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German Pages 243 [244] Year 2010
GPR
Dissertation
Schriften zum Gemeinschaftsprivatrecht
Die Schriften zum Gemeinschaftsprivatrecht werden herausgegeben von Professor Dr. Martin Schmidt-Kessel, Osnabrück Professor Dr. Christian Baldus, Heidelberg Privatdozent Dr. Martin Gebauer, Heidelberg u. Frankfurt / Oder Privatdozent Dr. Stefan Geibel, Heidelberg Professor Dr. Peter Jung, Basel Professor Dr. Matthias Lehmann, Halle Richter am OLG Dr. Jan Maifeld, Düsseldorf Rechtsanwalt Dr. Eike Najork, LL.M., Köln Notar Dr. Robert Schumacher, LL.M., Aachen Professor Dr. Michael Stürner, Frankfurt / Oder Professor Dr. Brigitta Zöchling-Jud, Wien
Sanktionen für die Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten Eine Untersuchung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben und deren Umsetzung in Deutschland, Frankreich und Großbritannien
Andreas Börger
ISBN (print) 978-3-86653-151-2 ISBN (eBook) 978-3-86653-899-3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© 2010 by sellier. european law publishers GmbH, München. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Ver wertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zu stimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfi lmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Herstellung: Karina Hack, München. Satz: fidus Publikations-Service GmbH, Nörd lingen. Druck und Bindung: AZ Druck und Datentechnik, Kempten. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany.
Vorwort Diese Arbeit wurde im Wintersemester 2009 / 2010 von der Fakultät für Rechtswissenschaft der Universität Osnabrück als Dissertation angenommen. Ein besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Hans Schulte-Nölke, für die Betreuung der Arbeit sowie für acht spannende und herausfordernde Jahre an seinem Institut als studentische Hilfskraft und wissenschaftlicher Mitarbeiter. Herrn Prof. Dr. Hans-Jürgen Ahrens danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens, den Herausgebern für die Aufnahme der Arbeit in diese Schriftenreihe. Schließlich bedanke ich mich bei meiner Freundin Sandra sowie meinen Eltern für die fortwährende Unterstützung während der Erstellung dieser Arbeit. Ihnen ist diese Arbeit gewidmet. Bielefeld, im April 2010
Andreas Börger
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
V
Einleitung A.
Problemstellung
1
B.
Ziel der Untersuchung
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C.
Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes, Terminologie und Gang der Untersuchung
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Kapitel 1 Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten § 1 Ziele des europäischen Verbrauchervertragsrechts
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§ 2 Verbraucherschutzpolitik in den Mitgliedstaaten
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A. Deutschland: Verbraucherpolitik als Sozialpolitik?
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B. Frankreich: Verbraucherpolitik als staatliche Marktpolitik?
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C. Großbritannien: Verbraucherpolitik als Mittel der Wettbewerbspolitik?
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§ 3 Zwischenergebnis
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VIII
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 2 Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien § 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten in Verbraucherschutzrichtlinien A. Gründe für das Entstehen von Informationspflichten I. Haustürgeschäfte II. Fernabsatzgeschäfte 1. Allgemeine Fernabsatzgeschäfte 2. Fernabsatz von Finanzdienstleistungen III. Pauschalreise- und Timesharingverträge IV. Zwischenergebnis
21
22 25 25 27 28 30
B. Inhalt der Informationspflichten I. Informationen über die Identität II. Leistungsbezogene Informationspflichten 1. Wesentliche Merkmale des Produkts oder der Dienstleistung 2. Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben 3. Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen III. Verfahren zum Umgang mit Beschwerden IV. Bestehen eines Rücktritts- oder Widerrufsrechts V. Zwischenergebnis
37 38 40 42 42 43
C. Form der Informationserteilung
47
D. Zeitpunkt der Informationserteilung
50
30 35 37
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen im Europarecht A. Primärrecht
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B. Sekundärrecht I. Kompetenz zur Regelung der Sanktionen II. Ausdrückliche Vorgaben III. Zielimmanente Sanktionen?
56 58 59
Inhaltsverzeichnis
IX
C. Rechtsprechung des EuGH I. Rechtssache Kommission . / . Griechenland II. Rechtssachen Heininger, Schulte, Crailsheimer Volksbank und Hamilton III. Rechtssache Cofidis IV. Rechtssache Royer V. Rechtssache Munoz VI. Bewertung der EuGH-Rechtsprechung
61 63 64 65 67
D. Äußerungen des Rates und der Kommission I. Grünbuch zum Verbraucherschutz II. Stellungnahmen der interessierten Kreise
70 71 71
E. Zusammenfassung der gemeinschaftsrechtlichen Sanktionsvorgaben
73
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente
60
75
A. Individuelle Rechtsbehelfe I. Zivilrechtliche Sanktionen 1. Instrumente des allgemeinen Zivilrechts 2. Widerrufsrechte II. Wettbewerbsrechtliche Sanktionen
76 76 78 80
B. Kollektivrechtliche Sanktionen I. Unterlassungsklagen II. Sanktionen im nationalen Lauterkeitsrecht
81 82
C. Strafrechtliche Sanktionen
82
D. Öffentlich-rechtliche Sanktionen
83
E. Prozessrechtliche Folgen
84
§ 7 Funktionen der einzelnen Informationspflichten und spezifische Sanktionen
87
A. Informationen über die Identität des Unternehmers
88
B. Leistungsbezogene Informationspflichten I. Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung
90
X
Inhaltsverzeichnis
II. Informationen über den Preis III. Informationen über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen
92 94
C. Informationen über Rechtsbehelfe und Beschwerdemöglichkeiten
94
D. Informationen über das Bestehen eines Widerrufsrechts
95
E. Zwischenergebnis
98
Kapitel 3 Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten § 8 Umsetzungstechniken
101
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
104
A. Unterlassungsansprüche in Deutschland, Frankreich und Großbritannien I. Deutschland 1. Unterlassungsklagen nach dem UKlaG 2. Unterlassungsklagen nach dem UWG 3. Musterklage nach Art. 1 § 3 Nr. 8 Rechtsberatungsgesetz 4. Gruppenklagen 5. Gewinnabschöpfungsanspruch II. Frankreich 1. Die action civile (1) Schadensersatz für die Verletzung kollektiver Verbraucherinteressen (2) Unterlassung und Beseitigung eines Rechtsverstoßes (3) Strafrechtliche Verurteilung des Unternehmers 2. Die action en cessation de pratiques illicites 3. Die action en représentation conjointe III. Großbritannien IV. Bewertung
104 104 107 109 109 110 111 112 113 114 114 114 115 115 119
Inhaltsverzeichnis
B. Informationsspezifische Sanktionen I. Informationen über die Identität des Unternehmers 1. Umsetzung der Informationspflicht 2. Nationale Sanktionen a) Deutschland b) Frankreich c) Großbritannien 3. Bewertung II. Leistungsbezogene Informationspflichten 1. Informationen über die wichtigsten Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung a) Umsetzung der Informationspflicht b) Nationale Sanktionen aa) Deutschland bb) Frankreich cc) Großbritannien c) Bewertung 2. Informationen über den Preis a) Umsetzung der Informationspflicht b) Nationale Sanktionen aa) Deutschland bb) Frankreich cc) Großbritannien c) Bewertung 3. Informationen über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen a) Umsetzung der Informationspflicht b) Nationale Sanktionen aa) Deutschland bb) Frankreich cc) Großbritannien c) Bewertung III. Informationen über Rechtsbehelfe und Beschwerdemöglichkeiten 1. Umsetzung der Informationspflicht 2. Nationale Sanktionen a) Deutschland b) Frankreich c) Großbritannien 3. Bewertung
XI
121 121 122 122 126 128 129 130 130 130 130 130 135 138 143 145 145 145 145 148 149 151 152 152 152 152 155 157 158 159 159 159 159 159 160 160
XII
Inhaltsverzeichnis
IV. Informationen über das Bestehen eines Widerrufsrechts 1. Umsetzung der Informationspflicht a) Deutschland b) Frankreich c) Großbritannien 2. Nationale Sanktionen a) Deutschland aa) Umsetzung der Schulte-und-CrailsheimerVolksbank-Entscheidungen (1) Lösungsansätze in der Literatur (2) Rechtsprechung des BGH bb) Bewertung b) Frankreich c) Großbritannien 3. Bewertung
161 161 161 162 162 164 164 170 172 176 178 185 188 190
Kapitel 4 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Einfluss der europäischen Verbraucherschutzpolitik 2. Regelung von Informationspflichten und Grad der Vereinheitlichung 3. Zusammenfassung der Informationspflichten 4. Funktionen der Informationspflichten und adäquate Sanktionen 5. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für die Sanktionierung 6. Nationale Sanktionierung 7. Bewertung der nationalen Ansätze 8. Vorschlag für zukünftige Vorhaben 9. Ausblick
193 193 194 194 195 195 197 197 199
Literaturverzeichnis
203
Verzeichnis der Onlinequellen
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Einleitung A. Problemstellung Während die Informationspflichten in den Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft immer ausgeprägter geregelt wurden, kann dies von den in den Richtlinien vorgesehenen Sanktionen nicht behauptet werden. Sie beschränken sich in den allermeisten Fällen auf eine allgemeine, generalklauselartige Vorschrift, die den Mitgliedstaaten auferlegt, für geeignete, wirksame und abschreckende Sanktionen zu sorgen.1 Die konkrete Ausgestaltung der Sanktionen wird in der Regel in das Ermessen der Mitgliedstaaten gestellt. Lediglich die neueren Richtlinien enthalten konkretere Vorgaben bei Verstößen gegen vorvertragliche Informationspflichten.2 Die Verbraucherschutzrichtlinien haben zwei Zielrichtungen: Neben der Erhöhung des Verbraucherschutzes verfolgen sie auch das Ziel der Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes. Diese Ziele sollen durch eine Vereinheitlichung des Verbraucherrechts erreicht werden. Wenn jedoch die Richtlinien den Mitgliedstaaten bei der Frage der Sanktionen einen weiten Ermessensspielraum lassen, könnte das Vereinheitlichungsziel durch nationalstaatliche Besonderheiten gefährdet sein. Diese Einschätzung scheint sich zu bestätigen, wenn es heißt, dass im Bereich der Sanktionen ein „bizarres Potpourri an nationalen Lösungen“3 existiert. Sollte diese Einschätzung stimmen, kann diese Rechtslage dazu führen, dass beide Ziele nicht erreicht werden. Unternehmer werden davon abgehalten, grenzüberschreitend tätig zu werden, da ihnen unbekannte Sanktionen drohen. Verbraucher nehmen von grenzüberschreitenden Käufen Abstand, da ihnen das Vertrauen fehlt, in anderen Mitgliedstaaten einen mit dem Heimatland vergleichbaren Standard vorzufinden.4 1
2
3 4
Vgl. Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie, Art. 11 Abs. 1 der Fernabsatzrichtlinie, Art. 11 der Timesharingrichtlinie. So sieht z.B. die Fernabsatzrichtlinie bei einem Verstoß gegen die Pflicht zur schriftlichen Bestätigung der erforderlichen Sanktionen aus Art. 5 vor, dass die Widerrufsfrist erst mit Erteilung dieser Bestätigung zu laufen beginnt. Kötz, Europäisches Vertragsrecht I, S. 139 mit Beispielen. Vgl. die Ausführungen im Grünbuch der EU-Kommission „Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz“, KOM (2006) 744, S. 8.
2
Einleitung
B. Ziel der Untersuchung Informationspflichten beschäftigen die Rechtswissenschaft seit ihren Anfängen.5 Ausdrücklich statuierte Informationspflichten im Bereich des Verbraucherschutzrechts haben seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts im Rahmen der angestrebten Harmonisierung des Verbraucherrechts durch die Europäische Gemeinschaft einen rasanten Aufschwung erlebt. Die bisherigen Untersuchungen zu Informationspflichten beschränken sich auf die Herleitung und das Bestehen der Informationspflichten selbst. Die Sanktionierung von Verstößen gegen Informationspflichten wird häufig nur am Rande gestreift6 oder nur auf nationaler Ebene7 untersucht. In dieser Lücke8 setzt die vorliegende Untersuchung an. Die Verbraucherschutzrichtlinien, die im Rahmen der Überarbeitung des verbraucherrechtlichen Besitzstandes auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden9, bieten sich dabei für diese Analyse an. Die Pauschalreiserichtlinie10, die Timesharingrichtlinie11 und die Richtlinien über den Fernabsatz12 und den Fernabsatz von Fi-
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Vgl. nur die Hinweise bei Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, S. 1 ff. Breidenbach, Die Voraussetzungen von Informationspflichten beim Vertragsschluss, München 1989; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, München 1997; Lorenz, Der Schutz vor dem unerwünschten Vertrag, München 1997; Fleischer, Informationsasymmetrie im Vertragsrecht, München 2001; Rehm, Aufklärungspflichten im Vertragsrecht, München 2003. Jamal, Sanktionen und Rechtsbehelfe bei der Verletzung verbraucherschützender Informations- und Dokumentationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr, 2003. So auch Fleischer, in: Schulte-Nölke / Schulze / Bernardeau, S. 171, 177. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat – Europäisches Vertragsrecht und Überarbeitung des gemeinschaftlichen Besitzstands – weiteres Vorgehen, KOM (2004) 651 endg., S. 3 f. Richtlinie 90 / 314 / EWG des Rates vom 13. Juni 1990 über Pauschalreisen, ABl. L 158 vom 23.6.1990, S. 59-64, im Weiteren Pauschalreiserichtlinie. Richtlinie 94 / 47 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien, ABl. L 280 vom 29.10.1994, S. 83-87; im Weiteren Timesharingrichtlinie. Richtlinie 97 / 7 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, ABl. L 144 vom 4.6.1997, S. 19-27, im Weiteren Fernabsatzrichtlinie.
B. Ziel der Untersuchung
3
nanzdienstleistungen13 enthalten ausführliche vorvertragliche Informationspflichtenkataloge. Es wird versucht, funktionelle und wertungsmäßige Gemeinsamkeiten bei Informationspflichten zu finden und diesen Informationspflichten funktional adäquate Sanktionen zuzuweisen. Ausgangspunkt für die Regelung der Informationspflichten war das Gemeinschaftsrecht. In einem ersten Schritt wird deshalb untersucht, inwieweit dem Primär- und Sekundärrecht der Europäischen Union Vorgaben hinsichtlich der Sanktionen für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht zu entnehmen sind. Dabei ist auch die Rechtsprechung des EuGH zu diesem Themenbereich einzubeziehen. Auf der Basis der dann gewonnenen Ergebnisse werden rechtsvergleichend die Sanktionenregime der ausgewählten nationalen Rechtsordnungen in den Blick genommen und an den gefundenen gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben gemessen. Diese Frage ist vor allem durch die Überarbeitung des verbraucherrechtlichen Besitzstandes von rechtspolitischer Aktualität. Eine der im Anhang des Grünbuchs aufgeführten Fragen befasst sich mit der Notwendigkeit einer weitergehenden Harmonisierung der Sanktionen bei einer Verletzung von Informationspflichten.14 Ein entscheidender Faktor für die Beantwortung dieser Frage ist auch die Effektivität der bisherigen Sanktionierung von Informationspflichtverletzungen in den Mitgliedstaaten. Rechtsvergleichend sollen deshalb die Rechtsordnungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens mit ihren unterschiedlichen Traditionen und Ansätzen in der Verbraucherpolitik untersucht werden. Das deutsche Recht setzt vorrangig auf eine private Durchsetzung des Verbraucherrechts, während das französische Recht einen starken strafrechtlichen Schwerpunkt setzt. Als dritte Rechtsordnung bietet sich das durch das Common Law geprägte englische Recht an, das im Verbraucherrecht eher auf eine staatliche Durchsetzung des Verbraucherschutzes setzt und außerhalb des Verbraucherrechts mit der Statuierung von Informationspflichten zurückhaltend ist. Die in den nationalen Rechtsordnungen gefundenen Sanktionslösungen könnten, wie dies bereits häufiger geschehen ist, Eingang in eine weitere Harmonisierung der gemeinschaftsrechtlichen Sanktionsvorgaben finden. Dies kann unabhängig vom weiteren Vorgehen in der Verbraucherpolitik
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Richtlinie 2002 / 65 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90 / 619 / EWG des Rates und der Richtlinien 97 / 7 / EG und 98 / 27 / EG, ABl. L 271 vom 9.10.2002, S. 16-24, im Weiteren Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Frage E im Grünbuch „Die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz“, KOM (2006) 744, S. 23.
4
Einleitung
und im Europäischen Vertragsrecht15 beim Erlass und der Überarbeitung von Richtlinien hilfreich sein. Das Ergebnis dieser Untersuchung kann Anhaltspunkte für die Beantwortung der Frage geben, ob die Sanktionen für Informationspflichtverletzungen auf europäischer Ebene harmonisiert werden müssen16 oder ob die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen ausreichend Instrumente enthalten, die eine Einhaltung der Informationspflichten durch eine effektive und wirksame Sanktionierung von Verstößen gewährleisten.
C. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes, Terminologie und Gang der Untersuchung Der Anwendungsbereich der Untersuchung beschränkt sich auf die Verbraucherschutzrichtlinien, die dem Konzept der Information in Form ausführlicher Informationspflichtenkataloge folgen. Im Rahmen dieser Arbeit werden lediglich die vorvertraglichen Informationspflichten in den Blick genommen, das heißt diejenigen Pflichten, die vor Vertragsschluss erfüllt werden müssen. Es wurden die Richtlinien ausgewählt, die auf Grund des Zeitraums seit der Umsetzung schon Einfluss auf die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen gezeigt haben, der über die bloße Umsetzung hinausgeht, insbesondere die Untersuchung durch Forschung in der Literatur und Anwendung in der Rechtspraxis durch die nationalen Gerichte. Andere Richtlinien, denen auch ein Informationskonzept zu Grunde liegt, wie die Klauselrichtlinie17 und die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie18, verfolgen andere Ansätze, zielen eher auf den Vertragsinhalt und führen bei dem Ziel, den Informationspflichten Funktionen und adäquate Sanktionen zuzuweisen, nicht weiter. Die Instrumente dieser Richtlinien werden aber insoweit Beachtung finden, als diese zur Sanktionierung vorvertraglicher Informationspflichten herangezogen werden können. Eine rechtsvergleichende Untersuchung aller Verbraucherschutzrichtlinien würde den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Deshalb beschränkt 15
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17 18
Vgl. dazu die Mitteilung der EU-Kommission zum Vertragsrecht, KOM (2004) 651. Vgl. nur das Grünbuch der Europäischen Kommission zur Überprüfung des Verbraucheracquis; KOM (2006) 744 endg. abrufbar auf der Seite der EU-Kommission unter http: // ec.europa.eu / consumers / cons_int / safe_shop / acquis / greenpaper_cons_acquis_de.pdf. Howells / Wilhelmsson, EC Consumer Law, S. 108 f. Schulte-Nölke, Vertragsfreiheit und Informationszwang nach der Schuldrechtsreform, ZGS 2002, 72 ff.
C. Eingrenzung des Untersuchungsgegenstandes
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sich die Untersuchung auf drei vertriebsspezifische Richtlinien und zwei Richtlinien, die auf Grund des Vertragsgegenstands Informationspflichtenkataloge enthalten, um auf diese Art aus unterschiedlichen Gründen geregelte Informationspflichten zu erfassen. Im Rahmen dieser Untersuchung wird der Begriff der Informationspflichten gebraucht.19 Information ist die bloße Mitteilung von Tatsachen und Prognosen.20 An die Mitteilung der Informationen sind bestimmte Anforderungen zu stellen, insbesondere sind die Grundsätze der Transparenz zu beachten, das heißt die Informationen müssen klar, verständlich und vollständig mitgeteilt werden. Die Informationen müssen noch nicht individualisiert sein. Eine Beratung hat nicht zu erfolgen, so dass die Ausarbeitung des Informationsinhalts dem Mitteilungsempfänger obliegt.21 Zunächst werden in dieser Arbeit die konzeptionellen Grundlagen der Verbraucherpolitik auf europäischer Ebene sowie in den drei Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien dargestellt. Mit Hilfe verschiedener Verbraucherschutzrichtlinien wie der Haustürwiderrufs-, der Pauschalreise-, der Timesharing- und der Fernabsatzrichtlinie sowie der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, die aus unterschiedlichen gesetzgeberischen Motiven für notwendig erachtet wurden, werden die ausführlichen Informationspfl ichtenkataloge näher betrachtet. Es wird der Versuch unternommen, die zahlreichen Informationspflichten zu übersichtlicheren Gruppen von Pflichten zusammenzufassen. Maßstab ist dabei zunächst der Inhalt der Informationspflicht. In einem zweiten Schritt werden die Funktionen der jeweiligen Pflichten analysiert. Als nächstes werden die europarechtlichen Vorgaben für die Sanktionierung der Informationspflichten untersucht, um diesen Kategorien von Informationspflichten jeweils eine funktionsangemessene Sanktion zuzuordnen. Im letzten Teil der Untersuchung werden die nationalen Rechtsordnungen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien in den Blick genommen, ob sie den gefundenen Anforderungen an die Sanktionierung von Informationspflichten gerecht werden. 19 20
21
Busch, S. 14 m.w.N. Ebers, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis Communautaire, S. 171, 173. Beratungspflichten stellen höhere Anforderungen an den Unternehmer. Sie erfordern eine auf die individuellen Interessen des Kunden abstellende Bewertung der Informationen, die über die bloße Bereitstellung der Informationen hinausgeht. Durch die Pflicht zur Berücksichtigung der Interessen des möglichen Vertragspartners obliegt dem Unternehmer auch eine Informationsbeschaffungspflicht.
Kapitel 1 Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten § 1 Ziele des europäischen Verbrauchervertragsrechts Einer der Ausgangspunkte und anschaulichstes Beispiel für die Leitlinien des europäischen Verbraucherrechts ist die Cassis de Dijon-Entscheidung des EuGH.22 Der EuGH leitete aus dem in den Grundfreiheiten verankerten Verhältnismäßigkeitsgrundsatz den Vorrang der Information gegenüber inhaltlich zwingenden Regeln ab.23 Der deutsche Gesetzgeber wollte im Ausgangsfall formal durch das Verbot der Einfuhr bestimmter Produkte eine Irreführung des Verbrauchers verhindern.24 Der EuGH befand, dass, soweit ein Mitgliedstaat ein Vorhaben auch durch Information der Partei erreichen könne, diese Information einer zwingenden inhaltlichen Regelung vorzuziehen sei.25 Dieser Wertung hat der europäische Gesetzgeber in der Folgezeit in den Verbraucherschutzrichtlinien Rechnung getragen, indem
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EuGH, Urt. v. 20.02.1978, Rs. 120 / 78, Cassis de Dijon, Slg. 1979, 649 = NJW 1979, 1766. Vgl. auch zu den Auswirkungen dieses Urteils in den Mitgliedstaaten, Schulze / Schulte-Nölke, Casebook Consumer Law, S. 65 ff. Im Einzelnen zum Urteil: Rösler, S. 113 f.; Micklitz / Reich, S. 57 u. 400; zu den Grenzen dieses Modells: Leistner, S. 412 ff. Letztlich ging es um die Abschottung des heimischen nationalen Marktes gegen ausländische Konkurrenzprodukte, EuGH, NJW 1979, 1766, 1767. Vgl. auch Rösler, S. 113 f. Die Begründung der Bundesregierung, dass der Verbraucher beim Verzehr geringer alkoholhaltiger Getränke eher der Gefahr einer Gewöhnung ausgesetzt ist und dass die Mindestprozentzahl auch dem Schutz vor unlauterem Wettbewerb mit Likören mit geringerem Weingeistgehalt dient, überzeugte den EuGH nicht. Dieses Anliegen lasse sich nach Meinung des EuGH ebenso mit Informationen über Herkunft und Alkoholgehalt des Produkts auf dem Etikett erfüllen, so dass die Vorschrift im Branntweinmonopolgesetz mit einer zwingenden Vorgabe des Alkoholgehalts gegen Art. 30 des EG-Vertrages verstieß. EuGH, NJW 1979, 1766, 1767.
8
Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten
er einen Schwerpunkt auf die Information des Verbrauchers setzte.26 Dieser Ansatz wird unter dem Schlagwort „Transparenz vor Verbot“27 zusammengefasst. In der GB-INNO-BM-Entscheidung führte der EuGH später aus: „Es erweist sich somit, dass das Gemeinschaftsrecht eines der grundlegendsten Erfordernisse in der Unterrichtung der Verbraucher sieht.“28 Das europäische Verbrauchervertragsrecht verfolgt insbesondere zwei Ziele: – den Schutz des individuellen Verbrauchers als potentiell schwächerer Vertragspartei – sowie die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes. Es ist somit sowohl Verbraucherschutz- als auch Marktverhaltensrecht. Das unterschiedliche Kräfteverhältnis zwischen Verbrauchern und Unternehmern wird jedoch grundsätzlich nicht durch Eingriffe in den Inhalt des Vertrages ausgeglichen.29 Der Verbraucher soll durch Aufklärung in die Lage versetzt werden, eine informierte Entscheidung zu treffen, um so das beste Produkt oder die beste Dienstleistung auszuwählen. Durch Gewährung eines Mindestschutzes an Rechten in allen Mitgliedstaaten sollen die Konsumenten Vertrauen in die Märkte fassen. Nur dieses Vertrauen ermöglicht eine aktive Teilhabe des Verbrauchers am Wirtschaftsgeschehen und damit die Schaffung eines Binnenmarktes. Ein weiterer Grund für das Informationsmodell ist im Rechtsetzungsverfahren der Gemeinschaft zu finden und ist aus diesem Grunde eher politischer Natur. Die Mitgliedstaaten können sich leichter auf vorvertragliche Informationspflichten als auf zwingende Regelungen zum Vertragsinhalt, die zumindest auf den ersten Blick viel tiefer in die nationalstaatlichen Rechtssysteme mit ihren unterschiedlichen Traditionen eingreifen würden, einigen.30 Die Regelung vorvertraglicher Informationspflichten harmonisiert lediglich die Phase der Vertragsanbahnung, greift aber nicht unmittelbar in die jeweilige Dogmatik des Vertragsschlusses ein. Mit Ausnahme der Inhaltskontrolle durch die Vorgaben der Klauselrichtlinie und hinsicht26
27 28 29
30
Bydlinski, AcP 2004, 309, 360 ff.; Eidenmüller, JZ 2005, 216, 221; Grundmann, S. 197; Micklitz / Reich, S. 45. Ebers, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, S. 171. EuGH, Rs. 362 / 88, Slg. 1990, I-667 ff., Rn. 18. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz stellen u.a. die Klausel- und die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie dar, die auch zwingende Vorgaben zum Vertragsinhalt machen. Grundmann, JZ 2000, 1133, 1143.
§ 1 Ziele des europäischen Verbrauchervertragsrechts
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lich der Verbraucherrechtsbehelfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie, bleibt ebenfalls der Vertragsinhalt grundsätzlich unberührt, so dass nicht in die Privatautonomie, die in vielen Mitgliedstaaten eine der Grundprinzipien der Rechtsordnungen darstellt, eingegriffen wird. Ziel der Information ist nicht nur der Schutz des unterlegenen Verbrauchers, sondern auch die Durchsetzung und Förderung des Binnenmarktes.31 Einheitliche Vorgaben für Unternehmer in den Mitgliedstaaten sollen es diesen ermöglichen, sich einfacher an die nationalen Vorgaben zu halten, und so das grenzüberschreitende Tätig werden fördern. Die verbraucherpolitischen Programme der EU-Kommission legen den Schwerpunkt auf die Information des Verbrauchers.32 Im neuesten verbraucherpolitischen Programm werden die Stärkung der Handlungskompetenzen und die verbesserte Information der Verbraucher als Ziele ausgegeben. Verbraucherschutz wird als Instrument zur Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen gesehen. Die EU-Kommission sieht in der Verbraucherpolitik ein Mittel zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Märkte, das auf einer Ebene mit effektiver Wettbewerbspolitik steht.33 Die Kommission hat im März 2007 ihre verbraucherpolitische Strategie für die Jahre 2007 bis 2013 vorgestellt.34 Darin führt die Kommission aus, dass informierte und mündige Verbraucher durch ihre Kaufentscheidungen die Effizienz und Innovation vorantreiben.35 Die Kommission möchte einen Binnenmarkt für den Einzelhandel schaffen und verhindern, dass in diesem Wirtschaftsbereich 27 Einzelmärkte bestehen bleiben. Der Verbraucherschutz wird in Verbindung mit der sog. Lissabon-Strategie gestellt, deren Ziel es ist, Europa bis 2012 zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen.36 31
32
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36
Diese Zielsetzung wird auch bei der Wahl der Kompetenzgrundlage zum Erlass der Richtlinien deutlich. Art. 95 EG ermächtigt die EG lediglich, Maßnahmen zur Verbesserung des Binnenmarktes zu erlassen. Vgl. KOM (2001) 531 endg. S. 11; Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006, KOM (2002) 208; Verbraucherpolitische Strategie 2007-2013, KOM (2007) 99, S. 4, 13, 14, 17. Pressemeldung der Kommission vom 27.2.07, IP / 07 / 256 abrufbar unter http: // europa.eu / press_room / index_de.htm. KOM (2007) 99 endg. abrufbar unter http: // ec.europa.eu / consumers / overview / cons_policy / doc / DE_99.pdf. KOM (2007) 99, S. 1. Vgl. auch das Grünbuch der EU-Kommission über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher, KOM (2008) 794, S. 1. Dieser Beschluss wurde auf einer Sitzung des Europäischen Rates am 23. und 24.3.2000 in Lissabon getroffen. Für weitere Informationen zur Lissabon-Strategie vgl. die Themenseite der EU-Kommission abrufbar unter http: // ec.europa. eu / growthandjobs / faqs / background / index_de.htm.
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Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten
Die Kommission erwägt in ihrem Programm eine Fünf-Säulen-Strategie, die unter anderem neben der Überarbeitung des Verbraucheracquis auch eine verbesserte Information des Verbrauchers vorsieht. Weiterhin möchte die Kommission die Rechtsdurchsetzung verbessern. Dabei bringt sie neben einem besseren Monitoring bei Systemen zur alternativen Streitbeilegung auch eine Verbraucher-Sammelklage ins Gespräch. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Unterlassungsklagenrichtlinie, für die 2008 ein Umsetzungsreport erstellt wurde, dem eine öffentliche Konsultation über die Wirkung der Richtlinie folgte. Letztlich sieht die Kommission in der Verordnung über Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (sog. Enforcement-Verordnung) ein Instrument zur Bekämpfung von Verstößen gegen das Verbraucherrecht. Die Figur des confident consumers, des Verbrauchers, der im Vertrauen auf den in den nationalen Rechtsordnungen gewährten Schutz handelt, taucht in den Begründungen zahlreicher Kommissionsdokumente auf.37 Dieser Begriff findet sich ebenfalls in den Erwägungsgründen neuerer Richtlinien, und zwar sowohl in verbrauchervertragsrechtlichen Richtlinien wie der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 99 / 44 / EG38 und der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen 2002 / 65 / EG39 als auch in der Lauterkeitsrichtlinie 2005 / 29 / EG40. Dagegen fehlt dieser Begriff noch in der allgemeinen Fernabsatzrichtlinie. Die EU-Kommission verfolgt das Ziel der Schaffung eines rechtlichen Rahmens zwingender Verbraucherschutzvorschriften in allen 27 Mitgliedstaaten, der den Verbraucher zum aktiven Marktteilnehmer des Binnenmarktes machen soll. In diesem Zusammenhang ist von einem „Trend zum Systemvertrauen“41 die Rede.42 Diese Orientierung am Systemvertrauen ersetze die davor bevorzugte Orientierung auf den Schutz individueller Entscheidungsfreiheit.43
37
38 39
40 41 42
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Grünbuch der Kommission zum Verbraucherschutz 2001, S. 9. Kritisch zur Benutzung dieses Begriffs: Wilhelmsson, The abuse of the „confident consumer“ as a justification for EC consumer law, Journal of Consumer Policy 2004, 317 ff. Erwägungsgrund 5 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Erwägungsgrund 5 der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Erwägungsgrund 4 der Lauterkeitsrichtlinie. Leistner, Richtiger Vertrag und lauterer Wettbewerb, S. 712. Vgl. dazu auch Busch, S. 170, der auf Parallelen zum Begriff des Systemvertrauens bei Luhmann, Vertrauen, S. 50 ff. verweist; Fleischer, in: Schulze / SchulteNölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 243, 255 f. Leistner, S. 455.
§ 1 Ziele des europäischen Verbrauchervertragsrechts
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Das europäische Verbrauchervertragsrecht wird geprägt von Erkenntnissen aus der Informationsökonomie.44 Diese Disziplin untersucht mit einer ökonomischen Analyse des bestehenden Rechts die Wirksamkeit und Effizienz von Rechtsnormen vor dem Hintergrund des Ziels einer optimalen Allokation von Ressourcen.45 Eine Norm wird dann als effizient beurteilt, wenn sie zu einer optimalen Allokation von Ressourcen führt und deren Verschwendungen vermeidet.46 Ausgangspunkt für dieses Marktmodell ist die Beobachtung des Marktversagens bei großen Informationsasymmetrien zwischen Anbietern und Verbrauchern. Einen klassischen Fall des Marktversagens beschreibt Akerlof in seiner Abhandlung „The market for lemons“47 unter anderem am Beispiel des Gebrauchtwagenmarktes in den Vereinigten Staaten. Auf dem amerikanischen Gebrauchtwagenmarkt unterscheiden Händler zwischen qualitativ hochwertigen (im amerikanischen „peaches“) und qualitativ geringwertigen Automobilen (sog. „lemons“). Dabei ist das Wissen über die Qualität des Fahrzeugs in der Regel ungleich verteilt. Akerlof nimmt dabei an, dass kein Informationsaustausch zwischen Händler und Käufer stattfindet. Während den Händlern die Qualität der Wagen bekannt ist, beurteilen die Käufer lediglich die durchschnittliche Qualität der Autos, ohne im jeweiligen Einzelfall die Qualität des Produkts zu ermitteln. Auf Grund dieser Einschätzung sind die Käufer nur bereit, einen Preis zu bezahlen, der für einen Wagen durchschnittlicher Qualität angemessen ist. Verkäufer, die Wagen mit überdurchschnittlicher Qualität besitzen, können keinen angemessenen Preis am Markt erzielen und werden sich deshalb vom Markt zurückziehen oder Produkte mit geringerer Qualität anbieten. Dies hat zur Folge, dass die Durchschnittsqualität der angebotenen Autos sinkt und der Markt zu einem großen Teil aus „Lemons“ besteht. Die Senkung der Durchschnittsqualität führt zu Auswirkungen in zwei Richtungen. Für die Käufer besteht nun die Gefahr mit dem Durchschnittspreis eine überteuerte „Zitrone“ zu erwerben mit der Folge, dass sich die Käufer vom Markt verabschieden. Händler, deren Gebrauchtwagen ursprünglich im Durchschnitt des Angebots lagen, befinden sich nach der Senkung der Qualität der am Markt angebotenen Produkte nunmehr an der Spitze des Angebotes. Es gelingt ihnen aber wegen des gesunkenen Käufervertrauens nicht, einen angemessenen Preis für ihr Auto zu erzielen, so dass sich diese Händler ebenfalls vom Markt zurückziehen. Dies hat unter Umständen den Zusammenbruch des Marktes
44 45 46 47
Busch, S. 40 ff.; Grundmann, JZ 2000, 1133, 1136 f. Van den Bergh / Lehmann, GRUR Int 1992, 588. Schäfer / Ott, S. 1. Akerlof, 84 Quarterly Journal of Economics, 488, 492 ff. (1970).
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Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten
zur Folge. Ähnliche Beispiele adverser Selektion macht Akerlof am Beispiel von privaten Krankenversicherungen für Ältere und Restaurants an Autobahnen deutlich.48 Eine mögliche Gegenmaßnahme ist die Verbesserung der vorvertraglichen Informationslage durch vorvertragliche Aufklärungspflichten.49 Durch diese Aufklärungspflichten kann ein Marktversagen verhindert werden, indem durch die Information die beteiligten Parteien effiziente und für ihre Bedürfnisse „richtige“ Verträge abschließen.50 Weiterhin verhindern Informationspflichten, dass dem Verbraucher prohibitiv hohe Kosten für die Suche nach den passenden Informationen, wie z.B. den wesentlichen Vertragsbestandteilen und dem Preis entstehen.51 Diese ökonomischen Ansätze sind mittlerweile in der rechtswissenschaftlichen Literatur als Begründungsmuster für Informationspflichten vollständig anerkannt.52 Diesem Ansatz ist der Gemeinschaftsgesetzgeber im Grundsatz gefolgt, so dass Reich dem Gemeinschaftsprivatrecht ein Informationsparadigma entnimmt.53
§ 2 Verbraucherschutzpolitik in den Mitgliedstaaten Im folgenden Abschnitt soll insbesondere analysiert werden, inwieweit die häufig auftauchenden Charakterisierungen der nationalen Verbraucherschutzansätze tatsächlich zutreffen und welchen Einfluss die europäischen Vorgaben auf die nationale Politik gehabt haben. Diese Charakterisierung kann immer nur extrem vergröbernd und holzschnittartig die nationalen Verbraucherschutzkonzepte wiedergeben. Die britische Verbraucherschutzkonzeption ist vor dem Hintergrund einer auf Verkehrssicherheit Wert legenden liberalen Zivilrechtsordnung zu betrachten. Diese legt bei dem im Rahmen dieser Arbeit untersuchten 48 49
50 51 52
53
Vgl. dazu Vogel, S. 23 f. Weitere Instrumente zur Vermeidung eines Marktversagens neben den Informationspflichten sind Screening, signaling, und self-selection. Vgl. dazu ausführlich Vogel, S. 24 ff. Busch, S. 41 f.; Drexl, S. 210 f.; Rehm, S. 44. Busch, S. 42 m.w.N. Siehe nur Fleischer, S. 121 f.; Drexl, S. 195; Rehm, S. 29 f.; Schäfer, in: Grundmann (Hrsg.), Systembildung und Systemlücken in Kerngebieten des Europäischen Privatrechts, S. 559, 561; Vogel, S. 23; Grundmann, JZ 2000, 1133, 1137; Busch, S. 43. Reich / Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 24.
§ 2 Verbraucherschutzpolitik in den Mitgliedstaaten
13
Bereich der vorvertraglichen Informationen den Vertragsparteien grundsätzlich die Eigenverantwortlichkeit für die Informationsbeschaffung auf. Das französische Recht scheint dagegen das Ziel der Verbesserung des Verbraucherschutzes durch staatliche Überwachung des Marktes zu verfolgen, um so insbesondere den als unterlegen angesehenen Verbraucher zu schützen. Ein ähnlicher Ansatz wird auch dem deutschen Recht zugesprochen: Verbraucherpolitik als Teil der Sozialpolitik zum Schutz der schwächeren Vertragspartei.
A.
Deutschland: Verbraucherpolitik als Sozialpolitik?
Verbraucherpolitik in Deutschland wurde zu Beginn der Bundesrepublik Deutschland als unselbständiger Teil einer vom Grundsatz der Sozialen Marktwirtschaft ausgehenden Wirtschafts- und Wettbewerbspolitik verstanden. Folgerichtig war die Verbraucherpolitik dem Wirtschaftsministerium zugeordnet.54 Dies änderte sich erst, als sich die Auffassung durchsetzte, dass damit die Interessen der Verbraucher nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die Defizite einer rein auf den Wettbewerb ausgerichteten Politik sollten durch eine Verbesserung der Marktransparenz mit Hilfe einer besseren Verbraucherinformation ausgeglichen werden.55 Für diese Politik hat sich der Begriff des Informationsmodells herausgebildet.56 Eine Abkehr von dieser Politik erfolgte zu Beginn der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts durch die Politik der sozial-liberalen Koalition, die eine „interventionsfreundliche Verbraucherschutzpolitik“ mit zahlreichen sozialstaatlich motivierten Eingriffen in das Vertragsrecht betrieb.57 Mit dem Regierungswechsel 1982 zur konservativ-liberalen Koalition schwächte sich diese Bereitschaft zum Eingreifen in das Marktgeschehen wieder etwas ab, um Ende der 90er Jahre wieder an Bedeutung zu gewinnen. 2004 legte die Bundesregierung einen verbraucherpolitischen Bericht vor, der sich ausführlich mit dem Schutz wirtschaftlicher Interessen des Verbrauchers befasst. Dieser Bericht führt jedoch in erster Linie die gesetzgeberischen Maßnahmen auf, ohne ausführlich ein verbraucherpolitisches Konzept darzulegen. Lediglich in der Einleitung wird dargelegt, dass Verbraucherschutzpolitik über den Schutz von Individualinteressen als Zeichen staatlicher Fürsorge hinaus 54 55 56 57
Seiler, Verbraucherschutz auf elektronischen Märkten, 20 f. Seiler, S. 21. Simitis, Verbraucherschutz, Schlagwort oder Rechtsprinzip?, S. 95. Seiler, S. 23, der das ABG-Gesetz von 1976 und das Fernunterrichtsschutzgesetz von 1977 anführt.
14
Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten
auch Auswirkungen auf die Lenkung des Marktes und die Selbstbestimmung des Verbrauchers hat.58 Der Bericht prägt den Begriff der „proaktiven Verbraucherpolitik“.59 Auch im nach der BSE-Krise neu geschaffenen Verbraucherschutzministerium fanden Thesen, die auf informierte Verbraucher als den Markt steuernde Teilnehmer setzten, einigen Niederschlag.60 Dies zeigte sich vor allem im Aktionsplan Verbraucherschutz, den die damalige Verbraucherschutzministerin Künast im Bundestag vorstellte.61 In diesem Bericht taucht das Programm der Stärkung der Position des Verbrauchers durch eine verbesserte Informationslage vor der Kaufentscheidung vereinzelt auf.62 Gleichzeitig klingt aber immer der Gedanke durch, dass der Verbraucher schutzbedürftig sei und deshalb der Hilfe durch staatliche Stellen bedürfe. Beispielhaft seien hier die Ausführungen zum Verbraucherkreditrecht angeführt, in denen zum einen betont wird, dass sich die Bundesregierung für einen transparenten Markt mit einem Mehr an Effizienz einsetzt. Diese Aussage enthält Hinweise auf die These zur Vermeidung von Marktversagen durch verbesserte Information. Gleichzeitig wird jedoch auch auf das Ziel der Regelung eines hohen Verbraucherschutzniveaus hingewiesen. Vergleichbare Ausführungen enthält der Abschnitt zum Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, der auf eine Stärkung der Absatzform durch Verbesserung der Markttransparenz setzt, aber auch formelhaft die Verbesserung des Verbraucherschutzes betont. Verbraucherschutz wird hier noch im wörtlichen Sinne verstanden und nicht wie im Vereinigten Königreich als Mittel der Wettbewerbspolitik. Auf der Themenseite des Bundesjustizministeriums zur Verbraucherpolitik im Internet wird folglich auch die schwächere Position des Verbrauchers betont.63 Es lassen sich aber auch Aussagen finden, die das Leitbild des mündigen Verbrauchers hervorheben, dessen „Entscheidungsfreiheit und Selbstbestimmung“ gesichert werden müsse. Gleichzeitig sollen die Unternehmer durch Verbraucherschutz nicht „unverhältnismäßig“ belastet werden. Verbraucherschutz wird folglich als Kostenfaktor für Unternehmen und nicht als Mittel der Wettbewerbspolitik gesehen. Es kann deshalb wohl als ausgeschlossen angesehen werden, dass Aussagen wie die im DTI-Bericht
58 59 60 61 62 63
Verbraucherpolitischer Bericht der Bundesregierung, S. 3. Verbraucherpolitischer Bericht der Bundesregierung, S. 3. Vgl. hierzu Reisch, Journal of Consumer Policy, 2004, 1, 27. BT-Drucks. 15 / 959. S. 17, rechte Spalte. Themenseite Verbraucherschutz auf der Homepage www.bmj.bund.de.
§ 2 Verbraucherschutzpolitik in den Mitgliedstaaten
15
über „Empowered consumers“ Eingang in einen Bericht der Bundesregierung gefunden hätten.64 Deutschland setzt bei der Durchsetzung des Verbraucherrechts auf private Akteure. Dabei sind vor allem die Verbraucherschutzorganisationen zu nennen, die den Markt beobachten und Verbraucherrechte durchsetzen bzw. den Verbrauchern helfen, ihre Rechte durchzusetzen. Auch über das Wettbewerbsrecht erfolgt ein Schutz der Verbraucher. Auch bei der Begleitgesetzgebung zur Enforcement-Verordnung hat Deutschland zwar formal das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit als zentrale Verbindungsstelle für ausländische Behörden eingesetzt. Bevor diese Behörde jedoch tätig werden kann, soll sie die im UKlaG und UWG als klagebefugt geltenden Einrichtungen auffordern, gegen die verbraucherrechtswidrige Praxis vorzugehen. Dazu wurde in § 4a UKlaG ein eigener Unterlassungsanspruch für innergemeinschaftliche Verstöße gegen Verbrauchergesetze eingefügt. Freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen spielen in Deutschland zumindest im Verbraucherrecht keine große Rolle.
B.
Frankreich: Verbraucherpolitik als staatliche Marktpolitik?
Das Verbraucherschutzrecht in Frankreich war und ist von einem sozialpolitischen Standpunkt geprägt. Der Verbraucher wird in einer Position der Schwäche gesehen, in der er durch Marketingstrategien der Unternehmen manipuliert wird.65 In einem der Standardwerke zum französischen Verbraucherrecht werden vor allem drei Gründe für den Schutz der Verbraucher aufgeführt: – Die Verbraucher seien gegenüber den Unternehmern natürlicherweise in einer schwächeren Position. – Das Gesetz habe die Funktion, den Schwachen gegen den Starken zu stärken. – Letztlich sei das klassische Zivilrecht nicht in der Lage für einen angemessenen Schutz der Verbraucher zu sorgen.66
64
65
66
Vgl. dazu unten § 2.C. Eine ähnliche Einschätzung scheint auch das DTI in seinem Länderbericht Germany zu teilen: S. 2: „Promotion of keener competition is not regarded as a key plank of consumer protection.“ Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 1; ebenso Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 2. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 21.
16
Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten
Teilweise gleitet die Begründung in einen pathetischen Ton ab, wenn wie bei Calais-Auloy und Steinmetz behauptet wird, dass Verbraucherrecht verhindere, dass in einer Gesellschaft dauerhaft Personen Opfer eines Machtmissbrauchs seien und Verbraucherrecht dem Ziel einer solidarischen Gesellschaft diene.67 Weil das Verbraucherrecht ein Massenphänomen erfasse, müsse der Schutz der Verbraucher kollektiv und präventiv organisiert werden, da sich für den einzelnen Verbraucher die Rechtsdurchsetzung nicht lohne.68 Deshalb sei auch das allgemeine Zivilrecht im Code civil nicht für die Erfüllung dieser Funktionen geschaffen, da es keinen präventiven und kollektiven Schutz biete.69 Die Gesetzgebung konzentriert sich dementsprechend insbesondere auf den Teil der Verbraucher, deren Einkommen unterdurchschnittlich ist. Im Jahr 1999 wurde ein Gesetz erlassen, das gerade dieser Gruppe leichteren Zugang zu Rechtsberatung und zu Rechtsmitteln gewähren sollte.70 Neben diesen sozialpolitisch motivierten Begründungsmustern enthalten aktuelle Gesetzesbegründungen durchaus Ähnlichkeiten zum soeben dargestellten europäischen Konzept. Die Argumentationsmuster zur Begründung von Informationspflichten werden dabei aber auch in der französischsprachigen Literatur benutzt: „Mieux informés, les consommateurs sauront mieux choisir“.71 Die Information des Verbrauchers wird als Mittel zur Verbesserung der Transparenz des Marktes gesehen, um so einen Wettbewerb zwischen den Anbietern auf dem Markt zu entfachen.72 Das französische Verbraucherrecht ist sehr stark von einem Ansatz geprägt, der eine staatliche und kollektive Durchsetzung des Verbraucherrechts bevorzugt, ohne dass der Verbraucher selbst seine Rechte durchsetzen muss.73 Staatliche Einrichtungen wie die Direction générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes (DGCCRF) sorgen für die Durchsetzung und Überwachung der Einhaltung des Verbraucherrechts. Daneben kommt zahlreichen Verbraucherorganisationen die Aufgabe der Durchsetzung des Verbraucherrechts zu. Verstöße gegen Verbraucherschutzvorschriften werden mit empfindlichen Geld- und teil67 68 69 70 71 72 73
Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 21. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 21. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 21. DTI-Studie, Country Reports, S. 61. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 49. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 49. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 55.
§ 2 Verbraucherschutzpolitik in den Mitgliedstaaten
17
weise wie z.B. bei den Haustürgeschäften mit Haftstrafen sanktioniert. Zusätzlich existieren zahlreiche allgemeine Straftatbestände, die das Ausnutzen der Schwäche des Verbrauchers, Irreführung und sonstige unlautere Wettbewerbshandlungen unter Strafe stellen.74
C.
Großbritannien: Verbraucherpolitik als Mittel der Wettbewerbspolitik?
Ursprünglich war auch das Verbraucherschutzrecht im Vereinigten Königreich von dem Gedanken geprägt, dass es eines staatlichen Schutzes vor unlauteren Geschäftspraktiken von Unternehmern bedürfe, die ihre Machtposition nutzen, um den Verbrauchern unfaire Vertragsbedingungen aufzuerlegen.75 Dieses Begründungsmuster ist in der neuesten Verbraucherschutzpolitik lediglich eines von vielen Motiven, das nur noch in einigen Branchen besondere Bedeutung erlangt.76 Die Verbraucherschutzpolitik in Großbritannien ist stark von der Politik der Europäischen Union beeinflusst.77 Es wird auf die Verbesserung der Informationslage der Verbraucher gesetzt. Ziel dieser Strategie ist aber nicht lediglich die Schaffung eines höheren Verbraucherschutzniveaus, sondern auch die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen durch stetige Innovation. Das englische Department of Trade and Industry startete im Juli 2004 eine Konsultation mit dem ungewöhnlichen Titel: „Extending Competitive Markets: Empowered Consumers, Successful Business“. Dieser Strategie liegt die These zu Grunde, dass Verbraucherschutzpolitik nicht ausschließlich für den Verbraucher und damit gegen den Unternehmer gerichtet ist, sondern dass informierte Verbraucher für die Schaffung und Stärkung eines wettbewerbsfähigen Marktes unerlässlich sind. Der Verbraucher wird als bestimmender Akteur des Marktes betrachtet. Diese Philosophie wird pointiert im Abschlussbericht des DTI zusammengefasst: „Our consumer policy will therefore be aimed at making competition more effective.“ In diesem Satz spiegelt sich die Auffassung wider, dass informierte Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung die zur Verfügung gestellten Informationen berücksichtigen, um so den für sie besten Vertrag abzuschließen. Sollten 74 75 76 77
Vgl. dazu ausführlich Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 209 ff. Howells, Journal of Law and Society 2005, 349, 352. Howells, Journal of Law and Society 2005, 349, 352. Howells, Journal of Law and Society 2005, 349, 351.
18
Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten
Verbraucher trotz dieser Informationen fehlerhafte oder sonst falsche Produkte erhalten, sind informierte Verbraucher auch in der Lage die ihnen zustehenden Rechte durchzusetzen. Dadurch werden Unternehmer unter Wettbewerbsdruck gesetzt, da sie mit qualitativ minderwertigen Produkten weniger Erfolg haben werden als bei uninformierten Verbrauchern. Es steigt der Anreiz, qualitativ hochwertige Produkte zu vertreiben, da mit diesen ein angemessener Preis erzielt werden kann. Das Vereinigte Königreich setzt bei der Durchsetzung des Verbraucherschutzes traditionell auf staatliche Behörden. Das Department of Business, Enterprise & Regulatory Reforms (BERR)78 ist zuständig für die Verbraucherschutzpolitik.79 Das Office of Fair Trading (OFT) als staatliche Behörde ist ebenfalls durch die jeweiligen Verbraucherschutzgesetze mit Kompetenzen zur Durchsetzung des Verbraucherrechts ausgestattet. Private Verbraucherverbände spielen in der Rechtspraxis im Gegensatz zu anderen Ländern kaum eine Rolle. Neben den gesetzlichen Instrumenten zum Schutz des Verbrauchers spielen im Vereinigten Königreich Verhaltenskodizes der jeweiligen Branchen eine große Rolle. Jedes Mitglied eines Branchenverbandes ist verpflichtet, die branchenspezifischen codes of conduct anzuerkennen.80 In den Rechtsgebieten, die Gegenstand dieser Untersuchung sind, existieren ebenfalls solche codes of conduct.81 In diesen codes of conduct sind sowohl Haftungsfragen als auch Beschwerdemöglichkeiten für Verbraucher vorgesehen, um außergerichtliche Streitbeilegungen zu ermöglichen. Die gewährten Rechte reichen teilweise über die europäischen und nationalen Vorgaben hinaus, insbesondere bei den Informationspflichten und der Länge des Widerrufsrechts. Diese Regelwerke werden vom OFT überwacht und können mit einem Prüfsiegel der OFT versehen werden, um das Ver78
79
80 81
Es handelt sich dabei um das ehemalige Department of Trade and Industry (DTI), das seit dem Antritt der Regierung unter Premierminister Gordon Brown den jetzigen Namen trägt. Vgl. dazu auch den Länderbericht für das Vereinigte Königreich auf der Seite der Generaldirektion Verbraucherschutz der EU-Kommission http: // ec.europa. eu / consumers / overview / country_profile / UK_web_country_profile.pdf. Vgl. Länderbericht Fn. 51, S. 13 ff. Für die Direktvertriebsbranche ist ein Code of Conduct auf der Homepage der Vereinigung der Direktvertriebsunternehmen abrufbar: http: // www.dsa.org. uk / documents / DSA_Consumer_Code.pdf. Für die Reisebranche ist ein solcher Code of conduct auf der Homepage der ABTA, einer Gesellschaft von britischen Reisebüros und Reiseveranstaltern abrufbar: http: // www.abta.com / filegrab / ?ref=84&f=codeofconduct021209.pdf; mehr zur ABTA bei Echtermeyer, S. 127 f.
§ 3 Zwischenergebnis
19
trauen der Verbraucher in die Seriosität des Anbieters zu stärken. Dieses Siegel erlaubt Unternehmern offensiv mit dem Logo zu werben und kann andererseits für Unternehmer, die die codes of conduct und die Siegel nicht benutzen, mit negativen Auswahlentscheidungen der Verbraucher verbunden sein. Für die Wirksamkeit dieses Instrumentes spricht wohl die geringe Anzahl an Gerichtsverfahren.82
§ 3 Zwischenergebnis Beim Vergleich der Leitlinien der europäischen und der nationalen Verbraucherschutzpolitiken ergibt sich der wenig überraschende Befund, dass die nationale Verbraucherschutzpolitik im Laufe der voranschreitenden europäischen Harmonisierung immer stärker vom Konzept der europäischen Verbraucherpolitik bestimmt wird und somit die Charakterisierungen der Rechtsordnungen nur noch teilweise ihre Richtigkeit behalten haben. Während Verbraucherpolitik vor Beginn der europäischen Integration in den drei Staaten dieser Untersuchung vielfach als Politik zum Schutz der schwächeren Vertragspartei betrieben und auch als solche kommuniziert wurde, spielt dieser Ansatz mittlerweile nicht mehr die Hauptrolle. Es bestehen aber Unterschiede im Bereich der Kommunikation dieser Verbraucherschutzgesetze. In Frankreich liegt der Schwerpunkt auf der Funktion „Verbraucherschutz“. Diese Aussage gilt mit Abstrichen auch in Deutschland, wo der wettbewerbspolitische Aspekt in den Gesetzesbegründungen eher im Hintergrund steht. In Großbritannien wird Verbraucherschutz neben seiner Bedeutung im eigentlichen Sinne mit einer verblüffenden Offenheit auch als Teil der Wirtschaftspolitik gesehen, der zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beitragen soll. Insoweit lassen sich in Großbritannien die größten konzeptionellen Übereinstimmungen mit der europäischen Verbraucherpolitik feststellen, während in den anderen beiden Staaten Frankreich und Deutschland der Schwerpunkt auf dem Verbraucherschutz im wörtlichen Sinne liegt. Der grundsätzliche Ansatz, nur in Ausnahmefällen wie bei der Kontrolle missbräuchlicher Vertragsklauseln und der Gewährung verbindlicher Rechte beim Verbrauchsgüterkauf, korrigierend in bestehende Vertragsverhältnisse durch zwingendes Recht einzugreifen und stattdessen auf vorvertraglicher 82
Es ist allerdings zu beachten, dass die Beschreitung des Klageweges für Verbraucher häufig sehr kostenintensiv ist und auf Grund des häufig geringen Streitwerts nicht lohnenswert ist.
20
Verbraucherschutzpolitik der EU und der Mitgliedstaaten
Ebene durch unabdingbare Informationspflichten in Verbindung mit möglichen Lösungsrechten den Verbrauchern eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, ist im Verbrauchervertragsrecht durch die Umsetzung der Richtlinien Bestandteil der nationalen Rechtsordnungen geworden und hat die Verbraucherschutzpolitik in Deutschland, Frankreich und Großbritannien stark beeinflusst. Unterschiede in den Rechtsordnungen bestehen wegen der fehlenden europäischen Vorgaben in diesem Bereich immer noch bei der Durchsetzung der Verbraucherrechte. Dies hat zur Folge, dass weiterhin die nationalen Besonderheiten existieren, was im Bereich der Durchsetzung des Rechts solange nicht schädlich ist, soweit durch diese Maßnahmen ebenfalls ein effektiver Schutz der Verbraucher gewährt wird. Deutschland setzt bei der Durchsetzung des Verbraucherrechts auf private Akteure. Frankreich und Großbritannien legen den Schwerpunkt auf staatliche Durchsetzung. Frankreich benutzt dazu auch strafrechtliche Instrumente. In Großbritannien ist die Bedeutung von freiwilligen Selbstverpflichtungen der Verbände groß, die teilweise über die gesetzlichen Vorgaben hinaus gehen.
Kapitel 2 Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien § 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten in Verbraucherschutzrichtlinien Die europäischen Verbraucherschutzrichtlinien enthalten ausführliche Kataloge mit Informationspflichten.83 Vor dem Hintergrund des Ziels, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen für die Verletzung einzelner Informationspflichten zu bestimmen, ist eine Ordnung der verschiedenen Informationspflichten unabdingbar. Dabei bieten sich mehrere Kriterien für eine Kategorisierung der Informationspflichten an: – Erster Anknüpfungspunkt ist der Inhalt und die daraus zu bestimmende Funktion der Aufklärungspflicht. – Daneben kommt eine Einteilung nach dem Adressaten und dem Verpflichteten der Informationserteilung in Betracht. – Weiterhin ergeben sich aus dem Zeitpunkt der Aufklärung Vorgaben an mögliche Sanktionen. Der zweite Punkt ist im Bereich des Gemeinschaftsprivatrechts und insbesondere bei den hier untersuchten Richtlinien bei der Ordnung der Informationspflichten nicht hilfreich, da diese Richtlinien nur im Verhältnis Unternehmer Verbraucher anwendbar sind.84 Vor der Ordnung der Informationspflichten nach den verbleibenden Kriterien werden zunächst die Begründungsmuster für Informationspflichten in den einzelnen Verbraucherschutzrichtlinien näher beleuchtet. 83
84
Siehe Art. 3 und 4 der Pauschalreiserichtlinie, Art. 3 und 4 i.V.m. dem Anhang der Timesharingrichtlinie und Art. 4 und 5 der Fernabsatzrichtlinie. Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie regelt dagegen lediglich die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und dessen Ausübung. Kritisch zur Anknüpfung einer Informationspflicht an die Verbraucherrolle: Breidenbach, S. 29 ff.; Busch, S. 136 f.; Fleischer, S. 269 f.; Bydlinski, System und Prinzipien des Vertragsrechts, S. 745 ff.; Dauner-Lieb, Verbraucherschutz durch Ausbildung eines Sonderprivatrechts für Verbraucher, S. 105-107; Schuhmacher, S. 175 ff.
22
A.
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Gründe für das Entstehen von Informationspflichten
Einige Verbraucherschutzrichtlinien enthalten in ihren Erwägungsgründen und Gesetzesmaterialien Begründungen für den Erlass des jeweiligen Rechtsaktes. Diese Begründungen sind in ihrer Mehrzahl sehr allgemein gehalten und dienen in erster Linie der politischen Legitimation in der Öffentlichkeit als einer Darstellung der wirklich zu Grunde liegenden gesetzgeberischen Motive.85 Häufig mangelt es ihnen an Klarheit, da ungelöste Konflikte während des Gesetzgebungsverfahrens als Kompromiss in die Erwägungsgründe verschoben oder als Option in der Richtlinie verankert wurden.86
I.
Haustürgeschäfte
Bei Haustürgeschäften wird der Verbraucher vom Unternehmer außerhalb von Geschäftsräumen zum Abschluss eines Vertrages bestimmt. In den Erwägungsgründen der Richtlinie werden einige der gesetzgeberischen Motive aufgeführt. Die Gewährung eines Widerrufsrechts und eine damit einhergehende Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht beruhten auf der Tatsache, dass in der Regel die Initiative zum Abschluss des Geschäfts vom Unternehmer ausgeht, mit der Folge, dass der Verbraucher nicht auf diese Vertragsverhandlungen vorbereitet sei und somit die potentielle Gefahr einer Überrumpelung bestehe. Der Verbraucher habe keine Möglichkeit, Qualität und Preis des Produkts mit anderen Angeboten zu vergleichen.87 Weiterhin wird ein gesetzgeberisches Handeln damit gerechtfertigt, dass unterschiedliche Vorschriften in den Mitgliedstaaten das Funktionieren des „Gemeinsamen Marktes“ beeinträchtigen könnten.88 Erwähnung fin85
86
87
88
Grundsätzlich kritisch zu den Begründungen und gewählten Ermächtigungsnormen: Ludwigs, Rechtsangleichung nach Art. 94, 95 EG-Vertrag, S. 375 ff. Vgl. die Option im 18. Erwägungsgrund der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Danach können die Mitgliedstaaten im Fall einer Nachbesserung oder einer Ersatzlieferung sowie für den Fall von Verhandlungen zwischen dem Verkäufer und dem Verbraucher über eine gütliche Regelung gemäß ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften gegebenenfalls die Hemmung oder Unterbrechung des Zeitraums, während dessen Vertragswidrigkeiten offenbar werden müssen, und der Verjährungsfrist vorsehen. Vgl. den 4. Erwägungsgrund der Richtlinie des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (85 / 577 / EWG), Abl. EG. vom 31.12.1985, L 372, S. 31 ff. Siehe den 1. Erwägungsgrund der Richtlinie.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
23
den auch die ersten beiden verbraucherschutzpolitischen Programme der EG mit ihrem Ziel, die Verbraucher vor missbräuchlichen Praktiken an der Haustür zu schützen. Der Schutzbedarf des Verbrauchers bei Haustürgeschäften ergibt sich aus Sicht des Gemeinschaftsgesetzgebers aus zweierlei Aspekten. Zum einen ist die Entschlussfreiheit des Verbrauchers bei Haustürgeschäften gefährdet. Geschultes Verkaufspersonal kann die Kaufentscheidung des Verbrauchers beeinflussen. Besonders bei unerfahrenen Verbrauchern kann beim Aufbau eines Kaufzwangs89 die Tendenz bestehen, eher das Angebot des Unternehmers anzunehmen anstatt ihn ohne Vertragsabschluss aus der Wohnung zu lassen.90 Zum anderen wird richtigerweise im vierten Erwägungsgrund auf die fehlende Vergleichsmöglichkeit mit Produkten anderer Händler verwiesen. Die EuGH-Rechtsprechung in den Rechtssachen Schulte und Crailsheimer Volksbank91 hat neben diesen klar auf der Hand liegenden Funktionen eine Ausweitung des Schutzzwecks der Belehrung über das Widerrufsrecht vorgenommen. Demnach soll die Belehrung auch davor schützen, sich bestimmten Anlagerisiken auszusetzen.92 Inwieweit diese Erweiterung des Schutzzwecks nur den Besonderheiten des Einzelfalls Rechnung trägt oder ein verallgemeinerungsfähiges Prinzip darstellt, ist zu untersuchen.93 Ursprünglich war der Direktvertrieb eine Methode, um die Versorgung in ländlichen Gebieten mit geringer Anbieterdichte zu gewährleisten. Dieser Grund ist in der Zwischenzeit durch die umfassende Motorisierung und Mobilisierung nahezu entfallen.94 Vielmehr ist in dieser Branche eine intensive Spezialisierung auf bestimmte Zielgruppen und Produktkategorien erfolgt, die sich nicht mehr auf ländliche Gebiete und die Gewährleistung der Grundversorgung beschränkt.95 Die Richtlinie ist deshalb auch wirtschaftspolitisch motiviert, da sie die Transparenz des Marktes verbessern soll.96 Das Ziel der Eindämmung missbräuchlicher Praktiken im Zusammenhang mit Haustürgeschäften zeigt diese Richtung auf. Missbräuchliche Praktiken benachteiligen nicht nur den Verbraucher, sondern schmälern auch die Chancen der Mitbewerber in mehrfacher Hinsicht. Durch „schwarze Schafe“ wird der Ruf der seriösen Direktvertriebsunternehmen beschädigt. Außer89 90
91 92 93 94 95 96
Vgl. dazu allgemein Eidenmüller, ERCL 2007, 21 ff. Howells / Wilhemsson, 167; Howells / Weatherill, Consumer Protection Law, 361 f. Vgl. dazu unten § 5.C.II. EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 – Rs. C-350 / 03. Rz. 52 u.102. Vgl. dazu unten § 5.C.II. Ulmer, in: Münchener Kommentar, Vor § 312 BGB, Rn. 12. Gilles, Rn. 37 f. Kohte, EuZW 1990, 150, 154.
24
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
dem werden durch das in der Richtlinie gewährte Widerrufsrecht Wettbewerbsvorteile des Direktvertriebs gegenüber anderen Vertriebsarten wie z.B. den Ladenlokalen eingeschränkt.97 Ein weiteres Motiv für die Gewährung eines individuellen Vertragslösungsrechts ist, dass der Nachweis eines möglichen unlauteren Verhaltens auf die Willensbildung der Verbraucher schwierig nachzuweisen wäre und somit lauterkeitsrechtliche Sanktionen ein stumpfes Schwert darstellten. Die Bedeutung von grenzüberschreitenden Vertriebsmodellen auf der Basis von Haustürgeschäften ist wohl eher gering.98 Trotzdem sollten mit der Richtlinie ebenfalls der Wettbewerb und die Vertriebschancen von Anbietern aus unterschiedlichen Mitgliedstaaten verbessert werden.99 Die Haustürwiderrufsrichtlinie ist noch vom klassischen Verbraucherschutzgedanken geprägt.100 Die Richtlinie enthält in den Erwägungsgründen zwar das Ziel des Gemeinsamen Marktes, letztliches Ziel ist die Erhöhung des Schutzstandards in den Mitgliedstaaten. Das in den Erwägungsgründen genannte Ziel der Vermeidung missbräuchlicher Handelspraktiken deutet auf die eigentlichen Motive der Richtlinie hin. Haustürgeschäfte als solche sollen eingeschränkt und nicht gefördert werden.101 Von einem absoluten Verbot von Haustürgeschäften ist jedoch aus vielerlei Gründen abgesehen worden. In den Erwägungsgründen wird aber ausdrücklich da97
98
99
100
101
Grundmann, Europäisches Schuldvertragsrecht, S. 208 f. Zu den Marketingvorteilen des Direktvertriebs vgl. Gilles, Das Recht des Direktmarketing, S. 21 f. Eine Ausnahme bildet die vom EuGH entschiedene Rechtssache C-441 / 04 – A-Punkt-Schmuckhandel, EuGH, Urt. v. 23.2.2006. Der EuGH hatte zu entscheiden, ob eine nationale Vorschrift, die den Haustürvertrieb von bestimmten Schmuckarten untersagt, obwohl dies in bestimmten Mitgliedstaaten wie Deutschland, Italien und im Vereinigten Königreich erlaubt ist, gegen die in Art. 28 ff. EGV geregelte Warenverkehrsfreiheit verstößt. Der EuGH verneinte dies mit dem Hinweis, dass es sich bei diesen nationalen Vorschriften um reine Verkaufmodalitäten im Sinne der Keck-Rechtsprechung handele, die nationale und ausländische Erzeugnisse gleichermaßen berührten. Grundmann, S. 209. Vgl. die Versuche einiger Firmen Ende der 80er Jahre Urlauber in Spanien vom Kauf deutscher Wolle zu überzeugen. Hintergrund war, dass Spanien die Haustürwiderrufsrichtlinie noch nicht umgesetzt hatte, und die Unternehmen so das Schutzgefälle in den Mitgliedstaaten ausnutzen wollten. M.w.N. Kohte, EuZW 1990, 150, 151. Heiderhoff, ZEuP 2003, 769, 775. Die ersten Entwürfe zur Haustürwiderrufsrichtlinie stammen aus der zweiten Hälfte der siebziger Jahre. Zum Gesetzgebungsverfahren Micklitz, in: Grabitz / Hilf, Vor A2, Rn. 1 ff. Heiderhoff, ZEuP 2003, 769, 775. Allgemein dazu Kohte, EuZW 1990, 150, 154; Ulmer, WRP 1986, 445, 452.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
25
rauf hingewiesen, dass bestehende vollständige oder teilweise Verbote des Direktvertriebs an der Haustür beibehalten oder eingeführt werden können. Die Richtlinie ist aber insoweit lückenhaft, als dass sie keine weitergehenden produkt- und anbieterbezogenen Informationspflichten enthält, wie dies für Fernabsatzgeschäfte mit vergleichbarer Interessenlage geschehen ist.102
II.
Fernabsatzgeschäfte
Ein weiterer Fall der oben genannten ersten Alternative von Fällen, in denen Informationspflichten auf Grund der Umstände des Vertragsschlusses gewährt werden, sind Fernabsatzgeschäfte, bei denen der Vertrag mit Hilfe einer oder mehrerer Fernkommunikationstechniken ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien geschlossen wird. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat in diesem Bereich zwei Richtlinien erlassen: Zunächst die allgemeine Fernabsatzrichtlinie, die Finanzdienstleistungen aus dem Anwendungsbereich ausschließt, und später die spezielle Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, die Spezifika für Finanzdienstleistungen berücksichtigt.
1.
Allgemeine Fernabsatzgeschäfte
Die Erwägungsgründe der Fernabsatzrichtlinie spiegeln die geänderte Schwerpunktsetzung in der Konzeption des europäischen Verbrauchervertragsrechts wider. Die Mehrzahl der Erwägungsgründe enthält Ausführungen zu den Vorteilen der neuen Vertriebsmethode Fernabsatz, die es Verbrauchern ermöglicht, Zugang zu anderen Märkten im Ausland zu erhalten. Bereits bestehende divergierende Regeln in den Mitgliedstaaten werden nicht als nachteilig für den Verbraucher beschrieben, sondern als ein Wettbewerbshindernis für Unternehmer qualifiziert.103 Vom Schutz des Verbrauchers ist nur am Rande die Rede.104
102 103 104
Vgl. dazu weiter die Begründungen für Fernabsatzgeschäfte im Anschluss. Siehe Erwägungsgrund Nr. 4 der Fernabsatzrichtlinie. Vgl. Erwägungsgrund 17, der den Schutz der Privatsphäre des Verbrauchers hervorhebt. Ebenfalls den Verbraucherschutz betonend die Erwägungsgründe 21 bis 24. Erwägungsgrund 20 hebt hervor, dass die Nichteinhaltung der Vorschriften der Richtlinie dem Verbraucher schadet. Gleichberechtigt mit dem Verbraucherschutz wird aber der Schutz von Mitbewerbern genannt.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Im Gegensatz zu Haustürgeschäften ist in diesen Fällen kein Überraschungsmoment auf Seiten des Verbrauchers gegeben. Vielmehr ist der Verbraucher auf Grund räumlicher Distanz nicht in der Lage, sich über den Vertragsgegenstand zu informieren und die Sache genauer zu untersuchen.105 Diese Sachlage erfordert die Regelung von Informationspflichten, damit auch in diesem Fall aus „Erfahrungsgütern“ „Suchgüter“ werden können.106 Die Distanz zwischen den Vertragsparteien führt auch zu Besonderheiten im Verhältnis der Vertragsparteien. Verbraucher, die im Ladenlokal des Unternehmers ein Produkt kaufen, können sich vor Vertragsschluss anhand der Person oder der Aufmachung des Ladenlokals ein Bild von der Vertrauenswürdigkeit des Vertragspartners machen. Die Präsenz des Unternehmers erlaubt es dem Verbraucher, diesen im Falle von Problemen persönlich aufzusuchen und die Angelegenheit zu klären. Eine derartige vertrauensbildende Komponente ist bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz nicht gegeben. Dort ist zumindest im mittlerweile gängigsten Fall des Vertragsschlusses über das Internet der Kontakt nur mittels Homepage und mit E-Mails möglich, die jedoch allesamt unpersönlich, anonym und veränderbar sind und folglich Möglichkeiten des Missbrauchs bieten.107 Die gleiche Situation findet man bei anderen Arten des Vertriebs wie z.B. dem Teleshopping oder dem Versandhandelsgeschäft. Der fehlende persönliche Kontakt mit dem Unternehmer begründet das Bedürfnis, zusätzliche Informationen über die andere Vertragspartei zu erhalten. Diese Informationen zielen nicht nur auf die Stärkung des Verbrauchervertrauens, sondern verfolgen insoweit auch marktordnungsrechtliche Funktionen, da sie das kollektive Vertrauen in die Zuverlässigkeit dieser Vertriebsmethode festigen, mithin zur Markstabilisierung beitragen sollen.108
105
106
107 108
Vgl. u.a. Mota Pinto, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 157, 159. Mota Pinto, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 157, 159; Grundmann, JZ 2000, 1133, 1140. Die Trennung von Erfahrungs- und Suchgütern geht zurück auf Nelson, Information and Consumer Behaviour, 78 J.Pol.Econ. 311 (1970); vgl. dazu auch ausführlich Busch, S. 44 ff. Bei Suchgütern kann der Verbraucher die Qualität des Produkts durch eigene Untersuchungen bereits vor Vertragsschluss bestimmen, während bei Erfahrungsgütern die Produktqualität erst nach Vertragsschluss nachprüfbar ist. Howells / Weatherill, Consumer Protection Law, S. 361. Busch, S. 170, Fleischer, ZEuP 2000, 772, 778; Mota Pinto, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 157, 160.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
27
Vorteile bieten Geschäftsabschlüsse im Fernabsatz dem Verbraucher in der Regel, da es bequem mit Hilfe des Internets möglich ist, nicht nur die Preise der Geschäfte am Wohnort des Verbrauchers zu vergleichen, sondern auch Anbieter in größerer Entfernung, auch grenzüberschreitend, nach ihren Angeboten zu vergleichen.109 Deshalb ist die fehlende Vergleichsmöglichkeit mit Produkten anderer Anbieter nur für einige Vertriebsmethoden im Fernabsatz von Bedeutung.110 Mit Hilfe des Fernabsatzes hat der Verbraucher Zugang zu einem größeren Markt und somit eine größere Bandbreite an Produkten zur Auswahl.
2.
Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen kommt neben der Art des Vertriebes, der eine persönliche Anwesenheit beider Vertragsparteien beim Vertragsschluss unmöglich macht, ein zweiter Aspekt zur Geltung, der die Regelung von Informations- und Dokumentationspflichten notwendig macht. Finanzdienstleistungen sind ein Beispiel der oben genannten zweiten Alternative, da sie auf Grund ihrer immateriellen Beschaffenheit „abstrakte Rechtsprodukte“111 darstellen, deren Inhalt sich durch die Beschreibung des Vertragsgegenstandes bestimmt. Diese Beschaffenheit ist ein Grund, der die Finanzdienstleistungen für den Fernabsatz besonders geeignet erscheinen lässt.112 Anders als bei allgemeinen Fernabsatzgeschäften ist der Verbraucher, der Finanzdienstleistungen im Fernabsatz erwirbt, nicht grundsätzlich gegenüber den anderen Vertriebsmethoden benachteiligt. Auch dem Verbraucher, der einen Vertrag im Geschäft eines Finanzdienstleisters abschließt, stehen nicht mehr Informationen zur Verfügung als die Vertragsunterlagen. Ein Unterschied könnte lediglich die Beratung sein, die dem Verbraucher im Fernabsatz nicht oder zumindest nicht persönlich zuteil wird. Ob diese persönliche Beratung mit möglichen Beeinflussungsmöglichkeiten gegenüber dem Vertrieb über den Fernabsatz mit 109
110
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112
Preissuchmaschinen ermöglichen eine Übersicht über größere Märkte als es lokal agierenden Verbrauchern sonst möglich wäre. Vgl. www.preisvergleich.de und www.guenstiger.de. Dieser Aspekt kommt nur bei bestimmten Fernabsatzmethoden in Betracht. Als Beispiel nennen Howells / Weatherill zeitlich begrenzte Teleshoppingangebote, die einen gewissen Druck zum Abschluss eines Vertrages erzeugen, S. 361. Ebers, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 171, 174. Erwägungsgrund Nr. 5 der Richtlinie.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
anderweitigen Vergleichsmöglichkeiten für den Verbraucher günstiger ist, mag dahingestellt bleiben. Abhängig von der Art des Geschäftes begründen vertragstypische Eigenheiten wie die Langfristigkeit der Vertragsbindung, mögliche Risiken wie Renditeprognosen oder der spezifische Vertragszweck, z.B. die Altersvorsorge113, die Notwendigkeit, den Verbraucher detailliert zu informieren. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat diese Richtlinie auf Art. 95 EG-Vertrag gestützt. Formales Ziel ist somit die Verwirklichung des Binnenmarktes. In den Erwägungsgründen wird darauf hingewiesen, dass unterschiedliche Verbraucherschutzbestimmungen in den Mitgliedstaaten die Verwirklichung des Binnenmarktes behindern.114 In zahlreichen Erwägungsgründen wird ferner die Schaffung eines hohen Verbraucherschutzniveaus als zweites Ziel beschrieben.115
III. Pauschalreise- und Timesharingverträge Ebenfalls Beispiele für die zweite Alternative, bei der die Art des geplanten Geschäfts Anlass für die Normierung von Informationspflichten ist, sind Pauschalreise- und Timesharingverträge. Diese Vertragsarten erfordern eine detaillierte Information des Verbrauchers auf Grund der fehlenden Möglichkeit, das Objekt bzw. die Dienstleistung vorher zu begutachten. Dem Verbraucher müssen alle relevanten Informationen in anderer Form zur Verfügung stehen, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. Zusätzlich macht bei Timesharingverträgen die Bedeutung der Transaktion, insbesondere die Dauer der Bindung von mindestens drei Jahren und die vergleichsweise hohe finanzielle Belastung, eine ausreichende Information des Interessenten unerlässlich. Weitere Folge dieses finanziellen Ausmaßes ist, dass der Verbraucher kaum Erfahrung beim Abschluss solcher Verträge hat, da ein Verbraucher in den seltensten Fällen mehrmals in seinem Leben einen Timesharingvertrag unterzeichnen wird. Dieses Argument gilt eingeschränkt auch bei Pauschalreisen, wenn man die Fälle außer Acht lässt, in denen der Verbraucher immer am gleichen Ort und im gleichen Hotel seinen Urlaub verbringt, also immer die gleiche Pauschalreise bucht. Ein weiterer gemeinsamer Aspekt dieser Vertragstypen ist die Komplexität des Vertragsgegenstandes. Bei Timesharingverträgen erzeugen allein die Vielzahl der möglichen rechtlichen Ausgestaltungen eines Timesharing113
114 115
Ebers, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 171, 174. Erwägungsgrund 12 der Richtlinie 2002 / 65 / EG. Vgl. nur die Erwägungsgründe 3, 9 und 13.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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rechts116 und die unterschiedlichen Ausübungsbedingungen in den Mitgliedstaaten ein Informationsbedürfnis des potentiellen Erwerbers. Deshalb sieht die Richtlinie für den Anbieter vor, den Erwerber ausführlich über die Art des erworbenen Rechts und die Ausübungsbedingungen zu informieren. Ähnliche Gründe lassen sich für Pauschalreisen finden. Eine Pauschalreise besteht aus mehreren Teilleistungen wie Beförderung, Unterbringung und sonstigen Dienstleistungen117 und erfordert eine ausführliche Information des Verbrauchers, um eine ordnungsgemäße Durchführung der Reise zu ermöglichen. Besonders bei der Timesharingrichtlinie lassen sich aber in den Materialien durchaus andere Gründe für den Erlass der Richtlinie finden. Ähnlich wie bei Haustürgeschäften sollten bestimmte Arten von Timesharingvertriebsmodellen eingedämmt werden. Die Gesetzesmaterialien sehen im Timesharing zwar ein Instrument, das Verbrauchern mit geringem Einkommen zu Eigentumsrechten verhelfen und darüber hinaus die Fremdenverkehrswirtschaft in den Mitgliedstaaten fördern kann.118 Eigentlicher Auslöser der Gesetzesinitiative waren aber Meldungen über missbräuchliche Praktiken und Betrügereien im Zusammenhang mit Timesharinggeschäften.119 Auch der Vorschlag der EU-Kommission für die neue Timesharingrichtlinie wurde mit neuen Entwicklungen am Markt begründet, mit denen der Schutz der bisherigen Regelungen umgangen werden sollte.120 Die umfangreichen In formationspflichten und Sprachvorgaben führen zu zusätzlichen Kosten für die Anbieter von Timesharing-Objekten. Insbesondere die Sprachvorgaben der Richtlinie haben zur Konsequenz, dass der Verkäufer von Timeshareprodukten theoretisch sein Prospekt in allen Amtssprachen der Europäischen Union vorrätig haben muss, um mögliche ausländische Interessenten ordnungsgemäß mit einem Prospekt zu versorgen.121 116
117 118
119
120
121
Vgl. Martinek, in: Grabitz / Hilf, A13. Teilnutzungsrecht an Immobilien, Vorbemerkung, Rn. 1; Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, Consumer Law Compendium, S. 272 ff. Art. 1 Nr. 1 der Pauschalreiserichtlinie. Legislative Entschließung des Europäischen Parlaments vom 13.10.1988, Amtsblatt Nr. C 290 vom 14.11.1988, S. 148 ff. Martinek, in: Grabitz / Hilf, A13. Teilnutzungsrecht an Immobilien, Vorbemerkung, Rn. 59. Vorschlag für eine über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsrechten, langfristigen Urlaubsprodukten sowie des Wiederverkaufs und Tausches derselben, KOM (2007) 303, S. 6. In der neuen Timesharingrichtlinie werden die Sprachvorgaben vereinfacht. Art. 3 Abs. 4 schreibt nunmehr vor, dass dem Verbraucher die Informationen in der von ihm gewünschten Sprache zur Verfügung gestellt werden müssen.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
IV. Zwischenergebnis Gesetzgebungsmaterialien und Richtlinien präsentieren nicht immer präzise die wirklichen Gründe für die Regelung von Informationspflichten. Vielfach dienen die Erwägungsgrunde der Rechtfertigung und Begründung der Wahl der Ermächtigungsgrundlage sowie der politischen Vermittlung der Gesetzgebungsmaßnahme. Das Gemeinschaftsrecht regelt Aufklärungspflichten insbesondere beim Vorliegen von mindestens einer der beiden folgenden Voraussetzungen. Informationspflichten werden dem Unternehmer auferlegt, – wenn aus der Situation, in der der Vertrag geschlossen wird, typischerweise eine für den Verbraucher ungünstige Informationslage resultiert und / oder – wenn der Vertragstyp eine ausführliche Information des Verbrauchers notwendig macht. Anwendungsfälle der ersten Alternative sind Haustür- und Fernabsatzgeschäfte. Timesharing und Pauschalreisen fallen unter die zweite Alternative. Diese Regel lässt sich auch auf Verbraucherschutzrichtlinien im Allgemeinen übertragen.122
B.
Inhalt der Informationspflichten
Eines der wichtigsten Kriterien zur Systematisierung der Informationspflichten ist der Gegenstand der Aufklärungspflicht. Die Informationspflichtenkataloge in den einzelnen Richtlinien sind äußerst detailliert. Man kann bei den Richtlinien sowohl zeitlich als auch inhaltlich verschiedene Schichten aufdecken. Bevor ein eigener Versuch der Ordnung von Informationspflichten unternommen wird, liegt ein Blick auf die bereits vorhandenen Informationspflichtenkataloge nahe. Die Regelungsgegenstände der Richtlinien erlauben unterschiedliche Detailgrade bei der Statuierung der Informationspflichten. Die Richtlinien, die bestimmte Arten von Verträgen behandeln, wie z.B. die Pauschalreise- und die Timesharingrichtlinie, enthalten ausführliche Kataloge. Dies ist unter anderem deshalb möglich, weil 122
Vgl. insoweit Art. 2:203 Abs. 1 Satz 1 ACQP. Vertiefend: Twigg-Flesner / Wilhelmsson, Kommentierung zu Art. 2:203 ACQP, in: Acquis Group, Principles of the Existing EC Law, S. 84 ff.; Ebers, Informations- und Beratungspflichten bei Finanzdienstleistungen: Allgemeine und besondere Rechtsgrundsätze, in: Schulze, Ebers und Grigoleit (Hrsg.), Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 171, 174.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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es sich um einen begrenzten Regelungsgegenstand mit speziellen Informationsbedürfnissen handelt. Diese Richtlinien sind deshalb beim Versuch einer Systematisierung von Informationspflichten weniger hilfreich. Sie können lediglich bei der Frage, ob die gefundenen unterschiedlichen Gruppen von Informationspflichten alle in Frage kommenden spezifischen Informationspflichten abdecken, als Praxistest dienen. Dagegen ist der Gesetzgeber im Fall von Richtlinien, die produktunabhängig bestimmte Vertragsschlusssituationen regeln, gehalten, Informationspflichten derart zu formulieren, dass sie auf eine Vielzahl von verschiedenen Vertragsgegenständen Anwendung finden können. So wird z.B. in der Fernabsatzrichtlinie bei der Beschreibung des Vertragsgegenstandes eine Information über die „wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung“ verlangt.123 Daneben könnten wissenschaftliche Erkenntnisse über die begrenzte Fähigkeit zur Aufnahme und Verarbeitung von Informationen zu dieser Begrenzung der Informationspflichten geführt haben.124 Untersuchungen zur Wirkung von Informationspflichten haben ergeben, dass sich mit der Quantität der Informationen nicht unbedingt die Lage des Verbrauchers verbessert, da der Verbraucher nur eine bestimmte Menge an Informationen aufnehmen und verarbeiten kann.125 Wird diese Grenze überschritten, kann es zu einem „information overload“ kommen, der das Gegenteil einer informierten Entscheidung bewirkt.126 Die Fernabsatzrichtlinie regelt in Art. 4 die Informationen, die während der Vertragsanbahnung erteilt werden müssen. Dabei handelt es sich um – die Identität des Lieferers und, soweit Vorauszahlung vereinbart ist, die Adresse des Unternehmers; – die wesentlichen Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung; – den Preis der Ware oder Dienstleistung einschließlich aller Steuern; – gegebenenfalls Lieferkosten; – die Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferung oder Erfüllung; – das Bestehen eines Widerrufrechts, außer in den in Artikel 6 Absatz 3 genannten Fällen; 123 124
125
126
Vgl. Art. 4 Abs. 1 lit. b. Howells, The Potential and Limits of Consumer Empowerment by Information, in: Journal of Law and Society, 2005, 349, 360 ff.; Eidenmüller, JZ 2005, 216 ff. Howells, The Potential and Limits of Consumer Empowerment by Information, in: Journal of Law and Society, 2005, 349, 360 ff. Howells verweist auf Untersuchungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass das menschliche Gehirn lediglich ca. 7 Information (sog. „chunks“) gleichzeitig verarbeiten kann. Eidenmüller, JZ 2005, 216, 218 u. 221.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
– die Kosten für den Einsatz der Fernkommunikationstechnik, sofern nicht nach dem Grundtarif berechnet; – die Gültigkeitsdauer des Angebots oder des Preises und – gegebenenfalls die Mindestlaufzeit des Vertrags über die Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienstleistungen, wenn dieser eine dauernde oder regelmäßig wiederkehrende Leistung zum Inhalt hat. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat die notwendigen Informationen in neun verschiedene Pflichten zusammengefasst, was im Vergleich zu den umfangreichen Katalogen bei Pauschalreise- und Timesharingverträgen bereits eine Vereinfachung darstellt. Ein Großteil der in Art. 4 der Fernabsatzrichtlinie geregelten Informationen lässt sich auf eine Vielzahl von Vertragsarten und Vertriebsmethoden übertragen. Dazu zählen zunächst die Informationen über den Anbieter. Die Aufklärungspflichten über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung, den Preis, die Lieferkosten und die Informationen zur Durchführung des Vertrages wie die Zahlungsmethoden, Lieferfristen und zur Erfüllung können zu den leistungsbestimmenden oder leistungsbezogenen Pflichten zusammengefasst werden. In diese Gruppe fallen ebenfalls die Information über die Mindestlaufzeit des Vertrages und die Gültigkeitsdauer des Angebots bzw. des Preises. Damit bleiben als Spezifika lediglich die Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht und die Kosten für den Einsatz der Fernkommunikationstechnik. Das Widerrufsrecht wird in diesem Fall auf Grund der Art des Vertragsschlusses gewährt.127 Die Belehrung über dieses Recht findet sich ebenfalls in den anderen untersuchten Richtlinien, die dieses Recht aus anderen Gründen gewähren, so dass diese Pflicht als Kategorie Bestand haben kann. Die Kosten für den Einsatz der Fernkommunikationstechnik gehören im weiteren Sinne zum Preis des Vertragsgegenstandes und können somit in diese Kategorie eingefügt werden. Ebenfalls hilfreich zur Ermittlung bestimmter Gruppen von Informationspflichten ist die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen.128 Erstmals in dieser Richtlinie werden diese Informationen bereits im Richtlinientext nach Kategorien geordnet. Eine wirkliche Vereinfachung er127 128
Vgl. oben unter § 4.A.II. Richtlinie 2002 / 65 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90 / 619 / EWG des Rates und der Richtlinien 97 / 7 / EG und 98 / 27 / EG, Abl. EG Nr. L 271 vom 9. Oktober 2002, S. 16-24. Vgl. dazu allgemein Schinkels, GPR 2005, 109 ff., Finke, Der Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher; Knöfel, ZGS 2004, 182-187.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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gibt sich daraus nicht, da diese wiederum eine lange Liste mit Unterpunkten zur Konkretisierung der Pflichten aufführen. Die Richtlinie unterscheidet dabei nach Informationen, – die den Anbieter betreffen, – solchen, die die Finanzdienstleistung beschreiben, – sowie Informationen, die die Vertriebsform (hier Fernabsatz) betreffen und – letztlich solche, die über dem Verbraucher zustehende Rechtsbehelfe informieren. Diese Unterscheidungen bieten einen ersten Anhaltspunkt für eine Einordnung der Pflichten in verschiedene Gruppen. Parallelen ergeben sich im Vergleich zur Fernabsatzrichtlinie bei den Anbieterinformationen, denen über die Finanzdienstleistung, mithin über den Vertragsgegenstand, und bei den vertriebsspezifischen Informationen. Zusätzlich enthält die Fernabsatzrichtlinie nur Informationen zu den Liefer- und Zahlungsbedingungen. Diese sind bei der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen in der Gruppe 2 (Finanzdienstleistungen) neben weiteren finanzdienstleistungsspezifischen Pflichten zu finden. Die Dienstleistungsrichtlinie regelt Informationspflichten für Dienstleistungserbringer.129 Diese Pflichten gelten gegenüber jedem Dienstleistungsempfänger, also auch gegenüber Verbrauchern.130 Widersprechen die Vorschriften der Richtlinie spezielleren Vorgaben des Gemeinschaftsrechts, so gehen die speziellen Regeln gem. Art. 3 der Richtlinie vor. Art. 22 der Richtlinie hat aber lediglich eine Ergänzungsfunktion, so dass zumindest im Falle von Mindestharmonisierungsrichtlinien wie der Pauschalreise-, der Timesharing- und der Fernabsatzrichtlinie die Pflichten aus der Dienstleistungsrichtlinie neben diese Pflichten treten.131 Die Anordnung der in Art. 22 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie genannten Informationen ist jedoch im Vergleich zu der in der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen ein Rückschritt, da auch hier eine Ordnung der Pflichten in Obergruppen möglich gewesen wäre, letztlich aber unterblieben ist.
129
130
131
Art. 22 der Richtlinie 2006 / 123 / EG über Dienstleistungen im Binnenmarkt. ABl. L 376 v. 27.12.2006, S. 36 ff. Vgl. Erwägungsgrund 7 Satz 4, der als eines der Ziele der Richtlinie ein hohes Verbraucherschutzniveau nennt. Schmidt-Kessel, GPR 2008, 63, 64 f.
34
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Ein weiteres Vorbild für eine Ordnung von Informationspflichten bietet die Richtlinie 2005 / 29 / EG über unlautere Geschäftspraktiken.132 Diese Richtlinie lässt die nationalen Vertragsrechte ihrem Wortlaut nach grundsätzlich unberührt.133 Sie hat aber indirekt Einfluss auf die Informationen, die der Unternehmer dem Verbraucher zur Verfügung stellen muss.134 Art. 7 regelt ausdrücklich nur die Irreführung durch Unterlassen. Die Kommission hatte bewusst auf eine positive Offenlegungspflicht verzichtet, da solch eine Pflicht „eine unnötige Belastung“ der Gewerbetreibenden sei und eine erhebliche Kostenbelastung darstelle.135 Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass, wenn das Unterlassen der Übermittlung wesentlicher Informationen eine Irreführung darstellt, dies für den betroffenen Unternehmer eine indirekte Verpflichtung aufstellt, die dort genannten Informationen offen zu legen.136 Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie definiert als irreführende Unterlassung, das Vorenthalten von wesentlichen Informationen, die der durchschnittliche Verbraucher benötigt, um eine informierte Entscheidung treffen zu können. Konkreter listet Art. 7 Abs. 4 Informationen auf, die bei der Aufforderung zum Kauf als wesentlich gelten. Dies sind im Einzelnen: – die Identität des Anbieters – die wesentlichen Merkmale des Produkts – der Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben – die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen – das Verfahren zum Umgang mit Beschwerden – ggf. das Bestehen eines Rücktritts- oder Widerrufsrechts Diese Richtlinie gilt allgemein für Geschäftspraktiken und regelt aus diesem Grund keine vertriebsspezifischen Informationspflichten. Ansonsten bestehen zu den Pflichten aus der Fernabsatzrichtlinie kaum Unterschiede, 132
133 134 135
136
Richtlinie 2005 / 29 / EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken), ABl. EG 2005, L 149, 22 ff. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2005 / 29 / EG. Schmidt, JZ 2007, 78, 80; Busch, GPR 2008, 158, 159. Vorschlag für eine Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, KOM (2003) 356, S. 10. Wilhelmsson, in: Howells / Micklitz / Wilhelmsson, European Fair Trading Law – The Unfair Commercial Practices Directive, 148; Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 59.1; Twigg-Flesner / Parry / Howells / Nordhausen, An Analysis of the Application and Scope of the Unfair Commercial Practices Directive, 54 (Veröffentlicht auf der Seite des Department of Trade and Industry, http: // www.berr.gov. uk / files / file32095.pdf); Leistner, S. 456.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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so dass die Lauterkeitsrichtlinie für eine Ordnung der Informationspflichten am besten passt. Auch die Acquis Principles (ACQP)137 orientieren sich in Art. 2:202 Abs. 2138 an den Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 Lauterkeitsrichtlinie.139 Ähnliches gilt für den Draft Common Frame of Reference (DCFR)140, in den die Vorschriften der ACQP über vorvertragliche Informationen eingebaut wurden.141 Dem Vorbild der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen folgend werden weitergehend und zur Vereinfachung die Pflichten hinsichtlich der wesentlichen Merkmale, des Preises und der Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen in eine Gruppe der leistungsbezogenen Pflichten zusammengefasst. Es gilt nun im Rahmen der Prüfung der Tauglichkeit der soeben herausgearbeiteten Ordnung der Informationspflichten zu untersuchen, ob sich die spezifischen Informationen der anderen Richtlinien unter diese allgemeinen Pflichten subsumieren lassen.
I.
Informationen über die Identität
Die Pflicht zur Angabe von Informationen über den Vertragspartner ist in unterschiedlicher Intensität in allen Richtlinien geregelt. Während die Haustürwiderrufsrichtlinie lediglich die Adresse vorschreibt, an die der 137
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Research Group on the Existing EC Private Law, Principles of the Existing EC Contract Law, Contract I, Precontractual Obligations, Conclusion of Contract, Unfair Terms, Sellier, 2007. „Wenn ein Unternehmer es im Rahmen kommerzieller Kommunikation einem Verbraucher ermöglicht, Waren oder Dienstleistungen zu erwerben, müssen dem Verbraucher folgende Informationen gegeben werden, wenn diese nicht bereits aus dem Zusammenhang der kommerziellen Kommunikation ersichtlich sind: – die wesentlichen Eigenschaften der Waren oder Dienstleistungen, die Anschrift und Identität des Unternehmers, der Preis einschließlich Lieferkosten, Steuern sowie anderer Kosten und das Widerrufsrecht, sofern ein solches besteht; – Besonderheiten bei der Zahlung, Lieferung, Leistung und Behandlung von Beschwerden, wenn sie von den Anforderungen an die unternehmerische Sorgfalt abweichen. Twigg-Flesner / Wilhelmsson, Kommentierung zu Art. 2:202 ACQP, in: Acquis Group, Principles of the Existing EC Law, S. 81. von Bar / Clive / Schulte-Nölke (Hrsg.), Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law – Draft Common Frame of Reference (DCFR), Sellier, 2008. Buch II. – Art. 3:102 Abs. 2 DCFR.
36
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Verbraucher seinen Widerruf richten muss, verpflichtet die Timesharingrichtlinie zu einer detaillierten Information über den Verkäufer aber auch über den Eigentümer des vermittelten Objekts.142 Zur Einschätzung der möglichen Risiken und Haftungsfragen bei Abschluss des Geschäfts ist die Rechtsform des Vertragspartners wichtig. Ebenfalls zu übermitteln ist die Rechtsstellung (Eigentümer, Pächter oder Anteilseigner der Anlage), die der Vertragspartner hinsichtlich des Objektes des Vertrages hat.143 Nicht aufgenommen wurde der Vorschlag des Europäischen Parlaments der Verpflichtung zur Angabe eines Registereintrages. Trotzdem ist die Offenlegungspflicht de lege lata umfassend und bietet dem potentiellen Erwerber einen Einblick in die Eigentumsverhältnisse am genutzten Gebäude. Die Pauschalreiserichtlinie schreibt als zwingenden Vertragsinhalt den Namen und die Anschrift des Veranstalters, des Vermittlers und ggf. die des Versicherers vor.144 Vor Vertragsschluss haben der Veranstalter und / oder der Vermittler dem Verbraucher Kontaktdaten des Veranstalters oder des Vermittlers mitzuteilen, wenn möglich sollen dies die Kontaktdaten einer Vertretung am Urlaubsort des Verbrauchers sein.145 Die Fernabsatzrichtlinie verpflichtet nur bei vereinbarter Vorauszahlung zur Angabe der Identität und der Adresse, in allen anderen Fällen nur zur Veröffentlichung der Identität.146 Bei der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen regelt Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 eine Vielzahl anbieterbezogener Informationspflichten, die neben der Identität, der Anschrift und der Hauptgeschäftstätigkeit des Anbieters auch Angaben über dessen Vertreter sowie, soweit vorhanden, die Handelsregisternummer und bei zulassungspflichtigen Tätigkeiten Angaben zur zuständigen Aufsichtsbehörde umfassen. In Anbetracht der Schutzrichtung der Informationspflicht über die Identität ist die Haustürwiderrufsrichtlinie lückenhaft. Gerade in den Fällen des ungebetenen Besuchs erfordert das schützenswerte Interesse des Verbrauchers, dass er weiß, mit wem er unter Umständen einen Vertrag abschließt. Deshalb müsste der Unternehmer verpflichtet sein, über seine Identität Auskunft zu geben. Für die Ausübung des Widerrufsrechts reicht schon eine Postfachadresse aus. Wenn der Verbraucher aber seine Rechte gerichtlich gegenüber dem Unternehmer geltend machen möchte, reicht eine Postfachadresse nicht aus. Geschäftsmodelle können auch darin bestehen, Vertrieb und Kundenbetreuung getrennt zu organisieren. In diesen Fällen wird in der Literatur vertreten, dass die Richtlinie nach ihrem Sinn 142 143 144 145 146
Anhang lit. a der Richtlinie. Martinek, in: Grabitz / Hilf, Richtlinie 94 / 47, Anhang zu Art. 4, Rn. 140. Anhang lit. g der Richtlinie. Art. 4 Abs. 1 lit. b der Richtlinie. Art. 4 Abs. 1 lit. a der Richtlinie.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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und Zweck verbiete, den Verbraucher bei der Durchsetzung seines Widerrufsrechts auf eine Kundenbetreuung im Ausland zu verweisen.147 Diese Anforderung führt aber nicht notwendigerweise zur Bekanntgabe der eigenen Identität. Bei der Timesharingrichtlinie ist wegen der Bedeutung und der finanziellen Belastung durch die Transaktion eine Information über den Vertragspartner eminent wichtig. Für den Erwerber ist es von großer Bedeutung, wenn er seinen Vertrags- und Verhandlungspartner kontaktieren kann. Diesen Anforderungen wird die Richtlinie gerecht. Die Einschränkung in der Fernabsatzrichtlinie ist zu Recht kritisiert worden.148 Zwar ist der Verbraucher in diesen Fällen besonders schützenswert, da er in Vorleistung geht und im Falle von Problemen eine ladungsfähige Adresse benötigt, aber auch in anderen Fällen ist die Identitätsangabe für den Verbraucher von Bedeutung für seine Entscheidung und stellt den Unternehmer andererseits nicht vor unangemessen hohe Hürden. Die Angabe der Adresse kann gerade im Fernabsatz, besonders bei grenzüberschreitenden Sachverhalten, eine vertrauensbildende Maßnahme für den Verbraucher sein. Die Kommission verweist zu Recht darauf, dass bei diesen Arten von Geschäften das fehlende Vertrauen einer der Gründe ist, warum Verbraucher von grenzüberschreitenden Geschäften Abstand nehmen.149 In den übrigen Richtlinien sind die anbieterbezogenen Informationspflichten angemessen ausgestaltet.
II.
Leistungsbezogene Informationspflichten
1.
Wesentliche Merkmale des Produkts oder der Dienstleistung
Alle hier untersuchten Richtlinien mit Ausnahme der Haustürwiderrufsrichtlinie enthalten Vorgaben zur genauen Beschreibung des Vertragsgegenstands. Die Pauschalreise- und die Timesharingrichtlinie verpflichten zu einer detaillierten Beschreibung des Vertragsgegenstands. In der Pauschalreiserichtlinie muss der Vermittler oder Veranstalter den Verbraucher über die Unterkunft, deren Einstufung nach den Vorschriften des Gastmitgliedsstaats, den Bestimmungsort, die Transportmittel sowie deren Merkmale und Klasse, die Mahlzeiten und die Reiseroute informieren. Die Timesharingrichtlinie fordert eine äußerst umfangreiche Beschreibung des angebotenen Teilzeitnutzungsrechts. Der Erwerber ist genau über die Art des zu erwerbenden Rechts zu informieren. Die Immobilie und ihre Lage müssen genau 147 148 149
Micklitz, in: Grabitz / Hilf, A2, Haustürwiderrufsrichtlinie, Rn. 55. Pützhoven, Europäischer Verbraucherschutz im Fernabsatz, S. 61. Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz, KOM (2006) 744, S. 8 .
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
beschrieben werden. Besondere Vorschriften gelten für noch im Bau befindliche Immobilien. Hier hat der Verkäufer den potentiellen Erwerber über den Stand der Arbeiten, den geplanten Fertigstellungstermin, die Baugenehmigung und die Adresse der zuständigen Behörde, den Stand der Arbeiten an den gemeinsamen Dienstleistungen (Gas, Wasser, Strom und Telefonanschluss) sowie über Garantien für die ordnungsgemäße Fertigstellung der Immobilie zu informieren. In jedem Fall muss der Prospekt Angaben über die eben genannten gemeinsamen Dienstleistungen sowie über die gemeinsamen Einrichtungen wie Schwimmbäder und Saunen mit den jeweiligen Zugangs- und Benutzungsbedingungen enthalten. Die Fernabsatzrichtlinie fasst diese detaillierten Beschreibungen mit einer kurzen Formel, nämlich der Beschreibung „der wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung“ zusammen.150 Diese allgemein gehaltene Formel berücksichtigt, dass die Fernabsatzrichtlinie lediglich die Art des Vertragsschlusses regelt und nicht den Vertragsgegenstand genau eingrenzt. Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen hat der Anbieter über die wesentlichen Merkmale der Finanzdienstleistung zu informieren. Ergänzt werden diese Pflichten durch Beratungspflichten über mögliche Risiken der Geldanlage. Wiederum zeigt sich, dass die Haustürwiderrufsrichtlinie lückenhaft ist, denn es ist kein sachlicher Grund ersichtlich, bei diesen Geschäften derartige Informationen auszusparen. Es existieren Direktvertriebsmethoden, bei denen die Lieferung des Gegenstandes oder der Dienstleistung nicht direkt vor Ort, sondern erst später erfolgt. Auch in diesen Fällen hat der Verbraucher während der Widerrufsfrist nur eingeschränkte Möglichkeiten, die exakten Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung mit anderen am Markt erhältlichen Produkten zu vergleichen, so dass eine dahin gehende Informationspflicht auch bei Haustürgeschäften einen angemessenen Schutz der Verbraucher bieten würde. In allen anderen Richtlinien hat der Gesetzgeber Aufklärungspflichten vorgesehen, die naturgemäß bei den vertragsgegenstandsbezogenen Richtlinien detaillierter ausfallen als bei den situationsbezogenen Richtlinien.
2.
Preis einschließlich aller Steuern und Abgaben
Ebenfalls alle Richtlinien der Arbeit mit Ausnahme der Haustürwiderrufsrichtlinie enthalten Vorschriften zur Angabe des Preises der Ware oder Dienstleistung. Diese Vorschriften werden teilweise von den Regeln der Preisangabenrichtlinie ergänzt, die aber lediglich auf die Lieferung von Waren und nicht auf Dienstleistungen anwendbar ist. Der Preis gehört zu 150
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den essentialia negotii. Er muss alle Steuern und Abgaben enthalten, was insbesondere die Mehrwertsteuer betrifft, deren Steuersatz in den einzelnen Mitgliedstaaten variiert.151 Eine umfassende Aufstellung der Kosten schreibt wiederum die Timesharingrichtlinie vor. Hierbei müssen mehrere Preisfaktoren aufgeführt werden. Der Richtliniengeber verfolgte das Ziel, die Gesamtbelastung durch den Erwerb des Teilzeitnutzungsrechts transparent zu machen. Die Belastung besteht nicht nur im Preis für den Erwerb des Rechts, sondern umfasst zahlreiche Nebenkosten. Der Prospekt und das Vertragsdokument müssen daher eine Schätzung der Kosten für die Benutzung der gemeinsamen Dienstleistungen und Einrichtungen enthalten. Für diese Kosten muss nicht nur der jeweilige Endpreis angegeben werden, sondern ergänzend eine Berechnungsgrundlage. Berechnungsgrundlagen sind darüber hinaus für die gesetzlichen Belastungen wie Steuern und Abgaben sowie für die Kosten der Betriebsführung (z.B. Instandsetzung und Instandhaltung) zu übermitteln. Aus der Pflicht zur Angabe der Berechnungsgrundlage folgt, dass die einzelnen Posten separat aufgeführt werden müssen, um so dem Erwerber durch eine transparente Darlegung die Chance der Prüfung der Angemessenheit der einzelnen Preisbestandteile zu ermöglichen.152 Die Pauschalreiserichtlinie regelt zahlreiche Vorgaben zur Angabe des Preises. Falls dem Verbraucher ein Prospekt zur Verfügung gestellt wird, muss dieser Informationen über die Anzahlung in Form eines absoluten Preises oder einer Prozentzahl sowie einen Zeitplan für die Zahlung des Restbetrages enthalten. Im Vertragsdokument muss auf die Möglichkeit einer Preisänderung nach Art. 4. Abs. 4 der Richtlinie sowie auf mögliche Zusatzkosten, die nicht im Pauschalreisepreis inbegriffen sind wie Lande- oder Aufenthaltsgebühren hingewiesen werden. Die Preisangabenrichtlinie ist lediglich auf die Vermarktung von Erzeugnissen und deshalb nicht auf Pauschalreisen anwendbar. Der Verbraucher muss den Preis seiner Reise ermitteln können. Die Angabe, dass eine Reise ab einem bestimmten Preis zu erwerben ist, reicht als alleinige Preisangabe nicht aus. Die Fernabsatzrichtlinie fordert lediglich die Angabe des Preises einschließlich aller Steuern. Die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen legt in diesem Bereich strengere Maßstäbe an, indem sie vorschreibt, den Gesamtpreis inkl. aller Provisionen, Gebühren und Steuern anzugeben und für den Fall, dass dies nicht möglich ist, die Berechnungsgrundlage anzugeben.153 Die Pflicht wird
151
152 153
Vgl. die Spanne in den Mitgliedstaaten zum Stichtag 1.1.2009, die zwischen 15 % in Luxemburg und Zypern und 25 % in Dänemark und Schweden liegt. Martinek, in: Grabitz / Hilf, A13, Art. 4, Rn. 151. Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b der Richtlinie.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
ergänzt durch eine Aufklärung über mögliche andere Steuern und Kosten, die nicht vom Anbieter abgeführt werden.154 Auch bei der Information über den Preis gilt das oben gesagte.155 In Haustürsituationen ist es geboten, den Verbraucher über den Preis des Produkts und alle anderen Kosten zu informieren. Das Fehlen einer solchen Vorschrift in der Richtlinie ist nicht nachvollziehbar. Bei den anderen Richtlinien sind die Vorgaben zur Angabe des Preises ausreichend konkret statuiert.
3.
Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen
Die Haustürwiderrufsrichtlinie enthält keine Angaben zu Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, obwohl diese Angaben für den Verbraucher bei seiner Vertragsentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind. Insoweit ist die Richtlinie vor dem Hintergrund ihrer Schutzrichtung lückenhaft.156 Die Timesharingrichtlinie macht detaillierte Vorgaben zu den Zahlungs- und Leistungsbedingungen. Der Erwerber muss über die Voraussetzungen informiert werden, die in dem jeweiligen Mitgliedstaat, in dem die Immobilie gelegen ist, eingehalten werden müssen, um das im Vertrag vorgesehene Recht auszuüben. Im Bereich des Timesharings ergeben sich Abgrenzungsprobleme zur Bestimmung der wesentlichen Eigenschaften der Dienstleistung, vor allem hinsichtlich des Leistungszeitpunkts und des Leistungsortes. So kann man die Vorschriften zur Information über den genauen Benutzungstermin als Leistungsbestimmung ansehen, ebenso wie die Vorschriften zu den gemeinsamen Einrichtungen und Dienstleistungen. Auch bei Pauschalreisen existieren Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zur Leistungsbeschreibung. Die Pauschalreiserichtlinie regelt in ihrem Anhang lit. i, dass der Verbraucher über den Zeitplan für die Zahlung des Preises und die Zahlungsmodalitäten informiert werden muss. Im Prospekt muss eine Regelung zur Höhe der Anzahlung und ein Zeitplan für die Zahlung des Restpreises angegeben werden.157 Die Fernabsatzrichtlinie fordert die Bereitstellung von Informationen über eventuell anfallende Lieferkosten sowie – etwas allgemein gehalten – Informationen zur Zahlung und zur Lieferung oder Erfüllung. Die Vorschrift in der Fernabsatzrichtlinie macht keine Aussagen zur erlaubten Höhe der Lieferkosten, die dem Verbraucher auferlegt werden können. Lediglich wenn der Unternehmer beabsichtigt, 154 155 156 157
Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. d der Richtlinie. Siehe § 4.B.II.1. Zum Schutzzweck der Richtlinie, s.o. § 4.A.III. Art. 3 Abs. 2 lit. f der Richtlinie.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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Lieferkosten in Rechnung zu stellen, muss er den Verbraucher darüber informieren. Diese Vorschrift soll verhindern, dass Interessenten über billige Lockangebote zum Vertragsschluss bewegt werden und dass Anbieter mögliche Preisnachlässe durch überteuerte Lieferkosten kompensieren. Bei der Mitteilung der Zahlungs- und Leistungsbedingungen hat der Unternehmer dem Verbraucher mitzuteilen, wann und wie er den Preis für die Ware oder Dienstleistung bezahlen muss. Für den Bereich der Erfüllung und Leistung sind alle Details zu übermitteln, die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann. Vor allem bei Dienstleistungen gibt es, wie soeben am Beispiel des Timesharings vorgestellt, im Bereich dieser Informationspflicht Überschneidungen mit der Pflicht zur Beschreibung des Vertragsgegenstandes. Das umfasst insbesondere den Leistungszeitpunkt und den Leistungsort. Der Verbraucher soll Klarheit haben, wann er mit den bestellten Waren rechnen kann. Der Unternehmer wird gezwungen, sich auf bestimmte Lieferdaten festzulegen, so dass Verzögerungstaktiken erschwert werden. Die konkreten Verpflichtungen aus dieser Vorschrift sind jedoch unklar. Die Informationen über die Zahlungsmodalitäten müssen den Verbraucher in die Lage versetzen, seine Verpflichtung ordnungsgemäß zu erfüllen.158 Die deutsche Fassung der Richtlinie deutet auf eine strengere Verpflichtung hin als die anderen Sprachfassungen der Richtlinie, da im Gegensatz zu anderen Sprachen von „Einzelheiten“ die Rede ist.159 Die äußerste Grenze hinsichtlich der Lieferbedingungen bildet Art. 7 der Richtlinie, der vorschreibt, dass der Unternehmer die Bestellung spätestens 30 Tage nach deren Übermittlung auszuführen hat, soweit die Parteien vertraglich nichts anderes vereinbart haben. Weiterhin dürfte der Unternehmer auf eine Lieferung unter Eigentumsvorbehalt hinweisen müssen. Die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen schreibt lediglich eine Information über Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und Erfüllung vor. Im Vergleich zu den Ausführungen zur allgemeinen Fernabsatzrichtlinie ergeben sich folglich keine zusätzlichen Besonderheiten. Die Richtlinien enthalten zahlreiche Vorschriften zu den Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen mit unterschiedlicher Regelungsdichte. Die Intensität der Pflichten ist abhängig von der Art des geregelten Gegenstandes und steigt mit der Aktualität der Richtlinie. Bei der Timesharing- und der Pauschalreiserichtlinie ist der Detailgrad mit den Spezifika der Vertragsgegenstände und dem Aufwand der genauen Bestimmung der gegenseitigen Pflichten zu erklären. Die Haustürwiderrufsrichtlinie ist wiederum unvollständig. 158
159
Erforderlich dürfte ein Hinweis wie: „Zahlbar in bar oder als per Überweisung auf folgendes Konto …“ Micklitz, in: Grabitz / Hilf, A. 3, Art. 4, Rn. 48.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
III. Verfahren zum Umgang mit Beschwerden Zu diesem Punkt enthalten lediglich drei Richtlinien Regelungen. Zum einen verpflichtet die Pauschalreiserichtlinie in Art. 4 Abs. 2 lit. a in Verbindung mit dem Anhang lit. k zur Angabe der Frist, in der der Verbraucher eventuelle Beschwerden vorbringen muss. Außerdem regelt die Fernabsatzrichtlinie in Art. 5 Abs. 1 die Pflicht zur Angabe der Adresse, bei der der Verbraucher seine Beschwerden vorbringen kann. Die Vorschriften der Fernabsatzrichtlinie betreffen aber nicht die vorvertragliche Phase, sondern lediglich die Zeit nach Vertragsschluss während der Erfüllung des Vertrages. Die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen schreibt in einem separaten Unterpunkt „Informationen betreffend den Rechtsbehelf“ vor, den Verbraucher über einen möglichen Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfssystem und das Bestehen eines Garantiefonds zu informieren.160
IV. Bestehen eines Rücktritts- oder Widerrufsrechts Sowohl die Haustürwiderrufs-, als auch die Timesharing-, die Fernabsatzrichtlinie und die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen räumen dem Verbraucher ein Widerrufsrecht ein. Dementsprechend enthalten die Richtlinien als zentrales Element der Informationspflichtenkataloge die Pflicht zur Belehrung des Verbrauchers über sein Widerrufsrecht. Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie regelt die Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung. Diese muss den Namen und die Anschrift der Person enthalten, gegenüber der der Widerruf zu erklären ist. Darüber hinaus ist die Belehrung zu datieren und muss eine Identifizierung des Vertrages ermöglichen. In der Timesharingrichtlinie werden die Pflichten noch detaillierter ausgestaltet. In lit. l des Anhangs werden für die Belehrung neben der Person, der ein etwaiger Widerruf mitzuteilen ist, auch Informationen zu den Bedingungen für die Mitteilung des Widerrufs, Kosten des Widerrufs nach Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie sowie die Folgen eines möglichen Widerrufs auf ein verbundenes Kreditgeschäft aufgeführt. Weniger umfangreich sind die Anforderungen an die Information in der Fernabsatzrichtlinie. Dort verlangt Art. 4 Abs. 1 lit. f lediglich Informationen hinsichtlich des Bestehens eines Widerrufsrechts, außer in den Fällen des Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie. Die ausführlichere Belehrung zu den Bedingungen und Einzelheiten der Ausübung des Widerrufsrechts wird in Art. 5 Abs. 1 geregelt. Diese Informationen können jedoch auch erst mit der Lieferung der Sache übermittelt 160
Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 der Richtlinie.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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werden. Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen ist wiederum eine ausführlichere Information über das Widerrufsrecht vorgeschrieben. Der Anbieter hat auch über das Nichtbestehen des Rechts, sowie über die Modalitäten der Ausübung, die Folgen der Nichtausübung und die mögliche Auferlegung einer Zahlung für bereits erbrachte Dienstleistungen, die in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie geregelt ist, zu informieren. Zusätzlich hat der Anbieter praktische Hinweise zur Ausübung des Widerrufsrechts zu geben, ausdrücklich nennt die Richtlinie die Anschrift, an die der Widerruf zu richten ist. Zu denken ist bei diesen Angaben auch an Hinweise zur fristwahrenden Ausübung des Rechts.161 Hinzuweisen ist ferner auf ein vorzeitiges und einseitiges Kündigungsrecht beider Parteien einschließlich möglicher Vertragsstrafen, die diese Ausübung nach sich zieht.162 Bei der Untersuchung der Informationspflichten in den einzelnen Richtlinien ergibt sich wiederum das Ergebnis, dass die Haustürwiderrufsrichtlinie die geringsten Vorgaben zur Belehrung über das Widerrufsrecht macht. Dies ist sicherlich auch darauf zurückzuführen, dass die Richtlinie zum damaligen Zeitpunkt erstmals ein solches Recht gewährte. Dennoch ist zu bemängeln, dass die Richtlinie keine Regelungen zur Information über die Rechtsfolgen einer Widerrufsausübung trifft. Bei einer Überarbeitung der europäischen Verbrauchervorschriften empfiehlt es sich, die Voraussetzungen einer Belehrung über das Widerrufsrecht zu harmonisieren. Gerade die Regelung einer Vielzahl von Widerrufsrechten mit unterschiedlichen Anforderungen an die Belehrung, die formalen Voraussetzungen der Ausübung und die Widerrufsfristen sind geeignet, sowohl die Umsetzungsgesetzgeber als auch die Unternehmer und Verbraucher vor Probleme zu stellen.
V.
Zwischenergebnis
Die Informationspflichten in den untersuchten Richtlinien können auf eine übersichtliche Anzahl an allgemeinen Informationspflichten beschränkt werden. Wie die folgende Tabelle zeigt lassen sich alle Informationspflichten der untersuchten Richtlinien in vier verschiedene Gruppen einzuordnen. Es handelt sich dabei um die Informationen über die Identität des Unternehmers, die leistungsbezogenen Pflichten, das Widerrufsrecht und die Beschwerdesysteme. Die leistungsbezogenen Informationspflichten lassen sich wiederum in drei Untergruppen aufteilen. Es handelt sich dabei um die Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder der
161 162
Finke, Rn. 62. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. c der Richtlinie.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Dienstleistung, den Preis und die Leistungs-, Liefer- und Zahlungsbedingungen. Die Untersuchung lässt deutlich zu Tage treten, dass in einigen Richtlinien, insbesondere der Haustürwiderrufsrichtlinie vor allem in Anbetracht der Zielsetzung der Richtlinien, dem Verbraucher eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, zahlreiche Lücken bestehen, die es zu schließen gilt. Ein anderes Extrem stellt die Timesharingrichtlinie dar. Diese regelt unsortiert eine Vielzahl von Informationspflichten. Auf diese Weise wird auch das Ziel einer informierten Entscheidung gefährdet, da der Verbraucher nur eine begrenzte Anzahl an Kerninformationen aufnehmen kann. Vor dem Hintergrund der begrenzten Aufnahme- und Verarbeitungsfähigkeit von Informationen durch den Verbraucher empfiehlt es sich, die Anzahl der Informationspflichten auf eine angemessene und übersichtlichere Zahl von Kerninformationen zu verringern. Darüber hinaus sollte bei zukünftigen Richtlinienvorhaben der Weg beibehalten werden, der bei Erlass der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen eingeschlagen wurde. Durch eine Ordnung der Informationspflichten wird die Erfüllung der rechtlichen Vorgaben für den Unternehmer erleichtert und die Verarbeitung der Informationen für den Verbraucher ermöglicht. Dies empfiehlt sich insbesondere für Bereiche, in denen der Vertragsinhalt mit Rechten und Pflichten genau vereinbart werden muss. Betroffen ist vor diesem Hintergrund vor allem der Komplex der Dienstleistungserbringung, weniger die Lieferung von Waren, da dieser weniger Aufwand bei der Bestimmung des Vertragsgegenstandes erfordert.
85 / 577
–
–
–
Informationspflicht
1. Identität des Anbieters
a. Wesentliche Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung
b. Preis, inklusive Steuern und andere Zuschläge
2. Leistungsbezogene Informationspflichten
2002 / 65
Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, d u. g (Preis inklusive Steuern, Kosten des verwendeten Fernkommunikationsmittels)
Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. a, c, e, Nr. 3 lit. b (wesentliche Merkmale und Hinweis auf Risiken)
Art. 4 Abs. 1 lit. a (Iden- Art. 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. tität und Adresse bei a-f (Identität, auch die Vorauszahlung) möglicher Vertreter, inkl. Handelsregister, in dem der Anbieter eingetragen ist)
97 / 7
– Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 lit. b Anhang lit. b, c, d, e, f, g und h
Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang lit. a
94 / 47
– Art. 3 Abs. 2 lit. f: Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Art. 4 Abs. 1 lit. c (Preis Zu zahlender Preis inklu- Abs. 1 jeweils in Verbin- inklusive Steuern) sive Anzahlungen dung mit Anhang lit. i Art. 4 Abs. 1 lit. g. (Kosten des verwendeten Fernkommunikationsmittels)
Art. 3 Abs. 2 lit. a, b, c, d, g: Bestimmungsort, Transportmittel, Informationen über die Unterkunft (Art, Lage, Kategorie), Mahlzeiten, Reiseroute
–
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Übersicht: Vorvertragliche Informationspflichten
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten 45
94 / 47
97 / 7
2002 / 65
– Wider- – rufsrecht in Art. 4 Abs. 1
4. Widerrufsrecht
–
– Art. 3 Abs. 1 und Anhang lit. l (Widerrufsrecht nach Art. 5)
–
Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 lit. a und b (Rechtsbehelfsverfahren und Garantiefonds) – Art. 4 und 5: Informa- Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a, tionen über das Wider- c und d rufsrecht
– Art. 5 Abs. 1: Adresse für Beschwerden
Art. 3 Abs. 2 lit. e: – Art. 4 Abs. 1 und An- – Art. 4 Abs. 1 lit. i Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. f, Pass- und Visavorausset- hang lit. l (s.o.), sowie (Mindestlaufzeit von Nr. 3 lit. g zungen lit. j (keine anderen Verträgen, die eine Kosten als die im Verdauernde oder wiedertrag angegebenen) und kehrende Leistung zum lit. k (Beteiligung an Inhalt haben) einem Umtausch- oder – Gültigkeitsdauer des WeiterveräußerungsAngebots (Art. 4 Abs. 1 system) lit. h) – Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 Abs. 1 jeweils in Verbindung mit Anhang lit. b
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–
–
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3. Beschwerdeverfahren
c. Zahlung, Lieferung und Leistungsbedingungen
Informationspflicht
46 Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
C.
47
Form der Informationserteilung
Formvorschriften erfüllen eine Vielzahl von Funktionen, u.a. Warn-, Beweis-, Informations- und Beratungsfunktionen.163 Formvorschriften für die Erteilung von Informationspflichten gehören indirekt zu den Punkten, die für eine Sanktionierung eines Verstoßes von Informationspflichten von Bedeutung sind. Die Erteilung der Informationen in einer bestimmten Form hat z.B. bei der Belehrung über das Widerrufsrecht eine Warn- und Beweisfunktion, weil sie den Verbraucher vor einer übereilten Vertragsbindung warnt, die Einhaltung der Informationspflicht beweisbar macht und die Berechnung der Widerrufsfrist ermöglicht. Weiterhin dient die Form dem Abbau von Informationsasymmetrien, indem die Information nicht flüchtig, sondern in einer Art und Weise erteilt wird, die eine dauerhafte Dokumentation und Verfügbarkeit der Information ermöglicht.164 Diese Verfügbarkeit ermöglicht wegen der potentiellen Verwertung der Angaben eine informierte Entscheidung. Während die Haustürwiderrufsrichtlinie aus dem Jahre 1985 noch vorschreibt, dass die Belehrung ausschließlich schriftlich zu erteilen ist165, erlaubt die Pauschalreiserichtlinie aus dem Jahr 1990, den Verbraucher sowohl schriftlich als auch in „einer anderen geeigneten Form“ über die notwendigen Informationen (insbesondere Pass- und Visavorschriften) in Kenntnis zu setzen.166 Vor Vertragsschluss sind dem Verbraucher darüber hinaus auch die Vertragsbedingungen in schriftlicher oder in einer „anderen dem Verbraucher verständlichen und zugänglichen Form“ zur Verfügung zu stellen.167 Der praktische Anwendungsbereich der Ausnahme vom Schriftformerfordernis blieb nach Erlass der Richtlinie unklar.168 Ausdrücklich weist die Richtlinie nur darauf hin, dass das Schriftformerfordernis dem Abschluss von Last-Minute-Verträgen nicht entgegen stehen darf.169 Größere praktische Bedeutung dürfte die Vorschrift mit der Entwicklung
163
164 165 166 167 168
169
Vgl. nur die Beispiele für das deutsche Recht bei Hk-BGB / Dörner, § 125 BGB, Rn. 1. Palandt / Ellenberger, § 125 BGB, Rn. 1 ff. Mankowski, European Review of Private Law, 2005, 779, 781. Art. 4 Satz 1 der Haustürwiderrufsrichtlinie. Art. 4 Abs. 1 lit. a und b der Pauschalreiserichtlinie. Art. 4 Abs. 2 lit. b der Pauschalreiserichtlinie. Vgl. Tonner, in: Grabitz / Hilf, A.12 Richtlinie 90 / 314 / EWG über Pauschalreisen, Art. 4, Rn. 9 ff. Art. 4 Abs. 2 lit. c der Pauschalreiserichtlinie.
48
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
eines Marktes zur Online-Buchung von Pauschalreisen erlangt haben.170 Die Fernabsatzrichtlinie nimmt einen Großteil der touristischen Dienstleistungen teilweise aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie heraus. Dies betrifft insbesondere die Informationspflichten, das Widerrufsrecht und die Fristen zur Erfüllung des Vertrages. Deshalb gibt es im Bereich der Informationspflichten keine Schnittmengen zwischen Fernabsatz- und Pauschalreiserichtlinie mit der Folge, dass auch bei im Internet abgeschlossenen Verträgen die Pauschalreiserichtlinie maßgeblich bleibt. Die Formvorschriften der Timesharingrichtlinie sind restriktiver, da sowohl für den Prospekt als auch für die Vertragsbedingungen ausschließlich die Schriftform zulässig ist.171 Auch die neue Timesharingrichtlinie sieht ausschließlich die Schriftform vor.172 Diese gegenüber den anderen Richtlinien strengere Vorschrift lässt sich zum einen auf die Komplexität des zugrunde liegenden Geschäfts und die in der Regel hohe fi nanzielle Belastung zurückführen, zum anderen aber auch auf die Intention des Gemeinschaftsgesetzgebers, unlautere Geschäftspraktiken zurückzudrängen. Informationen in Schriftform erleichtern bei möglichen Streitigkeiten die Beweisführung des Verbrauchers. Neben den Formvorschriften gehören auch die Sprachvorgaben der Timesharingrichtlinie zu den Anforderungen, die an die Darbietung der Information ge knüpft werden. Die strikten Sprachvorgaben ergänzen die Formvorschriften der Timesharingrichtlinie mit dem Ziel einer Information in einer dem Verbraucher verständlichen Sprache. Beide Fernabsatzrichtlinien regeln verschiedene Formvorschriften für die Informationsübermittlung. Während die vorherige Unterrichtung des Verbrauchers in der allgemeinen Richtlinie klar und verständlich auf „jedwede der verwendeten Kommunikationstechnik angepasste Weise“173 erfolgen muss und in der Richtlinie über Finanzdienstleistungen die Information „auf klare und verständliche Weise in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise“174 zu erteilen ist, schreibt die Fernabsatzrichtlinie eine Bestätigung der Informationen in schriftlicher Form oder auf 170
171 172
173 174
So dürfte es ausreichend sein, die Informationspflichten des Art. 4 der Pauschalreiserichtlinie durch Übermittlung der Informationen auf einem für den Verbraucher verfügbaren dauerhaften Datenträger (vgl. Art. 5 der Fernabsatzrichtlinie) zu erfüllen. Art. 3 Abs. 1 und Art. 4 1. Spiegelstrich der Timesharingrichtlinie. Art. 3 Abs. 2 und Art 4 Abs. 1 der Richtlinie über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsrechten, langfristigen Urlaubsprodukten sowie des Wiederverkaufs und Tausches derselben. Art. 4 Abs. 2 der Fernabsatzrichtlinie. Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2002 / 65.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
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einem „anderen für den Verbraucher verfügbaren dauerhaften Datenträger“175 vor. Etwas abweichend davon statuiert die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen die Papierform oder einen anderen dauerhaften Datenträger176 als maßgebliche Form.177 Beide Richtlinien stellen ein Transparenz- und Verständlichkeitsgebot für die Erteilung der Informationen auf.178 Im Gegensatz zur Timesharingrichtlinie enthalten beide Fernabsatzrichtlinien keine Sprachvorgaben, sondern überlassen diese Entscheidung den Mitgliedstaaten.179 Der Anbieter von Finanzdienstleistungen muss aber auf die Verfügbarkeit der Informationen in anderen Sprachfassungen hinweisen. Eine zusätzliche Besonderheit in den Fernabsatzrichtlinien ist die Aufforderung an die Mitgliedstaaten, insbesondere den Schutz von Minderjährigen und anderer Personen, die nicht voll geschäftsfähig sind, bei der Art und Weise der Mitteilung der Information zu beachten. Bei den Formvorschriften für die Informationserteilung lässt sich eine Entwicklung zu einer Liberalisierung in den Richtlinien festmachen.180 Die Verbreiterung der möglichen Formvorschriften lässt sich auch auf die Entwicklung und den vermehrten Einsatz moderner Kommunikationstechniken zurückzuführen. Die weit gefassten Vorschriften gewährleisten, dass die Formvorschriften ihre Funktionen der dauerhaften Dokumentation der Informationen und die Beweisbarkeit der Einhaltung oder des Verstoßes gegen Informationspflichten erfüllen, lassen jedoch auch Spielraum für technische Weiterentwicklungen.181 Lediglich die Timesharingrichtlinie weicht mit ihren strikten Vorgaben von diesem Trend ab.182
175 176
177 178 179
180 181
182
Art. 5 der Fernabsatzrichtlinie. Eine Definition dieses Begriffs enthält Art. 2 lit. f der Richtlinie 2002 / 65 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen: „jedes Medium, das es dem Verbraucher gestattet, an ihn persönlich gerichtete Informationen derart zu speichern, dass er sie in der Folge für eine für die Zwecke der Informationen angemessene Dauer einsehen kann, und das die unveränderte Wiedergabe der gespeicherten Informationen ermöglicht.“ Dazu ausführlich Finke, Rn. 89 ff. Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 97 / 7 und Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2002 / 65. Vgl. den 8. Erwägungsgrund der Richtlinie 97 / 7 und Erwägungsgrund 31 der Richtlinie 2002 / 65. So eingeschränkt auch Bydlinski, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, 141, 147. Beim Erlass der Fernabsatzrichtlinie war der Boom des Internets noch nicht absehbar, vielmehr dachte man an andere Vertriebsformen wie Teleshopping. Zu den Gründen vgl. die Erwägungen zum Erlass der Richtlinie s.o. § 4.A.III.
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Tabelle: Formvorschriften 85 / 577
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97 / 7
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Art. 4: schriftliche Belehrung
Art. 4 Abs. 1 und 2: schriftlich oder in einer anderen geeigneten Form
Art. 3 und 4: schriftliche Information
– Art. 4: jedwede der verwendeten Kommunikationstechnik angepasste Weise
– Art. 3: auf klare und verständliche Weise in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise – Art. 5: in Papierform oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger
D.
Zeitpunkt der Informationserteilung
Die Haustürwiderrufsrichtlinie verpflichtet den Unternehmer grundsätzlich zur Übergabe der Widerrufsbelehrung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses.183 Die Pauschalreiserichtlinie sieht mehrere Phasen vor, in denen Informationen erteilt werden müssen. Zunächst bestehen bestimmte Anforderungen an den Inhalt des Prospekts, falls dem Verbraucher ein solcher zur Verfügung gestellt wird. Weitere Informationen hat der Veranstalter oder der Vermittler dem Verbraucher rechtzeitig vor dem Antritt der Reise zur Verfügung zu stellen. Schließlich regelt die Richtlinie Mindestanforderungen an den Inhalt des Vertrages. Die Timesharingrichtlinie schreibt dem Verkäufer vor, jedem Interessenten „auf Wunsch“ ein Prospekt mit den wichtigsten Informationen über das Timeshareobjekt vorzulegen.184 Die Fernabsatzrichtlinie verpflichtet den Anbieter zu einer zweistufigen Informationserteilung. Die Richtlinie enthält einen Katalog von Informationen, die der Anbieter rechtzeitig vor Abschluss des Vertrages zur Verfügung zu stellen hat.185 Diese Informationen betreffen in der Praxis sowohl die Phase allgemeiner Werbung als auch die der unmittelbaren Vertragsanbahnung und müssen ihrer Funktion nach zeitlich so präsentiert werden, dass der Verbraucher sie zur Kenntnis nehmen und in seine Entscheidung einbeziehen kann. Da die Information des Unternehmers in der Regel nur eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots sein wird, liegt es in der Hand 183 184
185
Vgl. Art. 4 der Richtlinie. Art. 3 der Timesharingrichtlinie. Diese Regelung ist mit leicht geändertem Wortlaut („auf Anfrage“) auch in der neuen Richtlinie enthalten. Art. 4 der Richtlinie.
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51
des Verbrauchers, wann er dieses abgeben möchte. Deshalb beschränkt sich die Kontrolle der Rechtzeitigkeit der Information darauf, dass der Unternehmer keine unlauteren Praktiken benutzt, um den Verbraucher vorschnell zur Abgabe eines Angebots zu bewegen.186 Daneben regelt die Richtlinie Informationen, die der Verbraucher in jedem Fall rechtzeitig während der Erfüllung des Vertrages oder im Falle von nicht für die Lieferung an Dritte bestimmte Waren spätestens bis zum Erhalt der Lieferung empfangen haben muss.187 Diese Zeitbestimmung ist sprachlich unklar und hat zu einer Reihe von Auslegungsschwierigkeiten bei der Umsetzung in den Mitgliedstaaten geführt188 und sollte deshalb bei einer möglichen Überarbeitung der Richtlinie geändert werden.189 In der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen ist die Bestätigungspflicht strenger ausgestaltet, weil sie in jedem Fall rechtzeitig vor Vertragsschluss stattfinden muss, während die Fernabsatzrichtlinie eine Bestätigung auch nach Vertragsschluss möglich machte.190 In der Richtlinie 2002 / 65 / EG sind sowohl die vorherige Information (Art. 3) als auch die Bestätigung (Art. 5) als zwingende vorvertragliche Informationspflichten ausgestaltet. Übersicht: Zeitpunkt der Informationsübermittlung 85 / 577
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Art. 4: zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses
Art. 4 Abs. 2: vor Vertragsschluss, weitere Zeitpunkte
Art. 3: auf Wunsch des Interessenten, keine weitere Konkretisierung
– Art. 4: rechtzeitig vor Abschluss des Vertrages – Art. 5: rechtzeitig während der Erfüllung des Vertrags, bei nicht zur Lieferung an Dritte bestimmten Waren spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung
rechtzeitig bevor der Verbraucher durch einen Fernabsatzvertrag oder durch ein Angebot gebunden ist
In der Haustürwiderrufsrichtlinie soll das Widerrufsrecht und die damit korrespondierende Information die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers schützen, indem dem Verbraucher während der Widerrufsfrist eine Bedenk186 187 188
189
190
Micklitz, in: Grabitz / Hilf, A3, Art. 4, Rn. 56. Art. 5 der Richtlinie. Schulte-Nölke / Börger, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 333 f. Schulte-Nölke / Börger, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 309. Finke, Rn. 110.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
zeit gewährt wird, um zu entscheiden, ob er wirklich an dem Geschäft festhalten möchte. Dieses Ziel wird erreicht, wenn der Verbraucher zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses über seine Rechte informiert ist. Ähnliche Absichten werden mit der Prospektpflicht bei Timesharing-Objekten verfolgt. Der Interessent soll sich wegen der Komplexität des Geschäfts ausführlich und in aller Ruhe mit dem geplanten Geschäft auseinander setzen. Das Ziel der Prospektpflicht wird nur erreicht, wenn dem Verbraucher das Informationsdokument in angemessener Zeit vor dem Vertragsschluss übermittelt wird. Diesen Anforderungen wird die Richtlinie nicht gerecht, denn die Formulierung der Richtlinie lässt dem Verkäufer die Behauptung offen, der Verbraucher habe keinen Prospekt erbeten. Weitere Konkretisierungen hinsichtlich des Zeitpunkts der Übergabe des Prospekts enthält die Richtlinie nicht.191 Der Wortlaut der Richtlinie erlaubt sogar, dass dem Verbraucher der Prospekt zeitgleich mit den Vertragsunterlagen übermittelt wird. Diese fehlende zeitliche Vorgabe für die Bereitstellung eines Prospekts ist eine Schwachstelle der Timesharingrichtlinie. Deshalb ist wegen des Sinn und Zwecks des Art. 3 Abs. 1 eine Auslegung dahin gehend angebracht, dass die Übermittlung des Prospekts zu einer angemessenen Zeit vor dem Vertragsschluss stattzufinden habe.192 Dennoch ändert diese Auslegung nichts an der Unklarheit der Vorschrift, die als Konsequenz korrespondierende Vorschriften in den Mitgliedstaaten nach sich gezogen hat.193 Die neue Timesharingrichtlinie, die den Anwendungsbereich der Richtlinie ausweitet hat, um neueren Entwicklungen im Timesharingsektor Rechnung zu tragen, sieht in Art. 3 Abs. 3 vor, dass der Prospekt während Werbeveranstaltung zur Verfügung stellen muss, so dass dieser Schwachpunkt der Richtlinie weitgehend beseitigt worden ist.194
191 192
193
194
Kritisch dazu Martinek, NJW 1997, 1393, 1395. Martinek, in: Grabitz / Hilf, A13. Teilnutzungsrecht an Immobilien, Art. 3, Rn. 114. Vgl. zur Umsetzung der Vorschrift Schulte-Nölke / Börger / Fischer, in: SchulteNölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 275. Richtlinie 2008 / 122 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen, Abl. Nr. L 33 vom 3.2.2009, S. 10 ff. Der ursprüngliche Vorschlag der EU-Kommission KOM (2007) 303 endgültig; abrufbar unter http: // ec.europa.eu / consumers / cons_int / safe_ shop / timeshare / ts_proposal2007_de.pdf, hatte noch die alte Regelung enthalten. Vgl. dazu Pfeiffer, ZGS 2007, 361; Busch, GPR 2008, 13 ff.; Schubert, NZM 2007, 665 ff.
§ 4 Bestandsaufnahme der Informationspflichten
53
Die Zeitvorgaben der Fernabsatzrichtlinie sind vage gehalten. Sie lassen den Mitgliedstaaten Raum für die konkrete Bestimmung des Zeitpunkts. Im Vergleich zur Timesharingrichtlinie sind die Mitgliedstaaten aber in ihrer Entscheidung eingeengt, da die Richtlinienvorgaben durch Auslegung zu bestimmen sind.195 Genauer zu konkretisieren ist das Tatbestandsmerkmal der Rechtzeitigkeit. Eine äußerste Grenze für eine rechtzeitige Erteilung der Informationen bildet die vertragliche Bindung des Verbrauchers. Darüber hinaus muss das Tatbestandsmerkmal der Rechtzeitigkeit im Einzelfall korrekt ausgelegt werden. Grundsätzlich gilt, dass der Verbraucher die Informationen in seine Entscheidung einbeziehen können muss. Daraus wird man folgern können, dass mit der steigenden Komplexität des Vertragsgegenstandes die Informationserteilung zeitlich weiter vor der vertraglichen Bindung erfolgen muss, damit die eben genannte Funktion der Informationsverarbeitung gewährleistet ist.196 Diesen Gedanken greift die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen auf, indem sie fordert, dass dem Verbraucher rechtzeitig bevor er sich vertraglich gebunden hat, die Informationen zur Verfügung stehen müssen. Neben der richtigen inhaltlichen und formalen Übermittlung der Informationen kommt es für eine größtmögliche Wirksamkeit der Informationserteilung darauf an, dass dem Verbraucher die Informationen zu einem Zeitpunkt erteilt werden, in dem sie ihre Funktion noch erfüllen können. Die Information kann in der Zeit der abstrakten Werbung für das Produkt oder die Dienstleistung stattfinden, weiterreichen bis hin zur Phase der Vertragsanbahnung und schließlich in vertragsschlussbezogenen Informationspflichten münden. Die Richtlinien sind in dieser Frage nicht immer eindeutig und lassen Mitgliedstaaten viel Spielraum. Obwohl die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung den Willen des Richtliniengebers befolgen und auch die Gerichte die nationalen Vorschriften richtlinienkonform auslegen müssen, wäre es wünschenswert, wenn die Richtlinien den Mitgliedstaaten insoweit konkretere Vorgaben machen würden.197 Diese sollten dann zumindest verdeutlichen, dass es darauf ankommt, dass die Verbraucher die Informationen so rechtzeitig vor dem Vertragsschluss erhalten, dass eine Verarbeitung der Informationen möglich ist. Die Zeitpunkte der Informationserteilung reichen von der Phase der Werbung des Kunden, über das grundsätzliche Interesse des individuellen 195
196 197
Vgl. zur Umsetzung der Vorschrift in den Mitgliedstaaten Schulte-Nölke / Börger, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 328. Zu einzelnen Beispielen Finke, Rn. 84 ff. Schulte-Nölke / Börger, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 308 f. und S. 328.
54
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Verbrauchers am Produkt oder an der Dienstleistung und die individualisierte vorvertragliche Kommunikation bis hin zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Reich spricht insoweit bei den Informationspflichten des Fernabsatzrechts von einem „vertragsrechtlichen Kontinuum“.198 Das Gemeinschaftsrecht unterscheidet bei der Regelung von Informationspflichten nicht zwischen rein lauterkeitsrechtlichen und vertragsschlussbezogenen Informationspflichten.199 Dies ist dem Gemeinschaftsgesetzgeber kaum vorzuwerfen, da er ansonsten die Dogmatik der mittlerweile 27 Mitgliedstaaten zu berücksichtigen hätte.200 Eine weitere Ursache für diese fehlende Unterscheidung ist darin zu sehen, dass z.B. im Internet die Grenze zwischen abstrakten Werbemaßnahmen und der individuellen Kommunikation wegen der erleichterten Kontaktaufnahme- und Bestellmöglichkeiten fließend ist.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen im Europarecht Bei der Suche nach geeigneten Sanktionen werden nunmehr zunächst das Primärrecht, auf dessen Grundlage Informationspflichten geregelt wurden, und das Sekundärrecht, das die Informationspflichten enthält, in den Blick genommen. Ziel ist es, die Vorgaben für die Regelung von Sanktionen sowohl aus Sicht des Gemeinschaftsrechtsgebers als auch des nationalen Gesetzgebers herauszuarbeiten.
A.
Primärrecht
Der EG-Vertrag statuiert in Art. 10 die allgemeine Pflicht der Mitgliedstaaten, „alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben“, zu treffen. Darüber hinaus soll der Gemeinschaft die Erfüllung dieser Aufgaben erleichtert werden. 198 199
200
Reich, EuZW 1997, 581, 582. Kritisch dazu Leistner, S. 451 ff., der ebenfalls deutlich macht, dass auch die Lauterkeitsrichtlinie mit ihren Regeln zum Irreführen durch Unterlassen deutlich bis in den Bereich der vorvertraglichen Pflichten reicht, S. 448 ff. Vgl. dazu ebenfalls Schmidt, JZ 2007, 78. Busch, GPR 2008, 158.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
55
Aus dieser Vorschrift wird die Verpflichtung der Mitgliedstaaten abgeleitet, das Gemeinschaftsrecht ordnungsgemäß um- und durchzusetzen.201 Das bedeutet nicht nur, dass die Mitgliedstaaten auf formal legislativer Ebene dem Gemeinschaftsrecht Folge leisten, sondern dass sie auch auf dem Gebiet der gerichtlichen Durchsetzung, beim Vollzug sowie der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts durch die Verwaltungen die Voraussetzungen für eine volle praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts schaffen müssen.202 Das Primärrecht ermöglicht mit Hilfe der in Art. 288 AEU (ex Art. 249 EGV) geregelten Richtlinien eine Vereinheitlichung des Rechts der Mitgliedstaaten anzustreben. Die Mitgliedstaaten sind bei der Umsetzung der Richtlinien frei hinsichtlich der zu wählenden Form und der Mittel. Verbindlich ist jedoch das Ziel, das mit dem jeweiligen Rechtsakt verfolgt wird.203 Diese Zielvorgaben grenzen jedoch die Wahl der Mittel und Formen ein.204 Der EuGH hat in seiner Rechtsprechung mehrfach betont, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, bei der Umsetzung der Richtlinie diejenigen Mittel zu wählen, die die praktische Wirksamkeit der Richtlinien am besten gewährleisten.205 Unternimmt ein Mitgliedstaat in den Umsetzungsfristen der Richtlinie überhaupt keine oder nicht ausreichende Maßnahmen, so kann sich der säumige Staat nach der Rechtsprechung des EuGH schadensersatzpflichtig gegenüber dem betroffenen Bürger machen.206 Diese Schadensersatzhaftung kann jedoch nur die ultima ratio sein. Sie befreit die Mitgliedstaaten nicht von der Umsetzungspflicht und kann deshalb nicht als eine Sanktionsvorgabe angesehen werden. Weiter gehende Konkretisierungspflichten für den europäischen Gesetzgeber im Bereich der Sanktionen, die sich aus dem Primärrecht ergeben könnten, wie z.B. der Bestimmtheitsgrundsatz oder das Gebot der gemeinschaftlichen Loyalität, werden zwar vereinzelt diskutiert.207 Sie werden jedoch zu Recht abgelehnt, da für den Bereich der Sanktionen kein schützenswertes Interesse der Mitgliedstaaten an einem detaillierten Rechtsfolgensys201
202 203
204 205
206
207
Lerche S. 40 f. m.w.N.; Streinz, Rn. 388; EuGH, Rs. 147 / 77, Kommission vs. Italien, Slg. 1978, 1307, 1311. Lerche, S. 41 m.w.N.; Streinz, Rn. 391. Vgl. Art. 249 EGV, Schmidt, in: von der Groeben / Schwarze – Kommentar zum EU- / EG-Vertrag; Art. 249 EGV, Rn. 38 ff. EuGH, Urteil v. 10.4.1984, C-14 / 83. Lerche, S. 315; vgl. weiter das Urteil des EuGH in der Rechtssache Royer; s.u. § 5.C.IV. EuGH, Urteil v. 19.11.1991, Slg. 1991, I-5357 – Francovich; EuGH, Rs. C-178 / 94, Slg. 1996 I-4845 – Dillenkofer. Vgl. Lerche, S. 290 ff.
56
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
tem in den Richtlinien besteht.208 Die Mitgliedstaaten werden im Gegenteil wenig Interesse an einer detaillierten Vorgabe im Bereich der Sanktionen haben, da diese Vorgaben tiefer in die nationalen Rechtstraditionen eingreifen als bloße Pflichten zum Erlass von Informationspflichten und darüber hinaus den Handlungsspielraum der Mitgliedstaaten einengen. Insbesondere der Bestimmtheitsgrundsatz liefert keine weiteren Erkenntnisse, weil durch die Richtlinien nicht der einzelne Bürger belastet wird, sondern dies erst durch die nationale Umsetzungsmaßnahme geschieht.209
B.
Sekundärrecht
I.
Kompetenz zur Regelung der Sanktionen
Im Bereich des Sekundärrechts drängt sich bereits die Frage nach der Gesetzgebungskompetenz des Gemeinschaftsgesetzgebers zum Erlass detaillierter Sanktionsregelungen auf. Die Gesetzgebungskompetenz auf EU-Ebene bestimmt sich nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung.210 Für die Bereiche, die nicht in die ausschließliche Zuständigkeit der Gemeinschaft fallen, schränkt der Subsidiaritätsgrundsatz die Gesetzgebungskompetenz ein, da die Gemeinschaft in diesen Fällen nur tätig werden darf, wenn sich das Ergebnis nicht auf der Ebene der Mitgliedstaaten ebenso gut erreichen lässt.211 Für den Erlass privatrechtsangleichender Richtlinien wurden in der Regel die Artikel 94 und 95 EG-Vertrag212, die eine Kompetenz für Maßnahmen zur Verwirklichung des Binnenmarktes verleihen, und der mit dem Maastricht-Vertrag eingefügte Art. 153 EG-Vertrag213, der die Verbesserung des Verbraucherschutzes erreichen soll, als Ermächtigungsgrundlage herangezogen. Die grundsätzliche Kompetenz zum Erlass von Verbraucherschutz208 209 210 211
212
213
Lerche, S. 293. Lerche, S. 290 f. Art. 5 EGV. Art. 5 Abs. 2 EGV. Vertiefend dazu Zuleeg, in: von der Groeben / Schwarze – Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 5 EGV, Rn. 25 ff. m.w.N. Beispiele für Richtlinien, die auf dieser Ermächtigungsgrundlage (Ex Art. 100 bzw. 100a EGV) erlassen wurden: Haustürwiderrufsrichtlinie (Art. 100 EGV), Pauschalreiserichtlinie, Klauselrichtlinie, Timesharingrichtlinie, Fernabsatzrichtlinie, Unterlassungsklagenrichtlinie und Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (alle Art. 100a EGV). Beispiele für Richtlinien, die auf dieser Ermächtigungsgrundlage (Ex Art. 129a EGV) erlassen wurden: Preisangabenrichtlinie 98 / 6 / EG.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
57
richtlinien ist weitgehend anerkannt.214 Der europäische Gesetzgeber ordnet in einigen Richtlinien durchaus Sanktionen an und geht damit von einer Kompetenz zum Erlass dieser Vorschriften aus.215 Auch die EU-Kommission geht weiter von einer solchen Kompetenz aus, da sie in ihrem Grünbuch die Frage aufwirft, ob auf Gemeinschaftsebene konkrete Sanktionen für Informationspflichtverletzungen geregelt werden sollten.216 Unklar ist lediglich, inwieweit die gewählten Ermächtigungsgrundlagen auch zur Regelung von Rechtsfolgen bei Verstößen gegen die Richtlinienvorgaben berechtigen. Ausdrückliche Vorgaben enthält das Gemeinschaftsrecht zu diesen Fragen nicht. Wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber zu einer Sachregelung bestimmter Vorgaben im Bereich des Verbraucherrechts berechtigt ist, so liegt es nahe, dass dazu auch die Regelung von verbraucherrechtlichen Sanktionen gehören kann, wenn dies zur Erreichung des Ziels erforderlich ist.217 Begrenzt wird diese Befugnis aber durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Ausreichend ist nicht die pauschale Berufung, dass zur Beachtung der Vorgaben Sanktionen notwendig sind. Vielmehr muss im Einzelfall die Erforderlichkeit geprüft werden. So dürfte eine Sanktionierung der Verletzung der Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht erforderlich sein, da gerade wegen der Binnenmarktrelevanz der Vorschriften über das Widerrufsrecht eine einheitliche und wirksame Sanktionierung wichtig ist. In der Literatur wird die Frage nach der Kompetenz mit dem Schlagwort einer Annex-Kompetenz zum Erlass der Verbraucherschutzrichtlinien bejaht.218 Dies gilt zumindest für den Bereich zivilrechtlicher Sanktionen. Etwas anderes dürfte sich lediglich bei strafrechtlichen Sanktionen ergeben, da für diesen Bereich weiterhin die Mitgliedstaaten ausschließlich die Kompetenz behalten haben.
214
215 216 217
218
Grundsätzlich Lerche, S. 286; zu den einzelnen Richtlinien: 85 / 577: Grundmann, S. 209; 97 / 7: Grundmann, S. 227; Pützhoven, 21 ff., 94 / 47: Grundmann, S. 636; kritisch dagegen für die genannten Richtlinien Ludwigs, S. 375 ff.; Roth, JZ 2001, 475, 477 der vor dem Hintergrund des Tabakwerbungsurteils des EuGH, Urt. v. 5.10.2000, Rs. C-376 / 98, argumentiert, dass die Verbraucherschutzrichtlinien nach dieser Rechtsprechung vor dem EuGH keinen Bestand mehr hätten, da sie keinen nachweisbaren Beitrag zum Binnenmarkt lieferten. Mit Blick auf die Kompetenz zur Maximalharmonisierung, Howells, ERCL 2005, 360, 369 ff. Vgl. weiter unten § 5.B.II. Grünbuch der EU-Kommission, KOM (2006), 744, S. 23 f., Frage E. EuGH, Urteil vom 27.10.1992, Rs. C-240 / 90, Bundesrepublik Deutschland / Kommission, NJW 1993, 47 bezogen auf das Agrarrecht. Lerche, S. 287; allgemein Siebert, in: van Gerven / Zuleeg, S. 71, 79; Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 166 f.
58
II.
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Ausdrückliche Vorgaben
Die Fernabsatzrichtlinie und die Timesharingrichtlinie sehen für die Nichterfüllung bestimmter Informationspflichten die Verlängerung der Widerrufsfrist vor.219 Bei der Fernabsatzrichtlinie handelt es sich um alle Informationen, die gem. Art. 5 der Richtlinie erteilt werden müssen. In der Timesharingrichtlinie wird die unterlassene Belehrung über bestimmte Informationen – nicht nur über das Widerrufsrecht selbst – mit der Verlängerung der Widerrufsfrist sanktioniert. Diese Widerrufsrechte stehen dem Verbraucher nach Ablauf der verlängerten Frist nicht mehr zur Verfügung, selbst wenn er bis zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht ordnungsgemäß informiert wurde. Andere Richtlinien knüpfen den Beginn der Widerrufsfrist an eine korrekte Information des Verbrauchers. Für die Haustürwiderrufsrichtlinie hat der EuGH dies in der Heininger-Entscheidung220 klargestellt und auch die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen verfolgt diesen Ansatz. Während die Haustürwiderrufsrichtlinie aber lediglich die Information über das Widerrufsrecht fordert, setzt die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen für den Beginn der Frist die korrekte Erteilung aller vorvertraglichen Informationen voraus. Dies hat im Ergebnis zur Folge, dass dem Verbraucher eine sog. ewige Frist gewährt wird, die aber unter Umständen durch nationale Ausschlussfristen beispielsweise im Prozessrecht oder Verjährungsrecht eingeschränkt werden kann. Die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen enthält in Art. 11 die bekannte Verpflichtung der Mitgliedstaaten, „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen“ zu erlassen. Darüber hinaus zeigt sie mögliche Sanktionsinstrumente auf, indem sie auf ein jederzeitiges Kündigungsrecht des Verbrauchers verweist, das dieser ohne Kostenauferlegung und Vertragsstrafen ausüben kann. Die Verbraucherschutzrichtlinien lassen sich im Bereich der Sanktionsvorgaben in drei Gruppen einteilen. Ein Teil der Verbraucherschutzrichtlinien enthält keine Vorgaben für den Fall der Nichtbeachtung der Richtlinienvorschriften.221 Eine andere Gruppe von Richtlinien enthält lediglich allgemein gehaltene Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten, wirksame und angemessene Sanktionen bei Verstößen gegen die Vorgaben der Richtlinie zu erlassen.222 Neuere Richtlinien regeln darüber hinaus gehende detaillier219 220 221 222
Art. 6 der Fernabsatzrichtlinie und Art. 5 der Timesharingrichtlinie. Vgl. dazu § 5.C.II. Z.B. die Pauschalreiserichtlinie. Vgl. die ähnlichen Vorschriften in Art. 4 Satz 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie, Art. 10 der Timesharingrichtlinie, Art. 11 Abs. 1 der Fernabsatzrichtlinie und Art. 8 der Preisangabenrichtlinie.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
59
tere Sanktionen.223 Insgesamt enthalten die Verbraucherrichtlinien neben den genannten Ausnahmen für den Fall der Gewährung von Widerrufsrechten kaum ausdrückliche Sanktionsvorgaben, die über die Verlängerung der Widerrufsfrist hinausgehen, und lassen den Mitgliedstaaten auf den ersten Blick Raum für eigene Lösungen.
III. Zielimmanente Sanktionen? Neben diesen ausdrücklichen Sanktionen wird die Frage diskutiert, ob den Richtlinien ein Sanktionenregime immanent ist bzw. ob sich die Vorgaben aus dem Sinn und Zweck der Richtlinien in Verbindung mit dem effet utile ergeben.224 Diesen Thesen liegt die Annahme zugrunde, dass jede Richtlinie ein bestimmtes Ziel verfolgt, das durch Auslegung zu ermitteln ist. In einem nächsten Schritt wird untersucht, ob aus dem Ziel der Richtlinie zwingende Vorgaben an ein Rechtsfolgensystem bei fehlender Einhaltung der Richtlinienvorschriften folgen. Geprägt wurde in diesem Zusammenhang der Begriff der Zielimmanenz bestimmter Sanktionen.225 Eine Rechtsfolge soll dann zielimmanent sein, wenn sie zur Erreichung des Richtlinienziels zwingend erforderlich ist.226 Das ist der Fall, wenn nur mit der Rechtsfolge das Ziel verwirklicht werden kann.227 So soll zum Beispiel aus dem Ziel der Haustürwiderrufsrichtlinie die zwingende Vorgabe an die Mitgliedstaaten folgen, dass diese während des Laufs der Widerrufsfrist ein Verbot des Austausches der Leistungen in ihren Rechtsordnungen vorsehen.228 Nur so könne den Vorgaben der Richtlinie entsprochen werden.
223 224
225
226 227 228
Art. 11 der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Schwintowski, in: Schulze, Ebers und Grigoleit (Hrsg.), Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, S. 267 ff.; Lerche, S. 297 ff., S. 320. Schwintowski, in: Schulze, Ebers und Grigoleit (Hrsg.), Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 267, 276; Lerche, S. 321. Lerche, S. 321. Lerche, S. 321. Lerche, S. 328.
60
C.
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Rechtsprechung des EuGH
Die Rechtsprechung des EuGH ist bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts von eminent wichtiger Bedeutung.229 Der Rechtsprechung des EuGH lassen sich weitere Ansatzpunkte für die Entwicklung eines Sanktionensystems entnehmen. Im Folgenden sollen daher einige besonders wichtige Urteile des EuGH in den Blick genommen werden, die sich mit den Anforderungen des Gemeinschaftsrechts an Sanktionen beschäftigen.
I.
Rechtssache Kommission . / . Griechenland
Als eines der Grundsatzurteile zum Thema der Sanktionen im Gemeinschaftsrecht kann das Urteil Kommission gegen Griechenland230 bezeichnet werden. Dieses Urteil befasst sich zwar nicht mit der Umsetzung einer Richtlinie. Die Grundsätze des Urteils können aber allgemein auf andere Gemeinschaftsrechtsakte übertragen werden.231 In diesem Urteil stellte der Gerichtshof klar, dass die Mitgliedstaaten auch dann zum Erlass von Sanktionen verpflichtet sind, wenn der originäre Gemeinschaftsrechtsakt keine Sanktionsvorgaben enthält.232 Diese Pflicht entnimmt der EuGH Art. 10 des EG-Vertrages (ex Art. 5 EWG-Vertrag).233 Ferner sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht mit den gleichen Maßnahmen zu sanktionieren, die bei Verstößen gegen das nationale Recht zur Anwendung kämen.234 In diesem Urteil wird auch die später häufiger benutzte Formel der Pflicht zum Erlass wirksamer, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen geprägt235, die später Eingang in den Wortlaut einiger Richtlinien gefunden hat.236
229
230
231 232 233 234 235 236
Zur Auslegung des Gemeinschaftsprivatrechts zuletzt Rösler, RabelsZ 2007, 495 ff.; speziell für die Rechtsprechung des EuGH: ders. ZEuS 2006, 341 ff. Zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts durch den EuGH, Stotz, in: Riesenhuber, Europäische Methodenlehre, S. 409 ff. EuGH, Urt. v. 21.9.1989, Kommission gegen Griechenland, Rs. 68 / 88, Slg. 1989, 2965. Lerche, S. 314. EuGH, Urt. v. 21.9.1989, Kommission gegen Griechenland, Rs. 68 / 88, Rz. 23. EuGH, Urt. v. 21.9.1989, Kommission gegen Griechenland, Rs. 68 / 88, Rz. 23. EuGH, Urt. v. 21.9.1989, Kommission gegen Griechenland, Rs. 68 / 88, Rz. 24. EuGH, Urt. v. 21.9.1989, Kommission gegen Griechenland, Rs. 68 / 88, Rz. 24. Vgl. nur Art. 8 der Preisangabenrichtlinie, Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, Art. 13 der Lauterkeitsrichtlinie.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
II.
61
Rechtssachen Heininger, Schulte, Crailsheimer Volksbank und Hamilton
Die Anforderungen an die Sanktionierung einer unterlassenen Belehrung über das Widerrufsrecht im Anwendungsbereich der Haustürwiderrufsrichtlinie haben zu mehreren Verfahren vor dem EuGH geführt. Der EuGH hat in seiner Heininger-Rechtsprechung237 die Richtlinie dahingehend ausgelegt, dass ohne eine ordnungsgemäße Belehrung des Verbrauchers die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt. Der EuGH begründet dieses Ergebnis mit dem Wortlaut und dem Zweck des Art. 5 der Haustürwiderrufsrichtlinie. Vor dem Hintergrund dieses Zwecks könne Art. 4 Abs. 3 der Richtlinie nicht so ausgelegt werden, dass die Ausübung des Widerrufsrechts bei unterlassener Belehrung zeitlich begrenzt werde. Die Argumentation des EuGH wird bei Betrachtung des Schlussantrags des Generalanwalts verständlicher. GA Léger führt aus, dass die Wirksamkeit des Widerrufsrechts von der tatsächlich erfolgten Belehrung des Verbrauchers abhänge, für die der Gewerbetreibende die volle Verantwortung trage.238 Der EuGH argumentiert mit der ratio der Richtlinie, die aber nicht beachtet werde, wenn der Verbraucher nicht in die Lage versetzt werde, sein ihm zustehendes Widerrufsrecht mangels Kenntnis auszuüben. Er leitet die zwingende Sanktion des fehlenden Fristbeginns bei unterlassener Belehrung aus der Richtlinie ab. In den Rechtssachen Schulte239 und Crailsheimer Volksbank240 beschäftigte sich der EuGH nochmals mit den Folgen einer unterlassenen Widerrufsbelehrung. Wenn der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht informiert worden sei und er es im Falle einer ordnungsgemäß erfolgten Belehrung hätte vermeiden können, sich den Risiken auszusetzen, die die mit dem Kreditvertrag finanzierte Investition beinhaltete, schreibe Art. 4 der Haustürwiderrufsrichtlinie den Mitgliedstaaten vor, Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher vorzusehen. Es müsse verhindert werden, dass die Verbraucher, „die es nicht vermeiden konnten, sich solchen Risiken auszusetzen, die Folgen der Verwirklichung dieser Risiken tragen“.241 Als Risiken sieht der EuGH neben der Gefahr, dass die Immobilie zu hoch bewertet ist, vor allem die Möglichkeit, dass sich die Mieteinnahmen mit dem erworbenen Objekt nicht verwirklichen lassen oder dass die Erwartungen an die
237
238 239 240 241
EuGH, Urt. v. 13.12.2001, Rs. C-481 / 99, Heininger gegen Bayerische Hypo- und Vereinsbank AG, NJW 2002, 281. Schlussantrag des GA Léger v. 12.7.2001, Rz. 60. EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 – Rs. C-350 / 03. EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 – Rs. C-229 / 04. EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 – Rs. C-350 / 03. Rz. 102.
62
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Entwicklung des Immobilienpreises sich nicht bewahrheiten.242 In diesem Urteil bezieht sich der EuGH erneut auf die Erfordernisse, die sich aus der Richtlinie im Fall der fehlenden Belehrung über das Widerrufsrecht ergeben.243 Der EuGH ermittelt die Sanktionen aus dem Sinn und Zweck der Richtlinie. Bemerkenswert an diesen Entscheidungen ist, dass der EuGH den Schutzzweck der Widerrufsbelehrung über die bloße Einräumung einer Bedenkfrist zum Ausgleich vertriebs- oder situationsbedingter Nachteile hinaus erweitert. Im Falle einer unterlassenen Belehrung müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass der Verbraucher von den Risiken befreit wird, die mit der Kapitalanlage verbunden sind. Darunter fasst der EuGH ausdrücklich einen überhöhten Kaufpreis, enttäuschte Erwartungen hinsichtlich der Wertentwicklung der Immobilie sowie nicht erzielter Mieteinnahmen.244 Die Entscheidung des EuGH enthält eindeutige pönale Elemente, da der Bank das Verwendungsrisiko für den Kredit in den Fällen des Zusammenarbeitens von Bank und Verkäufer auferlegt wird. Insoweit kann man von einer überschießenden Sanktionierung durch den EuGH sprechen. Diese Rechtsprechung hat in Deutschland erhebliche Diskussionen darüber ausgelöst, wie diesen Vorgaben im nationalen Recht nachgekommen werden kann.245 Etwas überraschend vor dem Hintergrund der eben genannten Urteile hat der EuGH in der Rechtssache Hamilton entschieden, dass es mit der Richtlinie vereinbar ist, wenn eine nationale Vorschrift das Widerrufsrecht einen Monat nach vollständiger Erbringung der Leistungen ausschließt, selbst wenn der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.246 Der EuGH ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten gem. Art. 4 der Richtlinie nur verpflichtet sind, geeignete Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers zu erlassen. Daraus folge, dass der Verbraucher nicht absolut geschützt sei. Vielmehr ergebe sich aus dem allgemeinen System und dem Wortlaut einiger Bestimmungen, dass der Schutz der Verbraucher Grenzen unterliege.247 Inhaltlich begründet der EuGH sein Ergebnis, indem er darauf verweist, dass das Widerrufsrecht den Verbraucher in die Lage versetzen 242 243
244 245 246
247
EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 – Rs. C-350 / 03, Rz. 52. EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 – Rs. C-350 / 03; so der Wortlaut der Überschrift vor Randziffer 94. EuGH, Urt. v. 25. Oktober 2005 – Rs. C-350 / 03, Rn. 52. Vgl. dazu unten § 9.B.IV.2.aa. EuGH, Urt. v. 10.04.2008, Rs. C-412 / 06, Annelore Hamilton / Volksbank Filder eG, NJW 2008, 1865. Vgl. hierzu auch Ebers, VuR 2008, 268; Edelmann BB 2008, 967; Kroll, NJW 2008, 1999; Deblitz / Fuchs, BKR 2008, 397 ff.; Looschelders, GPR 2008, 187 ff. EuGH, NJW 2008, 1865, 1867, Rz. 40.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
63
solle, nochmals über die eingegangene Verpflichtung nachzudenken. Wenn aber die beiderseitigen Leistungen bereits erbracht seien, bestehe für den Verbraucher keine Verpflichtung mehr aus dem Vertrag, aus der er entlassen werden könne, da nach der „Durchführung“ des Vertrages dieser beendet sei.248 Einen Widerspruch zu den Heininger- und Schulte-Urteilen sieht der EuGH nicht, da in der Heininger-Entscheidung lediglich die Anknüpfung der Frist an den Vertragsschluss Gegenstand der Vorlagefrage war und in den Schulte-Urteilen keine Darlehensverträge vorgelegen hätten, die bereits vollständig erfüllt worden seien.249 Die Entscheidung in der Sache Hamilton ist für die Frage der Sanktionierung insoweit relevant, als dass der EuGH in diesem Urteil nicht ausschließlich mit einer Auslegung nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften die Geeignetheit der Sanktion bestimmt, sondern eine Wortlautauslegung der Richtlinie anstellt. Ferner stellt der EuGH klar, dass der Schutz der Verbraucher nicht absolut gilt, sondern Einschränkungen möglich sind. Dies ist im Vergleich zu den Heininger- und Schulte-Entscheidungen mit ihren strikt am effet-utile Grundsatz orientierten Auslegungen eine Einschränkung des Verbraucherschutzes. Dies gilt vor allem deshalb, weil zumindest bestimmte Voraussetzungen in dieser und der Heininger-Entscheidung vergleichbar sind. In beiden Entscheidungen ging es darum, ob der Verbraucher sein Recht auf Ausübung des Widerrufs mit Ablauf einer Ausschlussfrist verlieren kann, ohne dass er Kenntnis von diesem Recht hatte.250 Während der EuGH diese Frage im Heininger-Urteil verneinte, bejaht er sie nun im Hinblick auf die beiderseitige Erfüllung ohne genaue Abgrenzung zur vorherigen Entscheidung. Kritisch zu beurteilen ist auch, dass der Verbraucher bei anderen Verträgen als langfristigen Darlehensverträgen, bei denen in der Regel zeitnah die Leistungen erbracht werden, z.B. bei Kaufverträgen, die Möglichkeit des Widerrufs verliert.
III. Rechtssache Cofidis In der Rechtssache Cofidis251 befasst sich der EuGH mit der außerhalb dieser Untersuchung stehenden Klauselrichtlinie 93 / 13 / EWG. Das Urteil veranschaulicht aber dennoch, wie der EuGH mit Hilfe der Auslegung der jeweiligen Richtlinie die notwendigen Rechtsfolgen ermittelt. Der EuGH hatte darüber zu entscheiden, ob bei Verbraucherkrediten eine im französischen 248 249 250 251
EuGH, NJW 2008, 1865, 1867, Rz. 42 f. EuGH, NJW 2008, 1865, 1867, Rz. 46 f. Looschelders, GPR 2008, 187, 189. EuGH, Urt. v. 21.11.2002 – Rs.C-473 / 00, Slg. 2002, I-10875.
64
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Recht vorgesehene Ausschlussfrist von zwei Jahren für die Nichtigerklärung einer Klausel in allgemeinen Geschäftsbedingungen von Amts wegen europarechtskonform ist.252 Der Wortlaut der Richtlinie selbst enthält keine Angaben zu einer möglichen Ausschlussfrist.253 Der EuGH verneinte die ihm vorgelegte Frage mit dem Hinweis darauf, dass eine solche Frist den Schutzzweck der Richtlinie gefährde. Der EuGH gründete sein Ergebnis auf den „durch die Richtlinie gewährten Schutz“ und sah die Ausschlussfrist als geeignet an, „die Effektivität des von den Artikeln 6 und 7 der Richtlinie gewollten Schutzes zu beeinträchtigen“.254 Dieser Effektivitätsgrundsatz erfordere es, dass die Nichtigkeit missbräuchlicher Klauseln dauerhaft von Amts wegen festgestellt werden können müsse. Eine Begrenzung durch eine Ausschlussfrist, die einen Großteil der Fälle nicht erfassen würde, reicht dem EuGH anscheinend nicht aus, um diesem Effektivitätsgrundsatz Rechnung zu tragen.255 Der EuGH fordert die bestmögliche Sanktion, um die Ziele der Richtlinie vollständig zu erreichen. Diese Argumentation zeigt, dass der EuGH die Richtlinie bzw. einzelne Richtlinienartikel auf ihren Sinn und Zweck hin untersucht und mit Hilfe des gefundenen Ergebnisses Anforderungen für Sanktionen aufstellt. In der Rechtssache Cofidis leitet der EuGH aus der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Verwendung missbräuchlicher Klauseln zu verhindern, die Pflicht ab, dass die Kontrolle der Klauseln von Amts wegen nicht durch eine Ausschlussfrist eingeschränkt werden darf.
IV. Rechtssache Royer In der Rechtssache Royer256 befasste sich der EuGH mit den Anforderungen an die Wahl der Form und Mittel bei der Umsetzung von Richtlinien ins nationale Recht. Grundsätzlich sind die Mitgliedstaaten frei hinsichtlich der Wahl der Form und Mittel. Der EuGH hat dabei aber hervorgehoben, dass diese Wahlfreiheit die nationalen Gesetzgeber weiterhin dazu verpflichtet, diejenigen Formen und Mittel zu wählen, die die praktische Wirksamkeit der Richtlinie oder der einzelnen Vorschrift unter Berücksichtigung des 252 253
254 255 256
EuGH, Urt. v. 21.11.2002 – Rs.C-473 / 00, Slg. 2002, I-10875. Die Klägerin und die französische Regierung folgerten aus diesem Schweigen, dass es im Ermessen der Mitgliedstaaten liege, die verfahrensrechtlichen Modalitäten zu regeln, die auch die Regelung einer Ausschlussfrist umfassen können, Rz. 28 des Urteils. EuGH, Urt. v. 21.11.2002 – Rs.C-473 / 00, Rz. 35. Lerche, S. 308. EuGH, Urt. vom 8.4.1976 – Rs 48 / 75, NJW 1976, 2065.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
65
mit ihr verfolgten Zwecks am besten zur Wirkung bringen.257 Diese Verpflichtung gelte aber nur „innerhalb der ihnen nach Art. 189 EWG-Vertrag belassenen Entscheidungsfreiheit“.258 Diese Einschränkung zeigt, dass die Vertreter eines systemimmanenten Sanktionenregimes259 sich nicht auf die EuGH-Rechtsprechung in der Rechtssache Royer260 berufen können, denn der EuGH lässt den Mitgliedstaaten insoweit noch einen Ermessensspielraum.
V.
Rechtssache Munoz
Ein weiterer Ansatzpunkt für eine Sanktionierung von Verstößen gegen EG-Recht könnte sich aus der Rechtsprechung des EuGH aus einem dem europäischen Verbraucherschutzrecht völlig fernen Rechtsgebiet ergeben. In dem Verfahren Munoz261 vor dem EuGH stellte sich die Frage, wer für die Durchsetzung einer EU-Verordnung, die gemeinschaftsrechtliche Regeln für Qualitätsstandards von Produkten aufstellt, zuständig war.262 Der EuGH befand, dass die praktische Wirksamkeit der Verordnung und des EG-Rechts es erfordere, dass auch Konkurrenten auf dem Wege einer zivilprozessualen 257 258 259 260 261 262
EuGH, Urt. vom 8.4.1976 – Rs 48 / 75, NJW 1976, 2065, 2067. EuGH, a.a.O., NJW 1976, 2065, 2067. Siehe dazu oben § 5.B.III. EuGH, Urt. vom 8.4.1976 – Rs 48 / 75, NJW 1976, 2065. EuGH, Urteil vom 17.9.2002, C-253 / 00. Die Firma Munoz warf der Beklagten Firma Frumar vor, dass sie im Vereinigten Königreich Tafeltrauben unter den Bezeichnungen White Seedless, Sult und Coryn anbot, obwohl es sich tatsächlich um Trauben der Sorte Superior Seedless handelte. Auf Hinweis der spanischen Firma Muñoz über Verstöße gegen die Verordnung blieb die zuständige britische Behörde untätig. Nachdem die Firma Muñoz gegen die Firma Frumar mit dem Vorwurf Klage erhoben hatte, dass die Beklagte gegen gemeinschaftsrechtliche Vorschriften verstieße, urteilte der High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division, dass zwar ein Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtlichen Qualitätsnormen vorlag, dass das private Unternehmen aber nicht für die Durchsetzung der EU-Verordnung zuständig sei und wies deshalb die Klage ab. Daraufhin legte der Kläger Rechtsmittel beim Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) ein. Dieses Gericht setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob aus den EG-Verordnungen eine Rechtspflicht bestehe, die einen Unternehmer verpflichte, sich an diese Qualitätsvorschriften zu halten und ob diese Pflicht von einem nationalen Gericht auf Grund einer von einem Konkurrenten in die Wege geleiteten zivilrechtlichen Klage durchgesetzt werden muss.
66
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Klage die Vorschriften der Verordnung durchsetzen können müssen. Klagen von Konkurrenten vor nationalen Gerichten seien besonders geeignet, für Markttransparenz zu sorgen und die Lauterkeit des Handels zu fördern. Deshalb verstärke eine solche Klagebefugnis die Durchsetzungskraft des Gemeinschaftsrechts.263 Der EuGH stellt also fest, dass in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen Ansprüche und Verfahren existieren müssen, die es den Konkurrenten erlauben, ihre Rechte durchzusetzen. In dieser Frage haben die Mitgliedstaaten Freiräume. Der EuGH befasst sich mit dem „Ob“, während die Mitgliedstaaten das „Wie“ in ihrer Regie unter Beachtung der vom EuGH aufgestellten Grundsätze regeln müssen. Erhellend wirken die Ausführungen des Generalanwalts Geelhoed in diesem Verfahren. Der Generalanwalt führt aus, dass die vorliegende Frage über den konkreten Fall hinaus von Bedeutung sei, gehe es doch darum, herauszufinden „ob und unter welchen Voraussetzungen ein Einzelner die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts vor Zivilgerichten betreiben könne, wenn eine öffentlich-rechtliche Kontrolle eingerichtet ist, die gegen Verletzungen des Gemeinschaftsrechts aber nicht einschreitet“264. Der Generalanwalt arbeitet in seinem Schlussantrag als Voraussetzung heraus, dass einem privaten Dritten durch die Verordnung ein Recht verliehen wird. Daneben ist von Belang, ob diese Rechte notfalls gerichtlich durchsetzbar sind. Der Generalanwalt geht grundsätzlich davon aus, dass die EG-Verordnung ein öffentlich-rechtliches Durchsetzungssystem erfordert. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dadurch andere Sanktionsmechanismen ausgeschlossen werden. Vielmehr sei die Überwachung der Einhaltung der Normen durch private Wettbewerber eine nützliche Ergänzung zur öffentlich-rechtlichen Durchsetzung. Diese Rechtsprechung des EuGH wirft zahlreiche Fragen auf. Zunächst werden im Fall Munoz direkt geltende Verordnungen ausgelegt, die nicht in nationales Recht umgewandelt werden müssen. Ebenso handelt es sich um einen speziellen Bereich des Gemeinschaftsrechts – durch die beiden Verordnungen wird ein „System gemeinschaftsrechtlicher Qualitätsnormen für Obst und Gemüse“ eingeführt265- so dass es fraglich ist, ob das Ergebnis des Falles Munoz über den Einzelfall hinaus Bedeutung hat. In Betracht käme eine Ausweitung der Grundsätze des Urteils auf andere Rechtsakte der EG, wie zum Beispiel Richtlinien.266 Einige Aussagen des Generalanwaltes lassen sich nicht nur auf die spezifischen Eigenarten der Verordnung beschränken, sondern können durchaus auch auf andere Rechtsakte wie die 263 264 265 266
In diesem Fall der beiden Verordnungen Nr. 1035 / 72 und Nr. 2200 / 96. Schlussantrag des GA Geelhoed, C-253 / 00, Rn. 2. Schlussantrag des GA Geelhoed, C-253 / 00, Rn. 27. Vgl. Betlem, Cambridge Law Journal, 2005, 126, 139 ff.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
67
Richtlinie übertragen werden. Wenn Geelhoed ausführt, dass es maßgeblich ist, dass die Vorschrift, aus der ein Recht hergeleitet werden soll, nach Ziel und Inhalt dazu bestimmt ist, das vom Einzelnen geltend gemachte Interesse zu schützen, dann kann diese Aussage nicht nur für unmittelbar wirkende Verordnungen Geltung beanspruchen, sondern ebenfalls für Richtlinien gelten, die Einzelnen Rechte verleihen. Gegen eine Ausweitung der im Urteil angeführten Grundsätze spricht jedoch letztlich, dass es sich in beiden Fällen um direkt anwendbare Normen des EG-Rechts handelt.267 In der Rechtssache Munoz leitete der EuGH einen Anspruch aus einer EG-Verordnung ab, in der Rechtssache Courage gegen Crehan268 aus Art. 81 des EG-Vertrages. Der Generalanwalt macht in seinem Schlussantrag umfangreiche Ausführungen zur unmittelbaren Wirkung der Verordnung. Die Verordnung begründet nicht nur unmittelbar Pflichten zwischen Staat und Bürger, sondern auch zwischen Privaten untereinander. Demgegenüber steht die Wirkung der Richtlinie, die an die Mitgliedstaaten gerichtet ist und grundsätzlich keine Wirkung zwischen Privaten entfaltet. Auf eine fehlende unmittelbare Wirkung zwischen Privaten weisen sowohl der Generalanwalt ausdrücklich269 als auch der EuGH indirekt hin, da er nur die unmittelbare Wirkung der Verordnung betont.270
VI. Bewertung der EuGH-Rechtsprechung Die Rechtsprechung des EuGH hat die Sanktionsvorgaben im Bereich der Verletzung verbraucherschützender Informationspflichten entscheidend mitgeprägt. Hervorzuheben ist die Vorgabe aus der Rechtssache Royer, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen ihres Ermessens die jeweils beste Umsetzungsmaßnahme zu erlassen haben. Fraglich bleibt bei diesem Urteil jedoch, ob es sich um die bestmögliche Sanktion im Rahmen der nationalen Rechtsordnung zu handeln hat oder ob auch die Lösungen anderer Länder mit einbezogen werden müssen. Die Formulierung im Urteil des EuGH lässt eher darauf schließen, dass es sich um die erste Alternative handeln muss, da der EuGH von einer Verpflichtung „innerhalb der ihnen nach Art. 189 EWG-Vertrag überlassenen Entscheidungsfreiheit“ spricht. Auch die Formulierung in der Hamilton-Entscheidung, dass der Verbraucherschutz nicht absolut gilt, deutet auf ein Ermessen der Mitgliedstaaten hin.
267 268 269 270
Wilhemsson / Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 467. Rechtssache C-453 / 99, Urteil vom 20.9.2001. Slg. 2001, I-6297. Schlussantrag des GA Geelhoed, C-253 / 00, Rn. 40. EuGH, C-253 / 00, Rn. 40.
68
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Eine weitere genauere Bestimmung der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts wird durch den Grundsatz des effet utile erreicht. Dieser aus dem Völkerrecht stammende Rechtsgrundsatz271 wird vom EuGH bei der Ermittlung der Anforderungen einer korrekten Umsetzung herangezogen. Die genauen Vorgaben und Auswirkungen des effet-utile hat der EuGH in seiner Rechtsprechung konkreter ausgestaltet. Im Verbraucherrecht sind dazu in letzter Zeit insbesondere die Heininger-Rechtsprechung und die Urteile in den Rechtssachen Schulte und Crailsheimer Volksbank hervorzuheben. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, wirksame, effektive, abschreckende Sanktionen zu erlassen, die die praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts gewährleisten. Das bedeutet, dass nicht nur theoretisch, sondern auch tatsächlich die Ziele der Richtlinie erreicht werden müssen. Die Staaten haben dabei die Form der Umsetzung zu wählen, die die bestmögliche Wirksamkeit der Richtlinie ermöglicht.272 Dies hat zur Konsequenz, dass der EuGH trotz des Bestehens einer formalen Freiheit der Mitgliedstaaten im Einzelfall die Effizienz der mitgliedstaatlichen Maßnahmen prüft. Die Vorgaben der EuGH-Rechtsprechung beruhen in vielen Fällen auf spezifischen Einzelfallentscheidungen. Für diesen Bereich sind die Auswirkungen im nationalen Recht in einigen Fällen sehr weitreichend. So entnimmt der EuGH in den Rechtssachen Schulte und Crailsheimer Volksbank der Haustürwiderrufsrichtlinie, dass der Verbraucher von allen Risiken befreit wird, denen er durch die fehlende Belehrung über das Widerrufsrecht ausgesetzt ist.273 Diese Vorgaben sind fallspezifisch und lassen sich schwerlich auf andere Situationen übertragen. Trotzdem ist die Rechtsprechung des EuGH in den Rechtssachen Schulte und Crailsheimer Volksbank ein anschauliches Beispiel für eine Tendenz zu einer überschießenden Sanktionierung von Rechtsverstößen. Der EuGH argumentiert nahezu ausschließlich mit dem Sinn und Zweck der einzelnen Richtlinien bzw. deren Vorschriften, um so die Sanktionen zu ermitteln, die der praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts am besten entsprechen.274 Entscheidend ist neben der Frage der Sanktionsfindung durch den EuGH, ob die Rechtsprechung des Gerichts Argumente dafür liefert, dass eine detailliertere Regelung der Sanktionen auf europäischer Ebene notwendig ist. Die Entscheidungen in den Rechtssachen Heininger und Schulte könnten ein Indiz dafür sein, dass die Mitgliedstaaten möglicherweise keine aus reichenden Sanktionen erlassen haben. Zugleich ließe sich anführen, dass durch die allgemein gehaltenen Sanktionen immer wieder Unklarheiten 271 272 273 274
Lerche, S. 44 f. m.w.N. Steindorff, EG-Vertrag und Privatrecht, S. 431. S.o. § 5.C.II. Leistner, S. 429 ff.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
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hinsichtlich der Anforderungen entstehen, die für eine effektive Sanktion notwendig sind. Die dann entstehenden Streitigkeiten über die Auslegung des Gemeinschaftsrechts haben zu zahlreichen Vorlageverfahren vor dem EuGH geführt. Die vom EuGH gefundenen Ergebnisse haben dabei nicht selten zu Vorgaben an die nationalen Rechtsordnungen geführt, die sich nur schwer umsetzen ließen. Vor allem die Rechtssachen Heininger und Schulte bzw. Crailsheimer Volksbank haben in der deutschen Rechtsordnung zu Problemen geführt, die sich nur schwer mit den bestehenden Gesetzen lösen ließen bzw. immer noch auf eine Lösung warten. Auch in anderen Rechtsgebieten wie z.B. dem Arbeitsrecht hat der EuGH durch teilweise überraschende Herleitungen die ihm angemessen erscheinenden Ergebnisse erreicht.275 Als Beispiel lässt sich dafür vor allem die Mangold-Entscheidung nennen, in der der EuGH aus dem Primärrecht ein allgemeines Verbot der Diskriminierung wegen des Alters herleitete.276 Andererseits ist die Frage zu stellen, ob diese Fälle wirklich über den Einzelfall hinaus Wirkungen in den Rechtsordnungen entfalten, die es rechtfertigen, durch detailliertere Sanktionen, Vorgaben für alle vom Verbraucherschutzrecht erfassten Fälle zu machen, die möglicherweise tiefer in die nationalen Rechtsordnungen eingreifen als die Vorgaben der genannten Entscheidungen. Im Ergebnis ist sicherlich auch wegen des Subsidiaritätsgrundsatzes, der ausdrücklich in Art. 5 Abs. 2 EGV statuiert ist, eine detaillierte Sanktionsvorgabe nur notwendig, wenn die allgemein gehaltenen Vorgaben in den Richtlinien in den Mitgliedstaaten nicht zu einer effektiven Ahndung von Verstößen geführt haben. Dieser Frage gilt es im Laufe der Untersuchung nachzugehen. Detailliertere Vorgaben des Gemeinschaftsrechts könnten aber auch dazu führen, dass die Mitgliedstaaten klarer dem Umsetzungsbefehl der Richtlinien folgen können und insoweit vor überraschenden EuGH-Entscheidungen, die sich häufig einseitig auf den effet utile stützen, „geschützt“ würden. Welche dieser Alternativen die Mitgliedstaaten bevorzugen, soll im Weiteren mittels der Äußerungen der Mitgliedstaaten im Rahmen der Konsultation zum Grünbuch untersucht werden.
275
276
Insgesamt sehr kritisch zur EuGH-Rechtsprechung zuletzt Jahn, NJW 2008, 1788; Herzog / Gerken in der FAZ vom 8.9.2008, Nr. 210, S. 8: „Stoppt den EuGH“. NJW 2005, 3695; zu den Auswirkungen auf das deutsche Recht Bader, NZA 2007, 713; Rolfs, ZGS 2007, 1.
70
D.
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Äußerungen des Rates und der Kommission
Auch einige der am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Gemeinschaftsorgane haben sich mit dem Thema der Sanktionierung von Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht befasst. Diese Äußerungen entfalten zwar keine unmittelbaren Rechtswirkungen und geben teilweise wörtlich Ausführungen aus den oben vorgestellten EuGH-Urteilen wieder277, können aber veranschaulichen, welche Vorstellungen der Gemeinschaftsgesetzgeber zur Sanktionierung hat. Die Europäische Kommission hat in einer Mitteilung ihren Standpunkt zu dieser Frage veröffentlicht.278 Die Kommission verpflichtet sich dafür zu sorgen, dass die Rechtsakte der EU angemessene Sanktionen enthalten. Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert für eine wirksame Kontrolle der korrekten Anwendung des Gemeinschaftsrechts zu sorgen.279 In einer Entschließung des Rates wird die Bedeutung wirksamer Sanktionen hervorgehoben.280 Der Rat stellt fest, dass „das Fehlen tatsächlicher, verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen bei Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht gerade der Glaubwürdigkeit der Gemeinschaftsvorschriften Abbruch tut“.281 Der Rat fordert die Mitgliedstaaten auf, Sanktionen zu erlassen, die verhältnismäßig und abschreckend sind, um so das Gemeinschaftsrecht mit der gleichen Wirksamkeit anzuwenden wie das nationale Recht.282 Eine ähnliche Erklärung haben die Mitgliedstaaten im Anhang zur Schlussakte zum Vertrag über die Europäische Union zu Protokoll gegeben.283 Dort wird zunächst klargestellt, dass es zwar Sache der Mitgliedstaaten ist, wie das Gemeinschaftsrecht unter Berücksichtigung der Besonderheiten der mitgliedstaatlichen Institutionen, Rechtsordnungen und 277
278
279
280
281 282 283
Vgl. dazu oben unter § 5.C.I., EuGH, Urt. v. 21.9.1989, Kommission gegen Griechenland, Rs. 68 / 88. Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Bedeutung von Sanktionen für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Binnenmarkt, KOM (1995) 162 endg. Vgl. auch das Arbeitspapier der Kommission zum Vollzug des Verbraucherrechts vom 27.3.1998 SEC(1998)527 endg. vom 27.3.1998, S. 19 ff.; veröffentlicht auf der Seite der Generaldirektion SANCO: http: // ec.europa.eu / consumers / policy / developments / enfo / enfo01_de.pdf. Entschließung des Rates vom 29. Juni 1995 zur einheitlichen und wirksamen Anwendung des Gemeinschaftsrechts und zu Sanktionen bei Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des Binnenmarkts; Abl. EG C 188, S. 1 ff. Erwägungsgrund 5 der Entschließung des Rates. Abl. EG C 188, S. 1. Ersuchen lit. a und c der Entschließung des Rates. Erklärung Nr. 19 zur Anwendung des Gemeinschaftsrechts im Anhang zur Schlussakte zum Vertrag über die Europäische Union.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
71
anderer Gegebenheiten umgesetzt wird. Das Gemeinschaftsrecht soll aber „mit gleicher Wirksamkeit und Strenge Anwendung finden, wie dies bei der Durchführung der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften der Fall ist“.284
I.
Grünbuch zum Verbraucherschutz
Die Europäische Kommission hat im Februar 2007 ein Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstandes im Verbraucherschutz veröffentlicht, dessen Anhang Fragen zu einigen ausgewählten Problemen des Verbraucherrechts enthält.285 In einer der Fragen wird erörtert, ob ein mögliches horizontales Instrument Sanktionen für die Verletzung einer Informationspflicht regeln sollte. Dabei stellt die Kommission insgesamt drei Optionen zur Diskussion. Eines der Instrumente ist die Verlängerung der Widerrufsfrist, Option 2 schlägt eine Kombination einer Verlängerung der Widerrufsfrist in Verbindung mit dem Rückgriff auf allgemeine Rechtsbehelfe vor. Diese kämen dann je nach Art der verletzten Informationspflicht zur Anwendung. Als dritte Alternative wird die Beibehaltung des status quo erwogen. Die EU-Kommission hat die eingegangenen Antworten auf ihrer Homepage veröffentlich.286
II.
Stellungnahmen der interessierten Kreise
Die Einsendungen lassen darauf schließen, dass häufig die in der eigenen Rechtsordnung gefundene Lösung als beste Option dargestellt wird, so dass aus diesen Stellungnahmen kein weiterer Erkenntnisgewinn zu erwarten ist. Dennoch lässt sich eine allgemeine Tendenz in den Äußerungen erkennen, die eine Ausweitung der Sanktionierung nicht für geboten hält. Die Verlängerung der Widerrufsfrist bei sämtlichen Informationspflichtverletzungen wird vor allem von Seiten der Unternehmervertretungen287 aber auch 284
285
286
287
Erklärung Nr. 19 Abs. 1 Satz 2 zur Schlussakte zum Vertrag über die Europäische Union. KOM (2006) 744 final, 16 ff.; Vgl. dazu Micklitz / Reich, VuR 2007, 121 ff.; kritisch Twigg-Flenser, European Review of Contract Law 2007, 198 ff. Die EU-Kommission hat alle Einsendungen auf ihrer Homepage veröffentlicht: http: // ec.europa.eu / consumers / rights / responses_green_paper_acquis_en.htm. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist unter folgender Adresse abrufbar: http: // ec.europa.eu / consumers / cons_int / safe_shop / acquis / acquis_working_ doc.pdf. Stellungnahme des Bundesverbandes der deutschen Industrie, S. 10.
72
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
vom deutschen Bundesrat288 abgelehnt oder nur bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht befürwortet.289 In einigen Stellungnahmen der Verbraucherverbände wird die Gewährung eines allgemeinen Widerrufsrechts bzw. eines allgemeinen Vertragslösungsrechts bei sämtlichen Informationspflichtverletzungen, und zwar auch bei solchen Verträgen, bei denen das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, gefordert.290 Die Bundesregierung steht den Vorschlägen der Kommission aufgeschlossen gegenüber, favorisiert Option 2 und schlägt die Regelung wichtiger Informationspflichten in einem horizontalen Instrument vor. Für diese sollte eine einheitliche Sanktion vorgeschrieben werden. Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass nach der Wichtigkeit der Informationen differenziert werden muss. Bei unwichtigeren Informationspflichten oder bei fehlendem Vertragsschluss reichten wettbewerbsrechtliche Sanktionen aus.291 Die britische Regierung hat ebenfalls zum Grünbuch Stellung genommen und sieht in der Verlängerung der Widerrufsfrist eine Sanktion, wenn die Bedeutung der Informationspflicht dies angemessen erscheinen lässt.292 Vor allem spricht sich die Regierung aber für eine Abstimmung mit den Vorschriften der Lauterkeitsrichtlinie aus. Daneben wird die Überarbeitung des Verbraucheracquis auch als passende Gelegenheit gesehen, die einzelnen unterschiedlichen Rechtsbehelfe, die dem Verbraucher auf Grund verschiedener Richtlinien zustehen, aufeinander abzustimmen. Dabei nennt die Stellungnahme insbesondere die verschiedenen Lösungsrechte nach der Fernabsatzrichtlinie und das Recht, bei Lieferung mangelhafter Sachen zurückzutreten, das sich für den Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen aus der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie ergibt. In ihrer Stellungnahme bezieht die französische Regierung keine klare Position zur Frage der Sanktionen.293 Sie favorisiert zwar die 2. Option und unter Umständen Option 3, sieht sich aber zu einer genaueren Analyse außerstande, da zuerst die Informationspflichten und die bisher vorgesehenen Sanktionen systematisiert und evaluiert werden müssten. Das französische Chambre de Commerce vertritt in seiner Stellungnahme eine differenzierte Position. Bei Verträgen, die eine hohe finanzielle Belastung des Verbrauchers zur Folge haben wie z.B. Timesharingverträge, wird eine Verlängerung der Widerrufsfrist für angemessen gehalten, während bei 288 289 290 291 292
293
Stellungnahme zum Grünbuch, BR-Drucks. 112 / 1 / 07, S. 12 f. Stellungnahme der DAV, S. 5. Stellungnahme des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), S. 19. Stellungnahme der deutschen Regierung, S. 21 ff. Stellungnahme der britischen Regierung, S. 21 ff. Dieser Meinung schließt sich auch das DTI in seiner Stellungnahme an, vgl. S. 5. Stellungnahme der französischen Regierung, S. 11 f.
§ 5 Vorgaben für Sanktionen für Informationspflichtverletzungen
73
weniger wichtigen Verträgen und Informationspflichten diese Sanktion eine zu große Belastung für den Unternehmer darstelle.294 Von Seiten der Verbraucherverbände wird zunächst eine Untersuchung der existierenden Informationspflichten gefordert, um dann die passenden Sanktionen ermitteln zu können.295
E.
Zusammenfassung der gemeinschaftsrechtlichen Sanktionsvorgaben
Der Gemeinschaftsgesetzgeber besitzt eine Kompetenz zur Regelung der Rechtsfolgen bei Nichtbeachtung der Richtlinienvorgaben. Von dieser Kompetenz wurde aber nur in geringem Maße Gebrauch gemacht. Die Richtlinien enthalten nur in ausgewählten Bereichen ausdrückliche Sanktionsvorgaben. Dies beschränkt sich in der Regel auf eine Verlängerung der Widerrufsfrist oder den fehlenden Beginn der Frist bei fehlender Informationserteilung. In den Richtlinien, die kein solches Lösungsrecht gewähren, legt der Gemeinschaftsgesetzgeber mittels einer „Generalklausel“ den Mitgliedstaaten auf, für wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen zu sorgen. Dieser vorsichtige Gebrauch der Sanktionsvorgaben ist auf die unterschiedlichen mitgliedstaatlichen Systeme der Durchsetzung der Verbraucherschutzpolitik zurückzuführen. Die Mitgliedstaaten sehen den Bereich der Sanktionierung, insbesondere wenn dieser bis in den strafrechtlichen Bereich hineinreicht, als ihre originäre Kompetenz an. Die Antworten der nationalen Regierungen im Rahmen der Konsultation zum Grünbuch zur Überarbeitung des Verbraucheracquis deuten darauf hin, dass sich an dieser Einstellung nichts geändert hat und die Mitgliedstaaten weiterhin auf einen eigenen Ermessensspielraum bei der Festlegung der Sanktionen pochen. Die Mitgliedstaaten befürworten mehrheitlich die Optionen, die den status quo manifestieren oder lediglich geringfügige Erweiterungen des Anwendungsbereichs bereits bestehender Instrumente, wie das Widerrufsrecht, vorschlagen. Ferner dürfte auch das Gesetzgebungsverfahren eine Einigung auf spezifische Sanktionen zumindest erschweren.296 Zunächst hat die These von der Zielimmanenz der Sanktionen einen gewissen Reiz, da sie scheinbar das „chronische Rechtsfolgendefizit“297 294 295 296 297
Stellungnahme des Chambre de Commerce, S. 20 f. Stellungnahme von ConsoFrance, S. 19. Vgl. dazu oben § 1. Schwintowski, in: Schulze, Ebers und Grigoleit (Hrsg.), Informationspflichten und Vertragsschluss im Acquis communautaire, 267, 270.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
des Gemeinschaftsrechts durch bloße Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu beheben scheint. Durch die Auslegung der Richtlinie nach dem Sinn und Zweck lassen sich leicht vermeintliche Ziele definieren. Dies kann die sog. ewige Frist bei unterbliebener Belehrung über das Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften sein. Möglich ist auch ein aus der Richtlinie immanent herleitbarer Schadensersatzanspruch, der dem Verbraucher bei unterbliebener Belehrung zusteht. Denkbar ist auch, dass aus der Haustürwiderrufsrichtlinie das Verbot des Leistungsaustausches während der Widerrufsfrist als zwingend, da richtlinienimmanent herausgelesen wird.298 Offen bleibt bei dieser These, wann eine Sanktion zwingend durch die Richtlinie vorgegeben ist und wann den Mitgliedstaaten Raum für mögliche eigene Wege der Sanktionierung bleibt. Ferner wäre aus Sicht der nationalen Gesetzgeber ein immanentes Sanktionenregime unbefriedigend. Schon die Umsetzungsgesetzgebung bei ausdrücklich vorgesehenen Instrumenten in den Richtlinien zeigt, dass die Mitgliedstaaten diese in einigen Fällen unterschiedlich verstehen oder bewusst von ihnen abweichen, um ein höheres Verbraucherschutzniveau zu erreichen.299 Umso unklarer wäre die Lage, wenn man den Richtlinien immanente Sanktionen entnehmen müsste und den Mitgliedstaaten Verstöße gegen Gemeinschaftsrecht vorwerfen könnte, wenn sie den Gesetzgeber nicht „richtig“ verstanden haben und diese immanenten Sanktionen nicht erlassen haben. Der jetzige Befund, dass Unklarheiten bei den Richtlinienvorgaben zu stark unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten führen, würde sich weiter verfestigen, wenn 27 Mitgliedstaaten aus ihrer Sicht zielimmanente Sanktionen entwickeln müssten. Es ist angesichts der bisherigen Umsetzungspraxis sehr wahrscheinlich, dass die Mitgliedstaaten die Frage der Zielimmanenz vor dem Hintergrund unterschiedlicher nationaler Traditionen höchst unterschiedlich beantworten würden. Würde man das System eines immanenten Sanktionenregimes zu Ende denken, in dem es nur die bestmögliche Sanktion gibt, die die Mitgliedstaaten zu regeln hätten, müssten sich die Mitgliedstaaten nach dem Ende der Umsetzungsfrist mit den anderen Staaten vergleichen. Eine ursprünglich korrekte Umsetzung könnte dann durch eine bessere Regelung eines anderen Mitgliedstaates plötzlich nicht mehr die bestmögliche Umsetzung sein und in der Konsequenz gemeinschaftswidrig werden. Diese Rechtsfolge mag aus Verbrauchersicht einige Vorteile versprechen, da es einen ständigen Wettbewerb um die effektivsten Sanktionen gäbe. Aus Sicht der Mitglied298 299
So z.B. Lerche, S. 327 ff. Vgl. die Zusammenfassungen des Gebrauchs der Minimumharmonisierungsklauseln bei Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 81, 109, 263, 308.
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente
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staaten führt diese These zu unkalkulierbaren Risiken bei der Umsetzung von Richtlinien mit den entsprechenden Konsequenzen bei fehlerhafter Umsetzung300 und ist abzulehnen. Es bleibt festzustellen, dass den Mitgliedstaaten ein Ermessensspielraum bei der Umsetzung der Richtlinien und insbesondere bei der Regelung von Sanktionen bleibt, da die Richtlinien insoweit keine klaren Vorgaben machen. Dieser Ermessensspielraum wird lediglich durch die Vorgaben und die Kontrolle des EuGH eingeschränkt. Der EuGH behält sich eine Kompetenz zur Beurteilung der Umsetzungsmaßnahmen der Mitgliedstaaten vor. Dabei misst der EuGH die nationalen Maßnahmen fast ausschließlich am Grundsatz des effet utile, der von den Mitgliedstaaten Maßnahmen zur vollen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts erfordert. Es bleibt insoweit eine politische Entscheidung, ob die Mitgliedstaaten eine mögliche Einschränkung der Kontrollkompetenz des EuGH durch eine detailliertere Regelung der Sanktionen im Sekundärrecht erreichen wollen. Die Antworten in der Konsultation zum Grünbuch deuten nicht darauf hin.
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente Die Regelung von Informationspflichten ohne korrespondierende Sanktionen bei Verstößen mindert die Wirksamkeit dieses Instruments erheblich. Ferner muss diese Sanktionierung nicht nur theoretisch gesetzlich vorgesehen sein, sondern so ausgestaltet sein, dass der Unternehmer in der Praxis tatsächlich mit einer solchen rechnen muss.301 Die angedrohte Sanktion muss den Unternehmer veranlassen, das gesetzlich vorgesehene Verhalten an den Tag zu legen. Dies wird er vor allem dann machen, wenn die Befolgung der Vorschriften ökonomisch sinnvoll ist. Bei der Kalkulation der Risiken muss der Unternehmer zum Ergebnis kommen, dass eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit für die Sanktionierung eines Verstoßes besteht und auf Grund dieser Sanktion eine Fortführung des gesetzeswidrigen Verhaltens wirtschaftlich unsinnig ist. Auf der anderen Seite dürfen Sanktionen nicht derart drakonisch sein, dass der Unternehmer bei der Abwägung der Risiken zu dem Ergebnis kommt, die an sich erwünschten 300
301
Zu den Folgen fehlerhafter Umsetzung durch die Mitgliedstaaten vgl. Remien, in: Schulze / Zuleeg, § 14, Rechtsangleichung im Binnenmarkt, Rn. 40. Schirmbacher, S. 157; Schwintowski, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, Informationspflichten und Vertragschluss im Acquis communautaire, 267, 289.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Tätigkeiten nicht mehr auszuüben, weil die Komplexität der Pflichten eine Einhaltung erschwert.302 Zunächst werden deshalb die zur Verfügung stehenden Sanktionen näher beleuchtet. Zurückgegriffen wird dabei auf vorhandene rechtsvergleichende Befunde und einige Überlegungen der Europäischen Kommission. Dabei wird in erster Linie zwischen individuellen und kollektivrechtlichen Sanktionen unterschieden.
A.
Individuelle Rechtsbehelfe
Individuell durchsetzbare Rechtsbehelfe bei Verstößen gegen Informationspflichten sind insbesondere die Widerrufsrechte und die allgemeinen zivilrechtlichen Rechtsbehelfe.
I.
Zivilrechtliche Sanktionen
1.
Instrumente des allgemeinen Zivilrechts
Ein Schutz des Verbrauchers vor fehlenden oder falschen Informationen über den Vertragsgegenstand kann durch die Vertragsschlussregelungen gewährleistet werden. Falls die Ware oder Dienstleistung nicht die Eigenschaften hat wie in den vorvertraglichen Beschreibungen des Unternehmers präsentiert, ist schon fraglich, ob und wenn ja mit welchem Inhalt ein Vertrag zustande gekommen ist. So wird der Verkäufer in der Regel bei Fehlern in der Waren- oder Leistungsbeschreibung für das Nichtvorliegen bestimmter Eigenschaften einstehen müssen. Die Pauschalreise- und die Timesharingrichtlinie stellen durch die Bindungswirkung der Prospektangaben für den Vertragsinhalt einen Anreiz für eine korrekte Informationserteilung dar. Dieser wird wegen der Anforderungen, die die Klauselrichtlinie an eine wirksame Einbeziehung und die Transparenz von allgemeinen Geschäftsbedingungen stellt, noch verstärkt. Diese AGB-rechtlichen Vorschriften bieten sich ebenfalls als Sanktionsinstrument an, da bei fehlender Information über bestimmte Punkte spätere Vertragsklauseln als überraschend angesehen werden können oder als nicht in den Vertrag einbezogen. Nationale Vorschriften zum Irrtums- und Anfechtungsrecht erlauben ebenfalls eine Sanktionierung. Sobald der Unternehmer über entscheidungserhebliche Tatsachen trotz eigener Kenntnis nicht informiert, kann dies eine arglistige Täuschung darstellen, die zur Anfechtung berechtigt. Auch in Erwägung zu ziehen sind Anfechtungen wegen eines Irrtums über 302
Vgl. dazu Schirmbacher, S. 157.
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente
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eine Eigenschaft einer Sache. Einen Teil seiner Wirksamkeit kann dieses Instrument durch prozessuale Fragen verlieren, wenn der Anfechtende das Vorliegen der Voraussetzungen der Anfechtung zu beweisen hat. Dies kann den Verbraucher vor Schwierigkeiten stellen, die die Durchsetzung seiner Rechte erschweren. Als eine der schärfsten Sanktionen steht die Nichtigkeit des Vertrages zur Verfügung. Vor dem Hintergrund der Sanktionierung von Verstößen des Unternehmers versteht es sich von selbst, dass der Unternehmer die Nichtigkeit nicht mit dem Verweis auf eigene Pflichtverletzungen begründen können darf. Dies würde ihm die Möglichkeit gewähren, sich von ungünstigen Verträgen durch Verweis auf selbst begangene Verstöße zu lösen. Die Berufung auf die Nichtigkeit kann also bei Verstößen gegen Informationspflichten allein dem Verbraucher zustehen. Dennoch ist die grundsätzliche Eignung der Nichtigkeit als angemessene Sanktion zu diskutieren. Ähnlich wie beim Widerrufsrecht hat der Verbraucher in vielen Fällen weiterhin Interesse, am Vertrag mit dem Unternehmer festzuhalten. Er benötigt unter Umständen lediglich die nicht erteilten oder richtigen Informationen, so dass ihm mit der absoluten Nichtigkeit allein wenig geholfen ist. Eine gemeinschaftsrechtlich bisher ausgeklammerte Frage ist die der Gewährung von Schadensersatzansprüchen. Auch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie lässt diese Frage bewusst unbeantwortet und verweist auf die nationalen Rechte.303 Es dürfte aber unbestritten sein, dass einem Verbraucher dem Grunde nach ein Recht auf Schadensersatz zustehen muss, wenn ihm durch fehlende oder falsche Information ein Schaden entsteht. Der genaue Inhalt und die Voraussetzungen dieses Anspruchs bleiben den Mitgliedstaaten überlassen. Gewisse Vorgaben gilt es dennoch zu beachten, damit den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprochen werden kann. Ausgangspunkt hat dabei wiederum der effektive Schutz des Verbrauchers zu sein. Daran zu messen sind auch die Anforderungen an mögliche nationale Voraussetzungen wie die Kausalität und das Verschulden. Der Anspruch kann auf die Aufhebung eines unter Umständen geschlossenen Vertrages oder den Ersatz entstandener Schäden gerichtet sein. Im Rahmen des Schadensersatzes ist auch die Höhe von Belang. Unter dem Stichwort der punitiven Sanktionen ließe sich auch an einen Schadensersatzanspruch denken, der in Anlehnung an die Schulte-Rechtsprechung des EuGH pönale Elemente für den Unternehmer enthält.
303
Art. 8 Abs. 1 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.
78
2.
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Widerrufsrechte
Einige Richtlinien gewähren dem Verbraucher die Möglichkeit, sich durch einen Widerruf innerhalb einer bestimmten Frist nach Vertragsschluss von seiner Vertragserklärung zu lösen. Während dieses Recht in der Haustürwiderrufsrichtlinie nur bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht garantiert wird, knüpfen aktuellere Richtlinien wie die Fernabsatz-, die Timesharingrichtlinie und die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen den Beginn der Widerrufsfrist auch an die Erfüllung der als besonders wichtig empfundenen Informationspflichten. Damit soll gewährleistet werden, dass der Verbraucher erst endgültig über die Bindung an den Vertrag entscheiden muss, wenn er alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen hat, die er für eine Beurteilung des Geschäfts benötigt. Verletzt der Unternehmer seine Verpflichtungen, beginnt die Frist nicht zu laufen oder wird verlängert. Für die Sanktionierung ebenfalls von Belang ist die Ausgestaltung der Widerrufsrechte. Ist die Ausübung des Widerrufsrechts für den Verbraucher wirtschaftlich uninteressant, da ihm Kosten auferlegt werden, kann der Verbraucher von der Ausübung des Widerrufs abgehalten werden und eine effektive Sanktionierung des Unternehmerverhaltens somit scheitern. Deswegen enthalten einige Richtlinien ausdrücklich Vorgaben, dass die Ausübung des Widerrufsrechts nicht mit Strafzahlungen sanktioniert werden darf.304 Ferner werden ausdrücklich Arten von Kosten genannt, die dem Verbraucher auferlegt werden können, z.B. Kosten des Rückversands305 oder bestimmte Vertragsschlusskosten bei Timesharing-Verträgen306. In einigen Mitgliedstaaten ist die Gewährung eines Widerrufsrechts verbunden mit dem Verbot des Leistungsaustausches während der Widerrufsfrist.307 Eingeschränkt wird diese Art der Sanktion dadurch, dass z.B. die Fernabsatzrichtlinie zahlreiche Ausnahmen für den Bereich der Widerrufsrechte vorsieht.308 Dabei handelt es sich um Verträge, die einige der häufigsten Anwendungsfälle von Fernabsatzverträgen darstellen. Auf diese Verträge sind aber die anderen Vorschriften des Fernabsatzrechts und damit auch die Informationspflichten anwendbar. Eine Sanktionierung über die Ge304
305 306 307
308
Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Fernabsatzrichtlinie und Art. 6 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Fernabsatzrichtlinie. Art. 5 Abs. 3 und 4 der Timesharingrichtlinie. Vgl. Frankreich im Bereich der Haustürgeschäfte, aber auch die Timesharingrichtlinie. Art. 6 Abs. 3 der Fernabsatzrichtlinie.
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente
79
währung eines Widerrufsrechts bzw. über die Verlängerung der Widerrufsfrist ist zumindest gemeinschaftsrechtlich nicht vorgegeben. Dennoch muss auch in diesen Fällen eine Sanktionierung des Verstoßes des Unternehmers möglich sein. Zwar können die Mitgliedstaaten Widerrufsrechte wegen der Minimumharmonisierungsklauseln auch in anderen als den in der Richtlinie vorgesehenen Fällen gewähren, in der Praxis haben sie jedoch die Ausnahmen der Richtlinien übernommen.309 Im Rahmen der Überarbeitung des Verbraucheracquis wäre eine Vereinheitlichung der Voraussetzungen der Gewährung eines Widerrufsrechts zu erwägen. Denkbar wäre deshalb die Schaffung eines allgemeinen Widerrufsrechts bei Informationspflichtverletzungen.310 Dagegen lässt sich einwenden, dass den Ausnahmen trotz aller Kritik im Einzelnen311 berechtigte Wertungen zugrunde liegen. Die Gewährung eines Widerrufsrechts in der spezifischen Situation bedeutete eine unangemessene Belastung des Unternehmers. Eine Missbrauchsgefahr durch den Verbraucher lässt sich in einigen Fällen nicht von der Hand weisen.312 Diese Argumentation überzeugt aber nur für den Fall, dass der Unternehmer sich an die gesetzlichen Vorgaben gehalten hat. In diesen Fällen würde ein Widerrufsrecht den Unternehmer tatsächlich über Gebühr benachteiligen. Soweit dies aber nicht der Fall ist, muss diese Sanktion unter einem anderen Blickwinkel gesehen werden, da nicht ein spezifischer Nachteil313 des Geschäfts ausgeglichen werden soll. Vielmehr stellt das Widerrufsrecht eine Sanktion dar, die den Unternehmer nicht in jedem Fall trifft, sondern lediglich bei Verstößen gegen Belehrungspflichten, die den Verbraucher in die Lage versetzen eine informierte Entscheidung zu treffen. Werden diese Informationen nicht erteilt, kann dieses Ziel nicht erreicht werden. Die Gewährung eines Widerrufsrechts würde dem Verbraucher dann die Möglichkeit geben, die Entscheidung rückgängig zu machen.314 Diese Sanktionierung bei der Verletzung auch weniger wesent309
310
311
312
313 314
Schulte-Nölke / Börger, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, Distance Selling Directive, S. 522 ff. Schirmbacher, Verbrauchervertriebsrecht, S. 235. Vgl. dazu auch die Frage E im Grünbuch der EU-Kommission. Zum Ausnahmekatalog der Fernabsatzrichtlinie Micklitz, in: Grabitz / Hilf A 3. Richtlinie 97 / 7 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzrichtlinie), Art. 6, Rn. 91 ff. Dabei ist vor allem bei Audio- und Videoprodukten an die Kopiermöglichkeit zu denken, mit denen der Verbraucher das Produkt mit Hilfe eines Widerrufs kostenlos erhalten könnte. Die Vertragsschlusssituation oder der Gegenstand des Vertrages. Wilhelmsson, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, 245, 253 f.
80
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
licher Informationspflichten kann in einem Missverhältnis zur Bedeutung der Pflicht stehen. Die Rechtsprechung des EuGH enthält jedoch teilweise Elemente solcher punitiven Sanktionen, die durch ihre scheinbare Unverhältnismäßigkeit auffallen.315 Der EuGH führt zur Rechtfertigung dieser Belastungen des Unternehmers an, dass es in der Hand des Unternehmers liege, Rechtssicherheit durch richtige Belehrung des Verbrauchers herzustellen. Denkbar wäre die Gewährung eines Widerrufsrechts lediglich bei besonders wichtigen, wesentlichen Informationen, die für den Vertragsschluss entscheidungserheblich sind.
II.
Wettbewerbsrechtliche Sanktionen
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche stehen in der Regel den Konkurrenten des Unternehmers zur Verfügung. Teilweise wurde diskutiert, ob einzelnen Verbrauchern explizite Ansprüche im Lauterkeitsrecht gewährt werden sollten.316 Verbindlich festgeschrieben wurde diese Option in der Lauterkeitsrichtlinie nicht, obwohl der Verbraucher das alleinige Schutzobjekt der Richtlinie ist. In der Literatur wird argumentiert, eine Verpflichtung zur Gewährung eines solchen Anspruches sei aus Art. 11 der Lauterkeitsrichtlinie herzuleiten.317 Die Lauterkeitsrichtlinie überlässt den Mitgliedstaaten die Freiheit, solche Ansprüche in ihren nationalen Rechtsordnungen vorzusehen.318 Grundsätzlich dürfte jedoch die Sanktionierung von Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht für Verbraucher nicht attraktiv sein. Ein Verbraucher möchte im Falle eines Schadens nicht unbedingt die Unterlassung des Unternehmerverhaltens für zukünftige Fälle erwirken, sondern seinen individuellen Schaden ersetzt bekommen. Der Antrieb, dieses wettbewerbswidrige Verhalten anderen Verbrauchern zu ersparen, wird in den meisten Fällen nicht gegeben sein. Außerdem dürften die Interessen der Verbraucher durch die Klagelegitimation der Verbraucherverbände ausreichend geschützt sein. Der deutsche Gesetzgeber lehnte die Einführung von individuellen Ansprüchen der Verbraucher mit einer befürchteten Klageflut ab.319 315 316
317
318
319
Vgl. dazu § 5.C.II. Vgl. dazu Augenhofer, WRP 2006, 169; Fezer, WRP 2003, 127; a.A. Köhler, GRUR 2003, 265. Augenhofer, WRP 2006, 169, 171 m.w.N. Angeführt wird vor allem der Verbraucher als das Schutzobjekt der Richtlinie und eine weite Auslegung des Begriffs der „Person“ in Art. 11 Satz 2 der Richtlinie, der auch Verbraucher umfasse. Augenhofer, WRP 2006, 169, 172, Bergmann; in: Harte-Bavendamm / HenningBodewig, § 8 UWG, Rn. 258. BT-Drucks. 15 / 1487, S. 22.
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente
B.
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Kollektivrechtliche Sanktionen
Bei marktordnungsrechtlichen Informationspflichten empfehlen sich andere Durchsetzungsmechanismen. In vielen Fällen wird es den Verbrauchern bei der Verletzung einer Informationspflicht an einem Schaden fehlen. So ist es möglich, dass der Verbraucher auf Grund unvollständiger Informationen von einem Vertragsschluss Abstand nimmt oder den Vertrag in Kenntnis dieser Defizite schließt und deshalb ebenfalls keinen Schaden hat. Dennoch liegt ein Verstoß gegen eine gesetzliche Pflicht vor, den es auf anderem Wege zu sanktionieren gilt. Neben den Fällen des fehlenden Interesses an der Durchsetzung ist es ihnen in anderen Fällen nicht möglich, gewisse Pflichtverletzungen zu sanktionieren. Unterlässt zum Beispiel ein Unternehmer die Angabe seiner Identität einschließlich seiner ladungsfähigen Adresse, so hat der Verbraucher kaum Möglichkeiten diesen Verstoß zur Sanktionierung zu bringen. Diese Beispiele zeigen, dass der Schutz des Verbrauchers auch durch kollektivrechtliche Maßnahmen gewährleistet werden muss.
I.
Unterlassungsklagen
Ein Instrument zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen sind Unterlassungsklagen, die durch die Richtlinie 98 / 27 / EG über Unterlassungsklagen zum Schutz von Verbraucherinteressen320 europaweit harmonisiert wurden. Die Unterlassungsklagenrichtlinie zählt in Art. 2 die Maßnahmen auf, die die nationalen Gerichte und Verwaltungsbehörden treffen können. Dazu zählt zunächst die Möglichkeit, in einem Eilverfahren den Verstoß zu verbieten oder eine Einstellung der Handlung zu erwirken. Daneben ist eine Veröffentlichung der Entscheidung in einer angemessenen Form sowie die Option vorzusehen, eine Geldstrafe an den Staat oder einen sonstigen Begünstigten für jeden Tag der Nichtbeachtung der Entscheidung zu verhängen. Die Richtlinie definiert „qualifizierte Einrichtungen“ als klagebefugt im Sinne der Richtlinie. Dabei kommen zunächst öffentliche Stellen in Frage, die für den Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher zuständig sind. Die Richtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten ferner Organisationen zu bestimmen, deren Zweck der Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher ist. Damit können sowohl öffentliche Einrichtungen als auch private Verbraucherschutzverbände qualifizierte Einrichtungen im Sinne der Richtlinie sein. Die Mitgliedstaaten sind frei, diese Entscheidung den nationalen Traditionen entsprechend zu lösen. Die Europäische Kommission hat die Wichtigkeit eines funktionierenden Rechts der Unterlassungsklagen betont. Ende 320
Abl. EG 1998, L 166, 51-55.
82
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
2008 hat die Kommission die Ergebnisse einer Studie über die nationalen Rechtsordnungen im Bereich der Unterlassungsklagen präsentiert.321 Die Richtlinie ist darüber hinaus Teil der Überprüfung des Verbraucheracquis und wird voraussichtlich einer Überarbeitung unterzogen.
II.
Sanktionen im nationalen Lauterkeitsrecht
Auf der anderen Seite werden Konkurrenten auf Grund des Wettbewerbsrechts in den Mitgliedstaaten Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, die es ermöglichen das wettbewerbswidrige Verhalten einzelner Unternehmen zu bekämpfen. Auf Seiten der Wettbewerber besteht ein ureigenes Interesse an einem marktgerechten Verhalten, da jeder Unternehmer vermeiden möchte, dass sich ein Konkurrent mit unlauteren Mitteln Vorteile am Markt verschafft. Dieses Verfahren ermöglicht eine weitergehende und ergänzende Überwachung des Marktes auf Verstöße gegen Informationspflichten. Kollektivrechtliche Sanktionsinstrumente bilden vor allem in den zahlreich auftretenden Fällen, in denen der Verbraucher kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Durchsetzung seines Anspruchs hat, ein mögliches Instrument zur Ahndung verbraucherschutzwidriger Praktiken. Ein weiterer Anknüpfungspunkt für die Sanktionierung von Informationspflichtverletzungen ist die Lauterkeitsrichtlinie, die für die von ihr aufgestellten und auch die anderen im Gemeinschaftsrecht geregelten Informationspflichten322 eine Sanktionierung verlangt.
C.
Strafrechtliche Sanktionen
Eine weitere mögliche Art von Sanktionen sind die strafrechtlichen Instrumente. Die strafrechtliche Sanktionierung verfolgt mehrere Ziele. Zum einen ist bei erfolgten Verstößen eine Ahndung möglich. Zum anderen soll generalpräventiv durch die Strafandrohung ein gesetzwidriges Verhalten des Unternehmers verhindert werden. Dazu müssen die Strafverfolgungsbehörden hinreichend für eine effektive und flächendeckende Verfolgung möglicher Verstöße ausgestattet sein. Entscheidend für die Wirksamkeit von Sanktionen ist neben der Höhe der Strafe auch die zeitliche Verbindung 321
322
Der Umsetzungsbericht der EU-Kommission ist abrufbar auf der Homepage der DG SANCO unter http: // ec.europa.eu / consumers / enforcement / docs / report_inj_ de.pdf. Zum Verhältnis dieser verschiedenen Informationspflichten Schulte-Nölke / Busch, ZEuP 2004, 99 ff.
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente
83
zwischen Verstoß und Sanktion.323 Die Durchführung eines strafrechtlichen Verfahrens kann sich über einen längeren Zeitraum hinziehen. Diese Erwägungen schließen eine strafrechtliche Sanktionierung nicht grundsätzlich aus. Die strafrechtliche Sanktionierung als Ergänzung zu anderen Instrumenten kann eine wirksame Sanktion darstellen. An ein solches Instrument müssten aber erhöhte Anforderungen gestellt werden, um eine abschreckende Sanktionierung zu erreichen. Strafrechtliche Sanktionen spielen im Sanktionenregime einiger Mitgliedstaaten, wie z.B. Frankreich, traditionell eine große Rolle. Als alleinige Sanktion wird das Strafrecht jedoch auch in diesen Ländern nicht genutzt.324
D.
Öffentlich-rechtliche Sanktionen
Eine dritte mögliche Art der Sanktionierung der Nichtbefolgung von Informationspflichten sind öffentlich-rechtliche Sanktionsmechanismen. Vor allem in den skandinavischen Ländern wachen Institutionen wie ein Verbraucherombudsmann über die Einhaltung verbraucherschützender Normen. Im englischen Recht überwacht der Director-General of Fair Trading den Markt. Ähnliche Funktionen nimmt in Österreich der Verein für Konsumenteninformation wahr. Der Verbraucherombudsmann in den skandinavischen Ländern zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht nur Urteile fällen kann, sondern dass er ebenfalls vorab tätig wird, indem er Beschwerden von Verbrauchern entgegen nimmt, um dann den Versuch einer einvernehmlichen Lösung mit dem betroffenen Unternehmer zu suchen. Die Verbraucherombudsmänner können aus eigener Initiative tätig werden und Verstöße von Unternehmen gegen die Verbraucherschutzgesetzgebung verfolgen, insbesondere wenn gegen Pflichten verstoßen wird, die nicht oder nicht allein individualschützend sind. Der Verstoß gegen Informationspflichten könnte zur Folge haben, dass für die Ausübung der Tätigkeit erforderliche Genehmigungen zurück genommen werden, da der Unternehmer dauerhaft gegen gesetzliche Vorschriften verstößt und es deshalb an der erforderlichen Zuverlässigkeit mangelt. Der Vorteil einer öffentlich-rechtlichen Sanktionierung ist zunächst, dass staatliche Behörden Eingriffsbefugnisse zur Sachverhaltsermittlung besitzen, die privaten Einrichtungen nicht zur Verfügung stehen. Eine der Schwächen einer solchen Rechtsdurchsetzung ist die Gefahr, dass auf Grund immer größer werdender Sparzwänge die Ausstattungen dieser In323 324
Cartwright, JCP 2007, 1, 6. Vgl. dazu bereits die Ausführungen zur Verbraucherpolitik in Frankreich oben unter § 2.B.
84
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
stitutionen nicht in dem Maße gewährleistet sind, wie es eine effektive und wirksame Rechtsdurchsetzung erfordert.325 Vor allem die Größe des zu beobachtenden Marktes lässt es unwahrscheinlich erscheinen, dass tatsächlich abschreckende Kontrolle stattfindet, die eine möglichst große Anzahl an Rechtsbrüchen sanktioniert. Ähnlich wie bei den strafrechtlichen Sanktionen kann eine öffentlich-rechtliche Sanktion im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten eine wirksame Art der Verfolgung von Informationspflichten darstellen. Öffentlich-rechtliche Sanktionen für sich allein erfüllen die Anforderungen des Sekundärrechts wohl kaum.
E.
Prozessrechtliche Folgen
Neben der Gewährung materieller Rechte muss der Schutz der Verbraucher als weitere Stütze eine verfahrensrechtliche Komponente umfassen.326 Der Verbraucher darf nicht durch verfahrensrechtliche Einschränkungen an der Durchsetzung seines Rechts gehindert werden. Die materiellen Rechte können durch langwierige Klageverfahren, erhebliche Kostenbelastungen und nationale Ausschlussfristen in ihrer Wirkung gemindert werden. Dieser Aspekt muss bei einer Sanktionierung des Fehlverhaltens von Unternehmern berücksichtigt werden, denn der EuGH fordert eine praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts. Eine rein theoretisch mögliche Geltendmachung der Rechte, die für den Verbraucher in der Praxis aus Kostengründen oder wegen Schwierigkeiten in der prozessualen Geltendmachung nicht attraktiv ist, reicht dafür nicht aus. Es muss deshalb gerichtliche und außergerichtliche Rechtsbehelfe geben, die den Verbrauchern wenig kostenintensiv zu einer Entscheidung verhelfen. Außergerichtliche Einigungsmöglichkeiten, mit Hilfe derer Unternehmer und Verbraucher ihre Streitigkeiten beilegen, können nicht nur kostengünstiger sein, sondern auch schneller und den Bedürfnissen beider Parteien besser entsprechen. Die Europäische Kommission hat in diesem Bereich mehrere Maßnahmen vorgeschlagen, die eine Verbesserung des Verbraucherschutzes bringen können. Streitigkeiten in Verbraucherangelegenheiten sind in der Mehrzahl von geringem Streitwert, so dass Verbraucher in Streitfällen wegen des langen Klageweges von der Verfolgung ihrer Rechte 325 326
Micklitz / Stadler, S. 43. Vgl. allgemein zu den Anforderungen an die nationalen Verfahrensrechte auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben: van Gerven, Of Rights, Remedies and Procedures, CMLR 2000, 501; Kakouris, Do the Member States possess judicial procedural „Autonomy“?, CMLR 1997, 1389; Prechal, Community Law in National Courts: The Lessons from van Schijndel, CMLR 1998, 681 ff.
§ 6 Verfügbare Sanktionsinstrumente
85
absehen könnten. Abhilfe könnte hier die Verordnung Nr. 861 / 2007 / EG zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen bringen, die ein Verfahren etabliert, mit dessen Hilfe man bei grenzüberschreitenden Verfahren zivilrechtliche Ansprüche bis zu einem Wert von 2000 ¤ geltend machen kann.327 Anwendung könnte sie auch in Verbraucherverfahren finden, wenn es um die Rückabwicklung von grenzüberschreitenden Käufen geht. Ein weiteres Mittel zur Durchsetzung unbestrittener Forderungen ist ab dem 12.12.2008 die Verordnung Nr. 1896 / 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens, mit dessen Hilfe der Antragsteller bei grenzüberschreitenden Streitigkeiten innerhalb von 30 Tagen einen vollstreckbaren Zahlungstitel erhalten kann, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung im entsprechenden Mitgliedstaat bedarf.328 Die Europäische Kommission hat Empfehlungen für eine einvernehmliche Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten beschlossen, die die daran beteiligten Unternehmen zur Unparteilichkeit, Transparenz, Effizienz und Fairness verpflichtet.329 Die EU-Kommission hat auf ihrer Homepage ergänzend eine Datenbank mit den Kontaktdaten der zuständigen Stellen veröffentlicht.330 Für grenzüberschreitende Verträge hat die Europäische Kommission ein Netz von Europäischen Verbraucherzentren initiiert, das die Verbraucher vor dem Abschluss solcher Geschäfte informiert und im Fall von Streitigkeiten unterstützt.331 In ihrer verbraucherpolitischen Strategie für die Jahre 2007 bis 2013 kündigt die EU-Kommission an, die Koordinierung und die Kofinanzierung des ECC-Netzes zu unterstützen. In Prozessen selbst müssten ebenfalls Erleichterungen geschaffen werden, die den tatsächlichen Verhältnissen zwischen Unternehmer und Verbraucher mit allen Folgen für die Beweisbarkeit Rechnung tragen. Zunächst fallen dabei vor allem Beweislastregeln ins Auge. Es fällt dem Verbraucher 327
328
329 330 331
Mit Hilfe eines Standardformulares können die Ansprüche durchgesetzt werden. Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes ist nicht obligatorisch. Erlangt der Kläger einen Titel, so ist dieser direkt in allen EU-Mitgliedstaaten vollstreckbar, ohne dass dieser gesondert in einem Verfahren für vollstreckbar erklärt werden muss. Die Verordnung trat am 1.1.2009 in Kraft. Vgl. dazu Wagner, Die zivil(-verfahrens-)rechtlichen Komponenten des Aktionsplans zum Haager Programm, IPRax 2005, 494 ff.; Hau, Zur Entwicklung des Internationalen Zivilverfahrensrechts in der Europäischen Union seit 2004, GPR 2005, 143 ff. McGuire: Das neue Europäische Mahnverfahren (EuMVVO): Über das (Miss-) Verhältnis zwischen Effizienz und Schuldnerschutz, 2007, 303 ff. Abl. EG L 109 / 56 vom 19.4.2001. http: // ec.europa.eu / consumers / redress / out_of_court / adrdb_en.htm. http: // ec.europa.eu / consumers / redress / ecc_network / index_en.htm.
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Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
mit seinen begrenzten Mitteln schwer, Tatsachen zu beweisen, die originär im Machtbereich der anderen Vertragspartei liegen. Beim Beispiel Fernabsatz kann dies die Unternehmereigenschaft oder die korrekte Erteilung der Information sein. Beweislastumkehrungen könnten dem Verbraucher die Durchsetzung seiner Rechte erheblich erleichtern. In ihrer aktuellen verbraucherpolitischen Strategie für 2007 bis 2013 bringt die EU-Kommission ebenfalls das Instrument einer Verbrauchersammelklage in die Diskussion ein.332 Die EU-Kommission hat Ende 2008 ein Grünbuch über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher vorgestellt.333 Darin vertritt die EU-Kommission die Ansicht, dass es auf Massenmärkten durch die Schädigung von Verbrauchern durch dieselben oder vergleichbare Handelspraktiken zu Verzerrungen der Märkte kommt. Die geschädigten Verbraucher scheuten aber aus Angst vor langen Verfahren und hohen Prozesskosten davor zurück, bei Beträgen unter 1000 ¤ vor Gericht zu gehen bzw. bei Beträgen unter 200 ¤ Rechtsbehelfe einzulegen.334 Die bisher vorhandenen Instrumente, wie die Unterlassungsklagenrichtlinie und die Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz reichten nicht aus, so dass die EU-Kommission Maßnahmen im Grünbuch zur Diskussion stellt. Die Kommission erwägt u.a. die Schaffung gemeinschaftsrechtlicher Regelungen für gerichtliche kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren. Die Kommission scheint dabei die Option eines Verfahrens für Sammelklagen zu bevorzugen. Sie betont aber, dass sie keinesfalls die Einführung von Sammelklagen anglo-amerikanischen Stils mit Strafschadensersatz und Erfolgshonoraren beabsichtigt.335 Sie vermeidet im Grünbuch diesen Begriff und verwendet stattdessen die etwas sperrige Wendung eines „gerichtlichen kollektiven Rechtsdurchsetzungsverfahrens“336.
332 333
334 335 336
KOM (2007) 99, S. 13. KOM (2008) 794 endg. Vgl. dazu auch die begleitende Studie des Study Centre for Consumer Law der Universität Löwen, An analysis and evaluation of alternative means of consumer redress other than redress through ordinary judicial proceedings, abrufbar auf der Seite der EU-Kommission unter http: // ec.europa. eu / consumers / redress_cons / collective_redress_en.htm. KOM (2008) 794, S. 4. KOM (2008) 794, S. 15. In ihren Ausführungen zu diesem Instrument wirft die EU-Kommission insbesondere die Fragen der Finanzierung der Verfahren, der Klagebefugnis, der Wahl zwischen Opt-in- oder Opt-out-Verfahren, der Vermeidung von rechtsmissbräuchlichen Klagen und der Verteilung des Schadensersatzes auf. KOM (2008) 794, S. 15 f.
§ 7 Vorgaben für Sanktionen bei Informationspflichtverletzungen
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Ein solches Instrument könnte in Fällen, in denen viele gleich gelagerte Sachverhalte entschieden werden müssen, einer größeren Gruppe von Verbrauchern die Möglichkeit geben, mit Bindungswirkung für alle vergleichbaren Fälle eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, die unter Umständen für einen einzelnen Verbraucher wirtschaftlich nicht lohnenswert wäre, z.B. im Bereich des Kapitalmarktrechts sind diese Verfahren unter Umständen sinnvoll, da es bei Fragen der Prospekthaftung vielfach ähnlich gelagerte Sachverhalte gibt. Insbesondere die Unternehmerseite ist in diesen Fällen identisch. Ob es diese Identität hinsichtlich der Person des Unternehmers und des Informations- bzw. Vertragsgegenstands auch bei Verbrauchergeschäften gibt, erscheint zumindest fragwürdig. Bei diesen Geschäften dürfte es kaum in dem Maße Überschneidungen in vielen vergleichbaren Fällen geben, dass eine Sammelklage ein angemessenes Mittel zur Durchsetzung der Verbraucherrechte ist. Darüber hinaus ist die Geeignetheit insbesondere bei der Verletzung von Informationspflichten zweifelhaft. Auch die von der EU-Kommission genannten Beispiele deuten darauf hin, dass zumindest für den Fall der Verletzung von Informationspflichten die Sammelklage nicht das zwingend erforderliche Instrument sein muss. Es ging hier um Streitigkeiten von Kunden mit Banken und Telekommunikationsgebühren um überhöhte Gebühren. Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Vorschläge die EU-Kommission präsentieren wird.
§ 7 Funktionen der einzelnen Informationspflichten und spezifische Sanktionen Nunmehr sollen die bisher inhaltlich geordneten Informationspflichten funktionsbezogen in den Blick genommen werden. Ausgehend von der Funktion bzw. den Funktionen einer Informationspflicht werden aus der im letzten Abschnitt zusammengestellten „Sanktionen-Box“ jeweils die funktionsangemessenen Sanktionen ermittelt. Diese Sanktionen beschreiben eine Auswahl der Möglichkeiten, die die Mitgliedstaaten haben, um die Richtlinien korrekt umzusetzen und der Verpflichtung zur praktischen Wirksamkeit des europäischen Rechts nachzukommen.337 Ausgehend von dieser Differenzierung kommen je nach Funktion individualschützende und / oder marktordnungsrechtliche Sanktionen in Frage. Ziel ist die Bildung eines „Sanktionen-Werkzeugkastens“, der es ermöglicht, aus der Vielzahl der Sanktionen die adäquate zu ermitteln. 337
Zu den Anforderungen an eine korrekte Umsetzung s.o. § 5.C.
88
A.
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Informationen über die Identität des Unternehmers
Die Information über die Identität der anderen Vertragspartei ist von enormer Wichtigkeit. Der Verbraucher muss wissen, wer sein potentieller Vertragspartner ist. Dabei erfasst die „Identität des Unternehmers“ neben dem Namen bzw. der Firma auch die Rechtsform sowie die ladungsfähige Adresse. Der genaue Umfang und die Ausgestaltung der Pflichten hängen auch von der Art des Vertrages bzw. von der Art des Vertragsschlusses ab. Bei der Geschäftsanbahnung im Internet wird man auch zusätzlich die Angabe einer Kontaktmailadresse fordern können. Im Zusammenhang mit der Ausübung des Widerrufsrechts ist eine ladungsfähige Adresse wiederum nicht notwendig, da in diesem Fall die Angabe nur der Mitteilung der Ausübung des Widerrufsrechts dient. Für diese Zwecke reicht ein Postfach aus. Die Identität des Unternehmers ist ein entscheidender Schlüssel für die Durchsetzung der Verbraucherrechte. Sie ist in der Phase der Vertragsanbahnung wichtig, damit der Verbraucher Vertrauen in sein Gegenüber gewinnen und mögliche weitere Informationen über ihn einholen kann. Ohne eine ladungsfähige Adresse ist es dem Verbraucher nicht möglich, seine Rechte gegebenenfalls gerichtlich durchzusetzen. Die Pflicht zur Angabe der Identität fördert ebenfalls die Markttransparenz. Alle am Markt teilnehmenden Parteien erhalten die Möglichkeit durch diese Pflichtangaben miteinander in Kontakt zu treten, um diese Möglichkeit zur Durchsetzung von Rechten oder der Sanktionierung von Rechtsverstößen zu nutzen. Damit können unlautere Geschäftsmethoden unterbunden werden, indem eine Transparenz der am Markt agierenden Anbieter geschaffen wird.338 Die anbieterbezogenen Informationspflichten verfolgen überwiegend marktordnungsrechtliche Funktionen. Die Verpflichtung zur Angabe der Identität ergibt sich auch aus anderen Rechtsgebieten, wie z.B. der Impressumspflicht im Medienrecht. In diesem Fall dient die Offenlegung der Identität in erster Linie der Sicherung möglicher staatlicher Zugriffsrechte. Die Verpflichtungen haben auch im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs durch anbieterbezogene Pflichten Eingang gefunden. Der individualschützende Charakter dieser Pflicht tritt demgegenüber weitgehend zurück. Als Sanktionen für Verstöße gegen die Pflicht, über die Identität des Unternehmers zu informieren, liegen vor dem Hintergrund der eben aufgeführten Funktionsgewichtung primär kollektiv- und öffentlich-rechtliche sowie möglicherweise strafrechtliche Sanktionen nahe. Dies ist unabhängig von der individualschützenden Ausprägung sinnvoll, da den Verbrauchern
338
Vgl. Erwägungsgrund Nr. 3 der Haustürwiderrufsrichtlinie.
§ 7 Vorgaben für Sanktionen bei Informationspflichtverletzungen
89
in den üblichen Fallkonstellationen die Mittel fehlen, um solche Verstöße zu entdecken und insbesondere zu verfolgen. Deshalb bieten die Unterlassungsklagenrichtlinie und deren Umsetzungsmaßnahmen in den Mitgliedstaaten Sanktionen an, die von den jeweils zuständigen nationalen qualifizierten Einrichtungen durchgesetzt werden können. Ebenfalls werden in den Mitgliedstaaten lauterkeitsrechtliche Instrumente anderer Marktteilnehmer zur Verfügung stehen, die ähnliche Ansprüche gewähren dürften wie die Unterlassungsklagenrichtlinie.339 Ein weiteres Mittel um eine größtmögliche Markttransparenz hinsichtlich der Identität des Unternehmers herzustellen, können auch staatliche Maßnahmen sein. Dabei ist das Gewerberecht als Teil des Ordnungsrechts einzubeziehen. Vor allem über Anmeldepflichten als Voraussetzung zum Führen eines Gewerbebetriebes lassen sich die notwendigen Daten erheben. Durch diese Kontroll- und Anmeldeverfahren ergibt sich bereits eine Transparenz der am Markt teilnehmenden Personen. Bei Verstößen gegen die Pflichten kommen als Sanktionen in erster Linie Geldbußen in Frage. In Fällen von dauerhaften Verstößen ist an gewerberechtliche Einschränkungen bis hin zum Verbot der Ausübung des Gewerbes zu denken. Für die Sanktionierung anbieterbezogener Informationspflichten enthält darüber hinaus das allgemeine Zivilrecht Rechtsbehelfe. Bei Täuschungen oder fehlenden Angaben über die Identität kann mit Hilfe der nationalen Regelungen zum Vertragsschluss ermittelt werden, ob zwischen dem Verbraucher und dem Unternehmer überhaupt ein Vertrag geschlossen wurde. Für den Fall eines wirksamen Vertrages bieten die nationalen Rechte Möglichkeiten durch Anfechtung des Vertrages wegen eines Irrtums über die Person, mit der der Vertrag geschlossen wurde. Im Einzelfall entscheidend ist dabei, welche Vorstellungen sich der Verbraucher zur Identität gemacht hat und inwieweit diese Vorstellungen enttäuscht wurden. Es können Fehlvorstellungen hinsichtlich der Identität, aber auch hinsichtlich des Geschäftssitzes, insbesondere wenn der Unternehmer seinen Geschäftssitz im Ausland hat, bestehen. Gerade im Bereich des Internets ist die Angabe der Identität und Adresse einer der wichtigen Anhaltspunkte, wenn ein persönlicher Kontakt auf Grund der Art des Vertragsschlusses in der Regel nicht möglich ist.
339
Vgl. Dazu Schulte-Nölke / Schulze, Analysis of National Fairness Laws Aimed at Protecting Consumers in Relation to Commercial Practices, S. 195 ff., abrufbar auf der Homepage der EU-Kommission unter: http: // ec.europa.eu / consumers / cons_int / safe_shop / fair_bus_pract / green_pap_comm / studies / unfair_practices_ en.pdf.
90
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
B.
Leistungsbezogene Informationspflichten
I.
Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung
Der Verbraucher muss beim Vertragsschluss die Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung, die er für eine Entscheidung über den Vertragsschluss benötigt und die er vernünftigerweise von Unternehmerseite erwarten kann, verfügbar haben.340 Die konkreten Vorgaben an diese Beschreibung ergeben sich aus den Anforderungen, die an einen Geschäftsabschluss in der jeweiligen Situation zu stellen sind. So sind bei einem Kauf an der Haustür andere Schwerpunkte zu setzen als bei einem Kauf in einem E-Shop, bei dem der Verbraucher keine Möglichkeit hat, die Sache zu begutachten, so dass im letzteren Fall die Beschreibung des Vertragsgegenstandes dementsprechend detailliert zu sein hat. Wesentlich sind all jene Informationen, die die Entscheidung des Verbrauchers zum Vertragsschluss beeinflussen.341 Die Information über die wichtigsten Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung ist neben der Angabe des Preises eine der wesentlichen Pflichten des Unternehmers. In erster Linie handelt es sich um eine individualschützende Pflicht, die dem Verbraucher genaue Informationen über den Vertragsgegenstand zur Verfügung stellen soll, um so eine informierte Entscheidung treffen zu können. Die Mitgliedstaaten sind deshalb insbesondere bei dieser wichtigen Informationspflicht dazu aufgerufen, effektiven Rechtsschutz zu gewähren.342 Marktordnend ist diese Information insoweit als die zur Verfügung gestellten Informationen zu einer transparenten Darstellung und somit einer verbesserten Vergleichbarkeit der angebotenen Produkte am Markt führen. Diese Situation führt aus informationsökonomischer Sicht zu einer Verbesserung des Angebots und des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen, da sich der so optimal informierte Verbraucher für das wettbewerbsfähigste Produkt entscheidet.343 Der Vertragsgegenstand ist eines der essentialia negotii, so dass die vorvertragliche Information des Unternehmers zunächst schon Wirkungen auf der Ebene des Vertragsinhalts entfaltet. Ausdrückliche Vorschriften zu den Folgen falscher Informationen enthalten die Timesharingrichtlinie und die Pauschalreiserichtlinie, bei letzterer nur, sofern der Anbieter einen Prospekt 340 341
342 343
Vgl. auch dazu Art. 2:201 und 2:202 ACQP. Twigg-Flesner / Wilhelmsson, Kommentierung zu Art. 2:202 ACQP, in: Acquis Group, Principles of the Existing EC Law, S. 82. Micklitz, in: Grabitz / Hilf, A3, Rn. 45, m.w.N. Vor A 2, Rn. 45 ff., Rn. 150 ff. Vgl. dazu bereits oben § 1.
§ 7 Vorgaben für Sanktionen bei Informationspflichtverletzungen
91
benutzt. Die Richtlinien ordnen an, dass die Informationen im Prospekt Eingang in den Vertrag finden. Diese Anordnung hilft nicht bei unterlassener Information, wohl aber bei falschen Informationen, da der Verkäufer in diesen Fällen für die Abweichungen haftet. Daneben kommen auch die Rechtsbehelfe für Verbraucher in Betracht, die die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie 99 / 44 / EG gewährt und die ins nationale Recht umgesetzt werden mussten. Bei der Festlegung der Vertragsmäßigkeit eines Verbrauchsgutes wird nach Art. 2 Abs. 2 lit. d der Richtlinie vermutet, dass das Verbrauchsgut vertragsgemäß ist, wenn es die Qualität und Leistung aufweist, die der Verbraucher vernünftigerweise erwarten kann. Bei den Anforderungen an die Vertragsgemäßheit konkretisiert die Richtlinie weiter, dass dabei auch die öffentlichen Äußerungen des Verkäufers und / oder des Herstellers bei der Auslegung mit einbezogen werden, die dieser in der Werbung oder bei der Etikettierung gemacht hat. Sollten diese Angaben von der tatsächlichen Eigenschaft des Gutes abweichen, stehen dem Verbraucher die Rechtsbehelfe der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zur Verfügung, wie sie in das nationale Recht Eingang gefunden haben. Zu nennen sind vor allem der Anspruch auf Nachbesserung, das Minderungsrecht und schließlich das Rücktrittsrecht. Die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie macht hingegen keine Vorgaben zu möglichen Schadensersatzansprüchen des Verbrauchers. Dieser wichtige Bereich ist gemeinschaftsrechtlich nicht harmonisiert. Ein effektiver Rechtsschutz des Verbrauchers erfordert auch, dass die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen Ansprüche vorsehen, mit denen beim Verbraucher entstandene Schäden reguliert werden können. Auch für den Bereich von Dienstleistungen müssen die nationalen Rechtsordnungen Rechtsbehelfe zur Verfügung stellen. Das Recht der Dienstleistungen ist nur fragmentarisch gemeinschaftsrechtlich harmonisiert. Als Beispiele dafür sind das Reiserecht und das Überweisungsrecht zu nennen. Im Rahmen der Pauschalreiserichtlinie wird dem Veranstalter und / oder Vermittler die Haftung für die ordnungsgemäße Durchführung der vertraglichen Pflichten auferlegt.344 Die bis zum 29.12.2009 umzusetzende Dienstleistungsrichtlinie könnte diese Lücke schließen. Diese Richtlinie regelt in Art. 22 Informationspflichten des Dienstleistungsempfängers. Ausdrückliche Sanktionen für die Verletzung von Informationspflichten sieht auch diese Richtlinie nicht vor. Es wird jedoch bei den leistungsbezogenen Informationspflichten in der Regel bei falschen oder unterlassenen Informationen ein Einfluss auf den Inhalt des Vertrages anzunehmen sein. Da bei Dienstleistungen die Konkretisierung der Pflichten im Gegensatz zu Warenlieferungen insbesondere in den Vertragsbedingungen erfolgt, bietet das AGB-Recht einen Anknüpfungspunkt zur Sanktionierung. 344
Art. 5 der Pauschalreiserichtlinie.
92
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Als Mittel der Sanktionierung kommt ferner die Unterlassungsklage in Betracht, da die Unterlassungsklagenrichtlinie in ihrem Anhang die Richtlinien aufführt, die Gegenstand dieser Untersuchung sind, vor allem die Pauschalreise-, die Timesharing- und die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie. Neben den Unterlassungsansprüchen der qualifizierten Einrichtungen kommen Ansprüche von Wettbewerbern nach den nationalen Wettbewerbsrechten in Frage.
II.
Informationen über den Preis
Die Informationen über den Preis sollen den Verbraucher in die Lage versetzen, die gesamte finanzielle Belastung, die er durch das Geschäft eingeht, zu überblicken. Deshalb ist er über den Endpreis inkl. Umsatzsteuer sowie alle anderen anfallenden Kosten, wie Lieferkosten in Kenntnis zu setzen. Die Pflicht zur Information über den Preis ist allgemein für Güter bereits europarechtlich vorgegeben. Die Preisangabenrichtlinie345 regelt die Pflicht zur Angabe des Preises pro Maßeinheit und zur Angabe des Verkaufspreises. Dieser Verkaufspreis ist laut Art. 2 lit. a der Richtlinie der Endpreis für ein Produkt inklusive der Mehrwertsteuer und aller sonstigen Steuern. Der Preis je Maßeinheit ist der Endpreis, inklusive Mehrwertsteuer und aller sonstigen Steuern, für ein Kilogramm, einen Liter, einen Meter, einen Quadratmeter oder einen Kubikmeter des Erzeugnisses.346 Die Richtlinie gilt allerdings nur für Güter und nicht für Dienstleistungen, so dass diese Pflicht zur Preisangabe nicht alle Informationspflichten der anderen Richtlinien ersetzt. Die Angabe des Preises verfolgt in erster Linie zwei Funktionen. Der Preis ist für den Verbraucher neben den Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung eine der wichtigsten Informationen für den Vertragsschluss und somit von individualschützender Natur. Die korrekte Preisangabe hat aber auch marktordnungsrechtliche Funktionen. Im ersten Erwägungsgrund der Preisangabenrichtlinie 98 / 6 / EG wird die Transparenz des Marktes als eines der Ziele erwähnt, um den Verbraucherschutz aber auch den Wettbewerb zwischen Unternehmen und deren Erzeugnissen zu fördern. Insoweit kann auf die Ausführungen zur Information über die wesentlichen Eigenschaften verwiesen werden.347
345
346 347
Richtlinie 98 / 6 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse; Abl. EG 1998, L 80, S. 27-31. Art. 2 lit. b der Richtlinie. Vgl. oben unter § 7.B.I.
§ 7 Vorgaben für Sanktionen bei Informationspflichtverletzungen
93
Die Preisangabenrichtlinie enthält aber wie die anderen Richtlinien kaum Angaben zu Sanktionen bei Verstößen gegen die Pflichten der Richtlinie. Art. 8 der Richtlinie schreibt den Mitgliedstaaten vor, Sanktionen zu erlassen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. Die englische Version der Richtlinie spricht von „penalties“. Diese Sprachfassung deutet insofern eher auf öffentlich-rechtliche Sanktionen hin. Der Preis spielt bei der Kaufentscheidung des Verbrauchers eine sehr wichtige Rolle. Deshalb müssen dem Verbraucher Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, die ihm eine Information über den Preis ermöglichen bzw. ihn vor falscher oder fehlender Information schützen. Eine falsche oder fehlende Information über den Preis kann nach den jeweiligen Vorschriften zum Vertragsschluss in den Mitgliedstaaten Auswirkungen auf das Zustandekommen oder auf den Inhalt des Vertrages haben. Konkretere Vorgaben für die Sanktionierung falscher Preisangaben macht wiederum die Timesharingrichtlinie, die die Angaben im Prospekt zum Inhalt des Vertrages macht, so dass der dort angegebene Preis maßgeblich und der Unternehmer daran gebunden ist. Dies gilt auch für die Pauschalreiserichtlinie, sofern der Unternehmer einen Prospekt benutzt. Durch Auslegung der Willenserklärungen kann ferner ermittelt werden, ob und zu welchem Inhalt ein Vertrag zustande gekommen ist. Für den Fall, dass ein Vertragsschluss stattgefunden hat, könnten auch bestimmte Tatbestände einer Irrtumsanfechtung einschlägig sein, die dem Verbraucher in der Regel eine Lösung vom Vertrag ermöglichen dürften. Zum Schutz der marktordnungsrechtlichen Komponente der Pflicht zur Angabe des Preises kommen neben den Ansprüchen der Wettbewerber auch Unterlassungsansprüche nach der Unterlassungsklagenrichtlinie in Betracht. Die Preisangabenrichtlinie ist nicht im Anhang der Unterlassungsklagenrichtlinie aufgeführt, aber die Pflichten in der Pauschalreise-, Timesharing- und Fernabsatzrichtlinie fallen in den Anwendungsbereich der Richtlinie, so dass die qualifizierten Einrichtungen Unterlassungen von Verstößen gegen die Pflicht zur korrekten Angabe des Preises verlangen können. Als weitere Sanktionsmöglichkeit sind öffentlich-rechtliche Sanktionen anzuführen. Das Preisangabenrecht ist in den meisten Mitgliedstaaten zumindest auch öffentlich-rechtlich ausgeprägt, so dass bei Verstößen auch die entsprechenden Sanktionen wie Geldbußen und Einschränken oder Untersagungen gewerberechtlicher Art zur Verfügung stehen können.348
348
Vgl. dazu die Übersicht bei Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 375 f.
94
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
III. Informationen über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen Diese Informationspflichten sollen die Durchführung des Vertrages ermöglichen. Es ist für den Verbraucher von enormer Bedeutung, Details über die Zahlungsbedingungen zu erlangen, um so seinen Teil der Verpflichtungen erfüllen zu können. Dies gilt umso mehr für die Leistungsbedingungen bzw. die Regelungen zur Erfüllung. Die Informationspflichten über die Zahlungs- und Lieferbedingungen bzw. die Erfüllung besitzen wiederum sowohl individualschützende als auch marktordnungsrechtliche Komponenten, wobei die erste Komponente in diesem Fall überwiegt. Aus diesen Gründen liegt es auf der Hand, dass dem Verbraucher individuelle Rechtsbehelfe zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Informationspflichten über Zahlungs- und Lieferbedingungen besitzen, wenn auch zu einem geringeren Maße, marktordnungsrechtlichen Charakter. Insbesondere Wettbewerber haben ein Interesse daran, dass sich andere Unternehmer nicht durch Verzögerung der Leistung Vorteile gegenüber Konkurrenten verschafft, in dem unzulässigerweise Risiken und Kosten auf den Verbraucher auferlegt werden. Diese Vorschrift ist einerseits individualschützend. Sie ist aber auch für andere Wettbewerber von Bedeutung, da verhindert werden soll, dass sich Anbieter durch die eben genannten Modelle der Abrechnung überzogener Lieferkosten Vorteile gegenüber anderen Mitbewerbern verschaffen. Übergeordnetes Ziel ist die Verbesserung der Markttransparenz. Fehlende Informationen über die Zahlungs- und Lieferbedingungen haben Auswirkungen auf den Inhalt des Vertrages. Sofern es keine Vereinbarung über einen einzelnen Punkt gab, wird in der Regel das dispositive Recht zur Anwendung kommen, das für den Verbraucher günstiger sein kann. Sollte es dem Unternehmer dennoch gelingen, für ihn günstigere Vertragsklauseln zu vereinbaren, könnte dem Verbraucher ein Schutz über das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen zugute kommen, da es sich um überraschende oder missbräuchliche Klauseln handeln könnte. In allen anderen Fällen ist eine Sanktionierung über kollektivrechtliche Mittel angemessen.
C.
Informationen über Rechtsbehelfe und Beschwerdemöglichkeiten
Diese Informationen über mögliche Beschwerdeverfahren beeinflussen die vorvertragliche Phase der Entscheidungsfindung nur unerheblich, da der Verbraucher vor Vertragsschluss diese Informationen nicht notwendigerweise braucht und auch hofft, dass er sie nicht in Anspruch nehmen muss.
§ 7 Vorgaben für Sanktionen bei Informationspflichtverletzungen
95
Das Bestehen eines Beschwerdesystems kann aber unter Umständen bei bestimmten Waren oder Dienstleistungen wie z.B. dem Computerkauf, bei denen der Verbraucher damit rechnet oder zumindest ins Kalkül einbezieht, auf professionelle Beratung angewiesen zu sein, für die Kaufentscheidung des Verbrauchers von Bedeutung sein. Diese Informationen haben ausschließlich marktordnungsrechtlichen Charakter349 und müssen mit den entsprechenden kollektivrechtlichen Sanktionen verfolgt werden. Die fehlenden Informationen über die möglichen Rechtsbehelfe können auch bei der Beurteilung der unzulässigen Beeinflussung im Sinne des Art. 9 lit. d der Lauterkeitsrichtlinie herangezogen werden und somit lauterkeitsrechtlich sanktioniert werden. Selbst in den Fällen, in denen man diesen Pflichten einen individualschützenden Charakter zusprechen könnte, wird dem Verbraucher eine Durchsetzung dieser Rechte mangels Instrumenten und vielfach auch mangels Interesses nur schwerlich möglich sein. Denkbar sind lediglich Schadensersatzansprüche, wenn der Verbraucher es auf Grund falscher Informationen unterlässt, bei der richtigen Stelle Beschwerde einzulegen oder möglicherweise vor Klageerhebung ein Verfahren vor einem Ombudsmann durchzuführen. Es bieten sich deshalb vor allem Unterlassungsansprüche der nach dem nationalen Recht berechtigten Stellen an, insbesondere Verbraucherverbände, Wettbewerber und öffentliche Behörden.
D.
Informationen über das Bestehen eines Widerrufsrechts
Das Widerrufsrecht soll für den Verbraucher die mit der Art und Weise des Vertragsschlusses (situative) oder mit dem Vertrag zusammenhängenden Nachteile (vertragstypenbezogen) dadurch ausgleichen, dass er die Möglichkeit erhält, während der Widerrufsfrist zu überlegen, ob er tatsächlich am Vertrag festhalten will. Widerrufsrechte haben deshalb primär einen individualschützenden Charakter. Vor allem die freie und informierte Willensbildung soll geschützt werden. Neben dieser Schutzrichtung wird gleichzeitig eine marktordnungsrechtliche Komponente deutlich. Durch die Gewährung eines Widerrufsrechts werden ökonomische Anreize gesetzt.350 Der Unternehmer, der dem Verbraucher Produkte und Dienstleistungen verkauft, die qualitativ unterdurchschnittlich sind, trägt bei Verträgen, bei denen der
349
350
Leistner, S. 450, der dieser Pflicht einen rein institutionellen Schutzzweck, nämlich das „reibungslose Funktionieren des Wettbewerbssystems“, zuweist. Vgl. z.B. Mankowski, Beseitigungsrechte, S. 223, der mittelbar einen Einfluss auf angemessene Vertragsinhalte sieht.
96
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Verbraucher ein Widerrufsrecht besitzt, ein höheres Risiko als derjenige, der qualitativ hochwertige Ware anbietet.351 Vor diesem Hintergrund liegen deshalb Sanktionen auf der Hand, die der Verbraucher selbst durchsetzen kann. Fehlt eine Information über das Widerrufsrecht, kann der Beginn der Widerrufsfrist an die korrekte Erteilung der Information über das Widerrufsrecht gebunden werden. Dies hat zur Folge, dass dem Verbraucher eine sog. „ewige Widerrufsfrist“ zusteht. Diese Lösung hat der EuGH in der Rechtssache Heininger für den Anwendungsbereich der Haustürwiderrufsrichtlinie favorisiert.352 Auf das Vorbringen der Banken in diesem Fall, dass auch ein Interesse an der Rechtssicherheit im Rechtsverkehr bestehe, entgegnete der EuGH, dass es allein in der Hand der Unternehmer liege durch eine korrekte Belehrung über das Widerrufsrecht die Frist in Gang zu setzen.353 Auch die Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen verknüpft den Fristbeginn an die korrekte Erteilung der Informationen. Gegen diese Lösung wird angeführt, dass nicht nur der Unternehmer, sondern auch Dritte von der durch die Gewährung einer ewigen Widerrufsfrist entstandenen Unsicherheit betroffen sind.354 Dieses Argument überzeugt nicht, da die Dritten in diesem Zusammenhang nicht zufällig mit den anderen Parteien in Kontakt getreten sind. Es handelt sich vielmehr um eine Zusammenarbeit zwischen Unternehmern und Kreditgebern zur Umsatzsteigerung, bei der das Risiko eines Widerrufs in diesem Zusammenhang einkalkuliert werden muss. Rechtsfolgen etwaiger Verstöße müssen im Verhältnis zwischen Unternehmer und Kreditgeber reguliert werden. Einen Grund zur Einschränkung des Verbraucherschutzes liefert dieses Argument nicht. Die Fernabsatzrichtlinie knüpft den Fristbeginn nicht an die korrekte Information, sondern gewährt lediglich eine längere Widerrufsfrist von drei Monaten. Nach Ablauf dieser Frist kann der Verbraucher nicht mehr von seinem Recht Gebrauch machen. Eine ähnliche Regelung enthält die Timesharingrichtlinie, die nicht nur bei falscher oder fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht, sondern darüber hinaus auch bei anderen wichtigen Informationspflichten eine Verlängerung der Frist auf drei Monate 351
352 353 354
Vgl. hierzu auch die Ausführungen zur Studie des DTI unter § 2.C., das mit Hilfe der Verbraucherpolitik die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen steigern will. EuGH, Urteil v. 13.12.2001, C-481 / 99. EuGH, Urteil v. 13.12.2001, C-481 / 99, Rn. 47. Drobnig, in: Heusel (Hrsg.), Neues europäisches Vertragsrecht und Verbraucherschutz, S. 205, der auf die an verbundenen Geschäften beteiligten Dritten abstellt, z.B. Kreditgeber bei Timesharingverträgen und Lieferanten von Waren oder Dienstleistungen beim Abschluss von Kreditverträgen.
§ 7 Vorgaben für Sanktionen bei Informationspflichtverletzungen
97
vorsieht.355 Für diese Lösung spricht, dass sie dem oben bereits vorgetragenen Interesse des Unternehmers nach Rechtssicherheit Rechnung trägt. Das Risiko, dass ein Vertrag auch nach Jahren noch rückabgewickelt werden muss, ist für einen Unternehmer nicht zu unterschätzen. Diese potentiellen Kosten einer Rückabwicklung lange Zeit nach Vertragsschluss müssten in seine Kalkulation und somit auch in den Verkaufspreis Eingang finden. Auf der anderen Seite erscheint eine Frist von 3 Monaten bei fehlender Belehrung sehr kurz gegriffen, denn es hängt vom Zufall ab, ob der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht innerhalb der 3 Monate Kenntnis erlangt und es ausübt. Dieses Risiko könnte ein Unternehmer bewusst einkalkulieren und eine Belehrung unterlassen. Einen Kompromiss zwischen diesen unterschiedlichen Interessen stellt eine verlängerte Frist von einem Jahr wie in Finnland dar.356 Diese Lösung wird auch in den Acquis Principles und im Draft Common Frame of Reference (DCFR) favorisiert.357 Es ist weiterhin zu bedenken, dass ähnlich wie bei der Nichtigkeit die Möglichkeit eines Vertragslösungsrechts nicht unter allen Umständen der Interessenlage des Verbrauchers entsprechen muss. Es sind Fälle vorstellbar, in denen der Verbraucher grundsätzlich mit der gelieferten Sache zufrieden ist und gar nicht widerrufen möchte, sondern lediglich die bestimmte Information korrekt erhalten möchte oder wahrscheinlicher einen bestimmten Schaden ersetzt haben möchte. In diesen Fällen sind insbesondere die Anforderungen zu erfüllen, die der EuGH in seiner Rechtsprechung zu den sog. Schrottimmobilien entwickelt hat.358 Neben diesen individualschützenden Sanktionen gilt es auf Grund der marktordnungsrechtlichen Funktion auch kollektivrechtliche Instrumente zur Verfügung zu stellen. Die Informationen über das Widerrufsrecht umfassen nicht nur die Belehrung über die Frist und die Formvorschriften, sondern darüber hinaus auch die Rechtsfolgen eines Widerrufs. Die Anforderungen an eine korrekte Belehrung sind so hoch, dass ein Verbraucher nicht in jedem Fall erkennen kann und muss, ob eine Belehrung den gesetzlichen Anforderungen entspricht. Deshalb müssen auch die Verbraucherschutzverbände und sonstige qualifizierte Einrichtungen die Möglichkeit haben, 355
356
357 358
Ob es sich dabei um eine Frist von drei Monaten oder von drei Monaten plus 10 Tagen handelt ist im Einzelnen umstritten. Die Mitgliedstaaten haben diese Vorschrift unterschiedlich verstanden und dementsprechend umgesetzt, vgl. Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 336 ff. Kapitel 6 § 19 Abs. 1 des Verbraucherschutzgesetz vom 20. Januar 1978 / 38 (Kuluttajansuojalaki 20.1.1978 / 38). Vgl. Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, Consumer Law Compendium, S. 481. Art. 2:207 Abs. 1 ACQP und 2. Buch II-3:107 Abs. 1 DCFR. Zu diesen Anforderungen vgl. oben § 5.C.II.
98
Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
vom Unternehmer die Unterlassung der Verwendung falscher Belehrungen zu verlangen. Ähnliches hat auch für die Wettbewerber zu gelten, die entsprechend dem nationalen Wettbewerbsrecht Gesetzesverstöße des Mitwettbewerbers verfolgen können müssen, damit diese sich keinen unlauteren Vorsprung verschaffen können.
E.
Zwischenergebnis
Die Untersuchung der Schutzzwecke der einzelnen Gruppen von Informationspflichten zeigt, dass mit Ausnahme der Informationen über Beschwerdesysteme jede Informationspflicht sowohl individualschützenden als auch marktordnenden Charakter hat, wobei die eine oder andere Komponente unterschiedlich stark zum Tragen kommt. Bei den Informationen über das Widerrufsrecht und die wesentlichen Eigenschaften des Produkts oder der Dienstleistung überwiegen die individualschützenden Aspekte. Marktordnungsrechtliche Belange stehen bei den Informationen über den Anbieter im Vordergrund. Bei einer dritten Gruppe der Informationen über den Preis sowie die Zahlungs- und Lieferbedingungen sind die Funktionen gleich zu gewichten. Die Funktion der Informationspflicht bietet bei der Suche nach effektiven Sanktionen einen wichtigen Anhaltspunkt. Da alle Informationspflichten sowohl individualschützend als auch marktverhaltenssteuernd sind, müssen die nationalen Rechtsordnungen für die Sanktionierung von Informationspflichtverletzungen Instrumente vorsehen, die sowohl dem einzelnen Verbraucher Rechtsbehelfe in die Hand geben als auch für eine kollektivrechtliche Sanktionierung sorgen. Bei den ausschließlich marktverhaltensrechtlichen Informationspflichten müssen Instrumente zur Verfügung stehen, die für eine Sanktionierung bei Verstößen gegen diese Pflichten sorgen. Dabei kommen insbesondere Unterlassungsklagen und andere kollektivrechtliche Instrumente in Betracht, aber auch die Kontrolle durch Behörden und – wie in Großbritannien – mögliche Selbstkontrollen der Wirtschaft. Nur bei einer mehrgleisigen Sanktionierung ist den Vorgaben des europäischen Gesetzgebers genüge getan. Die marktverhaltensrechtliche Funktion einer Aufklärungspflicht impliziert nicht, dass lediglich eine Sanktionierung über kollektivrechtliche Instrumente in Frage kommt. Vielmehr ist im konkreten Einzelfall zu ermitteln, welche Sanktion die Einhaltung der Pflicht am besten fördert.
Primär marktschützend
Individualschützend / marktschüt- – Einfluss auf den Inhalt des zend Vertrages – Gewährleistungsrechte nach Kaufrecht – Lösungsrechte – AGB-Kontrolle – Schadensersatzansprüche Individualschützend / marktschüt- – Einfluss auf den Inhalt des zend Vertrages – Lösungsrechte
a. Informationen zu den wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung
b. Informationen über den Preis, inklusive Steuern und andere Zuschläge
2. Leistungsbezogene Informationspflichten
– Auswirkungen auf den Vertragsschluss
Individuelle
1. Identität des Anbieters
Sanktionen
Funktion
Informationspflicht
Anhang: Übersicht Sanktionen
– Unterlassungsansprüche – preisangabenrechtliche Sanktionen – strafrechtliche Sanktionen
– Unterlassungsansprüche – öffentlich-rechtliche Sanktionen – strafrechtliche Sanktionen
– Unterlassungsansprüche – öffentlich-rechtliche Sanktionen – strafrechtliche Sanktionen
Kollektivrechtliche Öffentlichrechtliche Strafrechtliche
§ 7 Vorgaben für Sanktionen bei Informationspflichtverletzungen 99
Individuelle
Sanktionen
Primär individualschützend
4. Widerrufsrecht
– Unterlassungsansprüche
– Unterlassungsansprüche – öffentlich-rechtliche Sanktionen – strafrechtliche Sanktionen
Kollektivrechtliche Öffentlichrechtliche Strafrechtliche
– Verlängerung der Widerrufsfrist – Unterlassungsansprüche – Schadensersatzansprüche – öffentlich-rechtliche Sanktionen – strafrechtliche Sanktionen
–
Individualschützend / marktschüt- – Einfluss auf den Inhalt des zend Vertrages – AGB-Kontrolle – Schadensersatzansprüche – Lösungsrechte Primär marktschützend
c. Rechte und Pflichten der einzelnen Vertragsparteien, Zahlung u. Lieferung
Funktion
3. Beschwerdeverfahren
Informationspflicht
100 Informationspflichten und Sanktionen in Verbraucherschutzrichtlinien
Kapitel 3 Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten Nachdem die europarechtlichen Vorgaben herausgearbeitet wurden, werden nun im folgenden Teil die mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens in den Blick genommen. Dabei werden zunächst kurz die Umsetzungstechniken skizziert. Die Umsetzung der Informationspflichtenkataloge wird kurz gestreift, wenn sich Besonderheiten und Abweichungen von den Richtlinienvorgaben zeigen. Das Consumer Law Compendium hat jedoch gezeigt, dass die Informationspflichtenkataloge im Großen und Ganzen korrekt umgesetzt wurden und dass lediglich einige zusätzliche Pflichten in den nationalen Rechtsordnungen statuiert wurden.359 In einem nächsten Schritt werden dann die nationalen Sanktionen für Informationspflichtverletzungen an den europarechtlichen Vorgaben gemessen.
§ 8 Umsetzungstechniken Die Mitgliedstaaten benutzen unterschiedliche Techniken bei der Umsetzung von Richtlinien ins nationale Recht.360 Einige Mitgliedstaaten haben gesonderte Spezialgesetze zur Umsetzung jeder einzelnen Richtlinie erlassen.361 Andere Länder integrieren die verbraucherschützenden Richtlinien in ihre nationalen Kodifikationen.362 Eine dritte Gruppe von Mitgliedstaaten setzt 359
360
361 362
Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 81, 109, 263, 308. Vgl. hierzu allgemein: Wölk, Die Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft; Heß, Die Umsetzung von EG-Richtlinien im Privatrecht. Siehe hierzu insbesondere die Länderberichte bei Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium S. 11 ff., für Frankreich, S. 29 ff, Deutschland, S. 32 ff und das Vereinigte Königreich, S. 76 ff. Dies gilt für u.a. Zypern, Großbritannien, Irland und Malta. Diese Methode wenden u.a. die Niederlande, Deutschland, die Tschechische Republik und Litauen an.
102
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
diese Richtlinien durch eine Verbraucherschutzkodifikation um.363 Eine letzte Gruppe wählt einen gemischten Ansatz.364 Auch die Mitgliedstaaten, die Gegenstand dieser Untersuchung sind, verfolgen unterschiedliche Umsetzungstechniken. In Deutschland lassen sich verschiedene Phasen der Umsetzungspolitik ausmachen. Zunächst wählte Deutschland den Ansatz der Änderung bereits bestehender Gesetze, wie z.B. bei der Haustürgeschäfte-, Klausel- und Pauschalreiserichtlinie. In einer zweiten Phase wurden einzelne Spezialgesetze verabschiedet.365 Mit der Schuldrechtsmodernisierung aus dem Jahre 2002 entschied sich der Gesetzgeber, die Gesetze zur Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien weitestgehend in das BGB zu integrieren. Dabei wurden einige der richtlinienübergreifenden Instrumente zentral und einheitlich geregelt. Hier sind vor allem die Definitionen des Verbrauchers und Unternehmers in den §§ 13 und 14 BGB, sowie das einheitliche Widerrufsrecht in § 355 BGB zu nennen. Die Informationspflichten werden teilweise im BGB geregelt, größtenteils jedoch in der auch im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung erlassenen BGB-InformationspflichtenVerordnung. Diese Verordnung enthält die jeweiligen Informationspflichten für Pauschalreisen, Fernabsatz-, Fernabsatzfinanzdienstleistungs- und Timesharingverträge wiederum in separaten Normen, die im Großen und Ganzen den Richtlinienvorgaben entsprechen und somit die europäischen Vorgaben erfüllen. Frankreich verfolgte ebenfalls zunächst die Technik der Umsetzung durch Spezialgesetze.366 Anfang der 90er Jahre wurde die gesamte Verbrauchergesetzgebung im Code de la Consommation367, einer Kompilation des bis dahin ergangenen Verbraucherrechts, zusammengefasst. Für den Bereich der Pauschalreisen wurde ein separater Code du tourisme erlassen. Während die Umsetzung früherer Richtlinien durch Änderungen bereits bestehender Gesetze erfolgte und damit nationale Eigenheiten beibehalten
363 364 365
366
367
Beispiele dafür sind u.a. Frankreich, Italien und seit neuestem Spanien. Diesem Ansatz folgen u.a. Estland, Griechenland und die Slowakei. Dies gilt für das Teilzeitnutzungsgesetz, aber auch teilweise für das Fernabsatzgesetz. Vgl. z.B. das Gesetz zur Umsetzung der Haustürwiderrufsrichtlinie. Dieses Gesetz änderte das schon vorher geltende Gesetz Nr. 72-1137 aus dem Jahr 1972. Vor der Umsetzung der Richtlinien existierten bereits spezielle Gesetze zum Fernabsatz (Gesetzes Nr. 88-21 vom 6. Januar 1988) und zu allgemeinen Geschäftsbedingungen (Gesetz Nr. 78-22 vom 10. Januar 1978). Vgl. dazu Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 37 ff., monografisch Heuer, Der Code de la Consommation.
§ 8 Umsetzungstechniken
103
wurden368, setzt der französische Gesetzgeber neuere Richtlinien nahezu wörtlich um. Auch für den Bereich der Sanktionierung beschränkt sich der Gesetzgeber immer häufiger auf die in der Richtlinie vorgegebene Verlängerung der Widerrufsfrist bei unvollständiger Informationserteilung. Dies lässt sich vor allem bei der Fernabsatzrichtlinie beobachten und wird bei der Umsetzung der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen fortgesetzt, bei letzterer bedingt durch den Charakter einer Maximalharmonisierungsrichtlinie. Das Vereinigte Königreich setzt die Verbraucherschutzrichtlinien in erster Linie mit der Hilfe von einzelnen Rechtsverordnungen369 um.370 Lediglich im Bereich des Timesharings erfolgte die Umsetzung durch ein Spezialgesetz bzw. durch Änderung eines bereits bestehenden Gesetzes.371 Die Informationspflichten werden in der Regel mit Hilfe der „copy and paste“-Methode in die nationale Rechtsordnung integriert. Ähnlich wie in Frankreich erfolgte bei Haustürgeschäften eine Umsetzung, die spezifische nationale Sanktionen aufweist. Der Vertrag ist nicht durchsetzbar und der Verbraucher kann die Sache behalten, ohne dass er den Kaufpreis bezahlen muss. Diese Spezifika finden sich im Laufe der weiteren Umsetzung der anderen Richtlinien immer weniger. Es werden vielmehr die Sanktionen aus den Richtlinien, insbesondere die Verlängerung der Widerrufsfrist, übernommen und durch offence-Tatbestände ergänzt.
368
369
370
371
Dies gilt insbesondere für die Regelungen zu Haustürgeschäften. Das Gesetz Nr. 89-421 vom 23. Juni 1989 änderte das schon vorher geltende Gesetz Nr. 721137 aus dem Jahr 1972. Vgl. die Verordnungen Consumer Protection (Cancellation of Contracts concluded away from business premises) Regulations 1987; Package Travel, Package Holidays and Package Tour Regulations 1992, Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000 und Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004. Im Bereich des Vertriebsrechts wurde die Consumer Protection (Cancellation of Contracts concluded away from business premises) Regulations 1987 durch die Consumer Protection (The Cancellation of Contracts made in a Consumer’s Home or Place of Work etc.) Regulations 2008 ersetzt, die am 1.10.2008 in Kraft trat. Vgl. allgemein zur Umsetzung im Vereinigten Königreich, Whittaker, ECLR 2007, 381 ff. Timeshare Act 1992.
104
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen Innerhalb der nationalen Sanktionsregime ist zwischen individual- und kollektivrechtlichen Sanktionen zu differenzieren. Die kollektivrechtlichen Sanktionen für Informationspflichtverletzungen beziehen sich nicht auf die hier gebildeten speziellen Kategorien von Informationspflichten372, sondern sanktionieren allgemein einen Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz und nicht lediglich Informationspflichtverletzungen als solche. Im Gegensatz dazu ergeben sich bei bestimmten Gruppen von Informationspflichten spezielle pflichtspezifische Sanktionen. Um Wiederholungen und Mehrfachnennungen zu vermeiden, werden zunächst die für alle Informationspflichten geltenden kollektiven Sanktionsinstrumente separat einer Untersuchung gezogen. Eines dieser kollektivrechtlichen Instrumente ist die Unterlassungsklagenrichtlinie. Da diese Richtlinie in ihrem Anhang alle Richtlinien aufführt, die Gegenstand dieser Untersuchung sind, sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, in ihren Umsetzungsgesetzen auch die Vorschriften zu Haustürgeschäften, Pauschalreisen, Timesharing-, Fernabsatzund Fernabsatzfinanzdienstleistungsverträgen in den Anwendungsbereich der nationalen Vorschriften über Unterlassungsklagen einzubeziehen.
A.
Unterlassungsansprüche in Deutschland, Frankreich und Großbritannien
I.
Deutschland
1.
Unterlassungsklagen nach dem UKlaG
In Deutschland existierten bereits in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts spezielle Unterlassungsansprüche im Wettbewerbsrecht und ab 1977 im Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen. Das Verbandsklagerecht im UWG wurde auch auf Haustürgeschäfte und reiserechtliche Vorschriften angewendet.373 Die Umsetzung der Richtlinie 98 / 27 / EG erfolgte zunächst durch ein allgemeines Verbandsklagerecht im AGB-Gesetz. Mit der Schuldrechtsmodernisierung wurde das Verbandsklagerecht im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) gesondert geregelt. Das deutsche Recht geht im Anwendungsbereich über die Vorgaben der Unterlassungsklagenrichtlinie hinaus, da es auf sämtliche Gesetze an372 373
Vgl. oben unter § 4.B. Micklitz, in: Grabitz / Hilf, Nach A.2., Länderbericht Deutschland, Rn. 2.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
105
wendbar ist, die dem Schutz der Verbraucher dienen.374 Damit sind auch Gesetze erfasst, die nicht als Umsetzung der im Anhang der Unterlassungsklagenrichtlinie aufgeführten Richtlinien erlassen wurden.375 Die Verbraucherverbände wurden durch Änderung des Rechtsberatungsgesetzes dazu ermächtigt, Forderungen für Verbraucher aus abgetretenem Recht einzuklagen.376 Der Anspruch nach § 2 UKlaG ermöglicht die Verfolgung von Verstößen gegen das objektive Recht, ohne das zusätzliche Voraussetzungen wie beim Unterlassungsanspruch aus dem UWG erfüllt sein müssen. Es muss lediglich das Kollektivinteresse der Verbraucher tangiert sein.377 In der Literatur wird deshalb von einer Klage wegen „Rechtsbruch ohne Vorsprung“ gesprochen.378 Klageberechtigt sind die in § 3 UKlaG aufgeführten Einrichtungen. Dazu zählen qualifizierte Einrichtungen i.S.d. § 4 UKlaG, rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher und selbständiger beruflicher Interessen sowie die Industrie- und Handelskammern oder Handwerkskammern. Die qualifizierten Einrichtungen können sich unter den in § 4 Abs. 2 UKlaG geregelten Voraussetzungen in eine Liste von qualifizierten Einrichtungen eintragen lassen, die vom Bundesamt für Justiz geführt wird. Diese Liste wird jährlich im Bundesanzeiger379 und durch die Kommission im Amtsblatt der EU380 bekannt gemacht. Eingetragen werden können auf Antrag rechtsfähige Verbände, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend wahrzunehmen. Darüber hinaus müssen sie mindestens 374 375
376
377 378
379
380
Legaldefinition der Verbraucherschutzgesetze in § 2 Abs. 1 UKlaG. So zum Beispiel § 6 TDG, vgl. OLG München, NJW-RR 2002, 348. Weitere Beispiele bei Halfmeier, S. 174. Art. 1 § 3 Nr. 8 RBerG; vgl. dazu Micklitz, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Deutschland, S. 38. Meller-Hannich, S. 277. Micklitz, in: Brönneke (Hrsg.), Kollektiver Rechtsschutz, 87, 102 ff. Dieser Ausdruck spielt auf den wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch an, der in der Literatur als Anspruch wegen des wettbewerbsrechtlichen „Vorsprungs durch Rechtsbruch“ bezeichnet worden ist, vgl. Meller-Hannich, S. 277 m.w.N. Die Liste für 2010 ist auf der Seite des Bundesamtes für Justiz abrufbar unter http: // www.bundesjustizamt.de (unter Handels- u. Wirtschaftsrecht → Verbraucherschutz). Die Liste enthält 75 qualifizierte Einrichtungen. Für 2008 vgl. Mitteilung der Kommission zu Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 98 / 27 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, betreffend die qualifizierten Einrichtungen, die berechtigt sind, eine Klage im Sinne des Artikels 2 dieser Richtlinie zu erheben, Abl. EG v. 8.3.2008, C 63, 5-43.
106
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
75 natürliche Personen oder in diesem Bereich tätige Verbände als Mitglieder haben, mindestens ein Jahr bestehen und die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten.381 Organisatorisch ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen die Dachorganisation der 16 Verbraucherzentralen der Länder, die wiederum aus weiteren örtlichen Mitgliedsverbänden bestehen, sowie von 25 verbraucherpolitisch orientierten Verbänden.382 Zuständig für Unterlassungsklagen sind gem. § 6 UKlaG die Landgerichte. Ein vorheriges Abmahnverfahren ist dem deutschen Recht grundsätzlich fremd. Indirekt führt aber § 93 ZPO in der Praxis dazu, dass die anspruchsberechtigten Stellen eine Abmahnung versenden, da sie ansonsten bei einer sofortigen Anerkennung des Unterlassungsanspruchs die Gerichtskosten tragen müssten.383 Die vor Gericht erstrittenen Urteile entfalten nur zwischen den Parteien Wirkung.384 Die Gerichte haben die Möglichkeit, gem. § 890 ZPO für jede Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld zu verhängen oder ersatzweise eine Ordnungshaft im Urteil anzudrohen. Die qualifizierten Einrichtungen können auf Kosten des Beklagten die wenig publikumswirksame Veröffentlichung der Entscheidung im Bundesanzeiger verlangen, andere Arten der Veröffentlichung müssen auf eigene Kosten erfolgen.385 Wenig attraktiv für die Verbraucherverbände sind auch die Regeln zur Erstattung der Kosten. Die Rechtsprechung gewährt ansonsten einen Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag386 oder einen Schadensersatzanspruch.387 Bei der Bemessung des Streitwerts kann aber zumindest wertmindernd berücksichtigt werden, dass die Sache nach Art und Umfang einfach gelagert ist bzw. die Belastung mit den vollen Prozesskosten für eine Partei nicht tragbar erscheint.388
381 382
383
384
385
386 387 388
§ 4 Abs. 2 UKlaG. Vgl. für weitere Informationen die Homepage der Verbraucherzentrale Bundesverband http: // www.vzbv.de. Micklitz, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Deutschland, S. 40. Eine Ausnahme regelt § 11 UKlaG, der bei Unterlassungsklagen gegen allgemeine Geschäftsbedingungen eine Berufung auf ein anderes, bereits ergangenes Urteil erlaubt, wenn es sich um dieselbe Klausel desselben Verwenders handelt. Kritisch dazu Micklitz, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Deutschland, S. 40. BGH, NJW, 1970, 243; kritisch dazu Einsiedler, WRP 2003, 354 ff. BGH, NJW, 1982, 2774. Vgl. § 12 Abs. 4 UWG. Vgl. dazu Retzer, in: Harte-Bavendamm / HenningBodewig, § 12 UWG, Rn. 781 ff.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
2.
107
Unterlassungsklagen nach dem UWG
Neben den Ansprüchen aus dem Unterlassungsklagengesetz existieren in Deutschland wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Diese beiden Ansprüche stehen nebeneinander zur Verfügung und nicht in Anspruchskonkurrenz.389 Eine Sanktionierung mit wettbewerbsrechtlichen Instrumenten ist auch dann möglich, wenn die gesetzliche Vorschrift, gegen die verstoßen wird, selbst Sanktionen anderer oder gleicher Art vorsieht.390 Weitere Präzisierungen für unlauteres Handeln ergeben sich durch die inzwischen erfolgte Umsetzung der Lauterkeitsrichtlinie in Deutschland.391 Die neu gefassten §§ 5 und 5a des UWG definieren die Voraussetzungen für irreführende Wettbewerbshandlungen durch Handeln und Unterlassen. Unlauter handelt gem. § 5a Abs. 3 UWG, wer dem Verbraucher wesentliche Informationen vorenthält. Darunter fallen Informationen über die Identität, die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung, den Preis, die Zahlungs-, Leistungs- und Lieferbedingungen sowie das Widerrufsrecht. Ferner werden gem. § 5 Abs. 4 UWG alle Informationspflichten als wesentlich angesehen, die dem Verbraucher auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben nicht vorenthalten werden dürfen.392 Damit sind alle Verletzungen gegen Informationspflichten, die Gegenstand dieser Arbeit sind, lauterkeitsrechtlich sanktioniert. Besondere Bedeutung bei der Sanktionierung von Verstößen gegen Verbraucherrecht kann ferner der in § 4 Nr. 11 UWG geregelte Rechtsbruchtatbestand haben. Dieser normiert ein Verhalten als unlauter, wenn gegen eine Vorschrift verstoßen wird, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Begriff des Marktteilnehmers ist in § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG legaldefiniert und erfasst „neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nach389 390
391
392
Halfmeier, S. 91 ff., Meller-Hannich, S. 276. Köhler, in: Köhler / Bornkamm, UWG, § 4, Rn. 11.8. Ausnahmen von diesem Grundsatz nimmt Köhler nur im Sozialrecht, Kartellrecht, Markenrecht und Buchpreisbindungsgesetz an. Erstes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb vom 22.12.2008, das am 30.12.2008 in Kraft getreten ist (BGBl. I 2008, 2949). Zum Regierungsentwurf: Busch, GPR 2008, 158 ff. Kritisch zu dieser Art der Umsetzung Busch, GPR 2008, 158, 163, der daran zweifelt, ob so die Anforderungen des EuGH an eine transparente Umsetzung der Richtlinienvorgaben erfüllt werden. Die Richtlinie selbst verweist in Art. 7 Abs. 5 zur Klarstellung auf Anhang II, in dem nicht abschließend die als wesentlich geltenden Informationspflichten im Gemeinschaftsrecht aufgeführt werden.
108
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
frager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind“.393 Gesetzliche Vorschrift im Sinne dieser Norm ist jede Rechtsnorm, d.h. nicht nur formelle Gesetze, sondern auch Rechtsverordnungen wie die BGB-Informationspflichtenverordnung. Eingeschränkt wird die lauterkeitsrechtliche Sanktionierung über den Rechtsbruchtatbestand durch die Lauterkeitsrichtlinie. Wegen des Maximalharmonisierungsgrundsatzes, der die Mitgliedstaaten bei der Regelung von Sanktionen einschränkt, können vom nationalen Gesetzgeber über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben hinaus statuierte Informationspflichten nach Ablauf einer sechsjährigen Übergangsfrist nicht mehr über den Rechtsbruchtatbestand des § 4 Nr. 11 UWG sanktioniert werden.394 Geltend machen können die Ansprüche gem. § 8 Abs. 3 UWG jeder Mitbewerber, rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, qualifizierte Einrichtungen395 sowie Industrie- und Handelskammern. Während die Ansprüche im UKlaG schon bei einem Verstoß gegen die objektive Rechtsordnung geltend gemacht werden können, ist bei Ansprüchen aus dem UWG zusätzlich erforderlich, dass es sich bei der verletzten Norm um eine marktverhaltenssteuernde Norm handelt. Die Formulierung der Vorschrift macht deutlich, dass diese Normen nicht ausschließlich diese Funktion verfolgen müssen, sondern auch andere Funktionen haben können. Wie bereits oben untersucht396, verfolgt jede der gefundenen Gruppen von Informationspflichten zumindest auch eine marktordnungsrechtliche Komponente. Die klageberechtigten Einrichtungen können vom Klagegegner die Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr die Unterlassung des unlauteren Handelns verlangen.397 Dies gilt gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG bereits, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Ferner regelt § 9 UWG eine Schadensersatzpflicht desjenigen, der vorsätzlich oder fahrlässig gegen § 3 UWG verstößt, gegenüber den Mitbewerbern. Ersatzfähig ist der aus der Wettbewerbsverletzung entstehende Schaden. 393 394
395
396 397
Zu diesem Begriff Halfmeier, S. 94 f. Vgl. dazu Erwägungsgrund 15 der Lauterkeitsrichtlinie. Vertiefend dazu Busch, GPR 2008, 158, 163 f. Als Beispiel einer solchen überschießenden Umsetzung kann die Pflicht zur Angabe von Registernummern gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 BGBInfo-VO angeführt werden. Solche Einrichtungen, die in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Kommission der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel 4 der Richtlinie 98 / 27 / EG eingetragen sind. Vgl. so siehe oben § 7. Dazu ausführlich Halfmeier, S. 99 ff.; Bergmann, in: Harte-Bavendamm / Henning-Bodewig, § 8 UWG, Rn. 1 ff. und 86 ff.; Bornkamm, in: Köhler / Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.7. ff. u. 1.69 ff.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
109
Im Anwendungsbereich des UWG soll der Anspruchsberechtigte gem. § 12 Abs. 1 Satz 1 UWG vor Einleitung des Verfahrens den Schuldner abmahnen, um so die Abgabe einer Unterlassungserklärung zu erwirken. Das Urteil kann auf Kosten des Unterliegenden öffentlich bekannt gemacht werden, wenn der Obsiegende ein berechtigtes Interesse darlegt, § 12 Abs. 3 UWG.398 Das Gericht legt Art und Umfang der Veröffentlichung im Urteil fest. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG regelt im Falle einer berechtigten Inanspruchnahme einen Aufwendungsersatzanspruch gegen den Unternehmer.
3.
Musterklage nach Art. 1 § 3 Nr. 8 Rechtsberatungsgesetz
Der Gesetzgeber hat in Deutschland einen neuen Art. 1 § 3 Nr. 8 Rechtsberatungsgesetz (RBerG) geschaffen, der es Verbraucherverbänden erlaubt, die gerichtliche Einziehung fremder und zu Einziehungszwecken abgetretener Forderungen von Verbrauchern zu betreiben, wenn dies im Interesse des Verbraucherschutzes erforderlich ist.399 Die Verbraucherverbände können sich bestimmte Streitigkeiten aussuchen, um diese dann als mögliche Präzedenzfälle – auch gebündelt – vor die Gerichte zu bringen. Ziel des Gesetzgebers war es, eine Regelung für Bagatell- und Streuschäden zu schaffen.400 Der Gesetzgeber wollte aber mit dieser Vorschrift keine schlichte Inkassotätigkeit der Verbraucherschutzverbände begründen.401 Die praktische Bedeutung dieser Vorschrift blieb eher gering.402 Vor allem für den Bereich der Bagatellschäden stehen der Aufwand für die Abtretung oder Einräumung einer Prozessstandschaft in keinem Verhältnis zum Ertrag.403
4.
Gruppenklagen
Das deutsche Recht kennt keine Sammelklage im Sinne einer class action. Lediglich für Kapitalanleger existiert ein sog. Kapitalanleger-Musterverfah398
399 400 401 402
403
Vgl. zu den Anforderungen an ein berechtigtes Interesse Bornkamm, in: Köhler / Bornkamm, § 12 UWG, Rn. 4.7.; Retzer, in: Harte-Bavendamm / HenningBodewig, § 12 UWG, Rn. 740. Vgl. hierzu allgemein Micklitz / Beuchler, NJW 2004, 1502. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 277. BT-Drucks. 14 / 7052, S. 210. Als Hauptanwendungsfall kommen vor allem Gewinnzusagen nach § 661a BGB in Frage, die jedoch nicht im Zentrum der Verbraucherschutzvorschriften stehen. Micklitz / Stadler, S. 25.
110
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
rensgesetz, das bei gleichgerichteten Klagen die Klärung einer Rechts- oder Sachfrage mit Wirkung für alle anderen betroffenen Fälle in einem Musterprozess ermöglicht. Dieses Gesetz ist auf fünf Jahre bis zum 1.11.2010 befristet. Nach dem Ablauf der Frist, wird die Bundesregierung eine Verlängerung und möglicherweise Ausweitung des Gesetzes prüfen.404
5.
Gewinnabschöpfungsanspruch
Manche Geschäfte haben aus Sicht des einzelnen Verbrauchers insbesondere in finanzieller Hinsicht nicht die Bedeutung, dass sich eine individuelle Verfolgung des Rechtsverstoßes lohnen würde. Deshalb könnten Unternehmer in dem Bewusstsein, dass der Verbraucher davor zurückscheut, seine Rechte zu verfolgen, einen Gesetzesverstoß einkalkulieren, da dieser in der Regel unsanktioniert bliebe. In Deutschland wurde bei der UWG-Novelle 2004 in § 10 UWG ein Anspruch auf Abschöpfung des Gewinns aus sog. Bagatellund Streuschäden bei vorsätzlichen Verstößen gegen das Lauterkeitsrecht, bei denen der Unternehmer „zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern Gewinn erzielt“, eingeführt.405 Geltend gemacht werden kann der Anspruch von denselben Verbänden, die zur Erhebung der Unterlassungsklage befugt sind, nicht jedoch von Mitbewerbern.406 Inwieweit dieser Anspruch in der Praxis von Bedeutung ist, lässt sich noch nicht abschließend beurteilen. Erste Rechtsprechung zu dieser Vorschrift ist mittlerweile ergangen, die aber bisher nur erste Anhaltspunkte zur Wirksamkeit dieses Instrumentes
404 405
406
Für eine Ausweitung: Zimmer / Höft, ZGR 2009, 662. Alexander, Die strafbare Werbung in der UWG-Reform, WRP 2004, 407; ders., Marktsteuerung durch Abschöpfungsansprüche, JZ 2006, 890; Beuchler, Das „Schreckgespenst“ § 10 UWG: mehr Gespenst als Schrecken, WRP 2006, 1288; Engels / Salomon, Vom Lauterkeitsrecht zum Verbraucherschutz: UWG-Reform 2003, WRP 2004, 32; Halfmeier, S. 119 ff.; Köhler, UWG-Reform und Verbraucherschutz, GRUR 2003, 265; Micklitz / Stadler, Unrechtsgewinnabschöpfung, 2001; Mönch, Der Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG, ZIP 2004, 2032; Oppermann / Müller, Wie verbraucherfreundlich muss das neue UWG sein?, GRUR 2005, 280; van Raay, VuR 2007, 47 ff.; Schaub, Schadensersatz und Gewinnabschöpfung im Lauterkeits- und Immaterialgüterrecht, GRUR 2005, 918; Stadler / Micklitz, Der Reformvorschlag der UWG-Novelle für eine Verbandsklage auf Gewinnabschöpfung, WRP 2003, 559; Wimmer-Leonhardt, UWG-Reform und Gewinnabschöpfungsanspruch oder „Die Wiederkehr der Drachen“, GRUR 2004, 12. Kritisch dazu Halfmeier, S. 121 f.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
111
geben kann.407 Dabei scheinen Ansprüche insbesondere am Nachweis eines Vorsatzes zu scheitern. Ferner ist die Ausgestaltung des Anspruchs, dessen Aufkommen dem Staatshaushalt zufließt, wenig attraktiv, u.a. wegen des Prozessrisikos für die klagebefugten Verbände.408
II.
Frankreich
Frankreich kam im Bereich des Schutzes der kollektiven Verbraucherinteressen in Europa eine Vorreiterrolle zu. Der Schutz der kollektiven Interessen der Verbraucher hatte seinen Ursprung in Frankreich. Im französischen Recht existierten bereits vor der Umsetzung der Unterlassungsklagenrichtlinie Instrumente zum Schutz der kollektiven Interessen der Verbraucher. Die zur Verfügung stehenden Klagearten sind im vierten Buch des Code de la Consommation geregelt. Dabei handelt es sich um die action civile der Verbraucherverbände (Art. L-421-1 CCons), die action en suppression de clauses abusives (Art. 421-6 Satz 2 CCons)409, die action en cessation de pratiques illicites (Art. 421-6 Satz 1 CCons) und die action en representation conjointe (Art. 422-1 CCons). Bevor die Besonderheiten dieser Verfahren in den Blick genommen werden, gilt es die den Klagearten gemeinsamen Punkte herauszuarbeiten. Ein Abmahnverfahren ist im französischen Recht nicht vorgesehen. Ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz steht im französischen Recht unter der Voraussetzung zur Verfügung, dass eine offensichtliche Rechtsverletzung vorliegt, die sich beim Antragsteller in einem Schaden auswirken kann. 407
408
409
Vgl. LG Bonn, GRUR-RR 2006, 111; LG Heilbronn, VuR 2007, 73; das dazu ergangene Berufungsurteil des OLG Stuttgart, VuR 2007, 70; dazu van Raay, VuR 2007, 47 ff. Halfmeier, S. 123; Micklitz / Stadler, S. 26 ff. Weiterhin sehr kritisch („schöner bunter Papiertiger“): Stadler / Micklitz, WRP 2003, 559, 562; Micklitz / Keßler, BB 2003, 2073, 2078; Stillner, VuR 2009, 123, 129; Micklitz / Keßler, VuR 2009, 88, 95. Die Bundesregierung hat in einer Pressemitteilung vom 7.1.2009 mitgeteilt, dass es dem Verbraucherzentrale Bundesverband erstmals im Wege eines Vergleiches gelungen sei, einen Gewinnabschöpfungsanspruch gegen den Discounter Lidl in Höhe von 25.000 ¤ wegen irreführender Werbung durchzusetzen. Diese Klageart bleibt in der Untersuchung außen vor, da der Klagegegenstand lediglich auf die Bekämpfung sittenwidriger und missbräuchlicher Klauseln gerichtet ist und somit nicht unmittelbar für die Sanktionierung von Informationspflichtverstößen in Betracht kommt. Vgl. ausführlich zu dieser Klageart Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 94 ff.
112
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Ebenfalls mit der Durchsetzung des Verbraucherrechts betraut ist die „direction générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes“ (DGCCRF). Diese Behörde hat eigene Ermittlungsbefugnisse, ist allerdings nicht direkt klagebefugt, sondern kann lediglich die Ergebnisse ihrer Ermittlungen an die Staatsanwaltschaften weitergeben. Art. L-421-9 des Code de la Consommation erlaubt es dem Gericht, die Veröffentlichung der Entscheidung auf Kosten der unterlegenen Partei anzuordnen. Die Gerichte scheinen jedoch von dieser Möglichkeit nur in sehr geringem Maße Gebrauch zu machen.410 Die Urteile entfalten grundsätzlich keine Rechtswirkungen über die Parteien des Verfahrens hinaus. Die Lauterkeitsrichtlinie wurde in Frankreich durch das Gesetz vom 3. Januar 2008 umgesetzt.411 Die Vorschriften zur irreführenden Werbung werden in den Art. L-121-1 ff. des Code de la Consommation umgesetzt. Die Vorgaben des Art. 7 der Richtlinie zur Irreführung durch Unterlassen werden insbesondere in Art. 121-1 Abs. 2 des Code de la Consommation wortgetreu umgesetzt. Zuständig für die Durchsetzung der Vorschriften ist die DGCCRF. Sanktioniert werden Verstöße gegen die Art. 121-1 ff. Code de la Consommation gem. Art. 121-6 Abs. 1 i.V.m. Art. 213-1 Code de la Consommation mit Gefängnisstrafen von bis zu 2 Jahren und Geldstrafen bis zu 37.500 ¤.
1.
Die action civile
Eine Besonderheit im französischen Recht ist die action civile. Diese allgemeine Klageform ist in Art. 2 des Code de procedure pénale geregelt und erlaubt einer Person, den Schaden ersetzt zu verlangen, den sie durch eine strafbare Handlung erlitten hat. Erhoben werden kann die Klage sowohl vor Zivil- als auch vor Strafgerichten. Vor letzteren besteht der Vorteil für den Verbraucher darin, dass das Gericht und die Staatsanwaltschaft den Tatnachweis für ihn führen müssen. Bemerkenswert ist, dass bei einer straf410 411
Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 108 f. Loi n° 2008-3 du 3 janvier 2008 pour le développement de la concurrence au service des consommateurs. Weitere Ergänzungen wurden durch die Artikel 83 und 84 des Gesetzes vom 4.August 2008 vollzogen (Loi no 2008-776 du 4 août 2008 de modernisation de l’économie). Zur Rechtslage vor Umsetzung der Richtlinie vgl. die Studie von Schulte-Nölke / Schulze, Analysis of National Fairness Laws Aimed at Protecting Consumers in Relation to Commercial Practices, S. 195 ff., abrufbar auf der Homepage der EU-Kommission unter http: // ec.europa.eu / consumers / cons_int / safe_shop / fair_bus_pract / green_pap_comm / studies / unfair_practices_en.pdf.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
113
rechtlichen Verurteilung die Feststellungen für das folgende Zivilverfahren Bindungswirkung entfalten, so dass insoweit von einer Wirkung über die Beteiligten des Verfahrens hinaus gesprochen werden kann.412 Art. 421-1 Code de la Consommation ermöglicht den Verbraucherverbänden bei Verletzungen des kollektiven Interesses der Verbraucher, eine action civile zu erheben. Mit einer action civile können die Verbraucherverbände drei unterschiedliche Rechtsschutzziele verfolgen:
(1) Schadensersatz für die Verletzung kollektiver Verbraucherinteressen Schwierigkeiten bereiten die Definition der kollektiven Verbraucherinteressen und die Bestimmung der Höhe des Schadensersatzanspruchs, da der einzelne Verbraucherverband keinen eigenen Schaden, sondern lediglich den Schaden für den Verstoß gegen die kollektiven Interessen der Verbraucher verlangen kann.413 Eine Legaldefinition des kollektiven Interesses existiert nicht. Die Gerichte neigen zu einer negativen Definition. Abzugrenzen ist demnach das kollektive Interesse sowohl vom Individual- als auch vom Allgemeininteresse. Grundsätzlich wird der Begriff von den Gerichten weit ausgelegt.414 Entscheidend für die Tangierung der Verbraucherinteressen ist insbesondere der Schutzzweck der verletzten Norm.415 Dies führt bei der Verletzung von Verbraucherrecht dazu, dass die Gerichte eine Verletzung kollektiver Interessen ohne nähere Prüfung bejahen.416 Bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatzes fließen mehrere Kriterien ein. Neben der möglichen pönalen Wirkung dient der Anspruch in erster Linie der Deckung der Rechtsverfolgungskosten der Verbraucherverbände.417
412
413 414
415 416 417
Micklitz, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Frankreich, S. 64. Vgl. dazu sehr ausführlich Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 88 ff. Vgl. Cour de Cassation, Urt. v. 10.6.1998. In diesem Urteil hat die Cour de Cassation eine Betroffenheit der kollektiven Verbraucherinteressen bejaht, wenn eine lediglich mittelbare und rein wirtschaftliche Betroffenheit vorliegt, die kausal auf die Verletzung der Vorschrift zurückführt. Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 91. Cass. crim. Urt. v. 31.1.1983, Bull. crim. Nr. 38. Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 121.
114
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
(2) Unterlassung und Beseitigung eines Rechtsverstoßes Auch hier ist zu beachten, dass für einen solchen Anspruch ein Verstoß gegen ein strafrechtliches Gebot vorliegen muss. Da in den meisten Fällen eine solche strafrechtliche Sanktion bei den Verstößen gegen Informationspflichten vorliegt, scheitert eine Unterlassungsklage nicht an diesem Erfordernis.418
(3) Strafrechtliche Verurteilung des Unternehmers Die Verbraucherverbände können ihre Klagebefugnis auch dazu nutzen, ein strafrechtliches Verfahren in die Wege zu leiten, um so zu einer Sanktionierung des Verstoßes gegen eine verbraucherschützende Norm zu gelangen.
2.
Die action en cessation de pratiques illicites
Umsetzungsbedarf auf Grund der Unterlassungsklagenrichtlinie bestand in Frankreich lediglich hinsichtlich der Gewährung einer Unterlassungsklage gegen einen Rechtsbruch des Unternehmers, die nun in der action en cessation de pratiques illicites in Art. 421-6 Satz 1 Code de la Consommation geregelt ist. Auch bei dieser Klageform machen die Verbraucherverbände nicht die Verletzung eigener sondern die der kollektiven Rechte der Verbraucher geltend. Geklagt werden kann lediglich auf Unterlassung des verbraucherrechtswidrigen Verhaltens.419 Klagebefugt sind die Organisationen, die in die Liste der qualifizierten Einrichtungen eingetragen sind. Frankreich hat der EU-Kommission bisher 18 qualifizierte Einrichtungen gemeldet. Die qualifizierten Einrichtungen bedürfen einer behördlichen Zulassung.420 418 419
420
Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 84 ff. Ausreichend ist jeder objektiv rechtswidrige Verstoß gegen eine Verbraucherschutznorm, die die in der Unterlassungsklagenrichtlinie aufgeführten Richtlinien umsetzt. Die Voraussetzungen für eine Eintragung sind in den Art. R-411-1 ff. des Code de la Consommation festgelegt. Die Verbände brauchen auf nationaler Ebene 10.000 Mitglieder, müssen als association organisiert sein, als Zweck auch den Verbraucherschutz verfolgen, seit einem Jahr auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes tätig sein und dürfen keinen gewerblichen Zweck verfolgen. Die Zulassung erfolgt jeweils für fünf Jahre und kann verlängert werden. Vgl. auch Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 554.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
3.
115
Die action en représentation conjointe
Mit der in Art. 422-1 bis 422-3 CCons geregelten action en représentation conjointe können die Verbraucherverbände Schadensersatz einklagen, wenn mehreren Verbrauchern durch dieselbe Handlung eines Unternehmers ein individueller Schaden, der gemeinsamen Ursprungs ist, entstanden ist und der Verbraucherverband von mindestens zwei Verbrauchern421 dazu beauftragt worden ist. Im Gegensatz zur US-amerikanischen class action müssen die geschädigten Verbraucher namentlich benannt werden.422 Schwierigkeiten bereitet der Begriff des gemeinsamen Ursprungs. Die Rechtsprechung tendiert dazu, dieses Tatbestandsmerkmal auch bei einer Vielzahl von Verbrauchern, die wegen einer identischen Vertragsverletzung des gleichen Unternehmers klagen, zu bejahen.423 Ein Urteil in diesem Verfahren bindet die am Verfahren beteiligten Verbraucher. Bei der Geltendmachung der Ansprüche muss entsprechend der allgemeinen Prozessvorschriften über jeden einzelnen Anspruch der Verbraucher entschieden werden. Die Verteilung des Schadensersatzes im Falle des Obsiegens ist gesetzlich nicht geregelt. In der Literatur wird vorgeschlagen, dass der Beklagte zunächst den Betrag an den Verbraucherverband zahlt, der dann die Verteilung an die teilnehmenden Verbraucher organisiert.424 In der Praxis spielt diese Klageform bisher keine Rolle.425
III. Großbritannien In Großbritannien wird die Durchsetzung des Verbraucherrechts traditionell durch staatliche Behörden sichergestellt. Die zentrale Behörde hierfür war der Director- General of Fair Trading (DGFT). Diese Behörde wurde jedoch zum 1.4.2003 aufgelöst und durch die Office of Fair Trading (OFT) ersetzt. Neben das OFT und den local weights and measures authorities treten nunmehr die legal enforcers in Form von Verbraucherverbänden, um die kollektiven Interessen der Verbraucher durchzusetzen. Diese Öffnung des 421
422 423 424 425
Art. 422-1 Satz 2 CCons. schränkt die Möglichkeiten der Verbraucherverbände ein, potentiell geschädigte Verbraucher öffentlich aufzufordern, sich an einem derartigen Verfahren zu beteiligen. Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 129 f. Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 129 f. mit Verweisen auf die Rechtsprechung. Martin, J.C.P. 1994, I 3756, Rn. 24. Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 140, der von bisher drei Verfahren spricht, was selbst die französische Regierung zu dem Eingeständnis zwinge, dass dieses Verfahren in der bisherigen Form gescheitert sei.
116
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Schutzes der kollektiven Verbraucherinteressen war durch die Umsetzungspflichten aus der Unterlassungsklagenrichtlinie notwendig geworden.426 Dennoch erscheint auf der Liste der EU-Kommission zu den qualifizierten Einrichtungen keine private Einrichtung.427 Neben diesen existieren noch designated enforcers wie die Information Commissioner’s Office, die Civil Aviation Authority, die Office of Gas and Electricity Markets etc., die vom Secretatry of State in einer speziellen Rechtsverordnung die Klageberechtigung erhalten haben.428 Bei diesen handelt es sich jedoch wiederum um staatliche Einrichtungen mit staatlicher Finanzierung.429 Die Richtlinie 98 / 27 / EG wurde zunächst durch die Stop Now Orders (EC Directive) Regulations 2001430 umgesetzt, die dem DGFT eine zentrale Rolle bei der Ahndung von Verstößen gegen Verbraucherrichtlinien zuwies. Die Verordnung wurde durch den Enterprise Act 2002 (EA) ersetzt, der am 20.6.2003 in Kraft trat und der in Part 8 die verbraucherrechtliche Unterlassungsklage regelt. Der EA regelt nun erstmals eine Klagebefugnis der Verbraucherverbände bei der Durchsetzung des Verbraucherrechts. Ursprünglich wurde das Verbraucherrecht ausschließlich durch das DGFT durchgesetzt, das als staatliche Behörde die Einhaltung des Verbraucher-
426 427
428
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Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 820. Mitteilung der Kommission zu Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 98 / 27 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, betreffend die qualifizierten Einrichtungen, die berechtigt sind, eine Klage im Sinne des Artikels 2 dieser Richtlinie zu erheben; ABl. C 287 vom 27.11.2009, S. 1-39. The Enterprise Act 2002 (Part 8 Designated Enforcers: Criteria for Designation, Designation of Public Bodies as Designated Enforcers and Transitional Provisions) Order 2003, S.I. 2003, 1399. Diese Order legt fest, dass diese Einrichtungen so organisiert sein müssen, dass sie unparteiisches, unabhängiges und integres Verhalten an den Tag legen, um so möglichen Interessenkonflikten vorzubeugen. Des Weiteren wird Sachkunde im Verbraucherrecht erwartet und die Fähigkeit einschließlich der finanziellen Voraussetzungen Verbraucherrechtsverletzungen auf dem Klagewege durchzusetzen zu können. Außerdem hat jede Einrichtung eine Erklärung zu unterschreiben, mit der sie sich zu einer Zusammenarbeit mit der OFT verpflichtet. Da die Verbrauchereinrichtungen keine staatlichen Unterstützungen erhalten, schadet eine unternehmerische Tätigkeit der Anerkennung nicht. Das OFT hat ein Budget von ca. 11 Mio. £ und beschäftigt ca. 50 Mitarbeiter zur Durchsetzung der in der Unterlassungsklagenrichtlinie aufgeführten Richtlinien. S.I. 1999, 2083.
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schutzes überwachte. Der EA enthält an Rechtsbehelfen lediglich die Unterlassungsklage und die Möglichkeit eines einstweiligen Rechtsschutzes. Die Unterlassungsklage ist begründet, wenn das Gericht zur Auffassung kommt, dass das Verhalten des Beklagten einen Rechtsverstoß darstellt.431 Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei verschiedenen Arten von Rechtsverstößen: domestic und Community infringements. Community infringements sind Verstöße gegen die im Anhang der Unterlassungsklagenrichtlinie genannten Richtlinien bzw. deren nationale Umsetzungsgesetze. Sec. 211 des EA legt für nationale Sachverhalte einen darüber hinaus gehenden Anwendungsbereich fest, der zum einen weitere Verbraucherschutznormen erfasst und auch solche Verstöße, bei denen der Unternehmer seinen Sitz im Ausland hat, aber lediglich britische Verbraucher betroffen sind.432 Neben dem Rechtsverstoß ist die Beeinträchtigung kollektiver Verbraucherinteressen notwendig. Dies soll jedoch keine Vorgaben quantitativer Art hinsichtlich der Verstöße machen. Es ist ausreichend, dass die Fortführung oder Wiederholung des Rechtsverstoßes dazu führen könnte, dass zukünftige Kunden betroffen sind oder werden können.433 Bevor eine Einrichtung gegen einen Unternehmer tätig werden kann, muss diese den Unternehmer konsultieren. Gleichzeitig muss das OFT über diese Absicht informiert werden. Ferner kann das OFT auf Grund der umfassenden Kooperationspflichten der qualifizierten Einrichtungen diesen vorschreiben, welche Maßnahmen diese ergreifen dürfen, so dass trotz der Ausweitung der Klageberechtigung das OFT eine zentrale Rolle einnimmt.434 Der Unternehmer kann die Unterlassungsklage durch eine Unterlassungserklärung abwenden. Nachteilig ist jedoch, dass deren Verletzung nicht sanktioniert werden kann.435 Einstweiliger Rechtsschutz ist unter den in sec. 217 und 218 EA geregelten Voraussetzungen möglich.436
431 432 433
434
435 436
Sec. 217 (1) EA. Beuchler, in: Micklitz / Stadler S. 824. Beuchler, in: Micklitz / Stadler S. 825, der auf die Notes des DTI, Rn. 486 verweist. Rott, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Großbritannien, S. 81. Das OFT kann diese Rechte jedoch nicht gegenüber qualifizierten Einrichtungen aus anderen Mitgliedstaaten geltend machen, sec. 216 (6) EA. Beuchler, in: Micklitz / Stadler, S. 795, 842. Voraussetzung ist ein Verstoß gegen ein Verbraucherschutzgesetz, dass das Gericht auch im Hauptsacheverfahren eine Unterlassungsverfügung erlassen würde sowie die Erforderlichkeit des vorläufigen Rechtsschutzes.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Neben den Unterlassungserklärungen können die zuständigen Gerichte437 den Unternehmen auf deren Kosten die Pflicht zur Veröffentlichung des Urteils und zur Korrektur der gegen Verbraucherschutzgesetze verstoßenden Aussagen auferlegen. Die Kläger können darüber hinaus die Urteile auf eigene Kosten veröffentlichen, was diese immer häufiger im Internet wahrnehmen.438 Der Verlierer des Rechtsstreites trägt grundsätzlich die Kosten der obsiegenden Partei, wobei das Gericht im Einzelfall ein Ermessen bei der Auferlegung der Kosten ausüben kann.439 Die Lauterkeitsrichtlinie in Großbritannien wurde durch die Consumer Protection (The Consumer Protection from Unfair Trading) Regulations 2008440 und die Trade Descriptions (The Business Protection from Misleading Marketing) Regulations 2008441 umgesetzt.442 Die Regelungen zu den im Falle eines Angebots zum Kauf als wesentlich geltenden Informationspflichten im Sinne des Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie werden korrekt in Reg. 6 Abs. 4 der Consumer Protection (The Consumer Protection from Unfair Trading) Regulations 2008 umgesetzt. Ebenfalls als wesentlich gelten gem. Reg. 6 Abs. 3 lit. b der Regulation die auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben erlassenen Informationspflichten, so dass auch in Großbritannien alle hier untersuchten Informationspflichten wesentliche im Sinne der Richtlinie sind. Sanktioniert werden Verstöße gegen die eben genannten Vorschriften durch offence-Tatbestände.443 Durch eine Änderung des EA 2002 können Verstöße gegen die Umsetzungsvorschriften auch als Community infringements geahndet werden. Zuständig für die Durchsetzung der Vorschriften sind das OFT und die local weights and measures authorities. 437 438
439
440
441
442
443
Gem. sec 215 (5) EA sind dies die High Courts und die County Courts. Rott, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Großbritannien, S. 83. Rott, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Großbritannien, S. 84. Statutory Instrument 2008 Nr. 1277. Die Verordnung trat am 26.5.2008 in Kraft. Statutory Instrument 2008 Nr. 1276. Die Verordnung trat am 26.5.2008 in Kraft. Zur Rechtslage vor Umsetzung der Richtlinie vgl. die Studie von Schulte-Nölke / Schulze, Analysis of National Fairness Laws Aimed at Protecting Consumers in Relation to Commercial Practices, insbesondere der Länderbericht von Weatherill, S. 389 ff., abrufbar auf der Homepage der EU-Kommission unter: http: // ec.europa.eu / consumers / cons_int / safe_shop / fair_bus_pract / green_pap_comm / studies / unfair_practices_en.pdf. Part 3 der Consumer Protection (The Consumer Protection from Unfair Trading) Regulations 2008.
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IV. Bewertung Unterlassungsklagen sind ein wirksames Instrument im Kampf gegen die Verletzung kollektiver Verbraucherinteressen, wenn durch die jeweiligen Verfahren eine effektive und flächendeckende Sanktionierung stattfindet und der Unternehmer in der Praxis mit einer Ahndung seines gesetzeswidrigen Verhaltens rechnen muss. Die Sanktionierung ist nur gewährleistet, wenn die Klageberechtigten Anreize vorfinden, die die Durchführung derartiger Klagen attraktiv machen, insbesondere wenn das Kostenrisiko kalkulierbar ist. Die bloße Bereitstellung von Instrumenten reicht nicht aus, wenn das Prozessrisiko zu hoch ist. Wie in den einzelnen Länderberichten aufgezeigt, scheint dieses Problem in allen drei Ländern beklagt zu werden.444 Dieses Risiko kann durch staatliche Unterstützung oder durch günstige prozessrechtliche Vorschriften zur Kostentragung abgefedert werden. Die Regeln sind in Deutschland für Verbraucherverbände wenig attraktiv, da es keine ausdrücklichen Befreiungen von den Gerichtskosten gibt, sondern lediglich Ermessensvorschriften für das Gericht, und lediglich im UWG ein gesetzlich geregelter Kostenerstattungsanspruch des Anspruchsberechtigten gegen den Unternehmer existiert. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die finanzielle Ausstattung der qualifizierten Einrichtungen besonders wichtig für die Aufgabenwahrnehmung. Die staatlichen Zuschüsse werden jedoch seit Jahren gekürzt.445 Ob darunter die Klagetätigkeit leidet, ist unklar. Klagezahlen sind schwer zu ermitteln. Es ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass es nicht notwendigerweise zu einer Klage kommen muss, da viele Verfahren schon durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung nach Abmahnung beendet sind. Ein wesentlicher Unterschied im Vergleich zu Frankeich und Großbritannien besteht im Bereich des kollektiven Rechtsschutzes darin, dass in Deutschland auch Lauterkeitsverbände und Wettbewerber bzw. deren Verbände Klagen erheben. Das französische Verfahren zum kollektiven Schutz der Verbraucher wirkt effektiv und abschreckend, da die Verbindung mit den Mitteln des 444
445
Es kann nicht beurteilt werden, inwieweit diese Klagen die Funktionsfähigkeit der Verbraucherverbände wirklich einschränken oder ob es sich um rein politische Aussagen handelt, die dem Erhalt der bisherigen Mittelzuweisungen dienen. Die Tatsache, dass in Berichten von Parlamentsabgeordneten aber auch in der Literatur die unzureichende finanzielle Ausstattung der Verbraucherorganisationen beklagt wird, deutet zumindest auf eine gewisse Berechtigung der Forderungen hin. Micklitz, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Deutschland, S. 44, führt an, dass ein Landesverband der Verbraucherzentrale Insolvenz anmelden musste.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Strafrechts die Unternehmer zur Einhaltung der Verbraucherschutzvorschriften bewegen kann. Ein entscheidender Punkt bei der Bewertung der Effektivität der Sanktionen ist jedoch, dass diese nicht nur theoretisch in den Gesetzen existieren, sondern auch in der Praxis angewendet werden. Wie bei allen kollektiven Rechtsschutzinstrumenten ist die finanzielle Ausstattung der Verbraucherorganisationen von besonderer Wichtigkeit für die Wirksamkeit der Maßnahmen. Die dürftige finanzielle Ausstattung der Organisationen wird als zu gering kritisiert, um die übertragenen Aufgaben wirksam zu erfüllen.446 Dieses Problem wird auch in einem Bericht des Abgeordneten Chatel für den Premierminister anerkannt447, in dem eine Reform der Finanzierung der Verbraucherorganisationen gefordert wird.448 Negativ hervorzuheben ist, dass den ausländischen qualifizierten Einrichtungen lediglich die in Umsetzung der Unterlassungsklagenrichtlinie ergangene action en cessation de practiques illicites zur Verfügung steht und nicht die anderen bereits vorher bestehenden Verbandsklagen. Die Unterlassungsklagen werden in Großbritannien als wirksames Mittel zur Durchsetzung des Verbraucherrechts angesehen. Die niedrigen Klagezahlen449 lassen nicht notwendigerweise auf eine geringe Aktivität der qualifizierten Einrichtungen schließen, da das OFT versucht, die Verfahren auf dem Verhandlungswege zu klären. Das OFT schreckt auch bei grenzüberschreitenden Sachverhalten nicht vor Klagen zurück, wie die Duchesne-Sache450 zeigt, in dem das OFT gegen ein Unternehmen aus Belgien vorging, das Gewinnzusagen an britische Verbraucher versandte. Die damit verbundenen Schwierigkeiten451 können durch die neue Enforcement-Verordnung erleichtert werden, da diese den Behörden Ansprechpartner in den Mitgliedstaaten zur Verfügung stellt, die diese um Amtshilfe bitten können,
446 447
448 449
450
451
Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 30. Bericht des Abgeordneten Chatel, „De la conso méfiance à la conso confiance“, vom 9.7.2003, S. 81 f.; abrufbar z.B. unter http: // lesrapports.ladocumenta tionfrancaise.fr / BRP / 034000479 / 0000.pdf. Chatel, a.a.O., S. 84. 35 Klagen seit 1.1.2000 laut Rott, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Großbritannien, S. 85. Fundstelle bei Rott, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Großbritannien, S. 87; Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 404. Fehlende Informationen zur Rechtslage sowie fehlende Befugnisse der qualifizierten Einrichtungen, vgl. Rott, in: Micklitz / Rott / Docekal / Kolba, Verbraucherschutz durch Unterlassungsklagen, Länderbericht Großbritannien, S. 87 f.
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um so die Zusammenarbeit zwischen den Behörden in den Mitgliedstaaten bei grenzüberschreitenden Sachverhalten zu verbessern.452 Ergänzend zu den Unterlassungsklagen ist die Einführung weiterer kollektivrechtlicher Instrumente zu erwägen. Die EU-Kommission hat am 27.11.2008 ein Grünbuch über kollektive Rechtsdurchsetzungsverfahren für Verbraucher vorgestellt und auch das Instrument einer Sammelklage in die Diskussion gebracht.453 Es bleibt jedoch fraglich, ob dieses Instrument wirksam zur Sanktionierung von Verstößen gegen vorvertragliche Informationspflichten herangezogen werden kann.454 Festzuhalten bleibt, dass wohl keines der vorgestellten Instrumente allein den Königsweg darstellt. Für den Bereich der kollektiven Rechtsbehelfe dürfte ein gesunder Mix aus Unterlassungsklagen, aber auch Sammelklagen bzw. Gewinnabschöpfungsverfahren der richtige Ansatz sein.455 Dabei mangelt es weniger an Instrumenten als an einer angemessenen finanziellen Ausstattung der klagebefugten Einrichtungen.
B.
Informationsspezifische Sanktionen
I.
Informationen über die Identität des Unternehmers
1.
Umsetzung der Informationspflicht
Die drei Mitgliedstaaten haben die anbieterbezogenen Informationspflichten überwiegend korrekt umgesetzt und sind dabei in einigen Fällen über die Vorgaben der Richtlinie hinausgegangen. Im Bereich der Haustürwiderrufsrichtlinie hat Frankreich die Vorgaben der Richtlinie überschießend umgesetzt, indem es Informationen über die Identität des Unternehmers und des Vertreters sowie über die Adresse des Lieferers vorschreibt, wohingegen die Richtlinie lediglich vorsieht, eine Adresse anzugeben, an die der Widerruf gerichtet werden kann. Deutschland hat die Informationspflichten für allgemeine Fernabsatzverträge und für Verträge über den Fernabsatz 452
453 454 455
Verordnung (EG) Nr. 2006 / 2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“), ABl. L 364 vom 9.12.2004, S. 1-11. KOM (2008) 794 endg. Vgl. dazu oben § 6.E. So auch Micklitz / Stadler, S. 36 f., die sich für einen pluralistischen Ansatz aussprechen.
122
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
von Finanzdienstleistungen in einer Norm umgesetzt, so dass die zusätzlichen anbieterbezogenen Pflichten für Finanzdienstleistungen bei allen Fernabsatzgeschäften gelten.456 Im Bereich des Timesharings457 und bei Pauschalreisen458 gibt es keine Abweichungen. Das Vereinigte Königreich hat die anbieterbezogenen Informationspflichten exakt, wie in den Richtlinien vorgeben, umgesetzt.
2.
Nationale Sanktionen
a)
Deutschland
Im Anwendungsbereich des Pauschalreiserechts hat der deutsche Gesetzgeber keine ausdrücklichen Sanktionen geregelt. Indirekt kann die fehlende Information über die Identität jedoch dazu führen, dass der Unternehmer sich nicht auf bestimmte Abwehrrechte berufen kann. So dürfte in diesem Fall eine Berufung auf die Nichtwahrung der Abhilfefrist gem. § 651c BGB oder der Ausschlussfrist gem. § 651g BGB ausscheiden.459 Im deutschen Recht sind für die Verletzung anbieterbezogener Informationspflichten im Fernabsatz keine ausdrücklichen Sanktionen vorgesehen.460 Ein Teil der Literatur folgert aus dieser fehlenden Sanktionsregelung, dass dem Verbraucher keine individuellen Sanktionen für die fehlende Information zur Verfügung stehen.461 Die Informationspflichten sind nach dieser Auffassung primär wettbewerbsrechtlicher Natur und deswegen auch mit den Instrumenten aus diesem Rechtsgebiet zu sanktionieren. Die bisherige Untersuchung hat klar belegt, dass die Informationspflichten in den Verbraucherschutzrichtlinien keinesfalls ausschließlich marktordnungs456
457 458 459 460 461
Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 1-3 EGBGB: Identität, Registernummer und Adresse des Registers, falls vorhanden die Identität eines Vertreters des Unternehmers in dem Mitgliedstaat, in dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat sowie eine ladungsfähige Adresse. § 2 Abs. 1 BGB-Info-VO. § 4 Abs. 1 und 6 Abs. 2 Nr. 6 BGB-Info-VO. Palandt / Grüneberg, Einführung zur BGB-Info-Verordnung, Rn. 14. Münchener Kommentar / Wendehorst, § 312c BGB, Rn. 71. Lütcke, § 312c BGB, Rn. 6 und 77; Härting, § 2 FernAbsG, Rn. 36; Riehm, Jura 2000, 505, 510; Bürger, NJW 2002, 465, 468; differenzierend Seiler, S. 335 ff., der zwar trotz der Einfügung in das BGB mit Verweis auf den Willen des Gesetzgebers weiterhin vom lauterkeitsrechtlichen Charakter Vorschriften ausgeht, aber trotzdem Schadensersatzansprüche nach §§ 311 Abs. 2, 3, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 für möglich hält.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
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rechtlichen oder verbraucherrechtlichen Charakter haben, sondern dass bei praktisch allen Gruppen von Informationspflichten beide Funktionen wahrgenommen werden und nur Unterschiede dahingehend bestehen, welche Funktion überwiegt. Gegen diese Ansicht spricht ferner die Stellung der Informationspflichten im Schuldrecht des BGB.462 Auch der Gesetzgeber hat für ähnliche Pflichten im E-Commerce in der Gesetzesbegründung zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz klargestellt, dass eine fehlende ausdrückliche Sanktion nicht die übrigen Instrumente im BGB abschneidet.463 Es spricht somit mehr dafür, dass bei Verstößen gegen vorvertragliche Informationspflichten, hier am Beispiel der fernabsatzrechtlichen Informationspflichten, grundsätzlich auch dem einzelnen Verbraucher Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen, um eine Sanktionierung zu erreichen.464 Die fernabsatzrechtlichen Vorschriften sehen das Hinausschieben des Beginns der Widerrufsfrist vor, wenn der Verbraucher keine Bestätigung der Informationen gem. Art. 246 § 2 Abs. 1 EGBGB erhalten hat.465 Diese Bestätigung umfasst auch die anbieterbezogenen Informationspflichten, da der Unternehmer alle in Art. 246 § 1 Abs. 1 EGBGB genannten Informationen bestätigen muss.466 Das Widerrufsrecht erlischt jedoch 6 Monate nach Vertragsschluss, auch wenn bis zu diesem Zeitpunkt die Informationen immer noch nicht erteilt wurden.467 Eine Besonderheit regelt § 355 Abs. 4 Satz 3, 2. Hs. BGB für Verträge über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Demnach beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, wenn dem Verbraucher nicht vor Vertragsschluss die nach Art. 246 § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 Nr. 1 bis 3 EGBGB notwendige Bestätigung der Informationen zur Verfügung gestellt worden ist. Die „ewige“ Frist wird hier also nicht nur bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht gewährt, sondern umfasst alle vorvertraglichen Informationen. Diese Vorschrift geht auf zwingende 462 463 464
465
466 467
Jamal, S. 194. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 173, linke Spalte. Schinkels, in: Gebauer / Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Fernabsatzverträge, Rn. 47; Jauernig / Stadler, § 312c BGB, Rn. 5; Erman / Saenger, § 312c BGB, Rn. 37; a.A. Palandt / Grüneberg, BGB-InfoV, Einführung, Rn. 12, der Unterlassungsansprüche als Sanktion ausreichen lassen will. Diese Sanktion greift somit nur, wenn der Verbraucher überhaupt nicht informiert wurde. Ein Verstoß gegen Art. 246 EGBGB § 1 Abs. 1 wird durch diese Vorschrift nicht sanktioniert, wenn der Unternehmer eine Bestätigung der Informationen gem. Art. 246 § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EGBGB erhält. Vgl. zum alten Recht Palandt / Grüneberg, § 312c BGB, Rn. 12. Vgl. Art. 246 § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EGBGB. Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 312c, Rn. 10; Meinhof, NJW 2002, 2273, 2274; Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311, 312.
124
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Vorgaben der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen zurück.468 Für Informationspflichten bei Timesharing-Verträgen sieht § 485 Abs. 3 BGB vor, dass die Widerrufsfrist abweichend von § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Monat beträgt, wenn der Prospekt dem Verbraucher nicht vor Vertragsschluss oder nicht in der vorgeschriebenen Form ausgehändigt wurde. Dies muss auch gelten, wenn der Prospekt inhaltlich nicht den gesetzlichen Anforderungen entspricht.469 Eine weitere Sanktion regelt § 485 Abs. 4 BGB, der den Beginn der Widerrufsfrist hinaus schiebt, wenn die in § 2 BGB-Info-Verordnung geregelten Pflichtinformationen im Vertrag fehlen. Der Gesetzgeber geht damit über die europäischen Vorgaben und die Vorgängervorschrift des § 5 Abs. 4 TzWrG hinaus, die diese verlängerte Frist nur bei bestimmten bedeutsamen Informationen vorsehen bzw. vorsahen. Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass diese Änderung von der Bundesregierung beabsichtigt war.470 Das Widerrufsrecht erlischt jedoch unabhängig von der Übermittlung der Information gem. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB nach 6 Monaten.471 Umstritten ist die Frage, ob diese Verlängerung auch inhaltlich falsche Informationen erfasst. Ausdrücklich werden diese Fälle nicht von § 485 Abs. 4 BGB erfasst, so dass ein Teil der Literatur § 485 Abs. 4 BGB im Falle unrichtiger Informationen nicht für einschlägig hält.472 Die Vertreter dieser Ansicht verweisen vielmehr auf die Möglichkeit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.473 Aus dem Sinn und Zweck der Prospektangaben folgt, dass diese dem Verbraucher eine informierte Entscheidung 468
469
470
471
472
473
Art. 6 Abs. 1 Satz 3, 2. Alt. der Richtlinie. Diese Richtlinie verfolgt das Ziel einer Maximalharmonisierung, so dass die Mitgliedstaaten den Verbraucherschutz nicht über die Vorgaben der Richtlinie hinaus ausweiten dürfen. Hk-BGB / Staudinger, § 485 BGB, Rn. 4; a.A. mit Verweis auf den vermeintlichen Willen des Gesetzgebers und die Vorgängervorschrift § 5 Abs. 3 TzWrG: Münchener Kommentar / Franzen, § 485, Rn. 21; für eine Analogie zu § 485 Abs. 4 BGB wohl Palandt / Putzo in der 65. Auflage, a.A. mittlerweile Palandt / Weidenkaff, § 485 BGB, Rn. 6. Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses BT-Drucks. 14 / 9266 S. 20; Stellungnahme des Bundesrats, BR-Drucks. 338 / 01, S. 62, Nr. 106; Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14 / 6857, S. 63, rechte Spalte. Hk-BGB / Staudinger, § 485 BGB, Rn. 5; Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311, 312; Meinhof, NJW 2002, 2273, 2274. Hk-BGB / Staudinger, § 485 BGB, Rn. 5. So wohl auch Kind, S. 339 f., die diese Rechtsfolge gleichwohl aus Verbraucherschutzgründen für wünschenswert hält. Kind, S. 340.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
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ermöglichen sollen. Dieses Ziel wird ebenfalls nicht erreicht, wenn dem Verbraucher unrichtige Informationen erteilt werden. Der Gesetzgeber beabsichtigte mit der Prospektbindung, die Unternehmer zu zutreffenden und wahrheitsgemäßen Informationen im Prospekt anzuhalten.474 Aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich, dass im Anwendungsbereich des § 485 Abs. 4 BGB die falschen Informationen den gänzlich fehlenden gleichgestellt werden müssen.475 Der Verbraucher kann zivilrechtliche Schadensersatzansprüche geltend machen, wenn ihm durch die Ermittlung der ladungsfähigen Adresse Kosten entstanden sind. Diese Kosten sind nach § 280 Abs. 1 BGB ersatzfähig.476 Im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs existieren in Deutschland öffentlich-rechtliche Sanktionen, die bei Verstößen gegen Anbieterkennzeichnungspflichten die Verhängung von Geldbußen erlauben. Diese Pflichten sind nicht auf die vorvertragliche Phase beschränkt, sondern vielmehr eine allgemeine Pflicht für alle Betreiber von Tele- und Mediendiensten. Die Informationen müssen dauerhaft und unabhängig von einem konkret angestrebten Vertragsschluss erteilt werden. Das Telemediengesetz regelt in § 5 Abs. 1 ausdrücklich anbieterbezogene Informationspflichten. Fahrlässige oder vorsätzliche Verstöße gegen § 5 Abs. 1 TMG stellen eine Ordnungswidrigkeit dar und können mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 ¤ geahndet werden. Bei fortgesetzten Verstößen ermöglicht das Gewerberecht eine Sanktionierung. Als drastischste Maßnahme ist in diesem Zusammenhang die Entziehung der Gewerbeerlaubnis zu sehen, die den zuständigen Behörden nach § 35 GewO zur Verfügung steht.477 In weniger schweren Fällen ist eine Einschränkung der Gewerbeerlaubnis eine der möglichen Sanktionen. Vor dem Hintergrund der schon herausgearbeiteten primär marktordnungsrechtlichen Funktion anbieterbezogener Informationspflichten erfolgt im deutschen Recht in erster Linie eine kollektivrechtliche Sanktionierung dieser Verstöße. Ergänzt werden diese Ansprüche durch Auskunftsansprüche der Klageberechtigten.478 474 475 476 477 478
BT-Drucks. 13 / 4185, S. 10, rechte Spalte. Kelp, S. 66 m.w.N. Jamal, S. 271. Tettinger / Wank, § 35 GewO, Rn. 46 ff. § 13 UKlaG regelt einen Auskunftsanspruch der klageberechtigten Einrichtungen gegen Erbringer von Post-, Telekommunikations-, Tele- oder Mediendiensten zur Ermittlung der Identität und der zustellungsfähigen Anschrift des am Diensteverkehr beteiligten Kunden. Dieser Auskunftsanspruch kann gem. § 8 Abs. 5 UWG auch von Wettbewerbern geltend gemacht werden. Zu den weiteren Voraussetzungen vgl. Palandt / Bassenge, § 13 UKlaG, Rn. 2 ff.
126
b)
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Frankreich
Bei Haustürgeschäften ist der Vertrag bei Verstößen gegen alle Arten von Informationspflichten nichtig.479 Auf diese Nichtigkeit kann sich nur der Verbraucher berufen. Zur Feststellung dieser Nichtigkeit bedarf es jedoch eines gerichtlichen Verfahrens. Der Gesetzgeber unterscheidet nicht zwischen unterschiedlichen Informationspflichten. Ergänzend regelt Art. L-121-28 Code de la Consommation eine Geldstrafe in Höhe von 3750 € und / oder eine Gefängnisstrafe von einem Jahr. Im Pauschalreiserecht hat der französische Gesetzgeber auf eine ausdrückliche Sanktionierung von Informationspflichtverstößen verzichtet.480 Insoweit muss auf die allgemeinen Rechtsbehelfe und die kollektivrechtlichen Instrumente zurückgegriffen werden. Im Timesharingrecht sind ähnliche Sanktionen vorgesehen. Art. L 12176 des Code de la Consommation erklärt die Vorschriften des Abschnitts zu solchen der ordre public, so dass jeder Verstoß gegen Art. L. 121-61 mit der Nichtigkeit des Vertrages sanktioniert werden kann. Zusätzlich ist bei Verstößen dieser Art eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 15.000 ¤ möglich. Diese Sanktion trifft auch denjenigen, der Werbung verbreitet, die keinen Hinweis darauf enthält, wo der Interessent weiter gehende Informationen erhalten kann. Für Fernabsatzverträge regelt Art. R.121-1 des Code de la Consommation, dass Verstöße gegen die Informationspflichten zu Geldstrafen der Kategorie der 5. Klasse führen. Art. L.121-20-16 erklärt die Vorschriften über Fernabsatzverträge im Code de Consommation zu solchen der ordre public. Diese Tatsache ermöglicht dem Verbraucher, sich bei Verstößen gegen die dort geregelten Informationspflichten auf die Nichtigkeit des Vertrages zu berufen.481 Für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen hat der französische Gesetzgeber die Vorgaben der Richtlinie im Bereich der Informationspflichten korrekt umgesetzt. Da es sich um eine Maximalharmonisierungsrichtlinie handelt, ist der Spielraum der Mitgliedstaaten 479 480
481
Art. L 121-23 Code de la Consommation. Kritisch dazu Taormina, Théorie et pratique du droit de la consommation, aspects généraux et contrats spéciaux, 2004, Nr. 2995 ff.; Poillot, Droit européen de la consommation et uniformisation du droit des contrats, thèse dactylographiée, Rn. 753 ff.; Batteur, La protection illusoire du consommateur par le droit spécial de la consommation: réflexions sur la réglementation nouvelle régissant le contrat de vente, D. 1996, chron. S. 82. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57, für Fernabsatzverträge insbesondere Rn. 99; Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 107; Malaurie / Aynès / Stoffel-Munck, Les Obligations, S. 301.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
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begrenzt. Ähnlich wie oben beim deutschen Recht dargestellt, beginnt die Widerrufsfrist erst zu laufen, wenn dem Verbraucher alle vorvertraglichen Informationen zur Verfügung gestellt wurden.482 Dies umfasst auch die anbieterbezogenen Informationspflichten. Neben diesen speziellen verbraucherschutzrechtlichen Vorschriften stehen im französischen Recht auch allgemeine zivilrechtliche Rechtsbehelfe zur Verfügung. Bei Täuschungen über die Identität ist unter Anwendung der Regeln über den Vertragsschluss zunächst zu fragen, ob und wenn ja, mit wem ein Vertrag zustande gekommen ist.483 Für den Fall, dass es zu einem Vertragsschluss gekommen ist, besteht für den Verbraucher die Möglichkeit, die Willenserklärung gem. Art. 1110 des Code civil wegen eines Irrtums über die Person anzufechten. Eine Anfechtung ist nur möglich, wenn in der Person des Vertragspartners liegende Gründe für den Abschluss des Vertrages bestimmend waren. Das ist vor allem bei höchstpersönlichen Rechtsgeschäften und bei Dienstleistungen der Fall.484 Der reine Irrtum über die Identität ist nicht ausreichend. Es muss sich um einen Irrtum über eine wesentliche Eigenschaft der Person handeln.485 Weiterhin sind die Irrtümer über die Person nur beachtlich, wenn es sich um unentschuldbare Irrtümer handelt. Dieses in Art. 1110 Code civil nicht vorgesehene Tatbestandsmerkmal wird von Literatur und Rechtsprechung als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Art. 1110 Code civil hineingelesen, da es als ungerechtfertigt angesehen wird, wenn eine Partei sich durch die Anfechtung von irrtumsbehafteten Willenserklärungen in Fällen lösen kann, in denen es der Partei selbst möglich war, den Irrtum zu vermeiden. Die Rechtsprechung lässt jede Form der Fahrlässigkeit ausreichen.486 Im Ergebnis führt die Anfechtung wegen eines Irrtums über die Person der anderen Vertragspartei zur Nichtigkeit der Willenserklärung, auf die sich lediglich der im Irrtum befindliche berufen kann.487 Die Verjährungsfrist beträgt 5 Jahre ab Entdeckung des Irrtums.488 482 483 484
485 486
487 488
Art. L 121-20-12 Code de la Consommation. Vgl. Zum Vertragsschluss Bénabent, Droit civil – Les obligations, Rn. 56 ff. Bénabent, Rn. 77; Terré / Simler / Lequette, Les obligations, Rn. 219 mit zahlreichen Beispielen. Bénabent, Rn. 77. Die Rechtsprechung erreicht eine Abstufung des Fahrlässigkeitsvorwurfs, indem sie auf die Umstände des Einzelfalls abstellt und besonders dann einen Irrtum als unentschuldbar annimmt, wenn er der beruflichen Sphäre des Irrenden zuzuordnen ist. Vgl. dazu Bénabent, Rn. 83; Malaurie / Aynès / Stoffel-Munck, Les Obligations, S. 236. Bénabent, Rn. 84. Art. 1304 Code civil.
128
c)
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Großbritannien
Großbritannien hat für die anbieterbezogenen Informationspflichten keine spezifischen Sanktionen vorgesehen. Es werden in allen Bereichen jeweils allgemeine Sanktionen für Verstöße gegen Informationspflichten geregelt. Bei Haustürgeschäften muss der Unternehmer dem Verbraucher eine schriftliche Belehrung über das Widerrufsrecht übermitteln, die auch den Namen des Unternehmers enthalten muss, sowie Angaben über den Namen und die Adresse der Person, an die der Widerruf zu senden ist. Enthält das Dokument diese Informationen nicht, ist der Vertrag gegenüber dem Verbraucher nicht durchsetzbar (not enforceable).489 Der Verbraucher kann aber andererseits Erfüllung verlangen. Natürlich gehören die anbieterbezogenen Informationspflichten auch zu den Pflichten, deren Nichterfüllung eine Verlängerung der Widerrufsfrist nach sich zieht. Für Timesharingverträge ergibt sich diese Rechtsfolge aus S. 5A des Timeshare Act 1992, für Fernabsatzverträge aus Reg. 11 bzw. 12 der Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000 und für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen aus Reg. 10 (3) der Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004. Daneben kommen bei anbieterbezogenen Informationspflichten insbesondere die kollektiven Rechtsbehelfe zur Anwendung.490 Flankierend werden Verstöße gegen Informationspflichten als offences sanktioniert.491 Verstößt der Anbieter eines Timesharingprodukts gegen die Pflicht, ein Prospekt mit den vorgeschriebenen Informationen zur Verfügung zu stellen, begeht er eine Offence.492 Ähnliche Vorschriften unabhängig vom Inhalt der Informationspflicht existieren im Bereich der Pauschalreisen493 und bei Haustürgeschäften494.
489
490
491 492 493
494
Reg. 7 (6) Consumer Protection (The Cancellation of Contracts made in a Consumer’s Home or Place of Work etc.) Regulations 2008. Für den Fernabsatz Reg. 27 der Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000. Vgl. oben unter § 9.A.III. Kritisch dazu: Cartwright, JCP 2007, 1, 6 ff. Sec. 1A(6) des Timeshare Act 1992. Reg. 7(3) und 8(3) der Package Travel, Package Holidays and Package Tours Regulations 1992. Reg. 17 ff. Consumer Protection (The Cancellation of Contracts made in a Consumer’s Home or Place of Work etc.) Regulations 2008.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
3.
129
Bewertung
Die anbieterbezogenen Informationspflichten haben eine überwiegend marktordnungsrechtliche Funktion. Diese gebietet es, dass die Einhaltung durch kollektivrechtliche Instrumente und durch öffentlich-rechtliche Sanktionen durchzusetzen ist. In allen drei Ländern stehen kollektivrechtliche Instrumente zur Verfügung, die eine Verfolgung möglicher Verstöße erlauben. Darüber hinaus werden Verstöße mit Geldbußen sanktioniert. Die weit weniger ins Gewicht fallende individualschützende Funktion der anbieterbezogenen Informationen wird gleichfalls in allen drei Ländern ausreichend sanktioniert. Dies geschieht vor allem über die Regeln zum Vertragsschluss, über Lösungsrechte auf Grund eines Irrtums über den Vertragspartner sowie die Verlängerung der Widerrufsfrist bei fehlender Information über den Vertragspartner. Positiv hervorzuheben ist, dass in Frankreich und dem Vereinigten Königreich auch bei Haustürgeschäften eine Pflicht zur Angabe der Identität und eine entsprechende Sanktionierung vorgesehen sind. In Frankreich kann bei Verstößen gegen Vorschriften mit „ordre public“-Charakter die Nichtigkeit des ganzen Vertrages erreicht werden. Die praktische Relevanz dieser individuell durchsetzbaren Sanktionen dürfte jedoch eher gering sein, da bei gänzlich fehlender Information über den Vertragspartner des Verbrauchers eine Verfolgung mit den Mitteln eines Verbrauchers kaum möglich und gleichzeitig in der Regel kaum lohnenswert sein wird, denn falls es zu keinem Vertragsschluss gekommen ist, wird es in der Regel an einem konkreten individuellen Schaden des Verbrauchers fehlen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die Rechtsordnungen in Deutschland, Frankreich und Großbritannien die Verletzung anbieterbezogener Informationspflichten angemessen durch kollektivrechtliche Instrumente und Geldbußen sanktionieren und damit dem europarechtlich Gebotenem nachkommen. In Frankreich droht mit der Nichtigkeit bei der Verletzung anbieterbezogener Informationspflichten die schärfste Sanktion zivilrechtlicher Art. In Großbritannien gilt entsprechendes für den Bereich der Haustürgeschäfte.
130
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
II.
Leistungsbezogene Informationspflichten
1.
Informationen über die wichtigsten Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung
a)
Umsetzung der Informationspflicht
Im französischen Recht muss auch bei Haustürgeschäften über die präzise Bestimmung und die Eigenschaften der angebotenen Sache oder Dienstleistung informiert werden.495 Grundsätzlich bestand auch schon vor Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien eine allgemeine Pflicht zur Angabe der wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung.496 In Art. L. 111-1 des Code de la Consommation wird der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher vor Vertragsschluss über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung zu informieren. In Deutschland, Großbritannien – und mit Ausnahme der eben genannten Erweiterungen – in Frankreich wurden alle Informationspflichten zur Eigenschaft der Sache oder Dienstleistungen korrekt umgesetzt.
b)
Nationale Sanktionen
aa) Deutschland In Deutschland werden bei Pauschalreisen und Timesharingverträgen497 die Angaben, die der Unternehmer in seinen Prospekten gemacht hat, Vertragsinhalt, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde, so dass der Verbraucher für die Fälle, in denen falsche Informationen erteilt wurden, ausreichend geschützt wird, indem ihm zunächst ein Erfüllungsanspruch gewährt wird. Weicht das vom Unternehmer zur Verfügung gestellte Recht zuungunsten des Verbrauchers von den Beschreibungen im Prospekt ab und wurde keine wirksame Änderung am Prospekt vollzogen, so kann der Verbraucher je nach Ausgestaltung des Teilzeitnutzungsrechts Gewährleistungsrechte geltend machen.498 Liegt eine Abweichung zugunsten des Verbrauchers vor, so folgt vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks der 495 496
497 498
Art. L-121-23 Nr. 4 Code de la Consommation. Siehe dazu Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 56; Aye, Verbraucherschutz im Internet nach französischem und deutschem Recht, S. 84. Vgl. hierzu Hk-BGB / Staudinger, § 484 BGB, Rn. 5 f. Vgl. zu den Gewährleistungsrechten bei der Vielzahl der möglichen Ausgestaltungen der Teilnutzungsrechte, Kind, S. 366 ff.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
131
Vorschrift, dass die günstigere Regelung Vertragsinhalt wird.499 Grundsätzlich ist der Abschluss eines Timesharingvertrages ein Rechtskauf, so dass über § 453 BGB das Gewährleistungsrecht des Kaufrechts zur Anwendung kommt.500 Für das Pauschalreiserecht hat der deutsche Gesetzgeber in den §§ 651c ff. BGB ein spezielles Gewährleistungssystem normiert, das vom Reisenden für den Fall der Abweichung von der zugesicherten Eigenschaft zunächst verlangt, vom Unternehmer Abhilfe zu verlangen. Darüber hinaus kann der Reisende den Preis der Reise mindern, unter den Voraussetzungen der § 651c ff. BGB kündigen501 und schließlich gem. § 651 f BGB Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Ein Rücktritt ist nur unter engen Voraussetzungen zuzulassen, abhängig von der Wichtigkeit der Informationspflicht. Bei Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung ist ein Rücktritt aber grundsätzlich denkbar. Die Leistungsbeschreibung im Fernabsatzrecht gem. Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB beeinflusst die Parteivereinbarung über die Beschaffenheit der Ware oder Dienstleistung, so dass dem Verbraucher im Falle einer falschen Information die Gewährleistungsrechte aus dem Kauf- und Werkvertragsrecht nach den §§ 434 ff. u. 634 ff. BGB zustehen.502 Für den Fall, dass die Auslegung der zum Vertrag führenden Willenserklärungen zu dem Ergebnis führt, dass die Sache oder Dienstleistung nicht vertragswidrig ist, steht dem Verbraucher ein Anfechtungsrecht nach § 119 Abs. 2 BGB wegen eines Irrtums über eine Eigenschaft, die im Verkehr als wesentlich angesehen wird, zu. Weitere Voraussetzung ist die Kausalität, d.h. dass der Anfechtende die Erklärung bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde, § 119 Abs. 1 BGB. Die Anfechtung muss ohne schuldhaftes Zögern erfolgern, § 121 Abs. 1 BGB. Rechtsfolge der Anfechtung ist die ex-tunc-Nichtigkeit der Willenserklärung. Dem Anfechtungsgegner, also dem Unternehmer, steht nach § 122 BGB ein Schadensersatzanspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens zu. Dieser Schadensersatzanspruch könnte den Verbraucher von der Ausübung des Verbraucherrechts abhalten. Gegen einen solchen Anspruch kann § 122 Abs. 2 BGB angeführt werden, da für den Unternehmer die Nichterfüllung der Informationspflichten, selbst wenn sie nicht vorsätzlich erfolgte, in jedem Falle grob fahrlässig ist. Es wird ebenfalls vertreten, dass dieser Anspruch aus § 122 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens gem. § 242 ausgeschlossen ist, da der Unternehmer den Irrtum pflichtwidrig hervor499 500 501 502
Hk-BGB / Staudinger, § 484, Rn. 6. Palandt / Weidenkaff, Vorbemerkungen vor § 481 BGB, Rn. 5. Vgl. Palandt / Sprau, Vorb. v. §§ 651c BGB, Rn. 1 ff. Jamal, S. 206; Micklitz / Schirmbacher, in: Spindler / Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 312c BGB, Rn. 213 f.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
gerufen hat.503 Im Ergebnis kann eine Entscheidung dieser Frage dahinstehen, da nach allen Lösungen ein Anspruch nach § 122 BGB in diesen Fällen ausgeschlossen ist. Die Möglichkeit der Anfechtung ist auf Ebene der Konkurrenzen nur gegeben, wenn der Verbraucher keine Gewährleistungsrechte geltend machen kann.504 Eine weitere Möglichkeit, falsche oder unterlassene Informationen zu sanktionieren, ist die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB. Voraussetzung dafür ist eine Täuschung. Diese liegt vor, wenn durch bewusste Vorspiegelung, Entstellung oder Verschweigen von Tatsachen ein Irrtum über Tatsachen verursacht oder aufrecht erhalten wird, um den Betroffenen vorsätzlich zur Abgabe einer Willenserklärung zu bestimmen.505 In der Gerichtspraxis sind Fälle bekannt geworden, in denen der Unternehmer mit „5-Sterne Standards“ und „First Class Annehmlichkeiten“ warb, ohne dass die Anlage diesen Angaben hinsichtlich der Komfortklasse entsprach.506 Weitere Fälle betrafen die nicht vorhandene Tauschmöglichkeit von Objekten.507 Als weitere Voraussetzung einer Anfechtung nach § 123 BGB muss der Unternehmer arglistig, d.h. vorsätzlich, handeln. Ferner muss die Täuschung kausal für die Abgabe der Willenserklärung gewesen sein. Diese Ursächlichkeit fehlt bei der Verletzung unwesentlicher Informationen, da diese für den Abschluss des Vertrages eine untergeordnete Rolle spielen. Bei Täuschungen über die Qualität der Anlage ist aber der Vertragsgegenstand direkt betroffen, so dass in diesen Fällen durchaus eine Kausalität angenommen werden kann.508 Bei Einhaltung der übrigen Voraussetzungen509 ist das Rechtsgeschäft nach erfolgter Anfechtung nichtig, so dass eine Rückabwicklung des Rechtsgeschäfts erfolgen kann. Ein Schutz des Verbrauchers gegen falsche Informationen kann sich zumindest für die Fälle, in denen ein Vertragsschluss stattgefunden hat, aus den Vorschriften der Klauselkontrolle ergeben, obwohl Klauseln, die die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung beschreiben, 503
504
505 506
507 508
509
BT-Drucks. 14 / 6040, S. 173 rechte Spalte; Palandt / Grüneberg, BGB-InfoV, Einführung, Rn. 5; Boente / Riehm, Jura 2002, 222, 228. Münchener Kommentar / Kramer, § 119, Rn. 33; Palandt / Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 28. Hk-BGB / Dörner, § 123 BGB, Rn. 2; Jauernig, § 123 BGB, Rn. 3. OLG Düsseldorf, NJW-RR 1995, 686; OLG Düsseldorf, NJWE-Mietrecht, 1996, 50; Kind, S. 336 m.w.N. KG Berlin, Urteil v. 8.11.1994. Kind, S. 337 mit dem Hinweis, dass Mitursächlichkeit bei § 123 BGB ausreichend ist. Anfechtungserklärung gem. § 143 I BGB gegenüber dem anderen Vertragsteil; Einhaltung der Jahresfrist des § 124 Abs. 1 BGB.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
133
Leistungsbeschreibungen im Sinne des AGB-Rechts sind und einer Inhaltskontrolle entzogen sind.510 Werden bei der vorvertraglichen Information bestimmte vorgeschriebene Angaben nicht gemacht, kann die Einbeziehung dieser Klauseln an den Vorgaben des § 305c BGB scheitern. Auch Kataloge und Prospekte können als derartige Klauseln angesehen werden.511 Trotz fehlender Inhaltskontrolle kann auch in diesen Fällen der Schutz des § 305c BGB eingreifen, wenn es sich um eine ungewöhnliche Klausel handelt, mit der der Verwender des Vertragspartners nicht zu rechnen braucht.512 Ungewöhnlich ist eine Klausel u.a. dann, wenn sie im Widerspruch zu den vorherigen Vertragsverhandlungen513 oder zur Werbung des Verwenders steht.514 Maßstab zur Beurteilung des Überraschungsmoments ist die Erkenntnismöglichkeit des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden.515 Die gleiche Rechtsfolge der Unwirksamkeit ergibt sich auch, wenn die Vertragsklausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstößt, das im Gegensatz zu den einzelnen Klauselverboten auch auf leistungsbeschreibende Klauseln Anwendung findet.516 Wie bereits dargestellt führt die Bindungswirkung des Prospekts dazu, dass bei Abweichungen zwischen Prospekt und erbrachter Leistung die vertraglichen Ansprüche zur Anwendung kommen, insbesondere Schadensersatz, Minderung und Rücktritt.517 Für den Fall, dass es nach Verstößen gegen die Informationspflichten nicht zu einem Vertragsschluss gekommen ist, kann dem Verbraucher ein Anspruch aus culpa in contrahendo zustehen, § 311 Abs. 2, 241 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB. Durch die schuldhafte Verletzung einer Informationspflicht durch den Unternehmer muss kausal ein Schaden entstanden sein, der vom Schutzzweck der Norm erfasst wird.518 Beim Verschulden ist Vorsatz und jede Form der Fahrlässigkeit ausreichend. Für die Kausalität gilt grundsätzlich die Vermutung, dass der Verbraucher
510 511 512 513
514 515 516 517
518
Palandt / Grüneberg, § 307 BGB, Rn. 57. Palandt / Grüneberg, § 307 BGB, Rn. 57. Palandt / Grüneberg, § 307 BGB, Rn. 54. BGH, NJW 1992, 1236; Jauernig / Stadler, § 305c BGB, Rn. 2; Prütting / Weinreich / Wegen / Berger, § 305c BGB, Rn. 6. Erman / Roloff, § 305c BGB, Rn. 13; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 305c BGB, Rn. 2. Palandt / Grüneberg, § 305c BGB, Rn. 4. Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 307 BGB, Rn. 22. Münchener Kommentar / Tonner, Vorbemerkungen vor §§ 4-11 BGB-InfoV, Rn. 22 f. Zu den Voraussetzungen des Anspruchs aus c.i.c. allgemein Palandt / Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 22 ff.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
sich aufklärungsgerecht verhalten hätte.519 Der Schaden muss immer vom Schutzzweck der einzelnen Informationspflicht erfasst sein. Ersatzfähig ist in diesen Fällen der Schaden, den der Verbraucher erlitten hat, weil er auf die Richtigkeit des Prospekts vertraute.520 Der Schaden kann aber auch im Abschluss des Vertrages bestehen.521 Ein Schaden liegt insbesondere vor, wenn der Verbraucher den Vertrag bei korrekter Informationserteilung zu günstigeren Konditionen abgeschlossen hätte. Im Gegensatz zur Anfechtung gem. § 123 BGB kann über die culpa in contrahendo auch in Fällen der fahrlässigen Verletzung der Informationspflicht eine Lösung vom Vertrag erreicht werden.522 Im deutschen Recht ist dabei insbesondere streitig, ob eine Vertragsaufhebung im Rahmen des Anspruchs aus culpa in contrahendo einen Vermögensschaden voraussetzt. Die neuere Rechtsprechung geht davon aus, während die überwiegende Literaturmeinung diese Ansicht mit dem Hinweis auf das Ziel des Schutzes der Entscheidungsfreiheit des Getäuschten ablehnt.523 Im Ergebnis kommen beide Ansichten zu ähnlichen Ergebnissen, da die Rechtsprechung das Merkmal des Vermögensschadens weit auslegt und dabei zum Beispiel auch Beeinträchtigungen in der wirtschaftlichen Dispositionsfreiheit ausreichen lässt.524 Die Haftung aus culpa in contrahendo kann neben §§ 119, 123 BGB geltend gemacht werden. Die Mängelhaftung nach Kaufrecht schließt ab Gefahrübergang die c.i.c. aus, wenn das Merkmal der Kaufsache, über das falsch informiert wurde, Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung sein kann.525 Eine Aufhebung des Vertrages über c.i.c. scheidet auch aus, wenn der Verbraucher sich über das Widerrufsrecht vom Vertrag lösen kann. Wie bereits bei den anbieterbezogenen Informationspflichten ausgeführt, sieht das deutsche Recht bei Verstößen gegen Informationspflichten im Fernabsatz die Verlängerung der Widerrufsfrist auf maximal 6 Monate bzw. bei Timesharingverträgen auf einen Monat vor.526 Eine weitere Sanktion regelt § 485 Abs. 4 BGB, der den Beginn der Widerrufsfrist verzögert, wenn die in § 2 BGB-Info-Verordnung geregelten Pflichtinformationen im 519
520 521 522 523
524 525 526
Hoffmann, ZIP 2005, 829, 838. Vgl. dazu allgemein Palandt / Grüneberg, § 280 BGB, Rn. 39. Münchener Kommentar / Tonner, § 4 BGB-Info-VO, Rn. 25. Palandt / Grüneberg, Einführung zur BGB-Info-VO, Rn. 9. BGH, NJW 2006, 845, 847; Fleischer, AcP 2000, 91, 93. Fleischer, AcP 2000, 91, 111; Grigoleit, NJW 1999, 900, 902; Meller-Hannich, S. 41. BGH, Urt. v. 30.3.2007, V ZR 89 / 06, BB 2007, 1077. Palandt / Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 14. So oben unter § 9.B.I.2.a.
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Vertrag fehlen. Das Widerrufsrecht erlischt jedoch unabhängig von der Übermittlung der Information gem. § 355 Abs. 4 Satz 1 BGB nach 6 Monaten.527 Diese Sanktion gilt auch für die Informationen über die wichtigsten Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung. Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist erst zu laufen, wenn dem Verbraucher alle Informationen nach Art. 246 § 2 Abs. 1 Satz 2 EGBGB vor Vertragsschluss zur Verfügung gestellt wurden. Für diese Verträge gilt somit keine Höchstfrist.
bb) Frankreich Bei Haustürgeschäften führt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Information über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung zur Nichtigkeit des Vertrages. Darüber hinaus ist eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und eine Geldstrafe in Höhe von 3750 € für einen Verstoß gegen Art. L. 121-23 Code de la Consommation vorgesehen.528 Im Pauschalreiserecht sieht das französische Recht ebenfalls eine Bindungswirkung der im Prospekt erteilten Informationen vor. Dies hat zur Folge, dass dem Verbraucher zur Vermeidung einer Haftung für die Angaben jede Abweichung vom Prospekt mitgeteilt werden muss. Nimmt der Veranstalter vor der Abreise Änderungen an einem wesentlichen Bestandteil des Vertrages vor, so kann der Verbraucher zurücktreten.529 Wird ein erheblicher Teil der vorgesehenen Leistung nach der Abreise nicht erbracht, kann der Verbraucher eine Entschädigung verlangen.530 Möchte er die Reise nicht fortsetzen, kann er eine Rückbeförderung an den Ort der Abreise und eine Entschädigung verlangen. Ferner besteht eine Haftung für die Nichterfüllung oder die mangelhafte Erfüllung des Vertrages.531 Darüber hinaus verfolgt das französische Pauschalreiserecht den Ansatz der gewerberechtlichen Sanktionierung des Unternehmers. Für den Betrieb einer „agence de voyage“ benötigt der Unternehmer eine Erlaubnis. Verstößt der Unternehmer gegen die im Gesetz Nr. 92-645 festgelegten Pflichten, droht ihm die vorübergehende Suspendierung der Erlaubnis bis hin zur endgültigen Entziehung der Erlaubnis bei schweren und wiederholten Verstößen.
527
528 529 530 531
Hk-BGB / Staudinger, § 485 BGB, Rn. 5; Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311, 312; Meinhof, NJW 2002, 2273, 2274. Art. L-121-28 Code de la Consommation. Art. R-211-11 Code du tourisme. Art. L-211-16 Code du tourisme. Art. L-211-17 Code du tourisme.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Für das Timesharingrecht schreibt bereits die Richtlinie vor, dass die Prospektangaben für den Unternehmer bindend sind. Da man diese Bindungswirkung vorvertraglicher Informationspflichten im System des Vertragsschlusses für problematisch hielt, sieht das französische Recht in Art. L. 121-61 Code de la Consommation vor, dass die vorvertraglichen Informationen als bindendes Angebot ausgestaltet sind, das bereits alle vertraglichen Informationspflichten enthalten muss.532 Somit wird erreicht, dass Falschinformationen des Unternehmers automatisch Vertragsinhalt werden. Entspricht das tatsächliche Timeshareobjekt nicht den Beschreibungen des Angebots, so kann der Verbraucher auch nach dem französischen Recht Gewährleistungsansprüche geltend machen. Ferner kann ein Verstoß gegen die Pflichtangaben im Angebot des Unternehmers mit einer Geldstrafe von bis zu 15.000 € bestraft werden.533 Für Fernabsatzverträge regelt Art. R.121-1 des Code de la Consommation, dass Verstöße gegen die Informationspflichten zu Geldstrafen der Kategorie der 5. Klasse führen. Eine korrespondierende Vorschrift gleichen Inhalts für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen enthält Art. R.121-2-3 des Code de la Consommation. Weitere ausdrückliche Sanktionen strafrechtlicher Art sind nicht vorgesehen. Alle Vorschriften über Verbraucherverträge im Code de la Consommation, die Gegenstand dieser Untersuchung sind, sind ausdrücklich534 oder indirekt535 Vorschriften der „ordre public“. Diese Tatsache ermöglicht dem Verbraucher, sich bei Verstößen gegen die dort geregelten Informationspflichten auf die Nichtigkeit des Vertrages zu berufen.536 Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist erst mit der Übermittlung aller Informationen.537 Dies umfasst auch die Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung. Auch bei dieser Informationspflicht steht dem Verbraucher die Möglichkeit offen, mit Hilfe allgemeiner Rechtsbehelfe Informationspflichtverletzungen individuell zu sanktionieren. Im französischen Recht wird grundsätzlich zwischen vertraglichen und vorvertraglichen Informations532 533 534
535
536
537
Périnet-Marquet, RD imm. 1998, 591, 594. Art. L. 121-70 Nr. 1 CCons. Für Fernabsatzverträge: Art. L.121-20-16 CCons., für Timesharingverträge: Art. L. 121-76 C cons. Haustürgeschäfte über die vorgesehene strafrechtliche Sanktion, vgl. Cour de Cassation, 1ère, 7.12.2004, Recueil Dalloz aff. 2005, AJ. 75 = RTD civ 2005, 389. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57, für Fernabsatzverträge insbesondere Rn. 99; Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 107; Malaurie / Aynès / Stoffel-Munck, Les Obligations, S. 301. Art. L. 120-20-12 Abs. 1 des Code de la Consommation.
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pflichten unterschieden. Diese Unterscheidung hat vor allem Konsequenzen bei der Haftung für Informationspflichtverletzungen. Bei der Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten stehen dem Verbraucher die Instrumente einer Anfechtung wegen Irrtums sowie eine aus Art. 1382 Code civil hergeleitete Haftung für falsche oder unterlassene Informationen des Vertragspartners zur Verfügung.538 Außerdem kann eine vertragliche Haftung wegen versteckter Mängel aus Art. 1641 Code civil zur Anwendung kommen.539 Die Anfechtung wegen eines Irrtums über die Substanz der Sache wird dogmatisch in Art. 1110 Abs. 1 Code civil verortet.540 Ähnlich wie bei der Anfechtung wegen eines Irrtums über die Person muss der Irrtum entschuldbar sein.541 Die Anfechtung wegen eines Irrtums über die Substanz der Sache führt zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts.542 Das französische Recht ermöglicht auch die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts wegen arglistiger Täuschung der anderen Vertragspartei. Neben der ausdrücklichen Täuschung ist auch das Verschweigen bestimmter Tatsachen erfasst. Bei beiden Irrtumstatbeständen beträgt die Verjährungsfrist 5 Jahre ab Entdeckung des Irrtums.543 Schwierigkeiten kann dem Verbraucher bei beiden Fällen der Anfechtung bereiten, dass er sowohl den Vorsatz des Unternehmers als auch die Kausalität der Täuschung für den Vertragsschluss beweisen muss.544 Weiterhin können die Kosten einer gerichtlichen Durchsetzung der Nichtigkeit den Verbraucher von der Wahrnehmung seiner Rechte abhalten, denn eine Anfechtung ist nur im Prozess möglich. Die Rechtsfolge der Anfechtung hilft dem Verbraucher schließlich nur in den Fällen weiter, in denen er sich vom Vertrag lösen möchte, nicht aber, wenn er lediglich ein Interesse an der ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages hat. Die Geltendmachung eines Schadensersatzes, mit dessen Hilfe ein Deckungskauf getätigt werden könnte, bleibt dem Verbraucher zwar
538
539
540
541 542 543 544
Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 52; Terré / Simler / Lequette, Les obligations, Rn. 260. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 52; Terré / Simler / Lequette, Les obligations, Rn. 260. Vgl. dazu Fleischer, S. 714 f. Diese allgemein gehaltene Vorschrift wurde von Rechtsprechung und Literatur im Laufe der Jahrzehnte äußerst detailliert aufgearbeitet. Vgl. die Ausführungen zum Irrtum über die Person oben unter § 9.B.II.1.b.bb. Bénabent, Rn. 84. Art. 1304 Code civil. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 223, der weitere Hindernisse für die Verbraucher aufzählt.
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unbenommen, doch auch in diesen Fällen bedarf es einer Entscheidung der Gerichte.545 Dem französischen Recht ist weiterhin die Rechtsfigur der culpa in contrahendo bekannt, die allerdings im Gegensatz zu Deutschland in Frankreich deliktsrechtlicher Natur ist und ihre Rechtsgrundlage in der Generalklausel des Art. 1382 Code civil findet.546 Konkurrenzfragen zwischen culpa in contrahendo und Irrtumsanfechtungen, wie sie im deutschen Recht üblich sind, existieren im französischen Recht nicht, obwohl es zwischen Irrtumsanfechtung und dem Anspruch aus culpa in contrahendo zahlreiche Unterschiede gibt, insbesondere bei den subjektiven Voraussetzungen und auch bei der Verjährung der Ansprüche.547 Ein Unterschied im Vergleich zum deutschen Recht ist, dass ein Anspruch aus culpa in contrahendo im französischen Recht auf Gewährung eines Schadenersatzes gerichtet ist und nicht auf eine mögliche Vertragsaufhebung.548 Zu beachten ist aber der Grundsatz des non-cumul, demzufolge können deliktische Ansprüche nicht geltend gemacht werden, sofern zwischen den Parteien vertragliche Beziehungen bestehen.549 Ein Schutz des Verbrauchers vor falschen oder unterlassenen Produktbeschreibungen lässt sich über die Vorschriften der Sachmängelgewährleistung erreichen. Art. L. 211-5 des Code de la Consommation schreibt vor, dass eine Ware der Beschreibung des Verkäufers, eines Modells oder den Aussagen in der Werbung entsprechen muss, um vertragsgemäß zu sein. Mit dieser Vorschrift werden die in der Werbung getätigten Äußerungen Maßstab bei der Bestimmung des Vertragsgegenstandes. Bei Abweichungen kommt es zur Anwendung der vertraglichen Haftung. Um dieser Haftung zu entgehen, muss der Verkäufer den Verbraucher richtig über die wesentlichen Eigenschaften informieren.550
cc) Großbritannien Für das Pauschalreiserecht regelt Regulation 4 der Package Travel, Package Holidays and Package Tour Regulations 1992 eine Haftung des Veranstalters für irreführende Informationen. Die Angaben im Prospekt werden 545 546
547 548 549 550
Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 223. Terré / Simler / Lequette, Les obligations, Rn. 185; Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 52. Vgl. dazu Fleischer, S. 734 f. Boyer, S. 411. Bénabent, Rn. 523 ff. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 236.
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zu „implied warranties“551 des Vertrages. Das ermöglicht dem Verbraucher ein Vorgehen wegen einer misrepresentation und wegen eines breach of contract.552 Von einem breach of contract wird gesprochen, wenn eine Vertragsbestimmung nicht, nicht vollständig oder mangelhaft erfüllt wurde.553 Bei Schadensersatzansprüchen wegen breach of contract kann der Verbraucher verlangen, so gestellt zu werden wie er stehen würde, wenn der Vertrag ordnungsgemäß erfüllt worden wäre.554 Es muss eine kausale Verbindung zwischen Vertragsbruch und Schaden bestehen. Ersetzbar als Schaden sind special damages und general damages. Special damages sind Vermögenseinbußen, die aus der Vertragsverletzung resultieren und sich genau beziffern lassen. Verstößt der Unternehmer gegen diese Vorgaben, so kann der Verbraucher zwar Schadensersatz verlangen, aber nicht vom Vertrag zurücktreten, da es sich um warranties handelt.555 In Reg. 15 wird ferner eine verschuldensunabhängige Haftung des Veranstalters für eine ordnungsgemäße Erfüllung der vertraglichen Pflichten eingeführt. Eine weitere Haftung der Reiseveranstalter ergibt sich auch aus dem Code of conduct, den die Association of British Travel Agents (ABTA) zusammen mit dem Office of Fair Trading ausgehandelt hat. Dieser Code führt zu einer Selbstbindung aller ABTA-Mitglieder. Im Fall von Streitigkeiten bietet die ABTA ein Schlichtungsverfahren an. Die Reiseverträge müssen einen Hinweis auf dieses Verfahren enthalten. Dieses Verfahren hat den Vorteil, dass es gegenüber den gerichtlichen Verfahren schneller und günstiger ist. Weiterhin macht sich der Unternehmer einer offence schuldig, wenn er einen Prospekt zur Verfügung stellt, der nicht die im Anhang 1 aufgeführten Informationen enthält.556 Darüber hinaus verstößt der Unternehmer gegen den Trade Descriptions Act 1968 und den Consumer Protection Act
551
552 553 554 555 556
Reg. 6(1) der Package Travel, Package Holidays and Package Tour Regulations 1992. Im common law wird unterschieden zwischen conditions und warranties. Conditions sind die wesentlichen Bestandteile des Vertrages. Warranties sind die unwesentlichen Bestandteile des Vertrages. Unterschiede ergeben hinsichtlich der Rechtfolgen. Während die Nichterfüllung einer condition zur Vertragsauflösung führt, bleibt der Vertrag bei Nichterfüllung der warranties wirksam. Die Nichterfüllung der waranties führt lediglich zu einem Schadensersatzanspruch. Grant / Mason, Holiday Law, S. 68. Treitel, The Law of Contract, S. 772. Echtermeyer, S. 164 m.w.N. Echtermeyer, S. 161. Reg. 5(2) der Package Travel, Package Holidays and Package Tour Regulations 1992.
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1987 und begeht eine criminal offence.557 Auch in den übrigen Verordnungen wird umfassend von der Regelung von offence-Tatbeständen Gebrauch gemacht. Im Bereich des Timesharingrechts hat England die Richtlinienvorgaben korrekt umgesetzt, indem die Prospektangaben Vertragsbestandteil werden.558 Dies hat zur Folge, dass Abweichungen vom Prospekt entweder vor Vertragsschluss ausdrücklich schriftlich kommuniziert werden müssen oder ansonsten Teil des Vertrages werden mit den allgemeinen Rechtsfolgen, die bei Verstößen gegen die vertraglichen Pflichten zur Anwendung kommen. Verstöße gegen Informationspflichten stellen auch eine Ordnungswidrigkeit (offence) dar.559 Informationen über die wesentlichen Eigenschaften des Vertragsgegenstandes gehören auch zu den Pflichten, deren Nichterfüllung eine Verlängerung der Widerrufsfrist nach sich zieht.560 Das englische Recht kennt eine Haftung des Vertragspartners für Täuschungshandlungen bei einer Täuschung durch aktives Tun. Beim Unterlassen bestimmter vertragswesentlicher Informationen ist eine Haftung des Täuschenden nur unter engen Voraussetzungen möglich561, da grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass jede Vertragspartei für die Informationsbeschaffung verantwortlich ist und dem Verkäufer auch bei Erkennen des Irrtums des Käufers keine Aufklärungspflicht trifft. Ist infolge der Täuschung durch aktives Handeln einer Vertragspartei über einen tatsächlichen Umstand, der nicht Vertragsinhalt wurde, ein Vertrag zustande gekommen, ist dem getäuschten Verbraucher ein Vorgehen nach dem sog. misrepresentation-Tatbestand möglich, der im Misrepresentation Act 1967 seine gesetzliche Grundlage gefunden hat.562 Es muss 557 558
559 560
561 562
Nelson-Jones / Stewart, Package Holiday Law and Contracts, S. 21. Section 1A (3) und (4) des Timeshare Act 1992: „… any information contained in that document which was, or would on request have been, required to be provided under section (2)(b) above shall be deemed to be a term of the agreement.“ Sec. 1A(6) des Timeshare Act 1992. Für Timeshareverträge ergibt sich diese Rechtsfolge aus S. 5A des Timeshare Act 1992, für Fernabsatzverträge aus Reg. 11 bzw. 12 der Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000 und für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen aus Reg. 10 (3) der Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004. Vgl. § 9.B.I.2.b. Fleischer, S. 817. McKendrick, Contract Law, S. 585 ff.; Poole, Casebook on Contract Law, S. 643 ff.; Burrows, A Casebook on Contract, S. 556 f.; zu den historischen Wurzeln im Common Law und der Equity-Gerichtsbarkeit vgl. Fleischer, S. 817 m.w.N.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
141
sich um eine wesentliche Tatsache handeln, was bei den hier untersuchten Informationspflichten der Fall sein dürfte.563 Ferner muss der Getäuschte auf die Richtigkeit der Äußerung vertraut haben und auch vertraut haben dürfen. Die Rechtsfolgen einer misrepresentation sind vielfältig und abhängig von den konkreten Einzelfällen, insbesondere vom Grad des Verschuldens.564 Ein Rücktritt ist grundsätzlich in allen Fällen einer misrepresentation möglich.565 Wenn der Vertragsgegner ihn arglistig täuscht, kann der Irrende vom Vertrag zurücktreten und Schadensersatz verlangen. Wenn keine Täuschungsabsicht bestand, stehen dem sich Irrenden ebenfalls diese Rechtsfolgen zur Verfügung. Die andere Vertragspartei kann jedoch beweisen, dass sie nicht fahrlässig handelte (innocent misrepresentation), so dass in diesen Fällen nur eine Lösung vom Vertrag, aber kein Schadensersatz möglich ist.566 Eine Korrekturmöglichkeit eröffnet Sec. 2(2) des Misrepresentation Act 1967 für die Fälle, in denen die Vertragsdurchführung für den sich im Irrtum befindlichen Vertragspartner zwar nachteilig wäre, der andere Vertragspartner bei Vertragsaufhebung aber einen erheblichen Verlust erleiden würde.567 Dann kann nach Sec. 2(2) das Gericht ein Festhalten am Vertrag in Verbindung mit einem Schadensersatzanspruch anordnen.568 Ebenfalls grundsätzlich möglich ist eine Haftung aus einer Vertragsverletzung (sog. breach of contract569), wenn die falsche oder unterlassene Information Einfluss auf den Inhalt des Vertrages hat. Dies kommt insbesondere in den Fällen in Betracht, in denen die vorvertraglichen Informationen bindende Wirkung haben.570 Anders als in der deutschen und der französischen Rechtsordnung besteht im common law kein Anspruch auf Vertragserfüllung. In Fällen des breach of contract ist der Kläger grundsätzlich auf einen Schadensersatzanspruch angewiesen.571 Von diesem Grundsatz wird nur abgewichen, wenn der Kläger nachweisen kann, dass ein 563 564
565 566 567
568 569
570 571
Zum Erfordernis der Wesentlichkeit vgl. Treitel, The Law of Contract, S. 311 f. Treitel, An outline of the Law of Contract, S. 152 ff.; Taylor / Taylor, Contract Law, S. 181 ff. Burrows, A Casebook on Contract, S. 575. Poole, Casebook on Contract Law, S. 644. Burrows, A Casebook on Contract, S. 591; Poole, Casebook on Contract Law, S. 674 ff.; McKendrick, Contract Law, S. 628 ff. McKendrick, Contract Law, S. 614; Zweigert / Kötz, S. 416. Vgl dazu ausführlich: Burrows, A Casebook on Contract, S. 305 ff.; McKendrick, Contract Law, S. 769 ff. McKendrick, Contract Law, S. 776. Treitel, An outline of the Law of Contract, S. 369 ff.; McKendrick, Contract Law, S. 829 ff.
142
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Schadensersatz im Einzelfall unangemessen (inadequate) ist und deshalb ein Anspruch auf Erfüllung des Vertrages bestehen muss (sog. specific performance), da das Interesse an der Erfüllung sich bei bestimmten Vertragsarten nicht in Geld umwandeln lässt.572 Bei Warenkäufen regelt Sec. 52 des Sale of Goods Act 1979, dass das Gericht dem Verkäufer durch Urteil eine specific performance auferlegen kann. Dieses Ermessen wird das Gericht nur ausüben, wenn es sich um eine Speziesschuld handelt, die sehr selten oder für den Käufer von hohem Affektionsinteresse ist. Bei Gattungsschulden reicht der Schadensersatzanspruch in der Regel aus, weil der Käufer damit einen Deckungskauf tätigen kann. Im Rahmen der Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie hat der englische Gesetzgeber die besonderen Rechtsbehelfe dieser Richtlinie in nationales Recht umgesetzt, so dass Verbrauchern nunmehr bei Lieferung einer nicht vertragsgemäßen Sache zunächst ein Anspruch auf Nacherfüllung zusteht, bei dem der Verbraucher entweder die Reparatur der Sache oder Nachlieferung verlangen kann. Weitere Sanktionen für Informationspflichtverletzungen ermöglichen die Vorschriften über die kaufrechtliche Gewährleistung. Durch die Umsetzung der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie fand auch im englischen Recht eine Harmonisierung der Anforderungen an die Vertragsgemäßheit statt. Vor allem zum Kauf nach Muster oder für öffentliche Äußerungen des Verkäufers existierten bereits ähnliche Vorschriften vor der Umsetzung. Das englische Kaufrecht regelt, dass bei Käufen die vom Verkäufer getätigten Äußerungen und Beschreibungen sowie mögliche Muster und Prospekte als implied terms Vertragsbestandteil werden, das heißt der Verkäufer muss sich an diesen Äußerungen messen lassen.573 Letztlich können dem Verbraucher bei der Verletzung von Informationspflichten auch deliktische Ansprüche aus tort zustehen. Bei vorsätzlich unrichtigen Erklärungen ist der Täuschende aus tort of deceit verantwortlich. Die Anforderungen an den Vorsatz sind hoch angesetzt. Wenn der Erklärende auch nur annimmt, die Erklärung entspreche der Wirklichkeit, scheidet Vorsatz aus. Bei Ansprüchen aus tort of deceit wird der Geschädigte beim Schadensersatz in die Position versetzt, in der er stände, wenn er die Erklärung nicht abgegeben hätte.574 Bei fahrlässig unrichtigen Erklärungen kann der Getäuschte neben dem Anspruch aus Sec. 2 (1) Misrepresentation Act 1967 auch Ansprüche aus 572
573
574
Burrows, A Casebook on Contract, S. 448 ff.; McKendrick, Contract Law, S. 939; Taylor / Taylor, Contract Law, S. 334; Sky Petroleum Ltd v VIP Petroleum Ltd, [1974] 1 WLR 576, Chancery Division. Section 13 (1), 14 (2), 15 des Sale of Goods Act 1979; vgl. dazu Burrows, A Casebook on Contract, S. 213 ff.; McKendrick, Contract Law, S. 347 ff. Müller, S. 44. m.w.N.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
143
tort of negligence geltend machen. Voraussetzung dafür ist das Bestehen einer duty of care zwischen den Parteien, die Verletzung dieser Pflicht und ein Schaden.575 Die Anforderungen an das Bestehen einer Sorgfaltspflicht sind jedoch hoch und dürften bei bloßen Austauschverträgen nicht vorliegen. Es muss ein Näheverhältnis zwischen den Parteien bestehen und der Schaden muss vorhersehbar sein. Auch die Beweislast ist bei der misrepresentation für den Getäuschten günstiger. Trotz dieser Nachteile gegenüber der misrepresentation-Haftung ist eine Haftung aus tort of negligence hilfreich, wenn es zu keinem Vertragsschluss gekommen ist. Hinsichtlich der Konkurrenzen schließen sich Ansprüche aus Schadensersatz aus tort of deceit und Sec. 2 (2) Misrepresentation Act 1967 aus. Ansprüche aus tort of deceit, tort of negligence und Sec. 2(1) Misrepresentation Act 1967 stehen nebeneinander.576
c)
Bewertung
Im Bereich der Beschreibungen der wichtigsten Eigenschaften der Ware oder Dienstleistung wird der Verbraucher regelmäßig durch die Auswirkungen, die eine falsche oder unterbliebene Information auf den Vertragsinhalt hat, geschützt. Die Mitgliedstaaten haben die in der Timesharing- und der Pauschalreiserichtlinie vorgesehene Bindungswirkung der Prospektangaben korrekt umgesetzt. Der Unternehmer haftet vertraglich für seine Falschinformation. Dem Verbraucher stehen die in der Pauschalreiserichtlinie vorgesehenen und umgesetzten Rechtsbehelfe zu. Diese Haftung stellt ein effektives Mittel des Verbraucherschutzes dar, weil durch den Prospekt der Unternehmer zu einer korrekten Informationserteilung angehalten wird. Der Prospekt erleichtert dem Verbraucher in Streitfällen die genaue Bestimmung des Vertragsgegenstands, so dass Beweisschwierigkeiten vermieden werden. Änderungen am Prospekt muss der Unternehmer ausdrücklich kennzeichnen. Eine ähnliche Wirkung wird für den Verbrauchsgüterkauf in den Mitgliedstaaten durch die Vorschriften zur Bestimmung der Vertragsmäßigkeit der Sache erreicht. Durch die Vorgaben der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie wird vor allem wegen der Hinzuziehung der Werbeaussagen bei der Bestimmung der Vertragsgemäßheit an den Bereich der vorvertraglichen Information angeknüpft. Diese Leistungsbeschreibungen konkretisieren die Anforderungen an die zu liefernde Sache. Dem Verbraucher stehen bei Abweichungen von dieser Beschreibung die Gewährleistungsrechte in den 575 576
Müller, S. 50. Müller, S. 76.
144
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
einzelnen Mitgliedstaaten zur Verfügung, die durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie umfassend harmonisiert wurden. Alle Mitgliedstaaten haben in ihren Rechtsordnungen die Möglichkeit einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung verankert, die vor allem in den Fällen der unterlassenen Information eine effektive Sanktion bieten kann. Vor allem die ex-tunc-Wirkung der Anfechtung ist gegenüber der exnunc-Wirkung des Widerrufs hervorzuheben. Negativ anzumerken ist bei diesem Instrument lediglich, dass die Beweislage bei Anfechtungen grundsätzlich für den Verbraucher ungünstiger ist.577 Diese Kritik relativiert sich vor dem Hintergrund der Prospektpflicht, die eine Unterscheidung zwischen bloßen Anpreisungen und tatsächlichen Behauptungen, für die eine Einstandpflicht begründet werden soll, ermöglicht. Weitere Probleme ergeben sich auch beim Nachweis der Kausalität zwischen Täuschung und Abgabe der Willenserklärung, so dass die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ein im Vergleich zum Widerruf weniger wirksames Mittel ist. Den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts für den allgemeinen Fernabsatz, den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen sowie für das Timesharingrecht folgend, haben die Mitgliedstaaten korrekt die Verlängerung der Widerrufsfrist vorgesehen, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung informiert. Frankreich hat im Bereich des Timesharingrechts einen Sonderweg gewählt, indem es die Verbindlichkeit der Prospektangaben durch verbindliche Inhaltsvorgaben an das Angebot gewährleistet. Fehlen im Angebot die vorgeschriebenen Angaben, ist der Vertrag nichtig. Diese Umsetzung ist durch die Minimumharmonisierungsklausel der Timesharingrichtlinie gedeckt und stellt vor allem in Verbindung mit der Verpflichtung für den Unternehmer, das Angebot während einer Frist von sieben Tagen aufrecht zu erhalten578, einen effektiven Schutz des Verbrauchers sicher. Flankiert werden die individualvertraglichen Sanktionen durch kollektivrechtliche Instrumente, die der marktordnungsrechtlichen Komponente dieser Pflichtengruppe Rechnung tragen. Darüber hinaus setzen zwei Mitgliedstaaten auf strafrechtliche (Frankreich) und öffentlich-rechtliche Sanktionen (Großbritannien). Diese Sanktionen sind vor allem in den Fällen relevant, in denen es zu keinem Vertragsschluss gekommen ist und somit die individuellen Sanktionsinstrumente stumpf bleiben.
577 578
Kelp, S. 84; Kind, S. 339. Art. L. 121-63 Abs. 2 des Code de la Consommation.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
2.
Informationen über den Preis
a)
Umsetzung der Informationspflicht
145
Die Pflicht zur Angabe des Preises inklusive aller Nebenkosten ist in Frankreich, Deutschland und dem Vereinigten Königreich in den jeweiligen Umsetzungsakten korrekt und ohne nennenswerte Besonderheiten erfolgt. Grundsätzlich bestand in Frankreich auch schon vor Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien eine allgemeine Pflicht zur Angabe des Preises der Ware oder Dienstleistung, die ihren Niederschlag in Art. 113-3 des Code de la Consommation fand.579
b)
Nationale Sanktionen
aa) Deutschland Das deutsche Recht sieht für Verstöße gegen die Pflicht zur Angabe des Preises eine Mischung aus individual-, kollektiv- und öffentlich-rechtlichen Sanktionen vor und wird somit den unterschiedlichen Funktionen der Informationspflicht gerecht.580 Die Preisangabenverordnung regelt sowohl die Pflicht zur Angabe des Preises pro Mengeneinheit als auch die des Verkaufspreises. Anders als die Preisangabenrichtlinie 98 / 6 / EG ist die Preisangabenverordnung auch auf Dienstleistungen anwendbar und bietet damit einen weitergehenden Schutz als die Richtlinie. § 10 Preisangabenverordnung i.V.m. § 3 WiStG regelt, dass ordnungswidrig handelt, wer den Preis nicht, nicht richtig oder nicht vollständig angibt. Die zuständige Behörde kann neben der Verhängung einer Geldbuße von bis zu 25.000 € auch die Einziehung, Abführung oder Rückerstattung des Mehrerlöses an den Geschädigten verlangen. Die Begehung einer Ordnungswidrigkeit ermöglicht zusätzlich die gewerberechtliche Sanktionierung des Verstoßes, so dass bei wiederholten Verstößen eine Gewerbeuntersagung gem. § 35 GewO wegen Unzuverlässigkeit ausgesprochen werden kann.581 Der Verbraucher wird ferner über die Regelungen zum Vertragsschluss und mögliche Anfechtungstatbestände geschützt. Beim Vertragsschluss ist darauf abzustellen, wie der Verbraucher die Preisangabe verstehen durfte. 579
580 581
Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57; Aye, Verbraucherschutz im Internet nach französischem und deutschem Recht, S. 84; Fleischer, S. 687 f. S.o. § 7.B.II. Tettinger / Wank, § 35 GewO, Rn. 46 ff.
146
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Stimmen die Vertragsschlusserklärungen der Parteien nicht überein, fehlt es an einer Einigung über den Preis, so dass kein Vertrag zustande gekommen ist.582 Ist für den Verbraucher nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen möglich, den Endpreis zu ermitteln, weil einzelne Preisbestandteile in den allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt werden oder die Mehrwertsteuer nicht ausgewiesen wird, kommt der Vertrag zu dem Betrag zustande, den der Verbraucher bei der Betrachtung z.B. der Homepage oder eines Kataloges erwarten durfte.583 Unklarheiten gehen zu Lasten des Unternehmers. Das führt dazu, dass der Unternehmer die Mehrwertsteuer aus dem vereinbarten Preis abführen muss.584 Nachträglich kann die Umsatzsteuer nicht verlangt werden.585 Verletzt der Unternehmer seine preisbezogenen Informationspflichten, scheitert eine Auferlegung von zusätzlichen Preisbestandteilen oder Nebenkosten an § 305c BGB, da der Verbraucher mit derartigen Klauseln nicht rechnen musste.586 Eine Anfechtung gem. § 119 Abs. 2 BGB scheidet aus, da der Preis keine verkehrswesentliche Eigenschaft darstellt.587 Vom Preis umfasst sind auch die Kosten des Einsatzes einer Fernkommunikationstechnik. Der Unternehmer hat den Verbraucher über diese Kosten zu informieren. Falls er diese Informationen nicht erteilt, stellen sich mehrere Probleme. Sind die Kosten direkt an den Unternehmer zu entrichten, mit dem der Hauptvertrag abgeschlossen wird, so sind bei fehlender Belehrung über die zusätzlichen Nebenkosten diese nicht von der Vereinbarung erfasst. Bereits getätigte Zahlungen kann der Verbraucher kondizieren. Häufig sind die Kosten der Benutzung der Kommunikationstechnik nicht an den Unternehmer zu zahlen, mit dem der Verbraucher den Vertrag abgeschlossen hat, sondern an einen Dritten.588 Darüber hinaus wird der Verbraucher bei möglichen Schadensersatzansprüchen nur so gestellt, wie er stehen würde, wenn er ordnungsgemäß über die Kosten informiert worden wäre. Bietet der Unternehmer mehrere Kommunikationsmittel an, so ist anzunehmen, dass der Verbraucher die kostenlose oder 582
583 584 585 586 587
588
So auch Micklitz / Schirmbacher, in: Spindler / Schuster, Recht der elektronischen Medien, § 312c BGB, Rn. 206. Jamal, S. 224. Hoffmann, ZIP 2005, 829, 836. BGH, NJW 1988, 2042. Hoffmann, ZIP 2005, 829, 836. Vgl. Münchener Kommentar / Kramer, § 119 BGB, Rn. 132. Ständige Rechtsprechung z.B. BGHZ 16, 57. Vgl. das Beispiel bei Jamal, S. 230: Abwicklung eines Kaufes über eine ausländische Bank führt zu einem Auslandseinsatzentgelt aus dem Kreditkartenvertrag.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
147
zumindest die preiswerteste Technik benutzt. Steht aber nur eine Technik zur Verfügung, so würden die Kosten auch bei ordnungsgemäßer Belehrung anfallen. Sinn und Zweck der Belehrungspflicht über zusätzliche Kosten ist die Vermeidung zusätzlicher Kosten bzw. die Kaufentscheidung in bewusster Kenntnis der weiteren Kosten. Grundsätzlich wird eine möglichst weitgehende Gleichstellung mit einem normalen Ladenkauf angestrebt.589 Es darf weiterhin bei der gleichen Pflichtverletzung keine unterschiedlichen Ergebnisse geben, abhängig davon, ob der Unternehmer dem Verbraucher mehrere Zahlungsmethoden zur Verfügung stellt oder nicht. Aus diesem Grund ist die Gewährung eines Schadensersatzanspruchs gegen den Unternehmer des Hauptvertrages aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB zu befürworten.590 Bei Timesharingverträgen wird eine Haftung für die vorvertraglichen Angaben bereits durch klare gesetzliche Vorgaben erreicht. Die Prospektinformationen und somit auch die Preisangaben werden gem. § 484 Abs. 1 Satz 3 BGB als korrekter Umsetzungsmaßnahme von Art. 5 Abs. 2 der neuen bzw. Art. 3 der alten Timesharingrichtlinie Vertragsinhalt. Diese Wirkung kann nur durch eine ausdrückliche Vereinbarung, die auf die Abweichung vom Prospekt hinweist, verhindert werden. Der Gesetzgeber hat eine vergleichbare Regelung für Pauschalreisen erlassen. § 4 Abs. 1 Satz der BGB-Info-Verordnung erklärt die im Prospekt enthaltenen Angaben für bindend. Es besteht jedoch im Gegensatz zum Timesharingrecht keine Prospektpflicht. Ein nachträglicher Schutz vor unklaren Informationen wird ferner durch das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB geregelte Transparenzgebot erreicht, das auch auf preisbeschreibende Klauseln Anwendung findet.591 Allein die Intransparenz einer Klausel führt zu ihrer Unwirksamkeit, eine darüber hinausgehende Benachteiligung ist nicht erforderlich.592 Auch bei der Verletzung dieser Informationspflicht greift als allgemeine Sanktion die Verlängerung der Widerrufsfrist bzw. die Anknüpfung des Fristbeginns an die richtige Erteilung der Information.593 Ein kollektivrechtlicher Schutz findet über die Vorschriften des UWG, insbesondere durch den Rechtsbruchtatbestand statt. Die Rechtsprechung sieht in den entsprechenden Vorschriften der BGB-Informationspflichten-
589 590 591 592 593
Jamal, S. 231. Jamal, S. 232. Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 307 BGB, Rn. 22. Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 307 BGB, Rn. 22. Insoweit wird auf die Ausführungen zur Sanktionierung der Verletzung von Informationspflichten über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung verwiesen, vgl. oben unter § 9.B.II.1.b.aa.
148
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
verordnung zur Preisangabe Vorschriften im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG.594 Die Preisangabenverordnung wird auch als ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne des § 2 Abs. 1 UKlaG gesehen, so dass auch nach diesen Vorschriften eine Unterlassungsklage erhoben werden kann.595
bb) Frankreich Auch in Frankreich bieten die preisangabenrechtlichen Vorschriften einen weiteren Schutz als europarechtlich vorgeschrieben, da sie auch auf Dienstleistungen anwendbar sind. Verstöße gegen die Preisangabepflichten werden in Frankreich vor allem durch die Direction Générale de la Concurrence, de la Consommation et de la Répression des fraudes (DGCCRF) verfolgt.596 Als Sanktionen sind in Art. R. 113-1 des Code de la Consommation Geldbußen der 5. Klasse vorgesehen, das heißt bis zu einer maximalen Höhe von 1500 €. Darüber hinaus ermöglicht die Rechtsprechung im Fall fehlender Information über den Preis die Nichtigkeit des Vertrages herbeizuführen. In der älteren Rechtsprechung wurde dies abgelehnt.597 Ein neueres Urteil ermöglicht den Rückgriff auf die Sanktion der Nichtigkeit, da es sich bei Vorschriften, die mit einer strafrechtlichen Sanktion verknüpft seien, um solche der „ordre public“ handele, deren Nichtbeachtung unter Hinweis auf Art. 6 des Code civil zur Nichtigkeit führe.598 Dieses Urteil bezieht sich zwar auf die Pflicht zur Angabe der Eigenschaften der Sache. Es sind keine Gründe ersichtlich, diese Rechtsfolge nicht auch in Konstellationen der Verpflichtung zur Preisangabe zur Anwendung zu bringen.599 Auch im französischen Recht kann der Verbraucher bei Falschinformationen über den Preis auf die allgemeinen Rechtsbehelfe des Vertragsrechts zurückgreifen. Dabei kommen vor allem die Regeln über den Vertragsschluss, aber auch eine Anfechtung wegen Irrtums, die zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts führt, in Frage.600 Stimmen die Willenserklärungen 594
595 596 597 598
599 600
LG Hannover, WRP 2005, 1303, 1304. In diesem Fall ließ es das Gericht nicht ausreichen, dass der Verbraucher sich im Internet oder bei einer Telefonhotline über den konkreten Preis einer sog. dynamischen Pauschalreise mit verschiedenen Abflugszeiten und Flughäfen informieren konnte. Köhler, in: Köhler / Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 2 UKlaG, Rn. 10. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 312. Cour de Cassation, 1ère, 15.12.1998, RTD civ 1999, 385. Cour de Cassation, 1ère, 7.12.2004, Recueil Dalloz aff. 2005, AJ. 75 = RTD civ 2005, 389. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 317.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
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der Parteien nicht überein, fehlt es unter Umständen an einer Einigung über den Preis, so dass kein Vertrag zustande gekommen ist.601 Durch die Bindungswirkung eines Prospekts bei Pauschalreisen und das verbindliche Angebot bei Timesharingverträgen wird auch die Information über den Preis Vertragsbestandteil.602 Falls der Unternehmer bestimmte Kosten auf den Verbraucher überwälzen möchte, muss er den Verbraucher ausdrücklich darauf hinweisen, ansonsten wird die Vereinbarung dahingehend ausgelegt, dass diese Kosten im angegebenen Preis enthalten sind.603 Eine Bindungswirkung hinsichtlich des Preises tritt in Frankreich sowohl bei Timesharing- als auch Pauschalreiseverträgen durch die Verbindlichkeit der Prospektangaben ein. Beabsichtigt der Unternehmer den Preis zu ändern, so muss dies durch ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien geschehen, ansonsten wird die Preisangabe im Prospekt Vertragsinhalt. Bei Haustürgeschäften führt ein Verstoß gegen die Pflicht zur Information über den Preis zur Nichtigkeit des Vertrages. Darüber hinaus ist eine Gefängnisstrafe von einem Jahr und eine Geldstrafe in Höhe von 3.750 € für einen Verstoß gegen Art. L-121-23 Code de la Consommation vorgesehen.604 Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist erst mit der Übermittlung aller Informationen.605 Dies umfasst auch die Informationen über den Preis der Finanzdienstleistung. Wird diese Information bei allgemeinen Fernabsatzverträgen nicht erteilt, verlängert sich die Widerrufsfrist auf 3 Monate, Art. L. 121-20 Abs. 3 des Code de la Consommation. Diese Sanktion greift lediglich bei fehlender Bestätigung, nicht bei der vorherigen Information. Ferner kann im Timesharingrecht ein Verstoß gegen die Pflichtangaben im Angebot des Unternehmers mit einer Geldstrafe von bis zu 15.000 € geahndet werden.606
cc) Großbritannien Ergänzend zu den spezialgesetzlichen Sanktionen existieren allgemeine preisangabenrechtliche Sanktionen. Die entsprechenden nationalen Vorschriften der Price Making Order 2004 sind nur auf den Verkauf von Gütern 601 602
603 604 605 606
Vgl. Art. 1108 Code civil. Vgl. dazu die Ausführungen unter § 9.B.II.1.b.bb., die auf die Informationen über den Preis übertragen werden können. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 315. Art. L. 121-28 Code de la Consommation. Art. L. 120-20-12 Abs. 1 Code de la Consommation. Art. L. 121-70 Nr. 1 Code de la Consommation.
150
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
anwendbar, so dass für Dienstleistungen der Prices Act 1974 einschlägig ist. Die Sanktionen für beide Arten regelt der Prices Act 1974, der die local weights and measures authorities für die Durchsetzung der preisangabenrechtlichen Vorschriften vorsieht. Ferner regelt Section 20 des Consumer Protection Act 1987, dass irreführende Preisangaben beim Verkauf von Waren oder Dienstleistungen eine offence darstellen.607 Ein Verstoß gegen Section 21 (1) lit. a liegt vor, wenn beim Verkauf an Verbraucher kein Hinweis gegeben wird, dass die Umsatzsteuer nicht einberechnet ist.608 Neben diesen Vorschriften ermöglicht Teil 8 des Enterprise Act 2002 den befugten Behörden und Verbänden, Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften zu bekämpfen.609 Von diesen Vorschriften sind auch die preisangabenrechtlichen umfasst. Dies gilt aber nicht für sog. „Community enforcer“, die nach Art. 4 Abs. 3 der Unterlassungsklagenrichtlinie eine Klagebefugnis besitzen, da diese nur die Verletzungen der im Anhang der Unterlassungsklagenrichtlinie aufgeführten Richtlinien verfolgen können und die Richtlinie 98 / 6 / EG nicht im Anhang aufgeführt ist.610 Die Regeln über den Vertragsschluss ermöglichen auch nach englischem Recht einen Schutz des Verbrauchers. Stimmen die Vertragsschlusserklärungen der Parteien nicht überein, fehlt es unter Umständen an einer Einigung über den Preis, so dass kein Vertrag zustande gekommen ist. Im Sale of Goods Act 1979 existiert in Section 8(2) die Besonderheit, dass der Käufer einen angemessenen Preis bezahlen muss, wenn der Preis nicht bestimmt ist. Bei einer vorsätzlichen Täuschung über den Preis kann sich der Käufer auch nach englischem Recht vom Vertrag lösen und Schadensersatz verlangen. Ein Lösungsrecht besteht auch bei fahrlässigen Täuschungen.611 Eine Bindungswirkung hinsichtlich des Preises tritt in Großbritannien sowohl bei Timesharing- als auch Pauschalreiseverträgen durch die Bindungswirkung der Prospektangaben ein. Beabsichtigt der Unternehmer den Preis zu ändern, so muss dies durch ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Parteien geschehen, ansonsten wird die Preisangabe im Prospekt Vertragsinhalt. Andere als die im Prospekt genannten Kosten kann der Unternehmer nicht verlangen.
607 608 609 610 611
Mehr dazu Oughton / Lowry, Textbook on Consumer Law, S. 544. Richards v. Westminster Motors Ltd [1976] RTR 88. Vgl. oben § 9.A.III. Vgl. dazu oben unter § 9.A.III. Vgl. dazu die Ausführungen Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Sache unter § 9.B.II.1.b.cc.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
151
Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist erst mit der Übermittlung aller Informationen.612 Dies umfasst auch die Informationen über den Preis der Finanzdienstleistung.613 Wird diese Information beim allgemeinen Fernabsatz und im Bereich des Timesharings nicht erteilt, verlängert sich die Widerrufsfrist auf 3 Monate.614 Diese Sanktion greift beim Fernabsatz lediglich bei fehlender Bestätigung, nicht jedoch allein beim Unterlassen der vorherigen Information.
c)
Bewertung
Die Verletzung preisangabenbezogener Informationspflichten wird in den drei Mitgliedstaaten den gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen entsprechend sanktioniert. Verschiedene zivilrechtliche Vorschriften, vor allem zum Vertragsschluss, die kollektivrechtlichen Instrumente auf Unterlassung sowie die öffentlich-rechtliche Kontrolle von Preisangaben, vor allem bedingt durch die europäischen Vorgaben der Preisangabenrichtlinie, sorgen für eine effektive Sanktionierung, die auf mehreren Säulen beruht und deshalb für einen umfassenden Schutz der Verbraucher sorgt. Wie in den Richtlinien vorgesehen, wird in allen drei Staaten der Beginn der Widerrufsfrist an die korrekte Erteilung der preisbezogenen Informationen geknüpft. In Deutschland können Nebenkosten, über die nicht vor Vertragsschluss informiert wurde, nicht auf den Verbraucher übergewälzt werden, da derartige Klauseln gegen § 305c Abs. 1 BGB verstoßen. Eine derartige Vorschrift existiert in den beiden anderen Staaten nicht. An den fehlenden Informationen über Preisbestandteile kann aber in allen drei Staaten ein Vertragsschluss bzw. eine Einbeziehung der Klausel scheitern. Dieses Ergebnis wird durch Auslegung der Willenserklärungen oder durch die Bindungswirkung vorvertraglicher Informationen in Prospekten, insbesondere bei Pauschalreisen und Timesharingverträgen, erreicht. Hier ist insbesondere die Lösung in Frankreich als wirksam hervorzuheben, die den Unternehmer verpflichtet, ein annahmefähiges Angebot vorzulegen. Dies verpflichtet den Unternehmer zur transparenten Angabe der Kosten.
612
613
614
Reg. 10 Abs. 2 ff. der Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004. Reg. 8 (1) i.V.m. Schedule 1 Nr. 7 der Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004. Reg. 11 der Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000 und Sec. 5A des Timeshare Act 1992.
152
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Ein Schwerpunkt der Sanktionierung liegt eindeutig in allen drei Ländern bei den öffentlich-rechtlichen und strafrechtlichen Sanktionen, die in erster Linie als Geldbußen verhängt werden615, und den kollektivrechtlichen Instrumenten, die auf eine Unterlassung von Verstößen ausgerichtet sind.
3.
Informationen über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen
a)
Umsetzung der Informationspflicht
Die Informationspflichten zu den Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen wurden in allen drei Mitgliedstaaten korrekt umgesetzt. Im französischen Recht wird in Art. 113-3 des Code de la Consommation eine allgemeine Pflicht des Unternehmers zur vorvertraglichen Informationserteilung über die Verkaufsbedingungen aufgestellt.616 Es existiert ebenfalls eine vertragstypenunabhängige Pflicht zur Information im Vertrag über die Lieferfristen in Art. L 114-1 des Code de la Consommation. Diese besteht aber nur, wenn die Lieferung nicht sofort erfolgt und der Preis der Leistung über 500 € liegt.617
b)
Nationale Sanktionen
aa) Deutschland In dieser Gruppe von Informationspflichten erfolgt in Deutschland eine zivilrechtliche Sanktionierung insbesondere durch die AGB-rechtlichen Vorschriften und über die Auslegung der etwaigen Vereinbarungen. Lieferbedingungen werden häufig in AGB festgelegt. Deshalb können sich aus der fehlenden vorherigen Information Konsequenzen für die Einbeziehung möglicher Klauseln ergeben. Wurde der Verbraucher nicht über den Inhalt der Klauseln aufgeklärt, könnten diese überraschend i.S.d. § 305c BGB sein, auch wenn eine Vereinbarung solcher Klauseln bei wirksamer Einbeziehung durchaus möglich wäre. Auch Kataloge und Prospekte können als derartige Klauseln angesehen werden.618 Der Schutz des § 305c BGB 615
616 617 618
Vgl. dazu die Übersicht bei Schulte-Nölke / Meyer-Schwickerath, in SchulteNölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 376. Siehe dazu Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 58. Palandt / Grüneberg, § 307 BGB, Rn. 57.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
153
greift ein, wenn es sich um eine ungewöhnliche Klausel handelt, mit der der Verwender des Vertragspartners nicht zu rechnen braucht.619 Ungewöhnlich ist eine Klausel u.a. dann, wenn sie im Widerspruch zu den vorherigen Vertragsverhandlungen620 oder zur Werbung des Verwenders steht.621 Maßstab zur Beurteilung des Überraschungsmoments ist die Erkenntnismöglichkeit des typischerweise zu erwartenden Durchschnittskunden.622 In diesem Zusammenhang gewinnt die Frage an Bedeutung, inwieweit bei einer Verletzung der Pflicht zur Erteilung der Informationen gem. § 312c BGB i.V.m. der BGB-Info-Verordnung die Einbeziehungsvoraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB nicht erfüllt sein könnten, so dass derartige Klauseln nicht Gegenstand des Vertrages werden und somit das dispositive Gesetzesrecht zur Anwendung kommt. Teilweise werden die Voraussetzungen der Einbeziehung von AGB als unabhängig von der ordnungsgemäßen Erfüllung der Informationspflichten eingestuft.623 Die Einhaltung der Informationspflichten sei für eine Einbeziehung der Klauseln weder erforderlich noch ausreichend.624 An dieser Auffassung ist aus Verbraucherschutzgesichtspunkten zu kritisieren, dass es zu Konstellationen kommen kann, in denen der Verbraucher entweder nicht über bestimmte Vertragsbestandteile gem. § 312c BGB informiert wird, diese aber trotzdem wegen Erfüllung der Einbeziehungsvoraussetzungen Vertragsbestandteil werden, oder der Verbraucher über bestimmte Vertragsbestandteile informiert wird, diese aber wegen Nichterfüllung der Einbeziehungsvoraussetzungen nicht Vertragsbestandteil werden. Diese divergierenden Resultate sind aus Verbraucherschutzgesichtspunkten nicht akzeptabel625, da teilweise selbst von Vertretern der h.M. zugestanden wird, dass beide Vorgaben zu gleichen Ergebnissen führen sollten.626 Haben die Parteien keine Vereinbarung zu den Lieferkosten getroffen, so ist eine Vereinbarung dahin gehend anzunehmen, dass keine Lieferkosten zu tragen sind. Ein anderes Ergebnis wäre wertungswidrig, da der Unternehmer gegen eine Informationspflicht verstoßen hat und dennoch die Lieferkosten verlangen könnte.627 Verstößt der Unternehmer gegen eine Informationspflicht, so kann dies nicht folgenlos bleiben. Teilweise wird 619 620
621 622 623 624 625 626 627
Palandt / Grüneberg, § 307 BGB, Rn. 54. BGH, NJW 1992, 1236; Jauernig / Stadler, § 305c BGB, Rn. 2; Prütting / Weinreich / Wegen / Berger, § 305c BGB, Rn. 6. Erman / Roloff, § 305c BGB, Rn. 13; Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 305c BGB, Rn. 2. Palandt / Grüneberg, § 305c BGB, Rn. 4. Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1156; Hoffmann, ZIP 2005, 829, 836. Palandt / Grüneberg, § 312c BGB, Rn. 12. Münchener Kommentar / Wendehorst, § 312 c BGB, Rn. 71; Jamal, S. 223. Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1156. Jamal, S. 226.
154
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
in der Literatur auch eine Verkehrssitte im Versandhandel angenommen, nach der die Auferlegung von Versandkosten ausdrücklich vereinbart werden muss.628 Dieses Ergebnis kann ferner durch richtlinienkonforme Auslegung des Fernabsatzvertrags gem. §§ 133, 157 BGB dahin gehend erreicht werden, dass nicht angegebene Lieferkosten vom Unternehmer zu tragen sind.629 Im Bereich der Leistungsbedingungen sind verschiedene Fallvarianten möglich. Wenn in den Informationen die Fälligkeit der Leistung bestimmt werden sollte und diese Information nicht oder nicht korrekt erteilt wurde, so kann sich der Unternehmer nicht auf diese Klausel berufen, da sie nicht Bestandteil des Vertrages geworden ist. Fehlt also ein Hinweis auf den Leistungszeitpunkt, so tritt grundsätzlich die gesetzliche Regelung des § 271 Abs. 1 BGB ein, nach der die Leistung sofort fällig wird. Diese Regel gilt jedoch nur, wenn sich aus den Umständen des konkreten Vertragsschlusses nichts anderes ergibt. Die Fernabsatzrichtlinie regelt in Art. 7 Abs. 1, dass der Unternehmer spätestens 30 Tage nach Übermittlung der Bestellung mit der Ausführung der Bestellung zu beginnen hat. Diese Vorschrift wurde nicht ausdrücklich ins deutsche Recht übernommen, da der Gesetzgeber davon ausging, dass der Verbraucher durch die Auslegungsregel des § 271 Abs. 1 BGB und durch § 308 Nr. 1 BGB630, der Klauseln für unwirksam erklärt, in denen sich der Unternehmer unangemessen lange Zeit für die Erbringung der Leistung vorbehält, ausreichend vor Klauseln geschützt wird, in denen sich der Unternehmer eine längere Lieferfrist vorbehält.631 Die Richtlinienkonformität dieser Regelung wird häufig in Frage gestellt.632 Für die Informationspflichten lässt sich dieses Problem durch eine richtlinienkonforme Auslegung des § 271 Abs. 1 BGB für Fernabsatzgeschäfte lösen.633 Danach ist die Leistung des Unternehmers spätestens am 31. Tag nach Zugang der Bestellung fällig.634 Auch bei der Verletzung dieser Informationspflicht greift als allgemeine Sanktion die Verlängerung der Widerrufsfrist bzw. die Anknüpfung des Fristbeginns an die richtige Erteilung der Information. Ebenso tritt bei Pau-
628 629
630 631 632 633
634
Pfeiffer, AGB-Klauselwerke, Versandhandel, Rn. 13. Schinkels, in: Gebauer / Wiedmann, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, Fernabsatzverträge, Rn. 48; Jamal, S. 226, Fn. 99 mit weiteren Nachweisen. Dazu im Einzelnen Hk-BGB / Schulte-Nölke, § 308 BGB, Rn. 2 ff. BT-Drucks. 14 / 2658, S. 18, linke Spalte. Pützhoven, S. 161 f. m.w.N. Schulte-Nölke / Börger, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 353. Jamal, S. 228.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
155
schalreisen und beim Timesharing die Bindungswirkung der im Prospekt gemachten Angaben ein. 635
bb) Frankreich In Frankreich sorgen AGB-rechtliche Vorschriften und eine Nichteinbeziehung bestimmter Kosten durch Auslegung des Vertrages für einen Schutz des Verbrauchers vor falscher oder unterlassener Information. Ferner enthält das französische Recht strikte Regelungen zu den Lieferfristen. Der Code de la Consommation enthält eine allgemeine Vorschrift über die Lieferfristen in Art. L. 114-1 Code de la Consommation. Danach hat der Unternehmer bei jedem Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, an dem ein Verbraucher beteiligt ist und bei dem der Preis 500 ¤ überschreitet, ein festes Lieferdatum zu nennen. Verstößt der Unternehmer gegen diese Vorschrift, kann sich der Verbraucher grundsätzlich auf die relative Nichtigkeit des Geschäfts berufen.636 In der Regel wird der Verbraucher aber an einer pünktlichen Lieferung interessiert sein, so dass ihm mit der Nichtigkeit des Geschäfts nur geholfen ist, wenn er an einer Lieferung kein Interesse mehr hat. Ebenfalls möglich ist eine Auslegung dahin, dass ein im Vertrag enthaltenes Lieferungsziel, ein angemessenes Lieferziel oder eine sofortige Lieferung als vereinbart gilt.637 Ein Verfehlen dieses Ziels führt zu den in Art. L. 114-1 des Code de la Consommation genannten Folgen, insbesondere kann sich der Verbraucher mittels einer Kündigung durch Einschreiben mit Rückschein vom Vertrag lösen, wenn der Unternehmer das Lieferziel um 7 Tage verfehlt. Diese Kündigung muss entgegen Art. 1184 des Code civil nicht gerichtlich festgestellt werden.638 Bei Pauschalreisen und beim Timesharing sorgt die Bindungswirkung des Prospekts bzw. des Angebots für eine Einbeziehung der Informationen in den Vertrag, so dass bei einer Abweichung von den vorvertraglichen Angaben die allgemeinen Gewährleistungsrechte geltend gemacht werden können. Daneben ist im Falle eines Vertragsschlusses eine Sanktionierung durch das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich. Behält sich der Unternehmer übermäßig lange Lieferfristen oder die einseitige Be635
636 637 638
Insoweit wird für beide Fälle auf die Ausführungen zur Sanktionierung der Verletzung von Informationspflichten über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung verwiesen, vgl. oben unter § 9.B.II.1.b.aa. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 225. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 225. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 225.
156
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
stimmung des Lieferzeitpunktes vor, so werden diese Vertragsklauseln als missbräuchlich angesehen.639 Falls der Unternehmer bestimmte Kosten auf den Verbraucher überwälzen möchte, muss er den Verbraucher ausdrücklich darauf hinweisen, ansonsten wird die Vereinbarung dahingehend ausgelegt, dass diese Kosten im angegebenen Preis enthalten sind.640 Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist erst mit der Übermittlung aller Informationen.641 Dies umfasst auch die Informationen über Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen. Beim allgemeinen Fernabsatz läuft die verlängerte Drei-Monats-Widerrufsfrist. Wie bereits bei den Ausführungen zu den Sanktionen bei Verletzung der Informationspflichten über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung aufgezeigt642, eröffnet die Tatsache, dass es sich bei den Umsetzungsvorschriften um solche der „ordre public“ handelt, dem Verbraucher die Möglichkeit, sich bei Verstößen gegen die Informationspflichten auf die Nichtigkeit des Vertrages zu berufen.643
cc) Großbritannien Ähnlich wie bei den anderen Informationspflichten wird in Großbritannien auch bei dieser Gruppe eine Sanktionierung von Verstößen durch mehrere Arten von Sanktionen erreicht. Zunächst sind dabei die allgemeinen Sanktionen zu nennen, die unabhängig von der Informationspflicht eine Sanktion ermöglichen. Die Verlängerung des Widerrufsrechts bei Timesharing- und Fernabsatzgeschäften umfasst auch die Zahlungs-, Leistungs- und Lieferbedingungen. Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist erst bei der ordnungsgemäßen Erteilung der Informationen.644 Die vorvertraglichen Angaben zu dieser Informationspflicht werden bei Pauschalreise- und Timesharingverträgen über die Bindungswirkung des Prospekts zu Vertragsbestandteilen.645 Über die im Prospekt aufgeführten Kosten hinausgehende Belastungen sind nicht wirksam bzw. müssen aus639 640 641 642 643
644 645
Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 225. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 315. Art. L. 120-20-12 Abs. 1 Code de la Consommation. Vgl. § 9.B.II.1.b.bb. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57; Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 107. Reg. 10 (3) Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004. S. 1A (4) Timeshare Act 1992: „… shall be deemed to be a term of the agreement“ und Reg. 6 (1) Package Travel, Package Holidays and Package Tour Regulations 1992: „the particulars in the brochure shall constitute implied warranties.“
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
157
drücklich vereinbart werden. Ein ähnliches Ergebnis kann bei Fernabsatzverträgen durch Auslegung erreicht werden. Wenn der Unternehmer in den vorvertraglichen Informationen keine Lieferkosten angibt, ist mangels anders lautender Vereinbarung davon auszugehen, dass die Lieferkosten in dem genannten Preis enthalten sind. Unklare Informationen zu den Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen können für den Fall der Einbeziehung in den Vertrag auch einer Klauselkontrolle unterliegen. In Betracht kommt dabei insbesondere ein Verstoß gegen das Transparenzgebot, der auch zur Missbräuchlichkeit der Klausel führen kann.646 Wenn die Parteien keine Vereinbarung über den Lieferzeitpunkt geschlossen haben und sich dieser nicht aus den Umständen des Falles ermitteln lässt, muss der Anbieter die Sache oder die Dienstleistung innerhalb einer angemessenen Zeit erbringen.647 Die Bestimmung dieser Frist ist eine Frage des Einzelfalls.648 Im Fernabsatzrecht darf diese Frist 30 Tage nach der Bestellung des Verbrauchers nicht überschreiten.649 Ist es zu einem Vertragsschluss gekommen, können gerade die Zahlungs- und Lieferbedingungen, wenn sie nicht zu terms des Vertrages geworden sind, Ansprüche aus einer Misrepresentation-Haftung begründen. Die Wirksamkeit wird jedoch dadurch eingeschränkt, dass der Verbraucher nachweisen muss, dass er den Vertrag in Vertrauen auf die Richtigkeit der Informationen abgeschlossen hat.650 Ein derartiger Nachweise dürfte bei Informationen über Liefer- und Leistungsbedingungen nur schwer zu führen sein. Kommt es zu keinem Vertragsschluss, sind bei einer vorsätzlichen Täuschung über die hier untersuchten Pflichten Ansprüche aus Tort denkbar, unter engen Voraussetzungen auch bei fahrlässiger Täuschung.651 Praxisrelevant ist diese Fallkonstellation aber eher nicht.
646
647 648 649 650 651
Vgl. dazu Ebers, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 251 mit Verweis auf eine Empfehlung der Law Commission. Das Transparenzgebot ist in Reg. 7(1) der Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1999 geregelt. S. 14 (1) Supply of Goods and Services Act 1982. Oughton / Lowry, S. 253, 8.4.4. Reg. 19 (1) Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000. Vgl. dazu oben § 9.B.II.1.b.cc. Vgl. dazu oben § 9.B.II.1.b.cc.
158
c)
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Bewertung
Fehlende Informationen zu den Zahlungs-, Leistungs- und Lieferbedingungen gehören zu den leistungsbezogenen Informationspflichten. Deshalb sind diese Pflichten für den Verbraucher von besonderer Bedeutung und verfolgen mithin individualschützende Funktionen. Daran anknüpfend sehen die nationalen Rechtsordnungen adäquate Sanktionen vor. Falsche Angaben für diese Art der Informationen haben in allen drei Mitgliedstaaten Auswirkungen auf den Inhalt des Vertrages, insbesondere bei der Auferlegung möglicher Lieferkosten. Dies wird durch die Bindungswirkung vorvertraglicher Informationen, aber auch durch Auslegung der Vorschriften zum Vertragsschluss erreicht. Ein weiterer Anreiz zur Erteilung korrekter Informationen ist die potentielle Gefahr, dass Klauseln zu Liefer- und Leistungsbedingungen einer AGB-rechtlichen Prüfung nicht standhalten und somit unwirksam sind, wenn sie im Widerspruch zu den vor Vertragsschluss erteilten Informationen stehen. Hier ist insbesondere die Regelung des § 305c BGB in Deutschland ein wirksames Instrument. In den beiden anderen Staaten existiert eine derartige Vorschrift nicht. Ein ähnliches Ergebnis kann aber durch das Transparenzgebot erreicht werden. Hervorzuheben ist außerdem die sanktionsbewehrte Pflicht im französischen Recht, den Verbraucher über das Lieferdatum zu informieren. Die Verlängerung der Widerrufsfrist hilft dem Verbraucher in den Fällen, in denen er sich ganz vom Vertrag lösen möchte. Darüber hinausgehende praktisch wirksame Lösungsrechte bei der Verletzung der hier untersuchten Informationspflichten existieren in den Staaten nicht. Lediglich in Frankreich ist die Sanktion der Nichtigkeit möglich. Da diese Kategorie von Informationspflichten nur am Rande Ausschlag gebend für einen Vertragsschluss ist, sind weiter gehende Instrumente aus Sicht des Gemeinschaftsrechts nicht erforderlich. Die andere Komponente dieser Aufklärungspflichten ist die marktschützende Funktion. Eine Kontrolle institutioneller Art findet in allen drei Staaten über die kollektiven und öffentlich-rechtlichen Instrumente statt. Letzteres gilt vor allem in Frankreich mittels strafrechtlicher und in Großbritannien mittels administrativer Sanktionen.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
159
III. Informationen über Rechtsbehelfe und Beschwerdemöglichkeiten 1.
Umsetzung der Informationspflicht
Die Informationspflichten zu den Rechtsbehelfen und Beschwerdemöglichkeiten wurden in allen drei Mitgliedstaaten korrekt umgesetzt.
2.
Nationale Sanktionen
a)
Deutschland
Da diese Informationen weit überwiegend marktordnungsrechtlicher Natur sind, dürften diese Informationspflichten ausschließlich mit kollektivrechtlichen Mitteln sanktioniert werden. Diese Pflichten haben für den Verbraucher in der vorvertraglichen Phase keine Einwirkung auf seine Entscheidung und können erst im Falle eines Vertragsschlusses relevant werden. Insoweit scheint kaum ein Fall denkbar, in dem der Verbraucher auf Grund fehlender oder falscher vorvertraglicher Information über seine Rechtsbehelfe und Beschwerdemöglichkeiten ursächlich einen Schaden erleidet. Da diese Informationspflichten nicht die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers in der vorvertraglichen Phase sichern sollen, ist insoweit auch kein Anspruch aus culpa in contrahendo gerichtet auf die Aufhebung des Vertrages denkbar. Der Vollständigkeit halber zu erwähnen ist, dass auch bei der Verletzung dieser Informationspflicht als allgemeine Sanktion die Verlängerung der Widerrufsfrist bzw. die Anknüpfung des Fristbeginns an die richtige Erteilung der Information greift.652
b)
Frankreich
Auch in Frankreich dürfte eine Sanktionierung derartiger Informationspflichtverletzungen durch kollektivrechtliche Instrumente auf der Hand liegen. Theoretisch möglich ist, wie bereits bei den Ausführungen zu den Sanktionen bei Verletzung der Informationspflichten über die wesentli652
Insoweit wird auf die Ausführungen zur Sanktionierung der Verletzung von Informationspflichten über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung verwiesen, vgl. oben unter § 9.B.II.1.b.aa. Derartige Informationspflichten bestehen allerdings nur im Fernabsatz und im Fernabsatz von Finanzdienstleistungen.
160
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
chen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung aufgezeigt653, dass der Verbraucher sich bei Verstößen gegen die Informationspflichten auf die Nichtigkeit des Vertrages beruft, da es sich bei den Umsetzungsvorschriften um solche der „ordre public“ handelt.654 Beim Fernabsatz und Fernabsatz von Finanzdienstleistungen wird die die Widerrufsfrist auf drei Monate verlängert655 bzw. sie beginnt erst mit der Übermittlung aller Informationen.656 Dies umfasst auch die Informationen über die Rechtsbehelfe und Beschwerdemöglichkeiten.
c)
Großbritannien
Da in Großbritannien die Sanktionierung von Informationspflichten häufig durch Sanktionen erfolgt, die nicht nach einzelnen Informationspflichten differenzieren, kommen bei Verstößen gegen diese Pflichten die gleichen Instrumente zur Anwendung wie bei den anderen Informationspflichten. Primär wird auch hier durch kollektivrechtliche Instrumente und die zuständigen Behörden mit ihren staatlichen Befugnissen sanktioniert. Für den Verbraucher bedeutet dies, dass beim Fernabsatz die verlängerte Widerrufsfrist läuft und beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen eine Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt.
3.
Bewertung
Die Informationen über Rechtsbehelfe und Beschwerdesysteme werden in den drei Mitgliedstaaten hinreichend sanktioniert. Da diese Informationen fast ausschließlich marktordnungsrechtlicher Natur sind, erfolgt die Sanktionierung in den Mitgliedstaaten über kollektivrechtliche Instrumente und die durch die Richtlinien ausdrücklich vorgegebenen zivilrechtlichen Sanktionen in Form der Verlängerung des Widerrufsrechts. Der Verbraucher kann in diesen Fällen sein Widerrufsrecht auf Grund fehlender Informationen über die Rechtsbehelfe und Beschwerdesysteme ausüben, obwohl diese Pflichten nicht primär individualschützend vor allem in Hinblick auf den Vertragsschluss sind. Der Verbraucher wird durch diese Sanktion zum Durchsetzungsinstrument einer primär marktverhaltenssteuernden Informationspflicht. 653 654
655 656
Vgl. § 9.B.II.1.b.bb. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57; Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 107. Art. L. 121-20 Code de la Consommation. Art. L 120-20-12 Abs. 1 Code de la Consommation.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
161
IV. Informationen über das Bestehen eines Widerrufsrechts 1.
Umsetzung der Informationspflicht
a)
Deutschland
Deutschland hat nach der Schuldrechtsmodernisierung ein einheitliches Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen in § 355 BGB geregelt. Die speziellen Widerrufsrechte bei Haustür-, Fernabsatz-657 und Timesharingverträgen verweisen auf § 355 BGB. Der Unternehmer hat den Verbraucher über sein Widerrufsrecht schriftlich bzw. in Textform zu belehren. Die Anforderungen an eine solche Belehrung werden nach der Reform des Widesrrufsrechts nunmher in § 360 BGB aufgestellt. In Art. 246 § 1 EGBGB werden darüber hinaus detailliertere Vorgaben geregelt. Demnach kommt der Unternehmer seinen Belehrungspflichten nach, wenn er das als Anlage zu Art. 246 § 2 Abs. 3 EGBGB abgedruckte Formular benutzt. Der Verbraucher muss über sein Widerrufsrecht, den Fristbeginn und den Inhalt des § 360 Abs. 1 BGB belehrt werden.658 Ist der Vertrag in schriftlicher Form abzuschließen, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, bevor dem Verbraucher ein Exemplar des Vertrages übermittelt wurde, § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB. Neben dieser allgemeinen Pflicht werden bei einigen speziellen Widerrufsrechten weitere Vorgaben im Zusammenhang mit der Belehrung aufgestellt. Bei Haustürgeschäften muss gem. § 312 Abs. 2 BGB auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB hingewiesen werden. Im Bereich der Timesharingverträge muss die Widerrufsbelehrung auch den Hinweis auf § 485 Abs. 5 Satz 2 BGB enthalten, der die Auferlegung der Kosten der Beurkundung des Vertrages ermöglicht, wenn dies im Vertrag ausdrücklich bestimmt ist.
657
658
Hierbei sind die Verträge über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen eingeschlossen. Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorschriften über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen in die Regelungssystematik der allgemeinen Fernabsatzgeschäfte integriert und teilweise für Finanzdienstleistungen spezielle Pflichten geregelt, aber andererseits auch Pflichten aus dem Fernabsatz von Finanzdienstleistungen auf den allgemeinen Fernabsatz für anwendbar erklärt, insbesondere bei der Belehrung über das Widerrufsrecht die Pflicht auch über das Nichtbestehen des Widerrufsrechts zu informieren. Keine Begründung, in Textform oder durch Rücksendung der Sache innerhalb von zwei Wochen, wobei zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung genügt.
162
b)
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Frankreich
Frankreich hat kein einheitliches Widerrufsrecht geregelt, so dass auch die Belehrungspflichten für das Widerrufsrecht unterschiedlich ausfallen. Die Informationspflichten in der französischen Umsetzungsgesetzgebung sind strenger als die Vorgaben der Haustürwiderrufsrichtlinie. Bis zum Vertragsschluss muss dem Verbraucher ein Exemplar des Vertrages übergeben werden. Dieser Vertrag muss die Belehrung über das Widerrufsrecht, die Voraussetzungen der Ausübung des Widerrufsrechts sowie den Gesetzestext der Art. L. 121-23 bis L. 121-26 enthalten.659 Der Unternehmer hat dem Verbraucher ein Widerrufsformular auszuhändigen, Art. L. 121-24 Code de la Consommation. Diese Pflicht gilt auch im Bereich der Vorschriften über das Timesharing.660 Die Widerrufsfrist beginnt mit Absendung der Annahmeerklärung durch den Verbraucher.661 Im Bereich des Fernabsatzrechts hat der Gesetzgeber auf eine Pflicht zur Aushändigung eines Widerrufsformulars verzichtet, was damit zusammenhängen könnte, dass der Verbraucher auch für die Ausführung des Widerrufsrechts an keine Form gebunden ist.662 Für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen hat der französische Gesetzgeber, der die Vorschriften im Abschnitt zu Fernabsatzgeschäften des Code de la Consommation umgesetzt hat, keine Pflicht zur Übermittlung eines Musters einer Widerrufserklärung vorgeschrieben. Richtlinienkonform muss aber über das Bestehen und Nichtbestehen eines Widerrufsrechts informiert werden.663
c)
Großbritannien
Großbritannien hat kein einheitliches Widerrufsrecht statuiert, sondern – auch bedingt durch die Umsetzung in speziellen Rechtsakten – für jede Richtlinie eigene Widerrufsrechte mit unterschiedlichen Anforderungen an die Belehrung geregelt. Der Unternehmer muss den Verbraucher bei Haus659
660 661 662
663
Daneben müssen folgende Informationen enthalten sein: die Namen des Lieferanten und des Kundenwerbers, die Adresse des Lieferanten, den Ort des Vertragsschlusses, die genaue Beschreibung der angebotenen Sache, die Bestimmungen über die Durchführung des Vertrages, insbesondere Fristen und Zahlungsmodalitäten. Art. L. 121-63 Abs. 1 Code de la Consommation. Neises, NZM 1999, 338, 339. Schulte-Nölke / Börger, in: Schulte-Nölke / Twigg-Flesner / Ebers, EC Consumer Law Compendium, S. 345. Art. L. 121-20-10 Abs. 1 Nr. 4 des Code de la Consommation.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
163
türgeschäften gem. Reg. 7 Consumer Protection (The Cancellation of Contracts made in a Consumer’s Home or Place of Work etc. Regulations 2008) Regulations 2008 (CPR) schriftlich über sein Widerrufsrecht belehren. Der Inhalt dieser Belehrung, die dem Verbraucher entweder in einem separaten Dokument oder in deutlich lesbarer Form im Vertrag zur Verfügung gestellt werden muss, ist detailliert im vierten Teil des Anhangs I der CPR beschrieben. So muss die Belehrung Angaben über den Namen des Gewerbetreibenden, eine Angabe zur Identifikation des Vertrages, eine Information über das Bestehen und die Modalitäten zur Ausübung des Widerrufsrechts, den Namen und die Adresse der Person, gegenüber der das Widerrufsrecht ausgeübt werden kann und Informationen über ein der Belehrung beiliegendes Formular zur Ausübung des Widerrufsrechts enthalten. Der Gewerbetreibende hat dem Verbraucher dieses Formular zur Ausübung des Widerrufsrechts zur Verfügung zu stellen. Der Verbraucher ist jedoch nicht an dieses Formular gebunden, sondern kann seinen Widerruf mit einem selbst erstellten Dokument ausüben, wenn aus diesem die notwendigen Informationen hervorgehen. Bei Timesharing-Verträgen hat der Unternehmer den Verbraucher im Vertragsdokument über sein Widerrufsrecht zu belehren.664 Durch eine begleitende Rechtsverordnung wird festgelegt, dass dem Verbraucher ein Muster einer Widerrufsbelehrung zur Verfügung gestellt werden muss. Bei der Belehrung über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen hat der englische Gesetzgeber von einer Pflicht zur Übermittlung einer Widerrufsbelehrung abgesehen. In den vorherigen Informationen muss der Unternehmer lediglich über das Bestehen eines Widerrufsrechts informieren665, während die Bestätigung der Informationen detaillierte Vorgaben an die Belehrung stellt, indem sie Angaben über die Anforderungen zur Ausübung des Widerrufsrechts, zur Kostentragung und zur Rücksendepflicht erfordert.666 Das gleiche gilt für den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, der in Großbritannien durch die Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004667 geregelt wurde. Der Verbraucher muss über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts und über die Folgen des Widerrufs belehrt werden.668 Weiterhin hat der Unternehmer dem Verbraucher praktische Informationen zur Ausübung des Widerrufsrechts
664 665 666 667 668
Sec. 2 (2) Timeshare Act 1992. Reg. 7(1) lit. vi der Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000. Reg. 8(2) lit b Consumer Protection (Distance Selling) Regulations 2000. Statutory Instrument 2004 Nr. 2095. Anhang 13 der Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004.
164
Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
zu übermitteln. Diese Informationspflichten stellen jedoch keine nationalen Besonderheiten dar, sondern beruhen auf Richtlinienvorgaben.669
2.
Nationale Sanktionen
a)
Deutschland
Im Fall von Verstößen gegen die Belehrungspflicht sieht das deutsche Recht überwiegend die Verlängerung der Widerrufsfrist vor. Bei Fernabsatzgeschäften ist dabei zwischen den Pflichten nach § 312c Abs. 1 BGB und den Bestätigungspflichten nach § 312c Abs. 2 BGB zu differenzieren. Belehrt der Unternehmer den Verbraucher nicht in der Phase der Geschäftsanbahnung, sondern erst mit der Bestätigung der Informationen nach § 312c Abs. 2 BGB, so beginnt die Widerrufsfrist mit dieser Bestätigung zu laufen. Erfolgt diese Belehrung erst nach Vertragsschluss, so verlängert sich die Widerrufsfrist des Verbrauchers auf einen Monat, § 355 Abs. 2 Satz 3 BGB. Die Verlängerung kann als Sanktion für die verspätete Belehrung angesehen werden.670 Informiert der Unternehmer den Verbraucher gar nicht über sein Widerrufsrecht, beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen. Die alte Regelung im deutschen Recht in § 355 Abs. 3 Satz 2 BGB a.F. sah vor, dass das Widerrufsrecht in jedem Fall 6 Monate nach Vertrag erlosch, unabhängig davon, ob eine Belehrung in der Zwischenzeit stattgefunden hatte. Der Gesetzgeber begründete dies damit, dass nach einer derart langen Frist das Interesse des Unternehmers nach Rechtssicherheit dem Informationsinteresse des Verbrauchers überwiege.671 Nach dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Heininger672, in der der EuGH die zeitlich begrenzte Widerrufsfrist im Falle der unterbliebenen Belehrung für unvereinbar mit der Richtlinie befand, war der deutsche Gesetzgeber zum Handeln gezwungen. Durch das OLG-Vertretungsänderungsgesetz673 wurde § 355 Abs. 3 BGB dahingehend geändert, dass im Falle einer unterbliebenen Belehrung die Widerrufsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn eine ordnungsgemäße Belehrung erteilt wurde. Das Widerrufsrecht erlischt nunmehr nicht, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert worden ist. Es 669
670 671 672 673
Vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 lit. a und d der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen. Lerche, S. 106. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 167 f. EuGH, Rs. 481 / 01, Urt. vom 13.12.2001, NJW 2002, 281. BGBl. I 2002, 2850.
§ 9 Nationale Sanktionssysteme für Informationspflichtverletzungen
165
gilt in diesen Fällen die „ewige Widerrufsfrist“674. Der deutsche Gesetzgeber geht mit dieser Regelung über die Vorgaben des EuGH hinaus, da dieser ein unbefristetes Widerrufsrecht nur im Rahmen des Anwendungsbereichs der Haustürwiderrufsrichtlinie angenommen hat. In anderen Richtlinien wie z.B. der Fernabsatzrichtlinie oder der Timesharingrichtlinie ist das Widerrufsrecht zeitlich begrenzt. Der deutsche Gesetzgeber wollte die durch die Schuldrechtmodernisierung hergestellte einheitliche Regelung des Widerrufsrechts nicht wieder beseitigen.675 Diese Belastung der Unternehmer sollte dadurch erleichtert werden, dass das Bundesjustizministerium in der BGB-Informationspflichtenverordnung ein Muster einer Widerrufsbelehrung zur Verfügung stellte. Dies sollte dem Unternehmer die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben erleichtern, um durch eigenes Handeln die Widerrufsfrist in Gang zu setzen und die erwünschte Rechtssicherheit zu erhalten. Dies sah der Gesetzgeber als zumutbar an.676 Ob dieses Ziel erreicht wurde, erscheint fraglich. Zahlreiche Rechtsstreitigkeiten waren vor den Gerichten anhängig, bei denen fraglich war, ob Unternehmer, die dieses Muster benutzten, den gesetzlichen Anforderungen an eine korrekte Widerrufsbelehrung genügten. Die Literatur verneinte diese Frage überwiegend.677 Es häuften sich die Fälle, in denen auch die Rechtsprechung eine Belehrung nach dem Muster in der BGB-Info-VO in bestimmten Fallkonstellationen als unwirksam ansah.678 In der Zwischenzeit hat das Bundesjustizministerium das Muster grundlegend überarbeitet und neu bekannt gemacht679 und die bisherigen Mängel abgestellt.680 Im Rahmen der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie hat der Gesetzgeber die fernabsatzrechtlichen Informationspflichten und auch die Musterwiderrufsbelehrungen in den Rang eines formellen Gesetzes erhoben, um die bestehende Rechtsunsicherheit zu beenden.681 674
675 676 677
678
679
680 681
Dieser Begriff ist insoweit unscharf als lediglich der Beginn der Widerrufsfrist an die ordnungsgemäße Erteilung der Widerrufsbelehrung geknüpft wird. Die Frist als solche beträgt weiterhin 2 Wochen. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 45. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 45. Faustmann, ZGS 2007, 251, 257; Martis / Meinhof, MDR 2004, 4, 11; Masuch, NJW 2002, 2931, 2932; Palandt / Grüneberg, § 14 BGB-Info-Verordnung, Rn. 5. OLG Schleswig, OLG-Report 2007, 929; OLG Hamm, CR 2007, 387; LG Koblenz, ZIP 2007, 638. Dritte Verordnung zur Änderung der BGB-Informationspflichten Verordnung, BGBl I 2008, 292, die am 1.4.2008 in Kraft trat. Masuch, NJW 2008, 1700, 1703. Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Die zusätzlichen Anforderungen an die Belehrung durch die Hinweispflicht auf die Kosten der Beurkundung bei Timesharingverträgen und auf die Rechtsfolgen des § 357 Abs. 1 und 3 BGB bei Haustürgeschäften werfen die Frage auf, ob ein Fehlen dieser Informationen zur Anwendung der 6-Monatsfrist des § 355 Abs. 4 Satz 1 BGB oder der „ewigen“ Frist des § 355 Abs. 4 Satz 3 BGB führt. Im Anwendungsbereich der Haustürwiderrufsrichtlinie dürfte sich allein auf Grund der europarechtlichen Vorgaben durch das Heininger-Urteil des EuGH die Einführung einer Höchstgrenze für die Ausübung des Widerrufs verbieten.682 Zu diesem Ergebnis gelangt man auch durch Auslegung der Vorschriften für Haustürgeschäfte und Timesharingverträge. Die Widerrufsfrist beginnt gem. § 355 Abs. 3 Satz 1 BGB erst mit Übermittlung einer ordnungsgemäßen Belehrung. Für Haustürwiderrufs- und Timesharinggeschäfte gehört zu dieser ordnungsgemäßen Belehrung auch die Einhaltung der speziellen Hinweispflichten gem. § 312 Abs. 2 BGB und § 485 Abs. 2 BGB, so dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt, wenn die Belehrung diese Informationen nicht enthält.683 Die eben genannten speziellen Informationspflichten sind keine sonstigen Informationspflichten, sondern ein Teil der korrekten Widerrufsbelehrung. Ziel dieser Informationen ist, dem Verbraucher die möglichen negativen Folgen einer Ausübung des Widerrufsrechts deutlich zu machen und für einen Gleichlauf der Belehrungspflichten bei Fernabsatz- und Haustürgeschäften zu sorgen.684 Dieses Ergebnis wird für Fernabsatzverträge, bei denen die Verpflichtung auf den Hinweis auf § 357 Abs. 1 BGB in den Anforderungen an die Belehrung in Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 10 EGBGB geregelt ist, nicht in Frage gestellt. Etwas Anderes kann somit nicht für die hier untersuchten Verträge gelten. Der Unternehmer hat den Verbraucher bei allen Fernabsatzverträgen auch über das Nichtbestehen eines Widerrufsrechtes zu belehren. Diese
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Widerrufs- und Rückgaberecht, BGBl. I 2009, S. 2355 ff. Vgl. dazu Kulke, VuR 2009, 373 ff. Die Musterbelehrungen sind als Anlage 1 und 2 zu Art. 246 § 2 Abs. 3 in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch integriert. Das Gesetz ist seit dem 11. Juni 2010 in Kraft. Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311, 312. Schmidt-Kessel, ZGS 2002, 311, 312; Palandt / Weidenkaff, § 485 BGB, Rn. 5; Münchener Kommentar / Ulmer, § 312 BGB, Rn. 62; a.A. Meinhoff, NJW 2002, 2273, 2274; Hk-Schulze, § 355 BGB, Rn. 17; Hk-Staudinger, § 485, Rn. 3, der sich wohl zu Unrecht auf den Gesetzgeber beruft. In den Gesetzesmaterialien wird ausdrücklich auf § 485 Abs. 2 BGB als Anwendungsfall des neuen § 355 Abs. 3 Satz 3 BGB verwiesen, vgl. BT-Drucks. 14 / 9266, S. 46, linke Spalte. Münchener Kommentar / Ulmer, § 312 BGB, Rn. 62; BT-Drucks. 14 / 7052, S. 190 f.
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Pflicht beruht auf der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, wurde aber in Deutschland überschießend für alle Fernabsatzverträge umgesetzt. Weist der Unternehmer den Verbraucher auf das Bestehen eines solchen Rechtes hin, obwohl das Widerrufsrecht eigentlich gesetzlich ausgeschlossen ist685, so ist darin die Vereinbarung eines Widerrufsrechtes zu verstehen.686 Der Unternehmer muss sich an unklaren oder falschen Aussagen messen lassen. Eine weitere Sanktionierung der fehlenden Belehrung über das Widerrufsrecht kann ein Schadensersatzanspruch aus § 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 249 S. 1 BGB (culpa in contrahendo) erreichen, der auf eine Vertragsanpassung oder auf Aufhebung des geschlossenen Vertrages ausgerichtet sein könnte. Da im deutschen Recht aber die Lösung eines ewigen Widerrufsrechtes gewählt wurde, das einen Widerruf solange ermöglicht, wie der Verbraucher noch nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt war, gibt es für diesen Anspruch keinen eigenständigen Geltungsbereich. Das Widerrufsrecht ist bezogen auf das Interesse des Verbrauchers an der Lösung vom Vertrag abschließend.687 Weiterhin möglich bleibt die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus culpa in contrahendo wegen anderer Schäden. Anwendungsfälle können die im deutschen Recht besonders problematischen Fälle der Schrottimmobilien sein, die Gegenstand der EuGH-Verfahren in den Sachen Heininger und Schulte sowie Crailsheimer Volksbank waren. Ebenfalls ersetzbar dürften Rechtsanwaltskosten sein, wenn dieser eingeschaltet wurde, um wegen der fehlenden Belehrung die Rechtslage zu prüfen.688 Ebenfalls theoretisch denkbar, aber in der Praxis eher kaum beweisund durchsetzbar, ist ein Anspruch aus § 826 BGB oder §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB. Dieser wäre einschlägig, wenn der Unternehmer den Verbraucher bewusst schädigen möchte, indem er ihn von der Ausübung des Widerrufsrechts abhalten möchte.689 Ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB ist ebenfalls möglich, wenn man die BGB-Info-Verordnung als Schutzgesetz in Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ansieht. Die Wirksamkeit der Sanktionierung hängt zu einem großen Maße davon ab, ob der Verbraucher bei der Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses 685 686
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Vgl. z.B. für den Fernabsatz § 312d Abs. 4 BGB. Münchener Kommentar / Wendehorst, § 312c BGB, Rn. 75; Meller-Hannich, S. 203; Härting § 3 FernAbsG, Rn. 63; a.A. für das Richtlinienrecht Micklitz, in: Grabitz / Hilf, A3, Rn. 91. So auch Leistner, S. 716; Palandt / Grüneberg, Einführung zur BGB-Info-Verordnung, Rn. 12. Leistner, S. 718. Lerche, S. 107; Fischer / Machunsky, § 2 HWiG, Rn. 56.
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Nachteile in Kauf nehmen muss, die ihn möglicherweise von der Ausübung des Widerrufsrechts abhalten könnten. Ansprüche des Unternehmers auf Nutzungs- oder Wertersatz sind geeignet, den Verbraucher von der Ausübung des Widerrufsrechts abzuhalten. Grundsätzlich verweist § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Vorschriften über den gesetzlichen Rücktritt. Demnach sind grundsätzlich die empfangenen Leistungen zurückzugewähren und die gezogenen Nutzungen herauszugeben, § 346 Abs. 1 BGB. Ist eine Rückgabe nicht möglich, so kann der Verbraucher zur Zahlung von Wertersatz verpflichtet sein. Sollte es zu einer Rückabwicklung des Vertrages in Folge des Widerrufes des Verbrauchers kommen, hat die fehlende Belehrung über das Widerrufsrecht auch Folgen auf den Wertersatzanspruch des Unternehmers. Der Unternehmer gerät in Schuldnerverzug, wenn er dem Verbraucher die Leistungen nicht innerhalb von 30 Tagen erstattet, § 357 Abs. 1 Satz 2 BGB. Der Verbraucher hat auch für die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme Ersatz zu leisten, wenn er spätestens bei Vertragsschluss in Textform darauf hingewiesen wurde. Wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde, kann er trotz Beachtung der eigenüblichen Sorgfalt Wertersatz bei Verschlechterung oder Untergang der Sache leisten müssen, obwohl dies in § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB grundsätzlich ausgeschlossen ist. Begründet wird dies damit, dass der Verbraucher von der Widerrufbarkeit wusste und somit mit der Rückgewähr der Sache rechnen konnte.690 Diese Vorschriften setzen europäisches Recht um, so dass ihre Wirksamkeit am Maßstab der Richtlinienvorschriften gemessen werden muss. Für den Bereich der Haustürgeschäfte ergeben sich keine Probleme, da die Richtlinie keine konkreten Vorgaben macht und den Mitgliedstaaten nach Art. 7 der Richtlinie die Regelung der Folgen des Rücktritts überlässt. Für Timesharing-Verträge wurden die detaillierteren Richtlinienvorgaben durch § 485 Abs. 4 und 5 BGB umgesetzt. In Abweichung von § 357 Abs. 1 und 3 BGB scheidet eine Vergütung für geleistete Dienste sowie für die Überlassung der Nutzung von Wohngebäuden aus. Dem Verbraucher können somit keine über die Vertragsschlusskosten691 hinausgehenden Kosten wie z.B. eine Abstandspauschale oder eine Erstattung laufender Kosten auferlegt werden.692 Verstößt der Unternehmer gegen die Vorgaben aus § 485 690 691
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BT-Drucks. 14 / 6040, S. 199. Im Falle von notwendigen Beurkundungen können dem Verbraucher die Kosten dafür auferlegt werden, wenn dies vertraglich vereinbart wurde und der Verbraucher in der Widerrufsbelehrung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde. Vgl. Palandt / Weidenkaff, § 485 BGB, Rn. 12. Hk-BGB / Staudinger, § 485 BGB, Rn. 6; Palandt / Weidenkaff, § 485 BGB, Rn. 11 f.
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Abs. 3 und 4, so können die Kosten überhaupt nicht auf den Verbraucher abgewälzt werden. Vielmehr kann dieser vom Unternehmer Erstattung aller Vertragsschlusskosten verlangen, insbesondere Beurkundungskosten und Maklervergütung.693 Für das Fernabsatzrecht werden diese Vorschriften teilweise als richtlinienwidrig angesehen, da Art. 6 Abs. 2 der Fernabsatzrichtlinie lediglich erlaube, dem Verbraucher die Kosten der Ausübung des Widerrufsrechts aufzuerlegen.694 Eine andere Meinung in der Literatur beruft sich mit dem Gesetzgeber695 darauf, dass den Mitgliedstaaten die detaillierte Regelung der weiteren Folgen der Ausübung des Widerrufs ermöglicht wird, insbesondere in Erwägungsgrund 14 der Fernabsatzrichtlinie, und dass die Kosten nicht „infolge des Widerrufs“ entstehen, sondern die Rückabwicklung von Vorteilen und Schäden.696 Die letzte Auffassung vermag nicht zu überzeugen, da die Richtlinie den Mitgliedstaaten nur insoweit die Möglichkeit gibt, weitere Regelungen zu erlassen, als die Richtlinie keine Vorgaben macht. Ausweislich des Erwägungsgrundes Nr. 14 soll der Verbraucher jedoch in den Fällen, in denen ihm keine zu vertretende Pflichtverletzung zugerechnet werden kann, von allen finanziellen Belastungen freigestellt werden, die über die Rücksendekosten der Ware hinausgehen. Die Richtlinienwidrigkeit dieser Vorschrift wurde nunmehr vom EuGH bestätigt.697 Danach steht die Richtlinie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der der Verkäufer vom Verbraucher bei fristgemäßer Ausübung des Widerrufsrechts generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Eine Wertersatzpflicht soll jedoch möglich sein, soweit der Verbraucher die Sache „auf eine mit den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts wie denen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbare Art und Weise benutzt hat, sofern die Zielsetzung dieser Richtlinie und insbesondere die Wirksamkeit und die Effektivität des Rechts auf Widerruf nicht beeinträchtigt werden“.698 693 694
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Palandt / Weidenkaff, § 485 BGB, Rn. 14. Münchener Kommentar / Masuch, § 357 BGB, Rn. 6; Artz, VuR, 2001, 391, 393; Mankowski, in: Schulze / Schulte-Nölke, S. 357, 370 f.; Rott VuR 2001, 78, 85; Brüggemeier / Reich BB 2001, 213, 219; Brönneke MMR 2004, 127, 132. BT-Drucks. 14 / 6040, S. 199. Palandt / Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 14; Bülow, NJW 2002, 1145, 1150; Habersack BKR 2001, 73, 75; ebenso Lorenz, in: Schulze / Schulte-Nölke, S. 329, 350. EuGH (1. Kammer), Urteil vom 3.9.2009 – C-489 / 07 (Pia Messner / Firma Stefan Krüger), NJW 2009, 3015. EuGH (1. Kammer), Urteil vom 3.9.2009 – C-489 / 07 (Pia Messner / Firma Stefan Krüger), NJW 2009, 3015. Zu den Konsequenzen Schinkels, ZGS 2009, 539 ff.; Föhlisch / Buchmann, MMR 2010, 3 ff.; Faustmann, ZGS 2009, 502 f.
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Die Regelung des § 357 Abs. 3 Satz 1 BGB hat zur Folge, dass der Unternehmer bei fehlender Belehrung über die Rechtsfolge keinen Anspruch auf Wertersatz bei bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme hat. Aus § 357 Abs. 3 Satz 3 BGB folgt im Umkehrschluss, dass der Verbraucher, wenn er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, in den Genuss der Privilegierung des § 346 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB kommt, so dass die Pflicht zum Wertersatz entfällt, wenn er die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten beobachtet. Grundsätzlich hat der Unternehmer die Kosten der Rücksendung zu tragen, § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB. Bei Fernabsatzverträgen kann dem Verbraucher die Kosten der Rücksendung der Sache auferlegt werden, wenn die zurückzusendende Sache den Betrag von 40 Euro nicht überschreitet oder wenn der Verbraucher bei einem höheren Preis zum Zeitpunkt des Widerrufs seine Gegenleistung noch nicht erbracht hat. Dies gilt aber nicht, wenn die gelieferte Sache nicht der bestellten entspricht. Diese Regelung hält sich im Rahmen der Richtlinienvorgaben, die generell eine Auferlegung der Kosten der Ausübung des Widerrufs ermöglichten, und ist bei hochwertigen Gütern sogar günstiger. Im Bereich der kollektivrechtlichen Instrumente sind die Unterlassungsansprüche699 vor allem bei falscher oder fehlender Belehrung von Bedeutung, da der Verbraucher die Rechtmäßigkeit der Belehrung häufig nicht beurteilen können wird. Dies wird schon am Umfang des Musters der BGB-Info-Verordnung deutlich, die zahlreiche Fallvarianten enthält und die Rechtskenntnisse des Verbrauchers in der Regel übersteigen dürfte.
aa) Umsetzung der Schulte-und-CrailsheimerVolksbank-Entscheidungen Eine Besonderheit der deutschen Rechtsordnung ergibt sich aus den sog. „Schrottimmobilienfällen“, die in vergleichbarer Weise in anderen Mitgliedstaaten nicht aufgetreten sind.700 Ein Grund für das massenhafte Auftreten solcher Konstellationen dürften die besonderen Steuererleichterungen infolge der deutschen Einheit sein, die den Bau bzw. den Erwerb von Immobilien steuerlich attraktiv machten.701 Diese Förderung hat in Verbindung mit einem Strukturvertrieb von Immobilien in Haustürsituationen zu zahlreichen Rechtstreitigkeiten in Deutschland und als weitere Folge zu 699
700 701
Zum Anwendungsbereich, den Voraussetzungen und den Sanktionen der Unterlassungsklage nach UKlaG und UWG vgl. oben § 9.A.I. So auch Staudinger, NJW 2005, 3521. Derleder, NJW 2003, 2064.
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mehreren Vorlagevorfahren vor dem EuGH geführt.702 Die Vorgaben der Heininger-Entscheidung sind durch eine Gesetzesänderung im Rahmen des OLG-Vertretungsänderungsgesetzes überschießend umgesetzt worden, da die Anknüpfung des Beginns der Widerrufsfrist an die korrekte Erteilung der Information ohne Regelung einer Ausschlussfrist nunmehr alle Widerrufsrechte erfasst, auch die, für die dafür keine europarechtlichen Vorgaben existierten.703 Keine Auswirkungen auf Gesetzesebene haben bisher die Entscheidungen in den Rechtsachen Schulte und Crailsheimer Volksbank nach sich gezogen. Die Bundesregierung vertritt die Auffassung, dass die beiden Urteile grundsätzlich die Europarechtskonformität des deutschen Rechts bestätigt hätten und dass die weiteren Vorgaben des EuGH durch die Gerichte umzusetzen seien704, so dass mit gesetzgeberischen Maßnahmen zunächst nicht zu rechnen ist.705 Die Urteile des EuGH in den letztgenannten Rechtssachen geben vor, dass der Verbraucher unter bestimmten Voraussetzungen von den Folgen der Verwirklichung der Risiken, die mit der Kapitalanlage des Verbrauchers verbunden sind, zu schützen ist. Zu den Risiken zählt der EuGH neben einer zu hohen Bewertung der Immobilie auch die Gefahr, dass sich die veranschlagten Mieteinnahmen nicht erzielen lassen oder dass sich die Erwartungen an die Entwicklung des Immobilienpreises als falsch erweisen. Damit erfasst der EuGH nicht nur das reine Wertrisiko zum Zeitpunkt des Kaufes, sondern auch das Rendite- und Wertentwicklungsrisiko.706 Der EuGH hat folgende Voraussetzungen aufgestellt, bei deren Vorliegen die eben genannten Risiken auf das Kreditinstitut übergewälzt werden können: – Dem Verbraucher muss in einer Haustürsituation von ein und demselben Vermittler sowohl ein Anlageobjekt, das in der Regel in einer Immobilie besteht und das aus steuerlichen Gründen voll fremdfinanziert wird, als auch das zur Finanzierung dienende Darlehen angeboten werden.
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Vgl. dazu ausführlich zur Geschichte und den Hintergründen der sog. Schrottimmobilienfälle Benedict, AcP 2006, 56, 66. Vgl. die Timesharingrichtlinie 94 / 47 / EG und die Fernabsatzrichtlinie 97 / 7 / EG, die die Widerrufsfrist zeitlich begrenzen. Vgl. die Pressemitteilung des Bundesjustizministeriums vom 25.10.2005 abrufbar unter www.bmj.bund.de sowie die Antwort der Bundesregierung auf die kleine Anfrage der FDP-Fraktion, BT-Drucks. 16 / 278, S. 2 ff. Kritisch dazu Limbach, ZGS 2006, 216, 222, der eine rasche Umsetzung der Vorgaben zumindest für die Zukunft fordert. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1990.
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– Der Verbraucher ist durch Ausübung seines Widerrufsrechts wirksam vom Darlehensvertrag zurückgetreten.707 – Der Verbraucher wurde in der Haustürsituation bei Abschluss des Vertrages nicht wirksam über sein Widerrufsrecht nach der Haustürwiderrufsrichtlinie informiert. – Der Verbraucher hätte bei ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht die Möglichkeit gehabt, den Risiken der Kapitalanlage aus dem Wege zu gehen. Diese Urteile haben ähnlich wie die Heininger-Entscheidung in der Literatur und Rechtsprechung zahlreiche Reaktionen nach sich gezogen. Die Anzahl der Beiträge ist kaum noch zu überblicken. Die Konsequenzen, die sich aus diesen Urteilen für das deutsche Recht ergeben, werden intensiv und kontrovers diskutiert. Die Spannbreite der vertretenen Auffassungen reicht von einem Staatshaftungsanspruch gegen die Bundesrepublik Deutschland, da sich die Richtlinien- und EuGH-Vorgaben nicht umsetzen ließen, über eine Behandlung von Immobilienkaufvertrag und Darlehen als verbundene Geschäfte bis zu einem Schadensersatzanspruch wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung aus culpa in contrahendo. Die folgende Analyse zeigt die streitigen Punkte der Urteile auf und versucht Lösungswege für eine Umsetzung der EuGH-Vorgaben im nationalen Recht aufzuzeigen.
(1) Lösungsansätze in der Literatur Vermehrt sprechen sich Stimmen in der Literatur für eine Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung über einen Anspruch aus culpa in contrahendo bzw. nach neuem Recht aus § 280 Abs. 1 BGB aus. Innerhalb dieser Gruppe ist jedoch nahezu jedes Tatbestandsmerkmal eines solchen Anspruchs umstritten. Dabei wird die Frage, ob die Belehrung über das Widerrufsrecht eine echte Rechtspflicht darstellt, nunmehr einhellig in Rechtsprechung708 und 707
708
Dies war infolge der Heininger-Entscheidung immer möglich, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde und deswegen die Widerrufsfrist nicht zu laufen begann. Der BGH hat sich dieser Ansicht in richtlinienkonformer Auslegung des § 2 HWiG angeschlossen, und beurteilt die Belehrungspflicht als echte Rechtspflicht, da nur so das Ziel des Gesetzes erreicht werden könne, den Verbraucher über „Existenz, Inhalt, und Bedeutung seines Widerrufsrechts“ zu informieren. BGH, Urteil vom 19.9.2006 – XI ZR 204 / 04, NJW 2007, 357, 360; BGH, NJW 2008, 1585, 1586; für die Obergerichte OLG Bremen WM 2006, 758, 763; OLG München, NJW 2006, 1811; OLG Celle, NJW 2006, 1817.
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Literatur709 bejaht, so dass ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB darstellt.710 Im Bereich des Verschuldens werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. Es wird die Ansicht vertreten, dass der EuGH nur auf eine objektive Verletzung der Belehrungspflicht abstelle und deshalb eine Haftung nicht an ein Verschuldenserfordernis geknüpft werden könne.711 Die objektive Verletzung der Belehrungspflicht impliziere das Verschulden.712 Wiederum andere wollen es beim Verschuldenserfordernis und der Beweislastumkehr des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB belassen.713 Teilweise wird dann ein Verschulden mit dem Hinweis auf einen unverschuldeten Rechtsirrtum verneint. Es sei für die finanzierenden Banken in den 90er Jahren nicht absehbar gewesen, dass eine Belehrungspflicht bestanden habe.714
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Habersack JZ 2006, 91, 93; Häublein, NJW 2006, 1553, 1554; Hoffmann ZIP 2005, 1985, 1991; Fischer DB 2005, 2507, 2511; Lechner, NZM 2005, 921, 926; Münchener Kommentar / Masuch, § 357, Rn. 63; Oechsler, NZG 2008, 368, 369; Freitag WM 2006, 61, 68; Staudinger NJW 2005, 3521, 3524; Tonner / Tonner WM 2006, 505, 509; Derleder, BKR 2005, 442, 445 f.; Knops WM 2006, 70, 78; Hofmann BKR 2005, 487, 491. So bereits vor den EuGH-Entscheidungen „Schulte“ und „Crailsheimer Volksbank“ OLG Stuttgart NJW 1988, 1986, 1987; AG Siegburg NJW-RR 2002, 129; AnwK-BGB / Ring Rn. 56; Palandt / Grüneberg, § 357, Rn. 13; a.A. Sauer, BKR 2006, 96, 100; Thume / Edelmann, BKR, 2005, 477, 481; Hoppe / Lang, ZfIR 2005, 800; Lang / Rösler WM 2006, 513, 517. Vgl. dazu nunmehr die Begründung des Regierungsentwurfes eines Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht, Anmerkung zu § 312 BGB, S. 103, in der mit Verweis auf die Schulte-Entscheidung ausdrücklich auf einen möglichen Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB verwiesen wird. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1989; Prütting / Weinreich / Wegen / Medicus, § 359 BGB, Rn. 24; Jungmann, NJW 2007, 1562, 1566, der für einen Verzicht auf das Tatbestandsmerkmal „Vertretenmüssen“ plädiert. Schwintowski, EuZW 2005, 725, 726. Lechner, NZM 2005, 921, 926; vgl. auch Derleder, BKR 2005, 442, 448; Hofmann, BKR 2005, 487, 492. Vgl. auch Staudinger, NJW 2005, 3521, 3525, der den Banken mit dem Hinweis auf die strikte Haltung des EuGH in der HeiningerEntscheidung zum schutzwürdigen Vertrauen der Banken eine Exkulpation versagen möchte. Sauer, NZM 2006, 333, 335; ders., BKR 2006, 96, 101; Thume / Edelmann, BKR 2005, 477, 482.
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Höchst streitig ist die Frage der Kausalität zwischen Schaden und fehlender Belehrung des Verbrauchers.715 Der EuGH hatte in der Rechtssache Schulte den Fall zu entscheiden, dass zunächst der Darlehensvertrag geschlossen worden war und erst danach der Kaufvertrag über die Immobilie. Diese Konstellation war jedoch in den sog. Schrottimmobilienfällen eher selten. Vielmehr wurde in einem Großteil der Sachverhalte zunächst der Immobilienkaufvertrag abgeschlossen und danach der Darlehensvertrag.716 Daraus wird in der Literatur gefolgert, dass die EuGH-Rechtsprechung nicht auf die zweite Sachverhaltskonstellation anwendbar ist.717 Begründet wird dies mit der Tatsache, dass bei einer festen Bindung durch den Kaufvertrag das Anlagerisiko bereits eingetreten sei, so dass eine unterlassene Belehrung den Verbraucher nicht mehr von diesem Risiko habe befreien können. Ein anderer Teil der Literatur will einen Schadensersatz unabhängig davon gewähren, welches Geschäft zuerst abgeschlossen wurde. Diese Vertreter begründen ihr Ergebnis damit, dass der EuGH in der anderen Rechtssache718 einen zeitlich betrachtet anders gelagerten Sachverhalt mit der gleichen Begründung wie in der Schulte-Rechtssache entschieden habe, woraus sich schließen lasse, dass es dem EuGH nicht auf die zeitliche Abfolge ankomme.719 Eine Differenzierung werde den Ansprüchen an einen effektiven Verbraucherschutz nicht gerecht, da die Reihenfolge der Vertragsabschlüsse zufällig erscheine720 und die Schutzbedürftigkeit unabhängig von der Reihenfolge gegeben sei.721 Ebenfalls streitig ist die Behandlung der hypothetischen Frage, wie der Verbraucher sich verhalten hätte, wenn er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden wäre. In Teilen der Literatur wird mit dem 715 716 717
718
719 720 721
Vgl. dazu das Meinungsbild bei Münchener Kommentar/Masuch, § 357, Rn. 60. Vgl. die Angaben bei Schwintowski, VuR 2006, 5. Habersack, BKR 2006, 305, 310; Lechner, NZM 2005, 921, 926; Palandt/Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 4; Sauer, NZM 2006, 333, 335 f.; Sauer, BKR 2006, 96, 101 f.; vermittelnd Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1989 der die Auffassung vertritt, dass der Verbraucher möglicherweise den Darlehensvertrag widerrufen hätte und sich deshalb Schadensersatzansprüchen wegen Nichterfüllung ausgesetzt gesehen hätte, die ihn möglicherweise besser gestellt hätten als infolge der nun realisierten Anlagerisiken. EuGH, Urteil vom 25.10.2005 – C-229 / 04, Crailsheimer Volksbank eG / Klaus Conrads, Frank Schulzke und Petra Schulzke-Lösche, Joachim Nitschke; NJW 2005, 3555. Derleder, ZBB 2006, 375, 383; Knops, WM 2006, 70, 73. Vgl. zum Ablauf der Geschäftsabschlüsse Derleder, ZBB 2006, 375, 382 Schwintowski, VuR 2006, 5, 6; Staudinger, NJW 2005, 3521, 3523; Knops, WM 2006, 70, 73.
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Instrument einer widerleglichen722 oder unwiderleglichen723 Vermutung argumentiert. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass der Verbraucher im Falle einer ordnungsgemäßen Belehrung ein belehrungsrichtiges Verhalten an den Tag gelegt hätte.724 Wiederum andere fordern, dass der Verbraucher beweisen müsse, dass er den Vertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung widerrufen hätte.725 Der EuGH hat die Rechtsprechung des BGH, derzufolge der Verbraucher bei erfolgtem Widerruf die komplette Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher Zinsen sofort fällig an die Bank erstatten musste und gleichzeitig den Kaufvertrag über die meistens wertlose Immobilie nicht rückabwickeln konnte, da der Verbraucherdarlehensvertrag und der Immobilienkaufvertrag nach der Trennungstheorie als zwei unabhängige Rechtsgeschäfte angesehen wurden, als mit der Haustürwiderrufsrichtlinie vereinbar angesehen.726 An dieser Rechtsprechung war kritisiert worden, dass der Verbraucher nach Ausübung des Widerrufsrechts schlechter stand als zuvor und somit aus wirtschaftlichen Gründen von der Ausübung des Widerrufsrechts abgehalten wurde. Der EuGH hat in seinem Urteilen in den Rechtssachen Schulte und Crailsheimer Volksbank die Schadenskategorien umrissen, die nach dem nationalen Recht ersatzfähig sein müssen.727 Der Schaden des Verbrauchers besteht in der Regel in den fehlenden Verwertungsmöglichkeiten der Immobilie. Entweder ist die Immobilie weniger wert als in den Prospekten angegeben, die garantierten Miteinnahmen konnten nicht realisiert werden – in den meisten Fällen handelte es sich um Garantiegeber, die in die Insolvenz gingen728 – oder die Wertentwicklung der Immobilie gestaltete sich anders als erwartet. In Teilen der Literatur und Teilen der Rechtsprechung wird die Lösung über einen Anspruch aus culpa in contrahendo verworfen. Die Vertreter dieser Ansicht sprechen sich dafür aus, dass der Immobilienkaufvertrag und der diesen Kaufvertrag finanzierende Darlehensvertrag in richtlinienkonfor-
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723
724
725
726 727 728
Staudinger, NJW 3521, 3523; für die Rechtsprechung OLG Bremen, NJW 2006, 1210, 1216. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1922; Kulke, NJW 2007, 360, 361; Reich / Rörig, VuR 2005, 452, 453. Derleder, BKR 2005, 442, 449; Habersack, JZ 2006, 91, 93, wobei dem Darlehensgeber der Gegenbeweis ermöglicht werden soll. Lechner, NZM 2005, 921, 926; Sauer, NZM 2006, 333, 336; Sauer, BKR 2006, 96, 102. EuGH, NJW 2005, 3551, 3554 Ausführlich zu den einzelnen Schadensposten Knops, WM 2006, 70, 72 ff. Vgl. dazu Knops, WM 2006, 70, 73.
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mer Auslegung als verbundene Geschäfte behandelt werden.729 Gegen diese Ansicht lässt sich anführen, dass der Haustürwiderrufsrichtlinie Regeln über verbundene Geschäfte fremd sind und dass auch der EuGH in den beiden Urteilen Schulte und Crailsheimer Volksbank eine Lösung über verbundene Geschäfte eindeutig ablehnt. Es wird ebenfalls angeführt, dass die Lösung über verbundene Geschäfte hinter den Anforderungen zurückbleibt, da sie Anforderungen an die vom EuGH geforderte Risikotragung der Kreditgeber stellen, die der Haustürwiderrufsrichtlinie fremd sind.730 Von den Vertretern einer Kausalitätslösung731 wird ferner vorgebracht, dass diese Lösung entgegen ihrer Lesart der Vorgaben des EuGH-Urteils keine Differenzierungen zwischen der zeitlichen Abfolge macht, mithin Kausalitätserwägungen außen vor lässt und so zu einer nicht geforderten überschießenden Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung führt.732
(2) Rechtsprechung des BGH Der Bundesgerichtshof hat in einigen Folgeentscheidungen die Rechtsprechung des EuGH berücksichtigt.733 Er bleibt jedoch seiner Linie treu, nach der er weiterhin den Verbraucher nach erfolgtem Widerruf zur sofortigen Rückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicher Zinsen verpflichtet.734 Der EuGH hatte hinsichtlich dieses Ergebnisses keine Bedenken und befand, dass die Haustürwiderrufsrichtlinie dem nicht entgegen stehe. Zur Erreichung eines effektiven Verbraucherschutzes hat der BGH seine 729
730 731
732 733
734
Hofmann BKR 2005, 487, 492 ff.; Fischer DB 2005, 2507, 2510; ders. VuR 2006, 53, 57 f.; Rott GPR 2006, 25, 26; sympathisierend mit einer Verbundgeschäftslösung auch Palandt / Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 4; s. ferner Reiter / Methner VuR 2004, 52, 56. Habersack, JZ 2006, 91, 92. Der Verbraucher wird nur von den Risiken des Kaufvertrages befreit, wenn eine Lösung vom Darlehensvertrag durch das Widerrufsrecht noch möglich gewesen wäre, d.h. der Kaufvertrag muss nach dem Darlehensvertrag abgeschlossen wurden sein, da nach Ansicht der Vertreter dieser Auffassung das Anlagerisiko schon eingetreten ist und der Widerruf keine Lösung von diesem Risiko erreichen kann. Habersack, JZ 2006, 91, 92. BGH, Urt. v. 25.4.2006, NJW 2006, 1788; BGH, Urt. v. 16.5.2006, NJW 2006, 2099; BGH, Urt. v. 19.9.2006, NJW 2007, 357; BGH, Urt. v. 26.9.2006, NJW 2007, 361; BGH, Urt. v. 23.10.2007, NJW 2008, 640; BGH, Urt. v. 26.2.2008, NJW 2008, 1585. BGH, NJW 2006, 2099.
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Rechtsprechung zur Bankenhaftung bei der Verletzung von Aufklärungsfristen modifiziert.735 Der BGH arbeitet mit einer widerleglichen Vermutung eines Wissensvorsprungs der kreditgegebenden Bank über eine arglistige Täuschung des Verbrauchers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren. Dies löst eine Aufklärungspflicht aus, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: – Der Verkäufer oder die von diesem beauftragten Vermittler arbeiten mit der finanzierenden Bank in institutionalisierter Art und Weise zusammen. – Die Finanzierung der Anlage wird vom Verkäufer oder Vermittler angeboten. – Die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers ist so evident, dass sich die Bank der Kenntnis der arglistigen Täuschung gerade verschlossen haben muss. In Ergänzung seines Urteils vom 16. Mai 2006736 hat der BGH die Anforderungen an die Darlegungslast erhöht, indem er im Zusammenhang mit einer möglichen arglistigen Täuschung „konkrete, dem Beweis zugängliche unrichtige Angaben des Vermittlers über das Anlageobjekt fordert“.737 Ein institutionalisiertes Zusammenwirken von Bank und Vermittler soll vorliegen, wenn zwischen Verkäufer oder Fondsinitiator und finanzierender Bank eine ständige Geschäftsbeziehung besteht. Anhaltspunkte für eine derartige Geschäftsbeziehung sind nach Ansicht des BGH u.a. eine Vertriebsvereinbarung, die Überlassung von Büroräumen der Bank an Vermittler des Verkäufers, die unbeanstandet gebliebene Benutzung von Formularen der Bank sowie die wiederholte Vermittlung von Finanzierungen desselben Objekts.738 Der BGH schließt einen Anspruch aus culpa in contrahendo nicht grundsätzlich aus.739 Der BGH sieht nunmehr in der Belehrungspflicht eine echte Rechtspflicht, fordert aber ein Verschulden des Unternehmers. Dieser Grundsatz ergebe sich aus § 276 Abs. 1 BGB a.F., Anhaltspunkte für eine verschuldensunabhängige Haftung, die sich aus dem Gesetz, den vertraglichen Vereinbarungen oder dem Inhalt des Schuldverhältnisses ergeben könne, lägen nicht vor.740 Es sei daher zu prüfen, ob zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schuldhaft das Vorliegen einer Belehrungspflicht verneint 735 736 737 738 739 740
BGH, NJW 2006, 2099. BGH, NJW 2006, 2099. BGH, NJW, 2007, 357, 358 f. BGH, NJW 2007, 361, 363. BGH, NJW 2007, 357; BGH, NJW 2008, 1585. BGH, NJW 2007, 357. BGH, NJW 2008, 1585, 1587 m.w.N.
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wurde. Der BGH scheint insoweit mangels geklärter Rechtslage nicht von einem Verschulden auszugehen. Ferner fordert der BGH den vollen Beweis der Kausalität zwischen fehlender Belehrung und Schaden.741 Eine solche Kausalität soll nach Ansicht des BGH ausscheiden, wenn der Verbraucher bereits vor Abschluss des Darlehensvertrages an den Kaufvertrag gebunden war.742 Ferner muss der Verbraucher konkret nachweisen, dass er den Vertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung tatsächlich widerrufen hätte.743 Auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens könne sich der Verbraucher nicht berufen, da diese Vermutung voraussetze, dass es für den Verbraucher bei ordnungsgemäßer Belehrung nur eine Handlungsalternative gegeben hätte.744 Daran zweifelt der BGH, da der Verbraucher wohl nicht innerhalb einer Woche die Risiken des Geschäfts erkannt hätte.745 Ausdrücklich lehnt der BGH eine Lösung über die Grundsätze für verbundene Geschäfte ab und beruft sich dabei sowohl auf den klaren Wortlaut der Vorschriften des VerbrKrG als auch auf die Entscheidung des EuGH.746 Ebenfalls mangels „tragfähiger Grundlage“747 abgelehnt wird die von Derleder in die Diskussion eingebrachte Auffassung748, dass ein Kreditnehmer die Darlehensvaluta gar nicht im Sinne des § 3 Abs. 1 HWiG empfangen habe, wenn die Darlehensvaluta ohne Zwischenschritte an einen Dritten ausgezahlt wurde.
bb) Bewertung Die sog. Schrottimmobilienfälle drohen zu einem dauerhaften Konflikt zwischen dem EuGH und dem BGH zu werden. Es geht dabei letztlich um die Frage, wem die Letztentscheidungskompentenz zur Beurteilung des nationalen Verbraucherschutzniveaus zukommt.749 Auch die Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH wird weiterhin Gegenstand zahlreicher Diskussionen in Literatur750 und Rechtsprechung bleiben. 741 742 743 744 745 746 747 748 749 750
BGH, NJW 2007, 357. BGH, NJW 2006, 2099, 2103; BGH, NJW 2008, 1585, 1586. BGH, NJW 2007, 357, 360; BGH, NJW 2008, 1585, 1588. BGH, NJW 2007, 357, 360. BGH, NJW 2007, 357, 360. BGH, NJW 2006, 2099, 2101. BGH, NJW, 2007, 361, 362. Derleder, BKR 2005, 442, 448. Benedict, AcP 2006, 56, 60. Äußerst kritisch zur EuGH-Rechtsprechung Benedict, AcP 2006, 56 ff.
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Bevor eine mögliche Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland in Erwägung zu ziehen ist751, müssen die Gerichte im Wege einer richtlinienkonformen Auslegung des Rechts versuchen, den Anforderungen des EuGH gerecht zu werden.752 Es wird dabei deutlich, dass die Umsetzung des europäischen Rechts zu Herausforderungen für die Mitgliedstaaten führen kann. Dies ändert aber nichts an ihrer Aufgabe, das nationale Recht europarechtskonform zu gestalten. Der EuGH fordert folglich auch die nationalen Gerichte auf, die nationalen Regelungen so weit wie möglich so auszulegen, dass die im Urteil aufgestellten Anforderungen erreicht werden.753 Aus dieser Vorgabe ergibt sich ein Ermessensspielraum der mitgliedstaatlichen Organe, um den Anforderungen des EuGH gerecht zu werden. Dieses Ermessen wird aber durch die Rechtsprechung des EuGH dahin gehend eingeschränkt, dass es sich um praktisch wirksame Maßnahmen handeln muss, die dem Verbraucher auch tatsächlich die Durchsetzung seiner Rechte ermöglichen.754 Die Rechtsprechung des EuGH enthält im vorliegenden Urteil Elemente eines Schadensersatzes mit pönalen Elementen, der die Unternehmer von einer Verletzung ihrer Belehrungspflicht abhalten soll.755 Neu an der Rechtsprechung des EuGH ist die Ausweitung der Belehrungsfunktion. Die Belehrung soll nicht nur vor unerwünschten Verträgen schützen, von denen sich der Verbraucher mittels Ausübung des Widerrufsrechts lösen kann. Vielmehr sollen auch Risiken umfasst sein, die sich aus der Mittelverwendung des Darlehens ergeben. Die Ausführungen des EuGH in dieser Frage sind denkbar kurz, aber als Vorgaben bindend.756 Eine solche Verpflichtung ist dem deutschen Recht bisher lediglich bei verbundenen Geschäften bekannt.757 Der BGH hat sich einer Lösung über die Grundsätze bei verbundenen Ver751
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754 755 756
757
Dafür plädierend Thume / Edelmann BKR 2004, 477, 486 f.; Lang / Rösler WM 2006, 513, 520. Zur richtlinienkonformen Auslegung vgl. zuletzt Pfeiffer, NJW 2009, 412 m.w.N. EuGH, NJW 2005, 3551, 3554, Rz. 102. Vertiefend zum Umfang dieser Pflicht mit Blick auf die Quelle-Entscheidung des EuGH, NJW 2008, 1433, und die Folgeentscheidung des BGH, NJW 2009, 427: Pfeiffer, NJW 2009, 412. Vgl. dazu oben unter § 5.C. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1987; Benedict, AcP 2006, 56, 61. Auch die Schlussanträge des GA Léger helfen in diesem Fall nicht weiter, da der EuGH nicht den Schlussanträgen, in denen die Vorlage im Fall des LG Bochum als unzulässig angesehen wurde und im Fall des OLG Bremens den Verbraucher von der Rückzahlung der Zinsen befreien wollte, gefolgt ist. Habersack, JZ 2006, 91, 93 spricht von einer „Anleihe bei der Rechtsfigur verbundener Verträge“.
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trägen ausdrücklich nicht angeschlossen. Das Widerrufsrecht verfolge das Ziel, die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers sicher zu stellen.758 Der Darlehensnehmer könne die Risiken aus der Mittelverwendung nicht auf den Darlehensgeber abwälzen. Diese Rechtsprechung ist wegen der Verbindlichkeit der ausdrücklich entgegenstehenden EuGHRechtsprechung für die nationalen Gerichte nicht zu halten.759 Die Rechtsprechung des BGH zur Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung ist zu Recht intensiv kritisiert worden, denn der BGH wird mit seiner Lösung den vom EuGH aufgestellten Anforderungen nicht gerecht. Es ist deshalb nicht auszuschließen, dass die Rechtsprechung des BGH vor dem EuGH im Falle eines erneuten Vorlageverfahrens keinen Bestand haben wird.760 Zwar wird die Rechtsprechung des BGH in vielen Fällen zu ähnlichen Ergebnissen kommen wie vom EuGH vorgesehen, doch können in einigen Konstellationen die Unterschiede zwischen den beiden Konzepten des EuGH und des BGH entscheidend sein.761 Anders als der EuGH, der an die unterlassene Belehrung über den Widerruf anknüpft, stellt der BGH auf das Bestehen einer Aufklärungspflicht über die Risiken der Kapitalanlage ab. Die Beweiserleichterung kommt dem Verbraucher lediglich in Fällen der arglistigen Täuschung zugute. Das bedeutet, dass der BGH eine andere Wertung der zugrunde liegenden Sachverhalte vornimmt. Das Widerrufsrecht in Haustürsituationen besteht unabhängig davon, ob es eine Aufklärungspflicht gibt und ob der Vermittler und das Kreditinstitut institutionell zusammenarbeiten. Die Gewährung des Widerrufsrechts wird lediglich an die Haustürsituation geknüpft, in der eine potentiell hohe Gefahr einer Überrumpelung vermutet wird, die den Verbraucher zu unüberlegten Geschäftsabschlüssen drängt. Weiterhin sind die Voraussetzungen eines institutionalisierten Zusammenwirkens und von objektiv unrichtigen Angaben für den Verbraucher schwer zu beweisen. Dieser Beweis wird dem Verbraucher häufig nur schwer gelingen, während eine fehlende Belehrung leichter nachzuweisen
758 759 760
761
BGH, NJW 2004, 1376. Häublein, NJW 2006, 1553, 1557. So auch Jungmann, NJW 2007, 1562; Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1987; Möllers / Grassl, VuR 2010, 3 ff. Jungmann, NJW 2007, 1562, 1563. Unterschiedliche Folgen ergeben sich für den Fall, in dem der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde und der Bank keine Aufklärungspflichtverletzung vorgeworfen werden kann. In diesem Fall hätte der Verbraucher nach der Rechtsprechung des BGH keinen Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB, da er wegen der Beweislastanforderungen die Kausalität nicht nachweisen könnte.
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ist bzw. dem Unternehmer die Beweislast für die ordnungsgemäße Belehrung obliegt.762 Der BGH erkennt grundsätzlich die Möglichkeit eines Anspruchs aus culpa in contrahendo an, insbesondere sieht er nunmehr die Belehrungspflicht als echte Pflicht und nicht als Obliegenheit. Andererseits verringert der BGH den geforderten Schutz der Verbraucher, indem er zu hohe Anforderungen an das Vorliegen der Kausalität und des Verschuldens stellt. Im Ergebnis führen diese Anforderungen, insbesondere der geforderte Nachweis, dass man bei ordnungsgemäßer Belehrung das Widerrufsrecht tatsächlich ausgeübt hätte, in der Praxis dazu, dass diese Ansprüche für den Verbraucher nahezu wertlos sind und somit nicht den gemeinschaftsrechtlich gebotenen Anforderungen an eine praktische Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts gerecht werden. Durch eine am effet-utile-Grundsatz orientierte Auslegung des deutschen Rechts lässt sich eine praktisch wirksame Umsetzung der EuGHVorgaben erreichen. Die Merkmale der Kausalität und des Verschuldens sind so auszulegen, dass der Schadensersatzanspruch des Verbrauchers seine praktische Wirksamkeit entfaltet. Im Rahmen der Kausalität betrifft dies vor allem die Frage, ob die Reihenfolge der Vertragsschlüsse erheblich ist und welche Anforderungen an den Nachweis zu stellen sind, dass der Verbraucher den Widerruf ausgeübt hätte. Eine Differenzierung nach dem zeitlichen Ablauf der jeweiligen Vertragsschlüsse überzeugt nicht, da auch in den Fällen, in denen erst der Kaufvertrag geschlossen wurde, dieser Vertrag nur zustande kam, weil alle Beteiligten davon ausgingen, dass die Finanzierungszusage der Bank gegeben war. Dies lag allein aus Haftungsgründen im Interesse der beteiligten Vermittler und Verkäufer der Immobilie, die ansonsten den Vertragsschluss nicht in die Wege geleitet hätten. In der Rechtssache Schulte liegt der Entscheidung in der Tat der Sachverhalt zugrunde, dass der Abschluss des Darlehensvertrages vor Abschluss des Kaufvertrages fällt. In dem Urteil der 2. Kammer des EuGH ist der Ablauf jedoch zeitlich gesehen umgekehrt, das heißt, der Verbraucher hat zunächst die Immobilie erworben und danach den Darlehensvertrag abgeschlossen. Die Aussagen in der Urteilsbegründung unterscheiden sich nicht, so dass der EuGH in dieser Frage keinen Unterschied macht.763 Die beiden Verträge können zwar nicht als verbundene Geschäfte gesehen werden. Bei einer lebensnahen Auslegung des Sachverhaltes ist jedoch davon auszugehen, dass es für den Verbraucher 762 763
Vgl. zur Beweislast Münchener Kommentar / Masuch, § 355 BGB, Rn. 55. So auch Derleder, BKR 2005, 442, 449 mit einer ausführlichen Darstellung der typischen Abläufe im Rahmen der Vertragsabschlüsse; Schwintowski, VuR 2006, 5, 6; Staudinger, NJW 2005, 3521, 3524.
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unerheblich ist, welcher Vertrag zuerst abgeschlossen werde, da bei beiden Verträgen der jeweils andere Vertrag mitgedacht werden muss. Auch wenn der Kaufvertrag vor dem Darlehensvertrag abgeschlossen wird, wird dieser Vertrag nur unter der Voraussetzung geschlossen, dass die Finanzierung durch den bereits vorgelegten Darlehensvertrag gesichert ist. Eine andere Auslegung führt dazu, dass die Gewährung des Verbraucherschutzes von den Zufälligkeiten der Reihenfolge eines Vertragsschlusses abhängt. Hinsichtlich der Frage des hypothetischen Verhaltens des Verbrauchers bei ordnungsgemäßer Belehrung ist die Anwendung der Rechtsprechung des BGH zum aufklärungsgerechten Verhalten auf den ersten Blick ausgeschlossen, denn Voraussetzung ist nach Meinung des BGH, dass in diesen Fällen bei einer ordnungsgemäßen Aufklärung lediglich eine sinnvolle Handlungsalternative bestand.764 Diese Konstellation liegt bei den hier behandelten Fällen aber nicht vor, denn für die Verbraucher bestand selbst bei ordnungsgemäßer Belehrung auch mehrere Tage nach Abschluss der beiden Verträge noch kein Anlass, dass die Finanzierung der Immobilie nicht die erhofften Steuerersparnisse bringt.765 Die wirklichen negativen Folgen des Geschäfts traten erst zu Tage, als sich der geringere Wert der Immobilie herausstellte, weil das Objekt nicht vermietet werden konnte oder weil die garantierten Mieteinnahmen in Folge der Insolvenz des Garantiegebers ausfielen. Der Verbraucher müsste demnach bei Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung nachweisen, dass er den Vertrag bei ordnungsgemäßer Belehrung widerrufen hätte.766 Ein solcher Beweis kann vom Verbraucher aber in der Regel nie erbracht werden. Wie sollte er auch für einen hypothetischen Fall Beweis erbringen können? Bei dieser Beweislast sind Ansprüche des Verbrauchers aus culpa in contrahendo de facto ausgeschlossen.767 Eine derartige Auslegung wird den Vorgaben des EuGH nicht gerecht. Entscheidend gegen diese Erwägungen spricht, dass der EuGH als Anknüpfungspunkt für einen Schadensersatzanspruch die Möglichkeit sieht, dass der Verbraucher bei erfolgter Belehrung die Möglichkeit hat, sich den angesprochenen Risiken zu entziehen. Ausreichend für den EuGH ist also die „hypothetische Vermeidungsmöglichkeit“. Deshalb wird aus dem Urteil des EuGH gefolgert, dass allein die fehlende Belehrung und die damit einhergehende fehlende „Vermeidungsmöglichkeit“ ausreichend für den
764 765 766 767
So auch der BGH, NJW 2007, 357, 360 mit weiteren Nachweisen. So auch OLG Celle, NJW 2006, 1817; OLG München, NJW 2006, 1811, 1815. BGH, NJW 2007, 357, 360. Jungmann, NJW 2007, 1562, 1565.
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Nachweis der Kausalität sind.768 Der Einwand, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht auch bei ordnungsgemäßer Belehrung gar nicht ausgeübt hätte, ist irrelevant.769 Allerdings dürfte dem Kreditgeber die Möglichkeit des Gegenbeweises zu eröffnen sein. Im Ergebnis ist es auf Grund der praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts geboten, die Vermutung vom aufklärungsgerechten Verhalten auch auf die Fälle auszuweiten, in denen der Verbraucher bei ordnungsgemäßer Belehrung die Belastung mit den vom EuGH genannten Risiken hypothetisch hätte vermeiden können. Ein anderes Ergebnis wäre wertungsmäßig nicht nachvollziehbar. Der Unternehmer, der seine Pflicht zur Belehrung verletzt, kann nicht dadurch belohnt werden, dass dem Verbraucher die Beweislast dafür auferlegt wird, wie er für den Fall eines hypothetisch rechtmäßigen Verhaltens des Unternehmers gehandelt hätte. Dieses Instrument bietet sich wegen der vergleichbaren Wertungsgesichtspunkte bei der unterlassenen Belehrung über das Widerrufsrecht an, denn der BGH hatte gerade auf Grund der Überlegungen zur Schutzwürdigkeit des Aufklärungsberechtigten die Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens entwickelt.770 Hier erscheint es, insbesondere vor dem Hintergrund eines wirksamen Anreizes zur Erfüllung der Belehrungspflicht geboten, dem Unternehmer die Beweislast zur Entkräftung der Vermutung aufzuerlegen. Dieser Anreiz tendierte gegen Null, wenn der Unternehmer weiß, dass sein Verhalten wegen günstiger Beweisregeln in der Regel unsanktioniert bleiben wird. Im Bereich des Verschuldens ist hervorzuheben, dass die Widerrufsrechte und die Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht laut Gesetz objektiv bestehen und an keine zusätzlichen subjektiven Voraussetzungen geknüpft sind. Es ist mithin unerheblich, welche Pflichten der Unternehmer glaubt erfüllen zu müssen oder nicht. Allein die Tatsache, dass der Verbraucher in einer Haustürsituation nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, spricht dafür, dass es sich um ein Verhalten des Darlehensgebers handelt, das zumindest einen Fahrlässigkeitsvorwurf begründet. Darüber hinaus ist, selbst wenn ein Verschulden verlangt werden sollte, mit dem BGH die Frage aufzuwerfen, ob ein Unternehmer vor der Heininger-Rechtsprechung einen verschuldeten Rechtsirrtum unterlegen ist, wenn er den Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz belehrt hat.771 Der BGH geht hier auf die strittige Frage ein, ob die Vorschriften der damaligen § 5 Abs. 2 HWiG und § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG die Ban768 769 770 771
Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1989. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1989. BGHZ 61, 118, 121 f. Vgl. dazu Oechsler, NZG 2008, 368, 370. BGH, NJW 2007, 357, 360.
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ken in der Sicherheit wiegen lassen konnten, dass bei in Haustürsituationen geschlossenen Verbraucherdarlehen zur Finanzierung einer Immobilie mit grundpfandrechtlicher Sicherung keine Widerrufsbelehrung notwendig sei. Ein Teil der Literatur772 und der Rechtsprechung773 geht davon aus, dass bis zum Zeitpunkt der Heininger-Entscheidung des EuGH mit den Folgeentscheidungen des BGH kein Kreditinstitut damit rechnen musste, dass in den oben genannten Situationen ein Widerrufsrecht bestehe. Gegen einen Schutz des Vertrauens der Banken auf das Nichtbestehen eines Widerrufsrecht in den hier vorliegenden Fällen spricht, dass der Streit bereits weit vor dem Vorlagebeschluss des BGH in der Rechtssache Heininger bekannt war und ausgiebig diskutiert wurde.774 Dies wird vor allem an der ausführlichen Präsentation des Meinungsstandes im Vorlagebeschluss des BGH deutlich.775 Eine abschließende höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage lag noch nicht vor, so dass die Banken sich auf die h.L. in der Literatur und einige wenige Obergerichte verließen und zahlreiche Stimmen in der Literatur unberücksichtigt ließen.776 Der BGH verweist auf einen Leitfaden der Sparkassen aus dem Jahre 1991, in dem die Belehrung nach dem HWiG als „sichere Lösung“ empfohlen wurde.777 Dem Risiko, die Sanktionen einer fehlenden Belehrung tragen zu müssen, hätten die Banken durch eine vorsorgliche Belehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz entgehen können. Dem Verbraucher kann nicht zum Nachteil gereichen, dass der EuGH die Rechtsauffassung der Banken nicht bestätigt hat. Dass die Banken dieses Risiko auch für Altfälle tragen müssen, hat der EuGH eindeutig in der Heininger-Entscheidung klargestellt. Insoweit lässt sich zumindest ein Fahrlässigkeitsvorwurf begründen.778 779 Ersatzfähig ist der Schaden, der sich bei ordnungsgemäßer Belehrung nicht verwirklicht hätte.778 Ersatzfähig sind dabei nur die vom EuGH genannten Schäden779 in Form eines finanziellen Anspruchs des Verbrauchers.780 772
773 774 775 776 777 778 779
Sauer, BKR 2006, 96, 101; eingeschränkt Staudinger, NJW 2005, 3521, 3524 f., der zwar grundsätzlich kein Verschulden auf Seiten der Banken sieht, aber auf Grund europarechtlicher Vorgaben den Banken eine Exkulpationsmöglichkeit versagen möchte. LG Karlsruhe, Urteil vom 12.12.2005, 10 O 670 / 05. So auch Kulke, VuR 2007, 108, 110. BGH, NJW 2000, 521, 522. So auch Lechner, NZM 2005, 921, 926 f. BGH, NJW 2008, 1585, 1587. Vgl. dazu ausführlich Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1988 ff. Schwintowski EuZW 2005, 724, 725; Freitag WM 2006, 61, 68; a.A. Staudinger NJW 2005, 3521, 3523; für eine Entscheidung im jeweiligen Einzelfall Knops, WM 2006, 70, 73.
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780Grundsätzlich
entschärft die Hamilton-Entscheidung die gesamte Schrottimmobilienproblematik für die Fälle, in denen die gegenseitigen Leistungen bereits erbracht wurden.781 Eingeschränkt wird die Reichweite dieser Entscheidung durch zweierlei Tatsachen. Zum einen hat der deutsche Gesetzgeber die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 4 HWiG im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung nicht in das BGB integriert, so dass diese Vorschrift nur für Altfälle vor dem 1.01.2002 anwendbar ist. Praktisch dürfte die Anwendbarkeit gering sein, denn der Hintergrund der Ausübung des Widerrufsrechts durch die jeweiligen Verbraucher in den Schrottimmobilienfällen war, dass die erworbenen Immobilien nicht die gewünschten Wertentwicklungen zeigten oder nicht zu vermieten waren, so dass den Verbrauchern die Finanzierung Schwierigkeiten bereitete. Eine Erfüllung dürfte in den meisten Fällen nicht erfolgt sein.
b)
Frankreich
Wegen der unterschiedlichen Umsetzung der Widerrufsrechte fällt auch die Sanktionierung differenziert aus. Der französische Gesetzgeber hat für bestimmte Waren und Dienstleistungen den Vertrieb an der Haustür vollständig untersagt.782 Das französische Recht sieht für die Verletzung der Belehrungspflicht bei Haustürgeschäften die Sanktion der Nichtigkeit vor.783 Diese Rechtsfolge tritt auch bei unklaren Belehrungen ein. Auf die Nichtigkeit des Vertrages kann sich nur der Verbraucher berufen. Diese relative Nichtigkeit muss in einem gerichtlichen Verfahren festgestellt werden.784 Negativ anzumerken ist, dass die Geltendmachung der Nichtigkeit auf 5 Jahre beschränkt ist.785 Diese zeitliche Einschränkung des Widerrufs-
780
781 782
783 784 785
Schwintowski, EuZW 2005, 724, 725; Freitag, WM 2006, 61, 68; Ehricke, ZBB 2005, 443, 450; Schneider / Hellmann BB 2005, 2714. Für eine Übertragung der Immobilie an den Kreditgeber: OLG Bremen, NJW 2006, 1210, 1216 f.; Staudinger, NJW 2005, 3521, 3524; Fischer, DB 2005, 2509, 2510. Vgl. dazu oben § 5.C.II. Art. L. 121-33 Code de la Consommation. Dies umfasst zum einen spezielle Verbote nur für den Direktvertrieb (Goldhandel, Geldanlagen mit hohem Verlustrisiko, juristische Beratung, etc.) und zum anderen allgemeine Verbote, die damit auch den Vertrieb an der Haustür umfassen (z.B. der Verkauf von Medikamenten, Rauschgift, Zigaretten, etc.). Vgl. dazu ausführlich Liedtke, S. 95 ff. Art. L. 121-23 Code de la Consommation. Calais-Auloy / Steinmetz, S. 128, Rn. 115. Liedtke, S. 120.
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rechts dürfte gegen die Heininger-Rechtsprechung des EuGH verstoßen.786 Als weitere zivilrechtliche Sanktion sieht der Code de la Consommation eine Haftung des Unternehmers für Verstöße des Händlers vor, in dessen Namen der Händler auftritt. Dies hat zur Folge, dass der Verbraucher gem. Art. L. 121-29 Code de la Consommation seinen Schaden direkt gegenüber dem Unternehmer geltend machen kann. Weiterhin sieht das französische Recht bei Verstößen gegen die Informationspflichten in Art. L. 121-28 CCons. eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder eine Geldstrafe von bis zu 3750 ¤ vor. Diese Strafbarkeit trifft sowohl den Vertriebsmitarbeiter als auch den möglicherweise im Hintergrund agierenden Unternehmer selbst.787 Weiterhin regelt Art. L-122-8 des Code de la Consommation einen Straftatbestand der abus de faiblesse, der eine Haftstrafe von bis zu 5 Jahren ermöglicht, wenn der Unternehmer die Unwissenheit und Unterlegenheit des Verbrauchers zu einem Vertragsschluss an der Haustür ausnutzt. Ergänzt werden diese Sanktionen durch ein Verbot des Leistungsaustausches während der Widerrufsfrist.788 Der Unternehmer darf vom Verbraucher weder eine Zahlung oder sonstige Verpflichtung verlangen, noch darf der Unternehmer in dieser Frist selbst seine Leistung erbringen.789 Weiterhin kann der Verbraucher im Falle fehlender Belehrung im Wege der action civile (sog. Adhäsionsverfahren) in einem eingeleiteten Strafverfahren seinen möglicherweise erlittenen Schaden durchsetzen, Art. L. 121-31 Code de la Consommation. Dieser Schaden kann sogar geltend gemacht werden, wenn es keine Kausalität zwischen Verletzung der Vorschrift und dem Schaden gibt.790 Bei Timesharing-Verträgen hat der französische Gesetzgeber nicht die Regelungssystematik der Richtlinie übernommen. Sanktion für die unterlassene Information ist vielmehr die Nichtigkeit des Vertrages, auf die sich nur der Verbraucher berufen kann, und nicht die Verlängerung der Widerrufsfrist.791 Weiterhin können gegen den Unternehmer, der gegen Informationspflichten verstößt, Geldbußen in einer Höhe von bis zu 15.000 ¤ verhängt werden. Das französische Recht ermöglicht die Sanktionierung von juristischen Personen, bei denen die Strafe das Fünffache dessen beträgt, was im gleichen Fall für natürliche Personen vorgesehen ist.792 Wie bei der 786 787 788 789 790
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Liedtke, S. 121. Art. L. 121-21 Code de la Consommation. Art. L. 121-26 Code de la Consommation. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 114; Brenner, S. 101 f. Calais-Auloy / Steinmetz, S. 129, Rn. 115, Fußnote 2 m.w.N. auf die Rechtsprechung und Literatur. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 482. Art. 131-38 Code pénal.
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Haustürwiderrufsrichtlinie wird das Widerrufsrecht durch ein Anzahlungsverbot ergänzt, das jedoch diesmal bereits durch die Richtlinie vorgegeben ist. Ebenfalls sanktioniert wird die fehlende Angabe in Werbemaßnahmen, wo weiter führende Informationen verfügbar sind.793 Bei Fernabsatzgeschäften hat der französische Gesetzgeber die Regelungen der Richtlinie übernommen. Bei fehlender Belehrung über das Widerrufsrecht verlängert sich die Frist auf drei Monate. Wird die Information während dieser Frist erteilt, so beginnt die reguläre Frist zu laufen.794 Für die Sanktionierung der vorherigen Informationen enthält der Code de la Consommation keine ausdrückliche individualvertragliche Regelung. Der Verbraucher kann bei fehlender Belehrung über zwingende Informationen die Nichtigkeit des Vertrages gerichtlich feststellen lassen.795 Weiterhin handelt der Unternehmer ordnungswidrig (contravention de cinquième classe), wenn er dem Verbraucher die vorgeschriebenen Informationen nicht übermittelt.796 Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen beginnt die Widerrufsfrist erst mit der Übermittlung aller Informationen.797 Wie bereits bei den Ausführungen zu den Sanktionen bei Verletzung der Informationspflichten über die wesentlichen Eigenschaften der Sache oder Dienstleistung aufgezeigt798, ermöglicht die Tatsache, dass es sich bei den Umsetzungsvorschriften um solche der ordre public handelt, dem Verbraucher sich bei Verstößen gegen die Informationspflichten auf die Nichtigkeit des Vertrages zu berufen.799 Des Weiteren stehen die oben bereits vorgestellten kollektiven Durchsetzungs- und Klageinstrumente zur Sanktionierung der fehlenden Belehrung zur Verfügung.800 Die Rückabwicklung nach erfolgtem Widerruf ist in Frankreich ebenfalls nicht einheitlich geregelt. Im Bereich der Haustürgeschäfte stellt sich die Frage der Rückabwicklung wegen des Verbots des Leistungsaustausches während des Laufs der Widerrufsfrist nicht. Ähnliches gilt im Timesha793 794 795 796 797 798 799
800
Art. L. 121-70 Nr. 2 Code de la Consommation. Art. L-121-20 Code de la Consommation. Calais-Auloy / Steinmetz, S. 108, Rn. 99. Art. R-121-1 Code de la Consommation. Art. L. 120-20-12 Abs. 1 des Code de la Consommation. Vgl. § 9.B.II.1.b.bb. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 57; Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 107. Vgl. oben unter § 9A.II. Verbraucherorganisationen können im Wege der action civil vorgehen, um einen Schadensersatzanspruch im kollektiven Interesse der Verbraucher geltend zu machen, und weiterhin eine action en cessation betreiben, Art. 421-6 Code de la Consommation. Vgl. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 115; Picod / Davo, Droit de la Consommation, Rn. 90.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
ringrecht. Übt der Verbraucher sein Widerrufsrecht aus, können von ihm lediglich die Kosten verlangt werden, die notwendigerweise angefallen sind.801 Bei der Ausübung des Widerrufsrechts im Fernabsatz können dem Verbraucher lediglich die Kosten der Rücksendung der Sache auferlegt werden. Zahlungen des Verbrauchers sind innerhalb von 30 Tagen zu erstatten. Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen darf mit der Erbringung der Finanzdienstleistung erst nach Ablauf der Widerrufsfrist begonnen werden, soweit der Verbraucher nicht dem Beginn vorab zustimmt. Dem Verbraucher können bei Ausübung des Widerrufsrechts lediglich die anteiligen, bis zum Widerruf entstandenen Kosten der Finanzdienstleistung auferlegt werden. Dies gilt jedoch nur, wenn er über die Kosten informiert wurde.802 Für den in Deutschland so streitanfälligen Komplex der Immobiliarkredite, die in Haustürsituationen abgeschlossen werden, gibt es im französischen Recht keine Entsprechung. Zum einen gab es in Frankreich keine vergleichbaren Fallgestaltungen, die u.a. zu einem massenhaften Abschluss von fremdfinanzierten Immobilienkaufverträgen in Haustürsituationen führten. Zum anderen steht die Ausgestaltung des französischen Rechts im Bereich des Abschlusses von Darlehensverträgen zur Finanzierung einer Immobilie dem Entstehen ähnlicher Sachverhalte entgegen.803 Der Darlehensgeber ist verpflichtet, dem möglichen Darlehensnehmer per Post ein schriftliches Vertragsangebot zu übermitteln. Der Verbraucher kann das Angebot erst 10 Tage nach Erhalt des schriftlichen Angebots annehmen, Art. 312-10 Abs. 2 Code de la Consommation. Es ist somit kaum vorstellbar, dass ein Verbraucher einen Darlehensvertrag in einer Haustürsituation schließt. Sollte der Immobilienkaufvertrag in einer Haustürsituation zustande kommen, ist dem Verbraucher ein Widerruf nach den Vorschriften über Haustürgeschäfte möglich.804
c)
Großbritannien
Im Oktober 2008 wurden die Regelungen zur Umsetzung der Haustürwiderrufsrichtlinie neu gefasst.805 Rechtsfolge der unterlassenen Information des Verbrauchers bei Haustürgeschäften ist, dass der Vertrag vom Unternehmer nicht gerichtlich durchgesetzt werden kann. Der Verbraucher kann jedoch 801 802 803 804 805
Art. L. 121-64 Abs. 2 Code de la Consommation. Art. L. 121-20-13 Code de la Consommation. Liedtke, S. 101 ff. Calais-Auloy / Steinmetz, Rn. 117. Consumer Protection (The Cancellation of Contracts made in a Consumer’s Home or Place of Work etc.) Regulations 2008; S.I. 2008 Nr. 1816.
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die Erfüllung des Vertrages verlangen. Hat der Unternehmer bereits an den Verbraucher geleistet, so kann der Unternehmer die Leistung nicht zurückverlangen.806 Als weitere Sanktion sieht Reg. 17 CPR die Strafbarkeit der unterlassenen oder nicht ordnungsgemäßen Belehrung des Verbrauchers vor. Es können Geldstrafen von bis zu 5000 £ verhängt werden. Diese entfallen gem. Reg. 18 CPR nur, wenn der Unternehmer nachweisen kann, dass er alle notwendigen Maßnahmen mit ausreichender Sorgfalt ergriffen hat, um einen Verstoß gegen die CPR zu vermeiden. Weiterhin werden sogenannte Trading Standard Departments dazu ermächtigt, Sanktionen wegen Verstößen gegen Informationspflichten durchzusetzen. Bei Fernabsatzverträgen wurde die Richtlinie eins zu eins umgesetzt. Das bedeutet, dass bei Fernabsatz-Verträgen das Fehlen der vorherigen Information nicht ausdrücklich durch die entsprechende Verordnung individualvertraglich sanktioniert wird. Lediglich wenn eine Bestätigung der Information unterbleibt, hat der Verbraucher eine verlängerte Widerrufsfrist. Ansonsten wird das OFT mit der Verfolgung von Verstößen gegen die Verordnung, mithin auch von Verstößen gegen die Pflicht zur vorherigen Information des Verbrauchers beauftragt. Bei der Umsetzung der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen regelt die englische Umsetzungsverordnung nur den Fall der verspäteten Erteilung der Information. In diesem Fall beginnt die Widerrufsfrist erst, wenn dem Verbraucher nachträglich die Informationen korrekt erteilt wurden.807 Ausdrücklich wird der Fall einer vollständig unterbliebenen Belehrung nicht geregelt. Aus dem Regelungszusammenhang der Vorschrift kann aber abgeleitet werden, dass die Frist überhaupt nicht beginnt, wenn der Unternehmer den Verbraucher nicht korrekt informiert. Bei Timesharingverträgen kann der Erwerber jederzeit sein Widerrufsrecht ausüben, wenn er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.808 Zusätzlich kann der Vertrag nicht gegenüber ihm durchgesetzt werden. Dieses Recht entfällt, wenn der Erwerber den Vertrag zu einem Zeitpunkt, der eine Frist von 14 Tagen nach Vertragsschluss überschreitet, gegenüber dem Unternehmer den Vertrag bestätigt.809 Neben den individualrechtlichen Möglichkeiten des Verbrauchers gegen Informationspflichtverletzungen vorzugehen, gibt es im englischen Recht auch kollektivrechtliche Instrumente zum Schutz des Verbrauchers.810
806 807 808 809 810
Noch zum alten Recht: Hill-Smith, The Law Society’s Gazette, 1988, 37, 38. Reg. 10 (3) der Financial Services (Distance Marketing) Regulations 2004. Sec. 5 Timeshare Act 1992. Sec. 5 (3) Timeshare Act 1992. Vgl. oben unter § 9.A.III.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Großbritannien hat ebenfalls die Rückabwicklung spezifisch für jedes Rechtsgebiet geregelt. Im Fall der Ausübung des Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften kann der Verbraucher die Rückerstattung sämtlicher Zahlungen verlangen. Hinsichtlich der gelieferten Sache hat der Verbraucher diese grundsätzlich zu verwahren und zur Abholung durch den Unternehmer bereit zu halten. Bei Timesharingverträgen hat der britische Gesetzgeber über die Vorgaben der Richtlinie hinaus vorgesehen, dass dem Verbraucher keine Kosten infolge der Ausübung des Widerrufsrechts auferlegt werden können.811 Im Fernabsatzrecht können dem Verbraucher nur die Kosten der Rücksendung vertraglich auferlegt werden. Beim Fernabsatz von Finanzdienstleistungen kann der Verbraucher mit den anteiligen Kosten der bisher erbrachten Dienstleistungen belastet werden, wenn er darüber informiert wurde und die Kosten im angemessenen Verhältnis zur gesamten vertraglichen Belastung stehen. Auch für Großbritannien gibt es keine vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen wie bei den deutschen „Schrottimmobilienfällen“. Ähnlich wie in Frankreich hat es in Großbritannien keinen intensiven Vertrieb von Steuersparmodellen an der Haustür gegeben. Die Vorschriften über Haustürgeschäfte schließen Verträge über die Finanzierung eines Kaufes von Immobilien vom Anwendungsbereich aus. Das britische Recht sieht in seinem Verbraucherkreditrecht keine Vorschriften für den finanzierten Erwerb von Immobilien vor.
3.
Bewertung
Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben bei der Sanktionierung der unterlassenen oder falschen Belehrung über das Widerrufsrecht auf den ersten Blick unterschiedliche Wege beschritten. Im Ergebnis sind die Instrumente aber vergleichbar. Die Besonderheit an der deutschen Lösung ist die „ewige Widerrufsfrist“ bei unterlassener Belehrung, richtiger jedoch der fehlende Beginn der Frist bei fehlender Belehrung, über den Anwendungsbereich der Haustürwiderrufsrichtlinie hinaus. Dies führt dazu, dass der Vertrag solange widerruflich bleibt, bis der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Recht belehrt wurde. Der Unternehmer muss in seine Kalkulation einbeziehen, dass er den Vertrag rückabwickeln muss, wenn der Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Gebrauch macht. Die Gefahr der Kenntniserlangung schwebt latent über dem Vertrag und ist nicht durch eine Ausschlussfrist von 6 Monaten wie beim § 355 Abs. 3 BGB a.F. vor dem Heininger-Urteil des EuGH begrenzt. Bei einer solch kurzen Frist ist 811
Sec. 5 (8) Timeshare Act 1992.
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das Risiko der Kenntniserlangung durch den Verbraucher überschaubar und der Unternehmer kann durchaus bewusst eine fehlende Belehrung in Kauf nehmen. Negativ lässt sich an dieser Lösung bewerten, dass der Verbraucher, trotz seines formal immer noch bestehenden Rechts zu widerrufen, durch praktische und psychologische Gründe von der Ausübung seines Rechts abgehalten werden könnte. So kann der Verbraucher nach längerer Zeit keine genaueren Erinnerungen an die Umstände des Vertragsschlusses haben.812 In der Literatur wird ebenfalls vorgebracht, dass die Neigung des Verbrauchers den Vertrag zu widerrufen abnehme, da die Investition aus Sicht des Verbrauchers „abgehakt sei“.813 Ebenfalls diskutiert wird die Frage der fehlenden Rechtssicherheit durch die unbefristete Widerrufsfrist.814 Diese Frage dürfte durch das Heininger-Urteil des EuGH geklärt sein. Der EuGH hatte ausdrücklich darauf verwiesen, dass es jederzeit in der Hand des Unternehmers liege durch eine korrekte Belehrung für Rechtssicherheit zu sorgen.815 Frankreich und das Vereinigte Königreich haben bei der Haustürwiderrufsrichtlinie eigene Wege bei der Sanktionierung beschritten. Dieser Ansatz hat sich bei den weiteren Richtlinien nicht fortgesetzt. Kritisch zur französischen Lösung lässt sich anmerken, dass der Verbraucher erst die Nichtigkeit seines Vertrages gerichtlich feststellen lassen muss. Dieses Verfahren kann die Rechte des Verbrauchers einschränken, wenn er vor dem Risiko eines Prozesses zurückscheut. Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich im Bereich der rein zivilrechtlichen Sanktionen kaum Unterschiede in den drei Mitgliedstaaten erkennen lassen. Zwar werden andere Regelungsinstrumente benutzt, jedoch macht es für den Verbraucher kaum einen Unterschied, ob er ein unbefristetes Widerrufsrecht besitzt, sich auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen kann oder der Vertrag ihm gegenüber nicht durchsetzbar ist. Die Kritik an der deutschen Regelung, dass die Wirksamkeit des Widerrufsrechts von der Kenntnis des Verbrauchers abhängt, mag zwar zutreffen.816 Dieser Einwand gilt aber ebenso für die französische Lösung bei Haustürgeschäften. Der Verbraucher muss sich auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen und diese gerichtlich feststellen lassen. Auch die britische Lösung, dass der Vertrag gegenüber dem Verbraucher nicht durchsetzbar ist, hängt von der 812 813
814 815 816
Lerche, S. 121. Lerche, S. 122. Mit ähnlichen Argumenten Schwintowski, in: Schulze / Ebers / Grigoleit, 257, 267, 278. Lerche, S. 122. EuGH, Urteil v. 13.12.2001, C-481 / 99, Rn. 47. Lerche, S. 120 f.
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Sanktionsregime in den Mitgliedstaaten
Kenntnis des Verbrauchers ab. Die Kritiker der deutschen Lösung vermischen die Frage der grundsätzlichen Wirksamkeit eines Instrumentes und der dazu notwendigen Kenntnis des Verbrauchers über diese Rechte. Alle nationalen Lösungen zur Sanktionierung einer fehlenden Belehrung über das Widerrufsrecht sind wenig wirksam, wenn der Verbraucher nicht weiß, dass sein Vertrag möglicherweise nichtig ist (Frankreich) oder dass er nicht gegenüber ihm durchsetzbar ist (Großbritannien) und er dem Unternehmer den Kaufpreis zahlt. Die drei Staaten haben den Vorgaben der Richtlinien genügt, indem sie zum einen zivilrechtliche Sanktionen an die fehlende Belehrung über das Widerrufsrecht geknüpft haben, die dem Verbraucher die Möglichkeit geben, sich vom Vertrag zu lösen, wenn er dies wünscht, und zum anderen durch Unterlassungsklagen eine kollektivrechtliche Sanktionierung ermöglichen. Die individualvertragliche Sanktionierung geschieht durch unterschiedliche Instrumente, die sich nicht in jedem Mitgliedstaat zur Anwendung bringen ließen. So wäre die Figur des nicht gegen den Verbraucher durchsetzbaren Vertrages (not enforceable) in Deutschland nicht integrierbar, da es sich um eine Mischung aus einem materiellen und prozessrechtlichen Instrument handelt, die das deutsche Recht nicht kennt. Trotzdem wird der Verbraucher durch die jeweiligen nationalen Regelungen ausreichend geschützt.
Kapitel 4 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse 1. Einfluss der europäischen Verbraucherschutzpolitik Die europäischen Verbraucherschutzrichtlinien haben das nationale Verbrauchervertragsrecht in Deutschland, Frankreich und Großbritannien tief beeinflusst. Die ausführlichen Informationspflichtenkataloge wurden in die nationalen Kodifikationen wie das BGB oder den Code de la Consommation integriert. Auch im englischen Recht, das bei der Statuierung von ausdrücklichen Informationspflichten zurückhaltend ist, sind die zahlreichen Informationspflichten Teil der Rechtsordnung geworden. Das Prinzip des Vorrangs der Informationserteilung vor der Regelung zwingender Vorgaben für den Vertragsinhalt ist im Bereich des Verbraucherrechts etabliert. Infolge dieser Umsetzung hat sich auch der überwiegend marktordnungsrechtliche Ansatz der gemeinschaftsrechtlichen Verbraucherschutzpolitik, der Verbraucherschutz durch Information als Mittel zur Förderung von Effizienz und Innovation auf den Märkten sieht, in den hier untersuchten Mitgliedstaaten durchgesetzt.
2. Regelung von Informationspflichten und Grad der Vereinheitlichung Das Gemeinschaftsrecht legt dem Unternehmer Informationspflichten auf, wenn sich der Verbraucher auf Grund der Situation des Vertragsschlusses in einer ungünstigen Informationslage befindet oder auf Grund des Vertragsgegenstandes eine umfassende Information notwendig ist. Die Haustürwiderrufsrichtlinie ist hinsichtlich der Informationspflichten insoweit lückenhaft, weil sie lediglich die Information über das Widerrufsrecht vorschreibt. Die übrigen untersuchten Richtlinien sind mit Blick auf das Ziel einer informierten Entscheidung des Verbrauchers vollständig. In den nationalen Rechtsordnungen sind die Informationspflichten auf Grund der Richtlinienvorgaben harmonisiert. Teilweise haben die Mitgliedstaaten durch den Gebrauch der Minimumharmonisierungsklauseln in den Richtlinien weiter gehende Informationspflichten statuiert. Dieser Trend
194
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
wird durch die zunehmende Maximalharmonisierung der Richtlinien begrenzt werden, soweit die Richtlinien keine Öffnungsklauseln zur Regelung weiterer Informationspflichten enthalten.817
3. Zusammenfassung der Informationspflichten Die umfassenden Listen von Informationspflichten lassen sich zu einer Kernliste wesentlicher Informationspflichten zusammenfassen.818 Dazu zählen die Informationspflichten über die Identität des Unternehmers, die leistungsbezogenen Pflichten (wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung, Preis und Liefer-, Leistungs- und Zahlungsbedingungen), die Beschwerdesysteme und das Widerrufsrecht. Eine Straffung der Pflichten ist nicht nur bei vertriebsrechtlichen Richtlinien möglich, sondern auch bei den speziellen Pflichten für Pauschalreise- und Timesharingverträge. Eine derartige Zusammenfassung der Pflichten empfiehlt sich für zukünftige Gesetzgebungsverfahren, da der Verbraucher nur eine begrenzte Anzahl an Informationen verarbeiten kann. Darüber hinausgehende Informationspflichten gefährden eher das Ziel einer informierten Entscheidung des Verbrauchers.
4. Funktionen der Informationspflichten und adäquate Sanktionen Die Informationspflichten verfolgen sowohl einen individualschützenden als auch einen marktordnungsrechtlichen Zweck. Lediglich die Informationen über den Anbieter und die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe haben nahezu ausschließlich marktordnungsrechtlichen Charakter. Die Informationen über die leistungsbezogenen Pflichten (wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung, Preis und Liefer-, Leistungs- und Zahlungsbedingungen) und das Widerrufsrecht sind sowohl individual- als auch marktordnungsrechtlicher Natur. Vor dem Hintergrund dieser Aufgabenzuweisung lassen sich funktionsspezifische Sanktionen ermitteln. Während Verletzungen der Informationen über den Anbieter und die zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe mit kollektivrechtlichen und staatlichen Mitteln sanktioniert werden
817
818
Bisher folgen u.a. die Richtlinien über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, die Lauterkeitsrichtlinie, die Verbraucherkreditrichtlinie und neue Timesharingrichtlinie diesem Prinzip. Vgl. oben § 4.B.
6. Nationale Sanktionierung
195
müssen, können die übrigen Pflichten wegen ihrer Doppelfunktion individual- als auch kollektivrechtlich durchgesetzt und sanktioniert werden.
5. Gemeinschaftsrechtliche Vorgaben für die Sanktionierung Das Gemeinschaftsrecht regelt nur rudimentär Sanktionen für die Verletzung von Informationspflichten. In der Regel wird die Widerrufsfrist verlängert oder beginnt nicht zu laufen, wenn der Unternehmer Informationen über das Widerrufsrecht oder andere wesentliche Informationen nicht erteilt. Soweit diese Sanktion, wie bei der Richtlinie über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen, auf alle Informationen ausgeweitet wird, ist darin im Hinblick auf die unterschiedliche Bedeutung der jeweiligen Informationspflicht eine überschießende Sanktionierung zu sehen, die dem Unternehmer Anreize zur korrekten Information geben soll. Die Mitgliedstaaten haben auf Grund der allgemeinen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts eine effektive, wirksame und abschreckende Sanktionierung zu gewährleisten. Den Mitgliedstaaten steht innerhalb dieser Vorgaben ein Ermessensspielraum bei der Sanktionierung von Informationspflichtverletzungen zu. Die Ausübung dieses Ermessens wird vom EuGH auf seine praktische Wirksamkeit hin überprüft. Die am effet-utile-Grundsatz orientierte Rechtsprechung des EuGH hat dabei, wie die Rechtsprechung in den Rechtssachen Schulte und Crailsheimer Volksbank gezeigt hat, teilweise pönalen Charakter, wodurch wiederum ein Anreiz zur korrekten Informationserteilung gesetzt wird. Diese vom EuGH geforderte Sanktionierung bereitet den Mitgliedstaaten, wie sich bei der Umsetzung der Vorgaben der Rechtsprechung des EuGH in den genannten Rechtssachen in Deutschland gezeigt hat, Probleme. Mit einer richtlinienkonformen Auslegung kann aber eine gemeinschaftsrechtskonforme Lösung erreicht werden.
6. Nationale Sanktionierung Das nationale Recht muss Mittel zur Verfügung stellen, mit denen der Anspruch auf eine informierte Entscheidung durchgesetzt werden kann. Die untersuchten nationalen Rechtsordnungen enthalten derartige Instrumente, die den europarechtlichen Forderungen nach einer effektiven, wirksamen und abschreckenden Sanktionierung gerecht werden. Bei der Verletzung der leistungsbezogenen Informationspflichten führen die allgemeinen Instrumente des Zivilrechts zu Ergebnissen, die für einen wirksamen Schutz des Verbrauchers sorgen. Dabei sind vor allem die Regelungen zum Vertrags-
196
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
schluss, die Rücktrittsrechte, die Anfechtung, die Widerrufsrechte sowie die Nichtigkeitsfolge zu nennen. Durch die Verbindlichkeit der vorvertraglichen Informationen werden diese im Falle eines Vertragsschlusses Vertragsinhalt. Das hat zur Folge, dass eine Abweichung von den Informationen die vertragsrechtlichen Rechtsbehelfe zur Anwendung bringen kann. Für den Bereich des Kaufrechts sind die Vorschriften durch die Verbrauchsgüterkaufrichtlinie harmonisiert, so dass der Verbraucher darauf vertrauen kann, dass europaweit die dort geregelten Gewährleistungsrechte zur Verfügung stehen. Sollte es infolge der Verletzung von Informationspflichten zu einem Schaden für den Verbraucher gekommen sein, kann der Verbraucher in allen drei untersuchten Staaten den dadurch entstandenen Schaden ersetzt verlangen. Für die Fälle, in denen sich eine individuelle Durchsetzung der Verbraucherrechte aus wirtschaftlichen Gründen nicht als lohnenswert erweist oder es zu keinem Vertragsschluss gekommen ist, stellen die nationalen Rechtsordnungen verschiedene kollektivrechtliche und staatliche Sanktionsmechanismen bereit, um in diesen Fällen die marktordnungsrechtliche Komponente der Informationspflichten zur Geltung zu bringen. Der kollektive Rechtsschutz wird in Deutschland privat durch Verbraucherschutzverbände und Mitwettbewerber durchgesetzt, während in Großbritannien traditionell mittels codes of conduct und staatlicher Behörden wie dem Department of Trade and Industry die Einhaltung des Verbraucherrechts überwacht wird. Frankreich setzt bei der Durchsetzung des Verbraucherrechts auf Verbraucherschutzverbände, die bereits vor Erlass der entsprechenden Richtlinien über umfangreiche Befugnisse verfügten, und eine staatliche Aufsicht durch die Direction générale de la concurrence, de la consommation et de la répression des fraudes (DGCCRF). Ergänzt werden diese Befugnisse durch empfindliche strafrechtliche Sanktionen. Die Einhaltung preisbezogener Informationen wird auf Grund der Vorgaben der Preisangabenrichtlinie in allen drei Staaten vornehmlich durch eine staatliche Aufsicht beobachtet. Letztlich stellt das französische Recht mit der langen Tradition beim Schutz kollektiver Verbraucherinteressen u.a. mit der action civil die wirksamsten Instrumente zur Verfügung. Die Wirksamkeit der Sanktionierung mit kollektivrechtlichen Mitteln dürfte in den Mitgliedstaaten vor allem durch die finanzielle Ausstattung der Verbraucherverbände und die Kenntnisse der Verbraucher über ihre Rechte beeinflusst werden. Deshalb sollte im Bereich der Verbraucherpolitik ein Schwerpunkt auf die Verbesserung der bestehenden Instrumente und Informationskampagnen gelegt werden, bevor weitere Instrumente durch die EU-Kommission, beispielsweise in Form einer Sammelklage, eingeführt werden.
7. Bewertung der nationalen Ansätze
197
7. Bewertung der nationalen Ansätze Die drei Mitgliedstaaten haben bei der Regelung von Sanktionen innerhalb der Vorgaben des Gemeinschaftsrechts gehandelt. Die unterschiedlichen Ansätze bei der Durchsetzung des Verbraucherrechts wurden in allen drei Staaten beibehalten. Deutschland legt den Schwerpunkt auf die zivilrechtliche Sanktionierung verbunden mit der kollektivrechtlichen Ahndung von Verstößen gegen Informationspflichten durch Verbraucherschutzverbände und Wettbewerber. Frankreich setzt durch die drohende Rechtsfolge der Nichtigkeit im zivilrechtlichen Bereich und die Regelungen von Freiheitsund Geldstrafen sowie durch starke kollektivrechtliche Instrumente einen Anreiz zur Einhaltung der Informationspflichten. In Großbritannien wird die Einhaltung des Verbraucherrechts hauptsächlich durch staatliche Behörden überwacht. Nachdem Frankreich bei der Umsetzung der Haustürwiderrufs- und Timesharingrichtlinie und Großbritannien bei Haustürgeschäften noch ausdrücklich zivilrechtliche Sanktionen geregelt hatten, beschränken sich die Staaten mittlerweile auf die Umsetzung der gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Verlängerung der Widerrufsfrist.
8. Vorschlag für zukünftige Vorhaben Bei zukünftigen Richtlinienvorhaben sollte die Anzahl der ausdrücklichen Informationspflichten drastisch reduziert werden. Hierbei könnte die in dieser Untersuchung vorgenommene Ordnung der Informationspflichten als Grundlage dienen. Dies gilt auch für Richtlinien, die auf Grund des Vertragsgegenstandes ausführliche Informationspflichtenkataloge enthalten. Selbst wenn für diese Verträge, insbesondere Pauschalreise- und Timesharingverträge, die Regelung spezieller Informationspflichten als unerlässlich angesehen werden sollte, dürfte sich eine Ordnung der verschiedenen Gruppen von Informationspflichten hinsichtlich ihrer Funktionen empfehlen. Für eine umfassende Harmonisierung der Sanktionen für Informationspflichtverletzungen ergibt sich aus der vorliegenden Analyse kein Bedarf, da die nationalen Rechtsordnungen den europäischen Vorgaben gerecht werden. Die drei Staaten gewährleisten eine im Rahmen der nationalen Rechtstraditionen effektive und funktionierende Sanktionierung.819 Hingegen dürfte mit Blick auf das Binnenmarktziel der Richtlinien eine Verein819
Im Rahmen des Consumer Law Compendiums wurde die Situation in den anderen Mitgliedstaaten untersucht. In einem Großteil der Länder scheint ein vergleichbarer Schutz zu bestehen, so dass auch dort keine eindeutige Notwendigkeit für
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Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
heitlichung der Widerrufsrechte sowohl für den Verbraucher als auch für den Unternehmer Vorteile bringen. Eine Harmonisierung dieses Instruments und der Rechtsfolgen bei einer unterlassenen Belehrung erleichtert dem Unternehmer die Einhaltung seiner Pflichten, da Unternehmen ansonsten die Anforderungen an Belehrungen in 27 Mitgliedstaaten erfüllen müssten. Hierzu könnte auch die zwingende Übermittlung eines Formulars zur Ausübung des Widerrufsrechts, die in Frankreich und Großbritannien für einige Geschäfte vorgeschrieben ist, eine Verbesserung des Verbraucherschutzes bringen, da ein solches Formular dem Verbraucher die Ausübung des Widerrufsrechts auch bei grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften erleichtern könnte. Sollte sich die Kommission trotzdem für eine umfangreiche Festschreibung von Sanktionen auf Richtlinienebene entscheiden, gilt es die Auswirkungen auf das nationale Vertragsrecht sorgsam zu analysieren. Eine ausdrückliche Regelung weiterer Sanktionen kann zu weiten Eingriffen in die nationalen Rechtsordnungen führen, denn es ist für den europäischen Gesetzgeber unter Umständen gar nicht absehbar, welche Folgen er in den Rechtsordnungen der mittlerweile 27 Mitgliedstaaten auslöst, wenn er konkrete Sanktionsvorgaben macht. Bei der Analyse der Folgen könnten die Arbeiten an einem Gemeinsamen Referenzrahmen helfen.820 Dieser Referenzrahmen soll zunächst als „Tool-Box“ für mögliche EU-Gesetzgebung dienen, um eine einheitliche und kohärente Rechtsetzung auf europäischer, aber auch auf nationaler Ebene zu erreichen.821
820
821
eine Regelung eines einheitlichen Sanktionsregimes für Informationspflichtverletzungen gesehen wurde. Vgl. dazu Twigg-Flesner, in: Schulte-Nölke / TwiggFlesner / Ebers, S. 493. Principles, Definitions and Model Rules of European Private Law – Draft Common Frame of Reference (DCFR), Study Group on a European Civil Code und der Research Group on EC Private Law (Acquis Group) (Hrsg.), München, 2009. Vgl. dazu u.a. umfassend: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, Entstehung, Inhalte, Anwendung, München, 2009; Pfeiffer, AcP 2008, 227 ff.; Ernst, AcP 2008, 248 ff. Kritisch Eidenmüller / Faust / Grigoleit / Jansen / Wagner / Zimmermann, JZ 2008, 529 ff. m.w.N.; Jansen / Zimmermann, NJW 2009, 3401 ff. Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161 ff.; Pfeiffer, AcP 2008, 227, 242; Schulte-Nölke / von Bar, ZRP 2005, 165.
9. Ausblick
199
9. Ausblick Das Europäische Verbrauchervertragsrecht wird weiterhin einer der Schwerpunkte der europäischen Harmonisierungsbemühungen sein. Insbesondere die Verbraucherkreditrichtlinie822 und die Timesharingrichtlinie823 lösen in den Mitgliedstaaten Umsetzungsbedarf aus, der sich insbesondere auch auf den Bereich der Informationspflichten und deren Sanktionierung erstrecken wird. Ebenfalls noch nicht in allen Mitgliedstaaten umgesetzt ist die Lauterkeitsrichtlinie, die den Grundsatz der Maximalharmonisierung verfolgt.824 Die Kommission strebt zusätzlich eine Überarbeitung der Pauschalreiserichtlinie an. Nach Auswertung der Konsultation im Rahmen des Grünbuchs hat die EU-Kommission am 8.10.2008 ihren Vorschlag einer Richtlinie über Rechte der Verbraucher vorgelegt.825 In dieser Richtlinie werden die Regelungen der Hauswiderrufs-, Fernabsatz-, Klausel- und Verbrauchsgüterkaufrichtlinie zusammengefasst. Neben einheitlichen Definitionen für die Begriffe des Verbrauchers und des Unternehmers schlägt die EU-Kommission auch vor, die Informationspflichten in einem separaten Kapitel zu regeln. In Art. 5 des Vorschlags werden Informationen geregelt, über die der Gewerbetreibende-
822
823
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825
Richtlinie 2008 / 48 / EG vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87 / 102 / EWG des Rates; Abl. EU vom 22.5.2008, L 133 / 66. Die Richtlinie muss bis zum 12.05.2010 ins nationale Recht umgesetzt werden. Richtlinie 2008 / 122 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Januar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträgen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschverträgen. Abl. EU vom 3.2.2009, L 33 / 10. Die Richtlinie muss bis zum 23.2.2011 umgesetzt werden. Vgl. dazu die Informationsseite der EU-Kommission, auf der die bereits erfolgten nationalen Umsetzungen dokumentiert sind: http: // ec.europa.eu / consumers / cons_int / safe_shop / fair_bus_pract / index_de.htm. Vorschlag für eine Richtlinie über die Rechte der Verbraucher, KOM (2008) 614 endg. vom 8.10.2010. Im Dezember 2009 hat sich der Rat mit dem Entwurf beschäftigt. Vgl. zum Entwurf Howells / Schulze (Hrsg.), Modernising and Harmonising Consumer Contract Law, München, 2009; Schulte-Nölke / Tichy (Hrsg.), Perspectives for European Consumer Law – Towards a Directive on Consumer Rights and Beyond, München, 2010; Twigg-Flesner / Metcalfe, European Review of Contract Law 2009, 368 ff.; Tonner / Tamm, JZ 2009, 277 ff.
200
Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse
den Verbraucher vor Abschluss eines Kauf-826 oder Dienstleistungsvertrages827 informieren muss, sofern sich die Angaben nicht bereits unmittelbar aus den Umständen ergeben. Art. 5 Abs. 3 des Richtlinienvorschlags schreibt vor, dass die in Abs. 1 genannten Informationen Bestandteil des jeweiligen Vertrages werden. Art. 6 des Vorschlags regelt die Rechtsfolgen einer Verletzung der Informationspflicht. Als spezielle Sanktion ist vorgesehen, dass der Gewerbetreibende die Liefer-, Fracht- und Zustellkosten nicht verlangen darf, wenn er über die Möglichkeit der Kostentragung nicht informiert hat. Im Übrigen richten sich die Folgen der Verletzung der Informationspflichten nach innerstaatlichem Recht. Den Mitgliedstaaten wird jedoch aufgegeben, für wirksame vertragliche Rechtsbehelfe zu sorgen. Für den Fall der fehlenden Aufklärung über das Widerrufsrecht sieht Art. 13 vor, dass die Widerrufsfrist 3 Monate nach vollständiger Leistungserbringung durch den Gewerbetreibenden abläuft. Schließlich enthält Art. 42 des Vorschlags die allgemeine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung der auf Grund der Richtlinie ergangenen nationalen Vorschriften vorzusehen. Das Ziel der Kommission, in einer Rahmenrichtlinie gemeinsame Aspekte der verschiedenen Verbraucherschutzrichtlinien zu regeln, verdient Zustimmung und ist nach den Ergebnissen der Überprüfung des gemeinsamen Besitzstandes nahezu zwingend, da das Ziel der Vereinheitlichung des Verbraucherrechts schon wegen der fehlenden Kohärenz der erlassenen Richtlinien kaum erreicht werden konnte. Insoweit verdient auch Zustimmung, dass der Entwurf in Art. 5 allgemeine Informationspflichten aufstellt. Ebenso schließt der Richtlinienvorschlag in Art. 9 die derzeit europarechtlich bestehende Regelungslücke hinsichtlich der Informationspflichten bei Haustürgeschäften. Weniger nachvollziehbar ist hingegen die Regelung der Sanktionen in Art. 6 Abs. 1 des Vorschlags. Es verwundert, warum gerade für die Informationen über die Liefer-, Fracht- und Zustellkosten eine ausdrückliche Sanktion vorgesehen ist, für andere wesentliche Informationen hingegen nicht. Dies gilt umso mehr, als die Vorschrift eine klarstellende Funktion haben dürfte, da ihre Vorgabe in den hier untersuchten Staaten bereits geltendes Recht ist oder durch Auslegung erreicht werden kann. 826
827
Als Kaufvertrag wird in Art. 2 Abs. 3 des Vorschlags jeder Vertrag über den Verkauf von Waren durch den Gewerbetreibenden an den Verbraucher unter Einschluss von gemischten Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben, definiert. Dienstleistungsvertrag ist gem. Art. 2 Abs. 5 jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und der die Erbringung einer Dienstleistung durch den Gewerbetreibenden an den Verbraucher zum Gegenstand hat.
9. Ausblick
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Kritikwürdig ist zudem die Vorgabe, dass die Mitgliedstaaten für die Verletzung aller Informationspflichten des Art. 5 der Richtlinie vertragsrechtliche Rechtsbehelfe vorzusehen haben. Damit wird unabhängig von der Funktion der Informationspflicht ein individueller Rechtsbehelf gefordert, selbst wenn es sich um Informationspflichten handelt, die nahezu ausschließlich marktordnungsrechtlicher Natur sind, wie z.B. die Pflichten in Art. 5 Abs. 1 lit. b und f 828 sowie lit. d bezogen auf das Beschwerdeverfahren. Wie derartige vertragliche Rechtsbehelfe aussehen sollen, bleibt fraglich. Eine Verlängerung der Widerrufsfrist kann damit nicht gemeint sein, da dieses Recht auf Grund des Wortlauts des Vorschlags neben den Sanktionen des Art. 6 bestehen bleiben soll. Der Richtlinienvorschlag weist hinsichtlich der Regelung von Informationspflichten in die richtige Richtung. Sollte der Gemeinschaftsgesetzgeber die Regelung zivilrechtlicher Sanktionen beabsichtigen, die über die Verlängerung der Widerrufsfrist hinaus gehen, bringen pauschale, die Funktion der Informationspflicht nicht berücksichtigende Sanktionen keinen Fortschritt. Vielmehr müssen diese Sanktionen die Funktion der jeweiligen Informationspflicht berücksichtigen. 828
Dabei handelt es sich um die Informationen über die Identität des Unternehmers und die Kundendienstleistungen.
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Marktsteuerung durch Abschöpfungsansprüche, JZ 2006, 890-895.
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