Sanktionen bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung: Eine Untersuchung am Beispiel des elektronischen Geschäftsverkehrs sowie sonstiger Fernabsatzverträge. Dissertationsschrift 9783161582356, 9783161582363, 3161582357

Vorvertragliche Informationspflichten haben sich zu einem bedeutenden Instrument des Verbraucherschutzrechts entwickelt.

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German Pages 402 [429] Year 2020

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Titel
Vorwort
Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung
A. Einführung und Problemdarstellung
B. Gegenstand und Aufbau der Untersuchung
C. Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke
I. Rechtsquellen und Auswahlkriterien der Regelwerke
1. Einschlägige Sekundärrechtsakte und nationales Recht
2. Auswahl und Bedeutung der Regelwerke
3. Der Draft Common Frame of Reference
a) Die Entstehung des DCFR
b) Aufbau und Inhalt des DCFR
c) Die Bedeutung des DCFR
4. Der Vorschlag eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts
a) Die Entstehung des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht
b) Aufbau und Inhalt des GEK-Vorschlags
c) Die Bedeutung des GEK-Vorschlags
D. Zusammenfassung
Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen im Kontext des Verbraucherschutzrechts
A. Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informationspflichten im Europäischen Privat- und Verbraucherschutzrecht
I. Die Entwicklung des Verbraucherschutzrechts auf europäischer und nationaler Ebene
1. Herausbildung des europäischen Verbraucherschutzrechts
2. Entwicklung des nationalen Verbraucherschutzrechts
II. Das Verbraucherleitbild im E-Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen
1. Das Verbraucherleitbild im Wandel der Zeit
2. Das Verbraucherleitbild im E-Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen und die Bedeutung des „confident consumer“
III. Das Schutzinstrument der vorvertraglichen Informationspflichten im Kontext der Zielsetzung des Verbrauchervertragsrechts
1. Das Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und dem Grundsatz der Privatautonomie
2. Die Bedeutung von Schutzpflichten im Allgemeinen
3. Erhöhter Bedarf an Verbraucherschutz in spezifischen Gefährdungssituationen
4. Aufgeklärtes Verbraucherleitbild und hohes Verbraucherschutzniveau – Einklang oder Widerspruch?
5. Differenzierung des Informationsbedürfnisses bei B2C- und B2B-Verträgen
B. Besondere rechtliche Herausforderungen zur Stärkung des grenzüberschreitenden (Online-)Handels und die Rolle des Verbraucherschutzes
I. Probleme und Handelshemmnisse im grenzüberschreitenden (Online-)Handel
II. Vertrauensschaffende bzw. -fördernde Maßnahmen im grenzüberschreitenden Handelssektor
C. Zusammenfassende Gesamtbetrachtung
Dritter Teil: Vorvertragliche Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Eine Bestandsaufnahme
A. Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche
I. Definition und Bedeutung der vorvertraglichen Informationspflichten
1. Bedeutung der Informationspflicht
2. Charakteristika vorvertraglicher Informationspflichten
3. Varianten der Verletzung einer vorvertraglichen Informationspflicht
4. Bedeutung der Sanktion eines vorvertraglichen Informationspflichtverstoßes
II. Sekundärrechtliche Vorgaben hinsichtlich des Anwendungsbereichs bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen
1. Anwendungsbereich der ECRL
2. Anwendungsbereich der FARL
3. Anwendungsbereich der VerbrRRL
III. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach deutschem Recht
1. Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr
2. Anwendungsbereich für sonstige Fernabsatzverträge
IV. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach DCFR
1. Sachlicher Anwendungsbereich des DCFR
2. Persönlicher Anwendungsbereich des DCFR
V. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach dem GEK-Vorschlag
1. Sachlicher Anwendungsbereich des GEK-Vorschlags
2. Persönlicher Anwendungsbereich des GEK-Vorschlags
3. Die Sonderproblematik der Anwendbarkeit des „optionalen“ Kaufrechts
VI. Überschneidung der Anwendungsbereiche von Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen
VII. Aktuelle Definitionen des Verbraucher- und Unternehmerbegriffs
1. Begriffsverständnis nach einschlägigen Sekundärrechtsakten
a) Begriffsbestimmung nach der ECRL
b) Begriffsbestimmung nach der FARL
c) Begriffsverständnis nach der VerbrRRL
2. Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des BGB
a) Unternehmer
b) Verbraucher
3. Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des DCFR
a) Unternehmer
b) Verbraucher
4. Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des GEK-Vorschlags
a) Unternehmer
b) Verbraucher
c) KMU
VIII. Zusammenfassende Stellungnahme
B. Die Regelungen vorvertraglicher Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstige Fernabsatzverträge im Überblick
I. Überblick sekundärrechtlicher Vorgaben
1. Sekundärrechtliche Vorgaben der FARL und VerbrRRL
a) Vorvertragliche Informationspflichten nach der FARL
b) Vorvertragliche Informationspflichten nach der VerbrRRL
2. Sekundärrechtliche Vorgaben der ECRL
II. Umsetzung der sekundärrechtlichen Vorgaben und Regelungskonzept nach nationalem Recht
1. Existenz einer allgemeinen Informationspflicht nach deutschem Recht?
2. Besondere vorvertragliche Informationspflichten für Fernabsatzverträge nach deutschem Recht
a) Fernabsatzrechtliche Informationspflichten nach der Schuldrechtsmodernisierung
b) Rechtslage nach der Umsetzung der VerbrRRL
3. Zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nach nationalem Recht
a) Allgemeine Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312i BGB i. V. m. Art. 246c EGBGB
b) Besondere Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern gem. § 312j BGB
c) Besondere Pflichten bei Zusammentreffen mit speziellen Vertragstypen am Beispiel des Pauschalreisevertrags
III. Vorvertragliche Informationspflichten des DCFR
1. Existenz einer allgemeinen Informationspflicht im DCFR
2. Besondere Informationspflichten nach dem DCFR
a) Besondere Informationspflichten für an Verbraucher vermarktende Unternehmer nach Art. II. – 3:102 DCFR
b) Besondere vorvertragliche Informationspflichten nach Art. II. – 3:103 DCFR bei Verträgen mit besonderem Nachteil für Verbraucher (particular disadvantage)
c) Besondere vorvertragliche Informationspflichten gem. Art. II. – 3:104 DCFR für Echtzeit-Fernkommunikationen
d) Besondere vorvertragliche Informationspflichten gem. Art. II. – 3:105 DCFR für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr
IV. Vorvertragliche Informationspflichten nach dem GEK-Vorschlag
1. Das Regelungskonzept vorvertraglicher Informationspflichten im GEK-Vorschlag
a) Existenz einer allgemeinen Informationspflicht
b) Besondere Informationspflichten nach dem GEK-Vorschlag
aa) Vorvertragliche Informationspflichten nach Art 13 GEK-Vorschlag bei Fernabsatzverträgen
bb) Zusätzliche Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nach Art 24 GEK-Vorschlag
c) Zusätzliche Erfordernisse für B2C-Verträge nach Art. 25 GEK-Vorschlag bei Zahlungsverpflichtungen
aa) Vorverlagerung bestimmter Informationspflichten nach Art. 25 Abs. 1 GEK-Vorschlag
bb) Ausdrückliche Anerkennung der Zahlungspflicht und „Button-Lösung“ nach Art. 25 Abs. 2 GEK-Vorschlag
cc) Rechtzeitige Angabe von möglichen Liefer- oder Zahlungsbeschränkungen
dd) Anwendungsbereich des Art. 25 GEK-Vorschlag
C. Kategorisierung und vergleichende Synthese des Inhalts und Gegenstands vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen
I. Systematische Betrachtung des Inhalts vorvertraglicher Informationspflichten
1. Informationen über die Identität des Unternehmers
2. Informationen über Eigenschaften des Vertragsgegenstands
3. Informationen über die Höhe der Zahlungspflichten
4. Informationen über Voraussetzungen und Folgen des Widerrufs
5. Informationen über sonstige Details des Vertragsinhalts
6. Weitere „gegebenenfalls“ zu erteilende Informationen
II. Zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten im E-Commerce
III. Weitere vorvertragliche Informationspflichten nach Sondergesetzen
1. Informationspflichten nach TMG
2. Informationspflichten nach der Preisangabenverordnung
3. Besondere Informationspflichten bzgl. des Rechtsschutzes bei grenzüberschreitenden Verbraucherverträgen
IV. Besonderheiten vorvertraglicher Informationspflichten nach den unterschiedlichen Regelwerken
1. Erleichterte Informationspflichten bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten
2. Erleichterte Informationspflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit
D. Weitreichender Inhalt und enormer Umfang vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Gefahr des „information-overkill“?
E. Zusammenfassende Gesamtbetrachtung
Vierter Teil: Sanktionen
A. Überblick über Sanktionsvorgaben
I. Bedeutung und Funktion der Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen
II. Sanktionsvorgaben auf nationaler und europäischer Ebene im Vergleich
1. Überblick der sekundärrechtlichen Sanktionsvorgaben
a) Sanktionsvorgaben der ECRL
b) Sanktionsvorgaben der FARL und VerbrRRL
aa) Sanktionsvorgaben nach früherer FARL
bb) Die Rechtsprechung des EuGH und Sanktionsvorgaben nach der neuen VerbrRRL
(1) Allgemeine Sanktionsregelung des Art. 24 VerbrRRL
(2) Spezifische Sanktionsbestimmungen der VerbrRRL
c) Die neuen RL-Vorschläge für ein modernes Vertragsrecht
2. Sanktionsregelungen nach nationalem Recht
3. Sanktionsregelungen nach DCFR
4. Sanktionsregelungen nach dem GEK-Vorschlag
III. Vergleichende Betrachtung der zivilrechtlichen Sanktionen bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung im Detail
B. Verlängerung der Widerrufsfrist
I. Entwicklung und Bedeutung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen
II. Sachliche Rechtfertigung eines zwingenden Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen
III. Verlängerung der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB unter Berücksichtigung sekundärrechtlicher Vorgaben
1. Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts
2. Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist
IV. DCFR
1. Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts
2. Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist nach DCFR
a) Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. II. – 3:109 Abs 1 DCFR bei Verletzung von Informationspflichten
b) Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. II. – 5:103 Abs 3 DCFR bei fehlender Widerrufsbelehrung
3. Verlängerung der Widerrufsfrist im Rahmen von Echtzeit-Kommunikation nach Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR
4. Verlängerung der Widerrufsfrist bei Vertragsschluss auf elektronische Weise nach Art. II. – 3:105 Abs. 3 DCFR
V. GEK-Vorschlag
1. Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts
2. Die Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. 29 Abs 3 GEK-Vorschlag
3. Die Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. 42 Abs 2 GEK-Vorschlag
VI. Kritische Würdigung und Stellungnahme
C. Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung
I. Entfallen der Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach nationalem Recht und der VerbrRRL
1. Kostenbezogene Sanktion als Novum der VerbrRRL
2. Voraussetzungen der kostenbezogenen Sanktion des § 312e BGB
3. Problematik des eigenständigen Regelungsgehaltes und Verhältnis zu § 312a Abs. 3 BGB
4. Bedeutung der kostenbezogenen Sanktion
5. Übergang der Rücksendekostenlast auf den Unternehmer gemäß § 357 Abs. 6 BGB
II. Entfallen der Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach DCFR
III. Keine Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach dem GEK-Vorschlag
1. Voraussetzungen der kostenspezifischen Sanktion des Art 29 Abs. 2 GEK-Vorschlag
2. Problematik des eigenständigen Regelungsgehalts und Verhältnis zu Art. 71 GEK-Vorschlag
IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme
D. Anspruch auf Schadensersatz
I. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach nationalem Recht
1. Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo (c. i. c.)
a) Voraussetzungen
aa) Bestehen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses
(1) Vorvertragliches Schuldverhältnis kraft Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1)
(2) Vorvertragliches Schuldverhältnis durch Anbahnung eines Vertrags (Nr. 2)
(3) Vorvertragliches Schuldverhältnis kraft ähnlicher geschäftlicher Kontakte (Nr. 3)
bb) Pflichtverletzung
cc) Schaden
dd) Kausalität
ee) Vertretenmüssen
ff) Beweislast
b) Rechtsfolgen
aa) Ersatz des Vertrauensschadens bzw. des negativen Interesses
bb) Ausnahmsweise Ersatz des Erfüllungsinteresses
cc) (Keine) Anpassung des Vertrages
dd) Aufhebung des Vertrages
2. Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB
3. Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB
4. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB
II. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach dem DCFR
1. Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR
a) Wesentliche Voraussetzungen
b) Rechtsfolge und Umfang des Schadensersatzanspruchs
2. Besonderer Schadensersatzanspruch des Verbrauchers bei Echtzeit-Fernkommunikationen nach Art. II. – 3:104 Abs. 5 DCFR
3. Besonderer Schadensersatzanspruch für auf elektronische Weise geschlossene Verträge nach Art. II. – 3:105 Abs. 4 DCFR
4. Besondere irrtumsbedingte Schadensersatzansprüche
a) Schadensersatz nach Art. II. – 7:204 DCFR
b) Schadensersatz nach Art. II. – 7:214 DCFR
5. Vertraglicher Schadensersatzanspruch nach Art. III. – 3:701 DCFR
a) Voraussetzungen
b) Rechtsfolge und Umfang des Schadensersatzanspruchs
6. Außervertraglicher Anspruch auf Schadensersatz
III. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach dem GEK-Vorschlag
1. Spezieller Schadensersatzanspruch für die Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten nach Art. 29 Abs 1 GEK-Vorschlag
a) Wesentliche Voraussetzungen
b) Rechtsfolgen und Umfang des Schadensersatzanspruchs
c) Schadensersatz für Verluste infolge Irrtums oder arglistiger Täuschung Art. 55 GEK-Vorschlag
2. Allgemeiner Schadensersatzanspruch nach Art 159 GEK-Vorschlag
3. Kein außervertraglicher Schadensersatzanspruch nach dem GEK-Vorschlag
4. Weitere Konkurrenzfragen des Schadensersatzanspruchs im GEK-Vorschlag
IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme
E. Anfechtung des Vertrags
I. Anfechtungsrecht auf nationaler Ebene
1. Voraussetzungen der Anfechtung
a) Anfechtungsgrund
aa) Anfechtungsgründe des Inhalts- und Erklärungsirrtums
bb) Anfechtungsgrund des Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache
cc) Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung
b) Voraussetzungen
c) Kausalität
d) Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist
e) Rechtsfolge
2. Konkurrenzen
a) Das Verhältnis von Anfechtung und Widerruf
b) Verhältnis der Anfechtung gem. § 123 BGB zur Haftung aus c. i.c
c) Verhältnis zum Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB
II. Anfechtungsrecht nach DCFR
1. Anfechtungsgrund
a) Grundvoraussetzungen der Anfechtung wegen Irrtums
aa) Erfordernis eines wesentlichen Irrtums
bb) Verantwortung hinsichtlich des Irrtums
cc) Kausalität
b) Der spezielle Anfechtungsgrund für vorvertragliche Informationspflichtverletzungen nach Art. II. – 7:201 Abs 1 lit. b) iii) DCFR
c) Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
aa) Arglistige Täuschung
bb) Gleichstellung von Falsch- und Nichtinformation
2. Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist
3. Rechtsfolge
4. Stellungnahme
III. Anfechtungsrecht nach dem GEK-Vorschlag
1. Anfechtungsgrund
a) Grundvoraussetzungen der Anfechtung wegen Irrtums
aa) Erfordernis eines wesentlichen Irrtums
bb) Der spezielle Anfechtungsgrund des Art. 48 Abs. 1 lit. b) ii) GEK-Vorschlag
cc) Verantwortung hinsichtlich des Irrtums
b) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
2. Kausalität
3. Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist
4. Rechtsfolge
5. Konkurrenzfragen
IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme
F. Unwirksamkeit des Vertrags
I. Unwirksamkeit des Vertrags nach deutschem Recht
1. Grundsätzlich keine Unwirksamkeit des Vertrags bei sonstigen Fernabsatzverträgen
2. Ausnahmsweise Unwirksamkeit bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312j Abs. 4 BGB
a) Sekundärrechtliche Vorgaben zur Button-Lösung nach der VerbrRRL
b) Die Umsetzung der besonderen Pflichten bei Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr im BGB
c) Konzeption und besondere Anforderungen nach der Button-Lösung
d) Die Qualifikation der Rechtsfolge der Unwirksamkeit nach § 312j Abs. 4 BGB – Sanktion für die Verletzung einer vorvertraglichen Informationspflicht
e) Richtlinienkonforme Umsetzung der Rechtsfolge oder Widerspruch zur VerbrRRL
f) Sonstige denkbare Rechtsfolgen bei Verletzung der Pflicht aus § 312j Abs. 3 BGB
aa) Rückabwicklung
bb) Haftung aus c. i. c.
cc) Anfechtung wegen Inhaltsirrtums
3. Das Konkurrenzverhältnis von Vertragsnichtigkeit und Widerruf
4. Der Amazon-Dash-Button – Rechtswidrigkeit oder zulässige Grauzone: Ein ausgewähltes Praxisbeispiel in Zusammenhang mit der Rechtsfolge der Button-Lösung
a) Was genau ist der Amazon-Dash-Button?
b) Fehlende Gesetzeskonformität und rechtliche Konsequenzen
II. Keine Unwirksamkeit des Vertrages nach DCFR
III. Unwirksamkeit des Vertrages nach dem GEK-Vorschlag
1. Unwirksamkeit des Vertrages als allgemeine Rechtsfolge
2. Sonderregelung des Art. 25 Abs. 2 GEK-Vorschlag
IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme
G. (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte
I. Sekundärrechtliche Vorgaben
II. Gewährleistungsrechte des BGB
1. Frage der Anwendbarkeit der Gewährleistungsrechte bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung
2. Generelle Anwendungsvoraussetzungen der Gewährleistungsrechte
3. Rechtsfolge
4. Konkurrenz der kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte zu Sanktionen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht
a) Verhältnis der Haftung nach kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen zur Haftung aus c. i. c.
aa) Kumulative Anspruchskonkurrenz
bb) Vorrang der Gewährleistungsrechte
cc) (Ausnahmsweise) Nebeneinander der Gewährleistungsrechte und des Anspruchs aus c. i. c.
dd) Eigene Stellungnahme
b) Das Verhältnis der Gewährleistungsrechte zur Anfechtung
III. DCFR
1. Die einzelnen Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung nach DCFR
2. Die wesentlichen Anwendungsvoraussetzungen der Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung von Kaufverträgen
3. Besonderheiten für Rechtsbehelfe des Verbrauchers bei Verbraucherkaufverträgen
4. Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe für zum Vertragsbestandteil gewordene Äußerungen
5. Konkurrenzen
IV. GEK-Vorschlag
1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen der Gewährleistungsrechte nach dem GEK-Vorschlag
2. Anwendbarkeit der Abhilfemöglichkeiten des Käufers bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung
a) Art. 100 lit. f) GEK-Vorschlag
b) Art. 69 GEK-Vorschlag
3. Die Abhilfen des Käufers bei Pflichtverletzung des Verkäufers in Kaufverträgen
a) Vorgesehene Abhilfen des Käufers
b) Wesentliche Voraussetzungen
c) Konkurrenzen der Abhilfen des GEK-Vorschlags
4. Konkurrenzverhältnis des Art. 69 zu Art. 28 Abs. 2 GEK-Vorschlag
V. Kritische Würdigung und Stellungnahme
H. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch
I. Unterlassungsanspruch nach § 2 UKlaG
II. Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG
1. Schutzzweck des UWG
2. Voraussetzungen des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 UWG
a) Allgemeine Voraussetzungen des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG
aa) Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen nach § 3 UWG
(1) Aufbau und Systematik des § 3 UWG
(2) Unzulässige geschäftliche Handlungen im B2C-Verhältnis nach § 3 Abs. 3 UWG i. V.m. der black list
bb) Unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG
b) Die Wiederholungsgefahr als besondere Voraussetzung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 S 1 Alt. 2 UWG
c) Die Erstbegehungsgefahr als besondere Voraussetzung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 S 2 UWG
d) Rechtswidriger, fortbestehender Störungszustand als besondere Voraussetzung des Beseitigungsanspruchs
3. Kein Verschuldenserfordernis
4. Rechtsfolgen
5. Verhältnis des Unterlassungsanspruchs aus § 8 UWG zu § 2 UKlaG
III. Wettbewerbsrechtliche Sanktionen wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach PAngV
IV. Konkurrenzverhältnis zwischen vertragsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Sanktionen
1. Notwendigkeit wettbewerbsrechtlicher Sanktionen und deren Verhältnis zu Sanktionen des BGB
2. Vorteile eines zusätzlichen wettbewerbsrechtlichen Schutzes über § 3 UWG
V. Keine Unterlassungsklage und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche nach DCFR sowie GEK-Vorschlag
VI. Kritische Würdigung und Stellungnahme
I. Allgemeines Leistungsstörungsrecht
I. Erfüllungsanspruch
II. Anpassung des Vertrags
1. Anpassung des Vertrags nach BGB
2. Anpassung des Vertrags nach DCFR
3. Anpassung des Vertrags nach dem GEK-Vorschlag
III. Rücktritt vom Vertrag
IV. Minderung nach § 441 BGB analog
V. Bußgelder
1. Nationales Recht
2. GEK-Vorschlag
VI. Kritische Würdigung und Stellungnahme
J. Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen
I. Problem der fehlenden Kohärenz auf europäischer Ebene trotz Bemühungen um Vollharmonisierung des Verbraucherschutzrechts
II. Zusammenfassende Bewertung der Rechtsfolgen der Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten nach deutschem Recht unter Berücksichtigung des europäischen Sekundärrechts
III. Möglicher Vorbildcharakter der Sanktionsregelungen des DCFR und des GEK-Vorschlags
Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen
A. Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informationspflichten auf wesentliche Kernaspekte als „notwendige Vorstufe“
I. Künftige Lösungsansätze
1. Gefahr des Negativ-Effekts zu umfangreicher vorvertraglicher Informationspflichten
2. Die erleichterten Informationsanforderungen im M-Commerce als Vorbild für die gesamte Regelung vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigem Fernabsatzrecht
3. Stellungnahme
II. „New Deal for Consumers“ – Der neue Vorschlag zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU-Verbraucherschutzvorschriften
1. Geplante Änderungen in Bezug auf die VerbrRRL
a) Keine Reduktion der vorvertraglichen Informationspflichten
b) Keine Reform der Sanktionen
2. Geplante Änderungen in Bezug auf die UGPRL
3. Zusammenfassende Stellungnahme
B. Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten
I. Grundlegende Erwägungen zur Konzeption eines europäischen Sanktionssystems
II. Vorschlag eines europäischen Sanktionsmodells
1. Grundsätzliche Weichenstellung: Optionales Instrument und Reform der Verbraucherrechterichtlinie
2. Gleichlauf zwischen Falsch- und Nichtinformation
3. Vorzugswürdiges Modell einer abgestuften Sanktionssystematik
4. Die einzelnen Sanktionen des Vorschlags
a) Verlängerung der Widerrufsfrist
b) Spezifische Kostensanktion
c) Die Nichtbindung an den Vertrag als spezielle Sanktion i. S. d. Button-Lösung
d) Verschuldensunabhängiger Anspruch auf Schadensersatz
e) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
f) Anwendbarkeit von Gewährleistungsrechten
5. Zusammenfassende Stellungnahme
Sechster Teil: Abschließende Thesen und Ausblick
A. Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Thesen
B. Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Sachverzeichnis
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Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 429 Herausgegeben vom

Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren: Holger Fleischer, Ralf Michaels und Reinhard Zimmermann

Kathrin Weber

Sanktionen bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung Eine Untersuchung am Beispiel des elektronischen Geschäftsverkehrs sowie sonstiger Fernabsatzverträge

Mohr Siebeck

Kathrin Weber, geboren 1985; Studium der Rechtswissenschaft mit Begleitstudium Europarecht in Würzburg; Aufbaustudiengang Europäisches Recht mit Schwerpunkt Europäisches Wirtschaftsrecht (LL.M. Eur.) an der Universität Würzburg; wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches Wirtschaftsrecht, Internationales Privatund Prozessrecht sowie Rechtsvergleichung der Universität Würzburg; Referendariat am LG Würzburg mit Anwaltsstation in Frankfurt am Main; seit 2016 Rechtsanwältin.

Zugl.: Würzburg, Julius-Maximilians-Universität, Diss., 2018. ISBN 978-3-16-158235-6 / eISBN 978-3-16-158236-3 DOI 10.1628/978-3-16-158236-3 ISSN 0720-1141 / eISSN 2568-7441 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2019 Mohr Siebeck Tübingen. www.mohrsiebeck.com Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außer­halb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzu­lässig und strafbar. Das gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung, Übersetzung und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von epline in Böblingen gesetzt, von Gulde Druck in Tübingen auf alterungs­ beständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden. Printed in Germany.

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg als Dissertation angenommen und die Verfasserin im November 2018 zur mündlichen Doktorprüfung zugelassen. Die Disserta­ tion wurde neben der Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin bei Herrn Prof. Dr. Oliver Remien am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches Wirtschaftsrecht, Internationales Privat- und Prozessrecht sowie Rechtsvergleichung angefertigt. Literatur, Rechtsprechung und Gesetzgebung befinden sich auf dem Stand von Mai 2018. An erster Stelle möchte ich mich herzlich bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Oliver Remien für die hervorragende Unterstützung und Begleitung während meiner Promotion, die lehrreiche und schöne Zeit am Lehrstuhl und die schnelle Erstellung des Erstgutachtens bedanken. Zudem gilt mein besonderer Dank Frau Prof. Dr. Inge Scherer für die äußerst schnelle Erstellung des Zweitgutachtens. Einen weiteren großen und herzlichen Dank möchte ich an meine Familie richten. Ich danke von ganzem Herzen meinen Eltern, die mich stets bekräftigt haben, meine Träume und Ziele zu verwirklichen, und bei diesem wie auch anderen Vorhaben immer hinter mir standen, sowie natürlich meiner Schwester für die tolle und unermüdliche Unterstützung. Frankfurt am Main, im Juli 2019

Kathrin Weber

Inhaltsübersicht Vorwort  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .XXIII

Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . .1 A. B. C. D.

Einführung und Problemdarstellung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1 Gegenstand und Aufbau der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6 Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24

Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen im Kontext des Verbraucherschutzrechts  . . . . . . . .25 A. Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informationspflichten im Europäischen Privat- und Verbraucherschutzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . .25 B. Besondere rechtliche Herausforderungen zur Stärkung des grenzüberschreitenden (Online-)Handels und die Rolle des Verbraucherschutzes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48 C. Zusammenfassende Gesamtbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53

Dritter Teil: Vorvertragliche Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Eine Bestandsaufnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55 A. Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55 B. Die Regelungen vorvertraglicher Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstige Fernabsatzverträge im Überblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .86

VIII

Inhaltsübersicht

C. Kategorisierung und vergleichende Synthese des Inhalts und Gegenstands vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117 D. Weitreichender Inhalt und enormer Umfang vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Gefahr des „information-overkill“?  .132 E. Zusammenfassende Gesamtbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .133

Vierter Teil: Sanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135 A. B. C. D. E. F. G. H. I. J.

Überblick über Sanktionsvorgaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Verlängerung der Widerrufsfrist  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145 Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung  . . . . . . . . . . . . .167 Anspruch auf Schadensersatz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .178 Anfechtung des Vertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .222 Unwirksamkeit des Vertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .258 (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .279 Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .312 Allgemeines Leistungsstörungsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .328 Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen  . . . . . . . . . .337

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .347 A. Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informationspflichten auf wesentliche Kernaspekte als „notwendige Vorstufe“  . . . . . . . . . . . . .347 B. Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten  . . . . . . . . . . . . . . . . . .362

Sechster Teil: Abschließende Thesen und Ausblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . .375 A. Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Thesen  . . . . . . . . . . . . .375 B. Fazit und Ausblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .377 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .379 Sachverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .401

Inhaltsverzeichnis Vorwort  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .V Inhaltsübersicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XXIII

Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . .1 A. Einführung und Problemdarstellung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .1 B. Gegenstand und Aufbau der Untersuchung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5 C. Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6 I.

Rechtsquellen und Auswahlkriterien der Regelwerke  . . . . . . . . . . . . . .7 1. Einschlägige Sekundärrechtsakte und nationales Recht  . . . . . . . . . .8 2. Auswahl und Bedeutung der Regelwerke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10 3. Der Draft Common Frame of Reference . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11 a) Die Entstehung des DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11 b) Aufbau und Inhalt des DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13 c) Die Bedeutung des DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13 4. Der Vorschlag eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts  . . . . .15 a) Die Entstehung des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .15 b) Aufbau und Inhalt des GEK‑Vorschlags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16 c) Die Bedeutung des GEK‑Vorschlags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18

D. Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24

Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen im Kontext des Verbraucherschutzrechts  . . . . . . . .25 A. Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informationspflichten im Europäischen Privat- und Verbraucherschutzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . .25 I.

Die Entwicklung des Verbraucherschutzrechts auf europäischer und nationaler Ebene  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26 1. Herausbildung des europäischen Verbraucherschutzrechts  . . . . . . .27 2. Entwicklung des nationalen Verbraucherschutzrechts  . . . . . . . . . . .31

X

Inhaltsverzeichnis

II.

Das Verbraucherleitbild im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .32 1. Das Verbraucherleitbild im Wandel der Zeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .33 2. Das Verbraucherleitbild im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen und die Bedeutung des „confident consumer“  . 37 III. Das Schutzinstrument der vorvertraglichen Informationspflichten im Kontext der Zielsetzung des Verbrauchervertragsrechts  . . . . . . . . .38 1. Das Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und dem Grundsatz der Privatautonomie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .39 2. Die Bedeutung von Schutzpflichten im Allgemeinen  . . . . . . . . . . . .43 3. Erhöhter Bedarf an Verbraucherschutz in spezifischen Gefährdungssituationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 4. Aufgeklärtes Verbraucherleitbild und hohes Verbraucherschutzniveau – Einklang oder Widerspruch? . . . . . . . . .45 5. Differenzierung des Informationsbedürfnisses bei B2C- und B2B‑Verträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46

B. Besondere rechtliche Herausforderungen zur Stärkung des grenzüberschreitenden (Online-)Handels und die Rolle des Verbraucherschutzes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .48 I. II.

Probleme und Handelshemmnisse im grenzüberschreitenden (Online-)Handel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .50 Vertrauensschaffende bzw. -fördernde Maßnahmen im grenzüberschreitenden Handelssektor  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .52

C. Zusammenfassende Gesamtbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .53

Dritter Teil: Vorvertragliche Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Eine Bestandsaufnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55 A. Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55 I.

II.

Definition und Bedeutung der vorvertraglichen Informationspflichten  . 55 1. Bedeutung der Informationspflicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .55 2. Charakteristika vorvertraglicher Informationspflichten  . . . . . . . . . .57 3. Varianten der Verletzung einer vorvertraglichen Informationspflicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .58 4. Bedeutung der Sanktion eines vorvertraglichen Informationspflichtverstoßes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .59 Sekundärrechtliche Vorgaben hinsichtlich des Anwendungsbereichs bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .60 1. Anwendungsbereich der ECRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. Anwendungsbereich der FARL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .62



Inhaltsverzeichnis

XI

3. Anwendungsbereich der VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63 III. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach deutschem Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .64 1. Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .65 2. Anwendungsbereich für sonstige Fernabsatzverträge . . . . . . . . . . . .68 IV. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69 1. Sachlicher Anwendungsbereich des DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .69 2. Persönlicher Anwendungsbereich des DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . .70 V. Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .70 1. Sachlicher Anwendungsbereich des GEK‑Vorschlags  . . . . . . . . . . .70 2. Persönlicher Anwendungsbereich des GEK‑Vorschlags  . . . . . . . . . .71 3. Die Sonderproblematik der Anwendbarkeit des „optionalen“ Kaufrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .73 VI. Überschneidung der Anwendungsbereiche von Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen . . 75 VII. Aktuelle Definitionen des Verbraucher- und Unternehmerbegriffs  . . . .76 1. Begriffsverständnis nach einschlägigen Sekundärrechtsakten  . . . . .77 a) Begriffsbestimmung nach der ECRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .77 b) Begriffsbestimmung nach der FARL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .78 c) Begriffsverständnis nach der VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .78 2. Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des BGB  . . . . . . . . . .79 a) Unternehmer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .79 b) Verbraucher  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .80 3. Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des DCFR  . . . . . . . . .82 a) Unternehmer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .82 b) Verbraucher  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .82 4. Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des GEK‑Vorschlags  83 a) Unternehmer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .83 b) Verbraucher  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84 c) KMU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .84 VIII. Zusammenfassende Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .85

B. Die Regelungen vorvertraglicher Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstige Fernabsatzverträge im Überblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .86 I.

Überblick sekundärrechtlicher Vorgaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .87 1. Sekundärrechtliche Vorgaben der FARL und VerbrRRL  . . . . . . . . .88 a) Vorvertragliche Informationspflichten nach der FARL  . . . . . . . .88

XII

Inhaltsverzeichnis

b) Vorvertragliche Informationspflichten nach der VerbrRRL  . . . . .89 2. Sekundärrechtliche Vorgaben der ECRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .91 II. Umsetzung der sekundärrechtlichen Vorgaben und Regelungskonzept nach nationalem Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .92 1. Existenz einer allgemeinen Informationspflicht nach deutschem Recht?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .93 2. Besondere vorvertragliche Informationspflichten für Fernabsatzverträge nach deutschem Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .96 a) Fernabsatzrechtliche Informationspflichten nach der Schuldrechtsmodernisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .96 b) Rechtslage nach der Umsetzung der VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . .96 3. Zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nach nationalem Recht  . . . . . . . . .99 a) Allgemeine Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312i BGB i. V. m. Art. 246c EGBGB  . . . . . . . . . . . . . . . .100 b) Besondere Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern gem. § 312j BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . .100 c) Besondere Pflichten bei Zusammentreffen mit speziellen Vertragstypen am Beispiel des Pauschalreisevertrags  . . . . . . . . .102 III. Vorvertragliche Informationspflichten des DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . .103 1. Existenz einer allgemeinen Informationspflicht im DCFR  . . . . . . . .104 2. Besondere Informationspflichten nach dem DCFR  . . . . . . . . . . . . .105 a) Besondere Informationspflichten für an Verbraucher vermarktende Unternehmer nach Art. II. – 3:102 DCFR  . . . . . . .106 b) Besondere vorvertragliche Informationspflichten nach Art. II. – 3:103 DCFR bei Verträgen mit besonderem Nachteil für Verbraucher (particular disadvantage) . . . . . . . . . . . . . . . . . .106 c) Besondere vorvertragliche Informationspflichten gem. Art. II. – 3:104 DCFR für Echtzeit-Fernkommunikationen  . . . . .107 d) Besondere vorvertragliche Informationspflichten gem. Art. II. – 3:105 DCFR für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .108 IV. Vorvertragliche Informationspflichten nach dem GEK‑Vorschlag  . . . .109 1. Das Regelungskonzept vorvertraglicher Informationspflichten im GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .109 a) Existenz einer allgemeinen Informationspflicht  . . . . . . . . . . . . . .109 b) Besondere Informationspflichten nach dem GEK‑Vorschlag  . . . 111 aa) Vorvertragliche Informationspflichten nach Art. 13 GEK‑Vorschlag bei Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . .112 bb) Zusätzliche Informationspflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nach Art. 24 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .113 c) Zusätzliche Erfordernisse für B2C‑Verträge nach Art. 25 GEK‑Vorschlag bei Zahlungsverpflichtungen  . . . . . . . . . . . . . . .115



Inhaltsverzeichnis

XIII

aa) Vorverlagerung bestimmter Informationspflichten nach Art. 25 Abs. 1 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .115 bb) Ausdrückliche Anerkennung der Zahlungspflicht und „Button-Lösung“ nach Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag  . . . . .116 cc) Rechtzeitige Angabe von möglichen Liefer- oder Zahlungsbeschränkungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .116 dd) Anwendungsbereich des Art. 25 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . .117

C. Kategorisierung und vergleichende Synthese des Inhalts und Gegenstands vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .117 I.

Systematische Betrachtung des Inhalts vorvertraglicher Informationspflichten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .118 1. Informationen über die Identität des Unternehmers  . . . . . . . . . . . . .118 2. Informationen über Eigenschaften des Vertragsgegenstands  . . . . . .120 3. Informationen über die Höhe der Zahlungspflichten  . . . . . . . . . . . .121 4. Informationen über Voraussetzungen und Folgen des Widerrufs  . . .121 5. Informationen über sonstige Details des Vertragsinhalts  . . . . . . . . .123 6. Weitere „gegebenenfalls“ zu erteilende Informationen  . . . . . . . . . .123 II. Zusätzliche vorvertragliche Informationspflichten im E‑Commerce  . .124 III. Weitere vorvertragliche Informationspflichten nach Sondergesetzen  . .125 1. Informationspflichten nach TMG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .125 2. Informationspflichten nach der Preisangabenverordnung . . . . . . . . .126 3. Besondere Informationspflichten bzgl. des Rechtsschutzes bei grenzüberschreitenden Verbraucherverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . .127 IV. Besonderheiten vorvertraglicher Informationspflichten nach den unterschiedlichen Regelwerken  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .129 1. Erleichterte Informationspflichten bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 2. Erleichterte Informationspflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .130

D. Weitreichender Inhalt und enormer Umfang vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Gefahr des „information-overkill“?  .132 E. Zusammenfassende Gesamtbetrachtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .133

XIV

Inhaltsverzeichnis

Vierter Teil: Sanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .135 A. Überblick über Sanktionsvorgaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 I.

Bedeutung und Funktion der Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . .135 II. Sanktionsvorgaben auf nationaler und europäischer Ebene im Vergleich  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .136 1. Überblick der sekundärrechtlichen Sanktionsvorgaben  . . . . . . . . . .136 a) Sanktionsvorgaben der ECRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .137 b) Sanktionsvorgaben der FARL und VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . . .137 aa) Sanktionsvorgaben nach früherer FARL  . . . . . . . . . . . . . . . .137 bb) Die Rechtsprechung des EuGH und Sanktionsvorgaben nach der neuen VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .137 (1) Allgemeine Sanktionsregelung des Art. 24 VerbrRRL  . .139 (2) Spezifische Sanktionsbestimmungen der VerbrRRL . . . .139 c) Die neuen RL‑Vorschläge für ein modernes Vertragsrecht  . . . . .140 2. Sanktionsregelungen nach nationalem Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . .140 3. Sanktionsregelungen nach DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .141 4. Sanktionsregelungen nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . .142 III. Vergleichende Betrachtung der zivilrechtlichen Sanktionen bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung im Detail  . . . . . . . . . . .144

B. Verlängerung der Widerrufsfrist  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145 I.

Entwicklung und Bedeutung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .145 II. Sachliche Rechtfertigung eines zwingenden Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .147 III. Verlängerung der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB unter Berücksichtigung sekundärrechtlicher Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . .151 1. Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .151 2. Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist  . . . . . . . . . . . . . .151 IV. DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .155 1. Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .156 2. Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist nach DCFR  . . . .159 a) Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR bei Verletzung von Informationspflichten  . . . . . . . . . . . . .159 b) Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. II. – 5:103 Abs. 3 DCFR bei fehlender Widerrufsbelehrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .160 3. Verlängerung der Widerrufsfrist im Rahmen von Echtzeit-Kommunikation nach Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR . . . . . .161 4. Verlängerung der Widerrufsfrist bei Vertragsschluss auf elektronische Weise nach Art. II. – 3:105 Abs. 3 DCFR  . . . . . . . . . .162 V. GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .163



Inhaltsverzeichnis

XV

1. Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .163 2. Die Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. 29 Abs. 3 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164 3. Die Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. 42 Abs. 2 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .164 VI. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .165

C. Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung  . . . . . . . . . . . . .167 I.

Entfallen der Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach nationalem Recht und der VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .167 1. Kostenbezogene Sanktion als Novum der VerbrRRL  . . . . . . . . . . . .167 2. Voraussetzungen der kostenbezogenen Sanktion des § 312e BGB  . . 168 3. Problematik des eigenständigen Regelungsgehaltes und Verhältnis zu § 312a Abs. 3 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .170 4. Bedeutung der kostenbezogenen Sanktion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172 5. Übergang der Rücksendekostenlast auf den Unternehmer gemäß § 357 Abs. 6 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172 II. Entfallen der Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach DCFR . . . . . . . .173 III. Keine Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach dem GEK‑Vorschlag  . . 174 1. Voraussetzungen der kostenspezifischen Sanktion des Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .174 2. Problematik des eigenständigen Regelungsgehalts und Verhältnis zu Art. 71 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .176 IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .178

D. Anspruch auf Schadensersatz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .178 I.

Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach nationalem Recht  . . . . . . . . . . . . .179 1. Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo (c. i. c.)  . . . . . . .179 a) Voraussetzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181 aa) Bestehen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses  . . . . . .181 (1) Vorvertragliches Schuldverhältnis kraft Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .181 (2) Vorvertragliches Schuldverhältnis durch Anbahnung eines Vertrags (Nr. 2)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .182 (3) Vorvertragliches Schuldverhältnis kraft ähnlicher geschäftlicher Kontakte (Nr. 3)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .183 bb) Pflichtverletzung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .184 cc) Schaden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .185 dd) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .187 ee) Vertretenmüssen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .189 ff) Beweislast  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .190 b) Rechtsfolgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .191

XVI

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aa) Ersatz des Vertrauensschadens bzw. des negativen Interesses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .192 bb) Ausnahmsweise Ersatz des Erfüllungsinteresses  . . . . . . . . .193 cc) (Keine) Anpassung des Vertrages  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .193 dd) Aufhebung des Vertrages  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .194 2. Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . .200 3. Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB  . . . . . . . . . . . . . . .201 4. Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .202 II. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach dem DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . .204 1. Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR  . .204 a) Wesentliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .204 b) Rechtsfolge und Umfang des Schadensersatzanspruchs  . . . . . . .206 2. Besonderer Schadensersatzanspruch des Verbrauchers bei Echtzeit-Fernkommunikationen nach Art. II. – 3:104 Abs. 5 DCFR  207 3. Besonderer Schadensersatzanspruch für auf elektronische Weise geschlossene Verträge nach Art. II. – 3:105 Abs. 4 DCFR  . . . . . . . .207 4. Besondere irrtumsbedingte Schadensersatzansprüche  . . . . . . . . . . .208 a) Schadensersatz nach Art. II. – 7:204 DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . .208 b) Schadensersatz nach Art. II. – 7:214 DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . .208 5. Vertraglicher Schadensersatzanspruch nach Art. III. – 3:701 DCFR  210 a) Voraussetzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .210 b) Rechtsfolge und Umfang des Schadensersatzanspruchs  . . . . . . .211 6. Außervertraglicher Anspruch auf Schadensersatz  . . . . . . . . . . . . . .212 III. Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . .214 1. Spezieller Schadensersatzanspruch für die Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten nach Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .214 a) Wesentliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .215 b) Rechtsfolgen und Umfang des Schadensersatzanspruchs  . . . . . .216 c) Schadensersatz für Verluste infolge Irrtums oder arglistiger Täuschung Art. 55 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .216 2. Allgemeiner Schadensersatzanspruch nach Art. 159 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .218 3. Kein außervertraglicher Schadensersatzanspruch nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .220 4. Weitere Konkurrenzfragen des Schadensersatzanspruchs im GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .220 IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .221



Inhaltsverzeichnis

XVII

E. Anfechtung des Vertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .222 I.

Anfechtungsrecht auf nationaler Ebene  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .223 1. Voraussetzungen der Anfechtung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .224 a) Anfechtungsgrund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .224 aa) Anfechtungsgründe des Inhalts- und Erklärungsirrtums . . . .224 bb) Anfechtungsgrund des Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .225 cc) Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung  . . . . . . . . . . . .227 b) Voraussetzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .229 c) Kausalität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .231 d) Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist  . . . . . . . . . . . . . . . .231 e) Rechtsfolge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .232 2. Konkurrenzen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .233 a) Das Verhältnis von Anfechtung und Widerruf  . . . . . . . . . . . . . . .234 b) Verhältnis der Anfechtung gem. § 123 BGB zur Haftung aus c. i.c . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .236 c) Verhältnis zum Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .236 II. Anfechtungsrecht nach DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .237 1. Anfechtungsgrund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .238 a) Grundvoraussetzungen der Anfechtung wegen Irrtums  . . . . . . . .238 aa) Erfordernis eines wesentlichen Irrtums  . . . . . . . . . . . . . . . . .239 bb) Verantwortung hinsichtlich des Irrtums  . . . . . . . . . . . . . . . .241 cc) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .241 b) Der spezielle Anfechtungsgrund für vorvertragliche Informationspflichtverletzungen nach Art. II. – 7:201 Abs. 1 lit. b) iii) DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 c) Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung  .244 aa) Arglistige Täuschung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .245 bb) Gleichstellung von Falsch- und Nichtinformation  . . . . . . . .246 2. Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist  . . . . . . . . . . . . . . . . . .246 3. Rechtsfolge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .247 4. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .247 III. Anfechtungsrecht nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .248 1. Anfechtungsgrund  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .249 a) Grundvoraussetzungen der Anfechtung wegen Irrtums  . . . . . . . .249 aa) Erfordernis eines wesentlichen Irrtums  . . . . . . . . . . . . . . . . .250 bb) Der spezielle Anfechtungsgrund des Art. 48 Abs. 1 lit. b) ii) GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .251 cc) Verantwortung hinsichtlich des Irrtums  . . . . . . . . . . . . . . . .253 b) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung  . . . . . . . . . . . . . . . . . .253 2. Kausalität  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 3. Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist  . . . . . . . . . . . . . . . . . .254 4. Rechtsfolge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .254

XVIII

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5. Konkurrenzfragen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .256 IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .256

F. Unwirksamkeit des Vertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .258 I.

Unwirksamkeit des Vertrags nach deutschem Recht  . . . . . . . . . . . . . . .259 1. Grundsätzlich keine Unwirksamkeit des Vertrags bei sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .259 2. Ausnahmsweise Unwirksamkeit bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312j Abs. 4 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .259 a) Sekundärrechtliche Vorgaben zur Button-Lösung nach der VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .260 b) Die Umsetzung der besonderen Pflichten bei Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr im BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .261 c) Konzeption und besondere Anforderungen nach der Button-Lösung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .262 d) Die Qualifikation der Rechtsfolge der Unwirksamkeit nach § 312j Abs. 4 BGB – Sanktion für die Verletzung einer vorvertraglichen Informationspflicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .265 e) Richtlinienkonforme Umsetzung der Rechtsfolge oder Widerspruch zur VerbrRRL  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .267 f) Sonstige denkbare Rechtsfolgen bei Verletzung der Pflicht aus § 312j Abs. 3 BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .269 aa) Rückabwicklung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .269 bb) Haftung aus c. i. c.  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .270 cc) Anfechtung wegen Inhaltsirrtums  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .271 3. Das Konkurrenzverhältnis von Vertragsnichtigkeit und Widerruf  . .271 4. Der Amazon-Dash-Button – Rechtswidrigkeit oder zulässige Grauzone: Ein ausgewähltes Praxisbeispiel in Zusammenhang mit der Rechtsfolge der Button-Lösung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .272 a) Was genau ist der Amazon-Dash-Button?  . . . . . . . . . . . . . . . . . .272 b) Fehlende Gesetzeskonformität und rechtliche Konsequenzen  . . .273 II. Keine Unwirksamkeit des Vertrages nach DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . .275 III. Unwirksamkeit des Vertrages nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . .276 1. Unwirksamkeit des Vertrages als allgemeine Rechtsfolge  . . . . . . . .276 2. Sonderregelung des Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . .276 IV. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .278

G. (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .279 I. II.

Sekundärrechtliche Vorgaben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .279 Gewährleistungsrechte des BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .280 1. Frage der Anwendbarkeit der Gewährleistungsrechte bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung  . . . . . . . . . . . . . . . .280



Inhaltsverzeichnis

XIX

2. Generelle Anwendungsvoraussetzungen der Gewährleistungsrechte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .281 3. Rechtsfolge  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .282 4. Konkurrenz der kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte zu Sanktionen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .283 a) Verhältnis der Haftung nach kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen zur Haftung aus c. i. c.  . . . . . . . . . .283 aa) Kumulative Anspruchskonkurrenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .284 bb) Vorrang der Gewährleistungsrechte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . .284 cc) (Ausnahmsweise) Nebeneinander der Gewährleistungsrechte und des Anspruchs aus c. i. c. . . . . . .287 dd) Eigene Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .287 b) Das Verhältnis der Gewährleistungsrechte zur Anfechtung  . . . . .288 III. DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .289 1. Die einzelnen Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung nach DCFR  . . .291 2. Die wesentlichen Anwendungsvoraussetzungen der Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung von Kaufverträgen  . . . . . . . . .293 3. Besonderheiten für Rechtsbehelfe des Verbrauchers bei Verbraucherkaufverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .294 4. Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe für zum Vertragsbestandteil gewordene Äußerungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .295 5. Konkurrenzen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .296 IV. GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .297 1. Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen der Gewährleistungsrechte nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . .298 2. Anwendbarkeit der Abhilfemöglichkeiten des Käufers bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung  . . . . . . . . . . . . . . . .300 a) Art. 100 lit. f) GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .301 b) Art. 69 GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .302 3. Die Abhilfen des Käufers bei Pflichtverletzung des Verkäufers in Kaufverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .306 a) Vorgesehene Abhilfen des Käufers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .307 b) Wesentliche Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .309 c) Konkurrenzen der Abhilfen des GEK‑Vorschlags  . . . . . . . . . . . .309 4. Konkurrenzverhältnis des Art. 69 zu Art. 28 Abs. 2 GEK‑Vorschlag  310 V. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .312

H. Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .312 I. II.

Unterlassungsanspruch nach § 2 UKlaG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .312 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG  . . . . . . . . . .314 1. Schutzzweck des UWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .315 2. Voraussetzungen des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 UWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .316

XX

Inhaltsverzeichnis

a) Allgemeine Voraussetzungen des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG  . . . . . . . . . . . . . .317 aa) Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen nach § 3 UWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .317 (1) Aufbau und Systematik des § 3 UWG  . . . . . . . . . . . . . .317 (2) Unzulässige geschäftliche Handlungen im B2C‑Verhältnis nach § 3 Abs. 3 UWG i. V.m. der black list  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .319 bb) Unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG  . . . . . . . . . . . . . .320 b) Die Wiederholungsgefahr als besondere Voraussetzung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .321 c) Die Erstbegehungsgefahr als besondere Voraussetzung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 S. 2 UWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .321 d) Rechtswidriger, fortbestehender Störungszustand als besondere Voraussetzung des Beseitigungsanspruchs  . . . . . . . . .321 3. Kein Verschuldenserfordernis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .322 4. Rechtsfolgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .322 5. Verhältnis des Unterlassungsanspruchs aus § 8 UWG zu § 2 UKlaG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .322 III. Wettbewerbsrechtliche Sanktionen wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung nach PAngV  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 IV. Konkurrenzverhältnis zwischen vertragsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Sanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .324 1. Notwendigkeit wettbewerbsrechtlicher Sanktionen und deren Verhältnis zu Sanktionen des BGB  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .324 2. Vorteile eines zusätzlichen wettbewerbsrechtlichen Schutzes über § 3 UWG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .326 V. Keine Unterlassungsklage und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche nach DCFR sowie GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .327 VI. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .327

I. Allgemeines Leistungsstörungsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .328 I. II.

Erfüllungsanspruch  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .328 Anpassung des Vertrags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .329 1. Anpassung des Vertrags nach BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .329 2. Anpassung des Vertrags nach DCFR  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .331 3. Anpassung des Vertrags nach dem GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . .332 III. Rücktritt vom Vertrag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .333 IV. Minderung nach § 441 BGB analog  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .335 V. Bußgelder  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .335 1. Nationales Recht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .335 2. GEK‑Vorschlag  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .336



Inhaltsverzeichnis

XXI

VI. Kritische Würdigung und Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .336

J. Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen  . . . . . . . . . .337 I.

Problem der fehlenden Kohärenz auf europäischer Ebene trotz Bemühungen um Vollharmonisierung des Verbraucherschutzrechts  . . .337 II. Zusammenfassende Bewertung der Rechtsfolgen der Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten nach deutschem Recht unter Berücksichtigung des europäischen Sekundärrechts  . . . . . . . . . . . . . . .340 III. Möglicher Vorbildcharakter der Sanktionsregelungen des DCFR und des GEK‑Vorschlags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .342

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems bei vorvertraglicher Informationspflichtverletzung im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .347 A. Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informationspflichten auf wesentliche Kernaspekte als „notwendige Vorstufe“  . . . . . . . . . . . . .347 I.

II.

Künftige Lösungsansätze  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .349 1. Gefahr des Negativ-Effekts zu umfangreicher vorvertraglicher Informationspflichten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .349 2. Die erleichterten Informationsanforderungen im M‑Commerce als Vorbild für die gesamte Regelung vorvertraglicher Informationspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigem Fernabsatzrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .355 3. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .357 „New Deal for Consumers“ – Der neue Vorschlag zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU‑Verbraucherschutzvorschriften  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .358 1. Geplante Änderungen in Bezug auf die VerbrRRL . . . . . . . . . . . . . .358 a) Keine Reduktion der vorvertraglichen Informationspflichten  . . .358 b) Keine Reform der Sanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .359 2. Geplante Änderungen in Bezug auf die UGPRL  . . . . . . . . . . . . . . .361 3. Zusammenfassende Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .361

B. Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informationspflichten  . . . . . . . . . . . . . . . . . .362 I. II.

Grundlegende Erwägungen zur Konzeption eines europäischen Sanktionssystems  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .362 Vorschlag eines europäischen Sanktionsmodells  . . . . . . . . . . . . . . . . . .364 1. Grundsätzliche Weichenstellung: Optionales Instrument und Reform der Verbraucherrechterichtlinie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .364 2. Gleichlauf zwischen Falsch- und Nichtinformation  . . . . . . . . . . . . .365 3. Vorzugswürdiges Modell einer abgestuften Sanktionssystematik  . .366 4. Die einzelnen Sanktionen des Vorschlags  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .368

XXII

Inhaltsverzeichnis

a) Verlängerung der Widerrufsfrist  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .368 b) Spezifische Kostensanktion  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .369 c) Die Nichtbindung an den Vertrag als spezielle Sanktion i. S. d. Button-Lösung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .369 d) Verschuldensunabhängiger Anspruch auf Schadensersatz  . . . . . .370 e) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung  . . . . . . . . . . . . . . . . . .372 f) Anwendbarkeit von Gewährleistungsrechten . . . . . . . . . . . . . . . .373 5. Zusammenfassende Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .373

Sechster Teil: Abschließende Thesen und Ausblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . .375 A. Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Thesen  . . . . . . . . . . . . .375 B. Fazit und Ausblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .377 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .379 Sachverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .401

Abkürzungsverzeichnis a.A. andere Ansicht a.F. alte Fassung Abs. Absatz AcP Archiv für die civilistische Praxis acquis acquis communautaire ACQP Acquis Principles ADRRL Richtlinie über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AG Amtsgericht AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen AT Allgemeiner Teil Aufl. Auflage Az. Aktenzeichen B2B business-to-business B2C business-to-consumer Bd. Band BeckOK Beck’scher Online-Kommentar BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGB‑InfoV BGB‑Informationspflichten-Verordnung BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BKR Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht BMJ Bundesministerium der Justiz BT‑Drs. Bundestagsdrucksache BVerfG Bundesverfassungsgericht C2C consumer-to-consumer c.i.c. culpa in contrahendo CESL Common European Sales Law CISG United Nations Convention on Contracts for the International Sale of Goods CMLRev Common Market Law Review CR Computer und Recht DB Der Betrieb DCESL Draft of a Common European Sales Law DCFR Draft Common Frame of Reference DZWiR Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht EC European Community E‑Commerce Electronic Commerce ECRL E‑Commerce-Richtlinie

XXIV

Abkürzungsverzeichnis

Ed. Edition EG Europäische Gemeinschaft EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einf Einführung Einl. Einleitung EL Ergänzungslieferung endg. endgültig ERCL European Review of Contract Law ERPL European Review of Private Law ErwGr. Erwägungsgrund etc. et cetera EU Europäische Union EuCML Journal of European Consumer and Market Law EuGH Europäischer Gerichtshof EUV Vertrag über die Europäische Union euvr Zeitschrift für Europäisches Unternehmens- und Verbraucherrecht EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht e. V. eingetragener Verein EWG‑Vertrag Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft EWS Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht FARL Fernabsatzrichtlinie f., ff. folgende FS Festschrift GEK Gemeinsames Europäisches Kaufrecht GEK-E Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, Entwurf (Regelungen im Anhang) GEK‑Vorschlag Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (Regelungen im Anhang) GEK‑VO-E Gemeinsames Europäisches Kaufrecht Entwurf (Regelungen der Verordnung) GEK‑VO-Vorschlag Vorschlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (Regelungen der Verordnung) gem. gemäß ggf. gegebenenfalls GmbH & Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Co. Kommanditgesellschaft GPR Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht grds. grundsätzlich Grds. Grundsatz GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR Int Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Hk-BGB Handkommentar BGB h.L. herrschende Lehre h.M. herrschende Meinung Hrsg. Herausgeber Hs. Halbsatz i.d. F. in diesem Fall i.d. S. in diesem Sinne i.E. im Ergebnis



Abkürzungsverzeichnis

XXV

i.e. S. im engeren Sinne i.S. d. im Sinne der/des i.S. e. im Sinne eines i.S. v. im Sinne von i.V. m. in Verbindung mit JR Juristische Rundschau jurisPK Juris Praxiskommentar juris-PR‑VersR Juris Praxisreport Versicherungsrecht JuS Juristische Schulung JZ Juristenzeitung ITRB Der IT‑Rechts-Berater K&R Fachpublikation Kommunikation und Recht KG Kammergericht KMU kleine und mittlere Unternehmen KOM (Europäische) Kommission LG Landgericht lit. litera Ltd. Limited M‑Commerce Mobile Commerce Mio. Million(en) MMR Multimedia und Recht (Zeitschrift) Mrd. Milliarde(n) m. w. N. mit weiteren Nachweisen MüKo Münchener Kommentar n.F. neue Fassung NJoZ Neue Juristische Online Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW‑RR Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report NK Nomos Kommentar NRW Nordrhein-Westfalen Nr. Nummer ODR‑VO Verordnung über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten OLG Oberlandesgericht OKRL‑Vorschlag Richtlinienvorschlag über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren OS‑VO Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten PAngRL Preisangabenrichtlinie PAngV Preisangabenverordnung PC Personal Computer PECL Principles of European Contract Law PKW Personenkraftwagen RegE Regierungsentwurf RG Reichsgericht RIW Recht der Internationalen Wirtschaft RL Richtlinie Rn. Randnummer

XXVI Rom I‑VO

Abkürzungsverzeichnis

Verordnung über das auf vertragliche Schuldverhältnisse ­anzuwendende Recht Rom II‑VO Verordnung über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse ­anzuwendende Recht Rs. Rechtssache Rspr. Rechtsprechung r + s Recht und Schaden (Zeitschrift) S. Seite s.o. siehe oben SMG Schuldrechtsmodernisierungsgesetz SMS Short Message Service sog. sogenannte TMG Telemediengesetz u.a. unter anderem u.U. unter Umständen UA. Unterabsatz UGPRL Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken UKlaG Unterlassungsklagegesetz umstr. umstritten Urt. Urteil usw. und so weiter UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb Überbl Überblick v vor v. von VerbrGKRL Verbrauchsgüterkaufrichtlinie VerbrRRL Verbraucherrechterichtlinie VersR Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht vgl. vergleiche VO Verordnung Vorbem. Vorbemerkung Vrss. Voraussetzungen VSBG Verbraucherstreitbeilegungsgesetz VuR Verbraucher und Recht WLAN Wireless Local Area Network WM Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht WRP Wettbewerb in Recht und Praxis z.B. zum Beispiel ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZGS Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht ZPO Zivilprozessordnung ZRP Zeitschrift für Rechtspolitik ZSE Zeitschrift für Staats- und Europawissenschaften ZVglRW Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft

Erster Teil

Einführung und Gang der Untersuchung A.  Einführung und Problemdarstellung „Wir leben in einer Informationsgesellschaft“ – diese Feststellung umschreibt einen essentiellen Bestandteil unseres Alltags, der gefüllt ist mit unterschied­ lichsten Arten von Informationen und Informationsquellen.1 Eine Informa­ tionsgesellschaft zeichnet sich durch ihren Facettenreichtum aus und kann als moderne Gesellschaftsform beschrieben werden, die durch die Vielfalt der Möglichkeiten der Beschaffung, Bereitstellung, Verarbeitung und des Zugangs zu Informationen durch neue Medien geprägt ist.2 Die „modernen Medien“ wiederum sind ein schillernder Begriff, der unsere technikaffine Gesellschaft beschäftigt. Gerade das World Wide Web oder Internet, ein Meilenstein und Zeugnis für den technischen Fortschritt der digitalen Welt, ist maßgeblicher Be­ standteil der Informationsversorgung. Die nahezu uneingeschränkte weltweite Verfügbarkeit beliebiger Informationen, Daten, Waren oder Dienstleistungen ist beeindruckend. Doch ist auch die Rechtslage entsprechend ausgereift? Relativ einfach lässt sich diese Frage im Hinblick auf weltweit einheitliche Rechtsvor­ gaben des Online- und Fernabsatzhandels verneinen, aber wie verhält es sich mit dem Status quo innerhalb der Binnengrenzen der Europäischen Union? Gibt es ein europäisches Regelwerk im Sinne kohärenter Vorgaben für grenzüber­ schreitendes Online- und Fernabsatzshopping oder existieren in diesem Be­ reich Regelungslücken und besteht demzufolge Optimierungsbedarf? Welche Herausforderungen und Auswirkungen bringt die digitale Revolution für unsere Gesellschaft und das Vertragsrecht mit sich?3 Das Verbraucherschutzrecht hat in den letzten Jahrzehnten eine bedeuten­ de und weitreichende Rolle im Europäischen Privatrecht eingenommen. Nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Realisierung des Binnenmarktes, basie­ 1  Magnus, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 291, 297, bezeichnet dies gar als triviale Erkenntnis. 2  Eingehend zur Entwicklung der Informationsgesellschaft Bergmann, Handlexikon der EU, Informationsgesellschaft; eine ähnliche, allgemeine Beschreibung enthält der Duden, ab­ rufbar unter ; der Begriff ist in diesem Zusammenhang jedoch allgemein zu verstehen und nicht mit dem Begriff der Diens­ te der Informationsgesellschaft aus der ECRL gleichzusetzen, eingehend dazu z. B. MüKo BGB/Wendehorst, § 312i BGB, Rn. 8 ff. 3  Schulze/Staudenmayer, EuCML 2015, 215 f.

2

Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

rend auf den konstituierenden Säulen der Grundfreiheiten, ist die Möglichkeit grenzüberschreitender Vertragsschlüsse in der heutigen Zeit keine Besonder­ heit mehr. Vielmehr kann bereits von einer Selbstverständlichkeit gesprochen werden, dass insbesondere der freie Warenverkehr nahezu keine Grenzen mehr kennt. Einen wesentlichen Bestandteil des unionsweiten und auch internationa­ len Handels stellen Fernabsatzverträge sowie Verträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr als sog. besondere Vertriebsformen dar. In Zeiten des immer weiter zunehmenden technischen Fortschritts bietet vor allem das Internet ein Medium grenzenloser Vertragsschlussmöglichkeiten. Ob am (Familien-)PC, mit dem internetfähigen Tablet oder einem Smartphone – überall und zu jeder Zeit sind Menschen heute in der Lage Dinge zu bestellen, die sie unbedingt haben wollen, oder mit wenigen „Klicks“ die neuesten Apps oder Lieder herunter­ zuladen, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch wenn das Internet quasi das Tor zu einer schier unendlichen Konsum- und Informationswelt öffnet, wird das World Wide Web einerseits als Segen, andererseits aber auch als Fluch verstan­ den.4 Korrespondierend zu den verschiedensten Möglichkeiten des Vertrags­ schlusses wird auch dem Missbrauch durch Anbieter Tür und Tor geöffnet.5 Neben Abmahnwellen aufgrund illegaler Nutzung von digitalen Inhalten sind sog. „Abo- oder Kostenfallen“ im Internet leider auch geläufige Phänomene des 21. Jahrhunderts.6 Auch wenn bislang geltendes Recht den Verbrauchern7 Schutz vor ungewollten bzw. nicht in dieser Art gewollten Vertragsabschlüssen bot,8 sind diese Schutzmechanismen dennoch nicht ausreichend, um die ge­ nannten Missbrauchsfälle gänzlich zu verhindern.9 Dies liegt vor allem an der mangelnden Erfahrung der meisten Verbraucher im Verhältnis zu leider nicht selten kriminell anmutenden Verhaltensweisen bestimmter Unternehmer. Teil­ weise liegt es aber auch an der Flut einzuhaltender Bestimmungen, deren Ein­ haltung für beispielsweise kleine und mittelständische Unternehmen mangels hinreichender Erfahrungen im Online-Handel große Schwierigkeiten bedeutet. Auch kann von einem juristischen Laien nicht erwartet werden, dass er sämt­ 4  Siehe zum Beispiel das Interview des Autorenduos Kathrin Passig und Sascha Lobo der Bundeszentrale für politische Bildung zu deren Buch „Internet – Segen oder Fluch“, abrufbar unter: ; ferner SZ Online, abrufbar unter . 5  Dieses Problem aufgreifend der Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Ge­ setzes zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr, BT‑Drs. 17/7745, S. 1. 6  BT‑Drs. 17/7745, S. 1; zu dieser Problematik beispielsweise auch Kirschbaum, MMR 2012, 8; Weiss, JuS 2013, 590; Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36; Blasek, GRUR 2010, 396. 7  Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird im Folgenden auf die gleichzeitige Verwen­ dung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet und sämtliche Personenbezeichnun­ gen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht. 8  Vgl. auch BT‑Drs. 17/7745, S. 6. 9  Ähnlich BT‑Drs. 17/7745, S. 6.



A.  Einführung und Problemdarstellung3

liche Feinheiten des deutschen Rechts im Hinblick auf die Voraussetzungen eines wirksamen Vertragsschlusses beherrscht oder gar seine Rechte kennt, sich von einem ungewollt geschlossenen Vertrag zu lösen. Der grenzüberschreiten­ de Online- und Fernabsatzhandel sieht sich daher mit Problemen konfrontiert und es besteht Handlungsbedarf für die EU. In diesem Kontext keimt häufig der Wunsch nach einem Einheitskaufrecht oder gar einem einheitlichen euro­ päischen Vertragsrecht auf, welches unionsweit Geltung entfalten soll. Diese Idee der progressiven Rechtsvereinheitlichung vermag verlockend erscheinen, wenn sie denn die Lösung für tatsächlich existente Probleme bieten kann. Ins­ besondere im Bereich des grenzüberschreitenden Online- und sonstigen Fern­ absatzhandels gestaltet sich die Identifikation bestehender Hemmnisse, trotz bereits bestehender Richtlinien in diesem Sektor,10 aufgrund divergierender Interessen­lagen der beteiligten Parteien sehr schwierig, was zu unterschiedli­ chen Beurteilungen führt. Ein großes Problem wird darin gesehen, dass Händler zwar grundsätzlich aufgeschlossen den Online-Vertriebsformen gegenüberste­ hen, ­jedoch den Schritt in eine grenzüberschreitende Online-Vertriebstätigkeit scheuen.11 Insbesondere die Erfüllung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten stellt einen nicht zu unterschätzenden Kostenfaktor für Unternehmen dar.12 Generell wird davon ausgegangen, dass insbesondere der Vertriebsweg des E‑Commerce Transaktionskosten senkt,13 doch scheuen Unternehmen und ge­ rade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) häufig hohe Transaktionskosten mangels einheitlich anwendbarer Regelungen, hinzu kommt eine Unsicherheit im Umgang mit unterschiedlichen Vorschriften.14 Nach Auffassung der Euro­ päischen Kommission und einer weit verbreiteten Literaturmeinung ist als ein wichtiges Hindernis die unterschiedliche Rechtslage in den 28 Mitgliedstaaten, vor allem im Bereich des Verbraucherrechts, zu nennen, wobei sich selbst Ex­ 10  Eingehend dazu S. 8 ff. 11  So auch Härting/Gössling,

CR 2016, 165; dies belegen auch die von der Europäischen Kommission in der Begründung (Kontext des Vorschlags) zu Beginn des Vorschlags für eine Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Warenhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren angeführten Prozentzahlen, KOM(2015) 635 endg., S. 2. 12  Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 195; Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 205; generell auch Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113 ff. 13 So bereits Calliess, in: Donges/Mai (Hrsg.), E‑Commerce und Wirtschaftspolitik, S. 189, 191 f., wonach Transaktionskosten nach allgemeinem Verständnis neben Kosten der In­ formationsbeschaffung, der Verhandlungen und Abschlüsse von Verträgen auch die anschlie­ ßende Sicherstellung der Vertragserfüllung umfassen; ebd. Schwarz-Schilling, S. 207; siehe auch Kunz, S. 13 f. 14 Begründung der Europäischen Kommission zu Beginn des Richtlinienvorschlags KOM(2015) 635 endg., S. 2 f.; ferner die Mitteilung eines umfassenden Konzeptes zur För­ derung des grenzüberschreitenden elektronischen Handels vom 25. Mai 2016, KOM(2016) 320 endg., S. 4 ff.; ebenso Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113.

4

Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

perten mit dem Problem des fehlenden Überblicks konfrontiert sehen.15 Nach anderer Auffassung spielt jedoch aus Sicht der Kunden weniger die Diversität der Rechtsordnungen als vielmehr andere Faktoren wie z. B. Sprache, erhöhte Gesamtkosten bzw. Sorge um weitere Kosten aus steuerlichen Gründen oder Zollgebühren, fehlendes Vertrauen in Händler oder die Befürchtung schwieri­ ger und kostenintensiver Retouren eine bedeutendere Rolle.16 Auch aus Unter­ nehmerperspektive stelle sich das Problem der unterschiedlichen Rechtslagen nicht derart gravierend, da deren Angebote oder AGB sowieso auf englischer Sprache verfügbar seien und zusätzliche Versandkosten häufig für verschiede­ ne Staaten aufgeführt werden, sodass faktisch grenzüberschreitender OnlineHandel erfolge.17 Insgesamt spricht vieles dafür, den Zusammenhang zwischen einem funktionierenden Binnenmarkt und der Notwendigkeit verstärkten Ver­ trauens insbesondere von Verbrauchern in den grenzüberschreitenden Handels­ verkehr anzuerkennen18 und künftig weiterhin zu berücksichtigen. Genau dieser beschriebenen Problematik wird sowohl auf europäischer, als auch auf nationaler Ebene seit Jahren versucht, durch verschiedene Schutz­ mechanismen entgegenzuwirken. Basierend auf der dynamischen Fortentwick­ lung der Richtlinien zeigt sich dies insbesondere in den umsetzenden Regelun­ gen des BGB über besondere Vertriebsformen, welche stetig Änderungen und Weiterentwicklungen unterliegen und daher als „Dauerbaustelle“ bezeichnet werden.19 Im verbraucherschutzrechtlichen Kontext sind primär die vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichten und das Widerrufsrecht bei bestimmten Vertrags­ typen und besonderen Vertragsschlusssituationen zu nennen. Die rechtliche Bedeutung der Informa­tions­pflichten-Thematik lässt sich treffend mit der Fest­ stellung „Tons of paper and hectolitres of ink have already been spent on the duties to inform […]“ umschreiben.20 In vielen unterschiedlichen Richtlinien 15 Siehe auch Härting/Gössling, CR 2016, 165; insofern von einer „starken Fragmen­ tierung“ der vertragsrechtlichen Regelungen ausgehend Wendland, EuZW 2016, 126; siehe auch die Begründung der Europäischen Kommission zu Beginn des Richtlinienvorschlags KOM(2015) 635 endg., S. 2; aus der Perspektive der Praxis ebenso Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113; etwas differenzierter Föhlisch, VuR 2016, 201, welcher die Vielzahl un­ bekannter Rechtsordnungen zwar als Hindernis ansieht, aber die Einordnung als Hauptgrund gegen grenzüberschreitende Tätigkeiten anzweifelt, da andere Umfragen weitere Faktoren als entscheidende Hemmnisse qualifizierten. Föhlisch nimmt insofern Bezug auf die Umfrage der OC&C Strategy Consultants in Kooperation mit Google und Paypal, verfügbar unter: . 16 Vgl. Föhlisch, VuR 2016, 201; siehe auch Hörmann, S. 110, welcher gerade die Spra­ che als maßgebliches Kriterium für die positive Fortentwicklung des Internethandels ansieht. 17 Ebd. 18  Ähnlich auch Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 1 CESL Regulation, Rn. 4. 19 Vgl. Janal, WM 2012, 2314, 2322; speziell zum Verbrauchervertragsrecht auch Wendehorst, NJW 2011, 2551 ff; dies., NJW 2014, 577, 584; dies aufgreifend und zustimmend Beck­ OK BGB/Bamberger, § 13 BGB, Rn. 2a; ebenso Alexander, JR 2011, 415 ff. 20 Siehe Mankowski, ERPL 2005, 779 m. w. N.; vgl. nur Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis; Benninghoff, Die Rolle der vorvertrag­



B.  Gegenstand und Aufbau der Untersuchung5

existieren Verpflichtungen des Unternehmers, den Verbraucher vor oder nach Vertragsschluss über verschiedene Aspekte zu informieren. Das Recht auf In­ formation wird demnach als eines der fundamentalen Instrumente des Verbrau­ cherschutzes erachtet.21 Informa­tions­pflichten können aber nur dann die ge­ wünschte Schutzwirkung entfalten, wenn eine Verletzung Sanktionen nach sich zieht.22 Leider, so die häufige Kritik, fehlt es jedoch auf der Rechtsfolgenseite an einer einheitlichen und klaren Regelung, welche Konsequenzen im Fall der Nichterfüllung dieser Informa­tions­pflichten greifen sollen.23 Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Rechtsfolgen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen im Hinblick auf Bedeutung und Wirksamkeit im Kontext des europäischen Ver­ braucherschutzgedankens näher zu betrachten.

B.  Gegenstand und Aufbau der Untersuchung Unter Berücksichtigung der soeben dargestellten Herausforderungen ist Gegen­ stand dieser Untersuchung die Identifikation und Analyse von möglichen Sank­ tionen bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fern­ absatzverträgen in Fällen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung durch Nicht- oder Schlechterfüllung. Im Fokus der Untersuchung stehen die Sank­ tionen bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen im Online-Waren­ handel und sonstigen Fernabsatzverträgen über Waren auf nationaler und euro­ päischer Ebene. Demzufolge beschränkt sich die Analyse in zweierlei Hinsicht: zum einen auf die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten, zum an­

lichen Informa­tions­pflichten im Entwurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 85 ff.; Schulze, Precon­ tractual Duties and Conclusion of Contract in European Law, ERPL 2005, 841 ff.; Piers, Pre­ contractual Information Duties in the CESL, ZEuP 2012, 867 ff. 21  Vgl. bereits das Erste Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, Abl. EG Nr. C 92/2 vom 25. April 1975, näher dazu S. 26 ff., S. 27 f. m. w. N.; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chap­ ter 3, Rn. 57; Heiderhoff, Grundstrukturen des nationalen und europäischen Verbraucher­ rechts, S. 266; ähnlich auch Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193. 22  Vgl. auch Schulze, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Ver­ tragsschluss im acquis, S. 13; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 59; nach der zutreffenden Auffassung von Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 194 f., sollten diese aber nur dann statuiert werden, wenn es für die Einhaltung des angestrebten Informationsver­ haltens keine sonstigen Anreize gibt und sie verweisen z. B. auf die (unschädliche, d. h. für den Verbraucher nicht nachteilige) Nichteinbeziehung von AGB. 23  Siehe hierzu auch die Fragestellung der Europäischen Kommission im Grünbuch über die Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzschutzes im Verbraucherschutz, KOM(2006) 744 endg.

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

deren auf bestehende Regelungen für Verträge im elektronischen Geschäftsver­ kehr über Waren sowie auf Fernabsatzverträge über Waren.24 Die Untersuchung ist untergliedert in sechs Teile. Nach Darstellung der ein­ schlägigen Rechtsquellen sowie der ausgewählten wissenschaftlichen Regel­ werke25 in diesem ersten allgemeinen Teil, werden im zweiten Teil die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Kontext der Entwicklung und Kon­ zeption des Verbraucherschutzrechts auf europäischer und nationaler Ebene, der Bedeutung des Verbraucherleitbilds sowie aktuelle Herausforderungen be­ trachtet. Anschließend werden im dritten Teil zunächst wesentliche, der Unter­ suchung zu Grunde liegende Begriffsbestimmungen sowie Anwendungsberei­ che der Regelwerke erläutert. Sodann folgt ein Überblick über die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten, bevor die einzelnen Pflichten der ver­ schiedenen Regelwerke im Rahmen eines kategorisierenden Ansatzes verglei­ chend betrachtet werden. Auf Basis der dargestellten Informationsverpflich­ tungen erfolgt im vierten Teil zunächst ein Überblick über die verschiedenen Sanktionsmechanismen für die Verletzung ebendieser. Im Anschluss hieran werden die existenten Sanktionen differenziert nach der konkreten Rechts­ folge dargestellt und in Hinblick auf Funktion und Schutzrichtung unter Aus­ arbeitung der jeweiligen Vor- und Nachteile sowie damit verbundener Proble­ matiken untersucht. Anhand der hieraus gewonnenen Thesen folgt im fünften Teil ein eigenständig entwickelter Vorschlag eines Sanktionssystems auf euro­ päischer Ebene. Abschließend werden im sechsten Teil die wesentlichen ge­ wonnenen Thesen rekapituliert und ein zusammenfassendes Fazit gezogen.

C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke Die vorliegende Analyse ist eingebettet in eine vergleichende Betrachtung der Sanktionen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung auf europäischer und nationaler Ebene. Hierbei wird nicht etwa der Methode einer länderspe­ 24  Nicht erfasst werden daher Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr über digita­ le Inhalte, da diese aufgrund des speziellen Vertragsgegenstands spezifische Besonderheiten wie insbesondere auch eine spezielle Informationserteilung vor Vertragsschluss vorsehen. Die Differenzierung entspricht im Übrigen auch dem Ansatz auf europäischer Ebene, für Ver­ träge im Online-Handel und Fernabsatzverträge über Waren und die Bereitstellung digitaler Inhalte grundsätzlich zu unterscheiden und diese jeweils in gesonderte Rechtsakte aufzutei­ len. Entsprechend werden auch die wiederum mit spezifischen Anforderungen verbundenen Verträge über digitale Inhalte nicht behandelt. Soweit für die vorliegende Untersuchung je­ doch relevant, wird eine Bezugnahme nicht ausgeschlossen. Ebenfalls vom Gegenstand der Untersuchung ausgenommen werden aufgrund der besonderen Charakteristik und den ­entsprechend besonderen Schutzmechanismen Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistun­ gen. 25 Diese wissenschaftlichen Vorschläge von Regelwerken sind nach derzeitigem Stand kein geltendes Recht und werden im Folgenden als Regelwerke bezeichnet.



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke7

zifisch ausgerichteten Rechtsvergleichung gefolgt,26 sondern ausgehend von den ausgewählten Vertragsschlusssituationen des elektronischen Geschäftsver­ kehrs sowie sonstiger Fernabsatzverträge über Waren untersucht, inwiefern es vorvertragliche Informa­tions­pflichten und entsprechende gesetzlich geregelte Sanktionen oder sonstige sanktionsrechtliche Vorgaben im europäischen und nationalen deutschen Recht einerseits sowie bedeutender ausgewählter Regel­ werke andererseits gibt.

I.  Rechtsquellen und Auswahlkriterien der Regelwerke Ausgangspunkt und Fundament der folgenden rechtsvergleichenden Unter­ suchung bilden die thematisch einschlägigen europäischen Sekundärrechtsakte des Europäischen Privatrechts. Die Regelungen des Europäischen Privatrechts werden häufig auch mit der Bezeichnung des acquis communautaire (acquis) umschrieben. Da dem acquis eine zentrale Rolle im Rahmen der Harmonisie­ rung des europäischen Privatrechts beigemessen wird, gilt es zunächst das Be­ griffsverständnis näher zu bestimmen. Unter dem Begriff acquis werden nach allgemeiner Auffassung in der Regel und auch im Folgenden Sekundärrechts­ akte der Union im Bereich des Europäischen Privatrechts unter Einbeziehung der Judikatur des EuGH verstanden.27 Eine besondere Herausforderung des acquis besteht darin, dass dessen überwiegender Teil aus Richtlinien besteht, welche wie bekannt erst in das nationale Recht umgesetzt werden müssen und weit überwiegend nur mindestharmonisierenden Charakter aufweisen.28 Eine zweite tragende Rolle kommt dem (weitgehend) in Umsetzung des früheren Gemeinschafts- und heutigen Unionsrechts ergangenen nationalen deutschen Recht zu. Diese gesetzlichen Regelungen werden im Hinblick auf das Thema der Arbeit einem Vergleich mit zwei bedeutenden europäischen Regelwerken unterzogen, dem Draft Common Frame of Reference (DCFR) sowie dem Vor­ schlag für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (GEK‑Vorschlag).

26  So z. B. Hohlers, Der Vertragsschluss im e-Commerce nach deutschem und spanischem Recht – Unter besonderer Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben zu den Informa­ tions­pflichten. 27  Schulze, ERPL 2005, 3, 7 ff.; Ernst, AcP 208 (2008), 249, 253 f.; ähnlich Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 75 m. w. N.; nach TwiggFlesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 95 f., wird teilweise hierunter auch das CISG gefasst, obwohl dieses nicht von allen Mit­ gliedstaaten der EU ratifiziert wurde; insgesamt enger jedoch das Verständnis von Alpa/­ Andenas, S. 134 ff. 28 Ähnlich Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 95; inzwischen zeigt sich jedoch eine Tendenz zur Vollharmonisierung; siehe auch Jansen, ZEuP 2012, 741 f., nach dessen Auffassung sich der acquis in der Krise befindet.

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

1.  Einschlägige Sekundärrechtsakte und nationales Recht Im Bereich der elektronischen Verträge und Fernabsatzverträge gibt es im We­ sentlichen drei relevante Sekundärrechtsakte, die jeweils einen spezifischen Komplex regeln. Für den Bereich des E‑Commerce bedeutend ist insbesondere die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (E‑Commerce-Richt­ linie, im Folgenden ECRL).29 Sekundärrechtliche Grundlagen für sonstige Fernabsatzverträge sehen die Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Ver­ tragsabschlüssen im Fernabsatz (im Folgenden FARL)30 sowie die Richtlinie über Rechte der Verbraucher (im Folgenden VerbrRRL)31 vor. Bis zum Inkrafttreten der VerbrRRL waren die ECRL und FARL die bedeu­ tendsten Sekundärrechtsakte für sog. Distanzvertriebe.32 Wie bereits aus dem Namen VerbrRRL ersichtlich, handelt es sich um eine Verbraucherschutzricht­ linie, die sich von den meisten bisherigen Richtlinien durch ihren vollharmo­ nisierenden Ansatz abhebt, der allerdings nicht umfassend verwirklicht werden konnte.33 Mit Wirkung vom 13. Juni 2014 wurden die Vorgaben der VerbrRRL in deutsches Recht umgesetzt.34 Der Name dieser jüngsten „Richtlinie über Rechte der Verbraucher“ könnte die Vermutung einer umfassenden Kodifizie­ rung und Vereinheitlichung des Verbraucherschutzrechts nahelegen. Die Be­ zeichnung des Rechtsakts ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass der erste Vorschlag der geplanten VerbrRRL eine Zusammenführung diverser Verbraucherschutzrichtlinien bezweckte und eine inhaltliche Annäherung der zuvor einzeln geregelten Sektoren bewirken wollte. Im Hinblick auf das Ziel einer kohärenteren Gestaltung des Verbrauchervertragsrechts35 wurde zunächst eine Kategorisierung von sieben Richtlinien in horizontale (Haustürwiderruf-, Fernabsatz-, Klausel- und VerbrauchsgüterkaufRL) und vertikale (d. h. sektor­ spezifische, wie PauschalreiseRL, VerbraucherkreditRL und TimesharingRL) Richtlinien vorgenommen.36 Der Vorschlag der Europäischen Kommission 29 

Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vom 8. Juni 2000. Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz vom 20. Mai 1997. 31  Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richt­ linie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011. 32  Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 157; speziell zur Bedeutung für Verträge im Internet auch Hohlers, S. 19. 33  Grundmann, JZ 2013, 53 ff. 34  Gem. Art. 15 des VerbrRRL‑UG sind die neuen Vorschriften in Deutschland am 13. Juni 2014 in Kraft getreten, Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie vom 20. Sep­ tember 2013, BGBl. Teil 1, Nr. 58, S. 3662. 35 Vgl. insofern die Verbraucherpolitische Strategie der Europäischen Kommission, KOM(2007) 99 endg.; siehe auch Tonner, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Einleitung Rn. 6. 36  Herresthal, in: Langenbucher (Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, § 2, 30 



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke9

vom 8. Oktober 2008 sah zunächst vor, die vier genannten horizontalen Richt­ linien vollharmonisierend zu einem Instrument zusammenzuführen.37 Dieses ursprünglich ambitionierte Vorhaben einer umfassenden Reform des Europäi­ schen Verbraucherrechts durch Erlass eines horizontalen Sekundärinstruments ist jedoch gescheitert.38 In Abkehr von der geplanten Vollharmonisierung be­ schränkte sich der Ansatz nun auf eine „gezielte“ vollständige Harmonisierung (targeted full harmonisation).39 Tatsächlich wurden die HaustürwiderrufsRL und die FARL durch die VerbrRRL aufgehoben,40 die RL über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (KlauselRL) sowie die VerbrauchsgüterkaufRL (VerbrGKRL) abgeändert. Die ursprünglich weiter intendierte Harmonisie­ rung der vier genannten Richtlinien ist letztendlich nur in abgeschwächter Form erfolgt, weshalb die Bezeichnung des Rechtsakts als „Richtlinie über die Rechte der Verbraucher“ zu Recht als zu umfassend kritisiert wird.41 Nachdem die FARL durch die VerbrRRL aufgehoben wurde, ergeben sich ge­ rade auch Auswirkungen auf die vorliegend zu betrachtenden, vollharmonisier­ ten Informa­tions­pflichten und damit verbundene Pflichtverletzungen. Zudem enthält die VerbrRRL neben der weiterhin existenten ECRL auch Bestimmun­ gen zu Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und kann somit auch für vorvertragliche Informa­tions­pflichten im E‑Commerce Wirkung entfalten. Als wohl bedeutendste Neuerung der Reform ist die Harmonisierung der Verbrau­ cherinformation und des Widerrufsrechts in Fernabsatzverträgen und den vor­ herigen Haustürgeschäften zu nennen, wodurch die VerbrRRL ein hohes Ver­ braucherschutzniveau erreichen und einen Beitrag zum besseren Funktionieren des Binnenmarkts für B2C‑Geschäfte leisten will.42 Dies kommt insbesondere S. 94; Tonner, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Einleitung Rn. 6; ders., VuR 2013, 443, 444. 37  Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Rechte der Verbraucher vom 8. Oktober 2008, KOM(2008), 614 endg.; Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253; Schulte-Nölke, EuCML 2015, 135 f.; kritisch zu diesem Vorschlag z. B. Micklitz/ Reich, EuZW 2009, 279 ff.; den Vorschlag hingegen grds. begrüßend Hondius, ERPL 2010, 103 ff. 38  Treffend insofern die metaphorische Umschreibung von Janal, WM 2012, 2314: „Der Berg kreißte also und gebar eine Maus.“ 39  Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253. 40  Die ECRL wurde hingegen nicht durch die VerbrRRL abgelöst und bleibt somit weiter­ hin bestehen. Zudem existiert weiterhin auch die Richtlinie 2002/65 EG über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher, da die VerbrRRL in Ablösung der FARL lediglich den Fernabsatz aller anderen nichfinanziellen Waren und Dienstleistungen regelt. 41  Den jetzigen Titel der VerbrRRL als eigentlich „irreführend“ bezeichnend Tonner, VuR 2013, 443 f.; ebenso ders., in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Einleitung Rn. 7; Weatherill, CMLRev 2012, 1279, bezeichnet die Richtlinie als „a case of misleading advertising“; Janal, WM 2012, 2314; die Überschrift als „etwas weitgreifend“ bezeichnend ­Lehmann, CR 2012, 261; dem zustimmend Hörmann, S. 49. 42  Vgl. ErwGr. 5 der VerbrRRL; eine kritische Prüfung des Beitrags der VerbrRRL zum Europäischen Verbraucherschutzrecht bieten Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139 ff; vgl. auch Hörmann, S. 50 ff.

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

in der Regelung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten für sämtliche erfasste Verbrauchergeschäfte in Art. 5 VerbrRRL43 sowie in den besonderen Informa­ tions­pflichten für Fernabsatzverträge zum Ausdruck. Im Bereich des allgemei­ nen Vertragsrechts wird die VerbrRRL als „jüngstes größeres Reformwerk“ be­ zeichnet,44 auch wenn diese im Vergleich zu dem ursprünglichen Vorschlag der Europäischen Kommission in deutlich reduzierter und weniger reformatori­ scher Form erlassen wurde.45 Als zunächst geplante Gesamtkonsolidierung des vertragsrechtlichen acquis communautaire46 ist die VerbrRRL auch in der we­ niger umfangreichen Fassung zumindest ein bedeutender Meilenstein auf dem Weg zu einem gemeinsamen europäischen Vertragsrecht. Am 11. April 2018 hat die Europäische Kommission nun einen Vorschlag zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU‑Verbraucherschutzvorschriften im Rahmen des so­ genannten „New Deal for Consumers“-Pakets veröffentlicht, welcher unter an­ derem Änderungsvorschläge für die VerbrRRL vorsieht.47 Ob sich dieser Vor­ schlag durchsetzen kann und somit das große Reformwerk VerbrRRL in naher Zukunft selbst reformiert wird, bleibt jedoch abzuwarten. In Umsetzung der Vorgaben des EU‑Rechts sind nach nationalem Recht ins­ besondere die Regelungen zu vorvertraglichen Informa­tions­pflichten der be­ sonderen Vertriebsformen in den §§ 312 ff. BGB und den Art. 246 ff. EGBGB neben allgemeinen Sanktionsbestimmungen des BGB relevant.

2.  Auswahl und Bedeutung der Regelwerke Die ausgewählten Regelwerke enthalten u. a. jeweils Bestimmungen über vor­ vertragliche Informa­tions­pflichten für Verträge im elektronischen Geschäfts­ verkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge und mögliche Sanktionen für die Verletzung dieser Pflichten. Auch wenn die Vorstellung eines Europäischen 43  Zu den einzelnen Pflichten vgl. Art. 5 VerbrRRL; nach Auffassung von Janal, WM 2012, 2314, enthält die VerbrRRL zu Informa­tions­pflichten bei sämtlichen Verbraucherverträ­ gen eher „marginale“ Bestimmungen, die Reform beschränke sich vornehmlich auf Haustür­ widerrufs- und Fernabsatzverträge. 44  Grundmann, JZ 2013, 53; siehe auch Tonner, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Einleitung Rn. 6 f.; kritisch Weatherill, CLMRev, 1279 ff. 45  Ähnlich auch Grundmann, JZ 2013, 53; Reich, EuZW 2011, 736. 46  Vgl. hierzu das Grünbuch der Europäischen Kommission, zur Überprüfung des gemein­ schaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz, KOM(2006) 744 endg., S. 9 f.; ferner Fazekas, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 309, 311; Reich, EuZW 2011, 736 f., bezeichnet die VerbrRRL kritischer als „Halbharmonisierung“. 47  Vorschlag der Europäischen Kommission vom 11. April 2018 für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993, der Richtline 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Mo­ dernisierung der EU‑Verbraucherschutzvorschriften, KOM(2018) 185 final. Näher zu diesem Vorschlag im fünften Teil unter A. II., S. 358 ff.



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke11

­ ivilgesetzbuchs heute noch vielen als eine Utopie48 erscheint, wurden in den Z vergangenen Jahrzehnten doch einige wichtige Schritte unternommen, die eventuell künftig den Weg zu einer europäischen Zivilrechtskodifikation ebnen könnten. Sowohl dem DCFR als auch dem GEK‑Vorschlag könnte in diesem Zusammenhang Bedeutung zukommen, sodass deren Regelungen besondere Beachtung verdienen.

3.  Der Draft Common Frame of Reference Als erstes zur vergleichenden Betrachtung ausgewähltes Regelwerk ist der Draft Common Frame of Reference (DCFR) zu nennen.

a)  Die Entstehung des DCFR Anfang 2008 wurde der erste Entwurf des DCFR nach längerer Erarbeitungs­ phase zunächst nur bestehend aus Modellregelungen veröffentlicht, inzwischen liegt eine Full Edition vor.49 Hierbei handelt es sich um einen akademischen Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens für das Europäische Privat­ recht.50 Der DCFR ist ein Modellregelwerk, welches von dem sog. Exzellenz­ netzwerk in Kooperation mit der Europäischen Kommission entwickelt wurde (CoPECL‑Netzwerk).51 Die Erarbeitung erfolgte maßgeblich durch die zwei Gruppen der Study Group on a European Civil Code (Study Group) und der Research Group on Existing EC Contract Law (Acquis Group) und setzt sich daher aus zwei Hauptbestandteilen zusammen:52 Als erster Hauptbestandteil sind die Principles of European Contract Law (PECL)53 zu nennen. Die PECL 48 

Fallon, in: Fallon/Lagarde/Poillot-Peruzzetto (Hrsg.), S. 17. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I und Volume II. Vgl. hierzu von Bar, Die Funktionen des Gemeinsamen Referenzrahmens aus Sicht der Verfasser des wissenschaftlichen Entwurfs, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Re­ ferenzrahmen, S. 23 ff.; Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529 ff.; kritisch zum „akademischen“ DCFR und von einer Verharmlosung der potentiellen Brisanz des DCFR ausgehend Jansen/Zimmermann, NJW 2009, 3401 ff. 51  Vgl. hierzu den Koordinator Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161, 2166; Schulze, in: ­Janssen (Hrsg.), Auf dem Weg zu einem Europäischen Privatrecht, S. 183, 185 f.; ders., in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 3 m. w. N.; Martens, AcP 211 (2011), 845, 848; siehe auch Reding, ZEuP 2011, 1, 4 f. 52  Siehe z. B. Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 95; von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Einführung S. 1 ff.; Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161, 2163 f.; Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann, JZ 2008, 529, 530; Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196 f.; kritisch und auf die strukturellen Schwächen des DCFR aufgrund des Zeitdrucks hinweisend auch Jansen, ZEuP 2012, 741, 743 ff. 53  Lando/Beale (Hrsg.), Principles of European Contract Law, Parts I and II; Lando/Clive/ Prüm/Zimmermann (Hrsg.), Principles of European Contract Law, Part III; deutsche Ausgaben von Bar/Zimmermann, Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, Teile I und II; dies., Grundregeln des Europäischen Vertragsrechts, Teile III. 49  50 

12

Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

wurden ursprünglich von der Commission on European Contract Law, der häu­ fig auch nach ihrem Begründer bezeichneten Lando-Kommission, im Wege der Rechtsvergleichung erarbeitet und später von der Study Group übernommen, überarbeitet und fortgeführt.54 Den zweiten Hauptbestandteil bilden die AcquisPrinciples (ACQP).55 Der DCFR wird daher grundsätzlich als akademischer Entwurf verstanden, der allein wissenschaftlichen Prinzipien verpflichtet ist.56 Auch wenn ein Zweck des akademischen DCFR darin liegen soll, der Entwick­ lung eines politischen Referenzrahmens zu dienen, ist eine Unterscheidung zwischen politischem Referenzrahmen (CFR) und dem akademischem Refe­ renzrahmen (DCFR) geboten.57 Zunächst galten die aus dem Vergleich nationa­ ler Rechtsordnungen erarbeiteten Grundprinzipien des Europäischen Vertrags­ rechts (PECL I, II und III) als „erfolgreichster Referenztext“.58 Da der acquis commmunautaire im Rahmen der Erstellung der PECL allerdings noch keine Berücksichtigung fand, leistete die Acquis-Group mit den Acquis-Principles einen weiteren wesentlichen Beitrag zum DCFR. Der Ansatz der Acquis-Group besteht folglich darin, auf Basis des existierenden Gemeinschafts- bzw. heuti­ gen Unionsrechts unter Einbeziehung der Rechtsprechung des EuGH allgemei­ ne Regeln eines europarechtlichen Vertragsrechts zu ermitteln.59

54  Eingehend

zu den PECL und der Fortführung der rechtsvergleichenden Untersuchung durch die Study Group z. B. Wurmnest, ZeuP 2003, 714 ff.; so basiert Buch II ebenso wie Buch III des DCFR im Wesentlichen auf den PECL, vgl. von Bar, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 23 m. w. N. 55  Vgl. die Acquis Principles – Contract I und II der Acquis-Group; speziell zu vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichten Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 96 ff. 56  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Einführung S. 3; Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529. 57 So die Verfasser des DCFR von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Einfüh­ rung S. 3; von Bar, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 23, 24; ­Schulte-Nölke, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Modernising and Harmonising Consumer Con­ tract Law, S. 29 ff.; Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 533; Ernst, AcP 208 (2008), 249 ff.; Schulze, in: Janssen (Hrsg.), Auf dem Weg zu einem Euro­ päischen Privatrecht, S. 183, 192; Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenz­ rahmen, S. 71, 73, 79. 58  So z. B. Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 530; die zentrale Rolle der PECL betonend Schulze, in: Janssen (Hrsg.), Auf dem Weg zu einem Europäischen Privatrecht, S. 183, 199; zur Bedeutung siehe auch Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71 ff.; Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 197 f.; siehe auch Lando, ERPL 2010, 367 ff. 59 So Schulze, ERPL 2005, 3, 7 ff.; ders., in: Janssen (Hrsg.), Auf dem Weg zu einem Euro­ päischen Privatrecht, S. 183; Ernst, AcP 208 (2008), 249, 253 f.; vgl. von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Einführung S. 18 f.; ähnlich auch Grigoleit, ZSE 2011, 560, 561; ferner Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 7; die aufgrund des Zeitdrucks fehlende Re­ vision der ACQP bemängelnd Jansen, ZEuP 2012, 741, 744 f.



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke13

b)  Aufbau und Inhalt des DCFR Der DCFR besteht aus mehreren Büchern. Neben allgemeinen Vertragsrechts­ prinzipien enthält der DCFR unter anderem auch Bestimmungen zum Kauf­ recht und den speziellen Vertragsschlusssituationen des E‑Commerce und sons­ tigen Fernabsatzverträgen, geregelt in einem speziellen Unterabschnitt als Teil der „specific contracts“. Kerngegenstand des für die vorliegende Untersuchung bedeutenden zweiten Buchs des DCFR ist der Vertrag als wichtigster Typus der Rechtsgeschäfte.60 Der DCFR enthält etwas unbestimmt Prinzipien, De­ finitionen und Modellregelungen (principles, definitions and model rules).61 Die model rules bilden den Hauptbestand62 und werden jeweils ergänzt durch „Comments“ und rechtsvergleichende „Notes“.63

c)  Die Bedeutung des DCFR Der DCFR und seine Bedeutung für die europäische Zivilrechtspraxis sind nicht ganz unumstritten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich der­ zeit nicht um geltendes Recht handelt. Die Bedeutung des akademischen Ent­ wurfs DCFR ist jedoch darin zu sehen, dass dieses aus rechtsvergleichender Tä­ tigkeit entstandene Regelwerk als „toolbox“ (Werkzeugkasten) oder optionales Instrument dienen kann.64 In diesem Sinne leistet dieses Referenzwerk einen Beitrag zu der mit dem Gemeinsamen Referenzrahmen insgesamt angestreb­ ten Optimierung der Kohärenz sowie der Systematisierung des acquis communautaire.65 In Übereinstimmung mit dem Aktionsplan der Europäischen Kom­ 60  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 531; von Bar, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 23 m. w. N.; Beale, ebd., S. 35 f.; Jud, ebd., S. 71, 74; vgl. ferner die eingehende Analyse von Hellwege, Allgemeines Vertragsrecht und „Rechtsgeschäfts“-lehre im Draft Common Frame of Reference (DCFR), AcP 211 (2011), 665 ff.; siehe auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 289. 61  Näher dazu von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Einführung S. 4 ff; die Be­ zeichnung principles als zu unpräzise kritisierend Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/­ Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 533; ebenso Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Ge­ meinsame Referenzrahmen, S. 71, 81. 62  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. I. – 1:101 DCFR, S. 85. 63 Vgl. insgesamt dazu Beale, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenz­ rahmen, S. 35, 38 ff; ferner von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Einführung S. 4 ff. 64  Mitteilung der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen – Ein Ge­ meinsames Europäisches Kaufrecht zur Erleichterung grenzübergreifender Geschäfte im Bin­ nenmarkt, KOM(2011) 636 endg., S. 2 ff.; vgl. auch Martens, AcP 211 (2011), 845, 848; Leible, BB 2008, 1469 ff.; Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161, 2162 f.; Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 154, 166; von Bar, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 23, 25, 28 ff.; sowie zur weiteren möglichen Bedeutung des Gemeinsamen Referenzrah­ mens im Unterricht den Beitrag von Remien, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 457 ff.; kritisch zu dem akademischen DCFR Jansen/Zimmermann, NJW 2009, 3401 ff. 65 Allgemein dazu Pfeiffer, in: Artz (Hrsg.), Entwicklungen im Verbraucherprivatrecht,

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

mission aus dem Jahr 2003 ist eine wesentliche Kernfunktion des DCFR die Rezeption europäischer Vertragsrechtsregelungen, welche maßgeblich durch verbraucherschützende Bestimmungen geprägt sind.66 Insofern stellt sich die berechtigte Frage, warum der DCFR bei der Konzeption der VerbrRRL keine bedeutende Rolle gespielt hat.67 Ein Beispiel für die Verwirklichung der toolbox-Funktion zeigt sich jedoch in Bezug auf den Vorschlag eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts68 so wie z. B. bei der jüngsten Reform des franzö­ sischen Vertragsrechts.69 In dem entsprechenden Kommissionsbericht an den Präsidenten wird u. a. auf den DCFR als bedeutendes internationales Referenz­ werk rekurriert.70 Überwiegend wird der DCFR demnach zutreffend als bedeu­ tende Quelle des Europäischen Privatrechts,71 teilweise gar als „Meilenstein“ europäischer Privatrechtsentwicklung,72 anerkannt. Sollte in naher oder ferner Zukunft ein Europäisches Zivilgesetzbuch existieren, so wird dem DCFR hof­ fentlich eine bedeutende Vorreiterrolle bezüglich von ihm erfasster Regelungs­ komplexe sicher sein.

S. 5; siehe auch Hesselink, ERCL 2009, 290, 291 ff.; Herresthal, in: Langenbucher (Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, § 2, S. 74 ff.; den DCFR als „stepping stone“ auf dem Weg zum CFR bezeichnend Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Refe­ rence and Existing EC Contract Law, S. 90, 122. 66  Fages, ERCL 2008, 304, welcher den acquis als mit verbraucherspezifischen Regelun­ gen überladen bezeichnet; in diesem Sinne Hesselink, ERCL 2009, 290 ff.; Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161 ff.; zur Herausforderung der Kombination aus (damaligem) Gemeinschafts­ recht und Rechtsvergleichung auch Schulze, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 9. 67  Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 154, 166; Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161, 2165 f. m. w. N.; dies kritisierend auch Hesselink, ERCL 2009, 290 ff. 68  Dieser Vorschlag wird im folgenden Punkt ausführlich betrachtet; vgl. die Mitteilung der Europäischen Kommission über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht vom 11. Okto­ ber 2011, KOM(2011) 636 endg., S. 6 f.; Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 79. 69  Limbach, GPR 2016, 161. 70  Vgl. Rapport au Président de la République relatif à l’ordonnance n° 2016–131 du 10 février 2016 portant réforme du droit des contrats, du régime général et de la preuve des ob­ ligations, vom 11.02.2016, Text Nr. 25; Limbach, GPR 2016, 161. 71  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 1, Rn. 9; nach Remien, in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 11 f., dient der DCFR neben anderen als wichtige Rechtsquelle für den GEK‑Vorschlag; implizit auch Schulze, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 151, 152; der positiven Bewertung ­Fazekas, in: Schulze, (Hrsg.) – Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 309, zufolge kann die Bedeutung gar nicht zu stark betont werden; kritischer Jansen, ZEuP 2012, 741, 744 f., der auf die strukturelle Schwäche hinweist. 72  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529; SchulteNölke, NJW 2009, 2161, 2167; DCFR als „stepping stone“ auf dem Weg zu dem CFR, vgl. Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 122; nach Auffassung von Mankowski, RIW 2012, 97, wurde das „Monument“ DCFR in der weiteren Entwicklung zu einem optionalen Instrument des Kaufrechts herab­ gewürdigt.



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke15

4.  Der Vorschlag eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts Als zweites maßgebliches Regelwerk wird der Vorschlag eines Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts der Europäischen Kommission herangezogen. Dieser Entwurf wird in der Literatur unter verschiedensten Abkürzungen betrachtet und diskutiert, so z. B. GEK‑Vorschlag, GEKR und GEK‑E, oder aber die eng­ lische Version DCESL (Draft of a Common European Sales Law) oder CESL.

a)  Die Entstehung des Vorschlags für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht Die Europäische Kommission veröffentlichte am 11. Oktober 2011 den Vor­ schlag für eine Verordnung für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (GEK‑Vorschlag).73 Über den Vorschlag eines Europäischen Kaufrechts in die­ ser Form gab und gibt es weiterhin geteilte Meinungen.74 Diese reichen über kritisierte Kompetenzfragen75 bis hin zu materiellrechtlichen Anregungen oder Bedenken.76 Ferner gibt es unterschiedliche Bewertungen, im Vergleich zu dem „Giganten DCFR“ wird der GEK‑Vorschlag teilweise als „optionaler Zwerg“,77 teilweise aber auch als „great instrument“78 oder „Meilenstein“ der Entwick­ lung des europäischen Vertragsrechts bezeichnet.79 Gerade auch kritische Stim­ 73  Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Ge­ meinsames Europäisches Kaufrecht, vom 11. Oktober 2011, KOM(2011) 635 endg. 74 Vgl. Wendehorst, CRonline vom 25.03.2015; ebenso Schulte-Nölke, EuCML 2015, 135 f. 75  Die für den GEK‑Vorschlag von der Europäischen Kommission gewählte Kompetenz­ grundlage des Art. 114 AEUV ist umstritten, vgl. die Einleitung zum GEK‑Vorschlag; ein­ gehend zur Kompetenzproblematik Remien, in: FS Martiny, S. 987 ff.; ders., in: Schulze/­ Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, § 14, Rn. 3; ders., in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 11, 19; ferner Ludwigs, EuZW 2012, 608 ff., der von einem „Kreuzfeuer der Kompetenzkritik“ spricht; einen Überblick über die Diskussion bietet auch Schulze/Wendehorst, CESL Commen­ tary, Art. 1 CESL Regulation, Rn. 2; siehe auch Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kom­ mentar, Einleitung Rn. 12 ff., sowie Einl. GEK‑VO-E, Rn. 23 ff.; ferner Eidenmüller/Jansen/ Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 274. 76 Eine kritische Untersuchung bieten Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269 ff., welche im Ergebnis gravierende Qualitätsdefizite diagnostizieren; den GEK‑Vorschlag grundsätzlich als „great instrument“, jedoch mit einigem Verbesserungs­ bedarf bezeichnend Hondius, in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 21, 28; kritisch hinsichtlich des beschränkten Anwendungsbereichs auch Engert, AcP 213 (2013), 321, 362; u. a. zahlreiche strukturelle Defizite beklagend Herresthal, in: Langenbucher (Hrsg.), Europäisches Privatund Wirtschaftsrecht, § 2, S. 78; eine kritische Betrachtung aus praktischer Sicht bieten Budde/ Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113 ff.; ebenso kritisch und den Vorschlag aus Unterneh­ mersicht als kaum praxistauglich bezeichnend auch Balthasar, RIW 2012, 361 ff. 77  Remien, in: FS Martiny, S. 987, 1000. 78  Hondius, in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 21, 28. 79  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269; Herresthal, EuZW 2011, 7; ders., in: Langenbucher (Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, § 2, S. 77; Engert, AcP 213 (2013), 321, 322.

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

men melden sich lautstark.80 „Ein Gespenst geht um in Europa“ – diese mar­ kante Aussage verdeutlicht zusammenfassend die Ängste bzw. Befürchtungen vor dem Unbekannten.81 Die Europäische Kommission bevorzugte wohl von Beginn an die Form eines „optionalen Instruments“,82 und veröffentlichte hierzu am 3. Mai 2011 die sog. „Machbarkeitsstudie zu einem optionalen Instrument im europäischen Vertragsrecht“ (Feasibility Study).83 Als geplantes optionales Instrument soll­ te das Europäische Kaufrecht nicht automatisch Anwendung auf unionsweit geschlossene Verträge finden, sondern hätte vielmehr der Vereinbarung durch die Vertragsparteien bedurft, sog. Opt-in-Modell.84 Folglich war keine Harmo­ nisierung mitgliedstaatlicher Rechtsvorschriften vorgesehen, es sollte neben den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten eine zusätzliche Vertragsrechtsrege­ lung für in den Anwendungsbereich einbezogene Verträge geschaffen werden.85

b)  Aufbau und Inhalt des GEK‑Vorschlags Der GEK‑Vorschlag setzt sich aus drei Teilen zusammen.86 Als Erstes ist die GEK‑VO zu nennen, welche als eine Art Grundverordnung charakterisiert wer­ den kann. Diese besteht aus 16 Artikeln, die u. a. Begriffsbestimmungen und Vorschriften über die Vereinbarung des GEK‑Vorschlags enthalten. Die beiden weiteren Teile sind in Anhang I und Anhang II untergliedert. Anhang I umfasst 186 Artikel sowie zwei weitere Anlagen mit einer Muster-Widerrufsbelehrung sowie einem Standard-Widerrufsformular. In Anhang I finden sich demnach die materiellrechtlichen Bestimmungen des GEK‑Vorschlags.87 In Anhang II ist ein Musterinformationsblatt für die Vereinbarung des GEK gegenüber Verbrau­ chern vorgesehen. Klarstellend wird zu Beginn in Art. 1 Abs. 1 des GEK‑VOVorschlags die Bezeichnung des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts inso­ 80  Vgl. Fn. 76; eine kritische Betrachtung bieten ferner Zoll, euvr 2012, S. 8 ff.; SchmidtKessel, GPR 2011, 105. 81 Vgl. Schmidt-Kessel, GPR 2011, 105, noch zur Feasibility Study und dem geplanten VO‑Vorschlag. 82  Reding, ZEuP 2011, 1 ff.; Herresthal, EuZW 2011, 7; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/ Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 271. 83  Feasibility Study for a future instrument in European Contract Law der Commission Expert Group on European Contract Law vom 3. Mai 2011, abrufbar unter ; eingehend dazu z. B. Zoll, euvr 2012, 8 ff.; in diesem Zusammenhang das (geplante) optionale Instrument als „Gespenst“ bezeich­ nend Schmidt-Kessel, GPR 2015, 105; zu Ansatz und Inhalt der Machbarkeitsstudie auch Reich, EuZW 2011, 736 f. 84  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269. 85  KOM(2011) 635 endg., ErwGr. 9. 86 Vgl. Mansel, WM 2012, 1235, 1255. 87 Siehe Schmidt-Kessel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kauf­ recht?, Einleitung S. 2; ebenso Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 1 GEK‑VO-E, Rn. 8.



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke17

weit konkretisiert, als sich dies auf die in Anhang I enthaltenen Bestimmungen bezieht. In Einklang mit dieser Begriffsverwendung werden Artikel der Verord­ nung im Folgenden als GEK‑VO-Vorschlag und die materiellrechtlichen Be­ stimmungen des Anhang I als Artikel des GEK‑Vorschlag zitiert.88 Der Vorschlag basiert auf verschiedensten Quellen, wobei als wesentliche neben dem CISG89 vor allem EU‑Richtlinien sowie akademische Principles oder Restatements wie z. B. PECL und DCFR zu nennen sind.90 Als maßgebli­ ches Hauptziel sollte das GEK nach Art. 1 Abs. 3 GEK‑VO-Vorschlag als ein­ heitliches Vertragsrecht den grenzüberschreitenden Handel fördern und dadurch das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern.91 Als nicht eindeutig klar kann die genaue Bedeutung des Verbraucherschutzes bemängelt werden. Während nach Auffassung eines Teiles der Literatur als Charakteristika und Zweck des GEK‑Vorschlags primär der Grundsatz der Vertragsfreiheit92 und ergänzend der Leitgedanke des Verbraucherschutzes zu erkennen ist,93 soll nach anderer Auf­ fassung dem Verbraucherschutz als primäres Paradigma neben dem weiteren Ziel der Vereinfachung für Unternehmer eine gewichtigere Bedeutung zukom­ men;94 dies kann hier im Ergebnis offen bleiben, da nach beiden Ansichten dem Verbraucherschutz im Rahmen des GEK‑Vorschlags hinreichende Bedeutung zugemessen wird. Als Argumente für die Wahl des GEK werden aus Unternehmerperspektive die Verringerung von Transaktionskosten angeführt, aus Verbraucherperspek­ tive soll gerade das besonders hohe Verbraucherschutzniveau attraktiv sein.95 Konkret sind als wesentliche Kernziele neben der Gewährleistung eines hohen 88  Sofern sich in den Kommentaren abweichende Zitierweisen finden, werden diese in den Fußnoten übernommen. 89  Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Waren­ kauf vom 11. April 1980 (International Sale of Goods). 90  Remien, in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 11, 12 f. 91  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 270; ähnlich auch Schmidt-Kessel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, Ein­ leitung S. 2. 92  Dieser Grundsatz wird in Art. 1 Abs. 1 GEK‑Vorschlag aufgestellt. Demnach steht es den Parteien grds. frei, d. h. vorbehaltlich einschlägiger zwingender Vorschriften, einen Ver­ trag zu schließen und dessen Inhalt zu bestimmen. 93 So Schmidt-Kessel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kauf­ recht?, Einleitung, S. 2 ff; ebenso Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Einl. GEK‑VO-E, Rn. 4 ff., 12, welcher den Verbraucherschutz lediglich einen unterstützenden Nebenzweck nennt; a. A. Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 1 CESL Regulation, Rn. 4. 94 Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 1 CESL Regulation, Rn. 3 ff. 95  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 270; a. A. wohl Schmidt-Kessel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, Ein­ leitung S. 2, welcher dem Verbraucherschutz eher eine ergänzende Funktion zuspricht; dazu auch Schulte-Nölke, EuCML 2015, 135 f., der ebendiese Aspekte als Gründe des Widerstands von Unternehmer- und Verbraucherorganisationen anführt.

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

Verbraucherschutzniveaus96 die Rechtssicherheit der Verbraucher, Beseitigung der Rechtszersplitterung sowie die Verringerung von Transaktionskosten zu nennen.97 Der Begründung des Vorschlags zufolge soll dieser in Form eines optionalen Instruments „den ganzen Lebenszyklus eines Vertrages umfassen und somit die für den Abschluss grenzüberschreitender Verträge wichtigsten Fragestellungen regeln.“98 Folglich wird gerade auch die Phase vorvertragli­ cher Informationserteilung als wesentlicher Bestandteil der Vertragsanbahnung erfasst.99 Die Bestimmungen über vorvertraglich zu erfüllende Informa­tions­ pflichten sind in Teil II, Kapitel 2 des GEK‑Vorschlags zu finden, neben den Be­ stimmungen zum Vertragsschluss in Teil II, Kapitel 3, sowie den in der Phase nach Abschluss des Vertrags relevanten Bestimmungen zum Widerrufsrecht in Teil II, Kapitel 4, oder zu Einigungsmängeln und der Anfechtung in Teil II, Kapitel 5.100 Aus der Gesamtbetrachtung dieser Vorschriften wird ersichtlich, dass der Vertragspartner den Vertrag nicht nur aus freiem und aufgeklärtem Willen abschließen, sondern dass ein solcher Abschluss gerade auch auf einer ausreichend gesicherten Informationsbasis erfolgen soll.101 Haben die Parteien die Anwendbarkeit wirksam vereinbart, so werden die mitgliedstaatlichen Re­ gelungen durch die im GEK‑Vorschlag geregelten Bestimmungen verdrängt.102

c)  Die Bedeutung des GEK‑Vorschlags Proklamiertes Ziel des GEK‑Vorschlags war es, sowohl für B2C‑Verträge als auch bestimmte B2B‑Verträge (mit KMU‑Beteiligung), als optional wählbares, zusätzliches Rechtssystem bestehende Hindernisse, insbesondere grenzüber­ schreitender Kaufverträge, zu beseitigen103 und sowohl für Verbraucher als auch Unternehmen den Online-Zugang zu Waren und Dienstleistungen in ganz Europa zu optimieren.104 Eines der maßgeblichen Hemmnisse eines funktio­ 96  Vgl. Art. 1 Abs. 3 GEK‑Vorschlag. 97 Siehe Herresthal, in: Langenbucher

(Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, § 2, S. 77; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 270. 98 Vgl. KOM(2011) 635 endg., Begründung S. 4; ErwGr. 6 GEK‑VO-Vorschlag; siehe auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 13 GEK‑E, Rn. 1. 99  Vgl. ErwGr. 26 GEK‑VO-Vorschlag, der die „vorvertraglichen Informa­tions­pflichten“ ausdrücklich nennt; siehe hierzu auch KOM(2011) 636 endg., Begründung S. 9; dazu auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 13 GEK‑E, Rn. 1. 100  Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 85, 90. 101 Ausführlich dazu Grundmann, ERCL 2011, 490, 520; diesen Gedanken aufgreifend auch Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 85, 90. 102 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art.  11 GEK‑VO-E, Rn.  2; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 11 CESL Regulation, Rn. 3. 103 Vgl. auch Wendehorst, CRonline vom 25.03.2015; Schulte-Nölke, EuCML 2015, 135 ff. 104  Vgl. KOM(2011) 635 endg., Begründung S. 1 ff.



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke19

nierenden Binnenmarkts ist der Kommission zufolge das im Rahmen des Art. 6 Abs. 2 Rom I‑VO vielfach diskutierte Problem, dass Unternehmer in Verträgen mit Verbrauchern grundsätzlich das für Verbraucher geltende Recht zu berück­ sichtigen haben.105 Unternehmer könnten sich demnach nicht ausschließlich an einer Rechtsordnung ausrichten, was insbesondere für KMU den grenzüber­ schreitenden Handel aufgrund der hohen Transaktionskosten weniger attraktiv macht.106 Das unterschiedliche Vertragsrecht der Mitgliedstaaten und insbeson­ dere die Divergenzen der Haftung für Mängel schreckt nach Auffassung der Europäischen Kommission ca. 39 % der online vertreibenden Unternehmen ab, Waren auch grenzüberschreitend anzubieten.107 Anfang des Jahres 2014 befürwortete das Europäische Parlament in einer ersten Lesung den als Lösung dieser Probleme vorgesehenen GEK‑Vorschlag, wenn auch mit einigen Änderungen.108 Insbesondere ist hier die Beschrän­ kung des Anwendungsbereichs auf den Online-Warenhandel und andere For­ men von Fernabsatzverträgen zu nennen.109 Dennoch, und wohl nicht zuletzt aufgrund des teilweise erheblichen Widerstands in einzelnen Mitgliedstaaten, wurde der Vorschlag Ende des Jahres 2014 insgesamt zurückgezogen110 und ein neues Konzept des digitalen Binnenmarkts präsentiert.111 Die sodann von der 105 

ErwGr. 3 GEK‑VO-Vorschlag; Wendehorst, CRonline vom 25.03.2015. Vgl. KOM(2011) 635 endg., S. 2; siehe auch Wendehorst, CRonline vom 25.03.2015. 107  Siehe die Begründung zu Beginn des Richtlinienvorschlags KOM(2015) 635 endg., S. 2, demnach erachten die (trotz der VerbrGKRL noch existenten) Unterschiede in den Män­ gelrechten 49 % der im Online-Handel tätigen Einzelhändler als problematisch, und gar 67 % der Unternehmer, die einen Einstieg in den grenzüberschreitenden Online-Vertrieb in Erwä­ gung ziehen. 108 Siehe die legislative Entschließung des Parlaments vom 26. Februar 2014 zum GEK‑Vorschlag (COM[2011]0635 – C7–0329/2011 – 2011/0284(COD)) (Ordentliches Ge­ setzgebungsverfahren: erste Lesung), abrufbar unter ; einige Än­ derungsvorschläge enthielt bspw. auch die Stellungnahme des European Law Institut (ELI) vom 16. März 2015: Statement of the European Law Institute on the Proposal for a Regulation on a Common European Sales Law, abrufbar unter: . 109  Vgl. die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26. Februar 2014 zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemein­ sames Europäisches Kaufrecht, KOM(2011) 635 endg., Abänderung 50, 51; siehe auch die Be­ gründung zu Beginn des Richtlinienvorschlags KOM(2015) 635 endg., S. 2. 110 Siehe den Anhang zur Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regio­ nen – Arbeitsprogramm der Kommission für 2015 – Ein neuer Start, vom 16. Dezember 2014, KOM(2014) 910 endg., Nr. 60, S. 13; vgl. dazu auch Maultzsch, JZ 2016, 236; Schulte-Nölke, EuCML 2015, 135, 136. 111  Mitteilung der Kommission über eine Strategie für einen Digitalen Binnenmarkt in Europa, KOM(2015) 192 endg.; vgl. zu Inhalten, Vorstellungen und Strategien die Website der Kommission zum digitalen Binnenmarkt: Priorität – Digitaler Binnenmarkt, Hindernis­ se beseitigen – Online-Potenzial ausschöpfen, abrufbar unter ; dazu z. B. Castermans et al., in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 45 ff.; De Franceschi, EUCML 2015, 144 ff. 112  Ausführlich die Mitteilung der Kommission vom 06.05.2015: Strategie für einen digi­ talen Binnenmarkt, KOM(2015) 192 endg.; siehe auch die Arbeitsunterlage der Kommissions­ dienststellen vom 09.12.2015 – Zusammenfassung der Folgenabschätzung, Begleitunterlage zu den Vorschlägen für Richtlinien KOM(2015), 634 endg. und KOM(2015), 635 endg., SWD (2015) 275 endg.; sowie die Mitteilung der Kommission vom 9. Dezember 2015: Ein moder­ nes Vertragsrecht in Europa, KOM(2015) 633 endg.; Föhlisch, VuR 2016, 201, nach dessen Meinung die digitale Agenda Konturen annimmt; dazu auch Smits, ZEuP 2016, 319, 320. 113  KOM(2015) 635 endg. 114 Vgl. Wendland, EuZW 2016, 126. 115 KOM(2015) 635 endg.; siehe auch die Pressemitteilung der Kommission vom 09.12.2015 zum Vorschlag eines modernen Vertragsrechts für die Online-Wirtschaft, abrufbar unter . 116  Vorschlag der Europäischen Kommission vom 09.12.2015 für eine Richtlinie des Euro­ päischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstel­ lung digitaler Inhalte, KOM(2015) 634 endg; einen kurzen Überblick wichtiger Neuerungen bietet Smits, ZEuP 2016, 319, 320 f.; diese Richtlinie hat allerdings für die vorliegende Arbeit insofern keine Bedeutung, als digitale Inhalte nicht behandelt werden. 117  Vorschlag der Europäischen Kommission vom 09.12.2015 für eine Richtlinie des Euro­ päischen Parlaments und des Rates über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Online-Wa­ renhandels und anderer Formen des Fernabsatzes von Waren, KOM(2015) 635 endg. 118 Dazu Föhlisch, VuR 2016, 201, mit einem Überblick zu den Novellen des Fernabsatz­



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke21

tert und gefördert werden.119 Nach Aussage der Europäischen Kommission sind diese Richtlinienvorschläge von den Erkenntnissen der Verhandlung über den GEK‑Vorschlag beeinflusst.120 Insbesondere fällt jedoch zunächst der im Ge­ gensatz zu dem relativ umfassenden GEK‑Vorschlag sehr reduziert ausfallende Regelungsumfang auf. Diese „Verschlankung“ erklärt sich durch einen Rich­ tungswechsel der Europäischen Kommission den Regelungsansatz betreffend. In Abkehr von der ursprünglichen Idee der Schaffung eines fakultativen oder optionalen Instruments mit umfassenden kaufrechtlichen Regelungen, wird ein vollharmonisierender Ansatz beschränkt auf ausgewählte Bestimmungen be­ vorzugt.121 Dieser Ansatz ist nun im Vergleich zum vorgehenden GEK‑Vorschlag ein grundlegend anderer, da das GEK gerade als optionales Instrument zusätzlich zu den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen existieren und als „29. Modell“ hinzutreten sollte.122 Der Vorteil des GEK‑Vorschlags bestand demnach gerade in seiner Gestaltung als optionales Instrument, d. h. dass dieses von den Partei­ en als Vertragsstatut gewählt werden sollte. Gleichzeitig kann in der Konzepti­ on eines optionalen Instruments aber auch ein Risiko oder Nachteil liegen, da eine Wahl nur dann in Betracht kommt, wenn die enthaltenen Regelungen auch überzeugen können. Die Rückkehr zum Konzept vollharmonisierender Richtlinien für den On­ line-Warenhandel erscheint auf den ersten Blick insoweit konsequent, als der zwischenzeitliche Vorschlag eines GEK als optionales Instrument ebenfalls weitläufig auf Kritik bzw. gar Ablehnung stieß und daher zurückgezogen wur­ de.123 Entgegen der VerbrRRL, welche eine grundsätzliche Gleichbehandlung von Fernabsatzverträgen und von Verträgen im stationären Handel beinhaltet, hat die Europäische Kommission in dem auf Fernabsatzverträge begrenzten OKRL‑Vorschlag jedoch eine differenzierende Behandlung vorgesehen. Diese angestrebte Aufspaltung durch Beschränkung des OKRL‑Vorschlags auf den Online-Warenhandel als lediglich kleinen Teilbereich des Kaufrechts wurde allerdings zu Recht als rückständig bemängelt.124 Argumentiert wurde, dass der Ansatz der Europäischen Kommission zu einer Verlagerung der im euro­ rechtes seit 2008; die beiden Vorschläge sind als „Paket mit gemeinsamen Zielen“ zu verste­ hen, vgl. Begründung zu Beginn des Richtlinienvorschlags KOM(2015) 635 endg., S. 2. 119  Smits, ZEuP 2016, 319. 120 So die Ausführungen in der Begründung zu Beginn des Richtlinienvorschlags KOM(2015) 635 endg., S. 2. 121 Vgl. die Begründung zu Beginn des Richtlinienvorschlags KOM(2015) 635 endg., S. 2; siehe auch Smits, ZEuP 2016, 319. 122  So bspw. Remien, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, § 14 Rechts­ angleichung, Rn. 3 mit Verweis auf die wohl auf De Ly, S. 34, 36 f. zurückgehende Bezeich­ nung des „13. Modells“ im Rahmen der früheren Diskussion der 12er Gemeinschaft. 123  Schroeter/von Göler, DB 2016, 754. 124 Überzeugend Föhlisch, VuR 2016, 202; kritisch auch Smits, ZEuP 2016, 319, 324.

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

päischen Privatrecht häufig kritisierten Rechtsfragmentierung auf die einzel­ nen Mitgliedstaaten führe und in der Konsequenz zu einer Aufspaltung der Ge­ währleistungsrechte.125 Für Unternehmer, die Waren sowohl im stationären als auch Online-Handel vertreiben, würde diese Aufspaltung eine weitere Zersplit­ terung der zu berücksichtigenden Vorschriften und damit eine erneute Verkom­ plizierung mit sich bringen.126 Vermutet wurde insofern, dass dies lediglich als vorübergehender Status geplant sei und sozusagen nur ein erster Schritt einer umfassenden Reform des Verbraucherkaufrechts.127 Allerdings stellt sich die berechtigte Frage, ob die schrittweise, die Fragmentierung verstärkende Re­ gelung tatsächlich der richtige Weg ist. Unter Berücksichtigung der vorheri­ gen Ausführungen und mit Blick auf das ursprüngliche „Großprojekt“ des GEK‑Vorschlags, ist der Schritt einer solch „kleinen“ Lösung nur schwerlich nachvollziehbar.128 Hätte sich das Vorhaben der Europäischen Kommission durchgesetzt, hätte dies nicht nur eine weitere Reform des E‑Commerce- und Fernabsatzrechts be­ deutet,129 sondern auch eine weitere, negativ zu wertende Fragmentierung des Kaufrechts insgesamt. Der OKRL‑Vorschlag wurde jedoch zwischenzeitlich durch den geänder­ ten Vorschlag einer Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels ersetzt, der eine Ausweitung des Anwendungsbereichs auch auf den klassischen Einzelhandel vorsieht.130 Die Europäische Kommission weist in der Begründung des geänderten Vorschlags ausdrücklich auf die Kritik der gesetzgebenden Organe der EU als auch der Mitgliedstaaten an der befürchteten rechtlichen Fragmentierung durch unterschiedliche Regelungen für den Fern­ absatz und den Einzelhandel hin.131 Mit ihrem erneuten Richtungswechsel be­ tont nun auch die Europäische Kommission die Notwendigkeit kohärenter Re­ gelungen für den Fernabsatz und den klassischen Einzelhandel.132 Dies ist im Hinblick auf die zu vermeidende rechtliche Fragmentierung und die anzustre­ 125 Für Verbraucherkaufverträge, die nicht der OKRL unterfallen, sollte weiterhin die nichtvollharmonisierende VerbrGKRL gelten; dies zutreffend als „künstliche Aufspaltung der Kanäle“ beschreibend Föhlisch, VuR 2016, 202; Smits, ZEuP 2016, 319, 324. 126 Ähnlich Smits, EuZP 2016, 319, 324. 127  Schroeter/von Göler, DB 2016, 755, welcher die RL in Zusammenhang mit einer mög­ licherweise weiteren Ausdehnung mit dem „Trojanischen Pferd“ vergleicht; kritisch jedoch Föhlisch, VuR 2016, 201 f; die Aufspaltung auch kritisierend Smits, EuZP 2016, 319, 324. 128 Ähnlich Smits, EuZP 2016, 319, 324, welcher sich einen ambitionierteren Ansatz ge­ wünscht hätte. 129  Föhlisch, VuR 2016, 201. 130  Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels, zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Par­ laments und des Rates und der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates, KOM(2017) 637 final. 131  KOM(2017) 637 final, Begründung S. 3. 132  KOM(2017) 637 final, Begründung S. 2.



C.  Rechtsquellen und ausgewählte Regelwerke23

bende Kohärenz im Bereich des Warenhandels insgesamt zu begrüßen. Der ge­ änderte Vorschlag einer Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels sieht kaufvertragliche Regelungen über die Vertragsmäßig­ keit der Waren, dem Verbraucher zur Verfügung stehende Rechtsbehelfe und Modalitäten für deren Inanspruchnahme vor.133 Dieser Vorschlag überschneidet sich nach Auffassung der Europäischen Kommission nicht mit der VerbrRRL sondern wird diese vielmehr ergänzen, da die VerbrRRL insbesondere Vor­ schriften über vorvertragliche Informa­tions­pflichten, das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Ver­ trägen enthält.134 Hinsichtlich der Bedeutung und ungewissen Zukunft des GEK‑Vorschlags ist abschließend zu betonen, dass der GEK‑Vorschlag zu vielfältigen Diskus­ sionen und Analysen geführt hat und ihm eine große Bedeutung kaum abge­ sprochen werden kann.135 Auch wenn die künftige Rolle aufgrund der neuen RL‑Vorschläge mittlerweile nicht selten in Frage gestellt wird, handelt es sich weiterhin um ein wichtiges Regelwerk.136 Trotz des teilweise großen Wider­ stands, darf in diesem Zusammenhang nicht außer Acht gelassen werden, dass es sich gerade um einen zusätzlichen Regelungsvorschlag eines optionalen In­ struments handelt, mit anderen Worten die mitgliedstaatlichen Kaufrechtsord­ nungen nicht direkt tangiert worden wären. In Betracht kommt lediglich eine mittelbare Auswirkung insofern, als das GEK entsprechend dem vorgesehenen Ansatz in Konkurrenz zu den Kaufrechtsvorschriften der Mitgliedstaaten ge­ treten und somit ein gewisser Wettbewerb entstanden wäre. In der Konsequenz hätte der GEK‑Vorschlag bei Inkrafttreten zu einer Optimierung auch des ge­ samten Kaufrechts in den Mitgliedstaaten führen können, indem gut funktio­ nierende Ansätze über ergänzende Sekundärrechtsakte oder durch Reformen der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen hätten rezipiert werden können. Be­ trachtet man die Entwicklung des Europäischen Privatrechts einschließlich der Entwicklung der Informa­tions­pflichten und deren Verletzungsfolgen, so stellt der kaufrechtsspezifische Vorschlag zumindest eine Inspirationsquelle und damit insgesamt einen wichtigen Zwischenschritt auf dem langen Weg der Ent­ wicklung des Europäischen Vertragsrechts dar, der weiterhin Beachtung ver­ dient. 133 

KOM(2017) 637 final, Begründung S. 3.

134 Ebd. 135  Ebenso

z. B. Hondius, in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 21 ff. So auch Schulze, EuCML 2015, 139, 143, wonach dem GEK‑Vorschlag trotz Rücknah­ me eine Schlüsselfunktion in der weiteren Entwicklung des Europäischen Vertragsrechts zu­ kommen kann; ebenso auf den Vorschlag als wichtige Quelle Europäischen Vertragsrechts re­ kurrierend Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 1, Rn. 8; Smits, ZEuP 2016, 319, 324, hinterfragt gar, ob nicht ein Neustart des GEK‑Vorschlags verglichen mit den neuen RL‑Vor­ schlägen vorzugswürdig wäre (dies allerdings noch zu dem ursprünglichen OKRL‑Vorschlag). 136 

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Erster Teil: Einführung und Gang der Untersuchung

D. Zusammenfassung Die Einführung in die Thematik sowie die vorhergehende Skizzierung der ein­ schlägigen Rechtsquellen und ausgewählten Regelwerke des DCFR und des GEK‑Vorschlags verdeutlichen die Basis der rechtsvergleichenden Unter­ suchung. Der Ansatz der Untersuchung ist jedoch nicht als rechtsvergleichend im engeren Sinne zu verstehen, d. h. es erfolgt kein Vergleich von Regelungen verschiedener Rechtsordnungen. Ziel dieser Arbeit ist es vielmehr, den Status quo nach nationalem Recht unter Berücksichtigung einschlägiger Einflüsse des Sekundärrechts herauszuarbeiten und diesen sodann einem Vergleich mit Ent­ würfen mehr oder weniger umfangreichen Einheitsregelungen auf europäischer Ebene zu unterziehen. Die Besonderheit liegt demnach darin, europäisch ge­ prägtes national geltendes Recht mit derzeit nicht in Kraft befindlichen, aber dennoch existenten Entwürfen zu vergleichen und daraus Lösungsansätze für ein künftiges europäisches Sanktionsregime vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichtverletzungen im Fernabsatz- und E‑Commerce-Sektor abzuleiten. Die ausgewählen Regelwerke erscheinen insofern besonders interessant, als der akademische Entwurf des DCFR und der GEK‑Vorschlag der Europäischen Kommission gerade unterschiedlichen Ursprungs sind und somit auch verschie­ dene Herangehensweisen widerspiegeln. In der Zukunft wird sich zeigen, ob der DCFR der Idee einer toolbox-Funktion gerecht werden kann. Ebenso kann der GEK‑Vorschlag, auch wenn nach aktuellem Stand zurückgezogen, künftig als Referenzwerk durchaus Bedeutung entfalten.137

137  Siehe beispielsweise die Teilanalyse von Colombi Ciacchi (Hrsg.), Contents and Ef­ fects of Contracts – Lessons to Learn From The Common European Sales Law; eine künftige Relevanz nicht ausschließend auch Schulte-Nölke, EuCML 2015, 135, 136.

Zweiter Teil

Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen im Kontext des Verbraucherschutzrechts A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Europäischen Privat- und Verbraucherschutzrecht Die Entwicklung und Harmonisierung des Europäischen Privatrechts in den ver­ gangenen Jahren spielt eine bedeutende Rolle für die Idee eines gemeinsamen Binnenmarkts. Einen wichtigen Bestandteil der Europäischen Union bildet das Privatrecht.1 Einer der Kernbestandteile der europäischen Privatrechtsharmo­ nisierung wiederum ist das Verbraucherrecht.2 Als Dreh- und Angelpunkt die­ ses Entwicklungsprozesses ist das Vertragsrecht hervorzuheben. Die treffende Bezeichnung des Vertrags als „lifeblood of a market economy“3 verdeutlicht die Signifikanz des Vertrags und damit untrennbar verbunden vertragsbezogener Regelungen.4 In diesem Zusammenhang haben vorvertragliche Informa­tions­ pflichten als primär verbraucherschützendes Instrument im Vertragsrecht zu­ nehmend an Bedeutung erlangt5 und gelten somit auch als essentieller Bestand­ 1 Ähnlich und noch zur Europäischen Gemeinschaft vgl. Remien, in: Schulte-Nölke/ Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte S. 107; ähnlich beschreibt auch Möllers, JZ 2002, 121, das Zivilrecht als „Motor der Integration“. 2  Pfeiffer, in: Artz (Hrsg.), Entwicklungen im Verbraucherprivatrecht, S. 9; ebenso Alpa/ Andenas, S. 133. 3 So Howells/Weatherill, S. 8; ähnlich Grundmann, CMLRev 2002, 269, 270 m. w. N., welcher die Bedeutung des Vertragsrechts als „core area not only for private law, but also for the internal market process“ betont; siehe auch Basedow, CMLRev 1996, 1169 ff.; ähnlich auch Remien, ZVglRW 87 (1988), 105 m. w. N., der die Bedeutung des privatrechtlichen Ver­ trages als wichtigstes Instrument der Unternehmensführung und -planung betont. 4  Unter dem Begriff des Europäischen Vertragsrechts wird im Folgenden entsprechend Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 1, Rn. 1 f., 3, das im Primärrecht enthaltene sowie auf dessen Grundlage ergangene sekundärrechtliche Vertragsrecht verstanden. 5  So auch Mankowski, ERPL 2005, 779; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/­Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 224 ff., 229, der keine Bedenken gegen die grds. Anknüpfung an B2C‑Situationen hat; nach Schulze, ERPL 2005, 841, 847, sind Informa­tions­pflichten im Europäischen Vertragsrecht von „exceptional signifi­ cance“; allerdings fordert van Erp in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

teil des Europäischen Privatrechts.6 Bedeutung und Funktion dieser Pflichten sind daher vor dem Hintergrund des Europäischen Vertragsrechts zu sehen, wobei Entwicklung, Zukunft und Perspektiven des Verbraucherschutzrechts im Fokus stehen sollen.7 Bevor im Folgenden eingehend Sinn und Zweck des Schutzinstruments der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten erläutert wird, soll daher zunächst ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des Verbraucherrechts und des Verbraucherleitbilds auf nationaler und europäischer Ebene gewährt werden.

I.  Die Entwicklung des Verbraucherschutzrechts auf europäischer und nationaler Ebene Auch wenn das Verbraucherschutzrecht heute einen wesentlichen Kern­ bestandteil des BGB darstellt, war dieses nicht von Beginn an existent. Der vielschichtig geprägte und ausgestaltete Komplex des heutigen Verbraucher­ schutzrechts hat in den letzten Jahrzehnten ein stetiges Wachstum sowie eine rasante Weiterentwicklung erfahren.8 Der zunächst auf europäischer bzw. ge­ meinschaftsrechtlicher Ebene beginnende Entwicklungsprozess hat inzwi­ schen in vielen Sektoren durch nationale Umsetzungsakte auch umfangreichen Einfluss auf die deutsche Rechtsordnung genommen und ist heute ein unver­ zichtbarer Bestandteil des deutschen Zivilrechts. Auch wenn es an einem um­ fassenden Verbrauchervertragsrecht mangelt, finden sich im heutigen Ver­ braucherrecht viele Richtlinien zu spezifischen Vertragsschlusssituationen und Vertragstypen wie z. B. Fernabsatzverträge oder Verbrauchsgüter­käufe.9 In dieser Entwicklung haben auch (vorvertragliche) Informa­tions­pflichten zu­ nehmend an Bedeutung gewonnen10 und insbesondere im Kontext der ver­ braucherschützenden Informa­tions­pflichten kommt dem Fernabsatzrecht eine wesentliche Bedeutung für die europäische Harmonisierung des Privat- und Verbraucherschutzrechts zu.11 Die wesentlichen Entwicklungsschritte des und Vertragsschluss im acquis, S. 190, 192, 198, eine breiter angelegte Diskussion vorvertrag­ licher Informa­tions­pflichten, die sich nicht nur auf das Vertragsrecht beschränke, sondern auch andere Rechtsgebiete berücksichtige. 6  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 51. 7  Da vorvertragliche Informa­tions­pflichten vor allem in B2C‑Konstellationen Anwendung finden, wird im Folgenden grundsätzlich vom Verbraucher als Empfänger der Informationen gesprochen, sofern sich die Pflichten nicht explizit (auch) auf Unternehmer beziehen. 8  Siehe z. B. den Überblick zu jüngsten Entwicklungen des Verbraucherkaufrechts in der EU Reich, EuZW 2011, 736 ff. 9  Vgl. bspw. den Überblick bei Tonner, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 3, Rn. 6; ferner zur Entwicklung des europäischen Vertragsrechts einschließlich des Verbraucher­ rechts Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 1, Rn. 24 ff. 10  Nordhausen Scholes, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Modernising and Harmonising Con­ sumer Contract Law, S. 214. 11  Eingehend zur Rolle des Verbraucherrechts bei der europäischen Privatrechtsharmo­ nisierung Pfeiffer, in: Artz (Hrsg.), Entwicklungen im Verbraucherprivatrecht, S. 1 ff.; Mota



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten27

europäischen Vebraucherschutzrechts sollen daher im Folgenden kurz skizziert werden.

1.  Herausbildung des europäischen Verbraucherschutzrechts Auch wenn der Verbraucherschutz nicht von Beginn der Entstehung der Euro­ päischen Gemeinschaft an ein intendiertes Ziel war,12 ist dieser heute als Be­ standteil eines funktionierenden Binnenmarktkonzepts in der EU nicht mehr wegzudenken. Die ursprüngliche Konzeption des EWG‑Vertrages zielte zu­ nächst auf ökonomische Regelungen i. S. v. Marktwirtschaft und Wettbewerb für Unternehmer, aber auch Arbeitskräfte als zentrale Bestandteile des Wirt­ schaftsrechts ab.13 Im Laufe der Jahre hat sich das Verbraucherschutzrecht je­ doch mehr und mehr zu einem zentralen Bestandteil des Europäischen Rechts entwickelt und kann insofern zu Recht als „Rückgrat“ des europäischen Ein­ flusses auf das Privatrecht angesehen werden.14 Nach einer zunächst liberal ausgerichteten Gemeinschaftspolitik,15 wird die Verbraucherschutzpolitik seit den siebziger Jahren als autonomer Handlungs­ bereich zunächst auf Gemeinschaftsebene und heutiger Unionsebene verstan­ den.16 Im Sinne einer verstärkten Integration hat die damalige EG‑Kommis­ sion auf Basis internationaler Diskussionen in zwei verbraucherpolitischen Programmen17 einen „Katalog von Verbraucherrechten“ konzipiert.18 In dem ersten bedeutenden Programm aus dem Jahre 1975 wurden erstmals „fünf fun­ Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157; ähnlich Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 58. 12 Siehe Schulte-Nölke, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, §  23, S. 1300 f.; Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 14 ff.; zur Verbraucherpolitik der Vorbinnenmarktzeit z. B. Reich, Europäisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 35 ff. 13 Ähnlich Schulte-Nölke, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, §  23, S. 1301; Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 14 ff.; Remien, in: Schulte-Nölke/ Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte, S. 107, 108; inso­ fern war auch keine Kompetenzgrundlage für ein Verbraucherschutzrecht vorgesehen, Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Verbraucherschutz, Rn. 8. 14  Remien, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung und natio­ nale Privatrechte, S. 107, 110 mit Verweis auf die umfassende Darstellung von Reich, Euro­ päisches Verbraucherrecht, 3. Aufl.; Herresthal, in: Langenbucher (Hrsg.), Europäisches Pri­ vat- und Wirtschaftsrecht, § 2, S. 127, beschreibt den Verbraucherschutz ebenfalls treffend als „Lokomotive“ der Vertragsrechtsvereinheitlichung in Europa. 15  Reich, Europäisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 30 ff.; ähnlich auch Howells/Weatherill, S. 94 ff. 16  Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 15. 17  Vgl. das Erste Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, Abl. EG Nr. C 92/2 vom 25. April 1975 sowie die Entschließung des Rates vom 19. Mai 1981 betreffend ein zweites Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, Abl. EG Nr. C 133 vom 2. Juni 1981; siehe dazu auch Howells/Weatherill, S. 95 f. 18  Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 16; eingehend bereits Reich, Euro­ päisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 31; dazu auch Fleischer, ZEuP 2000, 773, 782.

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

damentale Rechte des Verbrauchers“ als Säulen des Gemeinschaftsrechts pro­ klamiert,19 wovon eines das Recht auf Information im Sinne von Unterrichtung und Bildung der Verbraucher umfasst.20 Hintergrund für die Etablierung der Rechte insgesamt ist die Annahme einer im Vergleich zu der Übermacht des Vertragspartners wirtschaftlich schwachen Stellung des Verbrauchers.21 Mittels verschiedenster Maßnahmen sollten diese Rechte verwirklicht werden, was zu­ nächst aufgrund unzureichenden Tätigwerdens der Europäischen Kommission und des Rates jedoch kaum gelang.22 Durch die Rechtsprechung des EuGH zu den Grundfreiheiten erlebte der an­ gestrebte Verbraucherschutz sodann doch einen bedeutenden Aufschwung und damit einhergehend die gewünschte Würdigung durch die Allgemeinheit.23 Als maßgebliche Entscheidung gilt das Urteil des EuGH in der Rechtssache Cassis de Dijon aus dem Jahre 1979.24 In diesem wurden nationale verbraucher­ schützende Bestimmungen erstmalig als Handelshemmnisse qualifiziert und als mit der Warenverkehrsfreiheit unvereinbar erkannt.25 Einschränkend führte der EuGH jedoch aus, dass solche Handelshemmnisse generell hinzunehmen sind, wenn die Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen wie beispielsweise dem Verbraucherschutz gerecht zu werden.26 In einer späteren Entscheidung von 1990 betont der EuGH, dass das Unionsrecht in der Unter­ richtung der Verbraucher (durch Informationserteilung) eines der grundlegen­ den Erfordernisse des Verbraucherschutzes sieht.27 19  Vgl. das Erste Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, Abl. EG Nr. C 92/2 vom 25. April 1975; siehe dazu auch Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 16; Howells/Weatherill, S. 95 f.; Alpa/Andenas, S. 133; sowie Pfeiffer, in: Artz (Hrsg.), Entwicklungen im Verbraucher­ privatrecht, S. 8; Schulze, in: Janssen (Hrsg.), Auf dem Weg zu einem Europäischen Privat­ recht, S. 183; siehe auch Tamm, Verbraucherschutzrecht, S. 3. 20  Vgl. das Erste Programm der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft für eine Politik zum Schutz und zur Unterrichtung der Verbraucher, Abl. EG Nr. C 92/2 vom 25. April 1975; dazu auch Hondius, ERPL 2010, 103, 104, mit Verweis auf die „special message“ Präsident Kennedy’s vom 15.05.1962; Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 16; Howells/ Weatherill, S. 95 f.; Alpa/Andenas, S. 133. 21  Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 16. 22  Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 16. 23  Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, S. 16; Howells/Weatherill, S. 97, spre­ chen diesbezüglich von einer indirekten Entwicklung. 24  EuGH, Urteil vom 20.02.1979, Rs. 120/78 (Cassis de Dijon). 25 Ebd. 26  EuGH, Urteil vom 20.02.1979, Rs. 120/78 (Cassis de Dijon), vgl. ErwGr. 8: „[…]Hemm­ nisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen über die Vermarktung dieser Erzeugnisse ergeben, müssen hingenommen werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu wer­ den, insbesondere den Erfordernissen einer wirksamen steuerlichen Kontrolle, des Schutzes der öffentlichen Gesundheit, der Lauterkeit des Handelsverkehrs und des Verbraucherschutzes.“ 27  EuGH, Urteil vom 07.03.1990, Rs. C-362/88, Slg. 1990, I-00667, (GB‑INNO), ErwGr. 18.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten29

Rückblickend zeichnet sich mit Erlass der Haustürwiderrufsrichtlinie 198528 der Beginn des Entwicklungsprozesses im Bereich des Europäischen Privat­ rechts ab. Mit Inkrafttreten dieser Richtlinie begann eine „neue Ära“ des euro­ päischen Verbraucherschutzrechts, welches in den folgenden Jahren durch ver­ schiedenste Sekundärrechtsakte erweitert und fortgeführt wurde.29 So ging beispielsweise mit Inkrafttreten der Einheitlichen Europäischen Akte am 1. Juli 1987 die Entwicklung der Verbraucherpolitik in eine neue Phase über, welche primär von dem proklamierten Ziel der Verwirklichung des Binnenmarkts zum 31. Dezember 1992 bestimmt wird.30 Die ausdrückliche Anerkennung des Ver­ braucherschutzes als eigenständiger Kompetenzbereich durch den Vertrag von Maastricht und die Etablierung einer eigenständigen Verbraucherpolitik durch den Vertrag von Amsterdam verliehen dem Verbraucherschutz noch größere Bedeutung.31 Aufgrund der zunächst weitgehend sektoralen Regelungen wird das im Laufe der Zeit entstandene Europäische Privatrecht häufig als „Flickenteppich“32 oder „Mosaik“ bezeichnet.33 Ab Anfang des einundzwanzigsten Jahrhunderts erließ die Kommission daher eine Reihe von bedeutenden Mitteilungen zum Europäi­ schen Privatrecht.34 Hierbei hat zunächst der im Anschluss an einen europawei­ ten Konsultationsprozess veröffentlichte Aktionsplan der Europäschen Kom­ mission vom 15. März 2003 für ein kohärentes europäisches Vertragsrecht35 28  Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucher­ schutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen. 29 Vgl. Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Verbrau­ cherschutz, Rn. 68 ff.; Remien, in: FS Martiny, S. 987, 989; Hondius, ERPL 2010, 103, 105, spricht von spektakulären Veränderungen der 1980er Jahre; Schulte-Nölke, EuCML 2015, 135. 30  Remien, in: FS Martiny, S. 987, 989; dabei wurde der Kommission nach Art. 95 Abs. 3 EGV insbesondere die Pflicht auferlegt, bei etwaigen Vorschlägen zum Verbraucherschutz von einem „hohen Schutzniveau“ auszugehen, vgl. Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucher­ recht, S. 16; Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Verbrau­ cherschutz, Rn. 9; siehe heute Art. 114 Abs. 3 AEUV. 31  Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H.  V. Verbraucher­ schutz, Rn. 10 f. 32  Diese Entwicklung des Europäischen Verbraucher- bzw. Vertragsrechts als „Flickentep­ pich“ – Ansatz bezeichnend bspw. Eckert, in: FS Söllner, S. 243, 251; Remien, ZvglRWiss 87 (1988), 105, 113, spricht vom „äußeren Erscheinungsbild der Bruchstücke eines gemeineuro­ päischen Vertragsrechts“; i. d. S. bezeichnen auch von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Einführung S. 18 f., das Europäische Privatrecht als „bulky and rather incoherent patchwork“; insofern von einem „unbefriedigendem Zustand“ sprechend Zimmermann, in: ­Basedow/Hopt/ Zimmermann (Hrsg.), Handbuch des Europäischen Privatrechts, Band I, S. 276; Staudenmayer, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Ge­ meinschaftsrechts, S. 419; ders., EuZW 2001, 485, 486; Hörmann, S. 23; hierauf rekurrierend auch Gießelmann, S. 68. 33  Z. B. Mac Eleavy Fiorini, in: Fallon/Lagarde/Poillot-Peruzzetto (Hrsg.), S. 27. 34  Remien in: FS Martiny, 987, 989; siehe auch Alpa/Andenas, S. 149 ff.; Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 1, Rn. 39. 35  Mitteilung der Europäischen Kommission an des Europäische Parlament und den Rat – Ein kohärentes europäisches Vertragsrecht – Ein Aktionsplan, vom 15. März 2003, (2003/C

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

Bedeutung erlangt, welcher eine Mischung aus gesetzgeberischen und nicht­ gesetzgeberischen Maßnahmen vorsieht36 und u. a. einen Rückgriff auf beste­ hende Forschungsarbeiten beabsichtigt.37 Zudem ist der geplante Ansatz einer kohärenteren Gestaltung des Verbrauchervertragsrechts hervorzuheben, den die Europäische Kommission mit ihrer Verbraucherpolitischen Strategie 2007 prä­ sentierte.38 Als aktuelles Beispiel bedeutender Reformen und des Fortschritts im Sektor des Verbraucherschutzes ist die VerbrRRL zu nennen.39 Die Bedeutung des Verbraucherschutzrechts auf europäischer Ebene spiegelt sich heute in dem seit 1. Dezember 2009 mit dem Vertrag von Lissabon in Kraft getretenen AEUV und den Kompetenzgrundlagen des Art. 114 AEUV40 sowie der speziellen Kompetenzgrundlage des Art. 169 Abs. 1 AEUV wieder: „Zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen Ver­ braucherschutzniveaus leistet die Union einen Beitrag zum Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie zur Förderung ihres Rechtes auf Information, Erziehung und Bildung von Vereinigungen zur Wahrung ihrer Interessen.“

Demzufolge ist das Recht der Verbraucher auf Information auf primärrecht­ licher Ebene verankert und findet sich im Einzelnen in verschiedenen Richt­ linien.41 Darüber hinaus ist der Schutz der Verbraucher auch in Art. 38 der Grundrechtecharta verankert, indem die Sicherstellung eines hohen Verbrau­ cherschutzniveaus gefordert wird und dem Verbraucherschutz zudem bezogen 61/03); vgl. z. B. Schulze, in: Janssen (Hrsg.), Auf dem Weg zu einem Europäischen Privat­ recht, S. 183, 185; Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 74. 36 Dazu Schulze, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 3; ders., in: Janssen (Hrsg.), Auf dem Weg zu einem Europäischen Pri­ vatrecht, S. 183, 192 f.; Söffing, in: Riesenhuber (Hrsg.), Die Europäisierung des Privatrechts, S. 12. 37  Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 74, sagt, das Rad solle demnach nicht neu erfunden werden. 38  KOM(2007), S. 99; dazu Tonner, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Einleitung Rn. 7. 39  So auch Grundmann, JZ 2013, 53 ff; die VerbrRRL als einen wichtigen Schritt zur Vollharmonisierung im Binnenmarkt betrachtend Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253; siehe z. B. die systematische Einführung von Unger, ZEuP 2012, 270 ff.; eine eingehende Über­ prüfung des Beitrags der VerbrRRL zum Europäischen Verbrauchervertragsrecht bieten Hall/­ Howells/Watson, ERCL 2012, 139 ff.; tendenziell eher kritisch Janal, WM 2012, 2314 ff.; ebenfalls kritisch zur Entwicklung des acquis insgesamt Jansen, ZEuP 2012, 741 ff. 40 Als maßgebliches Kriterium der Abgrenzung der Kompetenzgrundlagen dient der Binnenmarktbezug, vgl. Leible/Schröder, in: Streinz (Hrsg.), EUV/AEUV, Art. 114 AEUV, Rn. 136; Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Verbraucher­ schutz, Rn. 15 ff.; ferner zu Art. 114 AEUV Tietje, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 114 AEUV, Rn. 1 ff. 41  Ähnlich auch Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 48; Köhler/Bornkamm/ Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 15.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten31

auf Vertragsverhältnisse mittelbare Wirkung zukommen kann.42 Ob hieraus je­ doch ein konkretes Informationsrecht des Verbrauchers im Sinne eines subjekti­ ven Rechts abgeleitet werden kann oder Art. 38 Grundrechtecharta lediglich ein Prinzip zum Ausdruck bringt, ist nicht eindeutig.43

2.  Entwicklung des nationalen Verbraucherschutzrechts Der nationale Verbraucherschutz im deutschen Zivilrecht ist als Folge der Im­ plementierung europäischer Verbraucherschutzregelungen zu sehen und hat sich parallel zu der europäischen Entwicklung zunehmend in unterschiedlichen Rechtsbereichen ausgedehnt. Im Zuge der Schuldrechtsreform im Jahre 2002 wurden das Fernabsatzgesetz sowie das Hautürwiderrufsgesetz aufgehoben und die wesentlichen Vorschriften nahezu ohne Veränderung in die §§ 312 ff. a. F. BGB inkorporiert.44 Die §§ 312 ff. a. F. BGB haben seit der Schuldrechts­ reform weitere, mehr oder weniger tiefgreifende Änderungen erfahren, so z. B. durch das „Fernabsatzänderungsgesetz“ vom 2. Dezember 200445 oder das „Gesetz zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr“ vom 10. Mai 201246 usw. Hervorzuheben ist die jüngste, nicht unbedeutende Reform insbesondere der §§ 312 ff. BGB n. F. durch Umsetzung der VerbrRRL.47 Mit Einfluss des euro­ päischen Sekundärrechts geht somit auch die stete Fortentwicklung des nationa­ len Verbraucherschutzrechts einher, welche sich insbesondere bei Betrachtung der Regelungen über Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sons­ tiger Fernabsatzverträge widerspiegelt. Aufgrund der Vielzahl der Änderungen 42  Mit dem Vertrag von Lissabon ist die Grundrechtecharta nach Art. 6 Abs. 1 EUV ver­ bindliches Recht geworden; siehe hierzu auch Tonner, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucher­ recht, § 3, Rn. 5; ebenso Tamm, ebd., § 1, Rn. 41. 43 So wohl Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, §  1 UWG, Rn. 15; a. A. Tonner, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 3 C, Rn. 5 m. w. N.; Reich, in: Schulze/SchulteNölke (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte, S. 57, 68 ff. 44 Palandt/Grüneberg, Vorb v § 312, Rn. 2; vgl. allgemein zur Schuldrechtsmodernisie­ rung im Kontext des Europarechts Roth, in: Ernst/Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissen­ schaft und Schuldrechtsreform, S. 225 ff.; speziell zum Widerrufsrecht auch Schulze/Morgan, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 294, 301 ff. 45  Gesetz zur Änderung der Vorschriften über Fernabsatzverträge bei Finanzdienstleistun­ gen vom 2. Dezember 2004, BGBl. 2004 I Nr. 64, S. 3102. 46  Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbrau­ cherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr und zur Än­ derung des Wohnungseigentumsgesetzes, BGBl. 2012 I Nr. 21, S. 1084. 47  Hierzu beispielsweise die kritische Würdigung von Grundmann, JZ 2013, 53 ff., wel­ cher diese als „jüngstes größeres Reformwerk“ bezeichnet, die Neuerungen mit Ausnahme des Vollharmonisierungsansatzes durchaus positiv bewertet und im Ergebnis für mehr Beach­ tung der VerbrRRL plädiert, ebd. S. 65; tendenziell eher kritisch Janal, WM 2012, 2314 ff.; ­Brönneke/Tonner, Das neue Schuldrecht – Verbraucherrechtsreform 2014; speziell zu Auswir­ kungen auf den Internethandel Hörmann, S. 1 ff.

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

in den vergangenen Jahren wird das Recht der besonderen Vertriebsformen häu­ fig treffend als „Dauerbaustelle“48 bezeichnet und hinsichtlich der Umsetzung der VerbrRRL weiterhin als künftige „Großbaustelle“ prognostiziert.49 Ob das Verbraucherschutzrecht nach dem divergierenden Meinungsspek­ trum nun dogmatisch als Sonderprivatrecht oder mit der wohl überwiegenden Auffassung als Institut des Zivilrechts anzusehen ist,50 ist an dieser Stelle nicht entscheidend. Zum einen sind die maßgeblichen Definitionen des Verbraucherund des Unternehmerbegriffs im Bürgerlichen Gesetzbuch definiert (§ 13 und § 14 BGB), zum anderen wird der Verbrauchervertrag als „typische Erschei­ nungsform des Schuldrechts“ verstanden und der Verbraucherschutz als „all­ gemein schuldrechtsimmanentes Prinzip“ der deutschen Zivilrechtsordnung anerkannt.51 Unstrittig sind verbraucherschützende Regelungen heute grund­ legender und prägender Bestandteil des Zivilrechts. Durch Inkorporation der Vorschriften in das BGB werden insbesondere allgemeine vertragliche Re­ gelungen oder spezielle Regelungen wie z. B. das Kaufrecht ergänzt und mo­ difiziert. Als Beispiel hierfür sind die §§ 312 ff. BGB sowie die Normen zum Verbrauchsgüterkauf zu nennen. Insofern ist eine immanente Präsenz des Ver­ braucherschutzrechts auch auf nationaler Ebene verwirklicht.

II.  Das Verbraucherleitbild im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen Einhergehend mit der Entwicklung des Verbraucherschutzrechts haben verbrau­ cherschützende Instrumente wie beispielsweise vorvertragliche Informa­tions­ pflichten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Dies erscheint bei Betrachtung der Rolle und Funktion des Verbrauchers konsequent. So ist die „Anerkennung der Verbraucher als wichtige und verantwortungsbewusste wirtschaftliche Ak­ teure im Binnenmarkt“ eines der Grundprinzipien der europäischen Verbrau­ cherschutzpolitik.52 Ob und inwiefern ein Schutzbedarf tatsächlich besteht, hängt nicht allein von der Situation, sondern maßgeblich auch von dem zu schützenden Subjekt, sprich im Verbraucherschutz dem Verbraucher, ab. In die­ 48  49 

Siehe bereits Fn. 19 im ersten Teil. So die Ansicht von Janal, WM 2012, 2314, 2322; speziell zum Verbrauchervertrag auch Wendehorst, NJW 2011, 2551 ff.; dies., NJW 2014, 577, 584; zustimmend BeckOK BGB/­ Bamberger, § 13 BGB, Rn 2 a. 50  Eingehend z. B. Karsten Schmidt, BB 2005, 837 ff., nachdem das Verständnis des Be­ griffs Sonderprivatrecht wiederum Divergenzen aufweist; zu der Fragestellung auch Palandt/ Sprau, BGB, Einleitung, Rn. 1; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. 591; Gießelmann, S. 74 ff. 51 Palandt/Grüneberg, BGB, Einleitung, Rn.  1; Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. 591 f. 52  ; siehe zum Verbraucherschutzkonzept auch Heiderhoff, Grundstrukturen des Verbrauchervertragsrechts, S. 238 ff.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten33

sem Kontext können Vorstellungen und Gewohnheiten der Verbraucher53 den Schutzbedarf ebenso bestimmen wie die Bedeutung eines Vertrags oder damit verbundene Folgen.54 Das Verständnis des Verbrauchers wird durch das sog. Verbraucherleitbild bestimmt. Verbraucherbegriff und Verbraucherleitbild sind jedoch nicht identisch, da letzteres in normativ-typisierender Weise ein Bild des „Verbrauchers“ an sich und insbesondere von dessen immanenten oder fehlen­ den Kompetenzen zu zeichnen versucht.55 Diesem Leitbild kommt nicht nur im Rahmen der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten große Bedeutung zu, es spielt auch in den verschiedenen Bereichen des Zivil- und Wettbewerbsrechts eine bedeutende Rolle. Neben der Entwicklung des Verbraucherleitbilds stellt sich zudem auch die Frage nach der Existenz oder Notwendigkeit eines speziel­ len Verbraucherleitbilds für den E‑Commerce sowie für sonstige Fernabsatz­ verträge.

1.  Das Verbraucherleitbild im Wandel der Zeit Bei Betrachtung der Rechtsprechung zum Verbraucherleitbild auf nationaler und europäischer Ebene im Ganzen zeigt sich insbesondere in den letzten Jahr­ zehnten ein bedeutender Wandel.56 Deutlich wird, dass die Festlegung auf ein einheitliches und universal „richtiges“ Verbraucherleitbild schwierig erscheint, da je nach betroffenem Rechtsgebiet unterschiedliche Schutzrichtungen im Fokus stehen.57 So gingen die deutschen Gerichte zunächst von einem eher flüchtigen und unkritisch agierenden Verbraucher aus, der insbesondere bei Ge­ schäften des täglichen Lebens keine allzu hohe Aufmerksamkeit zeigt.58 In kon­ sequenter Anwendung dieses Leitbilds des „flüchtigen Verbrauchers“ bedurf­ te dieser eines besonders hohen Schutzniveaus, was damit einhergehend einen hohen Einschnitt in die Privatautonomie der Unternehmer mit sich brachte.59 An der Einschränkung der verfassungsrechtlich geschützten Privatautonomie gab es dementsprechend große Kritik.60 So wurde beispielsweise bemängelt, 53 

Meyer, WRP 1993, 215, 222. Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 169 AEUV, Rn. 22. 55  MüKo BGB/Micklitz/Purnhagen, Vorbemerkung zu §§ 13, 14 BGB, Rn. 70. 56  Vgl. dazu auch Scherer, WRP 1999, 991 ff. 57 MüKo BGB/Micklitz/Purnhagen, Vorbemerkung zu §§ 13, 14 BGB, Rn. 70 ff.; dazu auch Pfeiffer, NJW 2011, 1, 2; hinzu kommt der Aspekt unterschiedlicher kultureller Hinter­ gründe, so de Vries, euvr 2012, 228. 58  Diese ständige Rechtsprechung zeigt sich z. B. in folgenden Entscheidungen: BGH, Ur­ teil vom 31.01.1956 – I ZR 74/55, (English-Lavender); BGH, Urteil vom 29.04.1970 – I ZR 123/68, (Melitta-Kaffee) m. w. N.; BGH, Urteil vom 29.04.1982 – I ZR 111/80, (Elsässer Nudeln). 59  Zu dem Konzept des flüchtigen Verbrauchers insgesamt kritisch auch Leible, Abschied vom flüchtigen Verbraucher, DZWiR 1994, 177 ff; ebenfalls kritisch Meyer, WRP 1993, 215 ff., 225; siehe auch Heiderhoff, Grundstrukturen des Verbrauchervertragsrechts, S. 259. 60  Kritisch z. B. Emmerich, in: FS Gernhuber, S. 857, 870; dies aufgreifend Schwei54 

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

dass „der an der Grenze zur Debilität verharrende, unmündige, einer umfassen­ den Betreuung bedürftige, hilflose Verbraucher“ nicht vor jeglicher drohender Irreführung geschützt werden sollte.61 Im Gegensatz zu diesem nationalen Verbraucherleitbild zeigte der EuGH bereits in früheren Entscheidungen ein positiveres Verständnis von der Kom­ petenz eines Verbrauchers. Das Leitbild des durchschnittlichen Verbrauchers (average consumer) wurde vom EuGH insbesondere im Kontext der Rechtspre­ chung zur Warenverkehrsfreiheit entwickelt.62 So erachtete der EuGH in der Entscheidung Gut Springenheide und weiteren Urteilen grundsätzlich die mut­ maßliche Erwartung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgeblich.63 In der englischen Fassung dieser Entscheidung ist vom „consumer who is reasonably well-in­ formed and reasonably observant and circumspect“ die Rede, die französische Version spricht vom „consommateur moyen, normalement informé et raisonn­ ablement attentif et avisé“.64 Durch die Verwendung der Begriffe „reasonably“ und „raisonnablement“ – zu deutsch vernünftig – wird in diesen Sprachfassun­ gen des Urteils das Maß der Aufmerksamkeit und Verständigkeit, nämlich in vernünftiger Art und Weise, deutlich.65 Dieser von einigen Stimmen auch als „mündig“ beschriebene Verbraucher ist in der Lage, gelesene Informationen auch zu bewerten.66 Nach dieser Auffassung bedarf er keines allumfassenden und überzogenen Schutzniveaus, sondern kann sich ein gewisses Maß an Eigen­ verantwortung nicht absprechen lassen.67 Im Jahre 1999 modifizierte der BGH seine Konzeption des „flüchtigen“ Ver­ braucherleitbilds in der Orient-Teppichmuster-Entscheidung.68 So ist die Auf­ merksamkeit des für die Beurteilung maßgeblichen „durchschnittlich infor­ mierten und verständigen Verbrauchers“ nach Auffassung des BGH jeweils zer, GRUR 2000, 923, 924; dieses Verbraucherleitbild als wirklichkeitsfremd bezeichnend Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230, 232. 61  Emmerich, in: FS Gernhuber, S. 857, 870. 62 Hierauf bezugnehmend auch von Bar/Clive, DCFR Full Edition,Volume I, Art. II. – 3:102 DCFR, S. 207. 63 Vgl. EuGH, Urteil vom 16.07.1998, Rs. C-210/96, (Gut Springenheide), Rn. 31; sowie z. B. EuGH, Urteil vom 6. Juli 1995, Rs. C-470/93, (Mars), Rn. 24; EuGH, Urteil vom 13.01.2000, Rs. C-220/98, (Estée Lauder), Rn. 24; dazu auch Werner/Berg, in: von der ­Groeben/Schwarze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 169 AEUV, Rn. 8; Kunz, Verbraucherschutz beim Internethandel in der Europäischen Union, S. 28. 64 EuGH, Urteil vom 16.07.1998, Rs. C-210/96, (Gut Springenheide), Rn. 31, in eng­ lischer und französischer Fassung. 65 Ähnlich Bornkamm, WRP 2000, 830, 835. 66  Leible, DZWir, 1994, 177, 179; siehe auch Reich, Europäisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 63; ähnlich auch Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230, 232; Leisner, EuZW 1991, 498, 503; i. E. übereinstimmend Meyer, WRP 1993, 215, 222. 67 Ähnlich Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230, 232. 68  BGH, Urteil vom 20.10.1999 – I ZR 167/97 (KG), (Orient Teppichmuster).



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten35

situationsabhängig.69 Während bei geringwertigen täglichen Bedarfsgeschäf­ ten von einer eher flüchtigen Aufmerksamkeit auszugehen sei, setze sich der Verbraucher bei geplanten bedeutenderen Investitionen vor einer Kaufentschei­ dung näher mit den Angebotskonditionen auseinander, sodass sich in der Kon­ sequenz die Begriffe „flüchtig“ und „verständig“ nicht ausschließen.70 Dem­ nach nähert sich die Rechtsprechung des BGH dem Verbraucherleitbild des EuGH an, indem auf den situationsadäquat verständigen Durchschnittsverbrau­ cher abgestellt wird.71 Auch wenn Ziel der Rechtsprechung des EuGH die Förderung des grenz­ überschreitenden Handels war und keineswegs der Verbraucherschutzgedanke im Vordergrund stand, hat sich der Durchschnittsverbraucher als grundsätzlich maßgebliches Verbraucherleitbild etablieren können.72 Das heute vorherr­ schende Leitbild des Durchschnittsverbrauchers ist somit geprägt durch die Entwicklung der Rechtsprechung primär zum Wettbewerbsrecht sowie zu den europäischen Grundfreiheiten73 und findet sich auch im europäischen Sekun­ därrecht wieder. Als Maßstab gilt nach ErwGr. 18 der Richtlinie über unlau­ tere Geschäftspraktiken (UGPRL)74 der sog. „Durchschnittsverbraucher, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist“.75 Denn gerade im Bereich des Wettbewerbsrechts hat der EuGH die Bedeutung der Information für das Verbraucherschutzrecht bereits früh betont, indem er z. B. in einer Entscheidung von 1990 hervorhebt, dass „das Gemeinschaftsrecht eines der grundlegenden Erfordernisse des Verbraucherschutzes in der Unter­ richtung der Verbraucher sieht“76 und somit Kennzeichnungs- und Informa­ tionsmaßnahmen als ausreichende Schutzmaßnahmen erachtet.77 Der EuGH 69  Ebenda; zur Einordnung dieser Entscheidung z. B. auch Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230, 231, welche den situationsabhängigen Maßstab befürworten; sich ebenfalls klar für eine differenzierte Beurteilung aussprechend Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 169 AEUV, Rn. 22. 70  Der BGH verneinte in der Entscheidung Orient-Teppichmuster einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot nach § 3 UWG, da der durchschnittlich informierte und verständige Ver­ braucher aufgrund der Umstände hätte erkennen können, dass es sich bei den beworbenen Teppichen nicht um originale Orient-Teppiche handelte, vgl. BGH, Urteil vom 20.10.1999 – I ZR 167/97 (KG). 71  So wohl auch Bornkamm, WRP 2000, 830, 835. 72  Vgl. dazu Rott, VuR 2015, 163; i. d. S. auch Hörmann, S. 29. 73  Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 169 AEUV, Rn. 22; ders. in NJW 2011, 1 f.; von Bar/Clive, DCFR Volume I, Comments Art. II. – 3:102 DCFR, S. 207. 74  Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Ge­ schäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern vom 11. Mai 2005; zur möglichen Reform S. 365 ff. 75  ErwGr. 18 der UGPRL 2005/29/EG; dazu auch Lederer, NJOZ 2011, 1833; ­Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 8; von Bar/Clive, DCFR Volume I, Comments Art. II. – 3:102 DCFR, S. 207. 76  EuGH, Urteil vom 07.03.1990, Rs. C-362/88, (GB‑INNO‑BM), Rn. 18. 77 EuGH, Urteil vom 13.03.1984, Rs. C-16/83, (Prantl), Rn. 29; EuGH, Urteil vom

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

sieht somit das Bedürfnis und das Interesse der Verbraucher an Informatio­ nen als entscheidenden Ansatzpunkt.78 Das Leitbild des verständigen Durch­ schnittsverbrauchers steht demzufolge in Einklang mit dem Erfordernis eines funktionierenden Informationsmodells mit dem Ziel, informationsbedingte Dis­ paritäten und Asymmetrien, wie z. B. häufig fehlende geschäftliche Erfahrung von Verbrauchern, im Wege der Zurverfügungstellung von Informationen aus­ zugleichen.79 Dieses wie aufgezeigt ursprünglich aus dem Wettbewerbsrecht stammen­ de Leitbild findet heute übergreifend auch in anderen Rechtsgebieten Ver­ wendung.80 Aufgrund der unterschiedlichen Schutzrichtungen des Wett­ bewerbsrechts einerseits und des Vertragsrechts mit seiner primär individuellen Schutzrichtung andererseits stellt sich jedoch die Frage der Übertragbarkeit.81 Auch wenn das Verbrauchervertragsrecht nicht unmittelbar Gegenstand der auf­ gezeigten Rechtsprechungsentwicklung war, kann das Leitbild durchaus auch in diesem Bereich als Beurteilungsmaßstab herangezogen werden, da es auch hier um die zentrale Frage geht, inwiefern der Verbraucher Informationen verarbei­ ten kann.82 Die duale Anwendbarkeit zeigt sich beispielsweise auch in Art. II. – 3:102 Abs. 1 DCFR, der als besondere vorvertragliche Informa­tions­pflicht ein Irreführungsverbot in Anlehnung an das Lauterkeitsrecht vorsieht und auf die Erwartungen des durchschnittlichen Verbrauchers abstellt.83 Insgesamt sollte das europäische Verbraucherleitbild des informierten und verständigen Durch­ schnittsverbrauchers somit in sämtlichen Situationen Relevanz entfalten, wel­ che die Gefahr einer Irreführung oder Verwechslung in Zusammenhang mit Informationsdefiziten in sich bergen.84 In diesem Sinne wird zutreffend auch 06.07.1995, Rs. C-470/93 (Mars), Rn. 24; so auch Werner/Berg, in: von der Groeben/Schwar­ ze/Hatje (Hrsg.), Europäisches Unionsrecht, Art. 169 AEUV, Rn. 8. 78  Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230. 79  Alpa/Andenas, S. 221; ähnlich auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 55 f., der jedoch auch auf existente Informationsasymmetrien in B2B‑Verträgen verweist; i. d. S. auch Ebers, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 157, 160 ff.; ferner Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 229; eine Kodifika­ tion des Informationsmodells findet sich im deutschen Recht nicht nur im Wettbewerbsrecht, sondern in unterschiedlichsten Bereichen, wie z. B. auch im Bank- und Börsenrecht, eingehend dazu Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230. 80  Lederer, NJOZ 2011, 1833 ff., kritisiert die rechtsgebietsübergreifende Anwendung des aus dem Wettbewerbsrecht stammenden Verbraucherleitbildes ohne jegliche Begründung oder Hinterfragung, spricht sich aber i. E. mit Ausnahme des Strafrechts für eine weite Anwen­ dungsmöglichkeit aus. 81  Pfeiffer, NJW 2011, 1, 2. 82  Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 169 AEUV, Rn. 22. 83  Näher dazu S. 106. 84  Bornkamm, in: FS aus Anlaß des fünfzigjährigen Bestehens von Bundesgerichtshof, S. 343 ff.; Alpa/Andenas, S. 221; Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230, 237.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten37

eine Übertragbarkeit des Verbraucherleitbilds auf den Online-Handel bejaht.85 Speziell bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fern­ absatzverträgen ist es essentiell, das Verbraucherleitbild nicht absolut zu sehen, da es abhängig von beispielsweise technischen Fortschritten und gesellschaftli­ chen Entwicklungsprozessen fortlaufend denkbaren Veränderungen unterliegen kann.86 Zusammenfassend ist die Entwicklung des Verbraucherleitbilds hin zum in­ formierten und verständigen Durchschnittsverbraucher zu begrüßen. Dieser mündige Verbraucher ist nicht als völlig unbeholfen und hoffnungslos unter­ legen anzusehen. Gleichzeitig darf aber auch nicht außer Acht gelassen wer­ den, dass er in der Regel die unerfahrenere Vertragspartei darstellt und in be­ sonderen Situationen wie beispielsweise dem elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigem Fernabsatz gewisse Schutzmaßnahmen notwendig und geboten sind. Die Pflicht zur Erteilung von Informationen ist auch insofern sinnvoll, als ein mündiger Verbraucher grundsätzlich in der Lage ist, diese Informationen zu verstehen und zu nutzen. Die in B2C‑Verträgen mögliche Asymmetrie kann durch das Schutzinstrument der Informa­tions­pflichten abgeschwächt werden, wenngleich ihr auch nicht immer gänzlich abgeholfen werden kann. Werden die erforderlichen Informationen jedoch nicht oder falsch erteilt, kann sich auch der mündige Verbraucher kein zutreffendes Bild machen und keine fundierte Entscheidung treffen. Informationen sind demnach für die Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit der Verbraucher essentiell. Verletzungen der Informa­ tions­pflicht beeinträchtigen oder verhindern gar die Entscheidungsfreiheit und bedürfen daher geeigneter Sanktionen.

2.  Das Verbraucherleitbild im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen und die Bedeutung des „confident consumer“ Im Anschluss an die aufgezeigte Entwicklung des Verbraucherleitbilds und die Feststellung der grundsätzlich anzunehmenden Übertragbarkeit stellt sich die Frage, ob es im Online-Handel oder Fernabsatzrecht ein weiter zu spezifizieren­ des Verbraucherleitbild mit besonderen Anforderungen gibt oder geben sollte. Im Hinblick auf das Erfordernis einer Situation mit besonderem Gefährdungs­ potential wie im Bereich des E‑Commerce sowie bei sonstigen Fernabsatz­ geschäften kommt der Bereitstellung umfassender und zutreffender Informa­ tionen und damit dem Schutzinstrument der Informa­tions­pflichten essentielle Bedeutung zu.87 Dies trägt dem Ansatzpunkt des situationsabhängigen Verbrau­ cherleitbilds Rechnung. 85  86 

Lederer, NJOZ 2011, 1833, 1836 f.; Hörmann, S. 29. Kunz, S. 28 ff., 35 ff. 87  Groeschke/Kiethe, WRP 2001, 230, 235; speziell zu Fernabsatzverträgen Marx, WRP

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

Neben dem Verständnis als informierter, verständiger und kritischer Ver­ braucher kommt zudem der Idee des confident consumer, d. h. des zuversicht­ lichen Verbrauchers, eine Relevanz im Hinblick auf das Verständnis des Akteurs Verbraucher im Binnenmarkt zu.88 So spielen bei sämtlichen Rechtsakten und Gesetzgebungsverfahren zum Wohle der Verbraucher die Verbraucherleitbilder eine fundamentale Rolle, indem diese primär eine Begründungs- und Recht­ fertigungsfunktion ausfüllen.89 Die vorhergehenden Ausführungen belegen die Bedeutung der Informationen für das Verbraucherschutzrecht. Ausgehend von dem herrschenden und vorzugswürdigen Verbraucherleitbild des verständigen Durchschnittsverbrauchers, bedarf es zunächst der Bereitstellung notwendiger Informationen, um eine informierte Entscheidung des verständigen Verbrau­ chers zu gewährleisten und zu sichern, wobei abhängig von der jeweiligen Ver­ tragsschlusssituation gegebenenfalls ein erhöhtes Schutzniveau geboten sein kann.90 Die Pflicht zur vorvertraglichen Informationserteilung gewährleistet die Idee eines informierten und eigenverantwortlichen Vertragsschlusses. Gleich­ zeitig kann ein funktionierendes Informationssystem dem Gedanken des confident consumer Rechnung tragen und das Wachstum im Binnenmarkt fördern. Denn gerade im Fernabsatz- und Online-Handel ist Rechtssicherheit ein nicht zu vernachlässigender Aspekt für Zuversicht und Vertrauen.

III.  Das Schutzinstrument der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im Kontext der Zielsetzung des Verbrauchervertragsrechts Verbraucherschutzvorschriften und Verbraucherschutzinstrumente des all­ gemeinen Zivilrechts finden sich heute weltweit in den meisten industriell ge­ prägten Ländern.91 Der Verbraucher wird in vielfältiger Hinsicht als schutz­ bedürftig betrachtet, denn der nationale sowie europäische Markt ist nicht frei von Gefahrenquellen, wie beispielsweise Risiken durch unlautere Geschäfts­ praktiken.92 Ungeachtet dessen sind verbraucherschützende Instrumente nicht als ausufernd zulässig zu erachten, sondern bedürfen aufgrund des einschrän­ kenden Charakters einer Rechtfertigung.93 Neben dem Widerrufsrecht sollen die vorvertraglichen Informa­tions­pflichten der Gewährleistung rationaler Ver­ 2000, 1227, 1230; zur Gefahr einer überlegenen Informationslage des Unternehmers bei Fern­ absatzverträgen siehe auch Lurger, Vertragliche Solidarität, S. 47 ff. 88  Pfeiffer, NJW 2011, 1; ders., in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Euro­ päischen Union, Art. 169 AEUV, Rn. 22. 89  Pfeiffer, NJW 2011, 1; ders., in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Euro­ päischen Union, Art. 169 AEUV, Rn. 21. 90  Dazu sogleich in diesem Teil unter A. III. 3., S. 44 f. 91 Siehe von Hippel, Verbraucherschutz, S. 5 ff. 92  Koch, GPR 2014, 128, 131 f. 93  Koch, GPR 2014, 128, 131; siehe z. B. auch Heiderhoff, Grundstrukturen des Ver­ brauchervertragsrechts, S. 261 ff.; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 232 ff.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten39

tragsschlussentscheidungen dienen94 und sind als besondere Schutzinstrumen­ te für Verbraucher im acquis und den nationalen Rechtsordnungen etabliert.95 Nach deutschem Recht war jedoch im Hinblick auf den verbreiteten Grund­ satz caveat emptor (Augen auf – Kauf ist Kauf ) zunächst eine gewisse Zu­ rückhaltung gegenüber vorvertraglichen Informa­tions­pflichten zu erkennen.96 Dieser Grundsatz wird von Kritikern als „Selbstschutzdogma“ bezeichnet und ausgehend von einer grundsätzlich bestehenden Chancengleichheit werden Re­ gulierungen der Privatautonomie insofern als überflüssig erachtet.97 Der Ver­ braucherschutz ist somit in Einklang zu bringen mit den sonstigen Prinzipien des Privatrechts, die grundsätzlich Geltung beanspruchen, in bestimmten Situa­ tionen jedoch Einschränkungen hinnehmen müssen.

1.  Das Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und dem Grundsatz der Privatautonomie Der Schutz der Verbraucher ist nicht nur auf diese Funktion zu reduzieren, son­ dern bringt mittelbar wie unmittelbar auch einige Restriktionen sonstiger pri­ vatrechtlicher Grundsätze und Prinzipien mit sich. Insbesondere bewirken ver­ braucherschützende Regelungen im Allgemeinen eine Beschränkung des den meisten Rechtsordnungen der EU immanenten Grundsatzes der Privatauto­ nomie.98 Eine große Bedeutung kommt diesem auch im Rahmen der Europäi­ schen Grundfreiheiten zu, die als konstituierende Basis und gemeinsamer Kern grundsätzlich privatautonomes Handeln innerhalb des Binnenmarkts gewähr­ leisten.99 94  Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht für die EU?, S. 108, Rn. 1. 95  Vorvertragliche Informa­tions­pflichten sind in der VerbrRRL (und zuvor bereits der FARL) ebenso vorgesehen wie in der ECRL und finden sich in Umsetzung des Richtlinien­ rechts heute auch im BGB (§§ 312 ff. BGB) sowie sonstigen Rechtsordnungen wieder (ein­ gehend zu den Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im dritten Teil); eingehend dazu auch Lurger, in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 54. 96  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 87; dieser Grundsatz prägt Rechts­ ordnungen des Common Law, vgl. Kramer, ZEuP 1999, 217, 219; dazu Staudinger/Olzen/ Looschelders, (2015), § 242 BGB, Rn. 1218; siehe unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes auch die Untersuchung der gesetzlichen Informa­tions­pflichten im Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und Privatautonomie von Gießelmann; Tamm, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 1, Rn. 44; eingehend zum Verbraucherschutz auch de Vries, euvr, 228 ff. 97  Tamm, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 1, Rn. 44 m. w. N. 98 Siehe Heiderhoff, Grundstrukturen des Verbrauchervertragsrechts, S. 250 ff.; Alpa/Andenas, S. 231. 99 Vgl. Riesenhuber, System und Prinzipien des Europäischen Vertragsrechts, S. 241; dazu auch Heiderhoff, Grundstrukturen des Verbrauchervertragsrechts, S. 223 ff.; zum Ver­ hältnis des Verbraucherschutzes und dem Binnenmarkt auch de Vries, euvr, 228, 229 ff.; fer­ ner zur Prüfung des Vertragsrechts am Maßstab der Grundfreiheiten Herresthal, in: Langen­ bucher (Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, § 2, S. 98 ff.; speziell zur Bedeutung

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

Der Grundsatz der Privatautonomie gilt als Ausgangspunkt des deutschen bürgerlichen Rechts und beschreibt nach klassischem Verständnis „das Prin­ zip der Selbstgestaltung der Rechtsverhältnisse durch den einzelnen nach sei­ nem Willen“.100 Die Privatautonomie, welche sich in Ausübung von Hand­ lungs- und Entscheidungsfreiheit entfaltet,101 ist als essentielles Gut anzusehen. Als Teil des allgemeinen Prinzips der Selbstbestimmung eines jeden Menschen wird sie sogar in ihrem Kerngehalt verfassungsrechtlich durch die Grundrech­ te der Art. 1 und Art. 2 des Grundgesetzes geschützt und somit gleichzeitig ab­ gesichert.102 Nach der Rechtsprechung des BVerfG gewährleistet Art. 2 Abs. 1 GG „das Prinzip der eigenen Gestaltung der Rechtsverhältnisse nach seinem Willen.“103 Entsprechend dieser grundrechtlich geschützten Position obliege es den Parteien grundsätzlich selbst über einen angemessenen Ausgleich zu be­ stimmen.104 Die Privatautonomie wird vom BVerfG als „Strukturelement einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung“ charakterisiert105 und den Zivilgerich­ ten obliegt die Aufgabe „die grundrechtliche Gewährleistung der Privatauto­ nomie in Art. 2 Abs. 1 GG (zu) beachten.“106 Die Privatautonomie ist jedoch nicht im Sinne einer absoluten Gewährleistung zu verstehen, vielmehr ist sie nach der Rechtsprechung des BVerfG „notwendigerweise begrenzt und bedarf der rechtlichen Ausgestaltung“. Vor diesem Hintergrund gebietet es die verfas­ sungsmäßige Ordnung, wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichten ent­ gegenzuwirken, um der Gefahr vorzubeugen, dass die Selbstbestimmung für den „unterlegenen“ Teil sich nicht in eine unbeschränkte Fremdbestimmung wandelt.107 Zusammenfassend kann zwischen dem ursprünglichen klassischen der Informa­tions­pflichten als milderes Mittel gegenüber Verboten Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 97, 99. 100  So die prägende Formulierung von Flume, BGB AT, 1965, § 1, S. 1; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277; Palandt/Ellenberger, vor § 104 BGB, Rn. 1; Leipold, BGB I, § 10, Rn. 3; ein­ gehend und zwischen klassischer und moderner Sichtweise differenzierend Tamm, in: Tamm/ Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 1, Rn. 28. 101  Artz (Hrsg.), Entwicklungen im Verbraucherprivatrecht, Vorwort, S. V. 102 Palandt/Ellenberger, vor § 104 BGB, Rn. 1, mit Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986 – 1 BvR 1542/84, Rn. 46, BVerfGE 72, 155, 170; Flume, BGB AT, 1965, § 1, S. 1; siehe auch Tamm, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 1, Rn. 28. 103  Vgl. BVerfG, Beschluss vom 13.05.1986 – 1 BvR 1542/84, Rn. 46, BVerfGE 72, 155, 170; ebenso BVerfG, Beschluss vom 27.07.2005 – 1 BvR 2501/04, Rn. 27. 104  BVerfG, Beschluss vom 07.02.1990 – 1 BvR 26/86, Rn. 45, BVerfGE 81, 242, 254; ebenso BVerfG, Beschluss vom 27.07.2005 – 1 BvR 2501/04, Rn. 27. 105  BVerfG, Beschluss vom 07.02.1990 – 1 BvR 26/86, Rn. 45, BVerfGE 81, 242, 254; siehe auch PWW/Prütting, BGB, Einleitung, Rn. 18. 106  BVerfG, Beschluss vom 19.10.1993 – 1 BvR 567/89 u. a., BVerfGE 89, 214, 231. 107 Palandt/Ellenberger, vor § 145 BGB, Rn. 7, in diesem Zusammenhang ist zu beach­ ten, dass die Grundrechte nicht unmittelbar, sondern mittelbar über die Generalklauseln wie zB. § 242 BGB oder § 138 BGB in das Privatrecht hineinwirken, ebd. mit Verweis auf § 242 BGB Rn. 8 m. w. N.; i. d. S. auch die Beseitigung von Ungleichgewichtslagen als sozialpoliti­ sches Desiderat anerkennend Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 194.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten41

Verständnis des BGB und dem modernen Verständnis differenziert werden, wo­ nach Paritätsstörungen unter Umständen gewisser Ausgleichsmechanismen be­ dürfen.108 Verwirklicht wird die Privatautonomie durch das Rechtsgeschäft als „rechtstechnisches Mittel“.109 Als Haupterscheinungsform wird insoweit im Allgemeinen die „Freiheit des Einzelnen, seine Lebensverhältnisse durch Ver­ träge eigenverantwortlich zu gestalten“, d. h. die Vertragsfreiheit, bezeichnet.110 Sowohl nach nationalem Recht, als auch nach europäischem Recht lässt sich eine Wertentscheidung für den Verbraucherschutz erkennen, angestrebt wird laut Art. 114 Abs. 3 AEUV gar „ein hohes Niveau des Verbraucherschutzes“.111 Die Legislative ist dementsprechend verpflichtet, für Verbraucherverträge ef­ fektive Vorschriften zu erlassen, welche dem Schutz des typischerweise struk­ turell unterlegenen Verbrauchers dienen.112 Im BGB gehen auf diesen Aspekt neben dem zwingenden Recht (z. B. § 476 BGB n. F., § 651a ff. BGB) vor allem die Inhaltskontrolle von AGB, das Widerrufsrecht in bestimmten Vertragssitua­ tionen und die verschiedenen Informa­tions­pflichten als Schutzinstrumente und Schutzmaßnahmen zurück,113 die als Grenzen der Vertragsfreiheit zu beachten sind. Die Informa­tions­pflichten als wohl bedeutendstes Schutzinstrument im Fernabsatz- und E‑Commerce-Sektor sind zum Teil gesetzlich normiert, zum Teil aber auch von der Rechtsprechung entwickelt worden.114 Die Notwendig­ keit vorvertraglicher Informa­tions­pflichten folgt aus den Grenzen der Möglich­ keit selbständiger Informationsgewinnung einerseits sowie der Annahme des begrenzten freiwilligen Informationsaustauschs andererseits.115 Als Begründung für bestimmte Verbraucherschutzinstrumente wird zum einen häufig die bei Vertragsschlüssen „typischerweise bestehende Ungleichge­ wichtslage“ zwischen Verbrauchern und Unternehmern herangezogen, zum an­ deren primär auf die notwendige Entscheidungsfreiheit abgestellt.116 Auch der 108  Siehe insbesondere Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277 ff.; Tamm, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 1, Rn. 28 m. w. N.; Drexl, S. 7. 109 Palandt/Ellenberger, vor § 104 BGB, Rn. 2; i. d. S. auch Leipold, BGB I, § 10, Rn. 1. 110 Die Vertragsfreiheit setzt sich zusammen aus der Abschluss- und inhaltlichen Ge­ staltungsfreiheit, Leipold, BGB I, § 10, Rn. 3; Palandt/Ellenberger, vor § 145 BGB, Rn. 7; ­Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277; Flume, BGB AT, 1965, § 1, S. 1 ff.; PWW/Prütting, Einlei­ tung, Rn. 18; zur Bedeutung im Rahmen der c. i. c. auch Staudinger/Feldmann/Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 1 ff; als bedeutende Grenzen der Privat- oder Parteiautonomie im deutschen Recht sind z. B. der Minderjährigenschutz (§§ 104 ff. BGB), die AGB‑Kontrolle (§§ 305 ff. BGB) oder aber die verschiedenen Verbraucherschutzvorschriften zu sehen. 111 Palandt/Ellenberger, vor § 145 BGB, Rn. 14. 112 Palandt/Ellenberger, vor § 145 BGB, Rn. 14; eingehend zum Schutz der Entschei­ dungsfreiheit auch Canaris, AcP 200 (2000), 273, 280 ff. 113  Näher dazu Palandt/Ellenberger, vor § 145 BGB, Rn. 14 ff. 114 Palandt/Ellenberger, vor § 145 BGB, Rn. 16; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 40 ff. 115  Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 194. 116  Züllighoven, Verbraucherschutz durch Informa­tions­pflichten im Wettbewerbsrecht,

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

EuGH geht in seiner Rechtsprechung von einer typisiert schwächeren Position des Verbrauchers in B2C‑Verträgen aus117 und führt in seiner Putz/Weber – Ent­ scheidung zur VerbrGKRL aus: „In diesem Rahmen ist zu unterstreichen, dass Art. 3 einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Verbrauchers und denen des Verkäufers herstellen soll, indem er dem Verbraucher als schwächerer Vertragspartei einen umfassenden und wirksamen Schutz dagegen gewährt, dass der Verkäufer seine vertraglichen Verpflichtungen schlecht er­ füllt, und zugleich erlaubt, vom Verkäufer angeführte wirtschaftliche Überlegungen zu berücksichtigen.“118

Im Kontext der besonderen Vertriebsformen wird der Verbraucher aufgrund der Vertragsschlusssituation als typischerweise schutzbedürftig angesehen.119 Die verbraucherschützenden Regelungen finden hierbei stets Anwendung, un­ abhängig davon, ob tatsächlich eine Schutzbedürftigkeit vorliegt oder nicht.120 Dieser Ansatz ist überzeugend, da es auf eine grundsätzliche Schutzbedürftig­ keit einer großen, nicht genau bestimmbaren Gruppe, nämlich sämtlicher Ver­ braucher ankommt. Das in einer solchen undefinierbaren Größenordnung eini­ ge Ausnahmen existieren, die beispielsweise aufgrund hinreichender Erfahrung im Online-Vertrieb gerade nicht als schutzbedürftig gelten, kann und darf die grundlegende Entscheidung für ein Mindestmaß an Verbraucherschutz nicht än­ dern. Durch Erfüllung der verschiedenen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im Rahmen der besonderen Betriebsformen soll generell eine rationale Ent­ scheidung des Verbrauchers über den Abschluss des jeweiligen Vertrags ge­ währleistet werden.121 Somit bilden die verbraucherschützenden Informa­tions­ S. 5 ff.; grundlegend Canaris, AcP 200 (2000), 273, 277 ff.; siehe auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 55; Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/­Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 194; Lurger, Vertrag­ liche Solidarität, S. 47 f. 117  Näher dazu auch Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 47 ff., der insofern auch von „the ECJ’s general approach of the objectives of EU consumer law“ spricht, ebd., S. 47; i. d. S. auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 55. 118  EuGH, Urteil vom 16.06.2011, verbundene Rs. C-65/09 und C-87/09, Rn. 75. 119 Palandt/Grüneberg, vor § 312 BGB, Rn. 1; bereits generell eine situative Schutzbedürf­ tigkeit fordernd Medicus, in: FS Kitagawa, S. 471 ff.; Canaris, AcP 200 (2000), 273 ff., 360; vgl. zum Problem der Erfassung sog. „vulnerable consumer“, Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 50; ferner Lurger, Vertragliche Solidarität, S. 47 f. 120 Palandt/Grüneberg, vor § 312 BGB, Rn. 1; im deutschen Recht finden sich an verschie­ denen Stellen im BGB verbraucherschützende Vorschriften, so z. B. in den §§ 312 ff. BGB im Rahmen der besonderen Vertriebsformen, den §§ 474 ff. BGB (Verbrauchsgüterkauf ) oder §§ 491 ff. BGB, den Regelungen zum Verbraucherdarlehensvertrag. 121 Staudinger/Thüsing, 2012, § 312c BGB a. F., Rn. 17 m. w. N.; Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 97, 99; siehe auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Ver­ braucher-acquis, S. 223, 233, der als Rechtfertigung der Pflichten explizit eine effektive Ab­ hilfe des vertriebsbedingten Informationsdefizites fordert; Fleischer, ZEuP 2000, 773, 775.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten43

pflichten die Basis für informierte und eigenverantwortliche Entscheidungen und fördern somit gleichermaßen die Privatautonomie der Verbraucher.122 Gleichzeitig haben die vorvertraglichen Informa­tions­pflichten auch eine re­ gelnde Funktion in Bezug auf den Ablauf des Vertragsschlusses und insofern ist deren Erfüllung auch Ausdruck des Marktverhaltens der Unternehmer.123 Vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichten kommt somit eine doppelte Funktion und Bedeutung zu.124 Zusammenfassend wird das Spannungsfeld zwischen Verbraucherschutz und dem Grundatz der Privatautonomie deutlich: Während aus Sicht des Verpflich­ teten die Erfüllung bestimmter gesetzlich vorgegebener Informa­tions­pflichten eine Einschränkung des eigenverantwortlichen Handelns bedeutet, wird aus der Perspektive des Verbrauchers als Informationsberechtigtem die Entscheidungs­ freiheit durch den Erhalt dieser Informationen erst gewährleistet.

2.  Die Bedeutung von Schutzpflichten im Allgemeinen Nach § 241 Abs. 2 BGB kann ein Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. § 241 Abs. 2 BGB fungiert somit als Generalnorm für die Begründung von Schutzpflichten im Allgemeinen und speziell als Grundlage für vorvertragliche und vertragliche Informa­tions­pflichten, auch wenn sich hie­ raus keine spezifischen Anforderungen ergeben.125 Der Sinn und Zweck die­ ser nichtleistungsbezogenen Schutzpflichten ist nach nationalem Recht unter anderem in dem Schutz der Beteiligten vor solchen Schäden zu sehen, die durch pflichtwidriges Verhalten des Anderen während vorvertraglichen Kon­ takten entstehen können.126 Dogmatisch sind die besonderen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im E‑Commerce und Fernabsatz als gesetzlich konkreti­ sierte Schutzpflichten im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB einzuordnen.127 Neben 122 Ebenso Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privat­ autonomie, § 5, S. 97, 99; Fleischer, ZEuP 2000, 773, 775; ähnlich auch Piers, ZEuP 2012, 867, 868. 123  Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Multimedia-Recht, Teil 11, Werberecht im Internet, Rn. 102 a. E. 124  Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Multimedia-Recht, Teil 11, Werberecht im Internet, Rn. 102 a. E. 125  Siehe auch Weiler, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 13, Rn. 16; G ­ rigoleit, NJW 2002, 1151, 1155; wohl auch MüKo BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 110 ff.; ferner Steensgard/Twigg-Flesner, Pre-Contractual Duties, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 217, 229. 126 Vgl. Kötz, Europäisches Vertragsrecht, S. 205, Rn. 491; siehe auch Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 24, Rn. 31; zur insofern fehlenden Differenzierung verschiedener Arten der Vertragsverletzung im DCFR Magnus, ZEuP 2007, 260, 267; ferner vom Schutzzweck des § 241 Abs. 2 BGB umfasst sind solche Schäden, die während vertraglicher Kontakte durch pflichtwidriges Verhalten entstehen, ohne dass eine Verletzung einer Leistungspflicht vorliegt. 127  Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155; MüKo BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 111; MüKo

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

Aufklärungspflichten stellen in der Phase vor Vertragsschluss zu erfüllende ge­ setzlich normierte Informa­tions­pflichten somit einen maßgeblichen Schwer­ punkt dar.128 Sind diese wie bei Fernabsatzverträgen gesetzlich geregelt, ist ein Rückgriff auf § 241 Abs. 2 BGB nicht erforderlich.129 Im Gegensatz zu den Leistungspflichten, welche darauf gerichtet sind, den mit dem Vertragsschluss intendierten Erfolg zu verwirklichen, sollen Schutzpflichten Nachteile für den Betroffenen und dessen Vermögenslage verhindern.130 Differenziert wird dem­ nach zwischen unselbständigen und selbständigen Nebenpflichten, wobei selb­ ständige Nebenpflichten einen Eigenzweck verfolgen und einen klagbaren An­ spruch auf Erfüllung gewähren können.131

3.  Erhöhter Bedarf an Verbraucherschutz in spezifischen Gefährdungssituationen Wie zuvor dargelegt, folgt der Schutzbedarf nicht allein aus dem zugrundelie­ genden Verständnis des Verbrauchers als schwächerer oder unterlegener Ver­ tragspartei, sondern aus der Anknüpfung an typische Gefährdungslagen.132 Eine sog. „spezifische Gefährdung“133 und somit situativ134 bedingte Schutzbedürf­ tigkeit des Verbrauchers bringen z. B. Verträge im elektronischen Geschäftsver­ kehr oder Fernabsatzgeschäfte mit sich. Die Gefahr von Manipulations- oder Missbrauchsmöglichkeiten ist diesen Vertriebsformen inhärent.135 In solchen Fällen des fehlenden physischen Kontakts ist die Einschätzung des Vertrags­ partners erschwert und eine Überprüfung des Vertragsgegenstands aufgrund der ihm immanenten Distanz gerade nicht möglich.136 Die h. M. folgert hieraus das BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 50; implizit auch Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 BGB, Rn. 7; Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 50; siehe dazu sogleich auch S. 55 f. 128 MüKo BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 110 ff.; ebenso Grigoleit, in: E ­ idenmüller/ Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 224. 129  Insofern zutreffend MüKo BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 111. 130 Ähnlich Kötz, Europäisches Vertragsrecht, S. 205, Rn. 491; implizit Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 21 f. 131  Näher zu den Unterschieden BeckOK BGB/Sutschet, § 241 BGB, Rn. 43. 132  So bereits Medicus, in: FS Kitagawa, S. 471 ff.; Heiderhoff, Grundstrukturen des Ver­ brauchervertragsrechts, S. 262 ff. 133  So schon Lurger, Vertragliche Solidarität, S. 47 f.; Grigoleit, NJW 2002, 1151; Pfeiffer, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung und nationale Privatrech­ te, S. 21, 42; dazu auch Bydlinski, AcP 204 (2004), 309, 369 f.; ähnlich Herresthal, JZ 2006, 695, 696 m. w. N.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 359 ff. 134  Dazu auch Heiderhoff, Grundstrukturen des Verbrauchervertragsrechts, S. 262 ff.; fer­ ner Medicus, in: FS Kitagawa, S. 471 ff. 135  Reich, Europäisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 371. 136 Schulze/Schulze, CESL Commentary, Art. 40 CESL, Rn. 26; eingehend dazu Eidenmüller, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Ver­ braucher-acquis, S. 129 ff.; Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 5; Lurger, Vertragliche Solidarität, S. 47 f.; ähnlich Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten45

Bestehen einer Informationsasymmetrie.137 Hinzu kommt das denkbare Szena­ rio einer erschwerten Rechtsverfolgung,138 denkt man beispielsweise an einen möglichen Unternehmenssitz im Ausland oder an nicht selten vorkommende Fälle sog. Briefkastenfirmen. Aufgrund dieser besonderen Umstände kommt den vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen eine große Bedeutung zu.

4.  Aufgeklärtes Verbraucherleitbild und hohes Verbraucherschutzniveau – Einklang oder Widerspruch? Die Entwicklung des Verbraucherleitbilds vom nahezu unmündigen bis hin zum durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher legt die Frage nahe, ob ein hohes Verbraucherschutzniveau noch als zeitgemäß anzusehen ist? Aus europäischem Blickwinkel erscheint dies als wohl unantastbar, wie z. B. die Er­ wägungsgründe zur VerbrRRL verdeutlichen. Nach ErwGr. 4 der VerbrRRL ist die Harmonisierung bestimmter Aspekte des Fernabsatzes zur Förderung eines echten Binnenmarkts unabdingbar, in welchem u. a. ein ausgewogenes Verhält­ nis zwischen hohem Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen herrschen soll.139 Aus ErwGr. 34 der VerbrRRL ergibt sich, dass der Unternehmer im Rahmen der Bereitstellung der vorvertraglich klar und verständlich zu erteilenden Informationen besonderen Bedürfnissen des Verbrauchers Rechnung tragen sollte, die aufgrund ihrer geistigen oder körper­ lichen Behinderung, ihrer psychischen Labilität, ihres Alters oder ihrer Leicht­ gläubigkeit besonders schutzbedürftig sind, wenn dies für den Unternehmer vernünftigerweise erkennbar ist. Der Europäische Gesetzgeber strebt demnach insgesamt ein einheitliches Verbraucherschutzniveau unter Berücksichtigung dieser besonderen Bedürfnisse an.140 Wann solche genannten besonderen Be­ dürfnisse für den Unternehmer erkennbar sein sollen, ist äußerst fragwürdig, da sowohl die ausschließliche Kommunikation via Fernabsatzmittel als auch auf elektronischem Wege z. B. im Internet ein hohes Maß an Anonymität in sich bergen. Folglich wird der Unternehmer meist keinerlei Anhaltspunkte zu etwai­ gen Besonderheiten haben können. Ein überhöhtes Verbraucherschutzniveau Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 159; Frings, VuR 2002, 390, 396; Fleischer, ZEuP 2000, 773, 775. 137  Siehe nur Eidenmüller, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 129 ff.; Grigoleit, ebd., S. 223, 225; eingehend Fleischer, Informationsasymmetrien im Vertragsrecht; Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kom­ mentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 5; Schulze/Schulze, CESL Commentary, Art. 40 CESL, Rn. 26; ähnlich Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 159. 138  Grigoleit, NJW 2002, 1151. 139  Gleichzeitig soll jedoch das Subsidiaritätsprinzip gewahrt bleiben, vgl. ErwGr. 4 der VerbrRRL. 140  Siehe ErwGr. 34 der VerbrRRL.

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

kann sich aber auch gerade kontraproduktiv auf die Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) auswirken. Insbesonde­ re, wenn diese zur Wahrnehmung grenzüberschreitender (Online)-Aktivitäten einem enormen Kostenaufwand gegenüberstehen, kann dies gerade deren Wett­ bewerbsfähigkeit gegenüber großen und insofern leistungsfähigen Unterneh­ men beeinträchtigen.141 Insgesamt erscheint daher eine differenzierende Antwort geboten. Aus­ gehend von der Annahme des durchschnittlich informierten Verbrauchers ist eine übermäßige Protektion zu vermeiden, die sich negativ auf das Funktionie­ ren des Binnenmarkts auswirken könnte. Andererseits erfordert das Verbrau­ cherleitbild des informierten Durchschnittsverbrauchers weiterhin zwingend verbraucherschützende Regeln wie z. B. ein gewisses Maß an vorvertraglichen Informationen und steht somit dem Erfordernis eines hohen Verbraucherschutz­ niveaus nicht entgegen.

5.  Differenzierung des Informationsbedürfnisses bei B2C- und B2B‑Verträgen In einem weiteren Schritt kann an eine Differenzierung des Bedürfnisses am Erhalt bestimmter Informationen abhängig von verschiedenen Vertragspartei­ en zu denken sein, da im Geschäftsverkehr im Vergleich zu Verbraucherver­ trägen regelmäßig ein geringeres Informationsbedürfnis bestehen wird. Grund­ sätzlich gilt, dass Informa­tions­pflichten im Sinne von echten Pflichten, d. h. mit Sanktionsfolgen im Fall der Pflichtverletzung, nur gesetzlich vorgesehen wer­ den sollten, sofern es an sonstigen Anreizen für die Erfüllung des gewünsch­ ten Informationsverhaltens mangelt.142 Daher stellt sich die Frage, ob auch bei B2B‑Verträgen ein Schutzinstrument in der Gestalt vorvertraglicher Informa­ tions­pflichten erforderlich ist oder ob vielmehr eine gesetzliche Regulierung in diesem Sektor als unnötig anzusehen ist, da es andere Anreize für die Informa­ tionserteilung im Vergleich zum Verbraucherschutzrecht gibt. Generell fehlt es jedoch an einer allgemeinen Pflicht der Vertragspartner, all­ umfassend Informationen vor Vertragsschluss mitzuteilen; eine solche Pflicht sei allenfalls in Einzelfällen begründet.143 Solche Einzelfälle könnten im Hin­ blick auf die Risiken des elektronischen Geschäftsverkehrs und bei Fernabsatz­ geschäften anzunehmen sein, die eine vorvertragliche Aufklärungspflicht der Vertragspartner trotz beiderseitiger Unternehmereigenschaft rechtfertigen könnten. Vielfach wird daher hinterfragt, ob überhaupt ein Bedarf für ein Ver­ braucherschutzrecht im Sinne einer Anknüpfung an rollenspezifische Fak­ 141  Die

Förderung gerade von KMU hatte auch der GEK‑Vorschlag zum Inhalt, dieser wurde jedoch zurückgezogen und durch zwei RL‑Vorschläge ersetzt, die keine Besonderhei­ ten für KMU vorsehen. 142  Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 195. 143  Näher dazu S. 93 ff.; Fleischer, ZEuP 2000, 772, 798.



A.  Bedeutung und Funktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten47

toren144 besteht oder ob nicht vielmehr das existente Verbraucherschutzrecht einem Kundenschutzrecht weichen sollte.145 Dieses könnte dann mangels Dif­ ferenzierung zwischen Verbraucher- und Unternehmereigenschaft generell in speziellen Gefährdungssituationen gelten, was im Ergebnis wiederum zu einer extremen Ausweitung der Schutzpflichten führen kann. Grundsätzlich ist auch bei Verträgen zwischen Unternehmern ein Grund­ bedarf an Information unerlässliche Voraussetzung, um nicht das Prinzip der ei­ genverantwortlichen Selbstbestimmung zu unterlaufen. Insbesondere sind auch hier Konstellationen denkbar, in welchen eine Partei als schwächer und daher verstärkt informationsbedürftig einzustufen ist. Hieran ist wohl zu denken, wenn kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) beteiligt sind. Zwar sind diese aufgrund ihrer Qualifikation als Unternehmer nicht mit Verbrauchern gleichzustellen, aber befinden sich dennoch in einer zumindest vergleichbaren Situation, in der mangelnde Geschäftserfahrung im schlimmsten Fall auf miss­ bräuchliches Verhalten treffen kann. Dementsprechend sind auch Unternehmer im vorvertraglichen Stadium nicht völlig schutzlos gestellt, indem beispiels­ weise für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nach Art. 6 ECRL sowie nach § 312i BGB spezielle Informa­tions­pflichten mit grundsätzlicher Anwend­ barkeit auch für B2B‑Konstellationen vorgesehen werden.146 Auch nach dem DCFR sowie dem GEK‑Vorschlag werden Informa­tions­pflichten in Teilen auf B2B‑Verträge erstreckt.147 Im Gegenzug darf jedoch der Grundsatz der Privatautonomie nicht über­ mäßig eingeschränkt bzw. gar umgangen werden. Gerade bei Vertragsverhand­ lungen zwischen Unternehmern spielt die Vertragsfreiheit eine überragende Rolle, die nicht durch überobligatorische vorvertragliche Pflichten konterka­ riert werden darf.148 Auch wenn in Einzelfällen ebenfalls Disparitäten und In­ formationsgefälle bestehen, gilt es die Tatsache der regelmäßigen Durchfüh­ rung der Geschäfte durch Unternehmer zu berücksichtigen, hilfsweise könnten Unternehmer im Gegensatz zu Verbrauchern gewünschte Informationen alter­ 144  145 

Eingehend zum Begriffsverständnis Engel/Stark, ZEuP 2015, 32 ff. Engel/Stark, ZEuP 2015, 47; i. d. S. erörtern auch Alpa/Andenas, S. 200 ff., ob das Ver­ braucherrecht am Scheideweg angelangt ist; die Frage nach der Notwendigkeit des Verbrau­ cherschutzes aufgreifend und bejahend Hondius, ERPL 2010, 103, 107. 146  Gem. § 312i Abs. 2 S. 2 BGB sind diese allerdings für B2B – Verträge dispositiv. 147  Näher zu den jeweiligen Anwendungsbereichen sogleich im dritten Teil, unter A.; dies folgt aus den grundsätzlich nicht auf B2C‑Verträge beschränkten Anwendungsbereichen; im Einzelnen kann die Qualifikation als echte Informa­tions­pflicht jedoch streitig sein, so ist z. B. die Einordnung des Art. 23 GEK‑Vorschlag als Informa­tions­pflicht umstr., z. B. verneinend Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 23 GEK‑E, Rn. 1, da es sich um eine bloße Offenlegungspflicht handele. 148 Vgl. zur Bedeutung und Übertragungsfähigkeit vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichten des DCFR auf B2B‑Verträge Fages, ERCL 2008, S. 304 ff.; gegen die Erstreckung der Informa­tions­pflichten auf B2B‑Konstellationen Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/ Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 231 f.

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Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

nativ durch Nachfrage erlangen.149 Daher erscheint der dargestellte differen­ zierende Ansatz gegenüber der zum Teil diskutierten Aufgabe des Verbraucher­ schutzrechts zugunsten eines Kundenschutzrechts im Sinne eines einheitlichen Vertragsrechts für alle, d. h. unabhängig von der Rolle als Verbraucher oder Unternehmer,150 vorzugswürdig und gerechtfertigt. Problematisch ist zudem, dass Verbraucher in dem Szenario eines Kundenschutzrechts beispielsweise bei einem Verkauf einer Waschmaschine über ebay selbst u. a. umfangreiche Informa­tions­pflichten erfüllen müssten und ebenso dem Vertragspartner ein Wi­ derrufsrecht gewähren müssten.151 Ein solches Kundenschutzrecht ist daher als Widerspruch zur Intention des anerkannten und etablierten Verbraucherschutz­ rechts abzulehnen. Zudem können sich auch Unternehmer unter Umständen auf eine partielle Aufklärungspflicht stützen, da diese bei Vorliegen der Vorausset­ zungen unabhängig von der Verbrauchereigenschaft besteht.152 Im Übrigen ist der allgemein bestehende und anerkannte „Verhaltenskodex“ im Rahmen von Vertragsverhandlungen zwischen Unternehmern wohl als grundsätzlich ausrei­ chend zu erachten.153

B.  Besondere rechtliche Herausforderungen zur Stärkung des grenzüberschreitenden (Online-)Handels und die Rolle des Verbraucherschutzes Der Schutz der Verbraucher nimmt gerade auch im Sektor des grenzüber­ schreitenden Handels eine zunehmend tragende Rolle ein und ist als zentra­ les Anliegen der Europäischen Kommission erkennbar.154 Im Hinblick auf die Entwicklung des grenzüberschreitenden (Online-)Handels ist dies auch nicht verwunderlich. „Der Online-Handel boomt“155 – so lautet nicht nur die Devi­ se vieler Unternehmen, die zunehmend auf Online-Handel setzen. Neben dem berechtigten Verbraucherschutz dürfen aber auch die korrespondierenden Inte­ ressen der Unternehmer bei Maßnahmen zur Stärkung des grenzüberschreiten­ 149  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 231. 150  Einghend dazu Engel/Stark, ZEuP 2015, 32 ff., 47 ff. m. w. N.; bereits früh schon die Rolle des Verbrauchers hinterfragend Medicus, in: FS Kitagawa, S. 471 ff. 151 Vgl. Engel/Stark, ZEuP 2015, 47 f. 152 Ebenso Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 211 f. 153 Ebenso Fages, ERCL 2008, 304, 315 f. 154  Vgl. die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Strategie für einen digitalen Binnenmarkt in Europa vom 6. Mai 2015, KOM(2015) 192 final, S. 5. 155  Siehe z. B. den Artikel in Spiegel online vom 14.07.2017, abrufbar unter ; oder den Artikel in Zeit online vom 26.08.2016, abrufbar unter .



B.  Besondere rechtliche Herausforderungen49

den (Online-)Handels nicht vernachlässigt werden, da deren Bereitschaft zum grenzüberschreitenden Vertrieb eine unerlässliche Komponente in der Entwick­ lung des gemeinsamen Markts darstellt. Betrachtet man die vergangenen Jahre, so verzeichnet gerade der Online­ kauf via Internet ein stetiges Wachstum.156 Im Vergleich zum Jahr 2004, als ca. 21 % der europäischen Verbraucher Waren im Internet gekauft haben, ist im Jahre 2014 eine signifikante Steigerung mit ca. 50 % auf mehr als das Doppelte zu statuieren,157 im Jahr 2016 lag der Anteil von Online-Käufern in der EU bei 55 %.158 Der Großteil der Online-Käufe (49,1 %) liegt jedoch bei Händlern im eigenen Mitgliedstaat, lediglich 17,5 % kaufen online in anderen Mitgliedstaa­ ten.159 Weiterhin stellen Internettransaktionen nur einen relativ geringen Teil des Geschäftskonzepts europäischer Unternehmen dar.160 Das B2C‑Volumen im E‑Commerce verzeichnete im Lauf der Jahre dennoch erhebliche Steigerun­ gen und lag in 2016 bei 530 Mrd. Euro,161 und nach Schätzungen für 2017 zu­ folge bei 602 Mrd. Euro.162 Auch wenn daher grenzüberschreitende Verträge im Internet nicht mehr als Exoten gelten, wäre es in Anbetracht der zuvor skiz­ zierten Zahlen umgekehrt nach momentanem Stand noch verfrüht, diese als Re­ gelfall zu bezeichnen.163 Relativierend ist jedoch anzumerken, dass sich man­ 156  So bereits das 9. Verbraucherbarometer der Europäischen Kommission zur Lage der Verbraucher – Verbraucher zu Hause im Binnenmarkt, Juli 2013, S. 15; Europäische Kom­ mission, Consumer Conditions Scoreboard 2015 – Consumers at home in the Single Mar­ ket, S. 54, abrufbar unter ; Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consumers at home in the Single Market, S. 10, als pdf abruf­ bar unter . 157 Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2015 – Consumers at home in the Single Market, S. 54. 158  Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 25.07.2017 zur Veröffentlichung des Verbraucherarometers 2017, abrufbar unter ; Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consu­ mers at home in the Single Market, S. 10. 159 Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consumers at home in the Single Market, S. 10, 93. 160 So bereits das 9. Verbraucherbarometer der Europäischen Kommission, Juli 2013, S. 28; erneut Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2015, S. 58; bestäti­ gend auch Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consumers at home in the Single Market, S. 10, 106 ff. 161  Vgl. Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2015, S. 64 m. w. N., wobei die erwarteten Zahlen teilweise variieren; nach dem 9. Verbraucherbarometer wurde für 2014 eine Steigerung um 13,4 % im Vergleich zum Vorjahr mit einem Gesamtwert von 370 Mrd. Euro erreicht werden, siehe 9. Verbraucherbarometer der Europäischen Kommission, Juli 2013, S. 16. 162 Vgl. den European E‑Commerce Report 2017, abrufbar unter: . 163 Anders Lurger, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, S. 33.

50

Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

che Verbraucher gar nicht des grenzüberschreitenden Faktors beim Online-Kauf bewusst sind, obwohl ein solcher tatsächlich vorliegt und zudem einige An­ bieter Niederlassungen in verschiedenen Mitgliedstaaten haben, sodass diese Geschäfte als inländische verstanden werden.164 Zur Feststellung des Status quo des grenzüberschreitenden Online-Handels und von sonstigen Fernabsatz­ geschäften zu möglicherweise noch nicht ausgeschöpften Wachstumspotenzia­ len wurden in den letzten Jahren einige Studien, unter anderem von der Euro­ päischen Kommission, in Auftrag gegeben.165

I.  Probleme und Handelshemmnisse im grenzüberschreitenden (Online-)Handel Laut Europäischer Kommission existieren einige Hindernisse, die sowohl Ver­ braucher als auch Unternehmer vor der Teilnahme am grenzüberschreitenden Internethandel abschrecken.166 Wie zuvor dargestellt, fällt der Wert grenzüber­ schreitender Online-Einkäufe im EU‑Binnenmarkt mit ca. 17,5 % eher gering aus.167 Im Gegensatz zu innerstaatlichen Online-Einkäufen fühlen sich Ver­ braucher im grenzüberschreitenden Online-Handel wesentlich unsicherer,168 auch wenn die Europäische Kommission in ihrem jüngsten Verbraucherschutz­ barometer 2017 eine Zunahme des Vertrauens festgestellt hat.169 Die Vortei­ le insbesondere des E‑Commerce scheinen daher immer noch weitgehend un­ entdeckt, vor allem im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Handel.170 164 

9. Verbraucherbarometer der Europäischen Kommission, Juli 2013, S. 23. z. B. interessant die Studie zu den Merkmalen und Potenzialen des OnlineHandels am Oberrhein, IT 2 Rhine – 2020 E‑Commerce, gefördert durch den Europäischen Fonds für Regionalentwicklung (EFRE) und basierend auf deutsch-französischer Zusammen­ arbeit. 166  Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 11.01.2012 zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung: Aktionsplan zur Verdoppelung des elektronischen Handels 2015; dazu auch die Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Con­ sumers at home in the Single Market. 167 Siehe bereits S.  49; Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consumers at home in the Single Market, S. 10, 93; betrachtet man zudem die OnlineEinkäufe in der EU insgesamt, so spielen grenzüberschreitende Einkäufe im elektronischen Geschäftsverkehr mit Drittstaaten mit 14 % eine eher nachrangige Rolle, ebd.; Pressemittei­ lung zum digitalen Binnenmarkt vom 06.05.2015; ähnlich die Zahlen des Consumer Condi­ tions Scoreboard 2015, S. 60; sowie zuvor des 9. Verbraucherbarometers der Europäischen Kommission, Juli 2013, S. 16. 168  Vgl. die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Strategie für einen digitalen Binnenmarkt in Europa vom 06. Mai 2015, KOM(2015) 192 final, S. 5. Demnach fühlen sich 61 % der Verbraucher bei Interneteinkäufen von Händlern aus dem eigenen Mitgliedstaat si­ cher, bei Einkäufen in anderen Mitgliedstaaten sind es lediglich 38 %; dies entspricht i. E. auch den Thesen des 9. Verbraucherbarometers der Europäischen Kommission, Juli 2013, S. 24. 169 Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consumers at home in the Single Market, S. 7. 170  Vgl. Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 7th Edition – May 2012, S. 21. 165  Insofern



B.  Besondere rechtliche Herausforderungen51

Die Gründe hierfür sind wohl vielfältiger Natur. Diese reichen von Hemmun­ gen psychischer Natur auf Seite der potentiellen Kunden bis hin zu materiel­ len Hindernissen auf Seiten der Anbieter.171 Nach neueren Untersuchungen der Europäischen Kommission zeichnen sich hinsichtlich der Kenntnis der eige­ nen Verbraucherrechte zwar Verbesserungen ab.172 Dennoch ist die fehlende Kenntnis oder Unsicherheit in Bezug auf das anwendbare Recht und die Un­ klarheit über die wichtigsten vertraglichen Rechte weiterhin als eine der größ­ ten Sorgen der Verbraucher beim grenzüberschreitenden elektronischen Han­ del und somit eines der größten Handelshemmnisse in diesem Vertriebssektor hervorzuheben.173 Dies gilt insbesondere, da in dem großen Sektor des grenz­ überschreitenden Handels der Frage der Sicherheit in verschiedener Hinsicht eine tragende Funktion zukommt.174 Derzeit lässt sich daher trotz zunehmenden Vertrauens der Verbraucher kein entsprechend starker Anstieg der grenzüber­ schreitend getätigten Einkäufe feststellen.175 Als weitere Hindernisse werden die mangelnde Transparenz der Angebote und häufig fehlende Vergleichbarkeit genannt sowie in Bezug auf die Liefer­ kosten deren Überteuerung und fehlende Bedarfsgerechtheit.176 Vernachlässigt werden darf ebenfalls nicht die häufig existente Sprachbarriere,177 der im Zeit­ 171  Ähnlich auch die Ausführungen der Europäischen Kommission in Consumer Condi­ tions Scoreboard 7th Edition – May 2012, S. 21. 172  Vgl. Europäische Kommission, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consumers at home in the Single Market, S. 7. Demnach sind sich ca. 67,4 % der Verbraucher des Wider­ rufsrechts bei Fernabsatzverträgen bewusst und immerhin 45,8 % kennen das Recht zur Nach­ besserung oder Nachlieferung im Falle mangelhafter Waren; auf die Verbesserung bezugneh­ mend auch die Europäische Kommision im Richtlinienvorschlag über bestimmte Aspekte des Warenhandels, COM(2017) 637 final, Begründung S. 4, dazu bereits oben, S. 22 f. 173  So bereits die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 11.01.2012 zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung: Aktionsplan zur Verdoppelung des elektro­ nischen Handels 2015; dem Consumer Conditions Scoreboard 7th Edition – May 2012, S. 5, zufolge, konnten lediglich 13 % der Befragten drei Fragen u. a. zu Garantien, unbestellten Lie­ ferungen, zutreffend beantworten, während ganze 12 % keine einzige richtige Antwort geben konnten; eine Verbesserung hinsichtlich der Kenntnis der Rechte seitens der Verbraucher stellt die Europäische Kommission im Verbraucherbarometer 2017 fest, Consumer Conditions Scoreboard 2017 – Consumers at home in the Single Market, S. 7; siehe auch Europäische Kommission, Richtlinienvorschlag über bestimmte Apekte des Warenhandels, COM(2017) 637 final, Begründung S. 4. 174  Studie zu den Merkmalen und Potenzialen des Online-Handels am Oberrhein, IT 2 Rhine – 2020 E‑Commerce, S. 71; vgl. z. B. zur Frage der internationalen Rechtsdurchsetzung Lurger, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der neuen Medien, S. 33 ff. 175  Europäische Kommission, Richtlinienvorschlag über bestimmte Apekte des Waren­ handels, COM(2017) 637 final, Begründung S. 4, mit Verweis auf die Ergebnisse des Consum­ er Conditions Scoreboard 2017. 176  Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 11.01.2012 zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung: Aktionsplan zur Verdoppelung des elektronischen Handels 2015. 177  9. Verbraucherbarometer der Europäischen Kommission, Juli 2013, S. 24; siehe auch

52

Zweiter Teil: Die Rolle vorvertraglicher Informa­tions­pflichten

punkt der Aufnahme und des Zustandekommens der vertraglichen Beziehung noch relativ einfach durch eine angebotene Spracheinstellung auf der Website begegnet werden kann, die sich aber gerade im Falle möglicher Vertragsstörun­ gen oder sonstiger nachfolgender Probleme nicht einfach abtun lässt.178 Der Kauf via Internet birgt neben den Vorteilen der Bequemlichkeit und der Zeitersparnis gerade auch die Gefahr fehlender Qualität, da aufgrund der Dis­ tanzsituation Produkte weder gesehen noch geprüft werden können und darü­ ber hinaus auf persönliche Beratung verzichtet werden muss – all dies sind für manche Verbraucher genügend Gründe, um vom „Online-Shopping“ Abstand zu nehmen.179 Diese Gründe gelten sowohl für die Nichtnutzung nationalen als auch grenzüberschreitenden Handels. Die auf diesem Sektor bereits existie­ renden VerbrRRL und ECRL bieten zwar mit ihren Regelungen und insbeson­ dere Informa­tions­pflichten ein gewisses Fundament an vertrauensschaffenden Maßnahmen.180 Ob die jüngste vollharmonisierende VerbrRRL dieses Problem durch Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens zumindest etwas entschär­ fen kann, bleibt jedoch abzuwarten.181

II.  Vertrauensschaffende bzw. -fördernde Maßnahmen im grenzüberschreitenden Handelssektor Da das fehlende Vertrauen als nach h. M. maßgebliches Problem und somit gewichtige Ursache für die mangelnde Ausschöpfung des Binnenmarktpoten­ zials identifiziert ist, stellt sich die Frage, wie man dieser Problematik begeg­ nen kann. Notwendig sind effektive Maßnahmen auf europäischer Ebene, mit dem Ziel zunächst das für das Wachstum des grenzüberschreitenden Handels erforderliche Vertrauen zu schaffen und dieses sodann stetig auszubauen und zu fördern. die Studie zu den Merkmalen und Potenzialen des Online-Handels am Oberrhein, IT 2 Rhine – 2020 E‑Commerce, S. 69. 178  Vgl. die Studie zu den Merkmalen und Potenzialen des Online-Handels am Oberrhein, IT 2 Rhine – 2020 E‑Commerce, S. 69. 179  Studie zu den Merkmalen und Potenzialen des Online-Handels am Oberrhein, IT 2 Rhine – 2020 E‑Commerce, S. 71; insgesamt bevorzugen ca. 40 % der Verbraucher den persön­ lichen Einkauf im Laden, um die Ware selbst sehen und begutachten zu können; ca. 29 % der Konsumenten hegen Bedenken im Hinblick auf einen möglichen Missbrauch der Zahlungs­ details oder sonstiger persönlicher Daten und ca. 28 % fürchten Schwierigkeiten für die Lö­ sung möglicherweise auftretender Probleme, vgl. Europäische Kommission, Consumer Con­ ditions Scoreboard 7th Edition – May 2012, S. 21; zu den spezifischen Gefährdungssituationen siehe bereits S. 44 f. 180  Zum Zweck der Informa­tions­pflichten beispielsweise Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/ Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 159. 181  Nach der Studie zu den Merkmalen und Potenzialen des Online-Handels am Ober­ rhein, IT 2 Rhine – 2020 E‑Commerce scheint dies z. B. aufgrund einheitlicher Musterwider­ rufsformulare usw. zumindest möglich.



C.  Zusammenfassende Gesamtbetrachtung53

Die EU ist erkennbar um eine Verbesserung des grenzüberschreitenden Han­ delssektors bemüht, dies belegen zahlreiche Aktionsprogramme, Agendas und Gesetzesentwürfe in den vergangenen Jahren.182 Hervorzuheben ist zunächst die im Jahre 2004 begonnene Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Verbraucherschutz und die in 2011 erlassene VerbrRRL.183 Ferner sind als weitere bedeutende Maßnahmen der akademische DCFR sowie der GEK‑Vor­ schlag aus dem Jahre 2011 zu nennen. Letzterer hat trotz Rücknahme als Refe­ renztext immer noch Bedeutung und ist auch in neuere Gesetzesinitiativen der Europäischen Kommission eingeflossen.184 Zudem hat die Europäische Kom­ mission zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung einen Aktionsplan zur Verdoppelung des elektronischen Handels bis 2015 verabschiedet.185 Als weiteres Beispiel ist schließlich die Schaffung eines digitalen Binnenmarktes zu nennen, welchem die Kommission derzeit große Priorität zumisst, um Hemm­ nisse im grenzüberschreitenden E‑Commerce abzubauen.186

C.  Zusammenfassende Gesamtbetrachtung Die Ausführungen im zweiten Teil belegen die Entwicklung, Funktion und Be­ deutung des primär verbraucherschützenden Instruments der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im Zuge der Harmonisierung des Europäischen Privat­ rechts. Unter Beachtung des Verbraucherleitbilds konnten sich die vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichten in situationsbedingten Gefährdungslagen sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene etablieren und stellen heute nicht nur eine wichtige Grenze des ebenfalls traditionell anerkannten Grundsatzes der Privatautonomie dar, sondern leisten gleichermaßen einen wichtigen Beitrag zur Förderung und Gewährleistung der Vertrags- und Entscheidungsfreiheit.

182  So z. B. das Grünbuch zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands im Ver­ braucherschutz – KOM(2006) 744 endg.; die VerbrRRL; der GEK‑Vorschlag; die Digitale Agenda; sowie die „Binnenmarktakte“ – KOM(2011) 206 endg. 183  Siehe bereits oben, S. 8 ff. 184  Siehe bereits oben, S. 18 ff. 185  Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 11.01.2012 zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung: Aktionsplan zur Verdoppelung des elektronischen Handels 2015. 186  Siehe hierzu die Mitteilung der Europäischen Kommission „Strategie für einen digita­ len Binnenmarkt für Europa“, KOM(2015) 192 final, vom 06. Mai 2015, abrufbar unter ; vgl. auch die Mitteilung der Kommission für ein modernes Vertragsrecht für Europa, KOM(2015) 633 final, S. 2; siehe hierzu auch die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 10.05.2017, abrufbar unter .

Dritter Teil

Vorvertragliche Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Eine Bestandsaufnahme A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche Da diese Arbeit die Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzver­ trägen in den Fokus rückt, werden im Folgenden v. a. verbraucherspezifische Informa­tions­pflichten Relevanz entfalten.1 Bevor jedoch eine Bestandsaufnah­ me der im Bereich des E‑Commerce und sonstigen Fernabsatzrechts für Waren bestehenden Informa­tions­pflichten erfolgen kann, bedarf es zunächst einiger Begriffsbestimmungen sowie einer Erörterung der jeweiligen Anwendbarkeit der Informa­tions­pflichten nach den betrachteten Gesetzen und Regelwerken.

I.  Definition und Bedeutung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten Im Hinblick auf die Frage nach einer angemessenen Sanktion stellt sich zu­ nächst als eine Art Vorfrage, was genau unter einer Informa­tions­pflicht zu ver­ stehen ist.

1.  Bedeutung der Informa­tions­pflicht Zunächst ist zu konstatieren, dass es an einer einheitlichen Terminologie der Informa­tions­pflichten mangelt.2 Betrachtet man die Bedeutung der einzelnen Wortbestandteile, so geht es um die Bestimmung der Begriffe Information und Pflicht. Information kommt vom lateinischen informatio und bedeutet soviel wie Bildung, Belehrung; nach allgemeinem Sprachgebrauch ist das Informie­ ren folglich im Sinne von Unterrichtung über eine bestimmte Sache zu ver­ stehen.3 Entsprechend den in dieser Arbeit untersuchten Regelungen, wird der 1 Weitere

besondere, wie z. B. speziell lauterkeitsrechtliche oder produkthaftungsrecht­ liche Informa­tions­pflichten werden hingegen weitgehend ausgeklammert. 2  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 4 f.; Weiler, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 13, Rn. 1; Ebers, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­ tions­ pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 171, 173; Gießelmann, S. 145. 3 .

56

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Begriff nachfolgend als Pflicht der Mitteilung von Tatsachen oder Prognosen verstanden.4 Die Auswertung der jeweils erteilten Informationen bleibt hin­ gegen Aufgabe des Informationsempfängers.5 Auch wenn sich in der Litera­ tur teilweise undifferenzierte oder gar synonyme Verwendungen der Begriffe Informa­tions­pflichten und Aufklärungspflichten finden, bestehen trotz einer unstreitigen Verbundenheit beider Pflichten auch Unterschiede im Detail.6 Der maßgebliche Abgrenzungsaspekt ist in der gesetzlichen Normierung der Informa­tions­pflichten zu sehen, welche bei allgemeinen Aufklärungspflichten in der Regel fehlt.7 Gesetzlich geregelte (vorvertragliche) Informa­tions­pflichten sind stets zu erfüllen, während besondere Aufklärungspflichten regelmäßig einer speziellen Rechtfertigung bedürfen.8 Ferner betrifft die Informa­tions­pflicht die reine Informationserteilung und fordert somit keine nähere Aufklärung über be­ stimmte Umstände.9 Eine Aufklärungspflicht besteht folglich immer nur dann,

4 Dieses Verständnis wird den folgenden Ausführungen zu Grunde gelegt.; Ebers, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 171, 173; ähnlich aber etwas abstrakter das Verständnis von Grigoleit, Vorvertragliche Informati­ onshaftung, S. 4, der hierunter die Pflichtenstellung des potentiellen Vertragspartners bei der Einwirkung auf die Willensbildung der Gegenseite versteht. 5  Ebers, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 171, 173; Gießelmann, S. 145. 6  Siehe bereits oben S. 43 f.; insofern vorzugswürdig Ebers, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 171, 173; differenzierend auch Kieninger, AcP 198 (1998), 190, 193; eine weitergehende Differenzierung der Aufklä­ rungspflichten als sachlich ungerechtfertigt ansehend Grigoleit, Vorvertragliche Informations­ haftung, S. 4 f.; ebenso wohl Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193 ff., die grundsätzlich zwischen generalklauselartigen und spezifizierten Aufklärungspflichten unterscheiden, sowie eingehend ebd., Faust, S. 201 ff., sowie Grigoleit, S. 223 ff., was jedoch im Sinne fehlender Klarstellung zur Verwirrung führen könnte; eine synonyme Verwendung findet sich auch bei Jauernig/Stadler, 2012, § 311 BGB, Rn. 50, die Informa­tions­pflichten als gesetzliche Aufklärungspflichten bezeichnend; MüKo BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 110, versteht Aufklärungspflichten hin­ gegen als Unterfall von Informa­tions­pflichten. 7  Gießelmann, S. 147; vgl. auch die Abgrenzung von Ebers, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 171, 173, welcher die Auf­ klärungs- oder Beratungspflicht als eine Art Informationsbeschaffungspflicht charakterisiert; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 3 f.; ferner die Differenzierung in Zusammenhang mit Darlehensverträgen MüKo BGB/Schürnbrand, § 655a Rn. 15; nach Auffassung von Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmer­ mann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 197, werden durch die gesetzliche Kodifikation spezifische Aufklärungspflichten begründet, die vorliegend als vorvertragliche Informa­tions­pflichten bezeichnet werden. 8  Nach der Rechtsprechung dürfen hieran aber keine überspannten Anforderungen gestellt werden, so BGH, Urteil vom 13.07.1988 – VIII ZR 224/87, NJW 1989, 763, 764 m. w. N.; Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 193, 196. 9  Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 3 f.; Ebers, in: S ­ chulze/ Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 171, 173.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche57

wenn besondere Gründe eine Aufklärung der Partei entgegen der Regel der in­ formationellen Selbstverantwortung rechtfertigen.10 Einer Information wird demnach grundsätzlich ein positiver Charakter zu­ gemessen und diese wird als wünschenswert angesehen.11 Auf dieser Bewer­ tung fußt aus verbraucherschutzrechtlichen Gesichtspunkten die Annahme, dass Verbraucher ein Bedürfnis nach ausführlichen Informationen haben und hierauf auch ein Recht haben sollten.12

2.  Charakteristika vorvertraglicher Informa­tions­pflichten Regelungen zu Informa­tions­pflichten existieren in einschlägigen Sekundär­ rechtsakten, im nationalen Recht sowie im DCFR und GEK‑Vorschlag. Im Hinblick auf die Informa­tions­pflichten sind verschiedene Abgrenzungen und Einordnungen denkbar. Zum einen kann zwischen vertragsrechtlichen und wett­ bewerbsrechtlichen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten unterschieden wer­ den.13 Eine weitere bedeutende Differenzierung ist nach der Literatur zwischen allgemeinen und besonderen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten vorzu­ nehmen.14 Während allgemeine Informa­tions­pflichten unabhängig vom jewei­ ligen Vertragstyp zu erteilen sind, bestehen besondere Informa­tions­pflichten für spezifische Vertragstypen bzw. besondere Situationen des Vertragsschlusses.15 Zeitlich gesehen lässt sich hinsichtlich der Pflicht zur Informationserteilung insbesondere zwischen vorvertraglichen und sonstigen erst nach Abschluss des Vertrags zu erteilenden Informationen differenzieren.16 Im Rahmen der vorvertraglichen Phase der Vertragsanbahnung und dem be­ absichtigten Vertragsschluss kommt der Information über die essentialia negotii (wesentliche Vertragsbestandteile)17 wie Gegenstand, Preis oder Parteien des Vertrags essentielle Bedeutung zu.18 Nach allgemeinem Vertragsrecht ist die

10 Eingehend

dazu Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 196 ff.; sowie Faust, ebd., S. 201, 205. 11  So auch van den Bergh, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), S. 77, 84. 12  van den Bergh, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), S. 77, 84; siehe oben S. 27 ff., insbesondere S. 30. 13  Siehe auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 52 ff., 92 f.; Alpa/Andenas, S. 221. 14  So z. B. Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 16; ebenso Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 55 ff. 15 Ähnlich Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 52 ff. 16  Dazu auch NK BGB/Ring, § 312c BGB a. F., Rn. 1. 17  Vgl. MüKo BGB/Busche, § 145 BGB, Rn. 6; Hk-BGB/Dörner, § 154 BGB, Rn. 2; Pa­ landt/Ellenberger, Überbl v § 104 BGB, Rn. 3; Köhler, BGB AT, § 8, Rn. 8. 18 Vgl. Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 1; siehe auch Micklitz, EuZW 2001, 133, 142; ähnlich Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12 Vertragsanbahnung, S. 271; Hk-BGB/Dörner, § 154 BGB, Rn. 2.

58

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Bestimmbarkeit der essentialia negotii zwingende Voraussetzung der Einigung hierüber und damit Voraussetzung eines wirksamen Vertragsschlusses.19 Vor diesem Hintergrund kann die Rolle der Information zu Recht als Grund­ lage einer jeden Vertragsanbahnung und eines jeden Vertrags verstanden wer­ den.20 In diesem Sinne sind vorvertraglich zu erteilende Informa­tions­pflichten aus heutiger Sicht fester Bestandteil sowohl des Europäischen Privatrechts als auch des nationalen Rechts.21 Die Konzeption der vorvertraglichen Informa­ tions­pflichten und damit einhergehend die Bedeutung der Phase vor Ver­ tragsschluss wurde maßgeblich geprägt durch einen Aufsatz des deutschen Rechtswissenschaftlers Rudolf von Jhering zur „Culpa in Contrahendo oder Schadensersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfektion gelangten Verträgen“ aus dem Jahre 1861.22 Wie sich unschwer aus der Begriffsverwendung „vorvertragliche“ Informa­ tions­pflichten ableiten lässt, besteht die Besonderheit der in spezifischen Ver­ tragsschlusssituationen zusätzlich bestehenden vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten darin, dass diese vor Abschluss des Vertrags bzw. vor Abgabe einer bindenden Vertragserklärung zu erteilen sind und sich somit von sonstigen (nachvertraglichen) Informa­tions­pflichten maßgeblich unterscheiden.23 Auch wenn ein wesentlicher Unterschied zwischen dem zeitlichen Moment des Ver­ tragsschlusses und der Abgabe einer bindenden Erklärung besteht, haben beide Momente die Gewährleistung einer informierten Entscheidung gemeinsam.24

3.  Varianten der Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht Hinsichtlich der Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten ist generell zu unterscheiden zwischen der falschen Erteilung von Informationen einerseits 19 Palandt/Ellenberger, Einf v § 145, Rn. 3; siehe auch MüKo BGB/Busche, § 145 BGB, Rn. 6; BeckOK BGB/Eckert, § 145 BGB, Rn. 3 m. w. N.; Köhler, BGB AT, § 8, Rn. 8. 20 Zutreffend Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12 Vertragsanbahnung, S. 271; implizit auch Unger, ZEuP 2012, 270, 281. 21 Dazu Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 52 ff.; Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucheracquis, S. 193; allgemein dazu auch Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12 Vertragsanbahnung, S. 271. 22 Siehe v. Jhering, Culpa in contrahendo oder Schadensersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfektion gelangten Verträgen, in: Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, Band 4, 1861, S. 1–112, online verfügbar über die Digitale Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Europäische Rechtsgeschichte, ; vgl. auch Grigoleit, Vorvertragliche Informati­ onshaftung, S. 1; Gottwald, JuS 1982, 877; zur Bedeutung der Lehre und der „Entdeckung“ vorvertraglicher Pflichten auch Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 64; ebenso bereits Stoll, in: FS Caemmerer, S. 435, 438 f.; Steensgard/Twigg-Flesner, in: Dannemann/­ Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 217. 23  Vgl. z. B. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art.  13  ff. GEK‑E, Rn. 26. 24 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 13 ff. GEK‑E, Rn. 26.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche59

(Falschinformation), oder der Verletzung durch Unterlassen der Erteilung und somit der Nichtinformation andererseits.25 Bei positiven Falschinformationen bejaht die ständige Rechtsprechung und h. M. im Schrifttum stets eine Verlet­ zung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten.26 Hinsichtlich der Anerkennung der Wahrheitspflicht existiert in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten Kon­ sens, abgesehen von einem ausnahmsweise zulässigen „Recht zur Lüge“.27 Die falsche Erteilung von Informationen stellt eine Gefährdung der Interessenlage der informationsberechtigten Partei dar,28 die konkret die Interessen an einer in­ formierten und selbstbestimmten Entscheidung über die Eingehung eines Ver­ trags betreffen. Ein Verstoß kann aber auch durch Unterlassen der Informati­ onsverpflichtung begangen werden.29 Als Beispiele hierfür sind die fehlende Belehrung über das Widerrufsrecht oder die Pflicht zur Kostentragung zu nen­ nen.

4.  Bedeutung der Sanktion eines vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverstoßes Unter Sanktionen im rechtlichen Sinne sind Zwangsmaßnahmen zu verstehen, welche die Durchsetzung von Rechtsnormen gewährleisten sollen.30 Sanktio­ nen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen sollen demnach die Einhaltung dieser gesetzlich normierten Pflichten gewährleisten und für deren Durchsetzung sorgen. Ohne entsprechende Konsequenzen bei Nicht- oder Schlechterfüllung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten würden diese ins Leere laufen. Im Hinblick auf vorvertragliche Informationsverstöße erscheint die Unter­ scheidung zwischen vertragsrechtlichen und institutionellen Sanktionen sinn­ voll und geboten.31 Wesensmerkmal vertragsrechtlicher Sanktionen ist die 25 Vgl. Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 195; Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 7. 26  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 6 und S. 10 jeweils m. w. N.; Gießel­ mann, S. 280; so müssen erteilte Informationen nach der Rspr. stets richtig sein, selbst wenn keine Offenbarungspflicht bestand, vgl. BGH, Urteil vom 20.09.1996 – V ZR 173/95, NJW‑RR 1997, 144, 145. 27  Eingehend dazu Wagner, in: Zimmermann (Hrsg.), Störungen der Willensbildung bei Vertragsschluss, S. 59 ff.; Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 195. 28  Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 196. 29 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 BGB, Rn. 7; Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 50. 30  Vgl. z. B. Rüßmann, Einführung in das Recht, abrufbar unter ; . 31  I. d. S. Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 225 ff.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Begründung individueller Ansprüche oder sonstiger Rechtsvorteile des Infor­ mationsberechtigten, wobei die individuelle Schutzrichtung gerade der eben­ falls individuellen Schutzwirkung der Informa­tions­pflichten entspricht.32 Im Gegensatz dazu kommt dem Einzelnen bei institutionellen, d. h. kollektiven, Sanktionen nur mittelbarer Schutz zu, da generelle Marktinteressen im Vorder­ grund stehen.33 Dennoch haben letztere keine zu unterschätzende Bedeutung für vorvertragliche Informationsverstöße, da durch kollektive Mittel eine syste­ matische Verfolgung der Verstöße erreicht werden kann, während der Einzelne sich z. B. durch zu hohe Prozessrisiken oder ein geringes Verfolgungsinteresse abschrecken lässt34 oder dem Druck ungerechtfertigter Zahlungsforderungen nicht standhalten kann.35

II.  Sekundärrechtliche Vorgaben hinsichtlich des Anwendungsbereichs bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen Sowohl in der ECRL, als auch der FARL und der VerbrRRL sind Bestimmun­ gen zu vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstigen Fernabsatzverträgen über Waren vorgesehen. Hierbei handelt es sich jeweils nicht um eigenständige Vertragstypen, die ver­ tragliche Bezeichnung bezieht sich vielmehr auf die Besonderheit der Vertrags­ schlusstechnik.36 Ebenso können Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge auch dem Anwendungsbereich der Regel­ werke des DCFR und GEK‑Vorschlag unterfallen, auch wenn diese nicht spe­ ziell auf die Distanzvertriebe ausgerichtet sind. Um jedoch die Anwendbarkeit der jeweiligen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bestimmen zu können, muss zunächst der Anwendungsbereich in sachlicher und persönlicher Hinsicht eröffnet sein. Daher sollen im Folgenden die verschiedenen Anwendungsberei­ che der genannten Rechtsakte sowie sonstige für die Untersuchung relevante Begriffsbestimmungen skizziert werden.

32  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 225 m. w. N. 33  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 226, spricht insofern von einer Reflexwirkung; ebenso zum Verhältnis des Wettbewerbsrechts zum Verbraucherschutzrecht, aber hinsichtlich der Re­ flexwirkung kritischer bereits Samwer, GRUR 1969, 326; die Notwendigkeit eines kollekti­ ven neben individuellem Rechtsschutz zeigt sich v. a. im Lauterkeitsrecht, vgl. MüKo UWG/­ Micklitz, Art. 11 UGPRL, Rn. 1 ff.; zum kollektiven Rechtsschutz siehe auch Ohly/Sosnitza/ Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 1. 34  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 226. 35  Blasek, GRUR 2010, 396, 397. 36  NK BGB/Ring, § 312c BGB, Rn. 5; Micklitz, EuZW 2001, 133, 134.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche61

1.  Anwendungsbereich der ECRL Der Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr be­ stimmt sich insbesondere nach Art. 1 ECRL. Deren Zielsetzung ist es, im Bin­ nenmarkt einen sicheren Rechtsrahmen für den elektronischen Geschäftsver­ kehr zu schaffen.37 Bezweckt wird demnach die Förderung des E‑Commerce als einem der wesentlichen Binnenmarktfaktoren,38 insbesondere durch den Abbau von Rechtsunsicherheit.39 Gemäß Art. 1 Abs. 2 der ECRL sorgt diese Richtlinie, soweit dies für die Erreichung des in Absatz 1 genannten Ziels erforderlich ist, für eine Anglei­ chung bestimmter für die Dienste der Informationsgesellschaft geltender in­ nerstaatlicher Regelungen. Nach Art. 1 Abs. 5 der ECRL findet diese Richt­ linie aber beispielsweise keine Anwendung auf Tätigkeiten von Notaren oder bei Gewinnspielen.40 Aus dem Wortlaut der ECRL wird der sachliche Anwen­ dungsbereich aufgrund der weiten Begriffsverwendung „Dienste der Informa­ tionsgesellschaft“ nicht direkt auf den ersten Blick ersichtlich. Die Definition „Dienste der Informationsgesellschaften“ nach Art. 2 lit. a) ECRL verweist auf die Begriffsbestimmung der Dienste i. S. d. Art. 1 Nr. 2 RL 98/34 EG in der Fas­ sung der RL 98/48 EG (Transparenz-RL)41, sodass hiernach in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz erbrachte Tätigkeiten und auf individuellen Abruf des Empfängers erbrachte Dienstleistungen erfasst sind.42 Klarstellend führt ErwGr. 18 der ECRL aus, dass der Begriff „Dienste der Informations­ gesellschaft“ ein weites Feld wirtschaftlicher Online-Tätigkeiten umfasst und hierunter insbesondere auch der Online-Verkauf von Waren und somit Verträ­ ge im elektronischen Geschäftsverkehr fallen.43 Die Dienste der Informations­ gesellschaft erstrecken sich aber nicht nur auf Dienste bei denen Verträge online geschlossen werden können, sondern auch auf solche wirtschaftlichen Tätigkei­ ten bzw. Dienste, die nicht vom Empfänger vergütet werden, wie z. B. Online-­ 37  Vgl. ErwGr. 3 der ECRL; Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, § 16, S. 613; siehe auch Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Ver­ tragsschluss im acquis, S. 157. 38  Vgl. die Erwägungsgründe der ECRL, insbes. ErwGr. 4; ebenso Brönneke, in: Tamm/ Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 2. 39  ErwGr. 4 ECRL; bereits zum RL‑Vorschlag Reich, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechtsangleichung und nationale Privatrechte, S. 79, 81; Reich/Micklitz, Euro­ päisches Verbraucherrecht, § 16, S. 614 f.; Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157. 40  Viele der Einschränkungen wurden nach deutschem Recht jedoch nicht übernommen, sodass das nationale Recht insofern über die ECRL hinausgeht, MüKo BGB/Wendehorst, § 312i BGB, Rn. 6. 41  Sog. Transparenz-RL, RL 98/34 EG, geändert durch RL 98/48 EG zur Einführung einer gesetzgeberischen Transparenz für die Dienste der Informationsgesellschaft. 42  Vgl. Art. 1 Nr. 2 RL 98/34 EG in der Fassung der RL 98/48 EG; dazu Brönneke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 6; siehe dazu auch ErwGr. 18 der ECRL. 43  ErwGr. 18 der ECRL; vgl. auch Wendehorst, EuCML 2016, 30, 31.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Informationsdienste oder Dienste, die Instrumente zur Datensuche bereitstel­ len.44 Hierbei gilt ein auf den Erwerb von Waren gerichteter Vertragsschluss in einem Online-Shop als einer der wichtigsten Fälle des elektronischen Ge­ schäftsverkehrs.45 Nichtkommerzielle Tätigkeiten werden nicht als Dienste der Informationsgesellschaft verstanden und sind somit ausgeschlossen.46 In persönlicher Hinsicht spricht die ECRL von Diensteanbietern (Art. 2 lit. b)) einerseits sowie Nutzern (Art. 2 lit. d)) und Verbrauchern andererseits (Art. 2 lit. e)).47 Daraus folgt, dass grundsätzlich nicht nur B2C‑Verträge son­ dern auch B2B‑Verträge erfasst werden.48 Sie dient daher nicht ausschließlich, aber auch dem Verbraucherschutz.49 Zusammenfassend lässt sich der Anwen­ dungsbereich der ECRL hinsichtlich des Umfangs als zweigeteilt beschreiben. Der mangels Beschränkung auf Verbraucherverträge in persönlicher Hinsicht sehr weit konzipierte Anwendungsbereich wird begrenzt durch den sachlich auf Dienste der Informationsgesellschaft beschränkten Geltungsbereich. Bei B2C‑Geschäften im Online-Handel wird die ECRL ergänzt durch die FARL bzw. inzwischen die VerbrRRL.

2.  Anwendungsbereich der FARL Da die FARL durch die VerbrRRL mit Wirkung vom 13. Juni 2014 aufgehoben wurde,50 wird hier hinsichtlich des übereinstimmenden sachlichen und persön­ lichen Anwendungsbereichs auf die VerbrRRL verwiesen und an dieser Stel­ le nur kurz die Bedeutung der FARL skizziert. Zielsetzung der FARL ist der Schutz der Verbraucher vor irreführenden oder aggressiven Verkaufsmethoden im Fernabsatz.51 In der FARL wird in Art. 1 als Gegenstand der Richtlinie die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Vertragsabschlüsse im Fernabsatz zwischen Verbrauchern und Lieferern sta­ tuiert. Der auf Verbraucherverträge im Fernabsatz beschränkte Anwendungs­ bereich ist in persönlicher Hinsicht somit bedeutend enger konzipiert als der zuvor dargestellte Anwendungsbereich der ECRL. Es handelt sich um eine klas­ 44  Siehe ErwGr. 18 der ECRL. Demhingegen sind Fernsehsendungen im Sinne der Richt­ linie 89/552/EWG und Radiosendungen keine Dienste der Informationsgesellschaft, da sie nicht auf individuellen Abruf erbracht werden, ebd. 45 Vgl. Bierekoven, in: Auer-Reinsdorff/Conrad (Hrsg.), § 26, Rn. 3; Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Vebraucherschutz, Rn. 256. 46  Ebd.; siehe auch Brönneke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 6. 47  Vgl. zu den Begriffsbestimmungen im Einzelnen Art. 2 ECRL. 48  Siehe z. B. Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Ve­ braucherschutz, Rn. 264. 49  Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 157, 158. 50  Dazu bereits oben S. 8 f.; siehe dazu auch Schirmbacher in Tamm/Tonner (Hrsg.), Ver­ braucherrecht, § 9, Rn. 5. 51  Vgl. BeckOK BGB/Schmidt-Räntsch, § 312c BGB Rn. 4.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche63

sische Verbraucherschutzrichtlinie. In Art. 3 der FARL findet sich eine Aufzäh­ lung der von der Richtlinie ausgenommenen Verträge, wie z. B. solche über Fi­ nanzdienstleistungen52 oder bei einer Versteigerung geschlossener Verträge.53 Vom Anwendungsbereich erfasst waren jedoch grundsätzlich auch elektronisch geschlossene Verträge, für welche die Ergänzungen der ECRL zu berücksich­ tigen waren.

3.  Anwendungsbereich der VerbrRRL Schließlich ist noch der Anwendungsbereich der VerbrRRL zu klären. Wie der Name der VerbrRRL vermuten lässt, handelt es sich um eine Verbraucher­ schutzrichtlinie mit relativ weitem Schutzcharakter, was die Nichteinschrän­ kung auf eine bestimmte Vertragsart betrifft. Der Geltungsbereich wird in Art. 3 VerbrRRL determiniert. Nach Art. 3 Abs. 1 S. 1 der VerbrRRL soll diese Richt­ linie grundsätzlich für jegliche zwischen einem Unternehmer und einem Ver­ braucher außerhalb von Geschäftsräumen und im Fernabsatz geschlossene Verträge gelten.54 Gem. Art. 3 Abs. 5 der VerbrRRL ist ein Rückgriff auf das allgemeine Zivilrecht der Mitgliedstaaten nur zulässig, wenn die Richtlinie keine entsprechende Regelung vorsieht. Zudem wird in Art. 4 der VerbrRRL der Grad der Harmonisierung hervorgehoben. Im Hinblick auf die Gewährung eines hohen Verbraucherschutzniveaus ist gem. Art. 4 der VerbrRRL grundsätz­ lich eine Vollharmonisierung vorgesehen, sofern die Richtlinie selbst keine ab­ weichende Bestimmung trifft. Ein Fernabsatzvertrag liegt nach Art. 2 Abs. 7 VerbrRRL vor, wenn ein Ver­ trag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystems unter bis einschließlich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses erfolgter Verwendung eines oder mehrerer Fernkommunikationsmittel geschlossen wird.55 Gemäß 52  Diese unterfallen der Richtlinie 2002/65 EG über den Verbraucherschutz beim Fern­ absatz von Finanzdienstleistungen, welche alle Finanzdienstleistungen von Verbrauchern wie z. B. Verkauf von Kreditkarten oder Versicherungen via Telefon oder Internet erfasst; vgl. hier­ zu auch die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Überprüfung der RL 2002/65 EG, KOM(2009) 626 endg. vom 20.11.2009. 53  Vgl. umfassend Art. 3 FARL und die Ausnahmen der Art. 3 Abs. 3 VerbrRRL. 54  Eingehend zum Anwendungsbereich der VerbrRRL auch Riesenhuber, EU‑Vertrags­ recht, § 7, Rn. 18; Janal, WM 2012, 2314 f.; Brönneke/Tonner, Das neue Schuldrecht, Ein­ leitung Rn. 7. 55  Die Definition des Art. 2 Nr. 7 VerbrRRL entspricht im Wesentlichen der Definition des Vertragsabschlusses im Fernabsatz, früherer Art. 2 Nr. 1 FARL, spricht jedoch ausdrücklich vom Unternehmer anstelle vom Lieferer. Demhingegen ging der ursprüngliche Vorschlag der VerbrRRL weiter, indem einerseits kein organisiertes Vertriebs- bzw. Dienstleistungssystem erforderlich sein sollte und andererseits die ausschließliche Verwendung der Fernkommunika­ tionsmittel nur für den Vertragsschluss vorausgesetzt wurde, sprich eine persönliche Anwesen­ heit bei vorherigen Verhandlungen dem Vorliegen eines Fernabsatzvertrages nicht entgegen­ stehen sollte, so Unger, ZEuP 2012, 270, 277.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Art. 3 Abs. 1 VerbrRRL gilt diese grundsätzlich für alle zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossenen Verträge, sofern die Geltung nicht ausdrück­ lich in Art. 3 Abs. 3 der VerbrRRL ausgeschlossen ist. Kollidiert jedoch eine Richtlinienbestimmung der VerbrRRL mit einer Regelung eines anderen spe­ zifischen Unionsrechtsakts, so wird gemäß Art. 3 Abs. 2 VerbrRRL letzterem Anwendungsvorrang für diesen speziell geregelten Sektor eingeräumt. Nach Art. 3 Abs. 3 gilt die VerbrRRL nicht für Verträge über soziale Dienst­ leistungen (lit. a)), ferner werden wie zuvor nach der FARL Finanzdienst­ leistungen (lit. d)) ebenso ausgenommen wie Verträge über Pauschalreisen (lit. g)),56 sowie Teilzeitnutzungsverträge (lit h)).57 Für die Bereichsausnah­ men des Art. 3 Abs. 3 lit. a) – m) VerbrRRL besteht für die Mitgliedstaaten keine Pflicht, aber die Option, die Anwendung der Richtlinienvorgaben zu ermögli­ chen.58 Somit sind in sachlicher Hinsicht grundsätzlich sämtliche Verträge er­ fasst, soweit keine Ausnahmeregelung vorgesehen ist. Soweit keine speziellen Regelungen für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr vorgesehen sind, ist die ECRL ergänzend zu berücksichtigen.59 In persönlicher Hinsicht wird der Anwendungsbereich gem. Art. 3 Abs. 1 VerbrRRL entsprechend dem Schutzzweck dieser Richtlinie auf B2C‑Verträge beschränkt.

III.  Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach deutschem Recht Die soeben dargestellten Sekundärrechtsakte bedürfen als Richtlinien nach Art. 288 Abs. 3 AEUV der Umsetzung ins nationale Recht. Im BGB sind die ge­ nannten sekundärrechtlichen Vorgaben im 2. Buch über das Recht der Schuld­ verhältnisse, Abschnitt 3,60 Untertitel 2 unter dem Titel „Grundätze bei Verbrau­ cherverträgen und besonderen Vertriebsformen“ in §§ 312 ff. BGB geregelt. So enthält Kapitel 1 in § 312 BGB Bestimmungen zum Anwendungsbereich bei Verbraucherverträgen sowie in § 312a BGB Allgemeine Pflichten und Grund­ sätze bei Verbraucherverträgen und Grenzen der Vereinbarung von Entgelten. Kapitel 2 sieht spezielle Vorschriften über außerhalb von Geschäftsräumen ge­ schlossene Verträge61 und Fernabsatzverträge, Kapitel 3 besondere Vorschrif­ ten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr vor. Schließlich wird in 56 Die dem Geltungsbereich der Pauschalreiserichtlinie 90/134/EWG unterliegen, vgl. Wortlaut lit. g). 57  Zu weiteren Ausnahmen vgl. Art. 3 Abs. 5 VerbrRRL. 58 So Unger, ZEuP 2012, S270, 275. 59  Vgl. insbesondere auch die Klarstellung des Art. 8 Abs. 9 VerbrRRL. 60  Schuldverhältnisse aus Verträgen. 61  In Umsetzung der VerbrRRL ist insofern grds. ein Gleichlauf der außerhalb von Ge­ schäftsräumen geschlossenen Verträgen und sonstiger Fernabsatzverträge vorgesehen. Auf­



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche65

Kapitel 4 mit § 312k BGB eine wichtige Regelung über abweichende Verein­ barungen und die Beweislast getroffen. So sind nach § 312k Abs. 1 S. 1 BGB die Vorschriften der §§ 312 ff BGB grundsätzlich unabdingbar, ein dennoch nach­ teiliges Abweichen ist für den Verbraucher oder Kunden unwirksam. Darüber hinaus sieht § 312k Abs. 1 S. 2 BGB ein „Umgehungsverbot“ vor und bestimmt insofern, dass die Vorschriften des Untertitels 2 auch bei Umgehung durch an­ derweitige Gestaltung Anwendung finden, sofern nichts Anderes bestimmt ist.62 Gem. § 312k Abs. 2 BGB trägt der Unternehmer die Beweislast für die Erfül­ lung der in Untertitel 2 normierten Informa­tions­pflichten. Aus dem Wortlaut folgt, dass diese Beweislastregelung nur für Verbraucherverträge gilt.63 Verletzt der Unternehmer eine Informa­tions­pflicht, so soll die Beweislastumkehr zu­ gunsten des Verbrauchers sogar dann gelten, wenn dieser einen Anspruch auf Schadensersatz wegen dieser Pflichtverletzung geltend macht.64 Wie bereits zuvor dargelegt,65 gilt es im Rahmen der §§ 312 ff. BGB generell zu berücksichtigen, dass diese Regelungen auch dann gelten, wenn weder aus wirtschaftlicher noch aus intellektueller Perspektive ein individuelles Schutz­ bedürfnis besteht und gerade keine gestörte Vertragsparität vorliegt.66 Dies folgt daraus, dass die Schutzbedürftigkeit des Vertragspartners im Wege abstrahie­ render Tatbestandsmerkmale bestimmt wird und keine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls erfolgt.67 Bei Betrachtung der in §§ 312 ff BGB normierten Tat­ bestandsmerkmale kann jedoch im Regelfall von einer geeigneten Bestimmung der schutzbedürftigen Personen als auch der Situationen gesprochen werden.68

1.  Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr Besondere Bestimmungen und Pflichten für Verträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr sind in § 312i und § 312j BGB statuiert. Der E‑Commerce-Sek­ tor wird durch diese Normen allerdings nur partiell geregelt, da die genannten Vorschriften i. V. m. Art. 246c EGBGB insbesondere Ergänzungen für solche Fernabsatzverträge vorsehen, die über das Internet geschlossen werden.69 grund des Dissertationsthemas wird im Folgenden auf eine gesonderte Erwähnung der außer­ halb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge verzichtet. 62  Eingehend dazu Palandt/Grüneberg, § 312k BGB, Rn 3; Schirmbacher, in: Spindler/ Schuster (Hrsg.), § 312k BGB, Rn. 12 ff.; MüKo BGB/Wendehorst, § 312k BGB, Rn. 10 ff. 63 Palandt/Grüneberg, § 312k BGB, Rn 4. 64 Palandt/Grüneberg, § 312k BGB, Rn 4. 65  Siehe oben, S. 32 ff. 66 Hk-BGB/Schulte-Nölke, Vor §§ 312–312k BGB, Rn 1; Palandt/Grüneberg, Vorb v § 312 BGB, Rn 1. 67 Hk-BGB/Schulte-Nölke, Vor §§ 312–312k BGB, Rn 1. 68  So auch Hk-BGB/Schulte-Nölke, Vor §§ 312–312k BGB, Rn 1; i. d. S. auch Staudinger/ Thüsing, 2012, Vorbemerkung zu §§ 312, 312a BGB a. F., Rn. 26 f. 69  Zur ergänzenden Anwendung neben der früheren FARL und heutigen VerbrRRL siehe bereits zuvor S. 61 ff.; Brönneke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 5.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

§ 312i BGB statuiert die allgemeinen Pflichten des Unternehmers im elek­ tronischen Geschäftsverkehr und basiert im Wesentlichen auf Vorgaben der ECRL.70 Ein Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr liegt nach der Le­ galdefinition des § 312i Abs. 1 BGB dann vor, wenn sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrages über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien bedient.71 Der Be­ griff der Telemedien entspricht der in § 1 des Telemediengesetzes (TMG) ent­ haltenen und inhaltlich deckungsgleichen Beschreibung, auch wenn es sich nicht um eine Definition handelt.72 Dieser Begriff ist grundsätzlich weit aus­ zulegen, sodass hierunter typischerweise Onlinedienste jeglicher Art fallen.73 Im Sinne der Kohärenz und einheitlicher Verwendung von Begriffen mit glei­ cher Bedeutung ist es zu begrüßen, dass im Zuge der Neufassung des § 312i BGB durch das Gesetz zum besseren Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen im Internet der frühere Begriff der „Tele- und Mediendienste“ angepasst wur­ de.74 Im Gegensatz zu den sonstigen Vorschriften der §§ 312 ff. BGB fungiert § 312i BGB nicht als rein verbraucherschützende sondern als generell kunden­ schützende Norm, da die allgemeinen Pflichten des Unternehmers in persönli­ cher Hinsicht gegenüber Kunden generell zu erfüllen sind und somit der per­ sönliche Anwendungsbereich nicht auf B2C‑Verträge beschränkt ist.75 Erfasst sind folglich sowohl B2C- als auch B2B‑Verträge, nicht aber reine Verbraucher­ verträge.76 Dies entspricht dem Ansatz der ECRL und ist vor dem Sinn und Zweck der in § 312i BGB normierten allgemeinen Pflichten zu sehen, das Ver­ trauen der Kunden in den elektronischen Geschäftsverkehr zu fördern, indem diese allgemeinen Pflichten den Vertragsschluss und Vertragsinhalt auf trans­ parentem und verständlichem Wege gewährleisten.77 Als Basis dieser Annah­ me wird zutreffend ein ausgeprägtes Informationsbedürfnis der Kunden zu Grunde gelegt.78 70  71 

Brönneke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 2. Die Regelung des § 312i BGB dient der Umsetzung der Art. 10 und 11 ECRL; vgl. auch Palandt/Grüneberg, § 312i BGB, Rn. 1; MüKo BGB/Wendehorst, § 312i BGB, Rn. 1; BeckOK BGB/Maume, § 312i BGB Rn. 1; Looschelders, Schuldrecht AT, § 42, Rn. 947. 72 Palandt/Grüneberg, § 312i BGB, Rn. 2; ebenso BeckOK BGB/Maume, § 312i BGB Rn. 10; ähnlich NK BGB/Ring, § 312d BGB, Rn. 16. 73  BeckOK BGB/Maume, § 312i BGB Rn. 12. 74  Vgl. RegE BT‑Drs. 17/7745, S. 7. 75  MüKo BGB/Wendehorst, § 312i BGB, Rn. 6 f.; siehe auch Erman/Koch, Band I, § 312i BGB, Rn. 2, 5; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 52; Looschelders, Schuld­ recht AT, § 42, Rn. 949; BeckOK BGB/Maume, § 312i BGB, Rn. 1 f. 76 Palandt/Grüneberg, § 312i BGB, Rn. 3. 77  Ähnlich BeckOK BGB/Maume, § 312i BGB, Rn. 1; vgl. auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312i BGB, Rn. 3; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312i BGB, Rn. 2; siehe auch die Begründung im RegE BT‑Drs. 17/7745, S. 6 ff. 78 Erman/Koch, Band I, § 312i BGB, Rn. 5; Frings, VuR 2002, 390, 396.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche67

Für B2B- und B2C‑Verträge finden sich jedoch Besonderheiten, welche die allgemeinen Pflichten modifizieren bzw. ergänzen. So besteht in Verträgen zwischen Unternehmern nach § 312i Abs. 2 S. 2 BGB die Möglichkeit, in ge­ wissen Teilen abweichende Vereinbarungen zu treffen.79 Die in § 312j BGB normierten besonderen Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gelten hingegen grundsätzlich nur für B2C‑Verträge und basieren auf Art. 8 Abs. 2 und Abs. 3 der VerbrRRL.80 Nach § 312j Abs. 5 S. 1 BGB besteht jedoch ein spezieller Ausschlusstatbestand für ausschließlich individuelle Kommunikatio­ nen,81 sodass in solchen Fällen die Abs. 2 bis 4 nicht anwendbar sind.82 Diese Ausnahmeregelung erscheint nach der Umsetzung der VerbrRRL als nicht un­ problematisch. Nach Art. 8 Abs. 2 der VerbrRRL fehlt es nämlich an einer sol­ chen Einschränkung für Individualkommunikation, sodass fraglich ist, ob die Ausnahme des § 312j Abs. 5 BGB überhaupt mit der VerbrRRL im Einklang steht.83 Ob die Bereichsausnahme dennoch als richtlinienkonform angesehen werden kann, ist in der Literatur umstritten. Teile der Literatur gehen unkri­ tisch von einer Konformität aus,84 andere wiederum bezweifeln diese.85 Mit der vorzugswürdigen ersten Ansicht ist die Ausnahme als im Einklang mit den sekundärrechtlichen Vorgaben stehend zu werten. Hierfür spricht, dass sich der Wortlaut des Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL primär auf standardisierte Bestellvor­ gänge im Online-Handel bezieht und der Unternehmer bei solchen Standard­ prozessen tatsächlich „dafür sorgen kann“, dass der Verbraucher die Zahlungs­ pflicht wie gefordert ausdrücklich bestätigt, während er den Verbraucher bei individueller Kommunikation lediglich darum bitten kann.86 Zudem ist für den Ausschluss der Individualkommunikation die entsprechende Bereichsausnah­ me für Abgaben von Bestellungen im E‑Commerce Art. 11 Abs. 3 ECRL an­ zuführen.87 Auch wenn die VerbrRRL selbst keine solche Ausnahme vorsieht, 79 Palandt/Grüneberg,

§ 312i BGB, Rn. 10; Looschelders, Schuldrecht AT, § 42, Rn. 949. MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 1; Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 1. 81  Die Regelung ist identisch zu § 312i Abs. 2 S. 1 BGB. 82  Eine weitere Ausnahme enthält § 312j Abs. 5 S. 2 BGB, wonach die in Abs. 1 und 2 statuierten Pflichten weder für Websites gelten, die Finanzdienstleistungen betreffen, noch für Verträge über Finanzdienstleistungen. Dies entspricht Art. 10 Abs. 4 sowie Art. 11 Abs. 3 ECRL. Auch nach Art. 24 Abs. 1 GEK‑Vorschlag sollen Fälle der Individualkommunikation ausgeschlossen sein. 83 Davon ausgehend Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 11; ebenso BeckOK BGB/ Maume, § 312j BGB, Rn. 23; dies bezweifelnd Janal, WM 2012, 2314, 2318. 84  Vage und einen Einklang ohne nähere Begründung lediglich vermutend Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 11; die Diskrepanz zu Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL unerwähnt lässt MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 14. 85 So Janal, WM 2012, 2314, 2318. 86  Dies zugebend auch Janal, WM 2012, 2314, 2318; daher wohl ebenfalls von einem Ein­ klang mit Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL ausgehend Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 11. 87  Art. 11 Abs. 3 ECRL enthält eine Bereichsausnahme für solche Verträge, die ausschließ­ lich durch den Austausch elektronischer Post oder durch vergleichbare individuelle Kommuni­ kation geschlossen werden. Ferner sind für Fälle der Individualkommunikation die Informa­ 80 

68

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

bleibt Art. 11 ECRL und somit auch der in Abs. 3 normierte Ausschluss der In­ dividualkommunikation von der Neuregelung der Anforderungen gem. Art. 8 Abs. 9 VerbrRRL unberührt. Folglich entfaltet diese Sekundärrechtsbestim­ mung des E‑Commerce weiterhin Geltung und die Umsetzung nach deutschem Recht steht im Einklang mit den Vorgaben der VerbrRRL sowie der ECRL. Des Weiteren erscheint eine solche Ausnahme als gerechtfertigt, da die indivi­ duelle Art der Kommunikation durch z. B. den Austausch von E‑Mails gerade nicht die typischerweise dem Online-Handel inhärenten Spezifika und Gefah­ ren aufweist.88 Der Ausschluss solcher Fälle ist daher unter Berücksichtigung des Sinn und Zwecks der Schutzvorschriften geboten und als über den Wortlaut der VerbrRRL hinausgehende Klarstellung zu begrüßen.

2.  Anwendungsbereich für sonstige Fernabsatzverträge Kapitel 2 enthält besondere Regelungen für Fernabsatzverträge. Gemäß § 312c Abs. 1 BGB sind Fernabsatzverträge solche Verträge, die zwischen einem Un­ ternehmer und einem Verbraucher unter ausschließlicher Verwendung von Fern­ kommunikationsmitteln von den Vertragsverhandlungen bis hin zum Vertrags­ abschluss im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebssystems geschlossen werden.89 Diese Begriffsbestimmung entspricht den Vorgaben des Art. 2 Nr. 7 der VerbrRRL, welche zusätzlich explizit die fehlende körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien erwähnt.90 Unter Fernkommunikationsmit­ teln versteht man alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages genutzt werden können, ohne dass es einer gleich­ zeitigen körperlichen Anwesenheit der beteiligten Vertragsparteien bedarf.91 In § 312c Abs. 2 BGB findet sich eine beispielhafte Aufzählung, neben klassischen Fernkommunikationsmitteln wie Briefen, Katalogen oder Telefonanrufen wer­ den z. B. auch E‑Mail oder SMS erwähnt. Zuvor hat die FARL den Begriff des Fernkommunikationsmittels mit einer entsprechenden Auflistung in Anhang I der Richtlinie beschrieben.

tions­pflichten des Art. 10 Abs. 1 und 2 ECRL ausgeschlossen, Abs. 4; hierauf verweisend auch Jauernig/Stadler, § 312j BGB, Rn. 4. 88  So bereits Micklitz, EuZW 2001, 133, 137 f.; Palandt/Grüneberg, § 312i BGB, Rn. 9; ebenso Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312i BGB, Rn. 18 ff.; so vergleicht dies bereits Frings, VuR 2002, 390, 396, mit dem Absenden eines Briefes. 89  Siehe dazu auch Palandt/Grüneberg, § 312c BGB, Rn. 2 ff. 90  Dazu schon oben, S. 63; vgl. Wortlaut des Art. 2 Nr. 7 der VerbrRRL; siehe auch Pa­ landt/Grüneberg, § 312c BGB, Rn. 2. 91  Vgl. Palandt/Grüneberg, § 312c BGB, Rn. 3; ausführlich noch zu § 312b BGB a. F. Stau­ dinger/Thüsing, 2012, § 312b BGB a. F., Rn. 26 f.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche69

IV.  Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach DCFR Die Darstellung der Anwendungsvoraussetzungen des DCFR bezieht sich eben­ so wie die sonstigen Ausführungen ausschließlich auf den wissenschaftlichen Referenztext als ausgewähltes Regelwerk.

1.  Sachlicher Anwendungsbereich des DCFR Der Anwendungsbereich des DCFR ergibt sich im Allgemeinen aus Art. II. – 1:101 Abs. 1 DCFR, wonach insbesondere Verträge und andere Rechtsgeschäf­ te, sowie vertragliche und nicht-vertragliche Rechte und Pflichten erfasst werden sollen. Neben den in Abs. 2 genannten Ausnahmen können sich Einschränkun­ gen des Anwendungsbereiches aus den einzelnen Büchern ergeben. Von den vertragsrechtlichen Regelungen in Buch II (contracts and other juridicial acts) erfasst werden grundsätzlich auch besondere Vertriebsformen wie Verträge im E‑Commerce und sonstige Fernabsatzverträge.92 Besondere Regelungen zum Vertrieb von Waren, anderen Vermögenswerten und Dienstleistungen und vor­ vertragliche Pflichten enthält Kapitel 3 des II. Buches in den Art. II. – 3:101 ff. DCFR. Entsprechend dem damaligen Stand des acquis, aber noch ohne Berück­ sichtigung der damals noch nicht existenten VerbrRRL, sieht der DCFR be­ züglich Vertragsschlüssen ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit wie ins­ besondere dem Fernabsatzvertrag und dem Vertragsschluss auf elektronische Weise besondere Regelungen vor.93 Auch wenn Art. II. – 3:103 Abs. 1 DCFR zwar nicht explizit den Fernabsatzvertrag nennt, statuiert dieser Informa­tions­ pflichten für solche Verträge mit einem Verbraucher, bei denen der Verbraucher wegen des für den Vertragsschluss eingesetzten technischen Mittels, der räum­ lichen Entfernung zischen dem Unternehmer und dem Verbraucher oder der Art des Geschäftes einem erheblichen informatorischen Nachteil ausgesetzt ist. Bei dem Kauf von Waren über das Internet oder via Telefon ist der Verbraucher gerade einem solchen informatorischen Nachteil ausgesetzt und somit werden Fernabsatz- und E‑Commerce-Geschäfte als Musterbeispiele verstanden.94 Im Wesentlichen dem Vorbild des Art. 10 ECRL entsprechend sieht Art. II. – 3:105 DCFR in sachlicher Hinsicht für den Vertragsschluss auf elektronische Weise

92  In Buch II sind u. a. allgemeine Regelungen über den Vertragsschluss, die Gültigkeit, den Inhalt und die Wirkung von Verträgen zu finden; vgl. dazu von Bar/Clive, DCFR Full Edi­ tion, Volume I, Art. II – 1:101 DCFR, S. 125 ff.; Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann, JZ 2008, 529, 531. 93 Zum acquis siehe Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 28 ff. 94 Vgl. von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Kommentar B. zu Art. II – 3:103 DCFR.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

ohne individuelle Kommunikation weitere besondere Informa­tions­pflichten des Unternehmers vor.95

2.  Persönlicher Anwendungsbereich des DCFR Der persönliche Anwendungsbereich erfasst im Gegensatz zur jüngeren VerbrRRL aber ebenso wie die ECRL grundsätzlich B2B- als auch B2C‑­ Verträge, soweit keine besonderen Einzelregelungen bestehen.96

V.  Der sachliche und persönliche Anwendungsbereich für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzverträge nach dem GEK‑Vorschlag Der Vorschlag für ein Gemeinsames Kaufrecht erfasst entsprechend der gewähl­ ten Titulierung Kaufverträge im Allgemeinen und sieht gleichermaßen besonde­ re Regelungen für im Wege der besonderen Vertriebsformen des E‑Commerce und sonstigen Fernabsatzrechts geschlossenen Kaufverträge vor. Grundvoraus­ setzung für die Anwendbarkeit ist die Wahl des optionalen europäischen Kauf­ rechts. Da der Vorschlag jedoch zurückgezogen wurde, ist eine solche optieren­ de Wahl nicht mehr möglich. Die Darstellung der Anwendungsvoraussetzungen bezieht sich daher ebenso wie die sonstigen Ausführungen ausschließlich auf den Vorschlag als Referenztext und ausgewähltes Regelwerk.

1.  Sachlicher Anwendungsbereich des GEK‑Vorschlags Der sachliche Anwendungsbereich des GEK‑Vorschlags bestimmt sich grund­ sätzlich nach der Umschreibung des Art. 1 Abs. 1 S. 2 GEK‑VO-Vorschlag, wo­ nach dieses Vertragsrecht bei grenzübergreifenden Verträgen verwendet werden kann, die den Kauf von Waren, die Bereitstellung digitaler Inhalte und die Er­ bringung verbundener Dienstleistungen betreffen, wenn die Parteien dies ver­ einbaren. Allerdings ist diese Vorschrift nicht autonom zu verstehen, die kon­ krete Bestimmung des Anwendungsbereichs ergibt sich im Zusammenhang mit den weiteren VO‑Vorschriften sowie möglichen Ergänzungen der materiell­ rechtlichen Vorgaben des Anhangs I.97 So bestimmt sich das Vorliegen eines grenzübergreifenden Vertrags nach Art. 4 GEK‑VO-Vorschlag,98 das Vorliegen eines grenzübergreifenden Kaufvertrags über Waren zusätzlich i. V. m. Art. 2 lit. h) und k) GEK‑Vorschlag, sowie in der besonderen Vertriebsform eines 95 Vgl. von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Kommentar A. zu Art. II – 3:101 DCFR. 96  Als Beispiele für den auf B2C‑Verträge beschränkten Anwendungsbereich sind die so­ eben dargestellten Art. II. – 3:103 und Art. II. – 3:105 DCFR zu nennen. 97  So Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 1 GEK‑VO-E, Rn. 9. 98  Eingehend dazu Stadler, AcP 212 (2012), 473, 484 ff.; siehe auch Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113, 115 ff.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche71

Fernabsatzvertrags zusätzlich nach Art. 2 lit. p) GEK‑VO-Vorschlag. Eine be­ deutende Einschränkung folgt damit aus Art. 4 GEK‑VO-Vorschlag, wonach dieser grundsätzlich nur für grenzüberschreitende Verträge gewählt werden kann. Die differenzierte Anwendbarkeit der Vorschriften abhängig vom Vor­ liegen eines grenzüberschreitenden oder rein nationalen Sachverhalts wird häu­ fig kritisiert und von Kritikern als ein erheblicher Verstoß gegen den Geist des Binnenmarkts angesehen.99 Nach Art. 13 lit. a) GEK‑VO-Vorschlag können die Mitgliedstaaten den Anwendungsbereich des GEK jedoch optional erweitern, indem sie dieses auch für reine Inlandsverträge zur Disposition stellen. Die Definition des Fernabsatzvertrags in Art. 2 lit. p) GEK‑VO ist der De­ finition des Fernabsatzes nach Art. 2 Nr. 7 VerbrRRL100 entnommen und im Wesentlichen deckungsgleich.101 Diese Definition soll primär Internetgeschäfte und somit Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, aber auch mittels an­ derer Fernkommunikationsmittel abgeschlossene sonstige Fernabsatzverträge erfassen.102 Zusammenfassend enthält der GEK‑Vorschlag in sachlicher Hin­ sicht entsprechend seiner Bezeichnung als Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht Bestimmungen für Kauf- und verbundene Dienstleistungsverträge und weist gegenüber dem DCFR somit einen deutlich beschränkteren Anwendungs­ bereich auf.103

2.  Persönlicher Anwendungsbereich des GEK‑Vorschlags Der persönliche Anwendungsbereich ergibt sich vor allem aus der Regelung der Vertragsparteien in Art. 7 GEK‑VO-Vorschlag. Gem. Art. 7 Abs. 1 S. 1 GEK‑VO-Vorschlag darf das GEK nur verwendet werden, wenn der Verkäufer der Waren oder der Lieferant der digitalen Inhalte Unternehmer ist. Sind jedoch alle Parteien Unternehmer, so ist nach Art. 7 Abs. 1 S. 2 GEK‑VO-Vorschlag die Verwendung des GEK nur möglich, wenn mindestens eine dieser Parteien ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) ist. Der GEK‑Vorschlag soll daher für den reinen B2B‑Bereich ohne Beteiligung eines KMU keine Anwen­ dung finden.104 Gemäß der Definition des Art. 7 Abs. 2 lit. a) GEK‑VO-Vor­ 99  Siehe nur Lando, in: Schulze/Stuyck (Hrsg.), Towards a European Contract Law, S. 203, 213; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 270. 100  Siehe bereits oben, S. 63. 101 Auf die Wiedergabe wird daher verzichtet, vgl. zum genauen Wortlaut Art. 2 lit. p) GEK‑VO-Vorschlag; Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 2 GEK‑VO-E, Rn. 79; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 2 CESL Regulation, Rn. 30; Schulze/ Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 28. 102 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art.  2 GEK‑VO-E, Rn.  79; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 2 CESL Regulation, Rn. 32. 103  Dazu z. B. Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, welche dies treffend als Entwicklung vom All­ gemeinen zum Besonderen tituliert. 104 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 2.

72

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

schlag ist für die Qualifikation als KMU die Beschäftigungszahl von weniger als 250 Personen und nach lit. b) der maximale Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro maß­ geblich. Folglich könnte die Besonderheit des GEK‑Vorschlags vor allem in dem vermeintlich breitgefächerten persönlichen Anwendungsbereich zu sehen sein, da mangels strikter Begrenzung auf B2C‑Verträge es sowohl Verbrauchern als auch Unternehmern grundsätzlich zur Verfügung steht.105 Allerdings sind für die Wählbarkeit des GEK die Einschränkungen des Art. 7 Abs. 1 GEK‑VOVorschlags zu beachten, wonach der Unternehmer grundsätzlich Verkäufer sein muss und eine Anwendbarkeit in B2B‑Konstellationen nur möglich ist, wenn mindestens ein KMU beteiligt ist.106 Aus dem Erfordernis der Unternehmereigenschaft des Verkäufers folgt die Nichtwählbarkeit und damit ein Ausschluss für reine C2C‑Geschäfte.107 Auch wenn dies vor dem Hintergrund des Binnenmarktzwecks konsequent erscheint, vermag ein Ausschluss von C2C‑Geschäften z. B. über Ebay im Rahmen eines optionalen Instruments nicht gänzlich zu überzeugen.108 Dies gilt unabhängig von der Annahme, dass Privatpersonen vermutlich keinen Anreiz in der Wahl eines GEK‑Vorschlags für lediglich vereinzelt vorgenommene Geschäfte sehen werden. Ebenso sind Zweifel bezüglich des Ausschlusses von B2B‑Verträgen ohne KMU‑Beteiligung im Hinblick auf die Attraktivität eines optional wähl­ baren Instruments angebracht.109 Diese Geschäfte sind gerade für den Binnen­ markt von großer Bedeutung,110 warum sie nicht auch von den Vorteilen des ge­ planten Einheitskaufrechts profitieren sollten, bleibt jedoch offen. Dennoch ist die Öffnung des persönlichen Anwendungsbereichs in Fällen der KMU‑Beteiligung grundsätzlich positiv zu werten. Nicht nachvollziehbar und widersprüchlich erscheint hingegen, dass es im Gegensatz zu B2C‑Ver­ trägen ausreichen soll, dass eines der beiden Unternehmen ein KMU ist, d. h. 105  Ähnlich auch Schmidt-Kessel in seinem Vorwort zu Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Ent­ wurf für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht, S. V; a. A. Engert, AcP 213 (2013), 321, 362, welcher hinsichtlich des Anwendungsbereichs von einer „willkürlich geschnittenen Rege­ lungsnische“ und „kostspieliger Rechtszersplitterung“ spricht; kritisch auch Stadler, AcP 212 (2012), 473, 488 ff. 106 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 1; kri­ tisch Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 7 CESL Regulation, Rn. 3 f., 22; den be­ grenzten Anwendungsbereich ebenfalls kritisch betrachtend und für eine Ausweitung auf den gesamten B2B‑Sektor Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113, 115 ff. 107 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 2; Stadler, AcP 212 (2012), 473, 485. 108  Stadler, AcP 212 (2012), 473, 488 m. w. N.; Herresthal, EuZW 2011, 7, 10; ebenso Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 2. 109 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 2; Schul­ ze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 7 CESL Regulation, Rn. 22; ebenso Engert, AcP 213 (2013), 321, 362; Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113, 116. 110  Stadler, AcP 212 (2012), 473, 489.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche73

unerheblich auf welcher Seite das KMU auftritt.111 Im Umkehrschluss zu dem Ausschluss reiner B2B‑Geschäfte werden KMU offensichtlich als schutz­ bedürftig erachtet und für diese somit die Wahlmöglichkeit eröffnet. Trotz an­ genommener Unterlegenheit oder zumindest schwächerer Ausgangsposition können diese dennoch als Unternehmer auftreten und unterliegen daher allen damit verbundenen Pflichten.

3.  Die Sonderproblematik der Anwendbarkeit des „optionalen“ Kaufrechts Aus dem Charakter eines optionalen europäischen Kaufrechts folgt in Bezug auf die Anwendbarkeit des GEK‑Vorschlags im Allgemeinen und im Beson­ deren für die Erfüllung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten und Folgen der Verletzung eine zusätzliche Sonderproblematik. Für die Anwendbarkeit der Regelungen des GEK‑Vorschlags bedarf es nach Art. 8 GEK‑VO-Vorschlag zunächst einer wirksamen Wahl der Vertragsparteien durch die sog. Opt-in-­ Vereinbarung.112 Die gültige Wahl soll nach Art. 11 GEK‑VO-Vorschlag einen Rückgriff auf nationales Recht innerhalb des erfassten Regelungsrahmens aus­ schließen, sog. Verdrängungswirkung.113 Insofern stellt sich bei Anwendbarkeit des GEK‑Vorschlags die Problematik der rückwirkenden Anwendung vorver­ traglicher Informa­tions­pflichten, die sich gleichermaßen auf die Anwendbarkeit der Abhilfen nach dem GEK‑Vorschlag auswirkt.114 Die unter anderem in der Literatur vertretene und umstrittene Möglichkeit der teilweisen Wahl,115 könnte die Frage der Rückwirkungsproblematik noch verschärfen, allerdings spielt dies nur im Rahmen von B2B‑Verträgen eine Rolle, da eine partielle Wahl für Ver­ träge mit Verbraucherbeteiligung gem. Art. 8 Abs. 3 GEK‑VO-­Vorschlag expli­ zit ausgeschlossen wird. Die Verdrängungswirkung des nationalen Rechts unter 111 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel,

GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 2. den Anforderungen der Opt-in-Vereinbarung Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 8, 9 GEK‑VO-E, Rn. 13 ff., sowie die rückwirkende Anwendbarkeit unkritisch als konsequent betrachtend, ebd., Art. 11 GEK‑VO-E, Rn. 4; speziell zur Rückwir­ kungsproblematik Mansel, WM 2012, 1253, 1265. 113 Vgl. Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 108 f., Rn. 2; Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 11 GEK‑VO-E, Rn. 1; siehe auch Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 11 CESL Regulation, Rn. 3 ff., die zudem die Schwierigkeiten der Feststellung der erfassten Regelun­ gen betont. 114  Eingehend zu dieser Problematik Mansel, WM 2012, 1253, 1265; die rückwirkende Anwendbarkeit feststellend, aber nicht problematisierend Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 11 GEK‑VO-E, Rn. 4; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 8 CESL Regulation, Rn. 12; zu den Abhilfen des GEK‑Vorschlags eingehend im vierten Teil, unter G. IV. 115  Eine solche im Umkehrschluss zu Art. 8 Abs. 3 GEK‑VO-Vorschlag als grundsätzlich zulässig erachtend Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 8, 9 GEK‑VO-E, Rn. 15; a. A. und vorzugswürdig wohl Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 8 CESL Regulation, Rn. 10 ff., welche auf entgegenstehende zwingende Regelungen des GEK und ins­ besondere die Inkompatibilität mit Art. 1 Abs. 2 GEK‑Vorschlag verweist. 112 Zu

74

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Anwendbarkeit des GEK‑Vorschlags wird jedoch nach Art. 11 S. 2 GEK‑VOVorschlag explizit vom tatsächlichen Zustandekommen des Vertrags abhän­ gig gemacht.116 Die Wortwahl des „tatsächlichen“ Zustandekommens (in eng­ lischer Fassung „actually“) wird zu Recht kritisiert und insoweit vorzugswürdig vertreten, dass nur bei einer wirksamen Wahl des GEK‑Vorschlags eine rück­ wirkende Erstreckung in Betracht kommen soll.117 Dies erscheint überzeugend, da Art. 11 S. 2 GEK‑Vorschlag als Folge der Verwendung des GEK ausdrück­ lich statuiert, dass bei tatsächlichem Zustandekommen des Vertrags das GEK auch für die Erfüllung der vorvertraglichen Informationsplichten und deren Verletzung gelten soll. Des Weiteren könnte der rückwirkende Statutenwechsel der c. i. c.118 als Folge der Verwendung des GEK im Hinblick auf die auch aus unternehme­ rischer Sicht wünschenswerte Rechtssicherheit Schwierigkeiten bereiten.119 Denn wie genau die rückwirkende Erfüllung der vorvertraglichen Informa­ tions­pflichten ordnungsgemäß erfolgen soll, erscheint nach erfolgtem Vertrags­ schluss fraglich. Eine alternative Lösung könnte in einer Sonderanknüpfung liegen, indem die Anwendbarkeit der vorvertraglichen Pflichten bereits bei Werben mit dem GEK‑Vorschlag anzunehmen wäre.120 Diese Lösung wird je­ doch von anderen Teilen der Literatur zu Recht abgelehnt, da ansonsten der Un­ ternehmer bestimmen könnte, welche Vorgaben vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten er erfüllen möchte.121 Im Sinne des Schutzzwecks vorvertraglicher Informa­tions­pflichten wird den Unternehmer daher bereits bei beabsichtigter Verwendung des GEK‑Vorschlags eine doppelte Verpflichtung treffen, indem er neben den vorvertraglichen Informa­tions­pflichten des grundsätzlich anwend­ baren Rechts des Mitgliedstaats zugleich die vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten des GEK‑Vorschlags erfüllt.122 Dies würde zwar generell den Verbrau­ cherschutzaspekt berücksichtigen, aber gerade zu einer weiteren Potenzierung der empfangenen Informationen führen und den Verbraucher im Ergebnis ver­ mutlich eher verwirren als schützen.123 Damit bringt die Doppelerfüllung der Pflichten bei beabsichtigter Verwendung des GEK neben dem vermuteten Ne­ gativeffekt für Verbraucher für den Unternehmer ein zusätzliches Kostenrisiko 116 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art.  11 GEK‑VO-E, Rn.  4; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 8 CESL Regulation, Rn. 12. 117 Eingehend Mansel, WM 2012, 1253, 1265; ebenso Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 11 GEK‑VO-E, Rn. 4. 118 Siehe die Verweisung des Art. 12 Abs. 2 Rom II‑VO auf das auf den Vertrag an­ zuwendende Recht; dazu auch Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 11 GEK‑VO-E, Rn. 5; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 8 CESL Regulation, Rn. 12. 119  So auch Busch, EuZW 2011, 655, 661. 120  Busch, EuZW 2011, 655, 661; ablehnend jedoch Mansel, WM 2012, 1253, 1265. 121  Mansel, WM 2012, 1253, 1265; dies im Grundsatz, aber anderem Kontext auch als un­ befriedigend erachtend Busch, EuZW 2011, 655, 661. 122 Ebenso Mansel, WM 2012, 1253, 1265. 123 Ebd.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche75

mit sich. Die Regelung der Verwendungsfolgen des GEK erscheint aufgrund der soeben aufgezeigten und häufig diskutierten Probleme daher insgesamt, ins­ besondere aber aus Unternehmersicht, nicht gänzlich überzeugend, sodass für den Fall einer „Neuauflage“ eine Überarbeitung wünschenswert wäre.

VI.  Überschneidung der Anwendungsbereiche von Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen Betrachtet man die Anwendungsbereiche der Verträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr und sonstiger Fernabsatzverträge nach den Richtlinien und na­ tionalem Recht, so ist eine weitreichende Überschneidung nicht von der Hand zu weisen.124 Auch wenn der Anwendungsbereich für Verträge im elektro­ nischen Geschäftsverkehr gewisse Deckungsgleichheiten mit dem Fernabsatz­ recht aufweist, kann jedoch keinesfalls von einer vollständigen Identität die Rede sein.125 Die Überschneidung resultiert daraus, dass Verträge im elektro­ nischen Geschäftsverkehr eine spezielle Form von Fernabsatzverträgen darstel­ len.126 Maßgebliche Voraussetzung eines Fernabsatzvertrags ist die fehlende physische Anwesenheit beider Vertragsparteien.127 Während unter Fernabsatz­ verträgen folglich alle unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommuni­ kationsmitteln geschlossenen B2C‑Verträge subsumiert werden können, sind Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nur solche, die unter Verwen­ dung elektronischer Kommunikationsmittel geschlossen werden.128 Der sach­ liche Anwendungsbereich der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr ist folglich enger im Vergleich zu dem der Fernabsatzgeschäfte.129 Die Nähe der Vertriebsarten wird insbesondere bei Betrachtung des Art. 6 Abs. 8 VerbrRRL deutlich: Nach UA. 1 gelten die Informa­tions­pflichten über Fernabsatz­verträge nach der VerbrRRL zusätzlich zu denen der ECRL und nach UA. 2 gilt für mögliche Kollisionsfälle ein Vorrang der VerbrRRL.130 Zur Verdeutlichung 124  Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Verbraucher­ schutz, Rn. 278; Palandt/Grüneberg, § 312i BGB, Rn. 2; vgl. zum Verhältnis des E‑Commer­ ce zum Fernabsatz auch Brönneke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 5; dazu auch Martinek, in: Martinek/Semler/Habermaier/Flohr (Hrsg.), § 9, Rn. 10, sowie ebenda, § 10, Rn. 1; ferner Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 28 ff.; Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157. 125  MüKo BGB/Wendehorst, § 312i BGB, Rn. 7. 126  Martinek, in: Martinek/Semler/Habermaier/Flohr (Hrsg.), § 10, Rn. 1; Palandt/Grüneberg, § 312i BGB, Rn. 2; siehe bereits Frings, VuR 2002, 390, 397. 127  Zum Anwendungsbereich des Fernabsatzvertrages siehe oben, S. 62 ff. 128  Der sachliche Anwendungsbereich ist somit enger; NK BGB/Ring, § 312i BGB, Rn. 2; Palandt/Grüneberg, § 312i BGB, Rn. 2. 129  Martinek, in: Martinek/Semler/Habermaier/Flohr (Hrsg.), § 10, Rn. 1; Brönneke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 5; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 28. 130  Die Überschneidung der Vertriebsarten wird weiterhin durch ErwGr. 39 der VerbrRRL ersichtlich. Hiernach soll sichergestellt werden, dass Verbraucher bei über Websiten abge­

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

der Überschneidung ist ferner die Formulierung des Art. 8 Abs. 2 S. 1 der VerbrRRL anzuführen, der „für auf elektronischem Wege geschlossene Fern­ absatzverträge“ die besonderen Anforderungen der Button-Lösung statuiert. Ein B2C‑Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr ist folglich regelmäßig auch ein Fernabsatzvertrag, sodass für Verträge mit Verbrauchern im OnlineSektor ein Nebeneinander der ECRL und der VerbrRRL besteht und entspre­ chend nach nationalem Recht für Verträge im elektronischen Geschäftsver­ kehr zusätzlich spezielle, die Regelungen über Fernabsatzverträge ergänzende oder modifizierende Vorschriften gelten. Für B2B-Geschäfte gelten hingegen nur die b­ esonderen Vorschriften der ECRL für Verträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr. Im Gegensatz zu dem tendenziell sektoral geprägten Ansatz der Richtlinien und in Umsetzung derselben auch des nationalen Rechts, verzichten sowohl der DCFR als auch der GEK‑Vorschlag auf eine solch strikte Trennung.131 Dies ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der DCFR vielmehr allgemeine Ver­ tragsbestimmungen regelt und der GEK‑Vorschlag entsprechend seinem Titel Regelungen für Kaufverträge beinhaltet und jeweils lediglich vereinzelt Dif­ ferenzierungen bzw. spezielle Vorschriften für Verträge im Fernabsatz und E‑Commerce vorsieht. Dies spricht ebenfalls für eine grundsätzliche Über­ schneidung der Distanzvertriebsarten in den ausgewählten Regelwerken, so­ dass diese insgesamt festgestellt werden kann.

VII.  Aktuelle Definitionen des Verbraucher- und Unternehmerbegriffs Die Frage nach der „richtigen“ Bestimmung der Verbrauchereigenschaft be­ schäftigt die Literatur, aber auch die Legislative auf europäischer und natio­ naler Ebene bereits seit den 70er Jahren.132 Im Gegensatz zu der meist relativ einfachen Bestimmbarkeit des sachlichen Anwendungsbereichs ist die Quali­ fikation der Verbraucher- und Unternehmereigenschaft als Voraussetzung des persönlichen Anwendungsbereichs jedoch nicht immer eindeutig möglich bzw. leicht zu handhaben. Insoweit stellen sich diverse Fragen wie z. B.: Können nicht auch Kleinunternehmer als Verbraucher gelten oder wie sind dual-useFälle zu entscheiden?133 In den verschiedenen Sekundärrechtsakten existieren unterschiedliche Definitionen, welche je nach einschlägigem Regelungskontext schlossenen Fernabsatzverträgen (Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr entspre­ chend ErwGr. 38) vor dem Zeitpunkt der Bestellabgabe in der Lage sind, die jeweiligen Haupt­ bestandteile des Vertrages vollständig zu lesen und zu verstehen. Maßgeblich ist daher nicht nur die vorvertragliche Erteilung der vorgesehenen Informationen im Hinblick auf den ver­ traglichen Hauptbestandteil, sondern auch die Verständlichkeit der Informationen. 131  So auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 28. 132 Siehe Stuyck, in: Boele-Woelki/Grosheide (Hrsg.), S. 425. 133 Vgl. zu diesen Fragestellungen z.  B. Stuyck, in: Boele-Woelki/Grosheide (Hrsg.), S. 425 ff.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche77

Anwendung finden können. Die oftmals inkohärente Bestimmung des Verbrau­ cherbegriffs wurde und wird in der Literatur vielfach kritisiert.134

1.  Begriffsverständnis nach einschlägigen Sekundärrechtsakten Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Person als Verbraucher zu qualifizieren ist und somit von den Schutz­ mechanismen des europäischen Verbrauchervertragsrechts profitiert. Ob der Verbraucherbegriff nun als „große europäische Errungenschaft“ zu verstehen ist,135 oder weniger euphorisch als bedeutender Bestandteil des Europäischen Privatrechts,136 mag offen bleiben. Der Begriff des Verbrauchers war jedoch nicht von Beginn an autonom bestimmt, sondern unterliegt einer inzwischen jahrzehntelangen Entwicklung. Ausgehend von verschiedenen Sekundärrechts­ akten und dem Einfluss der EuGH‑Rechtsprechung, ist der Verbraucherbegriff heute auch im Primärrecht anerkannt, auch wenn es an einer einheitlichen De­ finition fehlt.137 Vielmehr gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Begriffs­ bestimmungen im Sekundärrecht, jeweils abhängig von dem betroffenen Rege­ lungssektor, die jedoch gewisse Übereinstimmungen aufweisen.

a)  Begriffsbestimmung nach der ECRL Die nicht primär verbraucherschützende ECRL aus dem Jahre 2000 unterschei­ det zwischen Diensteanbietern, Nutzern und Verbrauchern. Gem. Art. 2 lit. b) bezeichnet der Begriff Diensteanbieter „jede natürliche oder juristische Person, die einen Dienst der Informationsgesellschaft anbietet“,138 dieser gilt nach lit. c) als niedergelassener Diensteanbieter, wenn er „mittels einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit eine Wirtschaftstätigkeit tatsächlich ausübt“. Unter den 134  Z. B. Peintinger, GPR 2013, 24 (25); speziell zur fehlenden Abstimmung zwischen GEK‑Vorschlag und der VerbrRRL Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E, Rn. 2 ff. 135 Dies verneinend und den Verbraucherbegriff eher als „label“ erfolgreicher Rechts­ angleichung bezeichnend Remien, in: Schulte-Nölke/Schulze (Hrsg.), Europäische Rechts­ angleichung und nationale Privatrechte, S. 107, 115. 136 Implizit Pfeiffer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 169 AEUV, Rn. 24 ff.; eingehend zum Verbraucherbegriff in den Richtlinien und der Rechtsprechung des EuGH auch Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirt­ schaftsrecht, H. V. Verbraucherschutz, Rn. 103 ff. 137  Peintinger, GPR 2013, 24, 25; Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirt­ schaftsrecht, H. V. Verbraucherschutz, Rn. 103 ff. 138  Wobei nach lit. a) als Dienste der Informationsgesellschaft solche Dienste im Sinne von Artikel 1 Nummer 2 der Richtlinie 98/34/EG in der Fassung der Richtlinie 98/48/EG sind, vgl. die Richtlinie 98/34 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und Richtlinie 98/48 EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Än­ derung der Richtlinie 98/34 EG über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Begriff des Nutzers fällt Art. 2 lit. d) zufolge „jede natürliche oder juristische Person, die zu beruflichen oder sonstigen Zwecken einen Dienst der Informati­ onsgesellschaft in Anspruch nimmt, insbesondere um Informationen zu erlan­ gen oder zugänglich zu machen“. Schließlich definiert Art. 2 lit. e) der ECRL den Verbraucher als „jede natürliche Person, die zu Zwecken handelt, die nicht zu ihren gewerblichen, geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeiten gehören“.

b)  Begriffsbestimmung nach der FARL Gegenstand der Bestimmungen der FARL sind Vertragsabschlüsse im Fern­ absatz zwischen Verbrauchern und Lieferern (Art. 1 FARL). Die Definition des Verbrauchers nach Art. 2 Nr. 2 FARL entspricht der Verbraucherdefinition der ECRL und versteht unter Verbraucher „jede natürliche Person, die beim Ab­ schluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden“. Als Liefe­ rer definiert Art. 2 Nr. 3 FARL hingegen „jede natürliche oder juristische Per­ son, die beim Abschluß von Verträgen im Sinne dieser Richtlinie im Rahmen ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit handelt“.

c)  Begriffsverständnis nach der VerbrRRL Schließlich hält auch die VerbrRRL in Artikel 2 autonome Begriffsbestimmun­ gen bereit und unterscheidet im Gegensatz zu den vorgenannten Sekundär­ rechtsakten zwischen den beiden klassischen Begriffen des Verbrauchers und des Unternehmers. Nach der in Art. 2 Nr. 1 VerbrRRL vorgesehenen Begriffsbestimmung ist unter der Bezeichnung Verbraucher „jede natürliche Person, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen zu Zwecken handelt, die außerhalb ihrer gewerb­ lichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit liegen“, zu verstehen. Wie hieraus ersichtlich wird, ist diese Begriffsbestimmung lediglich detaillierter („außerhalb“, „handwerklich“) im Vergleich zu den zuvor genann­ ten Verbraucherdefinitionen und scheint somit keine große Neuerung zu be­ wirken. Allerdings ist ergänzend zu der Definition ErwGr. 17 der VerbrRRL zu berücksichtigen, der Konkretisierungen zu den zuvor streitigen dual-useVerträgen enthält.139 Wird ein solcher Vertrag mit doppelter Zwecksetzung ge­ schlossen, erfüllt eine Person demnach die Verbrauchereigenschaft, wenn der gewerbliche Zweck im Gesamtzusammenhang nicht überwiegt. Ein Unternehmer i. S. d. Art. 2 Nr. 2 VerbrRRL ist hingegen „jede natürliche oder juristische Person, unabhängig davon, ob letztere öffentlicher oder priva­ 139  ErwGr. 17 VerbrRRL; Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 53, sieht hierin den Ansatz eines flexibleren Konzeptes im Gegensatz zum sonst engeren Verständnis; zum frü­ heren Meinungsstreit in Deutschland siehe sogleich unter 2. b), S. 80 ff.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche79

ter Natur ist, die bei von dieser Richtlinie erfassten Verträgen selbst oder durch eine andere Person, die in ihrem Namen oder Auftrag handelt, zu Zwecken tätig wird, die ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“. Ebenso wie nach der FARL kommt es also auf die Zurechnung zur gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit an.

2.  Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des BGB Im nationalen Recht finden sich die maßgeblichen Begriffsbestimmungen im Allgemeinen Teil des BGB gleich zu Beginn in den § 13 und § 14 BGB, wel­ che in Umsetzung der RL‑Vorgaben ebenfalls weitgehende Übereinstimmun­ gen aufweisen.

a) Unternehmer Nach § 14 Abs. 1 BGB ist ein Unternehmer eine natürliche oder juristische Per­ son oder eine rechtsfähige Personengesellschaft,140 die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen beruf­ lichen Tätigkeit handelt. Nach der Rechtsprechung ist jede natürliche oder ­juristische Person dann als Unternehmer anzusehen, wenn diese am Markt plan­ mäßig und dauerhaft Leistungen gegen ein Entgelt anbietet.141 Das Kriterium der „gewerblichen Tätigkeit“ basiert grundsätzlich auf im Bereich des Handels­ rechts entwickelten Grundsätzen, ist jedoch weiter als diese gefasst.142 Ein Ge­ werbe liegt dann vor, wenn eine planvolle, auf gewisse Dauer angelegte, nach außen erkennbare, selbständige und wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird. Der Unternehmerbegriff setzt nach der Rechtsprechung kein Betreiben eines in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetriebs voraus, sondern wird vielmehr als „funktionaler Begriff“ verstanden.143 So fallen hierunter beispiels­ weise auch nebenberufliche unternehmerische Tätigkeiten,144 in diesem Kon­ text vor allem relevant sind der wiederholte planmäßige Verkauf von Waren bei Ebay (sog. Powerseller)145 oder branchenfremde Nebengeschäfte.146 140  Nach § 14 Abs. 2 BGB ist dies eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit aus­ gestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen. 141  Siehe u. a. die Entscheidung des BGH zur Anwendbarkeit der Vermutung des § 476 BGB a. F. auf Tierkäufe, Urteil vom 29.03.2006 – VIII ZR 173/05, NJW 2006, 2250 ff., Rn. 14 m. w. N. 142 PWW/Prütting, § 14 BGB, Rn. 7; ähnlich Palandt/Ellenberger, § 14 BGB, Rn. 2. 143 Vgl. OLG Frankfurt, NJW 2005, 1438, zum geschäftsmäßigen Verkauf in elektro­ nischen Handelsplattformen. 144 Palandt/Ellenberger, § 14 BGB, Rn. 2; PWW/Prütting, § 14 Rn 9. 145  Vgl. OLG Frankfurt, NJW 2005, 1438; Palandt/Ellenberger, § 14 BGB, Rn. 2 m. w. N.; Palandt/Grüneberg, § 312c BGB, Nr. 5. 146  Siehe die Entscheidung des BGH zur Anwendbarkeit der Regelungen des Verbrauchs­ güterkaufs auch bei branchenfremden Nebengeschäften einer GmbH, NJW 2011, 3435 ff.,

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

b) Verbraucher Nach § 13 BGB erfüllt die Eigenschaft des Verbrauchers jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die überwiegend weder ihrer ge­ werblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Der Wortlaut fordert, dass die Person ein „Rechtsgeschäft zu Zwecken ab­ schließt“ – dieses restriktiv anmutende Kriterium des Abschließens könnte im Hinblick auf die im vorvertraglichen Stadium zu erfüllenden Informa­tions­ pflichten Anwendungsprobleme aufwerfen, wenn hierunter nur geschlossene Verträge etc. erfasst werden sollten.147 Nach h. M. sind jedoch gerade auch reine Vorbereitungshandlungen der betreffenden Rechtsgeschäfte sowie konkret die Vertragsanbahnung erfasst.148 Dieser Auffassung ist uneingeschränkt zuzustim­ men, da das verbraucherschützende Instrument vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten oder der Schutz vor Lieferungen unbestellter Waren nach § 241a BGB mangels Verbrauchereigenschaft ins Leere laufen würden.149 Ferner ist nach der Definition die Zweckbestimmung des Rechtsgeschäfts im Einzelfall maßgeblich.150 In Umsetzung der VerbrRRL enthält die Norm des § 13 BGB mit der Einfügung des Merkmals „überwiegend“ inhaltlich eine we­ sentliche Neuerung im Vergleich zu § 13 BGB a. F., wonach es darauf ankam, dass das Rechtsgeschäft zu einem Zwecke abgeschlossen wurde, der weder der gewerblichen noch der selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann.151 Damit werden künftig auch die sog. dual-use-Fälle erfasst und es er­ übrigt sich der Meinungsstreit um die Behandlung von Verträgen mit gemischt vertraglicher Zwecksetzung.152 Fraglich war insofern, wie Verträge, die sowohl privater Natur als auch der gewerblichen und selbständigen beruflichen Tätig­ keit zuzurechnen sind, zu behandeln sind, so z. B. der Kauf eines PKW durch einen Freiberufler zur privaten als auch zur beruflichen Nutzung.153 Nach deut­ scher Rspr. sollte in solchen Fällen über die Einordnung in den privaten oder un­ Rn. 18 ff.; siehe auch Palandt/Ellenberger, § 14 BGB, Rn. 2 m. w. N.; PWW/Prütting, § 14 BGB, Rn 9. 147  Nach zutreffender Ansicht von Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 6, ist diese Formu­ lierung zu eng, da ansonsten Informa­tions­pflichten ins Leere laufen würde oder kein Schutz nach § 241a BGB bestehen würde; zu dieser Frage auch Gießelmann, S. 51. 148  Vgl. Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 6; Gießelmann, S. 51. 149 Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 6; Gießelmann, S. 51. 150  Siehe auch Köhler, BGB AT, § 5, Rn. 22. 151  Dem Zusatz „überwiegende“ soll klarstellende Funktion zukommen; näher dazu Pa­ landt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 1; MüKo BGB/Micklitz/Purnhagen, § 13 BGB, Rn. 54. 152  Maßgeblich hierzu die Entscheidung des EuGH in Sachen Gruber zu Art. 13 EuGVÜ betreffend den Verbrauchergerichtsstand bei einem Vertrag mit doppeltem Zweck (sog. dualuse-Fall), EuGH, Urteil vom 20.01.2005, Rs. C-464/01 (Gruber/BayWaAG); vgl. ferner zum früheren Meinungsstreit z. B. MüKo BGB/Lorenz, 6. Aufl., § 474 BGB, Rn. 25; Jauernig/­ Mansel, 15. Aufl., § 13, Rn. 3; Kunz, S. 54 ff. 153  Vgl. hierzu das Bsp. in Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn 4.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche81

ternehmerischen Kontext nicht der innere Wille des Handelnden entscheidend sein, sondern es ist maßgeblich auf den durch Auslegung zu ermittelnden objek­ tiven Inhalt des Rechtsgeschäfts abzustellen, wobei gegebenenfalls auch die je­ weils begleitenden Umstände relevant sein können.154 Vertreten wurde insofern zum Teil stets die Annahme einer Verbrauchereigenschaft und zum Teil konträr dazu eine Vermutung § 344 HGB analog für den geschäftlichen Zweck, was stets zu der Verneinung der Verbrauchereigenschaft führen würde.155 Schließ­ lich wurde aber auch die als zutreffend zu erachtende und nun durch die gesetz­ geberische Entscheidung bevorzugte Ansicht vertreten, entscheidend auf den überwiegenden Zweck abzustellen.156 In Abkehr von der EuGH‑Entscheidung in Sachen Gruber157 muss der berufliche Zweck daher keine ganz untergeord­ nete Rolle mehr spielen.158 Diese Entscheidung für den überwiegenden Zweck ist insofern begrüßenswert, als sie den tatsächlich als Vebraucher handelnden Verbraucher dann schützt, wenn er schutzbedürftig ist, aber bei überwiegendem Handeln zu unternehmerischen Zwecken den Schutz einschränkt und somit den Interessen beider Vertragsparteien im Einzelfall entspricht. Durch Einbeziehung auch der abhängig-beruflichen Tätigkeit ist der natio­ nale Verbraucherbegriff extensiver als die genannten Richtlinien, was aber als vorzugswürdig sowie unionsrechtlich zulässig zu werten ist.159 Des Weiteren kann die Qualifikation sog. Existenzgründer problematisch sein, d. h. solcher Personen, die gerade erst im Begriff sind, eine selbständi­ ge berufliche Tätigkeit i. S. e. eigenständigen Existenz aufzubauen.160 Schließt eine Person demnach im Rahmen der Existenzgründung z. B. einen Fernabsatz­ vertrag mit einem Unternehmer, so könnte die Verbrauchereigenschaft des Gründenden mangels primär privater Zwecksetzung in Frage stehen. Umge­ kehrt kann sich aber auch die Frage stellen, ob ein Existenzgründer, der einen Online-Shop zum Versand von Waren betreiben möchte, bereits in der Phase des Aufbaus der Existenz verpflichtet ist, die vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten zu erfüllen, mit anderen Worten, ob dieser bereits die Eigenschaft eines Unternehmers erfüllt, obwohl es ihm noch an entsprechendem unterneh­ merischem Wissen mangelt. Hierbei gilt es je nach gegebener Konstellation zu 154  BGH, Urteil vom 15.11.2007 – III ZR 295/06, NJW 2008, 435, insbesondere Rn 7; Pa­ landt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn 4. 155  Ablehnend PWW/Prütting, § 14 BGB, Rn 9. 156  So Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 4 m. w. N.; PWW/Prütting, § 14 BGB, Rn 9. 157  Siehe zuvor Fußnote 152. 158 Vgl. MüKo BGB/Micklitz/Purnhagen, § 13 BGB, Rn. 54; Wendehorst, NJW 2014, 577; siehe auch Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 4. 159  Herresthal, in: Langenbucher (Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, § 2, S. 136 f.; siehe auch Schmidt, BB 2005, 837 f. 160  Zur Frage der Zuständigkeit für Verbrauchersachen bei Existenzgründung eines Fran­ chisenehmers vgl. die Entscheidung des EuGH, Urteil vom 03.07.1997, Rs. C-269/95, (Benincasa/Dentalkit).

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

differenzieren.161 Nach h. M. und mittlerweile gefestigter Rechtsprechung sind Existenzgründer grundsätzlich als Unternehmer anzusehen.162 Sofern die Ge­ schäfte des Existenzgründers nach der maßgeblich objektiven Zweckrichtung auf eine unternehmerische Tätigkeit ausgerichtet sind, erfüllen diese demnach nicht die Verbrauchereigenschaft.163 Ausnahmsweise ist ein Existenzgründer jedoch dann als Verbraucher einzustufen, wenn die Tätigkeit Geschäfte betrifft, die eine Entscheidung über die Gründung einer Existenz lediglich vorbereiten, sprich der Existenzgründungsentscheidung dienen.164 In letzterem Fall könn­ te sich der Existenzgründer daher auf seine Verbraucherrechte aus dem Fern­ absatzvertrag berufen.

3.  Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des DCFR Auch der DCFR enthält Definitionen zur Bestimmung der Verbraucher- und Unternehmereigenschaft.

a) Unternehmer Nach Art. I. – 1:105 Abs. 2 DCFR ist Unternehmer jede natürliche oder juristi­ sche Person, unabhängig davon, ob in privatem oder öffentlichen Eigentum, die zu Zwecken ihres Geschäfts, Gewerbes oder Berufs handelt, auch wenn die Per­ son nicht beabsichtigt, im Rahmen ihrer Tätigkeit Gewinne zu erzielen.

b) Verbraucher Gem. Art. I. – 1:105 Abs. 1 DCFR ist ein Verbraucher jede natürliche Person, die vorwiegend zu Zwecken handelt, die nicht mit ihrem Geschäft, Gewerbe oder Beruf in Verbindung stehen. Die Formulierung „vorwiegend“ ist zwar nicht identisch mit dem Kriterium „überwiegend“ der VerbrRRL und des na­ tionalen Rechts, aber dennoch in diesem Sinne zu verstehen. Dem hingegen wirkt sich die Handlung zu beruflichen Zwecken im Gegensatz zum Kriterium der selbständigen Tätigkeit aus, sodass im Gegensatz zum deutschen Recht Ar­ 161 Eingehend dazu Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 3; MüKo BGB/Micklitz/Purn­ hagen, § 13 BGB, Rn. 61 ff. 162  Siehe BGH, Beschluss vom 24.02.2005 – III ZB 36/04, NJW 2005, 1273, 1274 f. m. w. N.; Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 3 m. w. N.; MüKo BGB/Micklitz/­Purnhagen, § 13 BGB, Rn. 61 ff. m. w. N.; Erman/Saenger, Band I, § 13, Rn. 16. 163 Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 3; MüKo BGB/Micklitz/Purnhagen, § 13 BGB, Rn. 61 ff. m. w. N.; Erman/Saenger, Band I, § 13, Rn. 16. 164  Vgl. insbesondere die Entscheidung des BGH, Urteil vom 15.11.2007 – III ZR 295/06, („Existenzgründungsbericht“), NJW 2008, 435; Palandt/Ellenberger, § 13 BGB, Rn. 3; MüKo BGB/Micklitz/Purnhagen, § 13 BGB, Rn. 61 ff. m. w. N.; Erman/Saenger, Band I, § 13, Rn. 16; eine weitere Sonderregel besteht im Darlehensrecht, indem § 512 BGB den Existenzgründer ausdrücklich dem Verbraucher gleichstellt, sofern das Darlehen einen Betrag von 75.000 Euro nicht überschreitet.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche83

beitnehmer bei Vertragsschlüssen mit Arbeitgebern nicht der Verbraucherdefi­ nition des DCFR unterfallen.165 Ferner ist die in Art. I. – 1:105 Abs. 3 DCFR vorgesehene Bestimmung für Verträge mit gemischter Zweckrichtung (mixed purpose transactions) grundsätzlich als positiv anzusehen. Demnach unterfällt eine Person, die nach den vorhergehenden Art. I. – 1:105 Abs. 1 und Abs. 2 DCFR sowohl Verbraucher als auch Unternehmer ist, in Bezug auf eine den Verbraucher schützende Norm ausschließlich dem Schutz des Abs. 1 als Ver­ braucher, ansonsten ist sie ausschließlich als Unternehmer i. S. d. Abs. 2 an­ zusehen. Die konkrete Ausgestaltung des Art. I. – 1:105 Abs. 3 erscheint jedoch sehr offen und mangels eindeutiger Klarstellung verbesserungswürdig. Da die Unternehmerdefinition des Art. I. – 1:105 Abs. 2 auf das Kriterium der vorran­ gigen Zwecksetzung verzichtet, wird nach den Kommentierungen für die An­ wendbarkeit verbraucherschützender Regelungen grundsätzlich an die konkrete Rolle der betroffenen Partei angeknüpft: Kauft eine Person einen PC zu vorwie­ gend persönlicher Zweckbestimmung mit geringfügigem beruflichen Zweck, so soll die Verbrauchereigenschaft nach Abs. 1 gegeben sein; im Gegensatz dazu ist diese Person als Unternehmer anzusehen, wenn sie einen PC verkauft, der vorwiegend für geschäftliche und geringfügig für persönliche Zwecke genutzt wird.166 Begründet wird dies lediglich knapp mit dem Zweck der Gewährung des Verbraucherschutzes, welcher dem Käufer als Verbraucher in B2C‑Verträ­ gen zukommen würde.167 Im Großen und Ganzen ist die Verbraucherdefinition daher als übereinstimmend mit den entsprechenden Richtlinienvorgaben sowie des nationalen Rechts anzusehen.

4.  Die Verbraucher- und Unternehmerdefinition des GEK‑Vorschlags Gem. Art. 7 GEK‑Vorschlag kommen als Vertragsparteien des GEK neben Un­ ternehmern und Verbrauchern auch KMU in Betracht.

a) Unternehmer Nach der weitgehend der VerbrRRL entsprechenden Begriffsbestimmung des Art. 2 lit. e) GEK‑VO-Vorschlag ist ein Unternehmer jede natürliche oder ju­ ristische Person, die für die Zwecke ihrer gewerblichen, geschäftlichen, hand­ werklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt.

165 

von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. I. – 1:105 DCFR, S. 92; dies wird jedoch für die vorliegend betrachteten Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstige Fernabsatzverträge kaum von Bedeutung sein. 166 Vgl. von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. I. – 1:105 DCFR, S. 94. 167 Ebd.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

b) Verbraucher Verbraucher ist nach Art. 2 lit. f ) GEK‑VO-Vorschlag jede natürliche Person, die nicht für die Zwecke einer gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Tätigkeit handelt. Dies entspricht ebenfalls weitgehend dem Wortlaut der Verbraucherdefinition nach Art. 2 Nr. 1 VerbrRRL.168 Ein sprach­ licher Unterschied besteht zwar in der Formulierung des „nicht für die Zwe­ cke Handelns“ nach dem GEK‑Vorschlag und der Formulierung des „zu Zwe­ cken außerhalb“ der gewerblichen Tätigkeiten Handelns nach der VerbrRRL.169 Ebenso wie nach der VerbRRL sollen Existenzgründer aber demnach nicht dem Verbraucherbegriff unterfallen.170 Im Gegensatz zur VerbrRRL und der Be­ griffsbestimmung nach nationalem Recht fehlt es jedoch leider an einer Rege­ lung der dual use-Fälle.171 Im Hinblick auf den gewünschten Gleichlauf mit der VerbrRRL sowie der Zielsetzung eines hohen Verbraucherschutzniveaus wird der Verbraucherbegriff des GEK‑Vorschlags nicht enger zu verstehen und die Definition daher entsprechend auszulegen sein.172 Eine klarstellende Einbezie­ hung wäre jedoch wünschenswert.

c) KMU Der Begriff des KMU selbst ist zwar nicht in Art. 2 GEK‑VO-Vorschlag de­ finiert, jedoch bestimmt Art. 7 Abs. 2 GEK‑VO-Vorschlag dessen Eigenschaf­ ten. Für die Qualifikation als KMU ist wie bereits dargelegt gem. Art. 7 Abs. 2 lit. a) GEK‑VO-Vorschlag die Beschäftigungszahl von weniger als 250 Per­ sonen und nach lit. b) der maximale Jahresumsatz von höchstens 50 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro maßgeblich.173 Es handelt sich folglich um eine objektive Anknüpfung, d. h. eine Wahl des GEK von Unternehmen, die nicht die Kriterien erfüllen, ist unwirksam und der Ver­ trag unterliegt dem im Einzelfall anwendbaren nationalen Recht.174 Die gebo­ tene Selbsteinschätzung der Unternehmer als KMU kann sich mangels siche­ 168 Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E, Rn. 2; ähnlich Schulze/ Wendehorst, CESL Commentary, Art. 2 CESL Regulation, Rn. 17. 169  Diese fehlende Identität kritisierend, aber wohl zutreffend als offensichtlich nicht rele­ vant einstufend Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E, Rn. 2. 170 Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 2 CESL Regulation, Rn. 17. 171 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 2 GEK‑VO-E, Rn. 34; dies kritisierend auch Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E, Rn. 3 f.; zur fehlenden dual-use-Regelung und eine Klarstellung befürwortend Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 2 CESL Regulation, Rn. 16. 172 Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E, Rn. 4; Schmidt-Kessel/ Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 2 GEK‑VO-E, Rn. 34; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 2 CESL Regulation, Rn. 16. 173  Siehe bereits zuvor S. 71 f. 174 Siehe Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 4; wohl auch Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 7 CESL Regulation, Rn. 22.



A.  Begriffsbestimmung und Anwendungsbereiche85

rer Kenntnis schwierig gestalten175 und wird von Teilen der Literatur als zu komplex kritisiert, verbunden mit dem Zweifel, ob sich der Begriff des KMU bereits etabliert hat.176 Nach Auffassung der Europäischen Kommission sollen diese beschränkenden Eigenschaftsvorgaben grenzüberschreitende Tätigkeiten von KMU fördern, da auch diese im Gegensatz zu großen Unternehmen durch die Existenz der unterschiedlichen Rechtsordnungen von Geschäftstätigkei­ ten in anderen Mitgliedstaaten der EU abgehalten werden.177 Diese Vorgaben entsprechen der allgemeinen Definitionsempfehlung der Europäischen Kom­ mission für Kleinstunternehmen und KMU.178 Ob alle Unternehmen mit einer nicht geringen Anzahl von bis zu 250 Beschäftigten oder einem nicht geringen Jahresumsatz von bis zu 50 Mio. Euro tatsächlich besonders schutzbedürftig sind, kann zumindest bezweifelt werden. Da insofern die Beteiligung mindes­ tens eines KMU vorausgesetzt wird, ist die Einschränkung des Anwendungs­ bereichs bei B2B‑Verträgen insgesamt kritisch zu bewerten. Nach Art. 13 lit. b) GEK‑VO-Vorschlag können die Mitgliedstaaten jedoch den Anwendungs­ bereich des GEK auch in persönlicher Hinsicht optional erweitern, indem sie diese auch für solche B2B‑Verträge zur Disposition stellen, bei welchen keine Unternehmen die Eigenschaften eines KMU erfüllt.

VIII.  Zusammenfassende Stellungnahme Die Betrachtung der Anwendungsbereiche der untersuchten Vertragstypen und besonderen Vertriebsformen zeigt, dass vorvertragliche Informa­tions­pflichten nach derzeit geltendem Recht primär im Rahmen von Verbraucherverträgen Bedeutung entfalten. Zwar sind vom Anwendungsbereich des elektronischen Geschäftsverkehrs grundsätzlich auch B2B‑Verträge erfasst, die Bestimmun­ gen sind jedoch im Gegensatz zu Verbraucherverträgen nicht zwingend, sodass in gewissem Maße Abweichungsmöglichkeiten bestehen.179 Den vorvertragli­ chen Informa­tions­pflichten kommt im Rahmen des (Online-)Handels demnach primär Bedeutung in B2C‑Konstellationen zu. Demhingegen zeigen die aus­ gewählten Regelwerke auf den ersten Blick einen generell weiteren Anwen­ dungsbereich, in dem der DCFR grundsätzlich B2B‑Verträge, der GEK‑Vor­ schlag zumindest solche mit KMU‑Beteiligung erfassen möchte. Diese These 175 

Basedow, in: Gebauer (Hrsg.), GEK, S. 3, 18; Castermans et al., in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 45, 53; ferner Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 270; Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 7 CESL Regulation, Rn. 19 f. 176  Castermans et al., in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 45, 53. 177  Vgl. ErwGr. 21 GEK‑VO-Vorschlag; zu den identifizierten Hemmnissen bereits oben, S. 50 ff. 178  Vgl. ErwGr. 21 GEK‑VO-Vorschlag; Empfehlung 2003/361/EG der Kommission vom 6. Mai 2003, Abl. L 124 vom 20.05.2003, S. 36; dazu auch Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 7 GEK‑VO-E, Rn. 4; Castermans et al., in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 45, 52 f. 179  Siehe bereits oben, S. 61 f.

86

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

ist jedoch insofern einzuschränken, als dass einige vorvertragliche Informa­ tions­pflichten speziell nur gegenüber Verbrauchern zu erfüllen sind, sodass im Ergebnis auch hier eine vorwiegende Bedeutung in B2C‑Verträgen zu konsta­ tieren ist. Schließlich lässt sich hinsichtlich der verwandten Verbraucher- und Unternehmerdefinition bis auf die hervorgehobenen Unterschiede eine grund­ sätzliche Kongruenz feststellen, sodass in diesem Sinne für Verträge im elektro­ nischen Geschäftsverkehr und sonstige Fernabsatzverträge bereits eine gewisse Kohärenz erreicht ist.

B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstige Fernabsatzverträge im Überblick Sowohl auf europäischer als auch nationaler Ebene finden sich für die beson­ deren Vertragsschlusssituationen der Verträge im elektronischen Geschäfts­ verkehr sowie sonstiger Fernabsatzverträge eine Vielzahl besonderer Informa­ tions­pflichten, die es vor Abschluss des Vertrages zu beachten und zu erfüllen gilt. Rechtsvergleichend betrachtet gab es trotz des gemeinsamen Einflusses se­ kundärrechtlicher Vorgaben jedoch große Unterschiede zwischen den Regelun­ gen der verschiedenen Mitgliedstaaten: Während vor allem kontinentaleuro­ päische Rechtsordnungen offener gegenüber der Kodifikation vorvertraglicher Informa­tions­pflichten eingestellt waren, zeigte sich in common-law geprägten Mitgliedstaaten eher eine abneigende Haltung.180 Die zunächst auch nach deut­ schem Recht eher skeptische Haltung gegenüber vorvertraglichen Informa­ tions­pflichten hat sich jedoch im Laufe der Zeit mit zunehmender Bedeutung des Grundsatzes von Treu und Glauben gewandelt, was in einer wachsenden Tendenz immer umfangreicherer Regelungen im Verbraucherschutzrecht der besonderen Vertriebsformen zum Ausdruck kommt.181 Infolge der Umsetzung der weitgehend vollharmonisierten VerbrRRL dürften sich diese Unterschiede weitgehend erübrigen. Im Rahmen der von der Kommission seit dem Jahre 2003 angestrebten Re­ vision des Verbraucher-acquis wurde insbesondere auch eine Überprüfung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im Hinblick auf den Aspekt der An­ 180  Siehe zu den vorvertraglichen Informa­tions­pflichten in den Mitgliedstaaten Schulze/ Zoll, European Contract Law, Kap. 3, Rn 86, sowie in der deutschen Fassung Europäisches Vertragsrecht, ebd.; ebenso Wilhelmsson/Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 455, wonach eng­ lisches Recht bekannt sei für seine „relativ feindliche“ Haltung gegenüber vorvertraglichen Informa­tions­pflichten. 181  Zuvor war der Grundsatz von Treu und Glauben nicht in allen Rechtsordnungen ver­ ankert, insgesamt dazu Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 52 ff. und 87, sowie diess. in der deutschen Fassung Europäisches Vertragsrecht.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick87

gemessenheit angestrebt.182 Ob dieses Vorhaben verwirklicht werden konnte, soll im Folgenden anhand eines Überblicks über Inhalte und Regelungskonzep­ te der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten für den E‑Commerce und sonstige Fernabsatzverträge analysiert werden. Der Aufbau der Darstellung orientiert sich an dem Prinzip vom Allgemeinen zum Besonderen. Zunächst werden die für Fernabsatzverträge relevanten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten skiz­ ziert, da diese grundsätzlich auch für Verträge im E‑Commerce als spezielle Fernabsatzverträge gelten. Sodann werden für Verträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr gegebenenfalls bestehende Besonderheiten aufgeführt. Im An­ schluss an den Überblick folgt eine Synthese der wesentlichen, einschlägigen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten in Form einer kategorisierenden Dar­ stellung. Eine umfassende Wiedergabe sämtlicher in Betracht kommender vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichten würde an dieser Stelle zu weit führen,183 sodass die verschiedenen Informa­tions­pflichten Kategorien zugeordnet und in diesem Rahmen die relevanten Regelwerke kurz verglichen werden.

I.  Überblick sekundärrechtlicher Vorgaben Das Erfordernis einer von den Parteien im Vorfeld eines Vertragsschlusses zu beachtenden Verhaltenspflicht hat sich zunehmend zu einer bedeutenden Frage des Europäischen Privatrechts entwickelt.184 In diesem Zusammenhang sind insbesondere die Regelungen über vorvertragliche Informa­tions­pflichten zu nennen,185 da diese gerade auf die Situation vor Vertragsschluss abzielen und eine informierte Entscheidung für die Eingehung des Vertrages gewährleisten sollen. Maßgebliche Vorgaben des Unionsrechts für vorvertragliche Informa­ tions­pflichten im E‑Commerce und sonstigem Fernabsatzrecht enthalten die genannten Sekundärrechtsakte der VerbrRRL und der ECRL. Diese Richtlini­ en sehen vorvertragliche Informationserfordernisse jedoch jeweils situations­ spezifisch vor, eine allgemeine Informa­tions­pflicht vor Vertragsschluss gibt es nicht.186 182 Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat vom 11.10.2004 – Europäisches Vertragsrecht und Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitz­ stands – weiteres Vorgehen, KOM(2004) 651 endg., S. 4. 183  Insofern wird auf den jeweiligen Gesetzestext bzw. das Regelwerk verwiesen. 184  Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 52. 185  Eingehend zu vorvertraglichen Informa­tions­pflichten der VerbrRRL Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 16 ff.; Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 52; äußerst kritisch gegenüber der zunehmenden Anzahl an Informa­tions­pflichten im Fernabsatz Janal, WM 2012, 2314, 2316, nach deren Auffassung die EU Informationen als „Wunderwaffe des Verbraucherschutzes“ begreife, da in diesem Bereich wohl am ehesten ein politischer Kon­ sens möglich sei, ohne jedoch entgegenstehende informationspsychologische Erkenntnisse zu berücksichtigen. 186  Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 157, 160; rechtsvergleichend betrachtet findet sich jedoch bspw. seit der jüngsten Reform des französischen Code civil eine solche allgemeine vorvertragliche Informa­

88

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

1.  Sekundärrechtliche Vorgaben der FARL und VerbrRRL Die im Rahmen von Fernabsatzverträgen zu beachtenden Informa­tions­pflichten haben aus sekundärrechtlicher Perspektive ihren Ursprung in der FARL und fin­ den sich heute in der neueren VerbrRRL wieder.

a)  Vorvertragliche Informa­tions­pflichten nach der FARL Die FARL enthält entsprechend ihrer Zielsetzung unter anderem verbraucher­ schützende Informa­tions­pflichten im Fernabsatz und ist um einen Interessenaus­ gleich zwischen den Möglichkeiten der Fernabsatzkommunikationstechniken und dem Interesse der Verbraucher an einer informierten Vertragsschlussent­ scheidung bemüht.187 Umfangreiche Informa­tions­pflichten für Fernabsatzverträge zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer wurden erstmals in Art. 4 der FARL sta­ tuiert.188 Hierzu zählt vor allem auch die rechtzeitige und umfassende Infor­ mationserteilung in der vorvertraglichen Phase, sprich vor Vertragsschluss nach Art. 4 Abs. 1 FARL.189 Die Informationsanforderungen werden jeweils einzeln geregelt, eine informationsbezogene Generalklausel ist nach der FARL nicht vorgesehen.190 Durch diese vorvertragliche Erteilung bestimmter Informatio­ nen soll der Nachteil der fehlenden physischen Betrachtungsmöglichkeit im Vergleich zum stationären Kaufgeschäft abgemildert werden und sie soll den Verbraucher vor Fehlbestellungen im Fernabsatzvertrieb schützen.191 tions­pflicht in Art. 1112 -1 Code civil n. F., diese Informa­tions­pflicht betrifft Umstände, die der anderen Partei nicht bekannt sind, aber von Bedeutung für deren Willensbildung sein können, vgl. Wortlaut des Art. 1112 – 1 Code civil n. F., wobei die Bestimmung des Wertes der Leistung explizit nicht erfasst sein soll. 187  In diesem Sinne enthält die Richtlinie verschiedene Aspekte grundlegender Rechts­ garantien für Verbraucher, um ein höheres Verbraucherschutzniveau in der EU zu gewährleis­ ten; siehe auch Reich/Micklitz (Hrsg.), Europäisches Verbraucherrecht, § 15, S. 583; ebenso bereits Reich, Europäisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 371 ff. 188  Da sich die Regelungen der FARL in weiten Teilen nun in der VerbrRRL wiederfinden, werden die Bestimmungen zu den vorvertraglichen Informa­tions­pflichten lediglich knapp als grundlegende Entwicklungsbasis dargestellt; dazu z. B. Reich, Europäisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 371 ff. 189  In Art. 4 Abs. 2 wird dies konkretisiert: „Die Informationen nach Abs. 1, deren kom­ merzieller Zweck unzweideutig erkennbar sein muss, müssen klar und verständlich auf jedwe­ de der verwendeten Fernkommunikationstechnik angepasste Weise erteilt werden; dabei sind insbesondere die Grundsätze der Lauterkeit bei Handelsgeschäften sowie solcher Personen, die nach den Gesetzen einzelner Mitliedstaaten nicht geschäftsfähig sind (wie zum Beispiel Minderjährige), zu beachten.“ Schließlich ist gem. Art. 4 Abs. 3 FARL im Falle von Telefon­ gesprächen mit Verbrauchern zu Beginn des Gesprächs zusätzlich die Identität des Lieferers und der kommerzielle Zweck ausdrücklich offenzulegen. 190  Eine Generalklausel wie z. B. Treu und Glauben, vgl. Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/ Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 162. 191 Vgl. Hörmann, S. 101.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick89

Zusammenfassend gewährt Art. 4 FARL dem Verbraucher ein subjektives Recht auf vorvertragliche Information;192 dieser vorvertragliche Informations­ gewährungsanspruch entsteht ab dem Zeitpunkt der Kontaktherstellung zwi­ schen Verbraucher und Unternehmer.

b)  Vorvertragliche Informa­tions­pflichten nach der VerbrRRL Die Harmonisierung durch die VerbrRRL betrifft neben dem Widerrufsrecht insbesondere den Kernbereich der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten in Fernabsatzverträgen zwischen Verbrauchern und Unternehmern,193 die in Kapi­ tel III der VerbrRRL geregelt sind. Die vorvertraglichen Informa­tions­pflichten für Fernabsatzverträge sind in Art. 6 Abs. 1 lit. a) bis t) der VerbrRRL einzeln geregelt,194 auf eine Generalklausel wurde wie in der FARL verzichtet. Gem. Art. 6 Abs. 1 VerbrRRL ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher bevor er durch einen Vertrag im Fernabsatz gebunden ist in klarer und verständli­ cher Weise über die in lit. a) – t) aufgelisteten Aspekte zu informieren. Die vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichten weisen weitgehend inhaltliche Ähnlichkeit und Übereinstimmungen mit den Informa­tions­pflichten des Art. 4 FARL auf,195 was aufgrund der Inkorporation der Regelungen der FARL nur konsequent ist. Allerdings hat sich der Umfang der Informa­tions­pflichten nochmal erhöht,196 indem z. B. Informa­tions­pflichten betreffend digitale Inhalte neu hinzugekom­ men sind.197 Da dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbestritten eine besondere Bedeu­ tung für den Vertragspartner zuzumessen ist, ist für diesen die Kenntnis da­ rüber, wann tatsächlich eine rechtliche Bindung eintritt, unabdingbar.198 Wäh­ rend der Unternehmer den Verbraucher nach Art. 4 Abs. 1 FARL „rechtzeitig vor Abschluss eines Vertrages im Fernabsatz“ informieren musste, wird dieses zeitliche Kriterium durch die VerbrRRL konkreter bestimmt. Bevor der Ver­ braucher durch einen Vertrag im Fernabsatz oder ein entsprechendes Vertrags­ 192 Reich/Micklitz

(Hrsg.), Europäisches Verbraucherrecht, § 15, S. 584.

193  Eingehend dazu Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139 ff; Unger, ZEuP 2012, 270 ff. 194  Aufgrund der Vielzahl der einzelnen Informationsregelungen können diese nicht alle

vollumfänglich dargestellt werden, sodass vorliegend ein kategorisierender Ansatz gewählt wird und lediglich auf die wesentlichen Informationen, sofern relevant, an entsprechender Stelle näher eingegangen wird. Hinsichtlich der Details wird daher auf Art. 6 VerbrRRL ver­ wiesen (diese gelten ebenfalls für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge). 195 Ebenso Hörmann, S. 101. 196  Dies kritisierend Janal, WM 2012, 2314, 2316; eine erhebliche Ausweitung statuie­ rend auch Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253, 254; weniger kritisch und von einem gleich­ bleibenden Schutzniveau ausgehend Unger, ZEuP 2012, 270, 285. 197  Neu sind z. B. die Informa­tions­pflichten betreffend digitale Inhalte in lit. r) und s); Hörmann, S. 112. 198  Eingehend zur Bedeutung des Zeitpunktes beim Vertragsschluss im Internet Föhlisch/ Stariradeff, NJW 2016, 353; zum Zeitpunkt der Information siehe auch Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 3.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

angebot gebunden ist, hat der Unternehmer nach Art. 6 Abs. 1 VerbrRRL dem Verbraucher die genannten Informationen in klarer und verständlicher Weise zu erteilen.199 Dies wird in Art. 8 Abs. 1 VerbrRRL formal dahingehend er­ gänzt, dass die Informationen in klarer und verständlicher Sprache und einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise erteilt oder zur Verfügung gestellt werden. Die zeitliche Konkretisierung ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen, da Bedeutung und Verständnis der zuvor rela­ tiv offen formulierten Anforderung „rechtzeitig vor Vertragsschluss“ sehr um­ stritten waren.200 Hinsichtlich Zeitpunkt und Modalitäten der vorvertraglichen Informationserteilung herrschten aufgrund teilweise unterschiedlicher Umset­ zung in den Mitgliedstaaten Auslegungsschwierigkeiten.201 Maßgeblich soll­ te nach dem Sinn und Zweck der Informa­tions­pflichten der Zeitpunkt sein, in welchem der Verbraucher die Informationen noch in seiner Entscheidung über das „ob“ des Vertragsschlusses berücksichtigen kann202 und somit zu einer in­ formierten Entscheidung in der Lage ist. Insofern erscheint die zum Teil ver­ tretene Auffassung, die Informationserteilung „rechtzeitig vor Vertragsschluss“ sei auch noch durch die Unterrichtung des Verbrauchers nach Abgabe seines bindenden Angebots erfüllt203 im Hinblick auf die Funktion der Informa­tions­ pflichten, dem Verbraucher eine fundierte Entscheidungsbasis zu gewähren, eher abwegig und daher abzulehnen. Unter Berücksichtigung des Telos vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichten wird auch eine Belehrung unmittelbar vor der Abgabe der Willenserklärung des Verbrauchers regelmäßig als verspätet an­ zusehen sein, da eine zu kurzfristige Informationserteilung keine ausreichende Kenntnisnahme und demzufolge keine informierte Entscheidung gewährleisten kann.204 Eine besondere Schwierigkeit stellt daher die Ermittlung des spätest möglichen Zeitpunkts dar. Nach Art. 4 VerbrRRL ist es den Mitgliedstaaten grundsätzlich untersagt, von dem vorgegebenen Schutzniveau abweichende Bestimmungen zu treffen,205 um 199  Siehe dazu Grundmann, JZ 2013, 53, 58; Unger, ZEuP 2012, 270, 282; Hall/Howards/ Watson, ERCL 2012, 139, 146 ff.; Janal, WM 2012, 2314, 2316. 200  Siehe zu der Problematik das Vorwort der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuss zur Umsetzung der RL 1997/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbrau­ cherschutz bei Vertragsschlüssen im Fernabsatz vom 21. September 2006, KOM(2006) 514 endg., S. 9; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 76; Hörmann, S. 104 f. 201  Siehe KOM(2006) 514 endg., S. 9, wonach z. B. nach polnischem Recht eine Infor­ mationserteilung bereits vor Nutzung der Fernkommunikationstechnik erforderlich sei; eben­ so Schulte-Nölke/Börger, in: Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers (Hrsg.), EC Consumer Law Compendium, S. 535, 568 f.; siehe auch Hörmann, S. 104. 202 Reich/Micklitz (Hrsg.), Europäisches Verbraucherschutzrecht, S. 573, 588; Dilger, Ver­ braucherschutz bei Vertragsschlüssen im Internet, S. 76. 203  So wohl Kunz, S. 67; Hörmann, S. 105. 204  Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 76 f. 205  Vgl. PWW/Stürner, Vorbem. vor §§ 312 ff. BGB, Rn. 3.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick91

das Ziel eines europäisch einheitlichen und hohen Verbraucherschutzniveaus in den geregelten B2C‑Bereichen zu verwirklichen.206 Folglich sind nicht nur Unterschreitungen, sondern vielmehr auch Überschreitungen des unionsweit einheitlichen Mindestschutzniveaus verboten, sodass der VerbrRRL als Kon­ sequenz des Vollharmonisierungsgrades eine bedeutende Wirkung im Hinblick auf die Auslegung der in Umsetzung der Richtlinie erlassenen Vorschriften zu­ teil wird.207 Dies gilt folglich auch für die vollharmonisierten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten für Fernabsatzverträge.

2.  Sekundärrechtliche Vorgaben der ECRL Die ECRL enthält unter anderem für Verträge im elektronischen Geschäftsver­ kehr besondere Informa­tions­pflichten.208 Diese weisen gewisse Parallelen zur FARL auf, was auf die ursprüngliche Intention dieses Sekundärrechtsaktes209 sowie die gemeinsame Bedeutung für die Distanzgeschäfte zurückzuführen ist.210 Erklären lässt sich die bereits dargelegte Überschneidung gerade im On­ line-Vertriebsbereich damit, dass die FARL zunächst auf den Schutz der Ver­ braucher im Versandhandel ausgerichtet war, dieser sich aber in den Jahren seit Erlass der Richtlinien weg von Katalogbestellungen hin zum Online-Shopping entwickelt hat und demzufolge gerade auch die besonderen Bestimmungen des elektronischen Geschäftsverkehrs Anwendung finden.211 Die ECRL enthält Regelungen zum Vertragsschluss im elektronischen Ge­ schäftsverkehr, ohne dass diese auf eine bestimmte Parteikonstellation be­ schränkt ist.212 Wie bereits festgestellt, kommt es daher für die Anwendbarkeit der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten nach der ECRL auf die spezifische Vertragsschlusssituation via elektronische Medien, nicht aber eine B2C‑Kon­ stellation an.213 Je nach Konstellation ergeben sich verschiedene Arten von Informa­tions­pflichten. Allgemeine Informa­tions­pflichten, die auf sämtliche Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr Anwendung finden, sind zunächst in Art. 5 der ECRL geregelt. Diese sollen die Transparenz des Vertragsschlusses

206  Siehe Art. 1 VerbrRRL. 207 Hk-BGB/Schulte-Nölke,

Vor §§ 312–312k BGB, Rn 2; zur Bedeutung der richtlinien­ konformen Auslegung allgemein auch PWW/Stürner, Vorbem. vor §§ 312 ff. BGB, Rn. 5. 208  Siehe bereits oben S. 61 f. 209  Lehmann, EuZW 2000, 517, 518. 210  Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 157. 211  Ähnlich auch Lehmann, EuZW 2000, 517, 518; zur Überschneidung siehe bereits oben, S. 75 f. 212  Zum Anwendungsbereich der ECRL bereits zuvor, S. 61 f.; Reich/Micklitz, Europäi­ sches Verbraucherrecht, § 16, S. 615; Mota Pinto, Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­ tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157. 213  Reich/Micklitz, Europäisches Verbraucherrecht, § 16, S. 615.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

im elektronischen Geschäftsverkehr erhöhen.214 Allerdings wird in Art. 5 ECRL keine allgemeine Pflicht im engeren Sinne, sondern vielmehr eine Mindestvor­ gabe an zu erfüllenden Informationen statuiert.215 Ferner sieht Art. 6 der ECRL besondere Informa­tions­pflichten für kommerzielle Kommunikationen vor. Schließlich sind in Art. 10 der ECRL besondere Informationspflichten wie bei­ spielsweise die Information über die zum Vertragsschluss führenden einzelnen technischen Schritte (lit. a)) oder die für den Vertragsabschluss zur Verfügung stehenden Sprachen (lit. d)) statuiert, die mit Ausnahme von Verbraucherver­ trägen grundsätzlich dispositiv sind. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die zusätzlichen Informa­tions­pflichten des Art. 10 ECRL in Verbraucherverträgen zwingend einzuhalten sind. Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr wer­ den zudem als spezielle Fernabsatzverträge auch von der VerbrRRL erfasst.216 Insbesondere ist die spezielle Vorgabe des Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL als Grund­ lage für die sog. Button-Lösung217 zu beachten sowie Art. 8 Abs. 9 VerbrRRL, welcher erneut eine klarstellende Regelung der VerbrRRL zur ECRL enthält. Demzufolge lässt Art. 8 VerbrRRL die Bestimmungen über den Abschluss von elektronisch geschlossenen Verträgen und Bestellungen gem. Art. 9 und 10 der ECRL unberührt.

II.  Umsetzung der sekundärrechtlichen Vorgaben und Regelungskonzept nach nationalem Recht Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie218 hat insbesonde­ re zu einer Neukonzeption der §§ 312 – 312k BGB geführt.219 Die mit dem Umsetzungsgesetz einhergehenden Veränderungen zeigen sich auch im Kontext der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen.220 Wie bereits zuvor dargelegt,221 die­ nen die vorvertraglichen Informa­tions­pflichten gerade im Fernabsatz und elek­ 214 

Lehmann, EuZW 2000, 517, 518. z. B. die Information über den Namen des Diensteanbieters (lit. a)), die geogra­ phische Anschrift der Niederlassung des Diensteanbieters (lit. b)), Angaben, die eine schnelle Kontaktaufnahme und effiziente Kommunikation mit dem Diensteanbieter ermöglichen (lit. c)) usw., vgl. zu den weitergehenden Anforderungen den Wortlaut der ECRL, Art. 5 lit. d) – g). 216  Siehe bereits oben, S. 63 f. 217  Eingehend dazu im vierten Teil, unter F. I. 2. 218  Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013, BGBl. I S. 3642. 219 Die wohl bedeutendste Neuregelung besteht darin, dass die vorherigen „Haustür­ geschäfte“ nun als Komplex der „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge“ geregelt sind und grds. den gleichen Bestimmungen wie Fernabsatzverträge unterliegen, je­ weils ergänzt durch besondere Regelungen.; vgl. MüKo BGB/Wendehorst, § 312 BGB, Rn. 1; Palandt/Grüneberg, Vorb v § 312 BGB, Rn. 2. 220  Inhaltliche Änderungen betreffen jedoch primär die früheren Haustürgeschäfte, vgl. Unger, ZEuP 2012, 270, 285; Janal, WM 2012, 2314, 2315 f. 221  Siehe S. 38 ff. 215  So



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick93

tronischen Geschäftsverkehr dem Schutz der in diesen Bereichen agierenden und kontrahierenden Kunden und insbesondere Verbrauchern. Nach Inkorpora­ tion der Regelungen betreffend Fernabsatz- und im elektronischen Geschäfts­ verkehr geschlossene Verträge in das BGB,222 wurde zurecht Kritik laut, dass eine Abstimmung der beiden Richtlinien durch die EG als Vorgänger der EU nicht erfolgt ist.223 Diese Umsetzungsnormen haben inzwischen weitere Neue­ rungen durch die VerbrRRL erfahren, wodurch einige Inkongruenzen beseitigt werden konnten.

1.  Existenz einer allgemeinen Informa­tions­pflicht nach deutschem Recht? Im Vorfeld eines Vertragsschlusses könnte zunächst eine allgemeine Informa­ tions­pflicht in Betracht kommen. Hierbei gilt es jedoch zu berücksichtigen, dass es grundsätzlich keine allgemeinen Regeln betreffend die Anbahnung eines Vertrages gibt, mit anderen Worten der Prozess der Entscheidung für oder gegen den Vertrag im Allgemeinen den Parteien überlassen ist.224 Ausnahms­ weise können im Rahmen dieses Entscheidungsfindungsprozesses jedoch vor­ vertragliche Informa­tions­pflichten eine Rolle spielen, nämlich im Falle der Be­ teiligung einer als schutzwürdig erachteten Partei, wie z. B. Verbrauchern,225 oder in spezifischen Vertragsschlusssituationen.226 Auch wenn nach deutschem Recht keine generelle bzw. allgemeingültige Informa­tions­pflicht besteht,227 fin­ den sich in den Regelungen zum E‑Commerce und sonstigen Fernabsatzverträ­ gen entsprechend den Richtlinienvorgaben eine Vielzahl an besonderen vorver­ traglichen Informa­tions­pflichten, welche teilweise rein verbraucherschützenden Charakter aufweisen, teilweise aber auch für Unternehmer gegenüber sämtli­ chen Kunden gelten.228 Darüber hinaus besteht nach herrschender Rechtsprechung und Lehre im deutschem Recht keine allgemeine Pflicht, den Vertragspartner über sämtli­ 222  223 

Siehe oben S. 31 f. Bereits kritisch die Äußerungen zum Schuldrechtsmodernisierungsgesetz von Micklitz, EuZW 2001, 133, 138, der eine Abstimmung der ECRL und FARL forderte. 224  BGH, Urteil vom 13.07.1988 – VIII ZR 224/87, NJW 1989, 763, 764; ähnlich auch ­Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12 Vertrags­ anbahnung, S. 272; i. d. S. gilt auch nach Möllers, JZ 2002, 121, 129, das „Prinzip der Selbst­ beschaffung“. 225 Siehe auch Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertra­ ges, § 12 Vertragsanbahnung, S. 272; dies entspricht dem unionsrechtlichen Ansatz, siehe Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 160. 226 So z. B. bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstigen Fern­ absatzverträgen, siehe dazu bereits S. 44 f.; siehe auch Schulze/Zoll, Europäisches Vertrags­ recht, § 3 Vertragsschluss und Vertragsinhalt, Rn. 58; ferner Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 16 ff. 227  Lederer, NJOZ 2011, 1833 m. w. N. 228  Siehe hierzu z. B. Grigoleit, NJW 2002, 1151.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

che Umstände aufzuklären, die Einfluss auf seine Entscheidung in Bezug auf den Vertragsschluss haben können.229 Vielmehr muss nach der Rechtsprechung auch der Grundsatz berücksichtigt werden, nachdem die andere Vertragspartei sich selbst über etwaige Vor- und Nachteile des Vertrags vergewissern müsse.230 Insofern kommt das die Privatautonomie mitprägende Prinzip der informatio­ nellen Selbstverantwortung bei der Teilhabe an Rechtsgeschäften zum Tra­ gen.231 Etwas anderes gilt nach der Rechtsprechung nur dann, wenn die ande­ re Partei aufgrund konkreter Gegebenheiten nach der Verkehrsauffassung eine Aufklärung über für den Vertragsschluss wesentliche Punkte erwarten durfte.232 Dementsprechend kann das dem deutschen Recht immanente Gebot von Treu und Glauben als Beweggrund für vorvertragliche Informa­tions­pflichten gese­ hen werden, vermag aber grundsätzlich keine allumfassende Informations- oder Aufklärungspflicht zu begründen.233 Bei einem Kaufvertrag sind die bestehenden widerstreitenden Interessen zu berücksichtigen, weshalb die Rechtsprechung das Bestehen einer grundsätz­ lichen Aufklärungspflicht des Verkäufers über für den Vertragsentschluss be­ deutsame Punkte verneint.234 Nach ständiger Rechtsprechung existiert dennoch auch bei Vertragsverhandlungen mit konträren Interessen für jede Partei eine Aufklärungspflicht dahingehend, die andere Partei „über solche Umstände auf­ zuklären, die den Vertragszweck des anderen vereiteln können und daher für den Entschluss des verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann.“235 Eine solche 229  Ständige Rspr. des BGH, Urteil vom 13.07.1988 – VIII ZR 224/87, NJW 1989, 763, 764; BGH, Urteil vom 13.07.1983 – VIII ZR 142/82, NJW 1983, 2493, 2494; BGH, Ur­ teil vom 12.07.2001 – IX ZR 360/00, NJW 2001, 3331, 3332 m. w. N.; BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3140 f. m. w. N.; eine allgemeine Informa­tions­ pflicht aus § 242  BGB ebenfalls verneinend Weiler, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucher­ recht, § 13, Rn. 17. 230  Vgl. BGH, Urteil vom 13.07.1988 – VIII ZR 224/87, NJW 1989, 763, 764. 231  Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 196; Weiler, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucher­ recht, § 13, Rn. 17. 232  BGH, Urteil vom 02.03.1979 – V ZR 157/77, NJW 1979, S. 1979, 2243; BGH, Ur­ teil vom 12.07.2001 – IX ZR 360/00, NJW 2001, 3331, 3332 m. w. N.; BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3140 f. m. w. N. 233 Siehe dazu Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 44; Jauernig/Mansel, § 242 BGB, Rn. 19 ff.; etwas unklar Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­ tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 159; dies generell zum Grundsatz von Treu und Glauben bestätigend auch Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 196. 234  BGH, Urteil vom 13.07.1983 – VIII ZR 142/82, NJW 1983, 2493, 2494 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 28.04.1971 – VIII ZR 258/69, NJW 1971, 1795, 1799; BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3140 f. m. w. N.; i. d. S. sind nach der Rechtspre­ chung auch keine zu hohen Anforderungen an die Aufklärungspflichten zu stellen, BGH, Urteil vom 13.07.1988 – VIII ZR 224/87, NJW 1989, 763, 764 m. w. N. 235  Vgl. z. B. BGH, Urteil vom 16.10.1987 – V ZR 170/86, NJW‑RR 1988, 394 m. w. N.;



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick95

Aufklärungspflicht leitet die Rechtsprechung aus den konkreten Vertragsbezie­ hungen in Verbindung mit § 242 BGB ferner dann her, „wenn das Verschweigen von Tatsachen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen würde und der Erklärungsgegner die Mitteilung der verschwiegenen Tatsache nach der Verkehrsauffassung erwarten durfte“.236 Neben diesen von der Judikative auf Basis des Verbraucherschutzgedankens zur Haftung aus culpa in contrahendo entwickelten Informations- und Aufklärungspflichten237 wird zudem aus den § 138 BGB und § 123 BGB ein breiter Anwendungsbereich anerkannt, der in persönlicher Hinsicht insbesondere den Schutz von Verbrauchern umfassst.238 Sofern keine situationsspezifischen Informationserfordernisse vorgesehen sind, fehlt es demnach in Übereinstimmung mit dem Unionsrecht an einer all­ gemeinen Informa­tions­pflicht vor Vertragsschluss.239 Zusammenfassend ist daher die Existenz einer allgemeinen vorvertraglichen Informations- und Auf­ klärungspflicht zu verneinen, was insbesondere auch den Anforderungen der EuGH‑Rechtsprechung an die Umsetzung des verbraucherschützenden Sekun­ därrechts entspricht. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH bedürfen im Hinblick auf die gebotene Rechtssicherheit die Umsetzung verbraucherschutz­ rechtlicher Richtlinienbestimmungen einer klaren und bestimmten Regelung in den Mitgliedstaaten,240 was wohl grundsätzlich als Erfordernis geschriebener Regelungen verstanden werden kann.241 Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Begünstigten von ihren Rechten Kenntnis erlangen, sowie diese auch vor Gericht durchsetzen können.242 Diesem Erfordernis wird durch die umfang­ reiche Kodifikation besonderer Informa­tions­pflichten bei Verträgen im elek­ BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3140 f. m. w. N.; BGH, Urteil vom 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 m. w. N.; BGH, Urteil vom 11.11.2011 – V ZR 245/10, NJW 2012, 846, 847 m. w. N. 236  BGH, Urteil vom 13.07.1983 – VIII ZR 142/82, NJW 1983, 2493, 2494; ähnlich be­ reits BGH, Urteil vom 28.04.1971 – VIII ZR 258/69, NJW 1971, 1795, 1799; so wird z. B. im Reiserecht eine allgemeine Informa­tions­pflicht aus § 242 BGB über solche Informationen bejaht, die für die Reisedurchführung von wesentlicher Bedeutung sind, vgl. Bergmann, in: Tamm/Tonner (Hrsg), Verbraucherrecht, § 18, Rn. 68. 237  Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. 592; ebenso Unger, ZEuP 2012, 270, 284; zur Bedeutung der c. i. c. in Bezug auf vorvertraglichen Vertrauensschutz allgemein Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 66 ff. 238  Canaris, Schuldrechtsmodernisierung 2002, S. 592; nach Unger, ZEuP 2012, 270, 284, können sich daher allgemeine Aufklärungspflichten auch aus der drohenden Anfechtbarkeit nach § 123 BGB ergeben; Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 198, erörtern dies als „ge­ neralklauselartige“ Aufklärungspflichten. 239  Siehe bereits oben S. 87 ff. 240  Vgl. EuGH, Urteil vom 10.05.2001, Rs. C-144/99 (Kommission/Königreich der Niederlande), ErwGr. 17, 18, 21; mit Verweis auf EuGH, Urteil vom 23.03.1995, Rs. C-365/93 (Kommission/Griechenland), ErwGr. 9. 241 Ähnlich Unger, ZEuP 2012, 270, 284 f. 242  EuGH, Urteil vom 10.05.2001, Rs. C-144/99 (Kommission/Königreich der Niederlande), ErwGr. 17.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

tronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen ausreichend Rechnung getragen.

2.  Besondere vorvertragliche Informa­tions­pflichten für Fernabsatzverträge nach deutschem Recht Charakteristisch für die Regelungssystematik der besonderen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im sonstigen Fernabsatzrecht ist eine Grundregelung im BGB mit Verweis auf Vorschriften des EGBGB und somit ein Zusammenspiel zwischen BGB und EGBGB.243

a)  Fernabsatzrechtliche Informa­tions­pflichten nach der Schuldrechtsmodernisierung Auch bereits vor Umsetzung der VerbrRRL waren dem Fernabsatzrecht vorver­ tragliche Informa­tions­pflichten ebenso bekannt, wie ergänzende Informa­tions­ pflichten im E‑Commerce nach der ECRL. Im Wege der Schuldrechtsreform 2002 hat sich der Gesetzgeber für eine Umsetzung der Bestimmungen für be­ sondere Vertriebsformen wie Haustürgeschäfte, Fernabsatzverträge sowie Ver­ träge im elektronischen Geschäftsverkehr durch Einführung der §§ 312 – 312f a. F. BGB in das allgemeine Schuldrecht entschieden.244 Für Fernabsatzverträ­ ge bestimmten sich die dem Unternehmer obliegenden Informa­tions­pflichten nach § 312c BGB a. F., für Verträge im E‑Commerce nach § 312e BGB a. F. jeweils i. V. m. der BGB‑InfoV.245 Mit diesem Verweis wird das bereits früher bestehende Zusammenspiel des BGB und der separaten BGB‑InfoV deutlich.

b)  Rechtslage nach der Umsetzung der VerbrRRL Seit dem 13. Juni 2014 sind die Informa­tions­pflichten für Fernabsatzverträ­ ge i. S. d. § 312c BGB in Umsetzung des Art. 6 VerbrRRL nun in § 312d BGB geregelt.246 Neben dem Schutzinstrument der Widerrufsrechte kommt diesen 243 Vgl. Tonner, VuR 2013, 441, 446; Palandt/Grüneberg, § 312d BGB, Rn. 1 f.; zur Sys­ tematik siehe auch Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 66 ff.; ders., in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 15; Unger, ZEuP 2012, 270, 285; siehe auch Tonner, VuR 2013, 443, 446. 244  Wie zu den einzelnen Sekundärrechtsakten ausgeführt, dienen die Regelungen über be­ sondere Vertriebsformen vornehmlich dem Verbraucherschutz, wobei der persönliche Anwen­ dungsbereich bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr grundsätzlich auch Verträge mit Nicht-Verbrauchern erfasst, d. h. für Unternehmer im Verhältnis zu sämtlichen Kunden gilt (s. o., S. 61 ff.).; siehe auch Grigoleit, Besondere Vertriebsformen im BGB, NJW 2002, 1151 ff; ferner Frings, VuR 2002, 390, 396 f. 245 PWW/Medicus, 4. Aufl., § 312c BGB a. F., Rn. 2; Frings, VuR 2002, 390. 246  § 312d BGB regelt die Informa­tions­pflichten für außerhalb von Geschäftsräumen ge­ schlossene Verträge und Fernabsatzverträge und stellt diese beiden besonderen Vertriebsfor­ men insofern gleich, im Folgenden wird daher und aufgrund des beschränkten Themas dieser Arbeit auf den Hinweis der Geltung auch für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick97

daher weiterhin zentrale Bedeutung zu.247 Nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB ist der Unternehmer bei Fernabsatzverträgen verpflichtet, den Verbraucher nach Maß­ gabe des Artikels 246a EGBGB zu informieren. Welche Informationen inhalt­ lich zu erteilen sind folgt demnach aus Art. 246a EGBGB.248 § 312d Abs. 1 S. 2 BGB stellt zudem ausdrücklich klar, dass die in Erfüllung der Informa­tions­pflicht nach Abs. 1 S. 1 gemachten Angaben des Unternehmers Vertragsinhalt werden, es sei denn, die Parteien haben ausdrücklich eine ab­ weichende Vereinbarung getroffen.249 Eine solche abweichende Vereinbarung muss ausdrücklich erfolgen, schlüssiges Handeln oder gar Schweigen reichen insofern nicht aus.250 Die Problematik der abweichenden Vereinbarung durch schlüssiges Handeln oder Schweigen kann sich in der Praxis beispielsweise im Zusammenhang mit im Widerspruch zu den Informationen stehenden AGB des Unternehmers stellen. Erhält der Verbraucher vom Unternehmer nach erfolgter vorvertraglicher Information AGB mit abweichenden oder den vorherigen In­ formationen widersprechenden Bestimmungen, so kommt eine Änderung le­ diglich bei ausdrücklicher Zustimmung des Verbrauchers zu diesen AGB in Be­ tracht.251 Erteilt der Unternehmer im Zusammenhang mit den vorvertraglichen Informationen nicht übereinstimmende AGB, so ist es ihm nach § 242 BGB wegen widersprüchlichen Verhaltens verwehrt, sich auf diese abweichenden AGB zu berufen.252 Der Verbraucher soll somit vor nicht zu erwartendem, wi­ dersprüchlichem Verhalten des Unternehmers geschützt werden, indem ein Un­ terlaufen der vorvertraglich erteilten Informationen durch abweichende AGB vermieden werden soll. Der umfangreiche Katalog an Informa­tions­pflichten in Art. 246a § 1 EGBGB ist mit Umsetzung der VerbrRRL im Vergleich zum alten Recht um eini­ ge Pflichtangaben reduziert worden.253 Allerdings wurden diese nicht gestri­ chen, sondern finden sich teilweise an anderer Stelle wieder.254 In Art. 246a § 1 EGBGB werden grundlegende Informa­tions­pflichten für Fernabsatzver­ Verträge verzichtet.; Palandt/Grüneberg, § 312d BGB, Rn. 1 f.; zur Systematik siehe auch Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 66 ff.; ders. in Spindler/ Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 15. 247  Das Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge ist in § 312g geregelt; insgesamt zur Bedeu­ tung Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193; Palandt/Grüneberg, Vorb. v. § 312 BGB Rn. 1; Hörmann, S. 101. 248 In Umsetzung der Art. 6 bis 8 VerbrRRL.; vgl. Palandt/Grüneberg, Art. 246 a § 1 EGBGB, Rn. 1 ff.; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 15; Palandt/ Grüneberg, § 312d BGB, Rn. 2; Unger, ZEuP 2012, 270, 285. 249  Vgl. auch Art. 6 Abs. 5 VerbrRRL; Palandt/Grüneberg, § 312d BGB, Rn. 2. 250 Vgl. hierzu die Begründung des Gesetzentwurfes zur Umsetzung der VerbrRRL, BT‑Drs. 17/12637, S. 54; Palandt/Grüneberg, § 312d BGB, Rn. 2. 251  BT‑Drs. 17/12637, S. 54. 252 Ebd. 253 Vgl. Junker, in: jurisPK‑BGB, § 312d BGB, Rn. 9. 254 Vgl. Junker, in: jurisPK‑BGB, § 312d BGB, Rn. 9.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

träge normiert, mit Ausnahme von Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleis­ tungen.255 Die Regelung des Art. 246a § 1 EGBGB lässt sich untergliedern in allgemeine vorvertragliche Informa­tions­pflichten, Abs. 1 Nr. 1 – 16, sowie be­ sondere Informa­tions­pflichten im Sinne einer Widerrufsbelehrung in Abs. 2, welche durch Abs. 3 ergänzt werden.256 Die ordnungsgemäße Widerrufsbeleh­ rung wird nach deutschem Recht ebenso wie die sonstigen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten des Unternehmers als echte Rechtspflicht verstanden,257 sodass der Verbraucher einen Anspruch auf deren Erfüllung hat.258 Dem An­ spruch auf Erfüllung kommt insofern Bedeutung zu, als durch die Erfüllung der Beginn der Widerrufsfrist ausgelöst wird. In der Praxis ist die Bedeutung allerdings von keiner allzu großen Relevanz, da inzwischen das ewige Wider­ rufsrecht abgeschafft wurde259 und generell betrachtet eine Nachholung der In­ formation im Sinne nachträglicher Erfüllung nicht mehr Einfluss auf die ge­ wünschte informierte Entscheidung haben kann. Die Erfüllung der Widerrufsbelehrung kann nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB durch die Übermittlung der in Anlage 1 vorgesehenen Musterwider­ rufsbelehrung erfolgen. Die Verwendung dieses Musters ist jedoch nicht zwin­ gend, sondern fakultativ.260 Des Weiteren enthält Art. 246a § 2 EGBGB erleich­ terte Informa­tions­pflichten bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten und § 3 erleichterte Informa­tions­pflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit. Im Bereich des Fernabsatzrechts können die Neuregelungen wohl als vorläu­ figes Ende einer stetigen Weiterentwicklung dieser Materie in den letzten Jah­ ren bezeichnet werden. Insbesondere Rechtsanwender sehen sich dabei nicht selten mit Schwierigkeiten konfrontiert, mit den jeweiligen gesetzlichen Neue­ rungen mitzuhalten und diese ordnungsgemäß zu erfüllen.261 Hinsichtlich des Zeitpunkts sowie sonstiger formaler Anforderungen enthält weder § 312d noch Art. 246a § 1 EGBGB eine konkretisierende Regelung.262 Das Erfordernis der vorvertraglichen Informationserteilung folgt aus Art. 246a 255 

Für Informa­tions­pflichten bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Ver­ trägen und Fernabsatzverträgen von Finanzdienstleistungen gilt § 312 Abs. 2 BGB i. V. m. Art. 246b EGBGB. Insofern wird teilweise vertreten, dass § 312d Abs. 1 BGB gegenüber Abs. 2 als nachrangig anzusehen und nur für solche Fernabsatzverträge greift, deren Vertrags­ gegenstand eben nicht Finanzdienstleistungen betrifft, vgl. so z. B. MüKo BGB/Wendehorst, § 312d BGB, Rn. 4; eine solche Nachrangigkeit unerwähnt lässt Palandt/Grüneberg, § 312d BGB, Rn. 2 f. 256  Vgl. insgesamt Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 1 EGBGB, Rn. 2 ff. 257 Palandt/Grüneberg, § 312d BGB, Rn. 2; siehe z. B. auch die Entscheidung des BGH, Urteil vom 19.09.2006 – XI ZR 204/04, die Verletzung der unterlassenen Widerrufsbelehrung im Rahmen einer Haustürsituation als echte Rechtspflicht betonend. 258 Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 12, sowie Art. 246a § 1 EGBGB, Rn. 7. 259  Eingehend zur Sanktion der verlängerten Widerrufsfrist im vierten Teil, unter B. 260 Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 1 EGBGB, Rn. 8. 261  Ähnlich MüKo BGB/Wendehorst, § 312 BGB, Rn. 2. 262  Zum zeitlichen Kriterium in den Richtlinien insoweit oben, S. 87 ff.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick99

§ 4 EGBGB, welcher in Umsetzung des Art. 8 Abs. 1 VerbrRRL formale An­ forderungen an die Erfüllung der Informa­tions­pflichten im Rahmen von Fern­ absatzverträgen normiert.263 Aus Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB folgt, dass die in § 1 bis 3 normierten Informationen dem Verbraucher vor Abgabe der Ver­ tragserklärung in klarer und verständlicher Weise erteilt werden müssen.264 Das Entfallen des vorher maßgeblichen Rechtzeitigkeitskriteriums, d. h. Erteilung „rechtzeitig“ vor Abgabe, entspricht der Neuerung durch die VerbrRRL im Ver­ gleich zur Vorgängerbestimmung in der FARL und stellt einen wichtigen Unter­ schied im Vergleich zur vorherigen Rechtslage dar.265 Zudem erfolgt hierdurch eine Annäherung an den maßgeblichen Zeitpunkt vor Abgabe der Erklärung im Rahmen des Bestellvorgangs im E‑Commerce nach § 312j Abs. 1 BGB266 und ist somit insgesamt im Sinne der Kohärenz zu begrüßen. Die allgemeinen Anforderungen für die speziellen Vertriebsformen werden jeweils gesondert in Art. 246a § 4 Abs. 2 und 3 EGBGB ergänzt.267 Für Fern­ absatzverträge fordert Abs. 3, dass der Unternehmer dem Verbraucher die In­ formationen in einer den verwandten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise zur Verfügung stellt (S. 1), abweichend hiervon kann der Unternehmer die in § 3 S. 2 genannten Informationen dem Verbraucher in geeigneter Weise zugänglich machen (vgl. S. 3). Soweit die Informationen auf einem dauerhaf­ ten Datenträger zur Verfügung gestellt werden, müssen sie lesbar sein sowie die Person des erklärenden Unternehmers nennen.

3.  Zusätzliche vorvertragliche Informa­tions­pflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nach nationalem Recht Bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr hat der Unternehmer nach nationalem Recht in Umsetzung der ECRL268 besondere Anforderungen zu be­ achten. Vor allem in Zeiten des Online-Handels kommt im Hinblick auf die gewünschte Rechtssicherheit und Transparenz dem Zeitpunkt des Vertrags­ schlusses und der Frage, ab wann eine rechtliche Bindung genau eintritt immer mehr Bedeutung zu.269 Die nach deutschem Recht bewährten allgemeinen Ver­ 263 Für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen enthalten Art. 246b § 1und § 2 EGBGB besondere Regelungen betreffend die Erteilung vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichten; vgl. zum Zeitpunkt der Erteilung Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 4 EGBGB, Art. 246 EGBGB Rn. 3; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 36. 264 Vgl. Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 4 EGBGB, Rn. 1; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 36. 265  Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 76; noch zur FARL Kunz, S. 67 f.; nach Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 3, sind die Informationen grund­ ätzlich so rechtzeitig zu erteilen, dass sie ihren Zweck erfüllen können. 266  Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 36. 267 Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 4 EGBGB, Rn. 1. 268  S. o. S. 91 ff. 269 Ähnlich Föhlisch/Stariradeff, NJW 2016, 353.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

tragsschlussregeln können teilweise nur durch äußerst komplexe Gestaltungen mit technisch bedingten Neuerungen in einigen Bereichen der Rechtsgeschäfte Schritt halten, was nicht selten zu unerwünschter Intransparenz sowie mögli­ cherweise falscher Einordnung und somit fehlerhaften Ergebnissen führt.270 In­ sofern hat der Gesetzgeber für den bedeutenden Sektor des Online-Handels in jüngster Zeit Neuerungen erlassen, welche einige der in Zusammenhang mit dem Prozess des Vertragsschlusses im Internet bestehenden Probleme, insbeson­ dere die Gefahr des Missbrauchs und fehlender Transparenz, beseitigen soll. Die im elektronischen Geschäftsverkehr maßgeblichen allgemeinen Pflich­ ten finden sich in § 312i BGB. Mittels dieser Norm wurden die Art. 10 und 11 der ECRL umgesetzt.271 Während § 312i BGB allgemeine Pflichten im elektro­ nischen Geschäftsverkehr normiert, sieht § 312j BGB besondere Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern vor.

a)  Allgemeine Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312i BGB i. V. m. Art. 246c EGBGB Die Anwendbarkeit der in § 312i BGB statuierten allgemeinen Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr ist ebenso wie nach der ECRL generell an­ zunehmen,272 d. h. der Unternehmer muss diese Verpflichtungen gegenüber sämtlichen Kunden erfüllen, sodass es auf deren Verbrauchereigenschaft nicht ankommt. So hat der Unternehmer bei Verträgen im elektronischen Geschäfts­ verkehr gem. § 312i Abs. 1 S. 1 BGB dem Kunden neben einer effektiven Möglichkeit zur Korrektur von Eingabefehlern (Nr. 1), vor allem auch die in Art. 246c EGBGB bestimmten Informationen rechtzeitig vor Abgabe seiner Be­ stellung klar und verständlich mitzuteilen (Nr. 2).273 Diese entsprechen inhalt­ lich der früheren Regelung des Art. 246 § 3 EGBGB.274

b)  Besondere Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern gem. § 312j BGB Nach der Vorschrift des § 312j Abs. 1 BGB hat der Unternehmer in Umsetzung der Art. 8 Abs. 2 und 3 VerbrRRL275 den Verbraucher auf Websiten des elektro­ nischen Geschäftsverkehrs zusätzlich zu den Angaben nach § 312i BGB spätes­ tens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich darüber zu informieren, ob Lieferbeschränkungen bestehen und welche Zahlungsmittel akzeptiert wer­ den. Intention dieser zusätzlichen Informa­tions­pflicht ist es, Verbraucher vor 270 

Ähnlich auch Föhlisch/Stariradeff, NJW 2016, 353.

271 Palandt/Grüneberg, Art. 312i BGB, Rn. 1. 272  Zum Anwendungsbereich bereits zuvor, S. 65 ff.

273  Ferner ist ebd. in Nr. 3 eine Zugangsbestätigung vorgesehen sowie in Nr. 4 der Abruf der Vertragsbestimmungen, einschließlich der AGB, bei Vertragsschluss. 274  BT‑Drs. 17/12637, S. 76; Palandt/Grüneberg, Art. 246c EGBGB, Rn. 1. 275  Siehe bereits zuvor S. 67 f.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick101

der Preisgabe persönlicher Daten sowie dem Gefühl einer bereits eingetrete­ nen vertraglichen Bindung zu schützen, wenn sie im Nachhinein erst erken­ nen, dass die Angaben aufgrund von Einschränkungen der Liefermöglichkeiten (z. B. Ware erst in drei Wochen verfügbar) oder Zahlungsweisen (z. B. Zah­ lung nur via PayPal) für den Verbraucher sinnlos war.276 Nach teilweiser Auf­ fassung ist der Regelung des § 312j BGB neben den Vorschriften über Zah­ lungs- und Lieferbedingungen nach § 312d Abs. 2 i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 7 EGBGB abgesehen von der zeitlichen Vorverschiebung der Informations­ erteilung auf den Beginn des Bestellvorgangs kaum Bedeutung zuzumessen.277 Dies erscheint jedoch kaum überzeugend, da die Vorverlegung der Informa­ tions­pflicht vor dem Starten des eigentlichen Bestellvorgangs den Verbrau­ cher durchaus vor aus seiner Sicht überflüssiger Datenpreisgabe schützen kann, wenn er aufgrund des Liefertermins oder eingeschränkter Zahlungsweisen be­ schließt, den Bestellprozess erst gar nicht in Gang zu setzen. Im Gegenzug ist die Beschränkung des persönlichen Anwendungsbereichs auf B2C‑Verträge zu begrüßen, da insofern eine unnötige Ausdehnung der Informa­tions­pflicht auf B2B‑Verträge vermieden wird. Hat ein B2C‑Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand, so muss dieser dem Verbraucher nach § 312j Abs. 2 BGB die Informationen nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 4, 5, 11 und 12 EGBGB unmittelbar bevor er seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen.278 Diese kumula­ tiven Informa­tions­pflichten betreffen neben der Warenbeschaffenheit allesamt die für den Verbraucher maßgeblichen Fragen der insgesamt auf ihn zukom­ menden Zahlungsverpflichtung hinsichtlich Höhe und Dauer, sowie mögliche Beendigungsoptionen.279 Ferner besteht mit der Regelung der Button-Lösung nach § 312j Abs. 3 BGB eine besondere Anforderung für Verbraucherverträge im E‑Commerce, die als Neuerung der VerbrRRL im Vergleich zum vorhergehenden universalen Ansatz der ECRL, d. h. der Nichtbeschränkung der Pflichterfüllung auf B2C‑Verträ­ ge, verstanden werden kann.280 Für entgeltliche im elektronischen Geschäfts­ 276 

Ähnlich MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 2. zumindest MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 2; kritisch zur konkret feh­ lenden Regelung des Bestellvorgangs im elektronischen Geschäftsverkehr Möller, BB 2014, 1411, 1414. 278  Hinsichtlich der zu erteilenden Informationen verweist § 312j Abs. 2 BGB auf Art. 246a § 1 S. 1 Nr. 1 (wesentliche Eigenschaften der Ware), Nr. 4 (Gesamtpreis der Waren), Nr. 5 (Ge­ samtpreis bei unbefristeten oder Abo-Verträgen), Nr. 11 (Laufzeit oder Kündigungsmodalitä­ ten) und Nr. 12 EGBGB (Mindestdauer der vertraglich eingegangenen Verpflichtungen). 279  Nach der von Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 46, vertretenen Ansicht finden im „Kaskadensystem“ der vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten diese im elektronischen Geschäftsverkehr ihren Höhepunkt. 280  Dazu später ausführlich im vierten Teil, unter F. I. 2. 277  So

102

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

verkehr geschlossene B2C‑Verträge ist nach der Button-Lösung für die Wirk­ samkeit des Vertragsschlusses nach § 312j Abs. 3 S. 1 BGB eine ausdrückliche Bestätigung der Zahlungspflicht Voraussetzung, für Bestellungen über Schalt­ flächen besteht nach Abs. 3 S. 2 das Erfordernis einer bestimmten Information auf der konkreten Bestellfläche, wie z. B. „kostenpflichtig bestellen“. Es han­ delt sich somit um eine Kumulation aus formaler Anforderung und besonderer Informa­tions­pflicht im elektronischen Geschäftsverkehr.281

c)  Besondere Pflichten bei Zusammentreffen mit speziellen Vertragstypen am Beispiel des Pauschalreisevertrags Denkbar ist auch eine mögliche Kumulation mehrerer vorvertraglicher Informa­tions­pflichten, beispielsweise bei online gebuchten Pauschalreisen. Pauschalreisen waren in den vergangenen Jahren Gegenstand der Entwicklung des Unions-Sekundärrechts282 und stellen einen typischen Sektor des Binnen­ markts dar.283 Im Reiserecht nehmen Online-Buchungen einzelner Reiseleis­ tungen oder von Pauschalreisen eine zunehmend bedeutende Stellung ein.284 In diesem Bereich sind daher vorvertragliche Informa­tions­pflichten ebenfalls grundsätzlich von besonderer Bedeutung,285 auch wenn dieser Sektor nicht dem Regelungsbereich der VerbrRRL unterfällt.286 Nach dem neuen, am 1. Juli 2018 in Kraft getretenen Reiserecht, muss der Reiseveranstalter dem Reisen­ den bereits vor Abgabe seiner Vertragserklärung bestimmte Informationen er­ teilen, um eine fundierte Entscheidung zu ermöglichen, zudem ist auch der Reisevermittler zur vorvertraglichen Unterrichtung des Reisenden verpflich­ tet.287 Die im Rahmen einer Pauschalreise zu erfüllenden Informa­tions­pflichten 281  Ebenfalls später dazu im vierten Teil, unter F. I. 2. d). 282 Vgl. die RL 90/314 EWG des Rates vom 30. Juni 1990

über Pauschalreisen (Pau­ schalRRL) sowie die Reform durch die neue PauschalreiseRL: RL (EU) 2015/2302 des Par­ laments und des Rates vom 25. November 2015 über Pauschalreisen und verbundene Reise­ leistungen, zur Änderung der Verordnung (EG) 2006/2004 und der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 90/314 EWG des Rates. 283  Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 13, Rn. 5. 284 Zur zunehmenden Bedeutung des Internets im Pauschalreisesektor Luzak, EuCML 2016, 130, 133; zur vereinfachten Buchung mehrerer Einzelreiseleistungen Tonner, EuCML 2016, 117. 285 Nach Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 13, Rn. 11 (noch zum alten Reiserecht), han­ delt es sich um ein eigenes Informationssystem. 286  Gem. Art. 3 Abs. 3 lit. g) VerbrRRL gilt diese nicht für solche Reiseverträge, die in den Geltungsbereich der Pauschalreiserichtlinie fallen. Nach ErwGr. 32 der VerbrRRL soll die RL für Verträge nach bestimmten anderen RLen, die bereits selbst viele Verbraucherschutzrege­ lungen enthalten, nicht gelten. So finden auf Pauschalreisen nur die in der PauschalreiseRL selbst vorgesehenen Pflichten Anwendung; z. B. die Ausnahme in Bezug auf die Umsetzung ins deutsche Recht als wenig überzeugend kritisierend Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 5. 287  Vgl. z. B. Führich, NJW 2017, 2945, 2947; Tonner, EuZW 2016, 95 ff.; noch zum alten Recht Schulte-Nölke, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, § 23, S. 1333.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick103

werden nach der neuen Rechtslage ausgeweitet, insofern verweisen insbeson­ dere die § 651d Abs. 1 BGB und § 651v Abs. 1 BGB n. F. auf Art. 250 §§ 1 bis 3 EGBGB.288 Aufgrund der gesetzlichen Ausgestaltung als Haupt- und nicht nur Nebenleistungspflicht kommt den Informa­tions­pflichten im Reisevertrags­ recht besondere Bedeutung zu.289 Während Verbraucher durch das Pauschal­ reiserecht besonders geschützt sind, unterfallen solche Reisende, die ihre Reise im Internet aus mehreren Einzelleistungen selbst kombinieren, zumindest grundsätzlich nicht diesem Schutz, was im Zeitalter der digitalen Revolution zu Recht kritisch betrachtet wurde.290 Für verbundene Online-Buchungen er­ scheint vor dem Hintergrund des Schutzaspekts insofern die nach § 651c BGB n. F. neue sog. „click-through-Regelung“ interessant, wonach der Gesetzgeber die Weiterleitung von der Website eines Leistungserbringers via Link auf die Website eines anderen Leistungserbringers erfassen will und eine Pauschalrei­ se auch vorliegen soll, wenn Daten des Reisenden (Name, E‑Mail Adresse) an den anderen Leistungserbringer übertragen werden und mit diesem ein weiterer Vertragsschluss spätestens 24 Stunden nach dem Vertragsschluss über die erste Reiseleistung erfolgt.291

III.  Vorvertragliche Informa­tions­pflichten des DCFR Auch der DCFR enthält Regelungen zu Informa­tions­pflichten im Vertrags­ recht,292 was insbesondere im Hinblick auf die Referenzquelle der ACQP und der Vielzahl verbraucherschützender acquis-Regelungen auch kaum zu über­ raschen vermag.293 Generell verfolgt der DCFR die Prinzipien der Freiheit und Gerechtigkeit, wobei konkret die Vertragsfreiheit als Ausgangspunkt und Be­ schränkungen durch zwingendes Recht als zu rechtfertigende Ausnahme gelten sollen.294

288  Da

eine eingehende Darstellung an dieser Stelle zu weit führen würde vgl. zu den Neuerungen der weitergehenden Informa­tions­pflichten im Pauschalreiserecht unter Aufgabe der frühreren BGB‑InfoV im Einzelnen z. B. Führich, NJW 2017, 2945 ff., 2947. 289  Eingehend noch zur alten Rechtslage MüKo BGB/Tonner, § 651a, Rn. 74 ff. 290  Tonner, EuCML 2016, 117. 291 Dazu Führich, NJW 2017, 2945 ff., 2947; kritisch in Bezug auf die einfache Möglich­ keit der Umgehung Tonner, EuZW 2016, 95, 96. 292 Kritisch bspw. Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 544 f. 293  Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 102, bezeichnet die vorvertraglichen Informa­tions­pflichten insofern als „key areas“. 294  Siehe zur Interim Outline Edition von Bar/Clive/Schulte-Nölke, (Hrsg.), DCFR, Outline Ed., S. 14; vgl. Wagner, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 1, 12; kritisch zur „Prinzipienvielfalt“ E ­ idenmüller/Faust/ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 534.

104

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

1.  Existenz einer allgemeinen Informa­tions­pflicht im DCFR Ein wesentliches Prinzip des acquis, welches auch den DCFR in großen Teilen prägt, ist der Grundsatz von Treu und Glauben (good faith and fair dealing), auf welchen einige der Bestimmungen im DCFR ausdrücklich rekurrieren.295 Dieser Grundsatz wird als Verhaltensstandard beschrieben, welcher durch die Merkmale der Redlichkeit, Offenheit und Rücksicht auf die andere Partei eines Rechtsverhältnisses gekennzeichnet ist.296 Dies umfasst im Ergebnis auch einen Schutz vor einem enttäuschten Vertrauen auf ein Verhalten oder eine Aussage der anderen Partei.297 Hierunter kann gerade auch die bewusst fehlerhafte oder unterlassene Erteilung von Informationen fallen, woraus man im Gegensatz zu den Richtlinien und nationalem Recht eine allgemeine Informa­tions­pflicht ab­ leiten kann. Allerdings ist der DCFR (im Gegensatz zu den PECL298) nicht als generell unter diesem Grundsatz stehend anzusehen.299 Dies wird unter ande­ rem dadurch deutlich, dass in der Interim Outline Edition die in Art. II. – 1:102 DCFR statuierte Parteiautonomie noch ausdrücklich durch den Grundsatz „good faith and fair dealing“ beschränkt wurde, während in der Final Edition auf den Zusatz verzichtet wurde und die Parteien in dieser Fassung vorbehaltlich ein­ schlägiger zwingender Vorschriften Verträge grundsätzlich frei schließen oder andere Rechtsgeschäfte vornehmen können.300 Diese Änderung ist wohl als Re­ aktion und Konsequenz der Kritik an dem ursprünglich vorgesehenen allgemei­ nen Grundsatz von Treu und Glauben zu verstehen.301 Insbesondere wurde kritisiert, dass die Vertragsfreiheit durch die frühere Regelung unter den all­ 295 Vgl. Mekki/Kloepfer-Pelèse, ERCL 2008, 338, 359 f.; siehe auch Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 95, 99; MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 165; siehe auch Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 544 f. 296  Vgl. die Definition im Anhang des DCFR zu Treu und Glauben und redlicher Ge­ schäftsverkehr; siehe auch MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 165; ferner dazu Mekki/ Kloepfer-Pelèse, ERCL 2008, 338, 342 ff. 297  Ähnlich MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 165. 298  Vgl. Art. 1:201 Abs. 1 PECL: „Parties are free to enter into a contract and to deter­ mine ist contents, subject to the requirements of good faith and fair dealing, and the man­ datory rules established by these Principles.“; siehe ferner MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 166; Dajcak, GPR 2009, 63, 64 f.; zu dem restriktiveren Ansatz des Art. 2:101 ACQP Twigg-­Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 95,99. 299  Dajcak, GPR 2009, 63 f.; MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 166. 300  Vgl. MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 166; siehe auch von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Art. II. – 1:102, S. 131, in den Comments findet sich jedoch eine beispiel­ hafte Bezugnahme auf den Grundsatz. So wird als Beispiel der Abbruch von Vertragsverhand­ lungen im Widerspruch zu „good faith and fair dealing“ genannt, welcher nach Art. II. – 3:301 DCFR einen Schadensersatzanspruch begründen kann. 301 Kritisch Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 530, 538; näher dazu Dajcak, GPR 2009, 63, 65 f.; MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 166, welcher diese Neuerung als „rechtspolitischen wie rechtskulturellen Kompromiss“ einordnet.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick105

gemeinen Vorbehalt des Grundsatzes von Treu und Glauben gestellt werde und dies verbunden mit einer relativ geringen Eingriffsschwelle die Möglichkeit einer allgemeinen richterlichen Inhaltskontrolle eröffne.302 Eine allgemeine Offenbarungspflicht ist zudem ausdrücklich in Art. II.  – 3:101 DCFR geregelt. Demnach muss ein Unternehmer dem Vertragspartner vor Abschluss eines Vertrages über die Lieferung von Waren, anderen Ver­ mögensgegenständen oder Dienstleistungen, diejenigen Informationen über die zu liefernden Waren, anderen Vermögensgegenstände oder Dienstleistungen of­ fenbaren, die die andere Partei vernünftigerweise unter Berücksichtigung der nach den Umständen üblichen Qualitäts- und Leistungsstandards erwarten kann (Art. II. – 3:101 Abs. 1 DCFR). Diese allgemeine Offenbarungspflicht gilt auch gegenüber Unternehmern, allerdings ist bei diesen einschränkend zu prüfen, ob eine unterbliebene Mitteilung von der guten Handelspraxis abweichen würde (Art. II. – 3:101 Abs. 2 DCFR).

2.  Besondere Informa­tions­pflichten nach dem DCFR Im Hinblick auf die Regelungen der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten in Art. II. – 3:103 bis 3:105 DCFR ist zunächst zu festzustellen, dass ein gene­ reller Ansatz im Sinne einer verallgemeinernden Darstellung gewählt wurde. So ist wie soeben ausgeführt in Art. II – 3:101 DCFR zunächst eine allgemei­ ne Informa­tions­pflicht geregelt, die durch besondere Informa­tions­pflichten für die Vermarktung an Verbraucher in Art. II. – 3:102 DCFR ergänzt wird. Auf­ fällig ist folglich, dass die Informa­tions­pflichten auch auf B2B‑Verträge (vgl. Art. II. – 3:101 DCFR) erstreckt werden, während in den meisten Richtlinien solche Pflichten auf B2C‑Verträge beschränkt sind.303 Die besonderen Informa­ tions­pflichten für B2C‑Verträge in Art. II. – 3:102 DCFR werden wiederum für besondere Vertragsschlusssituationen wie insbesondere Fernabsatz­verträge in den Art. II. – 3:103 ff. DCFR ergänzt.304 Teilweise wird die generalklauselarti­ ge Ausgestaltung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten ohne eine hinrei­ chende systematische Abstimmung kritisiert, welche als konträr zu dem acquisAnsatz einer konkretisierenden Aufzählung einzuordnen ist.305 Insbesondere 302 So Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 530, 538; dies auf­ greifend Dajcak, GPR 2009, 63, 65. 303  Vgl. zum Anwednungsbereich der FARL und VerbrRRL oben, S. 62 ff.; Die umfangrei­ che Normierung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten stellt ebenso einen bedeutenden Un­ terschied zu den PECL dar, die hierfür keine Grundlage bieten, vgl. Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 81; siehe auch Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 102. 304 Siehe hierzu Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 81 f. 305  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 530, 544; dementspre­ chend den unionsrechtlichen Ansatz der ECRL und FARL, welche auf eine Generalklausel verzichten, wohl befürwortend Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­

106

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

spricht gegen den generalklauselartigen Ansatz die damit einhergehende Rechts­ unsicherheit. Auch wenn bei einem europäischen Regelwerk eine gewisse Ver­ allgemeinerung unumgänglich ist, sollte die Konkretisierung der vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichten nicht überwiegend der Auslegung durch derzeit nicht existente, gegebenenfalls in der Zukunft zu schaffende spezielle europäi­ sche Zivilgerichte vorbehalten sein.306

a)  Besondere Informa­tions­pflichten für an Verbraucher vermarktende Unternehmer nach Art. II. – 3:102 DCFR In Anlehnung an das Lauterkeitsrecht statuiert Art. II. – 3:102 Abs. 1 S. 1 DCFR ein grundlegendes Irreführungsverbot, welches Unternehmern, die (unter an­ derem) Waren an Verbraucher vertreiben, verbietet irreführende Informationen zu erteilen. Entsprechend der Konkretisierung des Abs. 1 S. 2 sind Informatio­ nen irreführend, wenn der Unternehmer wesentliche Fakten falsch darstellt oder diese vorenthält und deren Mitteilung der vernünftige Verbraucher im Hinblick auf eine informierte Entscheidung über den Abschluss des Vertrags erwarten konnte. Gem. S. 3 sind zur Bestimmung der Erwartung des Durchschnittsver­ brauchers neben den Umständen des Einzelfalls auch die Einschränkungen des verwendeten Kommunikationsmittels zu berücksichtigen.307 Gem. Art. II. – 3:102 DCFR wird für kommerzielle Kommunikationen die Vollständigkeit der Informationen wie wesentliche Wareneigenschaften, Identitätsangaben, Anga­ ben zum Preis und zu einem bestehenden Widerrufsrecht gefordert.

b)  Besondere vorvertragliche Informa­tions­pflichten nach Art. II. – 3:103 DCFR bei Verträgen mit besonderem Nachteil für Verbraucher (particular disadvantage) Art. II.  – 3:103 DCFR statuiert keine generelle Informa­tions­pflicht, sondern sieht die Pflicht zur Informationserteilung für solche B2C‑Verträge vor, für die eine besondere Benachteiligung der Verbraucher signifikant ist.308 Hierunter fallen sollen bspw. offensichtliche, informationsbedingte Nachteile aufgrund pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 162; zu den Risiken der Verallgemeinerung siehe auch Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 198 f.; sowie eingehend zu generalklausel­ artigen Aufklärungspflichten Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmer­ mann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201 ff. 306 Ebenso Faust/Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193, 199. 307  Vgl. insgesamt hierzu die von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:102 DCFR, S. 211 f., wonach das Irreführungsverbot auf Art. 7 Abs. 1 der UGPRL beruht. 308  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:103 DCFR, S. 213; Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 202.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick107

physischer Distanz beim Vertragsschluss und somit Fernabsatzverträge.309 Nach Art. II. – 3:103 Abs. 1 S. 1 DCFR ist der Unternehmer allgemein ver­ pflichtet, dem Verbraucher klare Informationen über die Hauptcharakteristika der Waren mitzuteilen, welche nach der beispielhaften Aufzählung u. a. Iden­ tität des Unternehmers, Preis und Widerrufsrechte umfassen. Im Vergleich zu den unionsrechtlichen (siehe oben, S. 87 ff.) und nationalen Regelungen (siehe oben, S. 92 ff.) fällt daher die fehlende Einzelauflistung spezifischer Informa­ tions­pflichten auf. Dieser häufig als generalistisch bezeichnete Ansatz stößt in der Literatur auf Kritik und Ablehnung.310 Diese Pflicht wird für bestimmte Vertragsschlusssituationen wie beispielsweise Fernabsatzverträge ergänzt und teilweise konkretisiert, z. B. zu der zu beachtenden Form. So fordert Art. II. – 3:106 Abs. 1 DCFR die Erteilung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten in klarer und verständlicher Weise. Zusätzlich tritt bei B2C‑Verträgen nach Art. II – 3:106 Abs. 2 DCFR das Schriftformerfordernis hinzu.

c)  Besondere vorvertragliche Informa­tions­pflichten gem. Art. II. – 3:104 DCFR für Echtzeit-Fernkommunikationen Eine besondere Regelung zur Erfüllung der Informa­tions­pflichten im Rah­ men von sog. Echtzeit-Fernkommunikation sieht Art. II. – 3:104 DCFR für B2C‑Verhältnisse vor. Nimmt ein Unternehmer eine Echtzeit-Fernkommunika­ tion mit einem Verbraucher auf, so hat er nach Art. II. – 3:104 Abs. 1 DCFR die Pflicht, den Verbraucher zu Beginn über seine Identität und den geschäftlichen Zweck des Kontakts zu informieren. Diese Regelung geht unter anderem auf Art. 4 Abs. 3 der früheren FARL zurück (heute Art. 8 Abs. 5 VerbrRRL) und soll insbesondere direkte Kommunikationen über Telefon oder Voice over IP erfas­ sen, nicht aber Kommunikationen via E‑Mail.311 Die mit Art. II. – 3:104 Abs. 2 DCFR angestrebte Konkretisierung erscheint aber nur ansatzweise gelungen. Für die Anwendbarkeit im Einzelfall wird es stets auf die direkte Kommunika­ tionsmöglichkeit ankommen. Der Informa­tions­pflicht des Art. II. – 3:104 Abs. 1 DCFR kommt eine gewisse Warnfunktion zu, mit dem Ziel, dem Verbraucher sogleich mit Beginn der Vertragsverhandlungen bewusst zu machen, dass dieser an einer kommerziellen Kommunikation teilnimmt und daher Angaben des Un­ 309 

von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:103 DCFR, S. 213; siehe auch Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, 71, 81 f. 310 Insbesondere Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 530, 544 f; weniger kritisch Piers, ZEuP 2012, 867, 875. 311  Der Begriff der Echtzeit-Fernkommunikation wird in Art. II. – 3:104 Abs. 2 DCFR näher definiert. Demnach fällt hierunter jede „direkte und unmittelbare Fernkommunikation, bei der eine Partei, die andere im Laufe der Kommunikation unterbrechen kann. Dies schließt telefonische und elektronische Mittel wie Voice over Internet Protocol und internetbezogenen Chat, nicht aber E‑Mail ein.“; siehe dazu von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Com­ ments Art. II. – 3:104, S. 218 f.; zum Vertragsschluss über Mobilfunk, Internettelefonie nach deutschem Recht siehe auch MüKo BGB/Wendehorst, Art. 246b § 2 EGBGB, Rn. 38.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

ternehmers mit der erforderlichen Aufmerksamkeit und Vorsicht bewerten soll­ te.312 Erfüllt ist die Pflicht nach der allgemeinen Regelung zur Erteilung grund­ sätzlich erst dann, wenn die Informationen eindeutig sowie in einfacher und verständlicher Sprache formuliert sind, Art. II. – 3:106 Abs. 2 DCFR.313 Mehr­ deutige oder missverständliche Angaben sollten daher ebenso wie gegebenen­ falls schwer verständliche Fachtermini vermieden werden.314

d)  Besondere vorvertragliche Informa­tions­pflichten gem. Art. II. – 3:105 DCFR für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr Für auf elektronische Weise (mit Ausschluss individueller Kommunikati­ on) geschlossene Verträge sieht Art. II. – 3:105 DCFR besondere vorvertrag­ liche Informa­tions­pflichten des Unternehmers vor, welche zeitlich vor Ab­ gabe des Angebots der anderen Partei zu erteilen sind.315 Die zu erteilenden Informationen sollen dem „reibungslosen“ Vertragsschluss im elektronischen Geschäftsverkehr dienen und finden sowohl für B2B- als auch B2C‑Verträge Anwendung.316 Die Informa­tions­pflicht setzt neben dem Erfordernis des Ver­ tragsschlusses auf elektronischer Weise den Ausschluss jeglicher individueller Kommunikation voraus, vgl. Art. II. – 3:105 Abs. 1 DCFR. Diese Bestimmung basiert im Wesentlichen auf der als Vorbild fungierenden Regelung des Art. 10 Abs. 1 ECRL.317 Ein wesentlicher Unterschied ist jedoch darin zu sehen, dass die Informationen nach Art. II. – 3:105 Abs. 1 DCFR nicht vor Abgabe der Be­ stellung, sondern bevor die zu informierende Partei ein Angebot abgibt oder annimmt zu erteilen sind, sodass es i. E. nicht auf das konkrete „Wie“ des Zu­ standekommens ankommt.318 Diese Formulierung erscheint insofern sinnvoll, als dass es für den Sinn und Zweck der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten einen problemlosen Vertragsschluss auf elektronischem Wege zu ermöglichen nicht darauf ankommt, ob die andere Partei aktiv ein Angebot abgibt oder (le­ diglich) passiv ein solches annimmt. Nur so wird die intendierte Gewährleistung reibungsloser Vertragsschlüsse im E‑Commerce verwirklicht werden können. 312 

von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:104, S. 218 f. 3:106 DCFR ergänzt damit die in diesem Kapitel vorgesehenen Informa­tions­ pflichten um die Anforderung, wie diese konkret zu erbringen sind, so auch von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:106, S. 227. 314  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:106, S. 227. 315  Diese Regelung geht zurück auf Art. 10 ECRL, näher dazu sogleich; von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:105 DCFR, S. 223. 316  Insofern in der englischen Fassung von einer „smooth conclusion of contracts by elec­ tronic means“ sprechend von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:105 DCFR, S. 222. 317  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:105 DCFR, S. 222; zu Art. 10 ECRL bereits oben, S. 92. 318 Vgl. von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:105 DCFR, S. 223. 313  Art. II. –



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick109

IV.  Vorvertragliche Informa­tions­pflichten nach dem GEK‑Vorschlag Schließlich sieht auch der GEK‑Vorschlag Regelungen über vorvertragliche Informa­tions­pflichten vor. Im Hinblick auf die umfangreichen Regelungen des acquis ist dies wiederum keine Überraschung. Allerdings lassen sich neben Übereinstimmungen auch weitreichende Anforderungen insbesondere im Hin­ blick auf die erfassten B2B‑Konstellationen nach Art. 23 GEK‑Vorschlag fest­ stellen.319

1.  Das Regelungskonzept vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im GEK‑Vorschlag Für den Fall der wirksamen Wahl des GEK, sollten auch die im Vorschlag nor­ mierten Bestimmungen über vorvertragliche Informa­tions­pflichten anwend­ bar sein.320 Entsprechende Regelungen sind im II. Teil des GEK‑Vorschlags (Zustandekommen eines bindenden Vertrags) in Kapitel 2 geregelt. So werden zunächst in Kapitel 2, Abschnitt 1, Art. 13 bis 22 GEK‑Vorschlag vorvertrag­ liche Informa­tions­pflichten in Verbraucherverträgen entsprechend dem unter Berücksichtigung der Begriffsbestimmung von Fernabsatzverträgen nach Art. 2 lit. p) GEK‑VO-Vorschlag auf B2C‑Verträge begrenzten Anwendungsbereich geregelt.321 Abschnitt 2 des zweiten Kapitels sieht in Art. 23 GEK‑Vorschlag eine allgemeine Offenlegungspflicht im Verhältnis zwischen Unternehmern vor. Schließlich finden sich in diesem 2. Kapitel in Abschnitt 3 auch beson­ dere Bestimmungen zum Abschluss von Verträgen auf elektronischem Wege. Zusätzliche Informa­tions­pflichten sieht Art. 24 GEK‑Vorschlag vor, während Art. 25 GEK‑Vorschlag zusätzliche Anforderungen für B2C‑Verträge statuiert. Auch hier gilt es zunächst zu differenzieren zwischen allgemeinen Grund­ sätzen sowie deren Verhältnis zu besonderen vorvertraglichen Informa­tions­ pflichtbestimmungen des GEK‑Vorschlags.

a)  Existenz einer allgemeinen Informa­tions­pflicht Art. 23 GEK‑Vorschlag enthält eine an Art. II. – 3:101 DCFR322 erinnernde all­ gemeine Offenlegungspflicht in Bezug auf Waren und verbundene Dienstleis­ tungen für B2B‑Verträge.323 Gem. Art. 23 Abs. 1 GEK‑Vorschlag ist der Ver­ 319 Vgl. Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113, 122  f., die den Umfang der Informa­tions­pflichten i. E. kritisch betrachten. 320 Dazu schon oben, S. 73 ff.; Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitli­ ches europäisches Kaufrecht?, S. 85, 88; Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 11 GEK‑VO-E, Rn. 4. 321 Vgl. allgemein Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art.  2 GEK‑ VO-E, Rn. 80; in diesem Fall wohl auch von einer Beschränkung ausgehend Schmidt-Kessel/ Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 13–17 GEK‑E, Rn. 1. 322  Siehe bereits oben, S. 105 f. 323  Dazu z. B. auch Jansen, ZEuP 2012, 741, 765; von einer seht unbestimmten, bloßen

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

käufer, Lieferant beziehungsweise Erbringer verbundener Dienstleistungen verpflichtet, gegenüber dem anderen Unternehmer auf jede nach den Umstän­ den geeignete Weise alle Informationen in Bezug auf die wesentlichen Merkma­ le der zu liefernden Ware, bereitzustellenden Inhalten oder verbundenen Dienst­ leistungen offen zu legen, über die er verfügt oder verfügen müsste und deren Nichtoffenlegung gegen das Gebot von Treu und Glauben und des redlichen Geschäftsverkehrs verstoßen würde. Die Regelung einer solchen allgemeinen Offenlegungspflicht ist grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn diese Pflicht zur Offenlegung bezüglich wesentlicher Merkmale der Leistung zutreffend als sehr unbestimmt kritisiert wird.324 Hinsichtlich der Ermittlung der Offenlegungs­ pflicht im Sinne dieses Abs. 1 sieht Abs. 2 eine nichtabschließende Aufzählung von Prüfungskriterien vor.325 Demnach sind sämtliche Umstände zu berück­ sichtigen, insbesondere ob der Informationsverpflichtete über besondere Sach­ kunde verfügt (lit. a)) oder ob der andere Unternehmer die Informationen leicht auf andere Weise hätte erlangen können (lit. c)). Aufgrund der divergierenden Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben im europäischen Vergleich und der vagen Prüfungskriterien erscheint eine einheitliche Anwendung dieser Regelung jedoch zweifelhaft.326 Neben den ausdrücklich geregelten Informa­tions­pflichten können sich aus weiteren Vorschriften des GEK‑Vorschlags zumindest mittelbar vorvertragli­ che Informa­tions­pflichten ergeben. In diesem Zusammenhang kann sich eine allgemeine Informa­tions­pflicht aus der in den einleitenden Bestimmungen des ersten Teils zu findenden Bestimmung von Treu und Glauben sowie des redli­ chen Geschäftsverkehrs in Art. 2 GEK‑Vorschlag ergeben.327 Nach Auffassung der Literatur ist unter Treu und Glauben und redlichem Geschäftsverkehr ein Verhaltensmaßstab zu verstehen, der durch redliches Verhalten, Offenheit und Rücksicht auf die Interessen der anderen Partei in Bezug auf das betreffende Rechtsverhältnis geprägt ist.328 Ergänzend ist ErwGr. 31 des GEK‑Vorschlags zu beachten, nach welchem sich die Parteien bei ihrer Zusammenarbeit vom Gebot von Treu und Glauben und vom Grundsatz des redlichen Geschäftsver­ kehrs leiten lassen sollen. Insgesamt lassen sich hieraus neben den besonders Offenlegungspflicht spricht Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 23 GEK‑E, Rn. 1. 324 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 23 GEK‑E, Rn. 1. 325 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 23 GEK‑E, Rn. 2 m. w. N. 326  Lurger, in: Wendehorst/Zöchling-Jud (Hrsg.), Am Vorabend eines Gemeinsamen Euro­ päischen Kaufrechts, S. 71; Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 23 GEK‑E, Rn. 2. 327 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art.  29 GEK‑E, Rn. 10; ausführ­ lich zu dem Grundsatz im GEK‑Vorschlag auch Looschelders, AcP 212 (2012), 581, 594 ff.; Steensgard/Twigg-Flesner, Pre-Contractual Duties, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 217, 220 ff.; Schmidt-Kessel/Müller-Graff, GEKR‑Kommentar, Art. 2 GEK‑E, Rn. 2 ff.; MüKo BGB/Schubert, § 242 BGB, Rn. 168. 328 Schmidt-Kessel/Müller-Graff, GEKR‑Kommentar, Art. 2 GEK‑E, Rn. 4.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick111

geregelten auch allgemeine Informa­tions­pflichten ableiten, weshalb zum Teil auch in B2C‑Verträgen eine generalklauselartige Aufklärungspflicht angenom­ men wird.329 Gegen die Annahme einer allgemeinen Informa­tions­pflicht auch in B2C‑Verträgen könnte die ausdrücklich auf Handelsgeschäfte beschränkte Re­ gelung des Art. 23 GEK‑Vorschlag sprechen.330 Allerdings ist unverständlich, warum dem Verbraucher der Informationsanspruch der allgemeinen Informa­ tions­pflicht aus Art. 23 GEK‑Vorschlag verwehrt werden soll, denn auch die zu­ sätzlichen besonderen Informa­tions­pflichten vermögen dies kaum zu rechtfer­ tigen.331 Zudem werden generell solche allgemeinen Grundsätze wie Treu und Glauben in diversen Rechten und Pflichten des GEK‑Vorschlags konkretisiert, welche allerdings vorrangig zu berücksichtigen sind und von welchen insbeson­ dere nicht unter Rückgriff auf die allgemeinen Grundsätze abgewichen werden soll.332 Der Vorrang der lex-specialis im Konfliktfall ist zudem ausdrücklich in Art. 4 Abs. 3 GEK‑Vorschlag normiert. Beispielhaft sind insbesondere die in Kapitel 2 geregelten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten zu nennen.333 Ab­ hängig von der Sachkunde der Parteien können sich aus allgemeinen Grundsät­ zen wie soeben dargelegt unterschiedlich hohe Anforderungen und Maßstäbe im Vergleich zwischen B2B- und B2C‑Verträgen ergeben.334 Nicht als vertrags­ schlussbezogene vorvertragliche Informa­tions­pflicht, aber dennoch zusätzlich zu diesen, gilt es Art. 9 GEK‑Vorschlag zu beachten, nach welchem der Unter­ nehmer den Verbraucher über die Vereinbarung des GEK und somit vor dessen Anwendungsvereinbarung selbst informieren muss.335

b)  Besondere Informa­tions­pflichten nach dem GEK‑Vorschlag Die wesentlichen, je nach Situation des Vertragsschlusses zu erteilenden Infor­ mationen, sind in den Art. 13–29 GEK‑Vorschlag geregelt. Betrachtet man die nationale Regelung im deutschen Recht, so zeigt sich durch die gewählte Syste­ matik und eigenständige Position ein bedeutsamer Unterschied.336 329 So

Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 551, 559; Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 91; wohl auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 10; nach a. A. von Jansen, ZEuP 2012, 74, 765, ist aus der Existenz des Art. 23 GEK‑Vorschlags zu schließen, dass die Kommission keine solche Allgemeine Pflicht für B2C‑Verträge regeln wollte. 330  Jansen, ZEuP 2012, 741, 765. 331  So auch Jansen, ZEuP 2012, 74, 765. 332  Vgl. ErwGr. 31 des GEK‑Vorschlags. 333  Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 85, 91; ebenso Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 10. 334  ErwGr. 31 des GEK‑Vorschlags; vgl. auch Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 85, 91. 335 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 13 ff. GEK‑E, Rn. 7; siehe auch Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kauf­ recht?, S. 85, 92. 336 So auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR-Kommentar, Vorbem. zu Art.  13  ff.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

aa)  Vorvertragliche Informa­tions­pflichten nach Art. 13 GEK‑Vorschlag bei Fernabsatzverträgen In Art. 13 GEK‑Vorschlag sind vorvertragliche Informa­tions­pflichten beim Ab­ schluss eines Fernabsatzvertrags zwischen einem Unternehmer und einem Ver­ braucher normiert.337 Abs. 1 enthält eine detaillierte Auflistung der vom Unter­ nehmer zu erteilenden Informationen,338 Abs. 5 GEK‑Vorschlag sieht hingegen einige Ausnahmen vor.339 Systematisch werden die einzelnen vorvertraglich zu erteilenden Informationen durch Verweis in den Art. 13 lit. b) bis d) GEK‑Vor­ schlag auf die nachfolgenden Art. 14 bis 17 des GEK‑Vorschlags konkreti­ siert.340 Diese entsprechen trotz häufiger sprachlicher Abweichungen inhalt­ lich im Wesentlichen den sekundärrechtlichen Vorgaben der ECRL und der VerbrRRL.341 Zusätzliche Informations- und sonstige Erfordernisse, welche bei B2C‑Fernabsatzverträgen zu beachten sind, werden in Art. 19 des GEK‑Vor­ schlags geregelt: Abs. 1 enthält in Übereinstimmung mit Art. 8 Abs. 5 VerbrRRL Sonderregelungen für die Vertragsanbahnung und den Vertragsschluss per Tele­ fon, Abs. 2 und Abs. 3 sehen ähnlich wie Art. 8 Abs. 4 VerbrRRL und § 312c BGB342 Besonderheiten aufgrund der Verwendung bestimmter Fernkommuni­ kationsmittel mit begrenzter Darstellungsmöglichkeit vor. Ähnlich wie Art. 8 Abs. 6 der VerbrRRL enthält Art. 19 Abs. 4 GEK‑Vorschlag ein formalisiertes Einverständnis als Voraussetzung zur Gültigkeit des Vertrages und Abs. 5 eine Bestätigungspflicht nach Vertragsschluss ähnlich wie Art. 8 Abs. 7 VerbrRRL. Da wie zuvor ausgeführt Art. 13 Abs. 1 GEK‑Vorschlag für diese besondere GEK‑E, Rn. 1; Kritik erfährt hingegen die missglückte Übernahme des zu weiten Informati­ onsmodelles des acquis, Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 183 ff. 337  Siehe bereits oben, S. 111. Diese gelten auch für außerhalb von Geschäftsräumen ge­ schlossene Verträge, sodass die Zusammenfassung und grundsätzliche Gleichstellung der bei­ den besonderen Vertriebsformen der Neuerung durch die VerbrRRL und nun geltendem natio­ nalen Recht entspricht (s. o. S. 63 ff. und S. 96 ff.). 338  Z. B. betreffend die wesentlichen Merkmale der Ware, den Preis, Widerrufsrecht usw.; Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 13–17 GEK‑E, Rn. 6; Schulze/­Howells/ Watson, CESL Commentary, Art. 13, Rn. 5; Steensgard/Twigg-Flesner, in: Dannemann/­ Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 217, 232. 339  Demnach findet Art. 13 GEK‑Vorschlag beispielsweise keine Anwendung bei Verträ­ gen über die Lieferung von Lebensmitteln oder Getränken (lit. a)), bei Abschluss des Vertrages unter Verwendung von Warenautomaten (lit. b)) usw. 340  Hinsichtlich des Inhalts der Konkretisierungen wird auf die entsprechenden Artt. des GEK‑Vorschlags sowie den folgenden Vergleich spezifischer Informationskategorien verwie­ sen. Sofern Einzelheiten dieser Bestimmungen relevant sind, wird im Rahmen der Analyse der Sanktionen hierauf Bezug genommen.; insgesamt dazu auch Steensgard/Twigg-Flesner, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 217. 341 Zu den sekundärrechtlichen Vorgaben siehe bereits oben, S.  87 ff.; Schmidt-Kes­ sel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 13 ff. GEK‑E, Rn. 15, Looschelders, in: ­Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 108, 112. 342  Näher dazu sogleich unter C. IV. 2.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick113

Vertriebsform der Fernabsatzverträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher bereits eine Reihe von zu erteilenden Informationen vorsieht, stellt sich die Frage des Konkurrenzverhältnisses dieser beiden Regelungen zueinan­ der. Vertreten wird insofern, dass Art. 19 GEK‑Vorschlag eine Ergänzung des Art. 13 GEK‑Vorschlags (sozusagen der „Ausgangsvorschrift“) darstellt.343 Ob eine solche Ergänzung ohne hinreichende Klarstellung in einer eigenständigen Norm tatsächlich sinnvoll ist, kann durchaus bezweifelt werden, trägt eine sol­ che Konzeption doch nicht unbedingt zur Rechtssicherheit bei.

bb)  Zusätzliche Informa­tions­pflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr nach Art. 24 GEK‑Vorschlag Besondere Anforderungen für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr enthält Art. 24 GEK‑Vorschlag. Als Vorbildregelungen für Art. 24 GEK‑Vor­ schlag gelten die Art. 10 und 11 der ECRL sowie Art. II. – 3:102 Abs. 2, 3:201 und 3:202 Abs. 1 DCFR.344 Gem. Art. 24 Abs. 1 GEK‑Vorschlag findet diese Vorschrift Anwendung, wenn ein Unternehmer elektronische Mittel für den Vertragsabschluss zur Verfügung stellt und diese Mittel keinen exklusiven Aus­ tausch von E‑Mails oder sonstigen individuellen Nachrichten mit sich bringen. Nach Abs. 2 hat der Unternehmer zudem geeignete, effektive und zugängliche technische Mittel zur Verfügung zu stellen, mit Hilfe derer die andere Partei vor der Abgabe oder Annahme eines Angebots Eingabefehler erkennen und korri­ gieren kann. Dies entspricht im Wesentlichen Art. 11 Abs. 2 ECRL, auch wenn diese Regelung nur die Möglichkeit der Korrektur von Eingabefehlern vor Ab­ gabe der Bestellung vorsieht. Entsprechend dem Vorbild des Art. 10 Abs. 1 ECRL sind in Art. 24 Abs. 3 GEK‑Vorschlag die einzelnen Informationen auf­ geführt, über welche der Unternehmer die andere Partei vor Abgabe oder An­ nahme eines Angebots zu informieren verpflichtet ist. Zu begrüßen ist, dass in Art. 24 Abs. 3 lit. e) GEK‑Vorschlag im Unterschied zu Art. 10 Abs. 1 ECRL ex­ plizit auch die Information über die Vertragsbestimmungen vorgesehen ist. Fer­ ner wird in Art. 24 Abs. 4 GEK‑Vorschlag ergänzend aufgeführt, dass die Ver­ tragsbestimmungen (Abs. 3 lit. e)) in Buchstaben oder anderen verständlichen Zeichen auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung gestellt werden, die das Lesen und Aufnehmen der im Text enthaltenen Informationen sowie die Wiedergabe in materieller Form ermöglicht. Im Unterschied zu der Vorschrift des Art. 10 Abs. 3 ECRL, die vorsieht, dass die Vertragsbestimmungen und AGB dem Nutzer so zur Verfügung gestellt werden, dass er sie speichern und 343 Schmidt-Kessel/Wichmann,

GEKR‑Kommentar, Art. 19 GEK‑E, Rn. 1. Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 24 CESL, Rn. 3; Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 186, erachtet diese als eine der wenigen richtig formulierten allgemeinen Informa­tions­pflichten des GEK‑Vorschlags. 344  Ebenso

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

reproduzieren kann, ist diese konkretisierende Regelung im Sinne der Rechts­ sicherheit zu begrüßen. Art. 24 Abs. 5 des GEK‑Vorschlags sieht zudem vor, den Empfang eines Angebots oder einer Annahme durch den Unternehmer un­ verzüglich auf elektronischem Wege zu bestätigen.345 Nicht gänzlich klar erscheint der Anwendungsbereich des Art. 24 GEK‑Vor­ schlag. Mit Ausnahme der Vertragsschlüsse via Individualkommunikation wäre Art. 24 GEK‑Vorschlag demnach nicht nur auf B2C-, sondern auch auf B2B‑Verträge anwendbar, sofern der Unternehmer elektronische Mittel zum Abschluss des Vertrags zur Verfügung stellt.346 Ob diese zusätzlichen Informa­ tions­pflichten nach Art. 24 GEK‑Vorschlag tatsächlich auch auf Verträge zwi­ schen Unternehmern Anwendung finden sollen, erscheint jedoch unklar.347 Kri­ tisiert wird zum einen die systematische Stellung nach den in Abschnitt 2 in Art. 23 GEK‑Vorschlag statuierten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten zwi­ schen Unternehmern, zum anderen die nicht konkrete Begriffsverwendung der „anderen Partei“ in Art. 24 GEK‑Vorschlag, welche scheinbar eine Anwendung auch auf B2B‑Verträge vermuten lässt.348 Die systematische Stellung nach Art. 23 GEK‑Vorschlag mag vielleicht nicht sehr geglückt sein, spricht aber al­ lein weder für noch gegen eine Anwendbarkeit auch gegenüber Unternehmern, da Art. 24 GEK‑Vorschlag in dem gesonderten Abschnitt 3 verortet wurde und daher nicht unmittelbar nach der Sonderregelung für B2B‑Verträge in Art. 23 GEK‑Vorschlag folgt. Die Wortwahl „andere Partei“ scheint hingegen mehr für eine gewollte Anwendung auch auf B2B‑Verträge zu sprechen, da es gera­ de an einer eindeutigen Beschränkung auf Verbraucher mangelt.349 Allerdings wird die sprachliche Inkonsistenz des GEK‑Vorschlags insgesamt nicht selten kritisiert, sodass es sich hierbei auch um ein redaktionelles Versehen handeln ­könnte. Überzeugend erscheint jedoch die Begründung, dass die zusätzlichen Informa­tions­pflichten des Art. 24 GEK‑Vorschlag auf Abschlüsse von Fern­ absatzverträgen auf elektronischem Wege gelten sollen, sodass die Vorschrift in Verbindung mit dem entsprechenden Verständnis nach dem GEK‑Vorschlag zu sehen ist.350 Nach der Begriffsbestimmung in Art. 2 lit. p) GEK‑VO-Vorschlag 345  Eine solche Regelung fehlt hingegen in der ECRL, findet sich jedoch für Fernabsatz­ verträge in Art. 8 Abs. 7 VerbrRRL und § 312f Abs. 2 BGB. 346 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 24 GEK‑E, Rn. 1 f., welche von einer Geltung des Art. 24 GEK‑Vorschlags auch ggü. Unternehmern ausgeht; a. A. jedoch Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 24, Rn. 2 und Rn. 12, welche die scheinba­ re Anwendbarkeit auch auf B2B‑Verträge kritisieren und i. E. ablehnen. 347 Kritisch Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art.  24 CESL, Rn. 2 und Rn. 12; dies nicht problematisierend Schmidt-Kessel/Wichmann, Art. 24 GEK‑E, Rn. 1 f. 348  So Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 24 CESL, Rn. 2 und Rn. 12. 349 Aufgrund dieser Wortwahl auch von einer Geltung für Unternehmerverträge aus­ gehend Schmidt-Kessel/Wichmann, Art. 24 GEK‑E, Rn. 1. 350 Insofern überzeugend Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 24 CESL, Rn. 12.



B.  Die Regelungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im Überblick115

ist für einen Fernabsatz im elektronischen Geschäftsverkehr stets ein B2C‑Ge­ schäft erforderlich,351 sodass auch die zusätzlichen Informa­tions­pflichten des Art. 24 GEK‑Vorschlag trotz der irreführenden Formulierung nur auf Verbrau­ cherverträge Anwendung finden sollten. Für dieses Verständnis spricht auch der Vergleich zu den als Vorbildregelungen dienenden Art. 10 und Art. 11 der ECRL. Zwar sind vom Anwendungsbereich dieser beiden Vorschriften neben B2C‑Verträgen grdunsätzlich auch B2B‑Verträge umfasst, allerdings nur sofern gem. Art. 10 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 ECRL die Parteien, die nicht Verbraucher sind, keine abweichenden Vereinbarungen hinsichtlich der besonderen Infor­ mationsverpflichtungen treffen. Folglich sind diese zusätzlichen Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr nach der ECRL für B2B‑Verträge dispositiv und nicht zwingend. Diese Ausnahmeregelung der ECRL verdeutlicht, dass bei Verträgen zwischen Unternehmern gerade von einer geringeren Schutzbedürf­ tigkeit ausgegangen wird und folglich kein Bedarf an zusätzlichen Informati­ onsverpflichtungen besteht. Auch vor diesem Hintergrund ist daher eine Be­ schränkung des Anwendungsbereichs auf B2C‑Verträge zu begrüßen.

c)  Zusätzliche Erfordernisse für B2C‑Verträge nach Art. 25 GEK‑Vorschlag bei Zahlungsverpflichtungen Darüber hinaus finden sich in Art. 25 GEK‑Vorschlag weiterhin zusätzliche Er­ fordernisse, die beim Abschluss von Fernabsatzverträgen auf elektronischem Wege gegenüber Verbrauchern zu beachten sind.

aa)  Vorverlagerung bestimmter Informa­tions­pflichten nach Art. 25 Abs. 1 GEK‑Vorschlag Sofern ein auf elektronischem Wege geschlossener Fernabsatzvertrag den Verbraucher zu einer Zahlung verpflichten würde, hat der Unternehmer gem. Art. 25 Abs. 1 GEK‑Vorschlag unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestel­ lung tätigt, diesen klar und deutlich auf die nach Art. 13 Abs. 1 lit. a), Art. 14 Abs. 1 und 2 sowie Art. 16 lit. b) vorgeschriebenen Informationen hinzuwei­ sen. Aufgrund dieser zeitlichen Vorverlagerung ist der Verbraucher für den Fall einer Zahlungspflicht unmittelbar bevor er seine Bestellung tätigt zu informie­ ren, vorherige Informationen sind mangels Unmittelbarkeitszusammenhang nicht ausreichend.352 Diese Konkretisierung des zeitlichen Momentes, indem nicht allgemein auf den Zeitpunkt vor Vertragsschluss abgestellt wird, sondern auf den Zeitpunkt unmittelbar vor der Bestellung und damit vor Abgabe eines bindenden Angebots, ist zu begrüßen und entspricht im Wesentlichen dem An­ satz des Art. II. – 3:105 Abs. 1 DCFR.353 351 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 2 352  Siehe Schmidt-Kessel/Wichmann, Art. 25 GEK‑E, Rn. 3. 353 

Siehe dazu oben S. 108.

GEK‑VO-E, Rn. 80.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

bb)  Ausdrückliche Anerkennung der Zahlungspflicht und „Button-Lösung“ nach Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag Nach Art. 25 Abs. 2 S. 1 hat der Unternehmer dafür zu sorgen, dass der Verbrau­ cher bei der Bestellung ausdrücklich anerkennt, dass die Bestellung mit einer Zahlungspflicht verbunden ist. Die Regelung des Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag stimmt insgesamt weitgehend mit der nationalen Regelung des § 312j Abs. 3 und 4 BGB überein und basiert damit ebenso auf Art. 8 Abs. 2 der VerbrRRL.354 Sofern der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schaltfläche oder einer ähn­ lichen Funktion umfasst, so sind diese gemäß Art. 25 Abs. 2 S. 2 GEK‑Vor­ schlag gut leserlich ausschließlich mit den Worten „Bestellung mit Zahlungs­ pflicht“ oder einer ähnlichen eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher auf die mit der Bestellung verbundene Zahlungspflicht gegen­ über dem Unternehmer hinweist. Art. 25 Abs. 2 S. 3 sieht die Rechtsfolge für den Fall der Verletzung dieser Pflichten vor. Hält sich der Unternehmer nicht an diese Vorgaben, so ist der Verbraucher nicht durch den Vertrag oder die Be­ stellung gebunden. Dies entspricht ferner der besonderen Bestimmung über zu­ sätzliche Zahlungen in B2C‑Verträgen nach Art. 71 GEK‑Vorschlag, welcher für Extrazahlungen des Verbrauchers dessen ausdrückliche Zustimmung for­ dert. Maßgeblich hervorzuheben ist jedoch die unterschiedliche Zielsetzung: Während Art. 71 GEK‑Vorschlag den Verbraucher vor unbewussten Zusatzzah­ lungspflichten schützen will, besteht das Ziel des Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag darin dem Verbraucher zu vermitteln, dass die Bestellung eine (Haupt-) Zah­ lungspflicht auslöst.355 Mit anderen Worten kommt der Bestimmung des Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag gerade eine bedeutende Informationsfunktion über die Zahlungspflicht zu.

cc)  Rechtzeitige Angabe von möglichen Liefer- oder Zahlungsbeschränkungen Darüber hinaus hat der Unternehmer auf seiner Website für den elektronischen Geschäftsverkehr nach Art. 25 Abs. 3 GEK‑Vorschlag spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs klar und deutlich anzugeben, ob Lieferbeschränkungen beste­ hen und welche Zahlungspflichten akzeptiert werden. Diese Bestimmung ent­ spricht Art. 8 Abs. 3 der VerbrRRL sowie § 312j Abs. 1 BGB.356 Aus der For­ mulierung „spätestens bei Beginn“ folgt, dass diese Informationen auch noch früher erteilt werden können.357 Die Intention wird entsprechend dem nationa­ len Normzweck in einem zeitlich gesehen frühen Ansatz des Verbraucherschut­ 354  Siehe

dazu bereits S. 100 ff., sowie eingehend zur Rechtsfolge im vierten Teil, F. I. 2.; der DCFR enthält hingegen noch keine vergleichbare Regelung. 355 So Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art.  71 GEK‑E, Rn. 6. 356  Dazu bereits oben, S. 100 ff. 357 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 25 GEK‑E, Rn. 9.



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese117

zes liegen, dieser soll spätestens vor Ingangsetzung des Bestellprozesses ein­ schätzen können, ob eine Bestellung für ihn sinnvoll ist.

dd)  Anwendungsbereich des Art. 25 GEK‑Vorschlag Auch im Rahmen des Art. 25 GEK‑Vorschlag stellt sich die Frage nach dem intendierten Anwendungsbereich. Während sich die in den Abs. 1 und 2 ge­ nannten Verpflichtungen des Unternehmers ausdrücklich auf Verträge mit Ver­ braucherbeteiligung beziehen, verzichtet Abs. 3 auf eine derartige Qualifikation der anderen Vertragspartei. Folglich wird in der Literatur vereinzelt von einer gespaltenen Anwendbarkeit des Art. 25 GEK‑Vorschlags ausgegangen, grund­ sätzlich beschränke sich die Anwendbarkeit der Art. 25 Abs. 1 und 2 auf Ver­ träge zwischen Unternehmern und Verbrauchern, Abs. 3 soll jedoch auch für B2B‑Verträge gelten.358 Art. 25 Abs. 3 GEK‑Vorschlag kann vorliegend als Er­ gänzung der Abs. 1 und 2 verstanden werden, die nicht zwingend einer erneuten Klarstellung der Verbraucherbeteiligung bedarf, da es lediglich um zusätzliche Anforderungen hinsichtlich möglicher Liefer- oder Zahlungsbeschränkungen geht. Auch im Hinblick auf die inhaltlich übereinstimmende Vorbildregelung des Art. 8 Abs. 3 der VerbrRRL ist von einer gewollten Geltung für B2C‑Verträ­ ge auszugehen und eine gespaltene Anwendung demnach abwegig. Ansonsten kann hier auf die obigen Ausführungen zu Art. 24 GEK‑Vorschlag verwiesen werden. Für den sich ebenfalls auf Fernabsatzverträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr beziehenden Art. 25 GEK‑Vorschlag kann im Hinblick auf den persönlichen Anwendungsbereich nichts Anderes gelten.

C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese des Inhalts und Gegenstands vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen Eine eingehende Darstellung und Betrachtung der vorvertraglichen Informa­ tions­pflichten ist für das hier behandelte Thema grundsätzlich notwendig, um anschließend der Frage nach existenten Sanktionsmechanismen und etwaigen Optimierungsmöglichkeiten differenziert nachgehen zu können. Die vollstän­ 358  Z. B. differenzierend Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 25 GEK‑E, Rn. 2, und wohl entsprechend der Auffassung zu Art. 24 GEK‑E auch für eine Anwendung auf B2B‑Verträge; a. A. und für eine Beschränkung der Anwendbarkeit auf B2C‑Verträge Schulze/ Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 2, mit der wiederum überzeugenden Begründung, dass für den Fall einer gewollten Ausdehnung auch auf B2B‑Verträge, die Plat­ zierung des Abs. 3 in den grundsätzlich für B2C‑Verträge geltenden Art. 25 GEK‑Vorschlag verfehlt wäre und eine Verortung in dem vermeintlich auch auf B2B‑Verträge anwendbaren Art. 24 GEK‑Vorschlag sinnvoller wäre.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

dige Auflistung sämtlicher soweit in Betracht kommender vorvertraglicher Informa­tions­pflichten nach dem Sekundärrecht, nationalem Recht, DCFR und GEK‑Vorschlag würde an dieser Stelle jedoch nicht nur zu weit führen, son­ dern auch unnötige Wiederholungen mit sich bringen. Aus diesem Grund wer­ den die wesentlichen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten in übergeordnete Hauptkategorien359 eingeordnet und vergleichend dargestellt. Die Kategorien der grundsätzlich für Fernabsatzverträge zu beachtenden Informa­tions­pflichten werden sodann ergänzt durch besondere Informationserfordernisse bei Verträ­ gen im elektronischen Geschäftsverkehr.

I.  Systematische Betrachtung des Inhalts vorvertraglicher Informa­tions­pflichten Vergleicht man die verschiedenen Vorgaben vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen, so lassen sich im Wesentlichen sechs Kategorien unter­ scheiden: Solche über die Identität des Unternehmers (unter 1.), den Vertrags­ gegenstand (unter 2.), die Höhe der Zahlungspflichten (unter 3.), den Widerruf (unter 4.), sonstige Details des Vertragsinhalts (unter 5.) und gegebenenfalls zu erteilende Informationen (unter 6.).

1.  Informationen über die Identität des Unternehmers Als eine bedeutende Kategorie vorvertraglicher Informa­tions­pflichten sind die Angaben zur Identität des Unternehmers als Vertragspartei zu nennen.360 Die Möglichkeit der Identifikation der Vertragsparteien ist Bestandteil der allgemei­ nen vertragsrechtlichen Voraussetzung der essentiali negotii, ohne deren Vor­ liegen kein wirksamer Vertragsschluss möglich ist.361 Entsprechend ist diese identitätsbezogene Informa­tions­pflicht in allen der Untersuchung zu Grunde liegenden Regelwerken und Referenztexten vorgesehen. So sind im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen Identität und Anschrift des Unternehmers sekundärrechtlich nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) – 359  Die Kategorisierung erfolgt in Anlehnung an Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigo­ leit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 224, 234 f.; ebenso Unger, ZEuP 2012, 270, 282 ff.; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuld­ recht, Kapitel 4, Rn. 20; eine ähnliche Kategorisierung lässt sich auch Art. 13 GEK‑Vorschlag entnehmen; eine verkürzte, aber ähnliche Einteilung wählt Grundmann, JZ 2013, 39, 58. 360  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Re­ vision des Verbraucher-acquis, S. 224, 235; Unger, ZEuP 2012, 270, 282 ff; ferner Twigg-­ Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 114, nach dessen Auffassung besteht diesbezüglich ein gemeinsamer Kern, auch wenn der acquis hinsichtlich der genauen Anforderungen inkonsistent ist. 361  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 224, 236; allgemein dazu Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 1; Hk-BGB/Dörner, § 154 BGB, Rn. 2.



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese119

d) VerbrRRL offenzulegen.362 Im Vergleich zur früheren identitätsbezogenen Informa­tions­pflicht nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) FARL ist diese Regelung detaillier­ ter.363 Informationen über die Identität (insbesondere Name und Vorname),364 ladungsfähige Anschrift sowie Telefonnummer des Unternehmers sind eben­ so nach nationalem Recht zu erteilen, Art. 246a § 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB.365 Ent­ sprechende Informationserfordernisse zu Identität und Anschrift sind auch in Art. II. – 3:103 Abs. 1 DCFR sowie in Art. 13 lit. c) i. V. m. Art. 15 GEK‑Vor­ schlag zu finden. Darüber hinaus wird übereinstimmend die Möglichkeit der schnellen Kon­ taktaufnahme sowie einer unmittelbaren und effizienten Kommunikationsmög­ lichkeit des Verbrauchers als maßgeblich erachtet.366 So sind neben der stets anzugebenden Anschrift nach Art. 6 Abs. 1 lit. c) VerbrRRL gegebenenfalls Telefonnummer und E‑Mail Adresse mitzuteilen und nach dem Wortlaut des Art. 5 Abs. 1 lit a) ECRL die Adresse der elektronischen Post. Die zuvor um­ strittene Frage, ob trotz des anderslautenden Wortlauts des Art. 5 lit. c) ECRL nach dem Sinn und Zweck auch die Telefonnummer anzugeben ist,367 wurde durch die VerbrRRL nicht eindeutig geklärt, da diese zwar die Angabe der Tele­ fonnummer vorsieht, dies aber mit dem einschränkenden Zusatz und unbe­ stimmten Rechtsbegriff „gegebenenfalls“ versehen wurde. In diesem Sinne er­ 362  Soweit keine zusätzlichen Informationsanforderungen bestehen, gelten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr daher grundsätzlich zumindest die fernabsatzrechtlichen Be­ stimmungen. 363  Während die Identität des Lieferanten stets offenzulegen war, sollte der Verbraucher über die Information der Anschrift des Unternehmers (nur) im Falle von Verträgen mit Voraus­ zahlung verfügen. 364  Vgl. zur Identitätsangabe im Internet den Beschluss des KG vom 13.02.2007, 5 W 34/07, NJW‑RR 2007, 1050 f., wonach die Angabe des Namens des Unternehmers den Famili­ ennamen und den Vornamen umfasst; siehe auch Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 6. 365  Art. 246a § 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB (Informa­tions­pflichten bei außerhalb von Geschäfts­ räumen geschlossenen Verträgen und Fernabsatzverträgen) entspricht im Wesentlichen der Vorschrift des Art. 246 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB über Informa­tions­pflichten beim Verbraucher­ vertrag, sieht jedoch für Fernabsatzverträge zusätzlich vor, dass der Unternehmer gegebenen­ falls seine Faxnummer und E‑Mail-Adresse sowie gegebenenfalls die Anschrift und Identität des Unternehmers, in dessen Auftrag er handelt, mitzuteilen hat. Für den Fall abweichender Anschriften ist nach Art. 246a § 1 Nr. 3 EGBGB u. a. zusätzlich die Angabe der Geschäfts­ adresse erforderlich. 366  Vgl. Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 6; siehe hierzu die Entscheidung des EuGH zur Erreichbarkeit eines ausschließlich im Internet tätigen Versicherers: EuGH, Ur­ teil vom 16.10.2008, Rs. C-298/07, (Verbraucherzentrale Bundesverband e. V./deutsche internet versicherung AG), ErwGr. 20 ff., NJW 2008, 3553 f.; dazu auch Schirmbacher, in: Tamm/­ Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 128 ff.; so auch der Gedanke zur geplanten Reform des Art. 6 Abs. 1 VerbrRRL, S. 358 f. 367  Vgl. diesbezüglich die Vorlagefrage des BGH zur Auslegung des Art. 5 Abs. 1 lit. c) ECRL, BGH, Beschluss vom 26.04.2007 – I ZR 190/04, GRUR 2007, 723 f.; vgl. hierzu die Entscheidung des EuGH, Urteil vom 16.10.2008, Rs. C-298/07, (Verbraucherzentrale Bundesverband e. V./deutsche internet versicherung AG), ErwGr. 20 ff., NJW 2008, 3553 f.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

scheint die konkretere, aber nicht abschließende Aufzählung des Art. 246a § 1 S. 1 Nr. 2 EGBGB sinnvoll, wonach die Telefonnummer grundsätzlich und die Faxnummer oder E‑Mail-Adresse gegebenenfalls mitzuteilen ist.368 Diese Re­ gelung ist als im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH stehend anzuse­ hen, nach dessen Auffassung die Angabe einer Telefonnummer nicht zwingend ist und andere unmittelbare Kommunikationswege wie beispielsweise die An­ gabe einer elektronischen Anfragemaske ausreichen können.369 Nach Auffas­ sung des EuGH steht die Förderung der Weiterentwicklung des Binnenmarkts einer zusätzlichen, nichtelektronischen Kommunikationsmöglichkeit im Vor­ feld des Vertragsschlusses nicht entgegen, es kommt aber maßgeblich auf die effiziente Kommunikationsmöglichkeit an.370 Diese Auffassung ist überzeu­ gend, da nach dem Sinn und Zweck des Verbraucherschutzes nicht möglichst vielfältige Kommunikationswege, sondern gerade gängige und effiziente Mög­ lichkeiten der Kommmunikation und Kontaktaufnahme erfasst und damit er­ öffnet sein müssen.

2.  Informationen über Eigenschaften des Vertragsgegenstands Übereinstimmung besteht auch zur vorvertraglichen Informa­tions­pflicht über die wesentlichen Eigenschaften der Ware als Vertragsgegenstand, vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. a) VerbrRRL (zuvor Art. 4 Abs. 1 lit. a) FARL), Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EGBGB,371 Art. II.  – 3:103 Abs. 1 DCFR sowie Art. 13 Abs. 1 lit. a) GEK‑Vorschlag. Der Vertragsgegenstand muss als eines der essentialia negotii auch im Hinblick auf die Vertragswirksamkeit zumindest bestimmbar sein; eine Beschreibung in allen Einzelheiten ist hingegen nicht erforderlich.372 Mit Aus­ nahme des DCFR wird die Pflicht dahingehend konkretisiert, dass Informatio­ nen in dem für das Kommunikationsmittel angemessenen Umfang zu erteilen sind. Im Rahmen des GEK‑Vorschlags wird insoweit im übertragenen Sinne vertreten, dass es den unbestimmten Rechtsbegriff der „wesentlichen Merkma­ le“ jeweils abhängig vom Einzelfall auszulegen gilt, sodass der Vertragsgegen­ 368 Palandt/Grüneberg, Art 246 a EGBGB, Rn. 3; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 128 ff. 369 Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 6; siehe auch EuGH, Urteil vom 16.10.2008, Rs. C-298/07, (Bundesverband e. V./deutsche internet versicherung AG), ErwGr. 40, NJW 2008, 3553 ff. 370  Nach der Entscheidung des EuGH, ebd., ErwGr. 30, erfordert eine effiziente Kom­ munikationsmöglichkeit insbesondere keine sofortige Antwort. 371  Siehe entsprechend Art. 246 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB. 372  Insofern liegt eine Überschneidung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten mit allgemeinen Vertragsregelungen vor, siehe auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/ Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 238; ähn­ lich auch Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 142; eine Be­ schreibung in den AGB soll jedoch nicht genügen, so Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 5.



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese121

stand, aber gerade auch die besondere Situation des Vertragsschlusses z. B. im E‑Commerce zu beachten sind.373

3.  Informationen über die Höhe der Zahlungspflichten Eine weitere bedeutende vorvertragliche Informationskategorie stellt die In­ formation über die Höhe der mit dem Vertragsschluss entstehenden Zahlungs­ pflichten dar. Hierunter fällt wiederum gleichzeitig als Bestandteil der essentialia negotii374 die Mitteilung des Gesamtpreises der Waren, einschließlich aller Steuern und Abgaben,375 vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. e) VerbrRRL (zuvor weniger detailliert, aber i. E. wohl übereinstimmend Art. 4 Abs. 1 lit. c) FARL), Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB sowie Art. 13 Abs. 1 lit b) i. V. m. Art. 14 Abs. 1 GEK‑Vorschlag. Ferner ist der Verbraucher über gegebenenfalls zusätzlich an­ fallende Fracht-, Liefer- und Versandkosten sowie sonstige zusätzliche Kos­ ten zu informieren.376 Soweit eine Preisberechnung im Voraus nicht möglich ist, ist zumindest über die Art der Preisberechnung sowie gegebenenfalls alle sonstigen Liefer- oder Versand- oder sonstige Kosten zu informieren, bzw. zu­ mindest ein Hinweis auf solche möglicherweise zusätzlich anfallende Kosten zu erteilen.377 Das preisbezogene Informationserfordernis ist zwar auch nach Art. II. – 3:103 DCFR vorgesehen, im Gegensatz zu den genannten konkre­ ten Regelungen ist jedoch lediglich pauschal von der Angabe des Preises die Rede.378 Schließlich ist teilweise noch die Information über Kosten für den Einsatz der Fernkommunikationstechnik erforderlich, sofern die Berechnung nicht nach dem Grundtarif erfolgt, vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. f ) VerbrRRL (wie zuvor Art. 4 Abs. 1 lit g) FARL), ähnlich Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 6 EGBGB sowie Art. 13 Abs. 1 lit b) i. V. m. Art. 14 Abs. 3 GEK‑Vorschlag.

4.  Informationen über Voraussetzungen und Folgen des Widerrufs In Bezug auf das Widerrufsrecht sind wiederum in allen Regelwerken mehr oder weniger umfangreiche vorvertragliche Informa­tions­pflichten vorgese373 Schmidt-Kessel/Wichmann,

GEKR‑Kommentar, Art. 13 GEK‑E, Rn. 7. Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 241; näher dazu Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 122 ff. 375  Näher dazu Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 7. 376  Dies erklärt sich nach dem Verständnis des Gesamtpreises, der nach nationaler Recht­ sprechung i. S. d. Endpreises des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV zu verstehen ist und grds. keine Ver­ sand- und Lieferkosten umfasst, ausführlich dazu BGH, Urteil vom 05.10.2005 – VIII ZR 382/04, NJW 2006, 211 ff.; vgl. auch Palandt/Grüneberg, Art. 246 EGBGB, Rn. 7. 377  Vgl. zum genauen Wortlaut Art. 6 Abs. 1 lit. e) VerbrRRL, ebenso Art. 246 a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB, sowie Art. 13 Abs. 1 lit b) i. V. m. Art. 14 Abs. 1 GEK‑Vorschlag. 378  Dies ist wohl wiederum dem „best-solution“-Ansatz geschuldet, da es auch hier an einheitlichen Anforderungen im acquis mangelt, ähnlich Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 116. 374 

122

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

hen.379 Die Funktion dieser Belehrungspflicht ist in diesem Fall weniger in dem Schutz vor einem so nicht gewollten Vertragsschluss zu sehen, sondern in der Erleichterung der Ausübung des Widerrufsrechts.380 Sekundärrechtlich sind spezielle Informa­tions­pflichten über das Widerrufsrecht bei Fernabsatz­ verträgen nach Art. 6 lit. h) – k) VerbrRRL vorgesehen. In Umsetzung dieser Be­ stimmungen ist nach deutschem Recht in § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 EGBGB in Abs. 2 eine Widerrufsbelehrung in Form zusätzlicher Informa­ tions­pflichten über das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen nach § 312g i. V. m. §§ 355 ff. BGB zu finden. Die gesonderte Regelung soll der wichtigen Bedeutung des Widerrufsrechts Rechnung tragen.381 Eine ähnliche, den um­ fangreichen sekundärrechtlichen und nationalen Informationsanforderungen entsprechende Informa­tions­pflicht in Bezug auf das Widerrufsrecht bei Fern­ absatzverträgen statuiert auch Art. 13 Abs. 1 lit. e) GEK‑Vorschlag, konkreti­ siert durch Art. 17 GEK‑Vorschlag. Nach Art. II. – 3:103 Abs. 1 DCFR ist wie­ derum wenig präzise der Verbraucher gegebenenfalls über ein bestehendes Widerrufsrecht zu informieren, was der Regelung des Art. 4 Abs. 1 lit. f) FARL entspricht. Im Einzelnen ist der Verbraucher im Falle des Bestehens eines Wi­ derrufsrechts über Bedingungen, Fristen, Ausübung usw. zu informieren (Art. 6 lit. h VerbrRRL). Nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB ist zusätzlich noch die Information über das Muster-Widerrufsformular der Anlage 2 erforderlich, dementsprechend auch Art. 17 Nr. 1 GEK‑Vorschlag. Ferner ist ein Hinweis zu erteilen, dass der Verbraucher im Widerrufsfall gegebenenfalls zur Tragung der Rücksendekosten verpflichtet wird (Art. 6 lit. i) VerbrRRL, Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB, Art. 17 Nr. 2 GEK‑Vorschlag), über gegebenenfalls zu leistenden Wertersatz (lit. j)), sowie im Falle einer Ausnahme des Widerrufsrechts i. S. v. Art. 16 VerbrRRL über das Nichtbestehen des Widerrufsrechts (Art. 6 lit. k) VerbrRRL, Art. 246a § 1 Abs. 3 Nr. 1 EGBGB sowie nach Nr. 2 über mögliche vorzeitige Erlöschensgründe382). Eine Information über das Nichtbestehen des Widerrufsrechts gem. Art. 40 Abs. 2 lit. c) – i) und Abs. 3 ist ebenso nach Art. 17 Nr. 5 GEK‑Vorschlag erforderlich. Die konkretisierenden Neuregelungen die­ nen im Ergebnis der Rechtssicherheit durch hohe Anforderungen an die Wider­ rufsbelehrung und stellen als solche einen weiteren Fortschritt der verbraucher­ schützenden Privatrechtsharmonisierung dar. 379  Vgl. insgesamt auch Schulze/Morgan, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Com­ mon European Sales Law in Context, S. 294, 322 ff. 380 Zutreffend Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 246; zurückhaltender Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 144, der eine Berücksichtigung der Wider­ rufsinformationen im Rahmen der Kaufentscheidung durch den Durchschnittsverbraucher als nicht zu erwarten einordnet. 381 Vgl. BT‑Drs. 17/12637, S. 75; dazu auch Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 24 ff. 382  Vgl. Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 1 EGBGB, Rn. 7, 10.



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese123

5.  Informationen über sonstige Details des Vertragsinhalts Weitere Informa­tions­pflichten über sonstige Vertragsbestimmungen lassen sich unter der Kategorie sonstiger Details des Vertragsinhalts zusammenfassen. Ent­ sprechende Regelungen enthalten Art. 6 Abs. 1 lit. n) – q) VerbrRRL, Art. 246a Abs. 1 S. 1 Nr. 7, 8 EGBGB, Art. II. – 3:103 Abs. 1 DCFR sowie Art. 13 Abs. 1 lit. d) i. V. m. Art. 16 GEK‑Vorschlag. Während die Bestimmung des Art. II. – 3:103 Abs. 1 DCFR wiederum generalisierend die Bestimmungen des Ver­ trags sowie die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien nennt, sieht Art. 13 Abs. 1 lit. d) i. V. m. Art. 16 GEK‑Vorschlag weitgehend inhaltsgleich mit der VerbrRRL sowie der nationalen Umsetzung nähere Regelungen hinsichtlich der Vertragsbestimmungen vor. Als Beispiele für solche Vertragsbestimmungen sind insbesondere Angaben zu Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen (Art. 6 Abs. 1 lit g) VerbrRRL, Art. 246a Abs. 1 S. 1 Nr. 7 EGBGB, Art. 16 lit. a) GEK‑Vorschlag) oder gegebenenfalls der Hinweis auf bestehende Verhaltens­ kodizes (Art. 6 Abs. 1 lit n) VerbrRRL, Art. 16 lit. c) GEK‑Vorschlag), oder das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrechts für Waren (Art. 246a Abs. 1 S. 1 Nr. 8 EGBGB) zu nennen.383

6.  Weitere „gegebenenfalls“ zu erteilende Informa­tionen Als mögliche weitere Kategorie lassen sich solche vorvertraglichen Informa­ tions­pflichten zusammenfassen, die nur gegebenenfalls zu erfüllen sind, d. h. nicht allgemein zwingend, sondern nur bei Einschlägigkeit.384 Diese finden sich zahlreich in den verschiedenen Rechtsquellen und Regelwerken, vgl. Art. 6 lit. i), lit. m) bis d) VerbrRRL, Art. 4 Abs. 1 lit. i) FARL, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 – 16 EGBGB und speziell zum Widerrufsrecht Art. 246a § 1 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB, ferner Art. II. – 3:103 Abs. 1, S. 1 DCFR a. E. sowie Art. 13 Abs. 1 lit. f ) – i) GEK‑Vorschlag.385 Beispiele für solche nicht allgemein zwingen­ de vorvertragliche Pflichten sind Informationspflichten über das Bestehen von Kundendiensten und gewerblicher Garantien,386 die Funktionsweise digitaler Inhalte387 sowie außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren.388

383  384 

Rn. 8.

Für weitere sonstige Informationserfordernisse vgl. die jeweiligen Normen. Hörmann, S. 113; Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 13 GEK‑E,

385  Hinsichtlich des Inhalts der verschiedenen ggf. zu erteilenden Informationen wird auf die einzelnen Vorschriften verwiesen. 386  Vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. m) VerbrRRL, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 EGBGB, Art. 13 Abs. 1 lit. f ) GEK‑Vorschlag. 387  Vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. r) VerbrRRL, Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 EGBGB, Art. 13 Abs. 1 lit. h) GEK‑Vorschlag. 388  Vgl. Art. 6 Abs. 1 lit. t) VerbrRRL, Art. 246 a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 16 EGBGB, i. d. F. auch Art. II. – 3:103 Abs. 1 S. 1 DCFR a. E., Art. 13 Abs. 1 lit. g) GEK‑Vorschlag.

124

Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

Sofern die genannten Informationen hiernach dispositiv sind, ist konsequenter­ weise auch keine Information über deren Nichtbestehen erforderlich.389

II.  Zusätzliche vorvertragliche Informa­tions­pflichten im E‑Commerce Bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr sind vorvertraglich nach Art. 10 ECRL, Art. 246c EGBGB,390 Art. II. – 3:105 DCFR sowie Art. 24 Abs. 3 GEK‑Vorschlag zusätzliche, vor allem vertragsschlussbezogene Informa­ tions­pflichten zu beachten.391 Der Unternehmer ist verpflichtet, den Kunden oder Verbraucher zu unterrichten über die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsschluss führen (Art. 10 Abs. 1 lit. a) ECRL, Art. 246c Nr. 1 EGBGB, Art. II. – 3:105 DCFR, Art. 24 Abs. 3 lit. a) GEK‑Vorschlag), ob der Vertragstext nach dem Vertragsschluss gespeichert wird und ob er zugänglich sein wird (Art. 10 Abs. 1 lit. b) ECRL, Art. 246c Nr. 2 EGBGB, Art. II. – 3:105 DCFR, Art. 24 Abs. 3 lit. b) GEK‑Vorschlag), über die technischen Mittel zur Erkennung und Korrektur von Eingabefehlern vor Abgabe des Angebots oder der Bestellung (Art. 10 Abs. 1 lit. c) ECRL, Art. 246c Nr. 3 EGBGB, Art. II. – 3:105 Abs. 1 lit. c) DCFR, Art. 24 Abs. 3 lit. c) GEK‑Vorschlag), sowie über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen (Art. 10 Abs. 1 lit. d) ECRL, Art. 246c Nr. 4 EGBGB, Art. II.  – 3:105 Abs. 1 lit. d) DCFR, Art. 24 Abs. 3 lit. d) GEK‑Vorschlag). Nach Art. 246c Nr. 5 EGBGB ist des Weiteren über sämtliche einschlägigen Verhaltenskodizes, denen sich der Unternehmer unterwirft,392 sowie über die Möglichkeit des elektronischen Zugangs zu die­ sen Regelwerken zu informieren. Nach Art. II. – 3:105 Abs. 1 lit. e) DCFR ist zusätzlich die Information über verwendete Vertragsbestimmungen erforder­ lich,393 ein ähnliches Erfordernis regelt Art. 24 Abs. 3 lit. a) GEK‑Vorschlag. Als weitere zusätzliche Informa­tions­pflicht sind die besonderen Anforderun­ gen der Button-Lösung in Bezug auf die mit dem Vertragsschluss verbunde­ ne Zahlungspflicht des Verbrauchers nach § 312j BGB und Art. 25 GEK‑Vor­ schlag zu nennen. Insgesamt stimmen die zusätzlichen Informa­tions­pflichten 389  Speziell zum GEK‑Vorschlag Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 13 GEK‑E, Rn. 8; insgesamt dazu auch Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucher­ recht, § 9, Rn. 112 ff. 390  Diese Informa­tions­pflichten weisen, mit Ausnahme einer redaktionellen Anpassung in Nr. 3 der bis zum 12.06.2014 geltenden Fassung, keine inhaltlichen Änderungen ggü. der Vor­ gängervorschrift des Art. 246 § 3 EGBGB auf, vgl. Palandt/Grüneberg, Art. 246 c EGBGB, Rn. 1. 391 Eingehend dazu Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmer­ mann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 244 ff.; zu Art. 246c EGBGB Brön­ neke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 21 ff. 392  Siehe dazu schon oben unter I. 5., S. 123. 393 Zu weiteren Anforderungen vgl. den Wortlaut des Art. II. – 3:105 Abs. 1 DCFR; siehe auch die Kommentierung von von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:105 DCFR, S. 222 ff.



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese125

des GEK‑Vorschlags inhaltlich weitgehend mit den sekundärrechtlichen Vor­ gaben sowie der nationalen Umsetzung in § 312j BGB sowie Art. II. – 3:105 DCFR überein.

III.  Weitere vorvertragliche Informa­tions­pflichten nach Sondergesetzen Ergänzend zu den soeben dargestellten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr sowie sonstige Fernabsatzver­ träge können sich weitere Pflichten zur Erteilung vorvertraglicher Informatio­ nen aus Sondergesetzen wie dem TMG394 oder der PAngV395 ergeben. Ferner sehen die Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegen­ heiten (ADRRL)396 sowie die Verordnung über Online-Streitbeilegung in Ver­ braucherangelegenheiten (OS‑VO)397 besondere Informa­tions­pflichten vor.

1.  Informa­tions­pflichten nach TMG Das Telemediengesetz (TMG) enthält in § 5 und § 6 TMG Regelungen über Informa­tions­pflichten. § 5 TMG enthält zunächst eine Liste von allgemeinen Informa­tions­pflichten, welche gem. Abs. 1 Diensteanbieter geschäftsmäßiger und in der Regel entgeltlicher Telemedien leicht erkennbar, unmittelbar erreich­ bar und ständig verfügbar zu halten haben. Vorgesehen sind insoweit identitäts­ bezogene Informationen (Name und Anschrift, Nr. 1); Kontaktinformationen (zur Möglichkeit der schnellen Kontaktaufnahme, Nr. 2); gegebenenfalls Anga­ ben zur zuständigen Aufsichtsbehörde (sofern die Tätigkeit einer behördlichen Zulassung bedarf, Nr. 3); registerbezogene Angaben wie beispielsweise Han­ dels- oder Vereinsregister (Nr. 4) usw. Diese allgemeinen Informa­tions­pflichten berühren gem. § 5 Abs. 2 TMG nicht sonstige weitergehende gesetzliche Informa­tions­pflichten, wie z. B. solche des elektronischen Geschäftsverkehrs oder des Fernabsatzrechts.398 Für kommerzielle Kommunikationen sieht § 6 TMG besondere Informa­tions­pflichten vor. Gem. Abs. 1 gilt es unter anderem als Mindestvoraussetzungen zu beachten, dass kommerzielle Kommunikatio­ nen (Nr. 1) oder ebenso verkaufsfördernde Maßnahmen wie z. B. Preisnachläs­ 394  Telemediengesetz (TMG) vom 26. Februar 2007. 395 Preisangabeverordnung (PAngV) vom 14. März

1985; siehe zur Überschneidung der öffentlich-rechtlichen Pflichten aus PAngV und den Informa­tions­pflichten des BGB z. B. Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 7. 396  Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG – (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten). 397 Verordnung (EU) Nr. 524/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die Online-Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Ände­ rung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG – (Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten). 398  Siehe dazu BeckOK InfoMedienR/Ott, § 5 TMG, Rn. 49.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

se (Nr. 3) als solche klar erkennbar sind. Sofern ein Versand der kommerziel­ len Kommunikationen per elektronischer Post erfolgt, darf weder der Absender noch der kommerzielle Charakter der Nachricht in der Kopf- und Betreffzeile verschleiert oder verheimlicht werden, vgl. § 6 Abs. 2 TMG. Schließlich sieht § 6 Abs. 3 TMG vor, dass die gesetzlichen Regelungen des UWG grundsätzlich unberührt bleiben.399

2.  Informa­tions­pflichten nach der Preisangabenverordnung Ferner können flankierend zu den genannten vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten preisspezifische Informationsangaben vorvertraglich nach der Preis­ angabenverordnung (PAngV) zu erteilen sein.400 Inhalt dieser Verordnung ist formelles Preisrecht, d. h. die Regelungen betreffen Art und Weise der Anga­ ben von Preisen im Geschäftsverkehr, nicht aber deren Bildung oder Zuläs­ sigkeit.401 Vorgesehen sind demnach verschiedene preisbezogene Informati­ onsvorgaben von der Verpflichtung zur Angabe des Gesamtpreises (§ 1 Abs. 1 PAngV), bei Fernabsatzverträgen nach § 1 Abs. 2 PAngV zusätzliche Angaben über enthaltene Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile (Nr. 1) sowie zu­ sätzliche Fracht-, Liefer- und Versandkosten sowie sonstige Kosten (Nr. 2), bis zur Angabe des Grundpreises (§ 2 PAngV) usw.402 Mit Ausnahme der Anga­ be des Grundpreises nach Art. 2 Abs. 1 PAnGV stellt die Preisangabenrichtlinie (PAngRL)403 weder für die allgemeinen noch die besonderen Preisangabevor­ schriften die sekundärrechtliche Grundlage dar.404 Auch wenn die RL‑Vorgaben in der PAngV umgesetzt wurden, enthält diese darüber hinausgehende Anfor­ derungen an Preisangaben.405 Dies wird durch den unterschiedlichen Schutz­ zweck deutlich. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist Schutzzweck der 399  Näher dazu Müller-Broich, TMG, § 6 TMG, Rn. 11 f.; BeckOK InfoMedienR/Pries, § 6 TMG, Rn. 23; dazu auch Hohlers, S. 127. 400  Preisangabenverordnung, in Kraft seit 1. Mai 1985, neugefasst mit Bekanntmachung vom 18. Oktober 2002, zuletzt geändert durch Art. 11 des Gesetzes zur Änderung der Wohn­ immobilienkreditrichtlinie und zur Änderung handelsrechtlicher Vorschriften vom 11. März 2016 (BGBl. 2016 I, S. 396, 414); Gennen, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 22. Ka­ pitel, Rn. 122; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, UWG, Einführung PAnGV, Rn. 1; Köhler/Bornkamm/ Feddersen/Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 1. 401 Vgl. Ohly/Sosnitza/Sosnitza, UWG, Einführung PAnGV, Rn. 1; Köhler/Bornkamm/ Feddersen/Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 1, mit Verweis auf BGH, Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 111/11, GRUR 2012, 1159, 1161, Rn. 24, betreffend Preisangabe bei Miet­ wagenangebot. 402 Zu den Einzelheiten vgl. die ausführlichen Kommentierungen bei Ohly/Sosnitza/­ Sosnitza, UWG, PAnGV, §§ 1 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, PAnGV, §§ 1 ff.; ­Gennen, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 22. Kapitel, Rn. 122. 403  Richtlinie 98/6 EG vom 18. Februar 1996 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse; zur möglichen Reform siehe S. 358 ff. 404 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 11 ff.; etwas un­ klar insofern MüKoUWG/Alexander, § 5a UWG (a. F.), Rn. 295. 405  MüKo UWG/Alexander, § 5a UWG (a. F.), Rn. 295; nach Auffassung von Köhler über­



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese127

PAngRL der Schutz des Verbrauchers bei Preisangaben von Waren mit unter­ schiedlichen Maßeinheiten, d. h. diesem soll ein Preisvergleich bei divergie­ renden Mengen- und/oder Packungsgrößen möglich sein, nicht aber die Preis­ angabe im Allgemeinen.406 Dieses Verständnis erscheint mit Blick auf ErwGr. 6 der PAngRL folgerichtig, wonach die Verpflichtung der Preisangabe nach Maß­ einheit merklich zur Verbesserung der Verbraucherinformation beiträgt, da dies eine einfache Weise des Vergleichs biete und Verbraucher somit fundier­ te Entscheidungen treffen können. Neben dem vorrangig lauterkeitsrechtlichen Charakter hat die PAngRL auch Auswirkungen auf das Vertragsrecht und ver­ deutlicht insgesamt den Stellenwert des mündigen Verbraucherleitbilds im Europäischen Privatrecht.407 Der Anwendungsbereich beschränkt sich gem. § 1 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 1 PAngV jedoch auf Angebote oder Werbung gegenüber Letztver­ brauchern. Nach der Rechtsprechung des BGH gelten als Letztverbraucher sol­ che Personen, die die Ware nicht weiter umsetzen, sondern für sich verwen­ den.408 Des Weiteren werden an die vorvertragliche Informationserteilung in zeitlicher Hinsicht besondere Anforderungen gestellt. Nach der Rechtspre­ chung sind dem Letztverbraucher die Preisangaben bereits dann zu erteilen, wenn er sich mit dem Angebot näher befasst und nicht erst im Wege der Bestel­ lung, sodass z. B. bei einem Fernabsatzvertrag die Informationen über zusätz­ liche Lieferkosten unmittelbar bei der Werbung zu erteilen sind und eine Infor­ mation erst bei Einlegen in den virtuellen Warenkorb nicht ausreicht und somit als Verletzung anzusehen wäre.409

3.  Besondere Informa­tions­pflichten bzgl. des Rechtsschutzes bei grenzüberschreitenden Verbraucherverträgen Für Verbraucher stellt sich häufig die Frage nach der Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche.410 Besondere Brisanz entfaltet die Durchsetzbarkeit insbesonde­ steige die PanGV in Teilen unionsrechtliche Vorgaben, dies andeutend in Köhler/Bornkamm/ Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 11 ff. 406 EuGH, Urteil vom 10.07.2014, Rs. C-421/12, (Europäische Kommission/Königreich Belgien), ErwGr. 59 mit Verweis auf die ausführliche und überzeugende Darstellung in den Schlussanträgen des Generalanwaltes Pedro Cruz Villalón vom 26.11.2013 zur Rs. C-421/12, Rn. 58 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 11; ­Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 12. 407 So Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 12. 408 BGH, Urteil vom 29.04.2010 – I ZR 99/08, GRUR 2011, 82, 83, Rz. 23; Ohly/­ Sosnitza/Sosnitza, UWG, Einführung PAnGV, Rn 22; Köhler/Bornkamm/Feddersen /Köhler, Vorbemerkungen PAnGV, Rn. 19. 409 Vgl. zum Versandkostenhinweis unmittelbar bei Werbung BGH, Urteil vom 16.07.2009 – I ZR 50/07, GRUR 2010, 248, 250, Rz. 23 f., wobei zunächst der Hinweis „zzgl. Versandkosten“ ohne genaue Höhe ausreicht; dazu auch MüKo UWG/Alexander, § 5a UWG (a. F.), Rn. 258; Gennen, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 22. Kapitel, Rn. 122. 410  Rühl, RIW 2013, 737, 738; vgl. zum Verbraucherschutz in diesem Kontext z. B.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

re für grenzüberschreitende B2C‑Verträge im elektronischen Geschäftsver­ kehr und sonstigen Fernabsatzgeschäften, wenn man von einer diesbezüg­ lichen Unerfahrenheit der Verbraucher ausgeht. Neben Sprachbarrieren kann sich auch die fehlende Kenntnis fremder Rechtsordnungen als ein Hindernis für die Geltendmachung der Ansprüche wegen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzung vor Gericht herausstellen. Im Bereich des elektronischen Ge­ schäftsverkehrs beschreibt die Europäische Kommission Regelungen zur au­ ßergerichtlichen Streitbeilegung als „einen der zwölf Hebel zur Förderung des Wachstums und des Vertrauens in den Binnenmarkt sowie der Fortschritte zu seiner Vollendung.“411 Mit dem Ziel, dass Verbraucher vertragliche Ansprü­ che nicht nur leichter, sondern auch schneller und kostengünstiger durchsetzen können, intendieren die genannten Rechtsakte die Förderung der außergericht­ lichen Beilegung von Streitigkeiten.412 Insbesondere wird als eines der wesent­ lichen Hemmnisse die fehlende Kenntnis der Möglichkeiten genannt, Streitig­ keiten auch außergerichtlich beilegen zu können.413 Daher finden sich weitere spezielle Informa­tions­pflichten in den neuen Rechtsakten zur außergerichtlichen Streitbeilegung, der ADRRL und der OS‑VO, welche bislang auf diesem Gebiet bestehende Probleme beseitigen sollen.414 Mit Umsetzung des Gesetzes zur alternativen Streitbeilegung ist ab 1. Februar 2017 nach deutschem Recht in § 36 Verbraucherstreitbeilegungs­ gesetz eine allgemeine Informa­tions­pflicht des Unternehmers über Verbrau­ cherschlichtungsstellen vorgesehen.415 Unterhält der Unternehmer eine Website oder verwendet er AGB, so ist er verpflichtet, den Verbraucher leicht zugänglich und klar verständlich darüber zu informieren, inwieweit er zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bereit oder verpflichtet ist (Abs. 1 Nr. 1), sowie für den Fall der Bereitschaft oder Verpflichtung der Teilnahme auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen (Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1). Dieser Hinweis muss neben Angaben zur Anschrift und Website der Verbrau­ cherschlichtungsstelle die Erklärung des Unternehmers enthalten, vor dieser an einer Streitbeilegung teilzunehmen (Abs. 1 Nr. 2 Hs. 2). Eine Ausnahme sieht ­ urger, in: Leible (Hrsg.), Die Bedeutung des Internationalen Privatrechts im Zeitalter der L neuen Medien, S. 33 ff. 411  Mitteilung der Kommission vom 13.04.2011, Binnenmarktakte – Zwölf Hebel zur För­ derung von Wachtsum und Vertrauen – „Gemeinsam für neues Wachstum“, KOM(2011) 206 endg., S. 11 f.; vgl. auch ErwGr. 9 der ADRRL. 412  Siehe ErwGr. 5 ff. der ADRRL; ebenso Rühl, RIW 2013, 737, 738; dazu auch Hirsch, NJW 2013, 2088, 2089. 413  Vgl. ErwGr. 35 der ADRRL; ferner Civic Consulting – Study on the use of Alternati­ ve Dispute Resolution in the European Union – Final Report, 2009, S. 112 ff., abrufbar unter ; darauf bezugnehmend Rühl, RIW 2013, 737, 740 m. w. N. 414  Eingehend dazu Rühl, RIW 2013, 737, 739; siehe bereits S. 125. 415  BGBl. 2016 I, S. 254 ff.



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese129

§ 36 VSBG lediglich für Unternehmer vor, die Ende 2016 zehn oder weniger Beschäftigte haben. Ansonsten werden diese Informationsanforderungen zu der Vielzahl bereits bestehender vorvertraglicher Informa­tions­pflichten hinzutre­ ten.416

IV.  Besonderheiten vorvertraglicher Informa­tions­pflichten nach den unterschiedlichen Regelwerken In den verschiedenen betrachteten Regelwerken finden sich neben den zahl­ reichen Informa­tions­pflichten für gewisse Situationen auch Erleichterungs­ modalitäten.

1.  Erleichterte Informa­tions­pflichten bei Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten Die erleichterten Informa­tions­pflichten bei Reparatur- und Instandhaltungs­ arbeiten bis zu einer Vergütung von 200 Euro und sofortiger Erfüllung nach Art. 246a § 2 EGBGB gelten nur für Werkverträge über Reparaturen und In­ standhaltungen, wobei der Vertragsabschluss außerhalb von Geschäftsräu­ men erfolgen und der Verbraucher die Dienste ausdrücklich angefordert haben muss.417 Diese Vorschrift ist für die vorliegende Untersuchung jedoch nicht von Bedeutung, da sie auf bereits im Vorfeld telefonisch oder über ein anderes Fern­ kommunikationsmittel geschlossene Verträge keine Anwendung findet.418 Den­ noch soll die Erleichterung im Hinblick auf deutlich reduzierte Informations­ angaben als Beispiel genannt werden, um aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber grundsätzlich auch einen Schutz der Verbraucher durch Mindestangaben als ge­ geben sieht.419 416  Diese neuen Informa­tions­pflichten stellen eine weitere Erhöhung der Anzahl der Informa­tions­pflichten (ohne spezifische Sanktionsvorgaben) dar und können insofern von Vorteil sein, als der Verbraucher Kenntnis der für ihn günstigen Möglichkeit der alternativen Streitbeilegung erhält und diese gerade für kleinere Streitigkeiten wahrnehmen kann. Diese Informa­tions­pflichten werden hier aufgrund des besonderen Bezugs zur Durchsetzbarkeit grenzüberschreitender Ansprüche vorliegend nicht näher untersucht; vgl. hierzu z. B. den Bei­ trag von Brönneke, VuR 2016, 121 ff. 417  BT‑Drs. 17/12637, S. 75. 418 Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 2 EGBGB, Rn. 2, der ohne nähere Begründung und somit wenig überzeugend auf eine unter Umständen in Betracht kommende Anwendung des Art. 246a § 3 EGBGB (Erleichterte Informa­tions­pflichten bei begrenzter Darstellungsmöglich­ keit) verweist. 419  Diese Ausnahme ist allerdings nicht unumstritten, die an eine Bagatellgrenze von 200 Euro geknüpfte Erleichterung wird zwar nach der legislativen Auffassung als sachgerecht empfunden, BT‑Drs. 17/12637, S. 75; nach a. A. wird diese Regelung jedoch kritisch bewertet und gar als wahllos bezeichnet, so z. B. Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuld­ recht, Kapitel 4, Rn. 28; überzeugend ist wohl das nach letzterer Auffassung angeführte Argu­ ment, dass trotz des in solchen Situationen geringeren Schutzbedarfes von Verbrauchern die Reduktion auf Mindestinformationen zur Unübersichtlichkeit der Normen führt (vgl. ebd.).

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

2.  Erleichterte Informa­tions­pflichten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit Gemäß Art. 246a § 3 EGBGB gelten bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit in Fernabsatzverträgen nach § 312c BGB ebenfalls Erleichterungen bezüglich der Informa­tions­pflichten des Unternehmers. Diese Informationserleichterung geht auf Art. 8 Abs. Abs. 4 VerbrRRL zurück420 und ist ebenso in Art. 19 Abs. 2 und 3 GEK‑Vorschlag vorgesehen. Ziel dieser Vorschriften ist es, die umfang­ reichen Informa­tions­pflichten anzupassen, wenn technische Einschränkungen der Fernkommunikationsmittel im Sinne einer limitierten räumlichen oder zeit­ lichen Darstellungsfähigkeit dies erfordern421, und den Vertragsschluss nicht unnötig zu erschweren.422 Hiervon betroffen ist insbesondere der Vertrieb von Waren über mobile Endgeräte, sog. Mobile-Commerce (M‑Commerce), wie z. B. Tablets oder Smartphones.423 Leider bleibt offen, was exakt unter dem Kriterium des begrenzten Raumes der Darstellung zu verstehen ist.424 Sofern man zur Konkretisierung auf ErwGr. 36 der VerbrRRL zurückgreifen möchte, der die Anzahl der Displayzeichen von Mobiltelefonen als maßgeblich erach­ tet, würde dies die bestehende Rechtsunsicherheit noch verstärken, da moder­ ne ­gängige Modelle wie z. B. das i-Phone von Apple oder das Samsung Galaxy hiervon nicht erfasst würden, der Unternehmer für die Pflichten aber antizipie­ ren müsste, welches Gerät der Verbraucher nun verwendet.425 Dennoch stellt die Kodifikation insgesamt eine bedeutende Änderung im Vergleich zur vorhe­ rigen Rechtslage dar, da zuvor auch bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit im M‑Commerce nach überwiegender Auffassung sämtliche Informationen zu er­ teilen waren.426 Somit wird wiederum insgesamt die Komplexität der diversen Anforderungen an die jewei­ ligen Informa­tions­pflichten erhöht. 420 Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 3 EGBGB, Rn. 1; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 30. 421  Vgl. Art. 8 Abs. 4 VerbrRRL sowie ErwGr. 36; BT‑Drs. 17/12637, S. 75. 422  Schirmbacher/Schmidt, CR 2014, 107, 110; implizit auch BT‑Drs. 17/12637, S. 75; ähnlich Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 31 f., welche die Ausweitung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten einerseits und die Beschränkung für Geräte mit begrenzter Darstellungsmöglichkeit andererseits kritisch als „ein mit Regeln und Ausnahmen durchzogenes Kaskadensystem“ bewertet. 423 Dazu Schirmbacher/Schmidt, CR 2014, 107, 110; vgl. auch Schirmbacher, in: Tamm/ Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 108 a; siehe auch Gennen, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 22. Kapitel, Rn. 3; Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 7. 424 Kritisch Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 7, nach deren zutreffender Auffassung kaum Klarheit über den Anwendungsbereich geschaffen wird; ebenso Rose/Taeger, K&R 2010, 159, 163. 425  Dies zu Recht bemängelnd Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 7; Rose/Taeger, K&R 2010, 159, 163 ff.; hingegen unkritisch auf ErwGr. 36 VerbrRRL verweisend Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 30. 426  Vgl. z. B. OLG Hamm, Urteil vom 16.06.2009 – 4 U 51/09, K&R 2009, 813 f.; Schirmbacher/Schmidt, CR 2014, 107, 110; nach a. A. ließen sich solche Erleichterungen bei Fern­ absatzverträgen aus einer vorzunehmenden Zumutbarkeitsprüfung ableiten, NK BGB/Ring,



C.  Kategorisierung und vergleichende Synthese131

Nach der Vorschrift des Art. 246a § 3 EGBGB wird die Einhaltung der Min­ destanforderung an Informationen zunächst ausnahmsweise als ausreichend er­ achtet.427 Wird folglich ein Fernabsatzvertrag mit Hilfe eines Fernkommunika­ tionsmittels geschlossen, welches für die Informationserteilung gegenüber dem Verbraucher nur begrenzten Raum oder begrenzte Zeit bietet, so ist der Unter­ nehmer verpflichtet, dem Verbraucher zumindest Informationen über die we­ sentlichen Eigenschaften der Waren, die Identität des Unternehmers, den Ge­ samtpreis oder die Art der Preisberechnung, gegebenenfalls das Bestehen eines Widerrufsrechts und gegebenenfalls die Vertragslaufzeit sowie Kündigungs­ bedingungen bei Dauerschuldverhältnissen zur Verfügung zu stellen.428 Die ge­ nannten Mindestanforderungen können auch als Informationen über wesent­ liche Vertragsbestandteile (essentialia negotii) zusammengefasst werden. In Umsetzung des Art. 8 Abs. 4 S. 2 VerbrRRL enthält Art. 246a § 3 S. 2 EGBGB ebenso wie Art. 19 Abs. 2 S. 1 GEK‑Vorschlag die klarstellende Regelung, dass die weiteren Informationsangaben nicht entfallen, sondern dem Verbraucher in geeigneter Weise unter Beachtung der formellen Anforderungen429 zugänglich zu machen sind.430 Zusätzlich zu den Mindestinformationen ist also ein Ver­ weis auf die Informationsquelle erforderlich, der z. B. mittels Hyperlink-Ver­ knüpfung auf die unternehmerische Website oder durch die Angabe einer ge­ bührenfreien Telefonnummer erfolgen kann.431 Diese Erleichterungen sollen allerdings dann keine Anwendung finden, wenn die Beschränkung durch den Unternehmer selbst herbeigeführt wurde, da ein solches Verhalten als Umge­ hung entsprechend § 312k Abs. 1 S. 2 BGB zu beurteilen ist.432

Art. 246 EGBGB, Rn. 14; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapi­ tel 4, Rn. 31; eingehend zum reduzierten Umfang vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im M‑Commerce im fünften Teil unter A. I. 2. 427  Vgl. ErwGr. 36 VerbrRRL. 428  Zum vollständigen Inhalt wird auf Art. 8 Abs. 4 VerbrRRL, Art. 246a § 3 EGBGB res­ pektive Art. 19 Abs. 3 GEK‑Vorschlag verwiesen; siehe zu Art. 246a § 3 EGBGB ­Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 108 e; anders noch zur alten Rechtslage OLG Hamm, Urteil vom 16.06.2009 – 4 U 51/09, K&R 2009, 813 f. 429  Nach deutschem Recht Art. 246a § 4 Abs. 3 EGBGB. 430  Vgl. Wortlaut des Art. 8 Abs. 4 S. 2 VerbrRRL; dazu Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 3 EGBGB, Rn. 2; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 108e. 431  Siehe ErwGr. 36 VerbrRRL; Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 3 EGBGB, Rn. 2; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, S. 107. 432  Vgl. Palandt/Grüneberg, Art. 246a § 3 EGBGB, Rn. 1.

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

D.  Weitreichender Inhalt und enormer Umfang vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen – Gefahr des „information-overkill“? Wie aus den vorhergehenden Ausführungen ersichtlich, existiert eine Vielzahl unterschiedlichster Informa­tions­pflichten im Bereich des E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen. Häufig ist mit Blick auf den immensen Umfang von einer „Flut an Informationen“433, einem „Informationsbombardement“434, „information-overload“435 oder „information-overkill“436 die Rede und bei Be­ trachtung der Gesamtheit der Informationen wird nicht selten eine „Informati­ onsüberflutung“ befürchtet.437 Kritisiert wird dies insbesondere deshalb, da eine Vielzahl an Informa­tions­pflichten keinesfalls eine Sicherheit dahingehend bie­ ten kann, dass die Entscheidung des Verbrauchers aus diesem Grund als „bes­ ser“ zu bewerten ist,438 insbesondere wenn man bedenkt, dass viele Verbrau­ cher regelmäßig keine Kenntnis von bereitgestellten Informationen nehmen.439 Studien zufolge existieren Grenzen im Hinblick auf die Möglichkeit Informa­ tionen zu verstehen und zu verarbeiten, insbesondere geht man davon aus, dass

433  So z. B. Schwintowski, VuR 2016, 241; kritisch ggü. der „Informationsmasse“ auch Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 56; schon vor Jahren kritisch in Bezug auf Time-Sharing-Verträge Martinek, NJW 1997, 1393, 1396; Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 275. 434  Insofern kritisch zu Time-Sharing-Verträgen Martinek, NJW 1997, 1393, 1396. 435  Äußerst kritisch ggü. dem „information overload“ Ben-Shahar, ERCL 2009, 1; P ­ aredes, Washington University Law Review (Volume 81) 2003, 417, 441 m. w. N.; ähnlich auch Fages, ERCL 2008, 304, welcher von einem overload des acquis in Bezug auf B2C‑Verträge ins­ gesamt spricht und u. a. die Informa­tions­pflichten nennt; ferner Faust, in: Eiden­müller/Faust/ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 208; ebenso Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­Zimmermann (Hrsg.), Re­ vision des Verbraucher-acquis, S. 223, 247 ff. m. w. N.; Fleischer, ZEuP 2000, 773, 775; dies in Bezug auf die Verbraucherkreditrichtlinie aufgreifend Mak, in: Devenney/Kenny (Hrsg.), European Consumer Protection, S. 21, 40; Konecny, S. 214. 436 Von einem „overkill of information duties“ sprechend z. B. Reich, General Prin­ ciples of EU Civil Law, S. 47, 50; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2611; äußerst kritisch und die Informa­tions­pflichten Art. 6 Abs. 1 VerbrRRL als „Informationspamphlet“ bezeichnend Janal, WM 2012, 2314, 2316. 437  So bezeichnet Van den Bergh die Entwicklung der Informationserfordernisse in Zu­ sammenhang mit dem verbraucherschützenden Ansatz kritisch als „Informationseuphorie“, in: Ott/Schäfer (Hrsg.) S. 77, 84; siehe dazu auch Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grund­ freiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 275; in Zusammenhang mit Informationsanforderungen bei Time-Sharing-Verträgen den ebenfalls treffenden Begriff „Informationsbombardement“ verwendend Martinek, NJW 1997, 1393, 1396. 438 So Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2611; i. d. S. auch Fleischer, ZEuP 2000, 773, 787 f.; Jansen, ZEuP 2012, 741, 766 f. 439  Howells, Journal of Law and Society 2005, S. 349, 356 ff. m. w. N.



E.  Zusammenfassende Gesamtbetrachtung133

Personen nur wenige Informationen gleichzeitig verarbeiten können.440 Dies ist ein weiteres tragendes Argument gegen eine inflationäre Verwendung von Informationen. Darüber hinaus wird zutreffend vertreten, dass ein „Informati­ onsbombardement“ keine Vertragstransparenz zu begründen vermag.441 Eine Vielzahl von Informationen kann vielmehr dazu führen, dass es für den Ver­ braucher (fast) unmöglich wird, die Informationen zur Kenntnis zu nehmen, zutreffend einzuschätzen und diese sich somit negativ auswirken.442 Diese An­ sicht erscheint auch im Bereich der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bei elektronischen Verträgen im Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträ­ gen trotz situationsbedingtem Gefährdungspotential überzeugend. Insbesonde­ re bei Rechtsgeschäften im Onlinesektor über Waren mit nicht sehr hohem Wert wird sich der Verbraucher in der Regel nicht die Mühe machen, sämtliche vor­ vertragliche Informationen zu lesen, ausreichend zur Kenntnis zu nehmen und diese womöglich sogar noch kritisch analysieren. Vielmehr ist wohl regelmäßig von einer schnellen Entscheidung für den Erwerb der Ware auszugehen, da die Kaufentscheidung in der Regel vor der Auseinandersetzung mit den vor dem endgültigen Vertragsabschluss zu erteilenden Informationen gefällt wird.443

E.  Zusammenfassende Gesamtbetrachtung Die vorliegende Darstellung der Regelungskonzepte und des umfangreichen Inhalts zeigen eine Vielzahl zu erteilender Informationen bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen. Hinzu kommen unterschiedliche formale Anforderungen, die insgesamt zu einem komplexen Informationssystem und zu Schwierigkeiten der Erfüllung führen. Die Überschwemmung mit Informationen kann für den Verbraucher nicht nur 440  Siehe bereits die bedeutende Untersuchung des US-amerikanischen Psychologen und Professors Miller, Psychological Review 1956, 81 ff.; Howells, Journal of Law and Socie­ ty 2005, 349, 359 f.; kritisch zu den Informa­tions­pflichten des GEK‑Vorschlags Eidenmüller/ Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 276; ebenso Jansen, ZEuP 2012, 741, 760 ff.; zum DCFR Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 544 f.; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 247 f. 441 Zutreffend Martinek, NJW 1997, 1393, 1396; dies aufgreifend auch Remien, Zwingen­ des Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 275 f. 442  Miller, Psychological Review 1956, S. 81 ff.; siehe auch Remien, Zwingendes Ver­ tragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 275; ferner Eidenmüller/Faust/­ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 544; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/ Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 276 f.; eingehend Howells, Journal of Law and Society 2005, 349, 356 ff.; ähnlich kritisch Martinek, NJW 1997, 1393 396. 443  Erschwerend tritt das Problem der Unsicherheit der Rechtsfolgen im Falle der Ver­ letzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten hinzu, dazu sogleich im vierten Teil; Pfeiffer, NJW 2012, 2609, 2611 geht gar noch weiter und spricht von einer „unnötigen Multiplikation der Rechtsfolgen infolge von EU‑Maßnahmen.“

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Dritter Teil: Vorvertragliche Informa­tions­pflichten – Eine Bestandsaufnahme

wenig hilfreich sein, sondern gar negative Folgen haben. Aus Unternehmer­ perspektive betrachtet erhöhen die komplexen Anforderungen nicht nur die Transaktions- und Beratungskosten, sondern gerade auch die Gefahr, ungewollt vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen zu begehen und mit Sanktio­ nen konfrontiert zu werden. Insbesondere um die multiplen Schwierigkeiten der informationsverpflichteten Unternehmer zu verringern, erscheint eine Re­ duktion des Umfangs der Pflichten dringend geboten.444 Dies ist auch aus Ver­ braucherperspektive weniger schädlich als wünschenswert, da wenige essen­ tielle Informationen die Kenntnisnahme und das Verständnis erleichtern und somit wesentlich zur Entscheidungsfähigkeit beitragen können. Leider ist eine solche notwendige Reduktion weder durch die VerbrRRL erfolgt und auch nicht im GEK‑Vorschlag respektive den nachfolgenden RL‑Vorschlägen vorgesehen.

444  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 544; dem hingegen eher unkritisch in Bezug auf die ECRL und FARL Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/ Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 163 f; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 276 f.; Howells, Journal of Law and Society 2005, 349, 356 ff.; eingehend zur gebotenen Reduktion im fünften Teil unter A.

Vierter Teil

Sanktionen A.  Überblick über Sanktionsvorgaben I.  Bedeutung und Funktion der Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen Wie bereits aufgezeigt, existieren im Bereich des elektronischen Geschäftsver­ kehrs sowie bei sonstigen Fernabsatzverträgen umfangreiche und zahlreiche vorvertragliche Informa­tions­pflichten, die es seitens des informationspflichti­ gen Unternehmers zu beachten gilt. Aufgrund dieser detaillierten Regelungen liegt die Vermutung nahe, dass korrespondierend zu den umfangreichen Pflich­ ten ein entsprechendes System existiert, welches konkrete Sanktionen für den Fall der Verletzung einer vorvertraglichen Pflicht vorsieht und regelt. Die Be­ deutung und Unabdingbarkeit der Sanktionen für gesetzlich normierte vorver­ tragliche Informa­tions­pflichten folgt zwangsläufig aus der ansonsten fehlen­ den Effektivität der Verpflichtungen.1 Gerade den Sanktionen kommt somit eine fundamentale Bedeutung und Absicherungsfunktion des vorvertraglichen Schutzes durch Informationserfordernisse zu. Wie im folgenden Abschnitt er­ sichtlich werden wird, mangelt es jedoch gerade an einem solch eindeutigen und transparenten Sanktionssystem. Vor allem fehlt es an einer hinreichend konkreten europäischen Vorgabe. Als Konsequenz des Fehlens eines einheit­ lichen europäischen Sanktionssystems richten sich die Sanktionen bei Verlet­ zung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten nach dem jeweiligen Recht der Mitgliedstaaten. Bei der Zahl von derzeit 28 Mitgliedstaaten in der EU können theoretisch eine Vielzahl von Sanktionsarten bzw. unterschiedlichste Voraus­ setzungen in Betracht kommen, je nachdem in welchem Mitgliedstaat der Un­ ternehmer agiert oder welche Rechtsordnung kollisionsrechtlich Anwendung findet. Ist die Anwendbarkeit der nationalen Rechtsordnung geklärt, stellt sich die Anschlussfrage, ob die Mitgliedstaaten ein spezifisches und abschließen­ des Sanktionssystem vorsehen oder vielmehr allgemeine vertragsrechtliche Re­ gelungen Anwendung finden, die wiederum zu unterschiedlichsten Rechtsfol­ gen bei der Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten führen können. 1  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revisi­ on des Verbraucher-acquis, S. 223, 250.

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Vierter Teil: Sanktionen

II.  Sanktionsvorgaben auf nationaler und europäischer Ebene im Vergleich Sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene finden sich teils all­ gemeine, teils spezielle und differenziertere Sanktionsvorgaben. Während nach bislang geltendem Sekundärrecht Vorgaben zu Sanktionen allenfalls rudimentär vorhanden sind, finden sich inzwischen zumindest auch Regelungsvorschläge für den Fall der Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten. So enthalten sowohl der DCFR als auch der GEK‑Vorschlag mehr oder weniger differenzier­ te Vorgaben zu Sanktionen. Auch wenn die Sanktionsvorschriften der genann­ ten Regelwerke weder aktuell noch voraussichtlich in naher Zukunft geltendes europäisches Recht darstellen werden, können diese dennoch als Referenztexte für eine mögliche künftige Regelung im Bereich der Sanktionen bei vorvertrag­ licher Informa­tions­pflichtverletzung im Sinne einer Vorbildfunktion Bedeutung erlangen. Im Folgenden soll zunächst ein Überblick über den jeweiligen Ansatz bereits existenter Regelungssystematiken bzw. entsprechender Vorschläge der Sanktio­ nen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen bei Verträgen im elektro­ nischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen gewährt werden, bevor in einem nächsten Schritt die einzelnen Rechtsbehelfe jeweils dargestellt und vergleichend betrachtet werden. Um die rechtsvergleichende Darstellung zu erleichtern, werden die verschiedenen Sanktionsmöglichkeiten kategori­ siert und in der jeweiligen Kategorie ein Vergleich der einschlägigen Regelun­ gen vorgenommen. Soweit das Gesetz keine Differenzierung hinsichtlich der Rechtsfolgen vorsieht, werden die Sanktionen bei elektronischen Verträgen sowie sonstigen Fernabsatzverträgen entsprechend gemeinsam betrachtet. Im Anschluss an vertragsrechtliche Sanktionsmöglichkeiten werden zudem einige bedeutende wettbewerbsrechtliche Sanktionen aufgezeigt und das Verhältnis zu den individuellen Sanktionen geklärt.

1.  Überblick der sekundärrechtlichen Sanktionsvorgaben Wie im dritten Teil unter B. aufgezeigt finden sich in den einschlägigen Sekun­ därrechtsakten umfangreiche Bestimmungen zu Informa­tions­pflichten im elek­ tronischen Geschäftsverkehr sowie bei sonstigen Fernabsatzverträgen. Da es sich bei diesen Sekundärrechtsakten um Richtlinien handelt, bedürfen diese der Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten. Dennoch könnten die Richtlinien als Korrelat zu den jeweils geregelten Informa­tions­pflichten auch spezielle Bestimmungen über Sanktionen bei Verletzung dieser vorvertrag­ lich zu erteilenden Informa­tions­pflichten enthalten, welche dann abhängig vom Harmonisierungsansatz der jeweiligen Richtlinie ebenso in das nationale Recht umzusetzen wären.2 2  Im Falle der vollharmonisierenden VerbrRRL wäre insofern eine mitgliedstaatliche Ab­ weichung in den Umsetzungsgesetzen grundsätzlich nicht möglich.



A.  Überblick über Sanktionsvorgaben137

a)  Sanktionsvorgaben der ECRL Nach Art. 20 S. 1 der ECRL obliegt die Festlegung von Sanktionen bei Verstö­ ßen des Diensteanbieters gegen die einzelstaatlichen Umsetzungsvorschriften der Richtlinie den Mitgliedstaaten, diese treffen alle geeigneten Maßnahmen zur Sicherstellung der Durchsetzung. Gem. S. 2 des Art. 20 ECRL müssen die Sanktionen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

b)  Sanktionsvorgaben der FARL und VerbrRRL Sanktionsvorgaben für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten finden sich vereinzelt sowohl schon in der früheren FARL als auch in der VerbrRRL.

aa)  Sanktionsvorgaben nach früherer FARL Die inzwischen in der VerbrRRL aufgegangene FARL enthielt keine speziel­ le Vorschrift für Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen. In Art. 11 Abs. 1 der FARL ist lediglich vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten im Interesse der Verbraucher für geeignete und wirksame Mittel sorgen, um die Einhaltung der Bestimmungen dieser Richtlinie zu gewährleisten. Als spe­ zielle Rechtsfolgenregelung sah die FARL die Verlängerung der Widerrufsfrist auf drei Monate bei Nichterfüllung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten gemäß Art. 5 FARL vor, vgl. Art. 6 Abs. 1 S. 4 FARL. Da die FARL eine Min­ destharmonisierungsklausel enthielt,3 konnten die einzelnen Mitgliedstaaten eine längere Widerrufsfrist vorsehen und haben dies zum Teil auch getan. So hat sich Deutschland nicht nur für eine Verlängerung der Widerrufsfrist entschie­ den, sondern vielmehr darüber hinaus vorgesehen, dass die Widerrufsfrist im Falle einer fehlenden oder fehlerhaften Belehrung gar nicht zu laufen beginnt.4 Die Verlängerung der Widerrufsfrist stellt jedoch die einzige konkrete Sanktion der FARL für die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht dar.5

bb)  Die Rechtsprechung des EuGH und Sanktionsvorgaben nach der neuen VerbrRRL Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des EuGH zum Effektivitätsprinzip findet sich in der neuen VerbrRRL ähnlich der Vorschrift der früheren FARL 3  Nach Art. 14 der FARL konnten die Mitgliedstaaten „in dem unter diese Richtlinie fal­ lenden Bereich mit dem EG‑Vertrag in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten, um eine höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen.“ 4  So die gesetzliche Regelung des § 355 Abs. 3 S. BGB a. F. vor Umsetzung der VerbrRRL; siehe auch Kunz, S. 70. 5  Siehe dazu auch Kunz, S. 70; eine besondere Regelung für die Kostentragung im Falle einer Informa­tions­pflichtverletzung wie nach Art. 6 Abs. 6 VerbrRRL findet sich in der FARL noch nicht.

138

Vierter Teil: Sanktionen

und der ECRL lediglich eine allgemeine Bestimmung zu den Sanktionen vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen. So wurde das Verständnis des wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionsgebots durch verschiedene Entscheidungen des EuGH maßgeblich geprägt und ist im Sinne der Auslegungsmethode des effet utile zu verstehen, eine effektive Durchset­ zung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten zu gewährleisten.6 Sofern im Allgemeinen nach Unionsrecht keine konkreten Sanktionsvorgaben existieren, sind die Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EuGH nicht nur befugt,7 sondern vielmehr verpflichtet alle geeigneten Maßnahmen zur Schaffung von Geltung und Wirksamkeit des Unionsrechts zu treffen.8 Allerdings verbleibt die Wahl der konkreten Sanktionen den Mitgliedstaaten überlassen.9 Dementspre­ chend sieht die VerbrRRL in Art. 24 eine Art generalklauselartigen Verweis auf das Recht der Mitgliedstaaten vor und lässt mit Ausnahme spezifischer Kosten­ tragungspflichten und der Verlängerung des Widerrufsrechts grundsätzlich kon­ krete Sanktionen vermissen.10 Maßgeblich sind daher vielmehr die nach mit­ gliedstaatlichem Recht vorgesehenen Sanktionen.

6  Siehe EuGH, Urteil vom 08.06.1994, Rs. C-382/92, Rn. 55 m. w. N., (Kommission/Vereinigtes Königreich); EuGH, Urteil vom 12.09.1996, Rs. C-58/5, Rn. 14 f. m. w. N.; Magiera, in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, S. 520, 528; Magnus, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 213; zum Grundsatz des effet utile Meyer, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 19 EUV, Rn. 57 f.; zur Zulässigkeit der effet utile-Auslegung auch Calliess, in: Calliess/ Ruffert, EUV/AEUV, Art. 5 EUV, Rn. 15 ff. 7  So noch EuGH, Urteil vom 02.02.1977, Rs. 50/76 (Amsterdam Bulb), ErwGr. 33, wo­ nach „die Mitgliedstaaten, wenn die Gemeinschaftsregelung keine Vorschrift enthält, die für den Fall ihrer Verletzung durch den einzelnen bestimmte Sanktionen vorsieht, befugt sind die Sanktionen zu wählen, die ihnen sachgerecht erscheinen.“; i. d. S. auch EuGH, Urteil vom 18.02.1982, 77/81 (Zuckerfabrik Franken), ErwGr. 19; siehe dazu Magiera, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 325 AEUV, Rn. 29; insoweit wohl fälschlicherweise noch von einem zu weiten Ermessensspielraum ausgehend Gießelmann, S. 281. 8  EuGH, Urteil vom 08.06.1994, Rs. C-382/92, Rn. 55, (Kommission/Vereinigtes Königreich), „[…] so sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten.“; Schulze/ Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 102; zum Effektivitätsprinzip auch Magiera, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 325 AEUV, Rn. 29. 9  EuGH, Urteil vom 08.06.1994, Rs. C-382/92, Rn. 55 m. w. N., (Kommission/Vereinigtes Königreich); siehe auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 101 ff. 10  Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 152 f., weisen zudem zutreffend noch auf Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL als „specific remedy“ hin; Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 8, Rn. 22; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 49; wohl zu optimistisch bewerten Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 60, die Vor­ gaben der VerbrRRL als „weitreichendes Sanktionsprogramm“; Möllers, BB 2014, 1411, 1413, bezeichnet die Frage nach den Sanktionen als spannendes Thema künftiger Rechtsent­ wicklungen.



A.  Überblick über Sanktionsvorgaben139

(1)  Allgemeine Sanktionsregelung des Art. 24 VerbrRRL Nach Art. 24 Abs. 1 S. 1 VerbrRRL legen die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die aufgrund der VerbrRRL erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. S. 2 er­ gänzt diese generalklauselartige Anordnung durch die Vorgabe, dass die Sank­ tionen wirksam, angemessen und abschreckend sein müssen. Es handelt sich folglich um eine generelle Sanktionsvorschrift sämtliche Verstöße gegen die mitgliedstaatlichen Umsetzungsnormen der VerbrRRL betreffend, nicht aber um ein spezielles Sanktionssystem für Verletzungen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten. Ausgehend von dieser allgemeinen Sanktionsregelung und dem Ver­ weis auf das jeweilige Recht der Mitgliedstaaten können sich beispielsweise im deutschen Recht Sanktionen regelmäßig auch aus dem allgemeinen Leistungs­ störungsrecht ergeben.11 Unter Berücksichtigung der umfangreichen und voll­ harmonisierenden Regelung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten, kann diese unbestimmte Regelung aber kaum den angestrebten Beitrag zur Rechts­ sicherheit und einem hohen Verbraucherschutzniveau leisten und ist daher ins­ gesamt als unzureichend zu bewerten.12

(2)  Spezifische Sanktionsbestimmungen der VerbrRRL Neben der Generalklausel enthält die VerbrRRL zumindest auch vereinzelt be­ sondere Sanktionsbestimmungen. Zurückgehend auf die frühere FARL ist als bedeutende Sanktion für Verträge im E‑Commerce und sonstige Fernabsatz­ verträge zunächst die Verlängerung des Widerrufsrechts zu nennen. Verletzt der Unternehmer seine vorvertragliche Informa­tions­pflicht den Verbraucher über sein bestehendes Widerrufsrecht zu belehren,13 so sieht Art. 10 Abs. 1 VerbrRRL eine Verlängerung des Widerrufsrechts vor, im Gegensatz zur FARL jedoch mit zeitlicher Begrenzung der Widerrufsfrist. So läuft die Widerrufsfrist gem. Art. 10 Abs. 1 VerbrRRL zwölf Monate nach Ablauf der ursprünglichen vierzehntägigen Frist (siehe Art. 9 Abs. 2 VerbrRRL) ab. Hat der Unternehmer dem Verbraucher die nach Abs. 1 erforderlichen Informationen binnen 12 Mo­ naten ab dieser vierzehntägigen Frist erteilt, so endet die Widerrufsfrist gem. Art. 10 Abs. 2 VerbrRRL 14 Tage nach dem Tag, an dem der Verbraucher diese Informationen erhalten hat. Eine weitere besondere Sanktion im Hinblick auf die Pflicht zusätzlicher Kostentragung enthält Art. 6 Abs. 6 VerbrRRL. Verletzt ein Unternehmer seine 11 

Vgl. BT‑Drs. 14/6040, S. 173; Palandt/Grüneberg, Einf v 238 BGB, Rn. 2; S­ chirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB Rn. 42. 12  Micklitz/Rott, in: Dauses/Ludwigs (Hrsg.), EU‑Wirtschaftsrecht, H.  V. Verbraucher­ schutz, Rn. 217; zurückhaltender, aber ebenfalls mit kritischer Tendenz Hall/Howards/Watson, ERCL 2012, 139, 151 ff. 13  Art. 6 Abs. 1 lit. h) VerbrRRL.

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Vierter Teil: Sanktionen

vorvertragliche Pflicht, über zusätzliche oder sonstige Kosten gem. Abs. 1 lit. e) oder über Rücksendekosten gem. Abs. 1 lit. i), ist der Verbraucher nicht zur Tra­ gung zusätzlicher oder sonstiger Kosten verpflichtet. Schließlich enthält die VerbrRRL eine weitere Sanktion speziell für Verträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr. Art. 8 Abs. 2 S. 1 der VerbrRRL sieht für auf elektronischem Wege geschlossene Fernabsatzverträge vor, dass der Unternehmer den Ver­ braucher unmittelbar vor Abgabe seiner Bestellung klar und in hervorgeho­ bener Weise auf die in Art. 6 Abs. 1 lit. a), e), o) und p) der VerbrRRL genannten Informationen hinweist. Gem. Art. 8 Abs. 2 S. 2 VerbrRRL ist eine ausdrück­ liche Bestätigung des Verbrauchers notwendig, dass die Bestellung mit einer Zahlungspflicht verbunden ist. Diese Bestätigung kann der Richtlinie zufolge mittels einer aktivierten Schaltfläche oder ähnlichen Funktionen erfolgen, so­ fern diese gut lesbar den Hinweis enthält, dass die Bestellung zahlungspflich­ tig ist. Nach Art. 8 Abs. 2 S. 3 VerbrRRL kommt als zulässige Bezeichnung bspw. „zahlungspflichtig bestellen“ oder entsprechende Formulierungen in Be­ tracht, sofern diese eindeutig sind. Kommt der Unternehmer diesen Verpflich­ tungen nicht nach, so sieht Art. 8 Abs. 2 S. 4 VerbrRRL vor, dass der Verbrau­ cher durch den Vertrag nicht gebunden ist. Diese Sanktionsbestimmung wirft in mehrfacher Hinsicht Fragen auf, welche im Rahmen der konkret vorgesehenen Rechtsfolge der Nichtbindung an den Vertrag im Rahmen der Sanktion der Un­ wirksamkeit geklärt werden.14

c)  Die neuen RL‑Vorschläge für ein modernes Vertragsrecht Die neuen RL‑Vorschläge für ein modernes Vertragsrecht und über bestimmte Aspekte des Warenhandels (dazu bereits oben, S. 20 ff.) sollen die grundsätz­ lich vollharmonisierende VerbrRRL ergänzen und enthalten daher keinerlei Re­ gelungen zu den bereits harmonisierten Informa­tions­pflichten für Fernabsatz(und E‑Commerce-) Verträge und demzufolge auch keine eigenständigen Sanktionsbestimmungen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen.

2.  Sanktionsregelungen nach nationalem Recht Mangels einheitlicher Vorgaben der einschlägigen Richtlinien, sind mit Aus­ nahme der genannten Sondersanktionen im Falle vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzungen bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen folglich allenfalls Rechtsfolgen nach natio­ nalem deutschen Recht denkbar.15 Ein ausdifferenziertes, spezielles Sanktions­ system für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen lässt sich allerdings 14  15 

Siehe sogleich im vierten Teil unter F. I. 2. Siehe dazu Palandt/Grüneberg, Einf v 238 BGB, Rn. 2 ff.; vgl. auch Magnus, in: Schul­ ze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 213.



A.  Überblick über Sanktionsvorgaben141

auch im BGB nicht finden. Abgesehen von den in Umsetzung des Sekundär­ rechts normierten Sonderregelungen wie z. B. der Verlängerung der Widerrufs­ frist können insofern die Regelungen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts Anwendung finden.16

3.  Sanktionsregelungen nach DCFR Im Gegensatz zu den einschlägigen Richtlinien und nationalem Recht sieht indes der DCFR eine spezielle Regelung für Sanktionen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung in Buch II. – 3:109 DCFR vor.17 Diese sind für B2C‑Verträge nach Abs. 5 zwingend. Art. II. – 3:109 DCFR sieht als mögliche Sanktionen den Nichtbeginn der Widerrufsfrist (Abs. 1), einen Anspruch auf Schadensersatz (Abs. 3), einen Ver­ weis auf die sonstigen „remedies“ in Buch III, Kapitel 3 (Abs. 2) – d. h. Rechts­ behelfe bei Nichterfüllung – sowie die Möglichkeit der Anfechtung des Vertrags vor, indem die durch diesen Artikel II. – 3:109 DCFR geregelten Rechtsbehel­ fe gem. Abs. 4 unbeschadet weitergehender Rechtsbehelfe nach Art. II. – 7:201 DCFR gelten. Jene Bestimmung hat in der Literatur teilweise heftige Kritik erfahren.18 Diese Kritik erscheint insbesondere im Hinblick auf die fehlende Klarstellung des Verhältnisses der einzelnen Sanktionen zueinander gerecht­ fertigt, was als weiteres Beispiel der grundsätzlich bemängelten Pauschalisie­ rungstendenz des DCFR angeführt wird.19 Begründet wird dies überzeugend mit den verschiedenen Funktionen der Informa­tions­pflichten in den Richtlini­ en, deren Verletzungen konsequenterweise auch entsprechend unterschiedlicher Sanktionen bedürfen.20 Die Bestimmung ähnelt grundsätzlich der als Vorbild dienenden Sanktionsregelung des Art. 2:208 ACQP, weist jedoch unter ande­ rem mit der Regelung der Willensmängel einen bedeutenden Unterschied auf.21 Die Sanktion der Anfechtung erscheint daher nicht unproblematisch, da sie zum einen nach dem acquis nicht vorgesehen ist und zum anderen die Irrtumsanfech­ 16 

Vgl. Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 2; Schirmbacher, in: Spindler/Schus­ ter (Hrsg.), § 312d BGB Rn. 42. 17  Diese Vorschrift kommt im Hinblick auf die Entstehung besondere Bedeutung zu, da sich hierin eine direkte Zusammenarbeit zwischen den aus dem acquis abgeleiteten Regelun­ gen und denen der Study-Group widerspiegelt, so Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Com­ mon Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 119; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 59, sehen hierin eine Tendenz zur Abkehr von der bislang prak­ tizierten Zurückhaltung. 18 Bereits zur Interim Outline Edition Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann, JZ 2008, 529, 545; zurückhaltender Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 104. 19  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545. 20  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545; TwiggFlesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 120 f. 21  Siehe auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 104.

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Vierter Teil: Sanktionen

tung in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen unterschiedlich geregelt ist.22 Das in den ACQP alternativ verfolgte Konzept der Möglichkeit der Vertrags­ anpassung bei Informationsstörungen an legitime Erwartungen der Partei wird trotz ebenfalls fehlender Basis im acquis als gute Alternative zur Anfechtung angesehen, da diese dem Modell des selbstkorrigierenden Inhalts des Vertrags Rechnung trägt.23 Ob die Konzeption des DCFR im Hinblick auf die Anfech­ tung aber auch generell zu überzeugen vermag, gilt es im Rahmen der einzelnen Sanktionsvorgaben zu klären.

4.  Sanktionsregelungen nach dem GEK‑Vorschlag In Kapitel 2 GEK‑Vorschlag, Abschnitt 5, finden sich Regelungen für die Sanktionierung der Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten. Art. 29 GEK‑Vorschlag sieht im Gegensatz zu einigen zuvor aufgeführten Sekundär­ rechtsakten aber ähnlich wie der DCFR spezifische Sanktionsmaßnahmen für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten vor. Nach Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag ist zunächst eine Schadensersatzpflicht im Sinne einer Grundregel vorgesehen. So haftet eine Partei im Falle der Nicht­ erfüllung einer sich aus Kapitel 2 ergebenden Pflicht für jeden Verlust, der der anderen Partei durch diese Pflichtverletzung entsteht. Die in Abs. 2 enthaltene Sanktion betrifft zusätzliche Kosten. Bei Nichterfüllung der Informa­tions­pflicht über zusätzliche oder sonstige Kosten gemäß Art. 14 GEK‑Vorschlag oder über die Rücksendung der Waren nach Art. 17 Abs. 2 GEK‑Vorschlag soll der Ver­ braucher nicht zur Tragung solcher zusätzlichen oder sonstigen Kosten ver­ pflichtet sein. Nach Abs. 3 gelten diese Abhilfen unbeschadet der Abhilfen nach Art. 42 Abs. 2 GEK‑Vorschlag (Beginn der Widerrufsfrist bei nicht ordnungs­ gemäßer Belehrung), Art. 48 GEK‑Vorschlag (Irrtum) oder Art. 49 GEK‑Vor­ schlag (Arglistige Täuschung). Zwar ist im Gegensatz zu Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR24 die Verlängerung des Widerrufsrechts im Falle nicht ordnungsgemäßer Belehrung nicht explizit als Sanktion geregelt, der Nichtbeginn der Widerrufs­ frist bleibt aber über den klarstellenden Verweis des Art. 29 Abs. 3 GEK‑Vor­ schlag unberührt und somit als Sanktion anwendbar. Ebenfalls fehlt es der Sanktionsnorm des Art. 29 GEK‑Vorschlags an einer eigenständigen Regelung des Anfechtungsrechts als selbständige Sanktion für vorvertragliche Informa­ tions­pflichtverletzungen. Das Recht zur Anfechtung kann sich jedoch bei Vor­ liegen der Voraussetzungen aus den Regelungen über Einigungsmängel des Art. 48 und Art. 49 GEK‑Vorschlag ergeben, da diese Abhilfen entsprechend der Regelung des Art. II. – 3:109 Abs. 4 DCFR unberührt bleiben.25 Dies stellt 22  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201 DCFR, S. 457; dazu auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 101 ff. 23  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 102. 24  Siehe zuvor S. 141. 25  Siehe bereits oben, S. 141 f.



A.  Überblick über Sanktionsvorgaben143

somit zusammenfassend eine, wenn auch sehr abstrakte, Konkurrenzregelung zu den Widerrufs- und Irrtumsrechten dar. Schließlich ist der zwingende Charakter der Sanktionen hervorzuheben, denn Art. 29 Abs. 4 GEK‑Vorschlag verbietet bei B2C‑Verträgen die Vorschrift zum Nachteil des Verbrauchers auszuschließen oder davon nachteilig abzuwei­ chen oder deren Wirkungen abzuändern. Daraus folgt im Umkehrschluss, dass die Parteien von der Sanktionsregelung zum Vorteil des Verbrauchers sowie in B2B‑Verträgen dispositiv abweichen können.26 Ähnlich wie in Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL ist zudem als spezielle Sanktion der Nichtinformation über die Kostenpflichtigkeit von auf elektronisch abgeschlos­ senen Fernabsatzverträgen in Art. 25 Abs. 2 S. 2 GEK‑Vorschlag die Nicht­ bindung an den Vertrag im Rahmen der Button-Lösung vorgesehen. Art. 28 GEK‑Vorschlag normiert ferner eine spezielle Pflicht zur Sicherstellung der Richtigkeit von Informationen. Nach Abs. 1 ist der Unternehmer zwingend zur richtigen und nicht irreführenden Information verpflichtet. Diese Regelung be­ sagt jedoch nichts über das Erfordernis der vollständigen Informationserteilung, sondern beschränkt sich allein auf das Verbot der irreführenden Erteilung. So stehen gemäß Art. 28 Abs. 2 GEK‑Vorschlag einer Partei, die infolge einer Ver­ letzung der in Art. 28 Abs. 1 GEK‑Vorschlag genannten Pflicht durch die andere Partei unrichtige oder irreführende Informationen erhalten und vernünftigerwei­ se bei Vertragsschluss darauf vertraut hat, die Abhilfen nach Art. 29 GEK‑Vor­ schlag zu. Demzufolge sollen bei unrichtigen oder irreführenden Informationen die gleichen Rechtsfolgen wie bei der Nichterfüllung der Informa­tions­pflichten greifen, was im Ergebnis einen Gleichlauf respektive eine Gleichstellung von Nicht- und Fehlinformation bedeutet.27 Die Vorschrift erfasst grundsätzlich B2C- und B2B‑Verträge, allerdings verbietet Art. 28 Abs. 3 GEK‑Vorschlag abweichende Vereinbarungen zum Nachteil des Verbrauchers und ist insoweit zwingend.28 Dies dient dem Sinn und Zweck der Bestimmung, eine informier­ te Entscheidungsbasis des Informationsempfängers zu gewährleisten.29 Die Gleichstellung über Art. 28 GEK‑Vorschlag wird insbesondere aufgrund der Komplexität der Regelung von Teilen der Literatur zu Recht kritisch betrach­ tet.30 In diesem Zusammenhang wird vor allem eine Vereinfachung dergestalt präferiert, dass eine Schlechtinformation nicht als Information gelten soll und 26 Schmidt-Kessel/Wichmann,

GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 11. auch Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 108; Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 10; Druschel, S. 176. 28 Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 28 CESL, Rn. 2; Schmidt-Kessel/ Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 9. 29 Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 28 CESL, Rn. 1. 30 Eingehend Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 10; vgl. bereits die kritischen Anmerkungen zur im Wesentlichen entsprechenden Vorschrift des Art. 24 der Machbarkeitsstudie aus 2011 von Zoll, euvr 2012, 9, 12, welcher diese als wenig 27 Siehe

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Vierter Teil: Sanktionen

die Erteilung einer solchen gerade keine Erfüllung der Informa­tions­pflicht dar­ stellt und somit als Nichterfüllung anzusehen ist.31 Ferner wird die Befürchtung einer „Verwässerung“ der Informa­tions­pflichten laut, wenn die Beachtung der Sorgfaltspflicht zum Bestandteil und somit Voraussetzung der Erfüllung der je­ weiligen Informa­tions­pflicht zählen würde.32 Andererseits erscheint ein Gleich­ lauf insofern vorzugswürdig, als es für die Entscheidung des Verbrauchers nicht relevant ist, ob eine Information gänzlich fehlt oder falsch ist. In beiden Fäl­ len ist die Informationsgrundlage gestört. Im Gegensatz zu Art. 28 GEK‑Vor­ schlag ist der Anwendungsbereich des Art. 29 GEK‑Vorschlag zudem inso­ fern eingeschränkt, als eine Verletzung der in Kapitel 2 vorgesehenen Pflichten vorausgesetzt wird und daher die hinsichtlich der jeweiligen vorvertraglichen Informa­tions­pflicht je nach Vertriebsform oder besonderer Vertragsschlussform vorgesehenen Einschränkungen entsprechend gelten.33 Im Ergebnis ist daher positiv hervorzuheben, dass sich der GEK‑Vorschlag um eine Sanktionsrege­ lung bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung und einen Gleichlauf der verschiedenen Verletzungstatbestände bemüht hat, wobei jedoch nicht über­ sehen werden darf, dass es weitgehend an einer Klarstellung oder Betonung des Verhältnisses der Sanktionen zueinander fehlt.34

III.  Vergleichende Betrachtung der zivilrechtlichen Sanktionen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung im Detail Im Folgenden werden die einzelnen in Betracht kommenden Sanktionen für Verletzungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten bei Verträgen im elektro­ nischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen zunächst im De­ tail vorgestellt und im Hinblick auf die unterschiedlichen Regelungsansätze einem Vergleich unterzogen. Wie der Überblick der Sanktionssystematiken ge­ zeigt hat, fehlt es weitgehend an einer unionsrechtlich einheitlichen Sanktions­ systematik. Die Sanktionen bleiben vielmehr den Mitgliedstaaten überlassen. Nach deutschem Recht sind spezielle Sanktionsvorschriften für die besonde­ ren Vertriebsformen der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sons­ tigen Fernabsatzverträge in Umsetzung der Richtlinienvorgaben ebenfalls nur vereinzelt vorgesehen. Anders verhält es sich jedoch bei den vergleichend he­ geglückte Regel bezeichnet; den Gleichlauf jedoch unkritisch feststellend Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 108. 31  Zoll, euvr 2012, 9, 12; Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 10. 32 So Zoll, euvr 2012, 9, 12; dies wiederum aufgreifend Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 10. 33  Vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 1. 34  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ähnlich auch Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, S. 178; Jansen, ZEuP 2012, 741, 764 f., befürchtet, dass durch dieses undifferenzierte System sinnvolle Regelungen an anderer Stelle unterlaufen werden.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist145

rangezogenen Referenztexten, da sowohl im DCFR (Art. II. – 3:109 DCFR) als auch im GEK‑Vorschlag (Art. 29 GEK‑Vorschlag) Sanktionsmodelle enthalten sind. Differenzierend nach den Vorgaben des deutschen Rechts unter Berück­ sichtigung sekundärrechtlicher Einflüsse,35 den Vorgaben des DCFR und des GEK‑Vorschlags orientiert sich der gewählte Aufbau nach der Art der Sankti­ on um jeweilige Unterschiede und Gemeinsamkeiten aufzuzeigen. Die Unter­ suchung der in Betracht kommenden Sanktionen konzentriert sich neben dem In­ halt und den grundlegenden Voraussetzungen auf wesentliche, mit den einzelnen Bestimmungen in Bezug auf vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen verbundene Probleme oder Kritikpunkte. Die Detailanalyse gliedert sich in fol­ gende zu betrachtende Sanktionen: Verlängerung der Widerrufsfrist (unter B.), Entfallen der Verpflichtung zuätzlicher Kostentragung (unter C.), Anspruch auf Schadensersatz (unter D.), Anfechtung des Vertrags (unter E.), Unwirksamkeit des Vertrags (unter F.), (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte (unter G.), Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch (unter H.) sowie allgemeines Leis­ tungsstörungsrecht (unter I.).

B.  Verlängerung der Widerrufsfrist Eine seit längerem auf nationaler wie auch europäischer Ebene im Bereich elektronisch geschlossener und sonstiger Fernabsatzverträge bekannte Sank­ tion im Rahmen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen ist die Ver­ längerung der Widerrufsfrist für Verbraucher.36 Die Widerrufsfrist bezeichnet den Zeitraum, in welchem ein Verbraucher ein ihm zustehendes Widerrufs­ recht ausüben kann. Nach grundlegenden Überlegungen zu Bedeutung und sachlicher Rechtfertigung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen im All­ gemeinen (unter I. und II.), folgt die Darstellung der Voraussetzungen der ver­ längerten Widerrufsfrist nach nationalem Recht sowie im Anschluss der ver­ schiedenen Regelwerke.

I.  Entwicklung und Bedeutung des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen Nach einer jahrzehntelangen Fortentwicklung gilt das Widerrufsrecht bei Fern­ absatzverträgen für Verbraucher heute als eines der zentralen Rechtsinstitute des 35  Soweit sekundärrechtlich spezifische Sanktionsmaßnahmen existieren, wird auch in diesem Punkt auf die zu Grunde liegende Richtlinienbestimmung hingewiesen, auf eine vor­ hergehende Darstellung der einschlägigen Sekundärrechtsvorgaben aber verzichtet, um unnö­ tige Wiederholungen zu vermeiden. 36  Siehe auch Wilhelmsson/Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 466; Schulze/Morgan, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 294, 326 ff., 339; ähnlich auch Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 152 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

nationalen Schuldrechts sowie des Europäischen Privatrechts.37 Die doppelte Schutzkonzeption bei bestimmten Vertragsschlusssituationen durch umfassen­ de Informa­tions­pflichten einerseits und der Gewährung eines Widerrufsrechts andererseits setzt sich auch in den jüngeren Entwicklungen des unionsrecht­ lichen Verbraucherschutzes durch und kommt sowohl in der VerbrRRL als auch den Referenztexten des DCFR und GEK‑Vorschlags zum Ausdruck.38 Heute findet sich das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen in allen mitgliedstaat­ lichen Rechtsordnungen wieder und ist zu einem gemeinsamen Kennzeichen europäischen Verbraucherschutzrechts geworden, nunmehr verstärkt durch die unter anderem für das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen vollharmonisie­ rende VerbrRRL.39 Übergeordnetes gemeinsames Ziel der Widerrufsrechte für unterschiedliche Vertragstypen und Vertriebsformen ist die Wahrung rechts­ geschäftlicher Entscheidungsfreiheit.40 Aufgrund der besonderen Bedeutung 37  Das Widerrufsrecht als eines der Kernelemente des Europäischen Vertragsrechts be­ schreibend Schulze, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 151; ebenso M. Weller, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht, S. 147; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 142; Rieländer, AcP 216 (2016), 764, 766; Loos, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Mo­ dernising and Harmonising Consumer Contract Law; dazu auch Lurger, in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 54; siehe auch den Überblick der Wi­ derrufsrechte in verschiedenen Richtlinien von Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 148 ff., welche das Widerrufsrecht jedoch im Hinblick auf die Divergenzen in den Sanktionen nicht als bestes Beispiel für kohärente Regelungen der EU bezeichnet; ferner Palandt/Grüneberg, Vorb v § 355 BGB, Rn. 1; MüKo BGB/Fritsche, § 355 BGB, Rn. 1 ff.; kritisch jedoch Kroll-Ludwigs, ZEuP 2010, 509, 519 ff., welche ein umfassendes Informationsmodell ggü. dem repressiven Widerrufsrecht bevorzugt und letzteres als „in die Jahre gekommen“ beschreibt. 38  Ähnlich Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 3; die Etablierung des Widerrufsrechts ist jedoch nicht wie häufig angenommen allein auf die HaustürwiderrufsRL von 1985 (RL 85/577 EWG betreffend den Verbraucherschutz von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen) zurückzuführen, da Verbrauchern in einigen Mitgliedstaaten bereits zuvor in bestimmten Situationen das Recht zum Widerruf eines Vertrages eingeräumt wurde, Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143; Möllers, JZ 2002, 121 ff.; eingehend zum Widerrufs­ recht in der VerbrRRL Lurger, in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 53 ff. 39  Schulze, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optiona­ les europäisches Kaufrecht, S. 151 f.; Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 3; siehe eingehend zum Widerrufsrecht in verschiedenen Sekundär­ rechtsakten die vergleichende Studie von 2007, mit Update 2008 (daher ohne VerbrRRL), Schulte-Nölke, in: Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers (Hrsg.), EC Consumer Law Compen­ dium, S. 742 ff.; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 142; vgl. zum acquis communautaire sowie der Umsetzung des Widerrufsrechts in den Mitgliedstaaten auch die rechtsvergleichenden Notes in von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, II. – 5: 101 DCFR, S. 348 f.; bereits den RL‑Vorschlag im Sinne von mehr Kohärenz begrüßend Terryn, in: Schul­ ze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 157 ff. 40  Medicus/Lorenz, Schuldrecht I – AT, § 48, Rn. 628; i. d. S. auch Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 147.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist147

des Widerrufsrechts für den Verbraucher werden für dessen Regelung im DCFR sowie im GEK‑Vorschlag jeweils eigene Kapitel gewählt.41 Im Gegensatz zu den Informa­tions­pflichten, welche im Vorfeld auftreten­ den Informationsasymmetrien entgegenwirken sollen, verfolgt das Widerrufs­ recht einen gegenläufigen, eher repressiven Ansatz der nachträglichen Mög­ lichkeit, den Vertrag zu beseitigen.42 Im Kontext des untersuchten Gegenstands ist jedoch hervorzuheben, dass eine Verletzung der vorvertraglichen Informa­ tions­pflicht selbst kein Widerrufsrecht begründet.43 Unter Umständen kann die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht jedoch ein Recht zur An­ fechtung des Vertrages begründen, siehe dazu sogleich in diesem Teil unter E. Das Widerrufsrecht hingegen wird den Verbrauchern vielmehr aufgrund be­ sonderer vertraglicher Umstände gewährt, sodass die Verletzung an sich „le­ diglich“ die Verlängerung der jeweiligen Widerrufsfrist bewirkt.44 Der Grund­ gedanke der Widerrufsfrist ist darin zu sehen, dem Widerrufsberechtigten eine ausreichende Bedenkzeit (nach amerikanischem Recht auch „cooling off peri­ od“) sowie gegebenenfalls die Möglichkeit zur Einholung weiterer Informatio­ nen einzuräumen.45 Der primäre Zweck der Widerrufsfrist liegt demzufolge in der Regelung des spätest möglichen Zeitpunktes, bis zu welchem eine Partei den Vertrag widerrufen kann.46

II.  Sachliche Rechtfertigung eines zwingenden Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen Wie bereits aufgezeigt, kommt dem Widerrufsrecht als verbraucherschützen­ des Instrument im Online- und Fernabsatzhandel große Bedeutung zu. Es ge­ währt dem Verbraucher die Möglichkeit, sich ohne Begründung von einem ge­ schlossenen Vertrag zu lösen und kann somit als Modifikation des Prinzips der unbedingten Bindung an einen geschlossenen Vertrag (pacta sunt servanda) beschrieben werden.47 Auch wenn das Widerrufsrecht aufgrund der Schutzwir­ 41 

Schulze, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 151, 152; speziell zum GEK‑Vorschlag Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 3. 42  Das Widerrufsrecht im Gegensatz zum Informationsmodell daher kritisch betrachtend Kroll-Ludwigs, ZEuP 2010, 509, 519 ff.; Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 3. 43  Dazu sogleich unter III. 1. 44  Dies betonend auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 3; ausdrücklich auf die Verschiebung der Widerrufsfrist abstellend auch Wilhelmsson/ Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 466. 45  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:103 DCFR, S. 354; Medicus/Lorenz, Schuldrecht I – AT, § 48, Rn. 628. 46  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5: 103 DCFR, S. 354. 47  Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, Rn. § 8, Rn. 4; eingehend Eidenmüller, in: E ­ idenmüller/ Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis,

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Vierter Teil: Sanktionen

kung grundsätzlich in Zusammenhang mit den vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten zu sehen ist,48 kann sich diese Arbeit nicht mit dem für und wider des Widerrufsrechts an sich befassen, da der Fokus auf der Sanktion der Verlänge­ rung der Widerrufsfrist liegt. Da letztere jedoch zwingend das Bestehen eines Widerrufsrechts voraussetzt, ist an dieser Stelle die Diskussion dessen sachli­ cher Rechtfertigung zumindest kurz aufzuzeigen. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks wird die Existenz des Widerrufs­ rechts bei Fernabsatzverträgen überwiegend mit vertriebsbedingten Informati­ onsasymmetrien sowie der fehlenden Prüfungsmöglichkeit der Ware begrün­ det.49 Irrelevant ist hingegen die konkrete und individuelle Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers.50 Die Bedeutung und Notwendigkeit eines zwingenden Wi­ derrufsrechts bei Fernabsatzverträgen wird hingegen unterschiedlich beurteilt. Nach teilweise vertretener Auffassung bedarf das Widerrufsrecht aufgrund der zeitlich beschränkten Ausübungsmöglichkeit gerade keiner besonderen sach­ lichen Rechtfertigung.51 Auf der anderen Seite finden sich aber auch kritische Stimmen, welche das Widerrufsrecht bei umfangreichen Informa­tions­pflichten als gänzlich entbehrlich erachten.52 Andere Stimmen der Literatur sprechen S. 109 f., der insbesondere die fehlende Existenz einer systematisch teleologischen Fundie­ rung der sekundärrechtlich gewährten Widerrufsrechte bemängelt, S. 110 ff.; dazu auch schon ­Lurger, Vertragliche Soldiarität, S. 43 ff.; dies., in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 53, 54. 48  So z. B. auch Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 159; Kroll-Ludwigs, ZEuP 2010, 509, 519 ff. 49 Siehe bereits oben, S. 44  f.; so auch schon Lurger, Vertragliche Solidarität, S. 47; dies., in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 53, 54 ff.; ­Schulze/Schulze, CESL Commentary, Art. 40 CESL, Rn. 26; Eidenmüller, in: Eidenmül­ ler/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 109, 129 ff., welcher als drei Kategorien der Schutzzwecke Informationsasymmetrien (v. a. bei Fernabsatzverträgen), exogene Präferenzstörungen (v. a. Überrumpelungsgefahr bei Haustürgeschäften) sowie endogene Präferenzstörungen (z. B. Langzeitverträge bei Ver­ braucherkrediten) unterscheidet; Schmidt-Kessel/Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 5; Fleischer, ZEuP 2000, 773, 775; ähnlich auch Reich, Europäisches Verbraucherrecht, 3. Aufl., S. 379; sowie Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 155; kri­ tischer Bydlinski, AcP 2014 (2004), 309, 371 f.; siehe ferner die kritische Prüfung des Wi­ derrufsrechts als Lösung für Informationsasymmetrien von van den Bergh, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), S. 77, 85 ff. 50  Wendehorst, GPR 2015, 55, 59 m. w. N.; vgl. insofern auch die Entscheidung des EuGH, in welcher der objektive Charakter des Verbraucherbegriffs betont wird, EuGH, Urteil vom 03.09.2015, Rs. C – 110/14 (Costea), ErwGr. 21 ff., EUZW 2015, 767 f.; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 359, der die drohende Gefährdung der Entscheidungsfreiheit als ausschlaggebend erachtet; in diesem Zusammenhang auch interessant der Beitrag über Scheinunternehmer und Scheinverbraucher im BGB von Herresthal, JZ 2006, 695, 696 f.; ferner Rieländer, AcP 216 (2016), 764, 767 m. w. N. 51  Rieländer, AcP 216 (2016), 764, 767, welcher insofern auf den Unterschied zum An­ fechtungs- und Rücktrittsrecht abstellt. 52 So Kroll-Ludwigs, ZEuP 2010, 509, 520 ff., 528 f., welche ein ausgeprägtes Informati­ onsmodell als vorzugswürdig erachtet und auf die weit verbreiteten freiwilligen Rücknahmen



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist149

sich gegen ein zwingendes Widerrufsrecht und für eine dispositive Ausgestal­ tung bei Fernabsatzverträgen aus.53 Insbesondere mit dem Argument der Re­ duktion von Transaktionskosten wird daher eine Art Kombination eines dis­ positiven, freiwillig eingeräumten Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen und damit verbundener Inhaltskontrolle oder aber die Möglichkeit eines op­ tionalen Widerrufsrechts vorgeschlagen.54 Bei letzterem hätte der Verkäufer beispielsweise bei einem Kauf via Versandhandel die Möglichkeit das Wider­ rufsrecht abzubedingen, wenn sich der Verbraucher hiermit ausdrücklich ein­ verstanden erklärt.55 Der Verkäufer müsste demnach unter Wahrung der Trans­ parenzgrundsätze zwei Varianten des Fernabsatzvertrages anbieten – mit und ohne Widerrufsrecht – und der Verbraucher könnte letztendlich entscheiden.56 In der Konsequenz würde dieses Wahlrecht aber zu einer weitergehenden Ver­ komplizierung und Zersplitterung führen, was im Hinblick auf die angestrebte Kohärenz gerade vermieden werden soll.57 Zwar mag es zutreffen, dass viele im Online- und Fernabsatzhandel tätige Händler und Unternehmen freiwillige Widerrufs- oder Rückgaberechte anbieten, welche die gesetzlichen Mindest­ durch Unternehmer verweist; a. A. Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 4. 53 Vgl. die Überlegungen zu pro und contra eines zwingenden Widerrufsrechts von ­Eidenmüller, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revisi­ on des Verbraucher-acquis, S. 109, 131 ff; ebenso Wagner, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/­ Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 2, 27 ff.; Schmidt-­ Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 6; a. A. Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550, 563; Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 8, Rn. 12. 54 Eingehend Wagner, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 2, 29 ff., der insbesondere mit einer Kosten-Nut­ zen-Überlegung aus Käufer und Verkäufersicht argumentiert; Eidenmüller, in: E ­ idenmüller/ Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 109, 133 f; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 278; ähn­ lich auch Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 6; a. A.  Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550, 564, welche überzeugend die Weitergabe eingespar­ ter Transaktionskosten an die Kunden anzweifelt. 55  Eidenmüller, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 109, 133; sich daher für eine flexible Lösung im Einzelfall aussprechend Wagner, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 2, 29 f.; ähnlich Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kom­ mentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 6. 56  Eidenmüller, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, Revisi­ on des Verbraucher-acquis, S. 109, 133; Wagner, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/­ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 2, 29 f.; ebenso Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 278; Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 6; eingehend und mit überzeugender Gegenargumentation Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550, 564 f., welche insbesondere auf nicht auszuschließende sonstige Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag wie z. B. die Irrtums­ anfechtung hinweist. 57 Dies zugebend auch Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 6, welcher die Differenzierung jedoch als hinnehmbar erachtet, da diese teleologisch fundiert und auf die Voraussetzungen des Widerrufsrechts beschränkt sei.

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Vierter Teil: Sanktionen

vorgaben weit übersteigen.58 Unter Berücksichtigung des Leitbilds des durch­ schnittlich informierten Verbrauchers könnte man argumentieren, dass Verbrau­ cher, die Wert auf ein (langes) Recht zur Rückgabe legen, sich dieses anbietende Unternehmen wählen können oder müssen. Allerdings sind zusätzliche Rück­ gaberechte keineswegs flächendeckend existent und die freiwillige Einräumung solcher Rechte birgt stets die Gefahr einer Änderung der entsprechenden Unter­ nehmenspolitik mangels zwingender Gesetzesvorgaben. Gerade die Existenz des zwingenden Widerrufsrechts gewährt den Verbrauchern den notwendigen Schutz beim Online- oder sonstigem Fernabsatzhandel, der durch die spezifi­ sche Gefährdungslage sachlich gerechtfertigt ist, auch wenn es bei Fernabsatz­ verträgen im Vergleich zu außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Ver­ trägen an einer Überrumpelungssituation fehlt.59 Das Widerrufsrecht konnte somit zum Abbau von psychologisch begründeten Ängsten vor Internet- oder sonstigen Fernabsatzgeschäften und daher zum Wachstum dieses Sektors bei­ tragen, wovon im Ergebnis gerade auch die Unternehmen profitieren.60 Würde man dies als zwingendes Instrument des Verbraucherschutzes abschaffen, ist ein negativer Effekt auf das grenzüberschreitende Konsumverhalten der Ver­ braucher wohl unumgänglich und würde sehr wahrscheinlich als bedeutender Rückschritt empfunden werden.61 Die weitaus besseren Argumente sprechen daher für die Beibehaltung des Status quo des Unionsrechts und nationalen Rechts, d. h. eines zwingenden Widerrufsrechts im Rahmen von Fernabsatzver­ trägen und damit auch im E‑Commerce. Nur mit einem zwingenden Widerrufs­ recht kann dem sektoralen Schutzzweck hinreichend Rechnung getragen und die erforderliche Rechtssicherheit gewährleistet werden.

58 Als Beispiele sind der Online-Versandhandel Zalando zu nennen, welcher den Kun­ den ein 100-tägiges Rückgaberecht gewährt oder das Unternehmen Christ, welches zusätz­ lich zu dem 14-tägigen Widerrufsrecht ein 16-tägiges Rückgaberecht einräumt; zu freiwilligen Rückgaberechten siehe auch Eidenmüller, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 109, 132 f.; ders. in ERCL 2009, 109, 126 m. w. N.; die vertragliche Gewährung von Lösungsmöglichkeiten auch betonend Kroll-Ludwigs, ZEuP 2010, 509, 528 f. 59  Zur besonderen Gefährdungslage bereits oben, S. 44 f.; eingehend zu den unterschiedli­ chen Schutzsituationen auch Lurger, in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 53, 60 ff. 60  Ähnlich und insoweit überzeugend Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550, 564; ähnlich van den Bergh, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), S. 77, 87 f., nach dessen Auffassung das Widerrufsrecht zur Beseitigung von Informationsasymmetrien beitragen kann; implizit wohl auch SchmidtKessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 4; a. A. Kroll-­ Ludwigs, ZEuP 2010, 509, 528 f. 61  Zöchling-Jud, AcP 212 (2012), 550, 564  f.; i.  E. übereinstimmend Schmidt-­ Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 40 ff. GEK‑E, Rn. 4, nach dessen Auf­ fassung die Abschaffung des Widerrufsrechts zu einem erheblichen Rückgang des Fernabsat­ zes führen würde.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist151

III.  Verlängerung der Widerrufsfrist nach § 356 Abs. 3 BGB unter Berücksichtigung sekundärrechtlicher Vorgaben Eine spezifische Sanktion für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten das Widerrufsrecht betreffend findet sich in § 356 Abs. 3 BGB. Diese Norm dient der Umsetzung des Art. 10 Abs. 2 der VerbrRRL.62

1.  Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts Zunächst enthält § 355 BGB als grundlegende Norm u. a. Regelungen zu Aus­ übung und Fristbeginn des Widerrufsrechts bei Verbraucherverträgen.63 Aller­ dings gewährt § 355 BGB selbst kein Widerrufsrecht, sondern setzt ein solches vielmehr (wie z. B. nach § 312g BGB für Fernabsatzverträge) voraus.64 Das Widerrufsrecht ist als Gestaltungsrecht konzipiert. Der Vertrag ist bis zur Aus­ übung des Widerrufsrechts zunächst schwebend wirksam.65 Infolgedessen wird bei wirksamer Ausübung der Vertrag nicht gänzlich vernichtet, sondern wandelt sich vielmehr mit Wirkung ex nunc in ein Rückgewährschuldverhältnis.66 Dies folgt aus § 355 Abs. 3 S. 1 BGB, wonach die empfangenen Leistungen im Falle eines Widerrufs unverzüglich zurück zu gewähren sind.67

2.  Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist Die Widerrufsfrist bestimmt den Zeitraum, innerhalb dessen der Vertrag ohne die Angabe von Gründen widerrufen werden kann. In Umsetzung der VerbrRRL besteht nun eine einheitliche Widerrufsfrist von vierzehn Tagen bei Fernabsatz­ verträgen.68 Nach deutschem Recht bedeutet dies insoweit keine Änderung, da 62 Palandt/Grüneberg,

§ 356 BGB, Rn. 7; zu Art. 10 Abs. 2 VerbrRRL siehe bereits oben, S. 139. 63  So auch Palandt/Grüneberg, § 355 BGB, Rn. 1. 64 Palandt/Grüneberg, § 355 BGB, Rn. 1; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 22. 65 Palandt/Grüneberg, § 355 BGB, Rn. 3; Hk-BGB/Schulze, § 355 BGB, Rn. 2 m. w. N.; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 22; das Konzept der schwebenden Wirksam­ keit im Rahmen des § 361a BGB a. F. jedoch kritisch betrachtend Mankowski, WM 2001, 793, insbes. 795 ff., welcher i. E. die Annahme schwebender Unwirksamkeit als grds. verbraucher­ freundlicher betrachtet, die Konzeption der schwebenden Wirksamkeit für Fernabsatzverträge aufgrund unterschiedlicher Schutzrichtungen jedoch begrüßt, ebd., S. 802; siehe auch die Fort­ setzung des Beitrags von Mankowski, WM 2001, 834 ff.; anders wohl Reich, Europäisches Ver­ braucherrecht, 3. Aufl., S. 378 f., nach dessen Ansicht das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträ­ gen vielmehr ein Rücktrittsrecht vom bereits geschlossenen Vertrag darstellt. 66  Siehe MüKo BGB/Fritsche, § 355 BGB, Rn. 3; Palandt/Grüneberg, § 355, Rn. 4; HkBGB/Schulze, § 355 BGB, Rn. 2; die Erörterung des in diesem Zusammenhang interessanten Problems der Möglichkeit eines Teilwiderrufs würde an dieser Stelle zu weit führen, insofern wird bspw. verwiesen auf Kotokowski, VuR 2016, 291 ff. 67  § 357 BGB enthält spezielle Regelungen zur Rückabwicklung bei Fernabsatzverträgen. 68  Eingehend dazu Lurger, in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 53, 69 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

mit der bereits zuvor bestehenden vierzehntägigen Widerrufsfrist ein höheres Schutzniveau im Vergleich zu der Mindestvorgabe von sieben Tagen nach der FARL vorgesehen war.69 Gem. § 355 Abs. 2 BGB beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage und beginnt grundsätzlich mit Vertragsschluss, soweit nichts Abweichendes bestimmt ist.70 Eine solche abweichende Bestimmung zur ausnahmsweisen Verlängerung der Widerrufsfrist ist für Fernabsatzverträge in § 356 BGB vorgesehen. Zunächst enthält § 356 Abs. 2 BGB detaillierte Regelungen zum Beginn der Widerrufs­ frist bei Verbrauchsgüterkäufen einerseits und Verträgen über die Lieferung von Wasser oder Energie und digitalen Inhalten andererseits. Grundsätzlich beginnt die vierzehntägige Widerrufsfrist gem. § 356 Abs. 2 Nr. 2 BGB bei Verträgen über die Lieferung von Wasser oder Energie und digitalen Inhalten mit Ver­ tragsschluss, bei Verbraucherverträgen gem. § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit Erhalt der Ware.71 Nach § 356 Abs. 3 S. 1 BGB beginnt die Widerrufsfrist bei Fern­ absatzverträgen jedoch nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher ord­ nungsgemäß nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EGBGB vor Abgabe seiner auf den Vertragsschluss gerichteten Willenserklärung über sein Widerrufsrecht belehrt hat.72 Dies soll einer entsprechend vermuteten Unkenntnis des Ver­ brauchers hinsichtlich des Rechts den Vertrag zu widerrufen vorbeugen.73 Bei begrenzter Darstellungsmöglichkeit ist der Unternehmer nach § 246a § 3 S. 1 EGBGB vor dem Abschluss eines Fernabsatzvertrags verpflichtet, dem Ver­ braucher in einer dem jeweils verwendeten Fernkommunikationsmittel ange­ passten Weise über sein Widerrufsrecht zu belehren.74 Diese vorvertragliche Belehrungspflicht wird zeitlich konkretisiert und muss gem. § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 4 Abs. 1 EGBGB vor Abgabe der auf den Vertrag ge­ richteten Erklärung des Verbrauchers erfolgen. Wird die Belehrungspflicht ver­ letzt, so besteht in Umsetzung des Art. 10 Abs. 2 VerbrRRL nach § 356 Abs. 3 BGB ein Recht zur Nachholung.75 Allerdings kann bei Fernabsatzverträgen die 69  Vgl. § 355 Abs. 2 S. 1 BGB a. F. sowie die Mindestfrist von 7 Werktagen nach dem frü­ heren Art. 6 Abs. 1 FARL. 70  Gem. § 355 Abs. 1 S. 5 BGB genügt zur Fristwahrung die rechtzeitige Absendung des Widerrufs. 71  Vgl. zu den verschiedenen Modifikationen § 356 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) – d) BGB. 72 PWW/Stürner, § 356 BGB, Rn. 9; Palandt/Grüneberg, § 356 BGB, Rn. 7; MüKo BGB/ Fritsche, § 356 BGB, Rn. 24. 73  Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 8, Rn. 19; Eidenmüller in: Eidenmüller/Faust/Grigo­ leit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 119 ff. geht hingegen bei Fernabsatzverträgen von einer zunehmenden Kenntnis aus. 74 Art. 246a § 3 EGBGB betrifft Fernabsatzverträge, für welche Fernkommunikations­ mittel mit begrenzter Darstellungsmöglichkeit verwandt werden, und sieht hierfür erleichter­ te Informa­tions­pflichten vor. Nach Abschluss des Vertrages ist der Unternehmer gem. § 312f Abs. 2 S. 2 BGB verpflichtet, die Widerrufsbelehrung auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen, sofern er dies nicht bereits vor Vertragsschluss getan hat. 75 Siehe zu Art. 10 Abs. 2 VerbrRRL bereits oben S. 139; MüKo BGB/Fritsche, § 356 BGB, Rn. 25.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist153

Widerrufsbelehrung auch unverzüglich nach Vertragsschluss erfolgen, da bei Verbrauchsgüterkäufen die Widerrufsfrist aufgrund der vorrangigen Anknüp­ fung an § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB ohnehin nicht vor Erhalt der Ware beginnt.76 Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist für die vorvertragliche Ver­ letzung der Belehrungspflicht hat demnach in diesem Fall keine Auswirkung. Zu betonen ist, dass für den Beginn der Widerrufsfrist allein die ordnungs­ gemäße Widerrufsbelehrung maßgeblich ist, nicht aber die Erfüllung der sons­ tigen Informa­tions­pflichten.77 Dies stellt einen bedeutenden Unterschied zur alten Rechtslage dar, wonach in § 312d Abs. 2 BGB a. F. (sowie gegebenenfalls § 312g Abs. 3 S. 2 BGB a. F. für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr) die Erfüllung auch der sonstigen im Rahmen des Fernabsatzes vorgesehenen Informa­tions­pflichten Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist war.78 Aus Unternehmerperspektive bedeutet die Neuregelung somit eine erhebliche Erleichterung und ist insoweit zu begrüßen. In Anbetracht der umfang- und de­ tailreichen Belehrungspflicht besteht aus Unternehmersicht jedoch immer noch die keinesfalls geringe Gefahr gegen die Belehrungspflicht zu verstoßen und die Sanktion der verlängerten Widerrufsfrist auszulösen.79 Die Belehrungspflicht kann der Unternehmer z. B. durch Übermittlung der zutreffend ausgefüllten Musterwiderrufsbelehrung in Textform erfüllen (vgl. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 2 BGB mit Verweis auf das in der Anlage enthaltene Muster).80 In Anbetracht der komplexen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung wird der Unternehmer wohl faktisch zur Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung veranlasst. Eine Verletzung der Widerrufsbelehrungspflicht ist nach h. M. bei­ spielsweise dann anzunehmen, wenn der Unternehmer lediglich auf seine Web­ site verweist und der Verbraucher hier die Belehrung herunterladen kann.81 Die Rechtsprechung fordert daher maßgeblich das Gelangen der Belehrung in un­ 76 Palandt/Grüneberg, § 356 BGB, Rn. 7; MüKo BGB/Fritsche, § 356 BGB, Rn. 25; ju­ risPK‑BGB/Hönninger, § 356 BGB, Rn. 22. 77  Vgl. Palandt/Grüneberg, § 356 BGB, Rn. 7; ebenso MüKo BGB/Fritsche, § 356 BGB, Rn. 24. 78 Vgl. z. B. MüKo BGB/Wendehorst, 6. Aufl. 2012, § 312d BGB (a. F.), Rn. 69, 74; ­Jauernig/Stadler, 15. Aufl. 2014, § 312d BGB (a. F.), Rn. 7. 79  Ähnlich auch Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 8, Rn. 20, welcher relativierend aber auf die Möglichkeit der Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung hinweist. 80 Siehe BT‑Drs. 17/12637, S. 75; die Verwendung des Musterformulars als einfachs­ ten Weg beschreibend Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 31; dies bzgl. der VerbrRRL begrüßend auch Grundmann, JZ 2013, 39, 59. 81  Vgl. BT‑Drs. 17/12637, S. 75 mit Verweis auf das Urteil des EFTA‑Gerichtshofes, Ur­ teil vom 27.01.2010, Rs. E-4/09 (Inconsult) sowie EuGH, Urteil vom 05.07.2012, Rs. C-49/11 (Content Services Ltd.); dies belegt nach Auffassung von Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 30, den Konkretisierungsbedarf hinsichtlich des Zugangs von Informatio­ nen; siehe auch die Entscheidung des BGH zur formgerechten Widerrufsbelehrung, allerdings noch zu § 355 BGB a. F., BGH, Urteil vom 15.05.2014 – III ZR 368/13, NJW 2014, 2857 ff.; ebenso Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 30.

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Vierter Teil: Sanktionen

veränderlicher textlicher Gestalt in den Machtbereich des Verbrauchers.82 Dies erscheint sinnvoll und geboten, um die Möglichkeit der Kenntnisnahme von Voraussetzungen und Einzelheiten des Widerrufsrechts tatsächlich zu gewähr­ leisten. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der für Fernabsatzverträge folgenden doppelten Belehrungspflicht des Unternehmers, da neben der vorvertraglichen Belehrung nach § 312f Abs. 2 BGB eine nachvertragliche Erteilung auf einem dauerhaften Datenträger gefordert wird.83 Der zum Teil in der Literatur vertre­ tenen Auffassung, aufgrund der unklaren Vorgabe des Art. 9 Abs. 2 VerbrRRL sei nach Systematik und Verbraucherschutzaspekten für den Beginn der Wi­ derrufsfrist auf die Widerrufsbelehrung auf dem dauerhaften Datenträger ab­ zustellen,84 kann nicht zugestimmt werden. Zutreffend ist, dass Art. 9 Abs. 2 VerbrRRL lediglich einen pauschalen Verweis auf die Belehrung nach Art. 6 Abs. 1 lit. h) VerbrRRL enthält, es aber an einer Konkretisierung bzgl. der Form mangelt.85 Die fehlende Konkretisierung kann jedoch nicht in der Art aus­ gelegt werden, dass für den Fristbeginn allein die Erteilung der Widerrufsbeleh­ rung auf dauerhaftem Datenträger maßgeblich sein soll.86 Vielmehr ist an dem maßgeblichen vorvertraglichen Erteilungsmoment festzuhalten. Der Widerruf des Vertrags soll jedoch im Gegensatz zur früheren Rechts­ lage nicht mehr unbeschränkt bzw. unendlich möglich sein. In Umsetzung des Art. 10 Abs. 1 der VerbrRRL87 enthält § 356 Abs. 3 S. 2 BGB nun eine weitere wesentliche Änderung im Vergleich zur vorherigen Rechtslage. Während der Verbraucher nach alter Rechtslage sein Widerrufsrecht bei fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung ohne zeitliche Beschränkung ausüben konnte und sozusagen ein ewiges Widerrufsrecht hatte,88 endet es nach neuer Rechtslage ab dem 13. Juni 2014 zwölf Monate nach Ablauf der grundsätz­ lich vierzehntägigen Widerrufsfrist gem. § 356 Abs. 3 S. 2 BGB. Somit besteht nun bei Fernabsatzverträgen eine Höchstfrist zur Ausübung des Widerrufsrechts von zwölf Monaten und vierzehn Tagen.89 Dies bedeutet auch eine Abweichung 82  BGH, Urteil vom 15.05.2014 – III ZR 368/13, NJW 2014, 2857, 2858; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 30. 83 Palandt/Grüneberg, § 356 BGB, Rn. 7; dazu auch Janal, WM 2012, 2314, 2319 f. 84 So Janal, WM 2012, 2314, 2319 f.; Palandt/Grüneberg, § 356 BGB, Rn. 7. 85  Insoweit zutreffend Janal, WM 2012, 2314, 2319 f. 86  So aber Janal, WM 2012, 2314, 2319 f.; ebenso Palandt/Grüneberg, § 356 BGB, Rn. 7; a. A.  Reiff, VersR 2014, 838, 845. 87  S. o. S. 139. 88  § 355 Abs. 4 S. 3 BGB a. F.; vgl. jurisPK‑BGB/Hönninger, § 356 BGB, Rn. 22; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 197; Riesenhuber, EU‑Vertrags­ recht, § 8, Rn. 21. 89 Hk-BGB/Schulze, § 356 BGB, Rn. 7; Palandt/Grüneberg, § 356 BGB, Rn. 8; siehe auch Lurger, in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 53, 72 ff.; dies gilt jedoch nicht für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen (§ 356 Abs. 3 S. 3 BGB). Im Gegensatz zu sonstigen Fernabsatzverträgen geht die Richtlinie für Fernabsatzver­



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist155

von der bekannten Rechtsprechung des EuGH in Sachen Heininger, welche im Rahmen von Haustürgeschäften noch eine zeitliche Befristung des Wider­ rufsrechts auf ein Jahr durch die Mitgliedstaaten verwehrte.90 Die zeitliche Be­ schränkung des Widerrufsrechts auf maximal zwölf Monate und vierzehn Tage wird im Hinblick auf die zu berücksichtigenden Verbraucherinteressen über­ wiegend als ausreichend angesehen, diese Ansicht erscheint insofern überzeu­ gend und vorzugswürdig, als nach Ablauf dieses Zeitraums für beide Vertrags­ parteien Rechtssicherheit gewährleistet sein soll.91 Zudem soll die Abschaffung der unendlichen Widerrufsmöglichkeit durch zeitliche Höchstbegrenzung der Widerrufsdauer auch für Altverträge gelten.92 Maßgeblich für die Begründung der legislativen Entscheidung ist ebenfalls die Intention, den Unternehmer nicht unnötig dem Risiko eines unbegrenzten Widerrufsrechts des Verbrauchers aus­ zusetzen.93 Dies soll entsprechend ErwGr. 43 der VerbrRRL dem übergeord­ neten Ziel der Rechtssicherheit dienen.94 Zu betonen ist jedoch, dass eine feh­ lende ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht nicht automatisch zu einer Verlängerung der Widerrufsfrist bis hin zu der gesetzlichen Höchstgrenze von zwölf Monaten und vierzehn Tagen führt, sondern vielmehr der Beginn der Widerrufsfrist aufgeschoben wird. Ab dem Zeitpunkt der Nachholung der ord­ nungsgemäßen Belehrung beginnt die vierzehntägige Widerrufsfrist zu laufen, es sei denn diese erfolgt erst nach der genannten Höchstfrist.

IV. DCFR Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR regelt den Nichtbeginn der Widerrufsfrist als spe­ zielle Sanktion für Fälle nicht ordnungsgemäßer Erfüllung sämtlicher nach Art. I. – 3:103 DCFR erforderlichen Informationen.95 In Buch 2, Kapitel 5 des träge über Finanzdienstleistungen 2002/65/EG nach Art. 6 Abs. 1 S. 3 weiter und macht den Beginn der Widerrufsfrist zusätzlich von der Erfüllung der sonstigen vorgesehenen Informa­ tions­pflichten abhängig; vgl. hierzu auch MüKo BGB/Fritsche, § 356 BGB, Rn. 30. 90  Urteil des EuGH vom 13.12.2001, Rs. C-481/99, (Heininger); siehe auch Unger, ZEuP 2012, 270, 289; Janal, WM 2012, 2314, 2320; Wilhelmsson/Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 466; Lurger, in: Bydlinski/Lurger (Hrsg.), Die Richtlinie über Rechte der Verbraucher, S. 53, 72 ff.; Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 8, Rn. 21; Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 157. 91  Vgl. ErwGr. 43 VerbrRRL; Hk-BGB/Schulze, § 356 BGB, Rn. 7; dies begrüßend auch Friesen, VuR 2016, 174,178; Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 8, Rn. 21; a. A. z. B. Hall/­ Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 156 f., welche die Begrenzung als den Unternehmer be­ vorzugend vor dem Hintergrund der Missbrauchsgefahr negativ bewerten. 92 Siehe den Entwurf des Gesetzes zur Umsetzung der VerbrRRL, BT‑Drs. 17/12637, S. 72 f.; Friesen, VuR 2016, 174, 178. 93  BT‑Drs. 17/12637, S. 72 f.; dazu Friesen, VuR 2016, 174, 178; dies begrüßend auch Unger, ZEuP 2012, 270, 289. 94  Siehe ErwGr. 43 VerbrRRL; BT‑Drs. 17/12637, S. 72 f.; dazu Friesen, VuR 2016, 174, 178; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 197; kritisch und als zu unternehmerfreundlich kritisierend Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 157. 95  Dazu oben, S. 105 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

DCFR sind allgemeine Bestimmungen des Widerrufsrechts (right of withdra­ wal) vorgesehen, untergliedert in Regelungen über Ausübung und Wirkung (Abschnitt 1) und einzelne Widerrufsrechte (Abschnitt 2).96 Bevor im Folgen­ den unter 2. die Sanktionsregelung des Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR analysiert wird, werden zunächst unter 1. die Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts skiziiert.

1.  Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts Gem. Art. II. – 5:101 Abs. 1 DCFR steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht zu, wenn er sein Angebot oder die Annahme außerhalb von Geschäftsräumen erklärt. Entsprechend der Überschrift der Vorschrift „Außerhalb von Geschäfts­ räumen verhandelte Verträge“ (nach engl. Fassung: contracts negotiated away from business premises) werden mehrere Widerrufsrechte für besondere Ver­ tragsschlusssituationen erfasst, insbesondere auch Fernabsatzverträge.97 Dieses Widerrufsrecht für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge ist in Art. II. – 5:201 DCFR zusammenfassend geregelt. Die damit entstandene Pau­ schalisierung grundverschiedener Vertragsschlusssituationen wird von der Li­ teratur zu Recht kritisch beurteilt.98 Zwar ist das ortsbezogene Kriterium „au­ ßerhalb von Geschäftsräumen“ der früheren HaustürwiderrufsRL entlehnt, der Fokus dieser Richtlinie liegt jedoch eindeutig auf der Vermeidung sog. Über­ rumpelungssituationen und unterscheidet sich somit grundlegend von der bei Fernabsatzverträgen bestehenden Besonderheit des Vertragsschlusses ohne jeg­ lichen physischen Kontakt sowie der Gefahr von Informationsasymmetrien.99 Gerade für Fernabsatzverträge besteht hier die Gefahr, dass trotz fehlenden per­ sönlichen Kontaktes vor und bei Vertragsschluss kein Widerrufsrecht trotz typi­ scher Fernabsatzsituation nach DCFR besteht, wenn nämlich der Unternehmer 96  Diese gehen zurück auf Art. 5:101 ff. ACQP, die PECL enthalten hingegen keine Re­ gelungen zum verbraucherschützenden Widerrufsrecht; siehe Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 162 ff. sowie S. 181 f. 97  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109 DCFR, S. 387; erfasst sind auch Verträge über Finanzdienstleistungen; siehe zu den entsprechenden Referenzvorschriften des ACQP den Vergleich von Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 159 ff.; ferner Schulze/Morgan, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 294, 296 ff. 98 Siehe Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545 f., nach deren Auffassung es an einer klaren Konzeption des Widerrufsrechts insgesamt fehlt; ferner Eidenmüller, ERCL 2009, 109, 125 f.; Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 675; wohl un­ kritisch Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 172. 99 Ähnlich Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545; Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 675; kritisch zur pauschalen Anknüpfung von speziel­ len Aufklärungspflichten (i. S. v. Informa­tions­pflichten) auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/­ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 233 f.; ferner Lurger, Vertragliche Solidarität, S. 44 ff., dazu bereits oben, S. 44 f.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist157

den Vertrag über ein innerhalb seiner Geschäftsräume platziertes Fernkom­ munikationsmedium verhandelt und somit nicht außerhalb seiner Geschäftsräu­ me agiert.100 Auch wenn eines der Ziele des DCFR die Revision und Optimierung des acquis communautaire war, erscheint die Missachtung der unterschiedlichen Ansätze im Wege der Verallgemeinerung und Reduktion auf das einzige ge­ nannte Kriterium nicht gelungen. Vorzugswürdig wäre es unter Berücksich­ tigung der unterschiedlichen Schutzzwecke die vertriebsspezifischen Wider­ rufsrechte des acquis gesondert zu nennen und gegebenenfalls wie durch die Reform der VerbrRRL geschehen, im Wege einer grundsätzlichen Gleichstel­ lung zusammenzufassen.101 Die Ausübung des Widerrufs erfolgt gem. Art. II. – 5:102 Abs. 1 DCFR durch Mitteilung gegenüber dem Vertragspartner, ohne dass es einer Begründung be­ darf.102 Der Verzicht auf das Erfordernis einer Begründung entspricht neben den Richtlinien auch nationalem Recht und ist als fundamentales Charakteris­ tikum des verbraucherschützenden Widerrufsrechts anzusehen.103 Abs. 2 sieht ausdrücklich vor, dass die Rücksendung des Vertragsgegenstands grundsätzlich als Mitteilung anzusehen ist, soweit sich aus den Umständen nichts Gegentei­ liges ergibt.104 Nähere Bestimmungen zur Widerrufsfrist sind in Art. II. – 5:103 DCFR ge­ regelt. Gem. Art. II. – 5:103 Abs. 1 DCFR kann das Widerrufsrecht jederzeit nach Vertragsschluss bis zum Ablauf der Widerrufsfrist ausgeübt werden. Die 100 Dieses treffende Bsp. nennen Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545 f.; umgekehrt birgt das Abstellen auf außerhalb von Geschäftsräu­ men geschlossene Verträge die Gefahr des Bestehens eines Widerrufsrechts nach dem DCFR bei jeglichen „out of shop contracts“, ohne entsprechende Grundlage im acquis, vgl. hierzu das Bsp. von Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 675, nach welchem eine Obsthändlerin einen Stand in einer Einkaufsstraße außerhalb ihrer Geschäftsräume aufbaut und in diesem Fall nach dem DCFR ein Widerrufsrecht trotz fehlender Überrumpelung oder Informationsasymmetrie in Betracht kommt; laut den Comments des DCFR in von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edi­ tion, Volume I, Art. II. – 5:201 DCFR, S. 388 f. rechtfertige sich der im Vergleich zur Haustür­ widerrufsRL weitere Anwendungsbereich jedoch durch entsprechende mitgliedstaatliche Re­ gelungen. 101  Die VerbrRRL sieht zwar grundsätzlich einen Gleichlauf für außerhalb von Geschäfts­ räumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge vor, weist jedoch auch erforderliche Differenzierungen unter Berücksichtigung der Situation des Vertragsschlusses auf. 102 Dies entspricht im Wesentlichen den ACQP, Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 163; von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Notes Art. II. – 5:102 DCFR, S. 351 f., auch wenn die Richtlinien dies­ bezüglich Unterschiede aufweisen. 103  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:102 DCFR, S. 350 f.; Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 163. 104 Siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:102 DCFR, S. 350; diese Klarstellung wohl begrüßend Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 163.

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Vierter Teil: Sanktionen

Widerrufsfrist beträgt nach Art. II. – 5:103 Abs. 2 DCFR grundsätzlich vierzehn Tage, beginnend ab dem letzten der enummerierten Zeitpunkte des Vertrags­ schlusses (lit. a)), des Zugangs einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung (lit. b)) oder des Erhalts der zu liefernden Waren (lit. c)).105 Die Präferenz des zeitlichen Kriteriums des Vertragsschlusses106 nach lit. a) gegenüber der Abga­ be eines bindenden Angebots wird damit begründet, dass die widerrufsberech­ tigte Partei nicht Gefahr laufen soll ihr Widerrufsrecht nicht mehr fristgemäß ausüben zu können, bevor alle vertraglichen Verpflichtungen tatsächlich fest­ stehen.107 Zutreffend wird argumentiert, dass die Abgabe eines bindenden An­ gebots nicht bereits die Annahme der Gegenseite sicherstellen wird.108 Auch wenn dieser Ansatz vorzugswürdig erscheint, wird sich die zeitliche Differen­ zierung zwischen der Abgabe eines bindenden Angebots und Vertragsschluss bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr oder sonstigen Fernabsatz­ verträgen über Waren in der Regel wohl nicht auswirken, da der Erhalt der Waren regelmäßig als letzter Zeitpunkt für den Fristbeginn maßgeblich sein wird. Der Fristbeginn erfordert ferner das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Wider­rufsbelehrung, deren Voraussetzungen in Art. II. – 5:104 DCFR näher be­ stimmt sind und neben anderen Richtlinien auch auf die Anforderungen der FARL zurückgehen.109 Die vorvertragliche Informations- und Belehrungs­ pflicht bezüglich des Widerrufsrechts bei B2C‑Verträgen im E‑Commerce oder Fernabsatz folgt allerdings bereits aus Art. II. – 3:103 DCFR.110 Die Wirkun­ gen des wirksamen Widerrufes sind in Art. 5:105 DCFR geregelt.111 Diese Vor­ schrift bemüht sich um eine vollständige Regelung der Widerrufsfolgen und äh­ nelt dem detaillierten Regelungsansatz des deutschen Rechts.112 Insbesondere 105  Die 14-tägige Frist wird als Kompromiss der einschlägigen, zwischen 7 bis 15 Tagen variierenden Widerrufsfristen verstanden, siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:201 DCFR, S. 354, sowie insbesondere die rechtsvergleichen­ den Notes, S. 359 f; durch die VerbrRRL jedoch Harmonisierung im Sinne einer einheitlichen 14-tägigen Widerrufsfrist. 106  Der Vertragsschluss bestimmt sich nach den Voraussetzungen des 4. Kapitels in Buch II DCFR. 107  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:201 DCFR, S. 355. 108 Ebd. 109  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Notes Art. II. – 5:104 DCFR, S. 369. 110  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:104 DCFR, S. 365. 111  Vgl. hierzu die eingehende und kritische Betrachtung von Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 164 ff. 112  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:105 DCFR, S. 372 f.; vgl. auch Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 165, nach deren Auffassung in anderen Rechtsordnungen größere Un­ sicherheiten hinsichtlich der Widerrufswirkung herrschen.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist159

wird wie auch im deutschen Recht durch den Widerruf der Vertrag ex nunc be­ endet (Abs. 1) und die jeweiligen Vertragsleistungen sind im Wege eines Rück­ abwicklungsverhältnisses zurück zu gewähren (Abs. 2).113

2.  Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist nach DCFR Die Widerrufsfrist beträgt gem. der allgemeinen Bestimmung in Art. II. – 5:103 Abs. 2 DCFR grundsätzlich vierzehn Tage, wobei der Beginn je nach Vertragsart divergieren kann.114 Gemäß Art. II. – 5:103 Abs. 3 DCFR endet die Widerrufs­ frist (nach Nichtbelehrung) spätestens ein Jahr nach Vertragsschluss. Jedoch ist im DCFR eine Verlängerung der Widerrufsfrist als Sanktion für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen in verschiedenen Normen explizit vorgesehen. Als Sanktion für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten statuiert Art. II. – 3:109 DCFR eine verlängerte Widerrufsfrist. Darüber hinaus ist die verlängerte Widerrufsfrist als Sanktion für den Fall einer nicht ordnungsgemä­ ßen Widerrufsbelehrung vorgesehen (näher dazu unter b)), kann in Fällen sog. Echtzeit-Kommunikationen greifen (näher dazu unter 3.) sowie beim Vertrags­ schluss auf elektronische Weise (näher dazu unter 4.).

a)  Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR bei Verletzung von Informa­tions­pflichten Steht dem Verbraucher aus dem abgeschlossenen Vertrag ein Widerrufsrecht zu, so sieht Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR vor, dass die Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt, bevor der Unternehmer seine vorvertraglichen Verpflichtungen nach Art. II. – 3:103 DCFR115 erfüllt hat und alle erforderlichen Informationen bereitgestellt wurden. Voraussetzung für den verzögerten Beginn der Widerrufsfrist ist zunächst das Bestehen eines Widerrufsrechts (s. o. unter 1.). Ferner muss gem. Art. II. – 3:103 DCFR eine Informa­tions­pflicht bei Vertragsschluss mit einem durch die Situation des Vertragsschlusses als benachteiligt anzusehenden Verbraucher bestehen. Ein solcher Nachteil kann bspw. in einem Informationsdefizit auf­ grund des zum Vertragsschluss verwendeten technischen Mediums bestehen.116 Hiervon erfasst sind insbesondere auch Verträge im E‑Commerce und sonstige 113  Kritisch bzgl. des Zeitpunktes Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Referen­ ce and Existing EC Contract Law, S. 143, 167. 114 Eingehend dazu von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:103 DCFR, S. 354 f.; die Frist entspricht Art. 9 Abs. 1 VerbrRRL; kritisch in Bezug auf die unterschiedlichen Zeitpunkte des Fristbeginns in der VerbrRRL Terryn, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 143, 172. 115  Dazu oben, S. 106 f. 116 Vgl. Wortlaut des Art. II. – 3:103 Abs. 1 DCFR; siehe zur Grundlage in Art. 2:203 ACQP Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 110.

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Vierter Teil: Sanktionen

Fernabsatzverträge. Die Widerrufsfrist beginnt erst dann zu laufen, wenn die vorgesehenen Informationen vollumfänglich erteilt wurden.117 Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zur aktuellen Rechtslage nach deutschem Recht dar, welche in Abkehr von der früher erforderlichen Erfüllung sämtlicher Informa­ tions­pflichten den Beginn der Widerrufsfrist nach Umsetzung der VerbrRRL nur noch an die ordnungsgemäße Erfüllung der Widerrufsbelehrung knüpft, vgl. Abschnitt B. III. 2. in diesem Teil. Wird folglich eine der in Art. II. – 3:103 DCFR vorgesehene Information nicht erteilt, so beginnt die Widerrufsfrist gem. Art. II. – 3:109 Abs. 1 S. 1 DCFR nicht zu laufen, bevor die Information erteilt wurde. Die Sanktion greift im Vergleich zu der neuen VerbrRRL also nicht nur bei fehlender ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung, sondern erfasst sämtliche vorvertraglich zu erteilenden Informationen nach Art. II. – 3:103 DCFR. Diese Vorschrift reflektiert dennoch verschiedene Vorgaben des Sekundärrechts, ins­ besondere die frühere FARL, die ebenfalls eine Verlängerung der Widerrufsfrist als Sanktion für die Verletzung aller vorvertraglichen Informa­tions­pflichten vorgesehen hat.118 Die Verlängerung der Widerrufsfrist wird ebenfalls zeitlich begrenzt, indem das Recht zum Widerruf gem. Art. II. – 3:109 Abs. 1 S. 2 DCFR unabhängig von der Sanktion des Abs. 1 S. 1 ein Jahr nach Abschluss des Vertrags erlischt. Die Entscheidung der Frage einer Gewährung eines unendlichen Widerrufsrechts oder einer Maximaldauer fällt also auch im DCFR gegen die Rechtsprechung des EuGH und für eine Begrenzung der Widerrufsfrist aus.119 Dies entspricht im Ergebnis der VerbrRRL sowie der Rechtslage nach Umsetzung im deut­ schen Recht. Ein geringer Unterschied besteht lediglich in der Detailregelung der Höchstdauer, während die Maximalfrist nach dem DCFR ein Jahr ab dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses beträgt, ist diese in Deutschland mit maximal einem Jahr und vierzehn Tagen unter Umständen etwas länger.

b)  Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. II. – 5:103 Abs. 3 DCFR bei fehlender Widerrufsbelehrung Mangelt es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, so beträgt die Wi­ derrufsfrist gem. Art. II. – 5:103 Abs. 3 DCFR ein Jahr.120 Wird eine der Informa­ 117  Die

Erteilung aller relevanten Informationen auch als allgemeinen Grds. des acquis bezeichnend Wilhelmsson/Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 466; ebenso Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 120. 118 Siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Art. II. – 3:109 DCFR, S. 236 ff., die FARL war zur Zeit der Entwicklung des DCFR als Sekundärrechtsakt noch in Kraft und somit ein bedeutender Bestandteil des acquis communautaire; vgl. auch W ­ ilhelmsson/ Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 466. 119 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109 DCFR, S. 236, sowie Notes S. 237 ff. 120  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:104 DCFR, S. 366.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist161

tions­pflichten nach Art. II. – 3:103 DCFR verletzt, so sieht Art. II – 3:109 Abs. 1 S. 1 DCFR den Nichtbeginn der Widerrufsfrist vor, bevor die erforderlichen Informationen nicht erteilt wurden, wobei auch hier keine unbegrenzte Aus­ übung des Widerrufsrechts gelten soll. Vielmehr wird in Art. II. – 3:109 Abs. 1 S. 2 DCFR ausdrücklich eine Höchstdauer für das Widerrufsrecht vorgesehen. Das Widerrufsrecht erlischt demnach spätestens ein Jahr nach Vertragsschluss, unabhängig von der Bestimmung in Abs. 1 S. 1 DCFR. Dies deckt sich mit der Höchstgrenze der allgemeinen Bestimmung zur Widerrufsfrist in Art. II. – 5:103 Abs. 3 DCFR. Folglich lässt nach erfolgter Umsetzung der Vorgaben der VerbrRRL ins deutsche Recht auch hier eine grundsätzliche Übereinstimmung im Hinblick auf die begrenzte Ausübungsmöglichkeit des Widerrufsrechts sta­ tuieren. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage des Verhältnisses des Art. II. – 5:103 Abs. 3 DCFR zu Art. II. – 3:109 DCFR. Die vorhergehenden Ausführun­ gen belegen eine gewisse Überschneidung beider Vorschriften, insbesondere ist beiden die einheitliche Höchstdauer der Widerrufsfrist von einem Jahr gemein­ sam.121 Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch in dem unterschiedlichen Anwendungsbereich: Während Art. II. – 5:103 Abs. 3 DCFR allein in Fällen fehlender Widerrufsbelehrung greift, erfasst Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR neben der fehlenden Belehrung über das Widerrufsrecht gerade die Verletzung sämt­ licher weiteren nach Art. II. – 3:103 DCFR erforderlichen Informationen, so­ dass die Regelung der maximalen Widerrufsfrist auch in Art. II. – 3:109 Abs. 1 DCFR im Sinne der Kohärenz der Sanktion notwendig und zu begrüßen ist.122

3.  Verlängerung der Widerrufsfrist im Rahmen von Echtzeit-Kommunikation nach Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR Ferner ist die Sanktion der verlängerten Widerrufsfrist in Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR zu finden, einer speziellen Regelung zu Informa­tions­pflichten im Rah­ men von Echtzeit-Kommunikation. Dies betrifft vor allem Fälle direkter Kom­ munikationsmöglichkeiten i. S. d. Art. II. – 3:104 Abs. 2 DCFR. Hat der Unternehmer die vorvertragliche Pflicht gem. Art. II. – 3:104 Abs. 1 DCFR zu Beginn der Echtzeit-Kommunikation über seine Identität und den geschäftlichen Zweck des Kontaktes zu informieren verletzt und ist aufgrund dieser Kommunikation ein Vertrag zustande gekommen, so steht dem Verbrau­ cher nach der ergänzenden Regelung des Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR ein be­ sonderes Widerrufsrecht zu. Die Begründung des Widerrufsrechts in solchen Fällen kann als Sanktion der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung 121  So auch von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109 DCFR, S. 357. 122 Dazu von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109 DCFR, S. 357.

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Vierter Teil: Sanktionen

angesehen werden. Dieses kann der Verbraucher durch fristgemäße Mitteilung innerhalb der Widerrufsfrist an den Unternehmer ausüben. Die Bestimmung des Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR verweist insofern auf die allgemeinen Regelun­ gen der Widerrufsfrist in Art. II. – 5:103 DCFR, sodass einem Verbraucher, der nicht über das Bestehen des Widerrufsrechts belehrt wird, entsprechend ein Wi­ derrufsrecht für den Zeitraum von einem Jahr nach Vertragsschluss zusteht.123 In den Kommentierungen zum DCFR wird die Bestimmung des Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR explizit als Sanktion für die Verletzung der vorvertragli­ chen Informa­tions­pflichten nach Abs. 1 bezeichnet.124 Die Bedeutung dieser Sanktion erscheint aufgrund des auf Echtzeit-Kommunikationen begrenzten und somit restriktiv gefassten Anwendungsbereichs jedoch relativ gering, da den Verbrauchern in der Regel ein Widerrufsrecht aus außerhalb von Geschäfts­ räumen verhandeltem Vertrag nach Art. II. – 5:201 DCFR zustehen wird und hierfür gerade die allgemeine Bestimmung zur Widerrufsfrist des Art. II. – 5:103 DCFR greift. Wie bereits zuvor ausgeführt, soll die Begriffsverwendung „außerhalb von Geschäftsräumen verhandelte Verträge“ auch Fernabsatzverträ­ ge i. S. d. früheren Art. 6 Abs. 1 FARL erfassen und weist somit einen etwas weiteren Anwendungsbereich auf.125 Art. II. – 5:103 DCFR fordert allerdings wie ebenfalls bereits dargestellt nur die ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht, Art. II. – 3:104 DCFR geht weiter und sanktioniert jegliche Pflichtverletzung der in Abs. 1 genann­ ten Pflichten. Die funktionale Anknüpfung der Verlängerung der Widerrufsfrist an eine bestimmte vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung wie z. B. die fehlende Widerrufsbelehrung erscheint unter Berücksichtigung der neuen Ent­ wicklungen im Europäischen Privatrecht durch die VerbrRRL jedoch vorzugs­ würdig und würde den acquis communautaire widerspiegeln. Auch wenn der Regelung des Art. II. – 3:104 DCFR mit dem Zweck einer besonderen Warn­ funktion grundsätzlich ein eigenständiger Regelungsgehalt zukommt, erscheint die Sanktion des Abs. 4 dennoch verfehlt, da sie im Widerspruch zu dem sonst eher pauschalisierenden Ansatz des DCFR im Bereich der Regelungen zum Wi­ derrufsrecht steht.

4.  Verlängerung der Widerrufsfrist bei Vertragsschluss auf elektronische Weise nach Art. II. – 3:105 Abs. 3 DCFR Für die Verletzung der besonderen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bei auf elektronische Weise (mit Ausschluss individueller Kommunikation) ge­ 123 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:103 DCFR, S. 219. 124 Ebd. 125 Eingehend von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:201, S. 387 f.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist163

schlossenen Verträgen sieht Art. II. – 3:105 Abs. 3 DCFR als Sanktion ebenfalls die Verlängerung der Widerrufrist vor.126 Die Vorschrift entspricht im Wesent­ lichen Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR127 und verweist insbesondere auch auf die Bestimmung der Widerrufsfrist des Art. II. – 5:103 DCFR. Auch wenn der An­ wendungsbereich des Vertragsschlusses auf elektronische Weise lediglich Indi­ vidualkommunikationen ausschließt und insgesamt im Vergleich zur EchtzeitKommunikationen deutlich weiter ist, würde auch hier nach den allgemeinen Regelungen die verlängerte Widerrufsfrist greifen. Indem die Sanktion aber ebenfalls an die Verletzung der Informa­tions­pflichten aus Art. II. – 3:105 Abs. 1 DCFR anknüpft und somit nicht nur die mangelnde ordnungsgemäße Wider­ rufsbelehrung sanktioniert, ist auch hier ein selbständiger Regelungsgehalt ge­ geben. Allerdings erscheint die Anknüpfung der Sanktion an die spezifische Informa­tions­pflicht zum Widerrufsrecht vorzugswürdig und die gesonderte Regelung daher aus den gleichen Gründen wie zu Art. II. – 3:104 DCFR aus­ geführt obsolet und inkonsistent.

V. GEK‑Vorschlag Mit Kapitel 4 des GEK‑Vorschlags „Widerrufsrecht bei im Fernabsatz und au­ ßerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zwischen Unterneh­ mern und Verbrauchern“ wird dem Widerrufsrecht ebenfalls ein eigenes Ka­ pitel gewidmet. In diesem sind insbesondere Voraussetzungen und Ausübung des Widerrufsrechts, die Frist sowie Wirkungen des Widerrufsrechts geregelt (Art. 40 ff. GEK‑Vorschlag).

1.  Grundvoraussetzungen des Widerrufsrechts Auch nach dem Vorschlag zum GEK wird dem Verbraucher nach Art. 40 Abs. 1 GEK‑Vorschlag bei Abschluss eines Fernabsatzvertrags128 das Recht ein­ geräumt, den geschlossenen Vertrag zu widerrufen, d. h. sein Widerrufsrecht 126  Auch hier wird wiederum ausdrücklich die Bezeichnung als Sanktion für vorvertrag­ liche Pflichtverletzungen verwendet, vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 5:105 DCFR, S. 223. 127  Ein geringer Unterschied besteht lediglich in der Formulierung, gem. Art. II. – 3:105 Abs. 3 DCFR muss der Vertrag nach den in Abs. 1 vorgesehenen Umständen geschlossen wer­ den, während Art. II. – 3:104 Abs. 4 DCFR den Vertragsschluss als Resultat der Echtzeit-Kom­ munikation fordert. Diese Formulierung ist daher wohl den verschiedenen erfassten Situatio­ nen geschuldet. 128 I. S. d. Art. 2 lit. p) GEK‑VO-E. Das Widerrufsrecht besteht ebenfalls für außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, sodass auch hier grundsätzlich ein Gleichlauf vorgesehen ist. Allerdings bezieht sich die in Art. 40 Abs. 1 lit. b) GEK‑Vorschlag enthaltene Einschränkung des Bestehens eines Widerrufsrechts auf Verträge ab einem Preis von über 50 Euro lediglich auf außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, nicht aber Fern­ absatzverträge.

164

Vierter Teil: Sanktionen

auszuüben, sofern keine der genannten Ausnahmen greift.129 Ein auf elektro­ nischem Wege geschlossener Vertrag ist zwar nicht explizit erwähnt, wird aber als besonderer Fernabsatzvertrag erfasst,130 sodass das Widerrufsrecht und et­ waige verbundene Folgen ebenso für E‑Commerce-Verträge greifen. Der Anwendungsbereich des Widerrufsrechts nach Art. 40 GEK‑Vorschlag erfährt in Abs. 2 hinsichtlich bestimmter Gegenstände und nach Abs. 3 situati­ onsabhängig gewisse Einschränkungen.131 Kein Widerrufsrecht besteht Abs. 2 zufolge bei Verträgen über die Lieferung von Lebensmitteln (lit. b)) oder der Lieferung von Sonderanfertigungen (lit. d)) sowie nach Abs. 3 bei Lieferung versiegelter Ware nach Entfernung des Siegels (lit. a)) oder beim Download nicht auf einem materiellen Datenträger bereitgestellter digitaler Inhalte (lit. d)). Das Widerrufsrecht selbst besteht wiederum bei Erfüllung der Voraussetzungen unabhängig von einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung.132

2.  Die Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. 29 Abs. 3 GEK‑Vorschlag Als Sanktion für eine nicht ordnungsgemäße Belehrung kommt die Verlänge­ rung des Beginns der Widerrufsfrist in Betracht, dies folgt aus der Verweisung der allgemeinen Sanktionsnorm des Art. 29 GEK‑Vorschlags für Abhilfen bei Verletzung von vorvertraglichen Informa­tions­pflichten. Gemäß Art. 29 Abs. 3 Alt. 1 GEK‑Vorschlag gelten die dort vorgesehenen Sanktionen unbeschadet der Abhilfe nach Art. 42 Abs. 2 GEK‑Vorschlag, d. h. der Verlängerung der Wi­ derrufsfrist bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung. Die Rechtsfolge ist dem­ nach an einen Verstoß gegen die ordnungsgemäße Belehrung des Widerrufs­ rechts i. S. d. Art. 17 Abs. 1 GEK‑Vorschlag geknüpft.

3.  Die Verlängerung der Widerrufsfrist nach Art. 42 Abs. 2 GEK‑Vorschlag Nach Art. 42 Abs. 1 GEK‑Vorschlag beträgt die Widerrufsfrist grundsätzlich vierzehn Tage,133 sofern nicht eine Verlängerung nach Abs. 2 greift. Der Frist­ 129 Kein Widerrufsrecht besteht z. B. nach Art. 40 Abs. 2 GEK‑Vorschlag für Verträge über spezifisch für den Verbraucher angefertigte Waren oder Bereitstellung digitaler Inhal­ te (lit. d)) oder Verträge über schnell verderbliche Waren (lit. e)); für Details siehe Schmidt-­ Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E; ferner Schulze/Schulze, CESL Com­ mentary, Art. 40 CESL; ferner Schulze/Morgan, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 294, 296 ff.; siehe zudem die kritische Würdigung von Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277 f. 130  Die Definition des Fernabsatzvertrages in Art. 2 lit. p) GEK‑VO-Vorschlag deckt sich weitgehend mit der Definition in Art. 2 Nr. 7 VerbrRRL; Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E, Rn. 9. 131  Eingehend Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 40 GEK‑E, Rn. 14 ff; Schulze/Schulze, CESL Commentary, Art. 40 CESL, Rn. 23 ff. 132  Dies betonend auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 12. 133  Der Zeitraum entspricht Art. 9 Abs. 1 VerbrRRL sowie Art. II. – 5:103 Abs. 2 DCFR.



B.  Verlängerung der Widerrufsfrist165

beginn nach Art. 40 Abs. 1 GEK‑Vorschlag setzt eine ordnungsgemäße Be­ lehrung über das Widerrufsrecht voraus und sieht unterschiedliche Anfangs­ zeitpunkte vor. Die Frist beginnt frühestens mit Vertragsschluss zu laufen, bei Kaufverträgen über Waren grundsätzlich mit Empfang der Ware (lit. a)).134 Wurden dem Verbraucher vom Unternehmer nicht die nach Art. 17 Abs. 1 GEK‑Vorschlag vorgesehenen Informationen über Widerrufsrechte bei Fern­ absatzverträgen erteilt, so liegt ein Verstoß gegen die Belehrungspflicht vor. Als Folge dieser Informa­tions­pflichtverletzung sieht Art. 40 Abs. 2 GEK‑Vorschlag zwei Varianten des verzögerten Fristbeginns vor. Fehlt es an einer ordnungs­ gemäßen Widerrufsbelehrung, so endet die Widerrufsfrist gem. Art. 40 Abs. 2 lit. a) GEK‑Vorschlag ein Jahr nach Ablauf der ursprünglichen Widerrufsfrist. Entsprechend der VerbrRRL und der nationalen Regelung des § 356 Abs. 3 S. 2 BGB wird die Einjahresfrist zu der grundsätzlich vierzehntägigen Widerrufs­ frist addiert, sodass sich eine zeitliche Begrenzung von einem Jahr und vierzehn Tagen ergibt.135 Ferner besteht die Möglichkeit den Verstoß durch Nachholung der Information zu heilen. In diesem Fall endet die Widerrufsfrist nach Art. 40 Abs. 2 lit. b) GEK‑Vorschlag vierzehn Tage nach dem Tag, an welchem der Ver­ braucher die vorgesehenen Informationen erhalten hat. Insgesamt ist festzuhalten und positiv zu werten, dass in Übereinstimmung mit der VerbrRRL, nationalem Recht sowie dem DCFR das ewige Widerrufs­ recht als Folge nicht ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung auch nach dem GEK‑Vorschlag nicht vorgesehen ist.136 Der Verbraucher hat somit auch nach dem GEK‑Vorschlag als Folge der Informa­tions­pflichtverletzung einen ausrei­ chend langen Zeitraum zur Ausübung seines Widerrufsrechts unter gleichzeiti­ ger Gewährleistung der Rechtssicherheit aus Sicht des Unternehmers nach Ab­ lauf der Widerrufsfrist.137

VI.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist ist weitgehend übereinstim­ mend in allen untersuchten gesetzlichen Vorgaben und Referenztexten vorgese­ hen.

134  Im Falle der Lieferung mehrerer gleichzeitig bestellter Waren ist der Empfang der letz­ ten Ware maßgeblich (lit. c)), zu weiteren Differenzierungen vgl. Wortlaut des Art. 40 Abs. 1 GEK‑Vorschlag. 135 Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Art.  42 GEK‑E, Rn.  3; Schulze/­ Schulze, CESL Commentary, Art. 42 CESL, Rn. 10; i. E. besteht Übereinstimmung auch mit der Höchstdauer nach dem DCFR, auch wenn diese mit einer Maximalfrist von einem Jahr etwas kürzer ausfällt, s. S. 161 f. 136 Schmidt-Kessel/M. Weller, GEKR‑Kommentar, Art. 42 GEK‑E, Rn. 3; implizit auch Schulze/Schulze, CESL Commentary, Art. 42 CESL, Rn. 10. 137 Schulze/Schulze, CESL Commentary, Art. 42 CESL, Rn. 10.

166

Vierter Teil: Sanktionen

Die Verletzung der Informa­tions­pflicht selbst begründet kein Widerrufsrecht, sondern kann eine Verlängerung der Widerrufsfrist bewirken.138 Die in Umset­ zung der VerbrRRL erfolgte Neuregelung im nationalen Recht durch weitgehen­ de Abschaffung des unendlichen Widerrufsrechts139 durch Begrenzung der ma­ ximalen Widerrufsfrist ist insgesamt positiv zu werten. Aus unternehmerischer Sicht folgen aus dieser Gesetzesänderung zwei maßgebliche Vorteile. Als erster Aspekt stellt die konkrete Anknüpfung der Sanktion an die Ordnungsgemäßheit der Widerrufsbelehrung eine erhebliche Erleichterung dar, da die Verletzungen der sonstigen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten sich insoweit gerade nicht auswirken. Die spezifische Anknüpfung findet sich auch im GEK‑Vorschlag, allerdings nicht in der speziellen Sanktionsnorm für vorvertragliche Informa­ tions­pflichtverletzungen im DCFR. Im Gegensatz zu Art. II.  – 3:109 DCFR, nachdem der Fristbeginn die vollständige Erfüllung aller Informa­tions­pflichten voraussetzt, erfordert der Beginn der Widerrufsfrist nach deutschem Recht und dem GEK‑Vorschlag nur noch eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. Die Koppelung der Sanktion an die nicht ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung ist insgesamt sinnvoll und vorzugswürdig, da Belehrung und Ausübungsmöglich­ keit des Widerrufsrechts unmittelbar zusammenhängen. Durch den verzögerten Beginn der Widerrufsfrist wird der Unternehmer dazu angehalten, den Verbrau­ cher entsprechend den gesetzlichen Vorgaben über sein Widerrufsrecht zu be­ lehren. Das Gesetz bietet hierfür verwendbare Musterbelehrungen.140 Versäumt er die Belehrung oder entspricht diese nicht den Wirksamkeitsanforderungen, so besteht für ihn die Ungewissheit, dass der Verbraucher den Vertrag noch wi­ derrufen kann, sprich die Verlängerung der Widerrufsfrist bietet einen Anreiz für die Erfüllung der Belehrungspflicht. Ein weiterer bedeutender Vorteil für Unternehmer besteht in der zeitlichen Begrenzung der Widerrufsfrist. Nach allen untersuchten Regelungen ist dieser keiner nicht abschätzbaren Ungewissheit mehr ausgeliefert, welche eine ewige Widerrufsmöglichkeit mit sich bringt. Die für den Unternehmer vorteilhaften Neuerungen gehen notwendigerweise zu Lasten des Verbrauchers und könnten sich negativ auf das insgesamt angestrebte hohe Verbraucherschutzniveau aus­ wirken. Aber auch aus Sicht der Verbraucher erscheint die Neuerung nicht als gefährlicher Einschnitt oder gravierender Rechtsverlust. Fehlt es an der ord­ nungsgemäßen Widerrufsbelehrung, so hat der Verbraucher nach nationalem 138  Dies stets betonend Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 12, sowie Art. 13 GEK‑E, Rn. 29. 139  Als Beispiele für das Fortbestehen der unendlichen Widerrufsfrist ist das Widerrufs­ recht bei Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen zu nennen, da nach § 356 Abs. 3 S. 3 BGB die Maximalfrist des Widerrufsrechts mangels Vorgaben in der Fernabsatzdienst­ richtlinie nicht für Fernabsatzverträge über Finanzdienstleistungen gilt, sowie das Widerrufs­ recht bei Verbraucherdarlehensverträgen nach § 495 BGB. 140  Siehe für Fernabsatzverträge (mit Ausnahmen von Verträgen über Finanzdienstleitun­ gen) das Muster in Anlage 1 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 S. 2 EGBGB.



C.  Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung167

Recht mit zwölf Monaten und vierzehn Tagen ausreichend Zeit vom Wider­ rufsrecht Gebrauch zu machen.141 Eine übereinstimmende zeitliche Begren­ zung ist auch nach dem GEK‑Vorschlag sowie mit einem geringfügig kürzeren Zeitraum auch nach dem DCFR vorgesehen. Dies ist zu begrüßen, da sich ein Widerruf nach einer längeren Zeit auch für den Verbraucher aufgrund zuneh­ mender Rückabwicklungsschwierigkeiten negativ auswirken könnte.142 Sol­ che Rückabwicklungsschwierigkeiten könnten die Geltendmachung des Rück­ gewährungsanspruchs erschweren oder gar verhindern und sich beispielsweise aus einem zwischenzeitlich erfolgten Umzug oder der Insolvenz des Unter­ nehmers ergeben. Die zwölfmonatige Ausschlussfrist wird daher im Vergleich zur zuvor geplanten lediglich dreimonatigen Ausschlussfrist zu Recht als guter Kompromiss zwischen den gegenläufigen Interessen bewertet.143

C.  Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung Neben der Verlängerung der Widerrufsfrist ist als weitere spezifische Sanktion für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten das Entfallen zusätz­ licher Pflichten der Kostentragung zu nennen.

I.  Entfallen der Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach nationalem Recht und der VerbrRRL Die speziellen Sanktionen der Befreiung von der Pflicht zusätzlicher Kosten­ tragung sind zum einen in § 312e BGB, zum anderen für den Sonderfall der Rücksendekosten in § 357 Abs. 6 BGB geregelt und werden im Folgenden unter Berücksichtigung der Vorgaben der VerbrRRL betrachtet.

1.  Kostenbezogene Sanktion als Novum der VerbrRRL Im Vergleich zur früheren FARL, welche keine kostenspezifische Sanktions­ regelung vorsah, stellt die Sanktion für die Verletzung kostenbezogener Informa­ 141  Die Höchstfrist entspricht im Grundsatz Art. II. – 3:109 DCFR. Auch hier ist eine Be­ grenzung der Widerrufsfrist vorgesehen, die Höchstfrist ist jedoch leicht verkürzt auf ins­ gesamt ein Jahr nach Vertragsschluss; von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109 DCFR, S. 236. 142 Vgl. Unger, ZEuP 2012, 270, 289. 143  Unger, ZEuP 2012, 270, 289; zu dem Ergebnis der gegenüber der Heininger-Entschei­ dung vorzugswürdigen Begrenzung auch in der rechtsvergleichenden Studie Schulte-Nölke, in: Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers (Hrsg.), EC Consumer Law Compendium, S. 742, 755 f.; dieser Ansatz zeigt sich auch in der entsprechenden Regelung des DCFR, zur Begründung siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Art. II. – 5:103 DCFR, Comments S. 236 und Notes S. 237; positiv auch Schulze/Schulze, CESL Commentary, Art. 42 CESL, Rn. 10.

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Vierter Teil: Sanktionen

tions­pflichten eine Neuerung dar. Bislang enthielt Art. 6 Abs. 1 S. 2 FARL ledig­ lich eine Regelung bzgl. der Ausübung des Widerrufsrechts. Demnach waren die Rücksendekosten die einzigen Kosten, die dem Verbraucher infolge der Ausübung des Widerrufsrechts auferlegt werden konnten. Ein Novum ist daher die Regelung des Art. 6 Abs. 6 der VerbrRRL, die wie folgt lautet: „Ist der Unternehmer seiner Pflicht zur Information über die zusätzlichen und sonstigen Kosten gemäß Absatz 1 Buch­stabe e) oder über die Kosten für die Rücksendung der Waren gemäß Absatz 1 Buchstabe i) nicht nachgekommen, so hat der Verbraucher die zusätzlichen und sonstigen Kosten nicht zu tragen.“

Art. 6 Abs. 6 der VerbrRRL enthält somit eine der wenigen ausdrücklich ge­ regelten und zwingenden neuen Sanktionen für die Nicht- bzw. unvollständi­ ge Erteilung vorvertraglicher Informa­tionen bezüglich zusätzlicher Kosten.144 Ist der Unternehmer seiner Informa­tions­pflicht über zusätzliche oder sonstige Kosten gem. Art. 6 Abs. 1 lit. e) VerbrRRL oder über die Rücksendung der Ware betreffende Kosten gem. Abs. 1 lit. i) nicht nachgekommen, so muss der Ver­ braucher gem. Abs. 6 der Vorschrift zusätzliche oder sonstige Kosten nicht tra­ gen. Beispielsweise soll das Entfallen der Kosten der Hinsendung unabhängig von einem Ausüben des Widerrufsrechts gelten, welche im Falle des Wider­ rufs ohnehin auf den Unternehmer übergehen würden.145 Korrespondierend dazu stellt Art. 14 VerbrRRL, der die Pflichten des Verbrauchers im Widerrufs­ fall regelt, in Abs. 1 S. 3 ausdrücklich klar, dass der Verbraucher im Widerrufs­ fall ausnahmsweise dann nicht zur Tragung der Rücksendekosten verpflichtet ist, wenn er vom Unternehmer hierüber nicht unterrichtet wurde.146 Ergänzend wird der Unternehmer nach Art. 22 S. 1 VerbrRRL verpflichtet, die ausdrück­ liche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder Extrazahlung einzuholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinaus geht, bevor der Verbrau­ cher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist. Fehlt es an einer solchen ausdrücklichen Einholung und wurde die Zustimmung des Verbrauchers mittels abzulehnender Voreinstellungen erlangt, hat der Verbraucher einen Erstattungs­ anspruch.147

2.  Voraussetzungen der kostenbezogenen Sanktion des § 312e BGB In Umsetzung des Art. 6 Abs. 6 VerbrRRL ist in § 312e BGB eine speziel­ le Sanktionsnorm für Fernabsatzverträge kodifiziert, welche der Absicherung 144  Unger, ZEuP 2012, 270, 285; Hörmann, S. 119; Janal, WM 2012, 2314, 2317; Tamm, in: Bönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 49. 145  Unger, ZEuP 2012, 270, 285. 146  Grundsätzlich sieht Art. 14 Abs. 1 S. 3 VerbrRRL vor, dass der Unternehmer die un­ mittelbaren Rücksendekosten auf den Verbraucher abwälzen kann, sofern er sich nicht zur Tra­ gung dieser Kosten bereit erklärt oder es eben an der notwendigen Unterrichtung fehlt. 147  Die Regelung als vieles offen lassend kritisierend Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 25 f.



C.  Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung169

der in § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a EGBGB vorgesehenen umfassen­ den Regelung kostenbezogener Informa­tions­pflichten für Fernabsatz­verträge dient.148 Gem. § 312e BGB kann der Unternehmer von einem Verbraucher Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten nur dann verlangen, wenn er den Verbraucher zuvor entsprechend den Anforderungen des § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB über solche Kosten informiert hat.149 Die Vorschrift soll demnach der Erhebung „versteckter“ zu­ sätzlicher Kosten entgegenstehen.150 Der Begriff „sonstige Kosten“ soll alle in Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB genannten Kosten einschließen, wobei dem Verweis kaum Klarstellungsgehalt zukommt, da hier ebenso pauschal zusätzliche Fracht-, Liefer- und Versandkos­ ten sowie sonstige Kosten aufgelistet sind.151 Möglicherweise könnte ein kon­ kretisierter, nicht abschließender Beispielkatalog Abhilfe schaffen oder eben der gänzliche Verzicht auf den Verweis vorzugswürdig sein, sodass im Streitfall eine Einzelfallentscheidung durch die Gerichte erforderlich wäre. Klarheit be­ steht allerdings für im Rahmen eines ausgeübten Widerrufsrechts im Fernabsatz anfallende Rücksendekosten. Nach h. M. sollen diese nicht von § 312e BGB erfasst sein, da für Fernabsatzverträge insofern die Spezialregelung des § 357 Abs. 6 BGB existiert.152 Die Erfüllung der vorvertraglichen Informa­tions­pflicht aus § 312d Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EGBGB über etwaige Kostenpflich­ ten ist somit Voraussetzung für die Entstehung zusätzlicher Kostenansprüche. Die Vorschrift bezieht sich speziell auf § 312d BGB, sodass Fernabsatz­verträge im Allgemeinen erfasst werden, nicht aber solche über Finanzdienstleistun­ gen.153 Für den Fall, dass der Verbraucher trotz Nichterfüllung der Informa­ tions­pflicht für solche zusätzlichen Kosten bereits gezahlt hat, kann er diese nach §§ 812 ff. BGB kondizieren.154

148 Siehe

auch PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 1 f.; ähnlich auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312e BGB Rn. 1; Palandt/Grüneberg, § 312e BGB, Rn. 1. 149  Diese Regelung für Fernabsatzverträge entspricht der Regelung des § 312a Abs. 2 S. 2 BGB, welche allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen sowie Grenzen der Vereinbarung von Entgelten normiert; hierzu MüKo BGB/Wendehorst, § 312e BGB, Rn. 1; jurisPK‑BGB/Junker, § 312e BGB, Rn. 1. 150 Erman/Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 1. 151  Zu Recht kritisch PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 10; diesen Verweis als „nur bedingt erhellend“ kritisierend Jauernig/Stadler, § 312e BGB. 152  Vgl. BT‑Drs. 17/12637, S. 55; PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 10; siehe dazu auch Jauernig/Stadler, § 312e BGB; ebenso, aber sehr knapp Palandt/Grüneberg, § 312e BGB, Rn. 2; Erman/Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 3; näher dazu sogleich unter 5. 153  BT‑Drs. 17/12637, S. 55; dies klarstellend auch Palandt/Grüneberg, § 312e BGB, Rn. 1; ebenso MüKo BGB/Wendehorst, § 312e BGB, Rn. 2; Erman/Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 1. 154  MüKo BGB/Wendehorst, § 312e BGB, Rn. 1; Erman/Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 2; Palandt/Grüneberg, § 312e BGB Rn. 2; siehe dazu auch BT‑Drs. 17/12637, S. 54.

170

Vierter Teil: Sanktionen

3.  Problematik des eigenständigen Regelungsgehaltes und Verhältnis zu § 312a Abs. 3 BGB Fraglich erscheint jedoch der eigenständige Regelungsgehalt des § 312e BGB, insbesondere mit Blick auf die Regelung des § 312a Abs. 3 BGB betreffend Extrazahlungen bei Verbraucherverträgen.155 § 312a BGB regelt allgemeine Pflichten und Grundsätze bei Verbraucherverträgen sowie die Grenzen der Ver­ einbarung von Entgelten. Diese Vorschrift kann neben dem Schadensersatz­ anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB als spezielle Sanktion für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverstöße über Extrazahlungen von Be­ deutung sein.156 Gem. § 312a Abs. 3 BGB bedarf es einer ausdrücklichen Ver­ einbarung bzgl. zusätzlicher Kosten (S. 1). Konkretisiert wird dies für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr, wonach die Vereinbarung nur dann Ver­ tragsbestandteil wird, wenn diese nicht auf einer Voreinstellung beruht (S. 2). Dieses ausdrückliche Zustimmungserfordernis setzt Art. 22 VerbrRRL um und soll insbesondere der Umgehung der Privatautonomie des Verbrauchers mittels Voreinstellungen im Internet schützen, die diesen unbewusst zu Extrazahlungen i. S. v. Entgelten für Nebenleistungen157 verpflichten würden.158 Es erscheint daher zweifelhaft, ob es der Spezialregelung des § 312e BGB bedarf oder ob sich das Nichtbestehen des Anspruchs nicht bereits aus allgemei­ nen Vertragsregelungen ergibt. Unstreitig hatte ein Unternehmer auch nach bis­ heriger Rechtslage keinen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Kosten, wenn er sich hierüber nicht mit dem Verbraucher geeinigt hat.159 Allerdings kann sich eine Pflicht zusätzlicher Kostentragung auch im Wege der Auslegung ergeben. In diesem Fall soll dem Verbraucher die Rechtsfolge des § 312e BGB zu Gute kommen, d. h. bei fehlender ordnungsgemäßer Information ist er entgegen dem Ergebnis der Auslegung nicht zur Tragung zusätzlicher Kosten verpflichtet.160 Dies würde für einen selbständigen Regelungsgehalt der Norm sprechen. Ku­ mulativ dazu ist für Verbraucherverträge generell eine ausdrückliche Verein­ 155 Vgl.

dazu den Überblick in MüKo BGB/Wendehorst, § 312e BGB, Rn. 3; sich aus­ drücklich für einen eigenständigen Anwendungsbereich aussprechend PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 4; ebenfalls Erman/Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 2; Palandt/Grüneberg, § 312e BGB, Rn. 1. 156 Ähnlich Schomburg, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 6, Rn, 1 ff. 157  In Betracht kommen Entgelte für Nebenleistungen jeglicher Art, z. B. kostenpflich­ tige Expresslieferungen oder Geschenkverpackungen, zusätzliche Versicherungen usw., vgl. Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312a BGB, Rn. 15; siehe ebenso Schirmbacher/Schmidt, CR 2014, 107, 118; ferner Palandt/Grüneberg, § 312a BGB, Rn. 4; MüKo BGB/­ Wendehorst, § 312a BGB, Rn. 44. 158  Vgl. Art. 22 VerbrRRL; Palandt/Grüneberg, § 312a BGB, Rn. 4; MüKo BGB/Wendehorst, § 312a BGB, Rn. 44; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312a BGB, Rn. 15. 159  BT‑Drs. 17/12637, S. 55. 160  So ausdrücklich in BT‑Drs. 17/12637, S. 55; ebenso PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 5; Jauernig/Stadler, § 312e BGB.



C.  Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung171

barung über zusätzlich zum Entgelt anfallende Extrazahlungen nach § 312a Abs. 3 S. 1 BGB erforderlich.161 Das Verhältnis der Sanktion des § 312e BGB zu der allgemein für sämtli­ che Verbraucherverträge geltenden Vorschrift des § 312a BGB ist somit nicht ganz eindeutig.162 Insbesondere problematisch erscheint, wie ein solcher An­ wendungsfall der Kostensanktion konkret aussehen soll, d. h. dass trotz Vor­ liegens einer ausdrücklichen Vereinbarung über eine zusätzliche Zahlung der entsprechenden Informa­tions­pflicht über weitere anfallende Kosten nicht nach­ gekommen wurde. Schließlich müsste diese doch notwendigerweise der Ver­ einbarung vorausgehen, denn eine Vereinbarung über zusätzliche Kosten setzt die Unterrichtung gerade voraus. Im Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie wird als eine denkbare Möglichkeit genannt, dass der Verbraucher ausdrücklich der Übernahme der „üblichen Ver­ sandkosten“ zustimmt, es aber an der Information über die genaue Höhe der anfallenden Kosten fehlt.163 Die ausdrückliche Zustimmung soll in diesem Fall also nicht ausreichen, um einen Zahlungsanspruch hinsichtlich der Versandkos­ ten zu begründen. Grundsätzlich wird das Erfordernis der neben der vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflicht benötigten ausdrücklichen Vereinbarung jedoch dazu führen, dass bei Vorliegen einer solchen der Verbraucher zuvor ordnungsgemäß unterrichtet wurde, da der Durchschnittsverbraucher abgesehen von grundsätz­ lich relativ geringen Versandkosten wohl selten einer Übernahme z. B. „ge­ wöhnlicher Frachtkosten“ oder „sonstiger Kosten“ zustimmen wird, ohne eine Vorstellung von der jeweiligen Höhe zu haben. Da ein solcher Fall aber nicht auszuschließen ist, sprechen die besseren Gründe dafür, mit der gesetzgeberi­ schen Entscheidung § 312e BGB ggü. § 312a BGB einen eigenständigen An­ wendungsbereich zuzusprechen.164 Zusammenfassend empfiehlt sich daher folgende Abgrenzung: Die Vor­ schrift des § 312a BGB ist dann einschlägig, wenn es an einer ausdrücklichen Vereinbarung fehlt (Abs. 3 S. 1) oder bei elektronisch geschlossenen Verträgen die Vereinbarung lediglich aus einer Voreinstellung folgt (Abs. 3 S. 2).165 Fehlt es an der konkreten Information über die Höhe zusätzlicher Kosten, so greift 161 Palandt/Grüneberg, § 312e BGB Rn. 1; Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 312e BGB, Rn. 1; PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 4; Jauernig/Stadler, § 312e BGB; jurisPK‑BGB/Junker, § 312e BGB, Rn. 2; siehe auch Schomburg, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuld­ recht, Kapitel 6, Rn. 1 ff. 162  Siehe bereits Fußnote 155. 163  BT‑Drs. 17/12637, S. 55; dies aufgreifend PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 4; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 234; Erman/Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 2; jurisPK‑BGB/Junker, § 312e BGB, Rn. 2; ähnlich, aber nicht gänzlich klar ­Palandt/Grüneberg, § 312e BGB, Rn. 1. 164 BT‑Drs. 17/12637, S. 55; überzeugend PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 4; Erman/ Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 2; Palandt/Grüneberg, § 312e BGB, Rn. 1. 165  Siehe Erman/Koch, Band I, § 312e BGB, Rn. 3.

172

Vierter Teil: Sanktionen

§ 312e BGB. In der Praxis mag dieser Sanktionsregelung allerdings wohl keine große Bedeutung zukommen.166

4.  Bedeutung der kostenbezogenen Sanktion Vor dem Hintergrund der in der Literatur vertretenen geringen praktischen Relevanz, stellt sich die berechtigte Frage nach dem Sinn des § 312e BGB. Denn fehlt es an einer entsprechenden vertraglichen Einigung, kann der Un­ ternehmer die Kosten vom Verbraucher auch nach allgemeinen Auslegungs­ regeln nicht verlangen.167 Hinzu kommt das Konkurrenzverhältnis zu § 312a Abs. 3 BGB, wonach § 312e BGB nur in der genannten Ausnahmekonstella­ tion einschlägig ist. Ohne die allgemeinen Grundsätze zu missachten, ist die Regelung des § 312e BGB dennoch als spezifische Sanktion für die Verletzung kostenbezogener vorvertraglicher Informa­tions­pflichten mit eigenständigem Regelungsgehalt zu qualifizieren, wenn auch mit voraussichtlich geringem An­ wendungsbereich.168 Letzterer schließt nämlich die Eigenständigkeit der Sank­ tionsregelung nicht aus, sondern beschränkt allenfalls deren Bedeutung. Aus Aspekten des gebotenen Verbraucherschutzes ist diese eindeutige Regelung fer­ ner geeignet, mögliche Auslegungsprobleme zu vermeiden und bietet somit den Vorteil der Rechtssicherheit.169 Insgesamt ist die Regelung einer spezifischen Kostensanktion daher zu begrüßen.

5.  Übergang der Rücksendekostenlast auf den Unternehmer gemäß § 357 Abs. 6 BGB § 357 BGB regelt die Rechtsfolgen des Widerrufs für Fernabsatzverträge.170 Im Gegensatz zur früheren Rechtslage sieht § 357 Abs. 6 S. 1 BGB nun vor, dass der Verbraucher bei Fernabsatzverträgen grundsätzlich die Kosten für die Rücksendung der Ware trägt, wenn er sein Widerrufsrecht ausgeübt hat.171 Die Kostentragungspflicht wird insofern vereinfacht, als dass es nicht mehr auf den Preis der Ware nach der früheren 40-Euro-Grenze i. S. d. § 355 Abs. 2 S. 3 BGB a. F. ankommt.172 Insofern hat eine Umkehr des Regel-Ausnahme-Verhältnisses 166 Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 312e BGB, Rn. 1; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 234; implizit wohl auch PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 4, indem lediglich die unbestimmte Preisangabe als Anwendungsfall genannt wird. 167  MüKo BGB/Wendehorst, § 312e BGB, Rn. 2; Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 234; ebenso PWW/Stürner, § 312e BGB, Rn. 9. 168  Siehe auch Schirmbacher, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 9, Rn. 234. 169  Ähnlich MüKo BGB/Wendehorst, § 312e BGB, Rn. 2. 170 Sowie außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, ausgenommen sind wiederum Verträge über Finanzdienstleistungen, hier bestimmen sich die Rechtsfolgen des Widerrufs nach § 357a BGB. 171 Palandt/Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 7; MüKo BGB/Fritsche, § 357 BGB, Rn. 18. 172  Bei einem geringerem Warenwert bis zu 40 Euro bestand zuvor eine Kostenverlage­



C.  Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung173

im Vergleich zur früheren Rechtslage stattgefunden.173 § 357 Abs. 6 BGB setzt somit Art. 6 Abs. 6 und Art. 14 Abs. 1 S. 3 und 4 der VerbrRRL um.174 Grundvoraussetzung der Pflicht zur Kostentragung ist jedoch, dass der Un­ ternehmer den Verbraucher gem. Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 EGBGB vorver­ traglich über diese Kostenpflicht informiert hat. Für die ordnungsgemäße Infor­ mationserteilung trägt der Unternehmer die Darlegungs- und Beweislast.175 Die Vorschrift des § 357 Abs. 6 S. 1 BGB ist jedoch dispositiv, der Unternehmer hat nach Abs. 6 S. 2 die Möglichkeit, die Kosten für die Rücksendung ausdrück­ lich oder konkludent zu übernehmen, z. B. durch eine spezielle Klausel seiner AGB.176 Auch die erklärte Bereitschaft des Unternehmers zur Abholung der Ware wird im Wege der Auslegung so zu verstehen sein, dass der Unternehmer sich im Sinne des § 357 Abs. 6 S. 2 BGB bereit erklärt, die Kosten zu überneh­ men.177 Hat der Unternehmer die Rücksendekosten zu tragen, so lehnt die h. M. einen Vorschussanspruch des Verbrauchers zutreffend mit der Begründung der mangelnden Anspruchslage hierfür ab, der Verbraucher hat lediglich die Mög­ lichkeit die Ware „unfrei“ zurückzusenden.178 Trägt der Verbraucher trotz feh­ lender Verpflichtung die Rücksendekosten zunächst selbst, so steht ihm ein Er­ stattungsanspruch ggü. dem Unternehmer zu.179 Viele Unternehmen machen jedoch von der Möglichkeit des § 357 Abs. 6 S. 2 BGB Gebrauch und überneh­ men zu Gunsten der Kunden freiwillig die Kosten der Rücksendung.180 Daher wird auch dieser Kostenregelung bei nicht ordnungsgemäßer Information ge­ ringere Bedeutung zukommen.

II.  Entfallen der Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach DCFR Auch in Art. II. – 3:107 DCFR findet sich eine Regelung zur Information über Preis und zusätzliche Kosten. Sofern nach diesem Artikel eine Informa­tions­ rungsmöglichkeit der Rücksendekosten auf den Verbraucher; vgl. BeckOK BGB/MüllerChristmann, § 357 BGB, Rn. 12; Jauernig/Stadler, § 357 BGB a. F., Rn. 8. 173  BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 357 BGB, Rn. 12; ähnlich Leier, VuR 2013, 457, 459. 174  Vgl. auch Palandt/Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 7; MüKo BGB/Fritsche, § 357 BGB, Rn. 18. 175 Palandt/Grüneberg, §  357 BGB, Rn. 7; ebenso BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 357 BGB, Rn. 13. 176  Vgl. Palandt/Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 7; BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 357 BGB, Rn. 15; Leier, VuR 2013, 457, 459. 177  So MüKo BGB/Fritsche, § 357 BGB, Rn. 21. 178 Palandt/Grüneberg, § 357 BGB, Rn. 7; MüKo BGB/Fritsche, § 357 BGB, Rn. 23; im­ plizit auch BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 357 BGB, Rn. 15. 179  MüKo BGB/Fritsche, § 357 BGB, Rn. 23. 180 Vgl. die empirische Erhebung zum Retourenmanagement im Online-Handel des ibi research Instituts der Uni Regensburg, 2013, abrufbar unter ; darauf bezug­ nehmend Leier, VuR 2013, 457, 459.

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Vierter Teil: Sanktionen

pflicht des Unternehmers vorgesehen ist, wird klarstellend ausgeführt, dass eine Nichterfüllung der Informa­tions­pflicht dann vorliegt, wenn u. a. keine Informa­ tion über Lieferkosten, zusätzliche Steuern usw. erfolgt ist. Konkrete Rechts­ folgen der Nichterfüllung selbst sind in diesem Artikel nicht vorgesehen. Es greift die generelle Regelung der Rechtsbehelfe für die Verletzung von Informa­ tions­pflichten des Art. II. – 3:109 DCFR.181 Nach Abs. 2 dieser Vorschrift tref­ fen für den Fall der Nichterfüllung der in den vorstehenden Artikeln genannten Informa­tions­pflichten, d. h. somit auch der Nichterfüllung der Informa­tions­ pflichten über zusätzliche Kosten, den Unternehmer diejenigen vertraglichen Verpflichtungen, die von der anderen Partei als Folge des Fehlens erwartet wer­ den konnten (Abs. 2 S. 1). Darüber hinaus werden die Rechtsbehelfe für Nicht­ erfüllung des dritten Buchs, Kapitel 3 für anwendbar erklärt.182 Konnte der Verbraucher mangels Information erwarten, dass keine zusätz­ lichen Lieferkosten anfallen, so trägt diese aufgrund vertraglicher Verpflich­ tung der Unternehmer und er kann zusätzliche Kosten nicht vom Verbraucher verlangen. Auf eine ausdrückliche Sanktion für das Entfallen der Pflicht zu­ sätzlicher Kostentragung wurde in der im Vergleich zur VerbrRRL älteren Fas­ sung des DCFR jedoch verzichtet. Unter Berücksichtigung des derzeitigen Sta­ tus quo des acquis mit der spezifischen Kostenregelung der VerbrRRL ist die Aufnahme einer spezifisch kostenbezogenen Sanktion bei künftigen Revisio­ nen des Regelwerks in eine Sanktionsnorm für vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzungen aus Klarstellungs- und Kohärenzgründen dringend geboten.

III.  Keine Pflicht zusätzlicher Kostentragung nach dem GEK‑Vorschlag Eine spezielle Sanktion zur Befreiung von zusätzlichen oder sonstigen Kosten ist ausdrücklich auch nach dem GEK‑Vorschlag vorgesehen.

1.  Voraussetzungen der kostenspezifischen Sanktion des Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vorschlag Im Rahmen der Regelung der Abhilfen bei Verletzung von Informa­ tions­ pflichten in Art. 29 GEK‑Vorschlag183 ist in Abs. 2 eine Spezialregelung für die Nichterfüllung der Informa­tions­pflicht über zusätzliche oder sonstige Kos­ ten nach Art. 14 GEK‑Vorschlag oder die Warenrücksendekosten nach Art. 17 Abs. 2 GEK‑Vorschlag vorgesehen.184 181 

Dazu schon oben, S. 141 f. eingehend dazu die Kommentierung von von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Vo­ lume I, Buch III, Kapitel 3, S. 772 ff. 183  Allgemein dazu oben, S. 142 ff. 184 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art.  29 GEK‑E; Schulze/Howells/ Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, Rn. 9. siehe auch Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 108. 182  Vgl.



C.  Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung175

Die Sanktion setzt nach dem eindeutigen Wortlaut eine Nichterfüllung der genannten kostenbezogenen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten voraus. Liegt eine solche Nichterfüllung vor, so ist der Verbraucher nicht verpflichtet, zusätzliche oder sonstige Kosten zu tragen. Dies soll unabhängig von einem möglichen Schadensersatzanspruch nach Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag gel­ ten.185 Eine weitere Bestimmung über zusätzliche Zahlungsverpflichtungen bei B2C‑Verträgen enthält Art. 71 GEK‑Vorschlag. Hiernach ist der Unternehmer verpflichtet, die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder zusätz­ lichen Zahlung einzuholen, bevor jener durch den Vertrag gebunden ist. Hat der Verbraucher trotz fehlender ausdrücklicher Zustimmung gezahlt, so kann er die Zahlung zurückverlangen. Diese verbraucherschützende Regelung ähnelt Art. 22 VerbrRRL und entspricht der nationalen Rechtslage seit Einführung des § 312a Abs. 3 BGB.186 In Übereinstimmung mit der VerbRRL ist die ausdrück­ liche Zustimmung zu Extrazahlungen erforderlich. Nach der systematischen Stellung und dem etwas anderen Wortlaut sollen aber insbesondere Fälle mit Verwendung von Standardoptionen im Sinne automatisierter Vertragsbestim­ mungen im Internethandel erfasst sein.187 Im Ergebnis entspricht die Bestim­ mung dem deutschen Recht, da konkludente Vereinbarungen nicht wirksam sein sollen und diese im Internet häufig durch Voreinstellungen herbeigeführt werden.188 Allerdings wäre eine sprachliche Abstimmung in Bezug auf den ver­ ständlicheren Wortlaut des Art. 22 der VerbrRRL wünschenswert gewesen. Lei­ der fehlt es auch an einer klarstellenden Regelung des Verhältnisses des Art. 71 GEK‑Vorschlag zur Kostensanktion des Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vorschlag, was im Ergebnis dieselbe Problematik wie nach deutschem Recht in sich birgt. Weiterhin problematisch ist, ob die Sanktion des Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vor­ schlag auch Fälle der Schlechterfüllung wie beispielsweise die Erteilung fal­ scher oder irreführender Informationen erfasst, da diese Art der Pflichtverlet­ zung nicht ausdrücklich aufgeführt wird. In Zusammenhang mit der Regelung des Art. 28 Abs. 2 GEK‑Vorschlag wird jedoch deutlich, dass Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vorschlag auch solche Fälle der Schlechterfüllung i. S. d. Art. 28 Abs. 1 GEK‑Vorschlag erfassen soll.189 Regelungsinhalt des Art. 28 GEK‑Vorschlag ist die Pflicht zur Sicherstellung der Richtigkeit der Information i. S. d. Abs. 1, 185 Schmidt-Kessel/Wichmann,

GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 6. Dazu oben, S. 170 ff.; im DCFR ist noch keine vergleichbare Kostenregelung vorgese­ hen; Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 71 GEK‑E, Rn. 1, 3 und 5. 187  Im Gegensatz zur Feasibility Study wird der Anwendungsbereich durch die Einschrän­ kung „insbesondere“ allerdings nicht mehr auf Fälle mit verwendeten Standardbestimmungen begrenzt, vgl. Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 71 GEK‑E, Rn. 2 f. 188 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 71 GEK‑E, Rn. 5. 189 Siehe Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 6; eben­ 186 

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Vierter Teil: Sanktionen

wonach Informationen stets richtig und nicht irreführend erteilt werden müs­ sen.190 Der Anwendungsbereich des Art. 28 GEK‑Vorschlag ist deckungsgleich mit dem Anwendungsbereich des GEK‑Vorschlags191 und damit unabhängig von besonderen Vertriebsformen oder Situationen des Vertragsschlusses in sol­ chen Fällen anwendbar, in denen erforderliche Informationen zwar erteilt wur­ den, es sich aber um falsche oder irreführende Informationen handelt.192 Wird insofern die in Abs. 1 statuierte Pflicht verletzt, d. h. liegt eine Fehlinforma­ tion vor, verweist Art. 28 Abs. 2 GEK‑Vorschlag auf die Abhilfen des Art. 29 GEK‑Vorschlag und sieht somit einen Gleichlauf vor, wenn die Partei bei Ab­ schluss des Vertrags vernünftigerweise auf die erhaltenen Informationen ver­ traut hat. Indem der fehlinformierten Partei die Abhilfen des Art. 29 GEK‑Vor­ schlag und somit auch die kostenspezifische Abhilfe des Abs. 2 ebenso zustehen wie im Falle der Nichtinformation, kommt die intendierte Gleichstellung der Verletzungsformen auf der Rechtsfolgenseite zum Ausdruck.193 Eine ausdrück­ liche Beweislastumkehr hinsichtlich der Korrektheit der Information zuguns­ ten des Verbrauchers fehlt an dieser Stelle. Zu Recht wird daher kritisiert, dass mangels einer solchen Bestimmung der Unternehmer zwar den Nachweis über das Erteilen der Information liefern müsse, der Verbraucher hingegen die Un­ richtigkeit der Information beweisen muss.194 Die Situation könnte sich daher für den Verbraucher in der Praxis schwierig gestalten, da es an einer genau­ en Definition der irreführenden Information fehlt und der Verbraucher mangels Beweislastumkehr auch den Nachweis des nach Art. 28 Abs. 2 GEK‑Vorschlags erforderlichen Vertrauens auf die Fehlinformation erbringen muss.195

2.  Problematik des eigenständigen Regelungsgehalts und Verhältnis zu Art. 71 GEK‑Vorschlag In der Literatur ist ebenso wie im deutschen Recht umstr.,196 ob der kostenspe­ zifischen Regelung ein eigenständiger Sanktionscharakter zukommt oder diese lediglich eine Klarstellungsfunktion aufweist.197 Ebenfalls unklar erscheint das so Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 108. 190  Im Gegensatz zum GEK‑Vorschlag sieht die VerbrRRL keine vergleichbare Regelung vor, vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 4. 191  Dazu oben, S. 70 ff. 192 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 1 f. 193  So auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 10. 194  Kritisch insofern Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 28 CESL, Rn. 8. 195 Dies zu Recht kritisierend und als Streitpunkt prognostizierend Schulze/Howells/­ Watson, CESL Commentary, Art. 28 CESL, Rn. 7 ff. 196  Siehe oben, S. 170 ff. 197 Zu dem Streit vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 7, welche für einen eigenständigen Regelungsgehalt plädiert; unkritisch und damit wohl ebenfalls von einem eigenständigen Regelungsgehalt ausgehend Benninghoff, in: SchmidtKessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 108; a. A. und den Sankti­



C.  Entfallen der Verpflichtung zusätzlicher Kostentragung177

Verhältnis zur Regelung des Art. 71 GEK‑Vorschlag.198 Kontrovers diskutiert wird daher, ob dieser speziellen Sanktion überhaupt ein eigenständiger Rege­ lungsgehalt zukommt199 oder ob die fehlende Verpflichtung zusätzlicher Kos­ tentragung sich nicht bereits aus allgemeinen Vertragsgrundsätzen ergibt, mit anderen Worten diese Kosten mangels Vereinbarung gar nicht erst Vertrags­ bestandteil wurden.200 Für letztere Ansicht könnte die Bestimmung zu Informa­ tions­pflichten bei Fernabsatzverträgen des Art. 13 Abs. 2 GEK‑Vorschlag spre­ chen, demzufolge erteilte Informationen über zusätzliche Kosten i. S. d. Art. 13 Abs. 1 lit. b) i. V. m. Art. 14 GEK‑Vorschlag sowie über die Kosten der Rück­ sendung der Waren i. S. d. Art. 13 Abs. 1 lit. e) i. V. m. Art. 17 Abs. 2 GEK‑Vor­ schlag Bestandteil des Vertrags werden.201 Wurden die zusätzlichen Kosten bzw. Rücksendekosten nicht zum Vertragsbestandteil, bedarf es nach dieser Ansicht auch keiner besonderen Rechtsfolge, da bereits kein Anspruch auf die Zahlung besteht. Somit müsste man der Bestimmung lediglich klarstellenden Charakter zusprechen. Folgt man dieser Auffassung, so könnte man aber zu­ mindest die Klarstellungsfunktion im Rahmen der Sanktionsregelung vorver­ traglicher Informa­tions­pflichtverstöße begrüßen, da diese dem Rechtsanwender die Rechtsfolge der ohnehin fehlenden Vertragseinbeziehung immerhin ver­ deutlicht und somit in diesem Punkt Rechtssicherheit bewirken kann. Vorliegend sprechen jedoch die besseren Argumente dafür, die Bestimmung als Sanktion mit eigenständigem Gehalt zu qualifizieren. Betrachtet man die Regelung des Art. 13 Abs. 2 GEK‑Vorschlag, so ist diese nur als positive Anord­ nung für den Fall der Erteilung zu sehen, bei Nichterteilung fehlt es im Umkehr­ schluss an einer Einbeziehung als Vertragsbestandteil. Für den Fall der im Rah­ men des Art. 29 GEK‑Vorschlag gleichgestellten unrichtigen Erteilung (s. o.) greift jedoch gerade die kostenbezogene Sanktion des Abs. 2 als lex specialis gegenüber der allgemeinen Bestimmung des Art. 13 Abs. 2 GEK‑Vorschlag.202 Auch bei kritischer Bewertung der Gleichstellung ist die Sanktion des Art. 29 GEK‑Vorschlag konsequenterweise als über die Rechtsfolge der Nichterteilung hinausgehend einzustufen. Die Reduktion auf eine bloße Klarstellungsfunktion würde daher die erfassten Fehlinformationen sowie die eindeutige Verortung onscharakter aufgrund allgemeiner Vertragsschlussgrundsätze ablehnend Eidenmüller/Jansen/ Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ebenso Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, Rn. 9. 198  Vgl. insofern die umstrittene Frage des Verhältnisses von § 312a Abs. 3 BGB zu § 312e BGB, s. o. S. 170 ff. 199 Dies befürwortend Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 7; Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 108. 200  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ebenso Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, Rn. 9; s. o. S. 170. 201  Dies entspricht i. E. der Regelung des Art. 6 Abs. 5 VerbrRRL. 202  Insofern überzeugend die Ausführungen von Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kom­ mentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 7 sowie Art. 28 GEK‑E, Rn. 15.

178

Vierter Teil: Sanktionen

der Rechtsfolge in der Sanktionsregelung des Art. 29 GEK‑Vorschlag unterlau­ fen und somit gerade die systematische Stellung des Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vor­ schlag missachten.203 Aus diesem Grund ist es vorzugswürdig von einem ei­ genständigen Regelungsgehalt des Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vorschlag und demnach einem tatsächlichen Sanktionscharakter der Vorschrift auszugehen.

IV.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Mit Ausnahme des (im Vergleich zur VerbrRRL und GEK‑Vorschlag früher er­ arbeiteten Regelwerks) DCFR sind spezielle kostenspezifische Sanktionen vor­ gesehen. Als Konsequenz der vorliegend vertretenen Auffassung der Anerken­ nung eines eigenständigen Regelungsgehalts des § 312e BGB und Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vorschlag ist die eindeutige Regelung einer kostenspezifischen Sanktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen aus den genannten Gründen und insbesondere dem Desiderat der Rechtssicherheit und der Reduktion der Komplexität sinnvoll und zu begrüßen. Diese stellt somit einen wichtigen Fort­ schritt im Vergleich zur früheren Lösung im Wege der Auslegungsgrundsätze dar.

D.  Anspruch auf Schadensersatz Als weitere mögliche Sanktion für die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht kommt ein Anspruch auf Schadensersatz in Betracht. Dass ein solcher sowohl im BGB, als auch im GEK‑Vorschlag und DCFR grundsätz­ lich vorgesehen ist, erscheint insofern nicht überraschend, als der Schadens­ ersatzanspruch einer der häufigsten Rechtsbehelfe für Pflichtverletzungen in der täglichen Praxis nationaler Rechtsordnungen darstellt und sich auch ver­ einzelt im acquis communautaire wiederfindet.204 In der VerbrRRL fehlt es hin­ gegen an einer solchen Regelung. Abgesehen von bestehenden Divergenzen kann zumindest im Hinblick auf die primäre Kompensationsfunktion des Scha­ densersatzes von einem Konsens der verschiedenen Rechtsordnungen der Mit­ gliedstaaten gesprochen werden.205 Im Folgenden werden Inhalt und Vorausset­ 203  Ebenso Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 7. 204 Siehe Magnus, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Con­

tract Law, S. 211 ff., der jedoch die seines Erachtens zu geringe Berücksichtigung im acquis kritisiert; ders., in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 291, 294; ähnlich auch Remien, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäi­ schen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 1; ders., in: Schulze/Schulte-Nölke/­Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 145 ff.; Koziol, ebd., S. 5 f., bemän­ gelt insofern jedoch das Fehlen eines Gesamtkonzeptes. 205  Magnus, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 216.



D.  Anspruch auf Schadensersatz179

zungen der verschiedenen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen in Betracht kommenden Schadensersatzansprüche skizziert.

I.  Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung nach nationalem Recht Wie bereits zuvor auf S. 139 ff. aufgezeigt, finden sich auch nach Umsetzung der grundsätzlich vollharmonisierenden VerbrRRL auf europäischer Ebene keine speziellen Regelungen bezüglich der Rechtsfolgen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung und somit auch kein sekundärrechtlich begrün­ deter Schadensersatzanspruch.206 Wird eine vorvertragliche Information nicht oder falsch erteilt, so kommt nach nationalem Recht ein Anspruch auf Schadensersatz entweder aus culpa in contrahendo (c. i. c.), §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 i. V. m. § 241 BGB, oder wegen Vertragsverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB in Betracht.207 Ferner kön­ nen u. U. auch deliktische Ansprüche aus § 823 Abs. 2 oder § 826 BGB greifen, wobei mit der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung auch die beson­ deren Voraussetzungen des Vorsatzes oder der sittenwidrigen Schädigung er­ füllt sein müssten.

1.  Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo (c. i. c.) Als „typischer“ Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzung könnte als Sanktion der Anspruch aus culpa in contrahendo, der sog. c. i. c.-Haftung, aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 i. V. m. § 241 BGB in Betracht kommen.208 Gemäß § 311 Abs. 2 BGB entsteht mit der Aufnah­ me von Vertragsverhandlungen (Nr. 1), der Anbahnung eines Vertrags (Nr. 2) oder ähnlicher geschäftlicher Kontakte ein vorvertragliches Schuldverhältnis nach § 241 Abs. 2 BGB. Dieses ist zwischen dem Vertrag und den gesetzlichen Schuldverhältnissen als eine Art vertragsähnliche Sonderverbindung einzuord­ 206  Koziol, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschafts­ recht, S. 5 f.; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 257. 207  Vgl. Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 7, sofern jedoch eine Mangel­ haftigkeit der Sache aufgrund einer falschen Information begründet ist, kommen eventuell ge­ währleistungsrechtliche Regelungen in Betracht, siehe dazu sogleich unter G.; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 46; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 16 f.; eingehend zur vorvertraglichen Informationshaftung aus c. i. c.: Grigoleit, Vor­ vertragliche Informationshaftung; ders., NJW 2002, 1151, 1155. 208  Leistungspflichten entstehen erst mit Vertragsschluss; Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 7; Jauernig/Stadler, § 312d BGB, Rn. 11; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 17; implizit Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 150, 154; eingehend Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 5 ff.; ders., NJW 1999, 900 ff.; Weiler, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 13, Rn. 90; NK BGB/Ring, § 312d BGB, Rn. 18.

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Vierter Teil: Sanktionen

nen,209 da gerade noch kein Vertrag zwischen den beteiligten Parteien besteht. Dennoch sollen die Interessen, Rechte und Rechtsgüter der Gegen­partei bereits im Vorfeld durch besondere Schutz- und Rücksichtnahmepflichten gewahrt werden.210 Im Fokus des § 241 Abs. 2 BGB steht also nicht die Leistung an sich, geschützt wird vielmehr das Integritätsinteresse der Gegenpartei.211 Die verschiedenen Rücksichtnahmepflichten sind in § 241 Abs. 2 BGB nicht expli­ zit aufgeführt; hierunter fallen aber vor allem Aufklärungspflichten212 sowie die speziell normierten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im elektro­ nischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen.213 Bereits vor der Kodifizierung der c. i. c.-Haftung in § 311 Abs. 2 und 3 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz, wurde eine Haftung wegen Ver­ schuldens bei Vertragsverhandlungen durch die Rechtsprechung und Lehre ent­ wickelt und war gewohnheitsrechtlich anerkannt.214 Die c. i. c. hat somit als eines der zentralen Rechtsinstitute des deutschen Zivilrechts inzwischen de lege lata Anerkennung gefunden.215 Während § 311 Abs. 2 BGB die Voraus­ setzungen für die Entstehung eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses re­ gelt, bestimmt sich der Inhalt durch die Verweisung auf § 241 Abs. 2 BGB und schließlich die Haftung für eine vorvertragliche Pflichtverletzung aus § 280 Abs. 1 BGB.216 Festzustellen ist, dass die Regelung einige unbestimmte Rechts­ begriffe enthält, wie z. B. die Anbahnung eines Vertrags nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB.217 Dies ist jedoch vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwick­ lung der c. i. c.‑Haftung zu sehen. Im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung wurde die Haftung aus c. i. c. entsprechend dem bis dato erreichten Status quo, der von Rechtsprechung und Lehre zuvor in kleinen Schritten entwickelt wor­ 209 Palandt/Ellenberger,

Einl v § 241 BGB, Rn. 4; i. d. S. auch Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 12. 210 Palandt/Grüneberg, § 241 BGB, Rn. 6, welcher auf die im Einzelnen streitige Abgren­ zung der verschiedenen Begriffe hinweist, diese aber in der Praxis als nicht sehr bedeutend erachtet; MüKo BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 46; Hk-BGB/Schulze, § 241 BGB, Rn. 4. 211 Hk-BGB/Schulze, § 241 BGB, Rn. 4; Palandt/Grüneberg, § 241 BGB, Rn. 6; hiervon kann insbesondere das Vermögen umfasst sein, Looschelders, Schuldrecht AT, Rn. 150. 212 Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 27 sowie § 241 BGB Rn. 7; MüKo BGB/Bachmann, § 241 BGB, Rn. 53; Hk-BGB/Schulze, § 241 BGB, Rn. 7; Grigoleit, WM 2001, 597. 213  Siehe bereits oben, S. 43 f. 214  Vgl. BGH, Urteil vom 11.05.1979 – V ZR 75/78, NJW 1979, 1983; eingehend dazu auch der RegE zum SMG vom 14.05.2001, BT‑Drs. 14/6040, S. 161 f.; Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 12; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 11; PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 34; siehe auch Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 141 ff.; Brox/Walker, Allgemeines Schuld­ recht, § 5, Rn. 1; grundlegend schon v. Jhering, Culpa in contrahendo oder Schadensersatz bei nichtigen oder nicht zur Perfektion gelangten Verträgen, vgl. S. 58. 215  Siehe den Gesetzentwurf für die Modernisierung des Schuldrechts, BT‑Dr. 14/6040, S. 161 f. 216 Vgl. Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 144; Brox/Walker, Allgemeines Schuld­ recht, § 5, Rn. 1 ff. 217  Vgl. auch PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 33.



D.  Anspruch auf Schadensersatz181

den war, geregelt.218 Die c. i. c.‑Kodifizierung ist daher eine Art Rahmenrege­ lung, darin enthaltene Unsicherheiten sind insofern hinzunehmen, um eine wei­ tere Fortentwicklung zu ermöglichen.219

a) Voraussetzungen Eine Haftung aus c. i. c. kommt grundsätzlich dann in Betracht, wenn im Rah­ men eines bestehenden vorvertraglichen Schuldverhältnisses eine Sorgfalts­ pflicht verletzt wird und diese Pflichtverletzung vorsätzlich oder fahrlässig er­ folgt ist und hierdurch ein Schaden entstanden ist.

aa)  Bestehen eines vorvertraglichen Schuldverhältnisses Ein vorvertragliches Schuldverhältnis im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB kann aus­ weislich des Wortlauts des § 311 Abs. 2 BGB entstehen durch die Aufnahme von Vertragsverhandlungen, der Vertragsanbahnung oder ähnlicher geschäftli­ che Kontakte (vgl. § 311 Abs. 2 Nr. 1 – 3 BGB). § 311 Abs. 2 BGB normiert demnach die Voraussetzungen für das Entstehen eines vorvertraglichen Schuld­ verhältnisses und unterscheidet inhaltlich drei verschiedene Möglichkeiten.

(1)  Vorvertragliches Schuldverhältnis kraft Aufnahme von Vertragsverhandlungen (Nr. 1) Ein Schuldverhältnis mit der Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB kann gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB durch die Aufnahme von Vertragsverhand­ lungen entstehen. Die Aufnahme von Vertragsverhandlungen ist ein Spezialfall des § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB, da diese regelmäßig einer Anbahnung eines Ver­ trags vorausgehen werden, sind die Grenzen teilweise fließend und als Kon­ sequenz aus praktischer Sicht keine strikte Trennung erforderlich.220 Zum Teil wird als Beispiel für § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB die Übersendung von Prospekten genannt, wobei hierunter einschränkend wohl nur die spezielle Prospekthaftung verstanden werden kann.221 Als ausreichend angesehen werden aber Vorgesprä­ che,222 sowie einseitige Maßnahmen eines Vertragspartners, die den anderen 218 Vgl.

die Erläuterungen in der Begründung des RegE zum SMG vom 14.05.2001, BT‑Drs. 14/6040, S. 161 f.; siehe auch PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 33 ff.; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 11; ähnlich auch Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 12. 219  RegE zum SMG vom 14.05.2001, BT‑Drs. 14/6040, S. 162; siehe auch Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 11; PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 34. 220 BeckOK BGB/Sutschet, § 311 BGB, Rn. 44; siehe auch Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23; konkret zeitlich differenzierend hingegen Brox/Walker, Allgemeines Schuld­ recht, § 5, Rn. 5 ff. 221 Insofern nicht eindeutig Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 22, Rn. 19; a. A. wohl MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 43. 222 Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 22; nach der Rspr. jedoch nicht lediglich lose

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Vierter Teil: Sanktionen

zu einem Vertragsschluss veranlassen können und gerade der Einleitung von Vertragsverhandlungen dienen.223 Maßgeblich kommt es für die Aufnahme von Vertragsverhandlungen somit auf den tatsächlich zweiseitigen Vorgang des Ver­ handelns an, nicht aber notwendigerweise auf die Abgabe von Willenserklärun­ gen, sodass bei rein einseitigen Maßnahmen des Unternehmers die Aufnahme von Vertragsverhandlungen nicht bereits bejaht werden kann.224 Übertragen auf die besonderen Vertriebsformen des Fernabsatzes und E‑Commerce wird daher die rein einseitige Zusendung von Werbemaßnahmen durch den Unternehmer, wie z. B. eines Katalogs oder einer E‑Mail zwecks Warenbestellung, nicht unter § 312 Abs. 2 Nr. 1 BGB fallen, dies kann aber eine Vertragsanbahnung nach Nr. 2 darstellen.225

(2)  Vorvertragliches Schuldverhältnis durch Anbahnung eines Vertrags (Nr. 2) Als Grundtatbestand des § 311 Abs. 2 BGB gilt die Vertragsanbahnung nach Nr. 2, ergänzt durch die spezielleren Varianten in Nr. 1 und Nr. 3.226 Demnach kann bereits vor der Aufnahme von Vertragsverhandlungen (i. S. d. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB) ein vorvertragliches Schuldverhältnis durch beispielsweise das Betreten von Geschäftsräumen zur Anbahnung geschäftlicher Kontakte ent­ stehen,227 wobei es nach h. M. ausreicht, dass ein potentieller Kunde die Ge­ schäftsräume z. B. zu Informationszwecken eines möglichen Kaufs aufsucht, d. h. eine konkrete Kaufabsicht nicht erforderlich ist.228 Dem hingegen wird ein Betreten aus geschäftsfremden Zwecken (z. B. Aufwärmen im Winter) zu Recht als nicht ausreichend erachtet.229 Auch wenn es bei den Distanzvertriebs­ Kontakte über eine mögliche geschäftliche Zusammenarbeit, vgl. dazu BGH, Urteil vom 24.01.2006 – XI ZR 384/03, NJW 2006, 830, 835. 223 Vgl. Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 16; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 22; ähnlich Staudinger/Feldmann/Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 103; strenger MüKo BGB/­ Emmerich, § 311 BGB, Rn. 224  MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 43. 225  In diesem Sinne auch MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 43. 226 Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23; BeckOK/Gehrlein, § 311 BGB, Rn. 46, 44; MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 45. 227 Vgl. z. B. BGH, NJW 1976, 712; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23 m. w. N.; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 146; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 5, Rn. 6. 228  Differenzierend und insofern überzeugend MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 45; ebenso Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 16; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 146; ähn­ lich auch BeckOK BGB/Gehrlein/Sutschet, § 311 BGB, Rn. 46; einen potentiellen Kunden auch als ausreichend erachtend BGH, Urteil vom 14.03.2013 – III ZR 296/11, NJW 2013, 3366, 3367; etwas unklar Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23; nicht eindeutig PWW/­Stürner, § 311 BGB, Rn. 37, demnach wird das Betreten in Kaufabsicht als ausreichend genannt, ohne jedoch näher auf das tatsächliche Erfordernis einer solchen Kaufabsicht einzugehen. 229  Zutreffend Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 16; PWW/Stürner, § 311 BGB Rn. 37; umstritten ist jedoch der Fall eines Ladendiebstahls, von der Rechtsprechung offengelassen in BGH, Urteil vom 06.11.1979 – VI ZR 254/77, NJW 1980, 119; siehe auch Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23; ablehnend Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 16; hierzu unentschieden,



D.  Anspruch auf Schadensersatz183

arten der Fernabsatzverträge und Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr gerade an einem Betreten der Geschäftsräume fehlt, ist eine Nutzung des Fern­ kommunikationsmittels oder das Besuchen der Website des Unternehmers zu Informationszwecken ohne konkrete Kaufabsicht ebenso als Anbahnung zu verstehen, da die Situation der Vertragsanbahnung grundsätzlich weit auszule­ gen ist und hieran keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen.230 Generell ist daher die potentielle Kundeneigenschaft als vorzugswürdig zu er­ achten, da aufgrund der Öffnung der häufig besonders gestalteten Geschäftsräu­ me oder z. B. Websites Kunden gerade erst zur Aufnahme von Vertragsverhand­ lungen veranlasst werden sollen und dies somit eine Anbahnung im Sinne des § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB darstellt.231 Als Grundvoraussetzung für die Entstehung des vorvertraglichen Schuldverhältnisses durch Vertragsanbahnung ist nach der Rechtsprechung erforderlich, dass der eine dem anderen Teil die Möglichkeit der Einwirkung auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder anver­ traut.232 Als bezeichnender Anwendungsfall wird regelmäßig der Linoleumrollenfall des RG sowie der Salatblattfall des BGH genannt.233

(3)  Vorvertragliches Schuldverhältnis kraft ähnlicher geschäftlicher Kontakte (Nr. 3) Schließlich kann ein vorvertragliches Schuldverhältnis gem. § 311 Abs. 2 Nr. 3 BGB durch ähnliche geschäftliche Kontakte entstehen. Diese Norm wird häufig als Auffangtatbestand bezeichnet234 und soll in Einklang mit der einschlägigen Rechtsprechung klarstellen, dass auch nicht auf den Abschluss von Verträgen gerichtete Kontakte eine Haftung aus c. i. c. begründen können.235 Insbesonde­ re erfasst werden z. B. Gefälligkeitsverhältnisse ohne Leistungspflicht236 oder weit zurückliegende geschäftliche Kontakte, die zeitlich noch nicht in das Sta­ aber mit Tendenz zur Verneinung PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 37; a. A. Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23. 230  In diesem Sinne MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 45; wenig eindeutig, aber nicht jeglichen sozialen Kontakt als ausreichend ansehend auch Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 16. 231 MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 45, siehe auch Rn. 43, d. h. solche Werbe­ maßnahmen können grundsätzlich unter § 311 Abs. 2 Nr. 2 fallen; unklar hingegen Palandt/­ Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23. 232  Vgl. z. B. BGH, Urteil vom 14.03.2013 – III ZR 296/11, NJW 2013, 3366, 3367; siehe auch Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 23; ebenso BeckOK BGB/Sutschet, § 311 BGB, Rn. 47; ähnlich auch MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 47; Staudinger/Feldmann/­ Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 104. 233  BT‑Drs. 14/6040, S. 163 mit Verweis auf den Linoleumrollenfall des RG, RGZ 78, 239 sowie den Salatblattfall des BGH, BGHZ 66,4. 234 Näher dazu BeckOK BGB/Sutschet, §  311 BGB Rn. 49 ff.; ebenso Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 147; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 5, Rn. 7; ähnlich auch MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 48. 235 Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 24; PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 37. 236  Canaris, JZ 2001, 499, 520; BeckOK BGB/Gehrlein, § 311 BGB, Rn. 50.

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Vierter Teil: Sanktionen

dium des Vorfelds eines Vertragsschlusses fallen.237 Da bei Verträgen im elek­ tronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen aber regel­ mäßig eine Anbahnung eines Vertrages nach § 311 Abs. 2 Nr. 2 BGB gegeben sein wird, bedarf es hier eines Rückgriffs auf Nr. 3 nicht.

bb)  Pflichtverletzung Ferner ist eine Pflichtverletzung im Rahmen der Vertragsverhandlungen oder Vertragsanbahnung oder ähnlicher geschäftlicher Kontakte erforderlich. Dem­ zufolge muss im Rahmen einer der genannten Situationen eine solche Verlet­ zung von Sorgfaltspflichten erfolgen.238 Das Erfordernis der Pflichtverletzung folgt aus § 280 Abs. 1 BGB, denn in den §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB wird lediglich bestimmt, zu welchem Zeitpunkt und wodurch ein vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht.239 Wie bereits zuvor dargestellt, sind im Rahmen des vorvertraglichen Schuld­ verhältnisses nach § 241 Abs. 2 BGB besondere Verhaltens- und Rücksichtnah­ mepflichten zu beachten worunter neben Aufklärungspflichten auch die beson­ deren vorvertraglichen Informa­tions­pflichten fallen.240 Die Verletzung einer Schutzpflicht erfolgt häufig durch die unrichtige Informationserteilung im vor­ vertraglichen Stadium.241 Als mögliche Beispiele einer Pflichtverletzung im Rahmen vorvertraglicher Schuldverhältnisse kommt somit auch die fehlerhafte oder unterlassene Informationserteilung als Verletzung einer speziellen vorver­ traglichen Informa­tions­pflicht in Betracht.242 Grundsätzlich gilt es zu beachten, dass bloßes Verschweigen von Tatsachen nicht ausreichen soll und eine Pflicht­ verletzung daher erst dann gegeben ist, wenn im Sinne des § 242 BGB mit die­ ser Information zu rechnen war.243 Die fehlerhafte Erteilung von Informationen, die für den Kaufentschluss von Bedeutung sein können, kann jedoch auch dann einen Anspruch aus c. i. c. begründen, wenn keine Pflicht zur Offenbarung be­ stand.244 Ebenso liegt nach ständiger Rechtsprechung eine Verletzung der Sorg­ 237 

BT‑Drs. 14/6040, S. 163; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 147. z. B. BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302; dazu die An­ merkung von Wiedemann, JZ 1998, 1173 ff. 239  § 280 Abs. 1 BGB ist insofern haftungsbegründende Norm für einen Anspruch aus vor­ vertraglicher Pflichtverletzung; vgl. Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 27, sowie § 280 BGB, Rn. 8; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 144. 240  Siehe bereits oben, S. 43 f. 241  Ähnlich auch PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 57 ff.; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 27. 242  Vgl. dazu auch MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 50; Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 BGB, Rn. 7; Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 50; Brox/Walker, Allgemeines Schuld­ recht, § 19, Rn. 17; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 152 ff. 243 PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 58. 244  BGH, Urteil vom 20.09.1996 – V ZR 173/95, NJW‑RR 1997, 144, 145, m. w. N.; Pa­ landt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 40; betrifft die Fehlinformation hingegen die Beschaffen­ heit des Kaufgegenstands, so wird die c. i. c.‑Haftung von den Sonderregelungen der §§ 434 ff. 238  Vgl.



D.  Anspruch auf Schadensersatz185

faltspflichten vor, wenn der Verkäufer oder eine Person, welcher er sich zur Erfüllung seiner vorvertraglichen Pflichten bedient, objektiv unrichtige Anga­ ben macht, die für den Vertragspartner für den Vertragsschluss von Bedeutung sind.245 Ist eine vorvertragliche Informa­tions­pflicht gesetzlich normiert, so ist die Nicht- oder Schlechterfüllung stets als Pflichtverletzung in einem vorver­ traglichen Schuldverhältnis zu werten.

cc) Schaden Grundvoraussetzung eines jeden Schadensersatzanspruchs und somit auch des Anspruchs aus c. i. c. ist das Bestehen eines Schadens, d. h. die Pflichtverlet­ zung des Unternehmers muss bei dem Kunden einen Schaden verursacht ha­ ben.246 Bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen kann der Schaden in dem Abschluss des Vertrags selbst oder in dessen ungünstigem und nachtei­ ligen Inhalt liegen, der ohne die Pflichtverletzung nicht geschlossen worden wäre.247 Ein solcher Schaden liegt nach der Rechtsprechung regelmäßig dann vor, wenn sich aus der rechnerischen Gegenüberstellung der Vor- und Nachtei­ le des Vertrages ergibt, dass der Kunde den Vertrag bei zutreffender und voll­ ständiger Information zu günstigeren Bedingungen abgeschlossen hätte.248 Der Nachweis eines durch die vorvertragliche Pflichtverletzung entstandenen und über die Bindung an den (nachteiligen) Vertrag hinausgehenden Schadens wird in der Praxis hingegen typischerweise nicht gelingen.249 Kann der Schaden also regelmäßig nur in dem Vertragsschluss selbst oder dem nachteiligen Vertragsinhalt gesehen werden, so stellt sich die Frage nach dem Vorliegen des Schadens insbesondere bei gleichzeitigem Bestehen eines Widerrufsrechts für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstige Fernabsatzverträge. Nach teilweiser Auffassung fehlt es bereits an einem Scha­ den bzw. wird dieser kaum nachweisbar sein, wenn dem Verbraucher ein Wider­ rufsrecht zusteht und er sich dadurch vom Vertrag lösen kann.250 In diesem Sinne wird das Widerrufsrecht meist als ausreichende „Sanktion“ angesehen, da dieses der Absicherung der selbstbestimmten Entscheidung des Verbrauchers diene.251 BGB verdrängt, siehe ebd., sowie eingehend zum Konkurrenzverhältnis im vierten Teil, G. II. 4. a). 245  So BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302 m. w. N.; siehe auch die Anmerkung von Wiedemann, JZ 1998, 1173 ff. 246  Speziell zur Verletzung von Informa­tions­pflichten siehe Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 8. 247 Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 36; Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 8; PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 57. 248  BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302; Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 8. 249  Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155. 250  Vgl. MüKo BGB/Wendehorst, § 312d, Rn. 19; Fuchs, ZIP 2000, 1273, 1280. 251  Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155 ff., nach dessen Auffassung sollten Sanktionen des

186

Vierter Teil: Sanktionen

Andererseits soll das Widerrufsrecht gerade einen zusätzlichen Schutz des Ver­ brauchers in den den besonderen Vertriebsformen immanenten spezifischen Ge­ fährdungssituationen gewährleisten.252 So kann in Fällen der Verletzung der Wi­ derrufsbelehrung neben der Verlängerung der Widerrufsfrist dem Verbraucher auch nach allgemeinem Schuldrecht ein Anspruch auf Schadensersatz zuste­ hen.253 Insofern lässt auch die VerbrRRL die Anwendung des allgemeinen Leis­ tungsstörungsrechts bei Erteilung unrichtiger Informationen neben den speziell geregelten Sanktionen wie z. B. der verlängerten Widerrufsfrist zu.254 Zudem unterscheiden sich die Voraussetzungen maßgeblich, im Gegensatz zum ver­ schuldensunabhängigen Widerrufsrecht ist wesentliche Haftungsvoraussetzung der c. i. c. eine schuldhafte Pflichtverletzung.255 Bei Vorliegen der Vorausset­ zungen ist die Anwendbarkeit der c. i. c. daher neben dem Widerrufsrecht auf­ grund der unterschiedlichen Schutzrichtungen der Institute zu befürworten.256 Aus diesen Gründen ist ein Wertungswiderspruch zwar grundsätzlich zu ver­ neinen und das Vorliegen eines Schadens nach allgemeinen Maßstäben zu be­ stimmen. In der Praxis wird dem Anspruch auf Schadensersatz aus c. i. c. neben dem Widerrufsrecht aber nur geringe Bedeutung zukommen. Der Anspruch wird nur in solchen Fällen wie beispielsweise des § 312g Abs. 2 BGB, u. a. bei Liefe­ rung von verderblichen Waren nach (Nr. 2) oder der Lieferung von versiegelten Gesundheits- und Hygieneartikeln (Nr. 3), relevant sein, in denen dem Geschä­ digten aufgrund des Ausschlusses des Leistungsgegenstands gerade kein Wider­ rufsrecht bei Fernabsatzverträgen zusteht.257 Des Weiteren ist eine praktische Relevanz wohl nur in den Fällen denkbar, in denen zunächst ein Widerrufsrecht bestand, dieses aber nach Ablauf der Widerrufsfrist nicht mehr ausgeübt werden kann und der Verbraucher sich somit nicht mehr von dem (ungünstigen) Vertrag lösen kann.258 Für den Nachweis des konkreten Schadens wird es daher stets auf allgemeinen Schuldrechts nur eine untergeordnete Bedeutung spielen; siehe zu den unter­ schiedlichen Zielrichtungen von Widerruf und Schdensersatzanspruch aus c. i. c. auch BGH, Urteil vom 28.06.2017 – IV ZR 440/14, NJW 2017, 3387 ff. 252  Siehe dazu bereits oben, S. 147 ff. 253 So auch MüKo BGB/Ernst, § 280, Rn. 93, der eine Übertragbarkeit der Entschei­ dung des Widerrufsrechts bei Darlehensverträgen auch auf andere Widerrufsrechte annimmt; in diesem Sinne auch die Entscheidung des BGH zum Abschluss eines Darlehensvertrags in einer Haustürsituation und schuldhaft unterlassenen Widerrufsbelehrung BGH, Urteil vom 19.09.2006 – XI ZR 204/04, nachdem für die Verletzung der unterlassenen Widerrufsbeleh­ rung als echte Rechtspflicht auch ein Schadensersatzanspruch aus c. i. c. in Betracht kommen kann; siehe auch BGH, Urteil vom 28.06.2017 – IV ZR 440/14 zum Abschluss eines Renten­ versicherungsvertrages. 254  Siehe dazu bereits oben, S. 139; Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 8. 255  Vgl. dazu auch Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie § 5, S. 104; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 46. 256  Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 46; Gießelmann, S. 323. 257  MüKo BGB/Wendehorst, § 312d, Rn. 19. 258 PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 57.



D.  Anspruch auf Schadensersatz187

die Bedeutung der verletzten vorvertraglichen Informa­tions­pflicht für den Ver­ tragssschluss und die sonstigen Umstände des Einzelfalles ankommen.

dd) Kausalität Wie bereits zuvor unter (cc) dargelegt ist für einen möglichen Schadensersatz­ anspruch aus c. i. c. die Bedeutung der falschen oder unrichtigen Information für den Vertragsschluss und den daraus resultierenden Schaden entscheidend. Da der Schaden regelmäßig in dem Vertragsschluss selbst oder dem ungünstigen Inhalt des Vertrages liegt,259 muss der Vertragsschluss auf der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung beruhen.260 Erforderlich ist folglich ein Kausal­ zusammenhang zwischen der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung und dem hierdurch entstandenen Schaden.261 Die Pflichtverletzung muss ur­ sächlich für den Vertragsschluss geworden sein,262 d. h. die vorvertragliche Pflichtverletzung in Form der Falsch- oder Nichtinformation war kausal für die Vertragsschlussentscheidung der informationsberechtigten Partei, indem die ra­ tionale informierte Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt und damit die getroffe­ ne Entscheidung beeinflusst wurde. Eine solche kausale Beeinträchtigung der Entscheidung aufgrund einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung kommt aber regelmäßig nur dann in Betracht, wenn es sich um eine für den Ver­ tragsschluss wesentliche und gerade entscheidend wichtige Information han­ delt.263 Im Hinblick auf die zuvor dargestellten Informationskategorien kommt bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatz­ verträgen nicht allen vorvertraglich zu erteilenden Informationen gleicherma­ ßen Bedeutung für die Entscheidungsfindung des Verbrauchers zu. Als regel­ mäßig wesentliche Informationen für die Entscheidung sind die Informationen über die Identität des Unternehmers als Vertragspartner und Informationen über wesentliche Eigenschaften der Ware zu nennen.264 Wird der Verbraucher bei­ spielsweise über eine bestimmte wesentliche Eigenschaft der Ware falsch in­ formiert und entscheidet er sich aufgrund der Falschinformation für den Ver­ tragsschluss, kann dies für den Verbraucher einen Vertrag mit ungünstigem, so nicht gewollten Inhalt darstellen, den er bei ordnungsgemäßer Informati­ 259 

Vgl. zuvor unter cc). Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 51; Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 10. 261  Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 51; eingehend dazu Pa­ landt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 38 ff.; Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 10. 262  BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303; eingehend zum Kau­ salitätsbeweis bei § 123 BGB Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 163 ff. 263  In diesem Sinne und im Hinblick auf die Rechtsfolge des § 280 BGB zwischen den einzelnen Informa­tions­pflichten differenzierend Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 47 ff.; ähnlich auch Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1156. 264  Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 49, spricht insofern von „schwerwiegenden Verstößen“. 260 

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Vierter Teil: Sanktionen

on über die wesentlichen Eigenschaften des Vertragsgegenstandes nicht abge­ schlossen hätte. Denkbar ist aber auch, dass der Verbraucher z. B. über die Iden­ tität des Vertragspartners insofern getäuscht wird, als die Ware unter falschem Namen einer renommierten Firma angeboten wird. Ist die irrtümlich angenom­ mene Identität für ihn ein maßgeblicher Grund für den Vertragsschluss, so wirkt sich die Informa­tions­pflichtverletzung maßgeblich auf den Vertragsschluss aus. Dieser kann für den Verbaucher nachteilig sein, wenn er mit der fälschlich an­ gegebenen Firma und dem Unternehmen gerade besondere Vorteile wie z. B. einen besonderen Lieferservice, kostengünstige Zusatzleistungen zum Produkt oder eine Preisgarantie verbindet. Hingegen wird die unzureichende Informati­ on über die Anschrift des Vertragspartners bei sonst zutreffenden Angaben re­ gelmäßig nicht allein maßgeblich und ursächlich sein für die Entscheidung über die Eingehung des Vertrages. Des Weiteren wird es bei anderen Informationen wie z. B. solchen über die reine Existenz von Kundendiensten oder Informatio­ nen über sonstige Vertragsdetails an der erforderlichen Kausalität in den meis­ ten Fällen fehlen. Allerdings sind auch hierbei stets die besonderen Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.265 In Bezug auf die Informa­tions­pflichtverletzung des schuldhaften Unterlas­ sens der Widerrufsbelehrung, allerdings bei Abschluss eines Darlehensvertra­ ges in einer Haustürsituation, hat die Rechtsprechung für die Annahme der Ur­ sächlichkeit des Pflichtenverstoßes nicht gänzlich nachvollziehbar sogar den Nachweis des Klägers gefordert, dass er bei erfolgter Widerrufsbelehrung das Widerrufsrecht tatsächlich ausgeübt und die betreffende Anlage nicht ge­ tätigt hätte.266 Dieser Kausalitätsnachweis vermag so nicht zu überzeugen, da insofern der mit dem in diesem Fall betroffenen Widerrufsrecht beabsichtigte Schutz der rechtsgeschäftlichen Entscheidungsfreiheit unterlaufen wird.267 Die vorvertraglichen Informa­tions­pflichten sollen nach ihrem Sinn und Zweck eine fundierte Entscheidung des Verbrauchers über das Ob und das Wie des Ver­ tragsschlusses bieten und somit gerade die Grundlage für die Entscheidung des Verbrauchers über den Vertragsschluss sichern und gewährleisten.268 Verletzt der Unternehmer vorvertragliche Informa­tions­pflichten, so besteht nach der 265  266 

Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 48 f. BGH, Urteil vom 19.09.2006 – XI ZR 204/04, NJW 2007, 357, 360, mit kritischen An­ merkungen von Ulrich Kulke. 267  Vgl. die geäußerten Bedenken von Kulke zu BGH, Urteil vom 19.09.2006 – XI ZR 204/04, NJW 2007, 357, 360 f.; in einer weiteren Entscheidung des BGH zur ordnungsgemä­ ßen Widerrufsbelehrung im Versicherungsrecht hebt dieser ausdrücklich die unterschiedliche Zielrichtung von Widerrufsrecht und Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzung hervor: Während das Widerrufsrecht dem Verbraucher eine Bedenkzeit ermöglichen und er sich in dem Zeitraum der laufenden Widerrufsfrist ohne Begründung vom Vertrag lösen können soll, zielt der Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Pflichtver­ letzung als zusätzliche Sanktion auf die schuldhafte Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten ab, vgl. BGH, Urteil vom 28.06.2017 – IV ZR 440/14, NJW 2017, 3387 ff. 268 Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 2, 10.



D.  Anspruch auf Schadensersatz189

Rechtsprechung im Hinblick auf den Kausalzusammenhang zwischen Pflicht­ verletzung und Schaden grundsätzlich die Vermutung, dass sich der geschädig­ te Kunde „aufklärungsrichtig“ verhalten hätte (Vermutung aufklärungsrichti­ gen Verhaltens).269 Die Beweislastumkehr greift zugunsten des Geschädigten bei Feststehen der Aufklärungspflichtverletzung ein, ohne dass es auf das nach früherer Rechtsprechung geforderte Fehlen eines Entscheidungskonfliktes an­ kommen soll.270 Demnach ist der vorvertragliche Aufklärungspflichten verlet­ zende Unternehmer nach ständiger Rechtsprechung beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch bei pflichtgemäßen Verhalten und somit bei ordnungsgemä­ ßer Erfüllung der vorvertraglichen Aufklärungspflichten entstanden wäre.271 Etwaige Unklarheiten über die erfolgte Aufklärung dem Aufklärungspflichti­ gen aufzuerlegen ist nur folgerichtig, da ansonsten eine Inanspruchnahme des Pflichtverletzenden wegen schuldhafter Pflichtverletzung kaum möglich wäre und regelmäßig daran scheitern würde, dass der Geschädigte den Beweis nicht erbringen kann, wie er auf den erfolgten Hinweis oder die Aufklärung reagiert hätte.272 Diese Beweislastumkehr ist folglich durch den besonderen Schutz der Aufklärungspflicht gerechtfertigt.273 Dies muss ebenso im Hinblick auf die Ver­ letzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im E‑Commerce und bei sons­ tigen Fernabsatzverträgen als gesetzlich konkretisierte Schutzpflichten gelten, um dem Geschädigten den Nachweis des Kausalzusammenhangs zu ermögli­ chen.

ee) Vertretenmüssen Schließlich unterliegt der Schadensersatzanspruch nach deutschem Recht dem Verschuldensprinzip, wonach die sich pflichtwidrig verhaltende Partei die Pflichtverletzung gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB auch zu vertreten haben muss. Als Haftungsmaßstab gilt § 276 BGB, wonach der Schuldner Vorsatz und Fahr­ lässigkeit zu vertreten hat.274 Eine Zurechnung des Verschuldens von Erfül­ 269 

Vgl. in dieser Sache BGH, Urteil vom 08.05.2012 − XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427 ff., insofern Bestätigung der Rechtsprechung des BGH, Urteil vom 16.11.1993 – XI ZR 214/92; Palandt/Grüneberg, § 280 BGB, RN. 39 m. w. N.; eingehend zur Beweislast zugleich unter ff ). 270  BGH, Urteil vom 08.05.2012 − XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427, 2429 f., insofern Auf­ gabe der früheren Rechtsprechung des Senates, der die Beweislastumkehr davon abhängig ge­ macht hat, dass es für den Vertragspartner nicht mehrere, sondern vernünftigerweise nur eine Möglichkeit aufklärungsrichtigen Verhaltens gab, die gehörige Aufklärung beim Vertragspart­ ner also keinen Entscheidungskonflikt ausgelöst hätte, ebd. m. w. N. 271  BGH, Urteil vom 08.05.2012 − XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427 ff.; dazu auch Palandt/ Grüneberg, § 280 BGB, Rn. 39. 272  BGH, Urteil vom 08.05.2012 − XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427, 2430. 273  BGH, Urteil vom 08.05.2012 − XI ZR 262/10, NJW 2012, 2427, 2430. 274 Vgl. Palandt/Grüneberg, §  311 BGB, Rn. 28; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 144; BeckOK BGB/Sutschet, § 311 BGB, Rn. 76; MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 77; Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 51; Staudinger/Feldmann/Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 154; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 7 f., 152.

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Vierter Teil: Sanktionen

lungsgehilfen erfolgt nach § 278 BGB. Ein Informa­tions­pflichtiger muss daher grundsätzlich neben eigenem auch für das Verschulden der Personen einstehen, derer er sich bei der Vertragsanbahnung bedient.275 Bei Schutzpflichtverletzungen im Sinne des § 241 Abs. 2 BGB fallen objek­ tive Pflichtverletzung nach § 280 Abs. 1 S. 1 BGB und Vertretenmüssen gem. § 280 Abs. 2 S. 1 BGB praktisch zusammen.276 Das Vertretenmüssen wird daher im Vergleich zur Ermittlung des Schadens oder der Kausalität weniger proble­ matisch sein. Nach dem Haftungsmaßstab des § 276 BGB können vorsätzlich und fahrläs­ sig begangene Verstöße gegen vorvertragliche Informa­tions­pflichten eine Haf­ tung aus c. i. c. begründen. Macht der Verkäufer beispielsweise über wesentli­ che Eigenschaften der Ware falsche Angaben „ins Blaue hinein“, so liegt nach zutreffender Auffassung der ständigen Rechtsprechung des BGH nicht ledig­ lich Fahrlässigkeit, sondern vielmehr bedingter Vorsatz vor, da er gerade mit der Möglichkeit der Unrichtigkeit rechnet.277 Eine fahrlässige Informa­tions­ pflichtverletzung kann beispielsweise in einer versehentlich unvollständigen und damit nicht ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung gesehen werden. Un­ abhängig von § 123 BGB soll in diesen Fällen auch dem lediglich fahrlässig Ge­ täuschten ein Anspruch aus c. i. c. zustehen.278 Da der Schadensersatzanspruch aus c. i. c. keinen wirksamen Vertrag voraussetzt, kann dieser generell neben § 123 BGB oder selbst nach ausgeübter Anfechtung noch geltend gemacht wer­ den,279 sofern ein ersatzfähiger Schaden besteht. Dies wird jedoch wie zuvor unter cc) dargelegt regelmäßig eine Schwierigkeit darstellen.

ff) Beweislast Wie bereits zuvor unter dd) aufgezeigt, kann im Hinblick auf den Kausalzusam­ menhang die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens greifen. Generell obliegt dem Verletzenden einer vertraglichen oder vorvertragli­ chen Aufklärungspflicht nach ständiger Rechtsprechung die Darlegungs- und 275  Vgl. BGH, Urteil vom 26.04.1991 – V ZR 165/89, NJW 1991, 2556, 2558 m. w. N.; ebenso BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302 m. w. N.; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 28 m. w. N.; Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 50; siehe auch Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 8, 152. 276  Siehe Jauernig/Stadler, § 280 BGB, Rn. 20 m. w. N. 277  BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 m. w. N.; ebenso BGH, Urteil vom 19.12.1980 – V ZR 185/79, NJW 1981, 864, 865 m. w. N.; u. U. kann die Zusicherung ins Blaue hinein sogar sittenwidrig sein, vgl. BGH, Urteil vom 24.09.1991 – VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282, 3283; siehe auch BeckOK BGB/Förster, § 826 BGB, Rn. 28 m. w. N.; Hk-BGB/Staudinger A., § 826 BGB, Rn. 9. 278 Vgl. Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 13 und 40; MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB Rn. 77. 279  So eine jüngere Entscheidung des OLG München, Endurteil vom 14.11.2012 – 20 U 2673/08, NJW 2013, 946 ff. m. w. N. und Verweis auf BGH, Urteil vom 18.09.2001 – X ZR 107/00, NJW 2002, 308, 309.



D.  Anspruch auf Schadensersatz191

Beweislast dafür, dass auch bei ordnungsgemäßen Angaben und somit pflicht­ gemäßem Verhalten der Vertrag ebenso geschlossen worden wäre, d. h. ein Schaden ebenfalls eingetreten wäre.280 Nach ebenfalls ständiger Rechtspre­ chung trägt jedoch grundsätzlich der Gläubiger und damit der Geschädigte die Beweislast für die Verletzung der Aufklärungs- oder Informa­tions­pflicht.281 Zu­ gunsten des Geschädigten gilt allerdings hinsichtlich des Vertretenmüssens die Beweislastumkehr des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB.282 Demzufolge müsste der Infor­ mationsberechtigte bei Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs bewei­ sen, dass der Unternehmer beispielsweise die Erfüllung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten unterlassen hat.283 Für die Erfüllung der besonderen vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen ist allerdings die spezielle Beweislastrege­ lung des § 312k Abs. 2 BGB zu berücksichtigen.284 Diese in Umsetzung des Art. 6 Abs. 9 VerbrRRL statuierte Beweislastregelung soll für Schadensersatz­ ansprüche wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung Anwendung finden, gilt allerdings nur für B2C‑Verträge.285 Demnach trägt abweichend von der allgemeinen Regel zugunsten des Verbrauchers der Unternehmer auch in­ sofern die Beweislast für die Erfüllung der in Untertitel 2 (§§ 312–312k BGB) normierten Informa­tions­pflichten.

b) Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen bestimmen sich grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln für Schadensersatzansprüche, §§ 249 ff. BGB.286 Demnach ist der Geschädigte so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten des Vertragspartners ste­ hen würde, sodass Schadensersatz grundsätzlich im Wege der Naturalrestituti­ on zu leisten ist.287 Auch wenn die Herstellung des zuvor bestehenden Zustands 280  Zur ständigen Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 m. w. N.; BGH, Urteil vom 18.06.1996 – VI ZR 121/95, NJW 1996, 2503 m. w. N.; BGH, Urteil vom 28.11.1983 – II ZR 72/83, NJW 1984, 1688, 1689; BGH, Urteil vom 30.10.1987 – V ZR 144/86, NJW‑RR 1988, 348, 350. 281  Vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1987 – IX ZR 65/86, NJW 1987, 1322, 1323, insbesonde­ re eingehend zu den Schwierigkeiten des Negativbeweises der Beweislast bei Unterlassen der Pflichterfüllung; auch BeckOK BGB/Lorenz, § 280 BGB, Rn. 84; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 59 mit Verweis auf § 280 BGB, Rn. 34. 282 Palandt/Grüneberg, § 280 BGB, Rn. 34; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 144. 283  Vgl. BGH, Urteil vom 05.02.1987 – IX ZR 65/86, NJW 1987, 1322, 1323, insbeson­ dere eingehend auf die Schwierigkeiten des Negativbeweises der Beweislast bei Unterlassen der Pflichterfüllung. 284  Dazu bereits oben, S. 64 f. 285  Vgl. PWW/Stürner, § 312k BGB, Rn. 7; Palandt/Grüneberg, § 312k BGB, Rn. 4. 286 Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 54; dazu auch Kersting, JZ 2008, 714, 715; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 144, 513 ff. 287  Siehe hierzu nur BGH, Urteil vom 28.10.2014 – VI ZR 15/14, NJW‑RR 2015, 275, 277; ferner Palandt/Grüneberg, § 249 BGB, Rn. 2, § 311 BGB, Rn. 54; MüKo BGB/Oetker,

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Vierter Teil: Sanktionen

nicht immer möglich sein wird, kommt es nach der Rechtsprechung darauf an, den Geschädigten wirtschaftlich so zu stellen, wie er ohne das schädigende Er­ eignis stehen würde.288 Umfang und Rechtsfolgen der Haftung aus c. i.c sind jedoch mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen in einigen wesentlichen Punkten nicht unumstritten und bedürfen daher näherer Betrachtung. Bedeu­ tende Schwierigkeiten bereitet insbesondere die nicht abschließende Kodifika­ tion der Haftung aus c. i. c. So wird zum Teil bemängelt, dass die §§ 311, 241 Abs. 2 BGB selbst keine Regelung über die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Pflichtverletzung vorsehen.289 Höchst umstritten ist daher, ob im Wege der Haf­ tung aus c. i. c. generell nur der Vertrauensschaden oder darüber hinaus das Er­ füllungsinteresse als monetäre Kompensation ersatzfähig sind, oder ob gar eine Anpassung oder Aufhebung des (ungünstigen) Vertrags290 über § 249 BGB als weitreichende Sanktion bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung er­ reicht werden kann.

aa)  Ersatz des Vertrauensschadens bzw. des negativen Interesses Liegen die Voraussetzungen des Anspruchs aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB vor, so ist der Geschädigte nach ständiger Rechtsprechung und h. M. so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis gestanden hätte.291 Im Falle von Informations- oder Aufklärungspflichtverletzungen ist mit der Recht­ sprechung konkret danach zu fragen, wie der Geschädigte bei Offenlegung der für seinen Vertragsschluss maßgeblichen Umstände stünde.292 Zur Begründung wird allgemein vertreten, dass durch die Nicht- oder Falschinformation, die eine vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung darstellt, ein Vertrauenstat­ bestand geschaffen wurde und der Schaden sich daher regelmäßig auf das Ver­ trauensinteresse bezieht.293 Demzufolge wird der Vertrauensschaden (sog. ne­ gatives Interesse) im Wege der c. i. c. nach h. M. als grundsätzlich ersatzfähig angesehen.294 § 249 BGB, Rn. 320; BeckOK BGB/Schubert, § 249 BGB, Rn. 180; Brox/Walker, Allgemei­ nes Schuldrecht, § 31, Rn. 2; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 152; dazu auch Kersting, JZ 2008, 714, 715 f. 288  So BGH, Urteil vom 28.10.2014 – VI ZR 15/14, NJW‑RR 2015, 275, 277, m. w. N.; BGH, Urteil vom 21.12.2004 – VI ZR 306/03, NJW‑RR 2005, 611, 613. 289  Von einer „Teilregelung“ sprechend bspw. PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 33; Brox/ Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 5, Rn. 1. 290  Siehe zum möglichen Schaden zuvor unter a) cc). 291  BGH, Urteil vom 26.03.1981 – VII ZR 185/80, NJW 1981, 1673; BGH, Urteil vom 08.02.1996 – IX ZR 215/96, NJW‑RR 1996, 826, 828 m. w. N.; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 54; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 152; Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 26. 292  Vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141. 293  Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 152. 294  So bereits die Rspr. des Reichsgerichts, welche vom BGH fortgeführt wurde, vgl. die Entscheidung des BGH zur Frage des Ersatzes des Erfüllungsinteresses bei nicht zustande ge­ kommenem Vertrag, Urteil vom 24.06.1998 – XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901; ferner



D.  Anspruch auf Schadensersatz193

bb)  Ausnahmsweise Ersatz des Erfüllungsinteresses Ausnahmsweise kann bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen je­ doch auch der Ersatz des positiven Interesses, des sog. Erfüllungsinteresses, in Betracht kommen, wenn im Einzelfall feststeht, dass bei pflichtgemäßem Ver­ halten der Geschädigte einen günstigeren Vertrag als den eingegangenen ge­ schlossen hätte.295 Nach der Rechtsprechung ist dies einerseits unproblematisch der Fall für mögliche günstigere Verträge mit Dritten, andererseits müsse dies ebenso für Verträge mit demselben Vertragspartner gelten, welcher die pflicht­ widrige Handlung begangen hat.296 Die Darlegungs- und Beweislast für den Abschluss eines besseren Vertrags trifft in diesem Fall dann den Geschädig­ ten.297

cc)  (Keine) Anpassung des Vertrages Ein Anspruch auf Vertragsanpassung wurde nach früherer Auffassung von Tei­ len der Literatur bejaht, sofern die Schutzpflichtverletzung zum Abschluss eines ungünstigen Vertrags geführt hat, der Geschädigte aber dennoch an diesem festhalten möchte.298 Nach ständiger Rechtsprechung kann eine Aufklärungs­ pflichtverletzung bei Vertragsschluss jedoch keinen Anspruch auf Anpassung des Vertrags begründen.299 Der Geschädigte kann allenfalls den Vertrauens­ BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 55 m. w. N.; Staudinger/Feldmann/Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 160; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 152; Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 26; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 15. 295  Vgl. wiederum die Entscheidung des BGH vom 24.06.1998 – XII ZR 126 – 96, NJW 1998, 2900; ferner z. B. die Entscheidung des BGH zu Folgen von Aufklärungspflichtverlet­ zungen bei Vertragsschluss, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141 m. w. N.; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 91; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 56; Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 26; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 152; Brox/­Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 16. 296  So die Ausführungen des BGH, Urteil vom 24.06.1998 – XII ZR 126/96, NJW 1998, 2900, 2901. 297  Vgl. BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3141. 298  So z. B. Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 17; näher dazu auch MüKo BGB/Emmerich, § 311, Rn. 198 m. w. N., nachdem die frühere Rechtsprechung dem Geschä­ digten ein Wahlrecht zwischen Aufhebung und Anpassung des Vertrages, jedoch nur auf Sen­ kung des Preises zugebilligt habe; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 315 ff.; dazu auch Theissen, NJW 2006, 3102. 299  BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139, 3241; ebenso Palandt/ Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 57; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 17; T ­ heissen, NJW 2006, 3102, 3103; i. E. übereinstimmend MüKo BGB/Emmerich, § 311, Rn. 198, zuvor jedoch anders und noch von einem Wahlrecht zwischen Vertragsaufhebung und Vertragsanpas­ sung ausgehend ders., 4. Aufl. 2003, § 311 BGB, Rn. 242; wohl kritisch, dies aber zumin­ dest als streitig bezeichnend Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 26; anders wohl Grigoleit, in: ­Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucheracquis, S. 223, 256; a. A. und von einem Wahlrecht zwischen Vertragsanpassung und Vertrags­ aufhebung ausgehend Kersting, JZ 2008, 714, 716.

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Vierter Teil: Sanktionen

schaden geltend machen und darüber hinaus, an dem für ihn ungünstigeren Ver­ trag festhalten.300 Ein auf Vertragsanpassung gerichteter Anspruch aus c. i. c. ist in Einklang mit der Rechtsprechung und heute h. M. zu verneinen.

dd)  Aufhebung des Vertrages Mangels eindeutiger Regelung der Rechtsfolgen besteht zwischen Rechtspre­ chung und Wissenschaft seit jeher ein Diskurs darüber, ob über den Anspruch aus c. i. c. die Aufhebung oder Rückgängigmachung des für den Geschädig­ ten ungünstigen Vertrags als mögliche Rechtsfolge in Betracht kommen soll.301 Im Rahmen des Haftungsanspruchs wegen vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichtverletzung aus c. i. c. ist im Verhältnis zur Wirkung der Anfechtung pro­ blematisch, ob dieser Schadensersatzanspruch auch die Rechtsfolge der Auf­ hebung des Vertrags nach dem Grundsatz der Naturalrestitution ermöglicht.302 Der Geschädigte kann nach § 249 Abs. 1 BGB grundsätzlich verlangen, so ge­ stellt zu werden, wie er ohne das schädigende Verhalten des Anderen gestan­ den hätte.303 Die dogmatisch stringente Anwendung dieses schadensrechtlichen Grundsatzes könnte daher für eine Möglichkeit der Aufhebung des Vertrags in Fällen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung sprechen.304 Die Frage der schadensrechtlichen Vertragsaufhebung für vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzungen steht daher in direktem Spannungsverhältnis zur Anfech­ tung,305 welche als Gestaltungsrecht ebenfalls die Aufhebung des Vertrags 300 Explizit BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139; PWW/­ Stürner, § 311 BGB, Rn. 66; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 57. 301  Eingehend zu dieser Problematik die Entscheidung des BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f.; ebenfalls eingehend Grigoleit, NJW 1999, 900 ff.; ders., in: Vorvertragliche Informationshaftung, S. 152 ff.; PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 66; ­Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 153 ff.; Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wand­ lungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 104; Canaris, AcP 200 (2000), 273, 305 ff; Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 26. 302  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 12 ff.; ders., NJW 1999, 900 ff.; ein­ gehend Canaris, AcP 200 (2000), 273, 304 ff.; dies diskutierend auch Calliess, in: Riesen­ huber, (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie?, § 5, S. 104; MüKo BGB/­ Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 90 f.; PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 56 ff.; Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 26; ferner Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 154; sowie bereits Gottwald, JuS 1982, 877, 881. 303  So die ständige Rspr., vgl. nur BGH, Urteil vom 05.06.2012 – XI ZR 175/11, BKR 2012, 505, 506 m. w. N.; BGH, Urteil vom 29.06.2010 – XI ZR 104/08, NJW‑RR 2011, 270, 275; BGH, Urteil vom 21.05.2006 – XI ZR 6/04, NJW 2006, 2099, 2105; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 54; ders. zum Grundsatz der Naturalrestitution, § 249 BGB Rn. 2 ff.; Stoll, in: FS Caemmerer, S. 435, 466 ff.; dazu auch BeckOK BGB/J. W. Flume, § 249 BGB, Rn.  58; ­MüKoBGB/Oetker, § 249 BGB, Rn. 323; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaf­ tung, S. 153; Kersting, JZ 2008, 714, 715 f. 304 Ebenso Theisen, NJW 2006, 3102, 3104, der zu Recht bemängelt, dass sich der BGH in seiner Entscheidung vom 21.05.2006 – XI ZR 6/04, NJW 2006, 2099 ff., nicht mit der Frage der Vertragsaufhebung beschäftigt hat. 305  Zur Anfechtung sogleich in diesem vierten Teil unter E.; Grigoleit, NJW 1999, 900; ein­



D.  Anspruch auf Schadensersatz195

ermöglicht. Generell kann eine durch (arglistige) Täuschung begangene vorver­ tragliche Informa­tions­pflichtverletzung zugleich einen Anspruch auf Schadens­ ersatz aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB begründen.306 Im Verhält­ nis zu § 123 BGB ist ein Anspruch auf Schadensersatz aus c. i. c. insbesondere für Fälle fahrlässiger vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen rele­ vant, wenn es an der Voraussetzung der vorsätzlichen und arglistigen Täuschung fehlt.307 Ebendiese Frage, ob eine Befreiung von der Vertragspflicht auch in Fäl­ len fahrlässiger Täuschung im Wege der c. i. c. möglich sein soll, oder mit an­ deren Worten, ob der auf Vertragsaufhebung gerichtete Anspruch aus c. i. c. in diesem Fall auch neben § 123 BGB geltend gemacht werden kann, ist jedoch in Rechtsprechung und Literatur schon lange umstritten.308 Die Vertragsaufhebung als Folge einer Informa­tions­pflichtverletzung wurde von der Rechtsprechung in der sog. Kreissäge-Entscheidung erstmals anerkannt und auch für fahrlässig begangene Verstöße bejaht.309 Nach ständiger Recht­ sprechung und herrschender Lehre kann ein auf Vertragsaufhebung gerichteter Anspruch aus c. i. c. daher unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht kommen.310 Der Anspruch gehend ders., Vorvertragliche Informationshaftung, S. 152 ff.; BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR29/96, NJW 1998, 302, 303 f. 306  Vgl. Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 27; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 44. 307  Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 97, 103. 308  Siehe zu dem Meinungsstreit nur PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 44 m. w. N.; zum Mei­ nungsstand auch MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 91; grundsätzlich von einem gleich­ wertigen Nebeneinander beider Behelfe ausgehend die ständige Rspr., z. B. BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/69, NJW 1998, 302, 303 f. m. w. N.; BGH, Urteil vom 03.02.1998 – X ZR 18/96, NJW‑RR 1998, 904, 906 m. w. N.; für eine Aufhebung über c. i. c. auch Staudinger/ Feldmann/Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 160 m. w. N.; ebenso eine Anspruchskonkurrenz bejahend Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 27; für eine Rückgängigmachung und den Er­ satz des Vertrauensschadens auch Stoll, in: FS Caemmerer, S. 435, 466 ff.; wohl auch Palandt/ Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 13; die Aufhebung wohl nur kraft Ausschluss durch speziellere Vorschriften wie dem Widerrufsrecht ablehnend, ders. ebd., Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 11; kritisch etwa MüKo BGB/Kramer, 5. Aufl. 2006, § 123 BGB, Rn. 35 m. w. N.; bereits grund­ legend und kritisch zu dieser Problematik Medicus, Jus 1965, 209, 211 ff.; ferner Kersting, JZ 2008, 714 ff.; eingehend auch Grigoleit, NJW 1999, 900 ff., der überzeugend von einem Vorrang des Anfechtungsrechts ausgeht. 309  Vgl. BGH, Urteil vom 31.01.1962 – VIII ZR 120/60, NJW 1962, 1196 ff., diese Leit­ entscheidung ist zwar nicht konkret auf die c. i. c. bezogen, wird aber von Rspr. und Schrifttum jeweils in diesem Kontext zitiert.; siehe z. B. den Verweis in BGH, Urteil vom 28.02.1968 – VIII ZR 210/65, NJW 1968, 986, 987; vgl. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 12. 310  BGH, Urteil vom 28.02.1968 – VIII ZR 210/65, NJW 1968, 986, 987 m. w. N.; in der Entscheidung des BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f., re­ kurriert dieser ausdrücklich auf die ständige Rspr. in Fortsetzung der Rspr. des RG; aktueller auch BGH, Urteil vom 07.02.2013 – IX ZR 138/11, NJW 2013, 1591; Staudinger/Feldmann/ Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 161 ff.; Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 27; ebenfalls für eine Vertragsaufhebung, aber einschränkend unter Berücksichtigung der Anfechtungsfristen MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 91; die Absenkung der Haftungsschwelle nach der

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Vierter Teil: Sanktionen

wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen wird nach ständiger Rechtspre­ chung demnach nicht durch § 123 BGB verdrängt und ein Vorrang des Anfech­ tungsrechts somit verneint.311 Schließt der Vertragspartner einen Vertrag und wurde hierzu durch Irreführung oder fehlende Aufklärung bestimmt, so soll er selbst dann nach dem Anspruch aus c. i. c. zur Rückgängigmachung berechtigt sein, wenn die Anfechtungsfrist nach § 124 BGB bereits verstrichen ist.312 So­ fern man dies bejahen möchte, könnten beide Rechtsinstitute die Beseitigung des Vertrags bewirken und es stellt sich die Frage eines möglichen Nebeneinan­ ders der Sanktionen für vorvertragliche Informationsverstöße.313 Als jeher problematisch erachtet werden jedoch die unterschiedlichen Vo­ raussetzungen der verschiedenen Anspruchsgrundlagen. Im Hinblick auf die Vertragsaufhebung wird von Vertretern der Gegenauffassung daher insbesonde­ re kritisiert, dass für den schadensrechtlichen Anspruch aus c. i. c. gerade kein Vorsatz erforderlich ist, sondern vielmehr bereits fahrlässiges Verhalten für die Haftung ausreichen kann.314 Zudem gilt für einen Anspruch aus c. i. c. die re­ gelmäßige Verjährungsfrist gem. §§ 195, 199 BGB, für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung hingegen die spezielle und kürzere Verjährungsfrist von einem Jahr gem. § 124 BGB.315 Hierin wird zu Recht ein Spannungsverhält­ nis316 respektive ein ungewollter Wertungswiderspruch gesehen.317 Darüber hi­ naus wird argumentiert, § 123 BGB bezwecke nicht wie die c. i. c. den Schutz des Vermögens, sondern schütze die Entscheidungs- und Entschließungsfrei­ heit.318 Andererseits unterfällt die durch vorvertragliche Informa­tions­pflichten Rspr. des BGH noch als zulässige Rechtsfortbildung bewertend, allerdings mit der Einschrän­ kung, dass die vorvertraglichen Informationsverstöße dieselben inhaltlichen Anforderungen wie Beschaffenheitsvereinbarungen erfüllen, Canaris, AcP 200 (2000), 273, 304 ff. 308 f.; grundlegend und kritisch zu dieser Problematik Medicus, Jus 1965, 209, 211 ff., eine solche Vertragsaufhebung aber grds. ablehnend; ebenfalls a. A. Honsell, in: FS Medicus, S. 181 ff. m. w. N.; dazu auch Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 13 m. w. N., S. 152 ff. 311  BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f. m. w. N.; BGH, Ur­ teil vom 28.02.1968 – VIII ZR 210/65, NJW 1968, 986, 987 m. w. N. 312  BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 303 f. m. w. N.; siehe auch Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 27, nach dessen Auffassung der Anspruch aus c. i. c. durch den Fristablauf des § 124 Abs. 1 BGB nicht berührt wird. 313  Vgl. dazu Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 12 ff.; Erman/Koch, Band I, zu § 485 BGB, Rn. 10, der auf die Frage der Vorzugswürdigkeit dieses Rechtsbehelfs im Hin­ blick auf die Rückwirkungsfiktion der Anfechtung hinweist. 314  Medicus, Jus 1965, 209, 211 ff.; Grigoleit, NJW 1999, 900, 903; Honsell, in: FS ­Medicus, S. 181 ff.; vgl. auch Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 104. 315  Grigoleit, NJW 1999, 900, 903; ders., Vorvertragliche Informationshaftung, S. 152 ff.; Medicus, JuS 1965, 208, 211 ff.; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 91. 316  Siehe nur Grigoleit, NJW 1999, 900, 903; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 91. 317  So wohl auch Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Pri­ vatautonomie, § 5, S. 104 f. 318  Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 454; Leipold, BGB I, § 19, Rn. 1; dazu auch Kredig, JZ 2008, 714, 718.



D.  Anspruch auf Schadensersatz197

zu gewährleistende Entscheidungsfreiheit gerade auch den geschützten Inte­ ressen der c. i. c., was wiederum für die Annahme einer Anspruchskonkurrenz sprechen würde.319 Auch die Rechtsprechung erkennt diese Abgrenzungsproblematik und nimmt insofern eine Differenzierung nach dem Schutzzweck der Norm vor.320 Dem­ nach schütze die Anfechtung die freie Selbstbestimmung bei Rechtsgeschäf­ ten gegen unerlaubte Mittel der Willensbeeinflussung unabhängig vom Eintritt eines Schadens.321 Die Vertragsaufhebung im Wege der c. i. c.‑Haftung setze tatbestandlich aber gerade den Eintritt eines Schadens voraus.322 Aus diesen Gründen fordert die Rechtsprechung für die Aufhebung des Vertrages in Fäl­ len der vorvertraglichen schuldhaften Sorgfaltspflichtverletzungen das Beste­ hen eines Vermögensschadens, der nach der Differenzhypothese zu bestimmen ist.323 Besteht der Schaden in einem für den Geschädigten nachteiligen Ver­ trag, so soll der Geschädigte nach der bisherigen Rechtsprechung den Vertrag aufheben können.324 Eine vermittelnde Literaturauffassung fordert hingegen die Vertragsauf­ hebung in den Fällen der fahrlässigen Täuschung nur in den Grenzen des § 121 BGB zuzulassen; bei Fällen arglistiger Täuschung wird die analoge Anwen­ dung der Jahresfrist des § 124 BGB als sachgerecht erachtet.325 Vertreter der Gegenauffassung plädieren jedoch für einen Vorrang der Anfechtungsregeln insofern, als dass die §§ 123 ff. BGB eine schadensrechtliche Aufhebung über 319 So Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 154 f.; die Willensbildung explizit als un­ mittelbares Schutzgut gegenüber dem Vermögen als nur mittelbares Schutzgut qualifizierend Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 68. 320  Eingehend BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/69, NJW 1998, 302, 303 f. 321  Siehe BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/69, NJW 1998, 302, 304; ebenso BGH, Urteil vom 11.05.1979 – V ZR 75/78, NJW 1979, 1983, 1984. 322  BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304. 323  BGH, Urteil vom 26.09.1997 – V ZR 29/96, NJW 1998, 302, 304 m. w. N.; siehe hierzu auch Kredig, JZ 2008, 714, 718; grundsätzlich für die Voraussetzung des Vermögensschadens wohl auch Jauernig/Stadler, § 311 BGB, Rn. 55; das Kriterium des Vermögensschadens als nicht einleuchtend bewertend Staudinger/Feldmann/Löwisch, 2012, § 311 BGB, Rn. 162; a. A. auch Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 13. 324 Die Möglichkeit der Rückgängigmachung unter der Voraussetzung bejahend, dass der Vertragsschluss für den Geschädigten wirtschaftlich nachteilig war, BGH, Urteil vom 22.12.1999 – VII ZR 111/99, NJW 2000, 1254, 1256 m. w. N.; kritisch hingegen Grigoleit, NJW 1999, 900 ff.; den Streit erwähnend, aber i. E. offen lassend Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 26. 325 Entgegen der Rspr. des BGH die Entscheidung des OLG Hamm, Urteil vom 28.09.1993 – 7 U 110/92, NJW‑RR 1995, 205, 206; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 91 m. w. N.; ebenso bereits Gottwald, JuS 1982, 877, 881; eine entsprechende Anwen­ dung des § 124 BGB ebenso wie eine direkte Anwendung allerdings ausdrücklich ablehnend BGH, Urteil vom 07.02.2013 – IX ZR 138/11, NJW 2013, 1591 mit Verweis auf BGH, Urteil vom 18.09.2001 – X ZR 107/00, NJW‑RR 2002, 308, 309 f.; ebenso bereits BGH, Urteil vom 11.05.1979 – V ZR 75/78, NJW 1979, 1983, 1984; eine Bindung an die Frist des § 124 BGB ebenfalls verneinend Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 13.

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Vierter Teil: Sanktionen

die c. i. c. ausschließen.326 Neben den besonderen Voraussetzungen der Anfech­ tungsregeln wird der Vorrang vor allem darauf gestützt, dass die §§ 123 ff. BGB gerade speziell auf die Aufhebung von Rechtsgeschäften zugeschnittene und damit sachnähere Regelungen bieten und somit einer Aufhebung über die c. i. c. entgegenstehen.327 Um den besonderen Anfechtungsvoraussetzungen weiterhin Rechnung zu tragen und insbesondere die Aushöhlung des Arglisterfordernisses nach § 123 BGB zu vermeiden, ist die Rechtsfolge der Aufhebung des Vertrags nach der schadensrechtlichen c. i. c.‑Haftung mit der überzeugenden Gegenauf­ fassung daher abzulehnen.328 Eine Aufhebung des Vertrags als Sanktion vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen im Wege der c. i. c.‑Haftung ist zudem auch dann ausgeschlossen, wenn sich diese auf spezielle Vorschriften wie z. B. das Widerrufsrecht auswirkt und dieses ebenfalls die Lösung vom Ver­ trag ermöglicht.329 Entgegen der Rechtsprechung und der wohl überwiegenden Lehre sprechen die besseren Argumente für einen Ausschluss bzw. Einschänkung der c. i. c.‑Haf­ tung als mögliche Rechtsfolge im Zusammenhang mit vorvertraglichen Infor­ maionspflichtverletzungen. Im Rahmen der Kodifikation der c. i. c. durch die Schuldrechtsmodernisierung hat die Legislative bewusst auf eine abschließende Detailregelung der Schadenshaftung verzichtet und diese trotz Bewusstseins der Konkurrenzfragen der Fortentwicklung durch die Rechtsprechung zugänglich gemacht.330 Die Begründung der Vertragsaufhebung der Rechtsprechung und herrschenden Lehre auf Basis des schadensrechtlich anerkannten Grundsatzes der Naturalrestitution ist dogmatisch nachvollziehbar, vermag aber in den Fällen der speziellen vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen in Online- und Fern­ absatzverträgen nicht gänzlich zu überzeugen. Auch die Voraussetzung eines Ver­ mögensschadens kann die Abgrenzungsschwierigkeiten nicht gänzlich verhin­ dern. Für den Vorrang der Anfechtung sprechen insbesondere das Argument des speziellen Regelungskomplexes der Anfechtung für die Aufhebung des Vertrags und die Vermeidung der Aushöhlung der speziellen Voraussetzungen. Im Sinne des lex specialis-Grundsatzes (lex specialis derogat lex generali)331 ist speziel­ 326 Vgl. Grigoleit, NJW 1999, 900, 903; grundlegend ebenso Medicus, JuS 1965, 208 ff., 214; Honsell, in: FS Medicus, S. 181. 327 Überzeugend Grigoleit, NJW 1999, 900, 903; ähnlich auch Honsell, in: FS Medicus, S. 181 ff. 328  So bereits grundlegend Medicus, JuS 1965, 208 ff., 214; i. E. übereinstimmend den An­ spruch auf Vertragsaufhebung als grds. ausgeschlossen ansehend Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 11; ebenso Grigoleit, NJW 1999, 900, 903; ferner Honsell, in: FS Medicus, S. 181 m. w. N.; a. A. Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 27; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 91. 329  So Palandt/Grüneberg, Einf v 238 EGBGB, Rn. 11; a. A. Erman/Koch, Band I, § 312a BGB, Rn. 34. 330  Vgl. BT‑Drs. 14/6040, S. 161 f. 331  Canaris/Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 88 ff.; Kramer/Justinek, Methodenlehre, S. 81 ff.; Kramer, Juristische Methodenlehre, S. 81 ff.



D.  Anspruch auf Schadensersatz199

len Regelungen stets Vorrang gegenüber allgemeinen Vorschriften einzuräumen. In Fällen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung liegt die Schwierigkeit darin, dass es gerade an einer speziellen Sanktionsvorschrift eines Schadens­ ersatzanspruchs mangelt und somit die allgemeinen Regelungen des Leistungs­ störungsrechts greifen können. Der Schadensersatzanspruch aus c. i. c. ist zwar grundsätzlich als eine mögliche Rechtsfolge vorvertraglicher Pflichtverstöße im Allgemeinen zu qualifizieren, dies macht den Anspruch aber nicht generell zu einer Spezialregelung für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es in den Fällen eines gleichzeitig bestehenden Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen oder Verträgen im elek­ tronischen Geschäftsverkehr regelmäßig an dem erforderlichen Schaden fehlen wird oder dessen Nachweis kaum gelingen wird.332 Insbesondere im Hinblick auf die Rechtsfolge der Aufhebung des Vertrags ist vielmehr die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als vorrangig anzusehen, da diese dem vorsätzlich Geschädigten durch die Anfechtbarkeit des Vertrags in einem angemessenen Zeitraum ausreichend Möglichkeit gibt, den Vertrag mit ex tunc-Wirkung zu be­ seitigen. Dieser Anwendungsbereich sollte nicht durch eine fahrlässige Informa­ tionshaftung unterlaufen werden, die eine zu weitreichende Vertragsaufhebung unabhängig von den spezifischen Anfechtungsvoraussetzungen der § 123 und § 124 BGB gestattet. Die den Entscheidungen zugrundeliegenden Streitgegen­ stände basierten häufig auf (nur ausnahmsweise anerkannten) Aufklärungs­ pflichten, die nach der Rechtsprechung gerade von essentieller Bedeutung für den Vertragsschluss sein müssen. Für diese Ansicht spricht auch, dass die spezifischen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten der Distanzvertriebsarten zwar grundsätzlich dem Schutz des Verbrauchers und primär dessen Entscheidungsfreiheit dienen, aber nach vorliegend vertretener Auffassung nicht allesamt von essentieller Bedeutung für die Entscheidung über den Vertragsschluss anzusehen sind.333 Eine Ver­ tragsaufhebung in Fällen fahrlässiger Informa­tions­pflichtverletzungen, die nicht zwingend für den Vertragsschluss wichtige Informationen betreffen, soll­ te daher vermieden werden. Darüber hinaus gilt es zu berücksichtigen, dass der Verbraucher bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sons­ tigen Fernabsatzverträgen bereits ausreichend über das Institut des Widerrufs­ rechts geschützt ist und sich durch fristgemäße Ausübung ohne große Hürden vom Vertrag lösen kann. Neben dem verbraucherschützenden Widerrufsrecht sollte daher den Sanktionen des allgemeinen Schuldrechts eine untergeordnete Bedeutung zugemessen werden.334 332  333 

Siehe zum möglichen Schaden bereits oben unter a) cc). Siehe bereits oben, S. 187 ff. 334 Vgl. Grigoleit, NJW 2002, 1151 ff., 1158, der zusätzlich auch auf den Schutz durch wettbewerbsrechtliche Sanktionen verweist.

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Vierter Teil: Sanktionen

Zusammenfassend darf eine abstrakt kodifizierte Schadenshaftung nicht die speziellen Voraussetzungen des Anfechtungsrechts unterlaufen. Besteht die Informa­tions­pflichtverletzung in einer arglistigen Täuschung, so existiert ein flankierender und ausreichender Schutz über die Möglichkeit der Anfechtung gem. § 123 BGB. In allen anderen Fällen und insbesondere der fahrlässigen Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten erscheint eine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs aus c. i. c. auf eine Entschädigung in Geld und eine Aufrechterhaltung des Vertrags als vorzugswürdig und geboten. Zusammenfassend kommt ein Anspruch auf Schadensersatz aus c. i. c. als Sanktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen nur dann in Betracht, wenn dem Geschädigten durch diese Informa­tions­pflichtverletzung tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Die Feststellung des kausal durch die vorvertrag­ liche Informa­tions­pflichtverletzung verursachten Schadens wird jedoch in der Regel schwierig und stets von den Umständen des Einzelfalls abhängig sein.335 Dies gilt insbesondere im Hinblick auf das in diesen Fällen der besonderen Ver­ triebsformen regelmäßig bestehende Widerrufsrecht. In der Regel wird es daher an einem solchen Schaden wie zuvor dargelegt fehlen.

2.  Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB Ferner ist ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1 BGB im Falle von vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen eine grundsätzlich denkbare Sanktion.336 Voraussetzung der Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB ist jedoch eine Pflichtverletzung im Rahmen eines bestehenden Schuldverhältnisses, welches in der Regel bei vorvertraglich zu erteilenden Informationen noch fehlt. Etwas Anderes kommt wohl nur dann in Betracht, wenn zwischen den beteiligten Par­ teien ein Vertrag geschlossen wurde und nach Abschluss des Vertrags die ge­ schädigte Partei einen aus vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung ent­ standenen Schaden geltend machten will. Erforderlich sind regelmäßig das Vorliegen eines Schuldverhältnisses, eine zu vertretende Pflichtverletzung sowie das Bestehen eines Schadens.337 Hinsichtlich der Beweislast der Erfül­ lung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten ist ebenfalls die Sonderrege­ lung des § 312k BGB zu berücksichtigen.338 335  Siehe zum Schaden ausführlich zuvor unter a) cc); Bayr, in: juris-PR‑VersR, 1/2018, Anmerkung zum Urteil des BGH vom 13.12.2017 – IV ZR 353/15. 336 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 7, sowie ders., § 312d BGB, Rn. 4; teilweise wird konkreter ein solcher Anspruch i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB als Option genannt, siehe Lehmann, in: FS Köhler, S. 397, 400. 337  Da die Voraussetzungen des § 280 Abs. 1 BGB als haftungsbegründender Norm für den Anspruch aus vorvertraglicher Pflichtverletzung bereits erläutert wurden, wird auf die obigen Ausführungen unter a) verwiesen; vgl. z. B. Palandt/Grüneberg, § 280 BGB, Rn. 1 ff. 338  Siehe bereits oben S. 190 f.; werden hingegen nachvertragliche Informa­tions­pflichten



D.  Anspruch auf Schadensersatz201

3.  Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB Ferner könnte der deliktische Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB eine weitere Rechtsfolge darstellen. In Verbindung mit dem als Schutzgesetz anerkannten § 263 StGB (Strafbarkeit des Betrugs) könnte ein solcher An­ spruch beispielsweise dann in Betracht kommen, wenn dem Vertragspartner neben dem Abschluss des Vertrags ein zusätzlicher Vermögensschaden ent­ standen ist.339 Der Schadensersatzanspruch des § 823 Abs. 2 BGB setzt zunächst die Ver­ letzung eines Schutzgesetzes voraus. Nach der ständigen Rechtsprechung ist ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB jede Rechtsnorm,340 welche ein Ge- oder Verbot ausspricht und nicht nur den Schutz der Allgemeinheit be­ zweckt, sondern zumindest auch individualschützenden Charakter aufweist.341 In Betracht kommt daher beispielsweise ein Schadensersatzanspruch aus § 5 TMG i. V. m. § 823 Abs. 2 BGB. Nach der h. M. stellt § 5 TMG, welcher all­ gemeine Informa­tions­pflichten statuiert,342 ein Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB dar.343 Demnach steht Kunden und Verbrauchern grundsätzlich ein An­ spruch auf Schadensersatz gegenüber dem Diensteanbieter zu, sofern diese einen Schaden erlitten haben.344 Der Schaden muss zudem kausal durch die Verletzung des Schutzgesetzes verursacht worden sein, die Rechtswidrigkeit wird durch die Schutzgesetzverletzung indiziert.345 Ferner muss die Schutz­ gesetzverletzung schuldhaft erfolgt sein, wobei sich der Verschuldensmaßstab verletzt, so kann ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB ggf. i. V. m. §§ 281 ff. BGB bestehen, sofern die zusätzlichen Voraussetzungen erfüllt sind, Palandt/Grüneberg, § 280 BGB, Rn. 7. 339  Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 104 f.; vgl. hierzu und zu Voraussetzungen des § 263 StGB z. B. Grigoleit, Vorvertrag­ liche Informationshaftung, S. 24, insbesondere muss zusätzlich das Tatbestandsmerkmal der Bereicherungsabsicht erfüllt sein. 340  Unter Gesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB sind nicht nur formelle Gesetze, sondern nach § 2 EGBGB jegliche Rechtsnormen zu verstehen, sodass bspw. auch Verordnungen erfasst sind; vgl. Palandt/Sprau, § 823 Abs. 2 BGB, Rn. 57 m. w. Bsp.; Beck OK BGB/Förster, § 823 BGB, Rn. 265; Hk-BGB/Staudinger A., § 823 BGB, Rn. 143 ff. 341  Z. B. BGH, Urteil vom 13.12.1988 – VI ZR 235/87, NJW 1988, S. 974 ff. m. w. N.; BGH, Urteil vom 02.02.1988 – VI ZR 133, 87, r + s 1988, 135 ff. m. w. N.; Palandt/Sprau, § 823 BGB, Rn. 58; z. B. stellt § 8 Abs. 3 UWG mangels Individualrechtsansprüche für Ver­ braucher kein Schutzgesetz dar, vgl. Eckart, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch,14. Kapitel, Rn. 153. 342  S. o., S. 125 f. 343 Vgl. Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 5 TMG, Rn. 88; ebenso BeckOK InfoMedienR/Ott, § 5 TMG, Rn. 53. 344  Vgl. die Entscheidung des AG Mönchengladbach, Urteil vom 29.04.2003 – 5 C 286/02, MMR 2003, 606, 608 zur früheren Regelung des § 6 TDG (diese Entscheidung ist allerdings nicht rechtskräftig); Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 5 TMG, Rn. 88 m. w. N.; BeckOK InfoMedienR/Ott, § 5 TMG, Rn. 53. 345 Vgl. insgesamt dazu Palandt/Sprau, § 823 BGB, Rn. 59 f.; Beck OK BGB/Förster, § 823 BGB, Rn. 263 ff, 280; Hk-BGB/Staudinger A., § 823 BGB, Rn. 152 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

nach h. M. nach dem jeweiligen Schutzgesetz richtet und somit Vorsatz und Fahrlässigkeit in Betracht kommen kann.346 Im Verhältnis zu vertraglichen Schadensersatzansprüchen oder dem ver­ tragsähnlichen Anspruch aus c. i. c. besteht nach h. M. Anspruchskonkurrenz, sodass die Ansprüche grundsätzlich unabhängig voneinander zu beurteilen sind und nebeneinander geltend gemacht werden können.347 Die Normen des Ver­ trags- und Deliktsrechts sind nach ständiger Rechtsprechung und h. M. grund­ sätzlich gleichrangig und gleichwertig.348 Sofern die Voraussetzungen des ver­ traglichen und deliktischen Anspruchs erfüllt sind, folgt aus jeder Norm ein Anspruch.349 Hierbei handelt es sich um eine sog. echte Anspruchskonkurrenz, d. h. der Geschädigte hat die Wahl, aus welcher Norm er gegen den Schädiger vorgehen möchte.350 Allerdings ist dem Vertragsrecht Vorrang einzuräumen, sofern dessen Regelungen durch den deliktischen Anspruch unterlaufen wür­ den.351 Ob dem deliktischen Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in der Praxis als Sanktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen Be­ deutung zukommt ist aufgrund der genannten und gegenüber dem Anspruch aus c. i. c. nochmals strengeren Anforderungen wie insbesondere der widerrecht­ lichen Schutzgesetzverletzung zweifelhaft. Da sich auch hier wieder die Frage nach dem erlitttenen Schaden stellt, ist dieser wohl eher ein theoretisch mögli­ cher Anspruch von geringer praktischer Bedeutung.

4.  Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB Ebenso verhält es sich mit dem möglichen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB. Ist in der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung ausnahmswei­ se auch eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung zu sehen, so kann ferner ein deliktischer Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB in Betracht kommen.352 Sittenwidrigkeit setzt nach ständiger Rechtsprechung einen Verstoß gegen das 346 Beck OK BGB/Förster, § 823 BGB, Rn. 282; Palandt/Sprau, § 823 BGB, Rn. 61; MüKo BGB/Wagner, § 823 BGB, Rn. 535 f. 347  Siehe z. B. BGH, Urteil vom 28.04.1953 – I ZR 47/52, NJW 1953, 1180, 1181; BGH, Urteil vom 17.03.1987 – VI ZR 282/85, NJW 1987, 2008, 2010; PWW/Schaub, Vor §§ 823 ff BGB, Rn. 21; Palandt/Sprau, Einf v § 823 BGB, Rn. 8. 348  BGH, Urteil vom 28.04.1953 – I ZR 47/52, NJW 1953, 1180, 1181; BGH, Urteil vom 17.03.1987 – VI ZR 282/85, NJW 1987, 2008, 2010. 349  So BGH, Urteil vom 28.04.1953 – I ZR 47/52, NJW 1953, 1180, 1181; BGH, Urteil vom 17.03.1987 – VI ZR 282/85, NJW 1987, 2008, 2010. 350 Siehe z. B. zur Frage der Verjährung bei vertraglichen und deliktischen Schadens­ ersatzansprüchen BGH, Urteil vom 24.05.1976, NJW 1976, 1505, 1506; BGH, Urteil vom 28.04.1953 – I ZR 47/52, NJW 1953, 1180, 1181; BGH, Urteil vom 17.03.1987 – VI ZR 282/85, NJW 1987, 2008, 2010; BGH, Urteil vom 19.10.2004 – X ZR 142/03, NJW‑RR 2005, 172; siehe auch Palandt/Sprau, Einf v § 823, Rn. 8, welcher die Bezeichnung freie Anspruchs­ konkurrenz verwendet; Jauernig/Teichmann, Vorbemerkungen §§ 823 ff. BGB, Rn. 3. 351 PWW/Schaub, Vor §§ 823 ff BGB, Rn. 21. 352 Vgl. Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 19.



D.  Anspruch auf Schadensersatz203

Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden voraus.353 Objektiv muss die Irreführung der informationspflichtigen Partei bei der Gegenseite kausal eine Fehlvorstellung hervorgerufen haben, die wiederum kausal zum Abschluss des Vertrags geführt hat.354 Ferner muss eine Schädigung eingetreten sein, wo­ runter jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses subsumiert werden kann.355 Die Täuschung muss zudem sittenwidrig sein, d. h. gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßen.356 Bei Vorliegen der sittenwidrigen Schädigung wird die Rechtswidrigkeit indiziert.357 Ferner setzt der Anspruch aus § 826 BGB ein Verschulden des Schädigenden voraus. Hinsichtlich der subjektiven Voraussetzung ist grds. ein Schädigungsvorsatz er­ forderlich, wobei wiederum das Vorliegen eines bedingten Vorsatzes als aus­ reichend anzusehen ist.358 Eine sittenwidrige Schädigung kann insbesondere auch in der rücksichtslosen Beeinflussung der Entschließungsfreiheit liegen,359 die als Teil der Entscheidungsfreiheit gerade dem Schutzzweck der vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichten unterfällt. Ferner kann u. U. auch eine Äußerung „ins Blaue hinein“ nicht nur der Haftung aus c. i. c. unterfallen sondern auch eine sittenwidrige Schädigung begründen.360 Hinsichtlich der Konkurrenzen wird auf die allgemeinen Ausführungen zu § 823 BGB verwiesen, es bestehen keine speziellen, den Anwendungsbereich einschränkenden Regelungen.361 Neben dem Anspruch aus § 826 BGB kann somit z. B. auch ein Anfechtungsrecht gem. § 123 BGB in Betracht kommen, das Vorliegen der Voraussetzungen des § 123 BGB wie insbesondere eine noch laufende Anfechtungsfrist ist für § 826 BGB jedoch nicht erforderlich.362 Auf­ grund der gesteigerten Anforderungen entfaltet dieser deliktische Anspruch aus § 826 BGB bei vorvertraglichen Informationsverstößen neben dem Anspruch 353  BGH, Urteil vom 20.11.2012 – VI ZR 268/11, NJW‑RR 2013, 550, 551; BGH, Urteil vom 19.11.2013 – VI ZR 336/12, NJW 2014, 383, 384 m. w. N.; Palandt/Sprau, § 826 BGB, Rn. 4 m. w. N.; MüKo BGB/Wagner, § 826 BGB, Rn. 9 ff.; Jauernig/Teichmann, § 826 BGB, Rn. 4. 354  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 19; allgemein zur haftungsbegrün­ denden Kausalität Jauernig/Teichmann, § 826 BGB, Rn. 7. 355  BeckOK BGB/Spindler, § 826 BGB, Rn. 20; Grigoleit, Vorvertragliche Informations­ haftung, S. 19. 356  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 19. 357 Hk-BGB/Staudinger A., § 826 BGB, Rn. 8; Jauernig/Teichmann, § 826 BGB, Rn. 9. 358  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S.  19; Palandt/Sprau, § 826 BGB, Rn. 11; BeckOGK BGB/Spindler, § 826 BGB, Rn. 12; Hk-BGB/Staudinger A., § 826 BGB, Rn. 9. 359  BeckOGK BGB/Spindler, § 826 BGB, Rn. 20. 360  BGH, Urteil vom 24.09.1991 – VI ZR 293/90, NJW 1991, 3282, 3283; siehe auch BeckOGK BGB/Spindler, § 826 BGB, Rn. 25 m. w. N.; Hk-BGB/Staudinger A., § 826 BGB, Rn. 9. 361  MüKo BGB/Wagner, § 826 BGB, Rn. 51. 362 Hk-BGB/Staudinger A., § 826 BGB, Rn. 2; MüKo BGB/Wagner, § 826 BGB, Rn. 52; Palandt/Sprau, § 826 BGB, Rn. 2; BeckOGK BGB/Spindler, § 826 BGB, Rn. 27.

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Vierter Teil: Sanktionen

aus c. i. c. wohl nur in seltenen Fällen Praxisrelevanz. In Betracht kommen kann der Schadensersatzanspruch aber unter Umständen bei Kosten- und Abofallen im Internet,363 wenn Unternehmer durch vorsätzlich intransparente oder falsche Angaben Verbraucher mit Schädigungsvorsatz in kostenpflichtige Verträge und Abonnements locken.

II.  Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung nach dem DCFR Ein Anspruch auf Schadensersatz ist auch im DCFR in Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR als spezielle Sanktion für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten vorgesehen.364 Darüber hinaus enthält Art. II. – 3:104 Abs. 5 DCFR einen besonderen Schadensersatzanspruch bei Verletzung der Informa­tions­ pflichten im Rahmen von Echtzeit-Fernkommunikation.

1.  Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung nach Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR Die in Art. II. – 3:109 DCFR normierten Rechtsbehelfe bei Verletzung vorver­ traglicher Informa­tions­pflichten sehen in Abs. 3 einen Anspruch auf Schadens­ ersatz als mögliche Sanktion vor.

a)  Wesentliche Voraussetzungen Gem. II – Art. 3:109 Abs. 3 DCFR haftet ein Unternehmer bei Nichterfüllung der in den vorigen Abschnitten geregelten Informa­tions­pflichten für den ent­ standenen Verlust der anderen Partei und zwar unabhängig davon, ob ein Ver­ trag geschlossen wurde oder nicht.365 Indem der Vertragsschluss keine Voraus­ setzung für den Anspruch auf Schadensersatz darstellt, kann es daher zu der Situation kommen, dass im Falle der Nichterfüllung der Informa­tions­pflichten durch den Verpflichteten vor Vertragsschluss die andere Partei sich gegen einen Abschluss des Vertrages entscheidet und dennoch einen Anspruch auf Scha­ densersatz als Rechtsbehelf für die Pflichtverletzung geltend machen kann.366 Dies ist insofern bemerkenswert, als in diesem Fall gerade kein Anspruch auf Schadensersatz wegen vertraglicher Pflichtverletzung bestehen würde.367 Der Anspruch ist in Buch II im Rahmen der vertraglichen Regelungen verortet, die Konzeption ähnelt aber der eines außervertraglichen Schadensersatzanspruchs und erinnert an die Haftung aus c. i. c. nach nationalem Recht für vorvertragli­ 363  364 

Siehe bereits S. 2. Siehe bereits oben, S. 141 f. 365  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109, S. 236; siehe auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 3. 366  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109, S. 236. 367  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109, S. 236.



D.  Anspruch auf Schadensersatz205

che Informa­tions­pflichtverletzungen. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der Auffassung, dass für eine Verletzung der allgemeinen, aus dem Grund­ satz von Treu und Glauben folgenden Pflichten eine Haftung aus c. i. c. gemein­ hin verneint wird, bei ausdrücklichen Regelungen allerdings angenommen wer­ den kann.368 Die relativ knappen Kommentierungen zum Schadensersatzanspruch aus Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR verweisen auf die Schadensregelung des Art. II. – 3:501 DCFR.369 Diese Vorschrift bestimmt generell die Haftung auf Schadens­ ersatz für Pflichtverletzungen im Rahmen des zweiten Buchs, Kapitel 3 (Ver­ trieb und vorvertragliche Pflichten). Gem. Art. II.  – 3:501 DCFR besteht ein Anspruch auf Schadensersatz für den erlittenen Verlust, wenn jemand nach den Vorschriften dieses Kapitels für einen Verlust haftet, der aufgrund einer Pflichtverletzung eintritt. Bei der Vorschrift des Art. II. – 3:501 DCFR handelt es sich um einen selbständigen und außervertraglichen Anspruch auf Schadens­ ersatz.370 In den Comments zum DCFR wird insofern ausdrücklich auf eine Entscheidung des EuGH in Sachen Tacconi Bezug genommen, in welchem die­ ser den Abbruch der Vertragsverhandlungen als unerlaubte Handlung im Sinne des (damals geltenden) Brüsseler Übereinkommens qualifizierte.371 Der Scha­ densersatz ist ausweislich der Kommentierung als Hauptsanktion für Pflichtver­ letzungen des 3. Kapitels in Buch II vorgesehen, die insbesondere auch die als Rechtsbehelf bei Verletzung von Informa­tions­pflichten vorgesehene Haftung nach Art. II. – 3:109 DCFR erfasst.372 Wesentliche Voraussetzung des Schadens­ ersatzanspruchs ist zunächst ein Verlust, was entsprechend der Konzeption des DCFR weit zu verstehen ist und neben materiellem auch immateriellen Verlust erfasst.373 Zudem muss dieser Schaden durch die Pflichtverletzung verursacht 368 Vgl. Schulze/Zoll, European Contract Law, § 3, Rn. 82, begründet wird dies mit dem engen Verständnis von Treu und Glauben nach dem DCFR sowie der Regelung des Art. III. – 3:302 DCFR. 369  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109, S. 237. 370 Vgl. von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262. 371  EuGH, Urteil vom 17.09.2002, Rs. C-334/00 (Tacconi), ErwGr. 26 f., nach der Be­ tonung der gebotenen autonomen Auslegung der Begriffe „Vertrag“ und „unerlaubte Hand­ lung“ (ErwGr. 19), fehlt es nach Ansicht desEuGH bei dem in diesem Fall erfolgten Abbruch von Vertragsverhandlungen gerade an einer „freiwillig eingegangenen Verpflichtung“, ErwGr. 23 f.; vgl. ferner von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262. 372 Siehe von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262; dazu sowie zur weitgehend ähnlichen Referenznorm des Art. 2:208 Abs. 3 ACQP Twigg-­ Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 120, der die Veränderung des DCFR als „basic rule“ begrüßt und die sprachliche Neu­ fassung positiv als „more elegantly“ bewertet; ferner Schulze/Zoll, European Contract Law, § 3, Rn. 102. 373  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262; dies wird von der Literatur nicht unkritisch beurteilt, z. B. Eidenmüller/Faust/­ Grigoleit/­Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 539 f.; vgl. auch zu den ACQP Magnus,

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Vierter Teil: Sanktionen

worden sein, was entsprechend der allgemeinen Regelung des Art. VI. – 4:101 DCFR im Sinne einer kausalen Verursachung zu verstehen ist.374 Die Autoren betonen zudem in Bezug auf vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen, dass in diesem Zusammenhang normales und angemessenes Verhalten der hier­ durch geschädigten Person nicht ohne weiteres zur Unterbrechung der Kausal­ kette führen soll.375 Aufgrund der Verwendung der unbestimmten Rechtsbegrif­ fe „normal“ und „angemessen“ vermag dies jedoch kaum der Klarstellung zu dienen. Im Übrigen verzichtet der Schadensersatzanspruch auf ein Verschul­ denserfordernis. Darüber hinaus soll die Vorhersehbarkeitsregel des Art. III. – 3:703 DCFR keine Anwendung finden, demzufolge die Haftung für unvorher­ sehbare Schäden begrenzt wird.

b)  Rechtsfolge und Umfang des Schadensersatzanspruchs Nach der Definition im Anhang des DCFR ist unter Schadensersatz grundsätz­ lich die Entschädigung oder eine andere geeignete Maßnahme zu verstehen, um die Situation wiederherzustellen, in der sich die geschädigte Person ohne den Schadenseintritt befände. Konkret soll nach Art. II. – 3:109 Abs. 3 S. 1 DCFR jeglicher aufgrund der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung eingetre­ tene Verlust ersatzfähig sein. Entsprechend der im DCFR vorgesehenen De­ finition wird hierunter weitreichend sowohl materieller als auch immaterieller Verlust verstanden.376 Während der entgangene Verdienst oder Gewinn vom materiellen Verlust erfasst wird, meint immaterieller Verlust z. B. Schmerzen oder Leid.377 Ob ein solch weitreichender Schadensersatz in Bezug auf vor­ vertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen tatsächlich notwendig ist, kann bezweifelt werden, auch wenn dies grundsätzlich dem Schadensumfang der sonstigen vertraglichen Schadensersatzansprüche entspricht.378 Der vertrag­ liche Anspruch auf Schadensersatz ist regelmäßig auf eine Kompensation in Geld unter Berücksichtigung der Differenzhypothese gerichtet; dies folgt aus der allgemeinen Festlegung des Schadensersatzmaßstabes in Art. III. – 3:702

in: S ­ chulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 222, mit Bezug auf die Leitner-Entscheidung des EuGH. 374  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262. 375  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262. 376  Siehe bereits zuvor; dies entspricht ferner dem Ansatz der ACQP; von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Definition „Loss“, S. 74; siehe auch Magnus, in: Schulze (Hrsg.), Com­ mon Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 226; zum Schadensbegriff im DCFR auch MüKo BGB/Oetker, § 249 BGB, Rn. 553 ff. 377 Ebd. 378  Die zusätzlich zur allgemeinen Definition des Verlustes in Art. III.  – 3:701 Abs. 3 DCFR erneut enthaltene Definition erscheint aufgrund der Übereinstimmung überflüssig und insgesamt unstimmig, da z. B. in den Kommentierungen zu Art. II. – 3:501 DCFR auf den An­ hang verwiesen wird.



D.  Anspruch auf Schadensersatz207

DCFR.379 Dieser wird jedoch für den speziellen Schadensersatzanspruch bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen des Art. II.  – 3:109 Abs. 3 DCFR für nicht anwendbar erklärt.380 Folglich bleibt der Umfang mangels ein­ deutiger Regelung unbestimmt, sodass wohl nach der allgemeinen Definition des Schadensersatzes eine Entschädigung oder Wiederherstellung des Zustands ohne das schädigende Ereignis in Betracht kommt. Eine wünschenswerte Revi­ sion dieser Vorschrift wäre eine ausdrückliche Begrenzung des Schadensersatz­ anspruchs auf monetäre Entschädigungen.

2.  Besonderer Schadensersatzanspruch des Verbrauchers bei Echtzeit-Fernkommunikationen nach Art. II. – 3:104 Abs. 5 DCFR Art. II. – 3:104 Abs. 1 DCFR sieht für Fälle von Echtzeit-Fernkommunikatio­ nen in B2C‑Situationen vor, dass der Unternehmer den Verbraucher zu Beginn ausdrücklich über seine Identität und den geschäftlichen Zweck des Kontakts informieren muss. Verletzt der Unternehmer die Pflichten des Art. II. – 3:104 DCFR, so sieht Abs. 5 eine Haftung für jegliche dem Verbraucher entstandene Verluste vor. In den Kommentierungen wird an dieser Stelle auf eine Erläute­ rung des Umfangs verzichtet und allenfalls auf einen Ersatz jeglicher Verluste hingewiesen, was wiederum für einen weitreichenden Schadensersatzanspruch spricht. Nach dem weit zu verstehenden Begriff des Verlustes381 und entspre­ chend der im Anhang befindlichen Definition kommen aus praktischer Sicht hier insbesondere der materielle Verlust von Verdienst oder Gewinn, sonstige Aufwendungen und die Wertminderung von Gegenständen in Betracht.382

3.  Besonderer Schadensersatzanspruch für auf elektronische Weise geschlossene Verträge nach Art. II. – 3:105 Abs. 4 DCFR Für auf elektronische Weise (mit Ausschluss individueller Kommunikation) geschlossene Verträge sieht Art. II. – 3:105 DCFR besondere vorvertragliche Informa­tions­pflichten des Unternehmers betreffend die technischen Mittel zur Erkennung und Korrektur von Eingabefehlern vor, die zeitlich vor Abgabe des Angebots der anderen Partei zu erteilen sind.383 Eine Pflichtverletzung führt 379  Näher

hierzu die Kommentierung von von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. III. – 3:702 DCFR; Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 331, 349 f. 380 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262. 381  Siehe bereits zuvor, S. 206. 382  Zudem wird der Begriff des rechtlich relevanten Schadens auch in Art. VI. – 2:201 DCFR näher beschrieben. Demnach umfasst der Vermögensschaden (economic loss) jegliche Art von Schaden wie z. B. nach Abs. 4 sämtliche Einbußen von Einkommen und Gewinn oder eingegegangene Verbindlichkeiten, siehe dazu MüKo BGB/Oetker, § 249 BGB, Rn. 554. 383  Siehe dazu bereits im dritten Teil, B. III. 2. d); ein wesentlicher Unterschied zur Vor­

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Vierter Teil: Sanktionen

ebenso wie nach Art. II. – 3:104 Abs. 5 DCFR zu einer Haftung des Unterneh­ mers für entstandene Verluste.384 Im Gegensatz zu diesem setzt Art. II. – 3:105 DCFR jedoch keinen B2C‑Vertrag voraus, sodass Kunden sich generell hierauf berufen können.

4.  Besondere irrtumsbedingte Schadensersatzansprüche Der DCFR sieht ferner einen unabhängig vom Anfechtungsrecht bestehenden Schadensersatzanspruch in Art. II. – 7:204 DCFR sowie einen speziellen irr­ tumsrechtlichen Anspruch auf Schadensersatz in Art. II. – 7:214 DCFR vor.

a)  Schadensersatz nach Art. II. – 7:204 DCFR Art. 7:204 DCFR normiert einen Haftungstatbestand für im Vertrauen auf un­ zutreffende Informationen entstandene Verluste der anderen Partei. Dieser Scha­ densersatzanspruch findet gem. Abs. 2 auch Anwendung, wenn kein Anfech­ tungsrecht besteht und ist somit wohl als alternativer Schadenersatzanspruch für Fälle des Nichtvorliegens der Anfechtungsvoraussetzungen zu verstehen, der allerdings ausweislich der Comments nur bei Fällen unzutreffender Infor­ mationserteilung greift.385 Im Vergleich zu der deutschen Haftung aus c. i. c. er­ scheint der Anspruch jedoch aufgrund des vorausgesetzten Vertragsschlusses zu restriktiv, da insbesondere bei Nichtabschluss des Vertrags irrtumsbedingt entstandene Kosten nicht ersatzfähig sind.386 In der Norm selbst fehlt es lei­ der an einer Klarstellung zum Schadensersatz für vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzung aufgrund der Sanktionsnorm des Art. II. – 3:109 DCFR.

b)  Schadensersatz nach Art. II. – 7:214 DCFR Darüber hinaus kann nach Art. II. – 7:214 Abs. 1 DCFR eine anfechtungs­ berechtigte Partei von der anderen Vertragspartei Schadensersatz für den unter anderem aufgrund des Irrtums oder einer arglistigen Täuschung387 erlittenen bildregelung des Art. 10 Abs. 1 ECRL ist darin zu sehen, dass diese Informationen nicht vor Abgabe der Bestellung, sondern vor Abgabe des Angebots der zu informierenden Partei erteilt werden, sodass es i. E. nicht darauf ankommt, ob die Partei ein Angebot zum Vertragsschluss abgibt oder ein solches annimmt, vgl. dazu von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:105 DCFR, S. 223. 384 Es wird ausdrücklich auf die Sanktionen der Vorschrift des Art. II. – 3:104 DCFR verwiesen, von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262. 385  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Art. II. – 7:204, S. 483; siehe dazu auch Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Re­ vision des Verbraucher-acquis, S. 201, 218 f.; Beale, Juridica International 2008, S. 42, 44 f. 386  Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 218 f. 387  Genannt werden ferner die Varianten der Nötigung, Drohungen oder unfairen Ausnut­ zung, vgl. Wortlaut des Art. II. – 7:212 Abs. 2 DCFR.



D.  Anspruch auf Schadensersatz209

Verlustes verlangen und zwar unabhängig davon, ob der Vertrag tatsächlich an­ gefochten wurde oder nicht. Ausdrücklich wird nach Art. II. – 7:214 DCFR das Bestehen eines Anfechtungsrechts vorausgesetzt, auch wenn dieses zwischen­ zeitlich verfristet oder durch Bestätigung erloschen ist, maßgeblich ist somit ein ursprüngliches Recht zur Anfechtung. Begründet wird der irrtumsspezifische Schadensersatz mit dem Argument, dass die Sanktion der Anfechtbarkeit des Vertrags allein unzureichend sein kann, wenn eine Partei, trotz eines ihr zuste­ henden Anfechtungsrechts, dennoch am Vertrag festhalten möchte und in die­ sem Fall keinerlei Rechtsbehelf ausüben könnte.388 Hinsichtlich des Umfangs des Schadensersatzanspruchs wird in den Kom­ mentierungen zum DCFR zwischen ausgeübter und nicht erfolgter Anfechtung unterschieden.389 Bei Anfechtung des Vertrags ist die geschädigte Partei so zu stellen, wie sie im Falle der ordnungsgemäßen Pflichterfüllung stünde.390 Von dem Ersatz des Verlusts erfasst werden dann wie grundsätzlich im DCFR ma­ terielle sowie immaterielle Schäden.391 Ficht eine Partei trotz Anfechtungs­ recht den Vertrag nicht an, so kann sie zwar nach Ablauf der Anfechtungsfrist noch den Schadensersatz geltend machen, ist aber „nicht notwendigerweise“ so wie im Falle ordnungsgemäßer Pflichterfüllung zu stellen.392 Würde man insoweit eine Gleichbehandlung vorsehen, so bestünde die Gefahr, dass die ge­ schädigte, nicht anfechtende Partei auch solche Verluste geltend macht, wel­ che in keinem Zusammenhang mit dem eigentlichen Anfechtungsgrund stehen, so z. B. die Wertminderung eines Gegenstands.393 Dies erscheint sachgerecht, indem einerseits die zunächst anfechtungsberechtigte Partei durch Aufrecht­ erhaltung des Schadensersatzanspruchs geschützt wird, andererseits aber eine ungerechtfertigte Überkompensation verhindert wird. Zudem kommt grund­ sätzlich auch eine Minderung des Schadensersatzanspruchs in Betracht, eine Konstellation des Mitverschuldens im Rahmen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzungen ist jedoch kaum denkbar und insofern an dieser Stelle von untergeordneter Relevanz. Leider fehlt es auch hier an einer eindeutigen Klärung des Verhältnisses zum Schadensersatzanspruch nach Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR. Aus der Be­ 388  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:214, S. 529 bezeichnen es gar als „harsh“ (hart), der Partei in solchen Fällen keinen Rechtsbehelf zu ge­ währen. 389 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:214, S. 529 f. 390  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:214, S. 529; vgl. hierzu auch Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 18. 391  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:214, S. 529. 392  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:214, S. 530; siehe wiederum auch Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 19. 393  Vgl. hierzu den Beispielsfall eines Grundstückskaufs, von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Art. II. – 7:214, Comments S. 530.

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Vierter Teil: Sanktionen

gründung des Schadensersatzanspruchs lässt sich folgern, dass dieser gerade für solche Fälle existieren soll, in welchen eine Partei den Vertrag gerade nicht anfechten will und dennoch nicht völlig ohne Rechtsbehelf stehen soll. Ein solcher Anspruch erscheint jedoch dann nicht geboten, wenn die Partei einen Anspruch auf Schadensersatz als Sanktion für vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzung geltend machen kann und ihr somit ein Rechtsbehelf zusteht. Hierfür spricht des Weiteren der spezifische Verweis des Art. II. – 3:109 Abs. 4 DCFR, sodass Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR vorzugswürdig als lex specialisRegelung für vorvertragliche Informatiosnpflichtverletzungen gegenüber dem irrtumsspezifischen Schadensersatz anzusehen ist.394 Zusammenfassend ist das Verhältnis der Normen zueinander wiederum wenig klar. Im Hinblick auf die genannten Unklarheiten und Konkurrrenzfragen besteht also auch hier Revisi­ ons- und Klarstellungsbedarf.

5.  Vertraglicher Schadensersatzanspruch nach Art. III. – 3:701 DCFR In den Art. III. – 3:701 ff. DCFR enthält der DCFR einen eigenen Abschnitt zum Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Hierbei folgt der DCFR dem Ansatz der PECL und sieht einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch vor, der nur in Fällen entschuldigter Nichterfüllung (Art. III. – 3:301 Abs. 2 DCFR) entfällt.395

a) Voraussetzungen Neben der Grundvoraussetzung der Nichterfüllung muss der Schuldner den Schaden verursacht haben, ohne dass ein Verschulden erforderlich ist. Der DCFR rekurriert insoweit auf den ebenfalls verschuldensunabhängigen Scha­ densersatzanspruch in den PECL396 und somit auf die im Rahmen der Rechts­ vereinheitlichung wohl etablierte Kompromisslösung zwischen Verschuldens­ 394  A. A., allerdings zur Interim Outline Edition, Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Ge­ meinsame Referenzrahmen, S. 71, 84 f., demnach soll neben der Vertragsanfechtung grds. auch der irrtumsrechtliche Schadensersatz greifen. 395 Eingehend dazu von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. III. – 3:301 DCFR; vgl. hierzu Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, 209; für eine grds. verschul­ densunabhängige Konzeption der Vertragsverletzungsfolgen und insbesondere eine strikte Haftung bei Schadensersatzansprüchen auch Magnus, ZEuP 2007, 260, 264; ders. weist eben­ falls auf Entsprechungen zum Modell der ACQP hin, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 226. 396 Dies entspricht ferner Art. 79 CISG; dazu auch Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/ Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, 209; Magnus, ZEuP 2007, 260, 264 ff., 275, der in solchen Fällen der Ambivalenz des acquis aus­ drücklich für einen Rückgriff auf die Prinzipienwerke (wie bspw. die PECL) oder das CISG plädiert.



D.  Anspruch auf Schadensersatz211

prinzip und Garantiehaftung.397 Dies ist vor dem Hintergrund begründet, dass sich aus dem acquis keine einheitliche Grundlage eines Verschuldenserforder­ nisses für Rechtsbehelfe ableiten lässt.398 Zudem enthält die VerbrGKRL zwar ausführliche Regelungen zum Leistungsstörungsrecht, klammert den Schadens­ ersatzanspruch aber vollständig aus.399 Des Weiteren kann sich der Gläubiger gem. Art. III. – 3:301 Abs. 2 DCFR nicht auf die Rechtsbehelfe der Erfüllung oder des Schadensersatzes berufen, wenn die Nichterfüllung entschuldigt ist. Der Entschuldigungsgrund wegen höherer Gewalt (force majeure) ist in Art. III. – 3:104 DCFR vorgesehen.400 Voraussetzung der Entlastung ist demnach, dass die Nichterfüllung auf einem außerhalb der Kontrollsphäre des pflichtverletzenden Schuldners liegenden Hinderungsgrund beruht und dieser vernünftigerweise unüberwindbar oder un­ aufhaltsam war. Die Einschränkung des Entschuldigungsgrunds wird von den Autoren des DCFR als gemeinsamer Kern der mitgliedstaatlichen Regelungen verstanden und entspricht auch dem PECL‑Ansatz.401

b)  Rechtsfolge und Umfang des Schadensersatzanspruchs Der Anspruch auf Schadensersatz ist regelmäßig auf eine Kompensation des Verlusts in Geld unter Berücksichtigung der Differenzhypothese gerichtet, dies folgt aus der allgemeinen Festlegung des Schadensersatzmaßstabs in Art. III. – 3:702 DCFR.402 Der Begriff des Verlusts ist nach der Konkretisierung des Art. III. – 3:701 Abs. 3 DCFR weit gefasst und schließt neben materiellen Verlus­ ten (z. B. Gewinn, Wertminderung) auch immaterielle Verluste (z. B. Schmer­ zen oder Leid) mit ein. Die Einbeziehung der Nichtvermögensschäden wurde zu Recht kritisiert, da dies die Gefahr einer grenzenlosen Schadensersatzpflicht 397  Eingehend dazu Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Ent­ wurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, 209 ff. 398 Verschulden ist hingegen für Schadensersatzansprüche nach der PauschalreiseRL (a. F.) sowie der HandelsverterterRL erforderlich, vgl. insgesamt dazu Magnus, ZEuP 2007, 260, 265 f. 399 Dies zu Recht kritisierend Remien, in: Schulze/Schulte-Nölke/Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 145. 400 Der Entschuldigungsgrund geht u. a. zurück auf Art. 8:108 PECL; insgesamt dazu auch Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optiona­ les europäisches Kaufrecht, S. 205, 209; Magnus, ZEuP 2007, 260, 275; ferner entspricht dies den ACQP, ders., in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 227; siehe auch Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäi­ schen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 331, 343 f. 401 Nach von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. III. – 3:101, S. 771; ebenfalls entspricht dies den ACQP, Magnus, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 227. 402  Näher hierzu die Kommentierung von von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. III. – 3:702 DCFR; Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 331, 349 f.

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Vierter Teil: Sanktionen

involviert.403 Im Hinblick auf den Umfang des Schadensersatzes soll eine Be­ grenzung der verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung durch die in Art. III. – 3:703 DCFR normierte Vorhersehbarkeitsregelung bewirkt werden. Demnach haftet der Schuldner nur für solche Verluste, die er bei Eingehung der Verpflichtung vorhersehen konnte oder hätte müssen, es sei denn die Nicht­ erfüllung war vorsätzlich, leichtfertig oder grob fahrlässig. Im Ergebnis kann die Begrenzung des Umfangs aber keine Entlastung eines schuldlos handelnden Schuldners bewirken.404

6.  Außervertraglicher Anspruch auf Schadensersatz Des Weiteren kann bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen auch ein Anspruch auf Schadensersatz aus außervertraglicher Haftung aus Art. VI. – 1:101 ff. DCFR in Betracht kommen.405 Art. VI. – 1:101 DCFR ist als Grund­ lage (basic rule) des Schadensersatzanspruchs für außervertragliche Haftung zu verstehen, bildet selbst aber keine selbständige Anspruchsgrundlage.406 Als Grundvoraussetzungen der außervertraglichen Haftung fordert die „basic rule“ einen rechtlich relevanten Schaden, der in Verantwortlichkeit des Schädi­ gers verursacht wurde.407 Die Haftungsvoraussetzung des rechtlich relevanten 403  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 539 be­ zeichnen dies bezogen auf Buch VI als „Gefahr einer uferlosen Haftung“; die Haftung für Nichtvermögensschäden ist ebenfalls als spezielle Regelung in den ACQP, jedoch mit dem Versuch der Einschränkung einer zu extensiven Anwendung enthalten; vgl. dazu Zoll, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 195, 208, welcher diesen u. a. auf die immateriellen Schadensersatzanspruch für entgangene Urlaubs­ freude wegen Nichterfüllung und somit der Leitner-Entscheidung des EuGH zurückführt, EuGH, Urteil vom 12.03.2002, Rs. C – 168/00, (Simone Leitner/TUI Deutschland GmBH & Co. KG); vgl. auch Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, 215 f. m. w. N.; unkritisch hingegen M ­ agnus, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 227 f.; ebenso Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.) – Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 331, 345. 404  Eine kritische Auseinandersetzung mit verdeutlichenden Beispielen bietet Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, 209 ff.; für eine begrenzte Entlastungsmöglichkeit und damit wohl strenger Magnus, ZEuP 2007, 260, 274 f.; ders., in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 227, weist jedoch auch auf die fehlende Basis der Vorher­ sehbarkeit in den ACQP hin; warum dieses Kriterium im Rahmen der außervertraglichen Haf­ tung gefordert wird erschließt sich nach Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 331, 351 f. nicht. 405  Regelungen des vertraglichen Schadensersatzes kritisch vergleichend mit denen der außervertraglichen Haftung Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäi­ schen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 331, 332 ff. 406  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume II, Comments Art. VI. – 1:101 DCFR, S. 3083 ff.; ferner Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privatund Wirtschaftsrecht, S. 331, 332; allgemein zur außervertraglichen Haftung auch Magnus, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 211, 230. 407  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume II, Comments Art. VI. – 1:101 DCFR,



D.  Anspruch auf Schadensersatz213

Schadens wird in Art. VI. – 2:201 ff. DCFR näher konkretisiert.408 Explizit aus­ geschlossen wird die Haftung wiederum für durch höhere Gewalt entstandene Schäden.409 Im Rahmen der außervertraglichen Haftung umfasst der Ersatz des rechtlich relevanten Schadens nach Art. VI. – 2:101 Abs. 4 DCFR neben dem materiel­ len Verlust auch den auf Schmerzen und Beeinträchtigung der Lebensqualität begrenzten immateriellen Verlust.410 In den Art. VI. – 2:201 ff. DCFR werden einzelne relevante Schäden wie Verletzung von Körper, Gesundheit, der Privat­ sphäre usw. determiniert. Grundsätzlich ist der Zustand wiederherzustellen, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde, Art. VI. – 6:101 Abs. 1 DCFR. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift soll die Art der Gewährung des Schadensersatzes, d. h. Kompensation in Geld oder auf andere Weise, im richterlichen Ermessen liegen. Zwar mag an dieser Stelle das Argument des Vertrauens in den Richter angeführt werden,411 allerdings darf nicht der Charakter des DCFR als eines vereinheitlichenden Regelwerkes außer Acht gelassen werden, welches i. S. d. Kohärenz und Rechtssicherheit möglichst klarer Regelungen bedarf und nicht über eine spezielle Institution der Judikative verfügt. Auch wenn bei vorvertraglichen Pflichtverletzungen daher ein Anspruch auf Schadensersatz aus außervertraglicher Haftung in Betracht kommt, wäre der Anspruch aus Art. II. – 3:109 Abs. 3 i. V. m. Art. II. – 3:501 DCFR412 als für den Geschädigten unkomplizierter und somit vorzugswürdig zu erachten.413 Für den Kollisionsfall verschiedener Regelungen bestimmt Art. VI – 1:103 lit. c) DCFR, dass auf anderen Rechtsgründen beruhende Rechtsbehelfe unberührt bleiben.414 Für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen regelt Art. II. – 3:109 DCFR gerade besondere Sanktionen.415 Dieser Vorschrift ist als lex speS. 3083 ff.; Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschaftsrecht, S. 331, 342, 351 f., der jedoch die unterschiedliche Behandlung der Haf­ tungsregime in Bezug auf das bei außervertraglichen Haftungen fehlende Vorhersehbarkeits­ kriterium kritisiert; siehe auch MüKo BGB/Oetker, § 249 BGB, Rn. 554, nach dessen Auffas­ sung der Grundbegriff des rechtlich relevanten Schadens zu vage erscheint. 408  Siehe dazu bereits Fn. 382 in diesem vierten Teil. 409  Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirt­ schaftsrecht, S. 331, 339, dieser kritisiert jedoch die fehlende Abstimmung mit dem Entschul­ digungsgrund des vertraglichen Schadensersatzanspruchs aus Art. III. – 3:104 DCFR. 410  Die entsprechende Regelung zum vertraglichen Schadensersatzanspruch geht weiter und bezieht in die Ersatzfähigkeit explizit auch entstandenes Leid ein; dies wohl übersehend MüKo BGB/Oetker, § 249 BGB, Rn. 554. 411  Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirt­ schaftsrecht, S. 331, 349. 412  Siehe zuvor S. 205. 413  So ausdrücklich von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:501, S. 262. 414  Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirt­ schaftsrecht, S. 331, 339. 415  Siehe oben, S. 141 f.

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Vierter Teil: Sanktionen

cialis gerade gegenüber der außervertraglichen Haftung Vorrang einzuräumen, insbesondere als es in der Sanktionsnorm an einem ausdrücklichen Verweis auf einen Anspruch aus außervertraglicher Haftung als weitere möglicher Sankti­ on fehlt. Somit ist Art. II. – 3:109 DCFR als vorrangig und für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen abschließend anzusehen, das Recht der außer­ vertraglichen Haftung vermag die vertragsrechtlichen Ansprüche nicht zu ver­ drängen.416

III.  Der Anspruch auf Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung nach dem GEK‑Vorschlag Auch im GEK‑Vorschlag kann die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten eine Schadensersatzpflicht des Unternehmers begründen. Allerdings besteht die Besonderheit im Vergleich zu einigen nationalen Rechtsordnungen wie auch dem deutschen Recht darin, dass der Schadensersatzanspruch explizit als Sanktion für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten in Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag geregelt ist.417

1.  Spezieller Schadensersatzanspruch für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten nach Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag Bei Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht sieht Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag als Grundregel und spezielle Anspruchsgrundlage bei vor­ vertraglichen Informationsverstößen einen Anspruch auf Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens vor.418 Dies erinnert an den ebenfalls im besonderen Sanktionsregime vorgesehenen Schadensersatzanspruch des DCFR.419 Aller­ dings ist im DCFR der Schadensersatzanspruch aufgrund der systematischen Verortung in Art. II. – 3:109 Abs. 3 DCFR wohl nicht als Grundregel, sondern als einer mehrerer Rechtsbehelfe anzusehen, wobei dort das Konkurrenzver­ hältnis nicht hinreichend geklärt erscheint.420 Zudem fehlt es an einem Verweis auf die allgemeinen schadensersatzrechtlichen Bestimmungen in Art. 159 ff. GEK‑Vorschlag.421 Der fehlende Verweis spricht wohl für die Qualifikation als

416 

von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume II, Comments Art. VI. – 1:103 DCFR; Schmidt-Kessel, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschafts­ recht, S. 331, 339. 417  Zumindest fehle es insofern in den meisten Rechtsordnungen an einer solch klaren Re­ gelung, vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 3; nach deut­ schem Recht existiert z. B. lediglich ein allgemeiner Anspruch aus c. i. c. für vorvertragliche Pflichtverletzungen, eingehend dazu in diesem vierten Teil unter D. I. 418  Zur Sanktionsnorm des Art. 29 GEK‑Vorschlag siehe bereits S. 142 ff. 419  Siehe oben S. 204 ff. 420  Siehe oben S. 141, S. 204 ff., S. 213 f. 421  Huber, euvr 2013, S. 197, 210.



D.  Anspruch auf Schadensersatz215

lex specialis-Regelung und erscheint unter Betrachtung der im DCFR nicht hin­ reichend klaren und problematischen Konkurrenzen vorzugswürdig.

a)  Wesentliche Voraussetzungen Im Gegensatz zum Schadensersatzanspruch des Art.  II. – 3:109 Abs.  3 DCFR setzt die Schadensersatzpflicht wegen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzung gem. Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag zunächst einen Vertrags­ schluss voraus.422 Als weitere wesentliche Voraussetzung muss eine in Kapitel 2 normierte vorvertragliche Informa­tions­pflicht verletzt worden sein. Nach dem Wortlaut des Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag ist eine solche Verletzung durch Nichterfüllung der vorvertraglichen Informa­tions­pflicht verwirklicht. Aller­ dings ist Art. 29 GEK‑Vorschlag nicht isoliert, sondern gemeinsam mit Art. 28 GEK‑Vorschlag zu betrachten, woraus sich der im GEK‑Vorschlag angelegte Gleichlauf zwischen Nicht- und Falschinformation ergibt.423 Somit kann der als Grundsanktion vorgesehene Schadensersatzanspruch nicht nur in Fällen der Nichtinformation geltend gemacht werden, sondern erfasst auch Verletzun­ gen durch falsche oder irreführende Informationen.424 Dieser Gleichlauf ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen. Für den Fall der Verletzung der Informa­tions­pflichten aus Kapitel 2 verzich­ tet Art. 29 GEK‑Vorschlag auf ein Verschuldenserfordernis und normiert somit einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch.425 Dies wird teil­ weise unter Verweis auf die Entwicklung der Rechtsvereinheitlichung als hin­ zunehmend erachtet, da die Einführung des deutschen Verschuldensprinzips als unmöglich erscheint.426 Dieser Verzicht wird in der Literatur aber auch nicht un­ kritisch gesehen und von Teilen als konzeptionell widersprüchlich betrachtet.427 422 Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, Rn. 6; Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 107, Fn. 85. 423 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 6  ff.; Schulze/ Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, Rn. 6; differenzierend, aber einen Gleich­ lauf wohl ebenfalls befürwortend Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemein­ sames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 107, 122, Rn. 36. 424 Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, Rn. 6; Schmidt-Kessel/ Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 4. 425 Vgl. Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ebenso und dies als vorzugswürdig erachtend Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 4 m. w. N.; Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 107, 121, Rn. 32; ders., AcP 212 (2012), 581, 660; Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113, 124; Druschel, S. 176. 426  So wohl Kieninger, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kauf­ recht?, S. 205, 209. 427 So Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; kritisch zu den ebenfalls verschuldensunabhängigen allgemeinen Schadensersatzregeln auch SchmidtKessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 159 GEK‑E, Rn. 4; in diesem Kontext ebenfalls kritisch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 791 f.

216

Vierter Teil: Sanktionen

Insbesondere wird aus Sicht der Praxis das im Gesamten dem Unternehmer zu­ gewiesene Informationsrisiko und damit einhergehende erhebliche Haftungs­ risiko kritisiert.428 Dies trägt zwar dem intendierten Verbraucherschutz­gedanken Rechnung, erscheint aber insbesondere im Hinblick auf die weitreichenden In­ formationsanforderungen nicht unproblematisch und könnte gar als zu weitrei­ chende Benachteiligung der Unternehmer qualifiziert werden.

b)  Rechtsfolgen und Umfang des Schadensersatzanspruchs Im Gegensatz zu Art. 159 GEK‑Vorschlag ist in Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag nicht von Schadensersatz (näher bestimmt in Art. 2 lit. g) GEK‑VO-Vorschlag als Ersatz in Form eines Geldbetrages), sondern vom Ersatz des durch die Pflicht­ verletzung entstandenen Verlusts die Rede.429 Nach überwiegender Auffassung bezieht sich der Anspruch aus Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag jedoch ebenso auf die Zahlung von Geld, eine Aufhebung oder Anpassung des Vertrags soll nach dieser Anspruchsgrundlage nicht in Betracht kommen.430 Diese Auffassung ist insbesondere vor dem Hintergrund des umstrittenen Umfangs der Rechtsfolge gemäß der deutschen c. i. c.‑Haftung begrüßenswert, allerdings sollte im Falle einer künftigen Revision eine Klarstellung wie zu den allgemeinen Schadens­ ersatzregelungen erfolgen. Die Grundregel eines monetären Schadensersatz­ anspruchs durch hinreichend klare Regelung ist als grundsätzlich ausreichende und begrüßenswerte Sanktion vorvertraglicher Informationsverstöße zu werten. Dem Wunsch des Unternehmers an der Aufrechterhaltung des Vertrages trotz Informationspflichtverletzung kann somit nachgekommen werden, ohne den In­ formationsberechtigten schutzlos zu stellen, indem dieser eine angemessene und ausreichende Kompensation des Verlusts in Geld verlangen kann.

c)  Schadensersatz für Verluste infolge Irrtums oder arglistiger Täuschung Art. 55 GEK‑Vorschlag In Anlehnung an Art. II. – 7:214 DCFR431 regelt Art. 55 GEK‑Vorschlag einen eigenständigen irrtumsspezifischen Schadensersatzanspruch als weitere mögli­ che Folge einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung.432 Ebenso wie 428 

Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113, 124.

429  Siehe z. B. Piers, ZEuP 2012, 867, 876 f.; Krüger, GPR 2014, 182, 190. 430 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 5;

Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 107; Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 107, 121, Rn. 33; Krüger, GPR 2014, 182, 190. 431  Dazu oben, S. 208 ff. 432  Vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 29; S ­ chulze/ Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 2, 8; vgl. ferner Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 1 ff.; Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 113; Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/



D.  Anspruch auf Schadensersatz217

nach dem DCFR besteht der Anspruch unabhängig von der Ausübung des An­ fechtungsrechts. Grundvoraussetzung ist jedoch ein zunächst bestehendes An­ fechtungsrecht und der Verlust dieses Rechts durch zwischenzeitlich eingetre­ tenen Fristablauf oder Bestätigung.433 Weiterhin ist unter anderem ein Verlust infolge Irrtums oder arglistiger Täuschung erforderlich, was wiederum die Ver­ knüpfung des Schadensersatzanspruchs mit dem Irrtumsrecht verdeutlicht. Ob dieser Anspruch verschuldensunabhängig konzipiert ist oder nicht, wird nicht hinreichend klar,434 denn ob sich ein Verschuldenserfordernis aus der Voraus­ setzung der Kenntnis der anderen Partei der maßgebenden Umstände oder des Kennenmüssens ableiten lässt, erscheint fraglich.435 Kannte die andere Partei die maßgeblichen Umstände oder musste sie diese kennen, ist bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen der Anspruch aus Art. 55 GEK‑Vorschlag wohl ohne zusätzliches Verschuldenserfordernis als erfüllt anzusehen.436 Des Weiteren wird nach teilweiser Auffassung die in Art. 55 GEK‑Vorschlag angelegte Verknüpfung des Schadensersatzanspruchs mit dem Anfechtungs­ recht als problematisch erachtet.437 Im Hinblick auf die weitreichende Wirkung der ex tunc-Nichtigkeit des Vertrags durch Ausübung des Anfechtungsrechts er­ fordert diese gerade einen wesentlichen Irrtum; dies scheint für einen auf Ent­ schädigung in Geld gerichteten Schadensersatz gerade nicht geboten und sollte zur Vermeidung ungerechtfertigt hoher Anforderungen auch nicht einfach über­ tragen werden.438 Allerdings handelt es sich hier wie auch beim DCFR um ein grundlegendes dogmatisches Problem, das für die vorliegend maßgeblich be­ trachteten Verletzungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten insofern irrele­ vant ist, da für diese der Schadensersatzanspruch aus Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vor­ schlag greift.439 Kritisiert werden kann ferner die fehlende, aber überzeugende Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 198, sieht fer­ ner eine Paralle zu Art. II. – 7:204 DCFR. 433  Vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 29; S ­ chulze/ Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 3; vgl. ferner Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 1; Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein ein­ heitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 113. 434  Vgl. Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 1; unkritisch jedoch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 29; wohl auch Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 11 ff. 435  Unklar Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 1. 436  Ebenso wohl Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 29; wohl auch Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 11 ff. 437 Dies explizit kritisierend Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 2. 438  Ebenso Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 2; kritisch auch Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 198 f., der die Regelung des Art. 4: 106 PECL präferiert. 439  I. E. übereinstimmend und in diesem Zusammenhang Art. 55 GEK‑Vorschlag als ge­ genstandslos wertend Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 199; zurückhaltender, aber aus diesem Grund

218

Vierter Teil: Sanktionen

Differenzierung zwischen ausgeübter und nichtausgeübter Anfechtung wie nach dem DCFR, was im Gegensatz zu den sonstigen Übereinstimmungen zu negativ zu bewertenden Unklarheiten führt.440 Ersatzfähig ist demnach wohl grundsätz­ lich der Vertrauensschaden.441 Im Hinblick auf das Verhältnis des Schadens­ ersatzanspruchs des Art. 55 GEK‑Vorschlags zur speziellen Haftung für vorver­ tragliche Informa­tions­pflichtverletzung nach Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag ist mit der vorwiegenden Meinung von einer Anspruchskonkurrenz auszugehen.442 Erfüllt eine vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung des Unternehmers demnach die Voraussetzungen eines Anfechtungsrechts, so haftet er demzufol­ ge nach Art. 55 GEK‑Vorschlag auch für dadurch entstandene Verluste.443 Für ein Ausschlussverhältnis der Ansprüche könnte zwar in diesem Zusammenhang sprechen, dass Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag entsprechend der lex specialisRegelung des Art. 4 Abs. 3 GEK‑Vorschlag als spezieller Anspruchsgrundlage im Konfliktfall eine Vorrangstellung zukommen muss. Dagegen spricht jedoch die Verweisung des Art. 29 Abs. 3 GEK‑Vorschlag auf die Abhilfen des An­ fechtungsrechts nach Art. 48 und 49 GEK‑Vorschlag, die als Voraussetzung der irrtumsspezifischen Haftung gerade neben Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag An­ wendung finden sollen. Die explizite Nichteinbeziehung des Art. 55 GEK‑Vor­ schlag erscheint nicht zwingend erforderlich. Da dieser aber gerade an die Stel­ le des Anfechtungsrechts treten soll, wäre aus Gründen der Rechtssicherheit an dieser Stelle eine Klarstellung wünschenswert.

2.  Allgemeiner Schadensersatzanspruch nach Art. 159 GEK‑Vorschlag Die Vorschrift des Art. 159 GEK‑Vorschlag kann als Grundregelung des all­ gemeinen Schadensersatzrechts wegen Nichterfüllung verstanden werden und ist in Verbindung mit anderen Verweisungsnormen als Anspruchsgrundlage an­ zusehen.444 Bezogen auf die Sanktionsregelung des Art. 29 GEK‑Vorschlag wohl ebenfalls relativierend Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 2; unklar hingegen Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 5, der sich auf den Hinweis beschränkt, dass die Vorschrift i. V. m. Art. 28 und 29 GEK‑Vorschlag zu lesen ist. 440 Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art.  55 CESL, Rn. 18 ff.; Looschelders, in: ­Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 107, 123, Rn. 37, geht hingegen unkritisch von einer Berücksichtigung der Anfechtung im Rahmen der Schadensberechnung aus. 441 Vgl. Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 196, soweit nicht zusätzlich Art. 69 GEK‑Vorschlag greift. 442 So ausdrücklich Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 107, 123, Rn. 37; Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 113. 443  Benninghoff, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 87, 113; Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 29. 444  So z. B. i. V.m. Art. 106 GEK‑Vorschlag, Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 159 GEK‑E, Rn. 1; Schulze/Možina, CESL Commentary, Art. 159 CESL, Rn. 1.



D.  Anspruch auf Schadensersatz219

wurde zum Teil kritisiert, dass es an einem Verweis auf die allgemeinen Scha­ densersatzregelungen in Art. 159 ff. GEK‑Vorschlag fehle.445 Ob ein Verweis tatsächlich erforderlich ist oder das Fehlen des Verweises auf eine Anspruchs­ konkurrenz hindeutet, erscheint fraglich. In jedem Fall wirft das Fehlen der klarstellenden Regelung die Frage der Anwendbarkeit dieser Vorschriften auch für vorvertragliche Informationsverstöße sowie des Verhältnisses zur speziellen Schadensersatzregelung des Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag auf. Nach teilweiser Literaturauffassung können die allgemeinen Schadensersatzregelungen grund­ sätzlich ebenfalls auf vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen Anwen­ dung finden446 und wären demnach als weitere Sanktion nach dem GEK‑Vor­ schlag zu qualifizieren. Für diese Ansicht spricht das Argument des Fehlens einer expliziten Vorrangregel in der Sanktionsnorm. Insofern erscheint die An­ nahme einer Anspruchskonkurrenz ebenso wie im Fall des Art. 55 GEK‑Vor­ schlags gut vertretbar. Zudem scheint es nicht ersichtlich, warum dem Informa­ tionsberechtigten, dem eine zusätzliche Sanktionsmöglichkeit eingeräumt wird, ein Rückgriff auf das allgemeine Schadensrecht verwehrt bleiben soll, wenn die Voraussetzungen ebenso erfüllt sind. Gegen die Annahme einer Anspruchskon­ kurrenz lassen sich jedoch folgende Aspekte anführen. Erstens kann aus der An­ nahme des Nebeneinanders des Art. 55 und Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag nicht einfach auch die Anwendbarkeit der Art. 159 ff. GEK‑Vorschlag geschlossen werden. Der wesentliche Unterschied besteht nämlich darin, dass im Gegen­ satz zu dem fehlenden Verweis auf die allgemeinen Schadensersatzansprüche durch Art. 29 Abs. 3 GEK‑Vorschlag gerade auf die Anwendbarkeit der Anfech­ tungsrechte verwiesen wird,447 folglich hier also gerade ein Verweis existiert. Dass sich dieser Verweis auf die Art. 48 und 49 GEK‑Vorschlag bezieht und nicht auch Art. 55 GEK‑Vorschlag erwähnt, wird als redaktionelles Versehen zu werten sein. Hierfür spricht, dass der irrtumsrechtliche Schadensersatz ge­ nerell ein solches durch die Verweisung erfasstes Anfechtungsrecht voraussetzt und an dessen Stelle geltend gemacht werden kann. Relativierend wird inso­ fern die Sanktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten auch nach Art. 159 ff. GEK‑Vorschlag erwogen, soweit nicht (neben Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag), eine Haftung aus Art. 55 GEK‑Vorschlag in Betracht kommt.448 Des Weiteren könnte die lex specialis-Regelung des Art. 4 Abs. 3 GEK‑Vorschlag für einen 445 

Huber, euvr 2013, 197, 210. GEKR‑Kommentar, Art. 159 GEK‑E, Rn. 4; von einer Erfas­ sung auch von Nebenpflichten ausgehend auch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 791; dies wohl ablehnend Schulze/Možina, CESL Commentary, Art. 159 CESL, Rn. 1; Piers, ZEuP 2012, 867, 877; zweifelnd Wendehorst, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 195 f., Rn. 9 ff.; dies offenlassend Looschelders, AcP 212 (2012), 581, 660. 447  S. o. S. 142 f. 448  So Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 159 GEK‑E, Rn. 4; nicht gänz­ lich klar, aber wohl ebenso Schulze/Možina, CESL Commentary, Art. 159 CESL, Rn. 8 f. 446 Schmidt-Kessel/Remien,

220

Vierter Teil: Sanktionen

Vorrang des Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag als spezifische Sanktion vorvertrag­ licher Informa­tions­pflichtverletzungen gegenüber den allgemeinen Schadens­ ersatzregelungen sprechen. Aufgrund des speziellen Schadensersatzanspruchs als Sanktion für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen wäre ein sol­ cher Verweis dann nicht nur entbehrlich, sondern vielmehr vorzugswürdig, um mögliche Inkohärenzen zu vermeiden. Aus Gründen der Rechtssicherheit not­ wendig und wünschenswert ist eine klarstellende Regelung des Verhältnisses der verschiedenen Schadensersatzansprüche zueinander, die bislang gänzlich unklar erscheint.

3.  Kein außervertraglicher Schadensersatzanspruch nach dem GEK‑Vorschlag Generell sind im GEK‑Vorschlag keine außervertraglichen Ansprüche geregelt, sodass bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen eine außervertrag­ liche Haftung im Gegensatz zum nationalen Recht grundsätzlich nicht in Be­ tracht kommt. Neben der speziellen Haftung für vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzungen kann jedoch unter Umständen an eine allgemeine Haftung aus Art. 2 Abs. 2 GEK‑Vorschlag zu denken sein, wobei aufgrund der offenen Formulierung die Qualifikation als Anspruchsgrundlage zum Teil bezwei­ felt wird.449 Aufgrund der lex specialis-Regelung des Art. 4 Abs. 3 GEK‑Vor­ schlags ist für die Verletzung der in Kapitel 2 normierten besonderen vorver­ traglichen Informa­tions­pflichten jedoch der spezielle Schadensersatzanspruch des Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag einschlägig, ein Rückgriff auf Art. 2 Abs. 2 GEK‑­Vorschlag ist hingegen lediglich bei der Verletzung einer allgemein aus Treu und Glauben resultierenden Pflicht zulässig.450

4.  Weitere Konkurrenzfragen des Schadensersatzanspruchs im GEK‑Vorschlag Leider fällt im Rahmen der schadensrechtlichen Bestimmungen des GEK‑­ Vorschlags die fehlende Kohärenz mangels eindeutiger Konkurrenzregelung auf.451 So ist das Verhältnis des Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag zum c. i. c.-ähn­ lichen Anspruch des Art. 2 Abs. 2 GEK‑Vorschlags ebenso unklar wie das Ver­ hältnis zum gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzanspruch (geregelt in 449  Zweifelnd beispielsweise Looschelders, AcP 212 (2012), 581, 660 f. m. w. N.; hingegen wohl zutreffend von einer Anspruchsgrundlage ausgehend Schulze/Možina, CESL Commen­ tary, Art. 159 CESL, Rn. 8; Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 159 GEK‑E, Rn. 4; Krüger, GPR 2014, 182, 190 f. 450  Vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 10; die feh­ lende Regelung des Konkurrenzverhältnisses kritisierend Jansen, ZEuP 2012, 741, 764 f. 451 Dies ebenfalls kritisierend Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art.  29 CESL, Rn. 12; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ­Jansen, ZEuP 2012, 741, 764 f.



D.  Anspruch auf Schadensersatz221

Art. 106 Abs. 1 lit. e) GEK‑Vorschlag).452 Art. 106 GEK‑Vorschlag statuiert Abhilfen des Käufers, wenn der Verkäufer eine Verpflichtung nicht erfüllt.453 Grundsätzlich ist der Begriff der Nichterfüllung weit zu verstehen.454 Da die Regelung keine nähere Spezifizierung der nichterfüllten Verpflichtung vorsieht, stellt sich die Frage, ob die Rechtsbehelfe des Art. 106 GEK‑Vorschlag auch auf Fälle der Nichterfüllung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten Anwen­ dung finden sollen. Ebenfalls ungeklärt bleibt das Verhältnis zum allgemeinen Schadensrecht der Art. 159 ff. GEK‑Vorschlag.455 Diese Unklarheiten müssen in einer künftigen Revision beseitigt werden.

IV.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Mangels sekundärrechtlicher Regelung eines Schadensersatzanspruchs ist ein solcher allein nach nationalem Recht eine mögliche Sanktion vorvertrag­ licher Informa­tions­pflichtverletzungen. Der klassische Anwendungsbereich der c. i. c.‑Haftung erfasst Fälle der vorvertraglichen Pflichtverletzung und damit auch vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen. Ausdrücklich zu begrüßen ist die jeweils eigenständige und spezielle Sanktionsregelung eines speziellen Schadensersatzanspruchs für vorvertragliche Informa­ tions­ pflichtverletzungen. Im Rahmen des Sanktionsregimes sieht der DCFR bei Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten einen verschuldensunab­ hängigen Schadensersatzanspruch vor, ebenso kodifiziert der GEK‑Vorschlag explizit den Schadensersatzanspruch als Sanktion und in Form einer Grund­ regel. Allerdings fehlt es jeweils an klarstellenden Konkurrenzregelungen der einzelnen Schadensersatzansprüche in den Regelwerken zueinander, sodass insbesondere das Verhältnis zu allgemeinen Rechtsfolgen und den allgemeinen schadensrechtlichen Vorgaben unklar bleibt.456 Auch ist die ebenfalls in beiden Regelwerken zum Ausdruck kommende Koppelung des Schadensersatzes an das Anfechtungsrecht kritisch zu betrachten. Vorzugswürdig wäre es insgesamt auf eine solche Verknüpfung zu verzichten und stattdessen für vorvertragli­ che Informa­tions­pflichtverletzungen eine autonome und allgemeine, verschul­ densunabhängige Haftung nach dem Vorbild der c. i. c. zu kodifizieren.457 Dies würde nicht nur den Aspekten des Verbraucherschutzes und der Rechtssicher­ 452  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; Jansen, ZEuP 2012, 741, 764 f. 453  Eingehend dazu Walch, euvr 2012, 136 ff. 454  Walch, euvr 2012, 136, 137 m. w. N. 455  Siehe bereits zuvor S. 218 ff. 456 Speziell zum GEK‑Vorschlag Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 29 CESL, Rn. 12; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ­Jansen, ZEuP 2012, 741, 764 f. 457 Ebenso Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 199.

222

Vierter Teil: Sanktionen

heit dienen, sondern grundsätzlich auch dem Ansatz des nationalen Rechts Rechnung tragen und die im DCFR und GEK‑Vorschlag angelegten Sanktionen des Schadensersatzanspruchs optimieren.

E.  Anfechtung des Vertrags Sowohl nach deutschem Recht, als auch nach den Entwürfen zum GEK‑­ Vorschlag sowie dem DCFR ist die Möglichkeit der Anfechtung des Vertrags aufgrund einer nicht oder unrichtig erteilten Information als eine mögliche Sanktion der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung vorgesehen. Auch wenn es verfehlt wäre, in jeder Verletzung einer Informa­tions­pflicht sogleich das Vorliegen eines zur Anfechtung des Vertrags berechtigenden Irr­ tums oder Willensmangels zu sehen, kann unter Umständen ein Zusammenhang zwischen der Informa­tions­pflichtverletzung und einem für den Vertragsschluss kausalen Willensmangel bestehen. Betrachtet man die zuvor dargestellten Ka­ tegorien der zu erteilenden Informationen,458 so erscheint in der Praxis eine sol­ che Konstellation insbesondere im Hinblick auf die vorvertragliche Informa­ tions­pflicht über die Identität des Vertragspartners oder die wesentlichen Eigenschaften der Ware als Gegenstand des Vertrages denkbar. Folglich ver­ mag nicht jede Informa­tions­pflichtverletzung zur Anfechtung des Vertrags be­ rechtigen, sondern die Anfechtung wird wie im Folgenden dargelegt nur unter besonderen Umständen als Sanktion einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht in Betracht kommen. Allgemein ruft die Existenz eines Willensmangels bei Vertragsschluss einen Konflikt der gegenläufigen Interessen der Parteien hervor.459 Die irrende oder getäuschte Partei möchte sich vom Vertrag lösen, den sie ohne den Willensman­ gel nicht geschlossen hätte. Im Gegenzug ist der Vertrauensschutz der anderen Partei zu berücksichtigen, der es daran gelegen ist, am Vertrag festzuhalten, ins­ besondere wenn der Irrtum versehentlich, z. B. durch eine fahrlässige Verlet­ zung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten, hervorgerufen wurde. Diesen Konflikt zwischen fehlerfreier Willensbildung und Gewährleistung von Rechts­ sicherheit gilt es im Rahmen der Anfechtungsregeln zu lösen und einen Interes­ senausgleich zu schaffen. Einen wichtigen Bestandteil der Vertragsfreiheit stellen die Bestimmun­ gen über Willensmängel als bedeutender Kernbestand kontinentaleuropäischer Rechtstradition dar.460 Vergleicht man die Regelungen des Anfechtungsrechts 458 

Siehe S. 118 ff. Ernst, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäi­ schen Privatrechts, Band I, S. 909 f.; i. d. S. auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chap­ ter 3, Rn. 105. 460 Siehe Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 105; Regelungen über Wil­ 459 Siehe



E.  Anfechtung des Vertrags223

in den Mitgliedstaaten der EU, so sind sowohl Konvergenzen als auch beste­ hende Divergenzen zu erkennen. So kann das Anfechtungsrecht wegen Irrtums, trotz teilweise erheblicher Unterschiede in der Ausgestaltung der Rechtsord­ nungen der Mitgliedstaaten,461 dennoch als Gemeinsamkeit des Europäischen Vertragsrechts bewertet werden.462 Im Gegensatz dazu herrscht im Hinblick auf das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung im europäischen Vergleich ein weitgehender Einklang und dieser ist entsprechend auch in einigen verglei­ chenden Regelwerken wie z. B. dem DCFR oder dem GEK‑Vorschlag zu fin­ den.463 Im Folgenden sollen daher Voraussetzungen und Regelungen der An­ fechtung des Vertrages wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung analysiert und vergleichend betrachtet werden.

I.  Anfechtungsrecht auf nationaler Ebene Unter Umständen kommt als Sanktion auch die Anfechtbarkeit des E‑Com­ merce- oder Fernabsatzvertrags bei Verletzung einer vorvertraglichen Informa­ tions­pflicht nach allgemeinen Vorschriften in Betracht.464 Zu betonen ist jedoch, dass das Anfechtungsrecht im BGB nicht als spezielle Sanktion für vor­ vertragliche Informationspflichtverletzungen geregelt ist. Die Anfechtbarkeit des Vertrags bestimmt sich nach den allgemeinen Anfechtungsregeln, mit ande­ ren Worten begründet eine Verletzung nicht per se die Anfechtbarkeit des Ver­ trags, kann dies aber tun.465 Somit kann eine vollständig unterlassene oder eine falsche Information über beispielsweise die Identität des Unternehmers oder lensmängel selbst gelten allerdings nicht als Kernbestand des acquis, vgl. Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 121; ähn­ lich auch Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 231. 461  Vgl. dazu nur Kötz, Europäisches Vertragsrecht, § 9, S. 245, wonach „die europäischen Rechtsordnungen eine recht verwirrende Fülle unterschiedlicher Gesichtspunkte verwenden, um zu entscheiden, ob ein Vertrag wegen Irrtums für ungültig erklärt werden darf oder nicht.“; von „substantial differences“ ist die Rede bei von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Vo­ lume I, Art. II. – 7:201 DCFR, S. 457, 461; siehe auch Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 231 m. w. N.; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 105. 462 Vgl. Ernst, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäi­ schen Privatrechts, Band I, S. 909, 910; siehe auch Kramer, ZEuP 2007, 247 ff.; Schmidt-­ Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 1; Schulze/Zoll, Europäisches Ver­ tragsrecht, § 3, Rn. 105; kritisch jedoch Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 231, nach deren Ansicht für die Irrtumsanfechtung kein „common core“ als Basis einer gemeineuropäi­ schen Regel besteht. 463  Siehe Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 49 GEK‑E, Rn. 1; vgl. auch die kritische Untersuchung der Anfechtungsregeln des GEK‑Vorschlags von Martens, AcP 211 (2011), 845 ff.; ferner zur Irrtumsanfechtung im GEK‑Vorschlag Jansen, in: Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169 ff. 464 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 4; BeckOK BGB/Martens, § 312d BGB, Rn. 34; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 8; Erman/Arnold, Band I, § 123 BGB, Rn. 13; Weiler, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 13, Rn. 77. 465  So BeckOK BGB/Martens, § 312d BGB, Rn. 14; siehe auch Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 4.

224

Vierter Teil: Sanktionen

die wesentlichen Eigenschaften der Ware zu einem relevanten Irrtum des infor­ mationsberechtigten Verbrauchers führen und ihn möglicherweise zur Anfech­ tung des Vertrags gem. § 119 BGB berechtigen.466 In Betracht kommen grund­ sätzlich die Anfechtungsgründe des Inhalts- und Erklärungsirrtums i. S. d. § 119 Abs. 1 Alt. 1 und 2 BGB, Eigenschaftsirrtum nach § 119 Abs. 2 BGB sowie die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung nach § 123 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB.

1.  Voraussetzungen der Anfechtung Die Voraussetzungen der Anfechtung sind nach nationalem Recht in den §§ 119 ff. BGB geregelt. Das als Gestaltungsrecht konzipierte Anfechtungsrecht erfordert zunächst das Vorliegen eines Anfechtungsgrundes, eine Anfechtungs­ erklärung innerhalb der Anfechtungsfrist und das Nichtbestehen eines Aus­ schlussgrunds.

a) Anfechtungsgrund Grundvoraussetzung der Anfechtung ist zunächst das Bestehen eines Anfech­ tungsgrundes. Die Voraussetzungen eines allgemein geregelten Anfechtungs­ grundes (siehe zuvor unter 1.) müssen demnach mit der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung erfüllt sein.

aa)  Anfechtungsgründe des Inhalts- und Erklärungsirrtums Unter Irrtum ist grunsätzlich das unbewusste Auseinanderfallen von Wille und Erklärung zu verstehen.467 § 119 Abs. 1 BGB regelt die Anfechtungsgründe des Inhalts- und Erklärungsirrtums. Voraussetzung eines Inhaltsirrtums nach Abs. 1 Alt. 1 ist, dass der Erklärende bei der Abgabe seiner Willenserklärung über deren Inhalt im Irrtum war.468 In Bezug auf die vorvertragliche Informa­ tions­pflichtverletzung soll dies an einem praktischen Beispiel verdeutlicht wer­ den: Gemäß Art. 246c Nr. 4 EGBGB trifft den Unternehmer bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber dem Kunden eine Unterrichtungs­ pflicht hinsichtlich der für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Spra­ chen. Wird diese sprachbezogene Informa­tions­pflicht verletzt, ist es denkbar, dass der Kunde sich über die Bedeutung und Tragweite der Erklärung mangels Vertrautheit mit der gegebenenfalls fremden Sprache nicht im Klaren ist und 466 Allgemein zu einem möglichen Anfechtungsrecht BeckOK BGB/Martens, § 312d BGB, Rn. 14, ohne jedoch Beispiele zu nennen; Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 4, nennt weitere Beispiele. 467 Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 7; Erman/Arnold, Band I, § 119 BGB, Rn. 1; Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 407; Leipold, BGB I, § 18, Rn. 4. 468 Dazu bereits Flume, BGB AT, 1965, § 21, S. 417 ff.; Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 411.



E.  Anfechtung des Vertrags225

somit einem Inhaltsirrtum nach Art. 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB unterliegt.469 Eine Anfechtung wegen eines Erklärungsirrtums setzt hingegen voraus, dass der An­ fechtungsberechtigte eine Erklärung diesen Inhalts nicht abgeben wollte, d. h. der äußere Erklärungstatbestand dem Willen des Erklärenden widerspricht.470 Praktische Anwendungsfälle dieses Anfechtungsgrundes sind Fälle des Ver­ sprechens, Verschreibens oder Vertippens,471 was sich insbesondere im E‑Com­ merce durch Eingabefehler auswirken kann. Zu denken ist bei Vertragsschlüssen im Internet an das Fehlen der gem. Art. 246c Nr. 3 EGBGB erforderlichen Infor­ mation über die Möglichkeit der Erkennung und Korrektur von Eingabefehlern vor Vertragsschluss, was dazu führen kann, dass der Kunde aufgrund der feh­ lenden Information einem Erklärungsirrtum unterliegt, da er die tatsächlich ab­ gegebene Erklärung so nicht kundtun wollte.472 Dieses Informationserfordernis soll gerade der Prävention von Willensmängeln dienen.473 Dieses Beispiel ver­ deutlicht die Bedeutung der Informa­tions­pflichten in der für den Verbraucher be­ sonderen Gefährdungssituation des Vertragsschlusses im E‑Commerce474 eben­ so wie den engen Zusammenhang mit der Entstehung von Willensmängeln.475

bb)  Anfechtungsgrund des Irrtums über verkehrswesentliche Eigenschaften der Sache Ferner kommt eine Anfechtungsmöglichkeit wegen eines Eigenschaftsirr­ tums in Betracht, wenn der informationspflichtige Unternehmer eine Informa­ tion über wesentliche Merkmale der Ware nicht oder falsch erteilt und die da­ raus resultierende Fehlvorstellung die Gegenseite kausal zum Vertragsschluss bewegt.476 Wie bereits zuvor dargelegt, ist die Information über wesentliche Eigenschaften der Ware als eine bedeutende Kategorie der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten477 ein für die Sanktion der Anfechtung praktisch denk­ barer Anwendungsfall vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung.478 § 119 Abs. 2 BGB stellt insofern klar, dass als Irrtum über den Inhalt der Er­ klärung auch der Irrtum über solche Eigenschaften der Person oder Sache gilt, 469  Vgl. zu diesem Bsp. Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 4; zur Definition des Inhaltsirrtums siehe Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 11. 470  Flume, BGB AT, 1965, § 21, S. 417 ff.; vgl. näher zur Definition des Erklärungsirrtums, wie z. B. Verschreiben, Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 10; Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 412. 471 Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 10. 472  BT/Drs. 14/6040, S. 173; Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 4; siehe auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 110. 473  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 110. 474  Zur Rechtfertigung der Informa­tions­pflichten aufgrund besonderer Gefährdungslagen bereits oben, S. 44 f. 475  Dazu bereits zu Beginn dieses Abschnittes E., S. 222 f. 476 Ebenso Gießelmann, S. 302. 477  Siehe bereits S. 120 f. 478  Bereits zuvor S. 222.

226

Vierter Teil: Sanktionen

die im Verkehr als wesentlich angesehen werden. Da der Erklärende in diesem Fall über die Eigenschaft des Vertragsgegenstands als außerhalb der Erklärung liegende Wirklichkeit irrt, ist dieser Anfechtungsgrund nicht als spezieller Er­ klärungsirrtum eigener Art zu qualifizieren, sondern vielmehr als ausnahms­ weise beachtlicher Motivirrtum.479 Allgemein ist ein Motivirrtum nach zutref­ fender h. M. ein Irrtum über den spezifischen Beweggrund, der eine Partei zu der konkreten Willensbildung veranlasst und eine Anfechtung der entsprechen­ den Willenserklärung nicht zu rechtfertigen vermag.480 Demnach stellt § 119 Abs. 2 BGB (neben beispielsweise § 123 BGB) eine der Ausnahmen zu der grundsätzlichen Unbeachtlichkeit eines Motivirrtums dar.481 Voraussetzung der Anfechtung wegen Eigenschaftsirrtums ist, dass die Sache selbst Objekt des betreffenden Rechtsgeschäfts ist482 und dass der Irrtum sich auf eine verkehrs­ wesentliche Eigenschaft dieser Sache bezieht. Eine bedeutende vorvertragliche Informa­tions­pflicht betrifft gerade die Information über die wesentlichen Ei­ genschaften der Ware als jeweiligen Gegenstand des Vertrags im elektronischen Geschäftsverkehr oder sonstiger Fernabsatzverträge483 und somit muss sich die Information in diesen Fällen stets auf das Objekt des Rechtsgeschäfts beziehen, das im Wege der jeweils besonderen Vertriebsform abgeschlossen werden soll. Unter Eigenschaften versteht man generell alle wertbildenden Faktoren, nicht aber den Preis selbst.484 Nach der Rechtsprechung sind Eigenschaften nicht nur die natürlichen Beschaffenheitsmerkmale, sondern auch vorhandene tatsächliche und rechtliche Verhältnisse sowie Beziehungen einer Person oder Sache zur Umwelt, soweit sie nach der Verkehrsanschauung für die Wertschät­ zung oder Verwendbarkeit von Bedeutung sind.485 Die Bestimmung der Ver­ kehrswesentlichkeit erfolgt abhängig vom jeweiligen Rechtsgeschäft. Grund­ sätzlich sind nur solche Eigenschaften beachtlich, denen typischerweise bei 479  Siehe auch Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 23; PWW/Ahrens, § 119 BGB, Rn. 34; BeckOK BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 39; Jauernig/Mansel, § 119 BGB, Rn. 11; ähnlich auch Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 416. 480 Siehe BeckOK BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 39 m. w. N.; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 29 m. w. N.; Leipold, BGB I, § 18, Rn. 5 f.; ähnlich auch Jauernig/Mansel, § 119 BGB, Rn. 17; Hk-BGB/Dörner, § 119 BB, Rn. 15. 481  Weitere Ausnahmen bestehen z. B. bei arglistiger Täuschung, § 123 BGB, und im Erb­ recht bei Anfechtung wegen Irrtums oder Drohung, § 2078 Abs. 2 BGB, der Anfechtung wegen Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten, § 2079 BGB, sowie der Anfechtung der Ausschla­ gung, § 2308 Abs. 1 BGB. Siehe dazu auch BeckOK BGB/Wendtlandt, § 119 BGB, Rn. 37 f.; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 23, 29 m. w. N.; PWW/Ahrens, § 119 BGB, Rn. 34; ferner Hk-BGB/Dörner, § 119 BGB, Rn. 15; Jauernig/Mansel, § 119 BGB, Rn. 17. 482 Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 27; Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 418. 483  Siehe S. 120 f. 484  Leipold, BGB I, § 18, Rn. 37; Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 418. 485  Siehe BGH, Urteil vom 14.12.1960 – V ZR 40/60 m. w. N.; dazu auch PWW/Ahrens, § 119 BGB, Rn. 35; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 24; Jauernig/Mansel, § 119 BGB, Rn. 12; Leipold, BGB I, § 18, Rn. 35.



E.  Anfechtung des Vertrags227

Geschäften gleicher oder ähnlicher Art eine maßgebliche Bedeutung zugemes­ sen wird.486 Zu beachten ist jedoch das Konkurrenzverhältnis des § 119 Abs. 2 BGB zu den Gewährleistungsrechten. Nach h. M. in Rechtsprechung und Literatur wird das Anfechtungsrecht nach Gefahrübergang wegen eines Eigenschaftsirrtums durch die Vorschriften der Gewährleistungsrechte ausgeschlossen.487 Begrün­ det wird dies insbesondere durch die ansonsten drohende Gefahr des Unterlau­ fens der kaufrechtlichen Verjährungsfristen.488 Besonders hervorzuheben ist daher, dass dieser Ausschluss nach zum Teil vertretener Auffassung auch be­ reits vor dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs gelten soll, welcher grundsätzlich Voraussetzung für die Anwendung der Mängelrechte ist.489

cc)  Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung Werden speziell geregelte Informa­tions­pflichten des elektronischen Geschäfts­ verkehrs oder sonstiger Fernabsatzverträge verletzt, so kann unter Umständen auch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht kommen.490 Das Recht zur Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist in § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB statuiert. Demnach kann derjenige, der durch arglistige Täuschung zur Ab­ gabe einer Willenserklärung bestimmt wurde, die Erklärung anfechten. Täuscht der Unternehmer den Verbraucher vor Abschluss eines Vertrages im elektro­ nischen Geschäftsverkehr oder eines Fernabsatzvertrages beispielsweise arglis­ tig über seine Identität als Vertragspartner oder über wesentliche Eigenschaften der Ware als Vertragsgegenstand durch vorsätzlich falsche Angaben und wird der Verbraucher durch diese arglistige Täuschung zur Abgabe eines Angebots bestimmt, so ist hierin nicht nur eine bloße Informa­tions­pflichtverletzung, son­ dern auch eine zur Anfechtung berechtigende arglistige Täuschung zu sehen. Sofern die Täuschung durch einen Dritten erfolgte, ist gem. § 123 Abs. 2 S. 1 BGB die Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann an­ fechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Schutzgut des § 123 BGB ist die rechtsgeschäftliche Entschließungsfrei­ heit.491 Die Bestimmung soll eine Anfechtung für die Fälle gewährleisten, in 486 Vgl. BGH, Urteil vom 22.09.1983 – VII ZR 43/83; Jauernig/Mansel, § 119 BGB, Rn. 12; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 25 und 27 mit einigen Bsp.; Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 419. 487  Vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1973 – V ZR 118/71, NJW 1973, 1234 f. m. w. N. zu Rspr. und damaliger Literatur; ferner BGH, Beschluss vom 18.10.2007 – V ZB 44/07, NJW‑RR 2008, 222, 223 m. w. N.; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 28; Jauernig/Mansel, § 119 BGB, Rn. 16; Leipold, BGB I, § 18, Rn. 41. 488  Leipold, BGB I, § 18, Rn. 41. 489  Siehe Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 28; BeckOK BGB/Wendtlandt, § 119 BGB, Rn. 8; Medicus, BGB AT, Rn. 775; a. A. jedoch MüKo BGB/Armbrüster, § 119 BGB, Rn. 32. 490  So auch Drexl, S. 459. 491  Vgl. z. B. BGH, Beschluss vom 21.09.2011 – IV ZR 38/09, r + s 2012, 32, 33 mit Ver­

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Vierter Teil: Sanktionen

welchen eine „Willenserklärung, die nicht als Ausdruck freier rechtsgeschäft­ licher Selbstbestimmung angesehen werden kann, weil die Willensbildung des Erklärenden durch Täuschung oder Drohung beeinflusst ist“, abgegeben wur­ de.492 Von einer rechtsgeschäftlichen Selbstbestimmung ist jedoch nur dann aus­ zugehen, wenn die der Willenserklärung vorangegangene Willensbildung ohne Einflussnahme durch Täuschung oder Drohung erfolgt.493 Die rechtsgeschäft­ liche Entscheidungsfreiheit genießt ferner Schutz durch die §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 i. V. m. § 214 Abs. 2 BGB,494 sodass insofern Wertungswidersprüche auf­ treten können. Nach dem Wortlaut des § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldver­ hältnis nicht nur Rechte und Rechtsgüter der anderen Partei, sondern gerade auch bezüglich deren Interessen eine Rücksichtnahmepflicht begründen. Die Freiheit eine eigenständige Entscheidung über den Vertragsschluss zu treffen ist daher ein solches Interesse, das im vorvertraglichen Rahmen den Schutz­ pflichten unterliegt,495 insofern auch die Gefahr einer vorvertraglichen Pflicht­ verletzung in sich birgt und somit in Konkurrenz zur Anfechtung treten kann. In Zusammenhang mit einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr sowie bei sonstigen Fern­ absatzverträgen kommt eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung vor allem bei einer vorsätzlichen Falschinformation in Betracht. Vorvertragliche Informa­ tions­pflichten werden häufig als positiv geregelter Spezialfall sog. Aufklärungs­ pflichten verstanden.496 Auch wenn den Unternehmer keine generelle Pflicht zur allumfassenden Aufklärung trifft, so kann eine Informationserteilung in Fäl­ len geboten sein, bei denen es einer Aufklärung zur Vermeidung von Täuschun­ gen bedarf.497 Maßgeblicher Ansatzpunkt der Schutzfunktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichten ist wie bereits aufgezeigt der Zeitpunkt vor Vertrags­ schluss. Die gewünschte Fähigkeit der Selbstbestimmung und Entscheidungs­ freiheit setzt die Kenntnis des wesentlichen Vertragsinhalts voraus.498 Diese Entscheidungsfreiheit ist generell auch geschützt durch die allgemeinen Re­ weis auf BGHZ 51, 141, 147 und m. w. N.; siehe auch Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 1; ebenso BeckOK BGB/Wendtland, § 123 BGB, Rn. 1; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 1; ähnlich MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 1. 492  BGH, Beschluss vom 21.09.2011 – IV ZR 38/09, r + s 2012, 32, 33. 493  Siehe ebd., BGH, r + s 2012, 32, 33, Rn. 28; BeckOK BGB/Wendtland, § 123 BGB, Rn. 1; ebenso Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 1; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 1; ähn­ lich auch Hk-BGB/Dörner, § 123 BGB, Rn. 1. 494 Siehe Looschelders, Schuldrecht AT, § 1, Rn. 21. 495 Vgl. Looschelders, Schuldrecht AT, § 8, Rn. 155. 496  Zum Begriff und Verständnis siehe bereits S. 43 f., S. 55 ff.; dazu Drexl, S. 459; Faust/ Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193. 497 Siehe Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312d BGB, Rn. 3, demnach hat der Anbieter den Kunden über sämtliche Umstände aufzuklären, die, soweit für ihn erkennbar, wesentlich sind für die Kaufentscheidung. 498  Eingehend dazu auch Drexl, S. 459; Palandt/Ellenberger, Einf v § 145 BGB, Rn. 3.



E.  Anfechtung des Vertrags229

gelungen über den Vertragsschluss und wird in den Fällen des elektronischen Geschäftsverkehrs sowie bei sonstigen Fernabsatzverträgen ergänzt durch be­ sondere Regelungen vorvertraglicher Informationsverpflichtungen.499 Dem­ nach ist Grundvoraussetzung eines wirksamen Vertragsschlusses die Willens­ einigung, welche sich zwar nicht auf sämtliche Rechtsfolgen erstrecken muss, die aber zumindest eine Bestimmbarkeit der wesentlichen Vertragsinhalte for­ dert.500 Folglich ist grundätzlich zumindest eine Einigung über die essentialia negotii erforderlich,501 welche gerade auch Teil der umfassenden vorvertragli­ chen Informa­tions­pflichten sind. Wie bereits zuvor dargelegt zählen zu den essentialia negotii gerade auch die Identität des Vertragspartners sowie der Ver­ tragsgegenstand.502

b) Voraussetzungen Voraussetzung des Anfechtungsrechts nach § 123 Abs. 1 Alt. 1 BGB ist zunächst eine Täuschung. Der Begriff der Täuschung wird als Vorspiegelung falscher oder Unterdrückung wahrer Tatsachen zum Zwecke der Erregung oder Auf­ rechterhaltung eines Irrtums verstanden.503 Eine solche Täuschung kann so­ wohl durch positives Tun in Form der Weitergabe falscher Informationen504 als auch durch Unterlassen erfolgen.505 Demnach kann eine Täuschung z. B. in Fäl­ len offensichtlich unrichtiger Angaben in Betracht kommen. Nach der Recht­ sprechung muss sich die Täuschung in diesem Fall auf objektiv nachprüfba­ re Angaben beziehen; lediglich subjektive Werturteile oder marktschreierische Anpreisungen werden als nicht ausreichend erachtet.506 Darüber hinaus kann die Täuschung auch durch Unterlassen erfolgen, z. B. durch das Verschwei­ 499 

Ähnlich auch Drexl, S. 459.

500  Vgl. Palandt/Ellenberger, Einf v § 145 BGB, Rn. 3. 501 Palandt/Ellenberger, Einf v § 145 BGB, Rn. 3, wobei

in Ausnahmefällen ein wesent­ licher Punkt zunächst offen bleiben kann, wenn sich die Parteien eine spätere Einigung in der Hoffnung einen Konsens zu erzielen vorbehalten, vgl. ebd., § 157 BGB, Rn. 3 m. w. N. 502  Siehe S. 118 ff. 503  Siehe BeckOK BGB/Wendtlandt, § 123 BGB, Rn. 7; Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 2; Hk-BGB/Dörner, § 123 BGB, Rn. 2; ähnlich auch PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 5; dies entspricht somit im Wesentlichen dem Tatbestandsmerkmal der Täuschung des § 263 StGB (Betrug). 504  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 16; ähnlich Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 451. 505 Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 2; Hk-BGB/Dörner, § 123 BGB, Rn. 2; PWW/ Ahrens, § 123 BGB, Rn. 5 ff.; Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 451a; dies entspricht auch dem Verständnis der meisten europäischen Rechtsordnungen, vgl. Faust/Grigoleit, in: E ­ idenmüller/ Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 193. 506  Siehe die Entscheidung des BGH zur Beweislast und Kausalität bei Schadensersatz wegen unterlassener Widerrufsbelehrung im Rahmen eines Darlehensvertrages nach § 2 HWiG (früheres Haustürwiderrufsgesetz), Urteil vom 19.09.2006 – XI ZR 204/04, NJW 2007, 357, 358; siehe auch Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 3; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 5.

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Vierter Teil: Sanktionen

gen von Tatsachen.507 Letzteres stellt allerdings nur dann eine Täuschung dar, wenn eine Rechtspflicht zur Aufklärung besteht.508 Eine solche kann vor allem aus gesetzlicher Kodifizierung folgen, in diesem Kontext wiederum hervorzu­ heben sind die umfangreichen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bei Ver­ trägen im elektronischen Geschäftsverkehr sowie bei sonstigen Fernabsatzver­ trägen.509 In sonstigen Fällen obliegt es den Gerichten darüber zu entscheiden, ob eine Aufklärungspflicht besteht oder nicht,510 die sich im Einzelfall aus § 242 BGB oder den Anforderungen des Verkehrs ergeben kann, vorausgesetzt eine Aufklärung ist bei Gesamtwürdigung der Umstände zu erwarten.511 Nach h. M. erfordert Arglist Vorsatz, jedoch keine Absicht.512 Nach stän­ diger Rechtsprechung und h. L. sind weder Schädigungsvorsatz noch Berei­ cherungsabsicht erforderlich.513 Der Handelnde muss die Unrichtigkeit seiner Angaben entweder kennen oder zumindest für möglich halten, d. h. bedingter Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ wird als ausreichend erachtet.514 Demgegenüber soll unstreitig reine Fahrlässigkeit nicht genügen.515 Weiterhin wird als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal die Rechtswidrigkeit der Täu­ schung gefordert.516 Im Ergebnis stellt eine vorsätzliche Täuschung grundsätzlich einen Verstoß gegen vorvertragliche oder vertragliche Pflichten sowie gegen die Anforderun­ 507  Eingehend dazu Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 5 ff.; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 17; Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 451a. 508 Hk-BGB/Dörner, § 123 BGB, Rn. 2; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 8 ff; Leipold, BGB I, § 19, Rn. 6; aus rechtsvergleichender Perspektive siehe Kötz, Europäisches Vertrags­ recht, § 10, S. 257. 509  Siehe oben, S. 96 ff.; dazu auch Kötz, Europäisches Vertragsrecht, § 10, S. 258; darüber hinaus sind aber auch vorvertragliche Informa­tions­pflichten für andere, nicht diesen Vertrags­ typen unterfallende B2C‑Verträge nach Art. 5 Abs. 3 VerbrRRL sowie Art. 20 GEK‑Vorschlag vorgesehen, ebd. 510  Kötz, Europäisches Vertragsrecht, § 10, S. 258. 511 Vgl. die Entscheidung des BGH zum arglistigen Verschweigen von Mängeln beim Grundstückskauf, BGH, Urteil vom 22.11.1996 – V ZR 196/95, NJW‑RR 1997, 270; PWW/ Ahrens, § 123 BGB, Rn. 12. 512  Siehe z. B. BGH, Urteil vom 13.06.2007 – VIII ZR 236/06, NJW 2007, 3057, 3059 m. w. N.; BGH, Urteil vom 21.06.1974 – V ZR 15/73, NJW 1974, 1505, 1506; Palandt/­ Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 11; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 17; BeckOK BGB/ Wendtland, § 123 BGB, Rn. 17; Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 454. 513  BGH, Urteil vom 21.06.1974 – V ZR 15/73, NJW 1974, 1505, 1506; BeckOK BGB/ Wendtland, § 123 BGB, Rn. 19; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 25; Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 11; wohl auch MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 17. 514  Vgl. BGH, Urteil vom 11.05.2011 – V ZR 14/00, NJW 2001, 2326, 2327; ebenso BGH, Urteil vom 03.03.1995 – V ZR 43/94, NJW 1995, 1549, 1550 m. w. N.; Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 11; Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 17; ähnlich auch PWW/ Ahrens, § 123 BGB, Rn. 25. 515 BeckOK BGB/Wendtland, § 123 BGB, Rn. 17; Grigoleit, Vorvertragliche Informa­ tionshaftung, S. 18. 516  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S.  17; Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 11; Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 453.



E.  Anfechtung des Vertrags231

gen eines redlichen Rechtsverkehrs dar517 und kann somit gerade auch einen Verstoß gegen vorvertragliche Informa­tions­pflichten begründen. Die Verlet­ zung einer gesetzlich vorgesehenen Informa­tions­pflicht wie z. B. nach § 312d Abs. 1 und § 312i Abs. 1 Nr. 2 BGB kann daher als Täuschungshandlung quali­ fiziert werden.518

c) Kausalität Zwischen dem Irrtum nach § 119 BGB und der abgegebenen Willenserklärung muss zudem ein Kausalzusammenhang bestehen.519 Auch muss die arglistige Täuschung kausal für die Abgabe der Willenserklärung gewesen sein.520 Diese Kausalität muss nach ständiger Rechtsprechung in doppelter Hinsicht gegeben sein: zum einen zwischen Täuschungshandlung und Irrtum, zum anderen muss der Irrtum selbst wiederum kausal sein für die Abgabe der Willenserklärung.521 In der Praxis wird es jedoch wohl regelmäßig an der Kausalität zwischen der durch die Täuschung verwirklichten Informa­tions­pflichtverletzung und dem Irrtum fehlen, der kausal für die Abgabe der Willenserklärung war, es sei denn, die Informa­tions­pflichtverletzung und der daraus resultierende Irrtum betreffen eine Information über wesentliche Vertragsinhalte.

d)  Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist Die Ausübung der Anfechtung bedarf einer Erklärung gegenüber dem Anfech­ tungsgegner innerhalb der Anfechtungsfrist. Die Anfechtung ist ein Gestal­ tungsrecht und kann gem. § 143 Abs. 1 BGB durch einseitige, empfangsbedürf­ tige Willenserklärung ausgeübt werden.522 Der konkreten Verwendung des Begriffs „anfechten“ bedarf es nicht.523 Gem. § 121 BGB muss die Anfechtung nach § 119 BGB unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern, erfolgen.524 Für § 123 BGB gilt die spezielle Anfechtungsfrist des § 124 BGB. Die Anfechtung kann gem. § 124 Abs. 1 BGB nur binnen Jahresfrist erfolgen, beginnend nach

517  Siehe PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 22; i. E. wohl auch Erman/Koch, Band I, zu § 485 BGB, Rn. 10. 518  Noch zu den Vorgängervorschriften PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 8 m. w. N. 519  Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 431; dazu auch Grigoleit, NJW 1999, 900, 903 f. 520 Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 24; differenzierter PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 24 m. w. N.; Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 452; vgl. z. B. auch den Beschluss des BGH vom 21.09.2011 – IV ZR 38/09, NJW 2012, 296, 297; ferner BGH, Urteil vom 22.02.2005 – X ZR 123/03, MMR 2005, 447, 448. 521  Beschluss des BGH vom 21.09.2011 – IV ZR 38/09, NJW 2012, 296, 297; PWW/­ Ahrens, § 123 BGB, Rn. 24; Brox/Walker, BGB AT, § 19, Rn. 452 f. 522  Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 433. 523  Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 433. 524  Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 435.

232

Vierter Teil: Sanktionen

Abs. 2 S. 1 mit dem Zeitpunkt der Kenntnis des Anfechtungsberechtigten von Irrtum und arglistiger Täuschung.525

e) Rechtsfolge Die Wirkung der Anfechtung nach § 119 BGB wie auch nach § 123 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ist in § 142 BGB geregelt. Einer der normierten Irrtumsgründe kann ebenso wie eine arglistige Täuschung zur Anfechtbarkeit der Willenserklärung führen.526 Das betroffene Rechtsgeschäft ist zunächst anfechtbar und wird erst durch die tatsächliche Ausübung des Anfechtungsrechts ex tunc nichtig (§ 142 Abs. 1 BGB).527 Es obliegt folglich dem Anfechtungsberechtigten, ob er das Rechtsgeschäft gelten lassen oder durch Ausübung seines Gestaltungsrechts die Rechtsfolge der Nichtigkeit herbeiführen will.528 Dies stellt eine bedeutende Ausnahme zu dem allgemeinen Prinzip des Vertragsrechts pacta sunt servanda dar, wonach es den Parteien grundsätzlich verwehrt ist, sich durch einseitige Erklärung vom Vertrag zu lösen.529 Insbesondere im Falle der arglistigen Täu­ schung erscheint die Nichtigkeitsrechtsfolge als uneingeschränkt gerechtfertigt, da ein arglistig Täuschender nicht den Schutz des redlichen Rechtsverkehrs ge­ nießen soll. Nach § 142 Abs. 1 BGB führt die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts dazu, dass dieses von Anfang an und somit ex tunc nichtig ist.530 Aufgrund der rück­ wirkenden Beseitigung entsteht im Gegensatz zum Widerruf kein Rückgewähr­ schuldverhältnis.531 Folglich schließt die wirksame Anfechtung nach h. M. An­ sprüche aus dem Vertrag, wie z. B. vertragliche Ansprüche auf Schadensersatz statt der Leistung, aus.532 Nach anderer Auffassung ist eine Verbesserung der Rechtsstellung des Käufers jedoch bei Täuschung über den Sachmangel der Kaufsache geboten, sodass in diesem Fall die Geltendmachung vertraglicher Schadensersatzansprüche trotz Anfechtung möglich bleiben soll.533 Mit der vorzugswürdigen h. M. erscheint der Ausschluss vertraglicher Ansprüche je­ 525  Ein

bloßer Verdacht soll nach der Rspr. nicht ausreichen, vgl. BGH, NJW 2012, 296; näher dazu Palandt/Ellenberger, § 124 BGB, Rn. 2. 526  Dazu Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 28; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 2. 527  Siehe Palandt/Ellenberger, Überbl v § 104 BGB, Rn. 33; Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 2; Leipold, BGB I, § 18, Rn. 55. 528 Palandt/Ellenberger, §  123 BGB, Rn. 25; ders., § 119 BGB, Rn. 2; MüKo BGB/­ Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 2; dies entspricht insoweit dem Widerrufsrecht, dazu Schulze/ Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 142. 529 Palandt/Ellenberger, Einf v § 145 BGB, Rn. 4a. 530  „Die Anfechtung kassiert, reformiert aber nicht.“; Brox/Walker, BGB AT, § 18, Rn. 438. Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 2; BeckOK BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 46; ­Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 2. 531 Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 2. 532 Palandt/Ellenberger, § 142 BGB, Rn. 2; Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 5. 533 Insofern Derleder, NJW 2004, 969, 970, der trotz Anfechtung die Geltendmachung



E.  Anfechtung des Vertrags233

doch geboten, da ansonsten das wesentliche Charakteristikum der ex tunc-Nich­ tigkeit der wirksamen Anfechtung unterlaufen würde. Zudem besteht kein Be­ darf an einer Verbesserung der Rechtsstellung des Käufers, da die Ausübung des Gestaltungsrechts in seiner Macht steht, mit anderen Worten der Käufer darüber entscheidet, ob er die Rechtsfolge der Nichtigkeit in Kauf nimmt oder sich vertragliche Schadensersatzansprüche bei Verzicht auf das Anfechtungs­ recht und dem Behalten der Kaufsache wahrt. Unter Umständen kann jedoch ein Ausschluss der Anfechtung wegen Ver­ stoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben im Sinnes eines venire contra factum proprium in Betracht kommen.534 Demnach wird die Anfechtung von der h. M. als unzulässig angesehen, wenn der Anfechtungsgegner bereit ist den Vertrag so gelten zu lassen, wie ihn der Anfechtungsberechtigte verstan­ den hat.535 Gilt der Vertrag so, wie der Anfechtungsberechtigte ihn ursprüng­ lich gewollt und verstanden hat, wäre die dennoch erfolgende Ausübung des Anfechtungsrechts widersprüchlich. Dies erscheint nur konsequent, da der Ver­ trag mangels Anfechtung aufrechterhalten wird und sich der Irrtum aufgrund der veränderten Geltung nicht negativ auswirkt. Für Fälle der schuldhaften Verursachung eines Irrtums kommt zusätz­ lich ein Anspruch aus c. i. c. in Betracht.536 Dem hingegen ist ein Anspruch auf Schadensersatz des Anfechtenden aus § 122 BGB mit dem Grundsatz von Treu und Glauben abzulehnen, wenn der Unternehmer den Irrtum durch den Pflichtenverstoß hervorgerufen hat.537 In solchen Fällen schuldhafter Verursa­ chung ist regelmäßig ein kausaler Zusammenhang zwischen der Informa­tions­ pflichtverletzung und dem daraus resultierenden Irrtum gegeben, sodass die Gewährung des Schadensersatzanspruchs zugunsten des pflichtverletzenden Unternehmers gerade den Sinn und Zweck der Informa­tions­pflichten einen Irr­ tum zu vermeiden konterkarieren würde.538

2. Konkurrenzen Wie soeben aufgezeigt, führt die erfolgreiche Anfechtung wegen arglistiger Täuschung zur rückwirkenden Beseitigung des Rechtsgeschäfts. Insofern stellt vertraglicher Schadensersatzansprüche befürwortet, wenn der Käufer den Kaufvertrag auf Grund einer Täuschung des Verkäufers über einen Sachmangel geschlossen hat. 534  BeckOK BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 46; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 2; Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 2. 535  BeckOK BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 46; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 2; Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 2; Leipold, BGB I, § 18, Rn. 8. 536  Eingehend zu Voraussetzungen und Problemen des Anspruchs aus c. i. c. in diesem vierten Teil unter D. I. 1.; Palandt/Ellenberger, § 119 BGB, Rn. 2; BeckOK BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 46. 537  Vgl. BT‑Drs. 14/6040, S. 173; ebenso Gießelmann, S. 298. 538 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 4; MüKo BGB/Wendehorst, § 312i BGB, Rn. 106; NK BGB/Ring, § 312g BGB, Rn. 67.

234

Vierter Teil: Sanktionen

sich die Frage des Verhältnisses dieses Gestaltungsrechts zu sonstigen Sanktio­ nen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung. Dieses gilt es im Fol­ genden zu klären.

a)  Das Verhältnis von Anfechtung und Widerruf Sowohl bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr als auch bei sons­ tigen Fernabsatzverträgen von Waren hat der Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht nach §§ 312g, 355 BGB, wonach der Vertrag ohne Angabe von Gründen widerrufen werden kann. Unter Umständen kommt jedoch bei Vorliegen der oben genannten Voraussetzungen auch ein Anfechtungsrecht in Betracht, welches nach h. M. grundsätzlich neben dem Widerrufsrecht zu­ lässig ist.539 Sogar eine Anfechtung einer bereits widerrufenen Willenserklä­ rung wird unter Verweis auf die Lehre der sog. „Doppelwirkung im Recht“ als möglich erachtet.540 Sowohl das Anfechtungsrecht als auch das Wider­ rufsrecht sind Gestaltungsrechte, die bei ordnungsgemäßer Ausübung inner­ halb der jeweils vorgesehenen Frist im Ergebnis zur Beseitigung des Vertrags führen. Eine Anfechtung erfordert jedoch im Gegensatz zum Widerruf einen Anfechtungsgrund, sodass der Widerruf regelmäßig die einfachere Möglich­ keit darstellt, sich vom Vertrag zu lösen. Im Hinblick auf die vierzehntägige Widerrufsfrist kommt der Anfechtung insbesondere nach Ablauf ebenjener bis zum Ablauf der Anfechtungsfrist Bedeutung zu. Auch wenn die Rechtsfolgen beider Gestaltungsrechte im Ergebnis übereinstimmen, ist der dogmatisch be­ deutende Unterschied in der differnzierten Art der Wirksamkeit des Vertrages zu sehen: Durch die Anfechtung wird nämlich ein zunächst wirksamer (jedoch anfechtbarer) Vertrag mit ex tunc-Wirkung beseitigt, während in Fällen des Widerrufsrechts der Vertrag als schwebend wirksam gilt.541 Zudem verfolgen beide Institute unterschiedliche Schutzzwecke. Primäres Schutzziel des An­ fechtungsrechts ist der Schutz vor auf Willensmängeln basierenden, ungewoll­ ten Vertragsschlüssen. Dem hingegen bezweckt das Widerrufsrecht primär den Verbraucherschutz in typisiert gefährdenden Vertragsschlusssituationen und fordert für die Ausübung im Gegensatz zum Anfechtungsrecht gerade keinen Irrtum oder sonstigen Beweggrund. Die Ausübung des Widerrufsrechts bedarf keinerlei Begründung und steht dem Verbraucher z. B. bei Fernabsatzverträgen allein aufgrund der gewählten Vertriebsform und damit verbundenen Gefähr­ 539  Vgl. Erman/Koch, Band I, zu § 485 BGB, Rn. 10; nach Auffassung von Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 101, besteht keine Notwendigkeit weiterer Sanktionierung neben dem Widerrufsrecht, unklar ist jedoch, ob dies nur für zusätzliche Mittel des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts gelten soll. 540  Siehe noch zur alten Rechtslage Riehm, Jura 2000, 505, 508; Erman/Koch, Band I, zu § 485 BGB, Rn. 10. 541  Z. B. BGH, Urteil vom 28.06.2017 – IV ZR 440/14, Tz. 25, zum Widerruf eines Ver­ sicherungsvertrags.



E.  Anfechtung des Vertrags235

dungsmerkmalen zu.542 Der Widerruf ist daher als zusätzliche Schutzmöglich­ keit speziell für Verbraucher vorgesehen und darf zu sonstigen Rechten wie dem Schutz vor Willensmängeln ergänzend hinzutreten, diese aber keines­ falls beschneiden. Im Verhältnis des Anfechtungsrechts zum Widerrufsrecht ist daher auch keine zwingende Prüfungsreihenfolge vorgesehen.543 Für den Verbraucher kann die Anfechtung jedoch in Anbetracht der Rück­ wirkung bei ausgeübter Anfechtung, d. h. Nichtigkeit ex tunc gem. § 142 Abs. 1 BGB, durchaus vorzugswürdig sein.544 Da das Rechtsgeschäft nach erfolgrei­ cher Anfechtung als von Anfang an nichtig gilt, entsteht im Gegensatz zu der Ausübung des Widerrufsrechts gem. § 355 BGB oder auch eines Rücktritts­ rechts kein Rückgewährschuldverhältnis, aus dem sich weitere Verpflichtun­ gen des Verbrauchers ergeben könnten.545 Aufgrund der ex tunc-Wirkung führt die Anfechtung nach h. M. zum Ausschluss vertraglicher Ansprüche, wie z. B. einem Anspruch auf Schadensersatz (statt der Leistung).546 Im Gegenzug soll­ ten aber grundsätzlich auch die Nachteile einer Anfechtung nicht außer Acht gelassen werden. Denn der Anfechtende kann sich nicht nur positiv auf den nach h. M. anzunehmenden Entfall der vertraglichen Ansprüche berufen, son­ dern muss diese umgekehrt auch selbst in Kauf nehmen. D. h. auch ihm stehen aufgrund des rückwirkend und somit von Anfang an nichtigen Rechtsverhält­ nisses keine vertraglichen Ansprüche hieraus zu. Zudem kann der Anfechtende unter Umständen nach § 122 BGB gegenüber dem Anfechtungsgegner scha­ densersatzpflichtig sein.547 Der verschuldensunabhängige Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens gem. § 122 BGB dient dem Schutz des Rechtsverkehrs und soll als eine Art ausgleichendes Korrelat der Wirkung von Anfechtungs­ rechten aus §§ 119, 120 BGB abmildernd gegenüberstehen.548 Allerdings würde in den Fällen des § 119 BGB die Forderung des Vertrauensschadens ein wider­ sprüchliches Verhalten des Informationsverletzenden darstellen und ist somit nach § 242 BGB ausgeschlossen.549 § 122 BGB gilt jedoch ausdrücklich nicht 542 

Zur spezifischen Gefährdungssituation bereits oben, S. 44 f. Eingehend dazu Fries, VuR 2016, 174, 180. So auch Erman/Koch, Band I, zu § 485 BGB, Rn. 10. 545 Vgl. zur Wirkung der Anfechtung Palandt/Ellenberger, § 142 BGB, Rn. 2; Erman/­ Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 1 f. 546  S. o., S. 232; Palandt/Ellenberger, § 142 BGB, Rn. 2; Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 2 ff, 5; BeckOK BGB/Wendtland, § 142 BGB, Rn. 6; wohl auch MüKo BGB/Busche, § 142 BGB, Rn. 15; a. A. jedoch Derleder, NJW 2004, 969 ff. 547  So auch die Erwägung von Erman/Koch, Band I, zu § 485 BGB, Rn. 10; der Anspruch auf Ersatz des Vertrauensschadens lässt Ansprüche aus c. i. c. grundsätzlich unberührt, Palandt/ Ellenberger, § 122 BGB, Rn. 6 m. w. N.; sowie allgemein zum Anwendungsbereich und den Voraussetzungen des § 122 BGB, ebd., Rn. 2 ff; BeckOK BGB/Wendtland, § 122, Rn. 12. 548 So Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 230 m. w. N.; siehe auch BeckOK BGB/Wendtland, § 122 BGB, Rn. 1. 549  Vgl. BT‑Drs. 14/6040, S. 173, von einer klarstellenden Regelung wurde wegen fehlen­ den Erklärungsbedürfnisses abgesehen. 543  544 

236

Vierter Teil: Sanktionen

für den Anfechtungsgrund des § 123 BGB und spricht daher auch nicht gegen die Ausübung dieses Gestaltungsrechts. Regelmäßig wird sich in den Fällen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen die Frage auf die Anfecht­ barkeit wegen arglistiger Täuschung beschränken, da § 119 BGB bei bestimm­ ten Vertragstypen wie z. B. dem Kaufvertrag durch die vorrangigen Gewähr­ leistungsrechte verdrängt wird.550 Zusammenfassend ist demzufolge bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen im Online- und Fernabsatz­ handel in Form von arglistigen Täuschungen von einem Nebeneinander des An­ fechtungs- und des Widerrufsrechts in B2C‑Verträgen auszugehen.

b)  Verhältnis der Anfechtung gem. § 123 BGB zur Haftung aus c. i.c Erfüllt eine Handlung den Tatbestand der arglistigen Täuschung, so werden regelmäßig auch die Voraussetzungen einer Haftung aus c. i. c. vorliegen.551 Mangels klarer Regelung im BGB ist fraglich und höchst umstritten, wie das Konkurrenzverhältnis der Haftung aus c. i. c. zu § 123 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB ausgestaltet ist.552 Entgegen der ständigen Rechtsprechung, aber im Einklang mit einigen bedeutenden Vertretern der Literatur ist die Möglichkeit der Ver­ tragsaufhebung nach c. i. c. unter Berücksichtigung der anfechtungsrechtlichen Besonderheiten zu verneinen und insofern die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als vorrangig anzusehen.553

c)  Verhältnis zum Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung gem. § 823 Abs. 2 BGB Neben dem Anfechtungsrecht wegen vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichtverletzung durch arglistige Täuschung kann auch ein Schadensersatz­ anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB wegen unerlaubter Handlung in Betracht kommen,554 beispielsweise wenn die Verletzung der Informa­tions­pflicht die Voraussetzungen eines gem. § 263 StGB strafbaren Betrugs erfüllt. Eine arg­ listige Täuschung kann regelmäßig auch den Tatbestand des strafbaren vorsätz­ lichen Betrugs erfüllen, wenn die Täuschung in rechtswidriger Bereicherungs­ absicht begangen wurde und zu einem Vermögensschaden geführt hat. Auch hier ist insbesondere an eine Verletzung der Informa­tions­pflichten über die Identität und die wesentlichen Wareneigenschaften in rechtswidriger Bereiche­ rungsabsicht zu denken. Die Haftung aus unerlaubter Handlung ist nach h. M. 550 Erman/Koch, Band I, zu § 485 BGB, Rn. 10. 551 Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 27; PWW/Ahrens,

§ 123 BGB, Rn. 44; Erman/ Arnold, Band I, § 123 BGB, Rn. 58; MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 90; siehe auch Honsell, in: FS Medicus, S. 181; Grigoleit, NJW 1999, 900 ff. 552 PWW/Stürner, § 311 BGB, Rn. 33 ff. 553  Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung des Meinungsstreites im vierten Teil unter D. I. 1. b) dd). 554 Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 26; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 46.



E.  Anfechtung des Vertrags237

grundsätzlich auf den Ersatz des Vertrauensschadens gerichtet.555 Der Ersatz des positiven Interesses ist im Wege der Anfechtung ausnahmsweise aber dann möglich, wenn der Getäuschte nachweisen kann, dass der Vertrag ohne die arg­ listige Täuschung zu günstigeren Bedingungen geschlossen worden wäre.556 Die ebenfalls in Betracht kommende Rückgängigmachung des Vertrags557 ist jedoch im Gegensatz zur c. i. c. weniger problematisch, da insbesondere die Voraussetzungen der arglistigen Täuschung nicht unterlaufen werden. In der Praxis wird dem Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung als Sankti­ on für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten wohl weniger Be­ deutung zukommen, da die Informa­tions­pflichtverletzung selten den Straftat­ bestand des vorsätzlichen Betrugs erfüllen wird.

II.  Anfechtungsrecht nach DCFR Auch nach dem DCFR kann eine vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung die Anfechtbarkeit des Vertrags begründen. Die Willensmängel regelt der DCFR innerhalb der Nichtigkeitsgründe in Kapitel 7 des zweiten Buchs. Nach der Sanktionsregelung des Art. II. – 3:109 Abs. 4 DCFR558 kommen al­ ternativ zu den vorhergehend genannten Rechtsbehelfen auch irrtumsrechtliche Rechtsbehelfe wie die Vertragsanfechtung in Betracht und die Bestimmung ver­ weist insofern auf Art. II. – 7:201 DCFR. Leider beschränkt sich die Formu­ lierung des Abs. 4 auf die wenig klarstellende Bestimmung, dass „die speziel­ len Sanktionen dieses Artikels unbeschadet weitergehender Rechtsbehelfe nach Art. II. – 7:201 DCFR gelten.“559 Im Gegensatz zum deutschen Recht ist die vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung in Art. II.  – 7:201 Abs. 1 lit. b) iii) DCFR als spezieller Anfechtungsgrund geregelt und kann folglich ein An­ fechtungsrecht begründen (eingehend dazu sogleich unter 1.). Voraussetzun­ 555  BGH, Urteil vom 25.11.1997 – VI ZR 402/96, NJW 1998, 983, 984; Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 26 mit Verweis auf Palandt/Grüneberg, Vorb v § 249 BGB, Rn. 17; PWW/ Ahrens, § 123 BGB, Rn. 46. 556 Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 26 m. w. N.; PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 46 m. w. N. 557  Siehe z. B. Palandt/Grüneberg, Vorb v § 249 BGB, Rn. 17. 558  Dazu bereits oben, S. 141 f. 559  Auch die Kommentierung des Verhältnisses der Sanktionsnorm zu Rechtsbehelfen aus anderen Bereichen des Vertragsrechts ist leider wenig aufschlussreich, von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 3:109 DCFR, S. 237; kritisch zur Ver­ mischung der Irrtumsregeln mit der Haftung aus c. i. c. Harke, ZEuP 2006, 326 ff.; nach einer weniger kritischen Ansicht (zur Interim Outline Edition) sollen neben der Vertragsanfechtung grds. auch der irrtumsrechtliche Schadensersatz greifen, Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 84; ebenso Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 120 f., der insofern von einem grds. „overlap“ mit den Irrtumsregeln ausgeht; kritisch zum Ansatz des DCFR auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 113.

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Vierter Teil: Sanktionen

gen und Wirkung der Anfechtung als mögliche Sanktion einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung werden daher im Folgenden näher erläutert.

1. Anfechtungsgrund Zunächst bedarf es wie auch nach deutschem Recht eines Anfechtungsgrundes. Der DCFR regelt insoweit verschiedene Anfechtungsgründe. In Bezug auf vor­ vertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen ist insbesondere die spezielle Re­ gelung des Art. II. – 7:201 Abs. 1 lit. b) iii) DCFR sowie der Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung nach Art. II. – 7:205 Abs. 1 DCFR von Relevanz.

a)  Grundvoraussetzungen der Anfechtung wegen Irrtums Die Bestimmungen der Willensmängel im DCFR weisen im Wesentlichen Übereinstimmungen mit den PECL auf, sodass insofern die angestrebte Revi­ sion wohl ausgeblieben ist bzw. sich im Großen und Ganzen auf eine (unkriti­ sche) Übernahme der PECL beschränkt hat.560 Eine Definition des Irrtums ist im DCFR nicht vorgesehen. Den Comments zur Anfechtung wegen Irrtums lässt sich nur allgemein entnehmen, dass das Anfechtungsrecht als üblicher Rechtsbehelf des irrtumsbedingten Wunsches, sich vom Vertrag zu lösen, anzusehen ist.561 Unterliegt eine Partei bei Vertrags­ schluss einem Tatsachen- oder Rechtsirrtum, so kommt eine Anfechtung wegen Irrtums nach Art. II. – 7:201 Abs. 1 DCFR in Betracht, wenn die irrende Ver­ tragspartei den Vertrag ohne den Irrtum nicht oder nur mit grundlegend ande­ ren Vertragsbestimmungen geschlossen hätte und die andere Partei dies wuss­ te oder wissen musste (lit. a)) und kumulativ dazu die andere Partei den Irrtum gem. den unter lit. b) aufgeführten Varianten verursacht hat ((i) – (iii)) oder demselben Irrtum unterlag (iv). Von dieser allgemein einen Irrtum vorausset­ zenden Vorschrift des Art. II. – 7:201 DCFR erfasst sein sollen auch die nach deutschem Recht bestehenden Anfechtungsgründe des Inhalts- und Erklä­ rungsirrtums (§ 119 Abs. 1 BGB) sowie des Eigenschaftsirrtums (§ 119 Abs. 2 BGB).562 Die Einbeziehung des Erklärungsirrtums wird aus deutscher Sicht be­ mängelt, insbesondere da ein solcher Irrtum nur in Ausnahmefällen veranlasst sein wird.563 Diese allgemeine Regelung könnte zudem wiederum unter dem 560  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 546; spe­ ziell zu Art. II. – 7:201 DCFR auch Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676; Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 241, beanstanden die fehlende Begründung in den Comments; zu den Anfechtungsregelungen der PECL Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­ tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 201 ff. 561  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201, S. 463. 562  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Notes Art. II. – 7:201 DCFR, S. 466; Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 201, 204. 563 Vgl. Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Ver­



E.  Anfechtung des Vertrags239

Gesichtspunkt der Generalisierung problematisch sein.564 In den Comments zu Art. II. – 7:201 DCFR werden jedoch die bestehenden Unterschiede der An­ fechtung wegen Irrtums in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen betont.565 Vor diesem Hintergrund muss der kritisierten Generalisierung die Entstehung und der Zweck des DCFR entgegengehalten werden, einen Beitrag zur syste­ matisierenden acquis-Revision sowie der Förderung der Kohärenz zu leisten. Im Gegensatz zu nationalen Gesetzgebern können die Verfasser eines wissen­ schaftlichen Referenztexts weniger zur Erarbeitung bis ins kleinste Detail be­ stimmter Regelungen als vielmehr zu einer generell akzeptablen, auf gemein­ samen Prinzipien aufbauenden Modellregelung verpflichtet sein.566 Gerade bei substantiellen Unterschieden kann daher eine verallgemeinernde Regelung eine vorzugswürdige Kompromisslösung sein. Trotz insgesamt wesentlicher Übereinstimmungen mit irrtumsrechtlichen Bestimmungen der PECL gibt es auch einige Änderungen,567 deren Auswir­ kungen nachfolgend dargestellt werden.

aa)  Erfordernis eines wesentlichen Irrtums Die Anfechtung setzt zunächst einen wesentlichen Irrtum voraus, ohne diesen die Partei den Vertrag nicht geschlossen hätte, und will somit geringfügige Irr­ tümer oder Missverständnisse ausschließen.568 Die Begrenzung auf wesentliche Irrtümer geht auf Art. 4:103 Abs. 1 lit. b) PECL zurück.569 Nach der systemati­ schen Konzeption des Art. II. – 7:201 DCFR wird die Voraussetzung der We­ tragsschluss im acquis, S. 201, 217 f., der für den Fall eines fremdverantworteten Erklärungs­ irrtums die Auslegungsregeln als entscheidend erachtet; Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/­ Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 194 m. w. N.; insoweit unkritisch wohl Kramer, ZEuP 2007, 247, 256. 564 Insofern kritisch zu den PECL Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 234 m. w. N., nach deren Auffassung gilt dies insbesondere im Hinblick auf die Erfassung des wohl nur in Ausnahmefällen veranlassten Erklärungsirrtums; dies aufgreifend auch Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676; in Bezug auf die PECL bereits Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 201, 217 f. 565  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201 DCFR, S. 457; grundlegend auch Ernst, in: Basedow/Hopt/Zimmermann (Hrsg.), Handwörterbuch des Europäischen Privatrechts, Band I, S. 909, 910; Kramer, ZEuP 2007, 247 ff.; Schmidt-­Kessel/ Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 1, m. w. N.; Schulze/Zoll, European Con­ tract Law, Chapter 3, Rn. 105 m. w. N.; siehe auch Beale, Juridica International 2008, 42, 44 f. 566  So auch die vorzugswürdige Auffassung von Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 235; allgemein zu Erarbeitungsmethoden des DCFR Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161 f. 567  Vgl. hierzu die Nachweise in Fußnote 560 in diesem vierten Teil. 568  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201 DCFR, S. 459. 569  Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optiona­ les europäisches Kaufrecht, S. 169, 174; bereits zum Wesentlichkeitserfordernis der PECL­ Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 201, 215 ff.; kritisch Harke, ZEuP 2006, 326 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

sentlichkeit des Irrtums in Abs. 1 lit. a) den in lit. b) enthaltenen verschiedenen Anfechtungsgründen vorangestellt und weicht insofern von den PECL ab.570 Diese Neustrukturierung bewirkt jedoch keine inhaltliche Änderung; insbeson­ dere wird übereinstimmend auch nach dem DCFR weiterhin die Wesentlichkeit des Irrtums vorausgesetzt.571 Im Vergleich zum deutschem Recht ist zwar die Voraussetzung der Wesentlichkeit des Irrtums als solche nicht explizit vorgese­ hen, indem § 119 BGB jedoch bestimmte Fälle beachtlicher Irrtümer regelt (vgl. zu den Anfechtungsgründen im Einzelnen oben, S. 224 ff.) wird auch nach dem BGB nicht jeder, sondern nur ein rechtlich erheblicher Irrtum erfasst.572 Bedeutender könnte in diesem Zusammenhang die Frage der Zurechnung bzw. Veranlassung sein. Nach Art. II. – 7:201 Abs. 2 DCFR sollen solche Irr­ tümer ausgeschlossen sein, die unentschuldbar sind oder sonst in die Verant­ wortungssphäre des Erklärenden fallen.573 Ist die irrende Partei also für den Irrtum selbst verantwortlich, so entfällt die Anfechtungsberechtigung, da nur solche wesentlichen Irrtümer erfasst werden, für welche die andere Partei allein oder zumindest mitverantwortlich ist.574 Im Gegensatz zu den PECL fordert der DCFR jedoch keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Vertragspartners, sondern stellt vielmehr darauf ab, ob der Anfechtende von einer Kenntnis des Vertragspartners ausgehen durfte und statuiert i. d. S. eine verschuldensunab­ hängige Regelung.575 Mangels nachvollziehbarer Begründung für diese For­ mulierung ist im Ergebnis trotz verändertem Wortlaut wohl weiterhin von einer gleichbleibenden Wertung auszugehen.576 Ist der Anfechtungsgegner hingegen bereit, den Vertrag wie von der irrenden Partei angenommen gelten zu lassen, so soll die Anfechtung auch bei wesentlichen Irrtümern ausgeschlossen sein.577 Dies trägt den Gründen des Vertrauensschutzes Rechnung und ist daher zu be­ grüßen. 570  Vgl. zuvor die Anforderung der Wesentlichkeit in Art. 4:103 lit. b) PECL nach den An­ fechtungsgründen in lit. a) aa); Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 241 f. 571 Siehe Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 241; Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676; kritisch Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 547; Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 201, 215 ff. 572  BeckOK BGB/Wendtland, § 119 BGB, Rn. 21; Palandt/Ellenbeger, § 119 BGB, Rn. 2; implizit auch PWW/Ahrens, § 119 BGB, Rn. 1 f. 573 Vgl. Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 174; Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 201, 203. 574  Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 201, 203. 575 Ebenso Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 242. 576  Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 242; wiederholt Jansen, in: Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 181; kritisch zu Art. 4:103 PECL Harke, ZEuP 2006, 326 ff. 577  Dies entspricht auch der Ausnahme nach § 242 BGB im deutschen Recht; von Bar/ Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:203 DCFR, S. 484.



E.  Anfechtung des Vertrags241

bb)  Verantwortung hinsichtlich des Irrtums Des Weiteren liegt, wiederum entsprechend der Regelung des Art. 4:103 PECL, der Hauptzweck des Art. II. – 7:201 DCFR darin, nur solche Irrtümer zu einer Anfechtung des Vertrags berechtigend einzustufen, die der Erklärungsgegner zu verantworten oder zumindest mit zu verantworten hat.578 Mit anderen Worten ist eine Art Verschulden seitens des Anfechtungsgegners erforderlich, z. B. kon­ kret durch die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht. Auch die­ ser dem deutschen Recht unbekannte Ansatz erfährt von der deutschen Literatur als Übernahme des „unstimmigen“ Verantwortlichkeitsprinzips starke Kritik.579 Der Ansatz basiert wohl auf der Annahme, Irrtümer in der Regel der Risikosphä­ re des Irrenden zuzuordnen.580 Unter Umständen kann die Anfechtung jedoch auch ausgeschlossen sein, worunter insbesondere Fälle der Unentschuldbarkeit des Irrtums fallen sollen. Demnach ist im Gegensatz zum deutschen Recht bei einem unentschuldbaren Irrtum oder der Übernahme des Irrtumsrisikos durch die dem Irrtum unterliegende Person eine Anfechtung ausgeschlossen.581 Ob dieser Ansatz gelungen erscheint, ist aufgrund der damit verbundenen Folge­ probleme zumindest zweifelhaft. In welchen Fällen z. B. eine Übernahme des Irrtumsrisikos vorliegen soll, wird nicht näher geregelt, sodass es insofern an Rechtssicherheit und Transparenz fehlt.

cc) Kausalität Ferner wird vorausgesetzt, dass der Irrtum durch den Verstoß gegen die Informa­ tions­pflichten verursacht wurde,582 sprich dieser Verstoß kausal für den Irrtum und den darauf basierenden Vertragsschluss war.583 Diese Voraussetzung fußt auf der Annahme, dass in solchen Fällen grundsätzlich der Wunsch einer dem Irrtum unterlegenen Partei in Betracht kommen wird, den Vertrag im Ganzen oder zumindest partiell anzufechten,584 und entspricht im Ergebnis deutschem 578  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 546; ähnlich Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676; Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 202 f.; zu Art. 4: 103 PECL Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 201 ff; zu Art. 4: 103 PECL Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 232. 579 Siehe z. B. nur Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 546. 580 Vgl. Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 232 m. w. N.; ferner Fleischer, Infor­ mationsasymmetrie im Vertragsrecht, 2001, S. 951 ff., 962 ff. 581 Vgl. Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676; vgl. auch die Begründung von von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201, S. 462 f. 582  Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676. 583 Siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201, S. 461; für ein Festhalten am Kausalitätserfordernis im Rahmen von Aufklärungspflichtverlet­ zungen Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 215. 584  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201, S. 463.

242

Vierter Teil: Sanktionen

Recht. Obwohl die Begründung recht oberflächlich erscheint, ist das Kausali­ tätserfordernis gerade auch im Rahmen der Irrtumsanfechtung wegen vorver­ traglicher Informa­tions­pflichtverletzung als essentiell anzusehen. Hat beispiels­ weise der Verstoß gegen die vorvertragliche Informa­tions­pflicht hinsichtlich des Preises sich kausal auf den Vertragsschluss ausgewirkt, so soll dieser Irrtum zur Anfechtung berechtigen. Ein nichtkausaler Irrtum ohne Auswirkung auf den Vertragsschluss soll den Vertrag hingegen nicht anfechtbar machen. Dies würde den Irrenden überprivilegieren und den Anfechtungsgegner ungerechtfertigt be­ nachteiligen.

b)  Der spezielle Anfechtungsgrund für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen nach Art. II. – 7:201 Abs. 1 lit. b) iii) DCFR Eine offensichtlich bedeutende Änderung gegenüber den PECL stellt im Kon­ text der vorliegend untersuchten Sanktionen bei vorvertraglichen Informa­tions­ pflichtverletzungen die ausdrückliche Normierung des „Verstoßes gegen eine Informa­tions­pflicht“ in Art. II. – 7:201 Abs. 1 lit. b) iii) DCFR als eigener An­ fechtungsgrund dar.585 Die PECL ließen zuvor die Relation zwischen Anfech­ tung wegen Irrtums und vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung gerade unbestimmt.586 Dennoch wird auch in diesem Zusammenhang erneut der zu generalisierende Umgang des DCFR mit der Rezeption des acquis von Teilen der Literatur bemängelt,587 was mit Blick auf die Notwendigkeit einer einer­ seits gemeinsame Prinzipien berücksichtigenden, andererseits wohl vorzugs­ würdigen und insgesamt akzeptablen Modellregelung eines solchen Referenz­ werks wiederum relativierend zu betrachten ist.588 Trotz dieser Kritik zeigt sich in der ausdrücklichen Regelung des Anfechtungsgrundes wegen vorvertrag­ licher Informa­tions­pflichtverletzung ein Novum im DCFR. Denn wie zuvor dargelegt ist ein solch spezieller Anfechtungsgrund weder in der VerbrRRL589 585  Nach der Irrtumsregelung des Art. 4: 103 Abs. 1 lit. a) i) PECL kann eine Partei den Vertrag anfechten, wenn der Irrtum durch die Information der anderen Partei verursacht wurde.; ebenso Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 546; ­Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 242; Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676; aller­ dings die fehlende Präzisierung bemängelnd Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 203. 586  Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 235; ähnlich auch Harke, ZEuP 2006, 326 f. 587  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 546 f. 588  Neben der Möglichkeit der primär rechtsvergleichenden Suche nach gemeinsamen Re­ gelungen (common rules approach) besteht der Ansatz, die vorzugswürdige mehrerer Lösun­ gen auszuwählen (best rule approach), siehe dazu Schulte-Nölke, NJW 2009, 2161 f.; ferner zum „best solutions“-Ansatz des DCFR Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 95, 97 ff.; Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 235; Beale, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 35, 38; vor diesem Hintergrund kritisch Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 694 f. 589  S. o. S. 137 ff.



E.  Anfechtung des Vertrags243

noch im BGB590 ausdrücklich vorgesehen und es bestehen die zuvor dargestell­ ten Schwierigkeiten der Einordnung des Zusammenhangs zwischen vorver­ traglicher Informa­tions­pflichtverletzung und dem Recht zur Anfechtung. Die Nichtregelung eines speziellen Anfechtungsrechts zeigt erneut die bereits zuvor kritisierte Schwäche der allgemeinen, auf das Recht der Mitgliedstaa­ ten verweisenden Sanktionsvorgabe des Art. 24 VerbrRRL.591 Aus Gründen der Rechtssicherheit und damit als Fortschritt des DCFR erscheint die ausdrück­ liche Kodifizierung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung aus Sicht der Verbraucher als besonderer Anfechtungsgrund begrüßenswert.592 Al­ lerdings sollte aus Sicht des Anfechtungsgegners und damit der Unternehmer­ perspektive nicht unberücksichtigt gelassen und gleichzeitig hinterfragt wer­ den, ob ein solch spezielles und pauschalisierendes Anfechtungsrecht aufgrund der weitreichenden Folgen nicht abzulehnen ist und nur einschränkend für die Fälle eines wesentlichen Irrtums nach allgemeinen Anfechtungsregeln aner­ kannt werden sollte (näher dazu sogleich unter IV.). Bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen kann eine Partei nach der aus­ drücklichen Regelung des Art. II. – 7:201 Abs. 1 lit. b) iii) DCFR dann wegen Irrtums zur Anfechtung berechtigt sein, wenn der irrtümliche Vertragsschluss durch einen Verstoß der anderen Partei gegen eine vorvertragliche Informa­ tions­pflicht oder die Pflicht, technische Mittel zur Korrektur von Eingabefeh­ lern bereitzustellen, verursacht wurde. Voraussetzung ist demnach zunächst das Bestehen einer Informa­tions­pflicht, wobei mangels eindeutiger Bezugnahme im Wortlaut unter Rückgriff auf die Kommentierung die in Art. II. – 3:101 ff. DCFR geregelten Pflichten zu verstehen sind.593 Dies kann somit für Fern­ absatzverträge bedeutsam sein. Alternativ kann die Verletzung der Bereitstel­ lung technischer Mittel zur Korrekturmöglichkeit genügen. Diese konkrete Be­ stimmung kann vor allem für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr von Relevanz sein und basiert auf Art. 11 Abs. 2 ECRL.594 Insgesamt ist maßgeb­ lich, dass die Verletzung der genannten Pflichten im Ergebnis zum Vertrags­ schluss beigetragen hat; ein Verstoß gegen allgemeine, aus dem Grundsatz von

590 

Siehe S. 140 f. sowie S. 222 ff.

591  S. o. S. 139. 592 Ebenso Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 242; in diesem Zusammenhang die

PECL grundsätzlich als Basis anerkennend, aber deren Übersichtlichkeit kritisierend Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 85 f. 593  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 546; von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201 DCFR, S. 461. 594  Kritisch dazu Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 243, welche insbesondere anzweifeln, ob eine spezielle Regelung in einem ansonsten abstrakten Kontext sinnvoll ist; ob diese Regelung den insoweit intendierten Schutz der ECRL verwirklichen kann, bezweifeln Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 113.

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Vierter Teil: Sanktionen

Treu und Glauben resultierende Pflichten sollen nach dieser Vorschrift aber nicht zur Anfechtung berechtigen.595 Wann genau eine vorvertragliche Pflichtverletzung vorliegt, lässt der DCFR leider offen. Die fehlende Differenzierung zwischen Fehlinformation und un­ terlassener Informationserteilung z. B. durch Verschweigen im Rahmen der Irrtumsanfechtung erfährt daher zu Recht Kritik.596 Dass sich diese Unter­ scheidung lediglich im Rahmen der arglistigen Täuschung findet, wird nach teilweiser Literaturauffassung als Widerspruch zu der Anknüpfung der Irrtums­ anfechtung an die Verantwortlichkeit des Erklärungsgegners verstanden.597 Eine Präzisierung der Art der Pflichtverletzung wäre daher wünschenswert. Des Weiteren erscheint in diesem Zusammenhang problematisch, dass das Anfechtungsrecht, aufgrund der ohne grundlegende Revision übernommenen und im Gegensatz zu den PECL extensiven Informationsanforderungen der ACQP, gewissermaßen fragwürdige Ausmaße annehmen könnte.598 Insofern wird zu Recht angemerkt, dass vor dem Hintergrund des speziellen Anfech­ tungsgrunds bei der Neueinführung weiterer Informa­tions­pflichten die Fol­ gen der Anfechtung keinesfalls außer Acht gelassen werden dürfen.599 Gerade in Zusammenhang mit dieser ausdrücklichen Sanktionierung bedürfen die im DCFR pauschal, gleichzeitig aber auch umfangreich normierten Informa­tions­ pflichten, dringend einer kritischen Revision und Reduktion, um eine angemes­ sene und effektive, aber gleichermaßen auch nicht zu extensive Sanktion der Anfechtung zu gewährleisten.

c)  Voraussetzungen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Auch wenn Art. II. – 3:109 Abs. 4 DCFR nicht auf Art. II. – 7:205 DCFR ver­ weist, kommt die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als weitere Sankti­ on vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen in Betracht. Eine arglistige Täuschung kann in keiner Situation gerechtfertigt sein, sodass es auch keinen Grund für einen Ausschluss dieses Rechtsbehelfs geben kann.600 Dies wird aus­ drücklich in der gesonderten Vorschrift des Art. II. – 7:215 DCFR normiert. 595  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201 DCFR, S. 461. 596  Eine solche Differenzierung sei lediglich bei der Anfechtung wegen arglistiger Täu­ schung zu finden, vgl. Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 547; vgl. Wagner, in: Zimmermann (Hrsg.), Störungen der Willensbildung bei Vertrags­ schluss, S. 59, 84 ff.; Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 244. 597  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 547; Ernst, in: Zimmermann (Hrsg.), Störungen der Willensbildung bei Vertragsschluss, S. 1, 30 f. 598  Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 242  f.; vgl. Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 81 f. 599  Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 243. 600  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:205, S. 495; die Anerkennung des Anfechtungsrechts wegen arglistiger Täuschung bei vorvertrag­



E.  Anfechtung des Vertrags245

aa)  Arglistige Täuschung Gem. Art. II. – 7:205 Abs. 1 DCFR kann eine Partei den Vertrag anfechten, wenn sie durch arglistige Täuschung der anderen Partei durch Worte, Verhal­ ten oder das Verschweigen von Informationen, die sie nach Treu und Glau­ ben oder gem. vorvertraglicher Informa­tions­pflichten hätte offenbaren müs­ sen, zum Vertragsschluss bestimmt worden ist. Demnach kommt ein Verstoß durch Falschinformation oder durch Verschweigen gegen Offenlegungspflich­ ten in Betracht, die unter Umständen aus dem Gebot von Treu und Glauben folgen können oder aus kodifizierten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten. Auch wenn nach dem DCFR grundsätzlich keine allgemeine Aufklärungs­ pflicht besteht, soll die Partei im Gegenzug auch kein Recht haben, die andere Partei durch Verschweigen von Tatsachen irrezuführen.601 Die ausdrückliche Bezugnahme auf die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten stellt somit eindeutig klar, dass ein solcher Verstoß ein Anfechtungsrecht wegen arg­ listiger Täuschung begründen kann und ist als ausdrücklich normierte Sankti­ on zu begrüßen. Die Täuschung muss zudem arglistig erfolgen. Diese Voraus­ setzung wird in Art. II. – 7:205 Abs. 2 DCFR näher definiert. Gem. Abs. 2 S. 1 ist eine Täuschung dann arglistig, wenn sie mit Wissen oder in der Annahme begangen wird, dass es sich um eine Unwahrheit handelt und in der Inten­tion erfolgt, den Erklärungs­empfänger zu einem Fehler zu bestimmen. Ein Ver­ schweigen ist nach Abs. 2 S. 2 hingegen arglistig, wenn es in der Intention er­ folgt die Person, der die Information vorenthalten wird, zu einem Fehler zu bestimmen. Den Kommentierungen zufolge erfordert Arglist demnach Vorsatz und setzt entsprechend in beiden Varianten voraus, die andere Person vorsätz­ lich in die Irre zu führen und einen Irrtum hervorzurufen.602 Die in der eng­ lischen Fassung des DCFR verwandte Voraussetzung „is intended“ sollte dem­ nach eher im Sinne von vorsätzlich als absichtlich verstanden werden. Nach dieser Interpretation liegt dem Begriff der Arglist im DCFR ein ähnliches Ver­ ständnis wie nach deutschem Recht zu Grunde.603 Darüber hinaus setzt die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung voraus, dass die fehlinformierte Par­ tei bei Vertragsschluss auf die Information vertraut hat.604 licher Informa­tions­pflichtverletzung entspricht i. Ü. der Rechtslage nach dem BGB, siehe S. 227 ff. 601  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:205, S. 494; dies entspreche den überwiegenden Regelungen der kontinentalen Rechtsordnungen, vgl. Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 204. 602  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:205, S. 493. 603 Vgl. MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 17; siehe allgemein zum deutschen Recht S. 227 ff. 604 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:205, S. 494.

246

Vierter Teil: Sanktionen

bb)  Gleichstellung von Falsch- und Nichtinformation Im Gegensatz zu Art. II. – 7:201 DCFR wird nach den in Art. II. – 7:205 DCFR genannten Varianten eine falsche Informationserteilung (z. B. durch Worte) gleichgestellt mit der Nichterteilung einer Information (z. B. Verschweigen).605 Dieser Gleichlauf ist aus Gründen der Klarstellung ebenso zu begrüßen wie aus Gründen der Rechtssicherheit, da nach der ausdrücklichen Begründung eine Falschinformation einer Nichterfüllung gleichkommt und in diesem Fall die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung greifen können.606 Sofern sich die Rechts­ behelfe der Anfechtung oder Nichterfüllung demnach überschneiden, kann die Partei nach Art. II. – 7:216 DCFR wählen und jeden der Rechtsbehelfe geltend machen, sofern diese nicht unvereinbar sind.607

2.  Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist Die Anfechtung ist wie nach deutschem Recht als Gestaltungsrecht konzipiert und wird gem. Art. II. – 7:209 DCFR durch formlose Mitteilung gegenüber der anderen Vertragspartei ausgeübt.608 Die Mitteilung muss innerhalb der Anfech­ tungsfrist erfolgen. Im Gegensatz zum deutschen Recht wird hinsichtlich der Anfechtungsfrist nicht zwischen den verschiedenen Anfechtungsrechten (wie z. B. Irrtum oder arglistige Täuschung) differenziert. Wohl in Übereinstim­ mung mit dem Kriterium der Unverzüglichkeit der Anfechtungsfrist des § 121 BGB,609 sieht Art. II. – 7:210 DCFR regelmäßig einen ähnlich kurzen Zeitraum vor, indem eine Anfechtung unwirksam ist, wenn diese nicht innerhalb einer den Umständen nach angemessenen Frist erklärt wird, nachdem die Partei die maßgeblichen Tatsachen kannte, kennen musste oder nicht mehr einer Beein­ flussung der anderen Partei unterstand.610 Den rechtsvergleichenden Notes zu­ folge bestehen große Unterschiede im Hinblick auf die Anfechtungsfrist in den verschiedenen Rechtsordnungen, welche von wenigen Wochen bis mehrere Jahre reichen.611 Eine angemessene Frist wird nicht konkret bestimmt, sondern insbesondere vom Wesen des Vertrags sowie den Umständen des Einzelfalls 605 Siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:205, S. 495; das Fehlen in Bezug auf die Irrtumsanfechtung kritisierend Eidenmüller/Faust/­Grigoleit/ Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 547; dazu auch Wagner, in: Zimmermann (Hrsg.), Störungen der Willensbildung bei Vertragsschluss, S. 59, 84 ff.; ferner zur Interim Outline Edi­ tion Jud, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S. 71, 84. 606  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:205, S. 495. 607  Diese Erwähnung ist laut den Verfassern eigentlich überflüssig, vgl. dennoch von Bar/ Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:205, S. 534. 608  Vgl. entsprechend die Anfechtungserklärung nach § 143 BGB; näher dazu von Bar/ Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Notes Art. II. – 7:209, S. 518 ff.; implizit auch Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676. 609  Dazu oben, S. 231 f. 610  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:210, S. 520. 611  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Notes Art. II. – 7:210, S. 520 f.



E.  Anfechtung des Vertrags247

abhängig gemacht. Den Comments zufolge soll aber zumindest die Möglich­ keit gewährleistet sein, sich (rechtlichen) Rat einzuholen bzw. über die Lage nachzudenken.612 Die Einräumung einer Überlegungsfrist und Möglichkeit der Überprüfung entspricht der unverzüglichen Anfechtungserklärung nach deut­ schem Recht.613 Auch wenn dies als Kompromisslösung der unterschiedlichen Regelungsansätze zu verstehen ist, ist eine konkrete Bestimmung der Anfech­ tungsfrist für beide Vertragsparteien im Hinblick auf die weitreichende Folge der wirksamen Anfechtung zu bevorzugen.

3. Rechtsfolge Wirkung und Umfang des Anfechtungsrechts im DCFR werden im Folgen­ den skizziert. Art. II. – 7:201 DCFR enthält ebenso wie Art. II. – 7:205 DCFR keine Regelung bezüglich der Rechtsfolge der Anfechtung. Eine solche kon­ kretisierende Regelung findet sich jedoch in Art. II. – 7:212 DCFR, welcher die Wirkung der Anfechtung im Allgemeinen beschreibt. So stellt Art. II. – 7:212 DCFR in Abs. 1 zunächst klar, dass ein nach diesem Abschnitt anfechtbarer Ver­ trag bis zur Anfechtung zunächst gültig ist, nach erfolgter Anfechtung aber von Anfang an ungültig wird. Die Anfechtung hat folglich rückwirkende Wirkung und führt wie nach deutschem Recht zur Aufhebung des Vertrags oder eines Teiles ex tunc.614 Sofern Leistungen aufgrund des zunächst gültigen Vertrags bereits erbracht wurden, können diese nach wirksamer Anfechtung nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung rückabgewickelt werden, Art. II. – 7:212 Abs. 2 DCFR.615 Folgt der Irrtum aus einer falschen Informations­ erteilung, so kann der anfechtungsberechtigten Partei ferner ein Anspruch auf Vertragsanpassung616 oder Schadensersatz zustehen.617

4. Stellungnahme Die ausdrückliche Normierung des Anfechtungsrechts als Sanktion der vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung ist eine konsequente Ergänzung der vorgesehenen sonstigen Sanktionen in Art. II. – 3:109 DCFR und fügt sich durch den Verweis in das Sanktionsgefüge ein. Allenfalls könnte man erwä­ 612 

von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:210, S. 520. Siehe zu § 121 BGB BeckOK BGB/Wendtlandt, § 121 BGB, Rn. 6 ff. m. w. N., Palandt/ Ellenberger, § 121 BGB, Rn. 3 m. w. N. 614  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:212, S. 524. 615 Vgl. dazu auch von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:212, S. 524, die Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung sind in Buch VII des DCFR zu finden. 616  Vgl. Art. II. – 7:103 DCFR; diese Regelung aufgrund offensichtlicher Schwächen kri­ tisch bewertend Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 547. 617  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Art. II. – 7:201, S. 463. 613 

248

Vierter Teil: Sanktionen

gen, ob nicht ein besonderer Anfechtungsgrund der vorvertraglichen Informa­ tions­pflichtverletzung in der tatsächlichen Sanktionsregelung mit einem Ver­ weis der Anwendbarkeit der sonstigen allgemeinen Bestimmungen der Willensmängel systematisch sinnvoller wäre. Dies könnte jedoch zu Spannun­ gen z. B. im Hinblick auf die erörterten Schadensersatzansprüche führen. Zu­ sammenfassend erscheint das der Irrtumsregelung des DCFR zugrundeliegen­ de Ziel, eine Balance zwischen der einerseits zu beachtenden Vertragsfreiheit und dem andererseits gebotenen Vertrauensschutz zu gewährleisten,618 weit­ gehend gelungen. Dies gilt vor allem aus verbraucherschützender Perspektive, indem im Rahmen von Verbraucherverträgen der Schutz explizit eine Ergän­ zung durch die Regelung des Anfechtunsgrechts bei vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzung erfährt619 und dieses Zusammenspiel zudem aus der Verweisung der Sanktionsregelung nach Art. II. – 3:109 Abs. 4 DCFR deut­ lich wird. Im Gegensatz zur VerbrRRL und dem nationalen Recht kann auf­ grund des speziellen Anfechtunsgrechts eine vorvertragliche Informa­ tions­ pflichtverletzung die Anfechtung des Vertrages ermöglichen ohne streitige Abgrenzungsfragen zum Irrtumsrecht aufzuwerfen. Aus Unternehmersicht ist diese Lösung jedoch aufgrund der weitreichenden Folgen zu hinterfragen (dazu sogleich unter IV.). Abgesehen von den gennannten, nicht vollumfäng­ lich überzeugenden, Kritikpunkten der fehlenden Differenzierung zwischen Falsch- und Nichtinformation sowie dem generell pauschalisierenden Ansatz erscheint das angestrebte Ziel zumindest aus Verbraucherschutz- und Konkur­ renzgesichtspunkten grundsätzlich gelungen, auch wenn in einigen Punkten noch Optimierungspotential besteht.

III.  Anfechtungsrecht nach dem GEK‑Vorschlag Auch der GEK‑Vorschlag befasst sich mit den Rechtsfolgen im Falle eines Irr­ tums bzw. bei Willensmängeln. In Kapitel 5 sind unter dem Oberbegriff „Eini­ gungsmängel“ allgemeine Bestimmungen zur Anfechtung eines Vertrags vor­ gesehen.620 Art. 29 GEK‑Vorschlag sieht das Anfechtungsrecht ebenfalls als spezielle Sanktion für die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht 618 

von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201, S. 457; siehe auch Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 241. 619  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:201, S. 457, 461. 620  Zur Bedeutung des Rechts der Einigungsmängel Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 1 ff.; sowie Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 48 CESL, Rn. 1 ff.; siehe ferner die kritische Untersuchung der Regelungen zu Einigungs­ mängeln in Kapitel 5 des GEK‑Vorschlags von Ackermann/Franke, Defects in Consent: An Assessment of Chapter Five of the Proposal for a Common European Sales Law, ERCL 2012, 113 ff.; die Systematik gleicht im Wesentlichen den Regelungen des DCFR, vgl. Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 119.



E.  Anfechtung des Vertrags249

vor.621 In welchem Verhältnis diese Abhilfen bzw. Sanktionen zu sonstigen nach dem GEK‑Vorschlag in Betracht kommenden einschlägigen Sanktionen stehen, wird in Art. 29 Abs. 3 GEK‑Vorschlag zumindest versucht zu konkre­ tisieren. Demnach gelten die Abhilfen nach Art. 29 GEK‑Vorschlag unbescha­ det der Abhilfen nach Art. 42 Abs. 2 GEK‑Vorschlag (Beginn der Widerrufsfrist bei nicht ordnungsgemäßer Belehrung), Art. 48 oder Art. 49 GEK‑Vorschlag (Irrtum oder Arglistige Täuschung). Im Gegensatz zum DCFR wird ausdrück­ lich auch auf den Anfechtungsgrund der arglistigen Täuschung Bezug genom­ men, was im Wege der Transparenz und Klarheit der Abhilfenregelung zu be­ grüßen ist. Ob die Anfechtung wegen Irrtums und arglistiger Täuschung jedoch generell als geeignete Sanktion erscheint, ist anhand der Voraussetzungen und des Verhältnisses des Anfechtungsrechts wegen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzung zu den allgemeinen Bestimmungen des Anfechtungsrechts sowie zu weiteren Sanktionen im Folgenden zu klären.

1. Anfechtungsgrund Der GEK‑Vorschlag unterscheidet grundsätzlich vier Arten von Willensmän­ geln, unter anderem die Anfechtungsgründe des Irrtums nach Art. 48 GEK‑Vor­ schlag sowie der arglistigen Täuschung nach Art. 49 GEK‑Vorschlag.622

a)  Grundvoraussetzungen der Anfechtung wegen Irrtums Unter dem Begriff des Irrtums i. S. d. Art. 48 GEK‑Vorschlag ist jede positive Fehlvorstellung über eine Tatsache oder einen Rechtszustand zu verstehen.623 Der GEK‑Vorschlag geht somit von einem extensiven Irrtumsbegriff aus, der neben Tatsachen auch rechtsbezogene Irrtümer erfasst, und verzichtet ansons­ ten ebenso wie der DCFR auf eine Differenzierung verschiedener Irrtumsarten wie z. B. nach deutschem Recht.624 Als Konsequenz dieses weiten Verständnis­ ses werden Motivirrtümer den sonstigen Irrtümern gleichgestellt, was im Ge­ gensatz zum deutschen Verständnis der grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von Motivirrtümern schwer nachvollziehbar erscheint,625 allerdings sieht Art. 48 GEK‑Vorschlag relativierend auch einige einschränkende Kriterien vor, die im Folgenden dargestellt werden. 621  Siehe

oben, S. 142 ff.; Positiv zu ausdrücklichen Regelung im Vergleich zu nationa­ len Rechtsordnungen Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 17. 622  Weitere Varianten sind die Drohung nach Art. 50 sowie die unfaire Ausnutzung nach Art. 51 GEK‑Vorschlag; siehe auch Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 119. 623 Vgl. Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 2; Schulze/ Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 48 CESL, Rn. 14. 624 Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 2; Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 48 CESL, Rn. 16; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 129. 625  Ähnlich Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 2; dies hin­ gegen als verständlich wertend Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 129.

250

Vierter Teil: Sanktionen

aa)  Erfordernis eines wesentlichen Irrtums Ebenso wie Art. II. – 7:201 DCFR fordert Art. 48 Abs. 1 lit. a) GEK‑Vorschlag mit der Formulierung der „grundlegend anderen Vertragsbestimmungen“ das Vorliegen eines wesentlichen Irrtums.626 Demnach sollen nur erhebliche ­Irrtümer zur Anfechtung berechtigen, falls ein Festhalten am Vertrag der dem Irrtum unterlegenen Partei objektiv nicht zumutbar ist.627 Unter Umständen kann selbst ein Irrtum über wesentliche Vertragsbestandteile nicht ausreichen, wenn damit keine grundlegend abweichende Gestaltung des Vertrags verbun­ den ist.628 Darüber hinaus muss nach Art. 48 Abs. 1 lit. a) GEK‑Vorschlag die andere Partei gewusst haben bzw. hätte wissen müssen, dass die irrende Partei ohne den Irrtum den Vertrag nicht oder mit grundlegend anderen Bedingungen ge­ schlossen hätte. Im Gegensatz zu den PECL fordert auch der GEK‑Vorschlag keine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis des Vertragspartners, sondern fragt maßgeblich, ob der Anfechtende von einer Kenntnis des Vertrags­partners ausgehen durfte und statuiert i. d. S. eine verschuldensunabhängige Rege­ lung.629 Der Wortlaut wird zu Recht als unglücklich kritisiert und ist wohl entsprechend dem DCFR weiterhin als Erfordernis der Kenntnis oder fahr­ lässigen Unkenntnis des Anfechtungsgegners zu interpretieren.630 Zusammen­ fassend stimmen sowohl der Regelungsgehalt der Vorschrift des Art. 48 Abs. 1 GEK‑Vorschlag als auch damit verbundene Unklarheiten mit Art. II. – 7:201 DCFR überein.631 626 Vgl. Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 181, die Neugliederung des GEK‑Vorschlags führt ebenso wie beim DCFR zu keiner grundlegenden inhaltlichen Änderung; Art. 48 Abs. 1 und Abs. 2 GEK‑Vorschlag basieren insofern auf Art. II. – 7:201 DCFR, vgl. Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 48 CESL, Rn. 10. 627 Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 6; ähnlich Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 181, nach dessen Auffassung sich durch die Neustrukturierung zumindest die Frage nach der Anfechtung wegen unwesentlicher Irrtümer nicht mehr stellt. 628  So zumindest Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 6, es sei Sache der Rechtsprechung, dies zu konkretisieren. 629  Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 181; bereits zur entsprechenden Voraussetzung nach DCFR Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 242, s. o. 630  Aufgrund der legislativen Entschließung des Europäischen Parlaments vom 26.02.2014 wurde diese Voraussetzung gestrichen, siehe Abänderung 115; vgl. insgesamt dazu SchmidtKessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 7; ebenso Jansen, in: Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 181; bereits zum DCFR Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 242. 631 Zur Übereinstimmung siehe Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art.  48 CESL, Rn. 10; ferner Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 181; insofern kann i. Ü. auf die entsprechenden Aus­ führungen verwiesen werden.



E.  Anfechtung des Vertrags251

bb)  Der spezielle Anfechtungsgrund des Art. 48 Abs. 1 lit. b) ii) GEK‑Vorschlag Gem. Art. 48 Abs. 1 lit. b) ii) GEK‑Vorschlag kann eine Partei einen Vertrag wegen eines bei Vertragsschluss vorhandenen Tatsachen- oder Rechtsirrtums insbesondere dann anfechten, wenn die andere Partei den Vertragsschluss durch Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten nach Kapitel 2 Abschnitte 1 bis 4 verursacht hat.632 Diese Regelung geht auf den speziellen Anfechtungs­ grund des Art. II. – 7:201 lit. b) iii) DCFR zurück,633 scheint jedoch im Gegen­ satz zum DCFR nicht die Anfechtung wegen fehlender Korrekturmöglichkeit von Eingabefehlern vorzusehen.634 Aber auch diese auf Art. 11 Abs. 2 ECRL basierende und streng genommen nicht als Informa­tions­pflicht zu wertende Voraussetzung kann nach dem GEK‑Vorschlag bei Annahme eines wesentli­ chen Irrtums zur Anfechtung berechtigten.635 Dies folgt aus der Verweisung des Art. 48 Abs. 1 lit. b) ii) GEK‑Vorschlag auf die Vorschriften des Kapitels 2, Ab­ schnitte 2 bis 4, wonach auch die Verletzung der nach Art. 24 Abs. 2 GEK‑Vor­ schlag normierten Korrekturmöglichkeit erfasst wird. Diese insgesamt nicht ausdifferenzierte Gewährung eines Anfechtungsrechts bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverstößen durch den GEK‑Vorschlag wird in der Literatur zu Recht kritisch betrachtet.636 Berechtigte Kritik erfährt in diesem Kontext vor allem die Übernahme des zu extensiven Informations­ modells des acquis, was zu erheblichen Problemen führen kann.637 Insofern wird beispielsweise argumentiert, dass es kaum nachvollziehbar sei, dass ein Vertrag im Ganzen angefochten werden kann, wenn der Käufer z. B. bei Kennt­ nis von den anfallenden hohen Transportkosten diesen nicht geschlossen hätte, 632 

Wie zuvor in der Übersicht der Informa­tions­pflichten nach dem GEK‑Vorschlag bereits aufgezeigt, sieht im Rahmen der Reglungen über das Zustandekommen eines bindenden Ver­ trages Kapitel 2 Regelungen zu vorvertraglichen Informationen vor; Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 48 CESL, Rn. 10; die Regelung der Anfechtungsmöglichkeit wegen vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung grds. begrüßend Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/ Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 182 ff. 633 Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 48 CESL, Rn. 10. 634  Zum DCFR zuvor, S. 243. 635 Somit i. E. Übereinstimmung mit der Regelung des DCFR; siehe auch Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 190. 636  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ebenso ­Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales euro­ päisches Kaufrecht, S. 169, 186 ff; positiver hingegen das Verständnis von Schulze/Zoll, Euro­ pean Contract Law, Chapter 3, Rn. 131, die von einer Verbindung des Irrtumsrechts mit dem System vorvertraglicher Informa­tions­pflichten ausgehen. 637 Ausdrücklich Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 182 ff. m. w. N.; kritisch zu den umfangreichen Informa­tions­pflichten ohne Entsprechung in den PECL auch Jud, in: Schmidt-­Kessel (Hrsg.), Der Gemeinsame Referenzrahmen, S.  71, 81  f.; Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/­ Zimmermann, JZ 2012, 269, 277.

252

Vierter Teil: Sanktionen

er die Kosten aber gerade gar nicht tragen muss, da diesbezüglich die kosten­ spezifische Sanktion des Art. 29 Abs. 2 GEK‑Vorschlag greift.638 Noch weiter geht dann die Auffassung, dass es an einer solchen Pflicht zur Kostentragung bereits nach allgemeinen Auslegungsregeln fehlt und diese ohnehin kein Ver­ tragsbestandteil werden.639 Die spezielle Kostensanktion trage vielmehr der Funktion der Information über zusätzliche Kosten Rechnung und will eine ge­ nerelle Aufhebung des Vertrags mit ex tunc-Wirkung aber verhindern. Gerade im Hinblick auf die fehlende Pflicht zur Kostentragung als spezifische Sank­ tion vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen wird das Problem der fehlenden funktionalen Anknüpfung der Sanktion an die konkret zu erteilende Information deutlich. Das Argument erscheint daher überzeugend und spricht grundsätzlich für einen Ausschluss einer derart weitreichenden Sanktion wie der Anfechtung wegen Irrtums. Durchaus problematisch ist jedoch die aus die­ ser Regelung folgende Zersplitterung: Während Verstöße gegen allgemeine Informa­tions­pflichten (wie z. B. Art. 23 GEK‑Vorschlag) lediglich unter der zu­ sätzlichen Voraussetzung des Verschuldens des Informa­tions­pflichtigen bezüg­ lich des Irrtums zur Anfechtung berechtigen, wird trotz der viel weitergehenden acquis-basierten Informa­tions­pflichten auf ein solches Verschulden verzich­ tet.640 Die Kodifikation der Anfechtung wegen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzung erfährt aber auch im Hinblick auf das unklare Verhältnis zu der Anfechtung wegen Verletzung der allgemeinen Aufklärungspflicht nach Treu und Glauben in Art. 48 Abs. 1 lit. b) iii) GEK‑Vorschlag Kritik.641 Ins­ besondere wird aufgrund der fehlenden Regelung des Konkurrenzverhältnis­ ses zur Anfechtung wegen dieser treuwidrigen Nichtaufklärung gem. Art. 48 Abs. 1 lit. b) iii) GEK‑Vorschlag eine potentielle Doppelung der Rechtsbehelfe befürchtet und als problematisch angesehen.642 Soll der spezielle Anfechtungs­ grund der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung beibehalten werden, bedarf es daher zwingend einer Klarstellung z. B. in Form einer ausdrücklichen lex specialis-Regelung. 638  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277; ebenso J­ ansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales euro­ päisches Kaufrecht, S. 169, 186. 639 So Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 186; dies entspricht dem Meinungsstreit zum Bedarf einer spezifischen Kostensanktion nach § 312e BGB, zu dieser spezifischen Kostensanktion siehe S. 167 ff. 640 So die überzeugende Argumentation von Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/­ Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales Europäisches Kaufrecht, S. 169, 188. 641  Eingehend zu der Problematik Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 188 f.; unkritisch insofern Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 9. 642 Siehe Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 188 f.



E.  Anfechtung des Vertrags253

cc)  Verantwortung hinsichtlich des Irrtums Entsprechend der Regelungen der Irrtumsanfechtung des DCFR muss der irr­ tumsbedingte Vertragsschluss auch nach Art. 48 Abs. 1 lit. b) ii) dem Anfech­ tungsgegner zurechenbar sein.643

b)  Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Art. 49 GEK‑Vorschlag statuiert das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täu­ schung in Anlehnung an den u. a. als Vorbild dienenden Referenztext des DCFR. Hierbei handelt es sich um eine qualifizierende Regelung des Irrtums nach Art. 48 GEK‑Vorschlag und ist somit als vorrangige lex specialis an­ zusehen.644 Aufgrund der bereits sehr weit gefassten Irrtumsanfechtung und der gleichen Rechtsfolgen wird nach teilweiser Literaturauffassung eine zu­ sätzliche Regelung der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung als obsolet­ erachtet.645 Dies vermag jedoch nicht zu überzeugen, da die arglistige Täu­ schung über die Irrtumsregelung hinausgehend gerade ein arglistiges Verhalten voraussetzt. Würde man dieses Anfechtungsrecht streichen und unter den ­Irrtumstatbestand subsumieren, könnte dies zu dem kaum gewollten Negativ­ effekt oder zumindest falschem Verständnis führen, dass die arglistige Täu­ schung gleichzusetzen ist mit einem versehentlich verursachten Irrtum oder sogar keinen Grund zur Anfechtung bieten soll. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit abzulehnen. Nach der Definition des Art. 49 Abs. 2 GEK‑Vorschlag ist eine Täuschung dann arglistig, wenn sie in dem Wissen oder der Annahme, dass es sich um die Unwahrheit handelt, oder leichtfertig hinsichtlich Wahrheit oder Unwahrheit begangen wird, und sie in der Absicht geschieht, den Empfänger dazu zu be­ stimmen, einen Irrtum zu begehen.646 Gem. Art. 56 GEK‑Vorschlag kann die Abhilfe der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung weder ausgeschlossen noch beschränkt werden und ist somit nicht abdingbar.647 Nach Art. 49 Abs. 1 GEK‑Vorschlag kann eine arglistige Täuschung nicht nur durch Worte oder Verhalten, sondern auch durch das arglistige Verschwei­ gen von Informationen begangen werden, die insbesondere aufgrund vorver­ 643 

Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 131. GEKR‑Kommentar, Art. 49 GEK‑E, Rn. 1. 645  Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optiona­ les europäisches Kaufrecht, S. 169, 192 ff.; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 129 ff. 646 Dies entspricht dem DCFR sowie dem Verständnis nach deutschem Recht, MüKo BGB/Armbrüster, § 123 BGB, Rn. 17. 647  Dies entspricht im Wesentlichen Art. II. – 7:215 DCFR, auch wenn dieser nicht zwi­ schen Unternehmern und Verbrauchern differenziert; Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 56 CESL, Rn. 6; Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 56 GEK‑E, Rn. 1. 644 Schmidt-Kessel/Martens,

254

Vierter Teil: Sanktionen

traglicher Informa­tions­pflichten offen zu legen wären.648 Dies entspricht wie­ derum der Gleichstellung der Falsch- und Nichtinformation trotz bestehender Verpflichtung nach dem DCFR.649

2. Kausalität Der Irrtum muss zudem kausal in dem Sinne geworden sein, dass dieser we­ sentliche Auswirkung auf den Vertragsschluss respektive -inhalt hatte.650 Mit anderen Worten soll nicht jeder Irrtum zur Anfechtung berechtigen, sondern nur solche, die kausal für den Abschluss des Vertrags waren. Das Erfordernis der Kausalität gilt auch für die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Verletzt ein Unternehmer beispielsweise die identitätsbezogene Informa­tions­pflicht indem er arglistig seine Identität verschweigt, so kann die andere Partei den Vertrag nur anfechten, wenn sich das arglistige Verschweigen kausal auf den Entschluss zum Vertragsschluss ausgewirkt hat.

3.  Anfechtungserklärung und Anfechtungsfrist Die Ausübung des Anfechtungsrechts setzt nach Art. 52 GEK‑Vorschlag eine fristgerechte Mitteilung gegenüber der anderen Vertragspartei voraus.651 Folg­ lich handelt es sich wie auch bei dem Referenztext des DCFR652 sowie nach deutschem Recht653 um ein Gestaltungsrecht, was im Ergebnis europäischen Standards Rechnung trägt.654 Die Anfechtungsfrist ergibt sich aus Art. 52 Abs. 2 GEK‑Vorschlag und beträgt für die irrtumsbedingte Anfechtung grundsätzlich sechs Monate (lit. a), für die arglistige Täuschung ein Jahr ab Kenntnis (lit. b).

4. Rechtsfolge Der GEK‑Vorschlag sieht für die Anfechtung wegen Irrtums sowie die Anfech­ tung wegen arglistiger Täuschung einen Gleichlauf der Rechtsfolgen vor.655 648 Dazu Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 49 CESL, Rn. 4; Schmidt-Kessel/ Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 49 GEK‑E, Rn. 5; kritisch hierzu Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 135 f. 649 Zum DCFR siehe S. 246; zur Gleichstellung im GEK‑Vorschlag Schmidt-Kessel/­ Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 49 GEK‑E, Rn. 5. 650  Nach Auffassung von Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 48 GEK‑E, Rn. 5, reicht Kausalität i. S. d. conditio-sine-qua-non-Formel daher nicht aus; weniger streng Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 48 CESL, Rn. 26; ebenso Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 129. 651 Vgl. auch Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 28; Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 120. 652  Siehe Art. II. – 7:209 DCFR. 653  Erfordernis der Anfechtungserklärung gem. § 143 BGB. 654 Schmidt-Kessel/Martens, in: GEKR‑Kommentar, Art. 52 GEK‑E, Rn. 1; siehe ferner auch die Art. 4:112 der PECL; ferner Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 120. 655  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 134, bezweifeln daher nicht gänzlich nachvollziehbar die Erforderlichkeit der Regelung der arglistigen Täuschung.



E.  Anfechtung des Vertrags255

Die Wirkung der Anfechtung ist in Art. 54 GEK‑Vorschlag geregelt. Nach Abs. 1 ist ein anfechtbarer Vertrag zunächst gültig, wird aber durch wirksame Anfechtung rückwirkend ungültig. Die Anfechtung entfaltet somit wie nach deutschem Recht und dem DCFR ex tunc-Wirkung.656 Abs. 2 trifft ergänzen­ de Regelungen für eine partielle Anfechtung einzelner Vertragsbestimmungen. Bezüglich der Rückabwicklung des Vertrags verweist Art. 54 Abs. 3 GEK‑Vor­ schlag auf die Bestimmungen des Kapitels 17 zur Rückabwicklung von Ver­ trägen.657 Darüber hinaus kommt unabhängig von der Ausübung der Anfechtung auch ein Schadensersatzanspruch nach Art. 55 GEK‑Vorschlag in Betracht, wel­ cher an die Haftung aus c. i. c. erinnert.658 Art. 55 GEK‑Vorschlag sieht einen ­eigenständigen Schadensersatzanspruch für eine Partei vor, die nach Kapitel 5 (Einigungsmängel) ein Anfechtungsrecht besitzt oder vor Fristablauf oder Be­ stätigung besaß, sofern die andere Partei die maßgeblichen Umstände kannte oder kennen musste, und zwar unabhängig davon, ob der Vertrag angefoch­ ten wird.659 Diese Vorschrift entspricht Art. II. – 7:214 DCFR.660 Der Scha­ densersatzanspruch weicht jedoch insofern von der Haftung aus c. i. c. ab, als er durch die Voraussetzung eines bestehenden Anfechtungsrechts direkt mit diesem verknüpft ist.661 Aufgrund des Schadensersatzanspruchs aus Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag als spezifische Sanktion für vorvertragliche Informa­ tions­pflichtverletzungen wird Art. 55 GEK‑Vorschlag wohl für solche Verstöße kaum Relevanz entfalten.662

656 Dies

trage dem diesbezüglich bestehenden europäischen Konsens Rechnung, so Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 54 GEK‑E, Rn. 1; Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 54 CESL, Rn. 12. 657 Siehe dazu Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art.  54 GEK‑E, Rn. 1; Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 54 CESL, Rn. 19 f., wonach insbesondere die „an­ chor rule“ des Art. 172 Abs. 1 GEK‑Vorschlag (Rechtsfolgen von Anfechtung oder Beendi­ gung) hervorgehoben wird. 658  Siehe Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 1 f.; Schulze/Zoll, Euro­ pean Contract Law, Chapter 3, Rn. 122. 659  Dazu Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 1 ff. 660 Schulze/Pfeiffer, CESL Commentary, Art. 55 CESL, Rn. 8; Jansen, in: Schulte-Nölke/ Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 198, vergleicht diese mit Art. II. – 7:204 DCFR; dies ist wohl dem unklaren Verhältnis geschul­ det, siehe bereits oben, S. 208 ff. 661  Kritisch zu dem Gleichlauf zwischen Schadensersatz und der „recht scharfen“ Sank­ tion der Anfechtung Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 2; ebenso Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 198 f. 662  Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 198 f.; für ein Nebeneinander wohl Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 2.

256

Vierter Teil: Sanktionen

5. Konkurrenzfragen Das in Art. 29 GEK‑Vorschlag enthaltene Recht zur Anfechtung eines Vertrags ist eine der speziell für vorvertragliche Verletzungen von Informa­tions­pflichten vorgesehenen Sanktionen. Art. 29 GEK‑Vorschlag erinnert jedoch an eine Auf­ listung unterschiedlicher Sanktionen, ohne jegliche Beschränkung oder Diffe­ renzierung zwischen den einzelnen Sanktionsmöglichkeiten vorzunehmen. So heißt es in Art. 29 Abs. 3 GEK‑Vorschlag lediglich, dass die Abhilfen nach die­ sem Artikel unbeschadet der Abhilfen nach Art. 48 oder Art. 49 GEK‑Vorschlag gelten. Leider fehlt es insoweit an einer Abstimmung des umfangreichen In­ formationsmodells mit den im GEK‑Vorschlag vorgesehenen Irrtumsregeln.663 Folglich stellt sich die Frage nach dem Konkurrenzverhältnis der einzelnen Sanktionen untereinander.

IV.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Die Sanktion der Anfechtung wegen Irrtums oder arglistiger Täuschung als Folge vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung ist den vorhergehenden Ausführungen zu Folge nach bestehendem Recht sowie den Regelwerken vor­ gesehen. Problematisch erscheint jedoch, ob die Anfechtung in diesem Kontext als geeignete Sanktion erscheint. Die generelle Charakteristik des Gestaltungs­ rechts bietet für den Anfechtungsberechtigten die Möglichkeit, sich bei Vor­ liegen der Voraussetzungen vom Vertrag zu lösen, sodass dieser von Anfang an nichtig ist. Umgekehrt betrachtet setzt es den Anfechtungsgegner der Gefahr aus, dass der Vertrag gegen seinen Willen nichtig und rückabgewickelt wird, da das Anfechtungsrecht je nach erlangter Kenntnis über den Anfechtungsgrund unter Umständen über einen längeren Zeitraum ausgeübt werden kann und die Folgen gegebenenfalls nicht mit der gewünschten Sicherheit abgeschätzt wur­ den. Als konkrete Sanktion der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung erscheint eine differenzierende Lösung der Gewährung eines Anfechtungs­ rechts geboten. In Fällen der arglistigen Täuschung über vorvertraglich zu erteilende Infor­ mationen muss eine Anfechtung stets und ohne Einschränkung möglich sein, da insofern keine Rechtfertigung des Verhaltens bestehen kann und der An­ fechtungsgegner aufgrund seines arglistigen Verhaltens jeglichen Schutzbedarf verwirkt. Eine Anfechtung wegen Irrtums sollte hingegen grundsätzlich keine Sanktion einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung darstellen. Hier­ für sprechen mehrere Gründe. Aufgrund der Vielzahl der vorvertraglich zu er­ teilenden Informationen ist die Entstehung eines irrtumsbedingten Willens­ mangels nicht auszuschließen. Dies gilt wie in diesem Abschnitt E. dargelegt 663  Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 188 f.



E.  Anfechtung des Vertrags257

insbesondere für Informationen über wesentliche Vertragsinhalte wie die Iden­ tität oder wesentliche Eigenschaften des Vertragsgegenstands. In Betracht kommen kann ferner eine Anfechtung wegen Irrtums über zusätzliche Kos­ ten, obwohl diese Kostentragungspflicht bereits aufgrund der speziellen Kos­ tensanktion nicht besteht.664 Eine unspezifische Anknüpfung der Sanktion der Anfechtung an sämtliche vorvertraglichen Informationspflichtverletzungen er­ scheint insofern nicht gerechtfertigt und ist daher abzulehnen. Hinzu kommt das Verhältnis der Anfechtung zum Widerrufsrecht. Zwar stellt letzteres an sich keine Sanktion sondern ein verbraucherschützendes In­ strument dar, wohl aber die Verlängerung der Widerrufsfrist. Das Widerrufs­ recht ermöglicht es ebenfalls sich vom Vertrag zu lösen, jedoch mit dem bedeu­ tenden Vorteil, dass es im Gegensatz zur Anfechtung keines Grundes bedarf.665 Auch wenn die Sanktion der verlängerten Widerrufsfrist aus funktionellen Er­ wägungen an die Verletzung der Widerrufsbelehrung geknüpft werden sollte, erscheint das Widerrufsrecht als Möglichkeit den Vertrag zu beseitigen vor­ zugswürdig und ausreichend. Insbesondere besteht nach Ablauf der ausrei­ chenden Widerrufsfrist die nötige Rechtssicherheit auch für Unternehmer. Die Verletzung der sonstigen Informa­tions­pflichten hingegen sollte grundsätzlich nicht zur Beseitigung des Vertrags durch Anfechtung berechtigen, was dem Grundsatz der Aufrechterhaltung des Vertrags entspricht. Zweifelhaft ist in­ soweit, ob das Kriterium der Wesentlichkeit des Irrtums als ausreichend an­ zusehen ist oder ob nicht ein genereller Ausschluss vorzugswürdig ist.666 Eine Einschränkung durch das Erfordernis eines wesentlichen oder beachtlichen Irr­ tums ist generell gegenüber einem Ausschluss des Anfechtungsrechts als vor­ zugswürdige Lösung anzusehen, um die Rechtsbehelfe im Falle des Irrtums aufgrund vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung nicht entgegen all­ gemeinen Rechtsgrundsätzen einzuschränken. Liegen die Voraussetzungen des Anfechtungsrechts vor, so soll der Anfechtungsberechtigte auch das Recht haben, sich durch Anfechtung vom Vertrag zu lösen. Dies muss aber gerade auf die Fälle eines wesentlichen Irrtums z. B. über wesentliche Eigenschaf­ ten des Vertragsgegenstands begrenzt sein und darf nicht pauschal für sämt­ liche vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen gelten. Insofern sollte im Einzelfall bei Vorliegen eines wesentlichen Irrtums das allgemeine Anfech­ tungsrecht greifen, ein zusätzliches besonderes pauschal an jegliche Informa­ tions­pflichtverletzungen anknüpfendes Recht zur Anfechtung ist abzulehnen. 664 

Eine solche explizite Regelung fehlt lediglich im DCFR. Chapter 3, Rn. 106. einen Schadensersatzanspruch für unwesentli­ che Irrtümer als ausreichend erachtend, Schmidt-Kessel/Martens, GEKR‑Kommentar, Art. 55 GEK‑E, Rn. 2; i. d. S. wohl auch für eine allgemeine c. i. c.‑Regelung Jansen, in: SchulteNölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 199. 665  Schulze/Zoll, European Contract Law, 666 Weniger weitgehend, aber zumindest

258

Vierter Teil: Sanktionen

Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass neben der Anfechtung grund­ sätzlich auch ein Schadensersatzanspruch in Betracht kommt, da vorvertragli­ che Informa­tions­pflichtverletzungen einen typischen Anwendungsfall der nach deutschem Recht kodifizierten Haftung aus c. i. c. darstellen, deren Rechtsfol­ ge regelmäßig auf den Ersatz des Vertrauensschadens begrenzt ist und dies zur Kompensation des enttäuschten Vertrauens auch angemessen erscheint.667 Im Rahmen der extensiven vorvertraglichen Informationsverpflichtungen sowie der mit einer Rückabwicklung des Vertrags verbundenen Schwierigkeiten stellt sich daher die Frage, ob ein solcher Schadensersatzanspruch nicht ausreicht und aus Gründen des Interessenausgleichs im Sinne der Aufrechterhaltung des Vertrags gar geboten ist. Bereits nach Art. 4:105 PECL wird der Vertragsanpas­ sung gegenüber der Auflösung entsprechend dem Prinzips des favor contractus Vorrang eingeräumt.668 Dafür spricht weiter, dass Verstöße gegen besondere Informa­tions­pflichten im acquis nicht mit der Sanktion der Anfechtbarkeit des Vertrags verknüpft sind und auch die nationalen Rechtsordnungen hierfür keine Basis bieten.669 Zugegeben mangelt es im acquis und im nationalen Recht auch an einer Regelung für einen spezifischen Schadensersatzanspruch wegen vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung. Für die Befürwortung der Sank­ tion eines solchen Schadensersatzes kann jedoch die Existenz der Schadens­ ersatzansprüche des Art. II. – 7:214 DCFR sowie des Art. 55 GEK‑Vorschlag angeführt werden. Nach vorliegender Ansicht wird es daher als vorzugswür­ dig erachtet, sofern kein Fall der arglistigen Täuschung vorliegt oder spezielle Umstände zur Unwirksamkeit des Vertrags führen, den Irrenden bei sonstigen vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen grundsätzlich auf die Gel­ tendmachung eines verschuldensunabhängig ausgestalteten Schadensersatz­ anspruchs zu verweisen.

F.  Unwirksamkeit des Vertrags Die Rechtsfolge der Vertragsunwirksamkeit stellt eine tiefgreifende Sanktion dar, welche grundsätzlich nur in Fällen schwerwiegender Pflichtverletzungen greifen sollte.

667  Zum Schadensersatzanspruch aus c. i. c. nach nationalem Recht bereits oben, S. 179 ff.; ähnlich Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 194 m. w. N. 668  Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 174; kritischer Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 201, 218 ff. 669 Überzeugend Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 189.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags259

I.  Unwirksamkeit des Vertrags nach deutschem Recht Fraglich ist daher, ob die Unwirksamkeit des Vertrags als mögliche Sanktion einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung nach nationalem Recht in Betracht kommt.

1.  Grundsätzlich keine Unwirksamkeit des Vertrags bei sonstigen Fernabsatzverträgen Nach h. M. soll ein Verstoß gegen eine vorvertragliche Informa­tions­pflicht greundsätzlich nicht die Unwirksamkeit des Fernabsatzvertrags zur Folge ha­ ben.670 Teile der Literatur stützen diese Auffassung auf einen Umkehrschluss zu § 356 Abs. 3 S. 1 BGB, nachdem die Widerrufsfrist nicht vor Erfüllung der Informa­tions­pflichten nach Art. 246a § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (Widerrufsbelehrung) sowie Art. 246b § 2 Abs. 1 EGBGB beginnt.671 Auch fordert die VerbrRRL die Erfüllung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten generell nicht als Vorausset­ zung des wirksamen Zustandekommens des Fernabsatzvertrages. Die Abhän­ gigkeit des wirksamen Zustandekommens eines Vertrags von der Erfüllung vor­ vertraglicher Pflichten ist zudem auch dem deutschen Zivilrecht dogmatisch grundsätzlich fremd – vielmehr bestehen Schadensersatzansprüche oder z. B. für Fälle der arglistigen Täuschung die Möglichkeit, sich vom Vertrag durch Ausübung des Anfechtungsrechts zu lösen.672 Eine vorvertragliche Informa­ tions­pflichtverletzung kann jedoch dann ausnahmsweise die Unwirksamkeit des Vertrags bewirken, wenn es infolge dieser Verletzung an einer Einigung über wesentliche Vertragsbestandteile (essentialia negotii) fehlt.673

2.  Ausnahmsweise Unwirksamkeit bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr nach § 312j Abs. 4 BGB In diesem Zusammenhang könnte die Einführung der Button-Lösung in Umset­ zung der Hinweispflicht nach Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL zumindest für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr eine weitere bedeutende Ausnahme von der 670  Der BGH hat beispielsweise in einer Entscheidung zum Online-Roulette die Nichtig­ keit eines Spielvertrages bei fehlender Bestimmung des Spiellimits vor Spielbeginn verneint, siehe BGH, Urteil vom 03.04.2008 – III ZR 190/07, NJW 2008, S. 2026, Rn. 25; ebenso An­ nahme eines wirksamen Versicherungsvertrages BGH, Urteil vom 28.06.2017 – IV ZR 440/14; Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 3; ferner speziell zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen allgemeine Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr ders., ebd., § 312i BGB, Rn. 11; Jauernig/Stadler, § 312i BGB, Rn. 10; BeckOK BGB/Martens, § 312a BGB Rn. 45; wohl auch NK BGB/Ring, § 312d BGB, Rn. 15 ff.; anders wohl Reich, EuZW 1997, 581, 584 f.; tendenziell auch Leier, CR 2012, 378, 379. 671  So Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 3. 672 Vgl. Alexander, NJW 2012, 1985 f.; Kirschbaum, MMR 2012, 8 f.; Weiss, JuS 2013, 590. 673 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 3; Leier, CR 2012, 378, 379.

260

Vierter Teil: Sanktionen

allgemein zu verneinenden Vertragsunwirksamkeit darstellen. Die gesetzgebe­ rische Entscheidung dafür, die Erfüllung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten in diesen Fällen zur Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrags zu machen, soll nämlich dem Schutz der Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Ge­ schäftsverkehr dienen.674 Vor diesem Hintergrund gilt es daher die in § 312j Abs. 4 BGB geregelte und viel diskutierte Button-Lösung675 sowie die gesetzli­ chen Folgen näher zu betrachten und einzuordnen.

a)  Sekundärrechtliche Vorgaben zur Button-Lösung nach der VerbrRRL Die für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr bedeutsamen Neuerun­ gen werden häufig unter dem Schlagwort der Button-Lösung diskutiert, da die Abgabe einer Bestellerklärung im Bereich des Online-Handels regelmäßig das Anklicken eines „buttons“ durch den Verbraucher bedarf.676 Die in Art. 8 der VerbrRRL unter der Überschrift „Formale Anforderungen für Fernabsatzverträ­ ge“ vorgesehenen Anforderungen betreffen demnach grundsätzlich Fernabsatz­ verträge, enthalten jedoch in den Abs. 2 und Abs. 3677 Besonderheiten für auf elektronischem Wege geschlossene Fernabsatzverträge und somit Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr. Ein Novum im Gegensatz zu den für letzte­ re Verträge ursprünglich allein vorgesehenen Anforderungen vor Abgabe einer Bestellung nach Art. 11 der ECRL ist die Regelung der Button-Lösung in Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL.678 Enthält der auf elektronischem Wege geschlossene Fern­ absatzvertrag eine Zahlungspflicht des Verbrauchers, so muss der Unternehmer gem. Art. 8 Abs. 2 S. 1 VerbrRRL den Verbraucher klar und in hervorgehobener Weise und unmittelbar bevor dieser seine Bestellung tätigt, auf die in Art. 6 Abs. 1 lit. a), e), o) und p) VerbrRRL enthaltenen Informationen hinweisen. Nach Abs. 2 S. 2 trägt der Unternehmer dafür Sorge, dass der Verbraucher bei der Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass diese mit einer Zahlungspflicht ver­ 674  Vgl. den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des BGB zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäfts­ verkehr, BT‑Drs. 17/7745. 675  Eingehend zur Button-Lösung und deren systematischer Bedeutung de Franceschi, GRUR Int 2013, 865, 867 ff.; zur Umsetzung der VerbrRRL einschließlich der Button-Lö­ sung im deutschen Recht vgl. z. B. die Ausführungen von Möller, BB 2014, 1411, 1414 f.; eine kritische Betrachtung der VerbrRRL sowie des deutschen Umsetzungsgesetzes der VerbrRRL in Deutschland bietet Wendehorst, NJW 2014, 577 ff; sowie dies. in MüKo BGB/ Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 1 ff.; ferner Weiss, JuS 2013, S. 590 ff.; Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36 ff.; Raue, MMR 2012, 4338, 442 f.; Leier, CR 2012, 378 ff.; Blasek, GRUR 2010, 396; K ­ irschbaum, MMR 2012, 8 ff.; sowie die kritische Evaluation der Button-Lösung von Spindler/­Thorun/Blom, MMR 2015, 3 ff. 676  BT‑Drs. 17/7745, S. 7, 11 f.; implizit hiervon ausgehend auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312j  BGB, Rn. 24 ff., Rn. 30 f. 677  Gem. Art. 8 Abs. 3 VerbrRRL sind spätestens bei Beginn des Bestellvorgangs beste­ hende Lieferbeschränkungen und akzeptierte Zahlungsmethoden klar und deutlich anzugeben. 678  Dazu bereits oben, S. 92.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags261

bunden ist. S. 3 enthält zudem u. a. besondere Anforderungen für Bestellungen mittels Schaltflächen: Umfasst der Bestellvorgang die Aktivierung einer Schalt­ fläche oder eine ähnliche Funktion, so ist diese Schaltfläche oder entsprechende Funktion gut lesbar ausschließlich mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer entsprechenden eindeutigen Formulierung zu kennzeichnen, die den Verbraucher darauf hinweist, dass die Bestellung mit einer Zahlungsverpflich­ tung gegenüber dem Unternehmer verbunden ist. Schließlich bestimmt Art 8 Abs. 2 S. 4 VerbrRRL als Rechtsfolge der Nichteinhaltung der besonderen Ver­ pflichtungen gem. S. 2 und S. 3, dass der Verbraucher durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebunden ist. Generell sollen die in der VerbrRRL vorgesehenen Informa­tions­pflichten u. a. die in der ECRL enthaltenen Informa­tions­pflichten ergänzen.679 Zum kon­ kreten Verhältnis der besonderen Pflichten nach Art. 8 VerbrRRL zur ECRL wird in Art. 8 Abs. 9 VerbrRRL ferner klargestellt, dass die Bestimmungen über den Abschluss von elektronischen Verträgen und Bestellungen nach Art. 9 und 11 ECRL durch Art. 8 VerbrRRL nicht berührt werden. Dies könnte auf den ersten Blick als partielle Durchbrechung des grundsätzlich vollharmonisieren­ den Ansatzes der VerbrRRL bewertet werden. Allerdings betreffen die Art. 9 und 11 der ECRL Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr allgemein, d. h. nicht nur B2C‑Verträge. Da die Informa­tions­pflichten für Verbraucherverträge in Art. 10 der ECRL nicht in die Klarstellung des Art. 8 Abs. 9 VerbrRRL ein­ bezogen werden, wird deutlich, dass Art. 10 der ECRL gerade nicht unberührt bleiben soll und insofern die neuen Informationsbestimmungen der VerbrRRL vorgehen. Somit bleibt die Vollharmonisierung des von der VerbRRL erfassten Regelungsbereichs gewahrt.

b)  Die Umsetzung der besonderen Pflichten bei Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr im BGB § 312j BGB statuiert besondere Pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr gegenüber Verbrauchern, basierend auf den sekundärrechtlichen Vorgaben des Art. 8 Abs. 2 und 3 VerbrRRL.680 Der deutsche Gesetzgeber hat diese Vor­ schriften schon frühzeitig durch das Gesetz zur Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs zum besseren Schutz der Verbraucher und Verbraucherinnen vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr und zur Änderung des Woh­ nungseigentumsgesetzes vom 10. Mai 2012 umgesetzt.681 Der persönliche An­ 679 

Vgl. ErwGr. 12 der VerbrRRL. bereits S. 260 f.; ferner MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 1; dies. in NJW 2014, 577, 579 f.; Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 1; PWW/Stürner, § 312j BGB, Rn. 1; vgl. noch zur Vorgängervorschrift des § 312g IV a. F. Alexander, NJW 2012, 1985, 1987 ff. 681  Die ursprünglich in § 312g Abs. 2 bis 4 BGB a. F. vorgesehene Regelung zur Umset­ zung des Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL wurde schon vorzeitig erlassen durch das Gesetz zur Ände­ 680 Vgl.

262

Vierter Teil: Sanktionen

wendungsbereich beschränkt sich auf B2C‑Verträge, der sachliche Anwen­ dungsbereich auf Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr (i. S. d. § 312i Abs. 1 BGB) mit Entgeltcharakter.682 Es handelt sich bei § 312j BGB um eine zwingende Regelung, etwaige, von den Pflichten abweichende Vereinbarun­ gen sind demnach unwirksam.683 Insbesondere soll es durch „klare und ein­ fache Regelungen“ auch juristischen Laien künftig möglich sein, zu beurteilen, ob tatsächlich eine Zahlungsverpflichtung im Internet eingegangen wurde oder nicht und in diesem Zusammenhang unseriöse Anbieter durch eine ver­besserte Kostentransparenz abgeschreckt werden.684 Hinsichtlich der in § 312j Abs. 3 BGB geregelten Pflicht des Unternehmers, die Bestellsituation so auszugestal­ ten, dass der Verbraucher eine besondere Zahlungspflicht ausdrücklich bestä­ tigen muss, stellt sich jedoch die Frage, ob diese Verpflichtung als rein forma­ le Regelung für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr zu qualifizieren ist oder ob bei Nichterfüllung gleichermaßen auch die Hinweispflicht auf die mit der Bestellung verbundene Zahlungspflicht verletzt wird, was im Ergebnis wiederum als vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung einzuordnen wäre (dazu sogleich unter d).

c)  Konzeption und besondere Anforderungen nach der Button-Lösung Nach nationalem Recht ist die Button-Lösung heute in § 312j Abs. 3 und 4 BGB geregelt.685 Nach der in § 312j Abs. 4 BGB normierten Rechtsfolge kommt ein Vertrag nach Abs. 2 nur zustande, wenn der Unternehmer seine Pflicht nach § 312j Abs. 3 BGB erfüllt. Durch die besondere Ausgestaltungspflicht der Schaltfläche und dem Erfordernis der ausdrücklichen Bestätigung gem. § 312j Abs. 3 BGB verknüpft mit der Rechtsfolge der Unwirksamkeit bei Nichtbeach­ tung gem. Abs. 4, kommt die Bedeutung der Button-Lösung zum Ausdruck.686 Die Frage der richtlinienkonformen Umsetzung der Rechtsfolge des § 312j Abs. 4 BGB wird sogleich eingehend unter e) betrachtet. Diese gesetzliche Regelung kann als Antwort auf die leider häufig vorkom­ menden Kosten- oder Abofallen im Internet gesehen werden, um der Gefahr rung des BGB zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elektronischen Geschäftsverkehr und zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes vom 10.05.2012, BGBl. I, S. 1084 ff., mit dem Umsetzungsgesetz zur VerbrRRL wurde die ButtonLösung nun in § 312j Abs. 2 bis 4 BGB geregelt; siehe dazu MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 1; Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 1 ff. 682  Vgl. dazu den Wortlaut des § 312j Abs. 1 BGB sowie die Kommentierungen z. B. in Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 4; MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 3; PWW/ Stürner, § 312j BGB, Rn. 1; BeckOK BGB/Maume, § 312j BGB, Rn. 3 ff; Leier, CR 2012, 378, 381, mit Hinweis auf zuvor diskutierte mögliche Erstreckung auf B2B‑Verträge. 683 Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 1. 684  Vgl. BT‑Drs. 17/7745, S. 6. 685  Siehe S. 261 f. 686  Ähnlich auch Brönneke, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 10, Rn. 35 d.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags263

missbräuchlicher Praktiken gegenüber Verbrauchern vorzubeugen687 und diese vor Irreführung und Übereilung bedingt durch die besonderen Rahmenbedin­ gungen des Vertragsschlusses im E‑Commerce zu schützen.688 Das Internet bietet nahezu unbegrenzte Möglichkeiten – unter anderem auch die Möglich­ keit, durch verwirrende Gestaltung und fehlende Transparenz, Websites oder Online-Plattformen mit für den Verbraucher undurchsichtigen Bestellprozessen zu schaffen.689 So wurden in der Vergangenheit Verbraucher im Internet häu­ fig durch vermeintliche Angebote „gratis“, „kostenlos“ oder „free“, mit schein­ bar kostenlosen Mitgliedschaften z. B. in Clubs oder kostenlose Horoskop-Ab­ fragen auf speziell irreführend gestaltete Websites gelockt, nicht ahnend, dass sich hinter dem „kostenlosen“ Angebot eine versteckte Klausel über ein kosten­ pflichtiges Abonnement oder eine sonstige Kostenpflicht verbirgt.690 Viele Ver­ braucher kamen dieser vermeintlichen „Zahlungspflicht“ aus Angst oder auf­ grund erheblichen Drucks von eingeschalteten Inkassounternehmen nach,691 sodass das Bereithalten von Kostenfallen für die missbräuchlichen Anbieter im Ergebnis durchaus rentabel war und sich die Vorfälle in der Praxis häuften.692 Hat ein B2C‑Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand, so muss dieser dem Verbraucher nun gem. § 312j Abs. 2 BGB bestimmte Informationen unmittelbar bevor er seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen.693 Diese Pflichten erfassen neben den Eigenschaften der Ware vor allem für den Verbraucher relevante Fragen des Gesamtpreises sowie 687  Siehe bereits S. 2; dazu z. B. BT‑Drs. 17/7745, S. 6 ff.; vgl. auch BT‑Drs. 525/11, S. 13; MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 1; Kirschbaum, MMR 2012, 8; Weiss, JuS 2013, 590; Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36; Boos/Bartsch/Volkamer, CR 2014, 119, 120; Brox/­ Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 56; zu aktuellen Abo- und Kostenfallen im Inter­ net . 688  Siehe S. 44 f.; BR‑Drs. 525/11, S. 13; ebenso Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 55 f. 689  Ähnlich die Ausführungen in BT‑Drs. 17/7745, S. 7. 690  Vgl. BT‑Drs. 17/7745, S. 7; siehe auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 1; ähnlich Kredig/Uffmann, ZRP 2011, S. 36. 691  So auch BT‑Drs. 17/7745, S. 7; ebenso Kirschbaum, MMR 2012, 8; Boos/Bartsch/­ Volkamer, CR 2014, 119, 120; MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 23. 692  Vgl. zu Kosten- und Abofallen im Internet bspw. die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 04.12.2008 – 6 U 186/07, MMR 2009, 341 ff.; LG Mannheim, Urteil vom 14.1.2010 – 10 S 53/09, MMR 2010, 401 ff.; LG Berlin, Urteil vom 21.10.2011 – 50 S 143/10, MMR 2012, 95 ff.; zur Strafbarkeit wegen versuchten Betrugs durch Routenplaner – Abofallen im Internet siehe auch BGH, Urteil vom 05.03.2014 – 2 StR 616/12, GRUR 2014, 886 ff.; für unzulässige Blickfangwerbung als Geschenk später kostenpflichtiger Mitgliedschaften siehe auch OLG Koblenz, Urteil vom 18.03.2009, BeckRS 2009, 11747; ferner zur Problematik Kirschbaum, MMR 2012, 8; Weiss, JuS 2013, 590; Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36; Blasek, GRUR 2010, 396. 693  Vgl. bereits S. 100 ff.; Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 4 ff.; MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 22, 11 f.; PWW/Stürner, § 312j BGB, Rn. 3; BeckOK BGB/Maume, § 312j BGB, Rn. 6 f.

264

Vierter Teil: Sanktionen

die Frage der Dauer der eingegangenen Verpflichtung bzw. Beendigungsmög­ lichkeiten, zusammenfassend also essentielle Vertragsinformationen,694 die bei potentiellen Kostenfallen im Internet von entscheidender Bedeutung sind. Ins­ besondere müssen die Informationen in klarer und im Gesamtlayout hervor­ gehobener Weise erteilt werden, eine versteckte Unterbringung im Fließtext ist nicht ausreichend.695 Die weiteren Pflichten sind in § 312j Abs. 3 BGB geregelt. Demnach hat der Unternehmer bei einem Vertrag i. S. d. Abs. 2 die Bestellsitua­ tion so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Ein wirksamer Vertrags­ schluss erfordert demnach eine aktive Handlung des Verbrauchers in Form einer ausdrücklichen Bestätigung der Zahlungsverpflichtung.696 Neben der Zahlungsbereitschaft bekundet der Verbraucher durch die Bestätigung gerade auch seinen Rechtsbindungswillen als wesentliches Tatbestandsmerkmal einer wirksamen Willenserklärung.697 Diese Regelung des § 312j Abs. 3 S. 1 BGB wird aufgrund der bewusst offenen Forderung einer ausdrücklichen Bestäti­ gung auch als allgemeine Vorschrift bezeichnet, die Spielraum für technischen Fortschritt lässt.698 Eine Konkretisierung dieser Bestätigung für Bestellvorgän­ ge via Schaltflächen bietet § 312j Abs. 3 S. 2 BGB: Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, erfüllt der Unternehmer seine Verpflichtung nach Abs. 3 S. 1 nur, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit den Worten „zahlungspflichtig be­ stellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.699 Unter dem weit gefassten Begriff der Schaltfläche ist „jedes grafische Be­ dienelement, das es dem Anbieter erlaubt, eine Aktion in Gang zu setzen oder dem System eine Rückmeldung zu geben“ zu verstehen.700 Darunter sind folg­ lich nicht nur virtuelle Bedienknöpfe, sondern auch andere digitale Bedienele­ mente wie z. B. sog. Checkboxes oder ein Hyperlink zu subsumieren.701 Wer­ den im Rahmen eines Bestellprozesses mehrere Buttons verwendet, ist nach h. M. die Betätigung der letzten Schaltfläche maßgeblich, welche unmittelbar 694 

So auch BT‑Drs. 17/7745, S. 7. OLG Köln, Urteil vom 03.02.2016 – 6 U 39/15, VuR 2016, 318, Rn. 18; ebenso bereits OLG Köln, Urteil vom 14.02.2014 – 6 U 120/13, GRUR 2015, 75 ff. 696 So auch Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 9; ähnlich auch die Begründung des RegE BT‑Drs. 17/7745, S. 7. 697 Ähnlich MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 24; Schirmbacher, in: Spindler/ Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 38. 698 Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 9; siehe auch BT‑Drs. 17/7745, S. 12; Schirm­ bacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 37; lediglich allgemein zur Funktion des Abs. 3 S. 1 MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 30 f. 699  Vgl. zu zulässigen Beschriftungen z. B. Föhlisch, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Multimedia Recht, Teil 13.4, Rn. 170 c; Boos/Bartsch/Volkamer, CR 2014, 119, 121. 700  Vgl. BT‑Drs. 17/7745, S. 12; siehe auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 25. 701  So Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 9; BeckOK BGB/Maume, § 312j BGB, Rn. 18; hinsichtlich Checkboxes jedoch kritisch MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 25, diese sollten aufgrund des Regelungszwecks nur dann als Schaltfläche qualifiziert werden, wenn durch deren Anklicken unmittelbar die Bestellung abgegeben wird. 695 



F.  Unwirksamkeit des Vertrags265

die Bestellung auslöst.702 Darüber hinaus müssen die auf der Schaltfläche plat­ zierten Wörter im Hinblick auf den jeweiligen Gegenstand des Vertrags an­ gemessen sein, sprich diesen eindeutig erkennen lassen.703 Wie streng diese Vorgabe gehandhabt wird, zeigen jüngste Entscheidungen deutscher Gerichte. So wurde beispielsweise die Formulierung „jetzt gratis testen – danach kosten­ pflichtig“ vom OLG Köln als unzureichend i. S. d. § 312j Abs. 3 S. 3 BGB er­ achtet.704 Ferner wird die Bezeichnung „anmelden“ im Vergleich zu dem Hin­ weis der zahlungspflichtigen Bestellung als nicht eindeutig angesehen.705 Ob die ­Button-Lösung tatsächlich einen wirksamen Schutz gegen Kosten- und Abofallen im Internet bieten kann, bleibt jedoch abzuwarten.706 Wie aktuelle Beispiele für Kosten-und Abofallen im Internet zeigen,707 wird eine vollständi­ ge Verhinderung solcher rechtsmissbräuchlicher Praktiken allein durch Geset­ zesänderungen auch in der Zukunft kaum möglich sein. Die Button-Lösung ist aber dennoch ein wichtiger Fortschritt für mehr Transparenz im Online-Handel und als solche geeignet, bei den Betroffenen Rechtssicherheit und somit mehr Vertrauen zu schaffen.

d)  Die Qualifikation der Rechtsfolge der Unwirksamkeit nach § 312j Abs. 4 BGB – Sanktion für die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht Vor dem Hintergrund der hier betrachteten vorvertraglichen Informa­ tions­ pflichtverletzung ist die Qualifikation der besonderen Verpflichtung des § 312j Abs. 3 BGB jedoch problematisch. Nach zum Teil vertretener Literaturauf­ fassung werden die § 312j Abs. 3 und Abs. 4 BGB als Formvorschriften angese­ 702 Vgl.

Schirmbacher in Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 48; Boos/Bartsch/ Volkamer, CR 2014, 119, 121; Müller, K&R 2012, 791, 792 f.; MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 25. 703 Insofern eine Anpassung an den Vertragsgegenstand fordernd MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 29 m. w. N.; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 46; zurückhaltender BeckOK BGB/Maume, § 312j BGB, Rn. 19 ff. 704  Siehe die Entscheidung des OLG Köln, Urteil vom 03.02.2016 – 6 U 39/15, GRUR 2016, 456, 458; siehe zur Beschriftung „jetzt kostenlos testen“ den nicht rechtskräftigen Be­ schluss des LG München, vom 11.06.2013 – 33 O 12678/13, VuR 2013, 393 ff., zur kosten­ pflichtigen Amazon Premiummitgliedschaft im Anschluss an den zunächst kostenfreien Gra­ tismonat; sowie das spätere Urteil des LG München I vom 17.06.2014 – 23 O 23969/13, BeckRS 2014, 12699. 705  LG Berlin, Urteil vom 17.07.2013 – 97 O 5/13, MMR 2013, 780 ff; weitere Beispiele bei Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 9; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 42 ff. 706  Die immer noch aktuelle Relevanz von Abofallen im Internet zeigt sich z. B. bei Be­ trachtung der Internetseite , welche einen guten Überblick über aktuelle Fälle gewährt, z. B. Warnung vor diversen Streamingdiensten, Online Routenplaner oder profi-kochrezepte.de; zum Verstoß gegen § 312j Abs. 3 BGB vgl. auch OLG Köln, vom 03.02.2016 – 6 U 39/15, MMR 2016, 602 ff.; siehe bereits S. 2. 707  , vgl. vorhergehende Fußnote.

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Vierter Teil: Sanktionen

hen.708 Für die Einordnung als Sanktion einer rein formalen Pflichtverletzung könnte die systematische Stellung der Rechtsfolge im Rahmen der Vorschrift des Art. 8 der VerbrRRL sprechen, die explizit die Überschrift „formale Anfor­ derungen“ trägt. In Umsetzung der VerbrRRL könnte auch die systematische Ausgestaltung des § 312j BGB für die Annahme eines formalen Erfordernis­ ses sprechen, indem die ausdrückliche Bestätigung in dem gesonderten Abs. 3 separat von der Erfüllung der Informa­tions­pflichten nach § 312j Abs. 2 BGB geregelt wird und Abs. 4 ausdrücklich an eine Pflichtverletzung nach Abs. 3 anknüpft. Andererseits erscheint eine Einordnung als reine Formvorschrift ebenfalls nicht eindeutig möglich, sodass in Bezug auf die Schutzwirkung der § 312j Abs. 3 und 4 BGB in der Literatur der Charakter einer Formvorschrift häufig nur angedeutet wird, respektive die relativierende Beschreibung der einer Formvorschrift ähnelnden Wirkung zu finden ist.709 Richtigerweise müs­ sen jedoch der tatsächliche Sinn und Zweck der Norm ebenso wie die beson­ deren Anforderungen an die Ausgestaltung der Button-Lösung als maßgebliche Kriterien der charakteristischen Einordnung Beachtung finden. Die besonderen Anforderungen inkorporieren nämlich gerade die spezielle Information über die mit dem Vertrag einhergehende Kostenpflicht.710 Indem der Button oder die Schaltfläche die bestimmte Formulierung „jetzt zahlungspflichtig bestellen“ zur Verdeutlichung der Zahlungspflicht aufweisen muss, kann es sich nicht nur um eine reine Formvorschrift handeln, da gerade besondere vorvertragliche Infor­ mationen über die Zahlungspflicht bestätigt werden und diese Informationen somit wesentlicher Bestandteil der Button-Lösung sind.711 Mit anderen Wor­ ten kann der Verbraucher ohne die Information über die Zahlungspflicht diese auch nicht ausdrücklich bestätigen. Auch wenn nicht exakt auf den Gesamtpreis oder die konkrete Höhe der Zahlungspflicht i. S. d. sonst strengen gesetzlichen Informa­tions­pflichten hinzuweisen ist, ist der Hinweis auf die Zahlungspflicht zumindest als notwendiges Durchgangsstadium für die Erfüllung dieser Pflich­ ten sowie der Gewährleistung der Entscheidungsfreiheit anzusehen und somit der Kategorie vorvertraglicher Informa­tions­pflichten zuzuordnen. Die vertrags­ schlussbezogene Regelung des § 312j Abs. 3 BGB kann demnach im Vergleich 708 Vgl. Raue, MMR 2012, 438, 442; tendenziell wohl auch Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 8; zumindest von der Wirkung einer Formvorschrift ausgehend MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 32; a. A. Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10; Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39. 709  Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 56; relativierend von der Wirkung einer Formvorschrift ausgehend MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 32 mit Verweis auf BT‑Drs. 17/7745, 7; Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 8; ähnlich auch Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 49. 710 Ebenso Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39; das Wesen einer reinen Formvorschrift ebenfalls verneinend Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10. 711  Explizit Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 14; Kredig/ Uffmann, ZRP 2011, 36, 39; ähnlich Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags267

zu sonstigen Informa­tions­pflichten nicht eindeutig als vorvertragliche Informa­ tions­pflicht im engeren Sinne angesehen werden. Hingegen erscheint die Ein­ ordnung als rein formale Anforderung aber ebenfalls verfehlt, insbesondere da die alleinige Bestätigung ohne den entsprechenden Hinweis auf die zahlungs­ pflichtige Bestellung und somit ohne die erforderliche Information gerade nicht ausreicht. In diesem Sinne ist auch die konkrete Ausgestaltung im Vergleich zu den bekannten pre-ticked-boxes z. B. in Zusammenhang mit AGB zu berück­ sichtigen. Nach diesem im Online-Handel gängigen Modell muss der Kunde am Ende des Bestellvorgangs häufig einen Haken setzen und hierdurch bestätigen, dass er die AGB des Unternehmers zur Kenntnis genommen hat und mit deren Verwendung einverstanden ist. Im Unterschied hierzu erfordert die Button-­ Lösung aber gerade eine prominent und transparent auf dem Button präsentier­ te, eindeutig formulierte Information über die Kostenpflicht vor Vertragsschluss zu Beginn der Bestellsituation. Auch unter diesem Aspekt erscheint die Annah­ me einer kumulativ zu den sonst bei Verträgen im elektronischen Geschäftsver­ kehr anwendbaren und zu erfüllenden vorvertraglichen Informa­tions­pflicht be­ treffend den Hinweis auf die Zahlungspflicht geboten. Da eine eindeutige Kategorisierung in beide Richtungen daher weder mög­ lich ist noch zwingend geboten erscheint, spricht vieles für die Annahme einer Kombination aus vorvertraglicher Informa­tions­pflicht und kumulativ erfor­ derlichem formalen Bestätigungserfordernis.712 Insbesondere vor dem Hinter­ grund des mit der Button-Lösung angestrebten Verbraucherschutzes ist die in § 312j Abs. 4 BGB normierte Rechtsfolge der Unwirksamkeit des Vertrags nicht zu restriktiv zu verstehen und somit als Sanktion einer kostenspezifischen vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung anzusehen.

e)  Richtlinienkonforme Umsetzung der Rechtsfolge oder Widerspruch zur VerbrRRL Ferner ist fraglich, ob die Rechtsfolge als richtlinienkonform angesehen wer­ den kann oder ob diese im Widerspruch zur Vorgabe der VerbrRRL steht. Art. 8 Abs. 2 S. 4 VerbrRRL sieht insoweit vor, dass der Unternehmer bei Nichtein­ halten des Unterabsatzes durch den Vertrag oder die Bestellung nicht gebun­ den ist.713 Diese Formulierung der „Nichtbindung“ wurde jedoch im deutschen 712  Siehe auch Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39, die insofern verweisen auf den Re­ ferentenentwurf zur Buttonlösung des BMJ, S. 10 ff., wonach ebenfalls ein Schadensersatz­ anspruch aus c. i. c. bestehen kann und u. a. eine Unterlassungsklage in Betracht kommen soll, abrufbar unter ; ebenso von einer Sanktion für vorvertrag­ liche Informa­tions­pflichtverletzungen ausgehend Schulze/Howells/Watson, CESL Commenta­ ry, Art. 25 CESL, Rn. 14; ebenso Hall/Howards/Watson, ERCL 2012, 139,152; Kirschbaum, MMR 2012, 8, 10; a. A. Raue, MMR 2012, 438, 442. 713  Dies als speziellen Rechtsbehelf einordnend und aus Verbrauchersicht begrüßend Hall/ Howards/Watson, ERCL 2012, 139,152; i. d. S. auch Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39.

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Vierter Teil: Sanktionen

Recht nicht übernommen, vielmehr kommt nach dem Wortlaut des § 312j Abs. 4 BGB „ein Vertrag nicht zustande“ und es ist somit von der Unwirksamkeit des Vertrags die Rede.714 Folglich stellt sich die Frage nach der Richtlinienkonfor­ mität des § 312j Abs. 4 BGB.715 Der Wortlaut der Nichtbindung legt nach der VerbrRRL ein Wahlrecht des Verbrauchers nahe.716 Aus Verbraucherschutzgesichtspunkten ist ein solches Wahlrecht notwendig und begrüßenswert, da es seiner Entscheidung obliegt, an der Vertragserklärung des Unternehmers festzuhalten oder sich für die Nicht­ bindung an den Vertrag zu entscheiden. Ein solches Wahlrecht stellt auch keine unangemessene Einschränkung der Rechtsstellung des Unternehmers dar, da dieser als Verantwortlicher für missbräuchliche Abo- und Kostenfallen gerade nicht schützenswert ist. Aufgrund des Wortlauts des in § 312j Abs. 4 BGB aus­ drücklich normierten „Nichtzustandekommens“ und damit der Unwirksamkeit des betreffenden Vertrags wird zum Teil ein Wahlrecht des Verbrauchers ver­ neint und ihm nur in Ausnahmefällen nach § 242 BGB ein Festhalten des Un­ ternehmers an dessen Vertragserklärung zuerkannt.717 Nach dieser Auffassung wird der Vertrag dann aber regelmäßig anfechtbar sein und gegebenenfalls ein Anspruch auf Schadensersatz nach c. i. c. in Betracht kommen.718 Insofern wäre die Rechtsfolge der Unwirksamkeit nach deutschem Recht als weitergehen­ de und strengere Vorschrift und damit überschießende Umsetzung zu verste­ hen,719 was im Hinblick auf die vollharmonisierende VerbrRRL problematisch ist. Nach anderer Auffassung ist demnach eine richtlinienkonforme Auslegung dahingehend geboten, eine schwebende bzw. relative Unwirksamkeit des Ver­ trags anzunehmen.720 Verlangt der Verbraucher in Kenntnis seiner Zahlungs­ pflicht Erfüllung, so muss § 242 BGB einer Berufung des Unternehmers auf die Vertragsunwirksamkeit entgegenstehen und verhindert diese zugunsten des 714 Kritisch Weiss, JuS 2013, 590 ff.; hierzu auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 33; unkritisch hingegen Leier, CR 2012, 378, 384. 715  Raue, MMR 2012, 438, 442; kritisch auch Weiss, JuS 2013, 590 ff.; dies aufgreifend und für eine richtlinienkonforme Umsetzung auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 33; ebenso BeckOK BGB/Maume, § 312j BGB, Rn. 28; a. A. Leier, CR 2012, 378, 384. 716  So wohl MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 33; Raue, MMR 2012, 438, 442; in Bezug auf die entsprechende Formulierung des GEK‑Vorschlags diese als unklar und vage bezeichnend Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 14; anders wohl Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 49; a. A. Weiss, JuS 2013, 590, 592. 717 Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 8; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 49; ferner Leier, CR 2012, 378, 384. 718  Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 312j BGB, Rn. 49; Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 8. 719  Die deutsche Regelung als weniger verbraucherfreundlich bezeichnend BeckOK BGB/ Maume, § 312j BGB, Rn. 28. 720 Überzeugend MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 33; ebenso wohl BeckOK BGB/Maume, § 312j BGB, Rn. 28; nach a. A. von Leier, CR 2012, 378, 384, entspricht die Re­ gelung trotz abweichender Formulierung den Vorgaben der VerbrRRL.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags269

Verbrauchers.721 Letztere Auffassung der richtlinienkonformen Auslegung er­ scheint vorzugswürdig und geboten, da eine absolute Unwirksamkeit schwer­ lich mit der Formulierung der Nichtbindung nach der VerbrRRL in Einklang zu bringen ist. Ein Wahlrecht des Verbrauchers hinsichtlich der Nichtbindung an den kostenpflichtigen Vertrag sichert die freie Entscheidung über das Bestehen des Vertrags und ermöglicht somit dem Verbraucher, die durch vorvertragli­ che kostenspezifische Informa­tions­pflichtverletzung beeinträchtigte Entschei­ dungsfreiheit zumindest nachträglich auszuüben.

f)  Sonstige denkbare Rechtsfolgen bei Verletzung der Pflicht aus § 312j Abs. 3 BGB Neben der in § 312j Abs. 4 BGB vorgesehenen Rechtsfolge der Unwirksamkeit bzw. Nichtbindung an den Vertrag, könnten zudem weitere, allgemeine Ansprü­ che des Verbrauchers bei vorvertraglicher Pflichtverletzung des Unternehmers aus § 312j Abs. 3 BGB in Erwägung zu ziehen sein. Zu denken ist hierbei wohl vor allem an einen Anspruch aus vorvertraglicher c. i. c.‑Haftung sowie einer möglichen Anfechtung wegen Inhaltsirrtums,722 wobei es auch hier an einer klarstellenden Konkurrenzregelung fehlt.

aa) Rückabwicklung In diesem Zusammenhang wird auch von Teilen der Literatur die fehlende Re­ gelung der weiteren Rechtsfolgen kritisiert, insbesondere die Frage der Rück­ abwicklung, wenn wie nicht selten Leistungen trotz unwirksamen Vertrags den­ noch erbracht wurden.723 Das Bereicherungsrecht ist gerade für solche Fälle ungerechtfertigter Bereicherung konzipiert und mangels gesetzlichem Aus­ schluss in § 312j BGB als selbständiger Anspruch724 grundsätzlich anwendbar, sofern der Unternehmer nicht nachweislich von der fehlenden Wirksamkeit des Vertrags gem. § 312j Abs. 4 BGB wusste und sein Kondiktionsanspruch in die­ sem Fall durch § 814 BGB ausgeschlossen wäre.725 Problematisch erscheint je­ doch die Frage, ob der Unternehmer trotz missbräuchlichen vorvertraglichen Verhaltens noch in den Genuss des Kondiktionsrechts kommen soll. Eine solche Rückabwicklung nach dem Bereicherungsrecht führt grundsätzlich dazu, dass beide Parteien ihre Leistungen zurückerhalten, sodass der Verbraucher regel­ mäßig die Ware zurückgeben muss, im Gegenzug aber das ohne Rechtsgrund geleistete Entgelt zurückerstattet bekommt. Allerdings trägt er in diesem Fall 721  722 

Vgl. MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 33. Siehe auch Leier, CR 2012, 378, 384 f.; für einen Schadensersatzanspruch auch Weiss, JuS 2013, 590, 593; Palandt/Grüneberg, § 312j BGB, Rn. 8. 723  Eingehend zu dieser Problematik MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 36. 724  Ausführlich dazu Palandt/Sprau, Einf v § 812 BGB, Rn. 5. 725  So auch MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 36.

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Vierter Teil: Sanktionen

das Risiko der Entreicherung.726 Geht es jedoch wie bei Kosten- und Abofallen im Internet häufig der Fall nicht um Waren, sondern um nicht zur Rücksendung geeignete digitale Inhalte oder digital erbrachte Dienstleistungen, bedeutet dies für den Verbraucher je nach Wert gegebenenfalls ein hohes Kostenrisiko, da er diese gem. § 818 Abs. 2 BGB zum Marktwert vergüten muss.727 In Betracht kommt auch eine Anwendung der Rechtsfolgen des Widerrufs und somit des § 357 BGB analog. Allerdings wird dies zu Recht mit der Be­ gründung abgelehnt, dass die Rechtsfolgen des Widerrufs und vor allem die den Wertersatz betreffenden Abs. 7 und 8 des § 357 BGB zu speziell auf die Situation des Widerrufs ausgerichtet sind.728 Dies würde dann wiederum für ein Befürworten der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung sprechen. Als möglicher Kompromissvorschlag wird daher ein grundsätzlicher Ausschluss der Berufung des Unternehmers auf das Bereicherungsrecht nach dem Telos des § 312j Abs. 3 und 4 BGB vertreten, es sei denn, ein Ausschluss jeglicher Vergütung steht ausnahmsweise im Widerspruch zu § 242 BGB.729 Ein solcher Ausschluss der Berufung auf das Bereicherungsrecht ist im Rahmen der all­ gemeinen Kondiktion nach §§ 812 ff. BGB durchaus bekannt. Vertreten wird in­ sofern als möglicher Ausschlussgrund des Anspruchs eine Einschränkung auf­ grund der Risikoverteilung, insbesondere wenn der Unternehmer das Risiko der zur Unwirksamkeit des Vertrags führenden Regelung trägt.730 Zwar fehlt es an einem expliziten Ausschluss des Bereicherungsrechts in den Fällen der Verlet­ zung des § 312j BGB, allgemein anerkannt ist jedoch der Fall, dass der beson­ dere Schutzcharakter einer Vorschrift zum Ausschluss bereicherungsrechtlicher Rückabwicklung führen kann.731 Vorliegend erscheint es daher vorzugswürdig, das allgemeine Bereiche­ rungsrecht aus Verbraucherschutzaspekten und der Schutzwirkung des § 312j Abs. 4 BGB teleologisch entsprechend der genannten Kompromisslösung ein­ zuschränken.

bb)  Haftung aus c. i. c. Dem Verbraucher kann grundsätzlich auch ein Anspruch aus c. i. c. gegen den Unternehmer zustehen, wenn dieser die Pflicht des § 312j Abs. 3 BGB verletzt 726 

Problematischer ist die Situation z. B. bei digitalen Inhalten, da hier eine Rücksendung im Regelfall nicht möglich ist, müsste der Verbraucher Wertersatz gem. § 818 Abs. 2 BGB zum Marktwert leisten und im Ergebnis dennoch das Entgelt errichten, was im Widerspruch zu dem von § 312j BGB intendierten Schutz vor Kostenfallen stehen dürfte; vgl. hierzu MüKo BGB/ Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 36. 727  MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 36. 728  MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 37. 729  MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 37. 730  Näher dazu Palandt/Sprau, § 812 BGB, Rn. 68. 731  Eingehend dazu Palandt/Sprau, Einf v § 812 BGB, Rn. 5, wobei z. B. der Minderjähri­ genschutz genannt wird, näher dazu ebd., § 812 BGB, Rn. 68.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags271

und die weiteren Voraussetzungen, wie z. B. Verschulden vorliegen.732 Voraus­ setzung hierfür ist jedoch das Bestehen eines Schadens, sodass diesem An­ spruch in der Praxis wohl nur in seltenen Fällen Bedeutung zukommen wird.733 Interessant erscheint die Geltendmachung des Anspruchs aus c. i. c. wohl nur dann, wenn der Verbraucher vertraglich nicht zur Zahlung verpflichtet, seiner vermeintlichen Zahlungsverpflichtung aber dennoch bereits nachgekommen ist, z. B. aufgrund von Mahnungen oder sonstigen Zahlungsaufforderungen seitens des Unternehmers, und diesem nun ein Schaden in Form der außergerichtlichen Rückforderung der Kosten aus Bereicherungsrecht entstanden sind.734 Zu den­ ken wäre insofern vor allem an Kosten für die rechtliche Beratung zwecks au­ ßergerichtlicher Rückforderung der ohne Rechtsgrund geleisteten Zahlung.

cc)  Anfechtung wegen Inhaltsirrtums Des Weiteren kann auch ein Anfechtungsrecht wegen Inhaltsirrtums nach § 119 Abs. 1 Alt. 1 BGB in Betracht kommen.735 Das Anfechtungsrecht kann als Ge­ staltungsrecht zwar i. S. d. Aufrechterhaltung des Vertrags als vorzugswürdig erachtet werden, ist jedoch in den Fällen der Kosten- und Abofallen im Internet keine geeignete Lösung, da es durch die missbräuchliche Verschleierung der Kostenpflichtigkeit gerade um die Irreführung der Verbraucher geht. Aus Ver­ braucherschutzerwägungen ist die auf solche Missbrauchsfälle und Fallen be­ schränkte und richtlinienkonform auszulegende Folge der Nichtbindung an den Vertrag durch Ausübung des Wahlrechts des Verbrauchers (siehe bereits zuvor unter e)) die einfachere und kostengünstigere Rechtsfolge, die keiner weiteren Geltendmachung bedarf. Unabdingbar ist jedoch, dass der Verbraucher auch Kenntnis von der Rechtsfolge hat und nicht auf Druck des Unternehmers den unberechtigten Zahlungsaufforderungen nachkommt. Die Kenntnis der Rechts­ folge setzt aber wiederum die Kenntnis der besonderen Verbraucherrechte bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr voraus.

3.  Das Konkurrenzverhältnis von Vertragsnichtigkeit und Widerruf Mit dem Verhältnis von Vertragsnichtigkeit und Widerrufsrecht hat sich der BGH in dem sog. Radarwarngerätefall befasst und entschieden, dass dem Ver­ braucher auch im Falle eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Rechtsgeschäfts, 732 

Dies ebenfalls erwägend MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 38. Eingehend dazu S. 185 ff. Ebenso MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 38, welche wohl zu Recht auf eine mögliche Anspruchskürzung wegen Mitverschuldens (§ 254 BGB) hinweist, wenn der Ver­ braucher im Gegensatz zum vorvertraglichen Zeitpunkt Anhaltspunkte für eine Kostenpflich­ tigkeit hatte. 735  Siehe MüKo BGB/Wendehorst, § 312j BGB, Rn. 38; vgl. auch Kriegel, JR 2013, 389, 391, der zudem von einer Anfechtung wegen Erklärungsirrtums § 119 Abs. 1 BGB analog aus­ geht. 733  734 

272

Vierter Teil: Sanktionen

i. d. F. einem Fernabsatzvertrag, ein Widerrufsrecht zusteht und er dieses aus­ üben kann.736 Ebenso wie ein nichtiger Vertrag angefochten werden kann, kann somit der Verbraucher trotz Vertragsnichtigkeit bei Vorliegen der Vorausset­ zungen sein Widerrufsrecht ausüben.737 Folglich kommt für den Verbraucher grundätzlich bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die Ausübung des Wi­ derrufsrechs als zuätzliches Recht in Betracht.

4.  Der Amazon-Dash-Button – Rechtswidrigkeit oder zulässige Grauzone: Ein ausgewähltes Praxisbeispiel in Zusammenhang mit der Rechtsfolge der Button-Lösung Die Frage der Rechtswidrigkeit des Amazon-Dash-Buttons ist insofern inte­ ressant, als sie nicht nur die Problematik der im E‑Commerce zu erfüllenden Informa­tions­pflichten widerspiegelt, sondern auch direkt mit der Frage nach entsprechenden Sanktionen verbunden ist, sofern dadurch vorvertragliche Informa­tions­pflichten verletzt werden. Die Einführung des sog. Dash-Buttons als spezieller Bestellknopf des Unternehmens Amazon sollte wohl eine kleine Revolution des Vertragsschlusses im Internet bewirken – statt dessen hat die­ ser eine große Diskussion um die Rechtmäßigkeit eines solchen „Bestellvor­ gangs“ ausgelöst. Die Verbraucherzentrale NRW hat gegen Amazon aufgrund verschiedener rechtlicher Verstöße des Dash-Buttons gegen geltendes Verbau­ cherschutzrecht geklagt, nachdem das Unternehmen trotz Abmahnung zu kei­ ner Änderung bereit war.738 Insbesondere geht es um die Nichteinhaltung der erforderlichen Informationen zum Gesamtpreis der Ware und deren wesentli­ chen Eigenschaften vor Vertragsschluss sowie der fehlende Hinweis auf die Zahlungspflicht auf dem Button selbst (dazu sogleich unter b)).

a)  Was genau ist der Amazon-Dash-Button? Laut Amazon handelt es sich bei dem Dash-Button um ein via WLAN ver­ knüpftes Gerät, welches entsprechend an ein zuvor frei gewähltes Produkt ge­ bunden ist und die schnelle und stetige Verfügbarkeit dieser Produkte sicher­ stellen soll.739 Geht beispielsweise das Waschmittel, die Zahnpasta oder der Kaffee zu Neige, so kann über einen installierten Dash-Button mit nur einem Klick eine Nachbestellung erfolgen. Einfach ausgedrückt handelt es sich bei 736  BGH, Urteil vom 25.11.2009 – VIII ZR 318/08, NJW 2010, 610 ff.; näher dazu auch Friesen, VuR 2016, 174, 178 f. 737  BGH, Urteil vom 25.11.2009 – VIII ZR 318/08, NJW 2010, 610, 611, Tz. 18; a. A. Staudinger/Thüsing, 2012, § 312d, Rn. 10; Friesen, VuR 2016, 174, 178 f. 738  Vgl. die Website der Verbraucherzentrale, . 739 ; diese Möglichkeit ist exklusiv für Amazon-Prime-Mitglieder vorgesehen und fordert eine vorherige Einrichtung und funktioniert in Verbindung mit der Amazon-App.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags273

dem Dash-Button also um ein beliebig platzierbares, kleines elektronisches mit dem Aufdruck der jeweiligen Marke versehenes Gerät, das auf Knopfdruck eine Bestellung im Internet für das entsprechende Produkt per Amazon auslöst und sodann geliefert wird.740 Demnach wäre eine Bestellung über den AmazonDash-Button als ein online geschlossener Vertrag zu verstehen und unterliegt daher den besonderen Bestimmungen und Schutzmechanismen der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr bzw. Fernabsatz.

b)  Fehlende Gesetzeskonformität und rechtliche Konsequenzen Die Problematik der Gesetzeskonformität stellt sich insbesondere in Bezug auf die besonderen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten des E‑Commerce und Fernabsatz sowie die Anforderungen der Button-Lösung. Die Nichteinhaltung ebendieser Voraussetzungen erfährt erhebliche Kritik. Bemängelt wird zum einen, dass grundlegende Informationen wie der Gesamtpreis des Produkts oder wesentliche Eigenschaften desselben vor Vertragsschluss gerade nicht erteilt werden.741 Insbesondere problematisch ist hierbei der Vorbehalt von Amazon, bei Nichtverfügbarkeit der Ware gegebenenfalls „geeignete“ Ersatzartikel zu liefern.742 Hinzu kommt, dass nicht klar ist, ob der Vertrag auch tatsächlich mit Amazon als Vertragspartner zustande kommt. Darüber hinaus fehlt es an der erforderlichen Widerrufsbelehrung – diese ist lediglich in den Nutzungs­ bedingungen vorgesehen,743 was nach der Rechtsprechung in anderen Fällen zu Recht als unzulässig erachtet wird. Dies erscheint insbesondere problematisch, als sich das Unternehmen in den Nutzungsbedingungen Preisänderungen der Ware sowie für Versandkosten vorbehält und lediglich bei einer Abweichung von 10 % den Kunden über die Differenz informiert.744 Die Befürchtung der 740 Siehe auch den Beitrag des Rechtsexperten von Trusted Shops Rätze, in Handels­ blatt vom 17.09.2016, abrufbar unter . 741 ; siehe auch Rätze, in Handels­ blatt vom 17.09.2016, abrufbar unter . 742  Vgl. die Nutzungsbedingungen von Amazon, abrufbar unter ; dies kritisierend die Verbraucherzentrale NRW, siehe ebenso Rätze, in Handelsblatt vom 17.09.2016, . 743  Rätze, in Handelsblatt vom 17.09.2016, . 744  mit Verweis auf die Dash-Re­ plenishment Nutzungsbedingungen, wonach jede Bestellung den aktuell verfügbaren An­ gebotsdetails unterliegen, abrufbar unter ; ebenso Rätze, in Handelsblatt vom 17.09.2016, .

274

Vierter Teil: Sanktionen

Umgehung des Verbraucherschutzes im Online-Handel erscheint somit berech­ tigt.745 Mögliche Sanktionen solcher vorvertraglichen Informa­tions­pflicht­ver­ letzungen nach nationalem Recht wurden in diesem vierten Teil bereits zuvor ausführlich dargestellt. Insbesondere wird die nicht ordnungsgemäße Wider­ rufsbelehrung zur Verlängerung der Widerrufsfrist gem. § 356 Abs. 3 S. 1 BGB führen, begrenzt auf ein Jahr und vierzehn Tage (Abs. 3 S. 2).746 Ein weiterer offensichtlicher Verstoß ist darin begründet, dass der Dash-Button lediglich mit dem Markenkennzeichen versehen ist, jedoch nicht die nach § 312j Abs. 3 S. 2 BGB zusätzlich erforderliche Information der kostenpflichtigen Bestellung ent­ hält.747 Dies ist somit ein praktischer Anwendungsfall der Button-Lösung, mit der Rechtsfolge des Nichtzustandekommens des Vertrags gem. § 312j Abs. 4 BGB.748 Mangels wirksamen Vertragsschlusses ist der Kunde trotz Knopfdrucks in richtlinienkonformer Auslegung nicht an die Bestellung gebunden und daher auch nicht zur Zahlung verpflichtet. Nach (bisher nicht rechtskräftigem) Urteil vom 1. März 2018 des Landgerichts München I verstößt die Bestellung über den Amazon-Dash-Button gegen § 312j Abs. 2 und Abs. 3 BGB und ist somit unzulässig.749 Das LG München I sieht in dem streitigen individuellen Bestell­ vorgang einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr und bejaht die An­ wendbarkeit des § 312j BGB.750 Der Dash-Button stellt eine Schaltfläche ohne besonderen Hinweis dar und der Bestellvorgang in der konkreten Ausgestaltung verstößt gegen die ausdrückliche Bestätigung der Zahlungspflicht gem. § 312j Abs. 3 BGB.751 Zudem bejaht das Gericht einen Verstoß gegen § 312j Abs. 2 BGB, indem der Verbraucher vor Abgabe der Bestellung nicht in klarer und ver­ ständlicher Weise über insbesondere die wesentlichen Eigenschaften der Ware und den Gesamtpreis informiert wird.752 Die Frage der Rechtmäßigkeit des Dash-Buttons ist mit der Entscheidung des Gerichts eindeutig zu verneinen. Das Argument Amazons, die erforderli­ chen Informationen würden über die App zur Verfügung gestellt, vermag nicht zu überzeugen, da die Erteilung der Informationen nach Vertragsschluss einen 745  I.  E. übereinstimmend ; sowie Rätze, abrufbar unter . 746  Dazu oben in diesem vierten Teil unter B. III. 747  Rätze, in Handelsblatt vom 17.09.2016, ; ebenso die Kritik der Verbraucherzentrale NRW . 748  Dies gilt unabhängig von der Qualifikation als Sanktion (wie vorliegend in diesem Ab­ schnitt vertreten) oder dem Verständnis als Formverstoß. 749  LG München I, Urteil vom 01.03.2018 – 12 O 730/17. 750  Ebd., Tz. 126 ff., insbesondere differenziert das Gericht überzeugend zwischen dem in­ dividuellen Bestellvorgang und dem zugrundeliegenden Rahmenvertrag. 751  Ebd., Tz. 142 ff. 752  Ebd., Tz. 153 ff.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags275

vorvertraglichen Informationsverstoß nicht heilen kann. In jedem Fall wird die informierte und selbstbestimmte Entscheidungsfähigkeit des Kunden unterlau­ fen. Auch wenn das Unternehmen ferner mittels speziellem Bestellschutz unge­ wollte Mehrfachbestellungen durch z. B. unbewusstes mehrfaches Drücken des Buttons verhindert und die bestellten Produkte ferner einer Rückgabegarantie unterliegen,753 womit angeblich der Verbraucherschutz gewahrt werden soll, ändert dies nichts an der Rechtswidrigkeit der Bestellsituation durch den DashButton. Ebenfalls kann sich Amazon durch den zunächst erforderlichen Kauf dieses Buttons als eine Art Rahmenvereinbarung mit antizipierter Erfüllung der Anforderungen des E‑Commerce nicht erfolgreich berufen.754 Man könnte hiergegen argumentieren, dass der Bestellbutton jeweils produktspezifisch aus­ gelegt ist, der Kunde also sich jeweils um Einzelbestellungen und somit einzel­ ne Verträge handelt.755 Selbst wenn sich diese auf die georderte Ware beziehen und keine Ersatzartikel betreffen, kann zumindest der Preis oder ggf. der Ver­ tragspartner (wie bei Amazon nicht unüblich) variieren. Zusammenfassend ste­ hen all diese Aspekte im Widerspruch zu geltendem nationalen sowie europäi­ schem Recht, sodass die Klage der Verbraucherschutzzentrale NRW gegen die Rechtswidrigkeit des Dash-Buttons zu begrüßen ist. Amazon bietet den DashButton jedoch weiterhin an und wird gegen die Entscheidung in Berufung ge­ hen.756

II.  Keine Unwirksamkeit des Vertrages nach DCFR Die Sanktionsregelung des DCFR sieht für die Verletzung vorvertraglich zu erfüllender Informa­tions­pflichten in Art. II. – 3:109 DCFR ebenfalls spezielle Sanktionen vor, die Unwirksamkeit des Vertrags respektive die Nichtbindung an diesen ist jedoch nicht als eigenständige Rechtsfolge genannt. Regelungen zu Unwirksamkeitsgründen für Verträge (grounds of invalidity) enthält jedoch Buch II, Kapitel 7 des DCFR.757 Abschnitt 1 enthält allgemei­ ne Bestimmungen zum Anwendungsbereich sowie der anfänglichen Unmög­ lichkeit. In den folgenden Abschnitten werden Wirkungen zu Willensmängeln wie Irrtum oder arglistige Täuschung (Abschnitt 2) sowie die Verstöße gegen wesentliche Grundsätze und zwingende Vorschriften (Abschnitt 3) geregelt. Ein Verstoß gegen vorvertragliche Informa­tions­pflichten könnte auf den ersten Blick Abschnitt 3 unterfallen. Dieser sieht jedoch die Rechtsfolge der Nich­ 753 . 754  Auch das LG München I stellt insofern auf die individuelle

Bestellsituation ab, vgl. Fn. 750, Tz.  126 ff. 755 Ebd. 756 Siehe hierzu z. B. den Artikel der Welt, abrufbar unter . 757  Vgl. Art. II. – 7:101 Abs. 3 DCFR.

276

Vierter Teil: Sanktionen

tigkeit von Verträgen vor, die gegen wesentliche Grundsätze (Art. II. – 7:301 DCFR) sowie gegen zwingende Regelungen (Art. II. – 7:302 DCFR) verstoßen. Hierunter fallen daher insbesondere Fälle der Rechts- oder Sittenwidrigkeit von Verträgen,758 nicht aber vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen. Da es ferner an einer der Button-Lösung vergleichbaren Konzeption fehlt, ist die Unwirksamkeit des Vertrags respektive die Nichtbindung an diesen grundsätz­ lich nicht als Sanktion für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen im DCFR vorgesehen. In Betracht kommt allenfalls eine Lösung vom Vertrag im Wege der Anfechtung, wenn der Verstoß gegen die vorvertraglichen Informa­ tions­pflichten einen Irrtum hervorgerufen hat.759

III.  Unwirksamkeit des Vertrages nach dem GEK‑Vorschlag Fraglich ist, ob die Sanktion der Unwirksamkeit bzw. Nichtbindung an den Vertrag für eine vorvertragliche Verletzung von Informa­tions­pflichten auch im GEK‑Vorschlag vorgesehen ist.

1.  Unwirksamkeit des Vertrages als allgemeine Rechtsfolge Auch nach dem GEK‑Vorschlag ist grundsätzlich von einer Wirksamkeit des Vertrages bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung auszugehen. Dies folgt insbesondere im Umkehrschluss aus der fehlenden Regelung der Unwirk­ samkeit in der speziellen Sanktionsvorschrift des Art. 29 GEK‑Vorschlag.760

2.  Sonderregelung des Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag Allerdings findet sich in Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag eine Sonderregelung für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr. Die Bestimmung des Art. 25 GEK‑Vorschlag stellt zusätzliche Erfordernisse für den Abschluss von Fern­ absatzverträgen auf elektronischem Wege auf.761 Verpflichten diese den Ver­ braucher zu einer Zahlung, hat der Unternehmer den Verbraucher auf die wesentlichen genannten Kerninformationen unmittelbar vor der Bestellung hin­ zuweisen (Art. 25 Abs. 1 GEK‑Vorschlag). Nach dieser Vorschrift wird die Er­ teilung der Hauptinformationen immer dann zusätzlich verstärkt, wenn der Ver­ braucher im Rahmen eines online abgeschlossenen Vertrags zu einer Zahlung 758  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:101, S. 451; sowie ebd. die Comments zu Art. II. – 7:301 und Art. II. – 7:302 DCFR; Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676. 759  Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 676; siehe auch Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 546; ferner Jansen/Wagner, AcP 210 (2010), 196, 240 ff. 760  Dazu bereits oben, S. 142 ff. 761  Dazu bereits oben, S. 115 ff.; vgl. zudem die ausführliche Kommentierung in SchmidtKessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 25 GEK‑E, Rn. 1 ff.; sowie Schulze/Howells/­ Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 1.



F.  Unwirksamkeit des Vertrags277

verpflichtet würde.762 Insbesondere wird der Zeitpunkt der Informationsertei­ lung gegenüber Art. 13 Abs. 1 GEK‑Vorschlag auf den Zeitpunkt vor der Bestel­ lung vorverlagert, um dem Verbraucher über die Hauptpunkte des Vertrags und insbesondere das Bewusstsein der Eingehung einer Zahlungspflicht zu infor­ mieren, bevor dieser eine Bestellung tätigt.763 In Art. 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag wurde daher ebenso wie in der VerbrRRL die sog. Button-Lösung implemen­ tiert.764 Nach Abs. 2 S. 1 hat der Unternehmer für eine ausdrückliche Anerken­ nung der Zahlungspflicht durch den Verbraucher zu sorgen. Art. 25 Abs. 2 S. 2 GEK‑Vorschlag fordert für Bestellvorgänge über Schaltflächen deren Kenn­ zeichnung mit dem gut leserlichen Hinweis „Bestellung mit Zahlungspflicht“ oder einer ähnlich eindeutigen Formulierung, um den Verbraucher auf die Zah­ lungspflichtigkeit der Bestellung hinzuweisen. Ziel der Regelungen des Art. 25 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 GEK‑Vorschlag ist es ebenso wie nach der VerbrRRL die Kenntnis des Verbrauchers von der Zahlungspflicht zu gewährleisten und damit eine bewusste Entscheidung über den Vertragsschluss zu ermöglichen.765 So­ fern der Unternehmer sich nicht an die Vorgaben des Abs. 2 hält und somit ins­ besondere der vorvertraglichen Information über die Zahlungspflicht des Ver­ trags nicht nachkommt, ist der Verbraucher nach der Rechtsfolge des Art. 25 Abs. 2 S. 3 GEK‑Vorschlag nicht durch den Vertrag oder die Bestellung gebun­ den.766 Die Rechtsfolge erfasst daher sowohl Verstöße gegen Art. 25 Abs. 2 S. 1 als auch gegen Abs. 2 S. 2 des GEK‑Vorschlags.767 Nach zuvor zum nationalen Recht vertretener Auffassung werden hiervon ebenso Verletzungen der vorver­ traglichen Informa­tions­pflicht bezüglich der Kosten und Zahlungspflicht erfasst und die Rechtsfolge stellt eine besondere Sanktion dieser Verstöße dar.768

762 Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 1. 763 Siehe Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 25 GEK‑E,

Rn. 3; dazu auch Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 1. 764  Dazu bereits oben, S. 115 ff.; eingehend zur Button-Lösung nach deutschem Recht in diesem vierten Teil unter F. I. 2. 765  Ähnlich Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 25 GEK‑E, Rn. 4; dazu auch Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 1. 766  Explizit für die Verletzung einer Informa­tions­pflicht in Bezug auf die identische For­ mulierung des Art. 8 Abs. 2 VerbrRRL Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 152; ebenso die Rechtsfolge als vage kritisierend Schulze/Howells/Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 14. 767 Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 25 GEK‑E, Rn. 6. 768  Vgl. hierzu die eingehenden Ausführungen S. 265 ff.; so wohl auch Schulze/Howells/ Watson, CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 14 f., welche in Zusammenhang mit der Rechtsfolge ausdrücklich differenzieren zwischen Verletzung der Information über die Zah­ lungspflichtigkeit („[…] the trader fails to comply with the requirement to inform the con­ sumer that the placing of the order implies an order to pay […]“), Rn. 14, und den formalen Anforderungen („[…] the article contains three different formal requirements […]“), Rn. 15; ferner Hall/Howells/Watson, ERCL 2012, 139, 152 die zur VerbrRRL von einem speziellen „remedy“ reden; ebenso Kredig/Uffmann, ZRP 2011, 36, 39.

278

Vierter Teil: Sanktionen

Ansonsten erscheint die Formulierung, der Verbraucher sei durch den Ver­ trag oder die Bestellung nicht gebunden, leider nicht hinreichend klar und ein­ deutig.769 Vorliegend stellt sich die Frage, ob im Falle einer solchen Pflicht­ verletzung der Vertrag als im Ganzen nicht geschlossen gelten soll und somit nicht wirksam zustande gekommen ist, oder aber von der Wirksamkeit des Ver­ trags auszugehen ist und allein der nicht hinreichend informierte Verbraucher an den Vertrag nicht gebunden sein soll und ihm somit entsprechend der Annah­ me zur VerbrRRL ein Wahlrecht770 zusteht, an dem Vertrag festzuhalten oder nicht. Eine Klarstellung erscheint in künftigen Revisionsversuchen daher ge­ boten. Insgesamt ist die Regelung der Button-Lösung auch im GEK‑Vorschlag im Sinne der Kohärenz zu begrüßen. Diese verdeutlicht die Berücksichtigung des Vertragsschlusses im Internet, was für ein auf grenzüberschreitende Kauf­ verträge ausgerichtetes optionales Instrument unabdingbar ist.

IV.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Die Regelung der Button-Lösung in der VerbrRRL, nach nationalem Recht sowie im GEK‑Vorschlag ist vor dem Hintergrund der spezifischen Gefähr­ dungssituation im elektronischen Geschäftsverkehr und der gebotenen Trans­ parenz im Online-Handel als positives Novum und Fortschritt zu begrüßen. Durch das Erfordernis der ausdrücklichen Zahlungspflichtbestätigung wird das Bewusstsein des Verbrauchers für die Abgabe einer mit Kosten verbundenen Willenserklärung geschaffen und die Entscheidungsbasis hierüber gewährleistet und verstärkt. Die Problematik der existenten Kosten- und Abofallen verdeutli­ chen die Notwendigkeit einer solchen Regelung.771 Im Hinblick auf die Frage der richtlinienkonformen Umsetzung ist eine Klarstellung der Rechtsfolge im Sinne eines Wahlrechts des Verbrauchers über die Nichtbindung oder die Un­ wirksamkeit des Vertrages nach nationalem Recht in richtlinienkonformer Aus­ legung zugunsten des Wahlrechts geboten.772 Ebendiese Frage stellt sich auch im GEK‑Vorschlag.773 Ferner erscheint die Klarstellung geboten, dass die Ver­ letzung der besonderen Pflichten zugleich eine vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzung darstellt, da die Button-Lösung nach ihrem Sinn und Zweck den Verbraucher über die Entscheidung der Eingehung einer Zahlungspflicht zu informieren nicht lediglich als reine Formvorschrift qualifiziert werden kann.

769 Schulze/Howells/Watson, 770 

Siehe bereits S. 267 ff. 771  Siehe S. 2 und S. 262 ff. 772  Siehe S. 267 ff. 773  S. o., S. 278.

CESL Commentary, Art. 25 CESL, Rn. 11 ff.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte279

G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte Zu untersuchen ist weiterhin, ob eventuell auch Gewährleistungsrechte auf­ grund einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung als mögliche Sank­ tionen in Betracht kommen können.

I.  Sekundärrechtliche Vorgaben Sekundärrechtliche Regelungen zu Gewährleistungsrechten des Käufers bei Kaufverträgen finden sich zunächst in der VerbrGKRL, welche lediglich verein­ zelt durch Bestimmungen z. B. zum Gefahrübergang in der neueren VerbrRRL ergänzt werden.774 Künftig könnten sich für den Online-Warenhandel und an­ dere Formen des Fernabsatzes von Waren auch neue gewährleistungsrecht­ liche Bestimmungen aus dem entsprechenden Vorschlag der Richtlinie über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte des Warenhandels ergeben, der die Re­ gelungen der VerbrRRL ergänzen soll.775 Art. 2 VerbrGKRL enthält Bestimmungen zur Vertragsmäßigkeit der Waren. Sind die in Art. 2 Abs. 2 der VerbrGKRL genannten Voraussetzungen erfüllt, so wird die Vertragsmäßigkeit widerlegbar vermutet.776 So müssen die Ver­ brauchsgüter u. a. mit der vom Verkäufer gegebenen Beschreibung übereinstim­ men (Art. 2 Abs. 2 lit. a)) oder sich für Zwecke eignen, für die Güter der glei­ chen Art üblicherweise gebraucht werden (lit. c)). Insbesondere können auch öffentliche Äußerungen des Verkäufers, Herstellers oder dessen Vertreter über bestimmte Eigenschaften des Verbrauchsguts im Rahmen von Werbung oder Etikettierung und somit vorvertragliche Äußerungen in die Bestimmung der Vertragsmäßigkeit einfließen, wenn der Verbraucher eine Qualität oder Leistung wie bei Gütern gleicher Art üblich vernünftigerweise erwarten kann. Klarstel­ lend sind insofern die Ausführungen in ErwGr. 8, wonach die in Art. 2 lit. a) – c) genannten Anforderungen an die Vertragskonformität kumulativ zu verstehen sind.777 Die Rechte des Verbrauchers in Fällen der Vertragswidrigkeit normiert Art. 3 der VerbrGKRL. Nach Abs. 1 haftet der Verkäufer dem Verbraucher für jede zum Zeitpunkt der Lieferung des Verbrauchsguts bestehende Vertragswid­ rigkeit. Insofern werden also nur Fälle der Schlechtleistung erfasst, nicht aber der Nichtleistung.778 Sodann folgt in Art. 3 Abs. 2 VerbrGKRL eine Auflistung 774  Hierzu z. B. die kritische Betrachtung der Rechtsbehelfe bei Nichterfüllung nach dem ursprünglichen Vorschlag der VerbrRRL von Zoll, in: Howells/Schulze (Hrsg.), Modernising and Harmonising Consumer Contract Law, S. 279 ff. 775  Siehe dazu S. 22 f. 776  Siehe hierzu auch ErwGr. 8 der VerbrGKRL. 777  Für diese Annahme spricht ErwGr. 8 der VerbrGKRL, nachdem den in der widerleg­ baren Vermutung der Vertragsmäßigkeit des Art. 2 genannten Elementen kumulative Geltung zukommen soll; so auch MüKo BGB/Lorenz, Vorbemerkung §§ 474 ff. BGB, Rn. 9. 778  Magnus, ZEuP 2007, 260, 263.

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Vierter Teil: Sanktionen

der verschiedenen Rechte, die jeweils in den folgenden Absätzen weiter kon­ kretisiert werden. So hat der Verbraucher entweder Anspruch auf unentgeltliche Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsguts durch Nach­ besserung oder Ersatzlieferung nach Maßgabe des Abs. 3 oder auf angemesse­ ne Minderung des Kaufpreises oder auf Vertragsauflösung nach Maßgabe der Abs. 5 und 6. Unter Berücksichtigung des Art. 3 Abs. 3 sowie Abs. 5 VerbrGKRL soll der Verbraucher vorrangig Nacherfüllung fordern können,779 da er Minderung und Vertragsauflösung nur verlangen kann, wenn kein Anspruch auf Nachbesserung oder Nachlieferung besteht (Spiegelstrich 1), der Verkäufer der Vertragswidrig­ keit nicht fristgemäß abgeholfen hat (Spiegelstrich 2) oder der Verkäufer nicht ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe geschaffen hat (Spiegelstrich 3).

II.  Gewährleistungsrechte des BGB Im BGB finden sich jeweils spezielle Gewährleistungsregelungen für beson­ dere Vertragsarten wie z. B. den Kaufvertrag, die neben speziellen Sonderrege­ lungen auch auf das allgemeine Leistungsstörungsrecht verweisen. § 437 BGB beinhaltet als zentrale Verweisungsnorm die Rechte des Käufers bei Mängeln und gilt bei allen Kaufverträgen780 und somit auch bei solchen, die auf elek­ tronischem Wege oder per Fernabsatz geschlossen werden. In den §§ 434 ff. sowie §§ 474 ff. BGB finden sich sowohl Umsetzungen der Bestimmungen der VerbrGKRL als auch der neueren VerbrRRL.781 Unter welchen Voraussetzun­ gen Gewährleistungsrechte als Sanktion einer vorvertraglichen Informa­tions­ pflichtverletzung in Betracht kommen und in welchem Verhältnis die Gewähr­ leistungsrechte des Käufers zu der Haftung aus c. i. c. und sonstigen Sanktionen stehen, wird im Folgenden erörtert.

1.  Frage der Anwendbarkeit der Gewährleistungsrechte bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung Nach den obigen Ausführungen782 kommt in Fällen der Nicht- oder Schlecht­ erfüllung einer Informa­tions­pflicht bei Verträgen im elektronischen Ge­ schäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen grundsätzlich ein Scha­ 779  Siehe

Rn. 2.

dazu auch ErwGr. 10 und 11 der VerbrGKRL; Palandt/Weidenkaff, § 437 BGB,

780  Es handelt sich bei § 437 BGB um eine Rechtsgrundverweisung, welche entsprechend für den Kauf von Rechten gem. § 453 BGB gilt, PWW/Schmidt, § 437 BGB, Rn. 1 f.; BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 1; MüKo BGB/Westermann, § 437 BGB, Rn. 1 ff. 781  Näher dazu z. B. BeckOK BGB/Faust, § 474 BGB, Rn. 1 f.; Palandt/Weidenkaff, § 474 BGB, Rn. 1; siehe zur Entstehung und Systematik des Verbrauchsgüterkaufrechts auch MüKo BGB/Lorenz, Vorbemerkung zu §§ 474 ff. BGB, Rn. 1 ff. 782  Vgl. die Ausführungen zum Schadensersatzanspruch in diesem vierten Teil, D. I. 1.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte281

densersatzanspruch aus c. i. c. in Betracht. Denn generell werden fehlerhafte Informationen nicht unmittelbar zum Bestandteil des Vertrags.783 Nach § 312d Abs. 1 S. 1 BGB i. V. m. Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ist der Verkäufer bei Fernabsatzverträgen unter anderem verpflichtet, den Käufer über wesentli­ che Eigenschaften der Waren zu informieren. § 312d Abs. 1 S. 2 BGB ergänzt insofern klarstellend, dass die in Erfüllung dieser Pflichten erfolgenden An­ gaben grundsätzlich Vertragsinhalt werden, sofern die Vertragsparteien nicht ausdrücklich eine abweichende Vereinbarung getroffen haben. Somit kann eine fehlerhafte Informationserteilung bezüglich der Ware unter Umstän­ den auch einen Mangel der Ware begründen, wenn diese Informationen Ver­ tragsbestandteil geworden sind, sodass in diesen Fällen grundsätzlich auch §§ 434 ff. BGB greifen können.784 Zwischen den Sanktionsmöglichkeiten der allgemeinen Haftung aus c. i. c. und den Rechten des Käufers bei Mängeln stellt sich daher auch die Frage nach der jeweiligen Anwendbarkeit und somit dem Konkurrenzverhältnis zueinander, da es insofern an einer gesetzlichen Regelung fehlt.785

2.  Generelle Anwendungsvoraussetzungen der Gewährleistungsrechte Grundvoraussetzung für die Entstehung kaufrechtlicher Gewährleistungs­ ansprüche ist gem. § 437 i. V. m. § 434 BGB die Mangelhaftigkeit der Kauf­ sache im Zeitpunkt des Gefahrübergangs. Mit anderen Worten muss der Käufer seine aus § 433 Abs. 1 S. 1 BGB resultierende Pflicht, dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen, verletzt haben.786 Im Allgemeinen wird der Sachmangel als negatives Abweichen der Ist-Be­ schaffenheit (tatsächliche Beschaffenheit der Sache) von der Sollbeschaffenheit (nach Vertrag geschuldete Beschaffenheit) definiert.787 Wann ein solcher Sach­ mangel vorliegt, bestimmt sich nach § 434 BGB. Nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang788 die vereinbar­ te Beschaffenheit aufweist. Das Gesetz folgt damit vorrangig dem subjektiven Fehlerbegriff.789 Soweit eine solche Beschaffenheitsvereinbarung fehlt, liegt 783  Calliess, in: Riesenhuber (Hrsg.) u. a., Wandlungen oder Erosion der Privatautonomie, § 5, S. 97, 103. 784 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 7, 13. 785  Siehe hierzu sogleich die Erörterung der Konkurrenzfragen unter 4. 786  Dazu z. B. Hk-BGB/Saenger, § 437 BGB, Rn. 2. 787 Siehe Medicus/Lorenz, Schuldrecht II – BT, § 77, Rn. 74; Hk-BGB/Saenger, § 434 BGB, Rn. 8. 788  Geregelt in § 446 und § 447 BGB. 789 Eingehend dazu Medicus/Lorenz, Schuldrecht II – BT, § 77, Rn. 77; Looschelders, Schuldrecht AT, § 22, Rn. 455; MüKo BGB/Westermann, § 434, Rn. 6, mit Verweis auf teilwei­ se Zweifel in Bezug auf die RL‑Konformität, m. w. N. ebd.; Palandt/Weidenkaff, § 434 BGB, Rn. 1; Hk-BGB/Saenger, § 434 BGB, Rn. 1; anders wohl Dauner-Lieb/Thiessen, ZIP 2002, 108, 110.

282

Vierter Teil: Sanktionen

nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB dann kein Sachmangel vor, wenn sich die Sache für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Nr. 1), ansonsten wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich sind und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten darf (Nr. 2).790 Folglich sieht das Gesetz eine gestuf­ te Prüfungsreihenfolge vor.791 Der Sachmangel muss im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorliegen. Dieser ist grundlegend in § 446 BGB geregelt und erfolgt grundsätzlich durch Über­ gabe der verkauften Sache. Für den Gefahrübergang beim Versendungskauf, welcher die Beförderungsgefahr betrifft und bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr sowie bei sonstigen Fernabsatzverträgen regelmäßig in Be­ tracht kommen wird, enthält § 447 BGB eine Sonderregelung. Sofern der Ver­ käufer auf Verlangen des Käufers die Sache an einen anderen Ort als den Erfül­ lungsort versendet, geht gem. § 447 Abs. 1 BGB die Preisgefahr über, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, Frachtführer oder einer sonst zur Ausfüh­ rung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat.792 Diese Bestimmung findet jedoch keine Anwendung auf Verbrauchsgüterkäufe, sodass in diesen Fällen die Gefahr nach der allgemeinen Regelung des § 446 S. 1 BGB mit Über­ gabe der Kaufsache übergeht. Diese Ausnahme für B2C‑Verträge trägt der Vor­ gabe des Art. 20 S. 1 VerbrRRL Rechnung.793 Zudem sind in Umsetzung der VerbrGKRL die besonderen Regelungen für Verbrauchsgüterkäufe zu beachten, die in den §§ 474 ff. BGB normiert sind.794

3. Rechtsfolge Liegt i. S. d. § 434 BGB ein Sachmangel bei Gefahrübergang vor, so kann der Käufer die in § 437 BGB vorgesehenen Gewährleistungsrechte geltend machen, sofern die Voraussetzungen der dort im Folgenden genannten Vorschriften vor­ liegen. Gem. § 437 Nr. 1 BGB kann der Käufer zunächst Nacherfüllung gem. § 439 BGB verlangen. Der Vorrang der Nacherfüllung ergibt sich nicht aus der hie­ 790  Diese Erwartung wird teilweise als objektiver Fehlerbegriff bezeichnet, könnte aber auch als hypothetischer Wille der Parteien charakterisiert werden, vgl. Medicus/Lorenz, Schuldrecht II  – BT, 17. Aufl. 2014, § 77, Rn. 83; Looschelders, Schuldrecht BT, Rn. 48; ­Canaris, in: Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 58. 791  Siehe z. B. auch Palandt/Weidenkaff, § 434 BGB, Rn. 7; Jauernig/Berger, § 434 BGB, Rn. 1 f. 792  Ausführlich dazu Palandt/Weidenkaff, § 447 BGB, Rn. 1 ff.; dies in den europäischen Kontext der VerbrRRL einordnend Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253, 256. 793  Siehe auch Schwab/Giesemann, EuZW 2012, 253, 256. 794  Der Begriff Verbrauchsgüterkauf erfasst Verträge über den Kauf beweglicher Sachen von einem Unternehmer an einen Verbraucher, § 474 Abs. 1 S. 1 BGB; vgl. insgesamt dazu die Kommentierung von Palandt/Weidenkaff, § 474 ff. BGB; Staudinger/Matusche/Beckmann, 2012, § 474 BGB.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte283

rarchischen Reihenfolge des § 437 BGB, sondern folgt aus dem Fristsetzungs­ erfordernis der weiteren Gewährleistungsrechte und ist stets zu beachten. Nach § 439 BGB hat der Käufer hierbei grundsätzlich die Wahl zwischen Nacherfül­ lung und Nachlieferung. Ferner kann der Käufer gem. § 437 Nr. 2 BGB nach den §§ 440, 323 und 326 Abs. 5 BGB von dem Vertrag zurücktreten oder nach § 441 BGB den Kaufpreis mindern und nach Nr. 3 nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB Schadensersatz oder nach § 284 BGB Ersatz vergeblicher Aufwendungen verlangen.

4.  Konkurrenz der kaufvertraglichen Gewährleistungsrechte zu Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung nach allgemeinem Leistungsstörungsrecht Im Hinblick auf die weiteren nach allgemeinem Vertragsrecht in Betracht kom­ menden Sanktionen stellt sich die Frage des Konkurrenzverhältnisses zu den grundsätzlich abschließend geregelten Gewährleistungsrechten bei Kaufverträ­ gen.

a)  Verhältnis der Haftung nach kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen zur Haftung aus c. i. c. In welchem Verhältnis die Haftung des Verkäufers aus c. i. c. zu den Gewähr­ leistungsregeln des Kaufrechts steht, war schon vor der Schuldrechtsmoder­ nisierung umstritten.795 Insbesondere befürchtet wurde die Gefahr einer mög­ lichen Umgehung der damals in §§ 459 ff. BGB a. F. normierten Haftung des Verkäufers bei zusätzlicher Haftung aus c. i. c.796 Obwohl sich der Gesetz­ geber dem Spannungsverhältnis zwischen Gewährleistungsrechten und der c. i. c. bewusst war, wurde für die c. i. c. offensichtlich eine generalklausel­ artige Regelung ohne Lösung dieser Konkurrenzproblematik als vorzugswür­ dig erachtet.797 Vielmehr sollte der Problematik durch Fortentwicklung und Ausdifferenzierung in Rechtsprechung und Lehre begegnet werden.798 Zusam­ menfassend ist festzuhalten, dass sich diese Konkurrenzfrage schon nach frü­ herer Rechtslage kontroverser Diskussionen erfreute und mangels eindeutiger 795  Siehe MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 80; BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 186 ff.; eingehend dazu auch Häublein, NJW 2003, 388 ff; vgl. zudem die Ausführungen des Gesetzentwurfes zur Schuldrechtsmodernisierung, BT‑Dr. 14/6040, S. 161 f. 796  So z. B. MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 80. 797  Vgl. Gesetzentwurf zur Schuldrechtsmodernisierung, BT‑Dr. 14/6040, S. 161 f., wo­ nach die c. i. c. als eines der zentralen Rechtsinstitute des deutschen Zivilrechts eine große Fle­ xibilität aufweise und nur in manchen konkreten Anwendungsfällen kritikwürdig sei; ferner BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, 2122. 798  Vgl. BT‑Drs. 14/6040, S. 162; ferner BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, 2122.

284

Vierter Teil: Sanktionen

Lösung durch die Schuldrechtsmodernisierung auch heute noch unterschied­ lich beurteilt wird.799

aa)  Kumulative Anspruchskonkurrenz Nach teilweise in der Literatur vertretener Ansicht können kaufrechtliche Ge­ währleistung und Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss generell ne­ beneinander bestehen, da es sich um verschiedene Haftungssysteme mit un­ terschiedlicher Zwecksetzung und Voraussetzungen handele.800 Zwar sei durch die Schuldrechtsmodernisierung eine Annäherung der Sachmängelhaftung an die allgemeine Verschuldenshaftung nach c. i. c. erfolgt, sodass insbesondere der Einwand, eine fahrlässige Haftung sei dem Gewährleistungsrecht fremd, nicht mehr greife.801 Dennoch wird vertreten, dass auch nach der Neufassung der §§ 434 ff. BGB im Wege der Schuldrechtsreform noch Lücken verbleiben, die es durch eine Anerkennung der kumulativ möglichen Anwendung der all­ gemeinen Haftung aus c. i. c. zu schließen gelte.802 Diese Ansicht erscheint je­ doch zweifelhaft, da insofern die Gefahr einer Umgehung der Besonderheiten des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts, wie z. B. des Vorrangs der Nach­ erfüllung, besteht.

bb)  Vorrang der Gewährleistungsrechte Die h. M. im Schrifttum geht übereinstimmend mit der Rechtsprechung des BGH von einem grundsätzlichen Vorrang der Gewährleistungsrechte aus, so­ weit die Äußerungen die Beschaffenheit der Kaufsache betreffen.803 Begründet 799 Siehe zur Streitfrage die ausführliche Darstellung bei BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 186 ff.; sowie MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 79 ff.; PWW/Schmidt, § 437 BGB, Rn. 72 ff.; knapp Palandt/Weidenkaff, § 437 BGB, Rn. 51 ff.; ebenso knapp Jauernig/­ Berger, § 437 BGB, Rn. 33 ff. 800 So BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 190; Häublein, NJW 2003, 388, 391 ff.; ­Derleder, NJW 2004, 969, 974 f.; Köndgen, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuld­ rechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 231, 238 f.; vorsichtig, aber wohl auch MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 82. 801  Gestützt wurde diese Argumentation auf § 463 BGB a. F., welcher in S. 2 eine Haf­ tungsbeschränkung auf Vorsatz vorsah; siehe BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 189; fer­ ner Häublein, NJW 2003, 388, 391; dies aufgreifend auch BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, 2122. 802  So bereits Köndgen, in: Schulze/Schulte-Nölke (Hrsg.), Die Schuldrechtsreform vor dem Hintergrund des Gemeinschaftsrechts, S. 231, 238; ebenso MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 82; wohl auch BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 190; i. E. wohl auch Häublein, NJW 2003, 388, 391. 803  Vgl. zu den Vertretern der h. M. im Schrifttum z. B. Palandt/Weidenkaff, § 437 BGB, Rn. 51a; Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 14; PWW/Schmidt, § 437 BGB, Rn. 72 ff.; HkBGB/Saenger, § 437 BGB, Rn. 33 f.; Canaris, in: Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 87 ff.; vgl. zudem die Grundsatzentscheidung des BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, 2121 f., m. w. N.; ferner BGH, Urteil vom 12.01.2011 – VIII ZR 346/09, NJW‑RR 2011, 462, 463 f.; auf die h. M. hinweisend, aber eine a. A. vertretend ­BeckOK



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte285

die vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung daher einen Mangel, so wird der Anspruch aus c. i. c. verdrängt durch den Schadensersatz nach § 437 Nr. 3 i. V. m. §§ 280 ff. BGB, um nicht die Sonderregelungen des Kaufrechts zu un­ terlaufen.804 Diesen Vorrang gilt es nach der Rechtsprechung ab dem Zeitpunkt des Ge­ fahrübergangs zu beachten, um der Gefahr einer Umgehung der §§ 439 und 442 BGB durch eine nebenher zulässige allgemeine Haftung aus c. i. c. entgegen­ zuwirken.805 So hat der BGH in einer Entscheidung im Jahre 2009 ausdrück­ lich festgestellt, dass der Rückgriff auf die Grundsätze der allgemeinen Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsschluss im Rahmen der §§ 434 ff. BGB „um­ stritten und bislang nicht höchstrichterlich geklärt“ ist.806 In diesem Fall ging es allgemein um die Aufklärungspflicht des Verkäufers bei Asbest im Wohn­ haus und die damit verbundene Frage der Anwendbarkeit der Ansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsschluss im Anwendungsbereich des Gewährleistungs­ rechts nach §§ 434 ff. BGB.807 Der BGH nimmt in dieser Entscheidung explizit Bezug auf das umstrittene Verhältnis der Haftung aus c. i. c. und den Gewähr­ leistungsrechten.808 Im Ergebnis geht der BGH auch nach der Schuldrecht­ modernisierung in Fortsetzung der früheren ständigen Rechtsprechung von einem Vorrang und somit einer grundsätzlichen Sperrwirkung der Gewährleis­ tungsrechte gegenüber der allgemeinen Verschuldenshaftung aus c. i. c. aus.809 Hierzu werden im Wesentlichen folgende Aspekte als maßgeblich erachtet. Zunächst sei zwar eines der tragenden Argumente, das Gewährleistungsrecht kenne gerade keine fahrlässige Haftung, der früheren Auffassung obsolet, da nun auch fahrlässiges Verhalten einen gewährleistungsrechtlichen Schadens­ ersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 S. 2, 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 189 m. w. N.; ebenso MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 82 m. w. N. 804  Looschelders, Schuldrecht AT, § 9, Rn. 156; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 18; a. A. BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 189 ff. 805  Vgl. MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 81. 806  BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, 2121, Tz. 13 b), mit Verweis auf die im Jahr zuvor ergangene Entscheidung des BGH, Urteil vom 17.01.2008 – III ZR 224/06, NJW‑RR 2008, 564, 565, Tz. 10 b), wonach auf eine allgemeine Beantwortung der Streitfrage verzichtet wurde; diese Konkurrenzproblematik in Einzelfällen auch als kritikwür­ dig bezeichnend der Gesetzentwurf zur Schuldrechtsmodernisierung, BT‑Dr. 14/6040, S. 161. 807  BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120 ff., vgl. die Sachverhalts­ darstellung ebd., S. 2120. Unter „Ausschluss der Gewähr für Fehler und Mängel“ schloss der Verkäufer (Beklagte) einen Kaufvertrag über ein Hausgrundstück und obwohl er laut Sachver­ halt wusste, dass in der Fassade Asbestplatten verbaut waren, behauptete er auf Nachfrage vor Abschluss des Vertrages wahrheitswidrig, keine Kenntnis über das Fassadenmaterial zu haben. Die Käufer (Kläger) forderten zunächst erfolglos die Sanierung im Wege der Nacherfüllung und klagten sodann auf Schadensersatz sowie auf Feststellung der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Sanierungskosten. 808  Vgl. die Darstellung des Meinungsstands ebd., Tz. 13 b) ff. 809  Ebd., Tz. 21 ff.

286

Vierter Teil: Sanktionen

begründen kann.810 Zudem erscheine es fraglich, ob die Abweichung der grund­ sätzlich zweijährigen Verjährungsfristen nach § 438 BGB von der regelmäßigen dreijährigen Verjährungsfrist (weiterhin) als Begründung für die Annahme der Sperrwirkung der §§ 434 ff. BGB ausreicht oder ob vielmehr eine entsprechen­ de Anwendung des § 438 BGB auf die Ansprüche aus c. i. c. vorzugswürdig sei.811 Im Ergebnis befürwortet der BGH jedoch auch weiterhin die Annahme einer Sperrwirkung. Würde man generell ein Nebeneinander der beiden Insti­ tute bejahen, so bestünde auch weiterhin die Gefahr der Umgehung kaufrechts­ spezifischer Besonderheiten wie des Anspruchs auf Nacherfüllung (§ 439 BGB) oder des Ausschlusses der Mängelrechte wegen grob fahrlässiger Unkenntnis des Käufers (§ 442 Abs. 1 S. 2 BGB).812 Diese Auffassung erscheint überzeugend und im Hinblick auf die schützens­ werten Besonderheiten des Kaufrechts auch notwendig. Insbesondere der Vor­ rang der Nacherfüllung und somit das Recht der zweiten Andienung durch den Verkäufer ist eine essentielle Sonderregelung des deutschen Kaufrechts. Das Recht auf Nacherfüllung vereint die widerstreitenden Interessen der Vertrags­ parteien im Falle der fehlenden Vertragsmäßigkeit der Ware und ist daher beson­ ders schützenswert, sodass eine Umgehung durch die allgemeine Verschuldens­ haftung in Übereinstimmung mit Rechtsprechung und h. L. vermieden werden sollte.813 Wurden daher in Bezug auf die Beschaffenheit der Kaufsache fal­ sche Informationen erteilt, so finden nach überzeugender h. M. in der Regel die kaufrechtlichen Bestimmungen Anwendung, da diese als abschließende Son­ derregelungen grundsätzlich den Schadensersatzanspruch aus c. i. c. verdrän­ gen.814 Allerdings gilt es im Rahmen dieser Konkurrenzlösung zu beachten, dass die kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte gem. §§ 434 ff. BGB erst nach Gefahrübergang greifen.815 Im Übrigen verbleibt für die Haftung aus c. i. c. zu­ mindest hinsichtlich solcher vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen, die sich gerade nicht auf die Wareneigenschaft beziehen, ein eigener Anwen­ dungsbereich.816 Durch diesen verbleibenden Anwendungsbereich wird grund­ sätzlich ein ausreichendes Sanktionsregime bereitgestellt und dem Schutz der nicht oder falsch informierten Partei Genüge getan.

810  Ebd., 811  Ebd.,

Tz. 22 a. Tz. 22 a m. w. N.; z. B. vertreten von Canaris, in: Lorenz (Hrsg.), Karlsruher Forum 2002, S. 5, 88. 812  Ebd., Tz. 22 a). 813  Ebd., Tz. 22 a). 814 Palandt/Grüneberg, §  311 BGB, Rn. 14; ferner Palandt/Weidenkaff, §  437 BGB, Rn. 51a; Hk-BGB/Saenger, § 437 BGB, Rn. 22. 815 Siehe dazu z. B. Palandt/Grüneberg, §  311 BGB, Rn. 14; Hk-BGB/Saenger, § 437 BGB, Rn. 22; ebenso Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 221. 816  Eingehend dazu Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 221 m. w. N.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte287

cc)  (Ausnahmsweise) Nebeneinander der Gewährleistungsrechte und des Anspruchs aus c. i. c. Der von der h. M. vertretene Grundsatz des Vorrangs der Gewährleistungsrechte ab Gefahrübergang ist jedoch nicht absolut zu sehen. Vielmehr soll nach Recht­ sprechung und Literatur ein Nebeneinander der Rechte aus § 437 BGB und des Anspruchs aus c. i. c. in zwei Ausnahmefällen möglich sein.817 Als erste Aus­ nahme ist die vorsätzliche, arglistige Täuschung des Verkäufers anerkannt.818 Diese Ausnahme ist zurückzuführen auf die frühere Haftungsbeschränkung des § 463 BGB a. F.819 Nach § 463 S. 1 BGB a. F. konnte der Käufer statt der Wan­ delung oder Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, wenn der verkauften Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft fehl­ te. Gem. § 463 S. 2 BGB a. F. galt das gleiche, wenn der Verkäufer einen Feh­ ler arglistig verschwiegen hatte. Hieraus hat die h. M. eine Beschränkung der Haftung für die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten auf Fälle vor­ sätzlichen Verhaltens abgeleitet.820 Nach heutigem Recht kommt hingegen auch bei Fahrlässigkeit ein gewährleistungsrechtlicher Schadensersatzanspruch gem. §§ 437 Nr. 3, 280 Abs. 1 S. 2, 276 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB in Betracht. Zudem wird vertreten, dass die Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht durch den Verkäufer als zweite Ausnahme zu sehen sei, sodass eine Haftung aus c. i. c. neben den Gewährleistungsrechten Anwendung finden soll.821 Hin­ sichtlich dieser auch als „Informationsmangel“ bezeichneten Verletzung gilt es jedoch zu beachten, dass diese sich nicht auf die Beschaffenheit der Kaufsache beziehen darf.822

dd)  Eigene Stellungnahme Auch nach der Schuldrechtsreform und den damit einhergegangenen Verände­ rungen, erscheint der grundsätzliche Vorrang der Gewährleistungsrechte ab Gefahrübergang und eine ausnahmsweise in Betracht kommende Haftung aus c. i. c. in den genannten Fällen als überzeugend, da nur durch Annahme einer grundsätzlichen Sperrwirkung dem Charakter des abschließenden Regelungs­ komplexes hinreichend Rechnung getragen werden kann. Die vorvertraglichen Informa­tions­pflichten über wesentliche Eigenschaften der Ware beziehen sich 817 Palandt/Weidenkaff, 818 Palandt/Weidenkaff,

§ 437 BGB, Rn. 51b. § 437 BGB, Rn. 51b; MüKo BGB/Westermann, § 437 BGB, Rn. 55; auf die h. M. hinweisend, aber ein grundsätzliches Nebeneinander anerkennend Beck­ OK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 190; wohl auch MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 82. 819  Vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, 2122, Tz. 22 a); Häublein, NJW 2003, 388, 391. 820  Vgl. BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, NJW 2009, 2120, 2122, Tz. 22 a); Häublein, NJW 2003, 388, 391. 821  Vgl. Palandt/Weidenkaff, § 437 BGB, Rn. 51b; Hk-BGB/Saenger, § 437 BGB, Rn. 25. 822  Vgl. Palandt/Weidenkaff, § 437 BGB, Rn. 51b; Hk-BGB/Saenger, § 437 BGB, Rn. 25.

288

Vierter Teil: Sanktionen

gerade auf die Erwartung des Informationsberechtigten an den Vertragsgegen­ stand. Somit hat die eigenschaftsbezogene Information für die Entscheidung über den Vertragsschluss essentielle Bedeutung. Beruht der Sachmangel auf einer vorvertraglichen Fehlinformation, so soll der Anspruch des Informati­ onsberechtigten nicht nur auf die (verschuldensabhängige) Haftung aus c. i. c. beschränkt sein, sondern gerade auch die Gewährleistungsrechte umfassen. In der Praxis wird ein Sachmangel jedoch nur selten auf einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung beruhen, d. h. nur in solchen Fällen, in welchen die aufgrund vorvertraglich erteilter Information über wesentliche Eigenschaf­ ten der Ware bestimmte Sollbeschaffenheit negativ von der tatsächlichen Ist­ beschaffenheit der Sache abweicht. Zudem wird die Sperrwirkung zu Recht nicht als absolut wirkend angesehen, sondern vielmehr durch Anerkennung eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses überzeugend für die Fälle arglistiger Täu­ schung sowie die Verletzung von Aufklärungspflichten abgeschwächt. Zusammenfassend wird daher der Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten durch Anerkennung dieser beiden Konstellationen ausreichend Rech­ nung getragen. Allerdings darf auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass für die Sanktionierung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung die bevor­ zugte Lösung ebenso ein zweischneidiges Schwert darstellt. Die Anwendung der regelmäßigen Sperrwirkung mit einschränkender Anerkennung der genann­ ten Ausnahmen führt zumindest in den genannten Ausnahmefällen zu einem hy­ pothetischen Nebeneinander der c. i. c.‑Haftung und des Gewährleistungsrechts, was im Einzelfall neben Abgrenzungsschwierigkeiten durchaus zu komplexen und unvorhersehbaren Rechtsfolgen führen mag. Zudem gilt es zu berücksich­ tigen, dass das Konkurrenzverhältnis auf nationaler Ebene bereits Probleme be­ reitet und daher für einen ausländischen Rechtsanwender erst Recht schwierig sein wird. Somit spricht vieles dafür, auch auf nationaler Ebene eine klare Re­ gelung der Sanktionen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen zu schaffen.

b)  Das Verhältnis der Gewährleistungsrechte zur Anfechtung Ferner klärungsbedürftig ist das Verhältnis des Gewährleistungsrechts zum Recht der Willensmängel und der Anfechtung als ebenfalls unter besonderen Umstän­ den mögliche Sanktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung.823 Nach h. M. sind im Gegensatz zu § 119 BGB die Gewährleistungsrechte und somit insbesondere §§ 437 ff. BGB gegenüber der Anfechtung wegen arglistiger Täu­ schung nicht als vorrangig anzusehen und schließen somit eine Anfechtung nach § 123 BGB nicht aus.824 Dies ist mit der unterschiedlichen Schutzwirkung 823  Vgl. zur Anfechtung in diesem vierten Teil, unter E. 824 PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 45; Palandt/Ellenberger,

§ 123 BGB, Rn. 29; ebenso Palandt/Weidenkaff, § 437 BGB, Rn. 54; BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 184; vgl. be­



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte289

von Mängelrechten und Anfechtungsrecht nach § 123 BGB zu begründen.825 Umstritten ist jedoch, ob nach ausgeübter Anfechtung ein gewährleistungs­ rechtlicher Anspruch auf Schadensersatz weiterhin besteht oder durch diese entfällt.826 Nach der in § 142 Abs. 1 BGB geregelten Wirkung der Anfechtung ist ein angefochtenes Rechtsgeschäft von Anfang nichtig. Unter Berufung auf diese ex tunc-Wirkung bestehen nach herrschender, in der Literatur vertrete­ ner Auffassung, aufgrund des entfallenen Anknüpfungspunkts keinerlei ver­ tragliche Ansprüche.827 Nach a. A. sollte zumindest in Fällen des § 123 BGB weiterhin die Möglichkeit eines gewährleistungsrechtlichen Schadensersatz­ anspruchs bestehen.828 Ferner stellt sich grundsätzlich das Problem, das durch die Anfechtung der im Rahmen der kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte bestehende Vorrang der Nacherfüllung umgangen werden kann,829 wobei die h. M. wie zuvor dargelegt830 in den Fällen arglistiger Täuschung den Grund­ satz des Vorrangs der Nacherfüllung ausnahmsweise einschränkt. Aufgrund der ex tunc-Wirkung der Anfechtung wird zudem weiteren in Betracht kommen­ den vertraglichen Ansprüchen die Grundlage entzogen, sodass bei Vorliegen der Voraussetzungen des gewährleistungsrechtlichen Rücktrittsrechts die gleich­ zeitige Möglichkeit der Geltendmachung eines vertraglichen Schadensersatz­ anspruchs vorzugswürdig sein kann, da nach § 325 BGB die Geltendmachung von Schadensersatz (statt der Leistung) bei einem gegenseitigen Vertrag durch Ausübung des Rücktrittsrechts nicht ausgeschlossen ist.

III. DCFR Auch die im DCFR geregelten Rechtsbehelfe des Käufers können eine mögli­ che Option zur Sanktionierung vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung darstellen. reits die Entscheidung des BGH, Urteil vom 12.11.1957 – VIII ZR 311/56, NJW 1958, 177; sowie BGH, Urteil vom 02.02.1990 – V ZR 266/88, ZIP 1990, 314 m. w. N. 825 Palandt/Ellenberger, § 123 BGB, Rn. 29. 826  Für ein Entfallen PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 45; Palandt/Ellenberger, § 142 BGB, Rn. 2, mit dem Argument, § 325 BGB bewirke insofern keine Veränderung; ebenso Höpfner, NJW 2004, 2865; a. A. Derleder, NJW 2004, 969, 970, welcher die fehlende Regelung des Verhältnisses zwischen Anfechtung und Schadensersatz bemängelt und insofern eine analoge Anwendung des § 325 BGB befürwortet. 827 So Palandt/Ellenberger, §  142 BGB, Rn. 2; Erman/Arnold, Band I, § 142 BGB, Rn. 21 ff.; wohl auch PWW/Ahrens, § 123 BGB, Rn. 45; Höpfner, NJW 2004, 2865; a. A. Derleder, NJW 2004, 969 ff. 828 Vgl. Derleder, NJW 2004, 969, 970, nach dessen Auffassung fehle es zwar an einer Klärung des Verhältnisses von Schadensersatz und Anfechtung, der Regelung des § 325 BGB könne aber zumindest eine Richtungsvorgabe entnommen werden. 829  Ebenso BeckOK BGB/Faust, § 437 BGB, Rn. 184; dies nicht als problematisch erach­ tend und im Falle arglistigen Handelns mit der h. M. eine Berufung auf den Vorrang der kauf­ rechtlichen Gewährleistungsrechte verneinend MüKo BGB/Westermann, § 437 BGB, Rn. 55. 830  Siehe S. 288 f.

290

Vierter Teil: Sanktionen

Die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung sind in Kapitel 3 des dritten Buchs des DCFR ähnlich dem BGB im Sinne eines allgemeinen Leistungsstörungs­ rechts geregelt.831 In dem vorangestellten ersten Abschnitt finden sich zunächst allgemeine Regelungen. So statuiert Art. III. – 3:101 DCFR allgemeine Voraus­ setzungen für mögliche Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung.832 Da die Art der Verpflichtung nicht näher spezifiziert ist, können die Gewährleistungsrechte also grundsätzlich auch für die Nichterfüllung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten in Betracht kommen, sofern die weiteren Voraussetzungen vorlie­ gen.833 Dementsprechend sieht die Sanktionsregelung des Art. II. – 3:109 Abs. 2 S. 1 DCFR vor, dass bei Nichterfüllung der vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten durch den Unternehmer, ihn bei Abschluss des Vertrags diejenigen vertraglichen Verpflichtungen treffen, die die andere Partei vernünftigerweise als Folge des Fehlens oder der Unrichtigkeit erwarten konnte. Art. II. – 3:109 Abs. 2 S. 2 DCFR sieht hierfür explizit die Anwendbarkeit der Rechtsbehel­ fe wegen Nichterfüllung durch Verweis auf Buch III Kapitel 3 vor. Aufgrund des auch im DCFR primär verbraucherschützenden Charakters der vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichten bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen über den Kauf von Waren sind allerdings die Besonderheiten der Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung in B2C‑Verträgen zu beachten. Eine solche Sonderregelung für B2C‑Fernabsatzverträge enthält zunächst Art. III. – 3:108 DCFR, wonach der Unternehmer dem Verbraucher bei über Fernkommunikationsmittel erfolgten Bestellungen zur sofortigen Mit­ teilung der Unmöglichkeit der Erfüllung verpflichtet ist, dies aber im Grund­ satz die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung unberührt lässt. Insbesondere sind weiterhin in Buch IV, Teil A, des DCFR spezielle Regelungen zum Kaufver­ trag enthalten, die ergänzend bzw. modifizierend zu den allgemeinen Regelun­ gen der Rechtsbehelfe bei Nichterfüllung (Buch III, Kapitel 3) hinzutreten.834 Indem die Sanktionsnorm für Informa­tions­pflichtverletzungen diese Recht­ behelfe gem. Art. II. – 3:109 Abs. 2 DCFR für anwendbar erklärt, sind auch die damit verbundenen Modifikationen, trotz leider fehlender Klarstellung, wohl zwingend zu beachten. Dafür spricht das Verständnis des Kaufrechts als spe­ zieller Regelungskomplex, der die allgemeinen Rechtsbehelfe wegen Nicht­ 831 

Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optio­ nales europäisches Kaufrecht, S. 205, 206. 832  Eingehend dazu die Kommentierung von von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. III. – 3:101, S. 771 ff.; maßgeblich haben hierfür die PECL als Basis gedient, vgl. Zoll, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 195, 196. 833  Dies entspricht dem generellen Ansatz des extensiven Verständnisses der Leistungs­ störungen im DCFR, vgl. Magnus, ZEuP 2007, 260, 268, und korrespondiere ferner mit dem ebenfalls einheitlichen Verständnis der Vertragsverletzung, ders., ebd. 834  Für Fragen des allgemeinen Vertragsrechts wie z. B. auch die vorvertraglichen Informa­ tions­pflichten sind hingegen die Bestimmungen des Buches II relevant.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte291

erfüllung als allgemeines Leistungsstörungsrecht insbesondere bei Kaufver­ trägen zwischen Verbrauchern und Unternehmern ergänzt. Insgesamt ist das Kaufrecht des DCFR als einheitliches Regelungssystem zu verstehen, welches grundsätzlich für alle Kaufverträge über Waren gilt und z. B. für B2C‑Kaufver­ träge besondere Bestimmungen vorsieht.835 Wiederum spezielle, die allgemei­ nen Vorschriften modifizierende Bestimmungen für Verbraucherkaufverträge sind insbesondere in Kapitel 4 (Rechtsbehelfe), Abschnitt 1 des Buches IV über Kaufverträge normiert.836

1.  Die einzelnen Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung nach DCFR Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe des dritten Buchs, Kapitel 3, ist die Nichterfüllung einer Plicht, wobei die Anwendbarkeit einzelner Rechtsbehelfe gem. Art. III. – 3:101 DCFR davon abhängt, ob die Nichterfüllung entschuldigt oder nicht entschuldigt ist.837 Liegt die Verantwor­ tung hingegen beim Gläubiger, indem er die Nichterfüllung selbst verursacht hat, stehen ihm nach Art. III. – 3:301 Abs. 3 DCFR keine der Rechtsbehelfe zu. Zunächst sieht der DCFR die Möglichkeit zur Heilung in Fällen mangel­ hafter Erfüllung durch ein neues Angebot des Schuldners in Art. III. – 3:201 ff. DCFR vor. Dies erinnert an das Recht zur zweiten Andienung und entspricht den Autoren zufolge dem Gebot von Treu und Glauben sowie der Aufrechterhaltung des Vertrags.838 Der Ansatz entspricht somit auch Art. 3 Abs. III VerbrGKRL, welcher einen Vorrang der Nacherfüllung durch Nachbesserung oder Nach­ lieferung gewährt.839 Die Gelegenheit zur Heilung muss nach Art. III. – 3:302 DCFR jedoch nicht gewährt werden, wenn es sich bspw. um eine wesentliche Nichterfüllung handelt (lit. a)) oder eine Heilung nach den Umständen unange­ messen wäre (lit. d)). Als weiterer möglicher Rechtsbehelf ist im DCFR das Recht Erfüllung zu verlangen (Art. III. – 3:302 DCFR) und somit ein Anspruch auf Nacherfüllung vorgesehen. Zudem ist ein Recht zur Zurückhaltung der Leistung (Art. III. – 835 Vgl.

1:204.

von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. –

836 Siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 4:201, S. 1340. 837  Eingehend zu der Differenzierung von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. III. – 3:101 DCFR, S. 772 ff.; das Kriterium der Nichterfüllung findet sich ebenfalls in Kapitel 9 der PECL sowie den ACQP als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Rechtsbehelfe, vgl. Zoll, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 195, 199 f. 838  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. III. – 3:201 DCFR. 839 Vgl. hierzu z. B. die rechtsvergleichenden Ausführungen von Remien, in: S ­ chulze/ Schulte-Nölke/Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 141 f.

292

Vierter Teil: Sanktionen

3:401 DCFR) geregelt. Auch wenn es hierfür an einer Grundlage im acquis fehlt ist ein Zurückhaltungsrecht der Leistung als interessenausgleichender Rechts­ behelf zu begrüßen.840 Ferner kommt ein Rücktrittsrecht in Betracht, welches nach Art. III. – 3:502 DCFR eine wesentliche Nichterfüllung der Vertragspflicht sowie eine erfolglose Nachfristsetzung zur Erfüllung nach Art. III. – 3:503 DCFR voraussetzt. Dies entspricht den zum Teil auch im acquis zu findenden Vorgaben, eine Vertragsaufhebung als intensivsten Eingriff in das Vertragsver­ hältnis nur bei erheblichen Vertragsverletzungen zu gewähren.841 Durch Mit­ teilung des Rücktritts (Art. III. – 3:507 DCFR) wandelt sich der Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis (Art. III. – 3:510 DCFR).842 Darüber hinaus ist ein Recht zur Minderung nach Art. III. – 3:601 DCFR selbst für Fälle der ent­ schuldigten Nichterfüllung vorgesehen, sofern die vertragswidrige Leistung an­ genommen wurde.843 Schließlich regelt Art. III. – 3:701 DCFR das Recht auf verschuldensunabhängigen Schadensersatz für den durch die Nichterfüllung entstandenen Verlust, sofern kein Entschuldigungsgrund vorliegt.844 Ist ein Er­ füllungsanspruch nach den Bestimmungen des Art. III. – 3:301 DCFR ff. aus­ geschlossen, so lässt dies den Anspruch auf Schadensersatz unberührt, vgl. Art. III. – 3:308 DCFR. Aus den vorhergehenden Ausführungen zu den Rechtsbehelfsbestimmungen und insbesondere dem Fristsetzungserfordernis vor der Geltendmachung des Rücktrittsrechts wird deutlich, dass auch im DCFR der Vorrang der Nacherfül­ 840 Ähnlich Magnus, ZEuP 2007, 260, 277; Remien, in: Schulze/Schulte-Nölke/Bernar­ deau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 142 f. m. w. N., be­ zeichnet die Zurückhaltung der Leistung nach einer Leistungsstörung als die natürlichste Reaktion, weist aber darauf hin, dass nicht alle europäischen Mitgliedstaaten eine so feine Regelung des Zurückbehaltungsrechts wie nach § 320 BGB kennen und dieser erst in Europa Schule gemacht hat. 841 Siehe Magnus, ZEuP 2007, 260, 272 f.; a. A. bzw. differenzierter Remien, in: S ­ chulze/ Schulte-Nölke/Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139 ff., 147 f., der als Gegenbeispiel zu dem in Art. 3 Abs. 3 VerbrGKRL geregelten Vorrang der Nacherfüllung das Wahlrecht zwischen vollständiger Erstattung, schnellstmöglicher Be­ förderung oder anderweitiger Beförderung bei Nichtbeförderung nach Art. 4 Abs. 1 der frühe­ ren Flugüberbuchungsentschädigungsverordnung (heute Art. 4 Abs. 1, Art. 8 Fluggastrechte­ verordnung EG Nr. 261/2004) nennt. 842  Für Details vgl. den jeweiligen Wortlaut sowie die Kommentierungen von von Bar/ Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. III. – 3:507 und 3:510 DCFR; rechtsver­ gleichend betrachtet ist die Vertragsbeendigung durch Rücktritt nicht zuletzt zurückgehend auf die VerbrGKRL Bestandteil des acquis und in vielen Rechtsordnungen ein grds. anwendbarer Rechtsbehelf, näher dazu Zoll, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 195, 203 ff. 843  Das Minderungsrecht ist auch in Art. 3 Abs. 5 VerbrGKRL geregelt; im Gegensatz zum deutschen Recht ist das Recht zur Minderung den Common-Law-Rechtsordnungen jedoch als spezieller Rechtsbehelf unbekannt, so Magnus, ZEuP 2007, 260, 273; eingehend zur Min­ derung nach dem DCFR von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition – Volume I, Comments Art. III. – 3:601. 844  Siehe bereits dazu im vierten Teil, D. II. 5.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte293

lung etabliert werden soll. Die Rechtsbehelfe sollen dem Käufer in einem be­ stimmten hierarchischen Verhältnis zur Verfügung stehen, indem der Verkäufer zunächst die Möglichkeit zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustands erhal­ ten soll, bevor der Käufer andere Rechtsbehelfe geltend macht.845 Rechtsver­ gleichend betrachtet ist diese Konzeption nicht unumstritten, da der Anspruch auf Nacherfüllung (specific performance) zwar in den kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen wie bspw. Deutschland als vorrangiger Rechtsbehelf bekannt ist, in Common Law-Rechtsordnungen jedoch eher die Ausnahme, soweit die Kompensation durch Schadensersatz nicht ausreicht.846 Allerdings gewährt auch die VerbrGKRL in Art. 3 Abs. 3 dem Erfüllungsanspruch Vorrang, soweit dies nicht unmöglich oder unverhältnismäßig ist.847 Somit findet diese Kon­ zeption hinreichende Grundlage im acquis und ist auch aus deutscher Sicht im Hinblick auf die zunächst anzustrebende Aufrechterhaltung des Vertrags zu be­ grüßen.

2.  Die wesentlichen Anwendungsvoraussetzungen der Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung von Kaufverträgen Materielle Grundanknüpfung der kaufrechtlichen Rechtsbehelfe ist die fehlen­ de Vertragsmäßigkeit der Ware i. S. d. Art. IV.A. – 2:301 DCFR, z. B. bei nicht vertragskonformer Qualität der Ware (lit. a)), im Sinne eines subjektiven Feh­ lerbegriffs.848 Neben der allgemeinen Bestimmung zur Vertragsmäßigkeit der Ware bei Kaufverträgen ist insbesondere Art. IV.A. – 2:302 DCFR (Tauglich­ keit, Eigenschaften, Verpackung) zu beachten, wonach die Waren im Hinblick auf die Vertragsmäßigkeit bestimmten Anforderungen genügen müssen, wie beispielsweise für den bei Vertragsschluss bestimmten Zweck geeignet zu sein 845 Siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 4:201, S. 1340; kritisch dazu Schmidt-Kessel, in: Schulze (Hrsg.), New Features in Contract Law, S. 183, 187 f.; ebenfalls kritisch zur specific performance mangels hinreichender Grund­ lage im acquis, Zoll, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Con­ tract Law, S. 195, 201 ff.; dazu auch Magnus, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­ tions­pflichten und Vertragsschluss im Acquis, S. 291, 293 m. w. N.; eingehend zur Frage des Verhältnisses der Rechtsbehelfe bei Leistungsstörungen nach (damaligem) Sekundärrecht siehe Remien, in: Schulze/Schulte-Nölke/Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 147 ff. 846  Lando, in: Hartkamp u. a. (Hrsg.), Towards a European Civil Code, S. 505, 506 ff.; ebenso Schmidt-Kessel, in: Schulze (Hrsg.), New Features in Contract Law, S. 183, 187; ­Magnus, ZEuP 2007, 260, 270 f.; allgemein auch Zoll, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 195, 201 ff. m. w. N.; zur rechtsvergleichenden Betrachtung des Erfüllungsanspruchs auch Remien, in: Schulze/Schulte-Nölke/Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 141 f. 847 Ebenso Magnus, ZEuP 2007, 260, 271 f.; dazu auch Remien, in: Schulze/Schulte-­ Nölke/Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 141 f. 848 Vgl. zur Übereinstimmung mit dem GEK‑Vorschlag Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/­ Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 231.

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Vierter Teil: Sanktionen

(lit. a)) oder diejenigen Eigenschaften aufzuweisen und diejenige Tauglichkeit zu besitzen, welche der Käufer vernünftigerweise und für gewöhnlich erwar­ ten kann (lit. f )).849 Hierbei soll es sich um Standardregeln zur Vertragsmäßig­ keit handeln, die aufgrund der Verknüpfung „und“ zwischen Art. IV.A. – 2:302 lit. e) und lit. f.) DCFR wohl kumulativ gelten.850 Die Vorschrift ist zudem ab­ dingbar, d. h. den Parteien steht es grundsätzlich frei, die genannten Kriterien zu modifizieren, für B2C‑Verträge ist dies jedoch nur eingeschränkt unter bei Einhaltung der Grenzen abweichender Vereinbarungen gem. Art. IV.A. – 2:309 DCFR möglich.851 Schließlich ist gem. Art. IV. A. – 2:308 DCFR ebenso wie nach deutschem Recht der Gefahrübergang als maßgeblicher Zeitpunkt für die Vertragsmäßigkeit anzusehen. Für Verbraucherkaufverträge ist in Art. IV. A. – 2:308 Abs. 2 DCFR eine Beweislastumkehr ähnlich § 477 BGB n. F. und Art. 5 Abs. 3 VerbrGKRL vorgesehen, demnach wird bei Auftreten eines Mangels in­ nehrhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang das Vorliegen des Mangels be­ reits zu diesem Zeitpunkt vermutet. Nach Art. IV.A. – 4:301 DCFR ist der Käufer innerhalb angemessener Frist zur Untersuchung der Ware verpflichtet, um eventuelle Mängel zu erkennen. Kommt er dieser Pflicht nicht nach und unterlässt er die nach Art. IV.A. – 4:302 DCFR vorgesehene Mitteilung an den Verkäufer, so kann er sich nicht auf die Mängelrechte berufen.852 Diese Verpflichtung betrifft jedoch nur Unterneh­ mer, auf B2C‑Kaufverträge findet diese Untersuchungs- und Mitteilungspflicht keine Anwendung (vgl. Art. IV. A. – 4:301 Abs. 4 und Art. IV.A. – 4:302 Abs. 1 DCFR), hier wird also die einheitliche Konzeption des Kaufrechtssektors im DCFR deutlich.

3.  Besonderheiten für Rechtsbehelfe des Verbrauchers bei Verbraucherkaufverträgen Die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung ergänzende bzw. modifizierende Vor­ schriften für Verbraucherkaufverträge sind in Kapitel 4 (Rechtsbehelfe), Ab­ schnitt 1 des vierten Buchs vorgesehen.853 Im Gegensatz zu der im unterneh­ 849 Vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 2:302, S. 1283 f. 850  So auch von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 2:302, S. 1285; so wohl auch Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Ent­ wurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 233, auch wenn diese auf Art. IV.A. – 2:301 DCFR Bezug nimmt. 851 Siehe von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 2:302, S. 1284; eingehend zu Art. IV. A. – 2:309 DCFR ebd., S. 1315 ff. 852  Ähnlich § 377 HGB. 853  Ein Verbraucherkaufvertrag im Sinne des Buches IV DCFR ist nach Art. IV.A. – 1:204 DCFR ein Kaufvertrag, bei dem der Verkäufer ein Unternehmer und der Käufer ein Verbrau­ cher ist; zu den Ergänzungen siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 4: 201 DCFR, S. 1340 ff.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte295

merischen Geschäftsverkehr intendierten hohen Bestimmtheit und schnellen Handlungsfähigkeit sollen die, wenn auch wenigen, vorgesehenen Abweichun­ gen einen höheren Schutz für Verbraucher gewährleisten, die eine mangelhaf­ te Ware erhalten haben.854 Die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung sowie die speziellen verbraucherschützenden Vorschriften in Verbraucherkaufverträgen sind daher zwingend, vgl. Art. IV. A. – 4:101 DCFR.855 Art. IV.A. – 4:201 DCFR modifiziert die allgemeinen Voraussetzungen des Rücktritts nach Art. III. – 3:501 ff. DCFR und gewährt dem Verbraucher ein er­ weitertes Rücktrittsrecht.856 Demnach kann der Käufer in einem Verbraucher­ kaufvertrag aufgrund Nichterfüllung wegen jeder Vertragswidrigkeit zurück­ treten, sofern diese nicht geringfügig ist, während ansonsten eine wesentliche Nichterfüllung vorausgesetzt wird. Der Wortlaut dieser Bestimmung erscheint jedoch nicht gänzlich klar, da pauschal von einer Nichterfüllung die Rede ist. Aus dem Zusatz, ein Rücktritt soll wegen jeder nicht nur geringfügigen Ver­ tragswidrigkeit möglich sein sowie aus der Normüberschrift „Rücktritt durch den Verbraucher bei Vertragswidrigkeit“ ergibt sich jedoch die fehlende Ver­ tragsmäßigkeit als Voraussetzung. Dementsprechend soll auch laut den Com­ ments zu dieser Vorschrift maßgeblicher Bezugspunkt des Rechtsbehelfs die Mangelhaftigkeit der Ware sein, sodass bei anderen Pflichtverletzungen wie z. B. der Nichtleistung die Rechtsmittel in Kapitel 3 des Buchs III einschlägig sind.857 Die Beschränkung des Schadensersatzanspruchs stellt hingegen keine Mo­ difikation des Rechtsbehelfs auf Schadensersatz des Verbrauchers dar, da dieser nur Kaufverträge betrifft, in welchen der Verbraucher als Verkäufer fungiert.

4.  Anwendbarkeit der Rechtsbehelfe für zum Vertragsbestandteil gewordene Äußerungen Eine vorvertragliche Verletzung der Informa­tions­pflichten kann neben dem Verweis des Art. II. – 3:109 Abs. 2 S. 2 DCFR ferner eine Anwendbarkeit der genannten Rechtsbehelfe begründen, indem auch der DCFR ähnlich der VerbrGKRL eine Bindung des Verkäufers an bestimmte vorvertragliche Äu­ ßerungen vorsieht. Gem. Art. IV.A. – 2:303 DCFR müssen die Waren, in Zu­ sammenspiel mit den in Art. IV.A. – 2:301 und 302 DCFR enthaltenen Anfor­ 854  von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 4:101, S. 1335. 855 So von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 4:101, S. 1335; unter Berücksichtigung des acquis ist dies nur folgerichtig, ebenso Magnus, ZEuP 2007, 260, 269 f. 856 Siehe von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 4:201, S. 1340, 1342. 857 So von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 4:201, S. 1340.

296

Vierter Teil: Sanktionen

derungen an die Vertragsmäßigkeit858 die Eigenschaften und die Tauglichkeit besitzen, die sie nach jeder i. S. v. Art. II. – 9:102 DCFR zum Vertragsbestandteil gewordenen Äußerungen von Personen als früheren Gliedern der Geschäftsket­ te, des Herstellers oder dessen Stellvertreter über besondere Merkmale haben sollen. Die Vorschrift behandelt demnach die Frage der vertraglichen Haftung des Verkäufers für Äußerungen Dritter, welche z. B. im Rahmen von Werbung erfolgt sind.859 Diese im Kontext des vierten Buchs „Sales“ verortete Bestim­ mung verweist auf die vorvertraglichen, zum Vertragsinhalt gewordenen Äu­ ßerungen des Art. II. – 9:102 DCFR und fungiert somit ausweislich der Com­ ments als Erinnerung,860 was wohl im Sinne von Klarstellung zu verstehen ist. Die Einschränkung des Art. IV. A. – 2:303 DCFR auf Äußerungen Dritter wird jedoch teilweise als zu restriktiv kritisiert, da der Verkäufer demnach nicht für eigene Werbeaussagen einstehen müsse.861 In diesem Fall würde nur ein gerin­ ger Anwendungsbereich der Rechtsbehelfe im Hinblick auf die zum Vertrags­ bestandteil gewordenen vorvertraglichen Informationen nach Art. IV.A. – 2:303 DCFR bestehen, was unter dem Gesichtspunkt des angestrebt hohen Verbrau­ cherschutzes eher negativ zu werten wäre. Allerdings ist die in den Kommen­ tierungen enthaltene Verweisung respektive Einordnung als Erinnerung in dem Sinne zu verstehen, dass vorvertragliche Äußerungen grundsätzlich zum Ver­ tragsinhalt werden und Art. IV. A. – 2:303 DCFR explizit die Verantwortlichkeit (auch) für Äußerungen Dritter statuiert. In jedem Fall ist die Regelung der Ein­ beziehung vorvertraglicher Informationen missverständlich und bedarf einer Klarstellung.

5. Konkurrenzen In welchem Verhältnis die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung nach Art. III. – 3:101 ff. DCFR zu den speziell geregelten Sanktionen wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung stehen, ergibt sich aus Art. II. – 3:109 Abs. 2 und Abs. 3 DCFR. Ist ein Vertrag geschlossen, so werden bei Vorliegen der Voraus­ setzungen des Art. II. – 3:109 Abs. 2 DCFR die allgemeinen Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung für anwendbar erklärt. Unabhängig vom Abschluss des Vertrags sieht der DCFR für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen aber auch einen Schadensersatzanspruch vor. Gem. Art. II. – 3:109 Abs. 3 S. 2 DCFR findet dieser Anspruch keine Anwendung, soweit ein Rechtsbehelf 858 Siehe oben, S. 293 ff.; dazu von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 2:302, S. 1283. 859 Eingehend dazu von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 2:303, S. 1296. 860  von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume II, Comments zu Art. IV.A. – 3:303, S. 1296. 861  So z. B. Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein op­ tionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 232.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte297

wegen Nichterfüllung einer vertraglichen Verpflichtung im Sinne des vorigen Absatzes 2 besteht. Folglich sind insbesondere für die Fälle des Vertragsschlus­ ses die Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung als vorrangig anzusehen.862 Hin­ sichtlich des Verhältnisses der einzelnen Rechtsbehelfe wegen Nichterfüllung können nach der Vorschrift des Art. III. – 3:102 DCFR Rechtsbehelfe grund­ sätzlich nebeneinander geltend gemacht werden, sofern diese vereinbar sind.863 Folglich ist eine Kumulation von Rechtsbehelfen – sofern miteinander verein­ bar – auch dann möglich, wenn diese als Sanktion für vorvertragliche Informa­ tions­pflichtverletzungen nach den genannten Voraussetzungen anwendbar sind.

IV. GEK‑Vorschlag Eine Anwendung kaufrechtlicher Rechtsbehelfe als Rechtsfolge einer vorver­ traglichen Informa­tions­pflichtverletzung kommt auch nach den Vorschriften des GEK‑Vorschlags in Betracht.864 Bestimmungen zu Verpflichtungen und Ab­ hilfen der Parteien eines Kaufvertrags sind in Teil IV, Art. 87 ff. des GEK‑Vor­ schlags vorgesehen.865 Den besonderen Regelungen des Kaufrechts (Art. 91 ff. GEK‑Vorschlag) werden zunächst allgemeine Bestimmungen vorangestellt (Art. 87 ff. GEK‑Vorschlag).866 Grundsätzlich erinnert dies an die Konzepti­ on eines allgemeinen Leistungsstörungsrechts wie im BGB oder DCFR. Aller­ dings fällt zum einen der Umfang der allgemeinen Regelungen aufgrund der Kaufrechtsspezifität des GEK‑Vorschlags relativ gering aus, zum anderen ste­ hen diese allgemeinen Bestimmungen bereits unter dem Titel der Abhilfen des Kaufrechts, sodass die Konzeption nicht hinlänglich klar erscheint.867 Ob der GEK‑Vorschlag als geplantes einheitliches Regelwerk für Kaufverträge aller­ dings tatsächlich wie teilweise gefordert eines abstrahierten allgemeinen Re­ gelungskomplexes der Leistungsstörungen bedarf,868 erscheint nicht überzeu­ 862  So wohl von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. II. – 3:109, S. 237. 863  Näher dazu die Kommentierung von von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments zu Art. III. – 3:102 DCFR; für eine Kumulation vereinbarer Rechtsbehelfe auch Magnus, ZEuP 2007, 260, 269. 864  Vgl. Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 29 GEK‑E, Rn. 30 ff. 865 Eingehend zu der Regelungssystematik und den am Aufbau des CISG orientierten kaufrechtlichen Bestimmungen Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 91 ff. GEK‑E, Rn. 5 ff; ferner Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 716 ff.; den Begriff der Ab­ hilfen anstelle von Rechtsbehelfen als unklare Formulierung kritisierend Budde/Eckhoff, in: Hahn (Hrsg.), GEK, S. 113, 120. 866 Vgl. Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel/Kramme, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 87 ff. GEK‑E, Rn. 1 ff.; ferner zur Regelungssystematik Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑ Kommentar, Vorbem. zu Art. 91 ff. GEK‑E, Rn. 5 ff. 867  Kritisch daher Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel/Kramme, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 87 ff. GEK‑E, Rn. 1 ff. 868 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel/Kramme, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 87 ff. GEK‑E, Rn. 9.

298

Vierter Teil: Sanktionen

gend. Die Spezialisierung auf das Kaufrecht stellt gerade einen bedeutenden Unterschied zu umfassenden Zivilrechtskodifikationen wie dem BGB oder dem ebenfalls thematisch weitreichenden Referenztext DCFR dar und macht inso­ weit einen separaten allgemeinen Teil verzichtbar.869 Entsprechend der Kon­ zeption sind die Abhilfen des Käufers in Art. 106 ff. GEK‑Vorschlag geregelt.

1.  Wesentliche Anwendungsvoraussetzungen der Gewährleistungsrechte nach dem GEK‑Vorschlag In den Art. 99 ff. GEK‑Vorschlag werden die Voraussetzungen der Vertrags­ mäßigkeit der Ware bestimmt. Gem. Art. 99 Abs. 1 GEK‑Vorschlag sind Waren vertragsgemäß, wenn kumulativ drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die Waren in Menge, Qualität und Art den Anforderungen des Vertrags entsprechen (lit. a)), hinsichtlich Behältnis oder den Verpackungen den Anforderungen des Vertrags entsprechen (lit. b)) und den Anforderungen des Vertrags entsprechend mit sämtlichem Zubehör, Montageanleitungen oder anderen Anleitungen geliefert werden (lit. c)). Somit bestimmt sich die Vertragsmäßigkeit maßgeblich nach Menge, Qualität und Art der Ware.870 Soweit die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben, müssen die Waren zudem gem. Art. 99 Abs. 2 GEK‑Vorschlag den Anforderungen der Artt. 100 bis 102 GEK‑Vorschlag ge­ nügen. Sofern eine Vereinbarung über die Vertragsmäßigkeit getroffen wurde, kommt dieser regelmäßig Vorrang zu.871 Übereinstimmend mit dem DCFR legt daher auch der GEK‑Vorschlag grundsätzlich den subjektiven Fehlerbegriff zu Grunde.872 Eine Abweichungsmöglichkeit besteht bspw. für Verbraucherverträge, wel­ che jedoch durch die Vorgaben des Art. 99 Abs. 3 und 4 GEK‑Vorschlag deut­ lich eingeschränkt wird.873 Nach Art. 99 Abs. 3 GEK‑Vorschlag ist eine abwei­ 869  Daher überzeugender die insoweit unkritische Erläuterung der Regelungssystematik von Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Vorbem. zu Art. 91 ff. GEK‑E, Rn. 5 ff. 870 Vgl. zur sekundärrechtlichen Bestimmung der Vertragsmäßigkeit der Ware Art. 2 VerbrGKRL; ferner den Sachmangelbegriff des § 434 BGB, welcher zunächst subjektiv auf die vereinbarte Beschaffenheit abstellt (Abs. 1 S. 1), und bei Fehlen einer solchen auf ob­ jektive Umstände (Abs. 1 S. 2), Montagefehler bzw. fehlerhafte Montageanleitung (Abs. 2), sowie Falsch- und Minderlieferung (Abs. 3), dazu z. B. Palandt/Weidenkaff, § 434 BGB, Rn. 1; PWW/Schmidt, § 434 BGB, Rn. 6 f.; dazu auch MüKo BGB/Faust, § 434 BGB, Rn. 6 ff.; HkBGB/Saenger, § 434 BGB, Rn. 1 ff.; siehe ferner Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 724 f. 871 Siehe auch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), S. 161, 163, Rn. 4; ebenso Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales euro­ päisches Kaufrecht, S. 229, 244; Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 99 GEK‑E, Rn. 5; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 99 CESL, Rn. 3, spricht der Parteivereinbarung herausragende Bedeutung zu. 872  Vgl. Art. IV.A.-2:301 DCFR; so Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 231; Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 99 GEK‑E, Rn. 5; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 99 CESL, Rn. 3 m. w. N. 873 Vgl. Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 99 GEK‑E, Rn. 5; Schulze/



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte299

chende Vereinbarung in B2C‑Verträgen nur möglich, wenn dem Verbraucher der „besondere Umstand der Ware“ zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses be­ kannt war und er die Waren in diesem Moment als vertragsgemäß akzeptiert hat. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund eines in Verbraucherverträgen nicht zulässigen Haftungsausschlusses zu sehen, der in Art. 108 GEK‑Vor­ schlag geregelt ist.874 Über den Umweg einer zu weitgehenden vorrangigen Beschaffenheitsvereinbarung soll der Verbraucher im Ergebnis nicht wie bei einem solch rechtswidrigen Ausschluss gestellt sein.875 Insofern wird von Vertretern der Literatur überzeugend und entscheidend auf den Unterschied zwischen Haftungsausschluss- bzw. beschränkung und Beschaffenheitsver­ einbarung abgestellt. Während der Verbraucher sich im Hinblick auf den „Ver­ tragserfolg“ bei Beschaffenheitsvereinbarungen konkret mit den gewünschten Waren und dem entsprechenden Preis befasst, birgt eine auf die Zukunft ge­ richtete Haftungsbeschränkung die Gefahr nicht hinreichender Beachtung in­ sofern, als dass der Verbraucher darauf vertraut, eine Haftung nicht geltend machen zu müssen.876 Durch die Regelung des zwingenden Charakters der ge­ nannten Vorschriften, erscheint der Verbraucherschutz durch die Unzulässig­ keit des Haftungsausschlusses im Vorfeld der Mangelmitteilung ausreichend und vorzugswürdig.877 Auffällig ist die positive Formulierung der Vertragsmäßigkeit, im Gegen­ satz zu der entsprechenden Bestimmung in Art. IV. A. – 2:301 DCFR,878 welche von Teilen der Literatur gegen eine Vermutung der fehlenden Vertragsmäßig­ Zoll, CESL Commentary, Art. 99, Rn. 27; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 724; den Konflikt zwischen den einzelnen Kriterien des Art. 100 GEK‑E und Art. 99 Abs. 3 GEK‑E kritisierend Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäi­ sches Kaufrecht S. 229, 244; dies hingegen weniger kritisch betrachtend Faust, in: Remien/ Herrler/Limmer (Hrsg.), S. 161, 163, Rn. 5. 874  Der zwingende Charakter der Verbraucherverträge wird in Art. 108 GEK‑Vorschlag bestimmt, demnach dürfen die Vorschriften des Kapitels 11 nicht zum Nachteil des Verbrau­ chers ausgeschlossen oder modifiziert werden, bevor der Verbraucher dem Unternehmer die Vertragswidrigkeit zur Kenntnis gebracht hat. Auch nach deutschem Recht sind Haftungsaus­ schlüsse bei Verbrauchsgüterkäufen nur unter Einhaltung der in § 475 BGB a. F., inzwischen § 476 BGB n. F. normierten Grenzen zulässig (Umsetzung des Art. 7 Abs. 1 VerbrGKRL), vgl. z. B. Palandt/Weidenkaff, § 476 BGB, Rn. 1 ff. Beschaffenheitsvereinbarungen können je­ doch grundsätzlich nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB getroffen werden; insgesamt hierzu Faust, in: ­Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), S. 161, 171, Rn. 24. 875 Vgl. Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht für die EU?, S. 161, 171, Rn. 24. 876 Überzeugend Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 171, Rn. 24; mit Verweis auf entsprechende Ausführungen zum deutschen Recht, allgemein zur Abgrenzung zulässiger Beschaffenheitsvereinbarung und Um­ gehung der Gewährleistung beim Verbrauchsgüterkauf Schinkels, ZGS 2003, 310 ff.; ferner Soyka, Der Verbrauchsgüterkauf, S. 162 ff. 877  Dies auch zum deutschen Recht vertretend z. B. Schinkels, ZGS 2003, 310, 316. 878  Vgl. Wortlaut des Art. IV.A.-2:301 DCFR (Conformity with the contract): „The goods do not conform with the contract, unless they […]“.

300

Vierter Teil: Sanktionen

keit sprechen soll.879 Ob eine solche Auslegung notwendig ist, erscheint frag­ würdig, da es zum einen an einer positiven Vermutungsregelung fehlt. Zum anderen fordert Art. 105 Abs. 1 GEK‑Vorschlag die fehlende Vertragsgemäß­ heit zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs, mit anderen Worten ab diesem Zeit­ punkt wird grundsätzlich dem Käufer die Beweislast für die Mangelhaftigkeit der Kaufsache auferlegt.880 Lediglich für Verbraucherverträge ist eine zeitlich begrenzte Beweislastumkehr vorgesehen.881 Mit Ausnahme der für B2C‑Ver­ träge zu beachtenden Einschränkungen geht der GEK‑Vorschlag grundsätzlich von einem subjektiven und vorrangigen Fehlerbegriff aus, was überwiegend als Fortschritt gegenüber dem Fehlerbegriff des DCFR (Art. IV. A. – 2:301 lit. d) DCFR)882 als auch der Vorgabe der VerbrGKRL gesehen wird.883 Dies wird vor allem aus deutscher Perspektive zu begrüßen sein, da der Ansatz der nach § 434 BGB grundsätzlich vorrangigen Beschaffenheitsvereinbarung (s. o.) ähnelt.884 Abgesehen von den zu Recht kritisierten Unzulänglichkeiten des Art. 99 GEK‑Vorschlag erscheint der Ansatz insgesamt vorzugswürdig, da somit der Parteiautonomie hinreichend Rechnung getragen und mit den für Verbraucher­ verträgen vorgesehenen Restriktionen das notwendige Schutzniveau gewähr­ leistet werden kann.

2.  Anwendbarkeit der Abhilfemöglichkeiten des Käufers bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung Vorvertraglich abgegebene Erklärungen können nach den Vorgaben des GEK‑Vorschlags unter Umständen in den Vertrag einfließen, als diese zu ein­ bezogenen Vertragsbestimmungen werden können und somit der Konkretisie­ rung der Vertragsmäßigkeit der Waren885 dienen können.886 879  880 

Rn. 4.

So z. B. Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 723. Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 723; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 105 CESL,

881  Die sechsmonatige Vermutung bei B2C‑Verträgen entspricht im Wesentlichen den Re­ gelungen des Art. 5 Abs. 3 der VerbrGKRL und § 477 BGB n. F. sowie Art. IV.A.-2:308 DCFR; vgl. hierzu auch Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 105 GEK‑E, Rn. 3 f., aller­ dings insbesondere kritisierend, dass die Vorschrift keine Lösung für diverse, in der Vergan­ genheit entstandene Anwendungsprobleme vorsieht. 882 So Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optiona­ les europäisches Kaufrecht, S. 229, 233 f.; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 724. 883  Von einer „völlig missglückten Regelungstechnik der VerbrGKRL“ sprechend Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 163, Rn. 4. 884 So Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optiona­ les europäisches Kaufrecht, S. 229, 233 f. 885  Die Bestimmungen gelten grundsätzlich sowohl für Waren als auch für digitale Inhal­ te, auf letztere wird aufgrund der Begrenzung der Untersuchung (s. o.) jedoch im Folgenden nicht explizit hingewiesen. 886  So auch Schmidt-Kessel/Looschelders/Mankowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 1.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte301

a)  Art. 100 lit. f) GEK‑Vorschlag Während Art. 99 GEK‑Vorschlag die wesentlichen Voraussetzungen statuiert, sieht Art. 100 GEK‑Vorschlag eine Liste von sieben Kriterien zur Konkretisie­ rung der Vertragsmäßigkeit der Waren vor.887 Inhaltlich folgt Art. 99 GEK‑Vor­ schlag zwar grundsätzlich auch dem subjektiven Fehlerbegriff,888 verweist aber abweichend zu Art. IV.A. – 2:301 DCFR nur subsidiär auf die Voraussetzungen der Vertragsmäßigkeit nach Art. 100 und 101 GEK‑Vorschlag, soweit die Par­ teien keine andere Vereinbarung getroffen haben.889 Das Regelungsverhältnis der Art. 99 und 100 GEK‑Vorschlag erscheint nicht hinreichend klar und wird daher zu Recht als wenig geglückt beschrieben.890 Als Vorbilder des Art. 100 GEK‑Vorschlag sind Art. 2 Abs. 2 VerbrGKRL sowie Art. IV.A. – 2:302 DCFR zu nennen.891 Auch wenn das Verhältnis der einzelnen Kriterien zueinander in Art. 100 GEK‑Vorschlag nicht geregelt ist, ist grundsätzlich von einer kumulati­ ven Geltung auszugehen. Dafür spricht insbesondere der Wortlaut, nämlich die Konjunktion „und“ zwischen lit. f ) und lit. g).892 Nach dem GEK‑Vorschlag können auch vorvertragliche Äußerungen auf die Vertragsmäßigkeit der Waren von Einfluss sein.893 So nimmt Art. 100 lit. f ) GEK‑Vorschlag explizit auf vorvertragliche Erklärungen Bezug, indem Waren 887  Eingehend dazu Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 100 GEK‑E, Rn. 1; Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales euro­ päisches Kaufrecht, S. 229, 231 ff.; siehe auch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 725 ff; Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 163, Rn. 4. 888 Vgl. Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 99 GEK‑E, Rn. 5; Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 231; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 99 CESL, Rn. 3, 26; Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 170, Rn. 23. 889  Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 233. 890  Näher dazu Remien, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kauf­ recht?, S. 307, 319. 891 So auch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 727; Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kom­ mentar, Art. 100 GEK‑E, Rn. 1; eine Parallele zu Art. IV.A.-2:302 DCFR ziehend auch Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 231; von einem erfreulichen Fortschritt ggü. der „missglückten Regelungs­ technik der VerbrGüterKRL“ sprechend, welche lediglich widerlegbare Vermutungen hinsicht­ lich der Vertragsmäßigkeit aufstellt, Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 163, Rn. 4. 892  Für eine solche Kumulation unter Hinweis auf den Comment zu der ähnlichen Re­ gelung des Art. IV.A.-2:302 DCFR auch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemein­ sames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 163, Rn. 5; Lorenz, in: AcP 212 (2012), S. 702, 725; Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 100 GEK‑E, Rn. 1; kritisch jedoch Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 235 f. 893  Dies enthält Art. IV.A. – 2:302 DCFR zwar nicht als Kriterium, dennoch findet sich eine ähnliche Haftungserweiterung für Äußerungen Dritter in der gesonderten Vorschrift des

302

Vierter Teil: Sanktionen

diejenigen Eigenschaften und Tauglichkeit besitzen müssen, die in einer vor­ vertraglichen Erklärung im Sinne des Art. 69 GEK‑Vorschlag angegeben sind (dazu sogleich unter b). Als praktisches Beispiel werden hier wohl vor allem Werbeaussagen erfasst sein894 in Bezug auf die Eigenschaften der Waren. Im DCFR findet sich wie zuvor erörtert eine ähnliche Bestimmung über Äußerun­ gen Dritter, allerdings eigenständig geregelt in Art. IV. A. – 2:303 DCFR.895 Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch darin, dass Art. 100 lit. f ) GEK‑Vor­ schlag keine solche Einschränkung auf Äußerungen Dritter vorsieht. Dies ist aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen, da demzufolge auch eine Haftung des Verkäufers für eigene Werbeaussagen besteht, sofern diese zum Vertrags­ inhalt im Sinne des Art. 69 GEK‑Vorschlag geworden sind.896 Ist die Ware ent­ sprechend der vorvertraglichen Erklärungen des Unternehmers nicht vertrags­ gemäß, so können dem Käufer die in Art. 106 GEK‑Vorschlag vorgesehenen Gewährleistungsrechte zustehen.897 Dieser Ansatz entspricht somit den zuvor skizzierten Regelungen des nationalen deutschen Rechts als auch des DCFR.898

b)  Art. 69 GEK‑Vorschlag Wann und unter welchen Voraussetzungen vorvertragliche Erklärungen zu Bestimmungen eines Vertrags werden können, regelt Art. 69 GEK‑Vorschlag in vier Absätzen. Aus der Bezugnahme auf vorvertragliche Erklärungen und dem Verweis des Art. 100 lit. f ) GEK‑Vorschlag (dazu zuvor unter a) lässt sich die Intention des Art. 69 GEK‑Vorschlag ableiten, das Kriterium der Vertrags­ mäßigkeit der Ware zu konkretisieren.899 So sieht Art. 69 Abs. 1 GEK‑Vor­ schlag vor, dass vorvertragliche Erklärungen des Unternehmers, welche er ge­ genüber der anderen Partei oder öffentlich über die Eigenschaften der nach Art. IV.A. – 2:303 DCFR; vgl. dazu Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 166, Rn. 14 ff. 894  Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 232; Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 100 GEK‑E, Rn. 7; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 101 CESL, Rn. 14. 895  Dieser verweist auf Art. II. – 9:102 DCFR (Bestimmte vorvertragliche Erklärungen, die als Vertragsinhalt angesehen werden); vgl. von Bar/Clive (Hrsg.), DCFR Full Edition, Vo­ lume II, Art. IV.A. – 2:303, S. 1296 ff; die Bestimmung des Art. IV.A. – 2:303 DCFR aufgrund der Beschränkung auf Äußerungen Dritter als missverständlich bezeichnend Gsell, in: Schul­ te-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 232. 896  Dies begrüßend Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 229, 232. 897 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 18 mit Verweis auf Staudinger/Matusche-Beckmann (2013), § 434 Rn. 98; Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 6; Staudenmayer, NJW 2011, 3491, 3497; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 727 f. 898  S. o. in diesem vierten Teil, Abschnitte G. II. und III. 899 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 1.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte303

dem Vertrag zu liefernden Sache abgibt, zum Inhalt des Vertrags werden kön­ nen.900 Ähnliche Bestimmungen finden sich in Art. II.  – 9:102 Abs. 2 bis 4 DCFR.901 Ferner bestehen gewisse Entsprechungen zur Frage der Vertrags­ mäßigkeit in Art. 2 Abs. 2 lit. a), d), sowie den Abs. 3 und 4 der VerbrGKRL.902 In der Regel sind daher sämtliche Erklärungen des Unternehmers über die Ei­ genschaften der Vertragsleistung als vertragliche Bestimmung anzusehen, so­ fern diese Erklärung vor Abschluss des Vertrags erfolgt ist903 und keine der in Art. 69 Abs. 1 Hs. 2 lit. a) und b) des GEK‑Vorschlag vorgesehenen Aus­ nahmen greift. Eine vorvertragliche Erklärung wird demnach nicht Vertrags­ bestandteil, wenn die andere Partei positive Kenntnis von der Unrichtigkeit der Erklärung hatte oder von der Unrichtigkeit hätte wissen müssen (Art. 69 Abs. 1 Hs. 2 lit. a GEK‑Vorschlag).904 Probleme wirft diese Ausnahme bzgl. des Kriteriums des Wissenmüssens auf, insbesondere im Hinblick auf die damit verbundene Beweislast.905 Insofern wird zu Recht eine restriktive Aus­ legung dieser Ausnahme in Anlehnung an die Erläuterungen zu Art. II. – 9:102 Abs. 2 lit. a) DCFR gefordert.906 Ferner fehlt es an einer Einbeziehung in den Vertrag, wenn die Erklärung auf die Entscheidung für den Vertragsschluss keinen Einfluss hatte, Art. 69 Abs. 1 lit. b) GEK‑Vorschlag. Das erscheint konsequent, da man in diesem Fall auch nicht von einer relevanten Vertragsbestimmung reden kann. Allerdings ist insoweit Zurückhaltung geboten, als diese Ausnahme nicht bereits greifen soll, wenn ein Nachweis der konkreten Kausalität für den Abschluss des Ver­ trags nicht gelingt.907 Dies erscheint einerseits aufgrund des Ausnahmecharak­ ters der Bestimmung, andererseits aufgrund des Wortlauts, dass die Erklärung die Entscheidung zum Vertragsschluss nicht beeinflussen „konnte“, folgerich­ 900 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 1; siehe auch Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 5. 901  Eingehend dazu Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 2; siehe auch Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 2. 902 Während Art. 2 Abs. 2 lit. a) und insbesondere lit. d) eine Vermutung der Vertrags­ mäßigkeit der Verbrauchsgüter vorsieht, finden sich in den Abs. 3 und 4 ähnliche Bestimmun­ gen zu den in Art. 69 Abs. 1 Hs. 2 CESL vorgesehenen Ausnahmen; so auch Schmidt-Kessel/ Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 2. 903 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 6. 904  Eingehend dazu Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 8 ff. 905 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art.  69 GEK‑E, Rn. 9 ff.; ebenso Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 13; Herresthal, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 85, 128. 906 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 11. 907  So auch Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 13 m. w. N.; nach a. A. sollte die tatsächlich erfolgte Beeinflussung maßgeblich sein, Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 166 f., Rn. 15.

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Vierter Teil: Sanktionen

tig,908 vor allem, da dem Verkäufer der Nachweis nur schwer möglich sein wird.909 Darüber hinaus differenziert Art. 69 GEK‑Vorschlag in den weiteren Absät­ zen zwischen allgemeinen Verträgen (Abs. 2) und Verträgen mit Verbraucher­ beteiligung, d. h. B2C‑Geschäften (Abs. 3 und 4).910 Folglich umfasst der An­ wendungsbereich der Vorschrift grundsätzlich B2B- und B2C‑Verträge. Nach Art. 69 Abs. 2 GEK‑Vorschlag gilt eine Erklärung einer im Auftrag des Unter­ nehmers mit Werbung oder Vermarktung betrauter Person als durch den Unter­ nehmer abgegeben, sodass dessen Einstandspflicht somit erweitert wird.911 Für Verträge mit Verbraucherbeteiligung sieht Art. 69 Abs. 3 GEK‑Vorschlag eine erneute Haftungserweiterung insofern vor, als dass sich der Unternehmer auch öffentliche Erklärungen zurechnen lassen muss, die zeitlich vor Vertragsschluss von dem Hersteller oder in dessen Auftrag oder einer anderen Person abge­ geben wurden.912 Unglücklicherweise erscheint die weite Formulierung „oder einer anderen Person“ unklar und könnte zu Missverständnissen dahingehend führen, dass Unternehmer in Verbraucherverträgen für sämtliche öffentliche Äußerungen irgendeines Dritten einstehen müssten.913 Allerdings ist dies auf eine fehlerhafte Übersetzung zurückzuführen, denn wie sich unter Berücksich­ tigung der englischen Fassung („[…] a public statement made by or on behalf of a producer or other person in earlier links of the chain of transactions leading to the contract is regarded as being made by the trader unless […]“) und fran­ zösischen Fassung des GEK‑Vorschlags erkennen lässt, sollen tatsächlich nur in der Lieferkette dem Verkäufer vorgeschaltete Personen, wie beispielsweise Lieferanten, erfasst werden.914 Im Vergleich zu Art. 2 Abs. 2 lit. d) VerbrGKRL liegt hierin dennoch eine bedeutende Ausdehnung, da nach der Richtlinie neben 908 Ebenso wohl auch Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 13; a. A. bzw. zumindest kritisch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer, Ge­ meinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 167, Rn. 15. 909 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 13 m. w. N. zum deutschen Recht. 910  Siehe dazu Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 10 ff.; SchmidtKessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 19 ff. 911 Wobei neben unselbständigen Vertretern auch unabhängige Dritte, wie z. B. Werbe­ agenturen in Betracht kommen, so Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kom­ mentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 19, mit Verweis auf die Comments zum DCFR, von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Art. II – 9:102, S. 584. 912 Siehe dazu Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 20; Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 7. 913  Dies kritisierend auch Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 20; Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäi­ sches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 167, Rn. 16. 914 Vgl. wiederum Faust in Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäi­ sches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 167, Rn. 16; Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 20; Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 11; Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 728.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte305

Äußerungen des Verkäufers im Sinne von vorvertraglichen Erklärungen und Beschreibungen der Ware nur solche des Herstellers915 und deren Vertretern erfasst sein sollen.916 Diese Ausweitung ist übereinstimmend mit einigen Stim­ men der Literatur kritisch zu betrachten.917 Ein berechtigtes Schutzinteresse des Käufers an Erklärungen des Verkäufers oder des Herstellers ist ohne Ein­ schränkung zu bejahen. Darüber hinaus ist jedoch auch in B2C‑Verträgen kein Grund ersichtlich, warum Äußerungen vorhergehender Gehilfen eine Vertrags­ bestimmung i. S. d. Art. 69 GEK‑Vorschlags werden sollen, mit anderen Wor­ ten, warum der Käufer hieran ein schützenswertes Interesse haben sollte. Im Ergebnis kann diese Erweiterung beispielsweise bei langen Lieferketten mit verschiedenen Lieferanten zu unsachgemäßen Ergebnissen führen, die das be­ rechtigte Interesse und berechtigte Erwartungen des Käufers zu Lasten des Ver­ käufers übermäßig strapazieren.918 Maßgebliche Bedeutung ist daher wohl der Einschränkung des Art. 69 Abs. 3 Hs. 2 GEK‑Vorschlag zuzumessen, d. h. der fehlenden Kenntnis des Käufers von der Erklärung bei Vertragsschluss bzw. des Nichtkennenmüssens.919 Betrachtet man diese Formulierung aus deutscher Perspektive, so wäre wohl jede fahrlässige Unkenntnis als ausreichend zu er­ achten.920 Für eine Beschränkung auf Fälle grober Fahrlässigkeit könnte hin­ gegen der Wortlaut der englischen Fassung des Art. 69 Abs. 3 GEK‑Vorschlag sprechen, wonach es heißt: „did not know and could not have been expected to have known of it“, sprich es vom Verkäufer nicht erwartet werden konnte.921 Da in jedem Fall jedoch der Unternehmer die Beweislast für eine (unverschulde­ 915  „Hersteller“ i. S. d. Art. 1 Abs. 2 VerbrGKRL ist der Hersteller von Verbrauchsgütern, deren Importeur für das Gebiet der Gemeinschaft oder jede andere Person, die sich dadurch, dass sie ihren Namen, ihre Marke oder ein anderes Kennzeichen an den Verbrauchsgütern an­ bringt, als Hersteller bezeichnet. 916 Ebenso Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht für die EU?, S. 161, 167, Rn. 16; ähnlich auch Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 12. 917  Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 167, Rn. 16; ähnlich auch Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 12; gegen eine zu weitgehende Anwendung wohl auch Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 21. 918  Ähnlich und die erheblichen Haftungsrisiken des Verkäufers kritisierend auch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), S. 161, 166, Rn. 16. 919 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 21 und 20; i. E. wohl ebenso, ohne jedoch näher auf die Anforderungen des Kennenmüssens ein­ zugehen Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 167 f., Rn. 16. 920  Vgl. die in § 122 Abs. 2 BGB enthaltene Legaldefinition des Kennenmüssens: „[…] kannte oder infolge von Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen musste).“, welche im gesamten Privatrecht Geltung entfaltet, vgl. Palandt/Ellenberger, § 122 BGB, Rn. 5; Schmidt-Kessel/ Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 20. 921  Für eine grobe Fahrlässigkeit Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 11; unter Verweis hierauf, aber noch vorsichtig Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 20.

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Vierter Teil: Sanktionen

te) Nichtkenntnis trägt,922 wäre im Ergebnis eine Klarstellung aus Gründen der Rechtssicherheit wünschenswert.923 Vor allem im Falle fehlerhafter Information über die Produkteigenschaften kommt eine Geltendmachung der Gewährleistungsrechte in Betracht, d. h. wenn die Information falsch erteilt wird und der Käufer im Vertrauen darauf den Ver­ trag abschließt.924 Aufgrund der Bestimmung der Vertragsmäßigkeit in Art. 99 Abs. 1 GEK‑Vorschlag messen Teile der Literatur der Regelung des Art. 100 lit. f ) GEK‑Vorschlag kaum Bedeutung zu,925 andere erachten sie gar als über­ flüssig.926 Zudem wirft der zwingende Charakter des Art. 69 GEK‑Vorschlag in Verbraucherverträgen (Abs. 4) Fragen zum Verhältnis zu Art. 99 Abs. 2 und 3 GEK‑Vorschlag auf,927 welcher wie dargelegt eine abweichende Vereinbarung grundsätzlich zulässt. Teilweise wird daher eine Ausgliederung der grundsätz­ lich abdingbaren Haftung für vorvertragliche Äußerungen aus der Liste des Art. 100 GEK‑Vorschlag vorgeschlagen und eine selbständige Regelung gefor­ dert.928 Dies würde im Ergebnis der Systematik des DCFR entsprechen und wäre insofern als vorzugswürdig anzusehen, als die Haftung für vorvertragli­ che Äußerungen nicht durch abweichende Vereinbarungen abbedungen werden kann und das verbraucherschützende Institut vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten somit eine bedeutende Absicherung erfährt.

3.  Die Abhilfen des Käufers bei Pflichtverletzung des Verkäufers in Kaufverträgen Die sog. Abhilfen des Käufers sind in Kapitel 11 des GEK‑Vorschlags vorgese­ hen. In Art. 106 GEK‑Vorschlag findet sich zunächst eine Übersicht über die Abhilfen des Käufers bei Nichterfüllung einer Verpflichtung durch den Verkäu­ fer, deren Voraussetzungen durch die folgenden Vorschriften des Kapitels näher bestimmt werden. Diese Abhilfen können dann als Sanktion einer vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichtverletzung in Betracht kommen, wenn die fehlende 922 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky,

GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 20; ferner zu den Problemen der Beweislast des Art. 69 GEK‑E, Schulze/Kieninger, CESL Com­ mentary, Art. 69 CESL, Rn. 13. 923 Dies fordern auch Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 20; wohl auch Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), S. 161, 167 f., Rn. 16. 924  Vgl. dazu Staudenmayer, NJW 2011, 3491, 3497. 925  So z. B. Faust, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht für die EU?, S. 161, 167, Rn. 15. 926 Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 100 CESL, Rn. 14; Faust, in: Remien/Herrler/ Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 161, 166 f.; dies auf­ greifend, aber nicht bewertend Schmidt-Kessel/Remien, GEKR‑Kommentar, Art. 100 GEK‑E, Rn. 7. 927  So auch Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 100 CESL, Rn. 14; ferner Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), S. 229, 245 f. 928  So z. B. Gsell, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), S. 229, 246.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte307

Vertragmäßigkeit der Ware auf vorvertraglichen Erklärungen des Unternehmers beruht.929

a)  Vorgesehene Abhilfen des Käufers Hat der Verkäufer eine ihm obliegende Pflicht nicht erfüllt, so stehen dem Käu­ fer die in Art. 106 GEK‑Vorschlag genannten Abhilfen zu. Der Käufer kann nach Art. 106 Abs. 1 GEK‑Vorschlag Erfüllung930 verlangen (gem. den in Art. 110 ff. vorgesehenen Bestimmungen), die seinerseits zu erbringende Leis­ tung zurückbehalten (Abschnitt 4), den Vertrag bei wesentlicher Nichterfüllung beenden (Art. 114 ff.), Rückerstattung des bereits geleisteten Kaufpreises ver­ langen (nach den Vorschriften der Rückabwicklung in Kapitel 17, Art. 172 ff.), ferner steht ihm das Recht auf Minderung zu (Art. 120) sowie ein Anspruch auf Schadensersatz (gem. den Vorschriften des Kapitel 16, Art. 159 ff.). Vor dem Hintergrund des proklamierten Ziels, eine Übersicht über die Abhilfen des Käu­ fers zu bieten, ist Art. 106 GEK‑Vorschlag stets in Zusammenhang mit den ent­ sprechend genannten, konkretisierenden Bestimmungen zu sehen und weist somit nur begrenzt einen eigenständigen Regelungsgehalt auf.931 Die genannten im Falle der Nichterfüllung vorgesehenen Abhilfemöglich­ keiten finden sich in vielen Rechtsordnungen der europäischen Mitgliedstaa­ ten sowie in den Regelwerken der PECL und DCFR.932 Bedingt durch den auf bestimmte B2B‑Verträge erweiterten Anwendungsbereich, finden sich jedoch auch einige Unterschiede, indem die Regelungen des GEK‑Vorschlags in Bezug auf B2B‑Verträge auch Einflüsse der Prinzipien des CISG erkennen lassen.933 Für B2B‑Geschäfte sieht Art. 106 Abs. 2 GEK‑Vorschlag neben dem Heilungs­ recht des Verkäufers (nach Abschnitt 2) Prüfungs- und Mitteilungspflichten (nach Abschnitt 7) vor. Diese Sonderregelungen gelten gem. Art. 106 Abs. 3 GEK‑Vorschlag nicht für B2C‑Geschäfte, da nach Abs. 3 lit a) die Rechte des Käufers ungeachtet der Heilung der Nichterfüllung bestehen und nach Abs. 3 lit b) die Prüfungs- und Mitteilungspflichten gem. Abschnitt 7 keine Anwendung finden.934 929  930 

Dazu bereits oben, S. 302 ff. Im Gegensatz zum deutschen Recht, aber entsprechend den Regelungen des Art. III. – 3:101 DCFR sowie der Artt. 45, 46 CISG ist der Erfüllungsanspruch orientiert am Com­ mon-Law als Rechtsbehelf und nicht als vertraglicher Primäranspruch konzipiert, sodass die Geltendmachung erst bei Nichterfüllung des Verkäufers und bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen möglich ist, vgl. dazu Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 110 GEK‑E, Rn. 1. 931 Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 4; so wohl auch Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 106 CESL, Rn. 1, welcher diesem eine „mostly informative function“ zuspricht. 932 Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 5; siehe auch Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 106 CESL, Rn. 1; Magnus, ZEuP 2007, 260, 270 ff. 933  Eingehend dazu Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 106 CESL, Rn. 2. 934  Zu Recht wird in Teilen der Literatur angemerkt, dass die Vorschrift des Art. 106 Abs. 3

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Vierter Teil: Sanktionen

Der GEK‑Vorschlag hat sich somit bei B2B‑Verträgen für das Recht zur zweiten Andienung entschieden, ein solches aber für B2C‑Verträge nicht sta­ tuiert. In B2B‑Verträgen wird dem Verkäufer unter den Voraussetzungen des Art. 109 GEK‑Vorschlag ein Heilungsrecht zugestanden. Er hat demzufolge die Möglichkeit, nach nicht vertragsmäßiger Leistungserbringung auf seine Kosten die Leistung erneut und vertragsgemäß anzubieten. Zutreffend wird vertreten, dass dieses Heilungsrecht einschränkend nur für B2B‑Verträge vorgesehen ist (im Gegensatz zu Art. III. – 3:202 ff. DCFR) und zudem auf die Disponibilität des Heilungsrechts verwiesen.935 Insofern ist die Regelung in Art. 106 Abs. 3 lit. a) GEK‑Vorschlag „ungeachtet der Nichterfüllung durch den Verkäufer“ so auszulegen, dass der Verbraucher nicht verpflichtet ist, eine ihm angebotene Heilung anzunehmen, sondern vielmehr zwischen allen genannten Abhilfen frei wählen kann.936 Diese differenzierende Entscheidung des GEK‑Vorschlags durch Beschränkung des Heilungsrechts auf B2B‑Geschäfte ist überzeugend und soll dem angestrebten hohen Verbraucherschutzniveau Rechnung tragen, indem dem Verbraucher ein Wahlrecht eingeräumt wird und er frei zwischen den verschiedenen Abhilfemöglichkeiten wählen kann.937 Nicht selten er­ scheint es nämlich für den Verbraucher vorzugswürdig, den Vertrag beenden zu können und sich somit vor komplizierten grenzüberschreitenden Nach­ erfüllungsverhältnissen zu schützen.938 Folglich ist der im Vergleich zu Art. 3 Abs. 3 VerbrGKRL auf den Vorrang der Nacherfüllung für B2C‑Verträge ver­ zichtende Ansatz überzeugend, als der Verbraucher auch nach dem GEK‑Vor­ schlag ebenfalls zunächst die Möglichkeit hat, an dem Vertrag festzuhalten und Nacherfüllung zu verlangen. Er ist dazu aber nicht verpflichtet und kann statt­ dessen ebenso vom Vertrag zurücktreten. Diese Konzeption der Abhilfenrege­ lung des GEK‑Vorschlags erscheint insoweit trotz des leicht missverständlichen Wortlauts aus Verbraucherschutzgesichtspunkten überzeugend.

CESL überflüssig erscheint, da sich die Nichtanwendung auf B2C‑Verträge bereits im Um­ kehrschluss aus dem ausdrücklich auf B2B‑Verträge beschränkten Anwendungsbereich des Art. 106 Abs. 2 CESL ergibt, so Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 4. 935 Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art.  109 GEK‑E, Rn. 2; ferner Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 109 CESL, Rn. 3 f. 936 Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 6. 937  Zu dem Wahlrecht des Verbrauchers in Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 3 VerbrGKRL in diesem Sinne auch Remien, in: Schulze/Schulte-Nölke/Bernardeau (Hrsg.), Europäisches Vertragsrecht im Gemeinschaftsrecht, S. 139, 147; ebenfalls für eine freie Wahlmöglichkeit, den daraus resultierenden hohen Verbraucherschutzstandard aber als sachlich nicht gerecht­ fertigt kritisierend Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 7 m. w. N.; allgemein kritisch zum hohen Verbraucherschutzstandard des GEK‑Vorschlags ­Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 270. 938 Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 109 CESL, Rn. 4.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte309

b)  Wesentliche Voraussetzungen Grundvoraussetzung für die Geltendmachung der Abhilfen ist die Nichterfül­ lung im Sinne des Art. 87 GEK‑Vorschlag, hierunter fällt nach der in Abs. 1 enthaltenen Definition jegliches Ausbleiben der Erfüllung einer (vertraglichen) Verpflichtung, unabhängig davon, ob entschuldigt oder nicht.939 Nach den an dieser Stelle ferner aufgeführten Regelbeispielen fallen hierunter insbesondere die Nichtlieferung oder verspätete Lieferung von Waren, die Lieferung nicht vertragsgemäßer Waren sowie jede sonstige behauptete Erfüllung, die nicht vertragsgemäß ist. Übereinstimmend mit dem DCFR wird somit von einem einheitlichen Tatbestand der Nichterfüllung ausgegangen.940 Wie in dem vor­ hergehenden Abschnitt unter 2. b) aufgezeigt, kann sich die fehlende Vertrags­ mäßigkeit einer Ware auch aus einer vorvertraglichen Erklärung des Unterneh­ mers über die Wareneigenschaft ergeben, sodass unter Umständen nach Art. 87 Abs. 1 lit. c) GEK‑Vorschlag eine Lieferung nicht vertragsgemäßer Waren im Sinne einer Schlechtlieferung in Betracht kommt und der Käufer sich auf die im Katalog des Art. 106 GEK‑Vorschlag genannten Abhilfen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen berufen kann.

c)  Konkurrenzen der Abhilfen des GEK‑Vorschlags Hinsichtlich des Konkurrenzverhältnisses der einzelnen Abhilfen sieht Art. 106 Abs. 6 GEK‑Vorschlag entsprechend dem DCFR und den PECL vor, dass die genannten Abhilfen grundsätzlich nebeneinander geltend gemacht werden kön­ nen, sofern diese miteinander vereinbar sind.941 Voraussetzung ist demzufol­ ge eine Kompatibilität der einzelnen Abhilfemöglichkeiten; würde der Käufer beispielsweise neben der Erfüllung die Beendigung des Vertrags verlangen, so sind diese Abhilfen aufgrund ihrer konträren Zielsetzung als unvereinbar an­ zusehen.942 Fraglich ist, ob die vage Formulierung hinreichend genau ist oder im Sinne der Rechtssicherheit einer näheren Konkretisierung bedarf. Solche das Verhältnis einzelner Abhilfen zueinander konkretisierende Bestimmun­ gen finden sich zumindest vereinzelt im Vorschlag. So lässt nach Art. 8 Abs. 2 GEK‑Vorschlag die Beendigung des Vertrags vor diesem Zeitpunkt entstande­ ne Schadensersatzansprüche ebenso unberührt wie den durch die Beendigung

939  Siehe Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 1. 940 Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 1. 941 Vgl.

Art. III. – 3:102 DCFR; Schmidt-Kessel/Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 17; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 106 CESL, Rn. 4 ff; Grädler/ Köchel, in: Schmidt-Kessel (Hrsg.), Ein einheitliches europäisches Kaufrecht?, S. 347, 352. 942  Vgl. Schulze/Zoll, CESL‑Commentary, Art. 106 CESL, Rn. 4; ebenso Schmidt-Kessel/ Zöchling-Jud, GEKR‑Kommentar, Art. 106 GEK‑E, Rn. 17 mit weiteren Bsp.; ebenso zum Verhältnis Minderungsrecht und Vertragsbeendigung Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 790.

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Vierter Teil: Sanktionen

entstandenen Schaden wegen Nichterfüllung.943 Ferner sieht Art. 120 Abs. 3 GEK‑Vorschlag für das Verhältnis der Minderung zur Abhilfemöglichkeit des Schadensersatzes vor, dass der Käufer neben der Minderung des Preises nicht auch noch Ersatz des Schadens für den bereits beglichenen Verlust verlangen kann, jedoch nicht das Recht verliert, Schadensersatz für weitere Verluste zu verlangen.944 Soweit Minderung und Schadensersatz dieselbe Vermögensein­ buße betreffen, soll ein Nebeneinander der beiden Rechtsbehelfe demnach aus­ geschlossen sein.945 Dies ist vorzugswürdig und zu begrüßen, da durch diese klarstellende Regelung die Gefahr von ungerechtfertigten Doppelkompensatio­ nen vermieden werden soll, weitere Verluste wie beispielsweise Folgeschäden jedoch ausdrücklich neben der Minderung geltend gemacht werden können.946 Darüber hinaus kann die Existenz der Regelung gerade für die fehlende Ver­ ständlichkeit der Vorschrift des Art. 106 Abs. 6 GEK‑Vorschlag sprechen, da es einer solchen klarstellenden Vorschrift bei hinreichend genauer Regelung des Konkurrenzverhältnisses wohl nicht bedürfte. Hieran schließt sich dann die Frage an, warum es einer konkretisierenden Vorschrift für das Verhältnis von Schadensersatz wegen verspäteter oder Nichterfüllung und Beendigung, sowie von Minderung und Schadensersatz, nicht aber weiterer Klarstellungen für das Verhältnis der anderen Abhilfemöglichkeiten zueinander bedarf. Aufgrund die­ ser Inkohärenz erscheint der gewählte Ansatz nicht gänzlich überzeugend.

4.  Konkurrenzverhältnis des Art. 69 zu Art. 28 Abs. 2 GEK‑Vorschlag Darüber hinaus wird das Verhältnis der die kaufvertraglichen Abhilfen begrün­ denden Regelung des Art. 69 zu den Abhilfen des Art. 28 Abs. 2 i. V. m. Art. 29 GEK‑Vorschlag bei der Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten in Fällen der Fehlinformation nicht hinreichend klar, sodass die Gefahr von Wer­ 943 Näher dazu auch Schmidt-Kessel/Wendehorst, GEKR‑Kommentar, Art. 8 GEK‑E, Rn. 5 f.; Schulze/Schulte-Nölke, CESL Commentary, Art. 8 CESL, Rn. 9 f. 944  Dazu Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 120 GEK‑E, Rn. 39; siehe auch Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 790; das Verhältnis beider Rechtsbehelfe zueinan­ der ist auch nach deutschem Recht nicht unumstr., nach h. M. ist (in Anlehnung an das Ver­ hältnis zum Rücktritt, § 325 BGB) ein Schadensersatzanspruch (statt der Leistung) neben der Minderung nicht grds. ausgeschlossen, vgl. zu dieser Frage BGH, Urteil vom 05.11.2010 – V ZR 228/09, NJW 2011, 1217 m. w. N., wobei diese Rechtsfrage hier i. E. offen gelassen wird; BGH, Urteil vom 27.05.2011 – V ZR 122/10, NJW 2011, 2953, 2955, Tz. 16; siehe auch ­Medicus/Lorenz, Schuldrecht II – BT, § 78 Rn. 168; ebenso Palandt/Weidenkaff, § 441 BGB, Rn. 8, 19 und § 437 BGB, Rn. 31, 40; PWW/Schmidt, § 441 BGB, Rn. 5; anders wohl MüKo BGB/Westermann, § 437 BGB, Rn. 51, der nach Geltendmachung des sog. „kleinen“ Scha­ densersatzes ein Minderungsrecht verneint. 945 Vgl. Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 790; Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kom­ mentar, Art. 120 GEK‑E, Rn. 39; Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 120 CESL, Rn. 6. 946 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 120 GEK‑E, Rn. 39; ähnlich Schulze/Zoll, CESL Commentary, Art. 120 CESL, Rn. 6; dazu sowie allgemein zum Verhältnis von Minderung und Schadensersatz Lorenz, AcP 212 (2012), 702, 790.



G.  (Anwendbarkeit der) Gewährleistungsrechte311

tungswidersprüchen besteht.947 Eine klare Regelung erscheint im Hinblick auf das gerade bei grenzüberschreitenden Verträgen im elektronischen Geschäfts­ verkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen angestrebte Desiderat der Rechts­ sicherheit nahezu unabdingbar.948 Wird eine Erklärung des Unternehmers mangels Kenntnis oder Kennenmüs­ sens der Unrichtigkeit gem. Art. 69 Abs. 1 Hs. 1 GEK‑Vorschlag in den Vertrag einbezogen, so stehen dem Vertragspartner aufgrund der Vertragswidrigkeit die gegenüber Art. 28 Abs. 2 i. V. m. Art. 29 GEK‑Vorschlag vorrangigen Ab­ hilfen zu.949 Greift jedoch die Ausnahme nach Art. 69 Abs. 1 Hs. 2 lit a) GEK‑­ Vorschlag, d. h. wuste die andere Partei bei Vertragsschluss, dass die Erklärung falsch war, oder hätte dies wissen müssen, so wird die Erklärung nicht zum Bestandteil des Vertrags. Diese kann daher auch keine Vertragswidrigkeit be­ gründen, sodass die Gewährleistungsrechte trotz falscher vorvertraglicher Er­ klärung keine Anwendung finden.950 Um Wertungswidersprüche zu vermeiden, vertreten Teile der Literatur die Auffassung, dass sich der Käufer dann auch nicht auf die Abhilfen des Art. 28 Abs. 2 i. V. m. Art. 29 GEK‑Vorschlag berufen könne.951 Da beide Vorschriften den Schutz berechtigter Erwartungen zum Ge­ genstand haben, sei im Wege der Auslegung anzunehmen, dass der Käufer nicht wie nach Art. 28 Abs. 2 GEK‑Vorschlag gefordert vernünftigerweise auf die In­ formationen vertrauen durfte, wenn er gerade die Unrichtigkeit der Erklärungen kannte oder kennen musste und diese somit kein Vertragsbestandteil wurden.952 Das erscheint vor dem Schutzzweck der Regelungen richtig und berücksich­ tigt hinreichend das Kriterium des vernünftigerweise Vertrauendürfens. Zudem dient diese Auslegung der Kohärenz der Regelungen untereinander. Nicht nur wünschenswert sondern unabdingbar erscheint in künftigen Regelungsansätzen jedoch eine eindeutige Klarstellung des Verhältnisses der Regelungen zueinan­ der.953 947 Insofern auch kritisch Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, Art. 69 GEK‑E, Rn. 17; Art. 69 GEK‑E ebenfalls kritisch betrachtend Herresthal, in: Schulte-Nölke/Zoll/­ Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 85, 128. 948 Allgemeiner, aber i. E. übereinstimmend Herresthal, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/ Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 85, 128. 949  Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer, Gemeinsames Europäisches Kaufrecht für die EU?, S. 107, 124, Rn. 39; Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 17. 950 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 17. 951 Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 17; zu der ähnlich gelagerten Problematik im DCFR siehe Hellwege, AcP 211 (2011), 665, 681. 952 Zutreffend insofern Schmidt-Kessel/Looschelders/Makowsky, GEKR‑Kommentar, Art. 69 GEK‑E, Rn. 17. 953  So auch Schulze/Kieninger, CESL Commentary, Art. 69 CESL, Rn. 17, welche als Ver­ weis in Art. 69 a. E. vorschlägt: „An indication of quality or performance capability of the goods or services in such a pre-contractual statement will be considered as a confirmity crite­ rien under art. 100 (f ) […]“.

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Vierter Teil: Sanktionen

V.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Wie in diesem Abschnitt G. aufgezeigt, kommt als Sanktion für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten sowohl nach nationalem Recht als auch nach den Regelwerken des DCFR und des GEK‑Vorschlags die Anwendung kaufrechtlicher Gewährleistungsansprüche grundsätzlich in Betracht. Im Ge­ gensatz zum nationalen Recht wird die Rolle vorvertraglicher Äußerungen und Erklärungen im Hinblick auf die erforderliche Vertragmäßigkeit der Waren je­ doch in besonderen Regelungen des Art. IV.A. – 2:303 DCFR und Art. 100 lit. f ) i. V. m. Art. 69 GEK‑Vorschlag geregelt. Trotz des zugegeben relativ begrenzten Anwendungsbereichs der kaufrechtlichen Gewährleistungsrechte in Bezug auf Informationen über wesentliche Eigenschaften der Ware, ist die Kodifikation und klärende Einbeziehung vorvertraglicher Erklärungen ein positiv zu werten­ der Fortschritt. Gerade in Bezug auf Pflichtverletzungen betreffend die bedeu­ tenden vorvertraglichen Informationen über die wesentlichen Eigenschaften des Vertragsgegenstands, die regelmäßig maßgeblich für die Entscheidung des Ver­ brauchers über das Ob des Vertragsschlusses sein werden, wird die informierte Entscheidungsbasis des Verbrauchers mit wichtigen Rechtsbehelfen zusätzlich abgesichert. Die dargestellen Regelungsansätze des DCFR und des GEK‑Vor­ schlags gilt es in künftigen Revisionen jedoch weiterzuentwickeln, da die der­ zeitigen Regelungen leider beide wenig klar sind und insbesondere klarstellende Konkurrenzreglungen zu den Rechtsbehelfen untereinander vermissen lassen.

H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch Als Sanktionen kommen weiterhin Unterlassungsansprüche aus § 2 UKlaG954 sowie § 8 UWG in Betracht.955 Letzterer sieht zudem einen Anspruch auf Be­ seitigung vor. Ein maßgeblicher Unterschied dieser Ansprüche zu den zuvor erörterten Sanktionen liegt jedoch darin, dass diese aufgrund der Zielrichtung gerade keine Auswirkung auf den Vertrag selbst haben. Des Weiteren handelt es sich wie aus den folgenden Ausführungen ersichtlich nicht um eigene Ansprü­ che des Verbrauchers, sondern um kollektive Rechtsbehelfe.

I.  Unterlassungsanspruch nach § 2 UKlaG Neben den zuvor genannten individuellen Sanktionen können vorvertragli­ che Informa­tions­pflichtverletzungen auch kollektive Rechtsbehelfe zur Folge 954 Vgl. Frings, VuR 2002, 390, 397; Gießelmann, S. 283 ff.; siehe ferner die Richtlinie 2009/22/EG über Unterlassungsklagen zum Schutz von Verbraucherinteressen. 955 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 12; Steensgard/Twigg-Flesner, in: Dannemann/Vogenauer (Hrsg.), The Common European Sales Law in Context, S. 217, 245.



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch313

haben, die dem kollektiven Schutz von Verbrauchern dienen und ihnen daher nicht als Individualrechtsbehelf zur Verfügung stehen. Durch die sekundärrechtlichen Vorgaben der ECRL sowie der FARL wurden die Mitgliedstaaten der EU dazu verpflichtet, kollektive Rechtsbehelfe vorzu­ sehen um die Verfolgung gesetzeswidriger Praktiken zu gewährleisten.956 Für solche verbraucherschutzgesetzwidrige Praktiken enthält daher das Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen, das sog. Unterlassungsklagengesetz (UKlaG),957 einen Anspruch auf Unterlassung der im Wege der Verbandsklage geltend zu machen ist. Gem. § 2 Abs. 1 UKlaG kann im Interesse des Verbraucherschutzes ein Anspruch auf Unterlassung be­ stehen, wenn Verbraucherschutzgesetzen in anderer Weise als durch Verwen­ dung oder Empfehlung von AGB zuwidergehandelt wird. Die Verbandsklage kann nach § 3 UKlaG allerdings nur von den bestimmten anspruchsberechtigten Stellen geltend gemacht werden. Hierunter fallen neben Verbraucherorganisa­ tionen z. B. auch besonders qualifizierte Einrichtungen, rechtsfähige Verbän­ de zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen oder ­Industrie- und Handelskammern. § 2 Abs. 2 UKlaG enthält eine Liste von Verbraucherschutzgesetzen im Sinne dieser Vorschrift. Hierbei handelt es sich um Regelbeispiele, insbesondere sind nach Abs. 2 Nr. 1 die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, die für Fernabsatz­ verträge (lit. b)) zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher gelten, sowie nach Abs. 2 Nr. 2 die Vorschriften zur Umsetzung der Art. 5, 10 und 11 der ECRL erfasst, d. h. vor allem § 312i und § 312j BGB. Auch wenn § 312i BGB allgemeine Pflichten für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Kunden vorsieht und es sich streng genommen also nicht um Verbraucherschutzgesetze i. e. S. handelt, wird dieser als Umset­ zungsnorm explizit in den Schutzbereich des § 2 UKlaG aufgenommen.958 Die­ ser Ansatz erscheint im Hinblick auf den beabsichtigten Kollektivschutz und der besonderen Gefährdungslage im E‑Commerce z. B. auch für KMU sinn­ voll. Erst recht gilt dieser Aspekt des erhöhten Gefährdungspotentials für § 312j BGB, da immer mehr B2C‑Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr ge­ 956  Siehe z. B. Art. 11 Abs. 2 FARL; siehe auch MüKo ZPO/Micklitz, § 2 UKlaG, Rn. 1 ff.; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 226. 957 Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen (UKlaG) vom 26.11.2011; eingehend zur verbraucherschützenden Verbandsklage Schmidt, NJW 2002, 25 ff.; grundlegend zum Verbraucherschutz im E‑Commerce durch UKlaG Ulmer, ITRB 2002, 135 ff.; siehe zur Bedeutung der Unterlassungsklage in Bezug auf Informa­tions­ pflichtverstöße auch Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 226 f. 958  Allerdings können dann auch nur Verstöße im B2C‑Bereich geltend gemacht werden, so Föhlisch, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Multimedia-Recht, Teil 13.4 Verbraucher­ schutz im Internet, Rn. 174.

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Vierter Teil: Sanktionen

schlossen werden und für Verbraucher aufgrund der bereits zuvor aufgezeigten besonderen Gefährdungssituation gerade hier ein Schutzbedarf besteht.959 Die verletzte Vorschrift muss also zumindest auch den Schutz des Verbrauchers be­ zwecken, auch wenn es nicht der einzige Zweck sein muss, darf er aber nicht le­ diglich eine untergeordnete Rolle spielen.960 Dies entspricht der in Art. 2 Abs. 1 UKlaG enthaltenen Legaldefinition von Verbraucherschutzgesetzen, die ent­ sprechend ihrer Bezeichnung dem Schutz der Verbraucher dienen sollen. Ob ein Gesetz tatsächlich den Schutz von Verbrauchern bezweckt, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.961 Der Sanktion vorvertraglicher Verletzungen von Informa­tions­pflichten durch die Verbandsklage auf Unterlassung kommt neben dem Widerrufsrecht daher wesentliche Bedeutung zu.962 Die Bedeutung zeigt sich auch im bereits zuvor aufgezeigten aktuellen Fall einer Verbandsklage der Verbraucherzentrale NRW gegen Amazon auf Unterlassung gem. § 2 Abs. 1 S. 1 UklaG und der in erster Instanz zugunsten des Verbraucherschutzes fest­ gestellten Rechtswidrigkeit des Amazon-Dash-Buttons wegen Verstoßes gegen § 312j Abs. 2 und Abs. 3 BGB.963 Im Gegensatz zum Widerrufsrecht stellt dieser Unterlassungsanspruch aber gerade keinen individualrechtlichen Rechtsbehelf dar, der Verbraucher selbst kann also nicht über die Geltendmachung des An­ spruchs entscheiden. Dieser kollektive Rechtsbehelf entfaltet damit lediglich mittelbare Schutzwirkung im Falle erfolgreicher Verbandsklagen und bezweckt damit ebenso den Schutz der Verbraucher, trotz fehlender Aktivlegitimation.964

II.  Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG Eine weitere wettbewerbsrechtliche Sanktionsmöglichkeit für die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht besteht nach der Vorschrift des § 8 UWG. Auch im Wettbewerbsrecht nimmt der Verbraucherschutz eine bedeuten­ de Stellung ein. Zum Schutz der geschäftlichen Entscheidungsfreiheit der Verbraucher existieren beispielsweise die sekundärrechtlichen Regelungen der UGPRL965 und auf nationaler Ebene die harmonisierten Regelungen des UWG.966 Regelungsgegenstand der UGPRL ist das Wettbewerbsverhalten im 959 

Siehe S. 44 f. und S. 259 ff.; ähnlich auch PWW/Stürner, § 312i BGB, Rn. 3. MüKoZPO/Micklitz, § 2 UKlaG, Rn. 21; Köhler/Bornkamm/Köhler, UWG, § 2 UKlaG, Rn. 2; jurisPK‑BGB/Baetge, § 2 UKlaG, Rn. 2. 961 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, UWG, § 2 UKlaG, Rn. 2; soweit Regelungen auf Sekundärrecht zurückgehen, ist jedoch die Auslegungshoheit des EuGH zu beachten, vgl. MüKoZPO/Micklitz, § 2 UKlaG, Rn. 21. 962  Ebenso bereits Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155 ff. 963  Eingehend dazu bereits oben, S. 272 ff. 964  Zur Bedeutung kollektiver Sanktionen im Allgemeinen siehe bereits oben, S. 59 f. 965  Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, siehe bereits oben S. 35. 966  Vgl. den RegE zum UWG (a. F.) vom 22.08.2003, BT‑Drs. 15/1487, S. 12 f.; dazu auch Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 16. 960 Vgl.



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch315

Verhältnis zu Verbrauchern.967 Demzufolge finden sich verbraucherschützen­ de Regelungen neben dem allgemeinen Vertragsrecht auch im Wettbewerbs­ recht.968 Auch wenn Art. 3 Abs. 2 der UGPRL explizit betont, dass Zustande­ kommen und Wirkungen eines Vertrages von der Richtlinie unberührt bleiben, so besteht insbesondere im Rahmen der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten dem Grunde nach ein enger Zusammenhang.969 Da Deutschland nach Auffassung der Kommission die Richtlinie durch das erste Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb nur unzureichend umgesetzt hatte erfolgte im Jahre 2015 eine Reform des UWG.970 Allerdings wird eine grundlegende Änderung der Rechtslage durch die Reform wohl ausbleiben, unter anderem da die Judikatur in den vergangenen Jahren be­ reits eine richtlinienkonforme Auslegung unter Berücksichtigung der UGPRL praktiziert hat.971

1.  Schutzzweck des UWG Der Schutzzweck des UWG ist in § 1 UWG statuiert und blieb von der jüngsten Novelle unberührt. Gem. § 1 S. 1 UWG dient das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb neben dem Schutz der Mitbewerber (Horizontalverhältnis)972 auch dem Schutz von Verbrauchern sowie sonstigen Marktteilnehmern (Vertikalver­ hältnis zwischen Anbietern und Nachfragern)973 und schützt nach § 1 S. 2 UWG zugleich das Interesse der Allgemeinheit an unverfälschtem Wettbewerb.

967 

Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 3 und Rn. 8 ff. Verhältnis von Vertrags- und Wettbewerbsrecht siehe MüKo UWG/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 14. 969  So auch Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 8. 970 Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, in Kraft getreten am 10.12.2015, BGBl. I, S. 2158; vgl. zur Reform des UWG z. B. den Über­ blick von Reich, VuR 2016, 257 ff.; Müller im Bundesanzeiger Verlag, abrufbar unter ; siehe ferner den Überblick zur Frage der Unionsrechtskonformität sowie zu erfolgten Änderungen von Ohly/Sosnitza/Ohly, Einführung A, Rn. 54 ff; Harte-­ Bavendamm/Henning-Bodewig/Keller, Einleitung A, Rn. 48. 971  Siehe z. B. den Überblick im Bundesanzeiger Verlag von Müller zu wichtigen Än­ derungen der UWG‑Reform 2015, abrufbar unter ; eben­ falls von keiner grundlegenden Änderung ausgehend, aber bereits eine weitere Reform in Be­ tracht ziehend Reich, VuR 2016, 257, 260. 972 Köhler/Bornkamm//Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 9; Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 1 UWG, Rn. 2. 973 Zum Schutzzweck des UWG im Vertikalverhältnis Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Köhler, § 1 UWG, Rn. 14; siehe auch Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 3 ff.; ferner betont Ulmer bereits in ITRB 2002, 135, 138, dass eine strikte Trennung zwischen Wettbewerbsrecht und Verbraucherrecht weder geboten, noch sinnvoll ist. 968  Zum

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Vierter Teil: Sanktionen

Die Gewährleistung eines unverfälschten Wettbewerbs974 und somit der Schutz des Wettbewerbs als Institution975 ist nach allgemeiner Meinung gleich­ berechtigtes Ziel des UWG.976 Insgesamt geht § 1 UWG demnach von einem gleichberechtigten Schutz von Mitbewerbern, Verbrauchern und der Allgemein­ heit aus, was in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des EuGH977 als Schutzzwecktrias qualifiziert wird.978 Die im Rahmen von elektronisch geschlossenen Verträgen und sonstigen Fernabsatzverträgen normierten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten können als verbraucherschützende Marktverhaltensregeln wettbewerbsrechtliche Rele­ vanz entfalten.979 Zudem bezweckt das UWG auch den Schutz der freien und informierten Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers,980 sodass die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungs- und Informa­tions­pflichten auch wettbewerbs­ rechtliche Sanktionen nach sich ziehen kann.

2.  Voraussetzungen des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 UWG In § 8 Abs. 1 UWG sieht das Gesetz auch nach der Novelle eine einheitliche Re­ gelung des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs vor, zusammenfassend häufig als wettbewerbsrechtliche Abwehransprüche bezeichnet.981 Im Sinne des Präventionscharakters des Lauterkeitsrechts dient der Unterlassungsanspruch demnach gerade auch der Abwehr zukünftiger Beeinträchtigungen.982 Dem lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG wird daher weithin große Bedeutung zugemessen, indem dieser als Fundamen­ talanspruch des Wettbewerbsrechts und als wichtigstes Instrument der Rechts­ 974 

Ebenso Köhler/Bornkamm/Köhler, § 1 UWG, Rn. 40 ff. §  1 UWG, Rn.  73; MüKo UWG/­ Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 16 ff. 976 Harte-Bavenkamm/Henning-Bodewig/Podszun, § 1 UWG, Rn. 64. 977  EuGH, Urteil vom 28.01.1999, Rs. C-77/97, (Unilever), Rn. 26; sowie Entscheidung des EuGH, Urteil vom 13.01.2000, Rs. C-220/98, (Estée Lauder), Rn. 25; die Entscheidungen bezogen sich jeweils auf die verbraucherschutzrechtlichen und lauterkeitsrechtlichen Anfor­ derungen nach der sog. „Kosmetikrichtlinie“, RL 76/768 EWG vom 27. Juli 1976. 978 Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 10; Eckardt, in: Schwartmann (Hrsg.), Pra­ xishandbuch, 14. Kapitel, Rn. 8; ferner Rauscher/Unberath/Cziupka, EuZPR/EuIPR, Art. 6 Rom II‑VO, Rn. 13. 979  Siehe z. B. zur Verpflichtung der Identitätsangabe im Internet den Beschluss des KG vom 13.02.2007, 5 W 34/07, NJW‑RR 2007, 1050 f., wonach ein Verstoß gegen die Angabe der Identität in der Regel geeignet ist, den Wettbewerb i. S. d. § 3 UWG a. F. nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen; vgl. ferner Ulmer, ITRB 2002, 135, 138. 980  Näher dazu sogleich in diesem Abschnitt H. unter IV. 1.; Köhler/Bornkamm/­Feddersen/ Bornkamm, § 1 UWG, Rn. 17. 981 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 1; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.1. 982 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.7; ähnlich Ohly/Sosnitza/ Ohly, § 8 UWG, Rn. 6. 975 Harte-Bavenkamm/Henning-Bodewig/Podszun,



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch317

durchsetzung angesehen wird.983 Der Kreis der Anspruchsberechtigten wird nach § 8 Abs. 3 UWG jedoch abschließend normiert, insbesondere folgt auch hieraus das Nichtbestehen individueller Ansprüche für Verbraucher.984

a)  Allgemeine Voraussetzungen des Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 UWG Voraussetzung der zusammenfassend als Abwehransprüche bezeichneten An­ sprüche nach § 8 UWG n. F. ist zunächst das Vorliegen einer nach § 3 und § 7 UWG unzulässigen Handlung. § 3 UWG normiert das Verbot unlauterer geschäft­ licher Handlungen, § 7 UWG den Schutz vor unzumutbaren Belästigungen.

aa)  Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen nach § 3 UWG Das Verbot unlauterer geschäftlicher Handlungen nach § 3 UWG wurde im Rah­ men der jüngsten Reform neu gefasst.985 Ursprünglich sah der Regierungsent­ wurf eine systematisch klarere Trennung der Anwendungsbereiche des Verbots­ tatbestands nach § 3 UWG vor, was durch zwei eigenständige Generalklauseln für den B2C‑Bereich einerseits und den B2B‑Bereich andererseits verwirklicht werden sollte.986 Der Entwurf ist jedoch im Ausschuss für Recht und Verbrau­ cherschutz987 sowie in der Literatur auf teilweise heftige Kritik gestoßen,988 unter deren Berücksichtigung schließlich folgende Konzeption des § 3 UWG n. F. entstanden ist.989

(1)  Aufbau und Systematik des § 3 UWG Zunächst findet sich in § 3 Abs. 1 UWG die Generalklausel der Unzulässigkeit einer unlauteren geschäftlichen Handlung. Hierbei handelt es sich um eine reine 983 Vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Brodewig/Bergmann/Goldmann, §  8 UWG, Rn. 1 m. w. N. 984 Vgl. Eckart, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch,14. Kapitel, Rn. 153 f., m. w. N., der Gesetzgeber habe sich hierfür entgegen abweichender politischer Forderungen entschieden. 985 Siehe dazu die Kommentierung von Ohly/Sosnitza/Sosnitza, §  3 UWG, Rn. 1 ff.; ferner Reich, VuR 2016, 257 ff; Müller im Bundesanzeiger Verlag, abrufbar unter . Eckardt, in: Schwartmann (Hrsg.), 14. Kapitel, Rn. 25 f. 986  Vgl. den ursprünglichen Reformentwurf des § 3 UWG sowie die Begründung des Re­ gierungsentwurfs, BT‑Drs. 18/4535, S. 8; dazu auch Ohly/Sosnitza/Sosnitza, Einführung A, Rn. 54 f., sowie ebd., § 3 UWG, Rn. 2 ff.; ferner Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 3 UWG, Rn. 1.8; Reich, VuR 2016, 257. 987  Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucher­ schutz (6. Ausschuss) vom 04.11.2015, BT‑Drs. 18/6571, S. 13 f.; Reich, VuR 2016, 257. 988  Eingehend hierzu Köhler, WRP 2015, 275 ff.; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, Einführung A, Rn. 54; ferner Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 3 UWG, Rn. 1.8. 989  Köhler, WRP 2015, 275, 276; einen Überblick über die zunächst geplanten Ände­ rungen und kritische Stimmen der Literatur bietet Ohly/Sosnitza/Sosnitza, Einführung A, Rn. 54 ff.; siehe auch Reich, VuR 2016, 257.

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Vierter Teil: Sanktionen

Rechtsfolgenregelung, die Frage wann ein Rechtsbruch vorliegt, ist nach § 3a UWG zu bestimmen. § 3 Abs. 2 UWG normiert in Umsetzung des Art. 5 Abs. 2 der UGPRL die sog. Verbrauchergeneralklausel.990 Richten sich geschäftliche Handlungen an Verbraucher oder erreichen diese, so sind sie gem. § 3 Abs. 2 UWG unlauter, wenn sie nicht der unternehmerischen Sorgfalt entsprechen und dazu geeignet sind, das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers wesentlich zu beeinflussen.991 Obwohl im Wege der jüngsten UWG‑Novelle das Spürbar­ keitskriterium in § 3 Abs. 1 UWG gestrichen wurde,992 soll es nach überwie­ gender Literaturansicht der Rechtsprechung weiterhin möglich sein, bereits ent­ wickelte Anforderungen an lauteres Verhalten zu berücksichtigen, was somit auch weiterhin die Grundsätze der spürbaren Interessenbeeinträchtigung um­ fassen würde993 und künftig wohl keine grundlegenden Änderungen erwarten lässt.994 Das Kriterium der wesentlichen Beeinflussung ersetzt daher die zuvor geforderte spürbare Beeinträchtigung und dient der Annäherung an den Wort­ laut der UGPRL.995 Nach der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 8 UWG ist Voraus­ setzung einer wesentlichen Beeinflussung des Verbrauchers „die Vornahme einer geschäftlichen Handlung, um die Fähigkeit des Verbrauchers, eine infor­ mierte Entscheidung zu treffen, spürbar zu beeinträchtigen und damit den Ver­ braucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte“. Als Maßstab gilt gem. § 3 Abs. 4 S. 1 UWG grundsätz­ lich der durchschnittliche Verbraucher.996 Dieser gesetzlichen Regelung kommt lediglich eine Klarstellungsfunktion zu, da das Verbraucherleitbild des infor­ 990 Die Verbrauchergeneralklausel war bereits in § 3 Abs. 2 S. 1 UWG a. F. enthalten, wurde jedoch durch die Reform terminologisch an Art. 5 Abs. 2 UGPRL angepasst. Eingehend zur Verbrauchergeneralklausel Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 3 UWG, Rn. 69 ff.; siehe auch Köh­ ler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 3 UWG, Rn. 3.1 ff.; Köhler, WRP 2014, 259. 991  Zuvor wurde die Unzulässigkeit geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern in § 3 Abs. 2 S. 1 UWG a. F. dahingehend konkretisiert, dass diese jedenfalls dann unzulässig sind, wenn sie nicht der für den Unternehmer geltenden fachlichen Sorgfalt entsprechen und zusätzlich geeignet sind, die Fähigkeit des Verbrauchers, sich aufgrund von Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen und ihn damit zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Insofern wurde explizit auf die Bedeu­ tung der Informationen für die Entscheidung Bezug genommen. 992 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 3 UWG, Rn. 2.20; Reich, VuR 2016, 257. 993  Vgl. BT‑Drs. 18/4535, S. 12 f.; Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 3 UWG, Rn. 67 und 78 ff; Köhler/Bornkamm/Köhler, § 3 UWG, Rn. 2.20. 994  Eine inhaltliche Änderung insoweit zutreffend verneinend Reich, VuR 2016, 257, 258; Eckardt, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 14. Kapitel, Rn. 30. 995  Reich, VuR 2016, 257; Eckardt, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 14. Kapi­ tel, Rn. 30. 996  Vgl. ErwGr. 18 UGPRL; siehe auch Riesenhuber, EU‑Vertragsrecht, § 7, Rn. 10; rich­ tet sich die geschäftliche Handlung an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern, so ist auf ein durchschnittliches Mitglied dieser Gruppe abzustellen, vgl. § 3 Abs. 4 S. 1 Alt. 2 UWG; ein­ gehende Darstellung zum Beurteilungsmaßstab in Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 3 UWG, Rn. 5.1 ff.; Eckardt, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 14. Kapitel, Rn. 28.



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch319

mierten Durchschnittsverbrauchers auch zuvor als Maßstab anerkannt war.997 Schließlich ordnet § 3 Abs. 3 UWG die Unzulässigkeit bestimmter im Anhang aufgeführter Handlungen im Verhältnis zu Verbrauchern an, die im Folgenden näher dargestellt werden.

(2)  Unzulässige geschäftliche Handlungen im B2C‑Verhältnis nach § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. der black list Im Anhang zum UWG findet sich eine Liste geschäftlicher Handlungen mit Verboten ohne Wertungsvorbehalte, die sog. black list,998 welche nach § 3 Abs. 3 UWG stets unzulässig sind.999 Verboten sind insbesondere auf fehlen­ der Aufklärung basierende Lockangebote i. S. d. Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 51000 oder die irreführende Behauptung einer nur noch begrenzten Verfüg­ barkeit i. S. d. Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 7.1001 Vor allem im Rahmen der Abo- und Kostenfallen-Problematik1002 interessant ist Nr. 21 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG. Das Angebot einer Ware als „gratis“, „umsonst“ oder „kos­ tenfrei“ oder ähnliches, obwohl hierfür tatsächlich Kosten zu tragen sind,1003 ist eine unzulässige geschäftliche Handlung i. S. d. § 3 Abs. 3 UWG und dem­ nach verboten. Der Sinn und Zweck der Vorschrift ist darin zu sehen, Verbrau­ cher vor Täuschungen und Irreführungen mittels verlockender Angebote mit nur vermeintlicher Unentgeltlichkeit zu schützen.1004 Dieses spezielle Irre­ 997 Vgl.

ErwGr 18 der UGPRL; dazu auch Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 3 UWG, Rn. 93; Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 3 UWG, Rn. 34 ff.; siehe zum Beurtei­ lungsmaßstab auch Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 3 UWG, Rn. 5.1 ff. 998 Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 3 UWG, Rn. 92; eingehend zur schwarzen Liste auch Köh­ ler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 3 UWG, Rn. 4.1 ff.; Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/ Schuster (Hrsg.), § 3 UWG, Rn. 34 ff. 999  Siehe Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des UWG, BT‑Drs. 16/10145, S. 22. 1000  Vgl. hierzu die ausführliche Kommentierung von Ohly/Sosnitza/Sosnitza, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 5, Rn. 15 ff.; ferner Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 5, Rn. 5.1 ff; sowie Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 3 UWG, Rn. 61 ff. 1001 Vgl. wiederum die ausführliche Kommentierung von Ohly/Sosnitza/Sosnitza, An­ hang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 7, Rn. 22 ff.; ferner Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, An­ hang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 5, Rn. 7.1 ff; sowie Micklitz/Schirmbacher in Spindler/Schuster (Hrsg.), § 3 UWG, Rn. 76 ff., sprechen von einem klassischen Fall der Irreführung, bei dem der Verbraucher durch Täuschung zu einer sofortigen Kaufentscheidung verleitet wird. 1002  Siehe dazu bereits oben, insbesondere S. 2 und S. 261 ff. 1003  Nach dem eindeutigen Wortlaut von Nr. 21 des Anhangs gilt dies jedoch nicht für Kos­ ten, die im Zusammenhang mit dem Eingehen auf das Warenangebot oder für die Abholung oder Lieferung der Ware unvermeidbar sind; hierunter fallen z. B. Portokosten oder Fahrt- und Transportkosten des Verbrauchers, vgl. Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/­Schuster (Hrsg.), § 3 UWG, Rn. 142; ebenso Ohly/Sosnitza/Sosnitza, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG, Rn. 60; ­Harte-Bavendamm/Henning-Brodewig/Bruhn/Weidert, Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 21 UWG, Rn. 9; MüKo UWG/Alexander, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 21, Rn. 18. 1004  Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), §  3 UWG, Rn. 136; Harte-­

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Vierter Teil: Sanktionen

führungsverbot nach § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 der black list ist gegen­ über den allgemeinen Irreführungsverboten der §§ 5 und 5a UWG lex specialis und damit vorrangig.1005 Hervorzuheben ist, dass im Gegensatz zu § 5 UWG eine tatsächliche Irreführung nicht erforderlich ist, vielmehr wird das Vorliegen einer solchen bei Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen fingiert.1006 Ist eine Irreführung jedoch ausgeschlossen, so soll § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 des Anhangs nicht eingreifen.1007 Die besondere Bedeutung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten über Kosten im Rahmen von Vertragsschlüssen im elek­ tronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen zeigt sich insofern auch im Lauterkeitsrecht.

bb)  Unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG § 7 UWG soll den Verbraucher und andere Marktteilnehmer vor unzumutbaren Belästigungen wie z. B. belästigender Werbung mittels Telefon schützen.1008 Dennoch bezweckt die Vorschrift nach h. M. nicht den Schutz der Entschei­ dungsfreiheit von Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern an sich.1009 Diese soll vielmehr nach der black list sowie durch § 3 Abs. 1 i. V. m. § 4 Nr. 1 und 2 UWG geschützt werden.1010 Kritisiert wird insofern, dass durch die An­ nahme des Schutzes der geschäftlichen Entscheidungsfreiheit ein höheres Ver­ braucherschutzniveau als nach Art. 8 UGPRL zulässig konzipiert würde.1011 Eine Ausnahme hiervon wird allerdings in § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG gesehen, wel­ che in teilweiser Umsetzung von Nr. 26 zum Anhang der UGPRL der Konkre­ tisierung von Art. 8 UGPRL diene und gerade den Schutz der Entscheidungs­ freiheit der Verbraucher bezweckt.1012 In § 7 Abs. 2 UWG finden sich einige Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert, Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 21 UWG, Rn. 4; MüKo UWG/Alexander, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 21, Rn. 19; Blasek, GRUR 2010, 396, 399. 1005  Implizit Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert, Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 21 UWG, Rn. 3; Blasek, GRUR 2010, 396, 399. 1006 Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Weidert, Anhang zu § 3 Abs. 3 Nr. 21 UWG, Rn. 4. 1007 Ohly/Sosnitza/Sosnitza, Anhang zu §  3 Abs. 3 UWG Nr. 21, Rn. 58; a. A. ferner ­Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG, Rn. 21.1. 1008 Vgl. dazu Ohly/Sosnitza/Ohly, §  7 UWG, Rn. 1; Köhler/Bornkamm/Feddersen/­ Köhler, § 7 UWG, Rn. 1; siehe auch Micklitz/Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 7 UWG, Rn. 13. 1009 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 7 UWG, Rn. 1; ebenso wohl MüKo UWG/Leible, § 7 Rn. 1; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 7 UWG, Rn. 3; a. A. Harte-Bavendamm/Henning-­ Bodewig/Schöler, § 7 UWG, Rn. 37, welcher entsprechend § 1 UWG von einem Schutzzweck­ trias ausgeht. 1010  Ähnlich Ohly/Sosnitza/Ohly, § 7 UWG, Rn. 1 und 16. 1011 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 7 UWG, Rn. 3. 1012 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, §  7 UWG, Rn. 3, die Entscheidungsfreiheit sonstiger Marktteilnehmer wird hingegen nur in den § 3 und § 4a UWG geschützt; die Ord­ nungsgemäßheit der Umsetzung wohl anzweifelnd MüKo UWG/Alexander, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 21, Rn. 1 ff.



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch321

Beispiele wie z. B. die Werbung mit Fernkommunikationsmitteln (Nr. 1) oder anonyme elektronische Werbung (Nr. 4), bei deren Vorliegen ohne Wertungs­ möglichkeit stets eine unzumutbare Belästigung vorliegt.1013

b)  Die Wiederholungsgefahr als besondere Voraussetzung des Beseitigungsund Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 UWG Der sog. Verletzungsunterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB setzt das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr voraus.1014 Eine solche besteht, wenn die Wiederholung einer wettbewerbswidrigen Verletzungshandlung ernst­ haft und greifbar zu besorgen ist, d. h. die reine Möglichkeit einer erneuten Zu­ widerhandlung soll nicht ausreichen.1015

c)  Die Erstbegehungsgefahr als besondere Voraussetzung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs nach § 8 Abs. 1 S. 2 UWG Voraussetzung des vorbeugenden Unterlassungsanspruchs ist, dass eine Rechts­ verletzung erstmalig unmittelbar droht oder bevorsteht.1016 Im Gegensatz zur Wiederholungsgefahr kann die für den vorbeugenden Unterlassungsanspruch erforderliche Erstbegehungsgefahr jedoch nicht vermutet werden; diese stellt vielmehr eine materiellrechtliche Voraussetzung des Anspruchs dar.1017 Ein er­ folgter Wettbewerbsverstoß begründet nach ständiger Rechtsprechung eine tat­ sächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr, die jedoch widerlegt werden kann.1018

d)  Rechtswidriger, fortbestehender Störungszustand als besondere Voraussetzung des Beseitigungsanspruchs Als materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung fordert der Beseitigungsan­ spruch das anhaltende Fortbestehen eines rechtswidrigen Störungszu­stands.1019 1013 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler,

§ 7 UWG, Rn. 6 und 96 ff.; Ohly/Sosnitza/ Ohly, § 7 UWG, Rn. 4. 1014 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 7; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.40. 1015 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 7; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn.  1.42; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Bergmann/Goldkamm, §  8 UWG, Rn. 36. 1016 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.11; Eckart, in: Schwart­ mann (Hrsg.), Praxishandbuch, 14. Kapitel, Rn. 151. 1017 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 27 und Rn. 6. 1018 Z. B. BGH, Urteil vom 09.11.1995 – I ZR 212/93, GRUR 1996, 290, 291; näher dazu Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 8; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.33 f. m. w. N.; Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldkamm, §  8 UWG, Rn. 43 f. m. w. N. 1019 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 71 m. w. N.; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.109 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

Hierbei handelt es sich um einen Zustand, der für den Verletzten eine ständig erneuernde und fortwirkende Störungsquelle bedeutet.1020

3.  Kein Verschuldenserfordernis Ein maßgeblicher Unterschied zu den individualrechtlichen Schadensersatz­ ansprüchen liegt darin, dass beide Ansprüche des § 8 BGB verschuldens­ unabhängig sind, d. h. kein Verschulden voraussetzen.1021 Die Verschuldens­ unabhängigkeit wird im Umkehrschluss aus § 9 und § 10 UWG gefolgert und entspricht zudem auch der Rechtsprechung zum Beseitigungs- und Unterlas­ sungsanspruch nach § 1004 BGB.1022

4. Rechtsfolgen Liegen eine solche Handlung im Sinne der § 3 und § 7 sowie die sonstigen Vo­ raussetzungen vor, kommt als Rechtsfolge gem. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG ein An­ spruch auf Beseitigung sowie ein Unterlassungsanspruch bei Bestehen einer Wiederholungsgefahr in Betracht. Ferner gewährt § 8 Abs. 1 S. 2 UWG einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch, wenn der Eintritt einer Rechtsgutsver­ letzung unmittelbar bevorsteht.1023 Der Anspruch kann daher z. B. auf Unterlas­ sung weiterer Informa­tions­pflichtverstöße gerichtet sein. Die vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der § 3 und 7 UWG kann grundsätzlich auch einen Scha­ densersatzanspruch nach § 9 UWG begründen.1024 Dieser Anspruch beschränkt sich jedoch auf Mitbewerber und entfaltet daher keine Geltung für Verbrau­ cher.1025

5.  Verhältnis des Unterlassungsanspruchs aus § 8 UWG zu § 2 UKlaG Das Verhältnis des Unterlassungsanspruchs aus § 8 UWG und § 2 UKlaG ist umstr. Nach teilweise vertretener Auffassung kommt dem Unterlassungs­ anspruch des § 2 UKlaG neben § 8 UWG aus praktischer Sicht die größte Re­ 1020 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.109; ähnlich Ohly/Sosnit­ za/Ohly, § 8 UWG, Rn. 8. 1021 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.2; Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 1; Eckart, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 14. Kapitel, Rn. 151. 1022  Zum fehlenden Verschuldenserfordernis des Unterlassungsanspruchs aus § 1004 BGB vgl. BGH, Urteil vom 10.10.2005, II – ZR 223/03, GRUR 2006, 167, Rn. 7 m. w. N.; Ohly/ Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 1 m. w. N. 1023 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 25. 1024  Aufgrund des eingeschränkten Anwendungsbereichs wird auf diesen Schadensersatz­ anspruch vorliegend nicht näher eingegangen; verwiesen wird insoweit auf die Kommen­ tierungen von Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 9 UWG; Ohly/Sosnitza/Ohly, § 9 UWG; Eckart, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 14. Kapitel, Rn. 166. 1025  Selbst wenn diese durch irreführende Werbung zum Vertragsschluss bestimmt wur­ den, vgl. Eckart, in: Schwartmann (Hrsg.), Praxishandbuch, 14. Kapitel, Rn. 166.



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch323

levanz zu.1026 Nach anderer Auffassung wird § 2 UKlaG häufig eine Auffang­ funktion zugemessen, mit dem Ziel, etwaige Lücken der § 1 UKlaG und § 8 UWG zu füllen.1027 Insoweit wird § 8 UWG als vorrangig betrachtet. Nach vor­ zugswürdiger und wohl herrschender Auffassung ist jedoch von einem Neben­ einander der Vorschriften auszugehen.1028 Dafür spricht insbesondere die ver­ gleichbare Schutzrichtung.

III.  Wettbewerbsrechtliche Sanktionen wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung nach PAngV Verstößt ein Unternehmer gegen die PAngV, indem beispielsweise erforderli­ che Preisangaben fehlen oder unklar und damit irreführend sind, so kann auch dies grundsätzlich ein unlauteres Verhalten nach § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, § 5a Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 4 begründen.1029 Umstritten ist, ob solche Verletzun­ gen der Informa­tions­pflichten insofern abschließend geregelt sind oder ob auch ein Verbot nach § 3a UWG wegen Rechtsbruchs in Betracht kommt.1030 Nach h. M. dienen die Preisvorschriften nach der PAngV der Information der Abneh­ mer und stellen Marktverhaltensregelungen dar.1031 Folglich kann ein solcher Verstoß grundsätzlich auch ein unlauteres Verhalten i. S. d. § 3a UWG begrün­ den1032 und die entsprechenden wettbewerbsrechtlichen Sanktionen können Anwendung finden. Ein vorvertraglicher Pflichtverstoß gegen die Anforderun­ gen nach PAngV führt ferner nicht zur Nichtigkeit des Vertrags gem. § 134 BGB.1033 Dies erscheint bereits bei genauer Betrachtung des Wortlauts abwe­ 1026  Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 59; dies of­ fenlassend Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 12. 1027  Siehe dazu MüKo ZPO/Micklitz/Rott, § 2 UKlaG, Rn. 4 m. w. N.; a. A. Heß, in: Ernst/ Zimmermann (Hrsg.), Zivilrechtswissenschaft und Schuldrechtsreform, S. 527, 532 welcher von einer unnötigen Anspruchsdoppelung spricht; siehe auch Schmidt, NJW 2002, 25, 27. 1028 Näher dazu MüKo ZPO/Micklitz, §  2 UKlaG, Rn. 7; Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 12; MüKo BGB/Wendehorst, 6. Aufl. 2012, § 312c BGB a. F., Rn. 140; wohl auch Hk-BGB/Schulte-Nölke, § 312d BGB, Rn. 9; Domke, BB 2005, 228, 230; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 59. 1029  Zu Informa­tions­pflichten nach der PAngV s. o., S. 126 f.; Köhler/Bornkamm/Fedder­ sen/Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 5 f.; der Verstoß gegen die PAnGV lässt hingegen die Wirksamkeit des Vertrages unberührt, vgl. BGH, Urteil vom 16.11.1978 – III ZR 47/77, NJW 1979, 540, 541 m. w. N.; BGH, Urteil vom 20.02.1974 – VIII ZR 198/72, NJW 1974, 859, 860; dazu auch Spindler, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), § 134 BGB, Rn. 8. 1030 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 5 m. w. N.; zum Verhältnis auch Ohly/Sosnitza/Sosnitza, UWG, § 3a UWG, Rn. 77. 1031  BGH, Urteil vom 07.05.2015, I ZR 158/14, GRUR 2015, 1240, 1241, Rz. 18 m. w. N.; BGH, Urteil vom 28.06.2012, I ZR 110/11, GRUR 2012, 186, 188, Rz. 9 m. w. N.; Ohly/­ Sosnitza/Sosnitza, UWG, Einführung PAnGV, Rn 28 m. w. N.; Ebd. Ohly, § 3a UWG, Rn. 73. Vor der UWG Reform war entsprechend anerkannt, dass ein Verstoß gegen die PAnGV eine unlautere geschäftliche Handlung i. S. d. § 4 Nr. 11 UWG a. F. darstellen kann. 1032  Näher zum Rechtsbruch nach § 3a UWG n. F. durch Verstoß gegen die PAnGV Ohly/ Sosnitza/Ohly, § 3a UWG, Rn. 73. 1033  Explizit BGH, Urteil vom 16.11.1978 – III ZR 47/77, NJW 1979, 540, 541 m. w. N.;

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Vierter Teil: Sanktionen

gig, nachdem § 134 BGB einen Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot voraus­ setzt, die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht jedoch selbst als gesetzliche Pflicht geregelt ist.1034 Zudem erfüllen reine Ordnungsvorschrif­ ten, die Art und Weise des Zustandekommens eines Rechtsgeschäfts regeln, nicht den Tatbestand eines Verbotsgesetzes.1035 Da die Regelungen der PAngV Art und Weise der Angaben von Preisen im Geschäftsverkehr betreffen, nicht aber deren Bildung oder Zulässigkeit,1036 ist diese vielmehr als Ordnungsvor­ schrift anzusehen. Die Vorschriften dienen der Information der Abnehmer und begründen keine materiellen Preisbildungspflichten.1037

IV.  Konkurrenzverhältnis zwischen vertragsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Sanktionen Abschließend ist die Frage nach dem Bedarf wettbewerbsrechtlicher Sanktio­ nen neben den zahlreichen allgemeinen Sanktionen des BGB und in diesem Zu­ sammenhang das Konkurrenzverhältnis der Sanktionen zueinander zu klären.

1.  Notwendigkeit wettbewerbsrechtlicher Sanktionen und deren Verhältnis zu Sanktionen des BGB Zunächst interessant erscheint die Frage, warum es in Zusammenhang mit vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen der Betrachtung des Ge­ setzes gegen den unlauteren Wettbewerb und konkret wettbewerbsrechtlicher Sanktionen bedarf und inwiefern diese kollektiven Sanktionen in dem genann­ ten Kontext Relevanz entfalten. Grundsätzlich gilt im allgemeinen Rechtsverkehr der Gedanke, dass ein Kunde oder Verbraucher frei entscheiden können soll, ob und zu welchen Kon­ ditionen er einen Vertrag schließt.1038 Auch wenn nicht jegliche Beeinflussung gleich als verboten anzusehen ist, so sind die Grenzen der Lauterkeit doch über­ schritten, wenn durch das Verhalten des Unternehmers dem Verbraucher eine Spindler in Spindler/Schuster (Hrsg.), § 134 BGB, Rn. 8; MüKo BGB/Armbrüster, § 134 BGB, Rn. 41 f.; ebenfalls kommt i. d. R. keine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB in Betracht, wenn es insbesondere an einer Machtposition und der Ausnutzung der Unterlegenheit des Vertragspart­ ners fehlt, dazu Canaris, AcP 200 (2000), 273, 280 ff., 296 f.; Gießelmann, S. 292. 1034 Allgemein MüKo BGB/Armbrüster, §  134 BGB, Rn. 41 f.; ebenso Gießelmann, S. 291 f. 1035  MüKo BGB/Armbrüster, § 134 BGB, Rn. 42. 1036  Vgl. Ohly/Sosnitza/Sosnitza, UWG, Einführung PAnGV, Rn. 1; Köhler/Bornkamm/ Feddersen/Köhler, PAnGV, Vorbemerkungen, Rn. 1, mit Verweis auf BGH, Urteil vom 22.03.2012 – I ZR 111/11, GRUR 2012, 1159, 1161, Rn. 24, betreffend Preisangabe bei Miet­ wagenangebot. 1037 Ohly/Sosnitza/Ohly, § 3a UWG, Rn. 73. 1038  Vgl. zur Privatautonomie bereits S. 39 ff.; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 17.



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch325

informierte und rationale Entscheidung nicht mehr möglich ist, da insbesonde­ re dem Informationsinteresse als Basis einer informierten Entscheidung nicht genüge getan wurde.1039 Das Bestehen einer allgemeinen Aufklärungspflicht wird zwar überwiegend abgelehnt,1040 gleichzeitig wird aber eine der wesent­ lichen Aufgaben des Lauterkeitsrechts darin gesehen, dem Verbraucher, soweit erforderlich, zutreffende und für die Entscheidung notwendige Informationen zu erteilen.1041 Den Unternehmer treffen demnach besondere Aufklärungsund Informa­tions­pflichten, deren Verletzung eine Sanktionierung nach Wett­ bewerbsrecht nach sich ziehen kann.1042 Als Beispiele hierfür sind § 5a UWG (Irreführung durch Unterlassen) und § 3a UWG (Rechtsbruch) zu nennen, wel­ che wettbewerbsrechtliche Sanktionen für die Verletzung von Informa­tions­ pflichten vorsehen, die außerhalb des Wettbewerbsrechts geregelt sind.1043 Ungeachtet dieser Ausführungen wäre die Einordnung des UWG als reines Verbraucherschutzgesetz hingegen verfehlt, da dieses Gesetz wie zuvor darge­ legt keinen originären und individuellen Schutz für einzelne Verbraucher ge­ währt, sondern diesen vielmehr mittelbar durch kollektivrechtliche Maßnah­ men schützt.1044 Insofern besteht für den Verbraucher jedoch keine bedenkliche Schutzlücke, da ein hinreichender Schutz über vertragliche und deliktische Ansprüche nach dem BGB gewährleistet wird.1045 Den kollektiven Sanktio­ nen kann insbesondere dann Bedeutung zuteil werden, wenn vertragsrecht­ liche Maßnahmen als nicht ausreichend anzusehen sind, beispielsweise um die Informa­tions­pflicht einer klaren und bestimmten Beschreibung des Vertrags­ gegenstands oder eindeutiger Preisangaben nicht nur im Einzelfall, sondern generell durchzusetzen.1046 In diesem Zusammenhang unterscheidet sich der lauterkeitsrechtliche Ansatz wesentlich von dem des Vertragsrechts. Während die rechtsgeschäftliche Entscheidungsfreiheit vor unzulässiger Einflussnahme durch das Lauterkeitsrecht generalpräventiv geschützt werden soll, setzen ver­ tragsrechtliche Regelungen auf eher repressiv einzuordnende Möglichkeiten, 1039 Vgl.

Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 17; Ohly/Sosnitza/Ohly, § 1 UWG, Rn. 22. 1040  Der Vorschlag einer generellen Regelung von Informa­tions­pflichten wurde im Gesetz­ entwurf zum UWG in der Fassung von 2004 abgelehnt, vgl. BT‑Drs. 15/1487, S. 19 f.; Ohly/ Sosnitza/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 22.; ähnlich Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 17. 1041 Köhler/Bornkamm/Köhler, § 1 UWG, Rn. 17. 1042 Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 22. 1043 Ohly/Sosnitza/Sosnitza, §  1 UWG, Rn. 22; ebenso Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Köhler, § 1 UWG, Rn. 18. 1044  Eingehend dazu Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 11, 14; ebenso Köhler/Born­ kamm/Feddersen/Köhler, 34. Auflage 2016, § 1 UWG, Rn. 39. 1045 Vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 39; dazu Ohly/Sosnitza/ Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 11 m. w. N. 1046  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Re­ vision des Verbraucher-acquis, S. 223, 241 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

sich vom Vertrag zu lösen, so z. B. mithilfe von Anfechtungs- oder Widerrufs­ rechten.1047 Im lauterkeitsrechtlichen Sinne sieht § 8 Abs. 1 UWG daher Ab­ wehransprüche vor, die auf Unterlassung oder Beseitigung für die Vornahme einer nach § 3 und § 7 UWG unzulässigen Handlung zielen. Der Unterlassungs­ anspruch nach § 8 UWG soll neben dem Unterlassungsanspruch aus § 2 UKlaG Anwendung finden.1048 Gem. § 8 Abs. 1 S. 2 UWG besteht der Anspruch auf Unterlassung bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung gegen § 3 oder 7 UWG droht. Im Sinne des Präventionscharakters dient der Unterlassungsanspruch demnach gerade auch der Abwehr zukünftiger Beeinträchtigungen.1049 Ferner gewährt § 8 UWG die Möglichkeit eines vorläufigen Unterlassungsanspruchs, hierdurch wird wiederum der Präventionscharakter und die Bedeutung des Lau­ terkeitsrechts deutlich.1050

2.  Vorteile eines zusätzlichen wettbewerbsrechtlichen Schutzes über § 3 UWG Diese Regelungen zum Schutz vor irreführenden Handlungen und insbesonde­ re das Verbot ohne Wertungsmöglichkeit nach § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 21 Anhang verdeutlicht auch die Existenz von wettbewerbsrechtlichen Sanktionen vor Kosten- und Abofallen im Internet.1051 Somit sind Schutzmechanismen vor Kostenfallen im Internet durch mangelnde oder verschleierte Information über die Entgeltlichkeit der Leistung nicht nur Bestandteil des Vertragsrechts sowie jüngster Vertragsrechtsentwicklungen, sondern werden darüber hinaus ergänzt durch den flankierenden Schutz des Lauterkeitsrechts nach dem UWG.1052 In Anbetracht des unterschiedlichen Ansatzes, d. h. präventiv durch Lauterkeits­ recht versus repressiv durch Vertragsrecht,1053 erscheinen die zusätzlichen lau­ terkeitsrechtlichen Schutzmechanismen notwendig.

1047 Köhler/Bornkamm/Köhler, § 1 UWG, Rn. 17; das frühere für Fälle strafbarer irrefüh­ rende Werbung nach § 13a UWG a. F. vorgesehene Rücktrittsrecht ist mit der Novelle 2004 entfallen, vgl. Ohly/Sosnitza/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 11. 1048  S. o., MüKoZPO/Micklitz, § 2 UKlaG, 4. Aufl. 2013, Rn. 2 sowie Rn. 11 ff.; MüKo BGB/Wendehorst, 4. Aufl. 2003, § 312c BGB a. F., Rn. 120; Domke, BB 2005, 228, 230. 1049 Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.7; ähnlich Ohly/Sosnitza/ Ohly, § 8 UWG, Rn. 6. 1050  Vgl. dazu Ohly/Sosnitza/Ohly, § 8 UWG, Rn. 25; Köhler/Bornkamm/Bornkamm, § 8 UWG, Rn. 1.7. 1051  Dies ebenso betonend Blasek, GRUR 2010, 396, 401; Köhler/Bornkamm/Feddersen/ Bornkamm, Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 21, Rn. 21.2; siehe MüKo UWG/Alexander, An­ hang zu § 3 Abs. 3 UWG Nr. 21, Rn. 21; zum Problem der Abo- und Kostenfallen siehe bereits oben S. 2 und S. 261 ff. 1052  S. o. S. 262 ff.; Ebenso und eingehend zum Schutz vor Kostenfallen im Internet Alexander, NJW 2012, 1985 ff.; siehe auch Blasek, GRUR 2010, 396 ff; zum Nebeneinander von Vertrags- und Wettbewerbsrecht siehe MüKo UWG/Sosnitza, § 1 UWG, Rn. 14; Köhler/Born­ kamm/Feddersen/Köhler, § 1 UWG, Rn. 39. 1053  Siehe bereits oben in diesem vierten Teil, unter G.



H.  Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch327

V.  Keine Unterlassungsklage und wettbewerbsrechtlichen Ansprüche nach DCFR sowie GEK‑Vorschlag Vorvertragliche Informa­tions­pflichten sowie etwaige Verstöße hiergegen wer­ den sowohl nach dem Referenztext des DCFR als auch nach GEK‑Vorschlag dem Vertragsrecht zugeordnet, kollektive Sanktionen i. S. d. Unterlassungskla­ ge oder sonstige lauterkeitsrechtliche Folgen sind jedoch nicht vom Anwen­ dungsbereich der Regelwerke umfasst.1054

VI.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Wie in diesem Abschnitt H. aufgezeigt, können vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzungen auch durch kollektive Rechtsbehelfe sanktioniert werden, die trotz fehlender Aktivlegitimation des Verbrauchers aber zumindest mittel­ bar dessen Schutz bezwecken und durch generelle Abschreckung auch errei­ chen können. Der wettbewerbsrechtliche Schutz stellt somit eine bedeutende Ergänzung zu den individuell geltend zu machenden Sanktionen vorvertragli­ cher Informa­tions­pflichtverletzungen dar. Die Koexistenz verschiedener Sanktionen mit unterschiedlichen Schutzrich­ tungen ist notwendig und zu begrüßen, da vertragsrechtliche Sanktionen wie zuvor in diesem vierten Teil eingehend aufgezeigt zwar Schutz vor vorvertrag­ lichen Informa­tions­pflichtverletzungen bieten können, insbesondere auch im Zusammenhang mit Kostenfallen im Internet. Die Existenz vertraglicher Sank­ tionen wie z. B. der Nichtbindung an den Vertrag und damit nicht entstande­ ner Zahlungsansprüche oder der Möglichkeit der Anfechtung wegen arglisti­ ger Täuschung alleine reichen jedoch für einen hinreichenden Schutz nicht aus, wenn Verbraucher mangels Kenntnis hiervon keinen Gebrauch machen oder sie aus Angst vor unberechtigten und häufig aggressiven sowie einschüchtern­ den Zahlungsaufforderungen1055 der Zahlung für nur scheinbar kostenlosen An­ geboten nachkommen.1056

1054 Vgl. auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 228. 1055  Von einer Geltendmachung von Ansprüchen im Rahmen sog. Kostenfallen in „aggres­ siver Weise“ ist beispielsweise in dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des BGB zum besseren Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im elek­ tronischen Geschäftsverkehr die Rede, vgl. BT‑Drs. 17/7745, S. 7; ferner spricht die Verbrau­ cherzentrale des Bundesverbandes in einer Pressemitteilung vom 03.08.2009 sehr deutlich von „schierer Angst“, die Verbraucher zum Nachkommen der Zahlungsaufforderungen veranlasst, vgl. ; den „massiven und einschüchternden“ Druck von Rechtsanwälten und Inkassounternehmen als Motivation für die Zahlung auch unberechtigter Forderungen ausmachend auch Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 19, Rn. 56. 1056  Ähnlich auch Blasek, GRUR 2010, 396, 397.

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Vierter Teil: Sanktionen

I.  Allgemeines Leistungsstörungsrecht Weitere denkbare Sanktionen für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­ pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzver­ trägen könnten sich aus dem allgemeinen Leistungsstörungsrecht ergeben. So könnte beispielsweise an einen Erfüllungsanspruch bezüglich der nicht ord­ nungsgemäß erfüllten Informa­tions­pflicht oder an einen Anspruch auf Vertrags­ anpassung zu denken sein; es ist aber die Frage zu klären, ob diese auch im Falle einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung greifen. Ferner sollen weitere mögliche Sanktionsvorschriften im Folgenden kurz skizziert werden.

I. Erfüllungsanspruch Hinsichtlich der Frage, ob ein Anspruch auf Erfüllung durch Nachholung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten besteht, gilt es nach nationalem Recht zu differenzieren, ob der Vertrag bereits geschlossen wurde oder nicht. Vor Ab­ schluss des Vertrags besteht ein Erfüllungsanspruch nur dann, wenn das Ge­ setz eine entsprechende gesetzliche Regelung vorsieht.1057 Eine solche fehlt je­ doch sowohl bei den Regelungen zum E‑Commerce als auch bei Regelungen zu sonstigen Fernabsatzverträgen.1058 Rechtsvergleichend betrachtet stellt sich das Problem der unterschiedlichen Rechtsnatur des Erfüllungsanspruchs. Während dieser im BGB und nach anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen als klagbarer Primäranspruch ausgestaltet ist, gilt in Common-Law-Rechtsordnun­ gen das sog. Rechtsbehelfsmodell, mit anderen Worten der Erfüllungsanspruch ist nicht klagbar.1059 Der DCFR und auch der GEK‑Vorschlag bevorzugen letz­ tere Variante und folgen wohl dem Rechtsbehelfsmodell; die Durchsetzung des Erfüllungsanspruchs auf dem Klageweg ist daher nur bei Vorliegen der Voraus­ setzungen der Rechtsbehelfe bei Nichterfüllung möglich.1060 Nach deutschem Recht wird im Falle einer vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung ein primärer Anspruch auf Erfüllung durch Nachholung grundsätzlich bejaht.1061 Nach Abschluss des Vertrags ist ein solcher Anspruch aber ebenfalls zu ver­ neinen, wenn und soweit sich der Zweck der vorvertraglichen Informations­ erteilung erschöpft hat oder aber eine Ablösung durch nachträgliche Informa­ tions­pflichten in Betracht kommt.1062 Im Hinblick auf die zu gewährleistende 1057 Palandt/Grüneberg,

Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 6; Gießelmann, S. 278.

1058 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 6. 1059  Eingehend dazu Weller, JZ 2008, 764 m. w. N. 1060 

Weller, JZ 2008, 764, 771; zur Ausgestaltung des Erfüllungsanspruchs des GEK‑­ Vorschlags als schuldnerfreundlichem Rechtsbehelf siehe Mansel, WM 2012, Teil II, 1319. 1061 Vgl. Tamm, VuR 2014, 9, 16; ebenso Jauernig/Stadler, § 312d BGB, Rn. 11. 1062 Palandt/Grüneberg, Einf v Art. 238 EGBGB, Rn. 6; Gießelmann, S. 278.; Grigoleit in Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbrau­ cher-acquis, S. 223, 258; a. A. wohl Jauernig/Stadler, § 312d BGB, Rn. 11; bei nachvertragli­



I.  Allgemeines Leistungsstörungsrecht329

Entscheidungsfreiheit vermag ein nachträglicher Erfüllungsanspruch dem Ver­ braucher jedoch kaum weiterzuhelfen und ist als effektive Sanktion in der Pra­ xis daher eher bedeutungslos.

II.  Anpassung des Vertrags Als weitere denkbare Sanktion für die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht könnte generell auch eine Vertragsanpassung in Betracht kommen, im Sinne einer eigenständigen und unabhängig von der Rechtsfolge der c. i. c.‑Haftung bestehenden Sanktion. Die Anpassung an legitime Erwar­ tungen des z. B. falsch informierten Verbrauchers könnte sich ferner als Alter­ nativmodell zur Anfechtung des Vertrags durchsetzen.1063

1.  Anpassung des Vertrags nach BGB Eine Anpassung des Vertrags ist im BGB nach der Vorschrift der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB möglich. Gem. § 313 Abs. 1 BGB kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, wenn sich zur Grundlage des Vertrags gewordene Umstände nach Abschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie dies vorausgesehen hätten. Eine Anpassung setzt jedoch weiterhin voraus, dass das Festhalten am Vertrag für eine Partei unter Berücksichtigung aller Um­ stände des Einzelfalls unzumutbar ist. Einer Veränderung der Umstände steht es gem. § 313 Abs. 2 BGB gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grund­ lage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Unter den in Abs. 2 normierten Fall der fehlenden Geschäftsgrundlage könnte die auf einer Verletzung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten basierende, fehlerhafte Vorstellung einer Vertragspartei fallen. Die Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wurde als Kodifikation der zu § 242 BGB entwickelten Rechtsprechung mit der Schuldrechtsmodernisierung in das BGB aufgenommen und können als gesetzliche Konkretisierung des Grundsatzes von Treu und Glauben verstan­ den werden.1064 Da die Norm jedoch gleichzeitig eine Beschränkung des dem deutschen Recht ebenfalls immanenten Grundsatzes der Vertragstreue (pacta chen Informationspflichten kann hingegen der Erfüllungsanspruch weiterhin sinnvoll sein und geltend gemacht werden; eine spezielle Regelung findet sich z. B. zum Reiserecht in § 651a Abs. 3 BGB i. V. m. Art. 5 BGB‑InfoV, wonach den Reiseveranstalter vor Vertragsschluss eine Unterrichtungspflicht über z. B. Pass- und Visumserfordernisse trifft. Wird ein solcher Reise­ vertrag nun als Fernabsatzvertrag oder online im Internet geschlossen, so ist ein Anspruch auf Erfüllung der vorvertraglichen Informationen auch nach Vertragsschluss sinnvoll und denkbar. 1063  Siehe dazu Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 107 m. w. N. 1064 Palandt/Grüneberg, § 313 BGB, Rn. 1; PWW/Stürner, § 313 BGB Rn. 1 f.; Erman/ Böttcher, Band I, § 313 BGB, Rn. 2; BeckOK BGB/Unberath, § 313 BGB, Rn. 2 f.; eingehend zur Entwicklung auch MüKo BGB/Finkenauer, § 313 BGB, Rn. 3 ff.

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Vierter Teil: Sanktionen

sunt servanda) darstellt, ist die Möglichkeit der Anpassung bei Störung der Ge­ schäftsgrundlage restriktiv zu handhaben und nur unter strengen Voraussetzun­ gen möglich.1065 Eine nichtordnungsgemäße Aufklärung konnte nach der frü­ heren Rechtsprechung noch ein Wahlrecht zwischen Aufhebung des Vertrags und zumindest teilweiser Anpassung begründen, wobei letztere auf die Herab­ setzung des Preises beschränkt war.1066 Dies war jedoch wohl so zu verstehen, dass im Falle des Festhaltens am Vertrag der infolge der fehlerhaften Aufklä­ rung entstandene Schaden zu ersetzen war.1067 Im Ergebnis verneint die Recht­ sprechung daher zu Recht eine Anpassung des Vertrags im engeren Sinne im Falle einer vorvertraglichen Aufklärungspflichtverletzung.1068 Die Verletzung von Aufklärungspflichten bei Vertragsverhandlungen kann nach der Rechtspre­ chung für den Geschädigten aber das Recht begründen, den bei Festhalten am für den Geschädigten ungünstigen Vertrag entstandenen Vertrauensschaden zu liquidieren.1069 Als grundsätzlich nicht von den Voraussetzungen der Geschäftsgrundlage umfasst gelten einseitige Erwartungen einer Partei; auch wenn diese für die Willensbildung maßgeblich waren, werden diese nur bei Bildung eines ge­ meinsamen Geschäftswillens zur Geschäftsgrundlage.1070 Folglich fallen unter § 313 Abs. 2 BGB gerade Fälle des gemeinschaftlichen Irrtums,1071 für einsei­ tige Irrtümer einer Partei sieht das Gesetz das Recht zur Anfechtung vor. Im Zweifel ist eine solche übereinstimmende Aufnahme in die Geschäftsgrund­ lage jedoch zu verneinen.1072 An einem gemeinsamen wesentlichen Irrtum wird es in den Fällen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen in aller Regel fehlen, sodass § 313 BGB in der Praxis für vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzungen kaum Bedeutung zukommen wird.

1065 Palandt/Grüneberg, § 313 BGB, Rn. 1; wohl auch MüKo BGB/Finkenauer, § 313 BGB, Rn. 3 ff. 1066  So MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 198, m. w. N.; so auch Kredig, JZ 2008, 714, 719. 1067  Vgl. MüKo BGB/Emmerich, § 311 BGB, Rn. 198 m. w. N. 1068  BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139; dazu auch Palandt/ Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 57. 1069  So BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 264/05, NJW 2006, 3139. 1070  Vgl. BGH, Urteil vom 27.06.2012 – XII ZR 47/09, NJW 2012, 2728 ff., zur Frage der Rückabwicklung von Vermögenszuwendung zwischen geschiedenen Eheleuten; Palandt/ Grüneberg, § 313 BGB, Rn. 9; BeckOK BGB/Unberath, § 313 BGB, Rn. 19, 68; ähnlich auch Erman/Böttcher, Band I, § 313 BGB, Rn. 30; sowie MüKo BGB/Finkenauer, § 313 BGB, Rn. 57. 1071  Zur ständigen Rspr. vor der Kodifikation des § 313 BGB bereits BGH, Urteil vom 23.10.1957 – V ZR 219/55, NJW 1958, 297, 298; ferner Erman/Böttcher, Band I, § 313 BGB, Rn. 30; Palandt/Grüneberg, § 313 BGB, Rn. 9; BeckOK BGB/Unberath, § 313 BGB, Rn. 68. 1072 Palandt/Grüneberg, § 313 BGB, Rn. 9.



I.  Allgemeines Leistungsstörungsrecht331

2.  Anpassung des Vertrags nach DCFR Die Rechtsfolge der Anpassung ist nicht ausdrücklich als Sanktion in Art. II. – 3:109 DCFR1073 vorgesehen, kann sich aber aus unterschiedlichen Regelungen des DCFR ergeben, deren Verhältnis zueinander wiederum nicht gänzlich klar erscheint. Insgesamt kann sich die Verletzung einer vorvertraglichen Informa­ tions­pflicht insofern auf den vertraglichen Inhalt auswirken, als daraus eine Nichterfüllung der vertraglichen Pflichten resultieren kann und die genannten Folgen Anwendung finden.1074 Der DCFR hat mit Art. II. – 3:109 DCFR grund­ sätzlich dass in Art. 2:208 ACQP enthaltene Konzept der Sanktionen für die Verletzung von Informa­tions­pflichten rezipiert,1075 es finden sich aber auch Ein­ flüsse der Bestimmungen zur Vertragsanpassung aus den PECL.1076 Nach Art. II. – 3:109 Abs. 2 S. 1 DCFR treffen den Unternehmer bei Nicht­ erfüllung der Informa­tions­pflichten und bei Zustandekommen des Vertrags diejenigen vertraglichen Verpflichtungen, welche die andere Partei vernünfti­ gerweise als Folge des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Informationen er­ warten durfte.1077 Zudem ist nach S. 2 der DCFR‑Vorschrift ein Verweis auf die Vorschriften des dritten Kapitels in Buch 3 enthalten, die auf die Nicht­ erfüllung dieser Vorschriften Anwendung finden sollen. Demnach kann die Anpassung des Vertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage aus Art. III. – 1:110 DCFR grds. in Betracht kommen. Diese ist jedoch nach Abs. 2 durch das Gericht festzustellen und setzt eine außergewöhnliche Änderung der Um­ stände nach Eingehung der Verpflichtung voraus, was im Hinblick auf die vor­ vertraglich zu erteilenden Informa­tions­pflichten kaum einschlägig sein wird. Ein Recht auf Vertragsanpassung kann sich jedoch bei Irrtumsfällen und vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen als Alternative zur Anfechtung aus Art. II. – 7:203 DCFR ergeben.1078 Der Vertrag wird demnach so behan­ delt, wie er vom Anfechtungsberechtigten verstanden wurde, sofern der An­ fechtungsgegner bereit ist, diese vertraglichen Verpflichtungen entsprechend zu erfüllen oder dies bereits getan hat.1079 Aus dem Erfordernis des Einver­ 1073  Dazu bereits oben, S. 141 f. 1074 Vgl. von Bar/Clive, DCFR Full

Edition, Volume I, Art. II. – 3:109, S. 236; ferner dazu Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 102. 1075  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 104. 1076 Vgl. Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 547. 1077  Vgl. hierzu bereits den Wortlaut des Art. 2:207 Abs. 3 ACQP: „Hat eine Partei eine Pflicht nach Art. 2:201 – 2:206 verletzt und wurde der Vertrag geschlossen, beinhaltet der Ver­ trag als Konsequenz des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Information die Verpflichtungen, welche die Partei vernünftigerweise erwarten durfte als Konsequenz oder des Fehlens der­ Information.“; vgl. Twigg-Flesner/Wilhelmsson, ACQP, Contract I, Art. 2:207 ACQP, S. 98 ff.; Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 104, welche von legitimen Erwartungen der anderen Partei sprechen. 1078 Dazu auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 256 f. 1079  Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revisi­

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Vierter Teil: Sanktionen

ständnisses des Anfechtungsgegners ergibt sich, dass das Anpassungsrecht (im Gegensatz zur Anfechtung) nicht den Charakter eines einseitigen Ge­ staltungsrechts aufweist.1080 Insgesamt erfährt das ungeregelte Spannungs­ verhältnis zwischen Anpassung des Vertrages als Alternative zur Anfech­ tung und Vertragsanpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage daher zu Recht Kritik.1081 Im Rahmen der Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzungen wirkt sich die fehlende Bestimmtheit des Konkurrenz­ verhältnisses allerdings wohl nicht aus, da sich die Verweisung des Art. II. – 3:109 Abs. 4 DCFR konkret auf die Rechtsbehelfe aus Art. II. – 7:201 DCFR bezieht, nicht aber die alternative Anpassung nach Art. II. – 7:203 DCFR er­ fasst. Diese Auslegung erscheint im Kontext der vorvertraglichen Informa­ tions­pflicht­verletzung vorzugswürdig, da ansonsten das Verhältnis zu Art. III. – 1:110 DCFR zu hinterfragen wäre. Die Vertragsanpassung sollte demnach als Sanktion vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen auch nach dem DCFR grundsätzlich nicht in Betracht kommen.

3.  Anpassung des Vertrags nach dem GEK‑Vorschlag Während in der Feasibility Study entsprechende Ambitionen ersichtlich waren, ist der GEK‑Vorschlag nicht der auch in den ACQP zu findenden Möglichkeit der Anpassung des Vertrages bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung gefolgt1082 und sieht eine solche nicht vor. Eine Vertragsanpassung soll auch als mögliche Rechtsfolge des Schadensersatzes gem. Art. 29 Abs. 1 GEK‑­Vorschlag ausgeschlossen sein, da dieser nach überwiegender Auffassung als ausschließ­ lich auf Entschädigung in Geld gerichteter Schadensersatzanspruch verstan­ den wird.1083 In diesem Zusammenhang werden aber auch kritische Stimmen laut, die das Festhalten an eher „konservativen Methoden“ der Regelung von Sanktionen bei Verletzung von Informa­tions­pflichten bedauern.1084 Die fehlen­ de Sanktion der Vertragsanpassung steht somit im Einklang mit der nationalen Rechtslage und zu der zum DCFR vertretenen Auffassung.

on des Verbraucher-acquis, S. 201, 217, spricht von einem fingierten Vertrag; vgl. hierzu die Kommentierung von von Bar/Clive, DCFR Full Edition, Volume I, Comments Art. II. – 7:203 DCFR, wonach die Anpassung nach Abs. 1 insbesondere für Fälle des beiderseitigen Irrtums vorgesehen ist. 1080 Siehe auch Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 217. 1081  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 547. 1082  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 104 mit Verweis auf Art. 2:208 Abs. 1 ACQP. 1083  Looschelders, in: Remien/Herrler/Limmer (Hrsg.), Gemeinsames Europäisches Kauf­ recht für die EU?, S. 107, 121, Rn. 33. 1084  Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 104.



I.  Allgemeines Leistungsstörungsrecht333

III.  Rücktritt vom Vertrag Weiterhin könnte als Sanktion bei der Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht ein Rücktrittsrecht in Betracht gezogen werden. Ein mögli­ ches Recht zum Rücktritt gem. § 324 BGB direkt oder analog wird im Rahmen der Verletzung vorvertraglicher Aufklärungs- oder Informa­tions­pflichten dis­ kutiert und ist umstritten.1085 § 324 BGB normiert den Rücktritt wegen Verlet­ zung einer Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB, worunter wie zuvor dargestellt auch vorvertragliche Informationspflichten fallen können.1086 Nach § 324 BGB kann der Gläubiger zurücktreten, wenn der Schuldner bei einem gegenseitigen Ver­ trag eine Pflicht nach § 241 Abs. 2 BGB verletzt und dem Gläubiger ein Fest­ halten am Vertrag unzumutbar ist. Ein Teil der Literatur befürwortet einen Rücktritt des Geschädigten auch bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung, da diesem auch bei nach­ vertraglicher Schutzpflichtverletzung ein Rücktrittsrecht zustehe und es keinen Unterschied machen dürfe, ob diese Pflichtverletzung zeitlich vor oder nach Vertragsschluss erfolgt sei.1087 Ferner spricht nach teilweiser Auffassung hier­ für auch die durch die Schuldrechtsreform intendierte Beseitigung verschiede­ ner Rechtsfolgen des Eintritts der Unmöglichkeit im Vorfeld sowie nach einem Vertragsschluss.1088 Voraussetzung ist allerdings, dass dem Geschädigten ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist.1089 Dem hingegen wird ein Rücktrittsrecht bei vorvertraglicher Pflichtverlet­ zung nach anderer Auffassung unter Berufung auf den Wortlaut des § 324 BGB, nachdem eine Verletzung „bei“ einem gegenseitigen Vertrag vorliegen muss, verneint.1090 Das § 324 BGB ausdrücklich eine Pflichtverletzung bei einem Ver­ trag und somit nach Vertragsschluss fordert, mag zwar gegen eine direkte An­ 1085  Siehe dazu Looschelders, Schuldrecht AT, § 8 Rn. 156 a; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 20; undifferenziert das Rücktrittsrecht als Sanktion der Informa­tions­ pflichtverletzung anführend und daher etwas unklar, ob dieses gerade Sanktion für vorvertrag­ liche Verstöße gelten soll, Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 50. 1086  Siehe zuvor S. 43 f. 1087 Vgl. Grunewald, in: FS Wiedemann, 2002, S. 75, 76 f.; Emmerich in JuS 2004, 163, 164 zu einer Entscheidung des OLG Hamm zur Sachmängelhaftung – c. i. c. beim Autokauf, Urteil vom 13.05.2003 – 28 U 150/02, ebd.; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8 Rn. 156 a m. w. N.; so wohl auch Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 50; a. A.  Mankowski, ZGS 2003, 91 ff.; Jauernig/Stadler, § 324 BGB, Rn. 4. 1088  So z. B. Grunewald, in: FS Wiedemann, 2002, S. 75, 76 f.; ferner Canaris, JZ 2001, 499, 521. 1089  Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, § 25, Rn. 20; Looschelders, Schuldrecht AT, § 8 Rn. 156a; Grunewald, in: FS Wiedemann, 2002, S. 75, 79 f.; Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155 f. 1090  Vgl. Jauernig/Stadler, § 324 BGB, Rn. 4; Mankowski, ZGS 2003, 91 ff.; i. d. S. wohl auch Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155, der einen Rücktritt nach § 324 BGB allenfalls bei nachvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen erwägt, wegen des Widerrufsrechts aber ablehnt.

334

Vierter Teil: Sanktionen

wendung sprechen, schließt aber eine analoge Anwendung gerade nicht aus. Voraussetzungen der Analogie sind eine planwidrige Regelungslücke und eine vergleichbare Interessenlage. Eine vergleichbare Interessenlage kann mit dem insoweit überzeugenden Argument der Gewährleistung einer informierten Ent­ scheidungsbasis über das Festhalten am Vertrag als vergleichbare Zielsetzung vor- und nachvertraglicher Informa­tions­pflichten angenommen werden. Aller­ dings ist das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke zweifelhaft. In dem Gesetzentwurf zur Umsetzung der VerbrRRL wird das Rücktrittsrecht neben dem Schadensersatzanspruch (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB) als mögliche Sanktion für nachvertragliche Verstöße gegen Dokumentationspflichten bei Fernabsatzverträgen nach § 312f Abs. 2 BGB a. F. explizit angeführt.1091 Nach § 325 BGB ist zudem ausdrücklich geregelt, dass Rücktritt und sogar ein Scha­ densersatzanspruch statt der Leistung kombiniert werden können.1092 Im Hin­ blick auf die vorvertragliche Pflichtverletzung des § 312d BGB a. F. wird jedoch explizit nur die Sanktion des Schadensersatzanspruchs wegen Pflichtverletzung gem. §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB nach allgemeinen Grundsätzen genannt und eben nicht das Recht zum Rücktritt.1093 Auch wenn es an einer näheren Begrün­ dung fehlt, zeigt die Differenzierung die bewusst unterschiedliche Handhabung der Rechtsfolgen. Ferner sind gegen die Annahme eines analogen Rücktritts­ rechts die Schwierigkeiten des Rückabwicklungsverhältnisses nach den beson­ deren Rücktrittsregelungen anzuführen. Aufgrund des Erfordernisses der be­ sonderen Rücktrittsvoraussetzungen wie beispielsweise der Fristsetzung würde die analoge Anwendung für den Berechtigten eine Sanktion unter erschwer­ ten Bedingungen bedeuten, was im Vergleich zu den anderen Rechtsbehelfen kaum vorzugswürdig sein kann. Mangels eindeutiger Ausschlussregelung kann daher grundsätzlich auch die Sanktion eines Rücktrittsrechts in Betracht kom­ men, insgesamt sprechen aber die besseren Argumente gegen eine analoge An­ wendung des § 324 BGB. Die Möglichkeit eines Rücktritts sollte daher nur bei Anwendbarkeit und im Rahmen des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts möglich sein, da die sonstigen Sanktionen und insbesondere das (verlänger­ te) Widerrufsrecht die vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen bereits ausreichend kompensieren.1094 Ebendies sollte auch für die Regelwerke DCFR und GEK‑Vorschlag gelten.

1091  Vgl. BT‑Drs. 17/12637, S. 55. 1092 Siehe Brox/Walker, Allgemeines

Schuldrecht, § 25, Rn. 20; Palandt/Grüneberg, § 325 BGB, Rn. 1 ff. 1093  BT‑Drs. 17/12637, S. 54. 1094  Das Widerrufsrecht geht insofern als lex specialis vor, Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155 f.



I.  Allgemeines Leistungsstörungsrecht335

IV.  Minderung nach § 441 BGB analog Teilweise wird als Sanktion für einen wegen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzung ungünstig abgeschlossenen Vertrag eine analoge Anwendung des § 441 BGB befürwortet.1095 Vor dem Hintergrund des grundsätzlich in Be­ tracht kommenden Schadensersatzanspruchs aus c. i. c. stellt sich zunächst die Frage nach einem Bedarf einer solchen analogen Anwendung. Unter Berück­ sichtigung des für eine c. i. c.‑Haftung grundsätzlich erforderlichen Verschul­ dens,1096 könnte eine solche Analogie mangels vorausgesetztem Verschulden für die durch die vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung geschädigte Partei von Vorteil sein. Allerdings sollte die Möglichkeit der Minderung an­ stelle des Rücktritts ebenfalls nur bei Anwendbarkeit und im Rahmen des kauf­ rechtlichen Gewährleistungsrechts möglich sein.

V. Bußgelder Eine weitere denkbare Sanktionierung vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichtverletzungen ist die Auferlegung von Bußgeldern. Solche sind in den einschlägigen Sekundärrechtsakten konkret nicht vorgegeben und fehlen eben­ falls im DCFR. Die Einführung von Bußgeldern in den Mitgliedstaaten kann aber auf das in Art. 23 VerbrRRL normierte Erfordernis der Sicherstellung von Richtlinienvorgaben gestützt werden unter Berücksichtigung des Gebots der Rechtsdurchsetzung.1097

1.  Nationales Recht Das deutsche TMG enthält in § 16 Bußgeldvorschriften als Rechtsfolge u. a. für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten. So handelt nach § 16 Abs. 1 TMG ordnungswidrig, wer die in § 6 Abs. 2 TMG normierte Informa­ tions­pflicht verletzt, indem der Absender oder der kommerzielle Charakter einer Nachricht verschleiert oder verheimlicht wird. Ferner stellt der vorsätzliche oder fahrlässige Verstoß gegen die Pflicht aus § 5 Abs. 1 TMG eine Ordnungswidrig­ keit gem. Art. 16 Abs. 2 Nr. 1 TMG dar, wenn die erforderlichen Informatio­ nen nicht, nicht richtig oder nicht vollständig verfügbar gehalten werden.1098 1095 

Dies erwägend Canaris, AcP 200 (2000), 315 ff.; anders BGH, Urteil vom 19.05.2006 – V ZR 64/05, NJW 2006, 3139 ff. m. w. N., der als Folge der Verletzung von Aufklärungspflich­ ten ausdrücklich den Ersatz des Vertrauensschadens im Rahmen der §§ 249 ff. BGB bejaht, hingegen aber eine Vertragsanpassung ausschließt; siehe dazu die Anmerkung von Theisen, NJW 2006, 3102 ff.; unentschieden Palandt/Grüneberg, § 311 BGB, Rn. 57. 1096  Vgl. z. B. Hk-BGB/Schulze, § 311 BGB, Rn. 23 f; die Konzeption einer Minderung im Wege der vorvertraglichen Haftung aus c. i. c. untersuchend, i. E. aber ablehnend Kredig, JZ 2008, 714 ff. 1097 So wohl auch Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 10 GEK‑ VO-E, Rn. 2. 1098  Hohlers, S. 127.

336

Vierter Teil: Sanktionen

§ 16 Abs. 3 TMG sieht für die Ahndung dieser in Abs. 1 und Abs. 2 aufgeführ­ ten Ordnungswidrigkeiten eine Geldstrafe von bis zu fünfzigtausend Euro vor. Diese Bußgelder stellen allerdings keine Individualrechtsbehelfe dar und kom­ men somit dem Verbraucher allenfalls mittelbar und nur dann zu Gute, wenn der abschreckende Präventionscharakter der Vorschrift Wirkung zeigt. Folglich kommt diesen im Unterschied zu den zivilrechtlichen Sanktionen keine Kom­ pensationsfunktion zugunsten des Informationsgeschädigten zu,1099 weshalb allgemeinen zivilrechtlichen Sanktionen wie beispielsweise Schadensersatz­ ansprüchen oder z. B. dem Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG zum Teil grö­ ßere Bedeutung zuzumessen ist.1100

2. GEK‑Vorschlag Art. 10 GEK‑VO-Vorschlag fordert besondere Sanktionen für die Verletzung der in Art. 8 und 9 des GEK-Vorschlags niedergelegten Pflichten im Rahmen seiner Anwendungsvereinbarung. Die Mitgliedstaaten müssen gem. Art. 10 GEK‑VO-Vorschlag alle erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um die Anwen­ dung der Sanktionen sicherzustellen (S. 1), welche wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen (S. 2).1101 Da diese Vorschrift in dem voran­ gestellten Verordnungskomplex des GEK‑Vorschlags enthalten ist, ist diese als Umsetzungsverpflichtung zu verstehende Formulierung an die Mitgliedstaaten zutreffend als unüblich und nicht unproblematisch anzusehen.1102 Als mögliche Sanktionen hätten hierauf z. B. Bußgelder oder auch der Erlass spezieller Straf­ tatbestände, nicht aber zivilrechtliche Sanktionen gestützt werden können,1103 solche sind aber aufgrund der Rücknahme des Vorschlags nicht existent.

VI.  Kritische Würdigung und Stellungnahme Zu möglichen Sanktionen des allgemeinen Leistungsstörungsrechts lässt sich zusammenfassen, dass diese theoretisch in Betracht kommen, aber für vorver­ tragliche Informa­tions­pflichtverletzungen von eher geringer Bedeutung sind. Sofern eine Anwendbarkeit des allgemeinen Leistungsstörungsrechts wie bei­ spielsweise das Recht zum Rücktritt oder zur Minderung in Betracht kommt, darf die Existenz des speziellen verbraucherschützenden Instituts des Wider­ 1099 

Rn. 2.

1100  1101 

Siehe auch Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 10 GEK‑VO-E,

Zu § 8 UWG ebenso Müller-Broich, TMG, § 5, Rn. 23. Dies ähnelt der allgemeinen Sanktionsvorgabe des Art. 24 VerbrRRL. 1102  Vgl. Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 10 CESL Regulation, Rn. 10; dies aufgreifend Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art. 10 GEK‑VO-E, Rn. 1. 1103 Schmidt-Kessel/Schmidt-Kessel, GEKR‑Kommentar, Art.  10 GEK‑VO-E, Rn. 2 f., stützt dies ferner überzeugend auf den Vergleich mit Art. 24 und Art. 23 VerbrRRL; für ein weiteres Verständnis hingegen Schulze/Wendehorst, CESL Commentary, Art. 10 CESL Re­ gulation, Rn. 3 f.



J.  Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen337

rufsrechts nicht außer Acht gelassen werden. Dieses gewährt dem Verbraucher in der Regel eine einfache Möglichkeit sich von dem Vertrag und ungewoll­ ter Rechtsfolgen zu lösen, wenn auch nur in einem begrenzten Zeitraum, und schließt damit wohl die für eine analoge Anwendung erforderliche planwidri­ ge Regelungslücke. Sofern demnach anwendbar und bei Vorliegen der Voraus­ setzungen sind die genannten allgemeinen Leistungsstörungssrechte allenfalls eine Ergänzung und Erweiterung der ansonsten in Betracht kommenden Sank­ tionen und eher von geringer Bedeutung.

J.  Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen Die vorhergehende Analyse und der Vergleich der verschiedenen Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung bei Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstiger Fernabsatzverträge zwischen nationalem Recht und den ausgewählten Regelwerken hat ergeben, dass es einige Gemeinsam­ keiten und Übereinstimmungen gibt. Gleichzeitig sind aber auch Divergenzen im Rahmen der konkreten Ausgestaltung der verschiedenen Regelungskonzep­ te erkennbar. Diese sollen im Folgenden zunächst zusammenfassend bewer­ tet werden und sind bei der Frage des Bedarfs für ein europäisches Sanktions­ regime vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen zu beachten.

I.  Problem der fehlenden Kohärenz auf europäischer Ebene trotz Bemühungen um Vollharmonisierung des Verbraucherschutzrechts Während der Harmonisierungsgrad bestimmter vertragsrechtlicher Aspekte im Europäischen Privatrecht vielfach unterschiedlich ist, verfolgt die VerbrRRL nun grundsätzlich den Ansatz der Vollharmonisierung. Sie konnte diesen aber nicht in allen Bereichen verwirklichen. Positiv hervorzuheben ist, dass sich der vollharmonisierende Ansatz bei den betrachteten vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten durchsetzen konnte,1104 auch wenn die Regelungen inhaltlich nicht un­ eingeschränkt zustimmungsfähig erscheinen. Wie bereits zuvor aufgezeigt, ist der Status quo im Hinblick auf die bei vorvertraglicher Verletzung der voll­ harmonisierten Informa­tions­pflichten geltenden Sanktionen unzureichend.1105 Die Generalklausel der Sanktionierung nach Art. 24 VerbrRRL1106 steht in kei­ nem Verhältnis zur ausufernden Regulierung der vorvertraglichen Informa­tions­ 1104  Dies

139 f.

neben dem Widerrufsrecht betonend auch Hall/Howells/Watson, ERCL 2012,

1105 Ebenso Micklitz/Rott, in: Dauses/Lduwigs (Hrsg.) EU‑Wirtschaftsrecht, H. V. Ver­ braucherschutz, Rn. 217; ebenso wohl Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im Acquis, S. 157, 162 f.; Wilhelmsson, ebd., in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), S. 245, 246. 1106  Dazu oben S. 139.

338

Vierter Teil: Sanktionen

pflichten und der Beschränkung auf einzelne Sanktionen. Ansonsten verweist die VerbrRRL ebenso wie die ECRL auf das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten der EU, sodass es unionsweit an einem kohärenten und transparenten Sanktions­ system mangelt. Hieran konnte auch die VerbrRRL im Ergebnis zumindest keine grundlegende Änderung bewirken. Mangels vereinheitlichten Sanktionsregimes vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen bleibt es in diesem wesentli­ chen Teilbereich des Vertragsrechts folglich beim derzeitigen Status quo – je nach anwendbarem mitgliedstaatlichem Recht drohen unterschiedliche Sanktio­ nen, sodass weiterhin ein nicht unbedeutendes Maß an Rechtsunsicherheit be­ stehen wird.1107 In der Konsequenz wird dieses Manko zum einen auf Seiten der Verbraucher nicht zu einer spürbaren Steigerung des Vertrauens in den grenz­ überschreitenden Online-Handel beitragen. Zum anderen existieren aus Sicht der Unternehmer weiterhin keine einheitlich geltenden Regelungen für grenz­ überschreitende Verträge. Zwar sind die Informa­tions­pflichten harmonisiert – im Fall der Verletzung kommt es jedoch jeweils auf das Recht des betroffenen Mitgliedstaats an, sodass auch hier ein deutlich erhöhtes Kostenrisiko im Ver­ gleich zu einer rein nationalen Ausrichtung des Handels droht. Demnach bleibt zu konstatieren, dass die VerbrRRL insoweit eine Chance vertan hat.1108 Fest­ zustellen sind allenfalls erste Annäherungsschritte zwischen einzelnen Rechts­ bereichen. Entsprechend der UGPRL und der Umsetzung in § 5a UWG verbietet die VerbrRRL beispielsweise eine Unterlassung ihrer zahlreichen vorvertrag­ lich zu erfüllenden Informa­tions­pflichten, was in der Konsequenz zumindest die Kohärenz zwischen Vertrags- und Lauterkeitsrecht fördern kann.1109 Insgesamt sind die nicht harmonisierten Sanktionsregelungen vor dem Hintergrund des grundsätzlich verfolgten Vollharmonisierungsansatzes der VerbrRRL als proble­ matisch zu bewerten, da dieser Ansatz durch die existenten Lücken und Verwei­ sungen auf nationale Sanktionen gerade konterkariert wird. In diesem Zusam­ menhang gilt es auch das Effektivitätsprinzip1110 und ständige Rechtsprechung des EuGH zu berücksichtigen, wonach ein Rückgriff auf nationales Recht im Falle fehlender Harmonisierung keinesfalls schrankenlos möglich sein soll, um eine Beeinträchtigung der Zielsetzung der Richtlinie ebenso wie der vorgesehe­ nen schützenden Instrumentarien zu vermeiden.1111 1107 

Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertrags­ schluss im acquis, S. 157, 167 f., hinterfragt in diesem Zusammenhang gar, ob eine Harmo­ nisierung der Informa­tions­pflichten ohne die Regelungen der Rechtsfolgen bei Verletzung überhaupt möglich ist. 1108  Siehe auch Weatherill, CMLRev 2012, 1279 ff.; i. d. S. die VerbrRRL auch kritisch be­ trachtend und diese vermittelnd als „unspectacular but useful consolidation“ bewertend Hall/ Howells/Watson, ERCL 2012, 139 ff., 166. 1109 Siehe Tonner, in: Tamm/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, § 3 Rn. 41; Micklitz/Reich, EWS 2012, 257. 1110  Dazu bereits S. 137 f. 1111  Wendehorst, GPR 2015, 55, 57.



J.  Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen339

Das europäische Sanktionsmodell ist gegenwärtig daher allenfalls rudimen­ tär existent und somit als unbefriedigend zu werten und widerspricht geradezu dem Desiderat der kohärenteren Gestaltung des Verbraucherrechts durch die verbraucherpolitische Strategie 2007. Neben all den im zweiten Teil genannten Aktionsplänen und Vorhaben sowie dem stetigen Ausbau des verbraucherschüt­ zenden Instruments vorvertraglicher Informa­tions­pflichten stellt sich die Frage, ob ergänzend zu den vertrauensschaffenden Maßnahmen nicht auch den Sank­ tionen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung eine bedeutendere oder gar eine tragende Rolle zuzumessen ist. Insbesondere indem diese präven­ tiv der Abschreckung im Sinne eines künftigen Unterlassens auf Anbieterseite dienen und im Umkehrschluss auf Seiten der Konsumenten eine Art Sicher­ heitsnetz für den Fall der Verletzung geltenden Verbraucherschutzrechts bieten. Zudem könnten diese das notwendige Vertrauen in den Online-Handel sowie im Bereich des grenzüberschreitenden Handels generell stärken und fördern. Klare, transparente und effektive Sanktionen, welche wie von den Richtlinien gefordert wirksam und abschreckend sind, könnten eine weitere effektive Maß­ nahme für den Abbau der Hemmnisse des grenzüberschreitenden Geschäftsver­ kehrs insbesondere im E‑Commerce und sonstigem Fernabsatzrecht darstellen. Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings ein effektives Sanktionssystem, dem tatsächlich präventiver Charakter zukommt und das auf europäischer Ebene auch einheitliche und verlässliche Sanktionierungen vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzungen im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträ­ gen gewährleistet. Da die zuvor untersuchten Richtlinien explizit auf die Sank­ tionen der mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen verweisen, ist zumindest nicht von einem schrankenlosen Rückgriff auszugehen. Aber es stellt sich zumindest die Frage, ob durch die fehlende Sanktionsregelung das verbraucherschützen­ de Instrument der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten nicht beeinträchtigt wird. In Zukunft könnten einheitliche Umsetzungsregelungen einerseits durch eine Vollharmonisierung auch der Sanktionen erreicht werden. Denkbar wäre insofern z. B. eine ergänzende Neufassung der VerbrRRL und zusätzlich das Wiederaufleben des ursprünglichen Plans eines optionalen Instruments wie dem GEK‑Vorschlag. Zusammenfassend lässt sich daraus ein konkreter Handlungsbedarf ableiten. Abgesehen von den unverbindlichen Vorschlägen des DCFR und GEK exis­ tiert nach derzeit geltendem Unionsrecht kein verbindliches und harmonisiertes Sanktionssystem. Vor dem Hintergrund des jüngst zurückgezogenen GEK‑Vor­ schlags und den neuen RL‑Vorschlägen wird dies leider auch vorerst so blei­ ben.1112 Ein künftiger Revisionsversuch muss jedoch auch die Harmonisierung der Sanktionen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen anstreben, selbst wenn ein Konsens in diesem Bereich vermutlich nicht einfach zu erzielen 1112 

Dazu oben, S. 18 ff.

340

Vierter Teil: Sanktionen

sein wird. Befürchtete Schwierigkeiten der Konsensfindung sind aber kein ge­ eignetes Argument, um am derzeit unbefriedigenden Status quo festzuhalten.

II.  Zusammenfassende Bewertung der Rechtsfolgen der Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten nach deutschem Recht unter Berücksichtigung des europäischen Sekundärrechts Das deutsche Recht ist im Bereich des Online- und Fernabsatzhandels ge­ prägt von Einflüssen des Unionsrechts. Wie in diesem vierten Teil dargestellt hat sich der deutsche Gesetzgeber in Anlehnung an die Richtliniensystematik dazu entschieden, lediglich wenige spezifische Sanktionen für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten in Fernabsatzverträgen vorzusehen, die regelmäßig auch für E‑Commerce-Verträge als besondere Fernabsatzver­ träge Geltung entfalten. Die Sanktionen betreffen speziell die Verletzung von Informa­tions­pflichten über Kosten1113 sowie die Verlängerung der Widerrufs­ frist1114 und sind folglich funktional an Verstöße gegen besondere Informa­ tions­pflichten geknüpft. Abgesehen von diesen speziellen Sanktionen greift wie ebenfalls aus dem vierten Teil ersichtlich in Fällen vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzungen im Übrigen das allgemeine Leistungsstörungsrecht des BGB.1115 Von einer statischen Regelung der Rechtsfolgen in den §§ 312b ff. BGB wurde mit der Begründung abgesehen, dass die zu erfüllenden Informa­ tions­pflichten von unterschiedlicher Art und Bedeutung seien, sodass die Re­ gelung von gleichen Rechtsfolgen nicht sachgerecht wäre.1116 Vielmehr wird das allgemeine Leistungsstörungsrecht als sachgerechtere Lösung erachtet, da dieses System für die Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten ebenso differenzierte wie effektive Sanktionen bieten könne.1117 Das allgemeine Leis­ tungsstörungsrecht des BGB kommt daher mit all seinen Besonderheiten, Mei­ nungsstreitigkeiten sowie der im Laufe der Jahre entwickelten Rechtsprechung zum Tragen und wirft im nationalen Kontext neben Konkurrenzfragen auch Schwierigkeiten bezüglich der Komplexität der Regelungen auf. Im Rahmen der sonstigen Rechtsfolgen stellen sich nämlich häufig Abgrenzungs- und Wer­ tungsfragen, die im Bereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts generell und häufig Anlass zu Diskussion geben. Solche Konkurrenzfragen auf nationa­ ler Ebene im Bereich des allgemeinen Leistungsstörungsrechts sind aufgrund der erhöhten Komplexität und Vielzahl generell denkbarer Pflichtverletzungen (z. B. Nichtleistung, Schlechtleistung, verspätete Leistung) hinzunehmen, um ein gewisses Maß an Flexibilität und Einzelfallgerechtigkeit zu gewährleisten. 1113 

§ 312e BGB und § 357 Abs. 6 BGB; s. o. S. 167 ff. § 356 Abs. 3 S. 2 BGB; s. o. S. 151 ff. 1115  Vgl. dazu die Erläuterungen in BT‑Drs. 14/6040, S. 173. 1116  BT‑Drs. 14/6040, S. 173. 1117  Vgl. BT‑Drs. 14/6040, S. 173. 1114 



J.  Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen341

Neben der wohl in vielen Fällen vorvertraglicher Pflichtverletzungen einschlä­ gigen und daher typischen allgemeinen Rechtsfolge der Haftung aus c. i. c. kom­ men nach deutschem Recht, wie im vierten Teil eingehend dargestellt, u. a. die Anfechtung des Vertrags, die Anwendbarkeit der Gewährleistungsrechte oder kollektive Sanktionen des Wettbewerbsrechts in Betracht. Wie ebenfalls in die­ sem vierten Teil zu den einzelnen Sanktionen jeweils aufgezeigt1118 ist das Kon­ kurrenzverhältnis dieser Sanktionen und Rechtsbehelfe untereinander jedoch häufig umstritten. Die unterschiedlichen Schutzzwecke und Anspruchsvoraus­ setzungen können im Ergebnis zu erheblichen Wertungswidersprüchen führen, die es grundsätzlich zu vermeiden gilt. Auch wenn die angenommene Vorzugs­ würdigkeit der Anwendung des allgemeinen Leistungsstörungsrechts aus Sicht des nationalen Gesetzgebers durchaus zutreffen mag, ist zu beachten, dass diese Begründung aus dem Jahre 2001 stammt. Inzwischen ist mehr als ein Jahrzehnt vergangen und in dieser Zeit konnten bedeutende Fortschritte der europäischen Integration und Rechtsvereinheitlichung im Europäischen Vertrags- und Ver­ braucherschutzrecht erzielt werden. Daher erscheint es fraglich, ob dieser An­ satz, vermutlich getragen von dem bekannten „alt und bewährt“-Gedanken, aus europäischem Blickwinkel betrachtet weiterhin Geltung beanspruchen kann und sollte. Auch wenn der von vielen erhoffte Meilenstein im Sinne eines op­ tionalen Modells oder einheitlichen europäischen Vertragsrechts bislang nicht erreicht wurde, so kann und darf die zunehmende Annäherung der Rechtsord­ nungen im Hinblick auf das übergeordnete Ziel tatsächlich einen gemeinsamen Binnenmarkt in der EU zu errichten nicht außer Acht gelassen werden. Die ge­ setzgeberischen Erwägungen hinsichtlich des Sanktionskonzepts sind daher in Frage zu stellen, wenn man tatsächlich das Potential gerade im Online-Handel und bei sonstigen Fernabsatzgeschäften optimierend ausschöpfen möchte. Insgesamt erscheint eine abschließende Bewertung hinsichtlich Effekti­ vität und Praktikabilität der Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflicht­ verletzungen nach nationalem Recht schwierig. Die Vielfalt der möglichen Sanktionen gewährt einerseits einen effektiven Schutz des Informationsgeschä­ digten. Dieser wird häufig mehrere Optionen haben, Kompensation für den durch die vorvertragliche Informationspflichtverletzung erlittenen Schaden zu verlangen oder von dem Vertrag Abstand zu nehmen. Positiv formuliert, steht daher der Vielzahl an Pflichten eine Fülle an unterschiedlichen Sanktionen ge­ genüber. Umgekehrt kann dieser Status quo der Sanktionen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen nach deutschem Recht aber auch als eine für den juristischen Laien oder ausländischen Rechtsanwender schier unübersicht­ liche Situation beschrieben werden. Vergleichbar einem Potpourri schöpfen die verschiedensten dargestellten Sanktionen für Fälle vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzungen nahezu die gesamte Sanktionspalette des BGB aus, 1118 

Siehe z. B. eingehend zu Konkurrenzfragen der Anfechtung S. 233 ff.

342

Vierter Teil: Sanktionen

sind aber gleichermaßen geprägt von damit verbundenen streitigen Konkurrenz­ fragen. Folglich liegt der Schluss nahe, einen Mangel an Sanktionen ausdrück­ lich zu verneinen, was wiederum vor dem Hintergrund zu begrüßen ist, dass Rechtspflichten ohne korrespondierende Sanktionen der Rechtsordnung eher fremd sind.1119 Nach aktueller Rechtslage kommen wie bereits dargelegt neben den wenigen spezifisch geregelten Sanktionen für die untersuchten Vertriebs­ formen neben der verlängerten Widerrufsfrist oder der Button-Lösung vorwie­ gend Sanktionen nach allgemeinem Vertrags- und Leistungsstörungsrecht in Betracht. Folglich ist die zuvor genannte These dahingehend zu präzisieren, dass es zwar nicht an Sanktionen, aber an einem speziellen und abschließend ge­ regelten Sanktionssystem für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen fehlt. Ob ein solches auf nationaler Ebene tatsächlich einen Mehrwert bringen würde und demnach wirklich erforderlich ist, mag bezweifelt werden, da nach deutschem Recht trotz der bestehenden Konkurrenzprobleme zumindest die Grundsätze des Zu­ sammenspiels zwischen dem allgemeinem Leistungsstörungsrecht und den we­ nigen spezifischen Sanktionen weitgehend geklärt scheinen. Mit Blick auf die Bedeutung der Sanktionen sollte übereinstimmend mit insoweit zutreffender Literaturauffassung das allgemeine Leistungsstörungsrecht neben den speziel­ len Sanktionen und den wettbewerbsrechtlichen Sanktionen grundsätzlich eine untergeordnete Rolle spielen.1120 Dies bedeutet nicht, den allgemeinen Sanktio­ nen vollständig die Bedeutung abzusprechen. Im Gegenteil sollte diesen viel­ mehr flankierender Schutzcharakter für typische, in ihren Anwendungsbereich fallende Informa­tions­pflichtverletzungen wie beispielsweise den Fällen der arg­ listigen Täuschung zukommen. Insgesamt sprechen die vorhergehenden Erwägungen für die Notwendig­ keit eines einheitlichen Sanktionsregimes auf europäischer Ebene. Ein solches könnte insgesamt die Transparenz des vorvertraglichen Informationsmodells erhöhen und für Verbraucher aber auch Unternehmer mehr Rechtssicherheit mit sich bringen sowie gleichzeitig die Anwendung für den Rechtsanwender er­ leichtern und Transaktionskosten senken.

III.  Möglicher Vorbildcharakter der Sanktionsregelungen des DCFR und des GEK‑Vorschlags Nach Feststellung des konkreten Handlungsbedarfs auf europäischer Ebene schließt sich zwingend die Frage an, ob den Sanktionssystemen der ausgewähl­ 1119 Vgl.

Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 37 m. w. N.; zurückhaltender bezüglich der primär allgemeinen Sanktionen des Leistungsstörungsrechts NK BGB/Ring, § 312d BGB a. F., Rn. 18; ders. weitergehend in der Vorauflage NK BGB/Ring, 2. Aufl. 2012, § 312c BGB a. F., Rn. 28, vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen blieben weitgehend sanktionslos. 1120  Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155 ff.



J.  Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen343

ten Regelwerke Vorbildcharakter zukommen kann und diese als „toolbox“ die­ nen können. Wie aufgezeigt weisen beide Regelwerke jeweils eine spezielle Vorschrift mit Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen auf.1121 Eine gesonderte Sanktionsregelung anstelle verstreuter Einzelbestim­ mungen erscheint als Ausgangspunkt unabdingbar.1122 Ob die Regelung des Art. II. – 3:109 DCFR und/oder des Art. 29 GEK‑Vorschlags nach derzeitigem Stand tatsächlich geeignet sind, eine Vorbildfunktion für künftig wünschens­ werte Entwicklungen im genannten Sanktionssektor zu übernehmen, erscheint jedoch fraglich. Im Gegensatz zur VerbrRRL sieht der DCFR fortschrittlich eine eigenständi­ ge Regelung für Sanktionen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung vor. Die bloße Existenz einer solchen Sanktionsregelung allein vermag jedoch nicht die Sicherung dieses wie aufgezeigt essentiellen Schutzinstruments vor allem im Bereich des Verbraucherrechts zu bewirken. Inwiefern die Regelung tatsächlich auch praktikabel und geeignet ist, bedarf einer näheren Betrach­ tung. In der Literatur erfährt insbesondere der gewählte undifferenzierte An­ satz Kritik und es wird insofern die Fortsetzung der „Pauschalierungstendenz“ der Rechtsfolgenregelung und die fehlende Konkretisierung kritisiert.1123 Be­ trachtet man die in den einschlägigen Richtlinien vorgesehenen Informa­tions­ pflichten, wird deutlich, dass diese unterschiedliche Funktionen wahrnehmen je nach Regelungsgehalt, sodass als Folgerung hieraus eine einheitliche Sanktio­ nierung als verfehlt zu erachten ist.1124 Dennoch fehlt es im DCFR‑Vorschlag an einer konkreten Zuordnung der Rechtsfolgen in Anlehnung an die Funktio­ nen der verletzten vorvertraglichen Informa­tions­pflicht ebenso wie an institu­ tionellen Rechtsbehelfen.1125 Da die einzelnen Rechtsfolgen nicht an bestimmte Arten von Pflichtverletzungen angeknüpft werden, wird zu Recht kritisiert, dass der Informationsgeschädigte beliebig zwischen den Sanktionen wählen könne und diese somit unabhängig von der jeweiligen Informa­tions­pflichtverletzung greifen sollen.1126 Andererseits erscheint eine gewisse Pauschalisierung vor 1121  Art. II. –

3:109 DCFR, s. o. S. 141 f., sowie Art. 29 GEK‑Vorschlag, dazu S. 142 ff. Grigoleit, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Ver­ tragsschluss im acquis, S. 201, 227. 1123  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545; erneut Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 251. 1124  Im Ansatz auch Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545. 1125  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Re­ vision des Verbraucher-acquis, S. 223, 251 ff.; ebenso Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545, welche den pauschalierenden Ansatz des DCFR kritisch betrachten. 1126  Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545; eben­ so Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 251. 1122 Ebenso

344

Vierter Teil: Sanktionen

dem Hintergrund hinzunehmen, eine gemeinsame Prinzipien berücksichtigen­ de und insgesamt akzeptable Modellregelung eines solchen Referenzwerks zu finden.1127 Entsprechend fällt auch die Bewertung zu der Sanktionsvorschrift im GEK‑Vorschlag aus. Die spezifische Regelung der Rechtsfolgen bei vorver­ traglicher Informa­tions­pflichtverletzung ist ein wichtiger Fortschritt und im Grundsatz zu begrüßen, auch wenn die Konzeption ähnliche Schwächen wie die in Teilen als Vorbild dienende Sanktionsvorschrift des DCFR aufweist. Neben der etablierten Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist ist zunächst positiv der auf Entschädigung in Geld gerichtete verschuldensunabhängige Schadensersatzanspruch hervorzuheben, der als Grundregel vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen sanktionieren soll. Dieser ist als der deutschen c. i. c.‑Haftung zwar grundsätzlich ähnlich, aber dennoch vorzugswürdig an­ zusehen, da aufgrund der Beschränkung auf Geldersatz die nach deutschem Recht umstrittene Möglichkeit der Vertragsaufhebung im Wege der c. i. c. aus­ geschlossen ist.1128 Ferner soll entsprechend dem DCFR auch die Sanktion der Anfechtung des Vertrags in Betracht kommen. Im Gegensatz zum DCFR sieht der GEK‑Vorschlag auch die spezielle Rechtsfolge der Button-Lösung für elek­ tronisch geschlossene Verträge vor, was im Hinblick auf die anzustrebende Ko­ härenz mit den Regelungen der VerbrRRL ebenfalls ein wichtiger Aspekt ist. Die einzelnen Sanktionen sind demnach grundsätzlich sinnvoll und auch als ausreichend sanktionsfähig zu bewerten. Negativ an dieser Regelung erscheint jedoch insbesondere die Gewährung von Schadensersatzansprüchen oder An­ fechtungsrechten ohne jegliche Einschränkung oder Differenzierung.1129 Nach teilweiser Literaturansicht wird die Sanktionsvorschrift des Art. 29 GEK‑­ Vorschlag aufgrund der fehlenden Differenzierung aus Unternehmersicht aber gar als besorgniserregend bezeichnet.1130 Signifikant ist daher die jeweils am­ bivalente Bewertung beider Sanktionsvorschriften. Insoweit muss die Antwort auf die Frage der möglichen Vorbildfunktion differenziert ausfallen. Unter Be­ rücksichtigung der genannten Kritikpunkte kann eine einfache Übernahme der analysierten Regelungen beider Regelwerke nicht die zu bevorzugende Lösung sein. Allerdings sind hier jeweils bereits wichtige Sanktionen berücksichtigt und somit grundlegend gute Ansätze erkennbar. Im Ergebnis könnte eine Zu­ sammenführung beider Vorschriften ergänzt durch klarstellende Regelungen sowie Kollektivsanktionen eine mögliche und erstrebenswerte Vorreiterrolle für ein zukunftsfähiges Konzept der Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzungen für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sons­ 1127 So Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 235, mit Verweis auf das Beispiel der Anfechtung. 1128 Ebenso Krüger, GPR 2014, 182, 191. 1129  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277. 1130  Eidenmüller/Jansen/Kieninger/Wagner/Zimmermann, JZ 2012, 269, 277.



J.  Zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen345

tiger Fernabsatzverträge einnehmen. Vor dem Hintergrund des insoweit fest­ gestellten Handlungsbedarfs und Verbesserungspotentials, folgt im fünften Teil ein Vorschlag eines möglichen europäischen Sanktionsmodells für vorvertrag­ liche Informa­tions­pflichtverletzungen.

Fünfter Teil

Vorschlag eines Sanktionssystems bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung im elektronischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten auf wesentliche Kernaspekte als „notwendige Vorstufe“ Im Anschluss an die Feststellung des derzeit unbefriedigenden Status quo der Sanktionen bei Verletzungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten auf euro­ päischer Ebene, widmet sich dieses Kapitel künftigen Entwicklungen, insbeson­ dere einem eigenen Vorschlag für ein mögliches europäisches Sanktionsmodell. Ungeachtet der Annahme eines derzeit in der Krise befindlichen Europas,1 ist die Europäische Union in den vergangenen Jahren verstärkt zusammen­ gewachsen, was insbesondere die Entwicklungen im Bereich des Europäischen Privatrechts belegen. Auch wenn derzeit kein einheitliches europäisches Kauf­ recht oder gar ein europäisches Zivilgesetzbuch besteht,2 so kann und soll­ te dies im Hinblick auf die weiter fortschreitende Harmonisierung des Euro­ päischen Privatrechts für die Zukunft nicht ausgeschlossen werden. Hier gilt wohl das altbekannte Sprichwort „Gut Ding will Weile haben“ – oder mit an­ deren Worten: Soll die Idee eines europäischen Zivilgesetzbuchs eines Tages nicht nur gelingen, sondern gut gelingen, dann bedarf es natürlich einer ge­ wissen Zeit.3 In diesem Zeitraum der Entwicklung spielen neben dem acquis communautaire insbesondere die Rechtstraditionen der Mitgliedstaaten sowie 1  Dies leider als Fakt bezeichnend Lagarde, in: Fallon/Lagarde/Poillot-Peruzzetto (Hrsg.), S. 365; als bedeutende politische Beispiele für die Krise sind nur der „Brexit“ oder die Unstim­ migkeiten in der Flüchtlingskrise zu nennen. 2 Ob die Zeit hierfür reif ist oder nicht, wurde bereits viel diskutiert, vgl. statt vieler ­Schulze, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 15 m. w. N. 3  Ähnlich auch Hondius, in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 21, 28, der für „take your time“ plädiert; siehe zudem den Überblick der Bestrebungen zu einem europäischen Vertragsrecht von Herresthal, in: Langenbucher (Hrsg.), Europäisches Privat- und Wirtschaftsrecht, § 2, S. 73; der zeitliche Druck wird häufig im Zusammenhang mit der Erarbeitung des DCFR kri­ tisiert, diesen als „stepping stone“ auf dem Weg zu dem CFR bezeichnend Twigg-Flesner, in: Schulze (Hrsg.), Common Frame of Reference and Existing EC Contract Law, S. 90, 124.

348

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

die rechtsvergleichenden und auf europäischer Ebene entwickelten Vorarbei­ ten eine herausragende Rolle.4 Qualitativ gute Regelungsansätze können über­ nommen, umstrittene oder vielfach kritisierte Regelungen optimiert werden und eines Tages in eine europäische Kodifikation eingehen. Insbesondere könnte zunächst die Harmonisierung eines bedeutenden vertragsrechtlichen Sektors wie des Kaufrechts den Weg insofern ebnen, als dass vereinheitlichende Re­ gelungen für andere Vertragstypen leichter folgen können.5 Ein kleiner, aber bedeutender Bestandteil dieses Zivilgesetzbuchs könnte den vorvertraglichen Informa­tions­pflichten sowie den Sanktionen bei Verletzung ebendieser zukom­ men. Eine Übernahme des derzeitigen Status quo ist jedoch im Hinblick auf Rechtssicherheit und Vertrauensschutz nicht erstrebenswert. Insbesondere be­ dürften zunächst die im Laufe der Jahre ausufernd geregelten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten einer Konsolidierung – weg von der Informationseupho­ rie und hin zur Rückbesinnung auf das Wesentliche. Somit wird der „informa­ tion overload“ zu Recht kritisiert6 und die Forderung nach der Ausweitung des Schutzes durch „more powerful remedies“ und somit effektive Sanktionen in der Phase nach Vertragsschluss erscheint dringend geboten.7 Dieser Auffassung ist mit dem weiteren Argument zuzustimmen, dass gesetzlich normierte Pflich­ ten ohne entsprechende Sanktionen selten und wenig sinnvoll sind.8 Als Basis eines möglicherweise künftig auf europäischer Ebene existenten Sanktionssys­ tems wird daher die Reduktion der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten als unabdingbare und fundamentale Weichenstellung erachtet. Hierbei gilt es ins­ besondere zwei Faktoren zu berücksichtigen: Zum einen die Bedeutung der In­ formation für die Entscheidung des Berechtigten und zum anderen dessen „Ab­ sicherung“ für den Fall eines Informationsverstoßes.9 Im Folgenden wird daher nach Erörterung möglicher Lösungsansätze für die Reduzierung der zu umfas­ senden Informa­tions­pflichten ein eigener Vorschlag zur Regelung der vorver­ traglichen Informationshaftung unterbreitet. 4 Nach

Magnus, ZEuP 2007, 260, 262, ist in diesem Zusammenhang die breite Rechtsver­ gleichung essentiell für ein einheitliches europäisches Vertragsrecht, hierfür können u. a. be­ reits geleisteten Vorarbeiten der PECL als Basis dienen. 5 So Hondius, in: Colombi Ciacchi (Hrsg.), S. 21, 27; kritischer hingegen Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, 207. 6  Vgl. z. B. Ben-Shahar, ERCL 2009, 1 ff.; zurückhaltender Faust, in: Eidenmüller/Faust/ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 208; Konecny, S. 214. 7 Siehe Mak, in: Devenney/Kenny (Hrsg.), European Consumer Protection, S. 21, 40, al­ lerdings speziell in Bezug auf Verbraucherkredite. 8  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 37. 9 Ähnlich Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 208, der dies unter der Prüfung des Nutzens der Auf­ klärung allerdings als ein Kriterium zusammenfasst und als zweites Kriterium auf alternative Wege die Informationen zu erlangen abstellt.



A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten349

I.  Künftige Lösungsansätze Die Harmonisierung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im elektro­ nischen Geschäftsverkehr sowie bei sonstigen Fernabsatzverträgen trägt der grundsätzlich zutreffenden Annahme Rechnung, dass die zunehmende Tech­ nisierung und Komplexität insbesondere im Rahmen des grenzüberschreitenden (Online-)Handels einen erhöhten Informationsbedarf der Verbraucher fordert.10 In diesem Zusammenhang drängen sich unweigerlich zwei bedeutende Fragen auf. Erstens, ob eine übermäßige Fülle an Informationen tatsächlich die Rechts­ stellung des Verbrauchers verbessert oder nur unnötige Kosten verursacht, wel­ che die Unternehmer im Ergebnis auf die Verbraucher abwälzen.11 Zweitens ist fraglich, ob der Verbraucherschutz im Sinne des Schutzes einer „schwächeren“ Partei nicht zwischenzeitlich überholt und daher zu überdenken ist. Das Informationsbedürfnis nämlich strikt auf B2C‑Verträge zu reduzie­ ren würde verkennen, dass auch in B2B‑Situationen eine Disparität der Ver­ tragspartner denkbar ist.12 Diesen Ansatz versucht der GEK‑Vorschlag mit der grundsätzlichen Einbeziehung zumindest von KMU zu berücksichtigen.13 Pro­ blematisch ist jedoch der beträchtliche Umfang der vor Vertragsschluss zu ertei­ lenden Informa­tions­pflichten in B2C‑Verträgen, da der tatsächliche Nutzen für Verbraucher bezweifelt werden kann. Somit ist gegenüber der Übertragung die­ ser weitreichenden vorvertraglichen Informa­tions­pflichten auf den B2B‑Sektor Vorsicht geboten.14

1.  Gefahr des Negativ-Effekts zu umfangreicher vorvertraglicher Informa­tions­pflichten Ob die Informa­tions­pflichten überhaupt für das Entscheidungsverhalten von Verbrauchern oder sonstigen Kunden von Bedeutung sein können ist nicht nur zweifelhaft und zu hinterfragen,15 sondern wird teilweise auch durch empirische 10  Allgemein

auch Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 72. hierzu auch die allgemeinen Erwägungen von van den Bergh, Wer schützt die europäischen Verbraucher vor dem Brüsseler Verbraucherschutz? Zu den möglichen adver­ sen Effekten der europäischen Richtlinien zum Schutze des Verbrauchers, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), S. 77, 79; ähnlich auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/­ Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 261, der jedoch von für die Unternehmen „diffusen“ Kosten spricht. 12  Grigoleit, Vorvertragliche Informationshaftung, S. 72; Fleischer, ZEuP 2000, 773, 796. 13  Vgl. zum persönlichen Anwendungsbereich des GEK‑Vorschlags bereits oben, S. 71 ff. 14  Grigoleit in Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revisi­ on des Verbraucher-acquis, S. 223, 262. 15  Vgl. z. B. Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 62; Rott, VuR 2016, 281, 282; dazu auch Gießelmann, S. 353 ff.; kritisch auch Grigoleit in Eidenmüller/Faust/­ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 247 ff. m. w. N. 11 Vgl.

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Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

Studien widerlegt.16 So wird weitläufig vertreten, dass ein Mensch nur eine ge­ wisse Anzahl an Informationen wahrnehmen und verarbeiten kann.17 Wird die Schwelle der verwertbaren Informationen überschritten, so fördert dies nicht die Entscheidungsfreiheit, sondern beeinträchtigt sie sogar.18 Dies entspricht der vergleichbaren Problematik einer Vielzahl undurchsichtiger AGB‑Klauseln im sog. Kleingedruckten, die regelmäßig keine Beachtung finden. Provokan­ ter ist die These eines amerikanischen Professors, Informa­tions­pflichten seien gar wirkungslos.19 Dies vermag aufgrund der Vielzahl der Informationen nicht zu verwundern. Auch wenn im Verbraucherschutzrecht insgesamt eine all­ gemeine Aufklärungspflicht abgelehnt wird20 und der unionsrechtliche Ansatz der Einzelregelungen gegenüber einer Generalklausel über eine Aufklärungs­ pflicht grundsätzlich zu begrüßen ist,21 ist die enorme Anzahl der vorvertraglich zu erteilenden Informationen dringend zu überdenken.22 Nach überwiegender Auffassung besteht daher Einigkeit darüber, dass eine Informationsflut bei Ver­ 16  Siehe die Anmerkung von Schwintowski zu einem Vortrag zu Informa­tions­pflichten An­ fang April 2016 in Berlin unter dem bezeichnenden Titel „… denn wir wissen nicht, was wir tun!“, VuR 2016, 241 f., der insbesondere moniert, dass Studien fehlen, die eine insgesamt positive Wirkung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten belegen könnten und sich für die Einführung einer Wirkungsanalyse ausspricht, mit deren Hilfe entscheidungsrelevante In­ formationen extrahiert werden sollen; ähnlich Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jan­ sen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 247 f. m. w. N.; ­Fleischer, ZEuP 2000, 773, 788. 17  Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155; Schulze/Zoll, Europäisches Vertragsrecht, § 3, Rn. 62, bezeichnen dies als „erschlagen“ durch zu viele Informationen; ebenso Fleischer, ZEuP 2000, 772, 787 f.; weniger kritisch Mankowski, CR 2001, 767, 769 f. 18 Vgl. Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 248 mit Verweis auf Paredes, Washington Univer­ sity Law Review, 2003, 417, 440 ff. 19 So Ben-Shahar/Chilton, Simplification of privacy disclosures  – an experimental test, abrufbar unter ; siehe auch die Pressemitteilung des Sachverständigenrates für Verbraucherfragen vom 7. April 2016 – „Verbraucherinformation richtig gestalten“, abrufbar unter ; darauf bezugneh­ mend auch Schwintowski, VuR 2016, 241; siehe auch Grigoleit in Eidenmüller/Faust/Grigoleit/ Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 248 m. w. N. 20  Das Regel-Ausnahme-Verhältnis ebenfalls befürwortend Fleischer, ZEuP 2000, 773, 798. 21  Wohl auch Mota Pinto, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 162 f., nach dessen Auffassung dem Unionsrecht keine all­ gemeine Informa­tions­pflicht, wohl aber ein Täuschungsverbot innewohnt; wiederum von spe­ zifizierten Aufklärungspflichten ausgehend Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/ Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223 ff.; entsprechend kri­ tisch zum generalistischen Ansatz des DCFR Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/ Zimmermann, JZ 2008, 529, 545. 22 Verstärkt wird das Problem des großen Umfangs der vorvertraglichen Informa­ tions­ pflichten in bestimmten Sonderfällen, wie z. B. der Buchung einer Reise im Internet, wenn im elektronischen Geschäftsverkehr zu erfüllende vorvertragliche Informa­tions­pflichten mit sol­ chen des Reiserechts zusammentreffen.



A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten351

brauchern und Kunden im Allgemeinen mehr zu Verwirrung als zur gewünsch­ ten Aufklärung beiträgt.23 Daher wird die in verschiedenen Verbraucherschutz­ richtlinien zum Ausdruck kommende „Informationseuphorie“ zu Recht kritisch betrachtet24 und zutreffend argumentiert, dass ein „Informationsbombarde­ ment“ nicht die gewünschte Vertragstransparenz zu begründen vermag.25 Kor­ respondierend dazu werden Unternehmer vor die enorme Herausforderung ge­ stellt den komplexen Informationsanforderungen gerecht zu werden, was zu einer schwer kalkulierbaren, unnötigen Erhöhung der Transaktionskosten im Warenverkehr führt26 und gerade für KMU eine erhebliche Belastung darstellt. Eine unüberschaubare Anzahl an verschiedensten Informationen kann somit für alle Vertragsbeteiligten kontraproduktive Wirkung entfalten. Neben dem negati­ ven Kostenfaktor für Unternehmer wird sich der Verbraucher durch die unüber­ schaubare Informationsfülle eher überfordert fühlen, als mögliche Konsequenz hieraus resignieren und sich folglich mit keiner der bereitgestellten Informatio­ nen wirklich auseinandersetzen. Daher verbietet der Rechtscharakter der vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichten als verbraucherschützendes Instrument streng genommen eine Vielzahl an Informa­tions­pflichten, wenn diese regel­ mäßig zur Nichtbeachtung führen werden und damit für die Entscheidungsbasis und -freiheit des Verbrauchers an Wirkung verlieren. Auch wenn Studien sich zum Teil auf Informa­tions­pflichten für Finanzdienstleistungen und Versicherun­ gen bezogen, so lässt sich die Kernthese und die Frage nach der tatsächlichen Wirksamkeit auch auf vorvertragliche Informa­tions­pflichten im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen übertragen. Dafür spricht der sog. ErstRecht-Schluss, wenn man bedenkt, dass Verträge über Finanzdienstleistungen oder Versicherungen in der Regel eine größere Tragweite und Bedeutung haben 23  Die Schädlichkeit zu vieler Informationen erwägend z. B. Faust, in: Eidenmüller/Faust/ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 208; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 248 m. w. N.; Paredes, Washington University Law Review, 2003, 417, 440 ff. 24  Eingehend und überzeugend van den Bergh, in: Ott/Schäfer (Hrsg.), S. 77, 84; siehe dazu auch Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 275 f.; Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 260 f.; insgesamt kritisch zu Neuerungen durch die VerbrRRL auch Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Das neue Schuldrecht, Kapitel 4, Rn. 1 ff., Rn. 54. 25 Zutreffend Martinek, NJW 1997, 1393, 1396; dies aufgreifend auch Remien, Zwin­ gendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 275 f.; ähnlich Konecny, S. 214. 26  Vgl. BT‑Drs. 16/11643, S. 69 f., wonach sich die Kosten der Anpassungen an die neuen Vorgaben in Umsetzung der VerbrRRL nicht genau beziffern lassen; zum Problem der Un­ sicherheit ordnungsgemäßer Informationserfüllung durch Unternehmer Schulze/Zoll, Euro­ pean Contract Law, Chapter 3, Rn. 62; die erhöhten Kosten auch berücksichtigend Faust, in: ­Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucheracquis, S. 201, 205 ff.

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Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

als z. B. die Bestellung einer nicht zwingend hochpreisigen Ware im OnlineHandel. Die Fülle an Informa­tions­pflichten war auch ein bedeutender Kritik­ punkt am GEK‑Vorschlag, der ohne die erforderliche Transparenz die Pflichten im vorvertraglichen Kontext vervielfältigt und diese dann mit zu weitreichen­ den Sanktionen versieht.27 So wird der generell als positiv zu wertende Ansatz des GEK‑Vorschlags einer speziellen Sanktionsvorschrift für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen, durch die zum Teil weitreichende Sanktionie­ rung nicht hinreichend klar geregelter Informa­tions­pflichten leider konterka­ riert.28 Aufgrund des Charakters als zunächst geplantes optionales europäisches Kaufrecht hätte der Vorschlag die Möglichkeit nutzen sollen, insoweit eine Re­ vision des acquis communautaire anzustreben und ein insgesamt überzeugen­ deres Informations- und Sanktionsmodell anzubieten. Darüber hinaus sollte auch der Inhalt der zu erteilenden Informationen einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Als eines der bedeutendsten Trans­ parenzkriterien ist die viel diskutierte Sprachproblematik zu sehen, d. h. in wel­ cher Sprache die Informationen zu erteilen sind.29 Leider wurde es im Rahmen der VerbrRRL versäumt, eine Informa­tions­pflicht des Unternehmers über die in Bezug auf Informationen und Vertragsschluss verwendete Sprache zu statuie­ ren, wie dies z. B. in Art. 10 Abs. 1 lit. d) ECRL vorgesehen ist.30 Auch wenn dies eine weitere Informationsverpflichtung bedeuten würde, wäre es hinzuneh­ men, da die gewählte Sprache unabdingbare Voraussetzung für die Kenntnis­ nahme und Verständlichkeit der erteilten Informationen ist. Die Idee, alternativ zur Reduzierung des Pflichtenkatalogs erhöhte Anforderungen an die Präsen­ tation der Informationen zu stellen, um die Kenntnis und Wahrnehmung zu er­ leichtern, vermag jedoch nicht wirklich zu überzeugen, denn dies würde einem Bewertungsprozess gleichkommen und erscheint daher kaum praktikabel.31 Im Ergebnis ist der große Umfang der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten übereinstimmend mit einigen Stimmen in der Literatur als negativ zu bewerten. Diese sind weniger vertrauensfördernd als vielmehr kontraproduktiv, da der Durchschnittsverbraucher vor einer solchen Informationsflut wohl in der Regel kapitulieren wird, anstatt alle gebotenen Informationen eingehend zur Kennt­ nis zu nehmen. Es sollte daher kritisch hinterfragt werden, ob der Verbraucher tatsächlich derart vieler Informationen im Vorfeld des Vertragsschlusses bedarf, oder ob nicht manche Informationen auch nach Abschluss des Vertrags erteilt werden können und der Verbraucher sie gegebenenfalls bei Bedarf zur Kenntnis 27 Vgl. Grigoleit, ZSE 2011, 560, 567; Konecny, S. 214. 28  Im Ergebnis wohl übereinstimmend Grigoleit, ZSE 2011,

560, 567. zum Entwurf der VerbrRRL verwundert, wie wenig Beachtung dieser heiklen Frage zuteil werde Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 282 f.; Hörmann, S. 110 m. w. N. 30  Dies bereits zum Vorschlag kritisierend Micklitz/Reich, EuZW 2009, 279, 282 f.; Hörmann, S. 110. 31  So wohl auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 249 m. w. N. 29  Bereits



A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten353

nimmt. In jedem Fall sollten künftige europäische Revisionsbemühungen von einer Übertragung der ausufernden B2C‑Informa­tions­pflichten auf B2B‑Ver­ träge absehen.32 Wie im zweiten Teil unter A. II. aufgezeigt, hat sich das Bild des Verbrau­ chers bedeutend gewandelt – zunächst als unmündig und dumm betrachtet,33 wird heute der Maßstab eines informierten Durchschnittsverbrauchers zugrun­ de gelegt.34 Gerade vor dem Ausgangspunkt des informierten Verbrauchers sind vorvertragliche Informa­tions­pflichten ein bedeutendes Schutzinstrument. Den­ noch können auch noch so umfangreiche vorvertragliche Informa­tions­pflichten nicht sämtliche Schwächen oder Defizite ausgleichen und daher für sich ge­ nommen keinen allumfassenden Schutz gewährleisten.35 Dies gilt insbesonde­ re, wenn Sprachbarrieren hinzukommen. Sofern es sich bei den Informa­tions­pflichten um den Unternehmer begüns­ tigende handelt, wie beispielsweise die Information über die Pflicht zur Ver­ sandkostentragung, wird diesen teilweise eine sinnvolle Funktion abgespro­ chen, als der Unternehmer bereits ein eigenes Interesse an der Einbeziehung in den Vertrag hat.36 Zudem bleibt zweifelhaft, ob solche Pflichten konstituie­ rende Regelungen ausreichen, um Verbrauchern eine faire Chance der Teil­ nahme am Markt bzw. Wirtschaftsleben zu bieten.37 Nach zum Teil vertretener Auffassung könnte eine Art Nachfragemodell Abhilfe schaffen, indem die ge­ wünschten Informationen beim Unternehmer zu erfragen wären.38 Dies würde den Verbraucher zwar vor unnötigen Informationen schützen, ihn aber gleich­ zeitig übermäßig benachteiligen, indem ihm eine weitreichende Obliegenheit der Nachfrage aufgebürdet würde und er hierfür die relevanten Informationen zunächst selbst identifizieren müsste und ist aus diesen Gründen abzulehnen.39 Als mögliche Kompromisslösung könnte hingegen ein im Umfang deutlich reduzierter, vorvertraglich zu erfüllender Informationskatalog für Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr als auch für sonstige Fernabsatzverträge vor­ 32 Ausdrücklich gegen eine Verallgemeinerung auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/­ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 232. 33  So wohl noch in der EuGH Entscheidung „Prantl“, Rs. 16/83, Rn. 24 f. 34  Dazu auch Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 276; Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 50, fordert daher, Unternehmern nicht unnötige Kosten für die Informationserfüllung aufzubürden. 35 Ähnlich Remien, Zwingendes Vertragsrecht und Grundfreiheiten des EG‑Vertrages, § 12, S. 276. 36  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 243. 37 Ähnlich Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 50. 38  Diese Möglichkeit im Rahmen generalklauselartiger Aufklärungspflichten aus Kosten­ gesichtspunkten erwägend, aber im Ergebnis dieser ggü. als nachteilig ablehnend Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucheracquis, S. 201, 208 f. 39  I. E. ebenso Faust, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 201, 209.

354

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

gesehen werden. Für den Versicherungssektor sowie den Bereich der Finanz­ dienstleistungen wird insofern eine Reform der bekannten Informationsmodel­ le hin zu einem „relevanzbasierten Informationskonzept“ gefordert.40 Demnach sollen mithilfe einer Wirkungsanalyse zunächst entscheidungsrelevante Infor­ mationen ermittelt werden und in einem zweiten Schritt zwischen verbraucher­ relevanten und produktrelevanten Informationen differenziert werden.41 Für den Verbraucher würde dies eine deutliche Reduktion der Informationen auf entscheidungsrelevante Fakten bedeuten. Der Vorteil liegt auf der Hand – han­ delt es sich um eine überschaubare Anzahl und weiß der Verbraucher um die Bedeutung der einzelnen Informationen, so wird er sie voraussichtlich nicht einfach ignorieren. Gleichzeitig wird mit der Minimierung aber auch eine Ver­ ringerung des bürokratischen Aufwands und damit eine Kostensenkung ein­ hergehen, die einen vorteilhaften Gewinn für Unternehmer bewirken kann.42 Bei Bedarf und möglicherweise auf Anforderung des Verbrauchers könnten die nach diesem Modell grundsätzlich erst nach Vertragsschluss zu erteilenden In­ formationen, ausnahmsweise bereits vorvertraglich erteilt werden, dies aber auf freiwilliger und einvernehmlicher Basis. Somit würde den jeweiligen Partei­ interessen Rechnung getragen – der Verbraucher erhält die Mindestinformatio­ nen vor Vertragsschluss, sollte er weitere Informationen zu seiner Entscheidung über den Abschluss benötigen, kann der Verkäufer diese (einvernehmlich) zur Verfügung stellen oder eben die Ablehnung der Informationserteilung mitteilen. In jedem Fall würde die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers hinreichend gewährleistet. Der Vorteil für den Verkäufer liegt darin, dass er sich auf die Er­ teilung der wesentlichen und relevanten Mindestinformationen vor Abschluss des Vertrags konzentrieren und selbst entscheiden kann, auf Anfrage weitere Informationen, die er für gewöhnlich erst nach Abschluss des Vertrags erteilt, bereits vorher zur Verfügung zu stellen. Dies wird in der Regel wohl nicht zu verwehren sein, da die nachvertraglich zu erfüllenden Informationen sowieso vorhanden sein müssen, in diesen Fällen auf Wunsch allenfalls vorher erteilt werden. Im Falle der einvernehmlichen Erteilung sollten die Sanktionen bei Vorliegen einer Informa­tions­pflichtverletzung dennoch Anwendung finden, da sozusagen die vorvertragliche Verpflichtung freiwillig erweitert wird. Dennoch ist das Risiko für den Verkäufer wohl als nicht sehr hoch anzusehen, da der Ver­ braucher im Regelfall kein besonders hohes Interesse am Erhalt sämtlicher In­ formationen zeigen wird. Der Ansatz sollte sich daher insgesamt darauf kon­ zentrieren, nicht mehr, sondern bessere Informationen unter Berücksichtigung der Verbraucherbedürfnisse vorzusehen.43 40 Vgl. Schwintowski, 41 Ebd. 42 Ebd. 43 

VuR 2016, 241, 242.

Reich, General Principles of EU Civil Law, S. 50.



A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten355

2.  Die erleichterten Informationsanforderungen im M‑Commerce als Vorbild für die gesamte Regelung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigem Fernabsatzrecht Abgesehen von begrenzten Ausnahmefällen wie z. B. dem M‑Commerce-Sek­ tor44 ist eine umfassende Erteilung der Informationen vor Vertragsschluss aus Sicht der Unternehmer unerlässlich, um nicht den zuvor eingehend dargestell­ ten Sanktionen ausgesetzt zu sein. Die Bezeichnung Mobile-Commerce erfasst Geschäfte im elektronischen Geschäftsverkehr, welche über nicht ortsabhän­ gige mobile Endgeräte erfolgen (sog. M‑Commerce-Geschäfte).45 In den ver­ gangenen Jahren hat dieser Bereich zunehmend an Bedeutung gewonnen, ins­ besondere da ein großer Teil des im Online-Handel erzielten Umsatzes über mobile Endgeräte erzielt wird.46 Als spezielle Form des E‑Commerce gilt es auch beim M‑Commerce die für den Online-Handel normierten Informa­tions­ pflichten zu erfüllen.47 Solche Geschäfte im M‑Commerce-Bereich werfen je­ doch unterschiedliche Sonderprobleme auf – diese reichen von der begrenz­ ten Darstellungsmöglichkeit bis hin zu unterschiedlichen Anzeigemodalitäten der im Einzelfall von Verbrauchern verwandten Endgeräte.48 Im Bereich des M‑Commerce werden häufig Rechtsgeschäfte per Handy oder Smartphone ab­ geschlossen, auf deren Displays eine verständliche und gut lesbare Darstel­ lung der umfangreichen Informa­tions­pflichten nicht immer möglich ist.49 Ge­ rade in der heutigen Zeit haben viele Online-Händler sog. Apps oder sonstige Programme, die User auf ihrem Smartphone installieren können und es kann häufig durch wenige Klicks und Eingaben ein Vertragsschluss auch unterwegs per Smartphone erfolgen. Insofern stellt sich bei diesen mobilen Geräten häu­ fig das Problem der in räumlicher oder zeitlicher Hinsicht begrenzten Darstel­ lungsmöglichkeit bei gleichzeitiger Möglichkeit des Vertragsschlusses. Anders formuliert, es entsteht ein Spannungsfeld zwischen technischen Gegebenhei­ 44 

Dazu bereits oben, S. 130 f. Föhlisch, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Multimedia Recht, Teil 13.4, Ver­ braucherschutz im Internet, Rn. 118; Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), Recht der elektronischen Medien, Art. 246 a EGBGB, Rn. 248; Ranke, MMR 2002, 509; Rose/Taeger, K&R 2010, 159. 46  Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), Art. 246a EGBGB, Rn. 248; ähnlich auch bereits Ranke, MMR 2002, 509. 47  Diese umfassen wie bereits aufgezeigt neben den für Verträge im elektronischen Ge­ schäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen geltenden vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten auch die Pflichten aus dem TMG sowie der PAngV, siehe dazu auch Rose/Taeger, K&R 2010, 159, 160. 48  Dazu z. B. Föhlisch, in: Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Multimedia Recht, Teil 13.4, Verbraucherschutz im Internet, Rn. 119, der die Vorschrift jedoch seit Inkrafttreten als tech­ nisch überholt erachtet; Tamm, in: Brönneke/Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, S. 107. 49  Rose/Taeger, K&R 2010, 159; kritisch zu häufig nicht von den Erleichterungen erfass­ ten modernen Smartphones Föhlisch/Dyakova, MMR 2013, 3, 7; ebenso Schirmbacher, in: Spindler/Schuster (Hrsg.), Art. 246 a EGBGB, Rn. 168. 45 Dazu

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Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

ten und den gesetzlich vorgeschriebenen umfangreichen Verbraucherschutz­ vorschriften für den Onlinevertrieb oder sonstigen Fernabsatzhandel. Verstärkt wird diese Problematik durch die Tatsache, dass ein Unternehmer keine Kennt­ nis davon haben kann, welches mobile Gerät der Verbraucher nun tatsächlich verwendet.50 Insofern bedarf es für den M‑Commerce einer besonderen gesetz­ lichen Regelung, welche nach Umsetzung der VerbrRRL nun auch im natio­ nalen Recht ebenso zu finden ist wie im GEK‑Vorschlag. Die Informa­tions­ pflichten im M‑Commerce werden wie bereits zuvor dargestellt51 dahingehend erleichtert, dass zumindest Informationen über die wesentlichen Eigenschaften der Waren, die Identität des Unternehmers, den Gesamtpreis oder die Art der Preisberechnung, ggf. das Bestehen eines Widerrufsrechts und ggf. Vertrags­ laufzeiten oder Kündigungsbedingungen bei Dauerschuldverhältnissen vorver­ traglich erfüllt werden müssen.52 Somit beschränken sich die Mindestanfor­ derungen auf die wesentlichen Vertragsbestandteile und sind daher als sinnvolle Reduktion auf die wie im vierten Teil mehrfach festgestellten entscheidungs­ relevanten Informationen zu bewerten. Fraglich ist, ob die genannten Erleichterungen auch sinnvoll sind, sprich, ob eine Reduktion des Umfangs der Informa­tions­pflichten positiv zu bewerten ist.53 Problematisch erscheinen hier insbesondere die nach Art. 246a § 3 S. 1 Nr. 4 EGBGB umfassenden vorvertraglichen Informationsvorgaben hinsichtlich des bei Distanzvertriebsarten essentiellen Widerrufsrechts. So wird lediglich vorgesehen, dass „gegebenenfalls über das Bestehen eines Widerrufsrechts“ zu informieren ist – eine Widerrufsbelehrung ist jedoch nicht vorgesehen.54 Nicht ganz klar ist die Formulierung „gegebenenfalls“, diese ist wohl so zu deuten, dass eine Information dann erforderlich ist, wenn ein Widerrufsrecht in Be­ tracht kommt, nicht aber im Falle des Nicht-Bestehens. Ferner wird der sich auf das Bestehen des Widerrufsrechts beschränkende Hinweis insofern kritisch be­ trachtet, als das Widerrufsrecht und die damit verbundene Widerrufsbelehrung einen zentralen Pfeiler der Stärkung des Verbrauchervertrauens in den grenz­ überschreitenden Handel darstellt.55 Auf der anderen Seite fordern die zuvor an­ geführten technischen Beschränkungen des M‑Commerce eine Reduktion des 50 So auch Rose/Taeger, K&R 2010, 159, 163; Föhlisch in Hoeren/Sieber/Holznagel (Hrsg.), Multimedia Recht, Teil 13.4, Verbraucherschutz im Internet, Rn. 108a. 51  S. 130 f. 52  Vgl. zu den erleichterten Informationsanforderungen im dritten Teil, C. IV. 53  Eine weitere Erleichterung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten hat der Gesetz­ geber in Umsetzung des Art. 7 Abs. 4 der VerbrRRL in Art. 246 a § 2 EGBGB neu statuiert. Diese betrifft geringwertige Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten (mit einem den Betrag von 200 Euro nicht übersteigenden Preis), allerdings nur im Rahmen von außerhalb von Ge­ schäftsräumen geschlossenen Verträgen. Kritisch zu dieser Regelung z. B. Tamm in Brönneke/ Tonner (Hrsg.), Verbraucherrecht, S. 107. 54  Kritisch zu der insoweit gleichlautenden Formulierung des Richtlinienvorschlags der Europäischen Kommission zur VerbrRRL Rose/Taeger, K&R 2010, 159, 164. 55  Rose/Taeger, K&R 2010, 159, 164 f.



A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten357

Schutzinstruments der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten. Die in Umset­ zung des Sekundärrechts erfolgte Lösung des Gesetzgebers erscheint jedoch als völlig ausreichend. Entscheidend ist die Kenntnis des Verbrauchers vom Beste­ hen oder Nichtbestehen des Widerrufsrechts. Auf Basis dieser Information wird der Verbraucher zunächst in die Lage versetzt, eine informierte Entscheidung zu treffen. Die Einzelheiten hinsichtlich der Belehrung kann der Verbraucher durch den kumulativ erforderlichen Verweis erfahren, sodass ihm auch die Aus­ übung des Widerrufsrechts erleichtert wird. Insgesamt trägt die Regelung der erleichterten Informa­tions­pflichten der zunehmenden Bedeutung des M‑Commerce und den technischen Besonder­ heiten Rechnung. Die Kodifikation für diesen Sektor ist daher im Sinne der Rechtssicherheit sowie auch im Hinblick auf den Abbau von etwaigen Han­ delshemmnissen zu begrüßen. Eine Übertragbarkeit der speziellen Art des Ver­ tragsschlusses auf die zugrundeliegenden Distanzvertriebsarten der Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen ergänzt durch Spezifika wie bspw. die Button-Lösung erscheint nicht nur möglich, son­ dern auch als praktikable Lösung im Sinne der gebotenen Reduktion der vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichten.

3. Stellungnahme Folglich ist für die Zukunft eine deutliche Reduktion der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten auf die vertragswesentlichen, unabdingbaren Informatio­ nen unbedingt anzustreben.56 Als Mindestanforderungen sollten die Angaben über Identität des Vertragspartners, über wesentliche Eigenschaften sowie über den Gesamtpreis (einschließlich sonstiger Kosten), Angaben hinsichtlich des Widerrufsrechts sowie wesentlicher Vertragsbedingungen z. B. in Zusammen­ hang mit Dauerschuldverhältnissen gelten.57 In diesem Sinne erscheint die Ex­ pansion des im M‑Commerce etablierten Ansatzes der Beschränkung auf Min­ destinformationen auf den gesamten Bereich des E‑Commerce und sonstiger Fernabsatzverträge möglich und geboten. Auch wenn eine Anpassung der In­ formationssysteme wiederum mit großem Aufwand verbunden sein wird, ist dies mit dem erwarteten Nutzen für die Unternehmer aber auch Verbraucher als gerechtfertigt anzusehen. Die auf das Wesentliche begrenzte Anzahl der vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichten gilt es selbstverständlich dann im Umkehr­ schluss zwingend zu erfüllen und etwaige Verstöße effektiv mittels einheitli­ chen Sanktionsvorgaben auf europäischer Ebene zu sanktionieren.

56 Für eine kritische Überprüfung des Bestands auch Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/­ Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 261. 57  Twigg-Flesnser, in: Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers (Hrsg.), EC Consumer Law Compendium, S. 831.

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Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

II.  „New Deal for Consumers“ – Der neue Vorschlag zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der EU‑Verbraucherschutzvorschriften Unter dem vielversprechenden Titel „New Deal for Consumers“ hat die Euro­ päische Kommission im April 2018 zwei Richtlinienvorschläge zur Stärkung der Verbraucherrechte in der EU und deren besserer Durchsetzung vorgelegt.58 Neben dem Vorschlag zu Verbandsklagen zum Schutz von Kollektivinteressen der Verbraucher59 als wohl bedeutendster Änderung, sieht der zweite Richt­ linienvorschlag die Änderung einer Reihe von EU‑Richtlinien zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher vor.60 Während der Großteil dieser Änderungen die VerbrRRL und die UGPRL betreffen soll, sind ebenfalls Ände­ rungen der KlauselRL und der PAngRL betreffend die darin festgelegten Sank­ tionen geplant.61 In Anbetracht der grenzüberschreitenden Verstöße gegen EU‑Verbraucher­ recht, die das Vertrauen der Verbraucher schwächen, insbesondere das jüngs­ te Beispiel des Abgasskandals, will die EU‑Kommission auf wirksamere, ver­ hältnismäßigere und abschreckendere Sanktionen bei grenzüberschreitenden Verstößen setzen, insbesondere solchen in mehreren Mitgliedstaaten und mit ­Unions-Dimension.62

1.  Geplante Änderungen in Bezug auf die VerbrRRL a)  Keine Reduktion der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten Zunächst sieht der Vorschlag in Bezug auf die VerbrRRL keine Reduktion der umfangreichen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten vor, sondern punktuell spezifische Konkretisierungen und Erweiterungen. In Bezug auf die bereits zuvor krisitisierte, unklare Formulierung des derzeit geltenden Art. 6 Abs. 1 lit. c) der VerbrRRL (Informa­tions­pflichten bei Fern­ absatzverträgen),63 sieht der neue Vorschlag folgende konkretisierende Ände­ 58 

Näher dazu die Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 11.04.2018, abruf­ bar unter . 59  Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Rates und des Parlamentes über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen für Verbraucher und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/22/EG, KOM(2018) 184. 60  Vgl. KOM(2018) 185, Begründung S. 1: Der Vorschlag ist eine Anschlussmaßnahme an die REFIT‑Eignungsprüfung der Verbraucher- und Marketingvorschriften der EU vom 23. Mai 2017 und die Bewertung der VerbrRRL, Nachweise ebd., S. 1, siehe auch ErwGr. 2 des Richt­ linienvorschlags. Unter anderem betrifft dies auch Änderungen im Widerrufsrecht, die zum Teil bereits als für den Verbraucher nachteilig bzw. rückschrittlich kritisiert werden, vgl. die Pressemitteilung des Bundesverbands der Vebraucherzentrale, abrufbar unter . 61  Vgl. KOM(2018) 185, Begründung S. 1. 62  Vgl. KOM(2018) 185, Begründung S. 2. 63  Siehe zu den kritisierten Unklarheiten bereits oben, S. 119 f.



A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten359

rung vor: Neben der Anschrift des Unternehmers sind nun seine Telefonnumer, E‑Mail-Adresse oder sonstige Online-Kommunikationsmittel zwecks schnel­ ler und effizienter Kontakaufnahme und Kommunikation anzugeben. Die Strei­ chung der zuvor unklaren Bestimmung „gegebenenfalls“ ist aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung effektiver und schneller Kontaktauf­ nahme uneingeschränkt zu begrüßen. Neben weiteren kleineren Änderungen und Ergänzungen in den Begriffs­ bestimmungen des derzeitigen Art. 2 VerbrRRL, beispielsweise betreffend per­ sonenbezogene Daten, digitale Inhalte oder digitale Dienstleistungen,64 soll im Hinblick auf eine geplante Informa­tions­pflichterweiterung unter anderem als neue Ziffer 19 der „Online-Marktplatz“ eingefügt und wie folgt definiert werden: „Ein Diensteanbieter, der es Verbrauchern ermöglicht über die Online-Benutzerfläche des Online-Marktplatzes Online-Verträge mit Unternehmern und Verbrauchern abzuschließen.“

Nach ErwGr. 19 des Richtlinienvorschlags KOM(2018) 185 sollen mit dem neuen Art. 6a zusätzliche Informa­tions­pflichten bei auf Online-Marktplätzen geschlossenen Verträgen zugunsten des Verbrauchers vorgesehen werden und somit in diesem Sektor besondere Transparenzanforderungen gelten: Verbrau­ cher sollen bevor diese durch den Fernabsatzvertrag oder ein entsprechendes Vertragsangebot gebunden sind, durch den Online-Marktplatz über Folgendes zuätzlich informiert werden: u. a. Hauptparameter für das Ranking der präsen­ tierten Angebote (lit. a)); Abschluss des Vertrages mit einem Unternehmer oder Nicht-Unternehmer (lit. b)); Anwendung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (lit. c)); und welcher Unternehmer für die Vertragserfüllung verantwort­ lich ist und die Verbraucherrechte zu erfüllen hat (lit. c)). Die Einführung dieses vorgeschlagenen neuen Art. 6a würde zwar auf den ersten Blick weitere zusätz­ liche Informa­tions­pflichten mit sich bringen, diese erscheinen aber auf wenige, für den Vergleich der verschiedenen Angebote wesentlichen Informationen be­ schränkt und zudem aufgrund der Begrenzung auf die spezifische Situation des Vertragsschlusses über Diensteanbieter von Online-Marktplätzen gerechtfertigt und daher aus Sicht des Verpflichteten hinzunehmen.

b)  Keine Reform der Sanktionen Betrachtet man ErwGr. 2 des Richtlinienvorschlags KOM(2018) 185, dem­ zufolge die derzeitigen nationalen Vorschriften über Sanktionen in der EU er­ heblich voneinander abweichen,65 so scheint dies die zuvor geäußerte Forde­ rung nach einer europäischen Sanktionslösung zu unterstreichen.66 Allerdings 64  Wie bereits zuvor im ersten Teil in Fn. 24 ausgeführt, sind digitale Inhalte und Verträge hierüber nicht Gegenstand dieser Arbeit. 65  KOM(2018) 185, ErwGr. 2. 66  Siehe zuvor S. 340 ff., sowie eingehend in diesem Teil unter B.

360

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

wird vor dem Hintergrund des übergeordneten Ziels der weitverbreiteten Ver­ stöße mit unter anderem Unions-Charakter in der Begründung des Vorschlags vornehmlich gerügt, dass nicht in allen Mitgliedstaaten die Verhängung einer wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Geldbuße sichergestellt ist und diesbezüglich die Einführung nicht erschöpfender gemeinsamer Kriterien vorgeschlagen.67 In Bezug auf die bereits zuvor kritisierte Sanktionsnorm des Art. 24 VerbrRRL bleibt zwar der Wortlaut der Generalklausel in Abs. 1 inhaltlich nahezu unver­ ändert,68 aber dennoch scheint der Vorschlag der Kommission auf den ersten Blick weitreichende Änderungen im Wege der Ergänzung der Vorschrift durch insgesamt vier neue Absätze 2 bis 5 vorzusehen. Bei näherer Betrachtung sind die Änderungen für die in dieser Arbeit untersuchten Sanktionen bei vorvertrag­ licher Informa­tions­pflichtverletzungen im E‑Commerce und bei sonstigen Fern­ absatzverträgen jedoch ernüchternd und von eher untergeordneter Bedeutung, da sich die Ergänzungen vornehmlich auf die Konkretisierung der Sanktion der Geldbuße (z. B. Festlegung bei Verstößen mit weitverbreiteter oder Unions-Di­ mension auf Höchstbetrag von mindestens 4 % des Jahresumsatzes des Unter­ nehmers in dem/den betreffenden Mitgliedstaat(en) (neuer Abs. 4)) und die an­ schließende Aufteilung der Einnahmen hieraus (neuer Abs. 5) beschränken. In diesem Sinne ist auch der in dem neuen Abs. 2 vorgesehene Katalog an Kriterien zu sehen, die Verwaltungsbehörden und Gerichte bei der Entschei­ dung über die Verhängung der Sanktion (sofern zutreffend) gebührend zu be­ rücksichtigen haben, d. h. beispielsweise die Art, Schwere, Dauer oder zeitliche Wirkung des Verstoßes (lit. a)); die Zahl der betroffenen Verbraucher, auch in anderen Mitgliedstaaten (lit. b)); frühere Verstöße des Unternehmers (lit. e)). In Verbindung mit ErwGr. 6 des Richtlinienvorschlags sollen für die Verhängung von Geldbußen nicht erschöpfende gemeinsame Kritierien eingeführt werden, die auch den grenzüberschreitenden Charakter des Verstoßes umfassen.69 Die Sanktion der Geldbuße vermag den Unternehmer vielleicht zur (besseren) Er­ füllung seiner Pflichten anhalten, gewährt aber dem Verbraucher lediglich mit­ telbaren und eher eindimensionalen Schutz. Folglich stellen diese speziell auf Geldbußen zugeschnittenen Kriterien weder das geforderte europäische Sank­ tionsmodell mit konkreten Sanktionen und Konkurrenzregelungen dar, noch vermögen sie ein solches ansatzweise zu fördern. Mit Ausnahme des in Abs. 2 lit. d) vorgesehenen, allerdings nur „gegebenenfalls“ zu berücksichtigenden Kriteriums von Vorsatz und Fahrlässigkeit des Verstoßes, werden die weiteren genannten Kriterien bei der Prüfung und Weiterentwicklung sonstiger Sanktio­ nen wohl grundsätzlich keine bedeutende Rolle spielen. 67  KOM(2018) 185, ErwGr. 5 und 6. 68  Siehe z. B. bereits S. 139 ff.; lediglich

der Begriff „innerstaatliche“ Vorschriften wird durch „nationale“ ergänzt, d. h. die Änderung hat keine Auswirkung. 69  KOM(2018), 185, ErwGr. 6.



A.  Reduktion des Umfangs der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten361

2.  Geplante Änderungen in Bezug auf die UGPRL Ebenso wie die derzeitige Sanktionsvorschrift der VerbrRRL soll auch die Sanktionsregelung des Art. 13 der UGPRL entsprechend ergänzt werden.70 Eine wesentliche Neuerung stellt jedoch die geplante Neueinführung des Art. 11a des Vorschlags in Bezug auf eine Erweiterung des Rechtsschutzes dar: Zum besseren Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken (wie beispielsweise aggressiver oder irreführender Werbung) sollen die Mitgliedstaaten sicherstel­ len, dass vertragliche und außervertragliche Rechtsbehelfe künftig auch Ver­ brauchern zur Verfügung stehen (Abs. 1). Diese mögliche Erweiterung um in­ dividuelle Rechtsbehelfe für Verbraucher betrifft aus nationaler Sicht vor allem wettbewerbsrechtliche Sanktionen, deren Geltendmachung bislang nur kollek­ tiv und nicht individuell durch den Verbraucher möglich ist.71 Sofern also in dem bislang kollektiven Charakter der wettbewerbsrechtlichen Sanktionen eine Schutzlücke zu sehen war, würde diese durch Ergänzung solch individueller Rechtsbehelfe geschlossen.72 Diese geplante Neuerung ist aufgrund der tatsäch­ lichen Verbesserung der Verbraucherschutzrechte zu begrüßen. Interessant erscheint ferner die in Art. 11a Abs. 2 vorgesehene Neuerung, dass vertragliche Rechtsbehelfe mindestens die Möglichkeit des Verbrauchers beinhalten müssen, den Vertrag einseitig zu kündigen. Dies stellt einen we­ sentlichen Unterschied zu den geplanten Neuerungen des Vorschlags in Bezug auf die VerbrRRL dar, die auf einen solchen zwingend vorzusehenden Rechts­ behelf als Mindesanforderung verzichtet. Die einseitige Kündigungsmöglich­ keit zugunsten des Verbrauchers erscheint im Falle unlauterer Geschäftsprak­ tiken aber ausnahmsweise gerechtfertigt, da in diesem Fall im Gegensatz zu einer „einfachen“, d. h. nicht zwingend unlauteren, vorvertraglichen Informa­ tions­pflichtverletzung gerade keine Interessen des unlauter handelnden Unter­ nehmers für eine Aufrechterhaltung des Vertrags zu berücksichtigen sind und somit eine Differenzierung zur VerbrRRL notwendig erscheint und überzeugt.

3.  Zusammenfassende Stellungnahme Sieht man von der Möglichkeit individueller Rechtsbehelfe gegen unlautere Geschäftspraktiken ab, so würde der Vorschlag der Kommission – sofern er denn erlassen wird – die Situation des derzeit fehlenden, einheitlichen euro­ päischen Sanktionsmodells für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen nicht wesentlich verändern. Der zuvor festgestellte Handlungsbedarf73 betref­ fend Sanktionen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen besteht 70  Diese Sanktionsbestimmungen finden sich ebenso in den Änderungsvorschlägen zur KlauselRL und PAngRL wieder, sodass diese nicht nochmals gesondert erwähnt werden. 71  Siehe oben, S. 312 ff. 72  Vgl. hierzu bereits S. 312 ff. 73  Siehe oben, S. 337 ff., insbesondere S. 340 ff.

362

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

somit weiterhin, da nach dem Vorschlag allenfalls die Sanktionen zu verhän­ gender Geldbußen konkretisiert werden. Folglich hat das als „New Deal for Consumers“ angepriesene Maßnahmen­ paket zwar ein hehres Ziel – kann jedoch mit Blick auf die in dieser Arbeit untersuchten Sanktionen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung im E‑Commerce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen sowie der Forderung nach einer europäischen Lösung einschließlich einer Reduktion der Vielzahl an vor­ vertraglichen Informa­tions­pflichten nicht überzeugen und insoweit das Verspre­ chen des neuen „Deals“ nicht halten.74 Es bleibt daher abzuwarten, ob sich das Maßnahmenpaket durchsetzen kann.

B.  Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen bei Verletzung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten Für die Zielsetzung eines hohen Verbraucherschutzniveaus ist die praktische Eignung der Sanktionen für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen von essentieller Bedeutung. Nur die Existenz eines effektiven Sanktionssys­ tems ermöglicht die Stärkung der Rechtssicherheit durch Gewährleistung der Verbraucherrechte. Der vorliegende Vorschlag eines einheitlichen Sanktions­ systems versucht unter Berücksichtigung der genannten Defizite und Miss­ stände nach gegenwärtigem Recht sowie den Regelwerken ein spezifisch auf vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen zugeschnittenes System zu konzipieren, welches die gegenläufigen Interessen der beteiligten Parteien hin­ reichend berücksichtigt.

I.  Grundlegende Erwägungen zur Konzeption eines europäischen Sanktionssystems Die Untersuchung des derzeitigen acquis communitaire hat belegt, dass es an einem einheitlichen System der Sanktionen für vorvertragliche Informa­tions­ pflichtverletzungen mangelt.75 Trotz insoweit fehlender Harmonisierung der Sanktionen durch die VerbrRRL gilt es auch hier das effet utile-Gebot zu be­ 74 Klarstellend sei angemerkt, dass sich diese Einschätzung ausschließlich auf die in Bezug auf die Sanktionen bei vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen als Gegen­ stand dieser Arbeit geplanten Änderungen bezieht und das Maßnahmenpaket somit nur aus dieser Perspektive analysiert wurde. 75 Ebenso Wilhelmsson/Twigg-Flesner, ERCL 2006, 441, 465; Mota Pinto, in: Schulze/ Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 157, 162 f.; Schwintowski, ebd. in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), S. 267 f., 289.; Magnus, ebd. in: ­Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), S. 291; vgl. zur Untersuchung der Sanktionen insgesamt den vierten Teil.



B.  Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen363

achten.76 Noch so umfangreiche Informa­tions­pflichten bleiben wirkungslos, wenn eine Verletzung den Unternehmer nicht tangiert, da er keine konkreten Sanktionen zu fürchten hat. Die existenten Sanktionen belegen jedoch, dass der Verbraucher bei E‑Commerce- und Fernabsatzverträgen keineswegs völ­ lig schutzlos gestellt ist. Es wäre somit falsch zu behaupten, es fehle bis auf wenige Ausnahmen an jeglichen Rechtsbehelfen. Vielmehr fehlt es an einem hinreichend bestimmten und unionsweit vereinheitlichten Sanktionssystem. Im Hinblick auf Europäische Integration, Rechtssicherheit und weiteres wirt­ schaftliches Wachstum erscheint eine abstrakte Verweisung wie im deutschen Recht auf allgemeines Leistungsstörungsrecht äußerst unbefriedigend und im Vergleich zu konkreten Sanktionsregeln nur schwer auf europäischer Ebene durchsetzbar. Einheitliche Sanktionsregelungen sollten klar vorhersehbare Rechtsfolgen bieten um der Rechtssicherheit Genüge zu tun. Insbesondere kön­ nen hierdurch problematische Konkurrenzfragen beseitigt werden, indem das Verhältnis der Sanktionen zueinander eindeutig geregelt wird. Darüber hinaus könnte ein unionsrechtliches Sanktionssystem auch den genannten Handels­ hemmnissen entgegenwirken.77 Wie schwierig eine solche Konzeption jedoch ist, verdeutlichen die im Rahmen der Analyse der einzelnen Sanktionen ange­ führten Kritikpunkte und Konkurrenzfragen. Für die konkrete Ausgestaltung eines solchen Sanktionsregimes bieten sich verschiedene Optionen an – entsprechend der Vielfalt der Sanktionen, die von individuellen vertragsrechtlichen Sanktionen bis zu kollektiven Sanktionen des Wettbewerbsrechts reichen. Teilweise wird die Notwendigkeit und Effektivi­ tät vertragsrechtlicher Sanktionen bezweifelt, da diese unionsrechtlich nicht zwingend vorgesehen seien und diesen gegenüber institutionellen Sanktionen eine geringere Bedeutung zugemessen wird.78 Andererseits sind nach ebendie­ ser Auffassung aber auch die jeweiligen Vorzüge der Sanktionsregime zu be­ rücksichtigen, sodass eine absolute Entscheidung für vertragsrechtliche oder kollektive Sanktionen ebenfalls abgelehnt wird.79 Zuzugeben ist, dass z. B. die kollektive Unterlassungsklage im Vergleich zu vertragsrechtlichen Sank­ tionen für den Unternehmer gewisse Vorzüge bietet, da der Informationsver­ stoß zwar sanktioniert wird, aber nicht auf eine aufwändige Rückabwicklung des jeweils betroffenen Vertrags oder gar einer Vielzahl an Verträgen hinaus­ läuft.80 Auf der anderen Seite sind individualrechtliche Sanktionen gerade aus 76 Dazu schon oben, S.  137 f.; siehe auch Schwintowski, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 267 f. 77 Dazu oben, S. 50 ff.; Twigg-Flesner, in: Schulte-Nölke/Twigg-Flesner/Ebers (Hrsg.), EC Consumer Law Compendium, S. 822. 78  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 250 ff. 79  Insofern überzeugend Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zim­ mermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 251. 80  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­

364

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

Sicht der Verbraucher besonders effektiv, da diese bei Vorliegen der Voraus­ setzungen beispielsweise die Möglichkeit bieten, sich vom Vertrag zu lösen, und somit die subjektive Rechtsstellung der Verbraucher direkt verbessern. Der Ansatz, primär individualrechtliche Sanktionen vorzusehen, basiert daher auf der Annahme, dass das Vertrauen der Verbraucher in den grenzüberschreiten­ den (Online-)Handel durch das Bewusstsein der Existenz effektiver Sanktionen gefördert werden kann. Hierzu bedarf es individueller Rechtsbehelfe, auf die Verbraucher sich im Falle von Informationsverstößen direkt berufen können, ohne sich auf institutionelle Maßnahmen allein verlassen zu müssen. Eine Kon­ zentration nur auf institutionelle Sanktionen würde sich zu stark auf die Funk­ tionalität der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten fokussieren und den pri­ mär verbraucherschützenden Charakter ebendieser vernachlässigen. Vielmehr bedarf es aus Verbraucherschutzgesichtspunkten eines ausgewogenen, europäi­ schen Sanktionssystems verschiedener Individualrechtsbehelfe entsprechend den Ansätzen der Sanktionsregime des DCFR und des GEK‑Vorschlags. Die Individualrechtsbehelfe sollten jedoch weitgehend spezifisch unter Berücksich­ tigung der Funktion der sanktionierten Pflicht ausgestaltet sein, darüber hinaus in einem klaren Konkurrenzverhältnis zueinander stehen und ergänzt werden durch unionsrechtlich ebenfalls verankerte kollektive Schutzmechanismen, wie beispielsweise Unterlassungsklagen.

II.  Vorschlag eines europäischen Sanktionsmodells Unter Berücksichtigung der zuvor genannten grundlegenden Erwägungen ist folgende Konzeption eines europäischen Sanktionsmodells vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen zu erwägen.81

1.  Grundsätzliche Weichenstellung: Optionales Instrument und Reform der Verbraucherrechterichtlinie In Anlehnung an den GEK‑Vorschlag könnte die Kommission an ein Widerauf­ leben der Pläne eines optionalen europäischen Kaufrechts denken, welches als sozusagen 29. Rechtsordnung neben mitgliedstaatliche Rechte tritt. Der Vorteil eines optionalen Einheitskaufrechts würde dann in der Wählbarkeit durch die Parteien liegen, vorausgesetzt, es kann inhaltlich überzeugen und ist für eine Opt-In-Entscheidung hinreichend attraktiv. Damit einhergehend ist als Nach­ teil anzusehen, dass sich ein solches Modell erst in der Praxis beweisen und etablieren muss und gerade keine Vereinheitlichung bewirken kann. Allerdings könnte diese Option einen guten Zwischenschritt auf dem Weg der langfristi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 252 f., erhebt daher grundsätzliche Bedenken gegen den Automatismus vertragsrechtlicher Sanktionen. 81  Von einer konkreten Formulierung einer Vorschrift wird abgesehen und vielmehr ein er­ läuternder Ansatz bevorzugt, um die zugrundeliegenden Erwägungen zu verdeutlichen.



B.  Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen365

gen Verwirklichung der Harmonisierung auch der Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen darstellen. In Abkehr von dem im April 2018 erlassenen, mehr als vorsichtigen Vor­ schlag,82 könnte die Europäische Kommission die VerbrRRL tatsächlich und progressiv dahingehend reformieren, dass die bereits vollharmonisierten Ver­ braucherschutzinstrumente der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten sowie des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen ergänzt werden um eine spezielle Sanktionsvorschrift, welche die Mitgliedstaaten in nationales Recht umsetzen müssten. Somit würde der Verbraucherschutz im Rahmen des Distanzvertriebs über Waren durch den derzeit noch fehlenden Komplex der Sanktionen vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung abgerundet und komplettiert. Auch wenn ein Konsens bezüglich der Sanktionen im Vergleich zu den Informa­tions­ pflichten selbst schwieriger erscheint, darf dies das Streben nach Kohärenz und Rechtssicherheit nicht aufhalten, sondern ist als Herausforderung zu betrachten. Als Vorlage könnten die Sanktionsvorschriften des DCFR und GEK‑Vorschlags dienen, welche trotz berechtigter Kritikpunkte eine fundierte Ausgangsbasis bilden und beweisen, dass eine Sanktionsregelung nicht unerreichbar sein muss.

2.  Gleichlauf zwischen Falsch- und Nichtinformation Vorvertragliche Informa­tions­pflichtverstöße lassen sich wie in dieser Arbeit vorhergehend ausgeführt unterscheiden in das Unterlassen der Informations­ erteilung durch gänzlich fehlende, unvollständige oder unzureichende Informa­ tion (Nichtinformation) und die falsche, unzutreffende Erteilung von Informa­ tionen (Falschinformation), sodass sich die Frage nach einer Differenzierung im Hinblick auf unterschiedliche „Unrechtsgehalte“ stellen könnte. Der jeweils ermittelte Unrechtsgehalt ist in einem nächsten Schritt auch hinsichtlich der „Härte“ der Sanktion zu berücksichtigen. Entscheidend ist daher, ob eine gene­ relle Aussage dahingehend möglich ist, dass eine Falschinformation gegenüber der Nichtinformation schwerer wiegt oder umgekehrt. Im Fall der Falschinformation wurden Informationen zwar erteilt, aber falsch und damit nicht ordnungsgemäß. Man kann in diesem Fall entweder von einer Täuschung oder davon ausgehen, dass der Unternehmer die Pflicht ord­ nungsgemäß erfüllen wollte, die Pflichtverletzung aber fahrlässig erfolgt ist. Hingegen fehlt es bei der unvollständigen Information oder dem vollständi­ gen Unterlassen der Informationserteilung an der Erfüllung aller oder zumin­ dest einzelner Informa­tions­pflichten, was einerseits auf Vorsatz aufgrund des (vollständigen) Fehlens trotz Bewusstseins der Verpflichtung hindeuten kann, aufgrund der Vielzahl der Pflichten aber ebenso auch auf Fahrlässigkeit zu­ rückzuführen sein kann. Hat ein Unternehmer z. B. fahrlässig eine Informa­ tion falsch erteilt, so könnte dies als lediglich geringfügige Pflichtverletzung zu 82 

KOM(2018) 185; eingehend dazu im fünften Teil unter A. II., S. 358 ff.

366

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

werten sein, die schwerlich eine Lösung vom Vertrag rechtfertigen könnte. Al­ lerdings bringt die Beurteilung innerer Motivationslagen Nachweisschwierig­ keiten mit sich, der Problematik der Beweislast bezüglich des (fehlenden) Vor­ satzes könnte allenfalls mit einer Beweislastumkehr oder Vermutungswirkung begegnet werden. Gegen eine solche Differenzierung spricht jedoch, dass es für den Schutzzweck vorvertraglicher Informa­tions­pflichten, nämlich die Gewähr­ leistung einer informierten und selbstbestimmten Entscheidung, für den Ver­ braucher keinen Unterschied darstellt, ob eine falsche Information erteilt wurde oder die Information unvollständig ist bzw. gänzlich fehlt. In beiden Fällen hat er nicht die Möglichkeit, eine Entscheidung auf Basis der gesetzlich zu ertei­ lenden Informationen zu treffen. Betrachtet man die einschlägigen Regelungen im GEK‑Vorschlag, so fällt zunächst die Differenzierung zwischen unrichtiger Informationserteilung (Art. 28 GEK‑Vorschlag) und der Nichterfüllung (Art. 29 GEK‑Vorschlag) auf. Allerdings verweist Art. 28 Abs. 2 hinsichtlich der Rechts­ folgen auf Art. 29 GEK‑Vorschlag, sodass im Ergebnis auf der Rechtsfolgensei­ te eine Gleichstellung besteht.83 Dementsprechend wird die Falschinformati­ on als gleichermaßen sanktionswürdig angesehen und im Falle des Verstoßes sollen die gleichen Sanktionen wie für Fälle der Nichtinformation greifen.84 Dies erscheint auch unter Berücksichtigung der vorhergehenden Erwägungen überzeugend, sodass dem hier skizzierten Vorschlag ebenfalls ein Gleichlauf für Fälle der Falsch- und Nichtinformation zugrundegelegt wird. Im Rahmen der Pflichtverletzung der fehlerhaften Informationserteilung ist jedoch zu differen­ zieren zwischen fahrlässiger und vorsätzlicher Falschinformation, was im Hin­ blick auf eine arglistige Täuschung relevant sein kann. In diesem Sinne ist das Unterlassen in Form von vorsätzlichem oder arglistigem Verschweigen gleich­ zustellen mit der vorsätzlichen oder arglistigen Täuschung über vorvertraglich zu erteilende Informationen, da die Entscheidungsgrundlage des Verbrauchers jeweils gleichermaßen beeinträchtigt wird.

3.  Vorzugswürdiges Modell einer abgestuften Sanktionssystematik Vorzugswürdig ist eine abgestufte Reihenfolge der Sanktionen mit dem Ziel, neben der Funktion der verletzten Informa­tions­pflicht selbst auch Art und Schwere der Pflichtverletzung zu berücksichtigen. Zu beachten ist jedoch, dass eine europäische Lösung möglichst konsensfähig sein muss bzw. zumindest ein Mindestmaß an Kompromissfähigkeit erfordert. Die grundsätzlich überzeu­ gende Forderung nach einer funktionalen Anknüpfung der Sanktionen an die Funktion der jeweiligen Informa­tions­pflicht ist jedoch leicht geäußert85 – die 83  Dazu bereits oben, S. 142 ff.; siehe dazu Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommen­ tar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 10. 84  Ebenso Schmidt-Kessel/Wichmann, GEKR‑Kommentar, Art. 28 GEK‑E, Rn. 10. 85 Insbesondere Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann



B.  Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen367

Schwierigkeit besteht in der Konzeption einer sowohl praktikablen als auch ef­ fektiven und angemessenen Lösung. Das Fehlen eines Sanktionsregimes vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen auf nationaler Ebene wird als Herausforderung auf europäischer Ebene exponentiell verstärkt durch die Viel­ zahl der Mitgliedstaaten und damit einhergehend den unterschiedlichen Rechts­ kulturen und -traditionen. Demnach wäre eine weniger konkrete Regelung mit mindestharmonisierendem Charakter als Minimalkonsens oder gar eine Ge­ neralklausel denkbar. Unter Berücksichtigung der widerstreitenden Interessen muss eine Sanktionsregelung jedoch folgende wesentliche Komponenten ver­ wirklichen: Als Basis sind möglichst einfache, klare Regelungen zu entwer­ fen, kombiniert mit eindeutigen Bestimmungen des Konkurrenzverhältnisses der Sanktionen zueinander sowie zu sonstigen allgemeinen vertragsrechtlichen Sanktionen. Den Ausgangspunkt hierfür sollten entsprechend Art. II. – 3:109 DCFR und Art. 29 GEK‑Vorschlag vertragsrechtliche Sanktionen bilden. Ein wesentlicher Unterschied zu diesen Vorschriften muss jedoch in der Abkehr von der einheitlichen und pauschalen Verwendung der Sanktionen für Verletzungen sämtlicher vorvertraglicher Informa­tions­pflichten hin zu einer primär spezifi­ schen Anknüpfung liegen. Vorrangig ist demnach eine funktionale Anknüpfung vorzunehmen, soweit die einzelnen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten hin­ reichend differenzierbar sind. Dies erscheint mit den bereits existenten wider­ rufs- und kostenspezifischen Sanktionen als funktionale Rechtsfolge für ent­ sprechende Informationsverstöße bereits ebenso gelungen wie die Rechtsfolge der Button-Lösung für Vertragsschlüsse via Internet. Einige Stimmen der Li­ teratur fordern darüber hinaus eine weitergehende, spezifisch funktionale An­ knüpfung.86 Eine differenzierte Sanktionsanwendung abhängig von der Art der verletzten Informa­tions­pflicht erscheint aber nur dann sinnvoll, soweit sich funktionale Entsprechungen identifizieren lassen. Sonstige Verletzungen von vorvertraglichen Informa­tions­pflichten mit vergleichbar allgemeinem Charak­ ter sind hingegen auch mit Sanktionen generellen Charakters zu ahnden, ent­ sprechend ist an allgemeine Rechtsbehelfe wie einen Anspruch auf Schadens­ ersatz oder das Gestaltungsrecht der Anfechtung zu denken. Dies erinnert an die besondere Sanktionsregelung für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung nach Art. 29 GEK‑Vorschlag, die grundsätzlich als Ausgangspunkt dienen kann, aber aufgrund der erkennbar pauschalen Tendenz der Sanktionsregelung ohne hinreichende Spezifikation einer Revision bedarf. (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 237 ff; wohl auch Wilhelmsson, ebd. in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), S. 245, 251. 86  Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revi­ sion des Verbraucher-acquis, S. 223, 234 ff.; ders. bereits in WM 2001, 597 ff.; Eidenmüller/ Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann, JZ 2008, 529, 545; nach anderer Auffassung kann eine gewisse Pauschalierung auch dem Modellcharakter transnationaler Modellregelun­ gen geschuldet sein, Jansen/Zimmermann, AcP 210 (2010), 196, 235.

368

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

4.  Die einzelnen Sanktionen des Vorschlags Der folgende Vorschlag basiert generell auf den im acquis communautaire ver­ ankerten Sanktionen sowie der Berücksichtigung der rechtsvergleichenden Er­ gebnisse und Einflüsse der Regelwerke des DCFR und des GEK‑Vorschlags. In persönlicher Hinsicht sollte die Anwendbarkeit des Sanktionsregimes ent­ sprechend dem Informationsmodell auf B2C‑Verträge beschränkt sein. Das Konzept folgt dem Ansatz von zunächst spezifischen Sanktionen für bestimmte Informa­tions­pflichtverletzungen flankiert von allgemeinen Sanktionen, die so­ zusagen als „Aushilfssanktionen“ für nicht rein funktional anknüpfbare Verlet­ zungen dienen.

a)  Verlängerung der Widerrufsfrist Zunächst sollte die bereits bestehende spezielle Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist für Fälle der spezifischen Verletzung der vorvertraglichen Wider­ rufsbelehrung statuiert werden.87 Die Sanktion der verlängerten Widerrufsfrist basiert auf der Annahme, dass neben dem Verbraucherschutzinstrument vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichten weiterhin ein zwingendes Widerrufsrecht für Fernabsatzverträge sowie Verträge im elektronischen Geschäftsverkehr geregelt ist. Die konkrete Ausgestaltung sollte in Anlehnung an die Regelung der VerbrRRL erfolgen, um dem insoweit vollharmonisierten acquis-Bestand Rechnung zu tragen. Die Unterbrechung des Fristlaufs in direkter Verknüp­ fung mit allein der Verletzung der ordnungsgemäßen Belehrungspflicht ist als sinnvolle und effektive Sanktion zu sehen, da der Verbraucher in diesem Zeit­ raum frei über den Widerruf des Vertrags entscheiden kann.88 Der Vorteil liegt demnach gerade in der Konzeption als Gestaltungsrecht, d. h. der Verbraucher kann den Vertrag im Rahmen der verlängerten Frist widerrufen, ist hierzu aber nicht verpflichtet. Unter Berücksichtigung der Entwicklung des Widerrufs­ rechts erscheint insbesondere die Begrenzung auf eine Maximalausübungs­ frist von einem Jahr und vierzehn Tagen im Hinblick auf die gebotene Rechts­ sicherheit vorzugswürdig und ermöglicht es dem Verbraucher sich in einem angemessenen Zeitraum ohne Begründungserfordernis vom Vertrag zu lösen. Das Widerrufsrecht ergänzt durch die Sanktion der verlängerten Widerrufsfrist bei mangelhafter Widerrufsbelehrung ist daher als effektives und ausreichendes Instrument anzusehen, durch welches die Vertragsbindung vorrangig beseitigt werden kann.89 87 

Eingehend zur Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist im vierten Teil unter B. Unterbrechung der Frist ebenfalls als sinnvolle Sanktion betrachten Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucheracquis, S. 223, 259. 89  Siehe auch Grigoleit, NJW 2002, 1151, 1155. 88  Die



B.  Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen369

b)  Spezifische Kostensanktion Begleitet werden sollte die widerrufsspezifische Sanktion durch die spezielle Kostensanktion, die ebenfalls bereits in der VerbrRRL angelegt und in natio­ nalem Recht umgesetzt ist.90 Die Entbindung von der Tragung der Kosten bei Verletzung der kostenbezogenen Informa­tions­pflichten ist als Sanktion expli­ zit vorzusehen und trägt dem Verstoß direkt Rechnung. Ungeachtet der Frage, ob sich die fehlende Pflicht zur Kostentragung nicht bereits aus allgemeinen Vertragsregeln ergibt, vermag diese spezielle Sanktion das Vertrauen der Ver­ braucher in den grenzüberschreitenden Online-und Fernabsatzhandel durch die klare Regelung zu stärken und somit neben der Rechtssicherheit zur Förderung der Vertragstransparenz beizutragen.

c)  Die Nichtbindung an den Vertrag als spezielle Sanktion i. S. d. Button-Lösung Als weitere spezielle Sanktion ist die Nichtbindung an den Vertrag als Folge vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverstöße im Rahmen der Button-Lösung für Verträge im Internet entsprechend der VerbrRRL und deren Umsetzung in nationalem Recht sowie in Art 25 Abs. 2 GEK‑Vorschlag vorgesehen auf­ zunehmen.91 Nach allgemeinen Prinzipien sowie vorliegend vertretener Auf­ fassung sollte die Vertragsaufhebung als Ultima Ratio nur bei schwerwiegender Pflichtverletzung greifen.92 Generell muss eine Vertragsaufhebung nach dem einheitlichen Sanktionsmodell daher ausgeschlossen sein, da diese auch nach mitgliedstaatlichem Recht, sofern man dies bejaht, nur bei schwerwiegenden Willensstörungen mit konkretem Einfluss auf die Entscheidung über den Ab­ schluss des Vertrags in Betracht kommt und auch ein mögliches Kausalitäts­ erfordernis keine Rechtfertigung zu bringen vermag.93 Dies muss umso mehr gelten, da der derzeitige Status quo der enormen Anzahl der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bemängelt wird und nicht allen Pflichten Entscheidungs­ erheblichkeit zukommen wird.94 Folglich dürfen auch nicht sämtliche Informa­ tions­pflichtverletzungen ein Wahlrecht über die Nichtbindung an den Vertrag eröffnen. Unter Berücksichtigung des im E‑Commerce situationsbedingt erhöh­ ten Schutzbedarfs und der beabsichtigten Förderung des Vertrauens in (moder­ ne) Online-Geschäfte ist die Schaffung von Transparenz und fairer Möglich­ 90 

Eingehend zur kostenspezifischen Sanktion im vierten Teil unter C. vierten Teil unter F. dazu Magnus, in: Schulze/Ebers/Grigoleit (Hrsg.), Informa­tions­ pflichten und Vertragsschluss im acquis, S. 291, 295. 93 Ebenso Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 254 ff., nach dessen zutreffender Auffassung ins­ besondere rechtsverfolgungsbezogene Aufklärungspflichten ungeeignet sind. 94 Ähnlich Grigoleit, in: Eidenmüller/Faust/Grigoleit/Jansen/Wagner/Zimmermann (Hrsg.), Revision des Verbraucher-acquis, S. 223, 254 f. 91  Eingehend dazu im 92 Ebenso und näher

370

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

keiten des Vertragsschlusses unabdingbar. Wird hiergegen verstoßen, so soll dies ausnahmsweise die Nichtbindung an den Vertrag rechtfertigen, die der Ver­ braucher nach eigenem Ermessen durch Ausübung des richtlinienkonform an­ zunehmenden Wahlrechts herbeiführen kann. Nach vorliegender Auffassung ist die Rechtsfolge der Nichtbindung als Sanktion vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzung anzuerkennen und nicht auf eine bloße Formvorschrift zu re­ duzieren.95 Gerade zur Verringerung oder gar Vermeidung von Kosten- und Abofallen ist die Button-Lösung insgesamt eine geeignete Lösung und daher auch deren Rechtsfolge wichtiger Bestandteil des Sanktionsvorschlags.

d)  Verschuldensunabhängiger Anspruch auf Schadensersatz Im Anschluss an die funktional geprägten, spezifischen Sanktionen sollte als eine Art allgemeine Grundregel ein spezieller Schadensersatzanspruch für die Verletzungen vorvertraglicher Informa­tions­pflichten normiert werden. Wie zuvor im vierten Teil unter D. I. dargelegt, entfaltet der Schadensersatzanspruch praktisch nur dann Relevanz, wenn dem Verbraucher durch die vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung ein Schaden enstanden ist, der z. B. in dem Ab­ schluss eines nachteiligen Vertrages liegen kann.96 Wurde der Verbraucher nicht über das Widerrufsrecht belehrt und ist die Widerrufsfrist zwischenzeitlich ver­ strichen, oder ist dies aufgrund des Leistungsgegenstands ausgeschlossen, kann sich der Verbraucher somit nicht mehr von dem ungünstigen Vertrag lösen. Für den Verbraucher besteht der Schaden fort und ihm muss die Möglichkeit zuste­ hen, zumindest Kompensation für den erlittenen Schaden zu erlangen. In diesem Zusammenhang könnte eine Neukonzeption eines schadensersatz­ rechtlichen Rechtsbehelfs auf europäischer Ebene vorgesehen werden, der be­ stehende Defizite überwinden und weitergehende Aufgaben erfüllen kann.97 Ob eine grundlegende Neukonzeption erforderlich ist oder eine Modifikati­ on existenter Schadensersatzansprüche vorzugswürdig erscheint, mag dahin­ stehen. Anbieten könnte sich zumindest eine dem deutschen Anspruch aus c. i. c. ähnliche Konstruktion eines vor- bzw. außervertraglichen Schadens­ ersatzanspruchs.98 In Anbetracht des auf europäischer Ebene aber wohl schwer durchsetzbaren Verschuldensprinzips, sollte dieser verschuldensunabhängig konzipiert sein.99 Insofern könnte auf den verschuldensunabhängigen Anspruch auf Schadensersatz aus Art. 29 Abs. 1 GEK‑Vorschlag als effektives Mittel re­ 95  96 

S. o. S. 265 ff. Siehe insbesondere S. 185 ff. 97  Koziol, in: Remien (Hrsg.), Schadensersatz im europäischen Privat- und Wirtschafts­ recht, S. 5, 25. 98  Ebenso wohl Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Schulze (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 194. 99  Siehe bereits oben S. 210 ff., S. 214 ff.; vgl. auch Kieninger, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jan­ sen/Schulze, Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 205, 209.



B.  Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen371

kurriert werden, um Unternehmer zur Erfüllung der Informa­tions­pflichten zu bewegen.100 Nach deutschem Recht wird der Anspruch aus §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1, 242 BGB für vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzungen als dem Konzept des GEK‑Vorschlags vergleichbar erachtet,101 auch wenn dieser ­gerade ein Verschulden voraussetzt.102 Der Vorteil eines verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruchs besteht für den Verbraucher in der Vermeidung von Beweisschwierigkeiten und entspricht ebenso europäischen Grundprinzipien. Die Rechtsfolge sollte jedoch klar auf eine monetäre Kompensation be­ schränkt sein, um die insbesondere nach deutschem Recht umstrittene Frage der Aufhebung des Vertrags im Wege der Naturalrestitution zu vermeiden.103 Fehlt eine zu erteilende Information beispielsweise vollständig, so sollte als Rechtsfolge ein verschuldensunabhängiger, den entstandenen Schaden kom­ pensierender Schadensersatzanspruch greifen, dem Unternehmer aber nicht die Aufhebung des Vertrags drohen, da diese gerade auch für den Verbraucher negativ sein kann, wenn er ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Vertra­ ges hat. Fehlt es an einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung, so greift die Sanktion der Verlängerung der Widerrufsfrist (dazu in diesem Abschnitt unter a). Innerhalb dieser Widerrufsfrist kann sich der Verbraucher durch Ausübung des Widerrufsrechts vom Vertrag lösen. Nach Ablauf der Widerrufsfrist soll die Aufhebung des Vertrags durch eindeutige Formulierung des Schadensersatz­ sanspruchs gänzlich ausgeschlossen werden.104 Sofern ein solcher Ausschluss auf zu großen Widerstand stößt, könnte als Kompromiss eine Beschränkung auf Härtefälle der Unzumutbarkeit des Festhaltens am Vertrag im Sinne einer Zumutbarkeitsprüfung vorgesehen werden. Generell ist jedoch eine Entschädi­ gung in Form von Geld als Ausgleich des durch die vorvertragliche Informa­ tions­pflichtverletzung entstandenen Schadens als ausreichend anzusehen und im Sinne des grundsätzlich anzunehmenden Interesses an der Aufrechterhal­ tung des Vertrags zu begrüßen. Abschließend ist als Klarstellung des Konkurrenzverhältnisses die Re­ gelung geboten, dass der verschuldensunabhängige Anspruch auf Schadens­ ersatz generell geltend gemacht werden kann. Dieser soll folglich ungeachtet 100 Ebenso Druschel, S. 176. 101  So wohl Lehmann, in: FS

Köhler, S. 397, 400. S. o. S. 189 f.; das Verschulden wird nach deutschem Recht gem. § 280 Abs. 1 S. 2 BGB grds. vermutet, es besteht jedoch die Exkulpationsmöglichkeit des Unternehmers. Dieser muss als Schuldner darlegen, dass weder er noch einer seiner Erfüllungsgehilfen die Pflichtverlet­ zung zu vertreten hat; siehe Palandt/Grüneberg, § 280 BGB, Rn. 40; vgl. zu dem auch auf den Verhalten von Erfüllungsgehilfen zu erstreckenden Entlastungsbeweis die Entscheidung des BGH zur Beweislast für Verschulden beim Reisemangel BGH, Urteil vom 12.03.1987 – VII ZR 172/86, NJW 1987, 1938. 103  Siehe dazu S. 191 ff. 104  Ebenso sollte eine Vertragsanpassung ausgeschlossen sein, die ohnehin wohl nur ein­ geschränkt möglich erscheint, so z. B. hinsichtlich des Preises, nicht aber der Identität der Partei. 102 

372

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

des Bestehens eines Widerrufsrechts geltend gemacht werden können, wobei das Konkurrenzverhältnis ohnehin nur in Fällen der nicht ordnungsgemä­ ßen ­Widerrufsbelehrung besteht. Klarstellend sollte auch der Vorrang gegen­ über sonstigen Schadensersatzansprüchen als vorrangige lex specialis-Rege­ lung normiert werden. Ansonsten soll der Verbraucher die Möglichkeit haben, sich für die ihn vorzugswürdige Sanktion vorvertraglicher Informa­ tions­ pflichtverletzungen nach diesem Vorschlag zu entscheiden, sofern deren Vo­ raussetzungen ebenfalls erfüllt sind und ihm somit ein Wahlrecht zusteht.

e)  Anfechtung wegen arglistiger Täuschung Als weitere Sanktion sollte in dem Vorschlag ein Anfechtungsrecht wegen arg­ listiger Täuschung vorgesehen werden. Im Gegensatz zu den Sanktionsvor­ schriften im DCFR und GEK‑Vorschlag, die auch auf die Anfechtungsregeln des allgemeinen Irrtumsrechts verweisen, sollte das speziell für vorvertragliche Informa­tions­pflichten zu regelnde Anfechtungsrecht aber auf die vorvertragli­ che Informa­tions­pflichtverletzung durch arglistige Täuschung beschränkt wer­ den. In diesem Zusammenhang wird die Anfechtung wegen Irrtums als Folge vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung teilweise kritisch betrachtet und zutreffend die Überschneidung mit dem Widerrufsrecht kritisiert.105 Teile der Literatur denken insofern an eine generelle Aufgabe der Anwendbarkeit der Anfechtungsregeln bei vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzungen.106 Die Anfechtung wegen Irrtums ist ein bedeutendes und fundamentales Recht im Rahmen der Willensmängel bei Vertragsschluss und soll als solches nicht in Frage gestellt werden. Zudem wird eine Anfechtung wegen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung wie zum deutschen Recht dargelegt nach den allgemeinen Irrtumsregeln nur in seltenen Fällen möglich sein, da nicht jede Verletzung einer vorvertraglichen Informa­tions­pflicht einen Irrtum begründet oder eine arglistige Täuschung darstellt und es somit häufig trotz Informa­tions­ pflichtverletzung an einem Anfechtungsgrund fehlen wird.107 Vorliegend geht es jedoch um die Frage der geeigneten Sanktionierung vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen. Diese werden ergänzt von dem ebenfalls verbraucherschützenden Instrument des Widerrufsrechts, welches in gewissem zeitlichen Rahmen die Möglichkeit eröffnet, ohne jegliche Begrün­ dung vom Vertrag Abstand zu nehmen. Das Widerrufsrecht ist als spezielles Instrument des Verbraucherschutzes aufgrund der weniger strengen Voraus­ setzungen vorzugswürdiger und generell in diesem Kontext als ausreichende 105 Nach

Schulze/Zoll, European Contract Law, Chapter 3, Rn. 102, steht dies im Wider­ spruch zum Modell des selbstkorrigierenden Inhalts, sowie ferner zum Verhältnis des Wider­ rufsrechts, Rn. 106. 106 Dies zumindest erwägend Jansen, in: Schulte-Nölke/Zoll/Jansen/Zimmermann (Hrsg.), Der Entwurf für ein optionales europäisches Kaufrecht, S. 169, 183. 107  Insgesamt zur Anfechtung nach deutschem Recht siehe vierter Teil unter E. I.



B.  Eigener Vorschlag kohärenter und effektiver Sanktionen373

Sanktion zu werten. Nach Ablauf der Widerrufsfrist sollte die Rückgängigma­ chung des Vertrags nur in Fällen der arglistigen Täuschung möglich sein, sodass grundsätzlich eine Anfechtung wegen Irrtums aufgrund der weitreichenden ex tunc-Wirkung als zusätzlicher und spezieller Anfechtungsgrund für vorvertrag­ liche Informa­tions­pflichten abzulehnen ist. Die Nichtregelung eines speziellen irrtumsrechtlichen Anfechtungsgrundes soll die Anfechtbarkeit nach allgemei­ nen Regeln bei Vorliegen der Voraussetzungen jedoch unberührt lassen. Demhingegen ist der Verbraucher auch nach Ablauf der Widerrufsfrist in den besonders schwerwiegenden Fällen der Informa­tions­pflichtverletzung durch arglistige Täuschung besonders zu schützen. Das Anfechtungsrecht wegen arg­ listiger Täuschung bietet aufgrund der Rechtsnatur als Gestaltungsrecht dem vor Vertragsschluss arglistig Getäuschten wiederum die Möglichkeit, den Ver­ trag durch Ausübung mit ex tunc-Wirkung rückwirkend innerhalb der An­ fechtungsfrist zu beseitigen. Der arglistig Täuschende verdient gerade keinen Schutz vor der Rechtsfolge der Nichtigkeit des Vertrags als Folge der Anfech­ tung. Die Sanktion der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist zwingend geboten. Es verbietet sich daher nicht nur ein Ausschluss des Anfechtungsrechts wegen arglistiger Täuschung zum Nachteil des Verbrauchers, vielmehr ist die eigenständige Regelung eines speziellen Anfechtungsgrundes wegen vorver­ traglicher Informa­tions­pflichtverletzung durch arglistige Täuschung innerhalb der vorgeschlagenen Sanktionsnorm aus Klarstellungsgründen vorzugswürdig.

f)  Anwendbarkeit von Gewährleistungsrechten Schließlich sollte ergänzend ein klarstellender Hinweis auf die Anwendbar­ keit kaufrechtlicher Gewährleistungsrechte erfolgen, soweit die vorvertragliche Informa­tions­pflichtverletzung wesentliche Eigenschaften der Ware betrifft.108 Im Hinblick auf die spezifischen Sanktionen stellt sich aufgrund der speziel­ len Anknüpfung an sonstige Informationsinhalte kein Konkurrenzproblem. In allen anderen Fällen ist den Gewährleistungsrechten gegenüber allgemeinen­ Sanktionen auch für Fälle vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen Vorrang einzuräumen, da diese nur ausnahmsweise zum Vertragsinhalt werden. Insgesamt ist diesbezüglich aber wiederum ein klarstellender Hinweis in der Norm vorzusehen.

5.  Zusammenfassende Stellungnahme Einheitliche Sanktionsvorgaben sind erforderlich, um Rechtssicherheit zu ge­ währleisten und unter Wahrung des Effektivitätsgrundsatzes den umfangreichen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten Gewicht zu verleihen. Die Schaffung eines harmonisierten Sanktionsmodells ist als notwendiges Korrelat zu den be­ 108 

Zur Anwendbarkeit kaufrechtlicher Gewährleistungsrechte siehe im vierten Teil unter G.

374

Fünfter Teil: Vorschlag eines Sanktionssystems

reits harmonisierten Informa­tions­pflichten bei Verträgen im elektronischen Ge­ schäftsverkehr und sonstigen Fernabsatzverträgen unabdingbar. Harmonisier­ te, kohärente Sanktionsvorgaben mit eindeutigem Konkurrenzverhältnis bieten den Vorteil der Rechtssicherheit und der abgestuften Anwendung, abhängig von der Art der Verletzung. Ein neben den spezifischen Sanktionen generell in Be­ tracht kommender verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch ist so­ zusagen als Auffangtatbestand geeignet, um Pflichtverletzungen vor Vertrags­ schluss durch Entschädigung mittels Geldleistung Rechnung zu tragen, ohne die informa­tionspflichtverletzende Partei übermäßig zu belasten. Für schwer­ wiegende Pflichtverletzungen wie die der arglistigen Täuschung muss dem Ver­ braucher als Sanktion ein besonderes Anfechtungsrecht zur Verfügung stehen, in diesen Fällen ist der Pflichtverletzende nicht schutz­bedürftig. Gerade für den Bereich der vorvertraglichen Informa­tions­pflichtverletzung im E‑Com­merce und bei sonstigen Fernabsatzverträgen über Waren sind aufgrund der sach­ lich begrenzten Anwendungsbereiche sowie der diesen inhärenten typischen Gefährdungslage solche konkreten Sanktionsbestimmungen notwendig. Dass mangels einheitlicher Regelungen Konkurrenzfragen nicht nur in einzelnen Mitgliedstaaten auftreten, sondern gerade auch zwischen verschiedenen Mit­ gliedstaaten zum Tragen kommen können, steht im Widerspruch zum erklär­ ten Ziel, das Vertrauen der Verbraucher in grenzüberschreitende Online- und Fernabsatzgeschäfte zu stärken. Nach derzeitigem Status quo müssen sich Ver­ braucher je nach anwendbarem Recht zuvor über die in dem betreffenden Mit­ gliedstaat geltenden Sanktionen informieren. Diesem Aspekt könnte mit einer europäisch einheitlich geltenden Regelung im Sinne des vorhergehend skizzier­ ten Vorschlags entgegengewirkt werden. Zusammenfassend ist daher eine Vereinheitlichung der Sanktionen bei vor­ vertraglicher Informa­tions­pflichtverletzung im E‑Commerce und sonstigem Fernabsatzrecht geboten und entsprechend dem zuvor präsentierten Vorschlag wünschenswert. Die genannten individualrechtlichen Sanktionen sollten selbst­ verständlich ergänzt werden durch kollektive Maßnahmen wie z. B. die Un­ terlassungsklage. Der möglichen Befürchtung eines zu weitgehenden Eingriffs in das Recht der Mitgliedstaaten ist entgegenzuhalten, dass es gerade nicht um eine weitreichende Reform des allgemeinen Leistungsstörungsrechts geht, was tatsächlich einen schwerwiegenden Eingriff in die Zivilrechtsordnungen darstellen würde, sondern lediglich um eine weitere Teilharmonisierung der­ Sanktionen vorvertraglicher Informationsverstöße bei besonderen Vertriebsfor­ men, welche bereits eine bedeutende Rolle im grenzüberschreitenden Onlineund Fernabsatzhandel einnehmen.

Sechster Teil

Abschließende Thesen und Ausblick In diesem abschließenden Resümee sollen zunächst die in den vorhergehenden Kapiteln erarbeiteten Ergebnisse und Thesen rekapituliert und zusammenfas­ send präsentiert werden. Im Anschluss hieran erfolgt ein Fazit verbunden mit der nach vorliegender Auffassung wünschenswerten Entwicklung im Bereich der Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen im elektro­ nischen Geschäftsverkehr und bei sonstigen Fernabsatzverträgen.

A.  Zusammenfassende Darstellung der wichtigsten Thesen 1. Vorvertragliche Informa­tions­pflichten im Rahmen besonderer Vertriebsfor­ men haben sich sowohl im Europäischen Privatrecht als auch im nationalen Zi­ vilrecht als bedeutendes Verbraucherschutzinstrument etabliert.1 2. Die besonderen Distanzvertriebsarten des Online-Handels im E‑Commerce sowie des sonstigen Fernabsatzhandels mit Waren haben zunehmend an öko­ nomischer Bedeutung im Binnenmarkt der EU gewonnen.2 3. Das für den Verbraucherschutz maßgebliche Relevanz entfaltende Verbrau­ cherleitbild hat sich im Laufe der Zeit gewandelt – von einem zu Beginn flüch­ tigen Verbraucher hin zu einem durchschnittlich informierten Verbraucher.3 4. Die Europäisierung des Verbraucherschutzrechts ist seit Erlass der ersten Verbraucherschutzrichtlinien zunehmend vorangeschritten und spiegelt sich in nationalen Umsetzungsakten auch im Recht der Mitgliedstaaten wieder.4 5. Die Maxime des Vertrauensschutzes und das Gebot der Rechtssicherheit spielen bei der künftigen Entwicklung und Förderung des grenzüberschreiten­ den (Online-)Handels eine zentrale Rolle.5 6. Die umfangreichen vorvertraglichen Informa­tions­pflichten für Fernabsatz­ verträge über Waren sind durch die VerbrRRL vollharmonisiert und gelten 1 

Siehe S. 38 ff. Siehe S. 48 ff. 3  Siehe S. 32 ff. 4  Siehe S. 26 ff. 5  Siehe S. 50 ff. 2 

376

Sechster Teil: Abschließende Thesen und Ausblick

neben zusätzlichen Informationsanforderungen auch für Verträge im elektro­ nischen Geschäftsverkehr, jeweils situativ anknüpfend an die spezifischen Ge­ fährdungslagen dieser Sektoren.6 7. Die enorme Anzahl der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten birgt neben einem immensen Kostenfaktor für informationspflichtige Unternehmen die ­Gefahr eines Negativeffekts der Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit in sich, da der Verbraucher durch die Vielzahl an Informationen überfordert sein kann, sodass eine Revision und Reduktion des Umfangs der Pflichten als drin­ gend geboten erscheint.7 8. Mit Ausnahme vereinzelter, spezieller Sanktionen in der VerbrRRL (z. B. Ver­ längerung der Widerrufsfrist und spezifische Kostensanktion) fehlt es an einem einheitlichen Sanktionsmodell auf europäischer Ebene.8 9. Die sowohl im DCFR als auch im GEK‑Vorschlag vorgesehenen Sanktions­ systeme bilden lediglich einen ersten Schritt in Richtung eines einheitlichen Re­ gelungsansatzes, stellen aber derzeit noch Regelwerke dar und sind als solche nicht in Kraft getreten.9 10. Die Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen nach deutschem Recht sind vielfältig und verbunden mit diversen Konkurrenzfragen: Neben vertragsrechtlichen Sanktionen, die sich wiederum in spezielle Sank­ tionen (z. B. Verlängerung der Widerrufsfrist) und allgemeine Sanktionen wie z. B. Anfechtung, Schadensersatz aus ci.c. und solche des allgemeinen Leis­ tungsstörungsrechts unterteilen lassen, kommen diverse kollektive oder institu­ tionelle Sanktionen wie z. B. die Unterlassungsklage in Betracht.10 11. Die spezielle Sanktionsvorschrift in Art. II. – 3:109 DCFR weist neben dem als kritisch zu betrachtenden, zu pauschalen Ansatz vielfältige Konkurrenz­ fragen auf.11 12. Auch die spezielle Sanktionsregelung des Art. 29 GEK‑Vorschlags lässt eine eindeutige Konkurrenzregelung vermissen und vermag aufgrund der anschei­ nend frei wählbaren Sanktionen nicht gänzlich zu überzeugen.12 6  7 

Siehe S. 87 ff. Siehe hierzu S. 347 ff. 8  Siehe S. 337 ff.; hieran würde auch der jüngste Änderungsvorschlag der Europäischen Kommission KOM(2018), 185 nichts ändern, dazu S. 358 ff. 9  Vgl. S. 10 ff. 10  Vgl. eingehend zu den verschiedenen Sanktionen den vierten Teil. 11  Siehe S. 141 f. sowie die Ausführungen im Rahmen einzelner Sanktionen im vierten Teil. 12  Siehe S. 142 ff. sowie die Ausführungen im Rahmen einzelner Sanktionen im vierten Teil.



B.  Fazit und Ausblick377

13. Konkurrenzprobleme und Unklarheiten der Sanktionsregelungen stellen deren Wert in Frage und vermögen keinen Beitrag zur erforderlichen Rechts­ sicherheit zu leisten.13 14. Die Etablierung eines einheitlichen Sanktionssystems auf europäischer Ebene erscheint als notwendiges Korrelat zu den bereits vollharmonisierten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im Hinblick auf den effet utile-Grund­ satz unerlässlich.14 15. Der eigene Vorschlag einer möglichen Sanktionsregelung, der wie im fünf­ ten Teil dargestellt folgende Sanktionen enthält: (i) Verlängerung der Wider­ rufsfrist, (ii) Spezifische Kostensanktion, (iii) Nichtbindung an den Vertrag als spezielle Sanktion im Sinne der Button-Lösung, (iv) Verschuldensunabängiger Schadensersatzanspruch beschränkt auf monetäre Kompensation, (v) Besonde­ rer Anfechtungsgrund bei arglistiger Täuschung, sowie (vi) Anwendbarkeit der Gewährleistungsrechte, zeichnet sich aus durch eine Kombination aus speziel­ len, funktionell orientierten und allgemeinen vertragsrechtlichen Sanktionen, flankiert durch eine klare Konkurrenzregelung.15

B.  Fazit und Ausblick Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass es ein ausdifferenziertes System an ver­ schiedensten Informa­tions­pflichten gibt – es jedoch korrelierend dazu an einem transparenten und kohärenten Sanktionssystem mangelt. Je nach anwendbarem mitgliedstaatlichen Recht können somit unterschiedliche Sanktionen der Verlet­ zung vorvertraglicher Informa­tions­pflichten in Betracht kommen. Am Beispiel des deutschen Rechts wurden im vierten Teil unter anderem die verschiede­ nen allgemeinen und spezifischen Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­ pflichtverletzungen einschließlich damit verbundener Konkurrenzfragen aufgezeigt. In Korrelation zu der Fülle an harmonisierten vorvertraglichen Informa­tions­pflichten bedarf es dringend eines einheitlichen Sanktionssys­ tems auf europäischer Ebene, um die Einhaltung der verbraucherschützenden ­Pflichten der Unternehmer einerseits und effektive und rechtssicher vorherseh­ bare Maßnahmen gegen Verstöße andererseits zu gewährleisten. Die bereits er­ folgte Vollharmonisierung der vorvertraglichen Informa­tions­pflichten im On­ line- und Fernabsatzhandel gebietet in einem nächsten wichtigen Schritt auch die Harmonisierung entsprechender Sanktionen wie insbesondere im fünften Teil aufgezeigt. Das Argument eines vermutlich nicht einfach zu erreichenden 13 Vgl. insbesondere die zusammenfassende Bewertung der Sanktionsmechanismen S. 337 ff. 14  Siehe S. 362 ff. 15  Vgl. im Einzelnen hierzu die Ausführungen im fünften Teil unter B. 4.

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Sechster Teil: Abschließende Thesen und Ausblick

Konsenses darf dem Voranschreiten der Harmonisierung der Sanktionen für Informa­tions­pflichtverletzungen nicht entgegenstehen. Im Rahmen künftig hoffentlich zu erwartender Revisionsprozesse ist zu­ nächst die Reduktion der viel zu umfangreichen vorvertraglichen Informa­tions­ pflichten der analysierten Distanzvertriebsarten auf wesentliche Mindestanfor­ derungen als notwendiger erster Schritt anzusehen. Im Anschluss hieran ist ein hinreichend klares, verständliches und gleichzeitig effektives Sanktionsmodell erforderlich, dessen grundlegende Weichenstellung in dem zuvor im fünften Teil skizzierten Vorschlag zum Ausdruck kommt. In welches rechtliche Ge­ wand die Sanktionsvorschrift eingekleidet wird, ist hierbei zunächst zweit­ rangig. Die insbesondere denkbaren Optionen des Wiederauflebens eines op­ tionalen Instruments oder einer echten Reform der VerbrRRL basieren zwar grundlegend auf verschiedenen Ansätzen, erscheinen aber jeweils geeignet die Konzeption eines europäischen Sanktionsmodells vorvertraglicher Informa­ tions­pflichtverletzungen zu verwirklichen, gegebenenfalls auch als Kombina­ tion beider Optionen. Ob die weiterhin denkbare extensivere Variante eines Europäischen Zivilgesetzbuchs in absehbarer Zeit verwirklicht werden kann, muss nach derzeitigem Stand mangels konkreter Bemühungen der Europäi­ schen Kommission bezweifelt werden, ist aber gleichfalls nicht auszuschlie­ ßen. Maßgeblich aus Verbrauchersicht sowie langfristig notwendig ist die Etab­ lierung eines Sanktionssystems auf europäischer Ebene. Ein solches muss nicht auf schnellstmöglichem Wege überstürzt erlassen werden, vielmehr sollte eine Entwicklung konkreter Sanktionsvorgaben auf Basis einer eingehenden Ana­ lyse der bestehenden Rechtslage in den Mitgliedstaaten, des acquis communautaire sowie der zahlreichen wissenschaftlichen Regelwerke unter Berück­ sichtigung und Lösung der genannten Kritikpunkte angestrebt werden, um der Bedeutung der Sanktionen vorvertraglicher Informa­tions­pflichtverletzungen in der Zukunft gerecht werden zu können.

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Sachregister ACQP 12, 103, 141 f., 156 ff., 205 ff., 244, 291, 331 f. Amazon-Dash-Button 272 ff., 314 Anfechtung 222 ff. Anpassung des Vertrags 192 ff., 216, 247, 258, 328 ff., 371 arglistige Täuschung 142, 194 ff., 208, 216 ff., 223 ff., 227 ff., 238, 244 ff., 248 ff., 253 ff., 259, 275, 287 ff., 327, 366, 372 ff., 377 Aufhebung des Vertrags 192 ff., 216, 236, 247, 252, 292, 330, 344, 369 ff.

Europäisches Privatrecht 11, 14, 21 f., 25 ff., 58, 77, 87, 127, 146, 162, 337, 347

Beseitigungsanspruch 312 ff. black list 319 ff. Button-Lösung 76, 92, 101 f., 116, 124, 143, 259 ff., 342 ff., 357, 367, 369 f., 377

Heininger-Entscheidung 154 f., 167

Cassis de Dijon-Entscheidung 28 c. i. c. 179 ff., 198 ff., 221, 236, 255, 268, 270 f., 283 ff., 335, 341, 344, 370 Distanzvertriebsarten 76, 182 f., 199, 356 f., 375 effet utile 137 f., 362 f., 377 Eigenschaftsirrtum 224 ff., 238 f. eigener Vorschlag Sanktionsmodell 362 ff. Entscheidungsfreiheit 37 ff., 53, 146, 187 ff., 196 ff., 228 f., 266 ff., 314 ff., 320, 325 f., 328 f., 354 Erfüllungsanspruch 292 f., 328 f. Erfüllungsinteresse 192 f. Erklärungsirrtum 224 ff., 238 f., 271 essentialia negotii 57 f., 120 f., 131, 229, 259

Falschinformation 58 f., 187, 192, 215, 228, 245 f., 365 f. Gefährdungssituation 44 f., 47, 52, 186, 225, 235, 278, 313 f. Gewährleistungsrechte 279 ff., 373, 377 Gruber-Entscheidung 80 f. Gut Springenheide-Entscheidung 34

Informationsasymmetrie 36, 44 f., 147 ff., 156 f. information-overkill/overload, Informa­ tionsflut/Informationseuphorie 132 f., 348 f., 351 Inhaltsirrtum 224 f., 269, 271 KMU 3, 18 f., 46 f., 71 ff., 84 ff., 313, 349 ff. Kostentragung (zusätzliche) 138 f., 145, 167 ff., 252, 257, 353, 369 Kreissäge-Entscheidung 195 f. Linoleumrollenfall 183 M‑Commerce 130 f., 355 ff. Minderung 280, 287, 292, 307 ff., 335 ff. New Deal for Consumers 10, 358 ff. Nichtinformation 58 f., 143, 176, 187, 215, 246 ff., 365 f.

402

Sachregister

(Online-)Handel 1 ff., 19 ff., 48 ff., 85 f., 99 f., 147 ff., 260 ff., 279 ff., 349, 339 ff., 355 ff., 364 ff., 374 f. optionales Instrument 13, 16, 21, 278, 364 f. Orient-Teppichmuster-Entscheidung 34 f. pacta sunt servanda 147, 232, 329 f. PAnGV 125 ff., 323 f., 355 PECL 11 f., 17, 104 f., 156, 210 ff., 238 ff., 250 ff., 290 f., 307 ff., 331, 348 Prantl-Entscheidung 35 f., 353 Privatautonomie 33 f., 39 ff., 47, 53, 94, 170, 186, 324 Putz/Weber-Entscheidung 42 Radarwarngerätefall 271 f. Rücktritt 235, 289, 292, 295, 333 ff. Salatblattfall 183 Schadensersatz 58, 65, 141 f., 170, 175, 178 ff., 232 ff., 247 f., 255 ff., 267 ff., 280 ff., 292 ff., 307 ff., 322, 332 ff., 344, 370 ff., 376 f. Schutzinstrument 26, 37, 38 ff., 46, 96, 343, 353, 356 f. Schutzpflichten 43 f., 47, 189, 228

Tacconi-Entscheidung 205 TMG 66, 125 f., 201, 335 f., 355 toolbox 13 f., 24, 342 f. Unterlassungsanspruch 312 ff. Unternehmerbegriff 76 ff. Unwirksamkeit des Vertrags 258 ff. UWG 126, 312 ff., 338 venire contra factum proprium 233 Verbraucherbegriff 33, 76 ff., 148 Verbrauchergeneralklausel 318 Verbraucherleitbild 6, 26, 32 ff., 45 f., 53, 127, 318 f., 375 Verbraucherschutzrecht 1, 6, 8, 25 ff., 46 f., 86, 146, 337 ff., 341, 350, 361, 375 Vermutung aufklärungsrichtigen Verhal­ tens 189 f. Vertrauensschaden 192, 218, 235 ff., 258, 330 vorvertragliches Schuldverhältnis 179 ff. Vorschlag europäisches Sanktionsmodell 364 ff. Widerrufsfrist (Verlängerung) 98, 137 ff., 145 ff., 167, 186, 249, 257, 274, 340 ff., 368 ff., 376