, ZEuP 2007, 180, 196; Bülow, NJW 2002, 1145, 1148; Basedow, AcP 200 (2000), 445, 487; in diese Richtung auch Picod, Petites affiches 2014 n8 128, p. 36.
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oder Vertragssituation auszugleichen versucht.102 Auch kann nicht geleugnet werden, dass die Dichte an Detailregelungen in den Richtlinien hinsichtlich des Inhalts des Vertrags die privatautonome Vertragsgestaltung zunehmend einschränkt. Hierfür sind die Regelungen der AGB-Kontrolle oder auch § 241a BGB, der eine im Normalfall nach §§ 145 ff. BGB als konkludente Annahme gewertete Willenserklärung ausschließt, tragende Beispiele. An der sachlichen Rechtfertigung der Regelungsflut kann teilweise gezweifelt werden. Ferner wird behauptet, die Überflutung mit Information sei schädlich für den Verbraucher, der den Überblick über die für ihn wichtigen Informationen schnell verliere. Insgesamt führe die Detailfreudigkeit zu einem Verlust an Transparenz.103 b) Einfluss des Verbraucherrechts auf das allgemeine Zivilrecht: System- und Wertungswidersprüche Zwar sollen die bisher ergangenen Richtlinien nur Teilbereiche des Vertragsrechts regeln und das innerstaatliche Vertragsrecht im Übrigen unberührt lassen.104 Allerdings lässt sich eine Beeinflussung des allgemeinen Zivilrechts durch die Masse an Regelungen von Teilbereichen nicht verhindern.105 Durch die Europäisierung des Privatrechts werden die Funktionen der Richtlinien in die jeweiligen mitgliedstaatlichen Privatrechte transportiert und diesen hierdurch neue Aufgaben zugeteilt, wie beispielsweise die Sicherstellung eines funktionierenden Binnenmarktes.106 102
Stoffel-Munck, RTD Com. 2012, 705, 708. Limmer, MittBayNot1999, 325, 331; Armbrüster, JR 1998, 98, 99; Schmidt-Kessel, Vur 9/2012, 350, 353; Limmer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 187, 189; Roth, JZ 1999, 529, 533; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155; andere ziehen detaillierte Informationsregelungen aus Privatautonomiegesichtspunkten einer Häufung zwingender inhaltlicher Regeln vor, so Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 66; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2612; Kamara und Mader begrüßen ebenfalls die Informationspflichten in petites affiches 2014, n8 128, p. 9. 104 Vgl. beispielsweise Erwägungsgrund 14 der Verbraucherrechterichtlinie: „Diese Richtlinie sollte das innerstaatliche Vertragsrecht unberührt lassen, soweit vertragsrechtliche Aspekte durch diese Richtlinie nicht geregelt werden. Deshalb sollte diese Richtlinie keine Wirkung auf nationale Rechtsvorschriften haben, die beispielsweise den Abschluss oder die Gültigkeit von Verträgen (zum Beispiel im Fall einer fehlenden Einigung) betreffen. Desgleichen sollte diese Richtlinie nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf die allgemeinen vertraglichen Rechtsbehelfe, die Vorschriften des allgemeinen Wirtschaftsrechts (beispielsweise Vorschriften über überhöhte Preise oder Wucherpreise) und die Vorschriften über sittenwidrige Rechtsgeschäfte unberührt lassen.“ 105 Micklitz, GPR 2009, 254, 261; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 460; Gsell, in: Gsell/ Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 1, 9; Limmer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 187, 203; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 66; Schwarze, JZ 1998, 1077, 1078; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 378; von Vogel, GPR 2005, 164, 165; Aubert de Vincelles, RDC 2009 n82, p. 578 Rn. 9. 106 Herresthal, in: Domej/Dörr, JbJZivRWiss 2008, 139, 151. 103
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Zudem sind Kompetenzüberschneidungen gerade im Verbrauchervertragsrecht nicht selten; dies lässt sich schon im Wortlaut des „Verbrauchervertragsrechts“ erkennen. So steht der EU die Kompetenz im Verbraucherschutz und Binnenmarkt zu (Art. 114 AEUV), den Mitgliedstaaten aber für das allgemeine Vertragsrecht (da dies der Union nicht ausdrücklich zugewiesen ist).107 Auch ist vor allem das Vertragsrecht eng mit anderen Privatrechtsbereichen wie dem Bereicherungs- oder Deliktsrecht verflochten. Da, wie oben bereits festgestellt, die Abgrenzung des von der Richtlinie erfassten Bereichs ebenfalls Schwierigkeiten bereitet, ist eine Ausstrahlungswirkung auf angrenzende nationale Rechtsgebiete notwendige Folge. Die Ausstrahlungswirkung kann zu Widersprüchen in Form unterschiedlicher Begrifflichkeiten führen, sowie inhaltliche und wertungstechnische Widersprüche hervorrufen.108 Dies wiederum führt zu erhöhter Rechtsunsicherheit. Unter Umständen wird eine Ausweitung des Anwendungsbereichs die einzige Möglichkeit sein, um eine kohärente Gesamtregelung hervorzubringen.109 Auch ist gerade die Flut an Detailregelungen hinsichtlich der Informationspflichten des Unternehmers eine Regelungstechnik, die dem BGB eher fremd ist.110 Diese Komplexität der Richtlinientexte und der oft ungewohnte Sprachgebrauch lassen sich schwer mit dem Kodifikationsgrundsatz der Abstraktion von Rechtssätzen vereinbaren.111 Dies hat zur Folge, dass teilweise schlecht abgestimmte Regelungen aufeinander treffen.112 Auf diese europäische detaillierte Rechtssetzungskultur hat der Gesetzgeber mit der Auslagerung der Informationspflichten zunächst in die BGB-InfoV und anschließend in das EGBGB reagiert.113 Auch lassen sich aus den detaillierten Richtlinien kaum allgemeine Rechtsprinzipien ziehen, wie sie sich aus den Vorschriften des BGB ergeben.114 107
Vgl. hierzu bereits Einleitung A. II. 3. c) aa). Siehe hierzu ausführlich Herresthal, in: Domej/Dörr, JbJZivRWiss 2008, 139, 149; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 386; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 161; Aubert de Vincelles, RDC 2009 n82, p. 578 Rn. 9. 109 Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 463; nach Roth, JZ 1999, 529, 538 würde dies zwar eine Aufspaltung des Zivilrechts verhindern, jedoch einen Abbau der Privatautonomie für alle Bürger bedeuten; Riehm, JZ 2006, 1035, 1035. 110 Limmer, MittBayNot 1999, 325, 331; Müller-Graff, GPR 2009, 106, 116; Pfeiffer, in: Hohloch, Richtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland und Frankreich, 9, 15; Honsell, JZ 2001, 18, 21. 111 Müller-Graff, GPR 2009, 106, 111; Ulmer, JZ 1992, 1, 6; Roth, JZ 2001, 475, 485; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 183. 112 Micklitz, GPR 2009, 254, 258; Tröger, ZEuP 2003, 525, 535; Gsell/Schellhase, JZ 20, 27; Blaurock, JZ 1994, 270, 272; Ulmer, JZ 1992, 1, 6. 113 Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 481, 490. 114 Müller-Graff, GPR 2009, 106, 113; Micklitz, GPR 2009, 254, 259; Pfeiffer, in: Hohloch, Richtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland und Frankreich, 9, 15; Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 99. 108
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Teil 1: Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts
Die Unterschiede zwischen nationalen und europäischen Konzepten machen sich auch bei der Rechtsdurchsetzung bemerkbar: kollektiver und administrativer Rechtsschutz, wie er in den Richtlinie vorgesehen ist,115 gehören gerade nicht zu den traditionellen Rechtsschutzmechanismen des deutschen Rechts.116 Zwar bestehen mit der Verbandsklage in Bereichen des Wettbewerbs- und Kartellrechts117 sowie im Recht der allgemeineinen Geschäftsbedingungen118 bereits seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts kollektive Rechtsschutzmöglichkeiten, gegen Verletzungen spezifischer verbraucherschützender Normen ist die Verbandsklage allerdings erst seit dem Jahre 2000 möglich.119 Dies ist ein Beispiel dafür, dass Europarecht sich unabhängig von der nationalen Rechtsdogmatik entwickelt. Dass hierdurch Probleme bei der Umsetzung auftreten, liegt auf der Hand. Indes ist die EU in Anbetracht des Ziels der Vereinheitlichung und der doch so unterschiedlichen Zivilrechtsordnungen innerhalb der Union meist gezwungen, zu detaillierten Regelungen zu greifen, denn bei der Umsetzung von Generalnormen ist eine inhaltliche Diskrepanz der Regelungen in den Nationalstaaten vorprogrammiert.120 Dass dies jedoch den Grundsätzen des Richtlinienrechts zuwiderläuft, lässt sich wohl nicht leugnen. c) Fragmentierung des nationalen Zivilrechts Auch die der Umsetzung der Richtlinien folgende Fragmentierung des Zivilrechts ist ein häufig auftauchender Kritikpunkt, denn die verschiedenen Richtlinien decken nur Teilbereiche ab, die über das gesamte Zivilrecht verstreut sind und regeln diese Teilbereiche ebenfalls nur punktuell. Ein einheitliches Gesamtkonzept fehlt, was sich umso mehr bei der Umsetzung störend auswirkt.121 Grund für die Regelung nur bestimmter Materien ist jedoch die begrenzte Kompetenz der EU.122 Auch ist die Schutzbedürftigkeit der Verbraucher kein einheitlich erfassbares Problem, sondern manifestiert sich in bestimmten Situationen.123 Demzufolge sind Verbraucherinteressen oft nur als gruppenspezifische Interessen zu erfassen, sodass 115
So beispielsweise in Art. 23 Absatz 2 VRRL. Micklitz, GPR 2009, 254, 263; Heiderhoff, ZJS 2008, 25, 26. 117 Vgl. § 8 UWG, § 33 GWB. 118 Vgl. § 1 UklaG. 119 Vgl. §§ 2, 4a UklaG. 120 Pfeiffer, in: Hohloch, Richtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland und Frankreich, 9, 17; Müller-Graff, NJW 1993, 13, 22; Schulze, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 63, 67. 121 Limmer, MittBayNot 1999, 325, 330; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2610; Blaurock, JZ 1994, 270, 270; Müller-Graff, NJW 1993, 13, 20; Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 103; Tamm, EuZW 2007, 756, 760. 122 Armbrüster, JR 1998, 98, 99; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 377. 123 Joerges, AG 1983, 57, 66. 116
C. Rechtspolitisches Umfeld
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die Regelung nach Teilbereichen eine logische Konsequenz darstellt.124 Es wurde auch treffend festgestellt, dass die punktuelle Regelungsweise keine spezifisch europäische Eigenheit darstellt.125 Auch in Deutschland wurde der Verbraucherschutz durch punktuelle Regelungen eingeführt (so zunächst im AGB-Gesetz, im Fernunterrichtsschutzgesetz, im Reisevertragsrecht, sowie im Haustürwiderrufsgesetz). d) Verlust nationaler Besonderheiten Wegen des starken europarechtlichen Bezugs nationaler zivilrechtlicher Vorschriften sind andauernde Änderungen dieser Vorschriften und somit häufige Interventionen der EU, die sich innerhalb des BGB manifestieren, zu erwarten.126 Zudem geht mit jedem Eingriff ins nationale Recht ein Stück nationaler Kultur verloren.127 Systembrüche im nationalen Recht sind kaum zu verhindern.128 e) Uneinheitliches Recht in der Union Kritisiert wird auch, dass die Umsetzung und Auslegung des Richtlinienrechts in den Mitgliedstaaten eher zur Uneinheitlichkeit der Rechtssysteme führt, als dass sie diese Rechtszersplitterung beseitige.129 Der Wettbewerb der Rechtsordnungen130 könnte zudem ohne Vollharmonisierung zur Fortentwicklung des Rechts beitragen, der durch den Vergleich der Rechtsordnungen und deren Funktionsweise gefördert wird. Auch könne hierdurch eine sog. Rechtsangleichung „von unten“ stattfinden, ohne dass „von oben“ in die Rechtssetzungskompetenzen der Mitgliedstaaten eingegriffen werden müsste.131
124
Joerges, AG 1983, 57, 58. Roth, JZ 2001, 475, 479. 126 Pfeiffer, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 481, 490; Berger, JURA 2001, 289, 293. 127 Micklitz/Reich, VuR 2007, 121, 128 mit dem Hinweis darauf, dass eine Diskussion über u. a. die Notwendigkeit einer europäischen Rechtsvielfalt erforderlich ist; in diese Richtung auch Tamm, EuZW 2007, 756, 758. 128 Limmer, MittBayNot 1999, 325, 334; Duve, JURA 2002, 793, 800; Micklitz, GPR 2007, 2, 3. 129 Limmer, MittBayNot 1999, 325, 330 „Die Rechtsvereinheitlichung ist daher gar nicht so groß, die Rechtsverwirrung aber umso größer“. 130 Siehe hierzu Howells, ERCL 2011, 173, 177; Dreher, JZ 1999, 105, 110; Schulze, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 63, 80; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 286; Tamm, EuZW 2007, 756, 758; Stathopoulos, ZEuP 2003, 243, 245; Herresthal, in: Artz/Gsell/Lorenz, Zehn Jahre Schuldrechtsmodernisierung, 279, 290. 131 Dreher, JZ 1999, 105, 110; Schulze, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 63, 80; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 286; Tamm, EuZW 2007, 756, 758; Stathopoulos, ZEuP 2003, 243, 245. 125
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Teil 1: Vergleich des deutschen und französischen Verbraucherrechts
Die Vollharmonisierung verhindere diesen Wettbewerb der Rechtsordnungen und somit die Möglichkeit der Suche nach der „besten Lösung“ innerhalb der Union. Dies wiederum schränkt die dynamische Weiterentwicklung des Verbraucherrechts bedeutend ein.132 Umso mehr gilt dies angesichts der langwierigen Prozedur der Änderung des Gemeinschaftsrechts, das nur deutlich langsamer auf Veränderungen reagieren kann als der nationale Gesetzgeber.133 So plädieren einige Stimmen dafür, anstatt einer Harmonisierung besser auf gegenseitige Anerkennung gleichrangiger Schutzmechanismen zu bauen. So sollten nur Schutzziele und -grundsätze von der EU vorgegeben werden, die Ausgestaltung innerhalb des nationalen Rechts solle den Mitgliedstaaten überlassen werden.134 Dies entspräche auch dem Grundverständnis des Richtlinienrechts, wie es in Art. 288 III AEUV festgelegt wurde. Allerdings vermag dieser Ansatz die Diskrepanz der Schutzmechanismen in den Mitgliedstaaten nicht zu überwinden und würde zudem zur Folge haben, dass wesentliche Teile der anderen Zivilrechtsordnungen in jedem Mitgliedstaat mittelbare Geltung erlangen würden, was erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich brächte.135
D. Zusammenfassung Teil 1 und Schlussfolgerung Auf nationaler Ebene erscheint letztlich eine Integration der Verbraucherschutzvorschriften in das Zivilgesetzbuch vorzugswürdig. Allerdings ist zu erwarten, dass die jeweiligen Umsetzungsmethoden – also sowohl die Integration der Verbraucherschutzvorschriften in das BGB, wie auch die Auslagerung in den Code de la consommation – sich mittlerweile derart gefestigt haben, dass mit einer Rückgängigmachung nicht mehr zu rechnen ist. Denn die Umsetzung der vollharmonisierenden VRRL wäre der Zeitpunkt für eine Umstellung der nationalen Systeme gewesen. Wertungswidersprüche, Zersplitterung u. ä. sind nachgewiesene Konsequenzen der europäischen Harmonisierung. Allerdings ist die Fortentwicklung des Privatrechts durch rechtlichen und wirtschaftlichen Wandel schon immer von solchen Folgen begleitet gewesen.136 Fraglich ist allerdings, inwieweit diese Folgen angesichts der Zielrichtung der Harmonisierung hinnehmbar sind. 132 Gsell, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 1, 6; Stürner, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 3, 5; siehe auch Huet, RDC 2011, n83, p. 1070, 1074, der den Verlust der Diversität, als Reichtum Europas, bedauert. 133 Gsell, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 1, 9. 134 Limmer, MittBayNot 1999, 325, 337; Blaurock, JZ 1994, 270, 273; zu möglichen Alternativen Müller-Graff, NJW 1993, 13, 18. 135 Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 101. 136 Herresthal, in: Domej/Dörr, JbJZivRWiss 2008, 139, 152.
D. Zusammenfassung Teil 1 und Schlussfolgerung
53
Im Folgenden soll nun untersucht werden, welche konkreten Auswirkungen die Umsetzung der zunächst mindestharmonisierenden Richtlinien und anschließend der VRRL in die jeweiligen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Deutschland und Frankreich hat und inwiefern die mit der Harmonisierung verfolgten Ziele tatsächlich erreicht worden sind.
Teil 2
Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie Im Folgenden soll mithilfe eines Rechtsvergleichs ermittelt werden, wie die Umsetzung der mindestharmonisierenden Richtlinien in Deutschland und Frankreich erfolgt ist und welche Diskrepanzen zwischen dem deutschen und dem französischen Haustürgeschäft- und Fernabsatzrecht bestehen. Dabei soll zunächst die Rechtslage vor Umsetzung der VRRL betrachtet werden. Im Grundsatz regeln bislang zwei mindestharmonisierende Richtlinien diesen Teilbereich, nämlich Richtlinie 85/577/EWG (Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen) und die Richtlinie 97/7/EG (Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz).
A. Reichweite von Richtlinien Mindestharmonisierung sieht vor, dass den Mitgliedstaaten ein weiterer Umsetzungsspielraum zugebilligt wird. Die mindestharmonisierende Richtlinie gibt nur ein Mindestmaß an Schutz vor. Den Mitgliedstaaten bleibt es offen, über diesen Mindestschutz der Richtlinie hinausgehende Verbraucherschutzvorschriften zu erlassen und beizubehalten.1 Um den Umfang des Umsetzungsspielraums der Mitgliedstaaten beurteilen zu können, muss eine genaue Ermittlung der Reichweite der Richtlinie vorgenommen werden. Hinsichtlich der Bindungswirkung von Richtlinien lassen sich Anwendungsbereich und Regelungsbereich unterscheiden.2
1 So z. B. Art. 8 der Haustürwiderrufsrichtlinie, sowie Art. 14 Fernabsatzrichtlinie; s.a. Roth, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 13, 19. 2 Diese Terminologie wird nicht immer einheitlich angewandt.
A. Reichweite von Richtlinien
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I. Anwendungsbereich Der Anwendungsbereich bezeichnet den Gegenstand der Richtlinie d. h. die Gesamtheit aller Sachverhalte, für die nach der Richtlinie eine Rechtsfolge vorgesehen werden muss.3 Der Anwendungsbereich (sachlich harmonisierter Bereich) grenzt die Bindung der Mitgliedstaaten insofern ab, als nur im Rahmen des Anwendungsbereichs die Bindung besteht. Im Rahmen von vollharmonisierenden Richtlinien ist innerhalb des Anwendungsbereichs grundsätzlich eine identische Umsetzung ins nationale Recht erforderlich,4 außer die Richtlinie lässt selbst ausdrücklich Abweichungen zu. Anders ist dies bei mindestharmonisierenden Richtlinien, die es dem Mitgliedstaat erlauben weitergehende verbraucherschützende Regelungen einzuführen.5 Außerhalb des Anwendungsbereichs sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich frei. Dies ist Ausfluss ihrer Souveränität und des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung.6 Die Grenze bilden hier primärrechtliche Vorgaben. Der Anwendungsbereich kann bei der Umsetzung der Richtlinie aber auch auf grundsätzlich nicht erfasste Sachverhalte (freiwillig) erweitert werden (sog. extensiv überschießende Umsetzung).7
II. Regelungsbereich Der Regelungsbereich bezeichnet den konkreten inhaltlichen Regelungsumfang, d. h. die jeweilige Sachverhalt-Rechtsfolge-Relation.8 Umsetzungsspielräume verbleiben den Mitgliedstaaten auch insoweit, als die Richtlinie keinen abschließenden Charakter hat. Keine Richtlinie vermag jegliche rechtlichen Aspekte einer Fallkonstellation vollumfänglich zu regeln. Auch im Rahmen der Vollharmonisierung bleibt der fragmentarische Charakter des Unionsrechts bestehen und ein Rückgriff auf die nationalen Rechtsordnungen ist erforderlich, um die Lücken zu schließen. Problematisch ist aber die Frage, ob die 3 Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 22; Riehm, JZ 2006, 1035, 1038; Wendehorst, in: Jud/ Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 162 bezeichnet dies demgegenüber als „sachlich harmonisierten Bereich“. 4 Vgl. Art. 4 VRRL. 5 So beispielsweise in Art. 14 Fernabsatzrichtlinie. 6 Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 83, 86; ThierietDuquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 11. 7 Siehe hierzu Gebauer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 163, 167; Riehm, JZ 2006, 1035, 1036; Artz, GPR 2009, 171, 173; Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 268; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 12. 8 Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 22; Riehm, JZ 2006, 1035, 1038; Wendehorst, in: Jud/ Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 163 spricht vom „inhaltlich harmonisierten Bereich“.
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
Richtlinie alle Rechtsfolgen der geregelten Tatbestände abschließend vorsieht oder nicht.9 Hier geht es um die genaue Erfassung des Regelungsumfangs, die durch Auslegung der Richtlinienvorschriften zu erfolgen hat, wobei im Rahmen von vollharmonisierenden Richtlinien grundsätzlich keine abweichenden Rechtsfolgen vorgesehen werden können.10 So ist beispielsweise davon auszugehen, dass die VRRL die Zulässigkeit eines Widerrufs abschließend regelt. Wenn sie also vorgibt, dass ein Widerruf bis Ablauf der Frist zulässig ist, so gibt sie auch negativ vor, dass bei Ablauf der Widerrufsfrist kein Widerrufsrecht mehr besteht.
III. Wirkungsweise im Rahmen richtlinienkonformer Auslegung Zwar trifft die Pflicht zur Umsetzung von Richtlinien in erster Linie den Gesetzgeber, jedoch sind auch die mitgliedstaatlichen Gerichte zur Auslegung des innerstaatlichen Rechts im Lichte des europäischen Richtlinienrechts verpflichtet.11 In den Entscheidungen „von Colson“ und „Marleasing“ des EuGH12 wurde die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur richtlinienkonformen Auslegung entwickelt. Gestützt wird diese Verpflichtung auf die Bindungswirkung von Richtlinien und insbesondere auf den Effet-Utile-Grundsatz, Art. 4 III EUV, wonach die Mitgliedstaaten die Verpflichtung haben, alle geeigneten Maßnahmen zur Erreichung des vorgegebenen Ziels vorzunehmen.13 Danach ist das nationale Recht, auch jenes, welches nicht auf der Richtlinie beruht, richtlinienkonform so auszulegen, dass es mit den Richtlinienvorschriften übereinstimmt und deren Regelungsziel verwirklicht.14 Da das Unionsrecht selbst autonom, d. h. ohne Berücksichtigung der 28 nationalen Terminologien und Auslegungen, auszulegen ist, sind die nationalen Rechtsanwender über das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung dazu berufen, die autonome Auslegung des Unionsrechts, für das der EuGH ausschließlich zuständig ist, zu befolgen.15 Eine genauere Auseinandersetzung mit der richtlinienkonformen Auslegung ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich.16 Fest steht, dass hierdurch das Umsetzungsrecht in seiner Wirkungsweise erweitert wird, wenn auch
9
Schinkels, GPR 2005 119, 113; Ulmer, JZ 1992, 1, 6; Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 269. Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 25; Riehm, JZ 2006, 1035, 1037. 11 Vgl. hierzu Gsell, Staudinger/Eckpfeiler, Neubearbeitung 2014, Rn. 9 ff. 12 EuGH v. 10. 4. 1984, Rs. 14/84, Slg. 1984, I-1891 – Colson und Kamann und v. 13. 11. 1990, Rs. C-106/89, Slg. 1990, I-4135 – Marleasing. 13 Schmidt, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht 59, 1995, 569, 583. 14 Hommelhoff, AcP 192 (1992), 71, 95; Heiderhoff, ZJS 2008, 25, 29. 15 Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 14; Gsell, Staudinger/Eckpfeiler, Neubearbeitung 2014, Rn. 11. 16 Eine schöne Darstellung der richtlinienkonformen Auslegung am Beispiel des § 241a BGB n.F. findet sich bei Köhler, JuS 2014, 865 ff. 10
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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das nicht auf der Umsetzung des EU-Rechts basierende nationale Recht EU-Rechtskonform ausgelegt werden muss.
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich zweier mindestharmonisierender Richtlinien Rechtslage in Deutschland Seit der Schuldrechtsreform sind sowohl Haustürgeschäfte als auch Fernabsatzverträge einschließlich des elektronischen Geschäftsverkehrs in Buch 2 (Recht der Schuldverhältnisse) Abschnitt 3 (Schuldverhältnisse aus Verträgen) Titel 1 (Begründung, Inhalt und Beendigung) Untertitel 2 (Besondere Vertriebsformen) des BGB geregelt.17 Systematisch lässt sich das Zusammenführen der Vorschriften in dieser Untergruppe dadurch erklären, dass sie wegen der besonderen Vertriebssituation und nicht wegen ihres Inhalts gesondert geregelt sind und allesamt auf europäischen Richtlinien beruhen, was bei deren Auslegung besonders zu beachten ist.18 Der europarechtliche Ursprung der Vorschriften wird im amtlichen Hinweis auf die Haustürwiderrufsrichtlinie und die Fernabsatzrichtlinie, sowie die Artikel 10, 11 und 18 der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr im Untertitel 2 klargestellt. Die Legaldefinitionen von Verbraucher und Unternehmer sind in §§ 13, 14 BGB geregelt und beruhen zwar auch gewissermaßen auf den Definitionen europäischer Richtlinien, allerdings weichen sie auch teilweise hiervon ab. Zudem sind sowohl die Ausgestaltung der Widerrufsrechte, als auch deren Rechtsfolgen einheitlich in §§ 355 ff. und in §§ 346 ff. BGB geregelt. Man könnte von einem allgemeinen Teil des Verbraucherrechts im BGB sprechen.19 Rechtslage in Frankreich Das erste Buch des Code de la consommation (im Folgenden Cconsom20) regelt die Information des Verbrauchers und das Zustandekommen der Verbraucherverträge.
17 Alle in Teil 2 genannten Normen des BGB sind im Sinne der alten Fassung vor Umsetzung der VRRL durch das Gesetz zur Umsetzung der VRRL und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. 9. 2013 zu verstehen. 18 Masuch, MüKo, § 312 Rn. 7. 19 So Berger, JURA 2001, 289; siehe auch Schinkels, JZ 2009, 774, der von einem allgemeinen Teil des Verbraucherwiderrufsrechts spricht. 20 Alle in Teil 2 genannten Normen des Cconsom sind im Sinne der alten Fassung vor Umsetzung der VRRL durch die Loi relative à la consommation vom 17. 3. 2014 zu verstehen.
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
In Titel 1 sind die Informations- und Etiquettierungspflichten zu finden und in Titel 2 die reglementierten Vertragsarten, zu denen insbesondere die hier darzustellenden Fernabsatzverträge (Chapitre 1 Section 2) und Haustürgeschäfte (Chapitre 1 Section 3) gehören.
I. Haustürgeschäfte Die sog. Haustürgeschäfte haben zwar den Vorteil für den Verbraucher, dass er vom Unternehmer aufgesucht wird und sich demnach nicht fortbewegen muss, um die Kaufsache oder die Dienstleistung zu erhalten. Allerdings sind Haustürgeschäfte auch mit dem Nachteil behaftet, dass der Verbraucher meist an einem Ort überrascht wird, an dem er nicht mit der Eingehung einer Verbindlichkeit gerechnet hat und somit das Risiko besteht, dass er unüberlegt das Angebot des Unternehmers annimmt. Diese Überrumpelungsgefahr rechtfertigt die Schutzvorschriften zugunsten der Verbraucher.21 Rechtslage in Deutschland Obwohl sich die Problematik der Haustürgeschäfte in Deutschland schon vor dem Haustürwiderrufsgesetz stellte, war der Verbraucher bis dahin nur durch das allgemeine Vertragsrecht, gewerbliche Beschränkungen und das Lauterkeitsrecht geschützt. Nur für den Bereich von Kapitalanlagegesellschaften und Auslandsinvestitionen, die an der Haustür geschlossen wurden, gab es gesetzliche Sonderregelungen.22 Die älteste deutsche umfassende Regelung der Haustürgeschäfte stellte das Haustürwiderrufsgesetz vom 16. 1. 1986 dar. Es nahm die Umsetzung der Haustürwiderrufsrichtlinie 85/577/EWG vorweg, was in der Folgezeit Änderungsmaßnahmen erforderlich machte. Im Rahmen der Schuldrechtsreform wurde das Haustürwiderrufsgesetz in das BGB integriert. Das BGB enthält nur zwei Vorschriften, die Haustürgeschäfte regeln, dies sind § 312 und § 312a BGB. 21
Erwägungsgründe der RL 85/577/EWG: „Verträge, die ausserhalb der Geschäftsräume eines Gewerbetreibenden abgeschlossen werden, sind dadurch gekennzeichnet, daß die Initiative zu den Vertragsverhandlungen in der Regel vom Gewerbetreibenden ausgeht und der Verbraucher auf die Vertragsverhandlungen nicht vorbereitet ist. Letzterer hat häufig keine Möglichkeit, Qualität und Preis des Angebots mit anderen Angeboten zu vergleichen. Dieses Überraschungsmoment gibt es nicht nur bei Haustürgeschäften, sondern auch bei anderen Verträgen, die auf Initiative des Gewerbetreibenden ausserhalb seiner Geschäftsräume abgeschlossen werden. Um dem Verbraucher die Möglichkeit zu geben, die Verpflichtungen aus dem Vertrag noch einmal zu überdenken, sollte ihm das Recht eingeräumt werden, innerhalb von mindestens sieben Tagen vom Vertrag zurückzutreten. Ausserdem ist es geboten, geeignete Maßnahmen zu treffen, um sicherzustellen, daß der Verbraucher schriftlich von seiner Überlegungsfrist unterrichtet ist.“. Siehe auch Bérenger, No. 412; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 53; Grundmann, JZ 2013, 53, 56. 22 Vgl. Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und AuslInvestmG.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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Rechtslage in Frankreich Eines der ersten französischen Verbrauchergesetze war das Gesetz zum Schutz vor Haustürgeschäften aus dem Jahre 1972, das sowohl umfangreiche Pflichtangaben als auch ein Recht des Verbrauchers vorsah, sich innerhalb von sieben Tagen vom Vertrag zu lösen.23 Die europäische Richtlinie von 1985 wurde im Übrigen vom französischen Haustürgesetz inspiriert.24 Umgesetzt wurde die Richtlinie zunächst durch eine Änderung des bestehenden Gesetzes25 und anschließend wurden diese Vorschriften 199326 in die Art. L. 121-21 bis L.121-33 Cconsom integriert. Im Folgenden werden das deutsche und das französische Umsetzungsgesetz der Haustürwiderrufsrichtlinie auf deren Unterschiede im Anwendungsbereich, hinsichtlich der Informationspflichten, sowie hinsichtlich des Widerrufsrechts untersucht. 1. Anwendungsbereich Die Haustürwiderrufsrichtlinie legt sowohl den persönlichen, als auch den sachlichen Anwendungsbereich der Haustürvorschriften fest. a) Persönlicher Anwendungsbereich Der persönliche Anwendungsbereich erfasst einerseits den Verbraucher und andererseits dessen Vertragspartner. aa) Definition des Verbrauchers (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Nach Art. 2 ist Verbraucher „eine natürliche Person, die bei den von dieser Richtlinie erfassten Geschäften zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugeordnet werden kann.“ (2) Rechtslage in Deutschland § 13 BGB definiert den Verbraucher als: „jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.“
23 Gesetz Nr. 72-1137 über Hausbesuche und Haustürgeschäfte, modifiziert durch das Gesetz Nr. 77-574. 24 Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 123, 408. 25 Durch die sukzessiv erlassenen Gesetze Nr. 89-421, 89-1008, 92-60. 26 Durch das Gesetz Nr. 93-949.
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
Im Unterschied zum Richtlinientext werden Arbeitnehmer vom deutschen Verbraucherbegriff erfasst. Nach herrschender Ansicht gilt ein sog. absoluter Verbraucherbegriff, sodass Arbeitnehmer nicht nur bei verbrauchertypischen Geschäften, wie bei Kauf- oder Darlehensverträgen, sondern etwa auch beim Abschluss des Arbeitsvertrags als Verbraucher anzusehen sind.27 Begründet wird dies mit dem Wortlaut und der systematischen Stellung des § 13 im allgemeinen Teil des BGB. Allerdings ergeben sich aus der Einbeziehung des Arbeitnehmers als solchem noch keine materiell-rechtlichen Folgen, da die sachgerechte Anwendung der verbraucherschützenden Normen jeweils bei der konkret anzuwendenden Norm vorzunehmen ist.28 So hat das BAG arbeitsrechtliche Geschäfte, wie eine am Arbeitsplatz geschlossene arbeitsrechtliche Beendigungsvereinbarung aus dem Anwendungsbereich des § 312 BGB ausgenommen, da diese nach der Systematik des Gesetzes und seinem Sinn und Zweck keine Haustürgeschäfte darstellen.29 Bei Doppelnutzungsfällen, also Fällen gemischter Zwecksetzung, wird grundsätzlich darauf abgestellt, welcher Zweck überwiegt.30 Existenzgründer sind grds. Unternehmer.31 Maßgeblich für die Beurteilung ist der Geschäftszweck, d. h. sobald eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt, was nach Ansicht des BGH bereits der Fall ist, wenn die Entscheidung zur Existenzgründung gefallen ist,32 ist auch der Existenzgründer als Unternehmer anzusehen. (3) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-21 Cconsom legt den Anwendungsbereich der Haustürgeschäftsvorschriften fest: der Klient muss eine natürliche Person sein. Der Verbraucher wird nicht ausdrücklich erwähnt. Trotzdem geht die Literatur davon aus, dass es sich um einen Verbrauchervertrag handeln muss.33
27 Grundlegend BAG NJW 2005, 3305 ff.; vgl. zum Streitstand Micklitz, MüKo, § 13 Rn. 46. 28 Vgl. Micklitz, MüKo, § 13 Rn. 47. 29 BAG NJW 2004, 2401. 30 BGH NJW 2009, 3780; Palandt/Ellenberger, § 13 Rn. 4; Wendehorst, NJW 2014, 577; Heinig, MDR 2012, 323, 324; Tonner, VuR 2013, 443, 446; Grundmann, JZ 2013, 53, 55; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 446; handelt der Verbraucher aus seiner privaten Rolle heraus, so wird auch vermutet, dass der private Zweck überwiegt, Micklitz, MüKo, § 13, Rn. 44; vgl. zum Streitstand Staudinger/Kannowski, Neubearbeitung 2014, § 13 Rn. 55 ff. 31 BGH NJW 1994, 2759; BGH NJW 2005, 1273, 1274; siehe auch Palandt/Heinrichs, § 13 Rn. 3. 32 BGH NJW 2008, 435, 436. 33 Raymond, Fasc. 3810 Rn. 32.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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Das französische Recht kennt keine kodifizierte Definition des Verbrauchers und die Vorschriften des Cconsom nehmen teilweise auf den Verbraucher, aber teilweise auch auf den sog. „non-professionnel“ Bezug.34 Somit bleibt es der Rechtsprechung überlassen, den Verbraucherbegriff zu definieren. Zunächst wurde ein enger Verbraucherbegriff vertreten,35 wonach nur derjenige Verbraucher ist, der eine Sache oder Dienstleistung für rein private Zwecke erwirbt. Aus Art. L. 121-22, 48 Cconsom, der Bereichsausnahmen enthält, lässt sich allerdings eine Konkretisierung des Kunden ableiten: Die Haustürvorschriften sind ausgeschlossen, wenn die angebotene Sache oder Dienstleistung direkt mit der beruflichen oder selbständigen Tätigkeit des Klienten verknüpft ist („rapport direct“, al. 4). Demnach sind auch Nicht-Verbraucher geschützt, die für ihre berufliche oder selbständige Tätigkeit den Vertrag schließen, solange eben kein „rapport direct“ besteht, insbesondere also bei branchenfremden Nebengeschäften.36 Die Rechtsprechung hat diese Erweiterung des Verbraucherbegriffs nicht auf Haustürgeschäfte beschränkt.37 Entscheidend scheint die Motivation für den Kauf, ihre „cause“ zu sein, wobei die Rechtsprechung nicht einheitlich ist und teilweise auch auf die Suche nach kommerziellen Vorteilen („recherche de bénéfices“) abgestellt wird.38 So wurde beispielsweise der „rapport direct“ beim Kauf einer Alarmanlage für Gewerberäume39 oder bei Abschluss eines Stromlieferungsvertrags für eine Druckerei verneint, obwohl der Strom Betriebszwecken diente und für den Betrieb unentbehrlich war.40 Dies wurde vom EuGH gebilligt.41 Insgesamt führt die uneinheitliche Auslegung des Kriteriums des „rapport direct“ zu einem Verlust an Rechtssicherheit.
34 Die Unterscheidung hat ihren Ursprung in den verschiedenen Einzelgesetzen, die im Code de la consommation kompiliert wurden, ohne dass der Anwendungsbereich vereinheitlicht worden wäre. Eine erste Legaldefinition des Verbraucher-Kreditnehmers findet sich in Art. L. 311-1 Code de la consommation, wonach derjenige Verbraucher ist, der als natürliche Person einen Kredit außerhalb seiner kaufmännischen oder beruflichen Tätigkeit aufnimmt. Allerdings gilt diese Definition nur im Rahmen von Verbraucherkreditgeschäften. 35 Vgl. Cass. Civ. 1re, 15 avr. 1986, RTD civ. 1987, p. 86; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 12; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 430; Staudinger/ Kannowski, Neubearbeitung 2014, § 13 Rn. 19. 36 Cass. Civ. 1re, 6 janv. 1993, Contrats, conc. conso. 1993, comm. 62, Anm. Raymond. 37 So erstmals Cass. Civ. 1re, 24 janv. 1995, RTD civ. 1995, p. 362; dies ist etwa der Fall, wenn ein Geistlicher für die Kirchengemeinde einen Fotokopierer erwirbt, vgl. Cass. Civ. 1re, 3. 5. 1988, Bull. Civ. I n8 125. 38 Vgl. Raymond, Fasc. 3810 Rn. 39 ff. mit ausführlicher Rechtsprechungsanalyse. 39 Cass. Civ. 1re, 28 avr. 1987, JCP éd G, 1987 II 20893 note Paisant; Cass. Civ. 1re, 25 mai 1992, JCP éd E, 1993 I 383 annexe. 40 Cass. Civ. 1re, 24. janv. 1995, RTD civ. 1995, p. 362. 41 EuGH v. 14. 3. 1991, Rs. C-361/89, Slg. 1991, I-1189 – Strafverfahren gegen Patrice Di Pinto.
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
Die Rechtsprechung bezieht, wie in Deutschland,42 Vereinigungen von natürlichen Personen mit ein. Die französische Rechtsprechung geht allerdings noch weiter und dehnt den Schutzbereich von Verbrauchervorschriften sogar auf juristische Personen des Privatrechts aus.43 Doppelnutzungsfälle stellen wohl kein Verbrauchergeschäft dar,44 wobei die Cour de cassation davon ausgeht, dass der gemischte Zweck nicht schlechthin ein Verbrauchergeschäft ausschließt.45 Auch hier ist wieder auf den „rapport direct“ abzustellen. In einem Urteil wurde die Verbrauchereigenschaft im Rahmen eines Geschäfts abgelehnt, das zu 54 % professionellen Zwecken diente.46 Interessant ist das in diesem Zusammenhang auf Vorlage der Cour d’Appel de Paris ergangene Urteil des EuGH in der Sache di Pinto.47 Die nationale Rechtsprechung hatte einen Gewerbetreibenden, der sein Unternehmen veräußerte, als Verbraucher angesehen, weil es sich hierbei um ein ungewöhnliches Geschäft handele. Nach dem EuGH entsprach eine solche weite Auslegung des Verbraucherbegriffs nicht der Haustürwiderrufsrichtlinie. Da die mindestharmonisierende Richtlinie jedoch einen weitergehenden Schutz zulässt (bzw. die Einbeziehung von Gewerbetreibenden schon nicht zum Anwendungsbereich der Richtlinie gehört), wurde die Weiterentwicklung des französischen Verbraucherbegriffs hiervon wenig beeinflusst.48 Existenzgründer sind grds. Unternehmer, wenn sie als solche auftreten.49 bb) Definition des Vertragspartners (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Nach Art. 1 ist Gewerbetreibender „eine natürliche oder juristische Person, die beim Abschluss des betreffenden Geschäfts im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt, sowie eine Person, die im Namen und für Rechnung des Gewerbetreibenden handelt.“ 42
Eine ausführliche Darstellung ist bei Micklitz, MüKo, § 13, Rn. 15 zu finden. Cass. Civ. 1re, 15 mars 2005, Bull. Civ. I. n8135; anders EuGH v. 14. 6. 2001, der in der Rs. C-541/99 und C-542/99, Slg. 2001, I-9049 – Cape Snc/Idealservice u. a. klargestellt hat, dass Verbraucher i.S.d. Art. 2 b der Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln nur natürliche Personen sein können. 44 CA Grenoble 13. 6. 1991, JCP 1992, II.21819; eine Auseinandersetzung in der Rechtsprechung bemängelnd Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 10. 45 Cass. Civ. 3e, 25 avr. 1984, Bull. Civ. III, n8 91. 46 Cass. Civ. 1re, 18 juill. 2000, Revue critique de droit international privé 2001, 142. 47 EuGH v. 14. 3. 1991, Rs. C-361/89, Slg. 1991, I-1189 – Strafverfahren gegen Di Pinto. 48 Liedtke, Die Umsetzung der Haustürwiderrufs- und der Fernabsatz-Richtlinie in Deutschland und Frankreich, 95. 49 TGI Cahors 15. 9. 1988, Recueil Dalloz 1988, Somm. 488; Cass. Civ. 1re, 10 juill. 2001, RTD civ. 2001.873. 43
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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In der Crailsheimer Volksbank-Entscheidung50 führte der EuGH aus, dass es bei Aushandlung oder Abschluss des Vertrags durch einen eingeschalteten Dritten nicht auf die Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Gewerbetreibenden über die Haustürsituation ankommt. Entscheidend ist vielmehr das objektive Vorliegen einer Haustürsituation. (2) Rechtslage in Deutschland § 14 I BGB legt den Unternehmerbegriff fest: „Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt.“
Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich.51 Der Unternehmer muss auch nicht notwendigerweise der anbietende Vertragspartner sein.52 Im Rahmen eines Vertretergeschäfts wird auf den Vertretenen abgestellt,53 da eine Umgehung der Schutzvorschriften sonst zu einfach durch Einsetzung eines Angestellten möglich wäre. (3) Rechtslage in Frankreich In Frankreich ist der Vertragspartner nach Art. L. 121-21 Cconsom jeder, der in der Haustürsituation auftritt, oder die dahinter stehende natürliche oder juristische Person bzw. Personengesellschaft, selbst wenn letztere nicht materiell am Haustürgeschäft mitgewirkt hat.54 Wegen des Fehlens einschränkender Voraussetzungen, kann der Vertragspartner nach dem Wortlaut der Vorschrift auch eine Privatperson sein.55 b) Sachlicher Anwendungsbereich aa) Definition des Haustürgeschäfts (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Art. 1: „Verträge, die zwischen einem Gewerbetreibenden, der Waren liefert oder Dienstleistungen erbringt, und einem Verbraucher geschlossen werden: 50
EuGH v. 25. 10. 2005, Rs. C-229/04, Slg. 2005, I-9273 – Crailsheimer Volksbank. BGH Urteil vom 29. 3. 2006, Az. VIII ZR 173/05. 52 BT-Drucks. 10/2678, S. 11; siehe auch Masuch, MüKo, § 312 Rn. 32. 53 Dies ergibt sich aus der bindenden Auslegung des EuGH, EuGH v. 25. 10. 2005, Rs. C-229/04, Slg. 2005, I-9273 – Crailsheimer Volksbank; vgl. auch BGH NJW 2005, 664; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 38. 54 Cass. Crim. 29 oct. 1985, Bull. crim. n8 854. 55 Cass. Crim. 19 nov. 1990, Proit penal 1991, comm. 82; Raymond, Fasc. 3810, Rn. 33. 51
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL –
während eines vom Gewerbetreibenden ausserhalb von dessen Geschäftsräumen organisierten Ausflugs, oder
–
anläßlich eines Besuchs des Gewerbetreibenden i) beim Verbraucher in seiner oder in der Wohnung eines anderen Verbrauchers, ii) beim Verbraucher an seinem Arbeitsplatz, sofern der Besuch nicht auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers erfolgt.
(2) Diese Richtlinie gilt auch für Verträge über andere Warenlieferungen oder Dienstleistungen als diejenigen, für die der Verbraucher den Gewerbetreibenden um einen Besuch gebeten hat, sofern der Verbraucher zum Zeitpunkt seiner Bitte nicht gewusst hat oder aus vertretbaren Gründen nicht wissen konnte, daß die Lieferung bzw. Erbringung dieser anderen Ware oder Dienstleistung zu den gewerblichen oder beruflichen Tätigkeiten des Gewerbetreibenden gehört. (3) Diese Richtlinie gilt auch für Verträge, bei denen der Verbraucher unter ähnlichen wie in Absatz 1 oder Absatz 2 genannten Bedingungen ein Angebot gemacht hat, obwohl der Verbraucher durch sein Angebot vor dessen Annahme durch den Gewerbetreibenden nicht gebunden war. (4) Diese Richtlinie gilt auch für vertragliche Angebote, die ein Verbraucher unter ähnlichen wie in Absatz 1 oder Absatz 2 genannten Bedingungen macht, sofern der Verbraucher durch sein Angebot gebunden ist.“
Der EuGH hat eine Vielzahl von Entscheidungen zur Auslegung der Richtlinie getroffen. Folgende Urteile des EuGH sind besonders relevant: Auf Vorlage des BGH entschied der EuGH in seinem Dietzinger-Urteil,56 dass eine haustürinitiierte Verbraucherbürgschaft ebenfalls unter die Haustürvorschriften fällt. Der EuGH hatte auch über die Anwendbarkeit der Haustürrichtlinie auf Verbraucherkreditverträge zu befinden. In der Heininger-Entscheidung57 wurde klargestellt, dass trotz der Subsidiaritätsregelung in § 312a BGB (damals § 5 II HaustürWG) auch Verbraucherkredite in den Anwendungsbereich fallen. In der Hamilton-Entscheidung58 bestätigte der EuGH die Rechtsprechung des BGH, wonach der Beitritt zu einer Fondsgesellschaft unter die Haustürwiderrufsrichtlinie fällt, solange der Beitritt in erster Linie zu Kapitalanlagezwecken erfolgt und nicht, um Mitglied der Gesellschaft zu werden. Auch die Anwendung der Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft verstößt nach Ansicht des EuGH nicht gegen die Richtlinie, da über deren Anwendung ein angemessener Interessenausgleich stattfindet.
56 EuGH v. 17. 3. 1998, Rs. C-45/96, Slg. 1998, I-1199 – Bayerische Hypotheken- und Wechselbank/Dietzingen. 57 EuGH v. 13. 12. 2001, Rs. C-481/99, Slg.2001, I-9945 – Heininger. 58 EuGH v. 10. 4. 2008, Rs. C-412/06, Slg. 2008, I-2383 – Hamilton.
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Der EuGH vertritt eine strikte Auffassung und behandelt nur solche Geschäfte als Haustürgeschäfte, die an einem anderen Ort als den Verkaufsstätten geschlossen werden.59 (2) Rechtslage in Deutschland § 312 I BGB definiert das Haustürgeschäft als „Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, der eine entgeltliche Leistung zum Gegenstand hat und zu dessen Abschluss der Verbraucher 1. durch mündliche Verhandlungen an seinem Arbeitsplatz oder im Bereich einer Privatwohnung, 2. anlässlich einer vom Unternehmer oder von einem Dritten zumindest auch im Interesse des Unternehmers durchgeführten Freizeitveranstaltung oder 3. im Anschluss an ein überraschendes Ansprechen in Verkehrsmitteln oder im Bereich öffentlich zugänglicher Verkehrsflächen bestimmt worden ist.“
(a) Vertragsart Da § 312 I BGB einen entgeltlichen Vertrag voraussetzt, kommen grundsätzlich nur gegenseitige Verträge oder Austauschverträge in Betracht. Aus einer richtlinienkonformen Auslegung ergibt sich jedoch, dass auch einseitig den Verbraucher verpflichtende Verträge unter die Regelung fallen.60 So beispielsweise die Bürgschaft: Der BGH61 bejahte die Anwendbarkeit im Anschluss an das EuGH-Urteil62. Allerdings verlangt der EuGH, anders als der BGH,63 dass auch der zu sichernde Vertrag ein Verbrauchervertrag ist (d. h. dass der Hauptschuldner ebenfalls Verbraucher ist), der in einer Haustürsituation abgeschlossen wurde. Da die HaustürW-RL nur einen Mindestschutz vorgibt und in Art. 8 weiteren Spielraum lässt, ist die Auslegung des BGH nicht europarechtswidrig. Auch die Vollmachterteilung zählt zu den Haustürgeschäften. Bei Widerruf entfällt nach herrschender Ansicht64 die Vollmacht rückwirkend und somit entfällt auch die Bindung des Verbrauchers an den durch den Vertreter geschlossenen Vertrag.
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EuGH v. 22. 04. 1999, Rs. C-423/97, Slg. 1999, I-2195, Travel Vac. BGH NJW 1993, 1594, 1595. 61 BGH NJW 1998, 2356. 62 EuGH v. 17. 3. 1998, Rs. C-45/96, Slg. 1998, I-1199 – Bayerische Hypotheken- und Wechselbank AG/Dietzinger. 63 BGH NJW 2006, 845, 847. 64 Hoffmann, ZIP 1999, 1587, 1588; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 35; vom BGH NJW 2000, 2268 offengelassen. 60
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
(b) Verhandlungssituation Entscheidend ist immer die entsprechende Verhandlungssituation und nicht der Ort, an dem letzten Endes der Vertrag abgeschlossen wird.65 Erforderlich ist die Kausalität zwischen der Haustürsituation und der auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung des Verbrauchers.66 Ausreichend ist, dass ohne die Haustürsituation die Willenserklärung nicht oder nicht genauso abgegeben worden wäre.67 Die Beweislast trifft den Verbraucher, jedoch ist nach allgemeiner Lebenserfahrung in den Fällen des § 312 I 1 Nr. 1 – 3 BGB die Kausalität regelmäßig zu bejahen.68 Unter die Begriffe des Arbeitsplatzes und des Bereichs der Privatwohnung in Nr. 1 fallen die berufliche Sphäre des Verbrauchers69 bzw. jede Privatwohnung, nicht notwendigerweise seine eigene.70 Partyveranstaltungen (insbesondere Tupperparties) werden ebenfalls von der Nr. 1 erfasst.71 Eine teleologische Reduktion ist nach herrschender Ansicht für solche Geschäfte vorzunehmen, die kraft Natur der Sache am Arbeitsplatz oder in einer Privatwohnung abgeschlossen werden, bzw. wenn eine entsprechende Verpflichtung des Verbrauchers zum Vertragsschluss besteht. Hierunter fallen beispielsweise Verträge, die am Arbeitsplatz mit dem Arbeitgeber geschlossen werden und sich auf das Arbeitsverhältnis beziehen.72 Freizeitveranstaltungen im Sinne der Nr. 2 betreffen die typischen „Kaffeefahrten“, bei denen Verbraucher durch günstige Freizeitangebote, z. B. zur Besichtigung von Sehenswürdigkeiten, an Orte gelockt werden, an denen sie dann auf Werbe- oder Verkaufsveranstaltungen des Unternehmers treffen.73 Aber auch Verkaufsveranstaltungen an hierfür nicht vorgesehenen Orten wie in Theatern oder Sportveranstaltungen fallen darunter. Erforderlich ist aber, dass die Verkaufs- oder Werbeaktivität keine nur untergeordnete Rolle spielt und eine Verbindung zwischen Freizeitund Verkaufsveranstaltung besteht.74 Verkaufsmessen, die der Verbraucher hauptsächlich aufgrund der dort verkauften Waren besucht, fallen, anders als Jahrmärkte, nicht in den Anwendungsbereich des § 312 I 1 Nr. 2 BGB.75
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BGH NJW 2009, 431; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 43. BGH ZIP 2010, 16, 17; Grigoleit, NJW 2002, 1151. 67 BGH NJW 1996, 926; BGH NJW 2006, 497. 68 BGH ZIP 2010, 16, 17 im Hinblick auf § 312 I 1 Nr. 1; siehe auch Masuch, MüKo, § 312 Rn. 40. 69 OLG Hamm NJW-RR 1993, 1532; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 47. 70 BT-Drucks. 10/2876 S. 11. 71 BT-Drucks. 10/2876 S. 11. 72 BAG NJW 2004, 2401, 2403. 73 BGH NJW 2004, 362, 363. 74 BGH NJW 1992, 2889, 2890; siehe auch Masuch, MüKo, § 312 Rn. 52 f. 75 BGH WM 2002, 1847, 1850. 66
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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Die in Nr. 3 einbezogenen Verkehrsmittel und Verkehrsflächen bezeichnen alle nicht zum Individualverkehr gehörenden Personenverkehrsmittel. Unter Verkehrsflächen sind Straßen und öffentlich zugängliche Plätze zu verstehen.76 Hinzukommen muss nach ausdrücklichem Gesetzeswortlaut das überraschende Ansprechen des Verbrauchers durch den Unternehmer. Telefonshopping fällt nicht in den Anwendungsbereich des § 312 BGB, sondern in den der Fernabsatzverträge.77 Sollte der Vertrag allerdings erst nach einem Haustürkontakt telefonisch abgeschlossen werden, so muss eine Abgrenzung zwischen den Haustür- und Fernabsatzvorschriften danach erfolgen, ob der Kontakt an der Haustüre schon wesentlich für den Vertragsschluss war oder nicht.78 Gemäß § 312i BGB darf zuungunsten des Verbrauchers nicht von § 312 BGB abgewichen werden und der Schutz findet auch auf Umgehungsgeschäfte Anwendung. Das heißt, dass Verhandlungssituationen, in denen die Überrumpelungsgefahr für den Verbraucher mit der in den in § 312 I 1 Nr. 1 – 3 BGB erläuterten Situationen vergleichbar ist, durch eine Analogie ebenfalls in den Anwendungsbereich des § 312 BGB fallen. Eine Umgehungsabsicht des Unternehmers ist hierfür nicht erforderlich.79 (3) Rechtslage in Frankreich Nach Art. L. 121-21 Cconsom muss sich der „démarcheur“ an den Wohnsitz oder den Arbeitsplatz des Verbrauchers oder an einen anderen Ort begeben, der nicht zur Kommerzialisierung bestimmt ist. (a) Vertragsart Die in Art. L. 121-21 Cconsom enthaltene Aufzählung von Verträgen, die in den Anwendungsbereich fallen, ist de facto nicht als abschließend anzusehen, denn die Cour de cassation hat beispielsweise den Mandatsvertrag („mandat“) ebenfalls miteinbezogen, in dem sie diesen unter den Begriff der Dienstleistung („fourniture d’un service“) subsumiert hat.80 Die extensive Auslegung des Anwendungsbereichs durch die Rechtsprechung zeigt sich auch darin, dass auch auf Verträge, in denen der Verbraucher die Rolle des Verkäufers oder Dienstleisters innehat, die Schutzvorschriften anwendbar sind.81 In Frankreich hat sich, anders als in Deutschland, die Frage der Einbeziehung der Bürgschaft in den Anwendungsbereich der Haustürgeschäfte nicht gestellt, da anders 76
BT-Drucks. 10/2876 S. 11. BGH NJW 1996, 929. 78 BGH NJW 2004, 3699; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 69. 79 BGH NJW 2006, 845; siehe auch Masuch, MüKo, § 312 Rn. 59. 80 Cass. Crim., 12 mars 1984, D. 1985.J.1; siehe auch Cass. Crim. 30 oct. 1996, Bull. Crim. 1996, n8 386. 81 Cass. Civ. 1re, 30 mars 2005, D. 2005.AJ.1081. 77
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als in § 312 I BGB, in Art. L. 121-21 Cconsom auf den durch den Unternehmer verfolgten Zweck und nicht auf die Art des Geschäfts abgestellt wird. Nach der französischen Regelung fallen Bürgschaften also problemlos in den Anwendungsbereich.82 Ob der Hauptschuldner ebenfalls Verbraucher sein muss, wurde in Frankreich noch nicht von der Rechtsprechung geklärt. Da der Bürge jedoch ausdrücklich in den Schutzbereich der Verbraucherkreditregelungen fällt (so Art. L. 311-2 Cconsom), scheint dieser, selbst bei Anwendung der engen Auslegung des EuGH, ausreichend geschützt zu sein. Dem Wortlaut nach fallen alle Geschäfte, die im Hinblick auf („en vue de“) einen Kauf- oder Dienstleistungsvertrag geschlossen werden unter Art. L. 121-21 ff. Cconsom. Somit sind Verbraucherkredite zum Zwecke der Finanzierung eines Kaufs vom Anwendungsbereich umfasst.83 Vor der Reform durch das Gesetz vom 23. Juni 1989 war umstritten, ob auch Immobilienkäufe darunter fallen.84 Die Richtlinie schließt diese in Art. 5 ausdrücklich aus. Mit der Gesetzesänderung und Erweiterung des ursprünglichen Begriffs „marchandises“ zu „biens“ sind Verträge in Bezug auf Immobilien nach umstrittener Ansicht mit einzubeziehen.85 (b) Verhandlungssituation Nach Ansicht der Cour de cassation sind Märkte und Messen zur Kommerzialisierung von Sachen und Dienstleistungen bestimmt und fallen somit nicht in den Anwendungsbereich.86 Erfasst werden allerdings organisierte „Kaffeefahrten“ und Besuche bei Dritten zum Zwecke der Vermittlung eines Kauf- oder DienstleistungsVertrags.87 An welchem Ort der Vertrag schließlich unterschrieben wird, ist für die Anwendbarkeit der Art. L. 121-21 ff. Cconsom irrelevant.88 Art. L. 121-21 Cconsom erfasst seinem Wortlaut nach auch solche Haustürgeschäfte, die nach einer vorherigen Bestellung des Unternehmers durch den Verbraucher zustande kommen. In diesem Sinne hatte die Cour de cassation schon vor Einführung der Vorschrift entschieden.89 Allerdings hat die Rechtsprechung hierzu Einschränkungen entwickelt: Während die Haustürvorschriften in Fällen von vom 82
Babusiaux, Richtlinienkonforme Auslegung, 11, 107. Vgl. Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 56; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 407. 84 Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 56. 85 Cass. Civ. 1re, 3 juill. 2008, D. 2008, p. 1991; vgl. auch Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 56; dagegen Raymond, Droit de la consommation, p. 189. 86 Cass. Civ. 1re, 10 juill. 1995, D. 1995.IR.101. 87 Cass. Civ. 1re, 9 juill. 2003, D. aff.2003, AJ.2239, hinsichtlich eines Haustürgeschäfts, das im Haus des Halbbruders des Verbrauchers geschlossen wurde. 88 CA Paris, 9e ch., 25 janv. 1988 (JurisData n81988-021093). 89 Cass. Crim. 26 févr. 1979 (D. 1979.IR.181); Civ. 1re, 30 mars 1994 (D. 1994.IR.108). 83
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Unternehmer provozierten Einladungen Anwendung finden,90 gilt dies nicht für die Fälle, in denen der Unternehmer zum Zwecke eines konkreten Vertragsschlusses vom Verbraucher zu sich gebeten wurde.91 Sollte der Unternehmer anlässlich eines konkreten Vertragsschlusses jedoch zusätzliche Leistungen an den Verbraucher erbringen, so sind die Schutzvorschriften der Haustürgeschäfte anwendbar.92 Die Rechtsprechung stellt also darauf ab, ob die Vertragsofferte vom Verbraucher oder vom Unternehmer ausgeht.93 Die Angebote über das Telefon fallen gemäß Art. L. 121-27 Cconsom unter die Fernabsatzvorschriften. Allerdings wendet die Rechtsprechung die Haustürvorschriften an, wenn der Verbraucher unter dem Vorwand der Abholung eines Geschenks über das Telefon in den Laden gelockt wird94 oder die telefonisch angebotene Sache oder Dienstleistung geliefert wird, ohne dass vorher eine schriftliche Bestellung durch den Verbraucher erfolgt.95 Hier wird der Schutzbereich also durch die französische Rechtsprechung ausgedehnt, sieht der EuGH doch nur solche Geschäfte als Haustürgeschäfte an, die an einem anderen Ort als den Verkaufsstätten geschlossen werden (siehe oben). bb) Ausschlüsse (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Art. 3 I: „Die Mitgliedstaaten können entscheiden, daß diese Richtlinie nur auf Verträge angewandt wird, bei denen der vom Verbraucher zu zahlende Gegenwert über eine bestimmte Höhe hinausgeht. Dieser Betrag darf 60 ECU nicht übersteigen.“ Art. 3 II: „Diese Richtlinie gilt nicht für a) Verträge über den Bau, den Verkauf und die Miete von Immobilien sowie Verträge über andere Rechte an Immobilien; Verträge über die Lieferung von Waren und über ihre Einfügung in vorhandene Immobilien oder Verträge über die Reparatur bestehender Immobilien werden von dieser Richtlinie erfasst. b) Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln oder Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die von ambulanten Einzelhändlern in kurzen Zeitabständen und regelmässig geliefert werden; 90 Cass. Crim. 4 janv. 1982, D. inf. Rap. 1982, p. 163; Cass. Crim. 26 sept. 2006, JurisData n82006-035391; Cass. Civ. 1re, 3 juill. 2008, contrats, conc. Consom. 2008, comm. 283. 91 CA Bordeaux, 26 janv. 1993, Contats, conc., cons., 1993, comm. 226. 92 Cass. Civ. 1re, 3 mars 1993, Contrats, conc., consom. 1993, comm. 101. 93 Raymond, Fasc. 3810, Rn. 19. 94 Cass. Crim. 10 janv. 1996 Bull. crim. 1996, n812; Crim. 26 oct. 1999, JCP, éd. E., 2000.804; Cass. Crim. 4 oct. 2005, D. 2005, p. 2941. 95 Cass. Crim. 12 oct. 1999, RTD com. 2000.480.
70
Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL c) Verträge über die Lieferung von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen, vorausgesetzt, daß die drei folgenden Bedingungen erfuellt sind: i) Der Vertrag wird anhand eines Katalogs eines Gewerbetreibenden geschlossen, den der Verbraucher in Abwesenheit des Vertreters des Gewerbetreibenden eingehend zur Kenntnis nehmen konnte; ii) es wird vorgesehen, daß zwischen dem Vertreter des Gewerbetreibenden und dem Verbraucher im Zusammenhang mit diesem oder einem anderen, später abzuschließenden Geschäft eine ständige Verbindung aufrechterhalten wird; iii) der Katalog und der Vertrag weisen den Verbraucher deutlich auf das Recht hin, dem Lieferer die Waren mindestens binnen sieben Tagen nach Erhalt zurückzusenden oder innerhalb dieser Frist vom Vertrag zurückzutreten, ohne daß ihm dadurch ausser der Verpflichtung, die Waren angemessen zu behandeln, irgendwelche Verpflichtungen entstehen; d) Versicherungsverträge; e) Verträge über Wertpapiere.“ Art. 3 III: „Die Mitgliedstaaten haben abweichend von Artikel 1 Absatz 2 die Möglichkeit, diese Richtlinie nicht auf Verträge über Warenlieferungen oder Dienstleistungen anzuwenden, die unmittelbar mit der Ware oder der Dienstleistung in Verbindung stehen, für die der Verbraucher den Gewerbetreibenden um einen Besuch gebeten hat.“
(2) Rechtslage in Deutschland § 312 III BGB: „Das Widerrufs- oder Rückgaberecht besteht unbeschadet anderer Vorschriften nicht für Versicherungsverträge und wenn: 1. im Falle von Absatz 1 Nr. 1 die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Abschluss des Vertrags beruht, auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden sind oder 2. die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das Entgelt 40 Euro nicht übersteigt oder 3. die Willenserklärung des Verbrauchers von einem Notar beurkundet worden ist.“
Die wichtigste Ausnahme in Nr. 1 bezieht sich ausschließlich auf Haustürgeschäfte i.S.d. § 312 I 1 Nr. 1 BGB. Der Verbraucher muss den Unternehmer zu Vertragsverhandlungen bzw. zur Beratung zu sich bestellt haben.96 Nr. 2 soll Bagatellfälle ausschließen. Nr. 3 trägt der Tatsache Rechnung, dass dem Verbraucher trotz der besonderen Verhandlungssituation meist genügend Zeit bleibt, den Vertragsschluss zu überdenken, bis seine Erklärung notariell beurkundet wird und dass dieser aufgrund der notariellen Belehrungspflichten bereits ausreichend geschützt ist. Diese Vorschrift geht über Art. 3 II a) der Richtlinie hinaus, da keine Begrenzung auf Immobilienverträge vorgesehen ist. Einer richtlinienkonformen Reduktion, wie sie teilweise 96
BT-Drucks. 10/2876, S. 12; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 107 ff.
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gefordert wird,97 steht der eindeutige Wortlaut der Vorschrift entgegen.98 Zwar hat die nationale Rechtsprechung aufgrund der Pflicht zur richtlinienkonformen Rechtsgewinnung, wie sie aus Art. 10, 249 III EG resultiert, „alles (zu) tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten“.99 Dazu gehört auch die richtlinienkonforme Reduktion.100 Grenze der richterlichen Rechtsfortbildung ist „der aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit unverzichtbare Grundsatz der Gesetzesbindung der Rechtsprechung“101 und das Verbot der Auslegung des nationalen Rechts contra legem.102 Eine Verletzung der Gesetzesbindung aus Art. 20 III GG liegt jedoch nicht bereits in jeder Auslegung, die nicht im Gesetzeswortlaut angelegt ist. Dazukommen muss eine Abänderung der deutlich erkennbaren oder ausdrücklichen gesetzlichen Entscheidung.103 Vorliegend war aufgrund des eindeutig im Wortlaut des § 312 III Nr. 3 BGB angelegten Gesetzgeberwillens, der einen ausnahmslosen Ausschluss notariell beurkundeter Verträge beinhaltet, kein Raum für eine richtlinienkonforme Reduktion. Allerdings ist nichtsdestotrotz eine Richtlinienwidrigkeit nicht anzunehmen, da Situationen, in denen der Verbraucher eine Willenserklärung nicht innerhalb der Haustürsituation, sondern bei einem Notar abgibt, nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie erfasst sind.104 (3) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-22 Cconsom enthält Bereichsausnahmen für spezialgesetzlich geregelte Haustürgeschäfte; für Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln oder Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die von ambulanten Einzelhändlern in kurzen Zeitabständen und regelmäßig geliefert werden und deren Verkaufsstelle sich in unmittelbarer Nähe befindet; für den Verkauf, die Vermietung oder den Mietkauf von Waren oder Dienstleistungen, wenn sie eine direkte Verbindung mit den als Teil eines Bauernhofs, Industrie, Handel, Handwerk oder jedem anderen Beruf durchgeführten Aktivitäten haben. In Absatz 2 des Art. L. 121-26 Cconsom findet sich eine Ausnahme vom Widerrufsrecht für Verträge über Tageszeitungen und Zeitschriftenabonnements.
97 98
354. 99
Vgl. OLG Stuttgart, WM 1999, 1586, 1589; Hoffmann, ZIP 1999, 1586, 1589. So BGH NJW 2003, 2319; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 119; Habersack, ZIP 2001, 353,
EuGH v. 7. 9. 2006, Rs. C-53/04, Slg. 2006, I-7213 – Morrosu und Sardino. EuGH, EuZW 2004, 692. 101 BVerfG, NJW 2012, 669, 670; vgl. auch Herresthal, EuZW 2007, 396, 399 f. 102 EuGH v. 4. 7. 2006, Rs. C-212/04, Slg. 2006, I-6091 – Adeneler. 103 BVerfG, NJW 2012, 669, 671 f. 104 BGH NJW 2003, 2319; Benedict, AcP 206 (2006), 56, 72 ff.; vgl. auch Masuch, MüKo, § 312 Rn. 119. 100
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c) Schlussfolgerung hinsichtlich des Anwendungsbereichs Bereits der persönliche Anwendungsbereich der Haustürvorschriften zeigt einige Divergenzen zwischen Deutschland und Frankreich sowie im Vergleich zur Richtlinie auf. Bemerkenswert ist das Fehlen einer kodifizierten Definition des Verbrauchers im französischen Recht. In Deutschland sind §§ 13, 14 BGB wiederum als Synthese der Verbraucher- und Unternehmerbegriffe der uneinheitlichen Richtlinien gedacht.105 Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich sind Arbeitnehmer vom Verbraucherbegriff erfasst. In Deutschland wird dies durch die Einführung des Begriffs „selbständige berufliche Tätigkeit“ in § 13 BGB deutlich. In Frankreich ergibt sich dies aus dem Kriterium des „lien direct“, wonach also auch Arbeitnehmer Verbraucher sein können, wenn das Haustürgeschäft nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit ihrer beruflichen Tätigkeit liegt. Anders ist dies in der Richtlinie vorgesehen, die den Zusatz der „selbständigen“ Tätigkeit nicht vorsieht. Eine weitere Erweiterung des Verbraucherbegriffs liegt in der Einbeziehung mancher Vereinigungen von natürlichen Personen durch die Rechtsprechung in Frankreich. Dies ist in Deutschland, wie auch in der Richtlinie ausgeschlossen, da nur natürliche Personen die Verbrauchereigenschaft besitzen können. Zwar ist auch der Unternehmer im französischen Recht nicht kodifiziert, allerdings sind im Ergebnis keine Abweichungen zum deutschen Unternehmerbegriff ersichtlich. Sowohl die Richtlinienvorschrift als auch die deutsche Umsetzungsvorschrift und die französische Rechtsprechung lassen es genügen, wenn der Vertretene bzw. die hinter der handelnden Person stehende Person die Unternehmereigenschaft innehat. Insgesamt ist der französische Verbraucherbegriff durch die restriktive Bejahung des „rapport direct“ in der französischen Rechtsprechung weiter als der deutsche. Allerdings ist die Rechtslage wegen unterschiedlicher Auslegung durch die Gerichte ziemlich unklar. Hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs tun sich weitere Unterschiede auf. In Deutschland wird der Anwendungsbereich dahingehend erweitert, dass das Herantreten des Unternehmers an den Verbraucher in einem Transportmittel oder an einem öffentlichen Platz eine Haustürsituation begründet. Auch ist der Begriff der Freizeitveranstaltung weiter als der des organisierten Ausflugs in der Richtlinie. Die französische Umsetzung geht noch weiter und erfasst alle Geschäfte, die nicht im Geschäftsraum des Gewerbetreibenden geschlossen wurden. u. U. sogar solche, die in Geschäftsräumen geschlossen wurden, wenn der Verbraucher unter einem
105
Siehe hierzu bereits Teil 1, A. I.; vgl. auch Purnhagen, ZRP 2012, 36, 36.
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Vorwand telefonisch zum Unternehmer gelockt wurde (siehe oben im Zusammenhang mit Art. L. 121-27 Cconsom). In Deutschland zählen auch solche Verträge zu Haustürgeschäften, die in Geschäftsräumen geschlossen wurden, soweit der Verbraucher vorher durch eine Haustürsituation zum Vertragsschluss gebracht wurde. Diese Ausweitungen sind von der Mindestharmonisierung gedeckt. Art. 1 III, IV der Richtlinie bezieht sogar ausdrücklich auch ähnliche Situationen mit ein. Anders als in Deutschland, und dies scheint einer der praxisrelevantesten Unterschiede zu sein, erfasst Art. L. 121-21 Cconsom seinem Wortlaut nach auch solche Haustürgeschäfte, die nach einer vorherigen Bestellung des Unternehmers durch den Verbraucher zustande kommen. Die französische Rechtsprechung stellt allerdings vermehrt auf die Umstände des Vertragsschlusses ab, wodurch ähnliche Ergebnisse wie in Deutschland erzielt werden. Auch der Ausschluss der Verträge, deren Leistung sofort erbracht wird und deren Entgelt 40 E nicht übersteigt, ist in Frankreich nicht umgesetzt worden. Dafür enthält Art. L. 121-22 Cconsom einige Bereichsausnahmen, die im deutschen Recht keinen Niederschlag gefunden haben. Insgesamt bleibt festzustellen, dass der französische Anwendungsbereich weiter ist, als der deutsche. 2. Informationspflichten Das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Verbrauchern und Unternehmern hängt in hohem Maße mit dem Informationsdefizit des Verbrauchers zusammen: Der Unternehmer kennt seine Produkte und Dienstleistungen, wohingegen der Verbraucher oft nicht in der Lage ist, die Produkte und Dienstleistungen richtig zu bewerten oder zu vergleichen. Dementsprechend sind die Informationspflichten zu einem der wichtigsten Schutzmechanismen im Verbraucherrecht geworden. Gleichzeitig sorgen die Informationspflichten der Unternehmer für mehr Transparenz im Markt und favorisieren den Wettbewerb; je besser der Verbraucher informiert ist, desto besser kann er Produkte und Dienstleitungen vergleichen und ein angemessenes Preis-Leitungs-Verhältnis ermitteln.106 a) Informationspflichten: Schriftliche Widerrufsbelehrung aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Die Richtlinie enthält keine Informationspflichten außer einer Pflicht zur Widerrufsbelehrung in Art. 4: 106 Siehe hierzu bereits Einleitung; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 53; vgl. aber auch Kritik an Überflutung mit Information in Teil 1, C. II. 2. a).
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL „Der Gewerbetreibende hat den Verbraucher bei Geschäften im Sinne des Artikels 1 schriftlich über sein Widerrufsrecht innerhalb der in Artikel 5 festgelegten Fristen zu belehren und dabei den Namen und die Anschrift einer Person anzugeben, der gegenüber das Widerrufsrecht ausgeuebt werden kann. Diese Belehrung ist zu datieren und hat Angaben zu enthalten, die eine Identifizierung des Vertrags ermöglichen. […]“
Die Frage, ob zusätzliche Informationspflichten schon nicht in den Gegenstandsbereich der Richtlinie fallen und aufgrund dessen erlaubt sind oder ob sich deren Zulässigkeit aus der Mindestharmonisierungsklausel in Art. 8 ergibt, braucht nicht entschieden zu werden, da keine Zweifel daran bestehen, dass die Mitgliedstaaten dem Unternehmer zusätzliche Informationspflichten auferlegen dürfen. bb) Rechtslage in Deutschland Gemäß § 312 II BGB muss der Unternehmer den Verbraucher gemäß § 360 über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht und die Rechtsfolgen des § 357 I und III belehren, es sei denn, diese können nicht eintreten. § 360 BGB enthält in Absatz 1 Vorgaben für die Widerrufsbelehrung und in Absatz 2 für die Rückgabebelehrung. Beide müssen deutlich gestaltet sein und dem Verbraucher entsprechend den Erfordernissen des eingesetzten Kommunikationsmittels seine wesentlichen Rechte deutlich machen. In Absatz 3 wird darauf hingewiesen, dass die Verwendung der Belehrungsmuster in Anlage 1 und 2 des EGBGB in jedem Fall den Anforderungen des § 360 BGB genügt. Bei der Belehrung handelt es sich um eine echte Rechtspflicht, deren Verletzung zu Schadensersatzansprüchen des Verbrauchers nach § 280 I BGB führen kann (hierzu unten). cc) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-23 78 Cconsom regelt die Widerrufsbelehrung: diese muss schriftlich inklusive der Wiedergabe des kompletten Gesetzestextes der Art. L 121-23 bis 12126 erfolgen. Gemäß Art. L. 121-24 Cconsom muss dem Vertrag ein abtrennbares Widerrufsformular beigelegt sein, um dem Verbraucher den Widerruf zu erleichtern; näheres regelt der ausführende Teil des Cconsom.107 Die Informationspflichten aus dem Cconsom gehen allerdings weit über die Anforderungen der Richtlinie hinaus. Das französische Recht kennt sowohl allgemeine Informationspflichten, die unabhängig von der konkreten Art des Verbrauchervertrags gelten, sowie spezielle Informationspflichten für Haustür- und Fernabsatzgeschäfte, die aus europäischen Richtlinien stammen. 107
Vgl. Art. R. 121-3 et s.
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(1) Allgemeine Informationspflichten des Cconsom Hier sollen kurz die allgemeinen Informationspflichten aus dem Cconsom dargestellt werden. (a) Art. L. 111-1 Cconsom: Informationspflichten des Verkäufers Gemäß Art. L. 111-1 Cconsom muss der Unternehmer-Verkäufer dem Verbraucher die essentiellen Eigenschaften der Kaufsache vor dem Vertragsschluss mitteilen. Diese Vorschrift nimmt die von der Rechtsprechung entwickelte allgemeine Informationspflicht wieder auf und führt alleine zu keiner Ausweitung dieser Pflicht. Allerdings muss Art. L. 111-1 Cconsom im Zusammenhang mit Art. L. 213-1 Cconsom gesehen werden, der eine Täuschung über die Charakteristika des Produkts unter Strafe stellt.108 Auch erlaubt Art. L. 214-1 Cconsom dem Conseil d’Etat eine Konkretisierung des Art. L. 213-1 Cconsom in Form von Dekreten vorzunehmen.109 Insofern konkretisieren diese Dekrete auch die Informationspflicht aus Art. L. 111-1 Cconsom. Die Verletzung der Dekrete führt zu strafrechtlichen Sanktionen und über Art. 6 Code civil zur Nichtigkeit des Vertrags.110 Zudem kann ein vertraglicher Schadensersatzanspruch in Betracht kommen.111 Nach Absatz 2 des Art. L. 111-1 Cconsom hat der Zulieferer oder Importeur den Verkäufer und dieser dann wiederum den Verbraucher über den Zeitraum zu informieren, in dem die für die Nutzung der Sache notwendigen Teile verfügbar sind. Absatz 3 des Art. L. 111-1 Cconsom bürdet die Beweislast für die Erfüllung der Informationspflichten dem Verkäufer auf. (b) Art. L. 111-2 Cconsom: Informationspflichten des Dienstleisters Gemäß Art. L. 111-2 Code de la consommation muss der Unternehmer-Dienstleister den Verbraucher über die essentiellen Charakteristika der Dienstleistung in Kenntnis setzen. Nach Absatz 2 trifft den Unternehmer die Pflicht, weitere Informationen, wie Geschäftsadresse, Handelsregistereintragungsnummer, AGB u. ä. dem Verbraucher klar und unmissverständlich mitzuteilen. Weitere Informationspflichten sind dem Verbraucher auf dessen Anfrage hin bereitzustellen. Dies betrifft beispielsweise Informationen zu anwendbaren Verhaltenskodexen. Auch hier trifft den Unternehmer die Beweislast nach Absatz 5.
108
Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 59. So wurden beispielsweise Dekrete zur Regelung der Informationspflichten im Lebensmittelhandel (Art. R. 112-1 bis R. 112-33) erlassen. 110 Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 60. 111 Cass. Civ. 1re, 1 mars 2005, Bull. civ. I, Nr. 109. 109
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Art. L. 111-3 Cconcom stellt fest, dass Art. L. 111-1 und -2 Cconsom unbeschadet weiterer Schutzvorschriften zugunsten des Verbrauchers Anwendung finden, was deren Qualifikation als „obligation générale d’information“, also als generelle Informationspflicht im Sinne eines allgemeinen verbraucherschützenden Rechtsprinzips rechtfertigt.112 (c) Art. L. 113-1 ff. Cconsom: „prix et conditions de vente“ Gemäß Art. L. 113-3 Cconsom hat der Unternehmer den Verbraucher über den Preis, eventuelle Haftungsausschlüsse und die Vertragsbedingungen in der vom Wirtschaftsminister in Arrêtés (ministerielle Erlasse) genauer bezeichneten Weise zu informieren. Obwohl der Wortlaut dies nicht ausdrücklich vorsieht, handelt es sich hierbei um eine öffentliche Information; es muss jedem Verbraucher möglich sein, vor Vertragsschluss die Preise und Vertragsbedingungen zu ermitteln. Damit wird nicht nur der individuelle Verbraucher geschützt, sondern die Transparenz des Marktes und somit der Wettbewerb gefördert.113 Art. L. 113-5 Cconsom sieht vor, dass die dem Verbraucher zur ordnungsgemäßen Vertragsdurchführung bereitgestellte Telefonnummer des Unternehmers mit keinem Gebührenzuschlag verbunden sein darf. (d) Art. L. 114-1 Cconsom: Lieferfristen Art. L. 114-1 Cconsom „information sur les délais de livraison“ sieht vor, dass der Unternehmer den spätesten Leistungszeitpunkt („date limite“) bestimmen muss, wenn die Gegenleistung 500 E übersteigt. Sollte diese „date limite“ um sieben Tage überschritten werden, ohne dass ein Fall von höherer Gewalt vorliegt, so kann der Verbraucher den Vertrag kündigen. (e) Art. L. 134-1 und-2 Cconsom: „remise des contrats“ Den Unternehmer trifft zusätzlich die Pflicht, jeder interessierten Person ein Exemplar des von ihm normalerweise verwendeten Vertragsformulars auszuhändigen. Eine Systematisierung und Vereinfachung dieser Vorschriften wäre durchaus wünschenswert.114 (2) Spezifische Informationspflichten für Haustürgeschäfte Neben den allgemeinen Informationspflichten enthalten Art. L. 121-23, -24, -25 und -26 Cconsom Informationen, die wörtlich im vom Verbraucher zu unter112 113 114
Szönyi, GRUR Int 1996, 83, 87. Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 62. Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 65.
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schreibenden Vertrag aufgenommen werden müssen. Gemäß Art. L. 121-23 Cconsom muss dem Verbraucher eine Kopie des Vertrags mit den in diesem Artikel genannten Informationen ausgehändigt werden, andernfalls ist der Vertrag nichtig. Der Vertrag ist ebenfalls nichtig, wenn die Informationen nicht oder nicht klar („de façon apparente“) zu erkennen sind.115 Die Rechtsprechung hat dem „démarcheur“ die Beweislast für das Vorliegen aller Wirksamkeitsvoraussetzungen des Vertrags auferlegt.116 b) Sanktion der fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Art. 4: „[…] Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, daß ihre innerstaatlichen Rechtsvorschriften geeignete Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers vorsehen, wenn die in diesem Artikel vorgesehene Belehrung nicht erfolgt.“
In der Schulte-117 und Crailsheimer Volksbank-Entscheidung118 des EuGH wurde präzisiert, dass die Erteilung einer Widerrufs- bzw. Rückgabebelehrung eine echte Rechtspflicht des Unternehmers darstellt, bei deren Verletzung der Unternehmer nach Ansicht des EuGH haften müsse. Damit bestätigte der EuGH die BGHRechtsprechung119 in sog. Schrottimmobilienfällen, wonach Immobilienkaufverträge nicht unter die Grundsätze der verbundenen Verträge fallen und das Darlehen im Falle eines Widerrufs vom Verbraucher sofort inklusive Zinsen zurückzuzahlen ist, sofern eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung stattgefunden hat. Sollte die Widerrufsbelehrung nicht oder nicht ordnungsgemäß erfolgt sein, so ist der Verbraucher nach Ansicht des EuGH, der sich auf Art. 4 III der Richtlinie stützt, von den Risiken der Kapitalanlage freizustellen. bb) Rechtslage in Deutschland Das Fehlen der Widerrufsbelehrung wird mit der Verlängerung bzw. dem Aufschub des Beginns der Widerrufsfrist sanktioniert, hierzu gleich. Da die Widerrufsbelehrung eine echte Rechtspflicht des Unternehmers darstellt, kann der Verbraucher im Falle von Nichtbelehrung über das Widerrufsrecht einen Schadensersatzanspruch aus §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB (culpa in contrahendo) gegen den Unternehmer geltend machen.120 115 116 117 118 119 120
Cass. Com. 23 oct. 1984, Bull. civ. IV, n8 226. Cass. Civ. 1re, 17 févr. 1993, Bull. civ. 1993, IV, n879. EuGH v. 25. 10. 2005, Rs. C-350/03, Slg. 2005, I-9215 – Schulte. EuGH v. 25. 10. 2005, Rs. C-229/04, Slg. 2005, I-9273 – Crailsheimer Volksbank. BGH NJW 2003, 199. BGH NJW 2007, 357; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 89.
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cc) Rechtslage in Frankreich Wie im französischen Verbraucherschutz üblich, ziehen Verstöße gegen die Informationspflichten oder Beeinträchtigungen des Widerrufsrechts sowohl zivilrechtliche als auch strafrechtliche Sanktionen nach sich. Dabei sollen die zivilrechtlichen Sanktionen, die unter Zwang oder Irrtum entstandenen Verpflichtungen des Verbrauchers beseitigen, wohingegen die strafrechtlichen Sanktionen die Bestrafung des gesetzeswidrigen Verhaltens des Unternehmers bezwecken.121 (1) Zivilrechtliche Sanktionen, insbesondere die „nullité“ Der Klient kann seinerseits zivilrechtlich vorgehen und Rückzahlung sowie Schadensersatz verlangen (Art. L. 121-31 Cconsom). Auch zivilrechtlich ist das Unternehmen für seine Haustürgeschäfte abschließenden Personen verantwortlich, selbst wenn diese Unabhängigkeit genießen (Art. L. 121-29 Cconsom). Gemäß Art. L. 121-23 Cconsom führen Verstöße gegen die Informationspflichten zur Nichtigkeit des Vertrags. Es handelt sich um eine sog. relative Nichtigkeit („nullité relative“), die grundsätzlich nur der Verbraucher geltend machen kann (hierzu gleich).122 Was die in Art. L. 121-23 Cconsom enthaltene Pflicht zur wörtlichen Wiedergabe der Gesetzestexte angeht, hat die Cour de cassation eine Einschränkung vorgenommen:123 die Pflicht zur Wiedergabe der Gesetzestexte findet ihre Grenzen dort, wo eine Beschränkung des Schutzes des Verbrauchers nicht zu befürchten ist, d. h. nur die fehlende Reproduktion solcher Vorschriften, die dem Verbraucher Rechte gewähren, wird mit der Nichtigkeit des Vertrags bestraft. Auch das Fehlen eines Widerrufsformulars kann als Nichtigkeitsgrund vorgebracht werden.124 Verstöße gegen allgemeine Informationspflichten, wie die aus Art. L. 113-3 Cconsom, führen zu Geldbußen. Umstritten ist allerdings, ob sie auch die Nichtigkeit des Vertrags nach sich ziehen. Dass eine spezielle strafrechtliche Sanktion vorgesehen ist, spricht alleine nicht gegen die Annahme der Nichtigkeit des Vertrags.125 Gegen die Annahme, dass allein der Verstoß gegen verbraucherrechtliche Informationspflichten für eine Nichtigkeit des Vertrags ausreichend ist, spricht allerdings ein Urteil der Cour de cassation aus dem Jahre 1998,126 in dem festgestellt wurde, 121
Pizzio, RTD civ. 1976, 66, 74. Nachdem die Cour de cassation (Cass. Civ. 1re, 16 mars 1994, contrats, conc. consom. 1994, comm. 152) zunächst von einer absoluten Nichtigkeit auszugehen schien, hat sie im Jahre 1995 eine Rechtsprechungsänderung hin zur relativen Nichtigkeit vorgenommen: Cass. Civ. 1re, 28 nov. 1995, Contrats, conc. consom. 1996, comm. 34. 123 Vgl. Cass civ. 1re, 27 févr. 2001, obs. Rondey, Rec. Dalloz 2001 p. 1098. 124 CA Douais, 25 janv. 1978, Gaz. Pal. 1978, 2 somm. P. 401. 125 Cass. Civ. 1re, 7 oct. 1998, Bull. Civ. I, n8 290; obs. Mestre, RTD Civ. 1999, p. 383. 126 Cass. Civ. 1re, 15 déc. 1998, RTD civ. 1999, 385. 122
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dass ein Verstoß gegen Art. L. 113-3 Cconsom nicht zur Nichtigkeit des Vertrags führt, wenn nicht gleichzeitig eine Unbestimmtheit des Preises oder ein Willensmangel vorliegt. In diese Richtung geht auch die Rechtsprechung einer anderen Kammer der Cour de cassation, die die Ansicht vertritt, dass für die Nichtigkeit ein arglistiges Verschweigen seitens des Unternehmers nachgewiesen werden muss.127 Auch ein Teil der Literatur geht davon aus, dass für die Nichtigkeit ein „vice du consentement“ also ein Irrtum oder eine Täuschung oder Drohung vorliegen muss. Teilweise wird allerdings für die Vermutung eines solchen Willensmangels bei Verstößen gegen verbraucherrechtliche Informationspflichten plädiert.128 Teilweise wird der Mangel einer ausdrücklichen Nichtigkeitsregelung dadurch umgangen, dass über Umwege auf andere Normen, die eine Nichtigkeit vorsehen, Bezug genommen wird. So wurde beispielsweise die Nichtigkeit eines Haustürgeschäfts angenommen, in dem der Unternehmer nur einen Gesamtpreis der Ware und keine einzelnen Preise ausgewiesen hatte. Die Nichtigkeit wurde damit begründet, dass durch die mangelnde Einzelpreisangabe jeglicher Preisvergleich während der Widerrufsfrist unmöglich gemacht und damit das Widerrufsrecht selbst ausgehebelt wurde und somit ein Verstoß gegen Art. L. 121-25 Cconsom vorlag, der die Nichtigkeit bei jeder Art von Verzicht auf das Widerrufsrecht vorsieht.129 Allerdings hat die Cour de cassation im Jahre 2004130 entschieden, dass ein Verstoß gegen eine Vorschrift, die einen „ordre public“-Charakter hat (im Fall ging es um eine Informationspflichtverletzung im Verbraucherrecht), gemäß Art. 6 Code civil zur Nichtigkeit des Vertrags führt. Dies könnte nach der weiten Formulierung des Urteils für alle „ordre public“-Vorschriften des Code de la consommation gelten.131 Allerdings ist die Rechtsprechung alles andere als systematisch; die Nichtigkeit wird dann ausgesprochen, wenn sie nach Ansicht des entscheidenden Gerichts zur Verwirklichung des Ziels der verletzten Vorschrift erforderlich ist.132 Dies führt zu erheblicher Rechtsunsicherheit.
127
So Cass. Com. 28 juin 2005, Bull. civ. IV, n8 140, D. 2005, p. 2774. Vgl. Magnier, JCP G 2004, I 106; Fenouillet, RDC 2005, p. 323; Rzepecki, JCP G 2005, II 101060 m.w.Nachw. 129 CA Colmar, 3 févr. 1995, Gaz. Pal 1995. 2. Somm. 532; ähnlich auch CA Pau, 6 mai 1999, Contrats, conc. Consom. 2000, n8 33. 130 Cass. Civ. 1re, 7 déc. 2004, RTD civ. 2005, 389; vgl. hierzu Rondey, Rec. Dalloz 2005, p. 75; Bazin, Petites affiches, 2005 n8 178, p. 16; Bazin, D. 2008. 3028. 131 Vgl. Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 63; Hauser/Lemouland, Rép. Civ. Dalloz, Ordre public et bonnes mœurs, spéc. n8191 et S.; Fenouillet, RDC 2005, p. 323. 132 So hatte die Cour de cassation beispielsweise am 25 nov. 1992, Bull. Civ. I n8 292 und 7. Oct. 1998, Bull. Civ. I, n8 290 bereits entschieden, dass die Leistung während der Widerrufsfrist als Verstoß gegen Art. L. 121-26 Cconsom ebenfalls zur Nichtigkeit führt, obwohl dies gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehen ist; vgl. Mestre, RTD Civ. 1999 p. 383; Mestre/Fages, RTD Civ. 2005, p. 389; Bazin, Petites affiches, 2005 n8 178, p. 16; vgl. auch Fenouillet, RDC 2005, p. 323. 128
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Die Nichtigkeit muss gerichtlich festgestellt werden.133 Und kann also nicht durch Gestaltungserklärung erfolgen. Im Jahre 2009 gab es eine Rechtsprechungsänderung der Cour de Cassation hinsichtlich der Geltendmachung der „nullité“ im Verbraucherrecht. Zuvor wurde entschieden, dass die aus der Verletzung von Vorschriften des Code de la consommation mit „ordre public“-Charakter resultierende „nullité relative“ vom Verbraucher vor Gericht geltend gemacht werden musste.134 Eine Berücksichtigung von Amts wegen kam allein dann in Betracht, wenn der Verbraucher sich auf eine auf anderer Grundlage beruhende Nichtigkeit berufen hatte.135 Diese Rechtsprechung war heftiger Kritik ausgesetzt.136 Seit 2009 kann die Nichtigkeit durch das Gericht von Amts wegen berücksichtigt werden.137 Diese Entscheidung reiht sich in die Rechtsprechung des EuGH ein,138 der davon ausgeht, dass der Schutz des Verbrauchers es rechtfertigt, dass der nationale Richter von Amts wegen die Verletzung einer auf EU-Recht basierenden Vorschrift hervorheben kann. Diese Rechtsprechung trägt der Gefahr Rechnung, dass der Verbraucher, insbesondere bei Informationspflichtverstößen, seine Rechte nicht kennt und sie demnach aus Unkenntnis auch nicht geltend machen kann. Die relative Nichtigkeit unterliegt einer fünfjährigen Verjährungsfrist ab Vertragsschluss (Art. 1304 Cciv). (2) Strafrechtliche Sanktionen Zudem sind auch für Verstöße gegen die besonderen Informationspflichten strafrechtliche Sanktionen vorgesehen (Art. L. 121-28 Cconsom): Entweder eine Haftstrafe von einem Jahr oder Geldbuße von 3.750 E. Ein Berufsverbot kann ebenfalls verhängt werden. Die Sanktionen treffen nicht nur den handelnden Unternehmer, sondern auch den Geschäftsführer des dahinter stehenden Unternehmens.139
133
Sachlich zuständig ist das Zivilgericht, vgl. Rondey, Recueil Dalloz 2005, p. 75. So Cass. Civ. 1re, 10 juill. 2002, Bull. Civ. I n8 195; Cass. Civ. 1re, 15 févr. 2000 n8 989-12.713. 135 Cass. Civ. 1re, 18 déc. 2002, Bull. Civ. I, n8 49, obs. Mestre RTD Civ. 2003 p. 704. 136 Siehe hierzu Avena-Robardet, Rec. Dalloz 2009 p. 365; Gout, Rec. Dalloz 2003 p. 549; Rondey, Rec. Dalloz 2000 p. 275; Raymond, Fasac. 3810, Rn. 86. 137 Cass. Civ. 1re, 22 janv. 2009, Bull. Civ. I, n8 9; zur Einführung des Art. L. 141-4 Cconsom, der diese Befugnis des Richters kodifiziert, vgl. Rochfeld, RDC 2009 n8 3, p. 985. 138 EuGH v. 17. 12. 2009, Rs. C-227/08, Slg. 2009, I-11939 – Martin; Zum Kreditrecht siehe EuGH v. 4. 10. 2007, Rs C-429/05, Slg. 2007, I-8017 – Rampion; zur Klauselkontrolle EuGH v. 27. 6. 2000, Rs. C-240/98, Slg. 2000, I-4941 – Océano Grupo Editorial; vgl. auch Aubert de Vincelles, RDC 2010 n8 2, p. 652. 139 Cass. Crim. 11 janv. 1990, D. 1990.S. 360; Crim. 18 janv. 2000, JCP, 2001.II.10502. 134
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c) Schlussfolgerung hinsichtlich Informationspflichten Bemerkenswert ist, dass die Richtlinie keine Informationspflichten außer der Pflicht zur Widerrufsbelehrung enthält. Allerdings erlaubt die Mindestharmonisierungsklausel in Art. 8 weitergehende Schutzvorschriften bzw. sind diese schon außerhalb des Anwendungsbereichs anzusiedeln, sodass eine Erweiterung unproblematisch möglich ist.140 Hier tun sich bedeutende Unterschiede in der Union auf, soweit sich manche Mitgliedstaaten dazu entschließen, weitere Informationspflichten einzuführen oder beizubehalten. So ist in Frankreich die Wiedergabe des kompletten Gesetzestextes der Art. L 121-23 bis L. 121-26 Cconsom, sowie Beachtung der allgemeinen verbraucherrechtlichen Informationspflichten erforderlich. Zudem besteht in Frankreich die Pflicht, ein abtrennbares Widerrufsformular an den Vertrag zu heften. Vor allem die Sanktionen bei Verstößen gegen Informationspflichten sind in Frankreich deutlich strenger als in Deutschland. So kennt das deutsche Recht keine Nichtigkeit des Vertrags und auch keine strafrechtlichen Sanktionen bei fehlender Information. Doch auch die deutsche Umsetzungsnorm geht in einem Punkt über die Vorgaben in der Richtlinie hinaus. Art. 4 der Richtlinie kennt keine Pflicht zur Belehrung über die Widerrufsfolgen. Die deutsche Regelung sieht dies aber vor. Insgesamt bleibt festzuhalten, dass in Frankreich weitreichende Informationspflichten bestehen, wohingegen diese sich in Deutschland wie auch in der Richtlinie auf die Widerrufsbelehrung beschränken. 3. Das Widerrufsrecht Das Widerrufsrecht setzt neben dem Vorliegen der objektiven Tatbestandsmerkmale des Art. 1 HaustürW-RL keine Manipulationsabsicht des Unternehmers oder eine sonstige Beeinflussung des Verbraucherwillens durch den Unternehmer voraus.141 Rechtslage in Deutschland Gemäß § 312 I BGB steht dem Verbraucher bei Haustürgeschäften ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu. In § 355 BGB finden sich gemeinsame Regelungen zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen. Der deutsche Gesetzgeber hat sich für eine dem BGB be-
140 141
Zur ähnlichen Diskussion hinsichtlich der Verbraucherdefinition siehe Teil 2, C. II. 1. EuGH v. 22. 4. 1999, Rs. C-423/97, Slg. 1999, I-2195 – Travel Vac.
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kannte Technik der Verweisung entschieden und versucht durch die einheitliche Regelung des Widerrufs die Vorgaben der EU-Richtlinien zu systematisieren. Das Widerrufsrecht kann durch ein Rückgaberecht nach § 356 ersetzt werden, wenn zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher eine ständige Verbindung aufrechterhalten werden soll. Das Rückgaberecht ist zwar im Vergleich zum Widerrufsrecht nicht durch einfache Mitteilung an den Unternehmer, sondern nur durch Rücksendung der Ware möglich, was die Ausübung für den Verbraucher erschwert. Allerdings ist dies mit der Richtlinie vereinbar, da diese in Art. 5 I dem nationalen Recht die Ausgestaltung der Rechtsausübung überlässt.142 Mit dieser Vereinheitlichung der Widerrufsregelungen musste der Gesetzgeber sich an den jeweiligen, zwar meist mindestharmonisierenden Richtlinienvorschriften orientieren, was im Ergebnis aber zu einem sehr hohen Schutzniveau (vgl. beispielsweise die 14-tägige Widerrufsfrist, bzw. das Fortbestehen jeden Widerrufsrechts bei mangelnder Belehrung) geführt hat. Dogmatisch wird das Widerrufsrecht überwiegend als besonderes Rücktrittsrecht angesehen.143 Rechtslage in Frankreich Das Widerrufsrecht wurde in Frankreich erstmals durch das Haustürgesetz von 1972 eingeführt. Der dahinter stehende Zweck lag darin, dem Verbraucher zu ermöglichen, eine Entscheidung frei von Willensmängeln zu treffen, bzw. eine mit Mängeln behaftete Erklärung nicht gelten zu lassen.144 Heute findet sich die Regelung zum Widerruf bei Haustürgeschäften in Art. L. 121-25 Cconsom. Es wurden diverse Theorien aufgestellt, um die Verzichtsmöglichkeit dogmatisch zu erklären: einseitiges Vertragsversprechen („promesse unilatérale de vente“), auflösende oder aufschiebende Bedingung („condition suspensive ou résolutoire“), („faculté de dédit“), („dissociation entre perfection et efficacité du contrat“).145 Andere sehen den Vertrag erst sieben Tage nach Unterzeichnung als wirksam an, die Unterzeichnung stelle nur einen Zwischenschritt zum Vertragsschluss dar, sodass der Grundsatz „pacta sunt servanda“ nicht berührt würde.146 Noch andere betrachten den Widerruf als nicht mit dem Grundsatz des Art. 1134 Code civil vereinbar, da er erst
142
Vgl. Masuch, MüKo, § 312 Rn. 74. Vgl. Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 15. 144 Bérenger, No. 62. 145 Vgl. Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 127 und Bérenger, No. 63 mit weiteren Nachweisen; Raymond, Droit de la consommation, p. 195; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 398 f.; Raymond, Fasac. 3810, Rn. 74; siehe bereits zur Diskussion im Rahmen des Gesetzes über Haustürgeschäfte von 1972 Baumann, GRUR Int 1977, 268, 270; Bazin, Rec. Dalloz 2008 p. 3028. 146 Calais-Auloy, RTD Civ, 1994. 239, 243; Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 127. 143
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nach Vertragsschluss deren Bindung wieder aufhebe.147 Die Cour de cassation scheint davon auszugehen, dass der Vertrag bereits mit Unterzeichnung volle Wirksamkeit erlangt.148 a) Widerrufsfrist aa) Dauer der Widerrufsfrist (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Artikel 5 I: „Der Verbraucher besitzt das Recht, von der eingegangenen Verpflichtung zurückzutreten, indem er dies innerhalb von mindestens sieben Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem ihm die in Artikel 4 genannte Belehrung erteilt wurde, entsprechend dem Verfahren und unter Beachtung der Bedingungen, die im einzelstaatlichen Recht festgelegt sind, anzeigt.“
(2) Rechtslage in Deutschland Nach § 355 II 1 BGB beträgt die Widerrufsfrist zwei Wochen. Sollte die Widerrufsbelehrung erst verspätet erfolgen, so beträgt die Widerrufsfrist einen Monat, § 355 II 3 BGB. (3) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-25 Cconsom gibt dem Verbraucher das Recht, innerhalb von sieben Tagen ab Vertragsunterzeichnung (Feiertage mitinbegriffen. Falls der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fällt, so wird die Frist auf den nächsten Werktag verlängert. Der Tag der Unterzeichnung wird nicht mitgezählt.)149 auf die Bestellung zu verzichten („renonciation“). bb) Beginn der Widerrufsfrist (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Art. 4: „[…] Sie ist dem Verbraucher auszuhändigen a) im Fall von Artikel 1 Absatz 1 zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses; b) im Fall von Artikel 1 Absatz 2 spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses; c) im Fall von Artikel 1 Absatz 3 und Artikel 1 Absatz 4 zum Zeitpunkt der Abgabe des Angebots durch den Verbraucher. […]“
147 148 149
Bérenger, No. 63. Cass. Civ. 1re, 10 juin 1992, Bull. civ. I, n8 178. Cass. Crim. 5 oct. 1987, RTD civ. 1989.65.
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In der Heininger-Entscheidung hat der EuGH klargestellt, dass eine Beschränkung des Widerrufsrechts im Falle unterlassener Belehrung gegen die Richtlinie verstößt, d. h. die Frist beginnt erst mit der Belehrung zu laufen. (2) Rechtslage in Deutschland Nach § 355 III BGB beginnt die Widerrufsfrist, wenn dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 I BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Bei schriftlich abzuschließenden Verträgen beginnt die Frist erst, wenn den Verbraucher eine schriftliche Vertragsurkunde, ein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Die Beweislast trifft den Unternehmer. Gemäß § 355 IV BGB erlischt das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Diese Frist beginnt bei Lieferung von Waren nicht vor deren Eingang beim Empfänger. Sollte der Verbraucher allerdings nicht gem. § 360 BGB über sein Widerrufsrecht belehrt worden sein, so erlischt das Widerrufsrecht gar nicht. Gleiches gilt für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen, wenn der Unternehmer dem Verbraucher nicht die Informationen aus Art. 246 § 2 II 1 Nr. 1 und 2 Nr. 1 – 3 EGBGB mitgeteilt hat. Das sog. ewige Widerrufsrecht wurde für Haustürgeschäfte aufgrund der Heininger-Entscheidung des EuGH150 eingeführt. Die ursprüngliche Regelung sah hingegen in § 355 III 1 BGB eine Begrenzung der Widerrufsfrist auf sechs Monate mangels ordnungsgemäßer Belehrung auch bei Haustürgeschäften vor. Somit kommt die Sechsmonatsfrist nur noch dann zum Tragen, wenn trotz ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung ein Verstoß gegen die Pflicht zur Übergabe einer schriftlichen Vertragsurkunde oder des Antrages an den Verbraucher aus § 355 III 2 BGB oder ein Verstoß gegen sonstige Informationspflichten (beispielsweise im Fernabsatzrecht) vorliegt. (3) Rechtslage in Frankreich Gemäß Art. L. 121-25 Cconsom beginnt die Widerrufsfrist grundsätzlich mit Vertragsschluss; der Tag des Vertragsschlusses wird allerdings nicht mitgezählt.151 Die französischen Vorschriften enthalten keine speziellen Regelungen für die Rechtsfolgen bei fehlender Belehrung. Allerdings wird ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht wie jeder andere Verstoß gegen Informationspflichten geahndet; nämlich mit der Nichtigkeit des Vertrags und strafrechtlichen Sanktionen. Zweifel an 150 151
EuGH v. 13. 12. 2001, Rs. C-481/99, Slg. 2001, I-9945 – Heininger. Raymond, Droit de la consommation, p. 199.
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der Richtlinienkonformität ergeben sich einerseits aus den Modalitäten der Geltendmachung der Nichtigkeit: diese muss gerichtlich festgestellt werden und kann nicht wie der Widerruf durch einfache Erklärung erfolgen. Andererseits kommen auch hinsichtlich der Verjährungsfrist der relativen Nichtigkeit Zweifel an der Richtlinienkonformität auf. Die Geltendmachung der Nichtigkeit unterliegt nämlich einer fünfjährigen Verjährungsfrist nach Vertragsschluss (Art. 1304 Cciv). Dies scheint im Widerspruch mit der Heininger-Entscheidung des EuGH zu stehen, der wie bereits erörtert bei fehlender Widerrufsbelehrung ein ewiges Widerrufsrecht vorsieht. b) Ausübung des Widerrufsrechts aa) Rechtzeitige Ausübung des Widerrufsrechts (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Die Frist gilt als gewahrt, wenn die Anzeige vor Fristablauf abgesandt wird. (2) Rechtslage in Deutschland Nach § 355 I 2 BGB a.E. genügt zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung oder der Ware. (3) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-25 Cconsom: Für einen wirksamen Verzicht genügt das Versenden des Verzichtsformulars als Einschreiben mit Rückschein an die angegebene Adresse.152 bb) Form des Widerrufs (1) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Art. 5 I: „[…] entsprechend dem Verfahren und unter Beachtung der Bedingungen, die im einzelstaatlichen Recht festgelegt sind.“
(2) Rechtslage in Deutschland Der Widerruf kann entweder in Textform oder durch Rücksendung der Ware erfolgen, § 355 I 2 BGB. Die Widerrufserklärung muss weder das Wort „Widerruf“ noch eine etwaige Begründung enthalten. Das Rückgaberecht ist in § 356 BGB geregelt. Das Widerrufsrecht kann in den durch Gesetz vorgesehenen Fällen durch ein Rückgaberecht ersetzt werden, wenn 152
Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 127.
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der Verbraucher darauf in einem Verkaufsprospekt (nach § 360 II BGB) hingewiesen worden ist und hiervon Kenntnis nehmen konnte. Nach Absatz 2 wird das Rückgaberecht durch Rücksendung der Sache, bzw. falls die Sache nicht als Paket versandt werden kann, durch Rücknahmeverlangen ausgeübt. Im Übrigen sind die Vorschriften über den Widerruf entsprechend anzuwenden. (3) Rechtslage in Frankreich Um dem Verbraucher den Widerruf (oder nach dem Wortlaut: Verzicht) zu erleichtern, muss der Vertrag ein abtrennbares Widerrufsformular enthalten (vgl. Art. L. 121-24 Cconsom). Für einen wirksamen Widerruf genügt das Versenden des Verzichtsformulars als Einschreiben mit Rückschein an die angegebene Adresse. Allerdings ist die Nutzung des Widerrufsformulars nur eine Möglichkeit, aber nicht zwingend für die Wirksamkeit des Widerrufs erforderlich. Der Verbraucher kann auch selbst einen Brief verfassen, in dem der Widerrufswille eindeutig zum Ausdruck kommt. Dieser ist aber ebenfalls durch Einschreiben mit Rückschein abzusenden,153 wobei das Gesetz diese Form nur aus Beweisgründen fordert.154 c) Widerrufsfolgen aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Art. 5 II: „Die Anzeige bewirkt, daß der Verbraucher aus allen aus dem widerrufenen Vertrag erwachsenden Verpflichtungen entlassen ist.“ Art. 7: „Übt der Verbraucher sein Rücktrittsrecht aus, so regeln sich die Rechtsfolgen des Widerrufs nach einzelstaatlichem Recht, insbesondere bezüglich der Rückerstattung von Zahlungen für Waren oder Dienstleistungen und der Rückgabe empfangener Waren.“
Die Hinsendekosten dürfen dem Verbraucher im Falle eines Widerrufs keinesfalls auferlegt werden.155 bb) Rechtslage in Deutschland § 355 I BGB stellt die unmittelbare Rechtsfolge des fristgerechten Widerrufs klar: der Verbraucher ist an seine auf den Abschluss des Vertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden. § 357 BGB regelt wiederum die weiterreichenden Rechtsfolgen von Widerruf und Rückgabe. 153 154 155
Cass. Civ. 1re, 15 avr. 1982, D. 1984.439. Bazin, Rec. Dalloz 2008 p. 3028. EuGH v. 15. 4. 2010, Rs C-511/08, Slg. 2010, I-3047 – Heine.
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Gemäß Absatz 1 Satz 1 finden die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt entsprechende Anwendung, wenn nicht etwas anderes bestimmt ist. Hier geht der Gesetzgeber also erneut mit der Verweisungstechnik vor, um durch die einheitliche Regelung des nationalen Vertragslösungssystems des Rücktritts und der auf EURecht beruhenden Vertragslösungsmöglichkeit des Widerrufs, ein geschlossenes System zu schaffen. Somit gelten die §§ 346 ff. BGB also auch für die Widerrufsund Rückgabefolgen. § 357 II-IV BGB enthält Sondervorschriften für Rücktritt und Rückgabe, die von den Rücktrittsfolgen abweichen. (1) Rückgewähr der Leistungen und Nutzungen Gemäß § 346 I BGB sind die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben. Gemäß § 357 II BGB ist der Verbraucher zur Rücksendung der Sache verpflichtet, wenn diese als Paket versandt werden kann. Die Kosten und die Gefahr der Rücksendung sind vom Unternehmer zu tragen. Im Rahmen des Konkretisierungsauftrags des 14. Erwägungsgrunds der Fernabsatzrichtlinie hat der Gesetzgeber den Verweis des § 357 I 1 BGB auf die Rücktrittsfolgen (§§ 346 ff. BGB) erstellt. Nach nationaler Auslegung der Rücktrittsfolgenregelungen steht dem Verbraucher allerdings kein Ersatzanspruch hinsichtlich der Hinsendekosten zu, denn diese wären als Schadensposten und nicht als Rückgewährposten zu qualifizieren.156 Diese Ansicht ist nicht ohne Kritik geblieben.157 Die Ansicht des BGH widerspricht allerdings den Richtlinienvorgaben der Fernabsatzrichtlinie, wonach der Verbraucher nach Art. 6 FARL die Hinsendekosten vom Unternehmer ersetzt verlangen kann.158 Daraufhin hat der BGH in richtlinienkonformer Auslegung von §§ 312d I i.V.m. 357 I 1 und 346 I BGB die Hinsendekosten als Rückgewährposten qualifiziert, die der Verkäufer dem Verbraucher zurückgewähren muss.159 Andere sehen die Hinsendekosten als nicht gegenständliche Leistung an, die unter die Wertersatzpflicht des § 346 II 1 BGB fällt.160
156
BGH NJW 2009, 66, 67; so wohl auch Pfeiffer, ZGS 2008, 48, 59. Vgl. Faust, JuS 2009, 180 ff.; Krois/Lindner, WM 2011, 442, 444 ff., die davon ausgehen, bei den Hinsendekosten handele es sich um eine rückgewährpflichtige Nebenleistung. Schadensersatzansprüche seien für Leistungen Dritter einschlägig. 158 EuGH v. 15. 4. 2010, Rs. C-511/08, Slg. 2010, I-3047 – Heine; zu einer detaillierten Auslegung vgl. Hansen, ZGS 2006, 14, 18 ff. 159 BGH NJW 2010, 2651; so auch Brönneke, MMR 2004, 127, 129; Braun, ZGS 2008, 129, 132; Unger, ZEuP 2012, 270, 291. 160 Becker/Föhlisch, NJW 2005, 3377, 3380; Krois/Lindner, WM 2011, 442, 446 f.; Hansen, ZGS 2008, 48, 50. 157
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Der Unternehmer gerät mit seiner Rückzahlungspflicht spätestens 30 Tage nach Zugang der Widerrufserklärung in Verzug, §§ 357 I 2, 3 i.V.m. 286 III BGB. § 347 BGB regelt in Absatz 1 die Wertersatzpflicht für nicht gezogene Nutzungen. Nach § 348 BGB sind die Pflichten aus §§ 346 f. BGB Zug um Zug zu erfüllen und die Vorschriften der §§ 320, 322 BGB finden entsprechende Anwendung. (2) Wertersatz § 346 II BGB sieht eine Wertersatzpflicht vor, wenn die Sache nicht zurückgewährt werden kann bzw. verschlechtert wurde oder untergegangen ist. Der Umfang der Wertersatzpflicht bestimmt sich gemäß § 346 II 2 BGB grundsätzlich an der vereinbarten Gegenleistung. Dies würde aber dazu führen, dass der Verbraucher trotz seines Widerrufs den Vertrag erfüllen muss, was im Widerspruch zu der Richtlinienvorgabe, dem Verbraucher solle aus allen vertraglichen Verpflichtungen entlassen werden, stünde.161 Diese Vorschrift ist deshalb nicht auf den Widerruf anwendbar, sodass der objektive Wert maßgebend ist.162 In den Fällen des § 346 III BGB entfällt die Wertersatzpflicht. Gemäß § 346 IV BGB kann der Gläubiger wegen einer Verletzung einer Pflicht aus Absatz 1 (also der Pflicht zur gegenseitigen Rückgewährung der empfangenen Leitungen und die Herausgabe gezogener Nutzungen) Schadensersatz nach Maßgabe der §§ 280 bis 283 BGB verlangen. § 347 BGB regelt in Absatz 2 den Verwendungsersatz bzw. den Ersatz sonstiger Aufwendungen nach den Grundsätzen des Bereicherungsrechts. In § 357 III BGB wird die Wertersatzpflicht des Verbrauchers zu dessen Lasten abweichend von § 346 II 1 Nr. 3 BGB geregelt. Die ursprüngliche Fassung des § 357 III BGB sah eine Wertersatzpflicht des Verbrauchers für eine durch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme der Sache entstandene Verschlechterung vor. Der deutsche Gesetzgeber hatte die Abweichung damit begründet, dass eine einmalige Ingebrauchnahme den Wert der Sache erheblich mindern könne. Zudem entstehe dieser Wertverlust gerade nicht „infolge des Rücktritts“ und sei deshalb von Art. 6 der Fernabsatzrichtlinie nicht erfasst.163 161
Rott, VuR 2001, 78, 87; für eine teleologische Reduktion vgl. auch Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1154; Arnold/Dötsch, NJW 2003, 187, 188; siehe auch Hager, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429, 451. 162 BGH NJW 2010, 2868, 2870 ff. 163 BT-Drucks. 14/6040, S. 199; vgl. auch Kohler, JZ 2001, 325, 336, der diese abweichende Regelung von § 346 II 1 Nr. 3 BGB für „dringend geboten“ hält, da der Lieferant beim Widerruf die Rückabwicklung nicht zu vertreten hat; anders Hager, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429, 447, der darauf verweist, dass § 346 II BGB auch Fälle der vertraglichen Rücktrittsrechte erfasst, in denen nicht notwendigerweise eine Vertragsverletzung vorliegt.
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Fraglich war die Vereinbarkeit dieser Regelungen mit der Richtlinie.164 In der Messner-Entscheidung des EuGH165 wurde klargestellt, dass eine generelle Wertersatzpflicht des Verbrauchers richtlinienwidrig ist. Nur einer Wertersatzpflicht für eine Nutzung, die mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung nicht vereinbar ist, steht die Richtlinie nicht entgegen. Daraufhin wurde die Regelung durch das Fernabsatzwertersatzanpassungsgesetz geändert. Der Verbraucher schuldet Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache, wenn diese auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise hinausgeht und er spätestens bei Vertragsschluss auf diese Rechtsfolge hingewiesen worden ist. § 346 III 1 Nr. 3 ist nicht anzuwenden, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist oder anderweitig hiervon Kenntnis erlangt hat. Die deutschen Regelungen (§§ 312e, 357 I 1, III, 1 i.V.m. den Rücktrittsregelungen) sind heute als Konkretisierung der Voraussetzungen zu werten, wann die Nutzung nicht mehr mit Treu und Glauben vereinbar und somit richtlinienkonform wäre.166 In § 357 IV BGB wird klargestellt, dass weitergehende Ansprüche nicht bestehen. cc) Rechtslage in Frankreich Um der Verzichtsmöglichkeit volle Geltung zu verschaffen, verbietet Art. L. 12126 Cconsom dem Unternehmer die Entgegennahme jeglicher Gegenleistung bis zum Ablauf der Verzichtsfrist.167 Damit soll sichergestellt werden, dass der Verbraucher sich aufgrund der Erbringung der Gegenleistung nicht schon für gebunden hält. Unter Art. L. 121-26 Cconsom fallen nicht nur die Fälle, in denen der Unternehmer den Verbraucher zur Zahlung auffordert, sondern auch diejenigen, in denen der Verbraucher freiwillig, ohne Zutun des Unternehmers seine Gegenleistung erbringt.168 Die Rechtsprechung legt dieses Verbot sehr weit aus: So stellt die Annahme eines Schecks schon einen Verstoß dar, selbst wenn dieser erst nach Ablauf der Frist eingelöst wird,169 genauso verhält es sich mit der Entgegennahme einer Einzugser164 Für eine Unvereinbarkeit plädierend Rott, VuR 2001, 78, 85; Hager, in: Ernst/Zimmermann, Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, 429, 448; Mankowsky, in: Schulze/ Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 357, 370 f.: Brönneke, MMR 2004, 127, 132; Enders/Kosmides, in: Lehmann/Meents, Kapitel 11, Rn. 157; dagegen: Lorenz, in: Schulze/Schulte-Nölke, Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, 329, 350 f.; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1154 f.; Bülow, NJW 2002, 1145. 165 EuGH 3. 9. 2009, Rs C-489/07, Slg. 2009, I-7315 – Messner. 166 Masuch, MüKo, § 357 Rn. 8. 167 Absätze 2 bis 4 enthalten Ausnahmen von diesem Verbot. 168 Cass. Crim. 16 déc. 1986, Bull. crim. n8 975; Bérenger, No. 418. 169 Cass. Civ. 1re, 18 juin 1996, D. 1996.IR.171.
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mächtigung.170 Ob die weitreichenden Folgen eines Verstoßes gegen Art. L. 121-26 Cconsom171 in diesen Fällen wirklich angemessen sind, kann durchaus bezweifelt werden, da es in erster Variante an einem missbräuchlichen Verhalten des Unternehmers und in der zweiten Variante an einer Benachteiligung des Verbrauchers fehlt. Das Verbot erstreckt sich auf einen mit dem Haustürgeschäft verbundenen Darlehensvertrag („prêt affecté“).172 Wird also der mit dem Haustürdarlehen verbundene Vertrag innerhalb der Widerrufsfrist geschlossen, so ist dieser unwirksam. Problematisch erscheint die Abgrenzung zur Aufnahme eines Verbraucherkredits. Allerdings hat die Rechtsprechung entschieden, dass die Unterzeichnung des Verbraucherkredits nicht als Beginn der Vertragsdurchführung gilt und somit nicht unter das Verbot des Art. L. 121-26 Cconsom fällt.173 Dafür ist der Unternehmer aber auch nicht verpflichtet, vor Ablauf der Widerrufsfrist die Sache zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen. Somit stellt sich die Widerrufsmöglichkeit im französischen Recht nicht als Probezeit dar.174 Sonstige Widerrufsfolgen sind im französischen Recht nicht speziell geregelt. d) Verhältnis zu sonstigen Rechtsbehelfen aa) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Das Verhältnis des Widerrufsrechts zu sonstigen Rechtsbehelfen des Verbrauchers ist in der Richtlinie nicht geregelt. bb) Rechtslage in Deutschland § 312a BGB: „Steht dem Verbraucher zugleich nach Maßgabe anderer Vorschriften ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 355 oder § 356 dieses Gesetzes, nach § 126 des Investmentgesetzes in der bis zum 21. Juli 2013 geltenden Fassung oder § 305 Absatz 1 bis 6 des Kapitalanlagegesetzbuchs zu, ist das Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 312 ausgeschlossen.“
Somit ist das Widerrufsrecht ausgeschlossen, wenn dem Verbraucher bereits ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach Maßgabe anderer Vorschriften zusteht. Die ursprüngliche Version dieser Norm gewährte nur bestimmten aufgezählten Wider170
Cass. Crim., 6 mars 1984, D. 1984.J.552. Die Cour de cassation sanktioniert einen Verstoß mit der Nichtigkeit des Vertrags, Cass. Civ. 1re, 25 nov. 1992, Bull. Civ. I n8 292 und 7 oct. 1998, Bull. Civ. I, n8 290 siehe hierzu Mestre, RTD Civ. 1999 p. 383; siehe zuletzt auch Cass. Civ. 1re, 1er oct. 2014, n8 13-24.848; vgl. auch CA Douai, 24 mai 2005, n8 204/03268, obs. Rondey, Recueil Dalloz 2005 p. 1694. 172 Cass. Crim. 17 sept. 2002, Droit pénal 2003 n8 9. 173 Cass. Crim. 22 mars 2005, Lamy, Bulletin d’actualité n8 180, mai 2005. 174 Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 58. 171
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rufsrechten den Vorrang vor dem aus § 312 BGB. Das Heininger-Urteil175 des EuGH gab den Anstoß für die Erweiterung der Norm. cc) Rechtslage in Frankreich Der französische Gesetzgeber hat dies ebenfalls nicht geregelt. e) Schlussfolgerung hinsichtlich Widerrufsrecht Der offensichtlichste Unterschied besteht in der Widerrufsfrist von sieben Tagen in Frankreich und 14 Tagen in Deutschland. In Frankreich ist zudem keine Zahlung bzw. Lieferung vor Ende der Widerrufsfrist erlaubt. In Frankreich beginnt die Widerrufsfrist grundsätzlich mit Vertragsschluss und nicht wie in Deutschland erst mit Erhalt der Widerrufsbelehrung. Allerdings kann der Verbraucher die Nichtigkeit des Vertrags bei fehlender Widerrufsbelehrung geltend machen, sodass er im Ergebnis auch nicht mehr an den Vertrag gebunden ist. Problematisch sind allerdings die gerichtliche Geltendmachung und die fünfjährige Verjährungsfrist. Die formalen Voraussetzungen für die Ausübung des Widerrufsrechts sind in Frankreich (Einschreiben mit Rückschein) deutlich strenger als in Deutschland, wo die Rücksendung der Ware ausreichend ist. Dafür muss dem Vertrag in Frankreich ein Widerrufsformular beigeheftet sein. Die Widerrufsfolgen sind in Deutschland sehr detailliert geregelt. § 357 II BGB stellt eine sog. Abweichung nach oben dar und ist demgemäß vom Gestaltungsspielraum im Rahmen mindestharmonisierender Richtlinien gedeckt. Die viel diskutierte Vorschrift des § 357 III BGB ist heute mit der Fernabsatzrichtlinie vereinbar (siehe oben).176 In Frankreich fehlt es komplett an einer Regelung der Rückabwicklung. Da jedoch jegliche Leistungen vor Ablauf der Widerrufsfrist untersagt sind, ist das Bedürfnis nach Rückabwicklungsregelungen auf einzelne Ausnahmenfälle, in denen doch Leistungen ausgetauscht wurden, beschränkt. In diesen Fällen finden die allgemeinen Regelungen zur Rückabwicklung („restitutions“) Anwendung.177 Entscheidender Unterschied ist, dass in Frankreich ein Belehrungsverstoß stets die Nichtigkeit des Vertrags nach sich zieht. Damit hat das Widerrufsrecht in Frankreich nicht die entscheidende Rolle, wie sie das „ewige“ Widerrufsrecht in 175
EuGH v. 13. 12. 2001, Rs. C-481/99, Slg. 2001, I-9945 – Heininger. Gegen Richtlinienkonformität der alten Rechtslage vgl. Brüggemeier/Reich, BB 2001, 213, 219; Bülow, NJW 2002, 1145, 1150. 177 Vgl. hierzu Boucard, RDC 2013 n84, p. 1669 et s. 176
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Deutschland hat. Eine Rückabwicklung kann dann aufgrund der Nichtigkeit des Vertrags erfolgen und muss nicht auf den (fristgebundenen) Widerruf gestützt werden. 4. Weitergehende Schutzvorschriften a) Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie Art. 8: „Die vorliegende Richtlinie hindert die Mitgliedstaaten nicht daran, noch günstigere Verbraucherschutzbestimmungen auf dem Gebiet dieser Richtlinie zu erlassen oder beizubehalten.“
b) Rechtslage in Deutschland Deutschland hat von dieser Möglichkeit (außer der bereits besprochenen, wie Ausdehnung der Widerrufsfrist etc.) keinen weiteren Gebrauch gemacht. c) Rechtslage in Frankreich In Frankreich werden europäische Richtlinienvorgaben oft in Form von Ordnungswidrigkeitstatbeständen, für die die Verwaltungsbehörden zuständig sind, umgesetzt.178 So sind bestimmte Haustürgeschäfte komplett verboten (zum Beispiel für Lehrmaterial, Art. L. 121-33 Cconsom oder für Rechtsberatungen, Art. 66-4 des Gesetzes vom 31. Dezember 1971). Andere unterliegen gesonderten Regelungen (wie beispielsweise für Finanzinstrumente Art. L. 341-1 ff. Code monétaire et financier) auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann. Ein verwaltungsrechtliches Verbot von bestimmten Haustürgeschäften wird vom EuGH nur aufgrund der Öffnungsklausel des Art. 8 der Richtlinie toleriert.179 Dies lässt darauf schließen, dass diese Vorschrift infolge der Vollharmonisierung richtlinienwidrig würde (siehe Teil 3). 5. Überleitung zu II. Im Anschluss an den Vergleich des Haustürgeschäftsrechts soll nun das Fernabsatzrecht Frankreichs und Deutschlands verglichen werden.
178 179
Riehm, JZ 2006, 1035, 1039. EuGH v. 23. 2. 2006, Rs. C-441/04, Slg. 2006, I-2093 – A-Punkt Schmuckhandel.
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II. Fernabsatzverträge Der Abschluss von Fernabsatzverträgen hat den Vorteil für den Verbraucher, dass dieser sich nicht fortbewegen muss, um seine Ware oder Dienstleistung zu erhalten. Allerdings kann der Verbraucher die Ware oder den Anbieter nicht persönlich kontrollieren. Zudem ist der Vertragspartner im Zweifel sehr weit vom Aufenthaltsort des Verbrauchers entfernt, was etwaige nachvertragliche Auseinandersetzungen erschweren kann. Diesen Umständen sollte die Fernabsatzrichtlinie Rechnung tragen.180 Rechtslage in Deutschland Zur Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie wurde zunächst das Fernabsatzgesetz neu geschaffen. Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung folgte die Integration in §§ 312b ff. BGB. Die Vorschriften basieren sowohl auf der Fernabsatzrichtlinie 97/7/EG, als auch auf der Richtlinie über Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 2002/65/EG. Nur § 312g BGB beruht auf der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG. Zu beachten ist, dass die Fernabsatzrichtlinie eine mindestharmonisierende Richtlinie ist,181 wohingegen die Fernabsatzrichtlinie für Finanzdienstleistungen auf eine Vollharmonisierung abzielt.182 Der deutsche Gesetzgeber hat sich entschieden, die Vorschriften über den Fernabsatz so weit wie möglich zu vereinheitlichen und hat dementsprechend im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleitungen die bestehenden fernabsatzrechtlichen Regelungen, insbesondere die Informationspflichten erweitert, um der Vollharmonisierung zu genügen.183 Insgesamt bleibt festzustellen, dass die §§ 312b ff. BGB seit ihrer Schaffung im Jahre 2002 zahlreiche Änderungen durch Gesetzesnovellierungen erfahren haben (beispielsweise im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie über Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen;184 § 355 BGB musste wiederum im Rahmen der 180
Siehe etwa Erwägungsgrund 14: „Der Verbraucher hat in der Praxis keine Möglichkeit, vor Abschluß des Vertrags das Erzeugnis zu sehen oder die Eigenschaften der Dienstleistung im einzelnen zur Kenntnis zu nehmen. Daher sollte ein Widerrufsrecht bestehen, sofern in dieser Richtlinie nicht etwas anderes bestimmt ist.“ 181 Art. 14 Fernabsatzrichtlinie. 182 Erwägungsgrund 13 der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. 183 Enders/Kosmides, in: Lehmann/Meents, Kapitel 11, Rn. 10. 184 Durch das Gesetz vom 2. 12. 2004 zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistungen; weitere Änderungen durch das Gesetz vom 29. 7. 2009 zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen sowie durch das Gesetz vom 17. 1. 2011 zur Modernisierung der Regelungen über Teilzeit-Wohnrechteverträge, Verträge über langfristige Urlaubsprodukte sowie Vermittlungsverträge und Tauschsystemverträge und durch das Gesetz vom 27. 7. 2011 zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge.
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Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie185 geändert werden), was die Materie für Rechtsanwender schwierig zu erfassen macht. Rechtslage in Frankreich Der französische Gesetzgeber hat die Fernabsatzverträge bereits lange vor Intervention des europäischen Gesetzgebers reglementiert. Dies geschah durch folgende sukzessiv erlassene Gesetze: Loi du 6 janvier 1988, loi du 23 juin 1989 und loi du 18 janvier 1992. Anders als in der Richtlinie waren in den französischen Gesetzen allerdings nur Fernabsatzkaufverträge geregelt. Diese Gesetze wurden alle in Art. L. 121-16 bis 121-20-7 Cconsom durch die Ordonnance vom 23. August 2001 integriert.186 Von der in Art. 14 der Richtlinie vorgesehenen Abweichungsmöglichkeit zugunsten des Verbrauchers hat Frankreich, anders als Deutschland, keinen Gebrauch gemacht. Die aufgrund von Verspätung sehr schnell zustande gekommene Ordonnance übernimmt fast eins zu eins den Richtlinientext und ist demgemäß mit derselben Komplexität der Formulierung behaftet.187 Systematisch gliedert sich der Abschnitt über Fernabsatzverträge in 3 Untersektionen: Untersektion 1 für Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, Untersektion 2 für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen (Art. L. 121-20-8 bis L. 121-20-14)188 und Untersektion 3 für gemeinsame Vorschriften. Die Struktur dieser unterschiedlichen Regelungen ist nicht umsonst als sehr komplex bezeichnet worden.189 Bemerkenswert ist, dass im Gegensatz zu den Fernabsatzrichtlinien, die durch Ordonnances in den Code de la consommation umgesetzt wurden, die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr durch eine Loi190 umgesetzt wurde und teilweise sogar ihren Weg in den Code civil gefunden hat.191 Dies lässt einen geringeren Stellenwert der Fernabsatzvorschriften vermuten. Auch hier sollen nun sukzessiv der Anwendungsbereich, die Informationspflichten, das Widerrufsrecht und die Erfüllung des Fernabsatzvertrags sowie die Behandlung verbundener Verträge und nicht-bestellter Waren und Dienstleistungen in Deutschland und Frankreich anhand der Umsetzungsvorschriften zur Fernabsatzrichtlinie verglichen werden.
185
Durch das Gesetz vom 29. 7. 2009. Ordonnance n8 2001-741. 187 Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 104. 188 Umgesetzt durch die ordonnance n8 2005-648. 189 Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 312. 190 Loi n8 2004-575 pour la confiance dans l’économie numérique. 191 So Art. 1108-1, Art. 1108-2 und Art. 1369-1 ff. Cciv, siehe hierzu Fenouillet, RDC 2004, 955 ff.; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 14, 41. 186
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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1. Anwendungsbereich a) Persönlicher Anwendungsbereich aa) Definition des Verbrauchers (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 2 Nr. 2: Verbraucher ist „jede natürliche Person, die beim Abschluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“
Dies entspricht der Definition aus der Haustürwiderrufsrichtlinie. (2) Rechtslage in Deutschland Da § 13 BGB für alle Verbrauchervorschriften gilt, ergeben sich keine Unterschiede zu dem im Rahmen der Haustürgeschäfte erläuterten Verbraucherbegriff. (3) Rechtslage in Frankreich Anders als bei Haustürgeschäften (s. o.) benennt Art. L. 121-16 Cconsom ausdrücklich den Verbraucher als geschützte Person. Die Definition des Verbrauchers aus der Richtlinie wurde nicht vom französischen Umsetzungsgesetzgeber übernommen. Somit bleibt es weiterhin der Rechtsprechung überlassen, den Verbraucherbegriff zu konkretisieren.192 bb) Definition des Vertragspartners (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Nach Art. 2 Nr. 3 ist „Lieferer“ jede natürliche oder juristische Person, die beim Abschluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt. (2) Rechtslage in Deutschland Der Unternehmerbegriff des § 14 I BGB wurde bereits oben im Rahmen von Haustürgeschäften besprochen.193
192 193
Vgl. Teil 2, B. I. 1. a) bb). Teil 2, B. I. 1. a) bb) (2).
96
Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
(3) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-16 Cconsom spricht vom „professionnel“, der allerdings nicht definiert ist. Die Rechtsprechung verwendet teilweise unterschiedliche Definitionen des Unternehmers, je nachdem, welche Schutzvorschrift angewendet wird.194 Allerdings wird der Unternehmer immer mehr in Abgrenzung zum Verbraucher definiert, sodass die oben195 erläuterten Grundsätze zum Kriterium des „rapport direct“ Anwendung finden.196 Andere Vorschriften wie beispielsweise Art. L. 121 – 19 al. 1 38 Ccosom nehmen wiederum auf den „fournisseur“ Bezug, was durch die Übernahme bereits vor Richtlinienumsetzung bestehender Fernabsatzvorschriften bedingt ist.197 cc) Definition des Betreibers einer Fernkommunikationstechnik (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 2 Nr. 5: „natürliche oder juristische Person des öffentlichen oder privaten Rechts, deren gewerbliche oder berufliche Tätigkeit darin besteht, den Lieferern eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken zur Verfügung zu stellen.“
Diese Definition wurde weder vom deutschen noch vom französischen Umsetzungsgesetzgeber übernommen. Für die Umsetzung der Definition bestand aber auch keine Notwendigkeit, da sich diese schon aus der Definition der Fernkommunikationsmittel ergibt. b) Sachlicher Anwendungsbereich aa) Definition des Fernabsatzvertrags und der Fernkommunikationsmittel (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 2 Nr. 1: „,Vertragsabschluß im Fernabsatz‘ [bezeichnet] jeden zwischen einem Lieferer und einem Verbraucher geschlossenen, eine Ware oder eine Dienstleistung betreffenden Vertrag, der im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems des Lieferers geschlossen wird, wobei dieser für den Vertrag bis zu dessen Abschluß einschließlich des Vertragsabschlusses selbst ausschließlich eine oder mehrere Fernkommunikationstechniken verwendet.“ 194
So ist der Unternehmerbegriff im Rahmen von AGB-Kontrollen ein anderer als im Rahmen von Haustürgeschäften, vgl. Raymond, Fasc. 800, Rn. 12. 195 Teil 2, B. I. 1. a) aa) (3). 196 Raymond, Fasc. 800, Rn. 13, 14. 197 Liedtke, Die Umsetzung der Haustürwiderrufs- und Fernabsatz-Richtlinien in Deutschland und Frankreich, 150.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
97
Art. 2 Nr. 4: „,Fernkommunikationstechnik‘ ist jedes Kommunikationsmittel, das zum Abschluß eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Lieferer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden kann.“
Eine beispielhafte Liste der Techniken im Sinne dieser Richtlinie ist in Anhang I enthalten. (2) Rechtslage in Deutschland Fernabsatzverträge sind in § 312b I BGB, der die Richtlinie wörtlich umsetzt, definiert als: „Verträge über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Finanzdienstleistungen, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln abgeschlossen werden, es sei denn, dass der Vertragsschluss nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgt. Finanzdienstleistungen im Sinne des Satzes 1 sind Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung.“
Die Begriffe „Lieferung von Waren“ und „Erbringung von Dienstleistungen“ sind insgesamt weit zu verstehen, sodass beispielsweise auch Werk- oder Mietverträge darunter fallen.198 Fernkommunikationsmittel sind nach § 312b II BGB: „Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, insbesondere Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien, E-Mails sowie Rundfunk, Tele- und Mediendienste.“
Die Liste aus dem Anhang der Richtlinie wurde vom Umsetzungsgesetzgeber auf wesentliche Kernpunkte in der Definition beschränkt. Die „ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln“ erfordert vom Wortlaut her, dass sowohl die Anbahnung des Vertrags, die Vertragsverhandlungen als auch der Abschluss des Vertrags durch Fernkommunikationsmittel erfolgen. Umstritten ist die Anwendbarkeit der Fernabsatzvorschriften, wenn während der Vertragsanbahnungsphase ein persönlicher Kontakt zwischen den Parteien stattgefunden hat, der Vertragsschluss aber mit Hilfe von Fernkommunikationsmitteln erfolgt.199
198
BGH NJW 1994, 262; siehe auch Grüneberg, Palandt, § 312b Rn. 10c. Für eine Darstellung der verschiedenen Ansichten vgl. Enders/Kosmides, in: Lehmann/ Meents, Kapitel 11, Rn. 34; zu einer Abgrenzung zu Haustürgeschäften vgl. Micklitz, ZEuP 1999, 875, 876 f. 199
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
Der Vertragsschluss muss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems erfolgen. Eine Legaldefinition ist weder in der Richtlinie, noch im BGB enthalten. Hierfür ist erforderlich, dass der Betrieb des Unternehmers objektiv die personellen, sachlichen und organisatorischen Voraussetzungen erfüllt, um regelmäßig Fernabsatzgeschäfte zu bewältigen, dass also der Vertrag nicht nur zufällig durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln zustande kommt.200 Aus der negativen Formulierung („es sei denn“) ist zu schließen, dass der Unternehmer die Beweislast für das Nicht-Vorliegen dieser Voraussetzung trägt.201 Nach Ansicht der Rechtsprechung muss der Verbraucher bei einer wesentlichen Änderung eines bestehenden Vertrags, die unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln erfolgt, im gleichen Umfang wie bei einem Erstvertrag geschützt werden.202 Exkurs: Zustandekommen des Vertrags Das Zustandekommen des Fernabsatzvertrags richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen. In den meisten Fällen wird sich die Annonce des Anbieters zwar mangels Rechtsbindungswillen als eine reine invitatio ad offerendum darstellen, sodass der Kunde ein bindendes Angebot abgibt. Dies kann im Einzelfall aber auch anders sein.203 (3) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-16 Cconsom definiert den Anwendungsbereich der Fernabsatzvorschriften. Diese gelten nur für Fernabsatzverträge, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben. Die Natur des Vertrags ist irrelevant, solange dieser von einem Verbraucher und einem Unternehmer, ohne die gleichzeitige Anwesenheit beider Parteien und ausschließlich mithilfe von Fernkommunikationsmitteln geschlossen wurde. Die Fernabsatzrichtlinie enthält im Anhang eine nicht abschließende Liste von Fernkommunikationsmitteln, an denen man sich orientieren kann. Weder die Definition der Fernkommunikationsmittel noch die Liste aus dem Anhang der Richtlinie wurden in das französische Recht umgesetzt. Das Umsetzungsdefizit des französischen Rechts muss durch richtlinienkonforme Auslegung bzw. Ergänzung korrigiert werden. Der Wortlaut der französischen Umsetzungsvorschrift setzt die Nutzung von Fernkommunikationsmitteln für den Vertragsschluss voraus. Im Sinne einer richt-
200
BGH NJW 2004, 3699, 3701; Micklitz, ZEuP 1999, 875, 877; Wendehorst, MüKo, § 312 b Rn. 56. 201 BT-Drucks. 14/2658 S. 31; siehe auch Wendehorst, MüKo, § 312b Rn. 68. 202 OLG Koblenz MMR 2012, 456. 203 So beispielsweise in BGH NJW 2001, 1142; vgl. auch Grüneberg, Palandt, § 312b Rn. 4.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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linienkonformen Auslegung muss unter „Vertragsschluss“ auch die vorvertragliche Phase verstanden werden.204 Anders als die Fernabsatzrichtlinie und die deutsche Umsetzungsnorm enthält Art. L. 121-16 Cconsom nicht die Voraussetzung eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems. In den Spezialvorschriften für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleitungen wird dieses Kriterium allerdings ausdrücklich erwähnt (Art. L. 121-20-8 Cconsom). Diese Voraussetzung wird allerdings in Art. L. 121-16 Cconsom hineingelesen, da einerseits nur derjenige Unternehmer, der gewöhnlich Fernabsatzverträge tätigt, auch den strengeren Fernabsatzvorschriften unterworfen sein soll.205 Die Begriffe „vente d’un bien“ und „fourniture d’une prestation de service“ müssen weit ausgelegt werden. So sind beispielsweise auch Werkverträge erfasst.206 Exkurs: Zustandekommen des Vertrags Grundsätzlich gibt der Unternehmer das Angebot ab.207 Allerdings ist die Rechtsprechung in Frankreich sehr uneinheitlich, was das Zustandekommen des Fernabsatzvertrags, insbesondere den Zeitpunkt der Annahme angeht.208 Auch in der Literatur stehen sich verschiedene Ansichten gegenüber, so insbesondere die „théorie de l’émission“, wonach der Vertrag mit Abgabe der Annahmeerklärung zustande kommt und die „théorie de la réception“, wonach der Vertrag erst geschlossen ist, wenn die Annahmeerklärung in den Machtbereich des Empfängers gelangt, sodass dieser hiervon Kenntnis nehmen kann.209 Die herrschende Lehre scheint der Zugangstheorie zu folgen, wohingegen die Rechtsprechung vermehrt von der „théorie de l’émission“ ausgeht.210 Dies entspricht auch nicht der europarechtlichen Betrachtung, nach der – wie in der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr zum Ausdruck kommt – der Vertrag erst mit Möglichkeit der Kenntnisnahme der Annahmeerklärung durch den Empfänger zustande kommt.211 In Art. 1369-4 und 1369-5 Code civil, die diese Vorgaben der E-Commercerichtlinie umsetzen sollen, wird jedoch zum Ausdruck gebracht, dass im elektronischen Geschäftsverkehr be204
Vgl. Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 111. Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 137. 206 So beispielsweise bereits Cass. Soc., 2 juill. 1954, Bull. civ. IV, n8 485; Cass civ. 1re, 29 oct. 2002, Contrats, conc. consom. 2003, comm. 18. 207 Raymond, Fasc. 3820, Rn. 43. 208 Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 237 mit einem ausführlichen Verweis auf die Literatur zum Streitstand; vgl. auch Witz, ZEuP 2004, 503, 509. 209 So beispielsweise auch Cass. com. 7 janv. 1981, Bull. Civ. IV, n8 14; zu den verschiedenen Theorien siehe Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 237 ff. 210 Cass. Com. 7 janv. 1981, Bull. civ. IV n8 14; Cass. Soc. 11 juil. 2002, Bull. civ. V, n8 254; Grynbaum, „Contrats entre absents: les charmes évanescents de la théorie de l’émission et de l’acceptation“, D. 2003, chron. 1706; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 66; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 243 mit Rechtsprechungshinweisen. 211 So Art. 11 RL 2000/31/EG. 205
100
Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
reits die Darbietung im Online-Shop ein bindendes Angebot darstellt und der Verbraucher dieses Angebot durch seine Bestellung annimmt. Das Bestehen eines Widerrufsrechts hat keinen Einfluss auf das Zustandekommen des Vertrags.212 bb) Ausnahmen (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 3: „(1) Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge, die – in einer nicht erschöpfenden Liste in Anhang II angeführte Finanzdienstleistungen betreffen; – unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden; – mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln aufgrund der Benutzung von öffentlichen Fernsprechern geschlossen werden; – für den Bau und den Verkauf von Immobilien geschlossen werden oder die sonstige Rechte an Immobilien mit Ausnahme der Vermietung betreffen; – bei einer Versteigerung geschlossen werden. (2) Die Artikel 4, 5 und 6 sowie Artikel 7 Absatz 1 gelten nicht für – Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von Händlern im Rahmen häufiger und regelmässiger Fahrten geliefert werden; – Verträge über die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Freizeitgestaltung, wenn sich der Lieferer bei Vertragsabschluß verpflichtet, die Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen; ausnahmsweise kann der Lieferer sich bei Freizeitveranstaltungen unter freiem Himmel das Recht vorbehalten, Artikel 7 Absatz 2 unter besonderen Umständen nicht anzuwenden.“
(2) Rechtslage in Deutschland § 312b I BGB erfasst ausdrücklich auch Finanzdienstleistungen. In § 312b III BGB sind Bereichsausnahmen geregelt: „Die Vorschriften über Fernabsatzverträge finden keine Anwendung auf Verträge: 1. über Fernunterricht (§ 1 des Fernunterrichtsschutzgesetzes), 212 Raymond, Droit de la consommation, p. 170; anders wird dies von manchen im Rahmen von Haustürgeschäften gesehen, dazu bereits oben Teil 2, B. I. 3.
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101
2. über die Teilzeitnutzung von Wohngebäuden, langfristige Urlaubsprodukte sowie auf Vermittlungsverträge oder Tauschsystemverträge (§§ 481 bis 481b), 3. über Versicherungen sowie deren Vermittlung, 4. über die Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, die Begründung, Veräußerung und Aufhebung von dinglichen Rechten an Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten sowie über die Errichtung von Bauwerken, 5. über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von Unternehmern im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden, 6. über die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Unterbringung, Beförderung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Freizeitgestaltung, wenn sich der Unternehmer bei Vertragsschluss verpflichtet, die Dienstleistungen zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen, 7. die geschlossen werden a) unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen oder b) mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln auf Grund der Benutzung von öffentlichen Fernsprechern, soweit sie deren Benutzung zum Gegenstand haben.“
Absatz 4 sieht bestimmte Einschränkungen für Dauerschuldverhältnisse vor: „Bei Vertragsverhältnissen, die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinander folgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge der gleichen Art umfassen, finden die Vorschriften über Fernabsatzverträge nur Anwendung auf die erste Vereinbarung. Wenn derartige Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinander folgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 2.“
In § 312d IV Nr. 5 BGB wird nur das Widerrufsrecht bei Versteigerungen i.S.d. § 156 BGB ausgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des BGH fallen Ebay-Auktionen nicht darunter.213 (3) Rechtslage in Frankreich Der französische Umsetzungsgesetzgeber hat alle Bereichsausnahmen der Richtlinie, insbesondere den Ausschluss von Finanzdienstleistungen, in Art. L. 12117 Cconsom übernommen. In 48 findet sich auch der Ausschluss von Verträgen, die durch eine öffentliche Versteigerung zustande kommen. Diese sind abzugrenzen von
213
BGH NJW 2005, 2319; zum Streitstand siehe Wendehorst, MüKo, § 312d Rn. 41 ff.
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
sog. „courtages aux enchères“, bei denen der Vertrag ohne Zutun eines Dritten (ohne Auktionator) zustande kommt.214 Allerdings wurde der Ausschluss der Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln aufgrund der Benutzung von öffentlichen Fernsprechern geschlossen werden, fehlerhaft umgesetzt.215 Die deutsche Umsetzung, die die Ausnahme auf Verträge zur Benutzung dieser öffentlichen Fernsprecher beschränkt, entspricht besser dem Zweck des Richtliniengesetzgebers, da beispielsweise Verträge über den Verkauf von Telefonkarten u. ä., vom Wortlaut der französischen Ausschlussnorm erfasst sind, was nicht der Ratio der Richtlinie entspricht c) Schlussfolgerung hinsichtlich Anwendungsbereich Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs sind dieselben Abweichungen vorhanden, wie im Rahmen von Haustürgeschäften (siehe oben). Was den sachlichen Anwendungsbereich angeht, so sind auch hier einige Divergenzen zu beobachten. Die Definition des Fernabsatzvertrags entspricht sowohl in Frankreich als auch in Deutschland der Richtlinie. Im Gegensatz zum französischen Umsetzungsgesetz, das weder die Definition noch die Liste von Fernkommunikationsmitteln aus der Richtlinie übernommen hat, hat sich der deutsche Umsetzungsgesetzgeber dafür entschieden, einige Beispiele aus der Liste in die Definition von Fernkommunikationsmitteln zu integrieren. Genauso fehlt in Frankreich die Voraussetzung des Vertragsschlusses im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems. Diese Schwäche des Umsetzungsgesetzes wird durch richtlinienkonformes Hineinlesen dieser Voraussetzung ausgeglichen. Das gleiche Problem stellt sich in Frankreich für die zeitliche Phase der Benutzung von Fernkommunikationsmitteln. Da der Umsetzungstext, anders als die Richtlinie, nur den Vertragsschluss benennt, muss dies auf die vorvertragliche Phase ebenfalls durch richtlinienkonforme Auslegung erweitert werden. Hier sind also einige Schwächen der französischen Umsetzung zu erkennen. Divergenzen sind auch bei den Ausnahmen vom Anwendungsbereich zu erkennen. Der größte Unterschied ist wohl, dass das deutsche Recht auch Finanzdienstleistungen erfasst, wohingegen diese in Frankreich wie auch in der Richtlinie ausdrücklich Sondervorschriften vorbehalten sind.
214
Die Definition der „courtages aux enchères“ findet sich in Art. L. 321-3 al. 2 Code de commerce; zur Anwendbarkeit der Fernabsatzvorschriften siehe Bochubert, Rn. 1633 ff.; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 344 f. 215 Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 338.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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Ein weiterer Unterschied betrifft den Ausschluss von Versteigerungen aus dem Anwendungsbereich. Aus den Erwägungsgründen der Richtlinie ergibt sich, dass hierunter nur öffentliche Versteigerungen subsumiert werden sollten, was in der französischen Umsetzung auch ausdrücklich festgesetzt worden ist. Die deutsche Umsetzungsvorschrift verweist auf § 156 BGB, wonach unter Versteigerungen nur solche zu verstehen sind, die durch Gebot und Zuschlag zustande kommen. Eine Begrenzung auf öffentliche Versteigerungen ist hierin aber nicht enthalten. Zudem schließt das deutsche Recht Versteigerungen nicht gänzlich aus dem Anwendungsbereich aus; nur ein Widerrufsrecht besteht nicht. Insgesamt sind einige Umsetzungsdefizite in Frankreich festzustellen, die durch richtlinienkonforme Auslegung auszugleichen sind. Festzuhalten bleibt auch, dass die Richtlinie den Vertragsschluss selbst nicht harmonisiert, sondern sich dieser nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten richtet, was ebenfalls zu Unterschieden führen kann. 2. Informationspflichten a) Vorvertragliche Informationspflichten aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 4 I: „(1) Der Verbraucher muß rechtzeitig vor Abschluß eines Vertrags im Fernabsatz über folgende Informationen verfügen: a) Identität des Lieferers und im Fall von Verträgen, bei denen eine Vorauszahlung erforderlich ist, seine Anschrift; b) wesentliche Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung; c) Preis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller Steuern; d) gegebenenfalls Lieferkosten; e) Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferung oder Erfuellung; f) Bestehen eines Widerrufrechts, außer in den in Artikel 6 Absatz 3 genannten Fällen; g) Kosten für den Einsatz der Fernkommunikationstechnik, sofern nicht nach dem Grundtarif berechnet; h) Gültigkeitsdauer des Angebots oder des Preises; i) gegebenenfalls Mindestlaufzeit des Vertrags über die Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, wenn dieser eine dauernde oder regelmäßig wiederkehrende Leistung zum Inhalt hat. (2) Die Informationen nach Absatz 1, deren kommerzieller Zweck unzweideutig erkennbar sein muß, müssen klar und verständlich auf jedwede der verwendeten Fernkommunikationstechnik angepaßte Weise erteilt werden; dabei sind insbesondere die Grundsätze der Lauterkeit bei Handelsgeschäften sowie des Schutzes solcher Personen, die nach den Ge-
104
Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
setzen der einzelnen Mitgliedstaaten nicht geschäftsfähig sind (wie zum Beispiel Minderjährige), zu beachten. (3) Bei Telefongesprächen mit Verbrauchern ist darüber hinaus zu Beginn des Gesprächs die Identität des Lieferers und der kommerzielle Zweck des Gesprächs ausdrücklich offenzulegen.“
Nach dem EuGH genügt es für eine wirksame Widerrufsbelehrung nicht, wenn sie dem Verbraucher nur über einen Hyperlink auf der Webseite des Geschäftspartners zugänglich gemacht wird.216 bb) Rechtslage in Deutschland § 312c BGB regelt die Unterrichtung des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen. Absatz 1 verweist auf Artikel 246 §§ 1 und 2 des EGBGB, in denen wiederum zwischen vorvertraglichen und nachvertraglichen Informationen unterschieden wird. Dabei kann es zu Wiederholungen kommen, da einige Informationen sowohl vor Vertragsschluss als auch danach mitzuteilen sind. Hier ist es sinnvoll beides zu kombinieren, wobei die jeweilige strengste Form und Zeitangabe beachtet werden muss.217 Die Informationspflichten gehen über das in der Richtlinie erforderte Maß hinaus (z. B. auch Anschrift des Lieferers und Information über Nichtbestehen des Widerrufsrechts erforderlich). Die vorvertraglichen Informationen müssen dem Verbraucher vor Abgabe „der Vertragserklärung“ also seines bindenden Angebots zukommen. Für sie ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, die Informationen müssen „in einer dem eingesetzten Fernkommunikationsmittel entsprechenden Weise klar und verständlich“ erfolgen. Bei Finanzdienstleistungen kann der Verbraucher nach § 312c III BGB während der Laufzeit des Vertrags jederzeit vom Unternehmer verlangen, dass ihm dieser die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen in einer Urkunde zur Verfügung stellt. In Absatz 4 wird klargestellt, dass weitergehende Einschränkungen bei der Verwendung von Fernkommunikationsmitteln und weitergehende Informationspflichten auf Grund anderer Vorschriften unberührt bleiben. In § 312c II BGB wird die Pflicht zur Kenntlichmachung der Identität des Lieferers und des kommerziellen Zwecks eines Telefongesprächs umgesetzt.
216 217
EuGH v. 5. 7. 2012, Rs. C-49/11, MMR 2012, 730. Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1157.
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cc) Rechtslage in Frankreich Gemäß Art. L. 121-18 Cconsom müssen bestimmte Informationen zwangsweise im Angebot zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags enthalten sein.218 Diese Informationen betreffen hauptsächlich die wichtigsten Merkmale des Vertragsgegenstands, sowie die wichtigsten Vertragsbestimmungen. Die Informationspflichten gehen über das in der Richtlinie geforderte Maß hinaus, z. B. auch Anschrift des Lieferers und dessen Telefonnummer. Der geschäftliche Zweck der Informationen muss unmissverständlich zum Ausdruck kommen und die Informationen müssen in klarer und verständlicher Weise gewährt werden. Dies lässt darauf schließen, dass die Informationen für einen französischen Verbraucher in französischer Sprache erfolgen müssen.219 Nach Art. L. 121-18 Cconsom muss der Unternehmer den Verbraucher über die Lieferungs- und Abwicklungsmodalitäten informieren. Oft finden sich in den AGBs der Unternehmer Klauseln, die eine angegebene Lieferungsfrist nur als Indizfrist festlegen. Die Cour de cassation sieht solche Klauseln als unwirksam nach Art. 132-1 Cconsom an.220 Dennoch sind sie in zahlreichen AGBs von Online-Händlern zu finden.221 Nach Art. L. 121-20-3 al. 1 Cconsom ist der Verkäufer verpflichtet, eine „date limite“ d. h. den spätmöglichsten Zeitpunkt für die Lieferung anzugeben. Insbesondere darf die angegebene Höchstfrist nicht nur als unverbindlich dargestellt werden. Mangels entsprechender Angaben wird vermutet, dass der Verkäufer mit Vertragsschluss zur Lieferung verpflichtet ist. Neben den speziellen Informationen aus Art. L. 121-18 Cconsom muss der Unternehmer natürlich auch den allgemeinen Informationspflichten genügen (hierzu oben). Dies wird in Art. L. 121-18 Cconsom ausdrücklich klargestellt.222 Zwar wurde von der Möglichkeit, die Beweislast für die Erbringung der Informationen auf den Unternehmer abzuwälzen, nicht ausdrücklich Gebrauch gemacht, allerdings entspricht diese Beweislastverteilung ohnehin der Rechtsprechung223 und der Verweis auf Art. L. 111-1 und -2 Cconsom, in denen die Beweislastumkehr ausdrücklich geregelt ist, lässt darauf schließen, dass der Unternehmer auch für die
218
Hierzu gehören Informationen über den Preis, die Identifikation des Unternehmers, das Widerrufsrecht, den Gültigkeitszeitraum des Angebots, die Zahlungs-, Liefer- und Vertragsdurchführungsbedingungen. 219 So auch die Strafrechtskammer der Ccass, Cass. crim., 14 nov. 2000, Droit et patrimoine 2001, n8 91, p. 121 et s.; Cass. crim. 13 nov. 2007, Contrats conc. consom. 2008, comm. 54; siehe auch Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 350 m.w.Nachw. 220 Cass. Civ. 1re, 16 juiL. 1987, D. 1988.J.49. 221 Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 116. 222 Art. L. 121-18 Cconsom verweist auf Art. L. 121-18, Art. L. 111-1, -2 und L. 111-3 Cconsom. 223 So beispielsweise Cass. Civ. 1re, 15 mai 2002, D. 2002.IR.1811.
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Erfüllung der Informationspflichten aus Art. L. 121-18 Cconsom die Beweislast trägt. b) Schriftliche Bestätigung aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 5: „(1) Der Verbraucher muß eine Bestätigung der Informationen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben a) bis f) rechtzeitig während der Erfuellung des Vertrags, bei nicht zur Lieferung an Dritte bestimmten Waren spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung, schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erhalten, soweit ihm diese Informationen nicht bereits vor Vertragsabschluß schriftlich oder auf einem anderen für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger erteilt wurden. Auf jeden Fall ist folgendes zu übermitteln: – schriftliche Informationen über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrechts im Sinne des Artikels 6, einschließlich der in Artikel 6 Absatz 3 erster Gedankenstrich genannten Fälle; – die geographische Anschrift der Niederlassung des Lieferers, bei der der Verbraucher seine Beanstandungen vorbringen kann; – Informationen über Kundendienst und geltende Garantiebedingungen; – die Kündigungsbedingungen bei unbestimmter Vertragsdauer bzw. einer mehr als einjährigen Vertragsdauer. (2) Absatz 1 ist nicht anwendbar auf Dienstleistungen, die unmittelbar durch Einsatz einer Fernkommunikationstechnik erbracht werden, sofern diese Leistungen in einem Mal erfolgen und über den Betreiber der Kommunikationstechnik abgerechnet werden. Allerdings muß der Verbraucher in jedem Fall die Möglichkeit haben, die geographische Anschrift der Niederlassung des Lieferers zu erfahren, bei der er seine Beanstandungen vorbringen kann.“
bb) Rechtslage in Deutschland Alle Informationen müssen spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags, bei Waren spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher nochmals in Textform bestätigt werden, Art. 246 § 2 EGBGB. Die nachvertraglichen Informationspflichten enthalten sowohl alle vorvertraglichen als auch zusätzliche Informationen. Diese müssen in Textform oder auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden. Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen hat dies alsbald, spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags, bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen spätestens bis zur Lieferung der Ware zu erfolgen. § 312c II BGB legt fest, dass der Unternehmer den Verbraucher bei von ihm veranlassten Telefongesprächen über seine Identität und den geschäftlichen Zweck
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des Kontakts zu Beginn des Gesprächs hinzuweisen hat. Diese Vorschrift beruht auf Art. 4 II und III FARL bzw. Art. 3 II, III a) FinFARL. Absatz 3 enthält eine Sondervorschrift für Finanzdienstleistungen, wonach der Verbraucher jederzeit vom Unternehmer verlangen kann, dass dieser ihm die Vertragsbestimmungen und Allgemeine Geschäftsbedingungen in einer Urkunde zur Verfügung stellt. Für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen gilt zudem, dass alle Informationen vorvertragliche Informationen sind. cc) Rechtslage in Frankreich Art. 5 der Fernabsatzrichtlinie wurde in Art. L. 121-19 Cconsom umgesetzt. Er enthält bestimmte Informationen, die dem Verbraucher schriftlich oder auf einem dauerhaften Datenträger spätestens bei Lieferung zukommen müssen. Darunter fallen zunächst die Informationen aus Art. L. 121-18 Cconsom und darüber hinaus noch weitere neue Informationen. Umstritten ist das Zusammenspiel dieser zwei Artikel. Es könnte so zu verstehen sein, dass Art. L. 121-18 Cconsom die Pflichtinformationen für das Angebot des Unternehmers regelt, die nicht mehr in der Bestätigung wiederholt werden müssen, wenn sie bereits schriftlich erfolgten. Andernfalls müssen sie nochmals schriftlich oder auf einen dauerhaften Datenträger wiederholt werden. Demgegenüber regele Art. L. 121-19 Cconsom die Pflichtinformationen, die in der Vertragsbestätigung enthalten sein müssen.224 Das alternative Verständnis des Zusammenspiels dieser Regelungen, wonach die Informationen aus Art. L. 12118 und L. 121-19 Cconsom stets kumulativ übermittelt werden müssen, führt zu überflüssigen Wiederholungen. Art. L. 121-19 Cconsom enthält eine Ausnahme für sog. Downloads. In diesem Fall ist der Unternehmer von den meisten Informationspflichten aus Art. L. 121-19 Cconsom befreit. Die Informationspflichten des Art. L. 121-18 Cconsom bleiben aber bestehen. Für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen enthält Art. L. 121-20-10 Cconsom spezielle Informationspflichten. Art. L. 121-27 Cconsom steht zwar in der Sektion zu Haustürgeschäften, enthält aber eine Spezialvorschrift für Angebote, die über das Telefon vermittelt werden. Danach muss der Unternehmer dem Verbraucher eine schriftliche Angebotsbestätigung zukommen lassen und der Verbraucher wird erst durch seine Unterschrift gebunden. Die Angebotsbestätigung muss die in Art. L. 121-18 Cconsom enthaltenen Informationen beinhalten. Sollte der Unternehmer die Sache liefern, ohne dem Verbraucher vorher eine Angebotsbestätigung zukommen zu lassen, so handelt es 224
Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 111, 112.
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sich nach der Cour de cassation225 um ein ordnungswidriges/illegales Haustürgeschäft, das nach Art. L. 121-28 Cconsom mit strafrechtlichen Sanktionen behaftet ist. Dem Verbraucher steht im Rahmen von solchen Telefon-Haustürgeschäften das Widerrufsrecht aus Art. L. 121-20 Cconsom zu. c) Sanktionen der fehlenden oder fehlerhaften Information aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 6 I: „[…] Die Frist für die Wahrnehmung dieses Rechts beginnt – bei Waren mit dem Tag ihres Eingangs beim Verbraucher, wenn die Verpflichtungen im Sinne des Artikels 5 erfuellt sind; – bei Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses oder dem Tag, an dem die Verpflichtungen im Sinne des Artikels 5 erfuellt sind, wenn dies nach Vertragsabschluß der Fall ist, sofern damit nicht die nachstehend genannte Dreimonatsfrist überschritten wird. Falls der Lieferer die Bedingungen im Sinne des Artikels 5 nicht erfuellt hat, beträgt die Frist drei Monate. Diese Frist beginnt – bei Waren mit dem Tag ihres Eingangs beim Verbraucher; – bei Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses. Werden innerhalb dieser Dreimonatsfrist die Informationen gemäß Artikel 5 übermittelt, so beginnt die Frist von sieben Werktagen gemäß Unterabsatz 1 mit diesem Zeitpunkt.“ Artikel 11 I: „Die Mitgliedstaaten sorgen im Interesse der Verbraucher für geeignete und wirksame Mittel, die die Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie gewährleisten.“
bb) Rechtslage in Deutschland Gem. § 355 II BGB beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 III 1 BGB nicht vor Erfüllung der Informationspflichten aus Art. 246 § 2 i.V.m. § 1 I, II EGBGB. Wird die Widerrufsbelehrung dem Verbraucher nach dem gemäß Satz 1 oder Satz 2 maßgeblichen Zeitpunkt mitgeteilt, beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Neben der Suspension der Widerrufsfrist sind weder in den Richtlinien noch in den §§ 312b ff. BGB weitere Sanktionen für Verstöße gegen die Informationspflichten vorgesehen.
225
Cass. Crim. 12 oct. 1999, RTD com.2000.480.
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Allerdings stellen diese Informationspflichten Schutzpflichten im Sinne des § 241 II BGB dar und deren Verletzung kann zu einem Schadensersatzanspruch des Verbrauchers aus § 280 I BGB226 führen, wobei meist kein über die Vertragsbindung hinausgehender Schaden festzustellen sein wird.227 Um den Vorrang der Regelung der Verstöße gegen das Widerrufsrecht zu gewährleisten, reicht für einen Anspruch aus §§ 280 I, 241 II BGB nicht jegliche Verletzung einer Informationspflicht aus §§ 312c, 312e BGB, sondern die Informationspflichtverletzung muss zu einer konkreten Willensstörung beim Verbraucher bzw. Kunden führen und sich auf vertragswesentliche Umstände beziehen.228 Verstöße gegen die Fernabsatzvorschriften sowie gegen Vorschriften zum elektronischen Geschäftsverkehr werden mit dem Unterlassungsanspruch aus § 2 UKlaG229 sanktioniert. Diesen Anspruch können nur verbraucherschützende Verbände geltend machen, anders als den Unterlassungsanspruch aus § 8 UWG,230 den ein einzelner Wettbewerber erheben kann. Für einen Wettbewerbsverstoß ist allerdings eine bewusste Pflichtverletzung des Unternehmers, die er in der Absicht begeht, sich einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil zu verschaffen, erforderlich. cc) Rechtslage in Frankreich Sollten die in Art. L. 121-19 Cconsom vorgesehenen Informationen dem Verbraucher nicht zugegangen sein, so verlängert sich nach Art. L. 121-20 Cconsom die Widerrufsfrist von ursprünglich sieben Tagen auf drei Monate. Sollten die Informationen dem Verbraucher erst nach Lieferung zugehen, so beginnt die siebentägige Widerrufsfrist mit dem Zugang der Informationen. Die dreimonatige Frist beginnt mit Lieferung der Sache bzw. mit Vertragsschluss für Fernabsatzverträge über die Erbringung von Dienstleistungen. Dies ist nachteilig für den Verbraucher, da ihm die Fristverlängerung nicht viel nützt, wenn er keine Kenntnis von seinem Widerrufsrecht hat. Die Parallelvorschrift für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen ist insoweit verbraucherfreundlicher, als in Art. L. 121-20-12 Cconsom die verlängerte Frist erst mit Empfang der Informationen zu laufen beginnt. Sollte die anzugebende Frist nicht eingehalten werden, kann der Verbraucher die Auflösung des Vertrags unter den Voraussetzungen des Art. L. 114-1 Cconsom verlangen. Die Rückabwicklung richtet sich in diesem Fall nach Art. L. 121-20-1 Cconsom. 226
BGH NJW 2007, 357; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 89. Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155. 228 Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1156. 229 Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen, BGBl 2001 I 3422. 230 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, BGBl 2004 I, S. 1414. 227
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Daneben treten die allgemeinen zivilrechtlichen Folgen ein. Der Verstoß gegen vorvertragliche Informationspflichten führt zu deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüchen. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat eine Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers eingeführt: der Unternehmer muss beweisen, dass er seiner Informationspflicht nachgekommen ist.231 Es ist außerdem anerkannt, dass der Verbraucher die Nichtigkeit des Vertrags erwirken kann232 (obwohl dies im Gegensatz zu den Vorschriften zu Haustürgeschäften in den Fernabsatzvorschriften nicht ausdrücklich vorgesehen ist). Ein Verstoß gegen die Informationspflichten führt gemäß Art. R. 121-2 Cconsom auch zu einem Bußgeld. Zudem können Verbraucherverbände nach Art. L. 421-1 und L. 421-2 Cconsom zivilrechtlich gegen den Unternehmer vorgehen und gemäß Art. L. 421-6 Cconsom auf Unterlassung klagen. d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Informationspflichten Wie bei den Haustürgeschäften ergeben sich die größten Divergenzen aus den zusätzlichen Informationspflichten, die in Frankreich zu beachten sind (hierzu schon oben). Doch auch die deutsche Umsetzungsnorm geht über die Richtlinie hinaus, wenn sie verlangt, dass die vorvertraglichen Informationen dem Verbraucher vor Abgabe „der Vertragserklärung“, also seines bindenden Angebots, zukommen müssen. Dies ist strenger als in der Richtlinie, die eine Bekanntgabe „vor Abschluss eines Vertrags“ vorsieht und wonach es also ausreichen würde, wenn die Informationen nach Abgabe des Angebots, aber vor Annahme durch den Unternehmer zur Verfügung gestellt werden würden. Zudem müssen in Deutschland alle vorvertraglichen Informationen nochmals schriftlich bestätigt werden. Auch hinsichtlich der Sanktionen bei fehlender Information kann auf oben verwiesen werden. Das deutsche Recht kennt keine Nichtigkeit des Vertrags und keine strafrechtlichen Sanktionen wie das französische. Sogar die Verlängerung der Widerrufsfrist bzw. deren Beginn bei fehlender Information wird in Deutschland anders gehandhabt. Anstatt der in der Richtlinie vorgesehenen dreimonatigen Widerrufsfrist bei fehlender Information, sieht die deutsche Regelung ein unendliches Widerrufsrecht vor. Sollten die Informationen dem Verbraucher nach dem eigentlich hierfür vorgesehenen Zeitpunkt mitgeteilt werden, so läuft nach der Richtlinie die siebentägige Frist ab Erlangung der Infor231
Cass. civ. 1re, 29 avr. 1997, Contrats, conc. consom. 1997, comm. 111; Cass. civ.1re, 19 sept. 2007, Contrats, conc. consom. 2008, comm. 32. 232 Siehe hierzu bereits oben Teil 2, A. I. 2. b); vgl. auch Calais-Auloy/Steinmetz, Droit de la consommation, p. 108; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 359.
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mationen. In Deutschland ist in diesem Fall eine Monatsfrist vorgesehen. Frankreich hat die Vorgaben aus der Richtlinie hingegen eins zu eins übernommen. 3. Widerrufsrecht a) Widerrufsfrist aa) Dauer der Widerrufsfrist (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 6 I: „Der Verbraucher kann jeden Vertragsabschluss im Fernabsatz innerhalb einer Frist von mindestens sieben Werktagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen.“
(2) Rechtslage in Deutschland Das Widerrufsrecht des Verbrauchers ist in § 312d BGB geregelt. Nach Absatz 1 steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zu, das bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren durch ein Rückgaberecht nach § 356 BGB ersetzt werden kann (s. o.). In § 355 II 1 BGB wird die Widerrufsfrist auf grundsätzlich 14 Tage festgelegt. Die Widerrufsfrist beginnt allerdings erst zu laufen, wenn der Verbraucher nach § 355 III 1 i.V.m. § 360 I BGB eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung erhalten hat. Sollte die Widerrufsbelehrung erst verspätet erfolgen, so beträgt die Widerrufsfrist einen Monat, § 355 II 3 BGB. Sollte das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fallen, so verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag, vgl. §§ 188, 193 BGB. (3) Rechtslage in Frankreich Das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen ist in Art. L. 12120 Cconsom geregelt. Danach kann der Verbraucher den Fernabsatzvertrag innerhalb von sieben Tagen („sept jours francs“) ab Lieferung bei Kaufverträgen bzw. ab Vertragsschluss bei Dienstleistungsverträgen widerrufen. Sollte das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder Feiertag fallen, so verlängert sich die Frist bis zum nächsten Werktag. Die Frist kann zugunsten des Verbrauchers verlängert, aber nicht zu seinen Ungunsten verkürzt werden.
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Die Frist verlängert sich auf drei Monate, wenn der Unternehmer dem Verbraucher die in Art. L. 121-19 Cconsom vorgesehene Information nicht mitgeteilt hat. Für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen beträgt die Widerrufsfrist vierzehn Tage (Art. L. 121-20-12-I Cconsom). bb) Beginn der Widerrufsfrist (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 6 I: „Die Frist für die Wahrnehmung dieses Rechts beginnt – bei Waren mit dem Tag ihres Eingangs beim Verbraucher, wenn die Verpflichtungen im Sinne des Artikels 5 erfuellt sind; – bei Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses oder dem Tag, an dem die Verpflichtungen im Sinne des Artikels 5 erfuellt sind, wenn dies nach Vertragsabschluß der Fall ist, sofern damit nicht die nachstehend genannte Dreimonatsfrist überschritten wird. Falls der Lieferer die Bedingungen im Sinne des Artikels 5 nicht erfuellt hat, beträgt die Frist drei Monate. Diese Frist beginnt – bei Waren mit dem Tag ihres Eingangs beim Verbraucher; – bei Dienstleistungen mit dem Tag des Vertragsabschlusses.“
Werden innerhalb dieser Dreimonatsfrist die Informationen gemäß Artikel 5 übermittelt, so beginnt die Frist von sieben Werktagen gemäß Unterabsatz 1 mit diesem Zeitpunkt. (2) Rechtslage in Deutschland Nach § 355 III BGB beginnt die Widerrufsfrist, wenn dem Verbraucher eine den Anforderungen des § 360 I BGB entsprechende Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform mitgeteilt worden ist. Bei schriftlich abzuschließenden Verträgen beginnt die Frist erst, wenn dem Verbraucher eine schriftliche Vertragsurkunde, ein schriftlicher Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Antrags zur Verfügung gestellt wird. Die Beweislast trifft den Unternehmer. Gemäß § 355 IV BGB erlischt das Widerrufsrecht spätestens sechs Monate nach Vertragsschluss. Diese Frist beginnt bei Lieferung von Waren nicht vor deren Eingang beim Empfänger. Sollte der Verbraucher allerdings nicht gem. § 360 BGB über sein Widerrufsrecht belehrt worden sein, so erlischt das Widerrufsrecht gar nicht.
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Gemäß § 312d II BGB beginnt die Widerrufsfrist abweichend von § 355 III 1 BGB nicht vor Erfüllung der Informationspflichten aus Art. 246 § 2 i.V.m. § 1 I, II EGBGB. Bei Fernabsatzverträgen über die Lieferung von Waren beginnt die Widerrufsfrist ferner nicht vor deren Eingang beim Empfänger und bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen nicht vor Vertragsschluss. Bei Fernabsatzverträgen über Dienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht gemäß Absatz 3, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Der Unternehmer trägt nach § 355 III 3 BGB die Beweislast für einen streitigen Fristbeginn. (3) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-20 al. 2, 3 Cconsom: Sollte der Unternehmer die Informationen nachträglich, d. h. innerhalb der drei Monate bereitstellen, dann läuft die siebentägige Widerrufsfrist ab Erlangung der Informationen. b) Ausübung des Widerrufsrechts aa) Rechtzeitige Ausübung des Widerrufsrechts (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Die Fernabsatzrichtlinie enthält keine ausdrückliche Regelung zur rechtzeitigen Ausübung des Widerrufsrechts. (2) Rechtslage in Deutschland Nach § 355 I 2 BGB a.E. genügt zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung. (3) Rechtslage in Frankreich Es findet sich keine ausdrückliche Regelung zu den Widerrufsmodalitäten. Anders bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen, wo die rechtzeitige Absendung genügt, Art. R. 121-2 – 2 Cconsom. bb) Form des Widerrufs (1) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 5 I: „[…] Auf jeden Fall ist folgendes zu übermitteln:
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– schriftliche Informationen über die Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrechts im Sinne des Artikels 6, einschließlich der in Artikel 6 Absatz 3 erster Gedankenstrich genannten Fälle […].“
Somit steht es den Mitgliedstaaten frei, die formalen Anforderungen zu regeln. (2) Rechtslage in Deutschland Die Widerrufserklärung ist in Textform oder durch Rücksendung der Sache abzugeben, § 355 I 2 BGB (siehe oben). (3) Rechtslage in Frankreich Im Cconsom finden sich keine formalen Voraussetzungen für die Ausübung des Widerrufsrechts. Es ist allerdings anerkannt, dass die Rücksendung der Ware ausreichend ist.233 c) Widerrufsfolgen aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 6 I und II: „Die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden können, sind die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren. Der Lieferer hat die, vom Verbraucher geleisteten Zahlungen, kostenlos zu erstatten. Die Erstattung hat so bald wie möglich, in jedem Fall jedoch binnen 30 Tagen zu erfolgen.“
bb) Rechtslage in Deutschland Das Widerrufsrecht verweist, wie bereits erörtert, in § 357 I BGB auf die Rücktrittsfolgen.234 Die Rücksendekosten und die Gefahrtragung für die Rücksendung sind in § 357 II BGB geregelt. Danach ist der Verbraucher zur Rücksendung der Sache verpflichtet, wenn diese als Paket versandt werden kann. Grundsätzlich hat der Unternehmer die Kosten zu tragen, wobei vertraglich die Übernahme der Rücksendekosten durch den Verbraucher vereinbart werden kann. Sollte der Bruttowarenpreis nicht mehr als 40 E betragen, so ist die Abwälzung der Rücksendekosten auf den Verbraucher unproblematisch auch durch eine AGB-Klausel möglich.235 Die Rücksendekosten für eine Ware, deren Bruttopreis mehr als 40 E beträgt, können dem Verbraucher nur auferlegt
233 Grimaux, Comm. Com. Electr. 2004, chron. 10, p. 19; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 396. 234 Teil 2, B. I. 3. c) bb). 235 Enders/Kosmides, in: Lehmann/Meents, Kapitel 11, Rn. 143.
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werden, wenn dieser im Zeitpunkt des Widerrufs weder seine Gegenleistung noch eine Teilzahlung erbracht hat. In § 312e BGB ist der Wertersatz bei Fernabsatzverträgen geregelt. Absatz 1 betrifft Fernabsatzverträge über die Lieferung von Waren und bestimmt, dass der Verbraucher abweichend von § 357 I BGB nur dann Wertersatz für die Nutzung der Sache zu leisten hat, wenn die Nutzung über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsweise der Sache hinausging (Nr. 1) und (kumulative Voraussetzung) er zuvor vom Unternehmer auf diese Rechtsfolge hingewiesen und nach § 360 I oder II über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht belehrt worden ist, bzw. anderweitig hiervon Kenntnis erlangt hat.236 § 347 I 1 BGB, der eine Wertersatzpflicht für nicht gezogene Nutzungen vorsieht, ist ausgeschlossen.237 Absatz 2 betrifft Fernabsatzverträge über Dienstleistungen. Hier hat der Verbraucher nur dann Wertersatz für die erbrachte Dienstleistung zu leisten, wenn er vor Vertragsschluss darauf hingewiesen worden ist und er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausübung der Dienstleistung beginnt. Für Dienstleistungen schuldet der Verbraucher nach § 312d VI BGB nur dann Wertersatz, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung darauf hingewiesen wurde und er ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung beginnt. cc) Rechtslage in Frankreich Nach Art. L. 121-20 al. 1 Cconsom können dem Verbraucher nur die Rücksendekosten auferlegt werden.238 Auch Wertersatz für die Nutzung der Sache kann der Unternehmer nur nach den allgemeinen Vorschriften des Code civil verlangen,239 d. h. wenn die Nutzung nicht mit den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben („bonne foi“) oder dem Bereicherungsrecht („enrichissement sans cause“) vereinbar ist, solange die Effektivität des Widerrufsrechts dadurch nicht in Frage gestellt wird.240 236
Zur Unvereinbarkeit der alten Fassung siehe Teil 2, B. I. 3. c) bb) (2). Vgl. hierzu Micklitz, ZEuP 1999, 875, 887, der den Sinn und Zweck des Art. 6 der Richtlinie dahingehend versteht, dass diese ein Verbot der Nutzungsentschädigung mit sich zieht; so auch Arnold/Dötsch, NJW 2003, 187 ff.; dagegen: Brönneke, MMR 2004, 127, 132 m.w.Nachw.; eine Klärung durch den EuGH fordernd Pfeiffer, ZGS 2008, 48, 50 ff. 238 Anders als ursprünglich die Cour de cassation, civ. 1re, 23 juin 1993 (RTD com. 1994, 338) sieht der EuGH in der Entscheidung v. 15. 4. 2010, Rs C-511/08, Slg. 2010, I-3047 – Heine es als nicht mit der Richtlinie vereinbar an, dem Verbraucher nach Ausübung des Widerrufsrechts auch die Hinsendekosten aufzubürden. 239 Vgl. hierzu Boucard, RDC 2013 n84, p. 1669 et S.; die Rechtsprechung scheint sehr einzelfallbezogen zu entscheiden. 240 Nach der entsprechenden Entscheidung des EuGH v. 3. 9. 2009, Rs. C-489/07, Slg. 2009, I-7315 – Messner, musste sich die französische Rechtsprechung daran orientieren. 237
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Art. L. 121-20-1 Cconsom: Der Lieferer hat die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen kostenlos zu erstatten. Die Erstattung hat so bald wie möglich, in jedem Fall jedoch binnen 30 Tagen zu erfolgen, sonst fallen Verzugszinsen an. Bei Verweigerung der Rückzahlung drohen dem Unternehmer strafrechtliche Sanktionen nach Art. R. 121-1-2 Cconsom. d) Ausschluss des Widerrufs aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 6 III: „Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, kann der Verbraucher das in Absatz 1 vorgesehene Widerrufsrecht nicht ausüben bei – Verträgen zur Erbringung von Dienstleistungen, deren Ausführung mit Zustimmung des Verbrauchers vor Ende der Frist von sieben Werktagen gemäß Absatz 1 begonnen hat; – Verträgen zur Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, deren Preis von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärkten, auf die der Lieferer keinen Einfluß hat, abhängt; – Verträgen zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind oder die aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind oder schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde; – Verträgen zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Software, die vom Verbraucher entsiegelt worden sind; – Verträgen zur Lieferung von Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierten; – Verträgen zur Erbringung von Wett- und Lotterie-Dienstleistungen.“
Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt der Grundsatz, dass „Ausnahmen von gemeinschaftsrechtlichen Verbraucherschutzvorschriften […] eng auszulegen sind.“241 bb) Rechtslage in Deutschland § 357 IV BGB enthält Ausnahmen vom Widerrufsrecht für bestimmte Fernabsatzverträge, die im Wesentlichen denen der Richtlinie entsprechen.242 Absatz 5 enthält wiederum Ausnahmen vom Widerrufsrecht, wenn dem Verbraucher bereits aufgrund der §§ 495, 506 bis 512 BGB ein Widerrufs- oder Rückgaberecht nach § 355 oder § 356 BGB zusteht.
241
EuGH v. 13. 12. 2001, Rs. C-481/99, Slg. 2001, I-9945 – Heininger. Zu einigen Grenzfällen wie etwa bei einem Teilwiderruf vgl. Brönneke, MMR 2004, 127, 128 f. 242
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cc) Rechtslage in Frankreich Anders als bei Haustürgeschäften (siehe oben) verliert der Verbraucher sein Widerrufsrecht, wenn mit der Ausführung der Dienstleistung mit seinem Einverständnis bereits vor Fristende begonnen wurde (Art. L. 121-20-2 18 Cconsom)243. Anders ist dies bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen, bei welchen das Widerrufsrecht trotz Beginn der Leistungserbringung bestehen bleibt, der Verbraucher allerdings eine anteilige Vergütung schuldet, Art. L. 121-20-13 Cconsom. Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht entsprechen ebenfalls im Wesentlichen denen der Richtlinie. Einziger Unterschied ist in Art. L. 121-20-2 68 Cconsom zu sehen, der nur öffentlich genehmigte Lotterien ausschließt. e) Schlussfolgerung hinsichtlich Widerrufsrecht Wie bei Haustürgeschäften hat sich Frankreich für die Minimalfrist von sieben Tagen entschieden. Aufgrund der Zusammenfassung von Fernabsatzverträgen, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben und denen, die Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben, bleibt dem deutschen Umsetzungsgesetzgeber aufgrund der vollharmonisierenden Fernabsatzrichtlinie über Finanzdienstleistungen keine andere Möglichkeit, als eine 14-tägige Widerrufsfrist sowie ein ewiges Widerrufsrecht bei fehlender Belehrung vorzusehen. Die unterschiedlichen Regelungen in den Fernabsatzrichtlinien führen in Frankreich zu unterschiedlichen Widerrufsfristen für Fernabsatzverträge, je nachdem, ob sie Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben. In Frankreich fehlt es an einer ausdrücklichen Regelung für die rechtzeitige Ausübung des Widerrufsrechts. Art. L. 121-20-2 68 Cconsom schließt das Widerrufsrecht nur für öffentlich genehmigte Lotterien aus. Ein Unterschied in der Umsetzung besteht auch darin, dass Deutschland Versteigerungen nur vom Widerrufsrecht und nicht wie die FARL und die französische Umsetzung gänzlich vom Anwendungsbereich ausschließt.244 Auch die Widerrufsfolgen sind in Deutschland anders geregelt als in Frankreich. Da anders als bei Haustürgeschäften auch in Frankreich vor Ende der Widerrufsfrist mit dem Leistungsaustausch begonnen werden darf, stellt sich im Rahmen von Fernabsatzverträgen die Rückabwicklungsproblematik, die in Art. L. 121-20 f. Cconsom geregelt ist. Anders als in Deutschland ist Wert- und Nutzungsersatz vom Verbraucher nur für eine Nutzung, die nicht mit den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben („bonne foi“) oder dem Bereicherungsrecht („enrichissement sans 243 244
Die weiteren n8 des Art. L. 121-20-2 enthalten weitere Ausnahmen vom Widerrufsrecht. Vgl. oben Teil 2, B. II. 1. b) bb).
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cause“) vereinbar ist, zu gewähren. Das französische Gesetz übernimmt hier die Grundsätze des EuGH.245 Der Unternehmer gerät mit seiner Rückzahlungspflicht spätestens 30 Tage nach Zugang der Widerrufserklärung in Verzug, §§ 357 I 2, 3 i.V.m. 286 III BGB. Gleiches wird in Art. L. 121-20-1 Cconsom festgelegt. Allerdings kommen in Frankreich, anders als in Deutschland, auch strafrechtliche Sanktionen in Betracht. 4. Verbundene Verträge a) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 6 IV: „Die Mitgliedstaaten sehen in ihren Rechtsvorschriften folgendes vor: – Wenn der Preis einer Ware oder einer Dienstleistung vollständig oder zum Teil durch einen vom Lieferer gewährten Kredit finanziert wird, oder – wenn dieser Preis vollständig oder zum Teil durch einen Kredit finanziert wird, der dem Verbraucher von einem Dritten aufgrund einer Vereinbarung zwischen dem Dritten und dem Lieferer gewährt wird, wird der Kreditvertrag entschädigungsfrei aufgelöst, falls der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht gemäß Absatz 1 Gebrauch macht. Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten der Auflösung des Kreditvertrags fest.“
b) Rechtslage in Deutschland § 358 BGB regelt den sog. Widerrufsdurchgriff bei verbundenen Verträgen. Der Verbraucher ist bei wirksamem Widerruf eines Vertrags über die Lieferung einer Ware oder die Erbringung einer anderen Leistung auch an seine auf den Abschluss eines mit diesem Vertrag verbundenen Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung nicht mehr gebunden (Absatz 1). Gleiches gilt im umgekehrten Fall (Absatz 2), was eine Erweiterung im Vergleich zur Richtlinie darstellt. In Absatz 3 wird erläutert, wann ein solcher verbundener Vertrag vorliegt. Die beiden Verträge müssen über die Anforderungen der Richtlinie hinaus eine wirtschaftliche Einheit bilden und der Darlehensvertrag muss der Finanzierung des anderen Vertrags dienen. Gemäß Absatz 4 tritt der Darlehensgeber im Verhältnis zum Verbraucher hinsichtlich der Rechtsfolgen des Widerrufs oder der Rückgabe in die Rechte und Pflichten des Unternehmers aus dem verbundenen Vertrag ein, wenn das Darlehen dem Unternehmer im Zeitpunkt des Widerrufs oder der Rückgabe bereits zugeflossen ist. Auch dies war von der Richtlinie nicht vorgesehen. 245 EuGH v. 3. 9. 2009, Rs. C-489/07, Slg. 2009, I-7315 – Messner. Zur Richtlinienwidrigkeit der deutschen Regelung siehe oben Wertersatz bei Widerruf im Rahmen von Haustürgeschäften, Teil 2, B. I. 3. c).
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In Absatz 5 wird klargestellt, dass die Widerrufsbelehrung auf diese Folgen hinweisen muss. In § 359 BGB ist der sog. Einwendungsdurchgriff geregelt. Der Verbraucher kann die Rückzahlung des Darlehens verweigern, soweit ihm Einwendungen gegen den verbundenen Vertrag zustehen. § 359a BGB konkretisiert den Anwendungsbereich der §§ 358, 359 BGB. Absätze 1 und 2 erfassen Fälle, in denen zwar kein verbundenes Geschäft vorliegt, aber aufgrund der Benennung des finanzierten Vertrags in der Krediturkunde bzw. aufgrund des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen den Verträgen die Folgen des § 358 BGB angewendet werden können. Absätze 3 und 4 sehen Ausnahmen von der Anwendung vor. c) Rechtslage in Frankreich Art. L. 311-1 98 Cconsom definiert den verbundenen Kreditvertrag „crédit affecté/crédit lié“ und enthält wie das deutsche Recht die Voraussetzung der wirtschaftlichen Einheit, „opération commerciale unique“. Art. L. 311-32 Cconsom sieht die Auflösung des Kreditvertrags im Falle der gerichtlichen Auflösung oder der Nichtigkeit des verbundenen Vertrags vor. In Art. L. 311-36 28 Cconsom ist die Auflösung des verbundenen Vertrags vorgesehen, wenn der Kreditvertrag widerrufen wird. Auch der französische Umsetzungsgesetzgeber geht hier also über die Richtlinie hinaus. Art. L. 311-38 Cconsom regelt wiederum die Auflösung des Kreditvertrags im Falle des Widerrufs des verbundenen Vertrags vor. Art. L. 311-24 Cconsom enthält eine Formvorschrift: Jeder Vertrag, der mithilfe eines Darlehens finanziert wird, muss diese Tatsache ausdrücklich in der Vertragsurkunde festlegen, ansonsten ist der Vertrag nichtig. d) Schlussfolgerung hinsichtlich verbundener Verträge Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland ist für ein verbundenes Geschäft über die Vorgaben der Richtlinie hinaus eine wirtschaftliche Einheit des Kreditvertrags und dem damit verbundenen Vertrag erforderlich. Die französischen Regelungen gehen noch weiter über das Schutzniveau der Richtlinie hinaus und verlangen den ausdrücklichen Hinweis auf die Finanzierung durch Darlehen in der Vertragsurkunde des verbundenen Vertrags. Sowohl das französische als auch das deutsche Recht sehen nicht nur einen sog. Widerrufsdurchgriff, sondern ebenfalls einen Einwendungsdurchgriff vor. D. h. auch bei nicht widerrufsbedingter Auflösung des Vertrags schlägt dies auf den verbundenen Vertrag durch.
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5. Erfüllung des Vertrags a) Nicht-/Schlechtleistung und Nichtverfügbarkeit des Vertragsgegenstandes aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 7: „(1) Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, hat der Lieferer die Bestellung spätestens 30 Tage nach dem Tag auszuführen, der auf den Tag, an dem der Verbraucher dem Lieferer seine Bestellung übermittelt hat, folgt. (2) Wird ein Vertrag vom Lieferer nicht erfuellt, weil die bestellte Ware oder Dienstleistung nicht verfügbar ist, so ist der Verbraucher davon zu unterrichten, und er muß die Möglichkeit haben, sich geleistete Zahlungen möglichst bald, in jedem Fall jedoch binnen 30 Tagen, erstatten zu lassen. (3) Die Mitgliedstaaten können indessen vorsehen, daß der Lieferer dem Verbraucher eine qualitätsmäßig und preislich gleichwertige Ware liefern oder eine qualitätsmäßig und preislich gleichwertige Dienstleistung erbringen kann, wenn diese Möglichkeit vor Vertragsabschluß oder in dem Vertrag vorgesehen wurde. Der Verbraucher ist von dieser Möglichkeit in klarer und verständlicher Form zu unterrichten. Die Kosten der Rücksendung infolge der Ausübung des Widerrufsrechts gehen in diesem Fall zu Lasten des Lieferers; der Verbraucher ist davon zu unterrichten. In diesem Fall handelt es sich bei der Lieferung einer Ware oder der Erbringung einer Dienstleistung nicht um eine unbestellte Ware oder Dienstleistung im Sinne des Artikels 9.“
bb) Rechtslage in Deutschland Hinsichtlich Art. 7 I der Richtlinie war keine Umsetzung erforderlich, da in § 270 BGB vorgesehen ist, dass die Leistungen im Zweifel sofort fällig sind. Auch Art. 7 II der Richtlinie wurde nicht ausdrücklich umgesetzt. Das Nachfristerfordernis ist jedoch in aller Regel kürzer als 30 Tage und somit vorteilhafter für den Verbraucher; dieser muss allerdings selbst tätig werden. Hierin ist ein Umsetzungsdefizit zu sehen. cc) Rechtslage in Frankreich Art. L. 121-20-3 al. 1 Cconsom: der Unternehmer muss dem Verbraucher den spätesten Lieferzeitpunkt nennen. Sollte die Frist nicht eingehalten werden, kann der Verbraucher die Vertragsauflösung verlangen. Art. L. 121-20-3 al. 4 Cconsom übernimmt die Vorgaben der Richtlinie. Allerdings entfällt nach al. 5 die Haftung des Lieferers, wenn er den Nachweis erbringt, dass Nichterfüllung auf dem Verhalten des Verbrauchers, eines Dritten oder auf höherer Gewalt beruht.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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Gemäß Art. L. 121-20-3 Cconsom muss der Unternehmer seine Leistungspflicht spätestens 30 Tage nach Vertragsschluss erfüllen. Für die Rechtsfolgen der Nicht-Leistung wird auf Art. L. 114-1 Cconsom verwiesen; der Verbraucher kann somit die Auflösung des Vertrags verlangen, wenn die Leistung mindestens 500 E beträgt.246 Nichtverfügbarkeit der Kaufsache oder Dienstleistung Art. L. 121-20-3 Absätze 2 und 3 Cconsom regeln die Rechtsfolgen im Falle der Nichtverfügbarkeit der Sache oder Dienstleistung. Bei Nichtverfügbarkeit muss der Verbraucher sofort hierüber unterrichtet werden und ihm sind unverzüglich seine Leistungen zurückzugewähren, dies spätestens 30 Tage nach Leistung. Nach Ablauf dieser Frist fallen Verzugszinsen an. Sollte allerdings vor Vertragsschluss oder im Vertrag die Möglichkeit des Unternehmers vorgesehen worden sein, im Falle der Nichtverfügbarkeit eine andere Sache oder Dienstleistung gleicher Qualität und gleichen Preises zu leisten, so steht ihm diese Möglichkeit frei. Der Verbraucher muss über diese Möglichkeit klar und verständlich informiert werden. Die Rücksendekosten infolge der Ausübung des Widerrufsrechts sind in diesem Fall vom Anbieter zu tragen und der Verbraucher muss auch hierüber informiert werden. Nicht- oder Schlechtleistung Gemäß Absatz 4 des Art. L. 121-20-3 Cconsom247 ist der Unternehmer von Rechts wegen gegenüber dem Verbraucher für die ordnungsgemäße Erfüllung der Pflichten aus dem Fernabsatzvertrag verantwortlich, unabhängig davon, ob diese Pflichten vom Unternehmer selbst oder von anderen Dienstleistern erfüllt werden müssen, unbeschadet seiner Regressansprüche gegen diese. Nach Absatz 5 kann der Unternehmer sich jedoch ganz oder teilweise exkulpieren, wenn er beweisen kann, dass die Nichtausführung oder Schlechtleistung entweder dem Verbraucher zuzuschreiben ist oder auf dem unvorhersehbaren und unüberwindbaren Fehler eines Dritten oder auf höherer Gewalt beruht. Dritter in diesem Sinne ist nur, wer mit dem Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher nichts zu tun hat. So wurde beispielsweise entschieden, dass die Post, die die Ware verloren hat, kein Dritter in diesem Sinne ist.248
246
Art. R. 114-1 Cconsom. Dieselbe Regelung findet sich in Art. 15 der Loi pour la confiance dans l’économie numérique für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr. 248 Cass. Civ. 1re, 13 nov. 2008, Contrats, cons. consom. 2008, comm. 288. 247
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
b) Zahlung mittels Karte aa) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 8: „Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß geeignete Vorkehrungen bestehen, damit – der Verbraucher im Fall einer betrügerischen Verwendung seiner Zahlungskarte im Rahmen eines unter diese Richtlinie fallenden Vertragsabschlusses im Fernabsatz die Stornierung einer Zahlung verlangen kann; – dem Verbraucher im Fall einer solchen betrügerischen Verwendung die Zahlungen gutgeschrieben oder erstattet werden.“
bb) Rechtslage in Deutschland § 676h BGB: Das Kreditinstitut kann nur dann Aufwendungsersatz vom Kunden verlangen, wenn die Karte nicht missbräuchlich von einem Dritten benutzt wurde, wobei die Beweislast beim Kreditinstitut liegt. cc) Rechtslage in Frankreich Es erfolgte zunächst keine ausdrückliche Umsetzung. Erst durch die Umsetzung der E-Commerce-Richtlinie ist in Art. L. 132-4 Code monétaire et financier eine entsprechende Regelung geschaffen worden. Über die Richtlinienvorgaben hinaus, ist in al. 3 vorgeschrieben, dass dem Verbraucher die Zahlung spätestens einen Monat nach Stornierungsanzeige erstattet werden müssen. c) Schlussfolgerung hinsichtlich Erfüllung der Fernabsatzverträge Der größte Unterschied ist wohl darin zu sehen, dass in Frankreich die Lieferung einer gleichwertigen Ware oder Dienstleistung möglich ist, wohingegen Deutschland von dieser Option keinen Gebrauch gemacht hat. Ansonsten kommt man in Deutschland trotz fehlender ausdrücklicher Umsetzung zum selben Ergebnis.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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6. Nicht bestellte Waren oder Dienstleistungen a) Vorgaben der Fernabsatzrichtlinie Art. 9: „Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um – zu untersagen, daß einem Verbraucher ohne vorherige Bestellung Waren geliefert oder Dienstleistungen erbracht werden, wenn mit der Warenlieferung oder Dienstleistungserbringung eine Zahlungsaufforderung verbunden ist; – den Verbraucher von jedweder Gegenleistung für den Fall zu befreien, daß unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer Reaktion nicht als Zustimmung gilt.“
b) Rechtslage in Deutschland Schon vor Umsetzung der Fernabsatzrichtlinie wurde das Zusenden unbestellter Waren als wettbewerbswidriges Verhalten nach § 1 UWG angesehen und nach den Vorschriften des allgemeinen Teils des BGB kam hierdurch auch kein Vertrag zustande.249 Die neue Regelung des § 241a BGB wurde durch das Fernabsatzgesetz in das BGB eingefügt. Die Vorschrift wird überwiegend als missglückt angesehen:250 sowohl ihre systematische Stellung als auch der Inhalt der Regelung werden kritisiert. Absatz 1 schließt vertragliche und gesetzliche Ansprüche des Unternehmers nach der Lieferung unbestellter Sachen an einen Verbraucher oder Erbringung anderweitiger unbestellter Leistungen an diesen aus. Für die Verbrauchereigenschaft ist hypothetisch darauf abzustellen, von welcher Zielsetzung auszugehen wäre, hätte der Empfänger das Geschäft tatsächlich getätigt.251 Die Bestellung im Sinne dieser Vorschrift hat rein tatsächlichen Charakter, sodass auch bei unwirksamen Bestellungen (beispielsweise aufgrund von Geschäftsunfähigkeit oder Anfechtung) keine unbestellte Leistung vorliegt.252 Nach herrschender Meinung schließt § 241a I BGB alle gesetzlichen Ansprüche des Versenders, insbesondere § 985 BGB aus.253 Nur Eigentum an der Sache soll der 249
Vgl. Schwarz, NJW 2001, 1449, 1449; Lorenz, FS Lorenz, 2001, 193, 194 f. Vgl. Olzen, Staudinger, § 241a Rn. 12 m.w.Nachw.; Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 5 m.w.Nachw.; Schwarz, NJW 2001, 1449, 1454; Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 35. 251 Berger, JuS 2001, 649, 651; Olzen, Staudinger, § 241a Rn. 21; Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 8; Grüneberg, Palandt, § 241a Rn. 2. 252 Lorenz, in: FS Lorenz 2001, 193, 206 ff.; Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 13. 253 BT-Drucks. 14/2920 S. 14; Baldus, MüKo § 986 Rn. 29; Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 6; Grüneberg, Palandt, § 241a Rn. 7; Schäfer, AcP 202 (2002) 397, 428 f.; Piekenbrock, GPR 2012, 195, 196; anders ohne Begründung Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2056. 250
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
Verbraucher nach herrschender Ansicht254 nicht erwerben. Dies führt zu einer unsicheren Rechtslage, im Rahmen derer insbesondere unklar ist, ob der Besitzer als verfügungsbefugt anzusehen ist oder nicht.255 Ja nach dem, wie man die Verfügungsbefugnis des Verbrauchers beurteilt, sind Herausgabe- und Schadensersatzansprüche gegen einen Dritt-Erwerber möglich oder auch nicht, wobei die herrschende Meinung zumindest bei Bösgläubigkeit und bei unentgeltlichem Erwerb des Dritten Herausgabeansprüche gegen diesen zulässt.256 Ebenso umstritten ist ein Anspruch des Unternehmers auf Erlösherausgabe durch den Verbraucher nach § 816 I 1 BGB.257 Zwar ging selbst der Umsetzungsgesetzgeber davon aus, eine überschießende Umsetzung der Richtlinienvorschrift vorzunehmen,258 aber aufgrund der Fernabsatzrichtlinie ist keine einschränkende Auslegung geboten, da diese im Sinne der Mindestharmonisierung nur ein Mindestmaß an Schutz vorgibt.259 Anders soll dies im Hinblick auf Art. 9 der Richtlinie 2002/65/EG sein, der die Entbindung des Verbrauchers von „jeder Verpflichtung“ fordert.260 Nach § 241a II BGB sind gesetzliche Ansprüche nicht ausgeschlossen, wenn die Leistung nicht für den Empfänger bestimmt war oder in der irrigen Vorstellung einer Bestellung erfolgte und der Empfänger dies erkannt hat oder bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen können. § 241a III BGB präzisiert, dass eine unbestellte Leistung nicht vorliegt, wenn dem Verbraucher statt der bestellten eine nach Qualität und Preis gleichwertige Leistung angeboten und er darauf hingewiesen wird, dass er zur Annahme nicht verpflichtet ist und die Kosten der Rücksendung nicht zu tragen hat. Umstritten ist auch, ob durch eine nachträgliche Annahmehandlung des Verbrauchers ein Vertrag zustande kommen kann. Eine Ansicht verneint dies und setzt zwingend ein Vertragsangebot seitens des Verbrauchers für einen Vertragsschluss voraus.261 Die Gegenauffassung sieht in dieser Ansicht eine zu große Beschränkung der Privatautonomie des Verbrauchers und erkennt die Möglichkeit einer Annahme
254
Lorenz, FS Lorenz, 2001, 193, 199 und 210 ff.; Berger, JuS 2001, 649, 652; Schwarz, NJW 2001, 1449, 1450; Olzen, Staudinger, § 241a Rn. 35 f.; anders Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 40; Riehm, JURA 2000, 505, 512. 255 Lorenz, FS Lorenz, 2001, 193, 211 bejaht die Verfügungsbefugnis. 256 Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 35; Grüneberg, Palandt, § 241a Rn. 7; dagegen Sutschet, BeckOKBGB, § 241a Rn. 9. 257 Den Anspruch bejahend Berger, JuS 2001, 649, 653 f.; dagegen Link, NJW 2003, 2811. 258 BT-Drucks. 14/2658 S. 23 f., 46. 259 Olzen, Staudinger, § 241a Rn. 40; Schmidt-Kessel, PWW, § 241a Rn. 2. 260 So Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 1. 261 Schmidt-Kessel, PWW, § 241a Rn. 10.
B. Vergleich der Umsetzungsgesetze von Deutschland und Frankreich
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des Verbrauchers an, die jedoch neben einer ausdrücklichen Annahme nur durch ein über das Nutzen der Sache hinausgehendes Verhalten erfolgen kann.262 c) Rechtslage in Frankreich Zwar ist der Verbraucher, dem eine nicht-bestellte Sache geliefert wird, schon nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen nicht zur Bezahlung verpflichtet, da er keinen Vertrag mit dem Verkäufer geschlossen hat.263 Da allerdings zu befürchten ist, dass Verbraucher oft aus Angst vor rechtlichen Konsequenzen den Kaufpreis bezahlen, obwohl sie die Sache gar nicht benötigen, wurde durch ein Dekret vom 9. Februar 1961 die Lieferung nicht-bestellter Sachen zur Ordnungswidrigkeit erhoben. Diese Vorschrift findet sich in Art. R. 635-2 Code pénal. Da in dieser Vorschrift nur die Lieferung von Sachen geregelt wurde, werden in Art. 122-3 Cconsom nun auch Dienstleistungen erfasst. Zwei Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit diese Vorschriften Anwendung finden: eine nicht bestellte Sache oder Dienstleistung muss dem Verbraucher (im Falle des Art. 122-3 Cconsom) bzw. dem Empfänger (im Falle des Art. R. 635-2 Code pénal) zugesandt werden und diese Sendung muss von einer Mitteilung begleitet sein, die dem Empfänger die Wahl lässt, entweder die Sache zurückzuschicken oder den Preis hierfür zu bezahlen. In diesen Fällen trifft den Empfänger wohl keinerlei Verpflichtung zur Zahlung, Rücksendung oder Aufbewahrung. Ob hierunter auch der gesetzliche Herausgabeanspruch fällt, ist umstritten.264 Teilweise wird doch eine Pflicht bejaht, die Sache aufzubewahren und dem Absender bzw. die DGCCRF265 zur Verfügung zu stellen.266 Teilweise wird die Vorschrift des Art. 122-3 Cconsom dahingehend ausgelegt, dass eine konkludente Annahme durch den Verbraucher nicht möglich ist.267 d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Behandlung nicht bestellter Waren oder Dienstleistungen Die unmittelbare Rechtsfolge für den Verbraucher ist in Deutschland dieselbe, wie in Frankreich: es wird keine Leistungspflicht begründet. In Deutschland gibt es allerdings, anders als in Frankreich, kein Verbot dieser Praxis und demnach sind auch keine Bußgelder vorgesehen. 262 Vgl. Riehm, JURA 2000, 505, 508; Schwarz, NJW 2001, 1449, 1451; Lorenz, FS Lorenz, 2001, 193, 197; Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 16; Olzen, Staudinger, § 241a Rn. 32. 263 Raymond, Droit de la consommation, p. 169; Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 331. 264 Vgl. Cass. civ. 1re, 25 mai 1970, D. 1970, JP. P. 257; Cass. Civ. 1re, 5 avr. 1993, contrats, conc. consom. 1993, comm. 145; Finkenauer, MüKo, § 241a Rn. 2. 265 Direction Générale de la Concurrence, de la Consommation et de la Répression des Fraudes. 266 Raymond, Fasc. 3830, Rn. 69. 267 Lorenz, FS Lorenz, 2001, 193, 196.
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Weder in Deutschland noch in Frankreich ist der Verbraucher verpflichtet die Sache zurückzuschicken. Allerdings muss der Verbraucher in Frankreich dem Unternehmer die Sache bei Abholung herausgeben. In Deutschland ist dies nach umstrittener Ansicht nicht der Fall.
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich Nachdem die Umsetzungsgesetze der mindestharmonisierenden Richtlinien nun konkret verglichen worden sind, sollen jetzt einige Schlussfolgerungen hinsichtlich der Systematik der verfolgten Umsetzungsstrategien und des Niveaus der erreichten Vereinheitlichung gezogen werden.
I. Systematik und Schwächen der Umsetzung 1. Deutschland Durch die zusammenführende Technik des Umsetzungsgesetzgebers sind im deutschen Recht insgesamt weniger Vorschriften für die Umsetzung erforderlich als in Frankreich. Schwierigkeiten bereitet diese sog. richtlinienübergreifende Integration,268 wenn die Richtlinien unterschiedliche Vorgaben enthalten, zum Beispiel unterschiedlich lange Widerrufsfristen vorsehen. Dann bleibt dem Gesetzgeber für eine systematisierende Umsetzung nichts anderes übrig, als die Richtlinienvorgaben erweiternd bzw. modifizierend umzusetzen. Der Schwierigkeitsgrad der Umsetzung erhöht sich noch dadurch, dass sowohl Mindest-, als auch vollharmonisierende Richtlinienvorschriften gemeinsam umgesetzt wurden. Um dies zu ermöglichen, mussten die Vorschriften über Fernabsatzverträge teilweise an die speziellen vollharmonisierten Vorschriften zu Finanzdienstleistungen angepasst werden. So war dies beispielsweise für § 355 II 3 BGB der Fall: sollte die Widerrufsbelehrung erst verspätet erfolgen, so beträgt die Widerrufsfrist einen Monat. Dies war nur möglich, da die Fernabsatzrichtlinie mindestharmonierend ist.269 Gleiches gilt für § 355 IV 3 BGB, der ein ewiges Widerrufsrecht vorsieht. Für die vollharmonisierende Verbraucherkreditrichtlinie musste eine Sondervorschrift in § 495 II 2 BGB geschaffen werden. Mit Umsetzung der VRRL musste diese Vorschrift eliminiert werden.
268 269
So Schinkels, JZ 2009, 774, 779. Vgl. Wendehorst, MüKo, Vor § 312b Rn. 14.
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich
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Auch ist der Versuch des Gesetzgebers, einen einheitlichen Schutz bei den verschiedenen Absatzformen zu bieten, nicht immer gelungen. Gemäß § 312 II BGB muss der Unternehmer den Verbraucher gemäß § 360 BGB über sein Widerrufs- oder Rückgaberecht und die Rechtsfolgen des § 357 I und III BGBbelehren, es sei denn, diese können nicht eintreten. § 360 BGB enthält in Absatz 1 Vorgaben für die Widerrufsbelehrung und in Absatz 2 für die Rückgabebelehrung. Mit dieser Regelung sollte eine Parallele zu der Belehrungspflicht über den Widerruf und dessen Rechtsfolgen im Rahmen von Fernabsatzverträgen geschaffen werden.270 Da die Pflicht zur Belehrung über die Widerrufsfolgen bei Fernabsatzverträgen allerdings eine „reine“ Informationspflicht im Sinne des § 312c BGB i.V.m. Art. 246 § 1 I Nr. 10 EGBGB ist und nicht wie bei Haustürgeschäften zur Widerrufsbelehrung gehört, führen Verstöße zu unterschiedlichen Rechtsfolgen (vgl. § 355 IV 1 BGB und § 355 III 1 BGB).271 In § 312 II BGB zeigt sich auch der im Vergleich zu Fernabsatzgeschäften schwächere Schutz des Verbrauchers bei Haustürgeschäften, wo keine Informationspflichten außer der Pflicht zur Widerrufsbelehrung verankert sind. Die Rechtfertigung der Schlechterstellung des Verbrauchers in Haustürgeschäften wurde schon bei Einführung der Vorschriften über diese Absatzformen in Frage gestellt.272 In der konsolidierten Fassung des Diskussionsentwurfs war eine Ausdehnung des für Fernabsatzverträge geschaffenen Schutzniveaus auf alle Verbraucherverträge im Direktvertrieb angedacht worden. Wegen seiner Komplexität wurde das Vorhaben nicht im Regierungsentwurf umgesetzt, da hierfür eine überschießende Umsetzung der nicht ausreichend abgestimmten Richtlinien notwendig gewesen wäre.273 Auch die Sanktionen bei fehlender Information, die nach Vorgabe der Richtlinie wirksam und abschreckend sein sollen, lassen sich nur schwer erkennen.274 Die Verweisungstechnik der Widerrufs- auf die Rücktrittsfolgen sollte eine Vereinfachung des Rückabwicklungsrechts darstellen. Allerdings führt die Umsetzung des EU-Rechts dazu, dass einige Spezialvorschriften für den Widerruf geschaffen werden mussten und das Prinzip der Einheitlichkeit von Rücktritts- und Widerrufsfolgen somit durchbrochen wird, um eine richtlinienkonforme Umsetzung herbeizuführen (siehe z. B. §§ 357 und 312e BGB). Auch sind die einheitlichen Folgen nicht immer gerechtfertigt. So bestimmt sich der Umfang der Wertersatzpflicht beispielsweise gemäß § 346 II 2 BGB grundsätzlich nach der vereinbarten Gegenleistung. Hier zeigt sich eine Schwäche des Verweisungssystems, denn diese Rechtsfolge scheint, anders als beim Rücktritt, beim Widerruf von Verbraucherverträgen nicht angemessen zu sein. Denn im 270 271 272 273 274
BT Drucks. 14/7052 190. Vgl. Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1154; Masuch, MüKo, § 312 Rn. 92 f. Vgl. Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1153. Vgl. BT-Drucks. 14/6040, S. 167; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1153. Roth, JZ 2001, 475, 488.
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Rahmen von Verbraucherverträgen hat der Verbraucher meist keinen Einfluss auf die Preisgestaltung, somit benachteiligt ihn diese Regelung massiv, da er nicht nur den objektiven Wert der Sache, sondern auch etwaige Gewinnansprüche des Unternehmers zu ersetzen hat. Deshalb wird in der Literatur für eine teleologische Reduktion des § 346 II 2 BGB plädiert.275 2. Frankreich Doch auch die französische Umsetzung im Cconsom ist nicht widerspruchsfrei gelungen. Für Verwirrung sorgt bereits die uneinheitliche Terminologie hinsichtlich der Vertragspartner („client“, „consommateur“, „non-professionnel“) und des Widerrufsrechts („renonciation“ „rétractation“). Aber auch die uneinheitliche Regelung der Ausübung des Widerrufs scheint nicht gerechtfertigt zu sein. Bei Haustürgeschäften ist eine Widerrufserklärung durch Einschreiben mit Rückschein erforderlich, bei Fernabsatzverträgen reicht wiederum die Rücksendung der Ware aus. Ein sachlicher Grund für diese Differenzierung ist nicht ersichtlich. Bei Haustürgeschäften ist zudem die Erfüllung der Leistungen vor Ende der Widerrufsfrist verboten. Eine entsprechende Vorschrift im Rahmen von Fernabsatzverträgen wurde vom EuGH für unzulässig erklärt, weil eine solche Regelung eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Ausfuhrbeschränkung darstelle und somit gegen Art. 29 EG verstoße. Da das Verbot der Entgegennahme von Gegenleistungen einen unverhältnismäßigen Eingriff darstelle, sei er auch nicht durch das Allgemeininteresse in Form des Verbraucherschutzes gerechtfertigt.276 Zudem wäre es wünschenswert, einige der Vorschriften sowohl aus systematischen als auch aus wertungstechnischen Gründen anzugleichen. Einige Präzisierungen, die bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen eingeführt wurden, wären auch für andere Fernabsatzverträge hilfreich. So macht es beispielsweise wenig Sinn, die Informationspflichten hinsichtlich der Adresse des Unternehmers, an welche die Reklamationen zu richten sind, sowie die Voraussetzungen der Kündigung bei Dauerschuldverhältnissen auf Fernabsatzverträge zu beschränken, die keine Finanzdienstleistungen zum Gegenstand haben.277 Hier zeigt sich der Vorteil der deutschen vereinheitlichenden Umsetzung.
275 276 277
Vgl. Teil 2, B. I. 3. c) aa) (2). EuGH v. 16. 12. 2008, Rs. C-205/07, Slg. 2008, I-9947 – Gysbrechts und Santurel Inter. Vgl. Brunaux, Le contrat à distance au XXIè siècle, p. 326 f.
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich
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II. Niveau der Vereinheitlichung 1. Anwendungsbereich Der Verbraucherbegriff der Richtlinien ist weitgehend vereinheitlicht (zumindest entspricht der Begriff in der Haustürwiderrufsrichtlinie dem aus der Fernabsatzrichtlinie sowie der Fernabsatzrichtlinie für Finanzdienstleistungen und der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln). Anders ist dies bei dem europäischen Unternehmerbegriff. Schon die Terminologie unterscheidet sich in den Richtlinien. Mal ist vom Gewerbetreibenden,278 mal vom Lieferer279 und anderen Vertragspartner die Rede. Hier stellt der Richtliniengeber auf die Funktion des Unternehmers in seinem Tätigkeitsfeld ab280. Dies schlägt sich ebenfalls auf der Seite der Mitgliedstaaten nieder. Sowohl Frankreich, als auch Deutschland haben Erweiterungen hinsichtlich des Verbraucherbegriffs vorgenommen (Arbeitnehmer, juristische Personen, Personenvereinigungen). Eine Ansicht will die Zulässigkeit dieser Erweiterung auf das Konzept der Mindestharmonisierung stützen.281 Andere sehen es als eine Regelung außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie an.282 Im Rahmen der Mindestharmonisierung kommen beide Ansichten zu der Zulässigkeit der Erweiterung des Anwendungsbereichs. Wie sich der Streit im Rahmen der Vollharmonisierung auswirkt, wird später berücksichtigt werden. Auch haben die Mitgliedstaaten von den Optionen Gebrauch gemacht und so kommt es auch zu unterschiedlichen sachlichen Anwendungsbereichen der Umsetzungsvorschriften (vgl. vorherige Bestellung durch Verbraucher bei Haustürgeschäften [Teil 2, B. I. 1. c)] oder Ausschluss von Finanzdienstleistungen bei Fernabsatzverträgen [Teil 2, B. II. 1. c)].
278
Art. 1 RL 85/577/EWG uns Art. 1. RL 93/13/EWG. Art. 1 RL 97/7/EG. 280 So beispielsweise auch in der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG, in der in Art. 3 vom Kreditgeber die Rede ist. 281 So Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2050 f.; Annuß, NJW 2002, 2844, 2845; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 23; vgl. auch Tacou, ZRP 2009, 140, 141; Beckmann, Staudinger Vor 433 ff. Rn. 107; Aubert de Vincelles, RDC 2009 n82, p. 578 Rn. 11. 282 Vgl. Riehm, JZ 2006, 1035, 1041; Herresthal, JZ 2006, 695, 705; Artz, GPR 2009, 171, 174; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 12; vgl. Unger, ZEuP 2012, 270, 276; Riehm, JZ 2006, 1035, 1041; Herresthal, JZ 2006, 695, 705; Artz, GPR 2009, 171, 174; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 446; Schmidt-Kessel/Sorgenfrei, GPR 2013, 242, 244; Kannowski, Staudinger, Neubearbeitung 2013, Vor §§ 13, 14 Rn. 19; Martinek, Staudinger/ Eckpfeiler 2014, BGB Aktuell 2014/2015, Rn. 15; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 6; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 262. 279
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2. Informationspflichten Die Überlagerung von den auf Richtlinien beruhenden Informationspflichten durch solche der nationalen Rechtsordnung verringert den Vereinheitlichungseffekt der Richtlinien erheblich.283 Denn so treten neben die vereinheitlichten Informationspflichten je nach Mitgliedstaat noch zusätzliche hinzu, was im Ergebnis zu einer unterschiedlichen Rechtslage führt. Zudem ist die Schutzwirkung des Informationsüberflusses für den Verbraucher zweifelhaft, da dieser unter Umständen die für ihn elementaren Informationen nicht von den unwichtigen unterscheiden kann.284 Die Preisgabe der meisten Informationen liegt ohnehin im Interesse des Unternehmers. Zudem sind erhöhte Transaktionskosten zu befürchten, da die Unklarheit über die Rechtsfolge von Verstößen gegen Informationspflichten einer umfassenden Prüfung bedarf und somit Informationspflichten leicht zu Streitgegenständen werden können.285 Das größte Hindernis der Angleichung scheint jedoch die fehlende Regelung von Rechtsfolgen in den Richtlinien zu sein. Diese werden schlichtweg den Mitgliedstaaten überlassen, deren Gestaltungsmöglichkeiten kaum Grenzen gesetzt sind. Die einzige gemeinsame Sanktion für Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften ist die Unterlassungsklage nach der Unterlassungsklagenrichtlinie.286 Ansonsten stehen sowohl Sanktionen bei Verstößen gegen Informationspflichten als auch Widerrufsfolgen den Mitgliedstaaten zur freien Gestaltung. Dies führt einerseits zu einer Minderung des Verbraucherschutzes, da gerade die Einhaltung ihrer Pflichten durch die Unternehmer erheblich mit der drohenden Sanktion zusammenhängt, und andererseits zu Rechtsunsicherheit, da grenzüberschreitend handelnde Unternehmer und Verbraucher sich auf 28 unterschiedliche Rechtsfolgen in den Mitgliedstaaten einstellen müssen.287 In Deutschland werden Verstöße gegen Vorschriften zum Fernabsatz- und Haustürgeschäfterecht ausschließlich zivilrechtlich sanktioniert. Anders ist dies hingegen in Frankreich, wo vergleichbare Verstöße mit Bußgeldern und somit öffentlich-rechtlich sanktioniert werden.288 283
Siehe hierzu Grigoleit, AcP 210 (2010), 334, 379. Siehe hierzu bereits Einleitung; Limmer, MittBayNot 1999, 325, 331; Armbrüster, JR 1998, 98, 99; Schmidt-Kessel, Vur 9/2012, 350, 353; Limmer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 187, 189; Roth, JZ 1999, 529, 533; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155; andere ziehen detaillierte Informationsregelungen aus Privatautonomiegesichtspunkten einer Häufung zwingender inhaltlicher Regeln vor, so Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 66; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2612; Kamara und Mader begrüßen ebenfalls die Informationspflichten in peteites affiches 2014, n8 128, p. 9; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 7. 285 Vgl. Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 384 f. 286 RL 2009/22/EG vom 23. 04. 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen. 287 Vgl. Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 380. 288 Siehe oben Teil 2, B. I. 2. b) und Teil 2, B. II. 2. c). 284
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich
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Für Unternehmen hat dies große Relevanz, denn der Unterschied zwischen einer bloßen Verlängerung der Widerrufsfrist bei Verletzung einer Informationspflicht, wie es in § 355 III 1 BGB vorgesehen ist und andererseits die zu erwartende Geldbuße, die in Frankreich als Sanktion dient (vgl. Art. R 121-1 Cconsom i.V.m. Art. 131-13 Code pénal), ist nicht zu vernachlässigen.289 3. Widerrufsrecht Die wichtigsten Unterschiede beim Widerrufsrecht sind die uneinheitlichen Fristen (sieben bzw. 14 Tage) und deren Berechnung, sowie die Form (Rücksendung der Ware gegenüber Einschreiben mit Rückschein) und die Rückabwicklung (vom Fehlen jeglicher Regelung zu einem geschlossenen Rückabwicklungssystem). Dies macht beispielsweise eine einheitliche Belehrung über das Widerrufsrecht, die in allen Mitgliedstaaten gelten soll, unmöglich.290 Auch das Verhältnis zu anderen Rechtsbehelfen ist weitgehend ungeklärt.
III. Zwischenergebnis Der Vorteil der Mindestharmonisierung liegt in der besseren Eingliederung der Richtlinienvorschriften in das nationale Recht, die aufgrund des größeren Umsetzungsspielraums der Mitgliedstaaten möglich ist. Diese Flexibilität erlaubt es den Mitgliedstaaten, zum Beispiel einen vorher schon bestehenden höheren Schutzstandard aufrechtzuerhalten. Somit greift die mindestharmonisierende Richtlinie weniger in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten ein und schafft eine nationale Legitimation des Rechts europäischen Ursprungs, was für eine bessere Aufnahme in den Mitgliedstaaten sorgt. Diese Strategie dient also dem Ausgleich zwischen dem Interesse der EU, ein einheitliches Schutzniveau im Binnenmarkt zu gewährleisten und dem Interesse der Mitgliedstaaten, nationale Besonderheiten beizubehalten.291 Auch lässt die Mindestharmonisierung Platz für den sog. „positiven Wettbewerb der Rechtsordnungen“;292 ein Rechtsvergleich ermöglicht es, die bestmöglichen Lösungen innerhalb der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen zu finden und sie auf Gemeinschaftsebene zu implementieren. Dies fördert die Weiterentwicklung des Verbraucherrechts.
289 290 291 292
Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 83, 105. Vgl. Föhlisch, MMR 2009, 75. Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 279. Reich, ZEuP 2010, 7, 9.
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Teil 2: Konkreter Rechtsvergleich vor Umsetzung der VRRL
Den Mitgliedstaaten wird so die Aufgabe übertragen, die verschiedenen Rechtsquellen sinnvoll zu kombinieren. Zu bemerken bleibt allerdings, dass auch die mindestharmonisierenden Richtlinien durch die zunehmend detaillierter werdenden Regelungen für die Mitgliedstaaten an Umsetzungsspielraum verloren haben. Denn je detaillierter die Regelungen, desto wortgetreuer muss die Umsetzung erfolgen, um Umsetzungsdefizite oder -fehler zu verhindern.293 Der große Nachteil der Mindestharmonisierung ist darin zu sehen, dass sie keine völlige Einheitlichkeit schaffen kann und somit im Spannungsverhältnis zu ihrem Ziel der Verhinderung von Rechtszersplitterung und der Binnenmarktförderung steht.294 Die Mitgliedstaaten nutzen das halbzwingende Recht bei entsprechenden rechtspolitischen Tendenzen innerhalb des Nationalstaats, um über den Mindestschutz hinausgehende Regelungen zu schaffen. Dies hat uneinheitliche Rechtslagen in der Union selbst innerhalb der (mindest-)harmonisierten Bereiche zur Folge.295 Festzuhalten bleibt auch, dass die Richtlinie wichtige Bereiche wie den Vertragsschluss und die Sanktionen selbst nicht harmonisiert, sondern sich diese nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten richten, was ebenfalls zu bedeutenden Unterschieden führen kann. Überleitung zu Teil 3 Anhand des Vergleichs der Rechtslage in Deutschland und Frankreich konnte nachgewiesen werden, dass die Mindestharmonisierung im Fernabsatzrecht und im Rahmen von Haustürgeschäften durchaus zu einer Uneinheitlichkeit in Europa geführt hat. Diese Folgen hat die Kommission seit 2002296 zum Anlass genommen einen Strategiewechsel hin zur Vollharmonisierung vorzunehmen. Fraglich bleibt, ob der von der Kommission verfolgte Vollharmonisierungsansatz hierfür ein taugliches Mittel darstellt und inwieweit sich die Umsetzung für die Mitgliedstaaten durch die Vollharmonisierung erschwert bzw. die nationalen Konzepte durcheinander geworfen werden. Fraglich ist auch, ob die in der vollharmonisierenden Richtlinie enthaltenen Umsetzungsspielräume tatsächlich so gering sind, dass die Rechtsunterschiede in den Mitgliedstaaten sich signifikant verringert haben bzw. vergrößert wurden. 293
Vgl. Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 14, 16; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 550; in diese Richtung auch Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 179; Effer-Uhe/ Watson, GPR 2009, 7, 8. 294 So Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 408. 295 Drexl, FS Medicus, 68, 71; Pfeiffer, in: Hohloch, Richtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland und Frankreich, 9, 19; Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 280; Reich, ZEuP 2010, 7, 9. 296 Vgl. Mitteilung der Kommission zur verbraucherpolitischen Strategie 2002 – 2006, KOM (2002) 208 endg. 7. 5. 2002, S. 17.
Teil 3
Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL A. Wechsel der europäischen Strategie hin zur Vollharmonisierung Die Verbraucherrechterichtlinie vom 22. November 2011 folgt dem im Jahre 2002 begonnenen Trend1 und soll mit der Zusammenfassung der Haustürwiderrufsund der Fernabsatzrichtlinie sowie dem Umschwung von Mindest- zu Vollharmonisierung eine Vereinfachung des Verbraucherrechts und ein kohärenteres System hervorbringen.2 Neu ist der horizontale Ansatz, d. h. dass nicht mehr nur sektoriell harmonisiert wird, sondern die harmonisierenden Vorschriften grundsätzlich auf jegliche Art. von Verbraucherverträgen Anwendung finden.3 Dies gilt zumindest für einen Teil der Regelungen wie die allgemeinen vorvertraglichen Informationspflichten und die Regelungen über Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel sowie für telefonische Kommunikation und zusätzliche Leistungen. In Art. 4 VRRL, der den Grad der Harmonisierung festlegt, heißt es: „Sofern diese Richtlinie nichts anderes bestimmt, erhalten die Mitgliedstaaten weder von den Bestimmungen dieser Richtlinie abweichende innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrecht noch führen sie solche ein; dies gilt auch für strengere oder weniger strenge Rechtsvorschriften zur Gewährleistung eines anderen Verbraucherschutzniveaus.“
Hiermit wird also jegliche Abweichung von den Vorgaben der Richtlinie im Sinne einer Vollharmonisierung verboten. Die Vollharmonisierung hindert die Mitgliedstaaten, von den Vorgaben der Richtlinie abzuweichen, sofern dies nicht in der Richtlinie ausdrücklich zugelassen ist. Auch zugunsten des Verbrauchers ist also
1
Siehe hierzu bereits Einleitung, A. II. 2. Micklitz, MüKo, Vor §§ 13, 14 Rn. 28; Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1159. 3 Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1160; Reich, ZEuP 2010, 7, 27; Unger, ZEuP 2012, 270, 271; Tacou, ZRP 2009, 140; Tonner, VuR 2013, 443, 444; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441; Jud/Wendehorst, GPR 2009, 68, 69; Wicker, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 1, 10; Rochfeld, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 153, 157. 2
134
Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
keine Abweichung mehr möglich.4 Ziel der vollharmonisierenden Richtlinien ist es somit, nicht nur einen Mindestschutz zu garantieren, sondern für einen unionsweit einheitlichen Schutz zu sorgen. Der Grad der Harmonisierung wurde für die vorvertraglichen Informationspflichten bei anderen als Fernabsatzverträgen oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen im Vergleich zum Richtlinienentwurf herabgesetzt5 und lässt heute zusätzliche Informationspflichten zu.6 Die Regelungen zu außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und für Fernabsatzverträge sind im Sinne einer Vollharmonisierung bindend und bieten keine Abweichungsmöglichkeiten. Insoweit wird teilweise bei der VRRL insgesamt von einer targeted harmonisation gesprochen.7 Dafür spricht auch Erwägungsgrund 2: „dabei sollte der den älteren Richtlinien zugrunde liegende Mindestharmonisierungsansatz aufgegeben werden, wobei dennoch den Mitgliedstaaten gestattet werden sollte, innerstaatliche Rechtsvorschriften in Bezug auf bestimmte Aspekte beizubehalten oder einzuführen.“
I. Reichweite vollharmonisierender Richtlinien Die zwingenden Vorgaben der vollharmonisierenden Richtlinie binden die nationalen Gesetzgeber in ihrem Anwendungsbereich, sodass den Mitgliedstaaten insoweit ihre Kompetenz in diesem Bereich entzogen wird. Damit übernimmt der europäische Gesetzgeber das Verbraucherrecht, eine Materie, die traditionell zu den geteilten Zuständigkeiten zwischen EU und den Mitgliedstaaten gehörte.8 Diese Entwicklung ist nicht ohne Kritik geblieben. Im Vordergrund der Kritik steht nicht nur das u. U. geringere Verbraucherschutzniveau, sondern auch die Einschränkung des Umsetzungsspielraums im Sinne einer Einengung der Gesetzgeberprärogative sowie die darauf beruhenden Auswirkungen auf sonstiges nationales Recht.9 Aufgrund dieses sinkenden Umsetzungsspielraums der nationalen
4 Roth, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 13, 18; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 409; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 10. 5 Vgl. Kom 2008, 0614, Art. 5 und Erwägungsgrund 8 und 9 des Richtlinienentwurfs, der eine Vollharmonisierung auch der allgemeinen Informationspflichten vorsah. 6 Siehe hierzu unten Teil 3, B. II. 1. 7 Aubert de Vincelles, RDC 2011 n84, p. 1224 „harmonisation ciblée“; Tonner, VuR 2014, 23; Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 3; Grundmann, JZ 2013, 53, 62; siehe bereits zum Stand der Verhandlungen im Jahre 2010 Schmidt-Kessel, GPR 2010, 129 f. 8 Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 459; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 12; Tonner/ Tamm, JZ 2009, 277, 284; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 10. Zur Kompetenzfrage siehe Einleitung, A. II. 3. b) aa). 9 Hierauf wird im Folgenden eingegangen.
A. Wechsel der europäischen Strategie hin zur Vollharmonisierung
135
Gesetzgeber wachsen die zusätzlichen Anforderungen an die Qualität des Unionsrechtsaktes.10 Dies ist wohl auch ein Grund für den verzögerten Beschluss der VRRL. Bemerkenswert ist auch, dass den Mitgliedstaaten durch die Vollharmonisierung verwehrt wird, allgemeine, also nicht in Umsetzung der Richtlinie ergangene Vorschriften, anzuwenden, soweit diese zu der Richtlinie in Widerspruch stehen. Dies zwingt die Mitgliedstaaten zu einer umfassenden Kollisionsprüfung aller Vorschriften des allgemeinen Vertragsrechts mit Regelungen der Richtlinie.11 Wie oben bereits erörtert,12 ist innerhalb des Anwendungsbereichs einer vollharmonisierenden Richtlinie grundsätzlich eine identische Umsetzung ins nationale Recht erforderlich,13 außer die Richtlinie lässt selbst ausdrücklich Abweichungen zu. Trotzdem verbleibt den Mitgliedsstaaten ein gewisser Gestaltungsspielraum: sie wählen die Art. des Legislativakts aus, durch den sie diese vollharmonisierten Vorschriften in das nationale Recht integrieren wollen und haben die Möglichkeit, die Bestimmungen der Richtlinie auch auf Bereiche anzuwenden, die nicht in den Regelungsbereich der Richtlinie fallen (z. B. Finanzdienstleistungen). Zudem besteht auch hinsichtlich des Wortlauts14 und der Einordnung in den systematischen Kontext des nationalen Rechts ein gewisser Spielraum.15 Dies macht einen Rechtsvergleich hinsichtlich der Umsetzung der Richtlinie in Deutschland und Frankreich interessant. Schwierigkeiten bereitet allerdings die Tatsache, dass der Umfang dieser Spielräume ex ante nur schwer zu bestimmen ist und oft erst nach einer Konkretisierung durch den EuGH (u. U. auch erst einige Jahre nach Inkrafttreten der Umsetzungsgesetze) genaue Konturen bekommt.16 So bleiben der Wortlaut und die Systematik der Umsetzungsnormen innerhalb des Anwendungsbereichs zwar auch bei der Umsetzung vollharmonisierender Richtli10 Schmidt-Kessel, GPR 2010, 129, 130; Jud/Wendehorst, GPR 2009, 68, 69; auf die „defizitäre technische Qualität der (Verbraucherrechte-)Richtlinie“ eingehend Schmidt-Kessel/ Sorgenfrei, GPR 2013, 242; Wendehorst, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 61, 76. 11 Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 83, 84; ThierietDuquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 10. 12 Vgl. Teil 2, A. I. 13 Vgl. Art. 4 VRRL. 14 Der EuGH hat entschieden, dass eine wörtliche Übernahme der Richtlinienvorschriften in das nationale Recht nicht verlangt werden kann, EuGH v. 30. 5. 1991, Rs. C-59/89, Slg. 1991, I-2607 – Kommission gegen Deutschland. 15 Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 22; Riehm, JZ 2006, 1035, 1038; Schmidt-Kessel/Sorgenfrei, GPR 2013, 242, 244; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 6. 16 Am konkreten Beispiel der VRRL Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 465 und Schmidt-Kessel, BB 2001, Nr. 29, 1; Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 83, 109; Micklitz, MüKo, Vor §§ 13, 14, Rn. 36.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
nien vom Spielraum erfasst (siehe „Form und Mittel“ i.S.d. Art. 288 AEUV)17 genauso wie die Konkretisierung von Generalklauseln18 und unbestimmten Rechtsbegriffen19. Wenn allerdings Zweifel daran bestehen, ob ein Richtlinienbegriff nur unscharf formuliert ist, eine von den Mitgliedstaaten zu konkretisierende Generalklausel oder unbestimmte Rechtsbegriffe enthält, so liegt es in der Kompetenz des EuGH, dies festzustellen.20 Trotz dieses theoretischen Spielraums hinsichtlich der Umsetzung führt die Vollharmonisierung mehr zu einer Vereinheitlichung als zu einer Angleichung der Normen.21 Der Gesetzgeber braucht zwar nicht den Wortlaut der Richtlinie eins zu eins zu übernehmen, sondern soll sie der Terminologie und der Systematik des nationalen Gesetzes anpassen, allerdings darf er dabei eben weder nach unten noch nach oben von den Richtlinienvorgaben abweichen. Im Rahmen dieser positiven Richtlinienregelungen dürfte der Transformationsakt wenige Schwierigkeiten bereiten, da grundsätzlich eine identische Umsetzung zu erfolgen hat. Deutlich schwieriger zu ermitteln sind die negativen Vorgaben der Richtlinie, das heißt, die Bereiche in denen die Richtlinie abschließend ist und deshalb das Schweigen der Richtlinie den Mitgliedstaaten eine Nichtregelung vorschreibt. Abzugrenzen sind diese negativen Regelungen von einer schlichten „Nicht-Regelung“, die den Mitgliedstaaten eine freie nationale Regelung erlaubt.22 So wird es beispielsweise schwierig zu bestimmen sein, inwiefern die VRRL die von ihr harmonisierten Informationspflichten abschließend regelt und ob daneben
17
Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 83, 100. Reich, ZEuP 2010, 7, 23; zum Umsetzungsspielraum vgl. Schulze, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 63, 77 f.; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 14 et s; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 178 ff. 19 Zur Frage inwieweit hier noch Gestaltungsspielraum besteht vgl. Herresthal, in: Gsell/ Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, S. 115 ff.; diese Konkretisierungsbefugnis nicht den nationalen Gesetzgebern, sondern der Rechtsprechung zusprechend Schmidt-Kessel/ Sorgenfrei, GPR 2013, 242, 245. 20 Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 270; Herresthal, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 110, 129. 21 Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1159; Wicker, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 1, 8; Rochfeld, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 153, 157. 22 Vgl. Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 6; Grundmann, JZ 2013, 53, 57; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 443; Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 164. 18
A. Wechsel der europäischen Strategie hin zur Vollharmonisierung
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noch nationale, nicht auf Richtlinien beruhende Informationspflichten bestehen bleiben dürfen.23 Alleine die abstrakte Betrachtung der Reichweite vollharmonisierender Richtlinien lässt den Schluss zu, dass selbst die Vollharmonisierung keine vollständige Vereinheitlichung in den Mitgliedstaaten schaffen kann. Vollharmonisierung ist eben keine vollständige Harmonisierung.24
II. Reichweite der Verbraucherrechterichtlinie Hervorzuheben ist der im Vergleich zum Entwurf der Richtlinie aus dem Jahre 200825 deutlich eingeschränktere Anwendungsbereich der letzten Endes beschlossenen VRRL. Der Hauptregelungsbereich der VRRL betrifft die vorvertraglichen Informationspflichten für alle Verbraucherkauf- und Dienstleistungsverträge und ein einheitliches Regime für die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und für Fernabsatzverträge.26 Aus dem Entwurf gestrichen wurden die Regelungen zur Klauselkontrolle und zum Verbrauchsgüterkauf, da hinsichtlich dieser Bereiche kein Kompromiss gefunden werden konnte. Nach Erwägungsgrund 2 der VRRL „sollte der den älteren Richtlinien zugrunde liegende Mindestharmonisierungsansatz aufgegeben werden, wobei dennoch den Mitgliedstaaten gestattet werden sollte, innerstaatliche Rechtsvorschriften in Bezug auf bestimmte Aspekte beizubehalten oder einzuführen.“
Um die genaue Bindungswirkung der VRRL zu ermitteln, ist also folglich eine genaue Auslegung der Richtlinienvorschriften vorzunehmen. In Kapitel I der VRRL finden sich wichtige Definitionen, sowie die Abgrenzung des Anwendungsbereichs und des Harmonisierungsgrades. Regelungen für allgemeine Verbraucherverträge sind in Kapitel II enthalten. Kapitel III regelt spezielle Anforderungen an Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossener Verträge. In Kapitel IV sind „sonstige Verbraucherrechte“ enthalten, die
23 Zur Wechselwirkung von Informationspflichten aus der Verbraucherkreditrichtlinie und dem Risikobegrenzungsgesetz s. Artz, GPR 2009, 171, 175 f. 24 Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 12; Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 443. 25 Vgl. Kom 2008, 0614. 26 Erwägungsgrund 9: „Diese Richtlinie enthält Bestimmungen über Informationen, die bei Fernabsatzverträgen, außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sowie anderen Verträgen als Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen bereitgestellt werden müssen. Diese Richtlinie regelt auch das Widerrufsrecht bei Verträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden, und harmonisiert bestimmte Vorschriften in Bezug auf die Erfüllung und einige andere Aspekte von Verträgen zwischen Unternehmen und Verbrauchern.“
138
Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
sowohl für Verträge i.S.d. Kapitel II als auch für besondere Vertriebsformen gelten. Kapitel V und VI betreffen die Umsetzung und Aufhebung älterer Richtlinien. Grundsätzlich sind sog. materielle Regelungen, wie beispielsweise die Länge der Widerrufsfrist, von der Vollharmonisierung erfasst. Demgegenüber unterliegen Regelungen zum Anwendungsbereich grundsätzlich nicht der Vollharmonisierung.27 Eine Erweiterung der Richtlinienvorgaben auf Verträge zwischen Unternehmern wäre dem Anwendungsbereich nicht unterworfen.28 Ob dies auch für die langen Ausschlusskataloge in Art. 16 VRRL hinsichtlich des Widerrufsrechts gilt, ist zweifelhaft.29 Mehr Schwierigkeiten bereiten die Ermittlung der oben beschriebenen negativen Richtlinienvorgaben und deren Abgrenzung zum nicht-geregelten Bereich. Zum nicht-geregelten Bereich gehören beispielsweise Fragen zur Stellvertretung.30 Eine negative, also abschließende Regelung ist demgegenüber hinsichtlich der ausführlichen Informationspflichten für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge anzunehmen.31 Dies folgt bereits aus der „flächendeckenden“ Regelung der Informationspflichten und der fehlenden besonderen Anhaltspunkte für die Zulässigkeit von Abweichungen.32 Zudem sieht Art. 6 VII VRRL vor, dass die Mitgliedstaaten sprachliche Anforderungen regeln dürfen, was im Umkehrschluss gegen eine darüber hinaus gehende Regelungsbefugnis spricht. Schwierig wird die Transformation auch im Bereich von Öffnungs- und Optionsklauseln, die den Mitgliedstaaten ermöglichen, weitergehende Vorschriften zum Schutze des Verbrauchers zu erlassen bzw. bestimmte Richtlinienvorgaben nicht umzusetzen. Der Umfang der Öffnungsklausel muss genau bestimmt werden, da sie eine Ausnahme vom Vollharmonisierungseffekt darstellt.33 27 Schmidt-Kessel/Sorgenfrei, GPR 2013, 242, 244; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 6 f.; Grundmann, JZ 2013, 53, 57. 28 Reich, ZEuP 2010, 7, 28; vgl. im Rahmen der Verbraucherkreditrichtlinie Artz, GPR 2009, 171, 173; Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 269; ähnlich auch Rochfeld, in: Mazeau/Schulze/ Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 153, 164. 29 Vgl. hierzu ausführlich Schmidt-Kessel/Sorgenfrei, GPR 2013, 242, 246; dies ergibt sich zudem ausdrücklich aus Erwägungsgrund 13 der VRRL. 30 Erwägungsgrund 16 VRRL. 31 Vgl. Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 443. 32 Siehe hierzu Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 26. 33 Folgende Öffnungsklauseln und Konkretisierungsaufträge sind in der VRRL enthalten: Art. 3 IV: Unanwendbarkeit auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, deren Gegenleistung 50 E nicht übersteigt Art. 3 V: allgemeines Vertragsrecht der Mitgliedstaaten bleibt unberührt Art. 5 III: Informationspflichten bei sonstigen Verbraucherverträgen müssen nicht auf Geschäfte des täglichen Lebens mit sofortiger Erfüllung angewendet werden Art. 5 IV: bei sonstigen Verbraucherverträgen sind zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten erlaubt
A. Wechsel der europäischen Strategie hin zur Vollharmonisierung
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Im Folgenden sollen einige dieser Klauseln beispielhaft dargestellt werden. Art. 3 IV VRRL enthält eine sog. Optionsklausel: „Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 EUR nicht überschreitet, nicht anzuwenden und keine entsprechenden nationalen Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder einzuführen. Die Mitgliedstaaten können in den nationalen Rechtsvorschriften einen niedrigeren Schwellenwert festsetzen.“
Hier wird den Mitgliedstaaten ausdrücklich freigestellt, die Richtlinienvorgaben auf die beschriebene Konstellation anzuwenden oder nicht. Art. 5 V VRRL enthält wiederum eine Begrenzung des Anwendungsbereichs: „Diese Richtlinie lässt das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags, soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in dieser Richtlinie nicht geregelt werden, unberührt.“
In den Art. 6 bis 9 VRRL finden sich wiederum einige Öffnungs- und Optionsklauseln, die es den Mitgliedstaaten erlauben, weitergehende Vorschriften zu erlassen oder Vorgaben der Richtlinie nicht zu übernehmen. Sollten die Mitgliedstaaten allerdings von diesen Regelungsmöglichkeiten Gebrauch machen, so trifft sie nach Art. 28 VRRL die Pflicht, die Kommission bis zum 13. Dezember 2013 hiervon, sowie von allen nachfolgenden Änderungen in Kenntnis zu setzen. Zu beachten ist ebenfalls, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung einer optionalen Klausel wieder im Sinne einer Vollharmonisierung gebunden sind und somit die Klausel ohne Abweichungen umsetzen müssen.34 So dürfen sie beispielsweise bei der Option in Art. 7 IV VRRL keine Reduktion der Klausel vornehmen, sondern sie nur entweder komplett oder gar nicht umsetzen.
Art. 6 VII: Mitgliedstaaten können sprachlichen Anforderungen der Informationen für Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge festlegen Art. 6 VIII: zusätzliche Informationspflichten im Einklang mit RL 2006/123/EG und 200/ 31/EG erlaubt Art. 7 IV: Die Mitgliedstaaten können beschließen, diesen Absatz nicht anzuwenden Art. 8 VI: Mitgliedstaaten können bei telefonisch abgeschlossenen Fernabsatzverträgen die Bestätigung auf einem dauerhaften Datenträger verlangen Art. 9 III: bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen können die Mitgliedstaaten Vorschriften aufrechterhalten, die dem Unternehmer verbieten, bis zu einem bestimmten Zeitpunkt Zahlungen des Verbrauchers anzunehmen Art. 15 II: Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten bzgl. der Auflösung akzessorischer Verträge fest Art. 24: Mitgliedstaaten legen Sanktionen bei Verstößen gegen die Richtlinienvorgaben fest. 34 Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 11.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
In Art. 24 der Richtlinie findet sich zudem eine explizite Aufforderung an die Mitgliedstaaten, die Sanktionen selbst zu regeln (sog. Regelungsauftrag)35: „Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein.“
Dass die Sanktionen diesen Kriterien entsprechen, wird durch den EuGH überwacht.36 Gleiches gilt für die Konkretisierung der Rechtsfolgen der Beendigung akzessorischer Verträge nach Art. 15 II VRRL. Die konkrete Ausnutzung der Spielräume im Rahmen der Umsetzung der VRRL wird im Folgenden näher betrachtet werden. Die Vollharmonisierung soll ihrem Sinn nach eine effektivere Rechtsangleichung ermöglichen. Im Folgenden soll untersucht werden, ob sich diese Theorie bewahrheitet hat und wie die besonderen systematischen Herausforderungen der Umsetzung in den jeweiligen Mitgliedstaaten gemeistert worden sind.
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze Die VRRL Nach knapp dreijährigen Verhandlungen konnte im Juni 2011 zwischen der Kommission, dem Parlament und dem Rat endlich eine Einigung gefunden werden. Die VRRL vom 25. Oktober 201137 sollte bis zum 13. Dezember 2013 umgesetzt werden und ab 13. Juni 2014 in den Mitgliedstaaten in Kraft treten. Rechtslage in Deutschland Die Umsetzung in Deutschland verlief in drei Phasen: zunächst wurde der Referentenentwurf vom 19. September 201238 ausgearbeitet. Anschließend folgte der Gesetzesentwurf vom 6. März 201339. Das endgültige Umsetzungsgesetz ist das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungs-
35 Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 173. 36 Siehe z. B. EuGH v.25. 10. 2003, Rs. C-350-03, Slg. 2005, I-9215 – Schulte/Badenia. 37 In Kraft getreten am 12. Dezember 2012. 38 BR-Drucks. 817/12. 39 BT-Drucks. 17/12637.
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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vermittlung vom 20. September 2013.40 Somit war die Umsetzung in Deutschland fast drei Monate vor dem Ende der Umsetzungsfrist beendet. Untertitel 2 im Buch 2 des BGB wurde neu strukturiert, um allgemeine Informationspflichten für Verbraucherverträge einzuführen und die Regelungen zu Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften anzugleichen. Die besonderen Informationspflichten bleiben in Art. 246 ff. EGBGB ausgelagert, sind aber erheblich geändert worden. Die Vorschriften zum Widerrufsrecht in §§ 355 ff. BGB sind zudem neu gefasst worden und es findet keine Verweisung auf die Rücktrittsfolgen mehr statt. Auch an einigen Stellen des allgemeinen Teils (§§ 13, 126b BGB) sowie des allgemeinen Schuldrechts (§§ 241a, 314, 323 BGB) mussten kleine Änderungen vorgenommen werden, ebenso wie im Kaufrecht (§§ 443, 474 BGB). Rechtslage in Frankreich Der französische Gesetzgebungsprozess dauerte vergleichsweise lange. Dies lag daran, dass die Umsetzung der VRRL mit einer umfassenden Reform des Cconsom gekoppelt wurde, die weit über den Regelungsbereich der Richtlinie hinausgeht.41 Nach jeweils zwei Lesungen in der Assemblée nationale und dem Sénat wurde die Commission mixte paritaire angerufen, die weitere Änderungen (amendements) vornahm. Am 13. Februar 2014 und somit mit zwei-monatiger Verspätung wurde der Text n8 295 mit mehr als 160 Artikeln definitiv angenommen.42 Allerdings legten am 17. Februar 2014 Senatoren der UMP-Patei das Gesetz dem Conseil constitutionnel vor, weil sie der Ansicht waren, dass das Gesetz gegen die Prinzipien der persönlichen Freiheit, der Rechtsgarantie, der Unschuldsvermutung, des Zugangs zum Recht, der Verständlichkeit des Rechts und der Privatsphäre verstoße.43 In seinem Urteil vom 13. März 2014 erklärte der Conseil constitutionnel einige der ihm vorgelegten Artikel des Gesetzes für verfassungswidrig.44 Unter diesen verfassungswidrigen Artikeln sind jedoch keine für diese Arbeit relevanten Vorschriften zu finden. Die Loi sur la consommation besteht aus sechs Kapiteln. Obwohl die Einführung der „action de groupe“ nach dem amerikanischen Modell der „class action“ dem Gesetz große Aufmerksamkeit in den Medien gebracht hat, enthält das Gesetz auch viele Regelungen zur Information des Verbrauchers und zu dessen Rechten gegen40
BGBl I 2013 Nr. 58 27. 09. 2013 S. 3642. Vgl. Grynbaum, Rev. Lamy Droit de l’Immatériel 2014, 103; Minet, Rev. Lamy Droit des Affaires 2014, 93, die von einem „patchwork“ von verbraucherrechtlichen Regelungen spricht. 42 Loi n8 2014-344 du 17 mars 2014 relative à la consommation publiziert im JORF n80065 du 18 mars 2014 page 5400. 43 La loi contrevient „aux principes de liberté personnelle, de garantie des droits, de présomption d’innocence, d’accessibilité et d’inéligibilité de la loi, et de respect de la vie privée“. 44 Es handelt sich um die Artikel 67 – 74, einen Teil des Artikels 123 und Artikel 149. 41
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
über dem Unternehmer, da das Gesetz auch der Umsetzung der VRRL dient. Für diese Arbeit relevant ist ausschließlich Kapitel II des Gesetzes. Kapitel II (Art. 3 bis 17) soll die Information der Verbraucher verbessern und ihre vertraglichen Rechte stärken. Dieses Kapitel enthält auch Regelungen zu Haustürgeschäften und Fernabsatzverträgen (Art. 5), sowie zu besonderen Verträgen, die auf Messen und Märkten geschlossen werden (Art. 11 und 12). Im Cconsom hat es für diese Arbeit relevante Änderungen hinsichtlich der allgemeinen Informationspflichten in Art. L. 111-1 ff. gegeben und die Regelungen zu Haustürgeschäften und Fernabsatzverträgen wurden in einer Sektion zusammengefasst und teilweise erheblich modifiziert (Art. L. 121-16 bis L. 121-24). Wichtig ist auch die Einführung eines Article préliminaire mit der Definition des Verbrauchers, sowie einzelne Vorschriften zum Gefahrübergang (Art. L. 138-4 und L. 138-6) und zur Lieferung (Art. L. 138-1 bis L. 138-3). Im Folgenden werden das deutsche und das französische Umsetzungsgesetz der VRRL auf deren Unterschiede im Anwendungsbereich, hinsichtlich der Informationspflichten sowie hinsichtlich des Widerrufsrechts und hinsichtlich sonstiger Verbraucherrechte im Sinne der VRRL untersucht.
I. Anwendungsbereich Dieser Abschnitt gliedert sich in den allgemeinen, persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich. 1. Allgemeiner Geltungsbereich a) Vorgaben der VRRL Der allgemeine Geltungsbereich der VRRL wird in Art. 3 festgelegt: „(1) Diese Richtlinie gilt unter den Bedingungen und in dem Umfang, wie sie in ihren Bestimmungen festgelegt sind, für jegliche Verträge, die zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher geschlossen werden. Sie gilt auch für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom oder Fernwärme, einschließlich durch öffentliche Anbieter, sofern diese Güter auf vertraglicher Basis geliefert werden. (2) Kollidiert eine Bestimmung dieser Richtlinie mit einer Bestimmung eines anderen Unionsrechtsakts, der spezifische Sektoren regelt, so hat die Bestimmung dieses anderen Unionsrechtsakts Vorrang und findet auf diese spezifischen Sektoren Anwendung. (3) Diese Richtlinie gilt nicht für Verträge a) über soziale Dienstleistungen, einschließlich der Bereitstellung und Vermietung von Sozialwohnungen, der Kinderbetreuung oder der Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege;
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b) über Gesundheitsdienstleistungen gemäß Artikel 3 Buchstabe a der Richtlinie 2011/24/ EU, unabhängig davon, ob sie von einer Einrichtung des Gesundheitswesens erbracht werden; c) über Glücksspiele, die einen geldwerten Einsatz verlangen, einschließlich Lotterien, Glücksspiele in Spielkasinos und Wetten; DE 22. 11. 2011 Amtsblatt der Europäischen Union L 304/73; d) über Finanzdienstleistungen; e) über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Immobilien; f)
über den Bau von neuen Gebäuden, erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden oder die Vermietung von Wohnraum;
g) die in den Geltungsbereich der Richtlinie 90/314/EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen (1) fallen; h) die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2008/122/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen (2) fallen; i)
die nach dem Recht der Mitgliedstaaten vor einem öffentlichen Amtsträger geschlossen werden, der gesetzlich zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet ist und durch umfassende rechtliche Aufklärung sicherzustellen hat, dass der Verbraucher den Vertrag nur aufgrund gründlicher rechtlicher Prüfung und in Kenntnis seiner rechtlichen Tragweite abschließt;
j)
über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden;
k) über die Beförderung von Personen mit Ausnahme des Artikels 8 Absatz 2 und der Artikel 19 und 22; l)
die unter Verwendung von Warenautomaten oder automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden;
m) die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Fernsprecher zu deren Nutzung geschlossen werden oder die zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Faxverbindung geschlossen werden. (4) Die Mitgliedstaaten können beschließen, diese Richtlinie auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die vom Verbraucher zu zahlende Gegenleistung 50 EUR nicht überschreitet, nicht anzuwenden und keine entsprechenden nationalen Bestimmungen aufrechtzuerhalten oder einzuführen. Die Mitgliedstaaten können in den nationalen Rechtsvorschriften einen niedrigeren Schwellenwert festsetzen. (5) Diese Richtlinie lässt das allgemeine innerstaatliche Vertragsrecht wie die Bestimmungen über die Wirksamkeit, das Zustandekommen oder die Wirkungen eines Vertrags, soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts in dieser Richtlinie nicht geregelt werden, unberührt.
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(6) Diese Richtlinie hindert Unternehmer nicht daran, Verbrauchern Vertragsbedingungen anzubieten, die über den in dieser Richtlinie vorgesehenen Schutz hinausgehen.“
Teilweise wurde eine allgemeine Subsidiaritätsregelung befürwortet, die zu einer Unterscheidung von Anwendungsbereich und Konkurrenzregelung und somit auch zu mehr Klarheit innerhalb des Anwendungsbereichs durch Verringerung der Ausnahmeregelungen geführt hätte.45 Anders als im Rahmen der Fernabsatzrichtlinie sind Versteigerungen nicht im generellen Ausschlusskatalog der VRRL enthalten. Sie finden sich aber in Art. 16 k) beim Ausschluss des Widerrufsrechts wieder.46 Die Regelung in Abs. 5 vermag einige Konflikte herbeizuführen, insbesondere hinsichtlich der Abgrenzung der zum Vertragsrecht gehörenden Regelungskomplexe.47 Der Vertragsschluss im engeren Sinne (Angebot und Annahme) bleibt von der Richtlinie unberührt. Die allgemeinen nationalen vertraglichen Informationspflichten sind wohl vom Anwendungsbereich der VRRL erfasst und somit nur in dem von ihr zugelassenen Spielraum einführbar. Dagegen bleiben beispielsweise Willensmängel wie die Anfechtungsgründe unberührt.48 Allerdings schränkt der letzte Halbsatz die Wirkung des Abs. 5 wieder ein: nur soweit Aspekte des allgemeinen Vertragsrechts nicht in der Richtlinie selbst geregelt sind, bleiben diese unberührt.49 Als unverbindlich sind somit beispielsweise die Begriffsbestimmungen des Art. 2 Nr. 3 und Nr. 5 VRRL anzusehen. Dies ergibt sich bereits aus Erwägungsgrund 15, wonach sprachliche Anforderungen bei Verbraucherverträgen nicht harmonisiert werden sollen. Andernfalls würde dies zudem zu erheblichen Eingriffen in das innerstaatliche Recht führen.50 Erwägungsgrund 13: „Die Mitgliedstaaten sollten im Einklang mit dem Unionsrecht weiterhin befugt sein, diese Richtlinie auf Bereiche anzuwenden, die nicht in deren Anwendungsbereich fallen. Die 45
Vgl. hierzu Schmidt-Kessel, GPR 2010, 129, 130. Zur Umsetzung in Frankreich siehe Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 7. 47 Siehe hierzu Schmidt-Kessel, GPR 2010, 129, 131. 48 Vgl. auch Erwägungsgrund 14: „Diese Richtlinie sollte das innerstaatliche Vertragsrecht unberührt lassen, soweit vertragsrechtliche Aspekte durch diese Richtlinie nicht geregelt werden. Deshalb sollte diese Richtlinie keine Wirkung auf nationale Rechtsvorschriften haben, die beispielsweise den Abschluss oder die Gültigkeit von Verträgen (zum Beispiel im Fall einer fehlenden Einigung) betreffen. Desgleichen sollte diese Richtlinie nationale Rechtsvorschriften in Bezug auf die allgemeinen vertraglichen Rechtsbehelfe, die Vorschriften des allgemeinen Wirtschaftsrechts (beispielsweise Vorschriften über überhöhte Preise oder Wucherpreise) und die Vorschriften über sittenwidrige Rechtsgeschäfte unberührt lassen.“ Aubert de Vincelles, RDC 2011 n84, p. 1224, 1225. 49 Diesen Halbsatz als „sinnlos“ bezeichnend Schmidt-Kessel, GPR 2010, 129, 131. 50 Hierzu ausführlich Beckmann, Staudinger, Vor 433 ff. Rn. 107. 46
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Mitgliedstaaten können daher den Bestimmungen oder einigen Bestimmungen dieser Richtlinie entsprechende nationale Rechtsvorschriften für Verträge, die nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fallen, beibehalten oder einführen. […]“ Erwägungsgrund 32: „Das geltende Unionsrecht unter anderem über Finanzdienstleistungen für Verbraucher, Pauschalreisen und Teilzeitnutzungsverträge enthält zahlreiche Verbraucherschutzbestimmungen. Deshalb sollte diese Richtlinie für Verträge in diesen Bereichen nicht gelten. Was Finanzdienstleistungen betrifft, sollten die Mitgliedstaaten ermutigt werden, sich bei der Schaffung von neuen Rechtsvorschriften in nicht auf Unionsebene geregelten Bereichen von den maßgeblichen bestehenden Rechtsvorschriften der Union in diesem Bereich anregen zu lassen, so dass gleiche Ausgangsbedingungen für alle Verbraucher und alle Verträge über Finanzdienstleistungen gewährleistet sind.“
b) Umsetzung in Deutschland Art. 3 VRRL wurde in § 312 BGB n.F. umgesetzt. In § 312 I BGB wurde der Begriff der entgeltlichen Leistung (für Haustürgeschäfte) beibehalten und auf Fernabsatzverträge erweitert und das Kriterium der Entgeltlichkeit muss also weiterhin weit ausgelegt werden.51 Anders als in der VRRL, sind in § 312 II-VI BGB die Vertragstypen nicht vollständig vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. Es wird lediglich eine inhaltliche Beschränkung des Verbraucherschutzes für die Bereichsausnahmen vorgenommen. So bleiben einige Vorschriften auch auf diese Verträge anwendbar (insbesondere hinsichtlich der Informationen zu Entgelten)52. Dies führt zu einem im Vergleich zur Richtlinie erhöhten Verbraucherschutz in Deutschland. Nach Erwägungsgrund 13 der VRRL ist eine solche Abweichung zulässig. Für die in § 312 II BGB aufgelisteten Bereichsausnahmen gelten nur bestimmte Informationspflichten und Entgeltregelungen (solche nach § 312a I, III, IV, VI BGB). Sie betreffen beispielsweise notariell beurkundete Verträge (Nr. 1). Da den Notar die Aufklärungs- und Beratungspflichten aus § 17 Beurkundungsgesetz treffen, hat sich der Gesetzgeber entschieden, nur einen Teil der verbraucherschützenden Pflichten auf notariell beurkundete Verträge zu erstrecken.53 Diese Ratio der bereits bestehenden Schutzregelungen rechtfertigt auch einige der anderen Bereichsausnahmen54 (so beispielsweise die Ausnahme für Verträge über Reisedienstleistungen 51 Siehe hierzu bereits Teil 2; vgl. auch Ehmann/Forster, GWR 2014, 163, 164; Brönneke/ Schmidt, VuR 2014, 3; zur problematischen Subsumtion von Bürgschaftsverträgen unter die neue Formulierung vgl. Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 444 ff. 52 Zu einer genauen tabellarischen Übersicht über neue und geänderte Ausnahmen vgl. Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 8 f. 53 Siehe hierzu Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 5; demgegenüber kritisiert Wendehorst, NJW 2014, 577, 580 den mangelnden Schutz bei notariell beurkundeten Verträgen. 54 Vgl. Martinek, Staudinger/Eckpfeiler, BGB Aktuell 2014/2015, Rn. 36d ff.
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nach § 651a BGB (Nr. 4), die in den §§ 651a ff. BGB bereits ausführliche Schutzregelungen zugunsten des Verbrauchers enthalten). Andere Bereichsausnahmen waren bereits in den Vorgänger-Richtlinien enthalten, wie beispielsweise solche betreffend Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs (Nr. 8). In § 312 II Nr. 12 BGB hat der Gesetzgeber von der Öffnungsklausel in Art. 3 IV VRRL Gebrauch gemacht und eine Bagatellgrenze von 40 E für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird, eingeführt. § 312 II Nr. 13 BGB schließt wiederum Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen aus. Die gerichtliche Prozedur soll nicht weiter erschwert werden.55 Auch für Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Pflegedienste bestehen bereits spezielle Regelungen, die ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten,56 weshalb für diese Verträge nach § 312 III BGB nur eingeschränkte Pflichten des Unternehmers bestehen. Auch für Wohnraummietverträge sind nach § 312 IV BGB nur Teile der Schutzregelungen anzuwenden, denn auch hier sind in den §§ 535 ff. BGB weitgehende Schutzregelungen enthalten. Besonders wichtig für die deutsche Umsetzung ist der Ausschluss der Finanzdienstleistungen (§ 312 V BGB), der dazu führte, dass die gemeinsame Regelung aufgegeben werden musste.57 Allerdings bleiben aufgrund des nur teilweise geltenden Ausschlusses einige Vorschriften auch auf Finanzdienstleistungen anwendbar.58 Eine altbekannte Bereichsausnahme für Versicherungen findet sich in § 312 VI BGB. Für diese Verträge sind nur die Regelungen zu den Entgelten nach § 312a III, IV und VI BGB anwendbar. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-16-1 Absatz 1 Cconsom sieht den Ausschluss bestimmter Verträge von dem Regime der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen und der Fernabsatzverträge vor.
55 56 57 58
Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 6. BT-Drucks. 17/12637, S. 48. Dies begrüßend Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 5. Wendehorst, NJW 2014, 577, 580; Tonner, VuR 2013, 443, 445.
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Die Konsequenzen dieser Umsetzung sind deutlich weitreichender für die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge, da das französische Haustürrecht bisher nur einen sehr engen Kreis von Ausnahmen kannte.59 Ausgeschlossen sind Verträge über soziale Dienstleistungen (18), über medizinische Dienstleistungen (28), sowie über Glückspiele und Lotterien (38). Letztere waren vorher nur vom Widerrufsrecht ausgeschlossen, die Informationspflichten bestanden trotzdem. Jetzt sind sie vollständig vom Anwendungsbereich ausgeschlossen. Allerdings bleiben die allgemeinen verbraucherrechtlichen Informationspflichten bestehen, was im Ergebnis zu einer Ausweitung des Schutzes führt.60 Ausgeschlossen sind auch Verträge über Finanzdienstleitungen (48), über touristische Leistungen (58), über Teilzeitnutzungsverträge und langfristige Urlaubsprodukte (68), Verträge, die von einer Urkundsperson geschlossen wurden (78), Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs (88), Beförderungsverträge (98), Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden (108) und Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden (118). Absatz 2 begrenzt die Anwendbarkeit der Fernabsatz- und Haustürgeschäftsvorschriften für Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken, sowie Verträge über den Bau von neuen Gebäuden oder erhebliche Umbaumaßnahmen an bestehenden Gebäuden. Hiermit wird die bisher umstrittene Einbeziehung von Immobilienverträgen61 gesetzlich auf gewisse Schutzregelungen begrenzt. Absatz 3 stellt klar, dass die sous-sections 2, 3, 6 et 7 auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge zwischen zwei Unternehmern ausgeweitet werden, sobald der Inhalt des Vertrags nicht in den Kreis der Hauptaktivität des aufgesuchten Unternehmers fällt und dieser nicht mehr als fünf Arbeitnehmer beschäftigt. Art. L. 121-16-2 Cconsom setzt Art. 3 I VRRL um. d) Schlussfolgerung hinsichtlich des allgemeinen Geltungsbereichs Im allgemeinen Anwendungsbereich tun sich immer noch Divergenzen zwischen den Mitgliedstaaten auf. So hat Deutschland das zusätzliche Kriterium der Entgeltlichkeit beibehalten.
59 Vgl. Teil 2, B. I. 1. b) bb) (3); siehe auch Lasbordes, Rev. Lamy Droit Civil 2013, 102 Rn. 14. 60 Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 6. 61 Siehe hierzu Teil 2, A. I. 1. b) aa) (3).
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Auch hat sich der deutsche Umsetzungsgesetzgeber lediglich für eine inhaltliche Beschränkung des Verbraucherschutzes durch Bereichsausnahmen und nicht für einen kompletten Ausschluss der in Art. 3 III VRRL genannten Verträge entschieden. Auch Frankreich hat in Art. L. 121-16-1 Absatz 2 Cconsom einen nur teilweisen Ausschluss der Vorschriften geregelt. Ein kompletter Ausschluss vom Anwendungsbereich findet sich in Art. L. 121-16-1 Absatz 1 Cconsom. So wird in den Mitgliedstaaten kein einheitliches Schutzniveau erreicht. 2. Persönlicher Anwendungsbereich a) Verbraucher aa) Vorgaben der VRRL Nach Art. 2 Nr. 1 ist Verbraucher: „jede natürliche Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen“. Erwägungsgrund 17: „Wird der Vertrag jedoch teilweise für gewerbliche und teilweise für nichtgewerbliche Zwecke abgeschlossen (Verträge mit doppeltem Zweck) und ist der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang des Vertrags nicht überwiegend, so sollte diese Person auch als Verbraucher betrachtet werden.“
Geklärt ist mit Hilfe von Erwägungsgrund 17 jetzt auch die Problematik der sog. Dual-Use-Verträge; ein Verbrauchergeschäft liegt vor, solange der gewerbliche Zweck nicht überwiegt.62 Erwägungsgrund 13: „[…] So können die Mitgliedstaaten beispielsweise beschließen, die Anwendung dieser Richtlinie auf juristische oder natürliche Personen auszudehnen, die keine „Verbraucher“ im Sinne dieser Richtlinie sind, beispielsweise Nichtregierungsorganisationen, neu gegründete oder kleine und mittlere Unternehmen.“
bb) Umsetzung in Deutschland Nach § 13 BGB ist Verbraucher weiterhin jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu gewerbs- oder berufsfremden Zwecken abschließt. Eine Präzision ist insoweit geschaffen worden, als ein Verbrauchergeschäft vorliegt, wenn kein 62 Der EuGH war im Bereich des Verfahrensrechts restriktiver vorgegangen, in dem er verlangte, dass der berufliche Zweck nur eine ganz untergeordnete Rolle spielt, EuGH v. 20. 1. 2005, Rs. C-464/01, Slg. 2005, 439, 458 – Gruber/Bay Wa AG.
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überwiegend der gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit zuzurechnender Zweck vorliegt.63 In die bestehende deutsche Definition wurde das Wort „überwiegend“ auf Vorschlag des Rechtsausschusses64 eingefügt, wobei diese Lösung des Dual-Use-Problems bereits der h.M. in Deutschland entsprach.65 Die Bundesregierung hatte dementsprechend zunächst keinen Anpassungsbedarf gesehen.66 Im Vergleich zur Richtlinie ist der Verbraucherbegriff des deutschen Rechts nach wie vor weiter, weil er auch den Arbeitnehmer im Falle einer Handlung zum Zwecke seiner unselbständigen Tätigkeit mit einbezieht.67 Eine Ansicht wollte die Zulässigkeit dieser Erweiterung bisher auf das Konzept der Mindestharmonisierung stützen.68 Andere sehen es als eine Regelung außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie an.69 Dies wirkt sich auf die Zulässigkeit eines von den europäischen Richtlinien abweichenden Verbraucherbegriffs im Falle einer vollharmonisierenden Richtlinie aus, da bei mangelnder Öffnungsklausel nach erster Ansicht ein abweichender Verbraucherbegriff unzulässig wäre.70 Erwägungsgrund 13, der eine Ausweitung des europäischen Verbraucherbegriffs ausdrücklich zulässt, führt dazu, dass der deutsche Verbraucherbegriff nach beiden Ansichten weiterhin richtlinienkonform bleibt.
63
Eine richtlinienkonforme Reduktion fordernd Meier, JuS 2014, 777 da bei genau hälftiger Handlung zu privaten Zwecken nach der deutschen Vorschrift kein Verbrauchergeschäft vorliege, was gegen die Richtlinie verstoße; nach Beck, JURA 2014, 666, 668 ist die Ansicht des Rechtsausschusses, auf dem die Definition beruht, allerdings im Sinne der Richtlinie zu verstehen. 64 BT-Drucks. 17/13951, 63. 65 Siehe bereits Teil 2, B. I. 1. a) aa); BGH NJW 2009, 3780; Ellenberger, Palandt, § 13 Rn. 4; Wendehorst, NJW 2014, 577; Heinig, MDR 2012, 323, 324; Tonner, VuR 2013, 443, 446; Grundmann, JZ 2013, 53, 55; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 446. 66 BR-Drucks. 817/12, 73. 67 Siehe bereits Teil 2, B. I. 1. a) aa); grundlegend BAG NJW 2005, 3305, 3308; vgl. auch Koch, GPR 2014, 128, 129; Meier, JuS 2014, 777, 778 hält die deutsche Verbraucherdefinition in dieser Hinsicht nicht für über die Richtlinie hinausgehend. 68 So Bülow/Artz, NJW 2000, 2049, 2050 f.; Annuß, NJW 2002, 2844, 2845; Tacou, ZRP 2009, 140, 141; Beckmann, Staudinger, Vor 433 ff. Rn. 107; vgl. auch Aubert de Vincelles, RDC 2009 n8 2, p. 578 Rn. 11; im Rahmen der VRRL stützen sich einige auf Erwägungsgrund 13, so Aubert de Vincelles, RDC 2014 n8 3, p. 456; Koch, GPR 2014, 128, 129. 69 Vgl. Unger, ZEuP 2012, 270, 276; Riehm, JZ 2006, 1035, 1041; Herresthal, JZ 2006, 695, 705; Artz, GPR 2009, 171, 174; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 446; Schmidt-Kessel/Sorgenfrei, GPR 2013, 242, 244; Kannowski, Staudinger, Neubearbeitung 2013, Vor §§ 13, 14 Rn. 19; Martinek, Staudinger/Eckpfeiler, BGB Aktuell 2014/2015, Rn. 15; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 6; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 262. 70 Vgl. zum Beispiel der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen Riehm, JZ 2006, 1035, 1041 f.
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cc) Umsetzung in Frankreich Vor das Erste Buch des Cconsom wird ein Art. Préliminaire eingeführt, der erstmals eine kodifizierte Definition des Verbrauchers enthält. Danach ist Verbraucher jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen. Die französische Definition übernimmt wörtlich diejenige aus Art. 2 Nr. 1 VRRL. Dies wird teilweise kritisiert, da einerseits die geschäftliche Tätigkeit im Sinne des französischen Rechts auch eine gewerbliche ist, sodass die Aufzählung eine unnötige Häufung darstellt und besser an die französische Terminologie hätte angepasst werden müssen, andererseits die landwirtschaftliche Tätigkeit nicht aufgezählt wird.71 Die Präzisierung für die Behandlung der Dual-Use-Verträge hat der französische Gesetzgeber nicht eingeführt. In richtlinienkonformer Auslegung muss wie in Erwägungsgrund 17 der VRRL auf den überwiegenden Zweck abgestellt werden.72 In Art. L. 121-16-1 al. 3 Cconsom wird der Anwendungsbereich einiger Vorschriften der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge auf Verträge zwischen Unternehmern erweitert, soweit der Inhalt des Vertrags für den aufgesuchten Unternehmer nicht zu seiner Hauptaktivität gehört (activité principale) und dieser nicht mehr als fünf Angestellte beschäftigt. Der Begriff der „activité principale“ ist hier dem früheren Begriff des „rapport direct“ aus Art. L. 121-22 48 Cconsom a.F. vorgezogen worden. Als Begründung wurde die restriktive Auslegung des „rapport direct“ durch die französische Rechtsprechung aufgeführt.73 Es wird allerdings daran gezweifelt, dass diese Neuerung den unterschiedlichen Eingrenzungen des geschützten Personenkreises in der Rechtsprechung74 ein Ende bereiten wird75. Ein erstes Zeichen in diese Richtung ist in einem Urteil der Cour de cassation vom 4. Juli 2014 zu sehen,76 in dem das Gericht das Kriterium des „rapport direct“ im Rahmen des Art. L. 136-1 Cconsom (hinsichtlich der Informationspflicht über die Verlängerungsmöglichkeit eines Dienstleistungsvertrags) angewandt hat.
71 Zu den verschiedenen Kritiken vgl. Schultz, Gaz. Pal. 2014 n8 114, p. 11; vgl. auch Minet, Rev. Lamy Droit des Affaires 2014, 93, die eine Begrenzung des Verbraucherbegriffs auf bestimmte Vertragstypen befürwortet hätte; Piedelièvre, La Semaine Juridique Entreprise et Affaires 2014, 1176; Raymond, Contrats conc. cons. n8 5, mai 2014, dossier 3, Rn. 10 ff. 72 Vgl. Aubert de Vincelles/Sauphanor-Brouillaud, Rec. Dalloz 2014, p. 879; Aubert de Vincelles, RDC 2014 n8 3, p. 456. 73 Vgl. Pressemitteilung vom 13. März 2014 von P. Moscovici und B. Hamon. 74 Zu den verschiedenen Auslegungen des „rapport direct“ siehe bereits Teil 2, B. I. 1. a) aa). 75 Vgl. Rzepecki, Gaz. Pal. 2014 n8114, p. 15. 76 Cass. Civ. 1re, 2 juill. 2014, D. 2014. 1492.
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Der „non-professionnel“ bleibt neben dem „consommateur“ bestehen, umfasst aber nur die Fälle, in denen nicht wörtlich auf den „consommateur“ Bezug genommen wird.77 Auf eine Definition hat der französische Gesetzgeber verzichtet. b) Unternehmer aa) Vorgaben der VRRL Art. 2 Nr. 2: „jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob letztere öffentlicher oder privater Natur ist, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können.“
bb) Umsetzung in Deutschland Die alte Fassung des § 14 I BGB bleibt bestehen. Das heißt, Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Im Vergleich zur Definition der Richtlinie fehlt der Zusatz „oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt“, jedoch wird bei Vertretergeschäften in Deutschland ebenfalls auf den Vertretenen abgestellt,78 sodass sich hier keine Unterschiede ergeben sollten. cc) Umsetzung in Frankreich Eine Definition des Unternehmers wurde auch mit dieser Novelle nicht in den Cconsom eingeführt. Insoweit gilt das in Teil 2 Gesagte. Auch dieses Fehlen einer Definition des Unternehmers ist Kritik ausgesetzt, denn da die Definition des Verbrauchers selbst schon negativ umschrieben ist und der Unternehmer als NichtVerbraucher zu definieren ist, kommt es zu doppelten Negationen, die zu Unsicherheiten führen.79
77
Grynbaum, Rev. Lamy Droit de l’Immatériel 2014, 103; vgl. auch Lasbordes, Rev. Lamy Droit Civil 2013, 102; Raymond, Contrats conc. cons. n8 5, mai 2014, dossier 3, Rn. 12; Aubert de Vincelles, RDC 2009 n8 2, p. 578 Rn. 12; Aubert de Vincelles, RDC 2014 n8 3, p. 456. 78 Siehe hierzu bereits Teil 2, B. I. 1. a) bb). 79 Vgl. Schultz, Gaz. Pal. 2014 n8 114, p. 11.
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c) Schlussfolgerung hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs Zwar hat die Umsetzung der VRRL dazu geführt, dass Frankreich (endlich) eine Definition des Verbrauchers in den Cconsom aufgenommen hat. Es kann allerdings bedauert werden, dass das Kriterium des überwiegenden Zwecks für Dual-UseVerträge nicht mitaufgenommen worden ist und nunmehr eine richtlinienkonforme Auslegung erforderlich ist. Der Vereinheitlichungseffekt der VRRL hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs wird allerdings durch die Öffnungsklausel in Erwägungsgrund 13 geschmälert. Dies ist einerseits am deutschen Verbraucherbegriff erkennbar, der weiterhin auch Arbeitnehmer erfasst. Andererseits werden Unterschiede auch sichtbar, wo der französische Umsetzungsgesetzgeber den persönlichen Anwendungsbereich bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auf Verträge zwischen zwei Unternehmern in Art. L. 121-16-1 al. 3 Cconsom erweitert. Das Kriterium des „rapport direct“ aus den ehemaligen Haustürvorschriften ist gestrichen worden und in Art. L. 121.16-1 al. 3 Cconsom durch das der „activité principale“ ersetzt worden. Es bleibt abzuwarten, ob die französische Rechtsprechung die sonstigen Erweiterungen des persönlichen Anwendungsbereichs80 aus der Zeit vor der VRRL weiterhin beibehalten wird. 3. Sachlicher Anwendungsbereich a) Fernabsatzvertrag aa) Vorgaben der VRRL Gemäß Art. 2 Nr. 7 ist ein Fernabsatzvertrag jeder „Vertrag, der zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems geschlossen wird, wobei bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ausschließlich ein oder mehrere Fernkommunikationsmittel verwendet wird/werden.“
Diese Definition entspricht derjenigen aus der Fernabsatzrichtlinie. Erforderlich ist weiterhin das für den Fernabsatz organisierte Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystem des Unternehmers. Erwägungsgrund 13: „[…] Desgleichen können Mitgliedstaaten die Vorschriften dieser Richtlinie auf Verträge anwenden, die keine „Fernabsatzverträge“ im Sinne dieser Richtlinie sind, etwa weil sie nicht im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems abgeschlossen werden. […]“ 80
Vgl. Teil 2, B. I. 1. a) bb) (3).
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Über die Rechtfertigung einer solchen Ausweitung kann gestritten werden, denn bei nur einmaliger Tätigkeit des Unternehmers im Fernabsatz – vielleicht sogar auf Anfrage des Kunden – scheinen die erheblichen Belastungen des Fernabsatzrechts nicht gerechtfertigt zu sein.81 Erwägungsgrund 20: „[…] Diese Begriffsbestimmung sollte auch Situationen erfassen, in denen der Verbraucher die Geschäftsräume lediglich zum Zwecke der Information über die Waren oder Dienstleistungen aufsucht und anschließend den Vertrag aus der Ferne verhandelt und abschließt. Im Gegensatz dazu sollte ein Vertrag, der in den Geschäftsräumen eines Unternehmers verhandelt und letztendlich über ein Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, nicht als Fernabsatzvertrag gelten82. Desgleichen sollte ein Vertrag, der über ein Fernkommunikationsmittel angebahnt und letztendlich in den Geschäftsräumen des Unternehmers geschlossen wird, nicht als Fernabsatzvertrag gelten. Desgleichen sollte der Begriff des Fernabsatzvertrags auch keine Reservierungen eines Verbrauchers über ein Fernkommunikationsmittel im Hinblick auf die Dienstleistung eines Fachmanns, wie beispielsweise im Fall eines Telefonanrufs eines Verbrauchers zur Terminvereinbarung mit einem Friseur, einschließen. […]“
Teilweise wird vertreten, Erwägungsgrund 20 widerspreche dem Richtlinientext.83 bb) Umsetzung in Deutschland In § 312c I BGB ist die neue Definition der Fernabsatzverträge zu finden. Deutschland hat sich für eine Umsetzung streng am Richtlinientext entschieden, sodass nur solche Verträge als Fernabsatzverträge zu werten sind, bei denen vom Zeitpunkt der Vertragsanbahnung bis zum Vertragsschluss ausschließlich Fernkommunikationsmittel verwendet werden. Ob die Rechtsprechung,84 die einen Fernabsatzvertrag auch annimmt, wenn Vorverkaufsgespräche in den Geschäftsräumen des Unternehmers sechs Wochen vor Bestellung per E-Mail stattgefunden haben, noch richtlinienkonform ist, wird wohl erst durch Konkretisierungen des EuGH zu klären sein. In Anbetracht des 20. Erwägungsgrunds der VRRL wird es maßgeblich darauf ankommen, ob das Vorverkaufsgespräch in den Geschäftsräumen des Unternehmers lediglich zur allgemeinen Information des Verbrauchers über das Produkt diente oder ob schon konkrete Verhandlungen stattgefunden haben.
81
Vgl. Grundmann, JZ 2013, 53, 56; Jud/Wendehorst, GPR 2009, 68, 70. Daraus folgt, dass nur dann kein Fernabsatzvertrag vorliegt, wenn der Verbraucher vor seiner Bestellung im Fernabsatz bereits vertragswesentliche Punkte im Geschäft des Unternehmers besprochen hat, so Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 264. 83 Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 4. 84 AG Frankfurt/M., 06. 06. 2011 – 31 C 2577/10, MMR 2011, 804. 82
154
Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Nicht umgesetzt hat der Gesetzgeber die Formulierung „ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers“, wobei aufgrund der Voraussetzung der ausschließlichen Verwendung von Fernkommunikationsmitteln kaum praktisch relevante Fälle denkbar sind, in denen dies tatsächlich zu Problemen führen könnte.85 Problematisch erscheint aber die durch die negative Formulierung „es sei denn“ herbeigeführte Beweislastumkehr zugunsten des Verbrauchers hinsichtlich des für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems, die der europäische Gesetzgeber nicht vorgesehen hat.86 In § 312c II BGB werden Fernkommunikationsmittel definiert und beispielhaft aufgelistet. cc) Umsetzung in Frankreich Um die Regelungen zu Fernabsatzverträgen und Haustürgeschäften zu fusionieren, wurde eine neue Section 2 du Chapitre Ier du Titre II du Livre Ier des Cconsom geschaffen. Der Titel der Section 2 lautet Contrats conclus à distance et hors établissement. In der Sous-section 1 sind Definitionen und die Abgrenzung des Anwendungsbereichs zu finden. Art. L. 121-16 18 Cconsom übernimmt wörtlich die Definition des Fernabsatzvertrags aus Art. 2 Nr. 7 VRRL. Interessant ist die Einfügung der Voraussetzung des Vertragsschlusses im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems, die nach Erwägungsgrund 13 VRRL nicht zwingend erforderlich gewesen wäre. b) Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossener Vertrag aa) Vorgaben der VRRL Art. 2 Nr. 8: „jeden Vertrag zwischen dem Unternehmer und dem Verbraucher, a) der bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers an einem Ort geschlossen wird, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist; b) für den der Verbraucher unter den unter Buchstabe a genannten Umständen ein Angebot gemacht hat;
85
Vgl. Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 446. Kritisch hierzu Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 447; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 9. 86
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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c) der in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen wird, unmittelbar nachdem der Verbraucher an einem anderen Ort als den Geschäftsräumen des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Unternehmers und des Verbrauchers persönlich und individuell angesprochen wurde; oder d) der auf einem Ausflug geschlossen wird, der von dem Unternehmer in der Absicht oder mit dem Ergebnis organisiert wurde, dass er für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen beim Verbraucher wirbt und entsprechende Verträge mit dem Verbraucher abschließt“. Art. 2 Nr. 9: „Geschäftsräume sind a) unbewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, oder b) bewegliche Gewerberäume, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt;“. Erwägungsgrund 21: „[…] wobei es keine Rolle spielt, ob der Verbraucher den Besuch des Unternehmers herbeigeführt hat oder nicht.“ „[…] sollte auch Situationen einschließen, in denen der Verbraucher außerhalb von Geschäftsräumen persönlich und individuell angesprochen wird, der Vertrag aber unmittelbar danach in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder über Fernkommunikationsmittel geschlossen wird.”
bb) Umsetzung in Deutschland § 312b I BGB enthält nunmehr die Definition von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. Der Begriff der „Haustürgeschäfte“ musste durch die „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge“ ersetzt werden. Insgesamt führt die Umsetzung der VRRL zu einer Ausweitung der Haustürgeschäfte, da nicht mehr nur die betroffenen Orte aufgezählt werden, sondern jeder Ort, der kein Geschäftsraum ist, in den Anwendungsbereich fällt (§ 312b I Nr. 1 BGB).87 Absatz 2 enthält wiederum eine Definition der Geschäftsräume, die durch die gewöhnliche Ausübung der Tätigkeit des Unternehmers gekennzeichnet sind. Auch kommt es nicht mehr darauf an, wo der Verbraucher zum Vertragsschluss bestimmt worden ist, sondern wo der Verbraucher sein Angebot abgibt bzw. der Vertrag geschlossen wird88 (zu beachten bleibt allerdings Erwägungsgrund 21). Zudem ist das Kausalitätserfordernis entfallen.89 87
Zur Begründung vgl. BT-Drucks. 17/12637, S. 49. Siehe hierzu Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687, 688; kritisch zur Ausweitung Grundmann, JZ 2013, 53, 56; Heinig, MDR 2012, 323. 89 Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 4. 88
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Bedeutend ist auch der nunmehr grundsätzlich fehlende Ausschluss solcher Geschäfte, zu denen der Verbraucher den Unternehmer herbestellt hat.90 Ausnahmen bestehen nur noch für das Widerrufsrecht bei einer vorherigen Bestellung des Unternehmers zu Verhandlungen über Reiseleistungen in § 312 II Nr. 4 b) BGB und wenn der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert hat, dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten durchzuführen gemäß § 312g II 1 Nr. 11 BGB. Eine strengere Voraussetzung stellt lediglich § 312b I Nr. 3 BGB dar, der nicht mehr jegliche Anbahnung eines Vertrags in einer Haustürsituation genügen lässt, sondern nur eine „unmittelbar zuvor“ stattfindende Vertragsanbahnung.91 Nach Art. 3 IV VRRL können die Mitgliedstaaten eine Bagatellgrenze von bis zu 50 E einführen. Deutschland hat diese Option in § 312 II Nr. 12 BGB mit einer Grenze von 40 E wahrgenommen. Die Problematik der Bürgschaftsverträge wurde durch die VRRL nicht gelöst. Das Merkmal der Entgeltlichkeit steht der Einbeziehung von Bürgschaften zur Sicherung von Kreditgewährungen wohl weiterhin nicht entgegen,92 allerdings sprechen Art. 3 III d) i.V.m. Art. 2 Nr. 12 VRRL dafür, dass Bürgschaften, die eine Darlehensschuld sichern, von der VRRL nicht erfasst werden sollten. Bei Bürgschaften zur Sicherung anderer Forderungen stellt sich das Problem der fehlenden Entgeltlichkeit, sodass im Ergebnis die Bürgschaften wohl insgesamt aus dem Anwendungsbereich der VRRL fallen und der autonomen Regelung durch die nationalen Gesetzgeber unterliegen.93 cc) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-16 28 Cconsom definiert den außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag. Zwar wird die Definition der VRRL nicht wortgleich übernommen, sie entspricht jedoch inhaltlich der Richtlinie und integriert die Definition des Geschäftsraums in die Definition des außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags. In Art. L. 121-16 28 a) Cconsom ist die Anwendbarkeit der Schutzvorschriften auch bei Herbeiführung des Besuchs des Unternehmers durch den Verbraucher nun ausdrücklich geregelt. Die französische Rechtsprechung hatte dies schon zur alten Rechtslage so entschieden.94
90 Zu dieser Änderung im deutschen Recht vgl. Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253, 254; Unger, ZEuP 2012, 270, 279; Wendehorst, NJW 2014, 577, 581; Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687, 688; Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 4; vgl. Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 450; Hohlweger/Ehmann, GWR 2014, 211, 212. 91 Vgl. Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 42. 92 Vgl. Schürnbrand, WM 2014, 1161, 1162 f. 93 Vgl. Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 43. 94 Siehe hierzu Teil 2, B. I. 1. b) aa).
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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Wie bereits in Teil 2 dargestellt wurde,95 hatte die französische Rechtsprechung bislang solche Verträge, die zwar in den Geschäftsräumen des Unternehmers abgeschlossen wurden, bei denen der Verbraucher zuvor aber telefonisch zur Abholung eines Geschenks eingeladen und bei dieser Gelegenheit der neue Vertrag unterbreitet wurde, als Haustürgeschäfte behandelt.96 Da die europäische Konzeption des Haustürgeschäfts enger ist als die französische, sind solche Geschäfte nicht mehr unter das Haustürrecht zu subsumieren.97 c) Schlussfolgerung hinsichtlich des sachlichen Anwendungsbereichs Der sachliche Anwendungsbereich ist weitgehend vereinheitlicht worden. Die Definition des Fernabsatzvertrags in Frankreich entspricht jetzt der deutschen Definition, da die Voraussetzung des Vertragsschlusses im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems eingeführt wurde. Auch die neu eingeführte Präzisierung, dass das Vorliegen eines Fernabsatzvertrags die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln vom Zeitpunkt der Vertragsanbahnung bis zum Vertragsschluss erfordert, dürfte zu einer weiteren Vereinheitlichung führen. Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge wurde vor allem der Ausschluss der Schutzvorschriften für die Fälle der Bestellung des Unternehmers durch den Verbraucher in Deutschland aufgegeben. Auch in Frankreich wurde die dementsprechende Rechtsprechung kodifiziert. Aufgrund der Vollharmonisierung dürften Unterschiede, die sich daraus ergaben, dass die französische Rechtsprechung ein Haustürgeschäft bei Vertragsschluss im Geschäftsraum des Unternehmers bejahte, wenn der Verbraucher vorher telefonisch „hergelockt“ worden war, nicht mehr bestehen. Allerdings hat der deutsche Umsetzungsgesetzgeber die Optionsklausel in Art. 3 IV VRRL genutzt, und in § 312 II Nr. 12 BGB eine Bagatellgrenze von 40 E eingeführt. Eine entsprechende Regelung ist in Frankreich nicht eingeführt worden. 4. Zusammenfassende Schlussfolgerungen hinsichtlich des Anwendungsbereichs a) Allgemeiner Anwendungsbereich Was den allgemeinen Anwendungsbereich angeht, tragen die einheitlichen Definitionen sicherlich einen Teil zur Rechtssicherheit und zur Kohärenz bei.98 95 96 97 98
Teil 2, B. I. 1. b) aa). Cass. Crim., 10 janv. 1999, JCP E 2000, 804. Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 6. Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1161.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Bei den Ausschlüssen vom Anwendungsbereich wird die uneinheitliche Rechtslage in den Mitgliedstaaten allerdings bestehen bleiben. So hat sich der deutsche Umsetzungsgesetzgeber lediglich für eine inhaltliche Beschränkung des Verbraucherschutzes durch Bereichsausnahmen entschieden, was im Übrigen zu einem erhöhten Verbraucherschutz in Deutschland führt. In Frankreich ist ein kompletter Ausschluss vom Anwendungsbereich in Art. L. 121-16-1 Absatz 1 und ein teilweiser Ausschluss in Absatz 2 vorgesehen. b) Persönlicher Anwendungsbereich Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs führt die Öffnungsklausel in Erwägungsgrund 13 zu unterschiedlichen Handhabungen in den Mitgliedstaaten. So erfasst der deutsche Verbraucherbegriff weiterhin auch Arbeitnehmer. Demgegenüber hat sich der französische Umsetzungsgesetzgeber für eine Erweiterung des persönlichen Anwendungsbereichs bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen auf Verträge zwischen zwei Unternehmern in Art. L. 121-16-1 al. 3 Cconsom entschieden. Im Ergebnis kann die VRRL in diesem Bereich kaum einen Vereinheitlichungserfolg für sich in Anspruch nehmen. c) Sachlicher Awendungsbereich Der sachliche Anwendungsbereich der besonderen Betriebsformen, namentlich der ehemaligen Haustürgeschäfte und der Fernabsatzverträge, ist vereinheitlicht worden. Eine Angleichung ist beispielsweise insofern ersichtlich, als nationale Besonderheiten wie die Annahme eines Haustürgeschäfts beim Vertragsschluss im Geschäftsraum des Unternehmers, wenn der Verbraucher vorher telefonisch „hergelockt“ worden ist, aufgegeben werden mussten. Auch sind jetzt Haustürgeschäfte, bei denen der Verbraucher den Unternehmer zu sich gebeten hat, vom Anwendungsbereich auch in Deutschland erfasst. Allerdings führt die Optionsklausel in Art. 3 IV VRRL, von der Deutschland in § 312 II Nr. 12 BGB, nicht aber Frankreich Gebrauch gemacht hat, zu uneinheitlichen Regelungen in der Union.
II. Informationspflichten und formelle Anforderungen Die Informationspflichten sind in der Richtlinie auf zwei Kapitel aufgeteilt: So ist einerseits Art. 5 in Kapitel II zu nennen, in dem die Informationspflichten für andere als Fernabsatzverträge oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge geregelt sind (diese erfassen somit hauptsächlich den stationären Handel) und an-
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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dererseits Art. 6 – 8 in Kapitel III, die ausschließlich für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge gelten. In Art. 6 finden sich zunächst sowohl für Fernabsatz- als auch für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge geltende Informationspflichten und in Art. 7 und Art. 8 sind dann spezielle formale Anforderungen getrennt für die jeweiligen Vertriebsarten geregelt. Die Informationskataloge sind sehr ausführlich gestaltet und umfassen insgesamt 64 Unterabsätze, in denen der Anwendungsbereich der Informationspflichten, deren Inhalt, der Zeitpunkt, zu dem sie erfüllt werden müssen, die Beweislast, sowie formale Anforderungen geregelt sind. Diese Informationspflichten und ihre Umsetzung sollen im Folgenden dargestellt werden. 1. Informationspflichten bei anderen als Fernabsatzverträgen oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen a) Vorgaben der VRRL Art. 5: „(1) Bevor der Verbraucher durch einen anderen als einen Fernabsatzvertrag oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes, sofern sich diese Informationen nicht bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben: a) die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen in dem für den Datenträger und die Waren oder Dienstleistungen angemessenen Umfang; b) die Identität des Unternehmers, beispielsweise seinen Handelsnamen und die Anschrift des Ortes, an dem er niedergelassen ist, sowie seine Telefonnummer; c) den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Ware oder der Dienstleistung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art. der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzlichen Kosten anfallen können; d) gegebenenfalls die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen der Unternehmer sich verpflichtet hat, sowie das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden; e) zusätzlich zu dem Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Waren gegebenenfalls das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienstleistungen nach dem Verkauf und gewerblichen Garantien; f) gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge;
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
g) gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte; h) gegebenenfalls – soweit wesentlich – die Interoperabilität digitaler Inhalte mit Hardund Software, soweit diese dem Unternehmer bekannt ist oder vernünftigerweise bekannt sein muss; (2) Absatz 1 gilt auch dann für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden. (3) Die Mitgliedstaaten sind nicht dazu verpflichtet, Absatz 1 auf Verträge anzuwenden, die Geschäfte des täglichen Lebens zum Gegenstand haben und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sofort erfüllt werden. (4) Die Mitgliedstaaten können für Verträge, auf die dieser Artikel anwendbar ist, zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten einführen oder aufrechterhalten.“ Erwägungsgrund 13: „[…] Darüber hinaus können die Mitgliedstaaten auch nationale Rechtsvorschriften zu Themen beibehalten oder einführen, die in dieser Richtlinie nicht speziell behandelt werden, beispielsweise zusätzliche Vorschriften über Kaufverträge, auch im Hinblick auf die Lieferung von Waren oder auf Anforderungen bezüglich der Bereitstellung von Informationen während der Laufzeit eines Vertrags.“
Hier werden erstmals Informationspflichten für den stationären Handel vorgesehen. Die Übermittlung der Informationen hat „klar und verständlich“ zu erfolgen, was als allgemeines Transparenzgebot gewertet werden kann.99 Der Anwendungsbereich von Art. 5 VRRL ist allerdings deutlich enger, als man vielleicht auf den ersten Blick annehmen würde: Diese Informationspflichten erfassen alle Verbraucherverträge, die nicht nach Art. 3 VRRL ausgeschlossen sind und weder Fernabsatz- noch außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge darstellen und dies nur, wenn sich diese Informationen nicht bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben. Aus den Umständen ergeben sich beispielsweise diejenigen Informationen, die auf der Verpackung der Ware zu finden sind.100 Eine wirkliche Neuheit stellen die Anpassungen an digitale Inhalte dar.101 Allerdings ist für allgemeine Verbraucherverträge nur eine Mindestharmonisierung in Absatz 4 vorgesehen, sodass die Mitgliedstaaten zusätzliche Informationspflichten einführen bzw. beibehalten dürfen. Im Gegensatz zu den besonderen Vertriebsformen ist für die allgemeinen Verbraucherverträge keine besondere Form vorgesehen. Angesichts der Breite der erfassten Geschäfte scheint dies auch sinnvoll. Fraglich ist, ob die Mitgliedstaaten 99
Grundmann, JZ 2013, 53, 60. Tamm, VuR 2014, 9, 10. 101 Zu einer ausführlichen Darstellung vgl. Rudowski/Werner, MMR 2012, 711; Tamm, VuR 2014, 9, 11; Lehmann, CR 2012, 261 ff.; Unger, ZEuP 2012, 270, 299 ff. 100
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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besondere Formvorschriften für diese Informationspflichten erlassen dürfen. Aus dem Offenlassen der Formvoraussetzungen in der Richtlinie könnte geschlossen werden, dass es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, etwaige Formerfordernisse zu regeln. Andererseits werden die Formerfordernisse für besondere Vertriebsarten durch die Richtlinie geregelt. Daraus könnte wiederum geschlossen werden, dass für sonstige Verbraucherverträge gerade keine Formerfordernisse gelten sollen.102 Diese Frage wird wohl erst durch die Haltung des EuGH zu den Umsetzungsgesetzen der Mitgliedstaaten beantwortet werden. Meiner Ansicht nach sollte es den Mitgliedstaaten hier überlassen werden, etwaige Formerfordernisse einzuführen. Zwar erlaubt Art. 5 IV VRRL nur die Einführung zusätzlicher Informationspflichten, worunter die Formerfordernisse streng genommen wohl nicht subsumiert werden können.103 Allerdings spricht der Grundgedanke der Mindestharmonisierung, wie er für die allgemeinen Informationspflichten in der Richtlinie festgelegt wurde, dafür, dass in diesem Bereich den Mitgliedstaaten ein Spielraum zugebilligt werden sollte. Dass sich dieser Spielraum nur auf die Einführung weiterer Informationspflichten im engeren Sinne und nicht auf deren Form beziehen sollte, ist für mich nicht ersichtlich. b) Umsetzung in Deutschland Bisher kannte das deutsche Recht keine festgeschriebenen Informationspflichten für Verbraucherverträge, die keine besondere Vertriebsart betreffen. Zwar konnten sich Informationspflichten als vorvertragliche Schutzpflichten (§§ 280 I, 311 II, 241 II BGB), aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) oder wegen sonst drohender Anfechtbarkeit (§ 123 BGB) ergeben, aber diese waren nicht konkret im Gesetz verankert.104 Eine Ausnahme bilden die Preisinformationen, die nach §§ 1 ff. PAngV bereits zwingend zur Verfügung zu stellen waren.105 Der deutsche Gesetzgeber bleibt seiner Verweisungstechnik treu und lagert auch den allgemeinen Informationspflichtenkatalog ins EGBGB aus, um das BGB nicht zu sehr „aufzublähen“.106 In § 312a II BGB i.V.m. Art. 246 EGBGB sind jetzt allgemeine Informationspflichten für entgeltliche Verbraucherverträge i.S.d. § 312 BGB geregelt. Die zu erteilenden Informationen aus Art. 246 I EGBGB entsprechen eins zu eins den Vorgaben der Richtlinie. Demgegenüber findet Art. 246 III EGBGB keine Entsprechung in der Richtlinie, sondern orientiert sich am ehemaligen § 360 BGB und sieht eine Verpflichtung zur 102
Vgl. Unger, ZEuP 2012, 270, 283. So Unger, ZEuP 2012, 270, 283. 104 Unger, ZEuP 2012, 270, 284. 105 Tamm, VuR 2014, 9, 10. 106 Wendehorst, NJW 2014, 577, 578; Wendehorst, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 61, 65. 103
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Belehrung über das Widerrufsrecht in Textform vor. Nach der Begründung des Bundestags wurde diese Regelung im Hinblick auf Ratenlieferungsverträge geschaffen.107 Der Umsetzungsgesetzgeber hat von der Öffnungsklausel in Art. 5 III VRRL Gebrauch gemacht. Nach Art. 246 II EGBGB sind Verträge ausgenommen, die Geschäfte des täglichen Lebens zum Gegenstand haben und sofort bei Vertragsschluss erfüllt werden. Durch diese Vorschrift werden viele Geschäfte im stationären Handel wieder von der Informationspflicht befreit. Diese Regelung zum Anwendungsbereich wäre wohl besser im BGB verortet gewesen.108 Zusätzlich hat der Gesetzgeber in § 312a I BGB die bisher nur für Fernabsatzverträge geltende Pflicht zur Identitätsangabe bei Anrufen zum Zwecke eines Vertragsschlusses auf alle Verbraucherverträge erweitert. Nach Art. 4 IV VRRL ist dies zulässig. c) Umsetzung in Frankreich Durch die Zulassung weitergehender Informationspflichten wird Frankreich die beispielsweise in Art. 114-1 Cconsom a.F. (Verfügbarkeit der Ware) und Art. L. 1142 Cconsom a.F. (Lieferinformationen) enthaltenen, über die Anforderungen der VRRL hinausgehenden Informationen beibehalten können.109 Art. L. 111-1 ff. Cconsom, die bereits allgemeine Informationspflichten enthielten, werden leicht modifiziert. Der Titel wird um das Wort „vorvertragliche“ ergänzt. Art. L. 111-1 Cconsom erfasst nunmehr nicht nur Kauf-, sondern auch Dienstleistungsverträge und verpflichtet den Unternehmer dazu, dem Verbraucher in klarer und verständlicher Weise die Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen (18), den Preis in Anwendung der Art. L. 113-3 und L. 113-3-1 (28) und den Erfüllungszeitpunkt (38) zu gewähren. Bisher sah Art. L. 114-1 Cconsom eine Pflicht zur Angabe der Lieferfrist nur für Verträge vor, deren Gegenleistung 500 E übersteigt und für Fernabsatzverträge in Art. L. 121-20-3 Cconsom. Diese Pflicht wird durch die Umsetzung der VRRL auf alle Verbraucherverträge erweitert. Zudem sind Informationen über die Identität des Unternehmers, soweit diese sich nicht aus den Umständen ergeben, sowie ggf. zur gesetzlichen Mängelhaftung, zur Funktionsweise digitaler Inhalte, zu deren Interoperabilität, zur Existenz und Ausübung der Garantien und anderer Vertragsbedingungen zur Verfügung zu stellen (48). 107 108 109
BT-Drucks. 17/12637, 74. Wendehorst, NJW 2014, 577, 578. Vgl. Aubert de Vincelles, RDC 2011 n8 4, p. 1224, 1226.
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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Diese Pflicht bestand bisher nur im Rahmen von Dienstleistungsverträgen. Auch hier geht der französische Umsetzungsgesetzgeber über die Anforderungen der Richtlinie hinaus, in dem er beispielsweise auch die Angabe der E-Mail-Adresse des Unternehmers in Art. R. 111-1 a) Cconsom fordert. Art. L. 111-2 Cconsom enthält weitere Informationspflichten für Dienstleistungsverträge, die in einem Dekret110 weiter konkretisiert sind. So ist beispielsweise nach Art. R. 111-2 I a) Cconsom die Gesellschaftsform mitzuteilen. In Art. R. 111-2 II Cconsom sind weitere Informationen enthalten, die auf Nachfrage des Verbrauchers mitzuteilen sind. Art. L. 111-3 Cconsom enthält eine Pflicht für Hersteller und Importeure, die Verkäufer über den Liefertermin zu informieren. Art. L. 111-4 Cconsom stellt fest, dass der Unternehmer die Beweislast für die Erfüllung seiner Informationspflichten nach Art. L. 111-1 ff. trägt. Art. L. 111-6 bis L. 111-7 Cconsom wurden neu eingeführt und regeln die Sanktionen, auf die später weiter eingegangen wird. Auch Art. L. 113-3-1 et L. 113-3-2 werden neu eingeführt und konkretisieren die Informationspflicht hinsichtlich des Preises und anderer Kosten. Zu einem erhöhten Schutz im Vergleich zur VRRL kommt es in Frankreich auch schon deshalb, weil der nationale Gesetzgeber die Einschränkungen vom Anwendungsbereich der allgemeinen Informationspflichten aus der Richtlinie nicht übernommen hat. Somit gelten die allgemeinen Informationspflichten in Frankreich für alle Verbraucherverträge. d) Schlussfolgerung hinsichtlich allgemeiner Informationspflichten Da die Ausgestaltung (nach oben, also über den Mindeststandard der VRRL hinaus) dieser Informationspflichten aufgrund der Mindestharmonisierungsklausel in Art. 5 IV VRRL den Mitgliedstaaten überlassen ist, sind Divergenzen in den Mitgliedstaaten erkennbar. Beispielsweise wurde die Pflicht zur Identitätsangabe bei Anrufen zum Zwecke eines Vertragsschlusses auf alle Verbraucherverträge erweitert und es wurde in Art. 246 III EGBGB eine Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht eingeführt. Andererseits hat Deutschland die Option in Art. 5 III VRRL genutzt und für Geschäfte des täglichen Lebens die Informationspflichten ausgeschlossen. Frankreich hat von dieser Option keinen Gebrauch gemacht.
110
Décret n8 2014-1061 du 17 septembre 2014.
164
Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
2. Informationspflichten bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen a) Vorgaben der VRRL Art. 6: „(1) Bevor der Verbraucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist, informiert der Unternehmer den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über Folgendes: a) die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, in dem für das Kommunikationsmittel und die Waren oder Dienstleistungen angemessenen Umfang; b) die Identität des Unternehmers, beispielsweise seinen Handelsnamen; c) die Anschrift des Ortes, an dem der Unternehmer niedergelassen ist, und gegebenenfalls seine Telefonnummer, Faxnummer und E-Mail-Adresse, damit der Verbraucher schnell Kontakt zu ihm aufnehmen und effizient mit ihm kommunizieren kann, sowie gegebenenfalls die Anschrift und die Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt; d) falls diese von der gemäß Buchstabe c angegebenen Anschrift abweicht, die Geschäftsanschrift des Unternehmers und gegebenenfalls die Geschäftsanschrift des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, an die sich der Verbraucher mit jeder Beschwerde wenden kann; e) den Gesamtpreis der Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern und Abgaben, oder in den Fällen, in denen der Preis aufgrund der Beschaffenheit der Waren oder Dienstleistungen vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden kann, die Art. der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und alle sonstigen Kosten, oder in den Fällen, in denen diese Kosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, die Tatsache, dass solche zusätzliche Kosten anfallen können.111 Im Falle eines unbefristeten Vertrags oder eines Abonnement-Vertrags umfasst der Gesamtpreis die pro Abrechnungszeitraum anfallenden Gesamtkosten. Wenn für einen solchen Vertrag Festbeträge in Rechnung gestellt werden, umfasst der Gesamtpreis ebenfalls die monatlichen Gesamtkosten. Wenn die Gesamtkosten vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können, ist die Art. der Preisberechnung anzugeben; f)
die Kosten für den Einsatz der für den Vertragsabschluss genutzten Fernkommunikationstechnik, sofern diese nicht nach dem Grundtarif berechnet werden;
g) die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden;
111 Dies stellt eine Erleichterung für die Unternehmer dar, da es sich bislang als sehr schwierig erweisen konnte, alle Lieferkosten in die verschiedenen Mitgliedstaaten genau im Voraus zu berechnen, vgl. Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 266.
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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h) im Falle des Bestehens eines Widerrufsrechts die Bedingungen, Fristen und Verfahren für die Ausübung dieses Rechts gemäß Artikel 11 Absatz 1 sowie das Muster-Widerrufsformular gemäß Anhang I Teil B; i)
gegebenenfalls den Hinweis, dass der Verbraucher im Widerrufsfall die Kosten für die Rücksendung der Waren zu tragen hat und bei Fernabsatzverträgen die Kosten für die Rücksendung der Waren, wenn die Waren aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht auf dem normalen Postweg zurückgesendet werden können;
j)
den Hinweis, dass, falls der Verbraucher das Widerrufsrecht nach Erklärung eines Verlangens gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 ausübt, der Verbraucher verpflichtet ist, dem Unternehmer einen angemessenen Betrag gemäß Artikel 14 Absatz 3 zu leisten;
k) in Fällen, in denen gemäß Artikel 16 kein Widerrufsrecht besteht, den Hinweis, dass der Verbraucher nicht über ein Widerrufsrecht verfügt, oder gegebenenfalls die Umstände, unter denen der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert; l)
den Hinweis auf das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für die Waren;
m) gegebenenfalls den Hinweis auf das Bestehen und die Bedingungen von Kundendienst, Kundendienstleistungen und gewerblichen Garantien; n) gegebenenfalls den Hinweis auf bestehende einschlägige Verhaltenskodizes gemäß Artikel 2 Buchstabe f der Richtlinie 2005/29/EG und darauf, wie Exemplare davon erhalten werden können; o) gegebenenfalls die Laufzeit des Vertrags oder die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge oder sich automatisch verlängernder Verträge; p) gegebenenfalls die Mindestdauer der Verpflichtungen, die der Verbraucher mit dem Vertrag eingeht; q) gegebenenfalls den Hinweis auf die Tatsache, dass der Unternehmer vom Verbraucher die Stellung einer Kaution oder die Leistung anderer finanzieller Sicherheiten verlangen kann, sowie deren Bedingungen; r)
gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte;
s)
gegebenenfalls – soweit wesentlich – die Interoperabilität digitaler Inhalte mit Hardund Software, soweit diese dem Unternehmer bekannt ist oder vernünftigerweise bekannt sein dürfte;
t)
gegebenenfalls die Möglichkeit des Zugangs zu einem außergerichtlichen Beschwerdeund Rechtsbehelfsverfahren, dem der Unternehmer unterworfen ist, und die Voraussetzungen für diesen Zugang.
(2) Absatz 1 gilt auch dann für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden. (3) Im Falle einer öffentlichen Versteigerung können anstelle der in Absatz 1 Buchstaben b, c und d genannten Informationen die entsprechenden Angaben des Versteigerers übermittelt werden.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
(4) Die Informationen nach Absatz 1 Buchstaben h, i und j können mittels der MusterWiderrufsbelehrung gemäß Anhang I Teil A gegeben werden. Die Informationspflicht des Unternehmers gemäß Absatz 1 Buchstaben h, i und j ist erfüllt, wenn der Unternehmer dieses Informationsformular zutreffend ausgefüllt dem Verbraucher übermittelt hat. (5) Die Informationen nach Absatz 1 sind fester Bestandteil des Fernabsatzvertrags oder des außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Vertrags und dürfen nicht geändert werden, es sei denn, die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich etwas anderes. (6) Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Information über die zusätzlichen und sonstigen Kosten gemäß Absatz 1 Buchstabe e oder über die Kosten für die Rücksendung der Waren gemäß Absatz 1 Buchstabe i nicht nachgekommen, so hat der Verbraucher die zusätzlichen und sonstigen Kosten nicht zu tragen. (7) Die Mitgliedstaaten können sprachliche Anforderungen in Bezug auf die Vertragsinformationen in ihrem nationalen Recht aufrechterhalten oder einführen, um damit sicherzustellen, dass diese Angaben vom Verbraucher ohne Weiteres verstanden werden. (8) Die in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten gelten zusätzlich zu den Informationspflichten nach der Richtlinie 2006/123/EG und der Richtlinie 2000/31/EG und hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, zusätzliche Informationspflichten im Einklang mit jenen Richtlinien vorzusehen. Unbeschadet des Unterabsatzes 1 hat bei Kollisionen zwischen einer Bestimmung der Richtlinie 2006/123/EG oder der Richtlinie 2000/31/EG betreffend den Inhalt der Information und die Art. und Weise, wie die Information bereitzustellen ist, und einer Bestimmung dieser Richtlinie die Bestimmung dieser Richtlinie Vorrang. (9) Die Beweislast für die Erfüllung der in diesem Kapitel genannten Informationspflichten obliegt dem Unternehmer.“
Diese neuen Informationspflichten stellen eine erhebliche Ausweitung der Informationspflichten für Haustürgeschäfte dar, bei denen bisher nur eine Widerrufsbelehrung erforderlich war. Doch auch für Fernabsatzverträge sind die Informationspflichten erweitert worden.112 Die zu erteilenden Informationen können in sog. obligatorische und ggf. relevante Informationen aufgeteilt werden. Die obligatorischen Informationen müssen immer mitgeteilt werden, unabhängig vom Inhalt des Vertrags. Die ggfs. zu erteilenden Informationen sind nur dann mitzuteilen, wenn sie für den konkreten Vertrag von Relevanz sind. Alle Informationen werden zum festen Bestandteil des Vertrags und können nur durch ausdrückliche Einigung der Parteien geändert werden. Neu ist der zwingende Hinweis auf das Muster-Widerrufsformular in Art. 6 I h) VRRL.
112 Vgl. Wendehorst, NJW 2014, 577, 581; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 7 f.; Tamm, VuR 2014, 9, 12; Grundmann, JZ 2013, 53, 57.
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Für den Verbraucher nützlich wäre allerdings auch die Information über das Nichtbestehen eines Widerrufsrechts gewesen.113 Art. 6 I k) VRRL verlangt demgegenüber nur einen Hinweis über die Umstände, unter denen der Verbraucher sein Widerrufsrecht verliert, nicht jedoch einen Hinweis, wenn von Anfang an schon kein Widerrufsrecht bestand. Die Einführung eines Musterinformationsformulars ist sowohl für den Verbraucher als auch für den Unternehmer von Vorteil und daher zu begrüßen.114 Allerdings kann bedauert werden,115 dass Informationen wie beispielsweise die Sprache des Vertrags nicht in den abschließenden Informationskatalog mit aufgenommen worden sind. Die Informationen sind dem Verbraucher grundsätzlich zu erteilen, bevor er durch den Vertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden ist. Nicht klar ist, welche Konsequenzen die Nichterteilung oder fehlerhafte Erteilung der Informationen haben.116 Ebenfalls nicht ganz deutlich erscheint Abs. 8, der zunächst bestimmt, dass die Informationen aus der VRRL zusätzlich zu denen aus der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr und die Dienstleistungsrichtlinie gelten. Danach wird aber klargestellt, dass bei Kollisionen die VRRL Vorrang hat. b) Umsetzung in Deutschland Die Informationspflichten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen finden sich heute in §§ 312d I, 312e BGB i.V.m. Art. 246a EGBGB. Da für Haustürgeschäfte bisher nur eine Widerrufsbelehrung erforderlich war, werden die Informationspflichten hier massiv erweitert. Doch auch für Fernabsatzverträge sind zusätzliche Informationspflichten eingeführt worden.117 Wie im alten Recht muss weiterhin zwischen Finanzdienstleistungen und sonstigen Leistungen unterschieden werden. § 312d I BGB verweist hierbei auf Art. 246a EGBGB. Für Finanzdienstleistungen verweist § 312d II BGB auf Art. 246b EGBGB. Für Fernabsatzverträge ergibt sich die Informationspflicht bereits aus der Richtlinie 113 Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 472; Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 451; Boucard, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 39, 44. 114 Vgl. Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 471; Halll/Howells/Watson, ERCL 2/2012, 139, 150; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 281. 115 Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 288; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 467; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 265. 116 Siehe Schmidt-Kessel, GPR 2010, 129, 133 f. 117 Zur Unvereinbarkeit der Informationspflichten aus der PAngV mit der VRRL vgl. Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 8.
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über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Diese Informationspflichten wurden jetzt auf Außergeschäftsraumverträge erstreckt.118 In Art. 246a § 1 I Nr. 1 – 9 EGBGB sind stets zu erbringende allgemeine Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Leistung, den Unternehmer, die Preise, die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen und die Mängelhaftung aufgezählt. In den weiteren Nr. 9 – 16 finden sich gegebenenfalls zu erteilende Informationen. Die Aufteilung folgt streng den Richtlinienvorgaben. Art. 246a § 1 II, III EGBGB enthält Informationen zum Bestehen oder Nichtbestehen sowie zu den Ausübungsmodalitäten des Widerrufs. Nach Art. 246a § 2 EGBGB bestehen erleichterte Informationspflichten bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten. Ebenfalls erleichterte Informationspflichten gelten nach Art. 246a § 3 EGBGB bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit. In Art. 246a § 4 EGBGB sind wiederum die formalen Anforderungen an die Erfüllung der Informationspflichten geregelt. So insbesondere das Zur-VerfügungStellen der in §§ 1 bis 3 enthaltenen Informationen vor Abgabe der Vertragserklärung durch den Verbraucher in klarer und verständlicher Weise. § 312e BGB regelt die Rechtsfolgen einer Verletzung von Informationspflichten über Kosten; Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten kann der Unternehmer nur verlangen, soweit er den Verbraucher über diese Kosten entsprechend informiert hat. c) Umsetzung in Frankreich Da die VRRL die Informationspflichten für Fernabsatzverträge und für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge abschließend regelt, war in Frankreich eine sorgfältige Überarbeitung der Informationsvorschriften erforderlich.119 Im Rahmen dieser Überarbeitung wurden zwar einige zusätzliche Informationspflichten geschaffen, vor allem aber mussten nationale Informationspflichten gestrichen werden, wie etwa die aus Art. L. 214-1 Cconsom, auf den Art. L. 121-18 Cconsom für Fernabsatzverträge verwies.120 Art. L. 121-17 Cconsom enthält jetzt gebündelt die Informationspflichten für Fernabsatzverträge und Haustürgeschäfte. Der Umsetzungsgesetzgeber hat die Technik der Verweisung auf die allgemeinen Informationspflichten beibehalten (Absatz 1 18 verweist auf Art. L. 111-1 et L. 1112 Cconsom). Im Ausführungsdekret sind die Informationspflichten im Einklang mit der VRRL weiter konkretisiert (Art. R. 121-17 Cconsom). 118 119 120
Tamm, VuR 2014, 9, 15. Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 7. Aubert de Vincelles, RDC 2011 n84, p. 1224, 1227.
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Für die Haustürgeschäfte war eine Informationsübermittlung bislang erst bei Vertragsschluss erforderlich. Mit der neuen Regelung müssen die Informationen schon vor Vertragsschluss mitgeteilt werden. Absatz 3 erlegt die Beweislast dem Unternehmer auf. d) Schlussfolgerung hinsichtlich Informationspflichten für besondere Vertriebsarten In diesem Bereich ist eine Vereinheitlichung festzustellen. Besonders markant ist dies für den ehemaligen Bereich der Haustürgeschäfte, für den in Deutschland nur die Widerrufsbelehrung, in Frankreich dagegen eine ganze Reihe an Informationspflichten bestanden.121 Doch auch für Fernabsatzverträge gelten heute in Deutschland und in Frankreich dieselben inhaltlichen Anforderungen an die Informationen. 3. Formale Anforderungen für besondere Vertriebsarten a) Formale Anforderungen für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge aa) Vorgaben der VRRL Art. 7: „(1) Bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, stellt der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger bereit. Diese Informationen müssen lesbar und in klarer und verständlicher Sprache abgefasst sein. (2) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher eine Kopie des unterzeichneten Vertragsdokuments oder die Bestätigung des geschlossenen Vertrags auf Papier oder, sofern der Verbraucher dem zustimmt, auf einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung, wobei diese Kopie gegebenenfalls auch die Bestätigung der vorher ausdrücklich erklärten Zustimmung und der Kenntnisnahme des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m umfasst. (3) Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen auf einem dauerhaften Datenträger zu erklären. (4) Wenn der Verbraucher bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, ausdrücklich die Dienste des Unternehmers zur Ausführung von Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten angefordert hat, der Unternehmer und der Verbraucher ihre vertraglichen Verpflichtungen sofort erfüllen und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 200 EUR nicht übersteigt, gilt: 121
Vgl. Teil 2, B. I. 2. a), c).
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a) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben b und c genannten Informationen sowie Informationen über die Höhe des Preises oder die Art. der Preisberechnung zusammen mit einem Kostenvoranschlag über die Gesamtkosten auf Papier oder, wenn der Verbraucher dem zustimmt, einem anderen dauerhaften Datenträger zur Verfügung. Der Unternehmer stellt die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, h und k genannten Informationen zur Verfügung, kann jedoch davon absehen, diese auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger bereitzustellen, wenn der Verbraucher sich damit ausdrücklich einverstanden erklärt. b) Die gemäß Absatz 2 dieses Artikels bereitgestellte Bestätigung des Vertrags muss die in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen beinhalten. Die Mitgliedstaaten können beschließen, diesen Absatz nicht anzuwenden. (5) Die Mitgliedstaaten legen hinsichtlich der Erfüllung der in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten keine weiteren formellen vorvertraglichen Informationsanforderungen fest.“ Erwägungsgrund 23: „[…] Dauerhafte Datenträger sollten es dem Verbraucher ermöglichen, Informationen so lange zu speichern, wie es für den Schutz seiner Interessen in den Beziehungen zum Unternehmer erforderlich ist. Zu diesen dauerhaften Datenträgern sollten insbesondere Papier, USB-Sticks, CD- ROMs, DVDs, Speicherkarten oder die Festplatten von Computern sowie E-Mails gehören.“
bb) Umsetzung in Deutschland Die Umsetzung von Art. 7 I, II VRRL erfolgt in § 312f I BGB. Von der Option in Art. 7 IV VRRL (diese Vorschrift für Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten nicht umzusetzen), hat der deutsche Umsetzungsgesetzgeber keinen Gebrauch gemacht, sondern die Vorschrift in Art. 246a § 2 II EGBGB übernommen. Die Definition der Textform musste angepasst werden. In § 126b BGB findet sich nun auch eine richtlinienkonforme Legaldefinition des dauerhaften Datenträgers, wobei keine inhaltlichen Änderungen damit zusammenhängen sollten.122 cc) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-18 Cconsom übernimmt Art. 7 Nr. 1 VRRL wörtlich. Das gleiche gilt für Art. L. 121-18-1 al. 1 Cconsom im Hinblick auf die Formulierung in Art. 7 Nr. 2 VRRL und al. 2 im Hinblick auf Art. 7 Nr. 2 i.V.m. Art. 16m) VRRL.
122 Vgl. Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687; Tonner, VuR 2013, 443, 447; zur genauen Differenzierung vgl. Wendehorst, NJW 2014, 577, 578.
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Art. L. 121-18-1 al. 3 verpflichtet dazu, zusätzlich das Muster-Widerrufsformulars anzuhängen. Ob dies mit Art. 7 V VRRL, der zusätzliche formale Anforderungen verbietet, vereinbar ist, darf bezweifelt werden.123 Frankreich hat von der Option in Art. 7 IV VRRL Gebrauch gemacht und diese Vorschrift nicht umgesetzt. b) Formale Anforderungen bei Fernabsatzverträgen aa) Vorgaben der VRRL Art. 8: „(1) Bei Fernabsatzverträgen erteilt der Unternehmer die in Artikel 6 Absatz 1 vorgeschriebenen Informationen dem Verbraucher in klarer und verständlicher Sprache in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise bzw. stellt diese Informationen entsprechend zur Verfügung. Soweit diese Informationen auf einem dauerhaften Datenträger bereitgestellt werden, müssen sie lesbar sein. (2) Wenn ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zur Zahlung verpflichtet, weist der Unternehmer den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise, und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, e, o und p genannten Informationen hin. Der Unternehmer sorgt dafür, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung verbunden ist. Wenn der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder eine ähnliche Funktion umfasst, ist diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Wenn der Unternehmer diesen Unterabsatz nicht einhält, ist der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden. (3) Auf Webseiten für den elektronischen Geschäftsverkehr wird spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich angegeben, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert werden. (4) Wird der Vertrag mittels eines Fernkommunikationsmittels geschlossen, auf dem für die Darstellung der Informationen nur begrenzter Raum bzw. begrenzte Zeit zur Verfügung steht, so hat der Unternehmer über das jeweilige Fernkommunikationsmittel vor dem Abschluss des Vertrags zumindest diejenigen vorvertraglichen Informationen zu erteilen, die die in Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben a, b, e, h und o genannten wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die Identität des Unternehmers, den Gesamtpreis, das Widerrufsrecht, die Vertragslaufzeit und die Bedingungen der Kündigung unbefristeter Verträge betreffen. Die anderen in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen hat der Unternehmer dem Verbraucher in geeigneter Weise im Einklang mit Absatz 1 dieses Artikels zu erteilen.
123
Für eine Unvereinbarkeit Aubert de Vincelles, RDC 2014 n8 3, p. 456.
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(5) Ruft der Unternehmer den Verbraucher im Hinblick auf den Abschluss eines Fernabsatzvertrags an, so hat er unbeschadet des Absatzes 4 zu Beginn des Gesprächs mit dem Verbraucher seine Identität und gegebenenfalls die Identität der Person, in deren Auftrag er anruft, sowie den geschäftlichen Zweck des Anrufs offenzulegen. (6) Für Fernabsatzverträge, die telefonisch geschlossen werden, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass der Unternehmer dem Verbraucher das Angebot bestätigen muss und der Verbraucher erst dann gebunden ist, wenn er das Angebot unterzeichnet oder sein schriftliches Einverständnis übermittelt hat. Die Mitgliedstaaten können ferner vorsehen, dass solche Bestätigungen auf einem dauerhaften Datenträger erfolgen müssen. (7) Der Unternehmer stellt dem Verbraucher die Bestätigung des geschlossenen Vertrags innerhalb einer angemessenen Frist nach dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung, und zwar spätestens bei der Lieferung der Waren oder bevor die Ausführung der Dienstleistung beginnt. Diese Bestätigung enthält: a) alle in Artikel 6 Absatz 1 genannten Informationen, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor dem Abschluss des Fernabsatzvertrags auf einem dauerhaften Datenträger zukommen lassen, und b) gegebenenfalls die Bestätigung der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung und der Kenntnisnahme des Verbrauchers gemäß Artikel 16 Buchstabe m. (8) Möchte ein Verbraucher, dass die Dienstleistung oder die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme während der Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 beginnt, so fordert der Unternehmer den Verbraucher dazu auf, ein entsprechendes ausdrückliches Verlangen zu erklären. (9) Dieser Artikel berührt nicht die Bestimmungen über den Abschluss von elektronischen Verträgen und Bestellungen gemäß den Artikeln 9 und 11 der Richtlinie 2000/31/EG. (10) Die Mitgliedstaaten legen hinsichtlich der Erfüllung der in dieser Richtlinie festgelegten Informationspflichten keine weiteren formellen vorvertraglichen Informationsanforderungen fest.“
Problematisch erscheint die praktische Umsetzung des Art. 8 II VRRL, denn beispielsweise bei einer Bestellung per E-Mail weiß der Unternehmer nicht, wann die Bestellung erfolgen wird und deshalb ist eine Belehrung unmittelbar vor der Bestellung kaum umzusetzen. In Absatz 2 Unterabsatz 2 findet sich die sog. „Button-Lösung“ wieder, die Verbraucher vor Kostenfallen im Internet schützen soll. Nach dem Wortlaut ist die Bestellung des Verbrauchers wohl als Annahme des Angebots zu werten. Fraglich ist, was die Konsequenzen eines Verstoßes sind. Ist der Vertrag nichtig? Ist der Vertrag gar nicht erst zustande gekommen? Wie gestaltet sich die Rückabwicklung? Gerade diese Klausel kann zu unterschiedlicher Handhabung in den Mitgliedstaaten führen und das trotz bezweckter Vollharmonisierung.124 Die Formulierung spricht dafür, den Vertrag als nicht zustande gekommen anzusehen.125 Andere gehen von einer ein124 125
Hall/Howells/Watson, ERCL 2/2012, 139, 153. De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 869.
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seitigen Bindung des Unternehmers und einem Wahlrecht des Verbrauchers aus.126 Teilweise wird vertreten, es liege bei anschließender Leistung durch den Unternehmer die Lieferung einer unbestellten Ware oder Dienstleitung i.S.d. Art. 27 VRRL vor, sodass der Unternehmer weder die Zahlung noch die Rücksendung der Ware verlangen kann.127 Die letztgenannte Ansicht scheint mir zu weit zu gehen, denn im Gegensatz zu den „klassischen“ Fällen der unbestellten Leistungen ist der Verbraucher hier doch in die Verkaufssphäre des Unternehmers eingetreten und hat zumindest mit einem Bestellvorgang begonnen. Deshalb scheint die vermittelnde Ansicht, die dem Verbraucher ein Wahlrecht zuspricht, am sachgerechtesten zu sein. Neu sind auch die verringerten Informationspflichten im sog. „M-Commerce“ und in Fernsehspots. Hier ist eine Anpassung an die technischen Gegebenheiten, insbesondere die zeitlichen und räumlichen Begrenzungen geboten, um die Nutzung neuer Technologien zu erleichtern (vgl. Absatz 4).128 In Absatz 7 handelt es sich um nachvertragliche Informationspflichten. Anders als bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ist für Fernabsatzverträge der Zeitpunkt der Informationserteilung konkretisiert. Diese Regelung ist neu, denn bisher mussten nur die Informationen bestätigt werden, jetzt muss der Vertrag bestätigt werden.129 Die große Anzahl der zu erteilenden Informationen im Fernabsatzrecht kann leicht dazu führen, dass der Verbraucher die für ihn wirklich wichtigen Informationen nicht klar vor Augen hat. Deswegen scheint es zweckmäßig, dem Verbraucher die wesentlichen Vertragsinformationen noch einmal unmittelbar vor der Bestellung zusammengefasst zu präsentieren.130 bb) Umsetzung in Deutschland § 312f II BGB sieht eine Pflicht des Unternehmers vor, bei Fernabsatzverträgen dem Verbraucher eine Bestätigung des Vertrags, in der der Vertragsinhalt wiedergegeben ist, innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsschluss, spätestens jedoch bei der Lieferung der Ware oder bevor mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen wird, auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen. Die Bestätigung muss die in Art. 246a EGBGB genannten Angaben enthalten, es sei denn, der Unternehmer hat dem Verbraucher diese Informationen bereits vor Ver126
Vgl. Wendehorst, NJW 2014, 577, 579; Heinig, MDR 2012, 323, 325. De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 871. 128 Vgl. Erwägungsgrund 36; Föhlisch, MMR 2009, 75, 77; Legrand, Petites affiches 2013 n8 111, p. 5, 8; Unger, ZEuP 2012, 270, 284; Tamm, VuR 2014, 9, 13 f.; Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 452. 129 Unger, ZEuP 2012, 270, 287. 130 Raue, MMR 2012, 438, 441; De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 868; Grundmann, JZ 2013, 53, 57. 127
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tragsschluss in Erfüllung seiner Informationspflichten nach § 312d I BGB auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt. Relevant ist diese Vorschrift also für Fernabsatzverträge, bei denen aus technischen Gründen eine Übermittlung in verkörperter Form vor dem Vertragsschluss nicht möglich ist, wie beispielsweise im Rahmen von per Telefon geschlossenen Verträgen. In § 312f III BGB finden sich noch zusätzliche Informationen, die in der Bestätigung von Verträgen über digitale Inhalte enthalten sein müssen. Absatz 4 stellt klar, dass diese Vorschrift auf Verträge über Finanzdienstleistungen keine Anwendung findet. Art. 8 II VRRL wurde bereits 2012 vorab in § 312g II bis IV BGB umgesetzt, um sog. Kostenfallen im Internet vorzubeugen. Zwar kamen auch vor der Neuregelung durch diese Kostenfallen (die meist auch Abofallen mit regelmäßigen Zahlungspflichten darstellen) keine wirksamen Verträge zustande (es fehlte meist schon an einem entsprechenden Rechtsbindungswillen bzw. die Klauseln wurden nicht wirksam in den Vertrag einbezogen oder der Vertrag ist zumindest nach § 123 BGB anfechtbar). Aber für den Laien war bisher schwer zu erkennen, wann genau ein wirksamer Vertrag vorlag. Dies führte dazu, dass Millionen Verbraucher, die Opfer einer solchen Kostenfalle geworden waren, verunsichert den Zahlungsanforderungen nachkamen.131 Leider erfolgte die Umsetzung nicht vollständig richtlinienkonform, sodass eine erneute Änderung der Vorschrift erforderlich war.132 Die § 312 g II bis IV BGB a.F. sind heute in § 312j II bis V BGB zu finden. Art. 8 III VRRL findet seine Umsetzung in § 312j I BGB. cc) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-19 Cconsom stimmt mit Art. 8 I VRRL überein. Art. L. 121-19-1 Cconsom setzt Art. 8 IV VRRL und Art. L. 121-19-2 die Regelung aus Art. 8 VII VRRL um. Art. L. 121-19-3 al. 1 und 2 Cconsom entsprechen Art. 8 II VRRL und führen erstmals die sog. „Button-Lösung“ in das französische Recht ein. Zuvor hatte die französische Rechtsprechung versucht, diese Fälle unter die unbestellten Leistungen zu fassen.133 In Art. L. 121-19-3 al. 3 findet sich die Regelung des Art. 8 III VRRL. 131
Raue, MMR 2012, 438, 439; De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 867; Alexander, NJW 2012, 1985, 1986. 132 Raue, MMR 2012, 438, 443; De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 874; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 270. 133 TGI Bordeaux, 11 mars 2008, Contrats. conc. consom. 2008, comm. 69.
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Art. L. 121-20 Cconsom entspricht Art. 8 V und VI VRRL. Frankreich hat von der Option in Art. 8 VI VRRL Gebrauch gemacht, d. h. der Vertrag kommt erst durch schriftliche oder elektronische Bestätigung zustande (Art. L. 121-20 al. 2). c) Schlussfolgerungen hinsichtlich formaler Anforderungen für besondere Vertriebsarten Hier sind weiterhin einige Divergenzen ersichtlich. Im Rahmen von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen gilt dies beispielsweise für sofort erfüllte Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten, bei denen das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 200 E nicht übersteigt. In diesen Fällen sind in Deutschland nur beschränkte Informationspflichten einzuhalten, in Frankreich die Informationen vollumfänglich zu gewähren. In Frankreich besteht darüber hinaus nach Art. L. 121-18-1 al. 3 Cconsom die Pflicht zum Anhang des Muster-Widerrufsformulars. Auch für Fernabsatzverträge, die telefonisch geschlossen werden, ergeben sich Unterschiede. So kommt in Frankreich ein solcher Vertrag erst durch die schriftliche Bestätigung zustande und nicht wie in Deutschland bereits am Telefon. 4. Sanktionen a) Vorgaben der VRRL Art. 24: „(1) Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, angemessen und abschreckend sein.“
Grundsätzlich obliegt es also den Mitgliedstaaten, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen für die Verletzung von Informationspflichten vorzusehen. Die unterschiedliche Sanktionierung durch das Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht, durch das Lauterkeitsrecht oder durch privatrechtliche Rechtsfolgen bleibt bestehen.134 Einige spezielle Sanktionen sind jedoch in der VRRL selbst vorgesehen: Gemäß Art. 6 VI muss der Verbraucher keine Kosten tragen, über die er nicht vorher informiert wurde; gemäß Art. 10 X wird die Widerrufsfrist verlängert, wenn der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde; gemäß Art. 14 I trägt 134 Zum unbestimmten Grundsatz des effet utile, den der EuGH zur Konkretisierung der Rechtsfolgenseite heranzieht vgl. Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 17 f.
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der Verbraucher nur die Kosten der Rücksendung der Ware, wenn er hierüber informiert wurde; gemäß Art. 8 II ist der Verbraucher bei elektronisch geschlossenen Verträgen nicht an den Vertrag gebunden, wenn er nicht über die Bindung und seine Zahlungsverpflichtung aufgeklärt wurde. Aus der Schulte-Rechtsprechung des EuGH135 könnte auf eine Pflicht der Mitgliedstaaten zur Begründung eines Schadensersatzanspruchs des Verbrauchers im Falle nicht oder fehlerhaft erteilter Informationen geschlossen werden.136 b) Umsetzung in Deutschland Sanktioniert werden die Verstöße weiterhin nur durch Schadensersatzansprüche nach § 280 I BGB sowie durch einen Unterlassungsanspruch nach § 2 I 1 UklaG und durch wettbewerbsrechtliche Ansprüche. Verstöße gegen die Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht führen zur Hemmung der Widerrufsfrist, vgl. § 356 III 1 BGB (hierzu unten mehr). Andere Informationspflichtenverstöße führen allerdings nicht mehr zur Hemmung der Widerrufsfrist. Für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge werden die Informationen zudem nach § 312d I 2 BGB Vertragsinhalt. c) Umsetzung in Frankreich In Frankreich ist die Folge einer Informationspflichtverletzung weiterhin die Nichtigkeit des Vertrags. Ausdrücklich vorgesehen ist die Nichtigkeit allerdings nur in Art. L. 121-8-1 Cconsom für Informationspflichtverstöße bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und in Art. L. 121-19-3 al. 2 Cconsom für Verstöße gegen die sog. Button-Lösung. Eine (ausdrückliche) Parallelregelung im Rahmen von allgemeinen Informationspflichtverstößen und für Informationspflichtverstöße bei Fernabsatzverträgen (außerhalb der Button-Lösung) fehlt.137 Durch die Loi Hamon wurde eine neue Sanktionsart eingeführt: die „amende administrative“ also ein verwaltungsrechtliches Bußgeld von bis zu 3.000 E für natürliche und bis zu 15.000 E für juristische Personen in Art. L. 111-6 Cconsom für allgemeine Verbraucherverträge und L. 121-22 Cconsom für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge.138 Der Vorteil dieser
135
EuGH v. 25. 10. 2005, Rs. C-350/03, Slg. 2005, I-9215 – Schulte. So Schmidt-Kessel, GPR 2010, 129, 135. 137 Vgl. Rzepecki, Gaz. Pal. 2014 n8114, p. 15. 138 In anderen Bereichen ersetzt das verwaltungsrechtliche Bußgeld strafrechtliche Sanktionen, siehe hierzu Aubert de Vincelles/Sauphanor-Brouillaud, Rec. Dalloz 2014, p. 879; Sauphanor-Brouillaud, RDS 2014 n8 3, p. 471. 136
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Sanktionsart ist, dass sie ohne Umwege über einen Gerichtsprozess verhängt werden kann.139 Diese Sanktionsart ersetzt weitgehend die bisherigen strafrechtlichen Bußgelder. Solche sind in Art. L. 121-23 Cconsom nur noch für Verstöße gegen Art. L. 121-18-1 und L. 121-18-2 Cconsom (Informationspflichten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen) vorgesehen. Auch die ausdrückliche Regelung von Schadensersatzansprüchen des Verbrauchers ist weitestgehend gestrichen worden, wobei weiterhin die deliktische Haftung des Unternehmers einschlägig sein kann.140 Fraglich ist, ob die „amende administrative“ auch dahingehend als abschließend anzusehen ist, als dass der Verbraucher eine Nichtigkeit des Vertrags nach den allgemeinen Grundsätzen (insbesondere Art. 6 Code civil) nicht mehr erwirken kann. Dagegen spricht Art. L. 111-7 Cconsom, der die Informationspflichten als „ordre public“ qualifiziert. Da in Frankreich der Cconsom grds. nicht als abschließend anzusehen ist,141 dürfte über Art. 6 Code civil i.V.m. den ordre public-Vorschriften des Cconsom weiterhin eine Nichtigkeit des Vertrags anzunehmen sein. Allerdings müssen auch hier wieder dieselben Einschränkungen vorgenommen werden wie bisher,142 das heißt, dass nur solche Verstöße gegen Informationspflichten zur Nichtigkeit führen, die für die Vertragsschlusserklärung des Verbrauchers relevant waren.143 Sollten die Nichtigkeitsregelungen in Art. L. 121-18-1 und 121-19-3 Cconsom allerdings als Ausnahmevorschriften zu sehen sein, so müsste die Cour de cassation eine Rechtsprechungsänderung dahingehend vornehmen, dass allein der ordre public-Charakter einer verbraucherschützenden Vorschrift nicht ausreichen kann, um über Art. 6 Code civil die Nichtigkeit des Vertrags herbeizuführen. Da eine Qualifizierung der Informationspflichten im Fernabsatz als ordre public fehlt, kann die Nichtigkeit des Vertrags in diesem Bereich wohl nur erwirkt werden, wenn gleichzeitig ein Verstoß gegen allgemeine Informationspflichten vorliegt. Aufgrund der weiten Fassung der allgemeinen Informationspflichten dürfte dies jedoch häufig der Fall sein, sodass im Ergebnis weiterhin bei so gut wie allen Informationspflichtenverstößen die Nichtigkeit des Vertrags herbeigeführt werden kann. Es ist allerdings zu erwarten, dass die doch sehr einzelfallorientierte Rechtsprechung zur alten Rechtslage144 weiterhin Bestand haben wird.145 139 140
c) cc). 141 142 143
p. 471. 144 145
Minet, Rev. Lamy Droit des Affaires 2014, 93. Sauphanor-Brouillaud, RDS 2014 n8 3, p. 471; zur alten Rechtslage vgl. Teil 2, B. II. 2. Siehe hierzu bereits Teil 1. Vgl. Teil 2, B. I. 2. b) cc). Vgl. Schultz, Gaz. Pal. 2014 n8 114, p. 11, 12 f.; Sauphanor-Brouillaud, RDS 2014 n8 3, Vgl. Teil 2, B. I. 2. b) cc). So auch Sauphanor-Brouillaud, RDC 2014 n8 3, p. 471.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
5. Zusammenfassende Schlussfolgerungen hinsichtlich Informationspflichten a) Allgemeine Informationspflichten Die Einführung eines Mindeststandards bei den allgemeinen Informationspflichten führt zu einer gewissen Angleichung der Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten. So wurden in Deutschland erstmals solche allgemeinen Informationspflichten für Verbraucherverträge eingeführt, was eine Annäherung an das französische Recht bewirkt. Allerdings dürfen die allgemeinen Informationspflichten von Seiten der Mitgliedstaaten aus erweitert werden. Somit können auch nationale Schutzprinzipien wie das der „culpa in contrahendo“ in Deutschland oder das der „obligation de renseignement“ in Frankreich bestehen bleiben.146 Auch ist der deutsche Gesetzgeber hinsichtlich der Informationspflichten für allgemeine Verbraucherverträge über das von der Richtlinie geforderte Schutzniveau hinausgegangen (so beispielsweise mit der Pflicht zur Information über das Nichtbestehen eines Widerrufsrechts). Auch in Frankreich bestehen zwar noch zusätzliche Informationspflichten, aber dennoch kann insgesamt von einer Angleichung ausgegangen werden, wenn man bedenkt, dass vorher in Deutschland gar keine allgemeinen Verbraucherinformationspflichten normiert waren. Das Zusammenspiel der allgemeinen Informationspflichten mit weiteren nationalen Informationspflichten sowie die fehlende einheitliche Regelung der Sanktionen werden weiterhin zu einem unterschiedlichen Schutzniveau in den Mitgliedstaaten führen.147 Leider wird auch nicht klargestellt, in welcher Sprache die Informationen zu erfolgen haben.148 b) Informationspflichten und formale Anforderungen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen Für Frankreich führt die Umsetzung der VRRL zu deutlich weniger Veränderungen insb. für Haustürgeschäfte, da bisher schon allgemeine Informationspflichten bestanden. Für Deutschland bringt sie eine große Veränderung für Haustürgeschäfte, da hierbei bislang nur eine Widerrufsbelehrung, aber keine weiteren Informationspflichten vorgesehen waren.149
146
Calais-Auloy, Droit de la consommation, Rn. 51 – 54. Rott/Terryn, ZEuP 2009, 457, 469; De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 867. 148 Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 282; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 457, 467; Reich, ZEuP 2010, 7, 30. 149 Vgl. Teil 2, B. I. 2. a); siehe auch Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253, 254. 147
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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Trotz der grundsätzlich vollharmonisierenden Informationspflichtenregelungen sind einige Unterschiede in den formalen Anforderungen erkennbar. Frankreich hat beispielsweise von der Option in Art. 7 IV VRRL Gebrauch gemacht und diese Beschränkung der Informationspflichten für sofort erfüllte Verträge, bei denen das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 200 E nicht übersteigt, nicht umgesetzt. Auch die in Art. 8 VI VRRL enthaltene Option wurde in Frankreich genutzt, sodass hier andere Regelungen als in Deutschland bestehen. Auch verpflichtet Art. L. 121-18-1 al. 3 Cconsom zusätzlich zum Anhang des Muster-Widerrufsformulars. Ob dies mit Art. 7 V VRRL, der zusätzliche formale Anforderungen verbietet, vereinbar ist, ist zweifelhaft. c) Sanktionen bei fehlender oder fehlerhafter Information Da die Sanktionen für Informationspflichtverstöße, bis auf wenige Ausnahmen, von der VRRL nicht vorgegeben sind, bleibt es bei den unterschiedlichen Sanktionsarten in den Mitgliedstaaten. Ein wichtiger Unterschied ist zum Beispiel, dass die Wirksamkeit des Vertrags in Deutschland, anders als in Frankreich, durch Informationspflichtverstöße jenseits von Widerrufsbelehrungsverstößen nicht berührt wird. In Frankreich ist demgegenüber für Verstöße gegen Informationspflichten für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und gegen die Button-Lösung weiterhin die Nichtigkeit des Vertrags vorgesehen. Nach der hier vertretenen Ansicht gilt die Nichtigkeitssanktion – zumindest bis zu einer ausdrücklichen Rechtsprechungsänderung – auch für allgemeine Informationspflichtenverstöße.
III. Widerruf Das Widerrufsrecht ist in Kapitel III VRRL ausführlich geregelt. Es sind Vorschriften zu der Widerrufsfrist und deren Beginn in Art. 9, zur Verlängerung der Widerrufsfrist im Falle unterlassener Widerrufsbelehrung in Art. 10, zur Ausübung des Widerrufsrechts in Art. 11, erstmalig zu den Auswirkungen des Widerrufs auf die Pflichten des Unternehmers und des Verbrauchers in Art. 12, 13 und 14 sowie auf verbundene Verträge in Art. 15 und Ausnahmen vom Widerrufsrecht in Art. 16 zu finden. Der Hintergrund für das Widerrufsrecht wird in Erwägungsrund 37 deutlich, der einerseits die mangelnde Prüfungsmöglichkeit der Waren durch den Verbraucher beim Versandhandel und andererseits auf den möglichen Überraschungsmoment und den psychologischen Druck bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen als Gründe für die Notwendigkeit eines Widerrufsrechts nennt. Die Notwendigkeit einer einheitlichen Widerrufsfrist wird in Erwägungsgrund 40 mit der aus den unterschiedlichen Fristen resultierenden Rechtsunsicherheit und den daraus entstehenden Kosten begründet.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Nach Erwägungsgrund 41 ist es zur Gewährleistung der Rechtssicherheit zweckmäßig, die Verordnung (EWG, Euratom) Nr. 1182/71 des Rates vom 3. Juni 1971 zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine auf die Berechnung der in dieser Richtlinie genannten Fristen anzuwenden. 1. Widerrufsrecht und -frist a) Vorgaben der VRRL Art. 9: „(1) Sofern nicht eine der Ausnahmen gemäß Artikel 16 Anwendung findet, steht dem Verbraucher eine Frist von 14 Tagen zu, in der er einen Fernabsatz- oder einen außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag ohne Angabe von Gründen und ohne andere Kosten als in Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 vorgesehen widerrufen kann. (2) Unbeschadet des Artikels 10 endet die in Absatz 1 dieses Artikels vorgesehene Widerrufsfrist a) bei Dienstleistungsverträgen 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses, b) bei Kaufverträgen 14 Tage ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der Waren gelangt, oder i)
wenn der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat, die getrennt geliefert werden, ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Ware gelangt,
ii) bei Lieferung einer Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der letzten Teilsendung oder des letzten Stücks gelangt, iii) bei Verträgen zur regelmäßigen Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum hinweg ab dem Tag, an dem der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, in den physischen Besitz der ersten Ware gelangt, c) bei Verträgen über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, 14 Tage ab dem Tag des Vertragsabschlusses. (3) Die Mitgliedstaaten verbieten den Vertragsparteien eine Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen während der Widerrufsfrist nicht. Die Mitgliedstaaten können jedoch bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen innerstaatliche Rechtsvorschriften aufrechterhalten, die dem Unternehmer verbieten, innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach Vertragsabschluss Zahlung vom Verbraucher zu fordern und entgegenzunehmen.“
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Die Festlegung der Widerrufsfrist auf 14 Tage steht im Einklang mit der Richtlinie zu Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen und der Verbraucherkreditrichtlinie, sowie der Time-Sharing-Richtlinie. Zu begrüßen ist das Muster-Informationsformular, das es Unternehmern erleichtern wird, ihre Pflichten zu erfüllen und das Muster-Widerrufsformular, das den Verbrauchern die Ausübung des Widerrufsrechts erleichtert.150 Das Widerrufsrecht für digitale Inhalte folgt dem Regime der Kaufverträge, wenn sie auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden. Wenn sie nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, sind sie grundsätzlich wie Dienstleistungen zu betrachten. Einige sehen die Einführung eines Widerrufsrechts für Verträge über digitale Inhalte als verfehlt an, da der Verbraucher zwar keine Möglichkeit hat, die Ware vor Erhalt zu prüfen, dem Unternehmer jedoch erhebliche Nachteile durch einen Widerruf entstehen, denn der Download kann nicht restlos zurückgegeben werden.151 Allerdings wird diesem Problem zumindest teilweise im Ausnahmekatalog des Art. 16 VRRL, insbesondere in Lit. m) Rechnung getragen, in dem bei digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, das Widerrufsrecht mit Ausführungsbeginn erlischt, wenn der Verbraucher auf die Rechtsfolge hingewiesen worden ist. b) Umsetzung in Deutschland § 312g I BGB statuiert ein Widerrufsrecht i.S.d. § 355 BGB für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und für Fernabsatzverträge. § 355 BGB n.F. regelt allgemein den Widerruf, wobei er selbst weiterhin kein Widerrufsrecht begründet, sondern ein solches voraussetzt. Absatz 1 legt, wie bisher, die unmittelbare Folge des Widerrufs fest: Die Vertragsparteien sind an ihre auf den Abschluss des Vertrags gerichteten Willenserklärungen nicht mehr gebunden und werden somit von ihrer Verpflichtung befreit. Neu sind die in Abs. 3 eigenständig geregelten Widerrufsfolgen und somit die Aufgabe der Verweisung auf das Rücktrittsfolgenrecht. In §§ 356 – 357c BGB sind wiederum für den jeweiligen Vertragstyp spezifische Regelungen zum Widerruf und seinen Folgen zu finden. Nach § 355 II BGB ist der maßgebliche Zeitpunkt für den Beginn der 14-tägigen Widerrufsfrist grundsätzlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses, wobei für die in §§ 356 – 357c beschriebenen Vertragstypen zusätzliche Erfordernisse geregelt sind. So regelt § 356 BGB speziell den Widerruf von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen. Absatz 2 regelt den Beginn der 150 151
Rott/Terryn, ZEuP 2009, 457, 471; Tamm, VuR 2014, 9, 13. So Rudowski/Werner, MMR 2012, 711, 712.
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Widerrufsfrist, Absatz 3 setzt für den Fristbeginn eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung voraus und legt eine Höchstfrist von 12 Monaten und 14 Tagen fest. Zweifelhaft ist, ob § 356 III BGB mit Art. 9 II VRRL vereinbart ist. Denn nach der Richtlinie beginnt die Widerrufsfrist mit Vertragsschluss bzw. der Lieferung beim Verbraucher. Nur für die Fristverlängerung nach Art. 10 VRRL ist die Einhaltung der Belehrung von Bedeutung.152 Absätze 4 und 5 regeln das Erlöschen des Widerrufsrechts bei Verträgen über die Erbringung von Dienstleistungen und die Lieferung von sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten. Der Umsetzungsgesetzgeber hat keine Präzisierungen zur Fristenberechnung festgelegt, obwohl Erwägungsgrund 41 der VRRL ausdrücklich auf die VO 1182/71 verweist. Da sich jedoch zwischen der Verordnung und §§ 187 ff. BGB keine Abweichungen ergeben, ist dies im Ergebnis richtlinienkonform.153 Das Rückgaberecht musste aufgegeben werden und mithin ist ein konkludenter Widerruf durch Rücksendung der Ware nicht mehr möglich. c) Umsetzung in Frankreich Die Umsetzung der Vorschriften über den Widerruf führt in Frankreich zur Vereinheitlichung der bislang uneinheitlichen Terminologie (Art. L. 121-20 Cconsom „droit der rétractation“ vs. Art. L. 121-25 Cconsom „droit de renonciation“). Haustürgeschäfte und Fernabsatzverträge werden zu Verträgen unter der Bedingung der Prüfung der Leistung.154 Art. L. 121-21 al. 1 Cconsom entspricht Art. 9 I VRRL und führt zur Verlängerung der Widerrufsfrist von siben auf 14 Tage. In Satz 2 wird zusätzlich klargestellt, dass eine Klausel, die den Verzicht auf das Widerrufsrecht des Verbrauchers beinhaltet, nichtig ist. Al. 2 entspricht Art. 9 II VRRL und regelt den Fristbeginn. Art. 9 III VRRL erlaubt es Frankreich (diese Option wurde auf Beharren Frankreichs bei den Verhandlungen eingeführt)155 die Regelung des Art. L. 121-26 Cconsom, a.F. wonach bis zum Ablauf der Widerrufsfrist keine Leistungen ausgetauscht werden dürfen, beizubehalten. Die Umsetzung dieser Option findet sich in Art. L. 121-18-2 Cconsom al. 2. Diese sieht einige Ausnahmen u. a. für Verträge über die Lieferung von Tageszeitungen (Nr. 1) sowie für Verträge über dringende Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten (Nr. 4) vor. 152 Vgl. Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 280. 153 Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 546. 154 Legrand, Petites affiches 2013 n8 111, p. 5, 9. 155 Legrand, Petites affiches 2013 n8 111, p. 5, 9.
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2. Nichtaufklärung über das Widerrufsrecht a) Vorgaben der VRRL Art. 10: „(1) Hat der Unternehmer den Verbraucher nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt, so läuft die Widerrufsfrist 12 Monate nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist gemäß Artikel 9 Absatz 2 ab. (2) Hat der Unternehmer dem Verbraucher die in Absatz 1 genannten Informationen binnen 12 Monaten ab dem in Artikel 9 Absatz 2 genannten Tag erteilt, so endet die Widerrufsfrist 14 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten hat.“
Mit der Regelung des Art. 10 I VRRL wird die Heininger-Entscheidung des EuGH korrigiert. Diese Höchstfrist von 12 Monaten weicht ab vom Regime der Time-Sharing-, der Verbraucherkreditrichtlinie und der Richtlinie über Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen und führt für Haustürgeschäfte zu einer wesentlichen Verkürzung des Verbraucherschutzes (bisher ewiges Widerrufsrecht). Diese Regelung wird auch offen kritisiert,156 namentlich da die Verlängerung der Widerrufsfrist nur sinnvoll ist, wenn der Verbraucher auch irgendwann von seinem Widerrufsrecht erfährt. Im Interesse der Rechtssicherheit muss der Verbraucherschutz hier jedoch zurücktreten. Zudem würde eine Rückabwicklung nach jahrelanger Nutzung der Sache oder Dienstleistung auch zu erheblichen Schwierigkeiten führen. b) Umsetzung in Deutschland Nach § 356 III BGB verkürzt sich für deutsche Verbraucher die Widerrufsfrist zu ihren Ungunsten von der ewigen auf eine 12-monatige Höchstfrist, wenn keine oder keine ordnungsgemäße Belehrung stattgefunden hat.157 Anderes gilt nur noch für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen. Zudem führte bisher jede Verletzung der Informationspflichten zur Verlängerung der Widerrufsfrist. Jetzt ist nur noch die fehlende Widerrufsbelehrung relevant.158 c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-21-1 Cconsom übernimmt die Regelung zur 12-monatigen Fristverlängerung im Falle unterlassener Widerrufsbelehrung. 156 Micktitz/Reich, EuZW 2009, 279, 295; Hall/Howells/Watson, ERCL 2/2012, 139, 142 f., 157; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 547; Boucard, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 39, 50. 157 Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 284; Schinkels, JZ 2009, 774, 776; Unger, ZEuP 2012, 270, 289. 158 Dies als äußerst problematisch betrachtend Wendehorst, NJW 2014, 577, 582; Tamm, VuR 2014, 9, 14.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Für französische Verbraucher hat sich die Höchstfrist des Widerrufs von drei auf 12 Monate verlängert (vgl. Art. L. 121-20 Cconsom). Fraglich ist, ob die Vollharmonisierung andere Sanktionen, wie die Nichtigkeit des Vertrags bei fehlender Information über das Widerrufsrecht, noch zulässt.159 In Anbetracht des Art. 24 VRRL, der die Ausgestaltung der Sanktionen ausdrücklich den Mitgliedstaaten überlässt, scheint dies jedoch zu bejahen zu sein. 3. Ausübung des Widerrufsrechts Bisher gab es keine Regelung auf EU-Ebene hinsichtlich der Ausübung des Widerrufsrechts. a) Vorgaben der VRRL Erwägungsgrund 44: „Durch Unterschiede in der Art. und Weise der Ausübung des Widerrufsrechts in den Mitgliedstaaten sind den im grenzüberschreitenden Handel tätigen Unternehmern Kosten entstanden. Die Einführung eines harmonisierten Musterformulars für den Widerruf, das der Verbraucher benutzen kann, sollte das Widerrufsverfahren vereinfachen und für Rechtssicherheit sorgen. Aus diesen Gründen sollten die Mitgliedstaaten über das unionsweit einheitliche Musterformular hinaus keine weiteren Anforderungen an die optische Gestaltung des Widerrufs – etwa in Bezug auf die Schriftgröße – stellen. Dem Verbraucher sollte es jedoch nach wie vor freistehen, den Vertrag mit seinen eigenen Worten zu widerrufen, vorausgesetzt, seine an den Unternehmer gerichtete Erklärung, aus der seine Widerrufsentscheidung hervorgeht, ist unmissverständlich. Diese Anforderung könnte durch einen Brief, einen Telefonanruf oder durch die Rücksendung der Waren, begleitet von einer deutlichen Erklärung, erfüllt sein; die Beweislast, dass der Widerruf innerhalb der in der Richtlinie festgelegten Fristen erfolgt ist, sollte jedoch dem Verbraucher obliegen. Aus diesem Grund ist es im Interesse des Verbrauchers, für die Mitteilung des Widerrufs an den Unternehmer einen dauerhaften Datenträger zu verwenden.“ Art. 11: „(1) Der Verbraucher informiert den Unternehmer vor Ablauf der Widerrufsfrist über seinen Entschluss, den Vertrag zu widerrufen. Der Verbraucher kann zu diesem Zweck entweder a) das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B verwenden oder b) eine entsprechende Erklärung in beliebiger anderer Form abgeben, aus der sein Entschluss zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgeht. Die Mitgliedstaaten legen für das Muster-Widerrufsformular keine weiteren Formvorschriften außer den in Anhang I Teil B genannten fest. (2) Die in Artikel 9 Absatz 2 und in Artikel 10 genannte Widerrufsfrist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Mitteilung über die Ausübung des Widerrufsrechts vor Ablauf der Widerrufsfrist absendet. 159
Aubert de Vincelles, RDC 2011 n8 4, p. 1224, 1228.
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(3) Der Unternehmer kann dem Verbraucher zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Möglichkeiten auch die Wahl einräumen, entweder das Muster-Widerrufsformular des Anhangs I Teil B oder eine entsprechende eindeutige Erklärung in beliebiger anderer Form auf der Webseite des Unternehmers elektronisch auszufüllen und abzuschicken. In diesen Fällen hat der Unternehmer dem Verbraucher unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger eine Bestätigung über den Eingang eines solchen Widerrufs zu übermitteln. (4) Die Beweislast für die Ausübung des Widerrufsrechts nach diesem Artikel obliegt dem Verbraucher.“
Ein Widerruf durch einfache Rücksendung der Ware ist somit nicht mehr möglich und die neue Regelung ist also als eine Einschränkung des Verbraucherschutzes zu werten. Andererseits ist die Textform für den Widerruf nicht mehr zwingend. Kritisiert werden das Muster-Widerrufsformular160 und die Online-Widerrufsmöglichkeit161 wegen der Umständlichkeit der Formulierung, die die Erfassung jeglicher erdenklicher Sachverhalte mit sich bringt. Doch trotzt der schwierigen Formulierung ist eine Standardisierung der Widerrufsmöglichkeiten in der EU sowohl für die Unternehmer, die nur noch eine Version eines Wiederrufsformulars zur Verfügung stellen müssen, als auch für die Verbraucher, die wiederum auf ein vertrautes Muster zurückgreifen können, insgesamt als positiv zu bewerten. b) Umsetzung in Deutschland Nach § 355 I 2, 3 BGB ist eine Erklärung gegenüber dem Unternehmer erforderlich, aus der der Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgeht. Eine mündliche Erklärung dürfte angesichts des Wortlauts der Richtlinie („Absendung“)162 ausgeschlossen sein.163 § 356 I BGB gibt dem Unternehmer die Möglichkeit, dem Verbraucher einen Widerruf durch Nutzung des Muster-Widerrufsformulars oder einer anderen Erklärungsmöglichkeit auf der Webseite des Unternehmers auszuüben. Macht der Verbraucher von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss der Unternehmer dem Verbraucher den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger bestätigen. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-21-2 Cconsom setzt die Ausübungsmodalitäten des Widerrufs in Einklang mit Art. 11 VRRL um. Eine Widerrufserklärung durch Einschreiben mit 160
Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 289; Föhlisch, MMR 2009, 75, 78. Föhlisch, MMR 2009, 75, 78. 162 Art. 11 II VRRL. 163 Ausführlich hierzu Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545; dagegen Martinek, Staudinger/ Eckpfeiler, BGB Aktuell 2014/2015, Rn. 53, der sich auf Erwägungsgrund 44 VRRL beruft. 161
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Rückschein ist somit nicht mehr erforderlich, wobei dies aus Beweisgründen dennoch weiterhin zu empfehlen ist.164 Es fehlt allerdings die Umsetzung der Regelung, wonach die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung für den Fristbeginn genügt (vgl. Art. 11 Nr. 2 VRRL). Dies muss wohl in richtlinienkonformer Auslegung hineingelesen werden. d) Schlussfolgerung hinsichtlich Ausübung des Widerrufsrechts Liest man dieses Detail in die französische Regelung hinein, so ergeben sich in Deutschland und Frankreich die exakt selben Widerrufsausübungsmodalitäten. Dies stellt eine Verbesserung zur vorherigen unterschiedlichen Rechtslage dar.165 4. Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall a) Vorgaben der VRRL Art. 13: „(1) Der Unternehmer hat alle Zahlungen, die er vom Verbraucher erhalten hat, gegebenenfalls einschließlich der Lieferkosten, unverzüglich und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab dem Tag zurückzuzahlen, an dem er gemäß Artikel 11 über den Entschluss des Verbrauchers informiert wird, den Vertrag zu widerrufen. Der Unternehmer nimmt die Rückzahlung gemäß Unterabsatz 1 unter Verwendung desselben Zahlungsmittels vor, das vom Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt wurde, es sei denn, mit dem Verbraucher wurde ausdrücklich etwas anderes vereinbart, und vorausgesetzt, für den Verbraucher fallen infolge einer solchen Rückzahlung keine Kosten an. (2) Unbeschadet des Absatzes 1 ist der Unternehmer nicht verpflichtet, zusätzliche Kosten zu erstatten, wenn sich der Verbraucher ausdrücklich für eine andere Art. der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene, günstigste Standardlieferung entschieden hat. (3) Bei Kaufverträgen kann der Unternehmer die Rückzahlung verweigern, bis er die Waren wieder zurückerhalten hat oder bis der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren zurückgeschickt hat, je nachdem, welches der frühere Zeitpunkt ist, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen.“
Neu ist das Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers, wobei kein reziprokes Zurückbehaltungsrecht des Verbrauchers vorgesehen ist.166
164
Rzepecki, Gaz. Pal. 2014 n8114, p. 15; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 273. 165 Vgl. Teil 2, B. I. 3. b) und II. 3. b). 166 Vgl. hierzu Popova, ZJS 2013, 552, 553 f., die hierin eine ungerechtfertigte Schlechterstellung des Verbrauchers sieht; ähnlich auch Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 548.
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Da die Gefahrtragung in der Richtlinie selbst nicht geregelt ist, bleibt es den nationalen Gesetzgebern überlassen, diese zu regeln. Dies wird aber folglich zu unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten führen.167 b) Umsetzung in Deutschland § 355 III BGB statuiert die allgemeine Pflicht, im Falle des Widerrufs die empfangenen Leistungen unverzüglich zurückzugewähren. Zur Wahrung einer etwaigen Höchstfrist für die Rückgewähr genügt für den Verbraucher die rechtzeitige Absendung der Waren. Der Unternehmer trägt beim Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren. In § 357 BGB sind spezifische Rechtsfolgen des Widerrufs von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen geregelt. Nach Absatz 1 sind die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurückzugewähren. Die bisher nicht umgesetzte zeitliche Rückzahlungsbegrenzung musste jetzt aufgrund des vollharmonisierenden Art. 13 I VRRL eingeführt werden. In Absatz 2 wird die Verpflichtung des Unternehmers, auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren, geregelt. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat. Damit ist nun keine richtlinienkonforme Auslegung mehr erforderlich, um die bisher von der Rechtsprechung vertretene Ansicht, die Hinsendekosten als Schadensposten und nicht als vom Unternehmer empfangene Leistung i.S.d. § 346 I BGB anzusehen,168 für Fernabsatzverträge einzuschränken.169 Absatz 3 konkretisiert die Rückzahlungspflicht des Unternehmers und verlangt die Verwendung desselben Zahlungsmittels, das der Verbraucher verwendet hat. In Absatz 4 wird dem Unternehmer bei einem Verbrauchsgüterkauf ein Zurückbehaltungsrecht gewährt, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen. Der Verbraucher ist nach Absatz 5 nicht verpflichtet, die empfangenen Waren zurückzusenden, wenn der Unternehmer angeboten hat, die Waren abzuholen. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-21-4 Cconsom übernimmt die Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall und ergänzt die Regelung des Art. 13 VRRL mit der Festlegung der 167 168 169
BT-Drucks. 17/12637, S. 60. Siehe hierzu Teil 2, B. I. 3. c). Vgl. Unger, ZEuP 2012, 270, 291.
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Verzugszinsen auf den Basiszinssatz, wenn die Rückgewährung der Zahlungen innerhalb von 10 Tagen nach Fristablauf erfolgt, auf 5 %, wenn der Verzug zwischen 10 und 20 Tage beträgt, auf 10 %, wenn der Verzug zwischen 20 und 30 Tage beträgt, von 20 % wenn der Verzug zwischen 30 und 60 Tage beträgt und von 50 %, wenn der Verzug zwischen 60 und 90 Tage beträgt, und von zusätzlichen 5 % für jeden weiteren Verzugsmonat bis zum Preis der Ware oder Dienstleistung und danach in Höhe des Basiszinssatzes (al. 3). Die Rückzahlungsfrist verkürzt sich für französische Unternehmer von 30 auf 14 Tage. d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Pflichten des Unternehmers im Widerrufsfall Insgesamt folgt aus dem Widerruf des Verbrauchers für den Unternehmer sowohl in Deutschland als auch in Frankreich die Pflicht zur Rückgewähr der empfangenen Leistungen einschließlich etwaiger Zahlungen innerhalb von 14 Tagen. Dies führt zu einer Vereinheitlichung der Rechtslage, da vorher in Deutschland keine genaue Frist für die Rückgewähr geregelt war und in Frankreich demgegenüber 30 Tage maßgebend waren. Vor allem die Regelung der Rückgewähr von Zahlungen schafft Rechtsklarheit in der Union, da durch die ausdrückliche Regelung nicht mehr auf eine richtlinienkonforme Auslegung im Lichte der Heine-Entscheidung zurückgegriffen werden muss. 5. Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall a) Vorgaben der VRRL Art. 14: „(1) Der Verbraucher hat die Waren unverzüglich und in jedem Fall spätestens nach 14 Tagen ab dem Tag, an dem er dem Unternehmer gemäß Artikel 11 seinen Entschluss mitgeteilt hat, den Vertrag zu widerrufen, an den Unternehmer oder eine von diesem zur Entgegennahme der Waren ermächtigte Person zurückzusenden oder zu übergeben, es sei denn, der Unternehmer hat angeboten, die Waren selbst abzuholen. Die Frist ist gewahrt, wenn der Verbraucher die Waren vor Ablauf der Frist von 14 Tagen absendet. Der Verbraucher hat nur die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren zu tragen, es sei denn, der Unternehmer hat sich bereit erklärt, diese Kosten zu tragen oder der Unternehmer hat es unterlassen, den Verbraucher darüber zu unterrichten, dass er diese Kosten zu tragen hat. Im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind, holt der Unternehmer die Waren auf eigene Kosten ab, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie normalerweise nicht per Post zurückgesandt werden können.
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(2) Der Verbraucher haftet für einen etwaigen Wertverlust der Waren nur, wenn dieser Wertverlust auf einen zur Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist. Der Verbraucher haftet in keinem Fall für den Wertverlust der Waren, wenn er vom Unternehmer nicht gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe h über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. (3) Übt ein Verbraucher das Widerrufsrecht aus, nachdem er ein Verlangen gemäß Artikel 7 Absatz 3 oder Artikel 8 Absatz 8 erklärt hat, so zahlt er dem Unternehmer einen Betrag, der verhältnismäßig dem entspricht, was bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher den Unternehmer von der Ausübung des Widerrufsrechts unterrichtet, im Vergleich zum Gesamtumfang der vertraglich vereinbarten Leistungen geleistet worden ist. Der anteilige Betrag, den der Verbraucher an den Unternehmer zu zahlen hat, wird auf der Grundlage des vertraglich vereinbarten Gesamtpreises berechnet. Ist der Gesamtpreis überhöht, so wird der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet. (4) Der Verbraucher hat nicht aufzukommen für: a) Dienstleistungen, die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, oder von Fernwärme, die während der Widerrufsfrist ganz oder teilweise erbracht wurden, wenn i) der Unternehmer es unterlassen hat, die Informationen gemäß Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben h oder j bereitzustellen oder ii) der Verbraucher nicht ausdrücklich gemäß Artikel 7 Absatz 3 und Artikel 8 Absatz 8 verlangt hat, dass die Erbringung der Leistung während der Widerrufsfrist beginnen soll, oder b) die vollständige oder teilweise Bereitstellung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn i)
der Verbraucher sich nicht zuvor ausdrücklich damit einverstanden erklärt hat, dass die Erfüllung des Vertrags vor Ablauf der Frist von 14 Tagen gemäß Artikel 9 beginnt, oder
ii) der Verbraucher nicht zur Kenntnis genommen hat, dass er mit seiner Zustimmung sein Widerrufsrecht verliert, oder iii) der Unternehmer es unterlassen hat, eine Bestätigung gemäß Artikel 7 Absatz 2 oder Artikel 8 Absatz 7 zur Verfügung zu stellen. (5) Sofern in Artikel 13 Absatz 2 und diesem Artikel nichts anderes vorgesehen ist, kann der Verbraucher aufgrund der Ausübung seines Widerrufsrechts nicht in Anspruch genommen werden.“
Nach Absatz 1 gerät der der Verbraucher somit automatisch nach 14 Tagen in Verzug.170 In Absatz 2 wurde die Messner-Rechtsprechung des EuGH verankert.171 Der Verbraucher soll so gestellt werden, als hätte er die Ware regulär im Laden gekauft.172 170 171 172
Föhlisch, MMR 2009, 75, 78. EuGH v. 3. 9. 2009, Rs. C-489/07, Slg. 2009, I-7315 – Messner. Erwägungsgrund 43 der VRRL.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Schwierig erscheint weiterhin die Abgrenzung zwischen Prüfung und weitergehender Nutzung der Ware. Da beim zufälligen Untergang der Ware wohl kein „Umgang“ mit der Sache vorliegt, muss der Verbraucher hierfür keinen Wertersatz leisten.173 Voraussetzung für die Wertersatzpflicht ist eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung, die aber anders als bisher keine ausdrücklichen Hinweis auf eine etwaige Wertersatzpflicht enthalten muss.174 Die Regelung des Absatz 3 wird teilweise für Haustürgeschäfte als unangemessen betrachtet, da der Verbraucher hier unter Umständen einen anteiligen Betrag zahlen muss, obwohl er unter psychologischem Druck den Vertrag geschlossen hat und sich unter diesem Druck zu einer sofortigen Leistungserbringung hat überreden lassen.175 b) Umsetzung in Deutschland Nach § 357 VI BGB trägt der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Waren, wenn er hierüber unterrichtet wurde, außer der Unternehmer hat sich bereit erklärt, die Kosten zu übernehmen. Eine Ausnahme gilt bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen, bei denen die Waren zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Wohnung des Verbrauchers geliefert worden sind. In diesem Fall ist der Unternehmer verpflichtet, die Waren auf eigene Kosten abzuholen, wenn die Waren so beschaffen sind, dass sie nicht per Post zurückgesandt werden können. Hier wird das Kostentragungsprinzip also umgekehrt: bislang hatte grundsätzlich der Unternehmer die Rücksendekosten zu tragen. Aufgrund der Vollharmonisierung musste auch diese Regelung zwingend geändert werden. Auch die 40-Euro-Klausel ist gestrichen worden.176 § 357 VII BGB regelt die Wertersatzpflicht des Verbrauchers. Diese besteht nur, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war, und der Unternehmer den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat. Dies entsprach bereits geltender Rechtslage, wobei in Deutschland die Belehrung bisher nicht nur über das Widerrufsrecht, sondern auch über die Widerrufsfolgen erforderlich war. Angesichts der Vollharmonisierung musste dies geändert werden. Nach § 357 VIII BGB schuldet der Verbraucher beim Widerruf eines Vertrags über die Erbringung von Dienstleistungen dem Unternehmer Wertersatz für die bis 173
Unger, ZEuP 2012, 270, 293. Vgl. Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 18. 175 Hall/Howells/Watson, ERCL 2/2012, 139, 161. 176 Diese Regelung wird teilweise als Entwertung des Widerrufsrechts gesehen, vgl. Tacou, ZRP 2009, 140, 141. 174
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zum Widerruf erbrachte Leistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich (Aufforderung auf einem dauerhaften Datenträger) verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und er über die Wertersatzpflicht informiert wurde. Beim Widerruf eines Vertrags über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, hat der Verbraucher nach § 357 IX BGB keinen Wertersatz zu leisten. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-21-3 Cconsom übernimmt die Regelungen aus Art. 14 I und II VRRL über die Rückgewährpflicht und Tragung der Rücksendekosten. Art. L. 121-21-5 Cconsom entspricht Art. 14 III VRRL und regelt die anteilige Zahlungspflicht des Verbrauchers, wenn die Leistung auf sein Verlangen vor Ende der Widerrufsfrist begonnen wurde. Allerdings fehlt die Umsetzung des Art. 14 III a.E., wonach bei überhöhtem Gesamtpreis der anteilige Betrag auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung berechnet wird. Die Rechtsprechung wird also gezwungen sein, Art. L. 121-21-5 Cconsom richtlinienkonform dahingehend auszulegen.177 Die Umsetzung von Art. 14 Nr. IV a) VRRL hinsichtlich der Wasser-, Gas- und Stromlieferungsverträge findet sich in Art. L. 121-21- al. 3 Cconsom. Art. L. 121-21-6 Cconsom entspricht Art. 14 IV b) VRRL für digitale Inhalte. d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall Auch hinsichtlich der Pflichten des Verbrauchers im Widerrufsfall hat die VRRL eine Vereinheitlichung gebracht. Insbesondere hinsichtlich der Rücksendekosten und der Wertersatzpflicht, die vorher uneinheitlich bzw. gar nicht geregelt waren,178 stellt dies also Rechtsklarheit her und daher eine Verbesserung dar.
177
Vgl. hierzu Aubert de Vincelles, RDC 2014 n8 3, p. 456.114-1. Wertersatz wurde für Haustürgeschäfte gar nicht (da grds. jeglicher Leistungsaustausch vor Ende der Widerrrufsfrist untersagt war) und im Fernabsatzrecht nach den allgemeinen Grundsätzen des Code civil gewährt, vgl. Teil 2, B. II. 3. c). 178
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
6. Wirkungen des Ausübung des Widerrufsrechts auf akzessorische Verträge a) Vorgaben der VRRL Nach Art. 2 Nr. 15 ist ein „akzessorischer Vertrag“ ein „Vertrag, mit dem der Verbraucher Waren oder Dienstleistungen erwirbt, die im Zusammenhang mit einem Fernabsatzvertrag oder einem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag stehen und bei dem diese Waren oder Dienstleistungen von dem Unternehmer oder einem Dritten auf der Grundlage einer Vereinbarung zwischen diesem Dritten und dem Unternehmer geliefert oder erbracht werden.“
Diese Definition ist hinsichtlich der Darlehensverträge sehr undeutlich.179 Auch die Voraussetzung der wirtschaftlichen Einheit, wie sie in § 358 III BGB festgelegt ist, enthält die VRRL nicht. Art. 15: „(1) Unbeschadet des Artikels 15 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge (1) werden, wenn der Verbraucher sein Recht auf Widerruf eines im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags gemäß den Artikeln 9 bis 14 dieser Richtlinie ausübt, auch alle akzessorischen Verträge automatisch beendet, ohne dass dem Verbraucher dafür Kosten entstehen dürfen, außer solchen, die gemäß Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 14 dieser Richtlinie vorgesehen sind. (2) Die Mitgliedstaaten legen die Einzelheiten bezüglich der Beendigung dieser Verträge fest.“
Dies dient nicht gerade der Rechtssicherheit,180 da die Beendigung der akzessorischen Verträge weiterhin in den Mitgliedstaaten unterschiedlich gehandhabt wird. b) Umsetzung in Deutschland Wie bisher ist in § 358 BGB der Widerrufsdurchgriff bei verbundenen Verträgen geregelt. Die einzige inhaltliche Änderung ist in § 358 IV 2 und 3 BGB zu sehen: hier wurde eine Sonderregelung für die Rückabwicklung eines Vertrags über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträge befindlichen digitalen Inhalten, der mit einem widerrufenen Verbraucherdarlehensvertrag verbunden ist, eingeführt. Ansonsten sind die Änderungen in § 358 BGB nur sprachlicher Natur. Die in § 359 BGB geregelten Einwendungen bei verbundenen Verträgen haben keine inhaltlichen Änderungen erfahren.
179 180
So auch Effer-Uhe/Watson, GPR 2009, 7, 10. Hall/Howells/Watson, ERCL 2/2012, 139, 162.
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Neugefasst wurde § 360 BGB, der nunmehr einen Widerrufsdurchgriff für „zusammenhängende Verträge“, die bisher an verschiedenen Stellen im BGB verteilt waren (§§ 312f, 359a I, II, 485 III BGB), zusammenführt. Der nach § 360 II 1 BGB erforderliche „Bezug“ zwischen dem widerrufenen und dem zusammenhängendem Vertrag ist weniger streng auszulegen als die Voraussetzungen eines verbundenen Vertrags i.S.d. § 358 III BGB. So reicht es beispielsweise, wenn die Vertragsurkunden aufeinander Bezug nehmen.181 c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-21-7 al. 2 Cconsom entspricht Art. 15 I VRRL und sieht die automatische Auflösung jedes akzessorischen Vertrags bei Widerruf eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrags oder Fernabsatzvertrags vor. Die Regelungen des crédit affecté182 wurden durch die Umsetzung der VRRL nicht geändert.183 d) Schlussfolgerung hinsichtlich der Widerrufsfolgen auf akzessorische Verträge Durch Art. 15 VRRL wurden die Voraussetzungen für die Auflösung eines akzessorischen Vertrags erleichtert, da nunmehr sowohl in Deutschland in § 360 BGB als auch in Frankreich in Art. L. 121-21-7 Cconsom die Anforderungen an die Verbundenheit der Verträge (im Verhältnis zu § 358 IV BGB und Art. 311-1 98 Cconsom, die eine wirtschaftliche Einheit voraussetzen) gelockert wurden. Insgesamt führt die Umsetzung des Art. 15 I VRRL zu einer Vereinheitlichung der Regelungen in Deutschland und Frankreich, da die strengeren Voraussetzungen in Art. 311-24 Cconsom184 für eine Auflösung des akzessorischen Vertrags i.S.d. Art. L. 121-21-7 Cconsom nicht erfüllt sein müssen. 7. Ausnahmen vom Widerrufsrecht a) Vorgaben der VRRL Art. 16: „Die Mitgliedstaaten sehen bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht nach den Artikeln 9 bis 15 vor, wenn
181
Vgl. Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 61, Fn. 446. Vgl. Teil 2, B. II. 4. 183 Das Problem des Verhältnisses dieser Regelung zum „crédit affecté“ aufzeigend Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 11. 184 Vgl. Teil 2, B. II. 4. 182
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a) bei Dienstleistungsverträgen die Dienstleistung vollständig erbracht worden ist, wenn der Unternehmer die Erbringung mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers und dessen Kenntnisnahme, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, begonnen hatte; b) Waren oder Dienstleistungen geliefert werden, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat und die innerhalb der Widerrufsfrist auftreten können; c) Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind; d) Waren geliefert werden, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum schnell überschritten würde; e) versiegelte Waren geliefert werden, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder aus Hygienegründen nicht zur Rückgabe geeignet sind und deren Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde; f)
Waren geliefert werden, die nach der Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden;
g) alkoholische Getränke geliefert werden, deren Preis beim Abschluss des Kaufvertrags vereinbart wurde, deren Lieferung aber erst nach 30 Tagen erfolgen kann und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat; h) es sich um Verträge handelt, bei denen der Verbraucher den Unternehmer ausdrücklich zu einem Besuch aufgefordert hat, um dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten vorzunehmen; erbringt der Unternehmer bei einem solchen Besuch weitere Dienstleistungen, die der Verbraucher nicht ausdrücklich verlangt hat, oder liefert er Waren, die bei der Instandhaltung oder Reparatur nicht unbedingt als Ersatzteile benötigt werden, so steht dem Verbraucher in Bezug auf diese zusätzlichen Dienstleistungen oder Waren ein Widerrufsrecht zu; i)
Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung geliefert wurden und die Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde;
j)
Zeitungen, Zeitschriften oder Illustrierte geliefert werden, mit Ausnahme von Abonnement-Verträgen über die Lieferung solcher Publikationen;
k) Verträge auf einer öffentlichen Versteigerung185 geschlossen werden; l)
Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung zu anderen Zwecken als zu Wohnzwecken, Beförderung von Waren, Mietwagen, Lieferung von Speisen und Getränken sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen erbracht werden und der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht;
185 Art. 2 Nr. 13: „öffentliche Versteigerung“ eine Verkaufsmethode, bei der der Unternehmer Verbrauchern, die bei der Versteigerung persönlich anwesend sind oder denen diese Möglichkeit gewährt wird, Waren oder Dienstleistungen anbietet, und zwar in einem vom Versteigerer durchgeführten, auf konkurrierenden Geboten basierenden transparenten Verfahren, bei dem der Bieter, der den Zuschlag erhalten hat, zum Erwerb der Waren oder Dienstleistungen verpflichtet ist.
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m) digitale Inhalte geliefert werden, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, wenn die Ausführung mit vorheriger ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers und seiner Kenntnisnahme, dass er hierdurch sein Widerrufsrecht verliert, begonnen hat.“
Zwar sollte der Verbraucher vom Unternehmer auf das Bestehen des Widerrufsrechts hingewiesen werden, sodass er sich mit dem Ausnahmekatalog grundsätzlich nicht auseinandersetzen muss. Doch gerade in den Fällen, in denen eine solche Information pflichtwidrig unterlassen wird und der Verbraucher sich selbst erkundigen muss, ist dieser lange Ausnahmekatalog nicht gerade förderlich für den Verbraucher, der sich in dieser langen Liste erst einmal zurecht finden muss, wenn er denn überhaupt dazu kommt, diesen zu lesen. Aber auch für die Unternehmer führen die unübersichtlichen Ausnahmekataloge zu einem Mehraufwand. Zudem wächst die Unsicherheit hinsichtlich des Bestehens eines Widerrufsrechts, wenn es doch zahlreiche Ausnahmen hiervon gibt. Insbesondere die Klausel zu den alkoholischen Getränken (Art. 16g) VRRL) wird als Ergebnis eines starken Lobbyismus kritisiert.186 Öffentliche Versteigerungen sind nicht mehr gänzlich aus dem Anwendungsbereich ausgeschlossen, wie im Rahmen der FARL. Für öffentliche Versteigerungen ist nunmehr nur noch das Widerrufsrecht ausgeschlossen. Unionsweit besteht somit ab Umsetzung der VRRL ein Widerrufsrecht bei klassischen Online-Auktionen wie Ebay, da diese gerade keine öffentlichen Versteigerungen im Sinne des Art. 16 k) VRRL darstellen. Bei digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellt werden, folgt das Widerrufrecht grundsätzlich dem Regime der Dienstleistungsverträge (siehe oben Art. 9 c)). Allerdings endet das Widerrufsrecht abweichend von den Vorschriften für Dienstleistungen bereits, wenn mit der Ausführung begonnen wurde und nicht erst, wenn diese abgeschlossen ist. b) Umsetzung in Deutschland Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht in § 312g II, III BGB entsprechen weitgehend den bisherigen Ausnahmen aus der Fernabsatzrichtlinie, wobei einige Neuerungen hinzugetreten sind.187 Neu ist beispielsweise § 312g II Nr. 3 BGB, der einen Ausschluss des Widerrufsrechts für Verträge zur Lieferung versiegelter Waren vorsieht, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde. Zusammen mit § 312g II Nr. 4 BGB, dem Ausschluss für Verträge zur Lieferung von Waren, wenn diese nach der Lieferung auf Grund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt 186 Dafür Föhlisch, MMR 2009, 75, 79; Heinig, MDR 2012, 323, 325; Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 448, 449. 187 Schmidt/Brönneke, VuR 2013, 449; Hohlweger/Ehmann, GWR 2014, 211, 212.
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wurden, sollen sie den bisher zu unbestimmten Ausschluss wegen beschaffenheitsbedingter Ungeeignetheit der Rücksendung in § 312d IV Nr. 1 Var. 3 a.F. BGB ersetzen.188 Bei Internet-Auktionen wie Ebay bestand nach Ansicht des BGH bisher ein Widerrufsrecht, wenn diese nicht wie in § 312d IV Nr. 5 a.F. i.V.m. § 156 BGB vorausgesetzt durch Zuschlag, sondern durch Angebot und Annahme zustande kamen.189 Nach § 312g II 1 Nr. 10 BGB gilt der Ausschluss des Widerrufsrechts heute nur noch für öffentlich zugängliche Versteigerungen, sodass für InternetAuktionen weiterhin ein Widerrufsrecht bestehen bleibt.190 Wichtig erscheint auch der Ausschluss des Widerrufsrechts für Verträge über dringende Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten in § 312g II Nr. 11 BGB. Nach Absatz 3 des § 312g BGB ist das Widerrufsrecht ebenfalls ausgeschlossen, wenn dem Verbraucher bereits aufgrund anderer Vorschriften ein Widerrufsrecht zusteht. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 121-21-8 Cconsom übernimmt alle Ausnahmen des Widerrufsrechts aus Art. 16 VRRL. d) Schlussfolgerung hinsichtlich Ausnahmen vom Widerrufsrecht Die Ausnahmen vom Widerrufsrecht waren bereits nach Umsetzung der FARL weitestgehend vereinheitlicht worden.191 Rechtsklarheit wurde mit der Umsetzung der VRRL insbesondere hinsichtlich des Ausschlusses öffentlicher Versteigerungen geschaffen. In der FARL war ein gänzlicher Ausschluss von Versteigerungen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie vorgesehen. Deutschland hatte sich, anders als Frankreich, nur für den Ausschluss des Widerrufsrechts entschieden.192 Die VRRL folgt dem deutschen Vorbild, sodass es in diesem Bereich zu einer Angleichung der Vorschriften in Deutschland und Frankreich kommt.
188 189 190 191 192
Vgl. Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 71; Hohlweger/Ehmann, GWR 2014, 211, 212. Siehe hierzu Teil 2, B. II. 1. b) bb). So beispielsweise BGH MDR 2005, 132 ff. Vgl. Teil 2, B. II. 3. d). Vgl. Teil 2, B. II. 1. b) bb).
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8. Zusammenfassende Schlussfolgerungen hinsichtlich des Widerrufsrechts Die Umsetzung der VRRL führt nur zu geringen inhaltlichen Veränderungen der Widerrufsregelungen im deutschen Recht (die Frist von 14 Tagen war beispielsweise bereits vorgesehen). In Deutschland existierte auch bereits eine Muster-Widerrufsbelehrung, die jetzt jedoch an die Vorgaben der VRRL angepasst werden musste. Das Rückgaberecht musste jedoch komplett aus dem Gesetz gestrichen werden. Der Widerruf ist heute auch bei Vertragsschlüssen auf „neutralem Boden“193 möglich. Hinsichtlich der Widerrufsfrist und der Ausübung des Widerrufsrechts führt die VRRL weitgehend zu einer Vereinheitlichung in den Mitgliedstaaten. So ist die Frist auf 14 Tage angeglichen worden und auch in Frankreich ist für die Ausübung des Widerrufs ein Einschreiben mit Rückschein nicht mehr erforderlich. Allerdings fehlt in Frankreich die Umsetzung der Regelung, wonach die rechtzeitige Absendung der Widerrufserklärung für den Fristbeginn genügt (vgl. Art. 11 Nr. 2 VRRL). Dieses Umsetzungsdefizit muss durch richtlinienkonforme Auslegung ausgeglichen werden. Art. L. 121-18-2 Cconsom macht von der Option in Art. 9 Nr. 3 VRRL Gebrauch, sodass der Unternehmer bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen grundsätzlich keine Gegenleistung vom Verbraucher vor Ablauf der Widerrufsfrist erhalten darf. Auch hier kommt es also zu einer anderen Regelung als in Deutschland. Zu begrüßen ist die Regelung der Widerrufsfolgen, die bisher fast vollständig in die Hände der Mitgliedstaaten gelegt wurde194 und nur durch Konkretisierung des EuGH etwa in seiner Schulte-Rechtsprechung,195 gewisse Konturen bekam. Art. 14 V VRRL schließt weitergehende Ansprüche gegen den Verbraucher infolge des Widerrufs aus. Dies gilt wohl nicht für den Schadensersatzanspruch gegen den Verbraucher bei Verletzung der Rücksendepflicht (vgl. Art. 3 V und Erwägungsgrund 48 VRRL).196 Insofern kann es wieder zu Unterschieden kommen.
193
Vgl. Hohlweger/Ehmann, GWR 2014, 211, 214. Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 473; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 280. 195 EuGH v. 25. 10. 2005, Rs. C-350/03, Slg. 2005, I-9215 – Schulte. 196 So Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 549; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 24, der etwa eine Analogie zu § 346 IV BGB in Betracht zieht. 194
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IV. Sonstige Verbraucherrechte In den Art. 18 ff. VRRL sind sonstige Verbraucherrechte für Verträge im Sinne des Art. 17 VRRL vorgesehen. Art. 17: „(1) Die Artikel 18 und 20 gelten für Kaufverträge. Diese Artikel gelten nicht für Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden, von Fernwärme oder von digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden. (2) Die Artikel 19, 21 und 22 finden auf Kauf- und Dienstleistungsverträge und Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitalen Inhalten Anwendung.“
1. Lieferung a) Vorgaben der VRRL Erwägungsgrund 51: „Die Hauptschwierigkeiten für die Verbraucher und eine der Hauptquellen für Konflikte mit Unternehmern betreffen die Lieferung von Waren, etwa wenn Waren beim Transport verloren gehen oder beschädigt werden oder zu spät oder unvollständig geliefert werden. Es ist deshalb zweckmäßig, die innerstaatlichen Vorschriften darüber, wann die Lieferung erfolgen sollte, zu klären und zu harmonisieren. Der Ort und die Modalitäten der Lieferung und die Regeln für die Bestimmung der Bedingungen und des Zeitpunkts des Übergangs des Eigentums an den Waren sollten weiterhin dem einzelstaatlichen Recht unterliegen und daher von dieser Richtlinie nicht berührt werden. […]“ Art. 18: „(1) Sofern die Vertragsparteien hinsichtlich des Zeitpunkts der Lieferung nichts anderes vereinbart haben, liefert der Unternehmer die Waren, indem er den physischen Besitz an den Waren oder die Kontrolle über die Waren dem Verbraucher unverzüglich, jedoch nicht später als dreißig Tage nach Vertragsabschluss, überträgt. (2) Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Lieferung der Waren zu dem mit dem Verbraucher vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der in Absatz 1 genannten Frist nicht nachgekommen, so fordert ihn der Verbraucher auf, die Lieferung innerhalb einer den Umständen angemessenen zusätzlichen Frist vorzunehmen. Liefert der Unternehmer die Waren nicht innerhalb dieser zusätzlichen Frist, so ist der Verbraucher berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Unterabsatz 1 gilt nicht für Kaufverträge, wenn sich der Unternehmer geweigert hat, die Waren zu liefern, oder wenn die Lieferung innerhalb der vereinbarten Frist unter Berücksichtigung aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände wesentlich ist oder wenn der Verbraucher dem Unternehmer vor Vertragsabschluss mitteilt, dass die Lieferung bis zu einem bestimmten Datum oder an einem bestimmten Tag wesentlich ist. In diesen Fällen ist der Verbraucher berechtigt, sofort vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer die
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Waren nicht zu dem mit dem Verbraucher vereinbarten Zeitpunkt oder innerhalb der Frist gemäß Absatz 1 liefert. (3) Im Fall des Rücktritts hat der Unternehmer unverzüglich alle gemäß dem Vertrag gezahlten Beträge zurückzuerstatten. (4) Zusätzlich zum Rücktrittsrecht gemäß Absatz 2 können dem Verbraucher andere, nach dem einzelstaatlichen Recht vorgesehene Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen.“ Erwägungsgrund 53: „Neben dem Recht des Verbrauchers, vom Vertrag zurückzutreten, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Lieferung der Waren gemäß dieser Richtlinie nicht nachkommt, kann der Verbraucher gemäß den geltenden einzelstaatlichen Rechtsvorschriften andere Rechtsbehelfe in Anspruch nehmen, beispielsweise dem Unternehmer eine zusätzliche Lieferfrist gestatten, die Erfüllung des Vertrags durchsetzen, Zahlungen zurückhalten und Schadensersatz verlangen.“
b) Umsetzung in Deutschland Im Zuge der Umsetzung der VRRL musste auch § 474 BGB geändert werden. Absatz 1 enthält wie bisher die Definition des Verbrauchsgüterkaufs, der jetzt auch Verträge erfasst, die neben dem Verkauf einer beweglichen Sache auch die Erbringung einer Dienstleistung durch den Unternehmer zum Gegenstand haben. Hierunter fallen vor allem Verträge, in denen die Dienstleistung eine Nebenleistung darstellt.197 Absatz 2 entspricht den vorher in § 474 I BGB enthaltenen Regelungen. Neu eingefügt wurde der Absatz 3, der den Zeitpunkt der Fälligkeit der vertragsmäßigen Hauptleistungspflichten der Parteien des Verbrauchsgüterkaufs regelt. Diese Regelung musste aufgrund der Vollharmonisierung eingeführt werden, denn die Richtlinienvorschrift steht im Widerspruch zu § 271 BGB.198 Das Fristsetzungserfordernis des Art. 18 II Unterabsatz 1 VRRL ist im deutschen Recht schon in §§ 286 und 323 BGB vorgesehen.199 Allerdings ist Art. 18 II Unterabsatz 2 VRRL für Verbrauchsgüterkäufe vollharmonisierend, sodass zumindest für diesen Bereich eine Änderung des § 323 II BGB a.F. erforderlich war.200 Eine Änderung innerhalb der VerbrauchsgüterkaufVorschriften hätte jedoch ausgereicht. Eine Änderung des allgemeinen Schuldrechts war hierfür nicht zwingend und ist somit als überschießende Umsetzung zu qualifizieren.201 197
Vgl. Martinek, Staudinger/Eckpfeiler, BGB Aktuell 2014/2015, Rn. 69. Zur unterschiedlichen Auslegung der Termen „unverzüglich“ und „sofort“ vgl. Tonner, VuR 2013, 443, 447; Beckmann, Staudinger, Vor 433 ff. Rn. 105. 199 Beckmann, Staudinger, Vor 433 ff. Rn. 105. 200 Riehm, NJW 2014, 2065, 2066. 201 Riehm, NJW 2014, 2065, 2066; Kritik hieran bei Wendehorst, NJW 2014, 577, 583. 198
200
Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
§ 323 II Nr. 1 BGB ist gleich geblieben und soll Art. 18 II Var. 1 VRRL umsetzen. Eine richtlinienkonforme Auslegung ist jedoch erforderlich, da eine „ernste und endgültige“ Verweigerung nicht einer einfachen „Weigerung“, wie sie in der vollharmonisierenden Richtlinie als ausreichend betrachtet wird, entspricht.202 § 323 II Nr. 2 BGB wurde geändert, um Art. 18 II Var. 2 und 3 VRRL umzusetzen. Allerdings scheint auch hier eine richtlinienkonforme Auslegung notwendig zu sein, um folgenden Umsetzungsfehler auszugleichen: wo die Richtlinie von einer Lieferung „an einem bestimmten Tag“ spricht, ist in § 323 II Nr. 2 BGB von „bis zu einem … Termin“ die Rede. Daraus folgt, dass die Umsetzungsnorm nur verspätete Lieferungen erfasst, obwohl die Richtlinie auch eine zu frühe Lieferung miteinbezieht.203 In § 323 II Nr. 3 BGB werden vor dem Wort „besondere“ die Worte „im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung“ eingefügt. Hier ist eine Beschränkung von § 323 II Nr. 3 BGB vorgenommen worden: der ausnahmsweise aufgrund einer Interessenabwägung ohne Fristsetzung mögliche Rücktritt ist jetzt auf Fälle der nichtvertragsgemäßen Leistung beschränkt.204 Allerdings müssen hier Korrekturen vorgenommen werden, wenn einer kompletten Nicht-Leistung eine schwere Pflichtverletzung wie beispielsweise eine arglistige Täuschung vorangegangen ist. Die Korrektur kann entweder in Anwendung des § 242 BGB vorgenommen werden,205 oder durch eine Analogie zu § 281 II Alt. 2 BGB206 oder wiederrum durch die Subsumtion unter § 324 BGB207. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 138-1 al. 1 Cconsom statuiert die Pflicht des Unternehmers, seine Lieferung am vereinbarten Tag vorzunehmen. Al. 2 und 3 entsprechen Art. 18 Nr. 1 VRRL und legen die Definition der Lieferung, sowie die Pflicht zur Lieferung spätestens 30 Tage nach Vertragsschluss aus der VRRL zugrunde. Art. L. 138-2 Cconsom führt das Fristsetzungserfordernis bei Nichtlieferung in Einklang mit Art. 18 Nr. 2 VRRL ein. Für die Vertragsauflösung nach Fristsetzung werden über die VRRL hinausgehende formelle Anforderungen gestellt (sowohl Fristsetzung als auch Rücktrittser-
202
Vgl. hierzu ausführlich Riehm, NJW 2014, 2065, 2066. Riehm, NJW 2014, 2065, 2066. 204 Kritisch hierzu Wendehorst, NJW 2014, 577, 583; Riehm, NJW 2014, 2065. 205 Vgl. BR-Drucks. 817/12 S. 96. 206 Nach Riehm, NJW 2014, 2065, 2068 allerdings nur, wenn kein Verbrauchsgüterkauf vorliegt. 207 Vgl. Weiss, NJW 2014, 1212, 1215. 203
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klärung sind mittels Einschreiben mit Rückschein oder mittels schriftlicher Erklärung auf dauerhaften Datenträgern zu erklären). Bisher konnte der Verbraucher bei Überschreitung der Lieferfrist sofort die Auflösung des Vertrags verlangen. Jetzt muss er zunächst eine neue Frist zur Lieferung setzen und kann erst bei Versäumung dieser Nachfrist den Vertrag auflösen. Art. L. 138-3 Cconsom entspricht Art. 18 Nr. 3 VRRL und sieht zusätzlich Verzugszinsen bei verspäteter Rückzahlung vor. Art. L. 121-19-4 Cconsom sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des Unternehmers bei Fernabsatzverträgen vor. Diese Regelung galt bereits im alten Recht und wurde wortgleich transferiert. Die Regelung des Art. L. 121-20-3 al. 2, 3 Cconsom a.F. zur Ersetzungsbefugnis bei Indisponibilität der Ware musste aufgrund der Vollharmonisierung abgeschafft werden. d) Schlussfolgerungen hinsichtlich der Lieferung Die überschießende Umsetzung in § 323 II BGB führt zu unterschiedlichen Anwendungsbereichen der Regelungen zur Lieferung in Deutschland und Frankreich. Ansonsten ist für die Richtlinienkonformität der deutschen Umsetzung wohl eine erweiternde Auslegung des § 323 II Nr. 2 BGB erforderlich. Insgesamt führt die Umsetzung zu einer einheitlichen Regelung der Lieferung und den Voraussetzungen für eine Vertragsauflösung im Falle nicht fristgemäßer Lieferung in Deutschland und Frankreich. 2. Gefahrübergang a) Vorgaben der VRRL Art. 20: „Bei Verträgen, bei denen der Unternehmer die Waren an den Verbraucher versendet, geht das Risiko für einen Verlust oder eine Beschädigung der Waren auf den Verbraucher über, wenn er oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht der Beförderer ist, die Waren in Besitz genommen hat. Unbeschadet der Rechte des Verbrauchers gegenüber dem Beförderer geht das Risiko mit der Übergabe an den Beförderer jedoch auf den Verbraucher über, wenn der Beförderer vom Verbraucher mit der Beförderung der Waren beauftragt wurde und diese Option nicht vom Unternehmer angeboten wurde.“
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
b) Umsetzung in Deutschland Art. 20 S.1 VRRL deckt sich mit § 446 S. 1 BGB.208 Art. 20 S. 2 VRRL bringt jedoch eine Neuerung, die in § 474 IV BGB umgesetzt wurde. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 138-4 und L. 138-5 Cconsom setzen Art. 20 VRRL um und nehmen eine Neuregelung des Gefahrübergangs vor. Dies stellt eine erhebliche Veränderung dar, da in Frankreich der Gefahrübergang bisher grundsätzlich mit dem Vertragsschluss erfolgte. Nach dem Grundsatz „res perit domino“ (Art. 1138 Code civil, Art. L. 132-7 Cconsom) ist allgemein anerkannt, dass der Käufer das Transportrisiko zu tragen hat.209 Die Cour de cassation hat allerdings auf Grundlage des Art. L. 121-20-3 Cconsom entschieden, dass der Unternehmer im Rahmen von Fernabsatzgeschäften das Transportrisiko zu tragen hat.210 Sie betrachtet die Transportperson unter diesen Umständen nicht als Dritten. Die Beweislast für die korrekte Auslieferung trifft den Unternehmer und der Beweis kann nur mithilfe eines Dokuments des Transporteurs erbracht werden.211 Insofern ist zweifelhaft, ob die neue Regelung wirklich einen Vorteil für den Verbraucher mit sich bringt.212 Art. L. 138-6 Cconsom sieht vor, dass die Vorschriften des Kapitels einen ordre public-Charakter haben. d) Schlussfolgerungen hinsichtlich des Gefahrübergangs Die Vorschrift der VRRL zum Gefahrübergang führt zu einer Vereinheitlichung der Rechtslage in Deutschland und Frankreich. Maßgeblich für den Übergang der Gefahr auf den Verbraucher mit Aushändigung an den Transporteur ist nunmehr, ob der Transporteur vom Unternehmer oder vom Verbraucher beauftragt worden ist. In Frankreich wird die bisher von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme vom Grundsatz des Gefahrübergangs mit Vertragsschluss endlich gesetzlich verankert, was zu mehr Rechtssicherheit führt.
208
Beckmann, Staudinger, Vor 433 ff. Rn. 106. Vgl. Aubert de Vincelles, RDC 2009 n82, p. 578 Rn. 17. 210 Cass. Civ. 1re, 13 nov. 2008, Contrats, cons. consom. 2008, comm. 288. 211 CA Paris, 8e ch. B, 6 nov. 1996, Contrats, conc. consom. 1997, comm. 127; Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 10. 212 Le Gac-Pech, Droit et Patrimoine 2014, 236. 209
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3. Entgelte für die Verwendung bestimmter Zahlungsmittel a) Vorgaben der VRRL213 Art. 19: „Die Mitgliedstaaten verbieten Unternehmern, von Verbrauchern für die Nutzung von Zahlungsmitteln Entgelte zu verlangen, die über die Kosten hinausgehen, die dem Unternehmer für die Nutzung solcher Zahlungsmittel entstehen.“
Dies hilft Verbrauchern, da sie beispielsweise bei Online-Bestellungen von Flügen nicht mehr mit weiteren Gebühren für die Nutzung von Kreditkarten, die erst am Ende der Transaktion zum Flugpreis dazukommen, rechnen müssen. Oft sind Verbraucher im Endstadium der Bestellung nämlich abgeneigt, die Buchung abzubrechen, da sie schon einen gewissen Aufwand hierfür betrieben haben.214 b) Umsetzung in Deutschland § 312a IV BGB erklärt eine Vereinbarung, durch die ein Verbraucher verpflichtet wird, ein Entgelt dafür zu zahlen, dass er für die Erfüllung seiner vertraglichen Pflichten ein bestimmtes Zahlungsmittel nutzt, für unwirksam, wenn für den Verbraucher keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit besteht oder das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen. Die erste Alternative wurde zur Kodifizierung der Rechtsprechung des BGH215 im Rahmen der Klauselkontrolle eingefügt und ist in der VRRL nicht angelegt. Da diese Alternative jedoch in den vollharmonisierten Anwendungsbereich der VRRL fällt, stellt sich die Frage nach deren Richtlinienkonformität. Durch eine richtlinienkonforme Auslegung kann jedoch ein zulässiges Ergebnis erzielt werden: Die Regelung des § 312a IV Nr. 1 BGB soll lediglich der Klarstellung dienen und die BGHRechtsprechung zu § 307 BGB kodifizieren. Die Vorschriften des AGB-Rechts sind wiederum nicht Gegenstand der VRRL, sodass keine Richtlinienwidrigkeit festzustellen ist.216 Der Anwendungsbereich des § 312a IV BGB erstreckt sich auf alle in § 312 I, II, III Nr. 4, IV 1, V 2, VI BGB genannten Verträge und reicht somit weit über den Anwendungsbereich des Art. 19 VRRL, der in Art. 17 VRRL festgelegt ist, hinaus.
213 Zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der VRRL zur Zahlungsdiensterichtlinie vgl. Omlor, NJW 2014, 1703, 1704. 214 Hall/Howells/Watson, ERCL 2/2012, 139, 164; Omlor, NJW 2014, 1703. 215 BGH NJW 2010, 2719. 216 So Omlor, NJW 2014, 1703, 1706 f.; für eine Richtlinienkonformität auch SchmidtKessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 29.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Diese Erweiterung über den Anwendungsbereich des Art. 19 VRRL hinaus ist zulässig.217 c) Umsetzung in Frankreich Das Verbot, für die Verwendung eines Zahlungsmittels ein Entgelt zu verlangen, bestand bereits in Art. L. 112-12 Code monétaire et financier und ist nicht auf Verbraucherverträge beschränkt. d) Schlussfolgerungen hinsichtlich Zahlungsmittel Die Umsetzung der Richtlinie führt nur in Deutschland zu Veränderungen, da in Frankreich bereits eine entsprechende Regelung bestand. Hier zeigt sich aber die für französische Rechtsanwender schwierige Aufgabe, mit mehreren Gesetzen hantieren zu müssen. Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich geht der Anwendungsbereich der Regelung über den der VRRL hinaus. Da sich der Anwendungsbereich der Regelung in den Mitgliedstaaten nicht deckt, bleiben Divergenzen – außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie – bestehen. 4. Telefonische Kommunikation a) Vorgaben der VRRL Art. 21: „Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, bei einer telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Unternehmer mehr als den Grundtarif zu zahlen, wenn der Unternehmer eine Telefonleitung eingerichtet hat, um mit ihm im Zusammenhang mit dem geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufzunehmen. Das Recht von Anbietern von Telekommunikationsdiensten, Entgelte für solche Anrufe zu berechnen, bleibt von Unterabsatz 1 unberührt.“
b) Umsetzung in Deutschland In § 312 a V BGB sind die kostenpflichtigen Hotlines insofern ausgeschlossen, als sie sog. Kundenhotlines darstellen. Dies meint Hotlines, die dazu dienen, das Leistungsinteresse aus einem bereits geschlossenen Vertrag zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer zu sichern.218
217
Omlor, NJW 2014, 1703, 1706; vgl. auch Grundmann, JZ 2013, 53; Schmidt-Kessel/ Sorgenfrei, GPR 2013, 242, 250. 218 Müller, MMR 2013, 76, 78, der von einem „unselbständigen Annex“ spricht; Schomburg, VuR 2014, 18, 22.
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Problematisch wird die Anwendung der Vorschrift, wenn der Unternehmer selbst einen überteuerten Preis an den Telekommunikationsdienstleister zahlt, dafür aber sonstige Leistungen vom Telekommunikationsanbieter günstiger bekommt. In diesem Fall schützt § 312a V BGB den Verbraucher nicht.219 Sollte eine unwirksame Vereinbarung nach Satz 1 getroffen worden sein, so muss der Verbraucher nach Satz 2 gar kein Entgelt für das Telefonat bezahlen. Dies trägt der Schwierigkeit Rechnung, als Verbraucher den Anteil des über das Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes hinausgehenden Entgelts zu ermitteln.220 Fraglich ist, ob die Umsetzung von „Grundtarif“ mit „Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes“ nicht eine gewisse Abweichung darstellt. Der Begriff des „Entgelts für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes“ müsste im Zweifel zumindest richtlinienkonform im Sinne von „Grundtarif“ ausgelegt werden. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 113-5 Cconsom sieht bereits eine Regelung vor, nach der nur der Grundtarif verlangt werden kann („ne peut pas être surtaxé“). Gemäß Art. L. 113-6 Cconsom kann bei einem Verstoß ein verwaltungsrechtliches Bußgeld verhängt werden. d) Schlussfolgerungen hinsichtlich telefonischer Kommunikation Die Umsetzung der Richtlinie führt nur in Deutschland zu Veränderungen, da in Frankreich bereits eine entsprechende Regelung bestand. Wenn die deutsche Umsetzungsnorm im Sinne eines Verbots des Zahlungsverlangens über dem Grundtarif zu verstehen ist, so deckt sich das Verbot mit der VRRL und der französischen Regelung. Allerdings sind die Rechtsfolgen in den Mitgliedstaaten unterschiedlich, da das deutsche Recht kein verwaltungsrechtliches Bußgeld kennt. 5. Zusätzliche Zahlungen a) Vorgaben der VRRL Art. 22: „Bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist, hat der Unternehmer die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder Extrazahlung einzuholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht. Hat der Unternehmer vom Verbraucher keine ausdrückliche Zustimmung eingeholt, sondern 219 220
Wendehorst, NJW 2014, 577, 579. Schomburg, VuR 2014, 18, 23.
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
sie dadurch herbeigeführt, dass er Voreinstellungen verwendet hat, die vom Verbraucher abgelehnt werden müssen, wenn er die zusätzliche Zahlung vermeiden will, so hat der Verbraucher Anspruch auf Erstattung dieser Zahlung.“
Vorangeklickte Kästchen auf Internetseiten sind somit verboten. b) Umsetzung in Deutschland Art. 22 VRRL, der eine ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers für zusätzliche Zahlungen fordert, wird in § 312a III BGB umgesetzt. Auch konkludente, beispielsweise durch Schweigen zustande gekommene Vereinbarungen sind hiernach ausgeschlossen.221 § 312a VI BGB stellt klar, dass die Wirksamkeit eines Vertrags im Übrigen nicht durch Verstöße gegen § 312a III-V BGB berührt wird. Mit dieser Regelung wird § 139 BGB ausgeschlossen.222 c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 114-1 Cconsom übernimmt die Regelung des Art. 22 VRRL allerdings nur für Fernabsatzverträge und Haustürgeschäfte. In Art. L. 114-2 Cconsom wird ein Bußgeld von bis zu 3.000 E für natürliche und bis zu 15.000 E für juristische Personen als Sanktion der Verstöße gegen Art. L. 114-1 Cconsom festgelegt. Art. L. 114-3 Cconsom stellt klar, dass die Vorschriften des Kapitels einen ordre public-Charakter haben. Nach der hier vertretenen Ansicht223 kann der Verbraucher bei Verstößen gegen ordre public-Vorschriften weiterhin die Nichtigkeit des Vertrags erwirken. d) Schlussfolgerungen hinsichtlich zusätzlicher Zahlungen Deutschland hat den Anwendungsbereich in § 312a BGB erweitert. In Frankreich gilt die Regelung nur für besondere Vertriebsarten. Ein wichtiger Unterschied ist auch, dass in Deutschland die Wirksamkeit des Vertrags durch Informationspflichtverstöße nicht berührt wird; dies wird in § 312a VI BGB für die Regelungen zu Entgeltvereinbarungen in Absatz 3 bis 5 klargestellt.224 Nur die Entgeltvereinbarung ist ggf. unwirksam.
221 222 223 224
Schomburg, VuR 2014, 18, 19. Vgl. Omlor, NJW 2014, 1703, 1707. Siehe bereits oben Teil 3, B. II. 5. Siehe hierzu bereits oben bei Sanktionen der Informationspflichtverstöße Teil 3, B. II. 4.
B. Konkreter Vergleich der Umsetzungsgesetze
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6. Unbestellte Waren oder Dienstleistungen a) Vorgaben der VRRL Art. 27: „Werden unter Verstoß gegen Artikel 5 Absatz 5 und Anhang I Nummer 29 der Richtlinie 2005/29/EG unbestellte Waren, Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitaler Inhalt geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht, so ist der Verbraucher von der Pflicht zur Erbringung der Gegenleistung befreit. In diesen Fällen gilt das Ausbleiben einer Antwort des Verbrauchers auf eine solche unbestellte Lieferung oder Erbringung nicht als Zustimmung.“
Hier sind weitere Rechtsfolgen des Verstoßes gegen Nr. 29 des Anhangs der UGPRichtlinie geregelt. Der enge Zusammenhang zwischen Verbraucherschutz- und Lauterkeitsrecht wird somit verdeutlicht.225 b) Umsetzung in Deutschland In § 241a I BGB wird das Wort „Sache“ durch „Ware“ ersetzt, ohne dass hierdurch eine inhaltliche Änderung erfolgen soll.226 In der neuen Fassung ist jetzt die Legaldefinition der Waren verortet. Teilweise wird die Verortung als unsystematisch kritisiert.227 Es wird teilweise vertreten, dass der Ausschluss jeglicher Ansprüche gegen den Verbraucher mit dem Vollharmonisierungsansatz der VRRL unvereinbar sei.228 Voraussetzung wäre allerdings, dass Art. 27 VRRL die Ausgestaltung der Rechtsfolgen, die nach Art. 23 und 24 VRRL grundsätzlich den Mitgliedstaaten überlassen ist, abschließend vorsieht. Für eine Abweichung von Art. 23, 24 VRRL ist in Art. 27 VRRL aber nichts ersichtlich, sodass nur vertragliche Ansprüche vom Regelungsbereich des Art. 27 VRRL umfasst sind und somit ein Ausschluss gesetzlicher Ansprüche weiterhin zulässig ist.229 Absatz 2 der Vorschrift bleibt durch die Umsetzung unberührt. Der bisherige § 241a III BGB wird vollständig geändert und enthält anstatt des Ausnahmetatbestands für das Angebot einer der Bestellung gleichwertigen Leistung durch den Unternehmer nunmehr ein Abweichungs- und Umgehungsverbot als
225
De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 870. BT Drucks. 17/12637, S. 37, 44. 227 Nach Schmidt-Kessel, PWW, § 241a Rn. 4a wäre die Regelung besser in den §§ 90 ff. BGB aufgehoben gewesen. 228 Pieckenbrock, GPR 2012, 195, 197; Köhler, JuS 2014, 865, 868 f. spricht sich für eine teleologische Reduktion der Vorschrift aus. 229 Vgl. Schmidt-Kessel, PWW, § 241a Rn. 2; Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014, Rn. 37; dagegen Köhler, JuS 2014, 865, 869 Rn 22. 226
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Umsetzung des Art. 25 VRRL. Aufgrund der Vollharmonisierung und der fehlenden Ausnahmeregelung in der VRRL konnte diese nicht beibehalten werden. c) Umsetzung in Frankreich Art. L. 122-3 Cconsom wurde nur um einen Absatz ergänzt, der Verträge über die Lieferung von Wasser, Gas und Strom mit einbezieht. Ansonsten bleibt es bei der alten Rechtslage.230 Art. R. 122-1 Cconsom verweist für das Verbot und die strafrechtlichen Sanktionen der unbestellten Leistungen auf Art. R. 635-2 Code pénal. d) Schlussfolgerungen hinsichtlich unbestellter Waren oder Dienstleistungen Eine einheitliche Rechtslage in den Mitgliedstaaten wurde durch die Umsetzung der VRRL in diesem Bereich nicht erzielt. Es bleibt nach der hier vertretenen Ansicht beim Ausschluss aller Ansprüche in Deutschland, wohingegen in Frankreich wohl eine Herausgabepflicht des Verbrauchers besteht. Auch besteht in Frankreich weiterhin die strafrechtliche Sanktion in Form eines Bußgeldes.231
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich I. Systematik und Schwächen der Umsetzung 1. Deutschland Die Umsetzung der VRRL stellt den stärksten Eingriff in das Schuldrecht des BGB seit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz von 2001 dar. Untertitel 2 Buch 2 lautet zwar „Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besonderen Betriebsformen“, jedoch bleiben die Verbraucherschutzvorschriften im BGB verteilt. So beispielsweise die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf in §§ 474 ff. BGB und zum Verbraucherdarlehen in §§ 491 ff. BGB. Dennoch gelten einige der in §§ 312 ff. BGB enthaltenen Regelungen auch für diese Vertragsarten. Die fehlende Übersichtlichkeit macht es Rechtsanwendern schwer, die für sie relevanten Verbraucherschutzvorschriften zu erfassen.232 Untertitel 2 mit einer Vorschrift über den Anwendungsbereich zu beginnen, erscheint eine sinnvolle Neuerung.233 Allerdings tragen die verschachtelten Verweisungen innerhalb des § 312 BGB nicht gerade zur Rechtssicherheit bei.234 Die langen 230 231 232 233 234
Vgl. Teil 2, B. II. 6. Vgl. Art. L. 122-12 Cconsom auf den in Art. 122-3 Cconsom verwiesen wird. Vgl. Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3. So auch Wendehorst, NJW 2014, 577, 580. Wendehorst, NJW 2014, 577, 580.
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich
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Ausnahmenkataloge in § 312 II bis VI BGB schaden der Transparenz. Dies ist zu bedauern, vor allem da der deutsche Umsetzungsgesetzgeber die Möglichkeit gehabt hätte, den Anwendungsbereich zu erweitern und somit auf einige der Ausnahmen zum Zwecke der Übersichtlichkeit zu verzichten.235 Allerdings ist die systematische Neuordnung innerhalb der §§ 312 ff. BGB gelungen. So sind §§ 312, 312a BGB als „allgemeiner Teil“ des Verbraucherschutzrechts zu sehen.236 Daran schließt sich eine systematische Zusammenfassung der ehemaligen Haustürgeschäfte mit den Fernabsatzverträgen an. Der Umsetzungsgesetzgeber hat im Unterschied zur Richtlinie keine getrennten Vorschriften für die Informationspflichten einerseits und die formalen Anforderungen andererseits geschaffen. Diese finden sich sowohl in den §§ 312 ff. BGB als auch in den Art. 246 ff. EGBGB, was zu weiterer Unübersichtlichkeit beiträgt.237 Zudem hilft die Informationsflut dem Verbraucher oft nicht weiter.238 Nach Art. 246 II EGBGB sind Verträge von der Informationspflicht ausgenommen, die Geschäfte des täglichen Lebens zum Gegenstand haben und sofort bei Vertragsschluss erfüllt werden. Diese Regelung zum Anwendungsbereich wäre wohl besser im BGB verortet gewesen.239 Die Vollharmonisierung zwang den deutschen Umsetzungsgesetzgeber, die gemeinsame Regelung von sonstigen Fernabsatzverträgen und solchen über Finanzdienstleistungen aufzugeben. Gerade die Loslösung der Verträge über Finanzdienstleistungen aus dem allgemeinen Regime der Fernabsatzverträge auf EU-Ebene und den dadurch entstandenen Zwang des deutschen Umsetzungsgesetzgebers, die bisher erzielte Systematik aufzugeben, zeigt die Schwäche der integrierenden und konsolidierenden Umsetzungsmethode.240 Der deutsche Gesetzgeber hat mit § 355 a.F. BGB einen Versuch gewagt, die aus den verschiedenen Richtlinien stammenden Widerrufsfolgen zu vereinheitlichen und somit ein kohärenteres System zu schaffen. Dies war aber nur möglich, indem von dem Umsetzungsspielraum, der eine Mindestharmonisierung gewährt, Gebrauch gemacht und eine Abweichung „nach oben“ vorgenommen wurde.241 Durch die nun 235 So auch Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 5; vgl. Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 449; Verbraucherkommission BaWü 2012, 1. 236 Nach Ehmann/Forster, GWR 2014, 163, 167 hat dies nicht zur Übersichtlichkeit der Regelungen beigetragen; vgl. auch Martinek, Staudinger/Eckpfeiler, BGB Aktuell 2014/2015, Rn. 37; Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014 Rn. 40; demgegenüber bemängeln Bierekoven/ Crone, MMR 2013, 687, dass der Gesetzgeber die Chance nicht genutzt hat, um das Fernabsatzrecht und den elektronischen Geschäftsverkehr klarer zu gestalten. 237 Bierekoven/Crone, MMR 2013, 687, 689; Tonner, VuR 2013, 443, 445. 238 Siehe hierzu bereits Teil 1, C. II. 2. a). 239 Wendehorst, NJW 2014, 577, 578. 240 Wendehorst, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 61, 65 f., 77. 241 Gebauer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 163, 174; vgl. auch Schulze, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 169, 171.
210
Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
in der VRRL einheitlich geregelten Widerrufsfolgen ist der deutsche Gesetzgeber gezwungen, sowohl die bereichsübergreifende Bündelung der Widerrufsfolgen in § 355 BGB als auch die Anwendbarkeit der Rücktrittsfolgen auf den Widerruf wieder rückgängig zu machen.242 Es kommt damit zu einer Aufspaltung der Rückabwicklungsregime.243 Die vorher erzielte Systematik wird hiermit vollständig aufgehoben. Teilweise wird die Neuordnung allerdings als deutlich klarer angesehen.244 § 355 BGB bleibt die allgemeine Norm zum Verbraucherwiderrufsrecht, die die Widerrufsfrist, -Erklärung und -Folgen regelt. Die vertriebsformspezifischen Abweichungen sind jetzt direkt hinter § 355 BGB in den §§ 356 ff. BGB geregelt, was zu mehr Transparenz führt.245 Da der Gesetzgeber sich weiterhin für eine möglichst einheitliche Regelung des Widerrufs entschieden hat, musste er dabei auch die vollharmonisierten Richtlinien über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, über Verbraucherkredite und über Timesharingverträge beachten.246 Andererseits hat der deutsche Gesetzgeber durch die bereits vor Vereinheitlichung auf EU-Ebene angeglichene allgemeine Widerrufsfrist von 14 Tagen die Vorgaben verschiedener Richtlinien systematisiert, was für die deutsche „große Lösung“ spricht. Es ist zu bedauern, dass der Unionsgesetzgeber nicht ebenfalls die Chance genutzt hat, das Widerrufsrecht auch für den Anwendungsbereich anderer Richtlinien zu vereinheitlichen.247 Das in § 355 IV 3 BGB vorgesehene „ewige Widerrufsrecht“ im Falle mangelnder Belehrung ist in der VRRL nicht mehr vorgesehen. Für andere, nicht in der VRRL geregelten Widerrufsrechte darf die Regelung allerdings aufrechterhalten werden. Somit stand der deutsche Gesetzgeber vor der Wahl, entweder die einheitliche Regelung abzuschaffen oder aber das Schutzniveau für alle Widerrufsrechte herabzusenken.248 Der ersten Alternative wurde der Vorzug gewährt. Die Systematik kann insoweit kritisiert werden, als der Gesetzgeber zwar eine überschießende Umsetzung in § 323 II BGB vorgenommen, es allerdings versäumt 242
Gsell, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisiserung im Privatrecht, 1, 4. Vgl. Popova, ZJS 2013, 552. 244 Wendehorst, NJW 2014, 577, 583; vgl. Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 547, 550; Leier, VuR 2013, 457, 458 und 464; Brönneke/Fezer, Verbraucherkommission BaWü 2012, 1; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 24. 245 So Tonner, VuR 2013, 443, 445. 246 Zu dem Problem der „Horizontalisierung“ mehrerer jeweils vollharmonisierter Materien siehe auch Wendehorst, in: Jud/Wendehorst, Neuordnung des Verbraucherprivatrechts in Europa? 157, 177 f. 247 Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 280. 248 Stürner, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 3, 7. 243
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich
211
hat, die Parallelvorschrift des § 281 II BGB entsprechend anzupassen. Dies führt zum Teil zu Wertungswidersprüchen, wenn in manchen Konstellationen heute zwar die Voraussetzungen für einen Schadensersatz statt der Leistung gegeben sind, die für den Rücktritt allerdings nicht vorliegen, war doch bisher beim Vorliegen der Voraussetzungen des Schadensersatzes statt der Leistung immer auch ein Rücktritt möglich.249 2. Frankreich Es ist zu bedauern, dass der französische Umsetzungsgesetzgeber die Reform nicht genutzt hat, um den Cconsom neu zu organisieren und beispielsweise die verschiedenen Praktiken (pratiques réglementées, pratiques déloyales, pratiques interdites) übersichtlicher zu qualifizieren und vielleicht allgemeine Grundsätze vorauszustellen.250 Die Orientierung in dem Cconsom bleibt für die Verbraucher weiterhin sehr schwierig.251 Die Einführung der Definition des Verbrauchers trägt sicherlich zur Rechtssicherheit bei.252 Umso bedauerlicher ist es, dass eine Definition des Unternehmers und des non-professionnel nicht in den Code de la consommation aufgenommen wurde.253 Zumindest aber führte die Umsetzung zu einer Vereinheitlichung der bislang uneinheitlichen Terminologie hinsichtlich des Widerrufsrechts, das heute einheitlich droit de rétractation genannt wird (Art. L. 121-20 Cconsom a.F.: droit der rétractation vs. Art. L. 121-25 Cconsom a.F.: droit de renonciation). In Punkto Rechtssicherheit wäre es sicher auch zu begrüßen gewesen, die von der h.L. angenommene Nichtigkeit des Vertrags bei Verstößen gegen die Fernabsatz- und Haustürvorschriften ausdrücklich in das Gesetz aufzunehmen.254
II. Niveau der Vereinheitlichung Gegen eine vollständige Harmonisierung sprechen allerdings die schon in Teil 3 A. aufgezeigten Öffnungsklauseln (und die langen Ausnahmekataloge) sowie 249
Siehe hierzu ausführlich Riehm, NJW 2014, 2065, 2067. So auch Le Gac-Pech, Droit et Patrimoine 2014, 236. 251 Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 10; Piedelièvre, La Semaine Juridique Entreprise et Affaires 2014, 1176. 252 So auch Aubert de Vincelles/Sauphanor-Brouillaud, Rec. Dalloz 2014, p. 879. 253 Aubert de Vincelles, RDC 2014 n8 3, p. 456, die sogar an der Richtlinienkonformität der Nicht-Umsetzung des Unternehmerbegriffs zweifelt. 254 Legrand, Petites affiches 2013 n8111, p. 5, 8. 250
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Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
der eingeschränkte Anwendungsbereich der Richtlinie.255 Eine erweiternde Umsetzung bleibt, wie im Rahmen der Mindestharmonisierung, aber auch hier möglich.256 Problematisch erscheint auch die (grenzüberschreitende) Rechtsdurchsetzung des Verbraucherrechts.257 Denn die Schaffung einheitlicher Informationspflichten bringt keine Harmonisierung, solange die Sanktionen unterschiedlich gehandhabt werden. Allerdings darf nicht übersehen werden, dass durchaus eine gewisse Vereinheitlichung stattgefunden hat, die im Folgenden nochmals zusammenfassend dargestellt werden soll. 1. Anwendungsbereich Die unterschiedliche Handhabung der Ausschlusskataloge (inhaltliche Beschränkung durch Bereichsausnahmen im Gegensatz zum kompletten Ausschluss)258 und die Öffnungsklausel in Erwägungsgrund 13 bewirken, dass es zu Unterschieden in den Anwendungsbereichen der Verbraucherschutzvorschriften in den Mitgliedstaaten kommt. Vor allem hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs bleiben Divergenzen bestehen.259 Hinsichtlich des Anwendungsbereichs der besonderen Vertriebsformen ist allerdings eine deutliche Angleichung aufgrund der vollharmonisierenden Definitionen zu bemerken. Allerdings führt die Optionsklausel in Art. 3 IV VRRL (Ausschluss der Schutzvorschriften für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Gegenleistung einen bestimmten Stellenwert von maximal 50 E nicht überschreitet) trotz der Vollharmonisierung zu unterschiedlich weiten Anwendungsbereichen.260 2. Informationspflichten und formale Anforderungen Hinsichtlich der allgemeinen Informationspflichten für Verbraucherverträge kommt es zu einer Angleichung in der Union, da Länder wie Deutschland, die bisher keine speziellen Informationen für allgemeine Verbraucherverträge vorsahen, mit der Umsetzung der VRRL solche einführen mussten. Aufgrund der Mindesthar255
Tonner, VuR 2013, 443, 444. Die teilweise überschießende Umsetzung durch den deutschen Gesetzgeber begrüßend Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 19 ff. 257 Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2613. 258 Vgl. Teil 3, B. I. 1. 259 Vgl. Teil 3, B. I. 2. c). 260 Teil 3, B. I. 3. 256
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich
213
monisierungsklausel in Art. 5 IV VRRL wird allerdings nur ein gemeinsamer Mindeststandard eingeführt. Eine Abweichung nach oben durch die Mitgliedstaaten führt im Ergebnis zu unterschiedlichen Informationsniveaus in den Mitgliedstaaten.261 Für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge führt die Umsetzung der VRRL hingegen zu einer flächendeckenden Vereinheitlichung der Informationspflichten. Einzige Ausnahme bleibt der Bereich der wenigen Optionsklauseln, wie Art. 7 IV VRRL (Beschränkung der Informationspflichten für sofort erfüllte Verträge, bei denen das vom Verbraucher zu zahlenden Entgelt 200 E nicht übersteigt), von der beispielsweise der deutsche Umsetzungsgesetzgeber in Art. 246a § 2 II EGBGB Gebrauch gemacht hat. Die unterschiedlichen Sanktionen der Informationspflichtverstöße zählen nach wie vor zu den größten Angleichungsdefiziten. So ist die Rechtsfolge eines Verstoßes in Deutschland in den meisten Fällen die Entbindung des Verbrauchers von der entsprechenden Pflicht bzw. wenn überhaupt, dann nur die Unwirksamkeit der einzelnen gegen das Gesetz verstoßenden Klausel. In Frankreich sind demgegenüber strafrechtliche Bußgelder, die neu eingeführte Sanktionsart des verwaltungsrechtlichen Bußgeldes und die Nichtigkeit des Vertrags vorgesehen. Vor allem die Tatsache, dass Informationspflichtverstöße in Frankreich, anders als in Deutschland, weiterhin zur Nichtigkeit des Vertrags führen können,262 führt zu einer sehr unterschiedlichen Gewichtung dieser Pflichten in den Mitgliedstaaten. Darüber hinaus hat die Nichtigkeitssanktion auch Einfluss auf die Rolle, die das Widerrufsrecht in den Mitgliedstaaten spielt. Wenn eine Loslösung vom Vertrag über die Nichtigkeitsfolge ohne Fristbindung möglich ist, so verliert das fristgebundene Widerrufsrecht teilweise seine Relevanz. Ein bedeutender Unterschied zwischen der Loslösung vom Vertrag durch Geltendmachung der Nichtigkeitssanktion einerseits und durch Widerruf andererseits bleibt jedoch das unterschiedliche praktische Verfahren: die Nichtigkeit muss gerichtlich festgestellt werden, der Widerruf kann als Gestaltungsrecht vom Verbraucher einfacher und kostengünstiger erklärt werden. 3. Widerrufsrecht Die einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen macht eine einheitliche Widerrufsbelehrung innerhalb der Union möglich und trägt zur Rechtssicherheit bei.263 Gleiches gilt für die nun einheitlich geregelten Widerrufsfolgen.
261
Vgl. Teil 3, B. II. 1. Vgl. Teil 3, B. II. 4. 263 Vgl. Föhlisch, MMR 2009, 75, 78; Heinig, MDR 2012, 323, 326; Lasbordes, Rev. Lamy Droit Civil 2014, 102 Rn. 28. 262
214
Teil 3: Konkreter Rechtsvergleich der Umsetzung der VRRL
Bedeutendster Unterschied scheint weiterhin das grundsätzliche Verbot der Leistungserbringung vor Ende der Widerrufsfrist im Rahmen von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen in Frankreich zu sein. Es wäre sinnvoll eine § 355 ff. BGB entsprechende Regelung für alle verbraucherrechtlichen Widerrufsrechte auf EU-Ebene zu schaffen.264 4. Sonstige Verbraucherrechte Die Vereinheitlichung der sonstigen Verbraucherrechte ist nur teilweise gelungen; so führen die Regelungen zu Gefahrübergang und Lieferung zu einer einheitlichen Regelung in Deutschland und Frankreich. Demgegenüber gehen die Rechtsfolgen bei unbestellten Leistungen weiterhin auseinander.265 Gleiches gilt für die Rechtsfolgen von Verstößen gegen die Regelungen zur telefonischen Kommunikation (verwaltungsrechtliches Bußgeld in Frankreich) und zu zusätzlichen Zahlungen (Unwirksamkeit der Entgeltvereinbarung einerseits und Nichtigkeit des gesamten Vertrags andererseits).
III. Zwischenergebnis Die fast drei Jahre andauernden Verhandlungen zwischen Richtlinienentwurf und letztendlich ein Beschluss der Richtlinie zeigen, wie schwierig sich der Prozess der Vollharmonisierung gestalten kann. Die Schwierigkeiten sind nicht nur auf europäischer, sondern auch auf nationaler Umsetzungsebene bemerkbar. Die Begrenzungen der Richtlinie einzuhalten und dabei gleichzeitig die nationale Systematik und Terminologie zu wahren, ist eine sehr komplexe Aufgabe. Im Ergebnis scheint die Umsetzung der vollharmonisierenden Richtlinie systematisch innerhalb des BGB zwar deutlich mehr Aufwand hinsichtlich der Abstimmung der ineinander greifenden Vorschriften zu erfordern, jedoch zu einem schlüssigen Gesamtkonzept geführt zu haben. Demgegenüber ist die Umsetzung im Cconsom mit weniger systematischen Schwierigkeiten verbunden, was jedoch nicht bedeutet, dass ein besser abgestimmtes Gesamtergebnis daraus entstanden ist. Was das Niveau der Vereinheitlichung angeht, so ist definitiv eine weitergehende Angleichung im Vergleich zu den bisherigen mindestharmonisierenden Richtlinien erzielt worden. Nochmals zu erwähnen sind hier insbesondere die Einführung eines Mindestmaßes an allgemeinen verbraucherschützenden Informationspflichten sowie die weitgehende Vereinheitlichung des Regimes der Informationspflichten und des Widerrufsrechts der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge. 264 265
Rott/Terryn, ZEuP 2009, 457, 470. Vgl. Teil 3, B. IV. 6.
C. Schlussfolgerungen aus dem konkreten Vergleich
215
Der Schwachpunkt der VRRL in ihrem Vereinheitlichungserfolg ist in der mangelnden Regelung der Rechtsfolgen von Richtlinienverstößen zu sehen. Die praktische Bedeutung einer Pflicht ist immer nur so groß, wie die Schwere der Sanktion, die bei einem Verstoß droht. Überleitung zu Teil 4 Nachdem die Umsetzung von sowohl mindest- (Teil 2) als auch vollharmonisierenden Richtlinien (Teil 3) in Frankreich und Deutschland verglichen wurde, soll in Teil 4 nun eine Bilanz gezogen werden. Einerseits sollen anknüpfend an Teil 1 die Auswirkungen der Vollharmonisierung auf die zwei systematischen Grundkonzepte nochmals beleuchtet werden, andererseits ist die Erreichung der Ziele der VRRL zu evaluieren.
Teil 4
Fazit Im letzten Teil dieser Arbeit soll folgenden Fragen – unter Heranziehung der in der Einleitung1 und in Teil 12 aufgeworfenen Kritikpunkte – nachgegangen werden: – Wurden die Ziele der Kommission in der VRRL erreicht? Siehe hierzu unter A. – Welchen konkreten Einfluss hat die Verengung der Umsetzungsspielräume auf die verschiedenen nationalen Umsetzungsmodelle? Siehe hierzu unter B. – Abschließen soll die Arbeit mit einem Ausblick. Siehe hierzu unter C.
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL Um diese Frage zu beantworten, sind zunächst die von der Kommission verfolgten Ziele nochmals aufzuzeigen, weswegen erneut ausgewählte Erwägungsgründe angeführt werden sollen: Erwägungsgrund 4: „Die Harmonisierung bestimmter Aspekte von im Fernabsatz und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verbraucherverträgen ist unabdingbar, wenn ein echter Binnenmarkt für Verbraucher gefördert werden soll, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist.“ Erwägungsgrund 5: „Das grenzüberschreitende Potential des Versandhandels, das zu den wichtigsten greifbaren Ergebnissen des Binnenmarktes gehören sollte, wird nicht in vollem Umfang ausgeschöpft. […] Das grenzüberschreitende Potential von Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden (Direktvertrieb) wird durch eine Reihe von Faktoren eingeschränkt, darunter auch unterschiedliche Verbraucherschutzvorschriften der Mitgliedstaaten, an die sich die Wirtschaft halten muss. […] Deshalb dürfte die vollständige Harmonisierung der Verbraucherinformation und des Widerrufsrechts in Verträgen, die im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, zu einem hohen Verbraucher-
1 2
Einleitung, A, II. 3. Teil 1, C.
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL
217
schutzniveau und zum besseren Funktionieren des Binnenmarkts für Geschäfte zwischen Unternehmen und Verbrauchern beitragen.“ Erwägungsgrund 6: „Bestimmte Unterschiede schaffen erhebliche Hindernisse für den Binnenmarkt, von denen die Unternehmer und die Verbraucher betroffen sind. Aufgrund dieser Unterschiede müssen Unternehmer, die ihre Waren oder Dienstleistungen grenzüberschreitend anbieten wollen, höhere Kosten für die Einhaltung der Rechtsvorschriften aufwenden. Die unangemessene Rechtszersplitterung untergräbt auch das Vertrauen der Verbraucher in den Binnenmarkt.“ Erwägungsgrund 7 a.E.: „Darüber hinaus sollten die Verbraucher in den Genuss eines hohen, einheitlichen Verbraucherschutzniveaus in der gesamten Union kommen.“
Zusammenfassend muss sich die VRRL also an folgenden Zielen messen lassen: – Stärkung des Verbrauchervertrauens durch einheitliches hohes Verbraucherschutzniveau (I.), – Stärkung des Binnenmarktes durch Senkung der Transaktionskosten für den grenzüberschreitenden Handel (II.), – Wahrung des Subsidiaritätsprinzips (III.).
I. Stärkung des Verbrauchervertrauens durch einheitliches hohes Verbraucherschutzniveau Zunächst ist fraglich, ob sich das Verbraucherschutzniveau auf einem derart hohen Niveau vereinheitlich hat, dass dies zur Stärkung des Verbrauchervertrauens führt. 1. Einheitliches Verbraucherschutzniveau Der Vereinheitlichungseffekt ist in zweierlei Hinsicht zu untersuchen: einerseits im Hinblick auf die Vereinheitlichung der Regelungen aus verschiedenen Richtlinien und andererseits im Hinblick auf die Vereinheitlichung der verschiedenen nationalen Regelungen durch die Umsetzung der vollharmonisierenden Richtlinie.3 a) Vereinheitlichung der Regelungen der verschiedenen Richtlinien Die Rechtsunsicherheit, die durch die uneinheitliche Terminologie der verschiedenen Richtlinien geschaffen wurde,4 ist durch die VRRL zumindest für den 3 4
Vgl. zu den Zersplitterungsfaktoren nach Ansicht der Kommission Einleitung, A. II. 3. a). Schulze, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 169, 170.
218
Teil 4: Fazit
Anwendungsbereich der besonderen Vertriebsformen aufgrund der vollharmonisierenden Definitionen beseitigt worden.5 Umso bedauerlicher ist es, dass die Definition des Verbrauchers hinsichtlich der Dual-Use-Verträge nicht mit jener aus Art. 6 Rom I-VO und Art. 17 EuGVVO übereinstimmt. Nach dem EuGH6 gilt das Prinzip des überwiegenden Zwecks im Zivilverfahrensrecht gerade nicht.7 Für Fernabsatzverträge und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge führt die Umsetzung der VRRL auch zu einer weitgehenden Vereinheitlichung (bis auf die wenigen Optionsklauseln) der Informationspflichten8 und der Regelungen zum Widerrufsrecht9. Darüber hinaus wurden einige EuGH-Entscheidungen kodifiziert.10 Allerdings sind weiterhin Inkohärenzen erkennbar. Alleine schon der begrenzte Anwendungsbereich der Richtlinie bedeutet notwendigerweise eine Grenze für den Harmonisierungseffekt.11 Ein Nachteil der Vollharmonisierung wird darin gesehen, dass die Mitgliedstaaten versuchen werden, diejenigen rechtlichen Aspekte aus der vollharmonisierenden Richtlinie auszuklammern, hinsichtlich derer die Aufrechterhaltung der nationalen Ausgestaltung aussichtslos erscheint.12 Je größer der zu befürchtende Eingriff in die Systematik des nationalen Zivilrechts ist, desto eher werden die Mitgliedstaaten versuchen, die betroffenen Regelungen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen. Denn die Eingriffsintensität der Umsetzung hängt entscheidend von der umzusetzenden Materie ab.13 Dies wurde auch bei der Verbraucherrechterichtlinie deutlich: Die Teilbereiche, die den größten Eingriff in das nationale Vertragsrecht bewirken, namentlich der Verbrauchsgüterkauf und die Klauselkontrolle, die ursprünglich vom Reformvorschlag erfasst waren, wurden aus der Verbraucherrechterichtlinie gestrichen,14 wodurch der Harmonisierungseffekt deutlich eingeschränkt wird.
5
Teil 3, B. I. 3. EuGH v. 20. 1. 2005, Rs. C-464/01, Slg. 2005, I-439 – Gruber/Bay Wa AG. 7 Vgl. hierzu Koch, GPR 2014, 128, 130; Bülow, WM 2014, 1, 2 f. 8 Teil 3, B. II. 2. 9 Teil 3, B. III. 10 Insbesondere EuGH v. 3. 9. 2009, Rs. C-489/07, Slg. 2009, I-7315 – Messner und EuGH v. 15. 4. 2010, Rs C-511/08, Slg. 2010, I-3047 – Heine. 11 Siehe hierzu bereits Erläuterung in Teil 3, A.; vgl. auch Howells, ERCL 2011, 173, 185. 12 Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 27; Schmidt-Kessel, BB 2001, Nr. 29, 1; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262; Rochfeld, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 153, 160. 13 Basedow, AcP 200 (2000), 445, 451. 14 Vgl. Teil 3, A. 6
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL
219
Zu beklagen ist, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber nicht die Chance genutzt hat, das Widerrufsrecht auch für den Anwendungsbereich anderer Richtlinien zu vereinheitlichen.15 Gleiches gilt für die Informationspflichten der VRRL, die beispielsweise nicht mit jenen für Verbraucherkredite abgestimmt worden sind.16 Die Vollharmonisierung ließ sich nur durch diese Verengung des Anwendungsbereichs der Richtlinie durchsetzen. Somit ging ein großer Teil des Vereinheitlichungsvorhabens ins Leere. Letzten Endes fügt die Verbraucherrechterichtlinie in ihrer endgültigen Fassung nur noch zwei Richtlinien zusammen. Somit stellt sich das europäische Verbraucher(vertrags)recht nach wie vor als zersplittert dar.17 Trotzdem lassen sich aus den doch insgesamt punktuellen Regelungen der VRRL gewisse allgemeine Rechtsprinzipien herleiten, wie beispielsweise eine allgemeine Informationspflicht in Verbraucherverträgen.18 Zu erkennen ist auch der Beginn der Schaffung eines allgemeinen Teils des Verbraucherrechts durch den horizontalen Ansatz.19 b) Vereinheitlichung der verschiedenen nationalen Regelungen durch die Umsetzung der vollharmonisierenden Richtlinie Durch einen Vergleich der nach Umsetzung der mindestharmonisierenden Richtlinien verbleibenden Divergenzen in den nationalen Rechtsordnungen Deutschlands und Frankreichs (Teil 2) mit den Ergebnissen des Rechtsvergleichs nach Umsetzung der VRRL (Teil 3) kann nun festgestellt werden, inwieweit eine Harmonisierung stattgefunden hat. Die wesentlichen Ergebnisse sollen im Folgenden nochmal dargestellt werden. aa) Anwendungsbereich (1) Persönlicher Anwendungsbereich Die wesentlichen Unterschiede zwischen der französischen und der deutschen Rechtslage hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs vor Umsetzung der VRRL bestanden in der fehlenden kodifizierten Definition des Verbrauchers in Frankreich20 sowie in der Bejahung der Verbrauchereigenschaft in Frankreich, sobald kein „rapport direct“ mit einer unternehmerischen Tätigkeit bestand.21 15
Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 280. Schinkels, JZ 2009, 774, 778. 17 Pressemitteilung des Bundesrates Nr. 43/2009 vom 6. 3. 2009. 18 So bereits Basedow, AcP 200 (2000) 445, 454, der dieses allgemeine Prinzip aus einer Zusammenschau der vielen Richtlinien ableitet. 19 Aubert de Vincelles, Naissance d’un droit commun communautaire de la consommation, RDC 2009 n8 2, p. 578, Rn. 1; in diese Richtung auch Beck, JURA 2014, 666, 667. 20 Teil 2, B. I. 1. c) und Teil 2, B. II. 1. c). 16
220
Teil 4: Fazit
Zwar wurde im Rahmen der Umsetzung der VRRL die Definition des Verbrauchers in Frankreich kodifiziert, allerdings wurde die Lösung des „Dual-Use“-Problems nicht umgesetzt, sodass weiterhin eine richtlinienkonforme Auslegung erforderlich ist.22 Zudem wurde zwar das Kriterium des „rapport direct“ gestrichen, dafür aber eine Erweiterung des Anwendungsbereichs durch ein neues Kriterium der „activité principale“23 eingeführt. Somit bleibt der persönliche Anwendungsbereich trotz der Vollharmonisierung uneinheitlich. Dies ist vor allem der Öffnungsklausel in Erwägungsgrund 13 geschuldet, die Abweichungen zulässt. (2) Sachlicher Anwendungsbereich Was den sachlichen Anwendungsbereich der Haustürgeschäfte angeht, so ist eine weitgehende Vereinheitlichung zu erkennen. Die wesentlichen Unterschiede, insbesondere die Annahme von Haustürgeschäften in Frankreich, wenn der Verbraucher unter einem Vorwand telefonisch in das Geschäft des Unternehmers gelockt wurde24 sowie die Versagung des Schutzes der Haustürgeschäfte in Deutschland bei vorheriger Bestellung durch den Verbraucher,25 sind beseitigt worden. Die französische Ausweitung des Schutzbereichs ist aufgrund der Vollharmonisierung nicht mehr tragbar.26 Die VRRL stellt klar, dass auch bei vorheriger Bestellung durch den Verbraucher ein Haustürgeschäft vorliegt.27 Allein der Ausschluss der Haustürgeschäfte in Deutschland, wenn die Leistung sofort erbracht wird und das Entgelt 40 E nicht überschreitet,28 durfte aufgrund der Öffnungsklausel beibehalten werden.29 Auch hinsichtlich der Fernabsatzverträge sind die Divergenzen weitgehend aufgehoben worden. So wurde in Frankreich die bisher fehlende Voraussetzung des Vertragsschlusses im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- oder Dienstleistungssystems30 nun eingeführt.31 Bisher musste nach dem Wortlaut der französischen Umsetzungsvorschrift nur der Vertragsschluss durch Fernkommunikationsmittel erfolgen.32 Durch die Ein21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32
Teil 2, B. I. 1. c) und Teil 2, B. II. 1. c). Teil 3, B. I. 2. c). Teil 3, B. I. 2. c). Teil 2, B. I. 1. c). Teil 2, B. I. 1. c). Teil 3, B. I. 3. b). Teil 3, B. I. 3. a). Teil 2, B. I. 1. c). Teil 3, B. I. 1. a). Teil 2, B. II. 1. c). Teil 3, B. I. 3. c). Teil 2, B. II. 1. c).
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL
221
führung des Wortes „jusqu’à“, also bis zum Vertragsschluss, ist nun die vorvertragliche Phase ausdrücklich mit einbezogen.33 Die frühere Einbeziehung der Finanzdienstleistungen durch die deutschen Fernabsatzvorschriften34 ist jetzt in eine komplette Trennung zwischen Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen und sonstigen Leistungen35 aufgegangen. Ein Gleichlauf ist auch hinsichtlich des Ausschlusses öffentlicher Versteigerungen geschaffen worden. In Frankreich waren schon vor Umsetzung der VRRL nur öffentliche Versteigerungen vom Anwendungsbereich ausgeschlossen, in Deutschland nicht.36 Nun ist auch in Deutschland eine Begrenzung auf öffentliche Versteigerungen eingeführt worden, allerdings sind diese nur vom Widerrufsrecht, nicht komplett vom Anwendungsbereich ausgeschlossen.37 Die Divergenzen hinsichtlich der Ausschlusskataloge, die bereits vor Umsetzung der VRRL bestanden38 bleiben bestehen.39 bb) Informationspflichten In Frankreich war bereits vor Umsetzung der VRRL die Beachtung der weitreichenden allgemeinen Informationspflichten, sowie zusätzlich die Wiedergabe des Gesetzestextes einschlägiger Vorschriften erforderlich.40 Mit der Umsetzung der VRRL erfolgte auch in Deutschland die Einführung allgemeiner Informationspflichten, wobei aufgrund der Mindestharmonisierung in diesem Bereich weiterhin Divergenzen erkennbar sind.41 Die Pflicht in Frankreich ein abtrennbares Widerrufsformular an den HaustürVertrag zu heften42 findet sich auch nach der Umsetzung der VRRL in Art. L. 12118-1 al. 3 Cconsom wieder, wobei die Vereinbarkeit dieser Regelung mit den abschließenden formalen Anforderungen der Richtlinie mehr als fraglich erscheint.43 Vor Umsetzung der VRRL bestand in Deutschland die Pflicht zur Belehrung auch über die Widerrufsfolgen.44 Heute sehen die deutschen allgemeinen Informations-
33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44
Teil 3, B. I. 3. b). Teil 2, B. II. 1. c). Teil 3, B. I. 1. a). Teil 2, B. II. 1. c). Teil 3, B. III. 7. c). Teil 2, B. I. 1. c) und Teil 2, B. II. 1. c). Teil 3, B. I. 1. c). Teil 2, B. I. 2. c) und Teil 2, B. II. 2. d). Teil 3, B. II. 1. c). Teil 2, B. I. 2. c) und Teil 2, B. II. 2. d). Teil 3, B. II. 5. b). Teil 2, B. I. 2. c) und Teil 2, B. II. 2. d).
222
Teil 4: Fazit
pflichten eine Belehrung über das Bestehen eines Widerrufsrechts vor.45 Über die Folgen ist nach der VRRL nur im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen zu informieren. Der bedeutendste Unterschied war allerdings in den unterschiedlichen Sanktionen der Informationspflichtverletzungen zu sehen.46 Diese unterschiedlichen Sanktionen bleiben auch nach Umsetzung der VRRL bestehen.47 cc) Widerruf Die Regelungen zum Widerrufsrecht sind fast vollumfänglich vereinheitlicht worden. Dies gilt für die unterschiedlichen Widerrufsfristen,48 die aufgrund der Vollharmonisierung einheitlich auf 14 Tage festgesetzt wurden.49 Der unterschiedliche Beginn der Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften50 wurde ebenfalls im Wege der Vollharmonisierung vereinheitlicht.51 Das ewige Widerrufsrecht in Deutschland52 musste durch eine einheitliche Beschränkung der Widerrufsfrist auch höchsten zwölf Monate und 14 Tage53 ersetzt werden. Einzig die spezielle Regelung in Frankreich, wonach keine Zahlung/Lieferung vor Ende der Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften vorgenommen werden durfte,54 konnte dank der Öffnungsklausel in Art. 9 Nr. 3 VRRL für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge beibehalten werden.55 dd) Erfüllung von Fernabsatzverträgen Hinsichtlich der Erfüllung von Fernabsatzverträgen musste die Möglichkeit der Lieferung einer gleichwertigen Ware oder Dienstleistung56 mit Umsetzung der VRRL abgeschafft werden.57
45 46 47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57
Teil 3, B. II. 1. a). Teil 2, B. I. 2. c) und Teil 2, B. II. 2. d). Teil 3, B. II. 4. c). Teil 2, B. I. 3. e) und Teil 2, B. II. 3. e). Teil 3, B. III. 1. c). Teil 2, B. I. 3. e). Teil 3, B. III. 1. Teil 2, B. I. 3. e) und Teil 2, B. II. 3. e). Teil 3, B. III. 2. Teil 2, B. I. 3. e). Teil 3, B. III. 8. Teil 2, B. II. 5. c). Teil 3, B. IV. 1. b).
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL
223
ee) Nicht bestellte Waren oder Dienstleistungen Was nicht bestellte Waren oder Dienstleistungen angeht, so bleiben die Divergenzen, insbesondere das Verbot in Frankreich mit der Konsequenz von Bußgeldern58 und die Herausgabepflicht, bestehen.59 ff) Sonstige Verbraucherrechte Auch führt die Umsetzung der VRRL zu einer Vereinheitlichung des Gefahrübergangs,60 der vorher in Frankreich bereits mit Vertragsschluss erfolgte.61 gg) Schlussfolgerungen Auch hinsichtlich der harmonisierten Bereiche bleiben Lücken bestehen. Dies insbesondere dort, wo die VRRL im Wege der Mindestharmonisierung Abweichungen zulässt. Auch die Optionsklauseln und Regelungsaufträge scheinen im Widerspruch zum proklamierten Ziel der RL zu stehen, ein einheitliches Verbraucherschutzniveau zu schaffen.62 Dies zeigt sich besonders im Rahmen des persönlichen Anwendungsbereichs und der allgemeinen Informationspflichten. Andererseits ist eine fast vollständige Harmonisierung des sachlichen Anwendungsbereichs sowie des Widerrufsrechts zu konstatieren. Divergenzen bleiben dort bestehen, wo die Richtlinie durch Öffnungsklauseln Abweichungen zulässt. Festzuhalten bleibt, dass die Richtlinie wichtige Bereiche wie den der Sanktionen selbst nicht harmonisiert, sondern sich dieser nach den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten richtet, was ebenfalls zu bedeutenden Unterschieden führt.63 Die selbständige Regelung der Sanktionen durch die Mitgliedstaaten steht im Widerspruch mit dem Ziel der Verhinderung der Rechtszersplitterung, die durch unterschiedliche Sanktionen bei Verstößen gegen die vereinheitlichten Regelungen weiterhin erhalten bleibt.64 Auch hat die unterschiedliche 58
Teil 2, B. II. 6. c). Teil 3, B. IV. 6. c). 60 Teil 3, B. IV. 2. d). 61 Teil 2, B. IV. 2. c) 62 De Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 866; Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 262; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 15; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 410. 63 So schon Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 459; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 58; Wicker, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 1, 11; Boucard, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 2010, 39, 44; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 417 f. 64 Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 83, 104; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 67; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 380; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 266. 59
224
Teil 4: Fazit
Handhabung der Sanktionen für Informationspflichtverstöße in Deutschland und Frankreich eine gewisse Ausstrahlungswirkung auf das im Übrigen vollharmonisierte Widerrufsrecht, da in Frankreich durch die Hintertür der „nullité“ die Auflösung des Vertrags auch nach Ablauf der Widerrufsfrist erreicht werden kann. Gerade im Falle der fehlenden oder fehlerhaften Widerrufsbelehrung, die mit der VRRL nicht mehr zu einem ewigen Widerrufsrecht führen soll, was den deutschen Umsetzungsgesetzgeber zu einer Änderung der bestehenden Regelung gezwungen hat, wird der Widerspruch zum französischen Recht und dessen Nichtigkeitsrechtsfolge erkennbar. Auch das Verbrauchervertrauen wird durch die mangelnde Vereinheitlichung der Sanktionen geschwächt, denn gerade auch den Informationspflichten wird eine unterschiedliche Tragweite beigemessen, je nachdem ob ihre Verletzung mehr oder weniger geahndet werden kann.65 Andererseits ist die den Mitgliedstaaten überlassene Regelung der Rechtsfolgen Ausfluss des Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzips.66 2. Hohes Verbraucherschutzniveau Zunächst soll durch einen Vergleich der Schutzniveaus in Deutschland und Frankreich vor und nach Umsetzung der VRRL ermittelt werden, inwieweit das Verbraucherschutzniveau erhöht oder abgesenkt worden ist. Anschließend soll kurz auf den Kritikpunkt der Kumulation von Schutzstandards eingegangen werden, was sich ebenfalls auf das Schutzniveau auswirkt. a) Senkung des Schutzniveaus? Kritisiert wurde das Vorhaben der Kommission nicht nur von den Mitgliedstaaten und in der Literatur,67 sondern auch vom europäischen Parlament68. Die genannten sehen insbesondere die Herabsenkung des Schutzniveaus als notwendige Folge der Vollharmonisierung als zweckverfehlt an, wenn Ziel der Richtlinie doch sei, das Vertrauen der Verbraucher zu stärken. Denn die Herabsenkung des Schutzniveaus in 65
Vgl. auch Tettinger, ZGS 2009, 106, 107. Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 418. 67 Vgl. Pressemitteilung des Bundesrates Nr. 43/2009 vom 06. 03. 2009; Tonner, EuZW 2010, 767, 769; Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 281; Arnold, RIW 2009, 679, 680; auch in Frankreich wird diese Konsequenz der Vollharmonisierung kritisiert, Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 14; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 74; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 287; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 264 f.; Wilhelmsson, JCP 27 (2004), 317, 328; Huet, RDC 2011, n8 3, p. 1070; Aubert de Vincelles, RTD Eur. 2010, p. 695, 698; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 441, 444; Wicker, in: Mazeau/Schulze/ Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 1, 11; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 10; Rott/Terryn, ZEuP 2009, 456, 487. 68 Entwurf des Berichts des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz vom 25. 6. 2010, P.E. 442.789v04-00. 66
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL
225
den Mitgliedstaaten, die sich infolge der mindestharmonisierenden Richtlinien für einen höheren Schutz entschieden hatten, sei nachteilig für den Verbraucher. Dies ist wohl auch einer der Gründe, weshalb drei Jahre vergingen, bis der Kommissionsvorschlag letztenendes am 12. Dezember 2011 im Inkrafttreten der VRRL mündete. Nach Ansicht der Kommission wird die Herabsenkung des Schutzniveaus in einigen Mitgliedstaaten jedoch durch die Verbesserung des Gesamtschutzniveaus in der Union und der Erweiterung des grenzüberschreitenden Angebots kompensiert.69 aa) Veränderung des Schutzniveaus in Deutschland Konkret betrachtet wurde das hohe Verbraucherschutzniveau in Deutschland in einigen Punkten herabgesenkt,70 in anderen jedoch erhöht: Eine bedeutende Erhöhung des Verbraucherschutzes wird durch die allgemeine Informationspflicht für Verbraucherverträge geschaffen.71 Die Umsetzung der VRRL führt zu einer Erweiterung der Ausnahmen vom Anwendungsbereich insbesondere bei Haustürgeschäften,72 für die bisher kein Ausnahmekatalog vorgesehen war. Allerdings ist auch eine Erhöhung des Schutzes im Rahmen von Haustürgeschäften festzustellen: eine vorige Bestellung durch den Verbraucher schadet nicht73 und nunmehr bestehen weitreichende Informationspflichten des Unternehmers74. Die größten für den Verbraucher nachteiligen Änderungen sind im Rahmen des Widerrufsrechts vorgenommen worden. Ein konkludenter Widerruf durch Rücksendung der Ware ist nicht mehr möglich.75 Das ewige Widerrufsrecht ist durch die jetzige Begrenzung auf maximal ein Jahr und 14 Tage weggefallen und unabhängig vom Zeitpunkt der Belehrung beträgt die Widerrufsfrist zwei Wochen, die frühere Verlängerung auf einen Monat wurde abgeschafft.76
69 http://www.ec.europa.eu/consumer/rights/docs/speech_kuneva.pdf; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 264 zweifeln jedoch daran, ob Art. 169 AEUVeine solche gemeinschaftsweite Betrachtung zulässt. 70 Vgl. auch Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 282. 71 Teil 3, B. II. 1. b). 72 Teil 3, B. I. 1. 73 Teil 3, B. I. 3. b). 74 Teil 3, B. II. 2. 75 Teil 3, B. III. 1. 76 Teil 3, B. III. 1.
226
Teil 4: Fazit
Verstöße gegen andere Informationspflichten als die Widerrufsbelehrung führen nicht mehr zur Verlängerung der Widerrufsfrist; hiermit fällt eine der wichtigsten Sanktionen dieser Verstöße im deutschen Recht weg.77 Die Rücksendekosten sind nunmehr grds. vom Verbraucher zu tragen.78 Zudem besteht eine Vorleistungspflicht des Verbrauchers bei der Rückabwicklung nach Widerruf wegen des Zurückbehaltungsrechts des Unternehmers.79 bb) Veränderung des Schutzniveaus in Frankreich Eine Senkung des Verbraucherschutzniveaus in Frankreich ist in folgenden Punkten erkennbar: Verträge, die im Geschäft des Unternehmers geschlossen werden, nachdem der Verbraucher telefonisch „angelockt“ wurde, fallen nicht mehr in den Schutzbereich der Haustürgeschäfte.80 Das Verbot der Leistungserbringung vor Ende der Widerrufsfrist für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen konnte durch die Option in Art. 9 III VRRL beibehalten werden. Für Fernabsatzverträge und für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge mussten teilweise nationale Informationspflichten gestrichen werden.81 Eine Erweiterung des Schutzes ist beispielsweise in der Verlängerung der Widerrufsfrist auf grundsätzlich 14 Tage zu sehen.82 Auch hat sich für französische Verbraucher die Höchstfrist des Widerrufs von drei auf zwölf Monate verlängert.83 cc) Bilanz Zwar wurden sowohl in Deutschland als auch in Frankreich teilweise den bestehenden Verbraucherschutz einschränkende Gesetzesänderungen im Zuge der Umsetzung erforderlich. Genauso wurden aber auch in beiden Mitgliedstaaten verbraucherschutzerhöhende Maßnahmen getroffen. An den Stellen, an denen sich das Verbraucherschutzniveau in Deutschland abgesenkt hat, namentlich beim Widerrufsrecht, ist das Niveau in Frankreich angehoben worden. Da sich der Entwurf einer Richtlinie, dem 28 Mitgliedstaaten zustimmen müssen, immer als Kompromiss darstellt und sich eine Vereinheitlichung auf dem jeweils 77 78 79 80 81 82 83
Teil 3, B. I. 4. Teil 3, B. III. 5. Teil 3, B. III. 4. Teil 3, B. I. 3. b). Teil 3, B. II. 2. Teil 3, B. III. 1. Teil 3, B. III. 2.
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL
227
höchsten Verbraucherschutzniveau nicht umsetzen lässt, ist die VRRL in der Gesamtbilanz als positiv zu bewerten. b) Kumulation von Schutzstandards Die Angst der Mitgliedstaaten davor, ihre strengeren Schutzniveaus herabsenken zu müssen, kann dazu führen, dass verschiedene Schutzstandards in der Richtlinie kumuliert werden, indem beispielsweise verschiedene Informationspflichten aus mehreren Mitgliedstaaten addiert werden, was zu einer Überregulierung führen kann.84 Wenn man sich die Überflutung mit Informationen durch die langen Informationskataloge der VRRL anschaut (64 Unterabsätze befassen sich ausschließlich mit den Informationspflichten),85 so kann daran gezweifelt werden, ob der Verbraucher die für ihn wichtigen Informationen wirklich noch erkennen kann. Diese Detailfreudigkeit führt wohl insgesamt zu einem Verlust an Transparenz.86 Außerhalb des Bereichs der Informationspflichten ist die vielfach befürchtete Überregulierung allerdings nicht erkennbar. So ist weder im Bereich des Widerrufsrechts noch im Bereich der sonstigen Verbraucherrechte eine Kumulation von Schutzstandards erfolgt.87 Insgesamt scheinen die Verbraucher- und Unternehmerinteressen einigermaßen im Gleichgewicht zu stehen.88
II. Stärkung des Binnenmarktes durch Senkung der Transaktionskosten für den grenzüberschreitenden Handel? Fraglich ist, ob die VRRL zu einer Stärkung des Binnenmarkts durch Senkung der Transaktionskosten für den grenzüberschreitenden Handel geführt hat. Schwierigkeiten für die Unternehmer bereiten die Bereiche, in denen die Richtlinie überschießend umgesetzt89 bzw. in denen von Öffnungsklauseln Gebrauch 84
Siehe in Bezug auf die Verbraucherkreditrichtlinie Gsell/Schellhase, JZ 2009, 20, 28. Vgl. Teil 3, II. 1., 2. 86 Vgl. hierzu bereits Teil 1, C, II. 2. a); vgl auch Limmer, MittBayNot1999, 325, 331; Armbrüster, JR 1998, 98, 99; Schmidt-Kessel, Vur 9/2012, 350, 353; Limmer, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 187, 189; Roth, JZ 1999, 529, 533; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155; andere ziehen detaillierte Informationsregelungen aus Privatautonomiegesichtspunkten einer Häufung zwingender inhaltlicher Regeln vor, so Grundmann, AcP 202 (2002), 40, 66; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2612; Kamara und Mader begrüßen ebenfalls die Informationspflichten in peteites affiches 2014, n8 128, p. 9; Boucard, in: Mazeau/Schulze/ Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 39, 48. 87 Siehe hierzu Teil 4, A. I. 2. a). 88 So auch Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 551; Hall/Howells/Watson, ERCL 2/ 2012, 139, 154. 89 Siehe speziell zum Verbraucherbegriff Koch, GPR 2014, 128, 129 f. 85
228
Teil 4: Fazit
gemacht worden ist. Denn hier tun sich Divergenzen in den Mitgliedstaaten auf, die Unternehmer dazu zwingen, ihr Verhalten der jeweiligen Rechtslage anzupassen. Die mangelnde Regelung der Sanktionen steht auch im Widerspruch zur Begründung der Notwendigkeit der Vollharmonisierung mit den erhöhten Kosten der Unternehmen, die sich an verschiedene Rechtsvorschriften in den Mitgliedstaaten anpassen müssen, denn gerade die Kosten möglicher Rechtsverstöße sind für diese Unternehmen von hoher Relevanz.90 Die Senkung der Transaktionskosten kann ebenfalls angezweifelt werden, wenn man den eingeschränkten Anwendungsbereich der Richtlinie berücksichtigt; beispielsweise ist die Verwendung einheitlicher AGB, die tatsächlich zur Senkung der Transaktionskosten beitragen würden, auch nach Umsetzung der VRRL aufgrund der verbleibenden rechtlichen Divergenzen in den Mitgliedstaaten nicht möglich. So ergibt sich aus Art. R. 111-1 c) Cconsom beispielsweise die Pflicht, über die Existenz und die Ausübungsmodalitäten einschlägiger Gewährleistungsrechte aus Art. L. 211-4 bis L. 211-13 Cconsom, 1641 bis 1648 und 2232 Code civl sowie L. 211-15 bis L. 211-19 Cconsom zu informieren. Ein deutscher Unternehmer, der seine Waren in Deutschland und in Frankreich anbietet, muss dieser Informationspflicht genügen und mithin seine AGB dementsprechend anpassen. Im elektronischen Geschäftsverkehr ist auf die Regelungen in Art. 1369-4 und 1369-5 Code civil91 für das Zustandekommen des Vertrags Rücksicht zu nehmen. Der Unternehmer ist anders als in Deutschland bereits durch die Darbietung in seinem Online-Shop gebunden. Von diesen Vorschriften kann auch nicht durch AGB abgewichen werden; dies ergibt sich im Umkehrschluss aus Art. 1369-6 Code civil der abschließend Abweichungsmöglichkeiten für Verträge, die durch elektronische Post oder zwischen Unternehmern zustande kommen, vorsieht. Auch eine Klausel, die die Anwendung deutschen Rechts vorsieht, vermag nur bedingt abzuhelfen, denn gemäß Art. 6 Absatz 2 Rom I92 dürfen die Rechte des Verbrauchers in seinem Wohnsitzstaat nicht beeinträchtigt werden. Somit kann sich der französische Verbraucher auf die Anwendung französischen Rechts berufen, wenn dieses für ihn vorteilhafter ist. Zudem scheint die Kommission die Kosten für die Implementierung der VRRL in den Mitgliedstaaten völlig außer Acht gelassen zu haben.93
90 Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 83, 104; Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 67; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 380; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 266. 91 Vgl. Teil 2, B. II. 1. b), aa), (3). 92 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 vom 17. Juni 2008. 93 Loos, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 47, 59; Fauvarque-Cosson, RTD Civ. 2002, p. 463 Rn. 21.
A. Erreichung der Ziele der Kommission in der VRRL
229
Für Unternehmer hat die Vollharmonisierung aber den Vorteil, dass sie zumindest für die erfassten besonderen Vertriebsformen eine einheitliche Informationsbelehrung und ein einheitliches Widerrufsformular benutzen können.
III. Wahrung des Subsidiaritätsprinzips? Es wird vorgebracht, die abschließende Regelung durch die vollharmonisierende Richtlinie habe verordnungsgleiche Wirkung94 und somit finde eine erhebliche Ausstrahlung in das allgemeine Zivilrecht statt. Demzufolge würde die Vollharmonisierung zu einer Aushebelung der nationalen Zivilgesetzbücher führen.95 Die Folge sei eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips aus Art. 5 III EUV wegen des Eingriffs in die originäre Gesetzgebungskompetenz der Mitgliedstaaten.96 Indem die EU vollharmonisierende Vorschriften erlässt, zieht sie die Kompetenz in diesem Bereich an sich, da ihr nun die Kontrolle hinsichtlich der Umsetzung und Auslegung alleine zusteht. Dies führt in der Praxis zu einer Letztentscheidungskompetenz des EuGH hinsichtlich der Auslegung des nationalen Umsetzungsrechts.97 Ob dies mit dem Prinzip der geteilten Zuständigkeit im Verbraucherrecht, wie es in der Einleitung dargestellt wurde,98 vereinbar ist, ist nicht zu Unrecht umstritten, denn aus der geteilten Zuständigkeit folgt eigentlich, dass die EU den Mitgliedstaaten nicht durch abschließende Regelungen jeglichen Spielraum verwehren darf.99 Auf europäischer Ebene scheinen keine Zweifel an der Wahrung des Subsidiaritätsprinzips zu bestehen. So heißt es in Erwägungsgrund 65: „Da das Ziel dieser Richtlinie, durch Erreichen eines hohen Verbraucherschutzniveaus zum ordnungsgemäßen Funktionieren des Binnenmarktes beizutragen, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden kann und daher besser auf Unionsebene zu erreichen ist, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Verhältnismäßigkeitsprinzip geht diese Richtlinie nicht über das zum Erreichen dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.“
94 Vgl. Unger, ZEuP 2012, 270, 303 „Die Vollharmonisierung treibt das Instrument der Richtlinie an seine Grenzen. Der Form nach soll die Flexibilität einer Richtlinie gewahrt, dem Inhalt nach eine Verordnung erzielt werden“; so auch Aubert de Vincelles, RDC 2009 n8 2, p. 578 Rn. 8; Schinkels, GPR 2005, 109, 113. 95 Hinsichtlich des BGB vgl. BR-Drucks. 765/08; vgl. auch Pfeiffer, in: Hohloch, Richtlinien der EU und ihre Umsetzung in Deutschland und Frankreich, 9, 11. 96 Pressemitteilung des Bundesrates Nr. 43/2009 vom 06. 03. 2009; Arnold, RIW 2009, 679, 681; Reich, ZEuP 2010, 7, 17; Tonner, EuZW 2010, 767, 769; Micklitz/Reich, VuR 2007, 121, 128; das Subsidiaritätsproblem im Rahmen der Vollharmonisierung erkennend Rösler, EuR 2008, 801, 820; Paschke/Husmann, GPR 2010, 262, 263. 97 Riehm, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Verbraucherrecht, 63, 85. 98 Einleitung, A. II. 3. b) aa). 99 Tonner, EuZW, 2010, 767, 768.
230
Teil 4: Fazit
Allerdings wurde in Teil 3 ausführlich dargestellt, dass den Mitgliedstaaten durchaus noch gewisse Spielräume verbleiben. Mit der Richtlinie wurde zudem ein Harmonisierungsmittel gewählt, dass gerade im Vergleich zur Verordnung eine geringeren Eingriff in die Rechte der Mitgliedstaaten darstellt.100 Auch zeigt das in der VRRL verfolgte Modell der targeted harmonisation, dass in Anbetracht des Subsidiaritätsprinzips eine Vollharmonisierung nur für bestimmte Bereiche gewählt wurde, in denen nach Ansicht des Richtliniengebers eine einheitliche Rechtslage notwendig ist. Damit scheint dem Subsidiaritätsprinzip genüge getan zu sein.
IV. Fazit zur Erreichung der Ziele Sowohl im Hinblick auf das Ziel der Stärkung des Verbrauchervertrauens durch ein einheitliches hohes Verbraucherschutzniveau als auch das Ziel der Stärkung des Binnenmarktes durch Senkung der Transaktionskosten hat die VRRL einen positiven Beitrag geleistet, so insbesondere durch die (fast) vollständige Harmonisierung des Widerrufs und der speziellen Informationspflichten im Recht der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge. Beide Ziele können allerdings aufgrund der verbleibenden Öffnungsklauseln und Regelungsaufträge insbesondere hinsichtlich der Regelung der Sanktionen nicht vollständig erreicht werden. Das Subsidiaritätsprinzip scheint in der VRRL (noch) gewahrt zu sein.
100 Die Kommission (KOM(2008) 614 endgültig, S. 9 „Wahl des Rechtsinstruments“) hat die Wahl der Richtlinie als Mittel zur Angleichung der Rechtsvorschriften folgendermaßen gerechtfertigt: „Andere Instrumente wären aus folgenden Gründen nicht geeignet: Das Problem der Zersplitterung des Rechtsrahmens der Gemeinschaft lässt sich nur auf Gemeinschaftsebene durch eine Gesetzgebungsinitiative lösen. Selbst- oder Koregulierung bieten für das Problem der Rechtszersplitterung keine Lösung. Eine Richtlinie ist einer Verordnung vorzuziehen, da sie eine reibungslosere Umsetzung des Gemeinschaftsrechts in geltendes nationales Vertragsrecht bzw. Verbraucherkodizes ermöglicht. Sie lässt den Mitgliedstaaten den notwendigen Ermessensspielraum hinsichtlich der Beibehaltung derjenigen nationalen Rechtskonzepte und Grundprinzipien des nationalen Vertragsrechts, die mit den Zielen des Vorschlags für gemeinschaftliche Rechtsvorschriften vereinbar sind. Im Gegensatz zu einer Verordnung kann die Umsetzung einer Richtlinie auf nationaler Ebene die Entstehung einer einheitlichen und kohärenten Regelung fördern, die für die Gewerbetreibenden einfacher anzuwenden und auszulegen sowie für die staatlichen Behörden leichter durchzusetzen ist und die mit dem Subsidiaritätsprinzip stärker im Einklang steht.“
B. Verengung der Umsetzungsspielräume; Einfluss auf Umsetzungsmodelle?
231
B. Verengung der Umsetzungsspielräume; Einfluss auf Umsetzungsmodelle? Erheblich kritisiert werden die aufgrund der Verengung der Umsetzungsspielräume entstehenden System- und Wertungswidersprüche innerhalb des nationalen Rechts (I.). Fraglich ist, ob die Vollharmonisierung aufgrund der mit ihr verbundenen Umsetzungsschwierigkeiten gegen das integrierende Umsetzungsmodell spricht (II.).
I. System- und Wertungswidersprüche innerhalb des nationalen Rechts aufgrund der Umsetzung Die Vorteile der Richtlinie, namentlich die bessere Eingliederung ins nationale Recht und die größere Chance auf Akzeptanz der Vorschriften sind umso geringer, je weniger Spielraum dem nationalen Gesetzgeber zusteht, sei es aufgrund der vollharmonisierenden Wirkung oder aufgrund der Detailliertheit der Vorschriften.101 Dies bewirkt auch, dass vermehrt Unstimmigkeiten zwischen dem Verbraucherrecht und dem allgemeinen nicht harmonisierten Vertragsrecht auftreten.102 Ein Beispiel für einen solchen Systembruch im deutschen Recht ist in der überschießenden Umsetzung in § 323 II BGB zu sehen, der in manchen Kostellationen im Widerspruch zu der Parallelvorschrift des § 281 II BGB steht. Dies führt zu dem paradoxen Ergebnis, dass die Voraussetzungen für einen Schadensersatz statt der Leistung gegeben sein können, ohne dass gleichzeitig diejenigen für den Rücktritt vorliegen.103 Ein Gegenbeispiel ist in der Vereinheitlichung der Terminologie des Widerrufs innerhalb des Cconsom durch den französischen Umsetzungsgesetzgeber zu sehen.104 Hier wurde die Umsetzung der VRRL dazu genutzt, das nationale Recht zumindest punktuell kohärenter zu gestalten. Insgesamt sind keine zu großen Brüche mit dem allgemeinen Zivilrecht, die durch die Umsetzung der VRRL bedingt wären, erkennbar.
101
Müller-Graff, NJW 1993, 13, 22; Schinkels, GPR 2005, 109, 113; Picod/Davo, Droit de la consommation, p. 12; Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 15. 102 Roth, in: Gsell/Herresthal, Vollharmonisierung im Privatrecht, 13, 15; Stürner, in: Stürner, Vollharmonisierung im Europäischen Verbraucherrecht, 3, 6 f.; Tonner/Tamm, JZ 2009, 277, 287; Aubert de Vincelles, RDC 2009 n82, p. 578 Rn. 9. 103 Vgl. Teil 3, B. IV. 1. b). 104 Vgl. Teil 3, C. I. 2.
232
Teil 4: Fazit
II. Spricht Vollharmonisierung gegen integrierende Umsetzung? Schließlich stellt sich die Frage, ob im Rahmen der Vollharmonisierung aufgrund der Verengung der Umsetzungsspielräume der Mitgliedstaaten eine integrierende Umsetzung noch praktisch zu verwirklichen ist. Im Rahmen der Umsetzung mindestharmonisierender Richtlinien ist die integrierte Umsetzung mehrerer Richtlinienvorgaben in einer Umsetzungsnorm durch Festlegung auf die jeweils verbrauchergünstigste Position noch relativ einfach möglich.105 Mit der Vollharmonisierung ist dem Umsetzungsgesetzgeber dieser Weg jedoch erschwert,106 denn es ist dem Gesetzgeber verwehrt, durch Implementierung eines höheren Schutzniveaus auf einen gemeinsamen Nenner der auf verschiedenen Richtlinien basierenden Vorschriften zu kommen. Dies führt bei der Umsetzung zu einer Erhöhung der Zahl vorzunehmender Änderungen und so zu einer Verkomplizierung des Rechts.107 Die Konsequenz ist, dass entweder die Zusammenfassung mehrerer Regelungen in einer nationalen Umsetzungsvorschrift aufgegeben (so beispielsweise die gemeinsame Regelung von Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen und über sonstige Leistungen sowie die Verweisung der Widerrufs- auf die Rücktrittsfolgen) oder neben der Zentralnorm viele Ausnahmen geschaffen werden müssen (so bleibt § 355 BGB die Zentralnorm für das Widerrufsrecht, in §§ 356 ff. BGB finden sich jetzt die vertriebsformspezifischen Abweichungen). Im Ergebnis kann dies zu einer Unübersichtlichkeit des anzuwendenden Rechts führen, wobei gerade die Aufgabe der Verweisung auf die Rücktrittsfolgen als deutlich klarer angesehen wird.108 Zwar musste der deutsche Umsetzungsgesetzgeber einige Änderungen vornehmen, darunter sogar Änderungen von Vorschriften, die bereits zuvor aufgrund der Rechtsprechung des EuGH angepasst werden mussten. Ein Beispiel hierfür ist die Einführung des ewigen Widerrufsrechts aufgrund der Heininger-Rechtsprechung des EuGH, das in der VRRL keine Berücksichtigung gefunden hat. Allerdings scheint das BGB weiterhin richtiger Umsetzungsort der verbraucherrechtlichen Richtlinien trotz Vollharmonisierung zu sein.109 Über die Definitionen von Verbraucher und Unternehmer in §§ 13, 14 BGB hinaus ist durch die neuen §§ 312, 312a und 312k BGB ein allgemeiner Teil des Verbraucherrechts 105
Vgl. Teil 2, C. I. 1. So bereits hinsichtlich der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie Wendehorst, ZEuP 2011, 263, 286 f. 107 Wendehorst, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 61, 65; die zunehmenden Komplexität anerkennend, aber im Verhältnis zum Vorteil der Vermeidung von Wertungswidersprüchen im Zivilrecht insgesamt als hinnehmbar qualifizierend Tonner, VuR 2014, 24, 27. 108 Vgl. Teil 3, C. I. 1. 109 Tonner, VuR 2014, 24, 25, 27; Tonner, VuR 2013, 443, 448; Brönneke/Fezer, Stellungnahme der Verbraucherkommission Baden-Württemberg, 2012, 1; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2612. 106
C. Ausblick
233
geschaffen worden.110 Durch Zusammenlegung und die Technik des Vor-dieKlammer-Ziehens schafft es der deutsche Umsetzungsgesetzgeber, zumindest einige Wiederholungen zu vermeiden und die Richtlinienvorgaben zu systematisieren.111 Spannungen zwischen dem nationalen Zivilrecht und den Umsetzungsnormen sind zwar nicht zu verhindern, jedoch aus Gründen des notwendigen Zusammenhangs des allgemeinen Zivilrechts mit den Verbraucherschutzregelungen, deren Rückführung in ein eigenes Gesetz bzw. in Sondergesetze vorzuziehen.112 Insbesondere ist am Beispiel Frankreichs zu erkennen, dass auch im Rahmen des auslagernden Umsetzungsmodells teilweise erhebliche Änderungen bestehender Normen vorgenommen werden müssen113 und auch hier ein einfaches „copy and paste“ oftmals für eine Umsetzung nicht ausreichend ist. Zudem erlangt das Verbraucherrecht durch seine Position im BGB mehr Bedeutung.114 Vor allem die Umsetzung horizontaler Systeme ist im Rahmen einer vereinheitlichenden Umsetzung besser zu bewerkstelligen als mehrere punktuelle Regelungen.115
C. Ausblick Es kann bedauert werden,116 dass weiterhin zwischen Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen unterschieden werden muss, anstatt, wie beispielsweise in den Acquis Principles (Art. 5 A-01 ACQP) und dem DCFR (Art. II-5:201 DCFR), beide Geschäftsformen unter den Oberbegriff der „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge“ zusammenzufassen. Dies gilt vor allem für formale Anforderungen.
110
Vgl. Gsell, Staudinger/Eckpfeiler 2014 Rn. 40; Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 550. Vgl. Teil 3, C. I. 1.; so auch Hilbig-Lugani, ZJS 2013, 545, 550. 112 Brönneke/Fezer, Stellungnahme der Verbraucherkommission Baden-Württemberg, 2012, 1; Effer-Uhe/Watson, GPR 2009, 7, 14; Tonner, VuR 2014, 24, 26; ähnlich auch SchmidtKessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 23. 113 So für die allgemeinen Informationspflichten, vgl. Teil 3, B. II. 1. 114 Siehe hierzu bereits Teil 1, C. I. 2.; vgl. auch Schmidt-Kessel, Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung, 22; Basedow, AcP 200 (2000), 445, 473 und 489; von Vogel, GPR 2005, 164, 166; Herresthal, in: Zehn Jahre Schuldrechtsmodernisierung, 279, 286, 304. 115 Effer-Uhe/Watson, GPR 2009, 7, 15. 116 Hall/Howells/Watson, ERCL 2/ 2012, 139, 142 f., 151; Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1161. 111
234
Teil 4: Fazit
Zu begrüßen ist aber zumindest die Annäherung der Regelungen dieser Vertriebsformen.117 Doch wie bereits festgestellt wurde,118 bestehen noch einige Unstimmigkeiten im Vergleich mit anderen Richtlinien. So besteht also innerhalb der europäischen Richtlinien noch Bedarf an weiterer Kohärenz. Doch auch zur Verwirklichung des Ziels der Stärkung des Verbrauchervertrauens durch Schaffung eines einheitlichen hohen Verbraucherschutzniveaus wäre eine weitere Vereinheitlichung insbesondere der Sanktionen förderlich. Auch stellen sich bei der Vollharmonisierung wie auch bei der Mindestharmonisierung die gleichen Probleme der unterschiedlichen Auslegung des auf der Richtlinie basierenden nationalen Rechts. Die Effektivität der Rechtsangleichung in Form von Richtlinien hängt im großen Maße von der einheitlichen Auslegung auf nationaler Ebene ab, denn die Auslegung nationaler Vorschriften, ob sie auf Gemeinschaftsrecht basieren oder nicht, fällt in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der nationalen Gerichte.119 Somit ist jede Harmonisierung, auch die Vollharmonisierung, nur relativ, denn die Interpretation des Rechts innerhalb der Mitgliedstaaten wird immer zu Unterschieden führen und dies trotz Kontrolle des EuGH.120 Zudem spielt bei der Auslegung und Anwendung des Rechts auch immer die rechtskulturelle Komponente eine wichtige Rolle.121 Sowohl die nationalen Gesetzgeber als auch die Lehre müssen sich mit der Koordination des europäischen und nationalen Rechts auseinandersetzen, um ein kohärentes Zusammenspiel der sich überlappenden Systeme zu ermöglichen.122 Probleme bereitet das durch Rechtstradition geprägte jeweils unterschiedliche Verständnis der Kohärenz in den Mitgliedstaaten; so wäre nach französischem Verständnis wohl die Formulierung allgemeiner Rechtsprinzipien geboten, nach deutschem Verständnis vielleicht eher die Zusammenfassung und Voranstellung der 117
Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 283; Brönneke/Schmidt, VuR 2014, 3, 7. Teil 4, I. 1. a). 119 Müller-Graff, NJW 1993, 13, 21; Schmidt, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, 59, 1995, 569, 571; Fauvarque-Cosson, RTD Civ. 2002, p. 463 Rn. 23; in diese Richtung auch Basedow, AcP 200 (2000) 445, 464; zu der Verteilung der Konkretisierungskompetenz zwischen dem EuGH und den nationalen Gerichten siehe ThierietDuquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 12 ff.; vgl. auch Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 388 ff. 120 Vgl. hierzu Gsell, AcP 210 (2014), 99, 139 ff.; Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1159; Thieriet-Duquesne/Riehm, Petites affiches 2009 n8 83, p. 9, 15; Grigoleit, AcP 210 (2010), 354, 410. 121 Zu den Herausforderungen im Mehrebenensystem siehe Gsell, AcP 210 (2014), 99, 106 ff. 122 In diese Richtung auch Schulze, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 169, 172; vgl. auch Basedow, AcP 200 (2000) 445, 457 f. 118
C. Ausblick
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Grundsätze im Verhältnis zu den Sonderregelungen.123 Dieses unterschiedliche Verständnis von Kohärenz hemmt die Koordination und Systematisierung des europäischen Rechts. Dementsprechend wäre eine Intensivierung des Austauschs der nationalen Literatur und Gesetzgebungsorgane wünschenswert. Neben den wirtschaftlichen Zielen der Harmonisierung verfolgt diese auch einen idealistischeren Ansatz, nämlich die Annäherung der europäischen Völker durch Stärkung des Einheitsgefühls, über die verschiedenen Nationen auch zu einem europäischen Volk zu gehören.124 Die Stärkung des Nationalgefühls durch Rechtseinheit war bereits Ziel der großen Kodifikationen wie des BGB und Code civil.125 Zwar kann die VRRL nicht allen ihren Zielen gerecht werden. Nichtsdestotrotz stellt sie einen wichtigen Schritt in der Bildung einer europäischen Vertragsrechts dar.126
123
172.
So Schulze, in: Mazeau/Schulze/Wicker, L’amorce d’un droit européen du contrat, 169,
124 Aubert de Vincelles, RTD Eur. 2010, p. 695, 697; zu diesem Apekt im Rahmen der Diskussion über ein Europäisches Zivilgesetzbuch siehe Howells, ERCL 2011, 173, 177; Schwintowski, JZ 2002, 205, 210; Müller-Graff, NJW 1993, 13, 23. 125 Vgl. Basedow, AcP 200 (2000) 445, 467. 126 Castets-Renard, Recueil Dalloz 2009, 1158, 1162; in diese Richtung auch im Ergebnis Grundmann, JZ 2013, 53, 65; Hall/Howells/Watson, ERCL 2/ 2012, 139, 166 sprechen von „unspectacular but useful consolidation“; vgl. auch Hörmann, Der Internethandel und die neue Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, 282, der die VRRL insgesamt positiv bewertet.
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Stichwortverzeichnis Arbeitnehmer 60, 72, 129, 147, 149, 152, 158 Arbeitsplatz 60, 64 – 67, 100, 101, 143 Auslagerung/auslagernde Umsetzung/auslagernder Ansatz 31 – 33, 35, 37 – 41, 43, 44, 49, 52, 233 Binnenmarkt 17, 21, 22, 25 – 30, 48, 49, 131, 217, 227, 229, 230 Bürgschaft 64, 65, 67, 68, 156 Bußgeld 110, 125, 130, 176, 177, 205, 206, 208, 213, 214, 223 crédit affecté
119, 193
Deliktrecht/deliktische Haftung 49, 110, 177 dual-use 148 – 150, 152, 218, 220 Gefahrübergang
142, 201, 202, 214, 223
Hinsendekosten
86, 87, 187
integrierende Umsetzung/integrativer Ansatz 31, 33, 94, 209, 231, 232 Kompetenz 17, 18, 22, 27, 28, 44, 46, 49 – 51, 131, 134, 136, 229 Kosten 25, 26, 87, 103, 114, 120, 121, 124, 159, 163 – 166, 168, 170, 172, 174 – 176, 179, 180, 184, 186 – 188, 190 – 192, 203, 204, 213, 217, 226, 228 Lieferfrist/Lieferungsfrist/Zeitpunkt der Lieferung 76, 105, 106, 162, 199, 201 lien direkt/rapport direct 61, 62, 72, 96, 150, 152, 219, 220 Mindestharmonisierung 23, 25, 73, 74, 81, 124, 129, 131, 132, 134, 137, 149, 160, 161, 163, 209, 212, 221, 234
nicht bestellte/unbestellte Waren oder Dienstleistungen 94, 120, 123 – 125, 173, 174, 207, 208, 214, 223 Nichtigkeit 75, 78 – 81, 84, 85, 90 – 92, 110, 119, 176, 177, 179, 184, 206, 211, 213, 214, 224 nullité 78, 80, 224 Öffnungsklausel 23, 92, 138, 146, 149, 152, 158, 162, 211, 212, 220, 222, 223, 227, 230 Privatautonomie
47, 124
Rechtszersplitterung 25, 26, 30, 51, 132, 217, 223 Rücksendekosten/Kosten der Rücksendung 114, 115, 120, 121, 124, 176, 188, 190, 191, 226 strafrechtliche Sanktionen 38, 78, 80, 116, 118, 176 Subsidiaritätsprinzip 45, 46, 216, 217, 229, 230 targeted harmonisation 23, 134, 230 telefonische Kommunikation 133, 204 Transaktionskosten 26, 130, 217, 227, 228, 230 Umsetzungsfrist
141
Verbrauchergesetzbuch 20, 40, 42, 44 Verbraucherschutzniveau 22, 28, 29, 133, 134, 146, 216, 217, 223 – 227, 229, 230 verbundene Verträge/akzessorische Verträge 118, 179, 192, 193 Vollharmonisierung 23 – 27, 31 – 33, 51, 52, 55, 92, 93, 129, 132 – 140, 157, 172, 184, 190, 199, 201, 207 – 209, 212, 214, 218 – 220, 222, 224, 228 – 232, 234
250
Stichwortverzeichnis
vorherige Bestellung 123, 129 vorvertragliche Informationspflichten 110, 160
103,
Zahlung 114 – 116, 118 – 120, 122, 123, 125, 133, 159, 164, 168, 171, 173, 174, 176, 180, 186 – 188, 191, 199, 201, 203 – 206, 214, 222