Die Praxis der Bundesauftragsverwaltung: Eine Untersuchung am Beispiel des Vollzugs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes [1 ed.] 9783428543861, 9783428143863

Die Bundesauftragsverwaltung ist aufgrund der steigenden Anzahl von Geldleistungsgesetzen in der Verwaltungspraxis von z

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Die Praxis der Bundesauftragsverwaltung: Eine Untersuchung am Beispiel des Vollzugs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes [1 ed.]
 9783428543861, 9783428143863

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Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1299

Die Praxis der Bundesauftragsverwaltung Eine Untersuchung am Beispiel des Vollzugs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes

Von

Christine Elmers

Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTINE ELMERS

Die Praxis der Bundesauftragsverwaltung

Schriften zum Öffentlichen Recht Band 1299

Die Praxis der Bundesauftragsverwaltung Eine Untersuchung am Beispiel des Vollzugs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes

Von

Christine Elmers

Duncker & Humblot · Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsund Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster hat diese Arbeit im Jahr 2014 als Dissertation angenommen. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D6 Alle Rechte vorbehalten

© 2015 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme: L101 Mediengestaltung, Berlin Druck: CPI buchbücher.de, Birkach Printed in Germany ISSN 0582-0200 ISBN 978-3-428-14386-3 (Print) ISBN 978-3-428-54386-1 (E-Book) ISBN 978-3-428-84386-2 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster im Wintersemester 2013 / 2014 als Dissertation angenommen und im November 2014 mit dem Harry-Westermann-Preis ausgezeichnet. Das Manuskript wurde im Herbst 2013 abgeschlossen; Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur konnten bis Ende 2014 berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Janbernd Oebbecke für die Anregung und engagierte Betreuung dieser Arbeit sowie die zügige Erstellung des Erstgutachtens. Während meiner Zeit als studentische Hilfskraft und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kommunalwissenschaftlichen Institut hat er mich in persönlicher und fachlicher Hinsicht stets gefördert und damit den Rahmen für die Arbeit an dieser Dissertation geschaffen. Bei Herrn Professor Dr. Bodo Pieroth bedanke ich mich für die äußerst zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Ausbildungsförderungsverwaltung danke ich für die zahlreichen Gespräche und mir gewährten Einblicke, welche Grundlage dieser Arbeit sind. Für die gute Zusammenarbeit am Kommunalwissenschaftlichen Institut bedanke ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Sonja Gerards, André Weßling, Christian Kessen, Dr. Simon Frye und Lilo Gerdes. Herrn Dr. David Stadermann danke ich nicht nur für die kritische Durchsicht des Manuskripts. Seine Geduld und Bereitschaft zur konstruktiven Diskussion haben maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Mein ganz besonderer Dank gilt schließlich meiner Familie, insbesondere Annekatrin Elmers, Anna-Maria Elmers und Jörn Schulz für ihre Unterstützung und Begleitung während meiner Ausbildung. Ihnen widme ich diese Arbeit. Hamburg, im Winter 2015

Christine Elmers

Inhaltsübersicht § 1 Zweck und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Erster Teil

Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsorganisationsform 

27

Kapitel 1 

Grundzüge der verfassungs- und verwaltungsgeschichtlichen Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung 

27

§ 2 Die historischen Wurzeln der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . 28 A. Auftragsangelegenheiten unter der Reichsverfassung von 1871 . . . . . . 28 B. Die „Reichsauftragsverwaltung“ der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . 29 C. Die Entstehung der Bundesauftragsverwaltung nach dem Grundgesetz. 31 D. Die historische Entlehnung des Begriffs der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 § 3 Die Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung unter dem Grundgesetz  36 § 4 Geldleistungsgesetze als Gegenstand der Bundesauftragsverwaltung  . . . 40 A. Die Kostentragung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung als Ausnahme zum finanzverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip . . . . 41 B. Die Inflation der Geldleistungsgesetze – Der offene Tatbestand des Art. 104a Abs. 3  GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Kapitel 2

Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge des Grundgesetzes 

49

§ 5 Die Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung im deutschen Föderalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 A. Die Bundesauftragsverwaltung als Spezifikum des deutschen Föderalismus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 B. Die politische Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . 50 C. Die verwaltungsökonomische Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung. 52 D. Der Bundesauftragsverwaltung immanente Konflikte . . . . . . . . . . . . . . 53

8 Inhaltsübersicht § 6 Die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 54 A. Die semantische Unklarheit des Begriffs der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Die Differenzierung zwischen Wahrnehmungs- und Sachkompetenz . . 57 C. Die Bundesauftragsverwaltung als Mischverwaltung im weiteren ­Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 D. Die Auflösung der Grenzen zu anderen Verwaltungsorganisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 § 7 Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus . . 63 A. Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung . . . . . . . . . . . . . . . 64 B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Verwaltungsverflechtung . . . . . 70 C. Kooperative Verwaltungspraxis im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 D. Neue Formen exekutiver Normsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 Kapitel 3

Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung nach dem Grundgesetz 

76

§ 8 Die Ingerenzrechte des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 A. Die Einrichtung der Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 B. Die Regelung des Verwaltungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 C. Der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 D. Die Personalkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 E. Das Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 F. Die Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 § 9 Die Theorie der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 A. Abgrenzung der Bundesaufsicht zu anderen Formen der Aufsicht . . . 108 B. Aufsicht, Kontrolle und Steuerung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 C. Generelle Pflicht zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . 119

Inhaltsübersicht9 Zweiter Teil

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz als Materie der Bundesauftragsverwaltung 

122

Kapitel 4

Die historische Entwicklung der Ausbildungsförderung in Deutschland – Der Weg in die Bundesauftragsverwaltung 

122

§ 10 Das Honnefer und das Rhöndorfer Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 § 11 Das Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung . . . . . . . . 126 § 12 Die Ausbildungsförderung als Materie der Bundesauftragsverwaltung . . . . 128 Kapitel 5

Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung 

130

§ 13 Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG  . . . 131 A. Klarstellung des Verwaltungstyps der Bundesauftragsverwaltung und Aufbringung der Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 B. Einrichtung und Zuständigkeiten der Ausbildungsförderungsbehörden . 133 C. Die Verfahrensvorgaben des BAföG im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . 149 D. Die Verwaltung und Einziehung der Darlehen durch das Bundesverwaltungsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 § 14 Die Rechtsverordnungen des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 A. Die Rechtsverordnungen im Rahmen des BAföG  . . . . . . . . . . . . . . . . 154 B. Die Auslandszuständigkeitsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 § 15 Die landesrechtlichen Regelungen zum Vollzug des BAföG . . . . . . . . . . . 159 Dritter Teil

Die Funktionsweise der Bundesauftragsverwaltung in der Staats- und Verwaltungspraxis 

163

Kapitel 6

Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG – eine Bestandsaufnahme 

164

§ 16 Die Bund-Länder-Kooperationen in der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 A. Bestandsaufnahme der Koordinierungsgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 B. Fazit zur Bund-Länder-Kooperation in der Ausbildungsförderung . . . 172

10 Inhaltsübersicht C. Vergleichbare Koordinierungsgruppen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 § 17 Die Wahrnehmung der administrativen Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 A. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum BAföG . . . . . . . . . . . . 175 B. Weisungen zum Vollzug des BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 § 18 Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 A. Die kooperative Regelungspraxis als funktionelles Äquivalent der Einwirkungsrechte des Art. 85 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 B. Die weiteren Regelungsmechanismen in der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 § 19 Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG . . . . . . . . 285 A. Die Bedeutung der Bundesaufsicht unter agenturtheoretischen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B. Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 C. Anforderungen an die Ausgestaltung der Bundesaufsicht im Spannungsfeld zwischen Verantwortung des Bundes und Verwaltungshoheit der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 § 20 Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung . . . . . . . . . . . 304 A. Die verwaltungsinterne Kontrolle im Rahmen der Kooperationsgre­ mien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 B. Die Haftungspflicht der Länder als ‚Kontrollinstrument‘ . . . . . . . . . . . 305 C. Die Möglichkeiten und Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Kon­ trolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 D. Die Prüfungen der Wirtschaftlichkeit durch die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 E. Die politische Kontrolle durch Parlamente und Öffentlichkeit . . . . . . 316 F. Die Prüfungen durch den Nationalen Normenkontrollrat . . . . . . . . . . . 318 G. Die Aufsicht in den Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 H. Fazit zu den weiteren Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung  . 323 Kapitel 7

Schlussbetrachtungen und Ausblick 

324

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Verzeichnis unveröffentlichter Materialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

Inhaltsverzeichnis § 1 Zweck und Gang der Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Erster Teil

Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsorganisationsform 

27

Kapitel 1

Grundzüge der verfassungs- und verwaltungsgeschichtlichen Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung 

27

§ 2 Die historischen Wurzeln der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . 28 A. Auftragsangelegenheiten unter der Reichsverfassung von 1871 . . . . . . 28 B. Die „Reichsauftragsverwaltung“ der Weimarer Republik . . . . . . . . . . . 29 C. Die Entstehung der Bundesauftragsverwaltung nach dem Grund­ gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 I. Der Entwurf von Herrenchiemsee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Die Beratungen des Parlamentarischen Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. Die Bundesauftragsverwaltung bei Verabschiedung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 D. Die historische Entlehnung des Begriffs der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 § 3 Die Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung unter dem Grundgesetz . 36 § 4 Geldleistungsgesetze als Gegenstand der Bundesauftragsverwaltung . . . . A. Die Kostentragung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung als Ausnahme zum finanzverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip . . . . I. Die Übernahme der Zweckausgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kostentragung durch den Bund im Fall der Bundesauftragsverwaltung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bundesauftragsverwaltung bei mehrheitlicher Kostentragung durch den Bund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Übernahme der Verwaltungsausgaben und die Haftungsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Inflation der Geldleistungsgesetze – Der offene Tatbestand des Art. 104a Abs. 3  GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40 41 42 42 43 45 46

12 Inhaltsverzeichnis I. Der Begriff der Geldleistungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 II. Beispiele bisheriger Geldleistungsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Kapitel 2

Die Bundesauftragsverwaltung im förderativen Gefüge des Grundgesetzes 

49

§ 5 Die Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung im deutschen Föderalismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 A. Die Bundesauftragsverwaltung als Spezifikum des deutschen Föderalismus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 B. Die politische Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . 50 C. Die verwaltungsökonomische Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 D. Der Bundesauftragsverwaltung immanente Konflikte . . . . . . . . . . . . . . 53 § 6 Die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . 54 A. Die semantische Unklarheit des Begriffs der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 B. Die Differenzierung zwischen Wahrnehmungs- und Sachkompetenz  . 57 C. Die Bundesauftragsverwaltung als Mischverwaltung im weiteren ­Sinne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 D. Die Auflösung der Grenzen zu anderen Verwaltungsorganisationsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 § 7 Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus . . 63 A. Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung . . . . . . . . . . . . . . . 64 I. Begriffsbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 II. Ursachen der Verwaltungsverflechtung im Bundesstaat . . . . . . . . . 66 1. Die Verschränkung der Verwaltungskompetenzen in der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Der Einfluss des Sozialstaatsprinzips sowie des Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Verwaltungsverflechtung . . . . . 70 C. Kooperative Verwaltungspraxis im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 D. Neue Formen exekutiver Normsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Inhaltsverzeichnis13 Kapitel 3

Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung nach dem Grundgesetz 

76

§ 8 Die Ingerenzrechte des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 A. Die Einrichtung der Behörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 B. Die Regelung des Verwaltungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 I. Bundeskompetenz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens . . . . . 79 II. Zustimmungsbedürftigkeit einer solchen Regelung . . . . . . . . . . . . 80 C. Der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 I. Die Bedeutung allgemeiner Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 II. Die Bedeutung intersubjektiver Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 III. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften in der Praxis der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 D. Die Personalkompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 I. Die Ausbildung der Beamten und Angestellten . . . . . . . . . . . . . . . 86 II. Die Bestellung der Leiter der Mittelbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . 87 E. Das Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 I. Die Bedeutung von Weisungen in der Verwaltungspraxis . . . . . . . 87 II. Die Weisungen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung  . . . . . 89 1. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Weisungsrecht . . . . 90 a) Adressaten der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 b) Bindungswirkung der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 c) Durchsetzung der Weisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Das Weisungsrecht als Einzelweisungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . 93 3. Die weitere Ausgestaltung des Weisungsrechts durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 a) Gegenstand und Reichweite des Weisungsrechts . . . . . . . . . 98 b) Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Weisungsrechts . 99 aa) Gebot der Weisungsklarheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Gelegenheit zur Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 c) Maßnahmen zur Vorbereitung des Weisungserlasses . . . . . . 101 F. Die Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 I. Der Maßstab der Bundesaufsicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 II. Die Mittel der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 III. Die Zuständigkeit zur Ausübung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . 106 § 9 Die Theorie der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 A. Abgrenzung der Bundesaufsicht zu anderen Formen der Aufsicht . . . 108 I. Bundesaufsicht und Staatsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 II. Bundesaufsicht und Fachaufsicht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109

14 Inhaltsverzeichnis B. Aufsicht, Kontrolle und Steuerung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 I. Die Abgrenzung der Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 II. Die Umsetzung der Steuerungsmodi im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . 113 2. Der Erlass von Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 3. Der Charakter der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG . . . 115 III. Zum Verhältnis von Aufsichts- und Weisungsrecht . . . . . . . . . . . . 116 IV. Der Begriff der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 C. Generelle Pflicht zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . 119 Zweiter Teil

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz als Materie der Bundesauftragsverwaltung 

122

Kapitel 4

Die historische Entwicklung der Ausbildungsförderung in Deutschland – Der Weg in die Bundesauftragsverwaltung 

122

§ 10 Das Honnefer und das Rhöndorfer Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 § 11 Das Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung . . . . . . . . 126 § 12 Die Ausbildungsförderung als Materie der Bundesauftragsverwaltung . . . . 128 Kapitel 5

Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung 

130

§ 13 Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG . . . . . 131 A. Klarstellung des Verwaltungstyps der Bundesauftragsverwaltung und Aufbringung der Mittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 B. Einrichtung und Zuständigkeiten der Ausbildungsförderungsbehörden . 133 I. Die Verwaltungsorganisation auf Länderebene . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Die Ämter für Ausbildungsförderung und ihre Aufgaben . . . . . 135 2. Die Ämter für Ausbildungsförderung und ihre Organisation . . 137 a) Organisation der schulischen Ausbildungsförderung . . . . . . 138 b) Organisation der studentischen Ausbildungsförderung . . . . . 140 c) Organisation der Auslandsausbildungsförderung  . . . . . . . . . 143 d) Auswirkung auf andere Förderungsarten . . . . . . . . . . . . . . . . 144 3. Die Landesämter für Ausbildungsförderung  . . . . . . . . . . . . . . . 144 4. Die Ministerien als Oberste Landesbehörden . . . . . . . . . . . . . . 147 II. Die Verwaltungsorganisation auf Bundesebene . . . . . . . . . . . . . . . 148

Inhaltsverzeichnis15 C. Die Verfahrensvorgaben des BAföG im Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . 149 D. Die Verwaltung und Einziehung der Darlehen durch das Bundesverwaltungsamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 § 14 Die Rechtsverordnungen des Bundes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 A. Die Rechtsverordnungen im Rahmen des BAföG  . . . . . . . . . . . . . . . . 154 B. Die Auslandszuständigkeitsverordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 § 15 Die landesrechtlichen Regelungen zum Vollzug des BAföG . . . . . . . . . . . 159 Dritter Teil

Die Funktionsweise der Bundesauftragsverwaltung in der Staats- und Verwaltungspraxis 

163

Kapitel 6

Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG – eine Bestandsaufnahme 

164

§ 16 Die Bund-Länder-Kooperationen in der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 A. Bestandsaufnahme der Koordinierungsgremien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 I. Die Sitzungen der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 II. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Aktualisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 III. Weitere beratende Gremien zu Fragen der Ausbildungsförderung . 169 IV. Koordinierung durch das Deutsche Studentenwerk . . . . . . . . . . . . 170 V. Koordinierung auf Landesebene . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 1. Koordinierung durch die Arbeitsgemeinschaften der Studentenwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 2. Koordinierung im Bereich der schulischen Ausbildungsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 B. Fazit zur Bund-Länder-Kooperation in der Ausbildungsförderung . . . 172 C. Vergleichbare Koordinierungsgruppen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 § 17 Die Wahrnehmung der administrativen Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 A. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum BAföG . . . . . . . . . . . . 175 I. Bestandsaufnahme der allgemeinen Verwaltungsvorschriften beim Vollzug des BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 1. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . . . . . . . . 176 a) Die Entwicklung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 b) Mögliche Gründe für ein Ausbleiben der Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . . . . . . . . 178

16 Inhaltsverzeichnis 2. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 3. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Regelung eines Programmablaufplans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 a) Das Scheitern eines Programmablaufplans . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Die einvernehmliche Alternativlösung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 c) Die Aufgabe der Zusammenarbeit unter Beteiligung des Bun­ des . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 d) Die Zuständigkeit der Länder für die Datenverarbeitung . . . 185 II. Das Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften . . 187 1. Zweck der verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Beteiligung des Bundesrates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 a) Schutz der Verwaltungshoheit der Länder . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Besondere Qualität von Kollegialentscheidungen . . . . . . . . . 189 c) Einbringung verwaltungspraktischen Sachverstands . . . . . . . 190 aa) Der Bundesrat als Organ der Verwaltungspraxis . . . . . . 190 bb) Das Zustimmungserfordernis als Mittel zur Einbringung verwaltungspraktischen Sachverstands . . . . . . . . . . . . . . 191 2. Vorgaben der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien und der Geschäftsordnung der Bundesregierung zum Erlass von Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 3. Verfahren bei der Überarbeitung der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 III. Pflicht zur Erarbeitung allgemeiner Verwaltungsvorschriften . . . . 197 IV. Bewertung der Praxis der allgemeinen Verwaltungsvorschriften . . 199 B. Weisungen zum Vollzug des BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 I. Die Bedeutung von Regelungen mit Weisungscharakter beim Vollzug des BAföG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 II. Der Mangel an Weisungen im Bereich der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 III. Surrogate des Einzelweisungsrechts im Bereich der Massenverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 IV. Der Verzicht des Bundes auf die Wahrnehmung des Weisungsrechts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 § 18 Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 A. Die kooperative Regelungspraxis als funktionelles Äquivalent der Einwirkungsrechte des Art. 85 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 I. Die Regelung durch BMF-Schreiben in der Steuerauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 II. Die Rundschreibenpraxis in der Bundesfernstraßenverwaltung . . . 211 III. Die Regelungspraxis in der Kernenergieverwaltung . . . . . . . . . . . 213 IV. Die Richtlinienpraxis zum Bundeselterngeldgesetz . . . . . . . . . . . . 215 V. Bewertung der kooperativen Regelungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . 217

Inhaltsverzeichnis17 1. Kooperative Regelungen als Alternative und Ergänzung der Einwirkungsrechte des Art. 85 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 2. Rechtsnatur und Bindungswirkung der kooperativen Regelungen . 219 3. Inhaltlicher Charakter der kooperativen Regelungen . . . . . . . . . 221 4. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit extrakonstitutioneller Regelungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 B. Die weiteren Regelungsmechanismen in der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 I. Extrakonstitutionelle Regelungsformen in der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1. Rundschreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 a) Einführungsrundschreiben zu Änderungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 b) Rundschreiben mit Entwürfen allgemeiner Verwaltungsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 aa) Rundschreiben zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 bb) Rundschreiben vor Erlass der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 cc) Rundschreiben zur Korrektur offensichtlicher Fehler . . 231 c) Auslegungsrundschreiben zum Bundesausbildungsförderungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 d) Rechtsnatur und Bindungswirkung der Rundschreiben . . . . 233 e) Verbindlicherklärung der Rundschreiben durch Weisungen . 235 2. Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . . 238 a) Überblick über die Erlasspraxis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 aa) Form der Erlasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 bb) Gegenstand der Erlasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 cc) Regelungsdichte der Erlasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 dd) Charakterisierung der Erlasse nach ihrem Inhalt . . . . . . 243 b) Rechtsnatur der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 aa) Erlasse als allgemeine Verwaltungsvorschriften . . . . . . 244 bb) Erlasse als Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG  . 246 (1) Bezeichnung als Erlass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 (2) Fehlender Verweis auf Art. 85 Abs. 3  GG . . . . . . . 247 (3) Bitte um Beachtung im Vollzug . . . . . . . . . . . . . . . 247 (4) Zuständigkeit zum Erlass einer Weisung  . . . . . . . . 249 (5) Anforderungen an den Weisungsadressaten  . . . . . . 250 (6) Gelegenheit zur Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . 251 (7) Einzelfallcharakter der Erlasse . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 (8) Ergebnis zur Rechtsnatur der Erlasse . . . . . . . . . . . 253

18 Inhaltsverzeichnis cc) Erlasse als kooperatives Mittel des Verwaltungshandelns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 c) Verhältnis der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu förmlichen Regelungen der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 aa) Abgrenzung der Regelungsarten und deren Konsequenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 bb) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Regelungen der Obersten Bundesbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 (1) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Weisungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 257 (2) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 (3) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Erlassen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 (4) Erlasse zur Konkretisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (5) Erlasse zur Umsetzung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (6) Erlasse zur Umsetzung von Gesetzesänderungen . . 264 (7) Erlasse im Vorgriff auf geplante Änderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG . . 265 cc) Verhältnis der Bundeserlasse untereinander . . . . . . . . . . 266 d) Extrakonstitutionelle Regelungsmechanismen im Rahmen der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 aa) Erlasse als Mittel der berichtigenden Bundesaufsicht . . 267 bb) Steuerungswirkung der Erlasse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 cc) Erlasse als Maßstab der beobachtenden Bundesaufsicht . 272 (1) Erlasse als Maßstab der Rechtmäßigkeitsaufsicht . . 272 (2) Erlasse als Maßstab der Zweckmäßigkeitsaufsicht . 274 e) Bewertung der Erlasspraxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 3. Protokolle der Sitzungen der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 II. Die extrakonstitutionelle Regelungspraxis im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 1. Die Umsetzung der Bundesvorgaben durch die Länderbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 a) Weitergabe der Regelungen des Bundes durch die Länderbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 b) Probleme der Umsetzung der Bundesregelungen durch die Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 280 c) Systematisierung und Archivierung der Bundesregelungen durch die Länderbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 d) Die Arbeit mit den Anweisungen in den Ämtern für Ausbildungsförderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282

Inhaltsverzeichnis19 2. Die Bedeutung extrakonstitutioneller Regelungsmechanismen für die Selbstbindung der Ausbildungsförderungsverwaltung . . 282 3. Vergleich der extrakonstitutionellen Regelungsmechanismen in der Ausbildungsförderungsverwaltung mit weiteren Regelungsinstrumenten in der Bundesauftragsverwaltung . . . . . . . . . . . . . 283 § 19 Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG . . . . . . . . 285 A. Die Bedeutung der Bundesaufsicht unter agenturtheoretischen Gesichtspunkten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 B. Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 I. Allgemeine Beobachtungen des Bundesrechnungshofes zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 II. Die Bundesaufsicht über den Vollzug der Geldleistungsgesetze durch die Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 1. Prüfung zur Ausübung der Fachaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 2. Kontrolldefizit der Bundesministerien im Rahmen der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 3. Maßnahmen zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . 292 a) Durchführung von Geschäftsprüfungen bei den Bewilligungsstellen der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Aneignung von Kenntnissen über den Vollzug der Bundesgesetze und die Wahrnehmung der Fachaufsicht durch die Obersten Landesbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 c) Formulierung von Leitlinien zur Ausübung der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 III. Die Bundesaufsicht im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 C. Anforderungen an die Ausgestaltung der Bundesaufsicht im Spannungsfeld zwischen Verantwortung des Bundes und Verwaltungshoheit der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 I. Der Maßstab der Aufsicht über den Vollzug des BAföG . . . . . . . 298 II. Die Zuständigkeit zur Ausübung der Aufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . 299 III. Die Mittel der Bundesaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 § 20 Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung . . . . . . . . . . . 304 A. Die verwaltungsinterne Kontrolle im Rahmen der Kooperationsgre­ mien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 B. Die Haftungspflicht der Länder als ‚Kontrollinstrument‘ . . . . . . . . . . . 305 C. Die Möglichkeiten und Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Kon­ trolle  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 D. Die Prüfungen der Wirtschaftlichkeit durch die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 E. Die politische Kontrolle durch Parlamente und Öffentlichkeit . . . . . . 316 F. Die Prüfungen durch den Nationalen Normenkontrollrat . . . . . . . . . . . 318 G. Die Aufsicht in den Ländern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 H. Fazit zu den weiteren Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung . 323

20 Inhaltsverzeichnis Kapitel 7

Schlussbetrachtungen und Ausblick 

324

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 Verzeichnis unveröffentlichter Materialien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 Sachverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 348

§ 1  Zweck und Gang der Darstellung Nach der verfassungsrechtlichen Grundkonzeption des Art. 30  GG liegt die Kompetenz zur Ausübung staatlicher Befugnisse und Erfüllung staatlicher Aufgaben in der Bundesrepublik grundsätzlich bei den Ländern. Dieser Grundsatz wird durch Art. 70 Abs. 1, Art. 83 und Art. 92 GG für jede der drei Gewalten aufgegriffen und präzisiert. Die Verwaltung durch die Länder „im Auftrage des Bundes“ nach Art. 85 GG stellt eine der drei grundgesetzlich vorgesehenen Formen der Verwaltungsorganisation dar. Die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung bildet somit eine Ausnahme vom Grundsatz der Länderzuständigkeit im Bereich der Exekutive. Gegenüber der Länderverwaltung nach Art. 83 f. GG zeichnet sie sich durch erweiterte Einwirkungsrechte1 zugunsten des Bundes aus2 und stellt sich somit als Besonderheit im föderalen Staatsaufbau Deutschlands dar3. Gleichwohl erfuhr die Bundesauftragsverwaltung im wissenschaftlichen Diskurs und in der Rechtsprechung bislang nur in Ausschnitten Beachtung. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass der Verwaltungstypus in der Staatspraxis lange Zeit weitgehend reibungslos funktionierte, sodass es zu keinen nennenswerten gerichtlichen Auseinandersetzungen kam.4 Nach ersten Untersuchungen zu dem mit dem Grundgesetz neu eingeführten Verwaltungstyp der Bundesauftragsverwaltung5 vollzog sich mit dem Ausbau der Kernenergie und den damit auftauchenden energiepolitischen Implikationen 1  Synonym auch als Ingerenzrechte bezeichnet, von lat. ingerere, „sich einmischen“. Es handelt sich um Rechte des Bundes, durch welche er auf die Verwaltungsführung der Länder Einfluss nehmen kann. Vgl. auch Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S.  21; Etscheid, VR 2010, 229 (230). 2  Vgl. Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 21, 31; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 70; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 21; Pieper, Aufsicht, S. 20. 3  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 18; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 25; ders,. JURA  2004, 227. 4  Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 spricht von einem „eher […] unauffälligen Verwaltungstyp“; Janz, JuS 2003, 126 (127) von einem „verfassungsgerichtlichen und wissenschaftlichen ‚Halbschlummer‘ “. 5  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform.

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§ 1 Zweck und Gang der Darstellung

eine Wende, wodurch die Bundesauftragsverwaltung auch in Rechtsprechung und Literatur verstärkt Beachtung erfahren hat.6 Die entsprechenden verfassungsgerichtlichen Entscheidungen und wissenschaftlichen Arbeiten richteten sich in dogmatischer Hinsicht vor allem auf Fragen des Weisungsrechts.7 In sachlicher Hinsicht standen die Verwaltung der Bundesfernstraßen8 sowie die politisch brisante Erzeugung und Nutzung der Kernenergie9 im Mittelpunkt. Der Großteil der Arbeiten konzentriert sich auf rechtliche Fragen der Einwirkungsrechte und widmet sich dem Verwaltungstyp der Bundesauftragsverwaltung dabei von einer vom Bund ausgehenden Perspektive.10 Andere Bereiche der Bundesauftragsverwaltung erfuhren aufgrund der überwiegend einvernehmlichen Verwaltungspraxis von Bund und Ländern hingegen keine vergleichbare Aufmerksamkeit.11 Dieser Befund trifft insbesondere auf die Verwaltungspraxis selbst zu. Wie diese und insbesondere die praktische Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Bundes organisiert ist, blieb bislang im Dunkeln.12 Allgemein scheint 6  So auch Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 36; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 6; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 21; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, S.  116 ff.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 57; Ossenbühl, in: Brenner / Huber / Möstl, Festschrift Badura, S. 975 f.; ders., Der Staat 28 (1989), 31 f.; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1555). 7  Vgl. BVerfGE 81, 310 ff. – Kalkar II, zu Umfang, Grenzen und Verbindlichkeit des Weisungsrechts; dazu auch BVerfGE 84, 25 ff. – Schacht Konrad; BVerfGE 100, 249 ff. – Allgemeine Verwaltungsvorschriften, zur Kompetenz zum Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften; BVerfGE 102, 167 ff. – Bundesstraße B 75, zur gegenständlichen Reichweite des Weisungsrechts; BVerfGE  104, 249 ff. – Biblis A, zum Umfang der Sachkompetenz des Bundes beim Vollzug des Atomrechts; BVerfGE 126, 77 – Luftsicherheitsgesetz, zur Zustimmungsbedürftigkeit der Regelung des Verwaltungsverfahrens sowie Änderungen der übertragenen Aufgaben. Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 ff.; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 ff.; trotz des Titels behandeln auch Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, und Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, fast ausschließlich das Weisungsrecht des Bundes. 8  Dazu Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform. 9  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 57; dazu Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung und ders., NVwZ 1990, 928. 10  So auch Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (420). 11  So Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, S. 119. 12  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1985) Rn. 17, dort Fn. 9; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136



§ 1 Zweck und Gang der Darstellung23

das Interesse an administrativen Binnenstrukturen, also der „Innenwelt“ staatlichen Handelns, in der rechtswissenschaftlichen Betrachtung eher gering ausgeprägt.13 Lediglich die damals noch recht junge Verwaltungspraxis der Bundesfernstraßenverwaltung hat durch Wolst14 eine wissenschaftliche Aufarbeitung erfahren. Dabei ist die Verwaltungspraxis der Bundesauftragsverwaltung aufgrund der Verflechtung von Bund und Ländern im föderalen System der Bundesrepublik Deutschland von besonderem Interesse. Dass es trotz der ausgeprägten Direktionsbefugnisse des Bundes nach Art. 85 GG selten zu rechtlichen Differenzen zwischen Bundes- und Landesebene kommt, überrascht aufgrund der scheinbar konfliktträchtigen Einwirkungsrechte zunächst. Dies mag auf eine weitgehende gegenseitige Akzeptanz und gute Kooperation der beiden Ebenen zurückzuführen sein. Jedoch fehlen insbesondere Untersuchungen darüber, wie sich die Verschränkungen zwischen Bund und Ländern in der täglichen Verwaltungspraxis auswirken und die Zusammenarbeit im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung auch und gerade abseits der Vorgaben des Art. 85 GG beeinflussen. Ungeklärt ist auch, ob die derzeitige Rechtslage eine effiziente Verwaltungspraxis gewährleistet. Diese Lücke soll die folgende Darstellung schließen, indem sie einen wertenden Überblick über den ‚modus operandi‘ der Bundesauftragsverwaltung gibt. In welcher Weise sich die Zusammenarbeit der föderalen Parteien ausgestaltet, soll Gegenstand dieser Arbeit sein. Insbesondere soll aufgezeigt werden, inwieweit sich abseits der verfassungsrechtlich formalisierten Aufsichtsmittel weitere Kooperations- und Koordinationsinstrumente zwischen Bund und Ländern etabliert haben, um eine schnelle und effektive Erfüllung der Verwaltungsaufgaben zu gewährleisten und wie diese im Einzelnen ausgeprägt sind. Inwieweit die Zusammenarbeit hier tatsächlich reibungslos verläuft15, ist zu hinterfragen. Zunächst wird die Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 85 GG als Verwaltungstyp skizziert. Diese Darstellung soll aufgrund der bereits mannigfaltig vorliegenden Literatur zu diesem Thema auf die für das Verwaltungsverfahren wesentlichen Grundzüge beschränkt bleiben. Hinsichtlich der Anzahl der bereits vorliegenden Arbeiten, insbesondere zum Weisungs- und Rn. 57 stellt mit Verweis auf Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 59 ein Defizit an empirischen Untersuchungen zur Verwaltungspraxis fest. 13  Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 15. 14  Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform. 15  So Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  30; Steinberg, AöR  110  (1985), 419 (420 f.) spricht gar von einer „gemeinschaftlichen Verwaltung“.

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§ 1 Zweck und Gang der Darstellung

Aufsichtsrecht, besteht die Vermutung, dass dieser Umfang nicht die tatsächliche verwaltungspraktische Relevanz dieses Themenbereichs widerspiegelt. Fragen des Rechtsschutzes und der Verletzung der Länderrechte im Fall (rechtswidriger) Weisungen sollen daher nicht Gegenstand der Untersuchung sein.16 Insbesondere die atomrechtlichen Weisungsfälle haben, nicht zuletzt aufgrund der dazu ergangenen Urteile des Bundesverfassungsgerichts, breite öffentliche17 und juristische Aufmerksamkeit erfahren. Bei diesen spezifischen Maßnahmen handelte es sich jedoch aufgrund des zugrunde liegenden politischen Dissenses zwischen Bund und Land um Sonderfälle, welche in der Praxis der Bundesauftragsverwaltung selten virulent werden. Vielmehr besteht die Vermutung, dass die alltägliche verwaltungsinterne Koordination zwischen den Bundes- und Landesbehörden im Rahmen erprobter Kommunikations- und Abstimmungsinstrumente vorwiegend auf informellem Wege stattfindet.18 Nach der Übersicht über die grundgesetzlichen Vorgaben soll sodann die Praxis der Bundesauftragsverwaltung dargestellt werden. Besonderes Augenmerk soll darauf liegen, inwiefern die Verwaltungspraxis die verfassungsrechtlichen Vorgaben ausgestaltet, ergänzt und erweitert, aber auch auf Widersprüchen zwischen verfassungsrechtlichen Vorgaben und Wirklichkeit der Verwaltungspraxis. Als verwaltungsrechtliches Beispiel im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung soll für die Zwecke dieser Darstellung die Praxis des Vollzugs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG)19 dienen. Anders als die Kernenergieverwaltung steht die Bundesausbildungsförderung weniger im breiten öffentlichen Fokus. Gleichwohl ist das BAföG für eine solche Untersuchung in besonderer Weise geeignet, weil es im Vergleich zu den spezielleren Materien des Atomrechts und des Bundesfernstraßenrechts ein breites Anwendungsfeld findet und mit den Kommunen und Studentenwerken weitere Verwaltungsträger in die Ausführung und somit auch in die verfahrensrechtliche Abstimmung einbezogen werden, was die Komplexität und verwaltungsinterne Koordinierung noch einmal erhöht. Ferner trägt das 16  Vgl. dazu Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz. 17  Vgl. dazu die Nachweise bei Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  31 ff. 18  So ohne nähere Belege Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 29; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (420). 19  Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung vom 26.8.1971 (BGBl. I S. 1409), in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.12.2010 (BGBl. I S. 1952; 2012 I S. 197), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 23.  Dezember 2014 (BGBl. I S. 2475) geändert worden ist.



§ 1 Zweck und Gang der Darstellung25

Beispiel der Ausführung des BAföG als einer Regelungsmaterie des Sozialrechts der wachsenden (finanziellen) Bedeutung dieses Rechtsgebiets Rechnung. So war das BAföG im Haushaltsjahr 2014 mit 1.579 Mio. Euro20 einer der größten Ausgabenposten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.21 Das BAföG zählt zudem zu den Geldleistungsgesetzen im Sinne des Art. 104a Abs. 3 GG. Ihre nähere Betrachtung bietet die Möglichkeit, diejenigen Verwaltungsbereiche in ihrer täglichen Praxis zu untersuchen, welche nicht zu den traditionellen Materien der Bundesauftragsverwaltung zählen. Die Breite des Verwaltungsvollzugs bis auf die kommunale Ebene bietet zudem ein umfassenderes Bild als die recht spezialisierte Kernenergie- und Fernstraßenverwaltung. Eine eingehende Untersuchung ist zum einen deshalb interessant, weil es sich bei den Materien der Geldleistungsgesetze nach der Zahl der Leistungsempfänger um klassische Bereiche der Massenverwaltung22 handelt, zum anderen, weil diese aufgrund der offenen Regelung des Art. 104a Abs. 3  GG zu denjenigen Aufgabenkreisen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung zählen, welche an Umfang und Bedeutung weiterhin zunehmen. So ermöglicht die Kostenverteilungsregelung des Art. 104a Abs. 3  GG dem Bund, sich „in Länderangelegenheiten gewissermaßen ‚einzukaufen‘ “23, was angesichts klammer Länderhaushalte stetig an Attraktivität gewinnt. Mit dem Vollzug der Regelungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung24 wurde die Bundesauftragsverwaltung unlängst um eine weitere Materie ergänzt. Gleichwohl wurde ihre Verwaltungspraxis, anders als im Bereich des Atomrechts und der Fernstraßenverwaltung, bislang nicht näher beleuchtet. Die Ausweitung der Materien der Bundesauftragsverwaltung gebietet daher, diesen Verwaltungsmodus einmal kritisch auf seine Eignung und Praxistauglichkeit, auch zur Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik, zu überprüfen. Dabei müssen insbesondere auch die vielfältigen Formen föderaler Verflechtung und Kooperation in die Betrachtung einbezogen werden. Dies ist jüngst im Rahmen der Föderalismusreform geschehen, welche jedoch schließlich keinen Ausweg aus der 20  Aufgeteilt nach Zuschüssen an Studierende: 800 Mio. € und der Förderung von Schülerinnen und Schülern: 598 Mio. €. 21  Vgl. Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) vom 15.7.2014 (BGBl. I S. 914), Einzelplan  30, Titel  632  50-141 und 632  51-142. 22  Schepers, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Einleitung Rn. 9; Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 400. 23  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 350. 24  Nach SGB  XII, Kapitel  4.

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§ 1 Zweck und Gang der Darstellung

Verflechtungsfalle bot. So bleibt es auch heute eine wichtige Aufgabe, die Entwicklungsprozesse der Verfassung zu überdenken und ggf. korrigierend einzugreifen. Darüber hinaus stellt sich die Frage, ob die Verwaltungsorganisationsform der Bundesauftragsverwaltung den modernen Anforderungen eines sozialen Bundesstaates weiter gerecht werden kann. Nach über einem halben Jahrhundert ihres Bestehens erscheint es daher sinnvoll, die Praxis der Bundesauftragsverwaltung nicht nur theoretisch zu beleuchten, sondern anhand konkreter Beispiele zu bewerten. Denn wie Wolst bereits in seiner Untersuchung zur auftragsweisen Fernstraßenverwaltung bemerkte, ist „keine Institution […] davor geschützt, stets aufs neue in Frage gestellt zu werden“, sodass eine „kritische Prüfung des Bestehenden [… eigentlich …] keiner weiteren Begründung“ bedarf.25 Damit soll diese Arbeit nicht zuletzt auch einen Beitrag zur Untersuchung der Praxis des kooperativen Föderalismus im Bereich der Bundesauftragsverwaltung leisten.

25  Die

Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 110.

Erster Teil

Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsorganisationsform Kapitel 1

Grundzüge der verfassungs- und verwaltungsgeschichtlichen Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung Die Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung nahm ihre Anfänge keineswegs erst mit den Arbeiten zum Grundgesetz. Vorläufer1 der heutigen Bundesauftragsverwaltung finden sich bereits in der Verwaltungspraxis des Deutschen Reiches und der Weimarer Republik. Für detailliertere Ausführungen sei daher auf die frühe Literatur zur Bundesauftragsverwaltung verwiesen.2 An dieser Stelle soll die Entstehung der Bundesauftragsverwaltung nur in ihren groben Zügen skizziert und maßgebliche Aspekte für die heutige Bewertung dargestellt werden.

1  Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (21. Ergl. 2007) Rn. 1; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 31. Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 2 spricht mangels historischer Kontinuität lediglich von Ansätzen und Vorformen. 2  Insbesondere Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung; Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S.  18 ff. Ferner Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S.  7 ff.; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S.  31 ff.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenz im Atomgesetz, S. 37 ff.; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 31 ff.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

§ 2  Die historischen Wurzeln der Bundesauftragsverwaltung A. Auftragsangelegenheiten unter der Reichsverfassung von 1871 Der Verwaltungstyp der Auftragsverwaltung war der Reichsverfassung von 1871 unbekannt.3 Unter ihr besaß das Reich keine Kompetenz für den Vollzug seiner Gesetze.4 Die Länder führten die Reichsgesetze auch nicht im Auftrag des Reiches aus.5 In bestimmten Verwaltungsbereichen, in denen die Länder die Reichsgesetze als eigene Angelegenheiten ausführten, war das Interesse des Reiches an einem korrekten Vollzug der Reichsgesetze jedoch so stark, dass es zu einer stärkeren Einflussnahme des Reiches auf die Landesverwaltung kam.6 Auch die vorherrschende Stellung Preußens im Reich führte dazu, dass es mit seinen bestehenden Behörden bestimmte Angelegenheiten für den Bundesstaat wahrnahm, dem dadurch der Aufbau einer eigenen Verwaltung erspart blieb.7 Später wurde die Auftragsverwaltung durch Triepel8 jedoch über eine Anlehnung an die Auftragsverwaltung der Selbstverwaltungskörperschaften belebt.9

3  Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (21. Ergl. 2007) Rn. 1; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 1; Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S.  18 ff.; Stern, Staatsrecht II, S. 806; von Doemming / Füsslein / Matz, JÖR N.F.  1 (1951), 636. 4  Vgl. Art. 4  RV, so auch Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, Kommentar zu Art. 14  WRV, Ziff.  1; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 35 ff. 5  Mußgnug, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3, S. 186, 189. 6  Mußgnug, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3, S. 186, 194; Beispiele bei: Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 2; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 2; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S.  176 f. 7  Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 53 f.; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 176. 8  Die Reichsaufsicht. Untersuchung zum Staatsrecht des Deutschen Reiches, 1917. 9  So Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 18 ff.



§ 2  Die historischen Wurzeln der Bundesauftragsverwaltung29

B. Die „Reichsauftragsverwaltung“ der Weimarer Republik Auf der Grundlage der Weimarer Reichsverfassung bildete sich in der Staatspraxis das Institut der Reichsauftragsverwaltung heraus10, welches in der Weimarer Reichsverfassung nicht ausdrücklich erwähnt11, vom Staatsgerichtshof des Deutschen Reiches jedoch gebilligt wurde12. Beispiele für die Reichsauftragsangelegenheiten sind die Ländergrenzen überschreitende Verwaltung der Reichswasserstraßen sowie Teile der Finanzverwaltung.13 Art. 14 WRV normierte den Grundsatz der Ausführung der Reichsgesetze durch die Länder. Im Gegensatz zu Art. 83 GG stand dieser jedoch unter dem Vorbehalt anderer Bestimmungen durch einfaches Reichsgesetz.14 Nach herrschender Meinung stellten auch die Reichsauftragsangelegenheiten solche Ausnahmeregelungen dar. Art. 14  WRV wurde so zum Einfallstor für eine Ausdehnung der Materien der Reichsverwaltung.15 Diese Auffassung 10  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 5; Stern, Staatsrecht II, S. 807; Mußgnug, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 3, S. 186, 189; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1006). 11  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 3; Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S.  25 ff.; Stern, Staatsrecht II, S. 806; Frotscher, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 4, S. 111, 117 mit Fn. 35; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S.  36 ff.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 49; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 62; Schäfer, DÖV 1960, 641; Görg, DÖV 1961, 41 (42); von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1006). 12  So Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (21. Ergl. 2007) Rn. 2; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 3; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 5; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1006 f.). 13  Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, Kommentar zu Art. 14 WRV, Ziff.  4; Clemens / Umbach, in: dies., GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 3; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 5; Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 50; Groß, Die Haftung der Länder in der Auftragsverwaltung, S. 6 f.; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 257 f.; Schäfer, DÖV 1960, 641; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 66; Görg, DÖV 1961, 41 (42); von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1006). 14  Vgl. Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, Kommentar zu Art. 14  WRV, Ziff.  1; Clemens / Umbach, in: dies., GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 3; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 3; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 5. 15  Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, Kommentar zu Art. 14 WRV, Ziff.  4; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 20; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 51; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 257; zum Streit Schäfer, DÖV 1960, 641 f.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

blieb jedoch nicht ohne Kritik, da die Praxis der Reichsauftragsverwaltung die zum Schutz der Länder in Art. 15 WRV abschließend festgelegten Reichsingerenzen umging.16 Diese Vorschrift sah eine Reichsaufsicht für alle Angelegenheiten, in denen dem Reich die Gesetzgebungsbefugnis zustand, vor. Dabei unterstanden nur die Länder als Einheit der Aufsicht des Reiches.17 Im Rahmen der Reichsauftragsverwaltung wurden die mit dem Vollzug der Reichsgesetze betrauten Länderbehörden jedoch unmittelbar der Leitungsgewalt des Reiches unterstellt, wodurch das Reich Anweisungen direkt an die ausführenden Länderbehörden erlassen konnte.18 Die unter der Weimarer Reichsverfassung entstandene Reichsauftragsverwaltung war damit eine Form materieller Reichsverwaltung ohne eigene Reichsbehörden19 und ist somit strukturell lediglich eingeschränkt als Vorform der heutigen Bundesauftragsverwaltung zu verstehen20. Die heutige Regelung der Bundesauftragsverwaltung nahm ihre Anfänge noch im Zuge der geplanten Reichsreform während der letzten Jahre der Weimarer Republik. So entsprach der vom Verfassungsausschuss der Länderkonferenz für Verfassungs- und Verwaltungsreform vom 21. Juni 1930 konzipierte Vorschlag für eine explizite Regelung der Reichsauftragsverwaltung nicht mehr der Form der alten organschaftlichen Reichsauftragsverwaltung21, sondern wies bereits starke Ähnlichkeiten zur heutigen Regelung auf22. Die Vor16  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 6; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 53. 17  Lerche, in: Maunz / Dürig, Bd. V, GG; Art. 85 (26. Ergl. 1985) Rn. 23; Frotscher, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 4, S. 111, 343; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 55. 18  Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, Kommentar zu Art. 14 WRV, Ziff.  4; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 21, 23; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 2; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 6; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 3; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 7. 19  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1985) Rn. 21; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S.  158 f.; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 6 f.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 126; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 65; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1006). 20  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 21; Zinn, DÖV 1950, 522; Lerche, BayVBl. 1987, 321; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 f. 21  Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 55. 22  Groß, Die Haftung der Länder in der Auftragsverwaltung, S. 7  ff.; SchulteFrohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre



§ 2  Die historischen Wurzeln der Bundesauftragsverwaltung31

schläge der Länderkonferenz wurden noch zu einem Gesetzentwurf gefasst, aufgrund der innenpolitischen Instabilität zu Beginn der 1930er Jahre kam es jedoch nicht mehr zu dessen Durchsetzung. Mit der Gleichschaltung der Länder und dem damit einhergehenden Verlust ihrer Staatlichkeit im Dritten Reich stellte sich die Frage einer auftragsweisen Verwaltung durch die Länder nicht mehr.23

C. Die Entstehung der Bundesauftragsverwaltung nach dem Grundgesetz Nachdem die Auftragsverwaltung unter der Weimarer Reichsverfassung noch einfachgesetzlich entwickelt worden war, wurde sie im Grundgesetz verfassungsrechtlich geregelt.24 I. Der Entwurf von Herrenchiemsee Der Entwurf der Länderkonferenz wurde vom Herrenchiemseer Konvent in Art. 113 HChE25 aufgegriffen, welcher „die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder nach Weisung des Bundes“ normierte. Wie unter der Weimarer Reichsverfassung sah dieser Vorschlag die Erweiterung der Materien der Landesverwaltung nach Weisung des Bundes durch einfaches Gesetz vor und führte daher nach Ansicht des Konvents zu einer „gewisse[n] Verwischung der Zuständigkeitsgrenzen zwischen Bund und Ländern [… und einer …] erhebliche[n] Herabminderung der staatlichen Selbstständigkeit der Länder“.26 Daher war sie auf wenige Fälle besonderen BedürfEntstehung, S. 36, s. auch Feststellung auf S. 37; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 13. 23  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 38 ff.; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 13 f.; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 71 f.; Görg, DÖV 1961, 41 (42). 24  Siehe dazu Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S.  56 ff. 25  Der Wortlaut des Entwurfs lautete: „Soweit die Ausführung der Bundesgesetze nach Weisung des Bundes erfolgt, bedürfen die Durchführungsverordnungen der Bundesregierung der Zustimmung des Bundesrats (Senats). Die Organisation der Behörden bleibt im Rahmen der einschlägigen Bundesgesetze Sache der Länder. Die Landesbehörden unterstehen den Anweisungen der zuständigen Bundesbehörden.“ 26  Verfassungsausschuss der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen, Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948, S. 50.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

nisses beschränkt27 und sollte gemäß Art. 105 Abs. 1 Ziff. 2 HChE auf anderen Gebieten nur mit qualifizierter Mehrheit des Bundesrates eingeführt werden können.28 II. Die Beratungen des Parlamentarischen Rates Den Beratungen des Parlamentarischen Rates lag der Entwurf von Herrenchiemsee zugrunde, welchem dieser jedoch nicht vollständig gefolgt ist. Der Parlamentarische Rat hat das Institut der Landesverwaltung nach Weisung des Bundes erstmals als eigenständige Verwaltungsform behandelt.29 Ein Vorschlag, wonach in Angelegenheiten, für die dem Bund die Gesetzgebung zustand, die Möglichkeit geschaffen werden sollte, durch einfache Bundesgesetze die Form der Auftragsverwaltung zu etablieren, wurde nicht wieder aufgegriffen. Dies hätte zu einer verfassungsrechtlichen Zementierung der Staatspraxis der Weimarer Republik geführt. Vielmehr wurde zur Erweiterung der Materien der Bundesauftragsverwaltung eine Änderung der Verfassung vorgesehen.30 Umstritten war die nähere Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung hinsichtlich der Wahrung der Souveränität der Länder. So wurde diskutiert, ob das Anweisungsrecht des Bundes nur gegenüber den Obersten Lan­ desbehörden bestehen oder sich an alle Landesbehörden richten sollte. Zunächst einigte man sich darauf, diese Frage der Behördenpraxis zu überantworten.31 So erhielt der abgewandelte Art. 113 HChE nach der ersten Lesung des Grundgesetzes folgende Fassung:32 27  Verfassungsausschuss der Ministerpräsidenten-Konferenz der westlichen Besatzungszonen, Bericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee vom 10. bis 23. August 1948, S. 50. Im Einzelnen wurden für die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder nach Weisung des Bundes die Materien der Verwaltung der Wasserstraßen gem. Art. 118 HChE sowie die Verwaltung der dem Bund zustehenden Zölle und Steuern gem. Art. 123 HChE vorgesehen. 28  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 8; SchulteFrohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 43 f.; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 15; Stern, Staatsrecht II, S. 807; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 80; von Doemming / Füsslein / Matz, JÖR N.F.  1 (1951), 636; Schäfer, DÖV 1960, 641 f. 29  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 49; vgl. zur Entstehungsgeschichte des Art. 85 GG von Doemming / Füsslein / Matz, JÖR N.F.  1 (1951), 636. 30  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 52; Schäfer, DÖV 1960, 641 (643). 31  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 7; Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S.  50 f. 32  Zitiert nach Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 51.



§ 2  Die historischen Wurzeln der Bundesauftragsverwaltung33 (I) Soweit die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder nach Weisung des Bundes erfolgt, bedürfen die Ausführungsvorschriften (Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften) der Bundesregierung der Zustimmung des Bundesrates. (II) Die Einrichtung der Behörden bleibt im Rahmen der Bundesgesetze Sache der Länder. Der Bund kann Vorschriften über die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten, sowie über seine Mitwirkung bei der Bestellung der Leiter der Ober- und Mittelbehörden erlassen. (III) Die Landesbehörden unterstehen den Anweisungen der obersten Bundesbehörde.

Nach der Zweiten Lesung des Grundgesetzes wurde das Wort „Weisung“ durch den Begriff „Auftrag“ ersetzt, und so der Begriff der Bundesauftragsverwaltung eingeführt sowie ein Aufsichtsrecht des Bundes ergänzt.33 Vor der Verabschiedung des Art. 85 GG in Dritter Lesung wurde die Reihenfolge der Absätze zum Teil modifiziert, das Anweisungsrecht, außer in Dringlichkeitsfällen, auf die Obersten Landesbehörden beschränkt und die Kompetenz zur Einrichtung der Behörden den Ländern zugewiesen, soweit Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates nicht etwas anderes bestimmten.34 Schadeck35 stellt hierzu zusammenfassend fest, dass dem Bund „kein bedeutendes Einflussmittel in die Hand gegeben wurde“, das Zustimmungserfordernis bezeichnet er als „Hemmschuh“. Der unterschiedliche Behördenaufbau in den Ländern mache es zudem unmöglich, dass das Ergebnis eines Bundesauftrags überall gleich ausfiele. Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG bezeichnet er als „charakteristisches Merkmal der Bundesauftragsverwaltung“. Da Weisungen jedoch im Regelfall an die Oberste Landesbehörde gerichtet werden müssen und die unteren Landesbehörden so nicht in direktem Kontakt zu den Bundesbehörden stünden, sei der Bund gezwungen, sich der Obersten Landesbehörden „als Sprachrohr, aber auch als Filter“ zu bedienen, wodurch sachfremde Einflüsse der Länder zum Tragen kommen könnten. III. Die Bundesauftragsverwaltung bei Verabschiedung des Grundgesetzes Abschließend betrachtet war die Bundesauftragsverwaltung weniger Gegenstand einer linearen Entwicklung, sondern hat sich erst in einem längeren 33  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 9 f.; Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 51 f.; Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 34; Schäfer, DÖV 1960, 641 (642). 34  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 53 f. 35  Die Bundesauftragsverwaltung, S. 54.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

Prozess durch voneinander unabhängige Faktoren herausgebildet.36 Von der Reichsauftragsverwaltung als Instrument der Unitarisierung der Verwaltung des Reiches unterscheidet sich die Bundesauftragsverwaltung wesentlich. ­Anders als unter der Weimarer Reichsverfassung ist die „Abgrenzung des Wirkungsbereichs von Bund und Ländern bei der Ausführung von Bun­des­ gesetzen“37 heute eindeutig geregelt. Aufgrund der verfassungsrechtlich normierten Zustimmungsvorbehalte zugunsten des Bundesrates brauchen die Länder auch keine Aushöhlung ihrer Kompetenzen befürchten, wie sie noch Art. 14 WRV dem Reich durch einfaches Gesetz ermöglichte.38 Von Danwitz39 sieht in der Bundesauftragsverwaltung eher einen Beweis der „Diskontinuität als der Anknüpfung an die staatsrechtliche Tradition“ und schreibt ihr eine „Neuorientierung [des] Bund-Länder-Verhältnis[ses]“ zu. Heute haben die Länder in der deutschen Verwaltung eine dominante Position inne; der deutsche Föderalismus stellt sich vor allem als Verwaltungsföderalismus dar.

D. Die historische Entlehnung des Begriffs der Bundesauftragsverwaltung Teilweise wurden die Ursprünge der Bundesauftragsverwaltung im Kommunalrecht verortet.40 Dies gilt jedoch nur für die Verwendung der spezifischen Begrifflichkeiten. Der Begriff der Verwaltung „vermöge Auftrags“ taucht bereits in § 166 der Stein’schen Städteordnung41 von 1808 auf42, auf 36  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 177 f.; vgl. auch Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 1, welcher sie als „Innovation des Grundgesetzes“ bezeichnet; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 36, welcher sie als „Novum“ bezeichnet. 37  BVerfGE  63, 1 (40). 38  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S.  106; Oebbecke, Das Bundesstaatsprinzip, in: Pieroth, Verfassungsrecht und soziale Wirklichkeit in Wechselwirkung, S. 113, 124. 39  DVBl. 1992, 1005 f. 40  Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 2; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 4, 6. Missverständlich Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 85 Rn. 1. Diesbezüglich zweifelnd Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 25; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S.  8 f.; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S.  32 f.; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 34. Offen gelassen bei Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 114. 41  Ordnung für sämtliche Städte der Preußischen Monarchie mit dazu gehöriger Instruktion, Behuf der Geschäftsführung der Stadtverordneten bei ihrer ordnungsmä-



§ 2  Die historischen Wurzeln der Bundesauftragsverwaltung35

deren Grundlage er weiterentwickelt und schließlich in der Preußischen Verfassung von 1920 aufgegriffen wurde.43 So gibt es Hinweise, dass der Parlamentarische Rat den Begriff der Auftragsverwaltung für das Verhältnis zwischen Bund und Ländern aus dem Kommunalrecht entlehnt hat.44 Der Herrenchiemseer Konvent sprach zuvor noch von „Landesverwaltung nach Weisung“.45 Die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung selbst wurde hingegen, wie aufgezeigt, nicht aus dem Kommunalrecht entwickelt.46 Pauly47 spricht von einer „Kopie“, nicht jedoch einer Analogie zum Kommunalrecht. So wurde der staatsrechtliche Begriff der Auftragsverwaltung erst in der Weimarer Republik entwickelt.48 42

Auch heute finden sich unterschiedliche Begrifflichkeiten. So verwendet das Grundgesetz neben der Formulierung „im Auftrage des Bundes“ in Art. 85 Abs. 1 S. 1, 104a Abs. 2, 3 S. 2 in den Art. 87d Abs. 2 und 89 Abs. 3 S. 3 auch die Kurzform „Auftragsverwaltung“.49

ßigen Versammlungen vom 19ten November 1808; ihr Ziel war die Wiederherstellung der Selbstverwaltung der Städte, welche im Zuge der Verwaltungszentralisierung während des Absolutismus zurückgedrängt wurde. 42  § 166 der Stein’schen Städteordnung von 1808 lautet: „Dem Staate bleibt vorbehalten, in den Städten eigene Polizeibehörden anzuordnen oder die Ausübung der Polizei dem Magistrat zu übertragen, der sie sodann vermöge Auftrags (Hervor­ hebung durch Verf.) ausübt. So wie die besonderen Polizeibehörden, welche in den Städten angeordnet werden, unter den oberen Polizeibehörden stehen, so steht der Magistrat, welcher die Polizei vermöge Auftrags erhält, unter diesen höheren Behörden rücksichtlich alles dessen, was auf die Polizeiübung Bezug hat. Die Magistrate werden in dieser Hinsicht als Behörden des Staates bezeichnet. […]“ 43  So Groß, Die Haftung der Länder in der Auftragsverwaltung, S. 5. Vgl. auch Görg, DÖV 1961, 41. 44  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 Rn. 24; Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 50; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 176; von Doemming / Füsslein / Matz, JÖR N.F.  1 (1951), 636. 45  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 95; von Doemming / Füsslein / Matz, JÖR N.F.  1 (1951), 636. 46  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 12 ff. 47  Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 35. 48  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 177. 49  Vgl. Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 9.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

§ 3  Die Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung unter dem Grundgesetz Der Verwaltungstyp der Bundesauftragsverwaltung wird in Art. 85 GG geregelt. Diese Norm betrifft jedoch nur ihre nähere Ausgestaltung (das Wie), wann sie eingreift (das Ob), ist hingegen anderen grundgesetzlichen Bestimmungen zu entnehmen. Der Vollzug der Bundesgesetze im Auftrag des Bundes ist einschlägig, wenn er verfassungsrechtlich für eine Materie vorgeschrieben ist (obligatorische Bundesauftragsverwaltung) oder durch einfaches Bundesgesetz aufgrund einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung eingeführt wird (fakultative Bundesauftragsverwaltung).50 Das Grundgesetz sah die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung in seiner ersten Fassung von 1949 nur für eine begrenzte Anzahl von Sachbereichen vor, welche abschließend aufgezählt wurden.51 Aufgrund ihrer Bedeutung für den Bund sollten diesem besondere Einflussmöglichkeiten auf die Ausführung der Aufgaben eingeräumt werden, welche im Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG ihren Ausdruck finden.52 Zu den Aufgaben zählt bis heute die Verwaltung der Bundeswasserstraßen gemäß Art. 89 Abs. 2 S. 3, 4  GG, der Bundesfernstraßen gemäß Art. 90 Abs. 2 GG und Teile der Finanzverwaltung gemäß Art. 108 Abs. 1 S. 4, Abs. 2, 2.  Hs. und Abs. 4  GG.53 1952 kam die Durchführung des Lastenausgleichsgesetzes nach Art. 120a GG hinzu.54 Über die Zeit wurde die Bundesauftragsverwaltung auf weitere „politisch besonders bedeutsame Aufgaben“ ausgedehnt.55 1956 wurde die Ausführung eines Teils der Wehrgesetze nach Art. 87b Abs. 2 GG56 ergänzt. Nachdem 50  Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 7 f.; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 23, 33; Hömig, in: ders., Grundgesetz, Art. 85 Rn. 1; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 85 Rn. 1; Stern, Staatsrecht II, S. 808  f.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 73. 51  Groß, Die Haftung der Länder in der Auftragsverwaltung, S. 17 f.; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 112; Schäfer, DÖV 1960, 641 (643 ff.). 52  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 9 f.; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 112 f. 53  Vgl. zur Entwicklung Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 54 ff.; Köttgen, JÖR N.F.  11 (1962), 173 (235 ff.); Depenbrock, DÖV 1970, 235. 54  Gesetz vom 14.8.1952 (BGBl. I S. 445). 55  Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 127. 56  Gesetz vom 19.3.1956 (BGBl. I S. 111).



§ 3  Die Entwicklung unter dem Grundgesetz37

es sich bei den Materien der Bundesauftragsverwaltung ursprünglich um verwaltungsrechtliche Spezialmaterien handelte, wurde mit dem Schutz der Zivilbevölkerung erstmals ein „traditionelles Kerngebiet“ der inneren (Landes-)Verwaltung in die Bundesauftragsverwaltung eingefügt.57 Es folgten 1959 die Durchführung der Kernenergieverwaltung gemäß Art. 87c GG58 und 1961 die Luftverkehrsverwaltung gemäß Art. 87d GG59. In all diesen Fällen ist die Bundesauftragsverwaltung fakultativ.60 Am vorläufigen Ende dieser Entwicklung steht die Einfügung der Generalklausel des Art. 104a Abs. 3  GG durch die Große Finanzreform von 1969.61 Durch diese Regelung wird der Grundsatz der enumerativen Aufzählung der Gegenstände der Bundesauftragsverwaltung im Grundgesetz aufgehoben62 und dem einfachen Bundesgesetzgeber durch die Festlegung des Anteils der Bundesbeteiligung ermöglicht, die Bundesauftragsverwaltung in einer unbestimmten Zahl von Sachbereichen einzuführen63. Die Geldleistungsgesetze machen inzwischen den größten Teil der Bundesauftragsverwaltung aus64; mit ihnen wird der Umfang der Bundesauftragsverwaltung auch in Zukunft weiter zunehmen65. Mit der Ausdehnung der Bundesauftragsverwaltung durch den einfachen Gesetzgeber geht sodann eine Zunahme des Einflusses auf die Länderverwaltungen einher. Gleichwohl bleibt die Bundesauftragsverwaltung im Vergleich zur landes- und bundeseigenen Verwaltung die Ausnahme.66 Die Tragweite und das Konfliktpotential dieser Verwaltungsform sind angesichts der steigenden Anzahl 57  Köttgen,

JÖR N.F.  11 (1962), 173 (238). vom 23.12.1959 (BGBl. I S. 813). 59  Gesetz vom 6.2.1961 (BGBl. I S. 65). 60  Vgl. Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 8; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S.  23 f. 61  21. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12.5.1969 (BGBl. I S. 357 ff.). 62  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 115; Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 246 f.; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 91; Depenbrock, DÖV 1970, 235. 63  Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 128; Hesse, Grundzüge des Verfassungsrecht der Bundesrepublik Deutschland, S.  107 f. Maunz, in: Schmitt Glaeser, Verwaltungsverfahren, S. 95, 101 f. spricht von einer „automatische[n] Umschaltung vom landeseigenen Vollzug von Bundesgesetzen auf die Auftragsverwaltung“; vgl. auch Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 12, der von einer mittelbaren Festlegung der Materien der Bundesauftragsverwaltung spricht. 64  So Mager, in: Trute u. a., Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, S. 369, 387 f. 65  Depenbrock, DÖV 1970, 235. 66  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 40; Funke, JURA 2012, 127. 58  Gesetz

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

und Bedeutung von Leistungsgesetzen vor allem auf den Gebieten des Sozialrechts in ihrer unitarisierenden Wirkung hingegen kaum abzuschätzen.67 Daher ist die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung angesichts der steigenden Zahl bedeutender und politisch umstrittener Materien zunehmender Kritik ausgesetzt.68 So wird teilweise auch eine Rückführung einiger Materien in die landeseigene Verwaltung vorgeschlagen.69 Trotz entsprechender Vorschläge blieb die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung durch die Föderalismusreform nahezu unberührt. Rückblickend ist festzustellen, dass die Bundesauftragsverwaltung, der in den ersten Jahren des Grundgesetzes wenig Bedeutung zugemessen wurde, zur Einbruchstelle für Bundeseinflüsse in Bereiche der Landesverwaltung wurde, für welche sie zunächst nicht bestimmt war. Ihr einst eigenes Charakteristikum, wonach es sich um Aufgaben handelt, welche „in gesteigertem Maße zentraler Lenkung auf administrativem Wege“70 bedürfen, ist zunehmend aufgelöst. Die Übergänge zwischen den Verwaltungstypen des Grundgesetzes wurden dadurch verwischt.71 Die Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung lässt auch eine Veränderung ihres Charakters erkennen. Ihre heutigen Anwendungsfälle ergeben ein sehr uneinheitliches Bild.72 Ausgehend von den ursprünglichen Aufgaben des Zentralstaates, wie der bundesweiten Fernstraßen- und Steuerverwaltung, welche eine Einflussnahme des Bundes schon aufgrund seines Eigentums an den Fernstraßen, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung und der Bereitstellung der erforderlichen Finanzmittel oder aufgrund seiner Stellung als Ertragsgläubiger rechtfertigten73, umfasste sie später auch Aufgaben und Verpflichtungen 67  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 115; Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 72. 68  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 17; Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 31; Funke, JURA 2012, 127. 69  Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 141; Der Präsident als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau; Hauser / Weidmann, VR  2005, 374 ff. 70  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 133 f. 71  Maunz, in: Schmitt Glaeser, Verwaltungsverfahren, S. 95, 99. 72  Köttgen, JÖR N.F. 11 (1962), 173 (235); ihm folgend Heitsch, DÖV 2002, 368 (372). 73  Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 114; Köttgen, JÖR N.F.  3 (1954), 67 (95). Vgl. die historische Herleitung bei Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 264; ders., DÖV 2002, 368 (372). Vgl. auch Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 7, welcher zumindest in den ursprünglichen Materien der Bundesauftragsverwal-



§ 3  Die Entwicklung unter dem Grundgesetz39

von überregionaler oder gar internationaler Bedeutung, wie die Kernenergieund Luftverkehrsverwaltung74. Der Vollzug der Geldleistungsgesetze, welcher bürgernah und damit dezentral organisiert ist, stellt demgegenüber einen Fremdkörper im System der Bundesauftragsverwaltung dar. Im Anschluss an die historische Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung schlägt Heitsch75 hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Bundesingerenzen daher vor, zwischen materiellen, auf ursprüngliche Aufgaben des Bundes bezogenen, und formellen, auf die formale Gesetzesstruktur, die Einwirkungsrechte sowie die Ausgabenquote des Bundes bezogenen Anwendungsfällen der Bundesauftragsverwaltung zu differenzieren. Unter letztere würden die Geldleistungsgesetze fallen, während erstere die wesensmäßigen Bundesaufgaben umfassten. Mithin kann zwischen einer ‚geborenen‘ und einer ‚gekorenen‘ Bundesauftragsverwaltung unterschieden werden. So bedingt die Entwicklung der Materien der Bundesauftragsverwaltung, dass insbesondere beim Vollzug der Geldleistungsgesetze weitere Implika­ tionen des Sozialstaatsprinzips sowie des Gleichbehandlungsgebotes76 hervortreten. „Spätestens beim Geld hört [… hier …] der Drang nach bundeseinheitlicher Vielfalt auf.“77 Der soziale Charakter der Geldleistungsgesetze trägt somit ein unitarisierendes Element in sich.78 Dies beruht auf der begründeten Erwartung der Bevölkerung, die sozialpolitischen Aufgaben würden im Rahmen der Gesetzgebung und des Verwaltungshandelns von einer übergeordneten Behörde in Zusammenarbeit mit den Ländern erfüllt79 oder zumindest einer gesamtstaatlichen Steuerung und Koordinierung unterwortung Aufgaben des Bundes sieht, wofür auch die Ausgestaltung der Bundesingerenzen spricht. 74  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S.  9  f.; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 40; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 117 f.; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 9; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 196. 75  Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 253 ff., 281 ff., 375 f.; ders., DÖV 2002, 368 (371 ff.); krit. Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (23. Ergl. 2008) Rn. 9; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 15; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 35; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 145. 76  Vgl. dazu unten § 7 A. II. 2. 77  Ossenbühl, DVBl. 1989, 1230 (1234). 78  Schieren, Sozialpolitische Aufgabenerfüllung als Merkmal und Triebfaktor des unitarischen Bundesstaates, in: Scheller / Schmid, Föderale Politikgestaltung im deutschen Bundesstaat, S. 216 f. 79  Schieren, in: Scheller / Schmid, Föderale Politikgestaltung im deutschen Bundesstaat, S. 216, 218.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

fen80. Bereits die Begründung des BAföG81 weist auf die im Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG begründete Verpflichtung des Staates hin, „durch die Gewährung individueller Ausbildungsförderung auf eine beruf­ liche Chancengleichheit der jungen Menschen hinzuwirken“.82 Wolst83 führte diese stete Ausdehnung der Bundesauftragsverwaltung auf ein „unerschüttertes Vertrauen des Parlaments in die Bundesauftragsverwaltung“ zurück. Tatsächlich drücken sich in dieser Erweiterung wohl eher föderalistische Zwänge und finanzielle Zugeständnisse aus. So liegt das gesteigerte Interesse der Bundesebene an einer Einwirkung auf die Vollzugspraxis der Länder, anders als bei den bisherigen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung, nicht im Sachgrund der jeweiligen Materie, sondern vor allem an der finanziellen Beteiligung des Bundes an den Zweckausgaben des Verwaltungsvollzugs.84 Fraglich bleibt, ob dies eine hinreichende Legitimation des Bundeseinflusses darstellt. So bezeichnet Heitsch85 die Vorschrift des Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG als „im wesentlichen mißglückten föderalen Kompromiß“.

§ 4  Geldleistungsgesetze als Gegenstand der Bundesauftragsverwaltung Art. 85 GG stellt die Grundnorm der Bundesauftragsverwaltung dar.86 Daneben modifizieren andere Verfassungsnormen den Verwaltungstyp für ihren Sachbereich.87 Die Bezeichnung als „Verwaltungstyp“ oder „Modell“ weist auf die Möglichkeit von Variationen hin, welche durch abweichende Sondervorschriften getroffen werden können.88 80  Sommermann,

DVBl. 2001, 1549 (1553). BT-Drs. VI / 1975, S. 19. 82  Vgl. dazu auch die Ziele des BAföG bei Fichte, in: Erlenkämper / Fichte, Sozialrecht, 24.1 Rn. 1; Ramsauer, in: ders., BAföG, Einf. Rn. 3 f., § 1 Rn. 12; Ramsauer, NVwZ 1990, 17 f. 83  Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 115. 84  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 72; Heitsch, DÖV 2002, 368 (373). Vgl. auch Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 14. 85  DÖV 2002, 368 (373); ähnlich auch Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 94; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 166; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 526. 86  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 56; vgl. auch Groß, Die Haftung der Länder in der Auftragsverwaltung, S. 19. 87  Vgl. Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 3. 88  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 8 f.; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Er81  Regierungsentwurf,



§ 4  Geldleistungsgesetze

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Die erste Modifikation der Bundesauftragsverwaltung war die Regelung des Lastenausgleichs gemäß Art. 120a GG. Diese sieht vor, dass die Befugnisse der Bundesregierung sowie der Obersten Bundesbehörden im Rahmen des Art. 85 GG dem Bundesausgleichsamt übertragen werden können und dass dieses bei der Ausübung seiner Befugnisse nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Eine weitere Ergänzung stellt Art. 108 Abs. 3 GG für die Finanzverwaltung dar, dessen Bestimmungen als Spezialnorm denen des Art. 85 GG vorgehen.89 Die Regelung sieht vor, dass die Befugnisse des Art. 85 Abs. 3 und 4 GG statt der Bundesregierung dem Bundesminister der Finanzen zustehen. Einzelne Verfassungsnormen sehen mithin eine Modifizierung der Einwirkungsrechte im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung vor. Eine weitere Modifikation der Bundesauftragsverwaltung sehen die finanzverfassungsrechtlichen Vorschriften des Art. 104a  GG ferner im Rahmen der Kostentragung des Vollzugs von Geldleistungsgesetzen vor. Während Art. 104a Abs. 2  GG für den Fall der Bundesauftragsverwaltung die vollständige Übernahme der Zweckausgaben durch den Bund vorsieht, ermöglicht Absatz 3 Satz 2 der Vorschrift eine Kostenbeteiligung der Länder beim Vollzug von Geldleistungsgesetzen im Auftrag des Bundes.

A. Die Kostentragung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung als Ausnahme zum finanzverfassungsrechtlichen Konnexitätsprinzip Grundsätzlich sieht die Finanzverfassung in Art. 104a Abs. 1  GG das Prinzip der Konnexität von Aufgaben- und Ausgabenverantwortung vor. Demnach tragen Bund und Länder jeweils die Kosten ihrer Verwaltungstätigkeit. Dadurch soll verhindert werden, dass die Finanzierung fremder Aufgaben zum Instrument der Einflussnahme über die Aufgabenwahrnehmung wird. Die Absätze 2 und 3 sehen für den Bereich der Bundesauftragsverwaltung jedoch Ausnahmen vom allgemeinen Lastenverteilungsgrundsatz vor, nach welchen die Ausgabenverantwortung abweichend von der Verwaltungszuständigkeit geregelt ist.90 Dabei wird zwischen der Übernahme der Zweck- und Verwaltungsausgaben differenziert. Letztere sind solche, welche im Rahmen der Verwaltungsweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 41; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 17. 89  Köttgen, JÖR N.F.  3 (1954), 67 (94). 90  Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 157; vgl. auch Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 2.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

führung z. B. für Personal und Einrichtungen entstehen, während Zweckausgaben der Erfüllung der Verwaltungsaufgabe selbst dienen.91 I. Die Übernahme der Zweckausgaben Während die Verwaltungszuständigkeit im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung bei den Ländern liegt92, werden die Zweckausgaben im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung abweichend von Art. 104a Abs. 1  GG überwiegend oder vollständig vom Bund getragen. Die Kostentragung durch den Bund erfolgt dabei jedoch nicht einheitlich. Während Art. 104a Abs. 2  GG die Grundregel der Kostentragung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung darstellt, dient Absatz 3 der Modifikation für die besonderen Fälle des Vollzugs von Geldleistungsgesetzen. 1. Kostentragung durch den Bund im Fall der Bundesauftragsverwaltung Art. 104a Abs. 2 GG sieht für den Fall der Bundesauftragsverwaltung vor, dass der Bund die im Rahmen des Verwaltungshandelns der Länder entstehenden Zweckausgaben übernimmt.93 Dadurch wird den weitgehenden Eingriffs- und Kontrollmöglichkeiten des Bundes im Bereich der Bundesauftragsverwaltung Rechnung getragen.94 Da der Bund über diese Rechte maßgeblichen Einfluss auf die Verursachung der Zweckausgaben hat (Verursacher- bzw. Veranlasserprinzip), rechtfertigt dies die Übernahme der Kostenlast durch den Bund.95 Zudem wird die Ausnahme vom Grundsatz 91  Heintzen, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 104a Rn. 8; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 104a Rn. 9; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 49; Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 85; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 45; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 362 f.; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 446 ff.; von Arnim, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 138 Rn. 20. 92  Vgl. BVerfGE 81, 310 (331 f.), dazu unter § 6. 93  Vgl. zur Historie der Kostentragung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 118 ff. 94  Die Regierungsbegründung in BT-Drs. V / 2861, Tz. 116 spricht aufgrund der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 bis  4  GG davon, dass der Bund die „letzte Verwaltungsverantwortung“ trage; vgl. auch Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 5; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 104a Rn. 4; von Arnim, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 138 Rn. 26. 95  Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S.  88 f.; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 53;



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der Kostenverteilung damit begründet, dass es sich bei den betreffenden Aufgaben um solche des Bundes handle, welche lediglich durch die Länder wahrgenommen werden.96 Die Verteilung der Finanzierungszuständigkeiten birgt jedoch ein erhebliches Konfliktpotential. So trägt der Bund die Ausgaben, welche im Rahmen der Verwaltungsführung der Länder entstehen, die dementsprechend weniger auf eine sparsame Mittelverwendung zur Schonung des Bundeshaushalts als möglicherweise auf die Entlastung ihrer eigenen Haushalte bedacht sind.97 2. Bundesauftragsverwaltung bei mehrheitlicher Kostentragung durch den Bund Eine Durchbrechung der Kostentragungsregel im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung stellt Art. 104a Abs. 3 S. 2  GG für den Vollzug von Geldleistungsgesetzen im Auftrag des Bundes dar.98 Die Norm bietet die Möglichkeit, die Ausgaben im Rahmen des Vollzugs eines Geldleistungsgesetzes flexibel zwischen Bund und Ländern zu verteilen. Die Beteiligungsquote muss jeweils in dem auszuführenden Gesetz festgesetzt werden.99 Die VerHäde, Finanzausgleich, S. 62 f.; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 177, 179; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3  GG, S. 423; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 90; Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549, 1552; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  93 (2002), 585 (594). 96  Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 22; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 53. Demnach handelt es sich nicht um eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Kostenverteilung, sondern vielmehr um dessen Bestätigung, vgl. Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 48, 153 ff., ebenso Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 8; Heintzen, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 104a Rn. 37; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 104a Rn. 22; krit. von Arnim, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 138 Rn. 26. Jedoch handelt es sich auch bei der Bundesauftragsverwaltung um eine Form der Landesverwaltung. 97  Rinke, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 18, 26. Vgl. allgemein zu agenturtheoretischen Aspekten im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Hauser / Weidmann, VR 2005, 374 ff. 98  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 51  f.; von Arnim, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 138 Rn. 43; Heun, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 104a Rn. 25; vgl. Heintzen, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 104a Rn. 38. 99  Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. VI, Art. 104a Rn. 39; Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 100; Häde, Finanzausgleich, S. 64 ff.; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 48, 169.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

waltungsform der Bundesauftragsverwaltung greift gemäß Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG automatisch ab einer hälftigen Beteiligung des Bundes an den Zweckausgaben des auszuführenden Geldleistungsgesetzes ein. Dadurch soll der Bund im Rahmen der erweiterten Steuerungsbefugnisse des Art. 85 Abs. 2 bis 4  GG über die Verwendung seiner Mittel durch die Länder mitentscheiden können.100 Zum Schutz der Länder vor einer Beteiligung an der Kostenbelastung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung ist in Art. 104a Abs. 4 GG eine Zustimmungspflicht des Bundesrates normiert.101 Eine Ausnahme von der Zustimmungsbedürftigkeit besteht nur, wenn der Bund die Zweckausgaben alleine trägt. Während die Bestimmung des Art. 104a Abs. 2 GG von der Verwaltungsform auf die Kostentragung schließt, folgt nach Art. 104a Abs. 3  GG die Verwaltungsform erst aus der Verteilung der Kostenlast.102 Damit bestehen gewisse Parallelen zum Geltungsgrund der Reichsauftragsangelegenheiten unter der Weimarer Reichsverfassung. Die Einführung der Bundesauftragsverwaltung ist somit unabhängig vom Gegenstand des auszuführenden Gesetzes und nur an die Höhe der Lastenbeteiligung des Bundes geknüpft.103 Die Begründung der Ausnahme des Art. 104a Abs. 3  GG vom Konnexitätsprinzip des Absatz 1 ist nicht eindeutig, überwiegend wird sie als besondere Lastenverteilungsregel gesehen.104 Zudem wird auf die Konnexität von gesetzgeberischem Handeln und Kostentragung des Bundes105 bzw. von auch Clemens / Umbach, in: dies., GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 16. in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 104a Rn. 38; Kienemund, in: Hömig, Grundgesetz, Art. 104a Rn. 10; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 36; Häde, Finanzausgleich, S. 67; zur Kritik an der Bundesratszustimmung als systemwidrig gegenüber der allgemeinen Lastenverteilungsregelung des Art. 104a Abs. 1 GG: Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 99; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 166 ff. 102  Kienemund, in: Hömig, Grundgesetz, Art. 104a Rn. 9; Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 105; Maunz, in: Schmitt Glaeser, Verwaltungsverfahren, S. 95, 101; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 165, 171; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 119; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 375. 103  Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 98. 104  Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 25; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 190. 105  Wieland, Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung, Stenografischer Bericht, 5.  Sitzung, 11.3.2004, S. 101; Maunz, in: ders. / Dürig, GG, Bd. VI, Art. 104a Rn. 36; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 162; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 350. Kritisch hingegen 100  Vgl.

101  Heintzen,



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Einwirkungsbefugnissen und Finanzierungsverantwortung des Bundes abgestellt106. Die gemeinsame Finanzierung der Geldleistungsgesetze führt zu einer Verflechtung der beteiligten Verwaltungsträger. Somit handelt es sich bei Art. 104a Abs. 3  GG um eine verfassungsrechtlich vorgesehene Form der Mischfinanzierung einer Verwaltungsaufgabe.107 Damit stehen die Geldleistungsgesetze in einer langen Tradition. Bereits früh verschaffte sich der Bund über andere Formen der Mischfinanzierung Einfluss auf die Verwaltungstätigkeit der Länder108, wodurch die finanzverfassungsrechtlichen Bestimmungen zwischen Bund und Ländern zunehmend ausgehöhlt wurden. Im Zuge der Finanzreform von 1969 wurde dann versucht, die grundgesetzlichen Bestimmungen der Praxis anzupassen.109 Aufgrund der finanziellen Beteiligung der Länder mag sich das Problem der sparsamen Mittelverwendung im Rahmen der Ausführung der Geldleistungsgesetze im Auftrag des Bundes zwar nicht im gleichen Ausmaß wie im Rahmen der Finanzierung der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 104a Abs. 2  GG stellen. Gleichwohl liegt der Bundesanteil zur Finanzierung der Geldleistungsgesetze jeweils deutlich über dem Anteil der Länder. II. Die Übernahme der Verwaltungsausgaben und die Haftungsregelung Eine weitere Ausnahme zum Lastenverteilungsprinzip des Art. 104a Abs. 1 GG normiert Absatz 5 Satz 1, 1. Hs. der Vorschrift. Demnach trägt der jeweils handelnde Verwaltungsträger die ihm beim Vollzug der Gesetze entstehenden Ausgaben für Verwaltungspersonal und -einrichtungen. Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung tragen die Länder aufgrund ihrer Verwaltungskompetenz110 die ihnen entstehenden Verwaltungskosten mithin Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 102. 106  Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 90; von Arnim, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 138 Rn. 45; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550) spricht vom Prinzip des goldenen Zügels. 107  Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 101; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 157, 165, 169. 108  Hofmann, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. I3, § 9 Rn. 76. 109  Morlok, in: Frommel / Gessner, Normenerosion, S. 115, 124. 110  Zur Maßgeblichkeit der Verwaltungskompetenz von Arnim, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 138 Rn. 21.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

selbst.111 So erfolgt beim Vollzug von Gesetzen im Auftrag des Bundes parallel zu der Differenzierung nach Sachentscheidungs- und Wahrnehmungskompetenz112 zwischen Bund und Ländern eine Aufteilung von Sachund Verwaltungsausgaben.113 Diese wird durch die Haftungsregelung des Art. 104a Abs. 5 S. 1, 2. Hs. GG ergänzt, welche die unterschiedlichen Verantwortungsbereiche von Bund und Ländern im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung zum Ausdruck bringt. Nach dieser Regelung tritt der finanzielle Schaden regelmäßig beim Bund ein, welcher nach Art. 104a Abs. 2 und 3  GG zumindest einen Großteil des Zweckausgaben trägt, wohingegen die handelnden Länder zumeist keine oder nur geringere Einbußen erleiden.114

B. Die Inflation der Geldleistungsgesetze – Der offene Tatbestand des Art. 104a Abs. 3 GG Anders als Schulte-Frohlinde115 einst prophezeite hat die Zahl der Materien der Bundesauftragsverwaltung inzwischen stark zugenommen. Ihr Anstieg ist insbesondere auf die Einfügung des Art. 104a Abs. 3  GG zurückzuführen, welcher die Bundesauftragsverwaltung für eine Fülle weiterer Verwaltungsmaterien öffnete. Den Geldleistungsgesetzen kommt inzwischen großes finanzielles Gewicht und zudem eine wachsende Bedeutung im Sozialstaat zu.116 I. Der Begriff der Geldleistungsgesetze Geldleistungsgesetze sind nach allgemeinem Verständnis bundesgesetz­ liche Regelungen, die finanzielle Zuwendungen an Dritte gewähren. Neben reinen Geldleistungen können durch das Gesetz auch weitere Leitungen gewährt werden. Unerheblich ist auch, ob es sich um einmalige oder laufende Zuwendungen handelt und welchen Zweck sie verfolgen.117 Die Zuwendung 111  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 49; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 91; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3  GG, S. 422. 112  Dazu § 6 B. 113  Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 177. 114  Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 92. 115  Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 133: „Angelegenheiten des Bundesauftrages werden – wie gegenwärtig – wohl stets nicht besonders zahlreich sein.“ 116  Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 102.



§ 4  Geldleistungsgesetze

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muss freiwillig und unabhängig von einer Gegenleistung geleistet werden.118 Nach der ursprünglichen Konzeption der Kommission für die Finanzreform sollten die Geldleistungsgesetze den Länderverwaltungen keinen Raum für die Ausübung eines eigenen Verwaltungsermessens lassen. Vielmehr sollte die Entscheidung über die Gewährung der Leistung im Einzelfall durch das Gesetz selbst getroffen werden119, wodurch die typischen Merkmale des landeseigenen Verwaltungsvollzugs ausgeschaltet würden120. Die heutigen Bestimmungen, insbesondere im Bereich der Sozialleistungen, erstrecken sich entgegen dem Entwurf auch auf Geldleistungsgesetze mit zum Teil ausfüllungsbedürftigen Regelungen, durch welche der Behörde ein Beurteilungsspielraum oder Ermessen eingeräumt wird.121 So muss kein verbindlicher Rechtsanspruch begründet werden, jedoch dürfen Voraussetzungen, Höhe und Empfängerkreis der Leistung nicht im freien Ermessen der Behörde stehen.122 Auch das BAföG enthält zahlreiche, zum Teil recht detaillierte Regelungen, welche das Förderungsverfahren vorzeichnen und dadurch das Verwaltungsermessen der Länderbehörde begrenzen.123 117

II. Beispiele bisheriger Geldleistungsgesetze Die Geldleistungsgesetze sind durch das „Phänomen der Masse“ geprägt.124 Neben dem BAföG125 zählen das Bundeselterngeldgesetz (BEEG)126, das 117  Heintzen, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 104a Rn. 43.; Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 94 ff.; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 48. 118  Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 428 f. 119  Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, Tz. 124; Heun, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 104a Rn. 28; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 119. 120  Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, Tz. 124; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 183 f.; Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 92. 121  Luther, Die Lastenverteilung zwischen Bund und Ländern nach der Finanzreform, S. 97; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 366 f. 122  Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. VI, Art. 104a Rn. 36; Siekmann, in: Sachs, GG, Art. 104a Rn. 31; Trapp, Das Veranlassungsprinzip in der Finanzverfassung der Bundesrepublik Deutschland, S. 48. 123  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 387. 124  Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 128. 125  Vgl. §§ 39, 56 BAföG sowie unten § 12. 126  Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vom 5.12.2006 (BGBl. I S. 2748), neugefasst durch Bek. vom 27.1.2015 (BGBl. I S. 33), vgl. § 12 BEEG.

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Kap. 1: Grundzüge der Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung

Wohngeldgesetz (WoGG)127, das Wohnungsbauprämiengesetz (WoPG)128 sowie das Unterhaltssicherungsgesetz (USG)129 zu den Geldleistungsgesetzen im Sinne des Art. 104a Abs. 3 S. 2  GG.130 Überwiegend handelt es sich bei den Geldleistungsgesetzen nach Art. 104a Abs. 3  GG um die Gewährung sozialpolitisch motivierter Leistungen.131 Die Bundesauftragsverwaltung ­ stellt sich somit als Mittel der Sozialpolitik dar.132 Zugleich machen die Geldleistungsgesetze einen erheblichen Teil des Bundeshaushalts aus, sodass sich allein hieraus das Interesse des Bundes an einer Einflussnahme auf die Verwendung der Gelder erklären lässt. So zahlte der Bund im Jahr 2014 im Rahmen der Ausführung des BAföG ca. 1,4  Mrd. Euro an die Länder.133 Damit stellt das BAföG neben dem BEEG mit 5,37 Mrd. Euro und den Erstattungen für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach SGB  XII in Höhe von ca. 5,47  Mrd. Euro eines der finanzintensivsten Geldleistungsgesetze dar. Insgesamt beträgt der Finanzaufwand des Bundes für die o. g. Geldleistungsgesetze nach Art. 104a Abs. 3 S. 2  GG im Jahr 2014 ca. 13,4  Mrd. Euro und damit gut 4,5 % des Bundeshaushalts.134 Die Einführung des Vollzugs der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung hat diesen Betrag zuletzt noch einmal deutlich erhöht. Die vollständige Übernahme der Kosten des BAföG durch den Bund ab dem Jahr 2015135 wird zu einer weiteren Steigerung von jährlich rund 0,7 Mrd. Euro führen, die ab Herbst 2016 in Kraft tretenden materiell-rechtlichen Änderungen des BAföG bewirken eine Ausgabensteigerung von nochmals 0,5 Mrd. Euro.136 127  Wohngeldgesetz vom 24.9.2008 (BGBl. I S. 1856), zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 5 des Gesetzes vom 3.4.2013 (BGBl. I S. 610), vgl. § 32  WoGG. 128  Wohnungsbau-Prämiengesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 30.10.1997 (BGBl. I S. 2678), zuletzt geändert durch Art. 9des Gesetzes vom 18.7.2014 (BGBl. I S. 1042), vgl. § 7 WoPG. 129  Unterhaltssicherungsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 26.8.2008 (BGBl. I S. 1774), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 9 des Gesetzes vom 8.4.2013 (BGBl. I S. 730), vgl. § 17 Abs. 1, 19 Abs. 1  USG. 130  Vgl. Heintzen, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 104a Rn. 46; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 139. 131  Seitz, Fiskalföderalismus in Deutschland: Probleme und Reformbedarf am Beispiel der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern, Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung  72 (2003), S. 349, 355. 132  Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1552). 133  Dazu kommen 181 Mio. Euro für Zinszuschüsse und die Erstattung von Darlehensausfällen an die Kreditanstalt für Wiederaufbau. 134  Angaben nach dem Gesetz über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2014 (Haushaltsgesetz 2014) vom 15.7.2014 (BGBl. I S. 914). 135  Vgl. hierzu § 13 A. 136  BR-Drs.  375 / 14, S. 21. Vgl. auch die Angaben auf http: /  / www.bmbf. de / de / 24198.php (letzter Aufruf am 10.10.2014).



§ 5  Die Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung

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Kapitel 2

Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge des Grundgesetzes Im Anschluss an die historische Herleitung soll in diesem Kapitel der Stellung der Bundesauftragsverwaltung im Rahmen des föderalistischen Systems des Grundgesetzes und im Organisationsgefüge von Bund und Ländern nachgegangen werden.

§ 5  Die Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung im deutschen Föderalismus Die Verteilung der Verwaltungszuständigkeiten scheint im Bund-LänderVerhältnis, anders als die Gesetzgebungs- und Finanzzuständigkeiten, nur selten zu Konflikten zu führen. Im Bereich der Landesverwaltung mag dies an der klaren Regelung der Art. 83 f. GG liegen, doch auch im Bereich der komplexeren, auf Kooperation von Bund und Länder aufbauenden Bundesauftragsverwaltung „verbleibt es bei diesem Befund [einer] lautlosen Staatspraxis“.137 Um festzustellen, wie diese Praxis im Einzelnen ausgestaltet ist, soll zunächst die Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung im Verwaltungssystem der Bundesrepublik Deutschland einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

A. Die Bundesauftragsverwaltung als Spezifikum des deutschen Föderalismus Der Verwaltungsorganisation aller Bundesstaaten ist gemein, dass sie sich durch Verflechtung der Bundes- und Landesbehörden „zu einem mehr oder weniger geschlossenen Ganzen zusammengefügt“ hat.138 Die Bundesauftragsverwaltung gemäß Art. 85 GG stellt aufgrund der dort normierten Verschränkung der Verwaltungstätigkeit zwischen Bund und Ländern ein Spezifikum des bundesdeutschen Föderalismus dar.139 Diese Verschränkung der Verwaltungsträger ist über die Verwaltungskompetenzen hinaus im ge137  von

Danwitz, DVBl. 1992, 1005. Die Bundesauftragsverwaltung, S. 7. 139  Vgl. Haussleiter, DÖV 1950, 5: „Die Auftragsverwaltung ist eine typisch deutsche Verwaltungsmethode.“ Vgl. auch Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 5; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 11; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 18; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundge138  Schadeck,

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

samten Staatsorganisationsrecht angelegt. Sie bedingt eine „relativ starke Ausprägung der kooperativen gegenüber den wettbewerblichen Elementen im deutschen Föderalismus“140 und unterstreicht den integrativen Charakter des Grundgesetzes. Die Bundesauftragsverwaltung kann insofern als Experiment des Staatsorganisationsrechts bezeichnet werden, dessen Gelingen (auch) von der Bereitschaft der Länder zur kooperativen Zusammenarbeit abhängt.141 Zwar hat die Bundesauftragsverwaltung in ihrer jetzigen Form seit der Verkündung des Grundgesetzes Bestand und ist seitdem nicht prinzipiell in Frage gestellt worden.142 Gänzlich unumstritten ist sie dennoch nicht. So wird insbesondere die Zuordnung einzelner Materien zu dieser Verwaltungsform kritisiert.143 Im Rahmen der Föderalismusreform II wurde ihre Weiterentwicklung insbesondere im Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung diskutiert. Inhaltlich betraf diese Kontroverse vor allem die Ausgestaltung der Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes.144. Die Reformvorschläge blieben jedoch folgenlos.

B. Die politische Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung Auf der staatspolitischen Ebene hat die ausgleichende und verbindende Funktion der Bundesauftragsverwaltung jedoch große Bedeutung. Sie beinhaltet bereits der Form nach sowohl eine Koordination als auch eine Kooperation zwischen Bund und Ländern.145 Inwieweit diese theoretischen Möglichkeiten wirkungsvoll in der Praxis verwirklicht werden konnten, bleibt zu untersuchen. Aufgrund der Möglichkeit zur Wahrung gesamtstaatlicher Belange ist die Form der Bundesauftragsverwaltung zum einen geeignet, eine ausgewogene Berücksichtigung gegenseitiger Interessen zu garantieren und durch den ständigen Kontakt zwischen Bundes- und Landesbehörden die flexible Zusammenarbeit in der Bundesstaatsordnung zu försetz, S.  181 f.; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 25; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 f. 140  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 1. 141  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 128; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 41. 142  Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 126. 143  Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 126. 144  Bericht der gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen, Berlin 2010, S. 260, 276 ff. 145  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 161.



§ 5  Die Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung51

dern.146 Zum anderen wird durch die gleichgerichtete Einflussnahme auf die Länder eine Harmonisierung der Verwaltungspraxis erreicht.147 So geht der gegenüber Art. 84  GG erweiterte Bestand der Ingerenzrechte des Bundes148 auf das auch von den Ländern erkannte Erfordernis zurück, die Einheitlichkeit der Verwaltungspraxis und damit des Gesetzesvollzugs sicherzustellen, ohne dazu eigene Verwaltungseinheiten des Bundes errichten zu müssen.149 Dadurch erhält der Bund „erhebliche Gestaltungs- und Einwirkungsmöglichkeiten auf die [an sich autonome] Verwaltungsführung der Länder“, welche „die Grenzen zur bundeseigenen Verwaltung verschwimmen“ lassen könnten, schöpfte der Bund sie voll aus.150 Der Bund kann somit die Gestaltungsfreiheit der Länder im gesamtstaatlichen Interesse wesentlich einschränken „und sich selbst zum ‚Herrn‘ des Verfahrens […] machen“.151 Die Bundesauftragsverwaltung ermöglicht aufgrund ihrer unitarisierenden Tendenzen einen Ausgleich zwischen der föderalen Ausgestaltung der öffentlichen Verwaltung und der Integration der Länder im Bundesstaat.152 Neben der Erforderlichkeitskompetenz des Art. 72 Abs. 2  GG im Rahmen der Gesetzgebung ist die Bundesauftragsverwaltung auf der Exekutivebene ein weiteres Instrument zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit in der Bundesrepublik.153 Zusätzlich zu der Möglichkeit zentraler Steuerung von Verwaltungsaufgaben ermöglicht die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung aufgrund der Landeskompetenz für die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben eine Konzentration der Verwaltungsaufgaben und eine Vernetzung mit anderen Verwaltungsbereichen der Länder.154 146  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 75, 109; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 52; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 115. 147  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 161. 148  Vgl. Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 6; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 2. 149  Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 1; Ossenbühl, Der Staat  28 (1989), 31 (34). 150  Dittmann, in: Sachs, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 5; ders., Die Bundesverwaltung, S. 84; ferner Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 16. 151  Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 5; ders., Die Bundesverwaltung, S. 84. 152  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 572. 153  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 39. 154  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 39; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 9; s. auch S. 36; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 30; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 121.

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

C. Die verwaltungsökonomische Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung Auch in der verwaltungsökonomischen Betrachtung ist die Bundesauftragsverwaltung umstritten.155 Beklagt wird vor allem die Schwerfälligkeit der durch die Verfassung zur Verfügung gestellten Instrumentarien.156 So kann die Zusammenarbeit von Bund und Ländern einen fortwährenden verwaltungsinternen Abstimmungsprozess erfordern, der zu zeitlichen Verzögerungen führt. Die Duplizität von Bundes- und Landesbehörden sowie die damit einhergehende Trennung von Sach- und Verwaltungskompetenz können zudem zu Zuständigkeitsproblemen führen.157 Dass die Bundesauftragsverwaltung besonders anfällig für verfahrensbedingte Ineffizienzen ist, belegen auch die Untersuchungen des Nationalen Normenkontrollrates, welcher sich mit der Verwaltung von Wohn- und Elterngeld sowie StudierendenBAföG auseinandersetzte.158 Jedoch sprechen andere ökonomische Aspekte auch für die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung: Durch die Nutzung vorhandener Landesbehörden wird der Verwaltungsapparat des Bundes entlastet, was dem Gebot der Verwaltungsrationalität in seinen Ausprägungen der Übersichtlichkeit, Sparsamkeit und Einheitlichkeit entspricht.159 Zudem kann sich dieser die vertiefte Verwaltungserfahrung der Länder zunutze machen.160 So verbindet die Bundesauftragsverwaltung die Vorteile einer ortsnahen, dezentralen Landesverwaltung, welche die lokalen Belange sowie die eigenverantwortliche Aufgabenwahrnehmung durch die Länder berücksichtigt, mit der Möglichkeit einer zentralen Steuerung des Verwaltungsvollzugs und damit sachlich einheitlichen Gesetzesausführung, was dem Gebot der 155  Wolst,

Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 114. Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 126, welcher auf die Regelungen des Art. 85 Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 S. 2  GG verweist. 157  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 113. 158  Vgl. hierzu § 20 F. 159  Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 2; Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 67; Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 134 ff.; Klein, in: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, S. 125, 140; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 161; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 113; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 136; Degenhart, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 418 f.; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1552); in Abgrenzung zum amerikanischen System Haussleiter, DÖV 1950, 5. 160  Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 9; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 120, 141. 156  Wolst,



§ 5  Die Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung53

Gleichbehandlung entspricht und zur Sicherung einheitlicher Lebensbedingungen im Gesamtstaat beiträgt.161

D. Der Bundesauftragsverwaltung immanente Konflikte Trotz der politischen und verwaltungsökonomischen Bedeutung bedingt die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung auch Schwierigkeiten und Spannungen in der Verwaltungspraxis zwischen Bund und Ländern.162 Dieses Konfliktpotential ist kein Spezifikum der Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung, sondern dem unitarischen Bundesstaat aufgrund der Trennung von Gesetzgebungs- und Exekutivzuständigkeiten immanent.163 Gleichwohl tritt es besonders deutlich hervor, wenn das austarierte Zusammenspiel von Bundes- und Landesverwaltung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung auf die Probe gestellt wird. Nicht nur hier ist eine durch die verdichtete bundesgesetzliche Regelung bedingte Vereinheitlichung des Verwaltungsvollzugs zu verzeichnen, welche zu einer starken Einschränkung der Verwaltungshoheit der Länder führt.164 Die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung könnte hier dazu beitragen, gesamtstaatliche Interessen unter Beachtung der Länderkompetenzen wirkungsvoll zu verfolgen165 und so die mit ihr einhergehenden Nachteile aufwiegen166. Je nach ihrer konkreten Ausgestaltung im Verwaltungsalltag kann sie dabei sowohl eine stärkere bundeseinheitliche Zentralisierung der Verwaltung als auch eine stärkere Eigenverwaltung der Länder in ihren Zuständigkeitsgrenzen bedingen. Jedenfalls ist sie in der Lage, als Bindeglied zwischen zentraler und gliedstaatlicher Verwaltung die Abgrenzung von Bund und Ländern im Verwaltungsvollzug zu verhindern, ohne die Gewaltenteilung zwischen Bund und Ländern zu schmä161  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 26; Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 10, 135 ff.; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 35; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 114, 126; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 9; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 114 ff., 141; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 136; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 72; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (35). 162  Vgl. Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 117 ff. 163  Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 71. 164  Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 71. 165  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 126. 166  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 117 ff.

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

lern167 und somit eine Verflechtung der Verwaltungsführung von Bund und Ländern zu bedingen168. Konflikte könnten hier aus der Tatsache resultieren, dass durch die Einwirkungsrechte des Bundes trotz ursprünglicher Landesverwaltung im Ergebnis die Bundesministerien verwalten.169 Trotz ihrer Komplexität als Verwaltungsform und des ihr inhärenten Konfliktpotentials war die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung bislang relativ selten Gegenstand der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung.170 Die vorläufig letzte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Bundesauftragsverwaltung stellt die zweite Entscheidung zum Luft­ sicherheitsgesetz dar, in welcher u. a. die lange umstrittene Zustimmungs­ bedürftigkeit bundesgesetzlicher Regelungen des Verwaltungsverfahrens verneint wurde.171 Diese Entscheidung steht in einer Reihe mit dem Biblis A-Urteil, denn in beiden legt das Bundesverfassungsgericht ein eher bundesfreundliches Verständnis des Art. 85 GG zugrunde.172 Dabei scheint es, als würden Bund und Länder einige Fragen zur Reichweite der Einwirkungsrechte des Bundes bewusst unbeantwortet lassen und eine verbindliche Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus Angst um eigene Kompetenzverluste eher vermeiden. Bund und Länder scheinen vielmehr eine gemeinsame Arbeitsebene abseits der formalen Vorgaben gefunden zu haben.173 Dieser Hypothese soll im Rahmen der Arbeit nachgegangen werden.

§ 6  Die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung Um das Zusammenspiel von zentral- und gliedstaatlichen Elementen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung näher beleuchten zu können, soll 167  Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 107; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 4; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 9. 168  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 4. 169  Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 129. 170  Dazu schon § 1. Vgl. ebenso Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 31. 171  BVerfGE 126, 77 ff. 172  Vgl. hierzu Funke, JURA 2012, 127 (133). Auf die betont bundesfreundliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts weisen auch Clemens / Umbach, in: dies., Grundgesetz, Bd. II, Art. 85 Rn. 29, 52 hin. 173  Vgl. Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 447.



§ 6  Die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung55

der Verwaltungstyp der Bundesauftragsverwaltung zunächst in den weiteren Zusammenhang der Verwaltungsorganisationsformen eingeordnet werden. Die Frage nach der Rechtsnatur der Bundesauftragsverwaltung ist vom Bundesverfassungsgericht inzwischen dahingehend beantwortet worden, dass es sich um eine Form der Landesverwaltung handelt, die handelnden Behörden somit als Landesbehörden tätig werden.174 Gegenüber der landeseigenen Verwaltung nach Art. 83 f. GG sind die Einwirkungsrechte des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung deutlich ausgeweitet, wodurch die Eigenständigkeit der Länder geschmälert wird.175 Diese bedingen einen graduellen, jedoch keinen prinzipiellen Unterschied zur landeseigenen Verwaltung.176 In der Literatur war dieses Verständnis zuvor jedoch lange umstritten und wurde mit zum Teil missverständlichem Vokabular umschrieben. Dabei hat diese Einordnung weitreichende Konsequenzen, etwa hinsichtlich der Reichweite des Gleichheitssatzes im Rahmen der Verwaltungspraxis. Verschiedentlich wurde von Mischverwaltung, gemeinsamer Verwaltung oder aufgrund der Einwirkungsrechte nur von einer Art „Mittelding“177 zwischen landeseigener und bundeseigener Verwaltung gesprochen.178 Systematisch kommt die vermittelnde Natur der Bundesauftragsverwaltung auch durch ihre Mittelstellung zwischen der Landeseigenverwaltung nach Art. 83 und 84  GG sowie der bundeseigenen Verwaltung nach Art. 86 und 87  GG zum Ausdruck.179

174  BVerfGE 81, 310 (331). So bereits der Herrenchiemseer Konvent, welcher die Terminologie „Landesverwaltung nach Weisung“ benutzte; vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 39 und Stern, Staatsrecht II, S. 807 f. 175  BVerfGE 81, 310 (331); neben vielen auch Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 6; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (599); Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 55. 176  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 95. 177  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 8; Schadeck, Die Bundesauftragsverwaltung, S. 8; Stern, Staatsrecht II, S. 808. 178  Vgl. weitere Nachweise bei Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 84 f.; Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 16 Fn. 1; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 36 ff.; Pieper, Aufsicht, S. 20; Schäfer, DÖV 1960, 641 (645 f.); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (33 f.); Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (418); Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (591). 179  Vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 114 f.; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 111, 141; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (599).

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

A. Die semantische Unklarheit des Begriffs der Bundesauftragsverwaltung Der Begriff der Bundesauftragsverwaltung ist insofern verfehlt, als er nicht die Verwaltung fremder Angelegenheiten ‚im Auftrag‘ bezeichnet, sondern die Verwaltung eigener Angelegenheiten der Länder meint.180 Diese handeln im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung eigenverantwortlich und im eigenen Namen181, mithin aus eigener, nicht vom Bund abgeleiteter Verwaltungskompetenz182. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über das Schornsteinfegerwesen gilt für die organisatorische Ausgestaltung der einzelnen Verwaltungsarten, „dass der Verwaltungsträger, dem durch die Kompetenznorm des Grundgesetzes Verwaltungsaufgaben zugewiesen worden sind, diese Aufgaben durch eigene Verwaltungseinrichtungen – mit eigenen personellen und sächlichen Mitteln – wahrnimmt. In diesem Sinn kann von einem ‚Grundsatz eigenverantwortlicher Aufgabenwahrnehmung‘ gesprochen werden“. Daraus folgt, „dass die beauftragte Verwaltung die [ihr durch die Verfassung] zugewiesenen Aufgaben als eigene Aufgaben wahrnimmt“.183 Demnach sind die Landesbehörden für die Auslegung und Anwendung des materiellen Rechts, einschließlich der Recht- und Zweckmäßigkeit der zu treffenden Entscheidungen, selbst verantwortlich.184 Auch durch die ‚Einbindung‘ der Länder in den Instanzenzug bleibt ihre rechtliche Selbstständigkeit gewahrt.185 Durch die Einwirkungsmöglichkeiten des Bundes gemäß Art. 85 Abs. 2 bis 4  GG erfolgt lediglich eine scheinbare Überordnung des Bundes über die Landesverwaltung und dadurch ein vermeintlich hierarchischer Verwaltungsinstanzenzug.186 Dieses rein funk­ tionale Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen Bundes- und Landes180  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 55. 181  Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 174; Schulte, VerwArch 81 (1990), 415 (417). 182  Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 57. 183  BVerfGE  63, 1 (41 f.). 184  Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (430, 434). 185  Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 4. 186  Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 24 spricht von einem „verwaltungsrechtlichen Subordinationsverhältnis“; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 38 ff.; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 82; Wieland, in: Koch u.  a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 393  ff.; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (424 f.); Pera, NVwZ 1989, 1120 (1121); Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550).



§ 6  Die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung57

behörden ist nicht mit der ansonsten hierarchisch aufgebauten Verwaltungsorganisation identisch.187

B. Die Differenzierung zwischen Wahrnehmungs- und Sachkompetenz Wie das Bundesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf Wolst188 feststellt, verbleibt die Wahrnehmungskompetenz, verstanden als Ausführungskompetenz und Verantwortlichkeit im Verwaltungsvollzug, im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung stets bei den Ländern, während der Bund im Rahmen seiner umfassenden Geschäftsleitungsgewalt die Sachkompetenz, verstanden als „Befugnis zur Beurteilung und Entscheidung in der Sache“189 jederzeit an sich ziehen kann.190 Sie erstreckt sich von der Sachverhaltsermittlung und -bewertung bis zur Gesetzesanwendung und Vollzugsüberwachung auf die gesamte Vollzugstätigkeit des Landes und bedingt somit eine umfassende Direktionsmacht des Bundes, die sicherstellt, dass dem Bundeswillen zur Durchsetzung verholfen wird.191 Ihre Rechtfertigung findet sie in der Kostenverteilung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung.192 Da „die Verwaltungskompetenz [der Länder] schon nach der ursprünglichen Zuweisung eine eingeschränkte ist“, kommt diesen die Sachentscheidungsbefugnis „nur unter dem Vorbehalt ihrer Inanspruchnahme 187  Vgl. Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap.  2 Rn.  26; F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 62; Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 245; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 16; Pieper, Aufsicht, S. 20 spricht von „einem stärker bundesabhängigen Typ des Landesvollzugs von Bundesgesetzen“. 188  Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, insbes. S. 54. 189  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 249. 190  BVerfGE  81, 310 (332 ff.); 104, 249 (264); Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 19; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 46 ff.; Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 383; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550); vgl. hierzu differenzierter Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 27 f., 97 ff., 120, der die Sachentscheidungs- bzw. Leitungsbefugnis jedoch eng als Teil der Verwaltungskompetenz versteht und diese von der Steuerung durch normative Vorgaben wie Verwaltungsvorschriften abgrenzt. Mit Ossenbühl, in: Brenner / Huber / Möstl, Festschrift Badura, S. 975, 983 sollen im Folgenden die treffenderen Bezeichnungen „Wahrnehmungsbefugnis“ und „Sachentscheidungsbefugnis“ verwandt werden; vgl. zur misslungenen Terminologie ebenfalls Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  94 (2003), 127 (128). 191  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 63. 192  Vgl. dazu § 4 A. I. 1. sowie Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 249 mit Fn. 7 und Verweis auf Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 54; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585  (594).

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

durch den Bund zu“.193 Die damit einhergehende Aufspaltung der Sachentscheidungsbefugnis ist prägender Charakterzug der Bundesauftragsverwaltung.194 Grundsätzlich steht sie zunächst den Ländern zu. Damit kommt der Sachentscheidungsbefugnis des Bundes lediglich eine Reservefunktion zu, welche im Einzelfall aktiviert („übergeleitet“) werden muss.195 Dies geschieht regelmäßig, indem der Bund von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht.196 So unterstehen die Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung „von vornherein“197 den Weisungen der zuständigen Obersten Bundesbehörden. Im Fall des Weisungserlasses fallen Sachentscheidungs- und Wahrnehmungskompetenz somit auseinander.198 Nach der Biblis A-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann die Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis jedoch auch konkludent erfolgen, solange sie für das Land jedenfalls eindeutig erkennbar ist.199 Durch die verfahrensbegleitende Inanspruchnahme der Sachkompetenz durch den Bund wird diese den Ländern entzogen, bevor ihnen überhaupt die Möglichkeit ihrer Wahrnehmung zukommt.200 Hingegen darf der Bund den Landesvollzug nicht dauerhaft lenken und seine Sachentscheidungsbefugnis damit verallgemeinern.201 193  BVerfGE 81, 310 (332); Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 71 formuliert es dahingehend, dass „[d]ie grundsätzliche Verwaltungskompetenz der Länder […] unter einer Reihe von Vorbehalten zugunsten des Bundes [steht].“ 194  Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 114. Vgl. hierzu auch F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 13 und Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S.  21, 85 ff. 195  BVerfGE  104, 249 (267); Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 19; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 48, 54, 58; Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (35 f.); von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1007); Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (594 f.); vgl. auch krit. Ossenbühl, in: Brenner / Huber / Möstl, Festschrift Badura, S. 975, 979, nach welchem so der Ausnahmefall zum Konzept erhoben wird. 196  BVerfGE 81, 310 (332); Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 54; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 88; Niehaus, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 363, 365; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 361. 197  BVerfGE 81, 310 (332). 198  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 68; vgl. auch Janz, JURA  2004, 227 (228). 199  BVerfGE  104, 249 (265 ff.); Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 48. 200  Degenhart, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 421. 201  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 54; Ossenbühl, in: Brenner / Huber / Möstl, Festschrift Badura, S. 975, 981 mit Verweis auf die Reservefunktion der Bundesauftragsverwaltung.



§ 6  Die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung59

Aus der den Ländern unentziehbar zustehenden Wahrnehmungsbefugnis folgt zudem, dass dem Bund ein Selbsteintrittsrecht verwehrt ist.202 Seine Sachentscheidungen müssen stets durch die Länder umgesetzt werden.203 Den Ländern steht auch nach Erlass einer Bundesweisung die alleinige Zuständigkeit zum Verwaltungsvollzug zu, für dessen Fehler sie gegenüber Dritten verantwortlich sind.204 Gleichwohl geht die politische Verantwortung mit der Übernahme der Sachentscheidungsbefugnis durch den Bund auf diesen über. Für die aufgrund der Weisung getroffene Sachentscheidung trägt das Land somit keine Verantwortung, diese trifft auch in finanzieller Hinsicht gemäß Art. 104a Abs. 2, 3 und 5 S. 1  GG größtenteils den Bund.205 Eine Verletzung des Landes in seiner Wahrnehmungskompetenz ist auch im Fall einer inhaltlich rechtswidrigen Weisung ausgeschlossen. Wenn der Bund von seinem Weisungsrecht Gebrauch macht und die ursprüngliche Sachkompetenz des Landes an sich zieht, steht diesem keine Kompetenz mehr zu, welche durch eine Weisung des Bundes verletzt werden könnte. Aufgrund des Auseinanderfallens von Sachentscheidungs- und Wahrnehmungsbefugnis kann somit nur die rechtswidrige Inanspruchnahme des Weisungsrechts selbst eine Rechtsverletzung des Landes begründen.206 Diese Befolgungspflicht auch im Fall rechtswidriger Weisungen des Bundes

202  Dies umfasst auch Handlungen, „die einer rechtsverbindlichen Entscheidung gleichkommen“, vgl. BVerfGE 102, 249 (267); Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 49; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 85 Rn. 2; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 113; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S.  76 f.; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (437); Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  94 (2003), 127 (129, 133). 203  Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 360. 204  Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 93 f., 137; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 361; Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 121 f.; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (430 f.). 205  Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 27; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 17 f.; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 41 f.; ders. AöR 110 (1985), 419 (431); Vgl. auch zur parlamentarischen Verantwortung Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 94 ff.; Isensee, in: Detterbeck /  Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 361. 206  BVerfGE 81, 310 (332  f.), (336 ff.); Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 32; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 138; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 23; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 250; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (443); Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  94 (2003), 127 (137).

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

entspricht dem allgemeinen Zweck des Weisungsrechts, der Durchsetzung der Sachentscheidung des Bundes.207

C. Die Bundesauftragsverwaltung als Mischverwaltung im weiteren Sinne Nach diesem Befund und den Schwierigkeiten seiner rechtlichen Qualifizierung sind der Bundesauftragsverwaltung Elemente einer Mischverwaltung208 oder von Gemeinschaftsaufgaben209 im weiteren Sinne immanent. Unter Mischverwaltung versteht das Bundesverfassungsgericht „jede funktionelle und organisatorische Verflechtung der Verwaltung von Bund und Ländern […] bei der die sachlichen Entscheidungen in einem irgendwie gearteten Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörden getroffen werden.“210 Aus dieser Einordnung ist jedoch noch nicht auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit zu schließen.211 So stellt die Bundesauftragsverwaltung keine Form der unzulässigen Mischverwaltung212 im engeren 207  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 53; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 62. 208  Vgl. dazu Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 83 Rn. 48; Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 83 (3. Ergl. 2001) Rn. 31; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 95 spricht von einer „Verbundverwaltung“ von Bund und Ländern; Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 244, der unter Mischverwaltung jede funktionelle oder organisatorische Verflechtung der Verwaltung von Bund und Ländern versteht; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 453; Sommermann, DVBl. 2001, S. 1549. Vgl. mit Bezug zur Fernstraßenverwaltung auch Bartlsperger, Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung, S. 58 ff. 209  Kölble, in: Hochschule Speyer, Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, S. 17 f.; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 23 ff., insbes. S. 56 und S. 83 ff., der den Verwaltungsvollzug nach Art. 84, 85  GG als „Ausdruck der Verflechtung der Funktionen und der kooperativen Aufgabenstellung in der bundesstaatlichen Struktur des Grundgesetzes“ in den Begriff der Gemeinschaftsaufgaben einbezieht, letztlich aber ablehnt; ebenso ablehnend Klein, in: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, S. 125, insbes. S. 139 ff. 210  BVerfGE 63, 1 (38). 211  Vgl. BVerfGE 63, 1 (38); Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 83 Rn. 49; Bull, in: AK-GG, vor Art. 83 Rn. 40; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 120 ff. 212  Zu dem positivrechtlichen Begriff der „unzulässigen Mischverwaltung“ als „extrakonstitutionelle[r] Kompetenzverschiebung bzw. Kompetenzdurchbrechung“ sowie der „zulässigen Mischverwaltung“, „wenn konkrete Entscheidungen oder Maßnahmen […] unter einer nach Art. 85 Abs. 2 bis  4  GG zulässigen Ingerenz des Bundes zustande kommen“: Bartlsperger, Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung, S. 59, 61.



§ 6  Die Bundesauftragsverwaltung als Landesverwaltung61

Sinne dar.213 Das Bundesverfassungsgericht versteht unter einer unzulässigen Mischverwaltung vielmehr „eine Verwaltungsorganisation, bei der eine Bundesbehörde einer Landesbehörde übergeordnet ist, oder bei der ein Zusammenwirken von Bundes- und Landesbehörden durch Zustimmungserfordernisse erfolgt“214 und dadurch das abschließende System der Verwaltungstypen und Einwirkungsrechte missachtet wird.215 Anders als im Rahmen der Reichsauftragsverwaltung fehlt es bei der Bundesauftragsverwaltung an einer Eingliederung der Länder- in die Bundesverwaltung. Der Einfluss des Bundes beschränkt sich vielmehr auf die Wahrnehmung der Ingerenz­rechte.216 Zwar sehen die Vorschriften der Art. 83  ff. GG eine Differenzierung z­wischen Bundes- und Länderverwaltung vor. Jedoch unterliegen beide Verwaltungsräume im deutschen Bundesstaat keiner strikten Trennung, vielmehr wirken sie auf vielfältige Weise zusammen.217 Dazu gehören unterschiedliche Grade der Kooperation von Formen der formlosen Zusammenarbeit bis zu Formen der verfassungsrechtlich institutionalisierten Verflechtung. Der Begriff der Mischverwaltung dient somit als „Sammelbezeichnung“ verschiedener Formen der Kooperation218, sie werden von den Verwaltungsformen des Grundgesetzes geradezu vorausgesetzt219. Eine auf Konfrontation basierende Verwaltungsführung dürfte nach der verfassungsrechtlichen Konzeption der Bundesauftragsverwaltung nicht praktikabel sein.220 In der Literatur herrscht somit ein unterschiedliches Verständnis von Mischverwaltung vor. So stellen sowohl Formen freiwilliger Kooperation von Bundes- und Länderverwaltung als auch Formen des Zusammenwirkens, in denen der Bund aufgrund seiner Ingerenzrechte die Verwaltungsführung der Länder beaufsichtigen und ggf. auf diese einwirken kann, eine 213  Groß,

in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 83 (3. Ergl. 2001) Rn. 31. 11, 105 (124). Zu den Begrifflichkeiten Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 83 Rn. 47. 215  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 83 Rn. 49 f. 216  Ronellenfitsch, Die Mischverwaltung im Bundesstaat, S. 246. Vgl. auch Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 145. 217  Bull, in: AK-GG, vor Art. 83 Rn. 41; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 83, Rn. 15; Krebs, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 108 Rn. 73, Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417). 218  Krebs, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 108 Rn. 73. 219  Badura, in: Lukes, Neuntes Deutsches Atomrechts-Symposium, S. 87, 89. 220  Badura, in: Lukes, Neuntes Deutsches Atomrechts-Symposium, S. 87, 89 f.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 183. 214  BVerfGE 

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

Mischverwaltung im weiteren Sinne dar.221 Diese können nach ihrer Ausgestaltung und Intensität sehr verschieden sein.222 Diese graduellen Unterschiede von Formen der Mischverwaltung können auch innerhalb eines Verwaltungstyps verwirklicht sein. Während die Zuweisung der Einwirkungsrechte und -grenzen nach den Vorgaben des Art. 85 GG noch verhältnismäßig eindeutig ist223, verwischen die Verantwortungszusammenhänge durch die Kooperation von Bund und Ländern im Rahmen des Gesetzesvollzugs zusehends224.

D. Die Auflösung der Grenzen zu anderen Verwaltungsorganisationsformen Nachdem die Materien der Bundesauftragsverwaltung über die Jahre stetig erweitert wurden, ist auch eine praktische Ausweitung dieser Organisationsform zu beobachten. Diese Erweiterung der Handlungsformen über die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinaus ist in der Staatspraxis allgemein zu beobachten.225 So gibt es zahlreiche Hinweise in der Literatur, dass die Bundesauftragsverwaltung in der Verwaltungspraxis zunehmend nicht mehr in ihrer verfassungsrechtlich vorgegebenen „Reinform“ angetroffen wird. Kölble226 führt an, dass „in der Staatspraxis […] weit weniger dirigiert und weit mehr kooperiert [wird], als es nach dem Wortlaut des Art. 85 GG den Anschein hat“. Bereits Hesse227 wies 1962 auf gewisse „Auswüchse“ in der Verwaltungspraxis hin. So koordinierten die Bundesministerien durch Rundschreiben den Verwaltungsvollzug, bemühten sich um eine einheitliche Interpretation der Bundesregelungen bei den Obersten Landesbehörden oder gäben Empfehlungen für eine bestimmte Ermessensausübung. Diese Maßnahmen bezeichnete Hesse als „parakonstitutionelle Bundeseinflüsse“, welche neben die Ausnutzung der geschriebenen Bundeszuständigkeiten träten. 221  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 451 f. Vgl. auch Bull, in: AK-GG, vor Art. 83 Rn. 45. 222  Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (419). 223  Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hat hier jedoch einige Weiterentwicklungen vorgenommen, vgl. BVerfGE  104, 249 ff. – Biblis  A –; 126, 77 ff. – Luftsicherheit –. 224  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 451; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 43. 225  Vgl. Kirchhof, in: Isensee / ders., Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 99 Rn. 66. 226  In: Hochschule Speyer, Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, S. 17, 21. 227  Der unitarische Bundesstaat, S. 18.



§ 7  Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus  63

Ebenso betonte Köttgen228, dass die Verwaltungspraxis die ihr gebotenen Möglichkeiten im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung sehr unterschiedlich ausgefüllt habe und sich daraus eine große Variationsbreite ihrer Organisationsformen entwickelt habe. Ferner sah er voraus, dass sich diese Tendenz (heute unter anderem in der Form des Vollzugs der Geldleistungsgesetze) fortsetzen würde. Gegen diese Vielfalt der Formen des Gesetzesvollzugs hatte er, eine „gegenständliche Trennschärfe vorausgesetzt“, jedoch nichts einzuwenden. Ferner konstatierte Tiemann229, dass koordinierende Verfahren das Bild des Verwaltungstyps der Bundesauftragsverwaltung verändern. Schließlich stellte auch Maunz230 nach knapp 30-jährigem Bestehen des Grundgesetzes fest, dass die Bundesauftragsverwaltung, welcher zunächst kaum Bedeutung beigemessen wurde, sich zur „Einbruchstelle für mancherlei Einflüsse des Bundes auf die Landesverwaltung“ entwickelt hat, wodurch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Verwaltungstypen geringer werden.

§ 7  Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus Die beschriebene Entwicklung der Bundesauftragsverwaltung muss vor dem Hintergrund des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland gesehen werden. Für ihre nähere Ausgestaltung ist somit von Bedeutung, wie sich dieses System darstellt. Grundsätzlich zeichnet sich das Grundgesetz durch eine deutliche Trennung der staatlichen Kompetenzen zwischen Bund und Ländern aus. Jedoch hat sich bereits sehr früh das Verständnis des kooperativen gegenüber dem kompetitiven Föderalismus durchgesetzt231 und zahlreiche Verflechtungen zwischen Bund und Ländern hervorgebracht232. So ist es geradezu Merkmal moderner Verwaltungsstruktur, dass sie sich zur Ergänzung formaler Organisationsvorgaben koordinierender und kooperativer Regelungsmuster bedient.233 Sowohl unter den Ländern als 228  JÖR

N.F.  11 (1962), 173 (235). von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S.  90 f. 230  In: Schmitt Glaeser, Verwaltungsverfahren, S. 95, 99 f. 231  Zu den Anfängen der Begriffs Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 20 f. 232  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 29. 233  Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 15 f.; vgl. auch Isensee, in: ders. / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 126 Rn. 233. 229  Gemeinschaftsaufgaben

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

auch zwischen Bund und Ländern hat sich daher eine stetige Zusammenarbeit etabliert. Dieses Föderalismusverständnis lag auch dem sog. „TroegerGutachten“234 zugrunde, welches als ein Instrument des kooperativen Föderalismus die Erweiterung der Materien der Bundesauftragsverwaltung um den Vollzug der Geldleistungsgesetze vorsah.235

A. Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung Um die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung mit diesem Verständnis des Föderalismus in Beziehung zu setzen und Wechselwirkungen zu erklären, soll zunächst eine Erläuterung des zugrunde gelegten Verständnisses eines kooperativen Föderalismus erfolgen. I. Begriffsbestimmung Die Begriffe des kooperativen Föderalismus bzw. der Politikverflechtung bezeichnen Verschränkungen der Befugnisse von Bund und Ländern.236 Dies ist eine typische Erscheinung föderativer Systeme, in welchen Bund und Länder bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben auf eine Zusammenarbeit angewiesen sind.237 In der Literatur werden unter diesem Modell zumeist die klassische Mischverwaltung zwischen Bund und Ländern, z. B. in Form der Gemeinschaftsaufgaben gemäß Art. 91a GG oder Investitionshilfen gemäß Art. 104a Abs. 4  GG238 oder die vertragsförmige Kooperation durch Verwaltungsabkommen239, aber auch vielfältige Formen von Kooperationsgremien240 diskutiert. 234  Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, Tz. 73 ff. insbes. Tz. 76, welches mit dem Satz „Der Föderalismus unserer Zeit kann deshalb nur ein kooperativer Föderalismus sein.“ endet. 235  Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, Tz. 121 ff.; vgl. auch Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 22; Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 74 f.; Kewenig, AöR  93 (1968), S. 433. 236  Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165; vgl. auch m. w. N. Böckenförde, in: Jekewitz / Melzer / Zeh, Politik als gelebte Verfassung, S. 182. Grundlegend hierzu Scharpf / Reissert / Schnabel, Politikverflechtung. 237  Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 20 f.; Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165; Kropp, Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung, S. 9 f. 238  Hierzu Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 280  ff.; Ganser, in: Hesse, Poli­tikverflechtung im föderativen Staat, S. 45, 49 f. 239  Grawert, Verwaltungsabkommen zwischen Bund und Ländern in der Bundesrepublik Deutschland.



§ 7  Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus  65

Der Begriff des kooperativen Föderalismus geht auf den aus der amerikanischen Staatsrechtslehre entlehnten Begriff des cooperative federalism als gemeinsame Aufgabenwahrnehmung und damit einhergehende Verschränkung von Zentral- und Gliedstaaten zurück.241 Anders als in den Vereinigten Staaten von Amerika zeichnet sich der deutsche Föderalismus jedoch nicht durch eine strikte Trennung von zentraler und gliedstaatlicher Ebene aus.242 Vielmehr wird die Trennung der Staatsräume durch Einwirkungsrechte so modifiziert, dass sich die deutsche Verwaltung eher als Verbundsystem darstellt. Die Kooperation zwischen Bund und Ländern erscheint somit geradezu als Wesensmerkmal der deutschen Verwaltungsorganisation.243 240

Die Bezeichnung des kooperativen Föderalismus bezieht sich auf die dem Grunde nach freiwillige Zusammenarbeit von Bund und Ländern, während die Politikverflechtung Entscheidungsstrukturen beschreibt, in denen die Zusammenarbeit der staatlichen Ebenen verfassungsrechtlich vorgeschrieben ist.244 Freiwillige Kooperationen finden sich somit zumeist auf der Ebene der Exekutive.245 Die Formen des Zusammenwirkens sind dabei vielfältig. Der kooperative Föderalismus zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er eine Zusammenarbeit unter dem Niveau formalisierter, verfassungsrechtlich vorgegebener Verflechtungen ermöglicht und diese somit ergänzt.246 Dadurch wird eine Abgrenzung erschwert, weshalb die Begriffe teilweise austauschbar sind.247 Daneben existiert als weitere Form der Kooperation die horizontale Zusammenarbeit der Länder untereinander, welche als „Dritte Ebene“ bezeichnet wird.248 Diese Zusammenarbeit der Länder ist nicht im Grundgesetz angelegt, jedoch historisch tradiert.249 Die über die Verfassung hinausgehende Zusammenarbeit von Bund und Ländern wird hingegen als „Vierte Ebene“ bezeichnet.250 240  Ossenbühl,

DVBl. 1989, 1230 (1234). Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 20; Laufer, Der Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland, S. 93; Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 74; Kewenig, AöR 93 (1968), 433 f., insbes. S. 439 ff. 242  Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1550). 243  Püttner, Verwaltungslehre, § 3 Rn. 11. 244  Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 75; Kropp, Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung, S. 10 f. 245  Kropp, Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung, S. 12. 246  Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, S. 63. 247  Kropp, Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung, S. 10 f. 248  Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 172; Kropp, Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung, S. 11 f. 249  Ossenbühl, DVBl. 1989, 1230 (1234). 250  Kropp, Kooperativer Föderalismus und Politikverflechtung, S. 12; Ossenbühl, DVBl. 1989, 1230 (1234). 241  Tiemann,

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

II. Ursachen der Verwaltungsverflechtung im Bundesstaat Die Ursachen für eine Verschränkung der Verwaltungsträger liegen in den Strukturmerkmalen des Grundgesetzes begründet. Sie führen neben einer Koordinierung der Verwaltungstätigkeit von Bund und Ländern auch zu einer gewissen Vereinheitlichung bzw. Unitarisierung staatlichen Handelns. 1. Die Verschränkung der Verwaltungskompetenzen in der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes Obwohl das Grundgesetz eine getrennte Staatlichkeit von Bund und Ländern vorsieht, sind bereits in der Kompetenzordnung Aspekte einer Verflechtung der Verwaltungsebenen (sog. Verwaltungsföderalismus) ersichtlich. Diese wird vor allem durch die mit der bundesstaatlichen Ordnung einhergehende Aufteilung der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen auf verschiedene Hoheitsträger und somit der „institutionellen Struktur des föderativen Systems“ bedingt, welche auf Kompromisse zwischen Bund und Ländern angelegt ist.251 So wird die Einheitlichkeit von Verwaltungsentscheidungen im bundesstaatlichen Verwaltungsgefüge vor allem und zunächst über die Bindung der Länder an eine überwiegend bundeseinheitliche Gesetzgebung gewährleistet.252 Auf dem Gebiet der Legislative ist die Beteiligung der Länder verfassungsrechtlich durch den Bundesrat abgesichert. Über diesen sollen vornehmlich Verwaltungsinteressen und ‑erfahrungen der Länder in den Gesetzgebungsprozess eingebracht werden.253 Der Bundesrat stellt sich somit als „zentrale Einrichtung der Verwaltungsverflechtung“ dar.254 Durch die Beteiligung des Bundesrates am Gesetzgebungsprozess 251  So Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S.  165 ff. Vgl. auch Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 27; Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 69; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 24 spricht von einer „inkongruenten Kompetenzverteilung“. Rudolf, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 141 Rn. 22 spricht hinsichtlich der Einwirkungsrecht des Bundes auf die Länder von einer „direktive[n] Koordination“ im Gegensatz zur kooperativen Koordination, welche nicht nur dort praktiziert wird, wo direktive Koordination fehlt, sondern auch in deren Vorfeld. 252  Bryde, Die Einheit der Verwaltung als Rechtsproblem, VVDStRL  46 (1988), S. 181, 190. 253  Statt vieler Laufer, Der Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland, S. 73. Vgl. hierzu auch bei § 17 A. II. 1. c). 254  Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 169 f.; vgl. auch Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 70.



§ 7  Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus  67

werden die Verwaltungen der Länder über Gesetzgebungsvorhaben des Bundes informiert, welcher im Rahmen der Gesetzesvorbereitung ebenso von den praktischen Erfahrungen der Vollzugsbehörden profitiert.255 Die durch dieses Organ bedingte Notwendigkeit politischen Konsenses sichert die politische Stabilität des Bundesstaates.256 Jedoch hat sich insbesondere mit der Ausweitung seiner Zuständigkeiten auch die Funktion des Bundesrates hin zu einem politischen Organ bzw. Länderparlament gewandelt.257 Zudem ist das Verfahren der Länderbeteiligung über den Bundesrat stark formalisiert, sodass es den Anforderungen an eine flexible Zusammenarbeit nicht mehr genügt.258 Während die Länder im Rahmen der Bundesratsbeteiligung nur über abgestufte Mitwirkungsrechte verfügen, zeigt sich ihre Macht vornehmlich auf dem Gebiet der Verwaltung, weshalb auch von einem Verwaltungs- oder Exekutivföderalismus gesprochen wird.259 Hier beruht die Verflechtung auf den in Art. 84 f.  GG normierten Einwirkungsrechten des Bundes auf die Verwaltungsführung der Länder. Die Einheitlichkeit des Vollzugs wird sowohl im Rahmen der landeseigenen Verwaltung, stärker hingegen noch im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, durch allgemeine Verwaltungsvorschriften und Weisungen des Bundes gewährleistet. Diese versetzen den Bund in die Lage, wesentliche Vollzugsunterschiede durch den Einsatz der Ingerenzrechte zu verhindern und den Vollzug zu harmonisieren.260 Die Eindämmung der verfassungsrechtlich vorgesehenen Verflechtung der Verwaltungsträger war ein Hauptanliegen der Föderalismusreform I.261 An255  Benz,

178.

in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165,

256  Ossenbühl,

DVBl. 1989, 1230 (1235). in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 169; Ossenbühl, DVBl. 1989, 1230 (1235). 258  Laufer, Der Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland, S. 99. 259  Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165; Ossenbühl, DVBl. 1989, 1230 (1235); vgl. auch Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 30 f. 260  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 146; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 182; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 31. 261  Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.8.2006 (BGBl. I S. 2034). Vgl. Germann, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, Einführung und Kommentierung, Art. 84, 85  GG Rn. 10 f.; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 32 f. 257  Benz,

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

ders als die Zustimmungsvorbehalte, insbesondere im Rahmen des Art. 84 Abs. 1 GG, blieb die Vorschrift des Art. 85 GG mit Ausnahme der Regelung über den Durchgriff auf Kommunen in Absatz 1 Satz 2262 unverändert. Die Verflechtungen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, welche weniger offen zu Tage treten als die im Rahmen des Art. 84 Abs. 1  GG, wurden zuvor im Rahmen der Reformüberlegungen kaum kritisiert. Über die verfassungsrechtlich vorgesehenen begrenzten Einwirkungsrechte hinaus ist eine Vereinheitlichung der Verwaltungsentscheidungen nur über eine freiwillige Kooperation von Bundes- und Länderebene zu verwirklichen.263 Diese bietet über die verfassungsrechtlichen Vorgaben hinausgehende Möglichkeiten der Konfliktlösung zwischen den föderalen Partnern.264 So wurde die Wahrnehmung der Interessen der Länderverwaltungen bereits vom Bundesrat in den Rahmen von Bund-Länder-Tagungen verlagert.265 Inwieweit diese freiwillige Kooperation das Bundesstaatssystem bis heute beeinflusst hat, ist empirisch jedoch schwer zu bemessen.266 2. Der Einfluss des Sozialstaatsprinzips sowie des Gleichbehandlungsgrundsatzes Während die Ursachen der Verflechtung trotz des bundesstaatlichen Prinzips bereits in der Kompetenzordnung des Grundgesetzes selbst angelegt sind, werden sie zudem durch weitere unitarisierende Aspekte verstärkt. So kommt auch dem Sozialstaatsgebot der Art. 20 Abs. 1, 28 Abs. 1 S. 1 GG sowie dem Postulat der Gleichwertigkeit bzw. Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet eine unitarisierende Wirkung zu, welche ebenfalls eine Koordinierung der Verwaltungsträger im Bundesstaat notwendig macht.267 Nach letzterem sind wesentliche Unterschiede bei der Wahrnehmung staatlicher Aufgaben durch die Länder trotz ihrer Eigenstaatlichkeit schwer hinnehmbar.268 Das Sozialstaatsprinzip, verstanden als größtmögliche 262  Vgl. dazu Germann, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, Einführung und Kommentierung, Art. 84, 85  GG Rn. 104 ff. 263  Bryde, Die Einheit der Verwaltung als Rechtsproblem, VVDStRL  46 (1988), S. 181, 190. 264  Fröchling, Der Bundesrat in der Koordinierungspraxis von Bund und Ländern, S. 71; Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 179. 265  Dazu Laufer, Der Föderalismus der Bundesrepublik Deutschland, S. 104 f. 266  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 456. 267  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 144 ff.; vgl. auch Böckenförde, in: Jekewitz / Melzer / Zeh, Politik als gelebte Verfassung, S. 182. 268  Fröchling, Der Bundesrat in der Koordinierungspraxis von Bund und Ländern, S. 71; Dittmann, in: Maurer, Das akzeptierte Grundgesetz, S. 221 f.; Benz, in:



§ 7  Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus  69

Unitarisierung und Homogenisierung, auch im Rahmen der Verwaltungsführung, steht somit im Gegensatz zum Prinzip der Bundesstaatlichkeit, welches auf die Bewahrung der Vielfalt der Länder ausgelegt ist.269 Bereits im Rahmen der Großen Finanzreform von 1969 wurde erkannt, dass das Ungleichheiten implizierende Föderalismusprinzip „zunehmend durch Forderungen des modernen Sozialstaats überlagert“ wird. So wird regelmäßig vom Bund erwartet, dass er die Erfüllung wichtiger Aufgaben übernimmt.270 Der Sozialstaat wird so zunehmend zum „Schrittmacher des Einheitsstaats“271 und bedingt eine Koordinierung über die Ländergrenzen hinweg272. Durch die kooperative Aufgabenwahrnehmung erfolgt somit eine Anpassung des bundesstaatlichen Systems an die Anforderungen des modernen Sozialstaats.273 Neben dem Einfluss des Sozialstaatsprinzips wird die Verwaltungskooperation durch eine zunehmende Betonung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art. 3 Abs. 1 GG bedingt. Dieser dient im Rahmen des Grundrechtsschutzes als Mittel der Vereinheitlichung des Verwaltungshandelns.274 Auch er steht im Gegensatz zur bundesstaatlichen Ordnung, welche Unterschiede im Verwaltungsvollzug der Länder bewusst in Kauf nimmt.275 Zwar wirkt der Gleichheitssatz nicht über die Grenzen der Länder hinaus, sodass ein Anspruch auf Gleichbehandlung jeweils nur gegenüber derselben staatlichen Ebene besteht. Dies widerspricht jedoch den Erwartungen der Bürger und auch dem föderalen Prinzip der Bundesrepublik, welches nicht dazu dient, Vollzugsunterschiede zu provozieren.276 So erkennt auch das Bundesverfassungsgericht im Rahmen des Ländervollzugs eine grundgesetzliche Pflicht zum im Wesentlichen einheitlichen Vollzug der Bundesgesetze an und trägt damit zu einer zunehmenden Unitarisierung des Verwaltungsvollzugs bei.277 König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 167, 179; Isensee, in: ders. / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 126 Rn. 269 ff. 269  Dittmann, in: Maurer, Das akzeptierte Grundgesetz, S. 221 f., 226 f., 230 f.; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 470. 270  Kommission für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, Tz. 74. 271  Köttgen, in: Achinger u. a., Neue Wege der Fürsorge, 19 (23); in dieser Schärfe ablehnend Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 148. 272  Hesse, in: Ritterspach / Geiger, Festschrift Müller, S. 141, 144. 273  Hesse, in: Ritterspach / Geiger, Festschrift Müller, S. 141, 144. 274  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 426 f. 275  Lhotta, in: Decker, Föderalismus an der Wegscheide?, S. 149, 158. 276  Vgl. Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 25 ff. 277  BVerfGE 11, 6 (18): „[D]ie Übertragung der verwaltungsmäßigen Ausführung von Bundesgesetzen […] auf die Länder führt nur dann zu sinnvollen Ergebnissen, wenn trotz getrennten Ländervollzugs eine im wesentlichen einheitliche Verwaltungspraxis gewährleistet ist.“. Ebenso Dittmann, in: Maurer, Das akzeptierte Grundgesetz, S. 230 mit Verweis auf BVerfGE 11, 6 (18); 76, 1 (73, 77 f.); Oeter, Integ-

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

Demnach muss sich die einheitliche Geltung der Bundesgesetze im Verwaltungsvollzug fortsetzen.278 Die Effektivität des Grundrechtsschutzes hat daher Vorrang vor der Eigenstaatlichkeit der Länder und steht einer wesentlich uneinheitlichen Verwaltungstätigkeit unter den Ländern entgegen.279

B. Verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Verwaltungsverflechtung Die Praxis der Verwaltungskoordination schafft Tatsachen, welche sich an den Vorgaben der Verfassung messen lassen müssen. Über die normierten Einwirkungsrechte hinaus gibt es jedoch kaum verfassungsrechtliche Vorgaben einer Kooperation.280 Die verfassungsrechtlichen Einwirkungsrechte sind daher – sofern sie nicht als abschließend zu verstehen sind – auf eine Ergänzung angewiesen.281 So wird die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Informationsaustauschs und der formlosen Absprachen zwischen Bund und Ländern aufgrund ihrer verwaltungstechnischen Zweckmäßigkeit heute überwiegend als unproblematisch bejaht.282 Angesichts der im Grundgesetz vorgesehenen Kooperationsformen stellt sich nicht die Frage nach der Zulässigkeit von Kooperationen an sich, sondern lediglich der Trennung zulässiger von unzulässigen Formen.283 Die Frage der Zulässigkeit nicht geregelter Kooperation richtet sich nach Krebs284 nach „Gewicht und Bedeutung ration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 429 f.; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 145. 278  BVerfGE 11, 6 (18); Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 429 f. 279  So Lhotta, in: Decker, Föderalismus an der Wegscheide?, S. 149, 158 mit Verweis auf das erste Numerus Clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 33, 303 ff. 280  Rudolf, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 141 Rn. 25 ff. 281  Hermes, in: Koch  u. a., 11.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 356 f.; Kirchhof, in: Isensee / ders., Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 99 Rn. 200; vgl. auch Isensee, in: ders. / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 126 Rn. 233, der vom Bundesstaat als „unfertige[n] Staat“ spricht, welcher auf eine Fortführung angewiesen sei und der im kooperativen Föderalismus einen notwendigen Prozess zur Herstellung gesamtstaatlicher Einheit sieht. 282  So Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 452; vgl. auch Hermes, in: Koch u. a., 11. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 358; ablehnend Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 90 ff. 283  Kisker, Kooperation im Bundesstaat, S. 166 ff.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 9; vgl. speziell für die Fernstraßenverwaltung Bartlsperger, Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung, S.  59 f. 284  In: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 108 Rn. 74.



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des jeweiligen Interaktionsgefüges“ zwischen Bund und Ländern. Oeter285 stellt für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der „vielfältigen Ausdrucksformen des ‚Kooperativen Föderalismus‘ “ hingegen darauf ab, ob von der Kooperation „kein wirklicher rechtlicher Bindungseffekt ausgeht“. Problematisch werde diese nur, wenn durch Verzahnungen institutioneller Art Kompetenzverschiebungen im Entscheidungsgefüge von Bundes- und Landesbehörden entstehen, die der Disposition der beteiligten Stellen entzogen und dem verfassungsändernden Gesetzgeber vorbehalten sind.286 Die Kooperation zwischen Bund und Ländern darf die Vorgaben der Verfassung ergänzen, diese jedoch nicht verdrängen oder verändern.287 Bartlsperger288 will ein Zusammenwirken demgegenüber auf „extrakonstitutionelle[…] Kompetenzverschiebungen bzw. Kompetenzbrechungen […] überprüfen“. So gehört es seit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts über das Schornsteinfegerwesen289 zu den Grundlagen des Staatsorganisationsrechts, dass die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern in Art. 83 ff. GG unabdingbares Recht darstellen290 und aufgrund ihres zwingenden Charakters weder durch einfaches Gesetz noch durch vertragliche Bestimmungen abänderbar sind291. Demnach sind Formen der Kooperation verfassungswidrig, wenn sie zwingende Organisations- und Kompetenznormen missachten.292 Die Grenze der verfassungsrechtlich unbedenklichen Kooperation wird überschritten, wenn über Anordnungsbefugnisse oder Zustimmungserfordernisse eine Eingliederung der Landes- in die Bundesverwaltung geschaffen wird, die verfassungsrechtlich nicht vorgesehen ist.293 Zudem muss eine klare Zuordnung der Verwaltungsverantwortlichkeit gewährleistet werden. Entsprechend dem Gebot optimaler Verwaltungsorganisation können jedoch verwaltungsökonomische Gesichtspunkte auch eine andere, atypische Form der Verwaltungsführung rechtfertigen.294 Trotz des „Numerus Clausus 285  Integration

und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 452. Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 452 f. 287  Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 16; Kirchhof, in: Isensee / ders., Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 99 Rn. 200. 288  Das Fernstraßenwesen in seiner verfassungsrechtlichen Konstituierung, S. 60. 289  BVerfGE  63, 1 (40 f.). 290  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 453; Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417). 291  Krebs, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 108 Rn. 74; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 2; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 360. 292  BVerfGE 63, 1, (37 ff.). 293  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 454. 294  Krebs, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 108 Rn. 90 im Anschluss an BVerfGE  63, 1 (34 ff.). 286  Oeter,

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

der Verwaltungstypen“ verbleiben daher vielfältige Möglichkeiten, weitere Formen der Kooperation zwischen Bund und Ländern einzugehen.295 Auch Lerche296 hält diese „Mischformen“, welche beim Gesetzesvollzug eine gewisse Flexibilität gewährleisten, unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen der einzelnen Verwaltungstypen für zulässig. Gleichwohl stellt er in Anlehnung an das Bundesverfassungsgericht fest, dass die Verwaltungspraxis den Verwaltungstyp der Bundesauftragsverwaltung in seinen verfassungsrechtlich festgelegten Strukturen, auch im Vereinbarungswege, nicht verändern oder abwandeln dürfe. Bund und Ländern komme jedoch ein Spielraum bei der näheren Ausgestaltung des Verwaltungstyps zu.297 Bislang hatte das Bundesverfassungsgericht nicht die Gelegenheit, das Geflecht der Verwaltungsstrukturen und die vielfältigen Formen der Verwaltungszusammenarbeit zwischen Bund und Ländern umfassend zu beurteilen.298 Auch die verfassungsrechtlichen Grenzen der zunehmenden Kooperation sind derzeit noch nicht abschließend bestimmt.299 Die letzte Entscheidung hierzu betraf die Einrichtungen von Arbeitsgemeinschaften zwischen der Agentur für Arbeit und den Kommunen im Rahmen der Verwaltung der Grundsicherungsleistungen für Arbeitssuchende nach dem SGB II (sog. Arbeitslosengeld II-Leistungen bzw. Hartz IV).300 Darin stellte das Bundesverfassungsgericht erneut klar, dass neben den bereits in Art. 83 ff. GG normierten Einwirkungsrechten weitere Einflussrechte zugunsten des Bundes auf die Länderverwaltungen ausgeschlossen sind. Hingegen erkannte es zugleich an, „dass die Verwaltungsbereiche von Bund und Ländern in der Verfassung [aufgrund der normierten Einwirkungsrechte] nicht starr voneinander geschieden sind [und so] ein Zusammenwirken von Bund und Ländern bei der Verwaltung in vielfältiger Form vorgesehen“ ist.301 Damit scheint das Bundesverfassungsgericht dem Bedürfnis der Verwaltung, auf die Herausforderungen des modernen Staatswesens flexibel reagieren zu können, Rechnung tragen zu wollen.

295  Krebs, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 108 Rn. 74, Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417, 419). 296  In: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 24. 297  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 12. 298  Vgl. Klein, in: Stark, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz II, S. 277 f., 286 f. 299  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 582. 300  BVerfGE 119, 331 ff. 301  BVerfGE 119, 331 (365) mit Verweis auf BVerfGE 63, 1 (38 ff.).



§ 7  Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus  73

C. Kooperative Verwaltungspraxis im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Die beschriebenen Formen der Kooperation von Verwaltungsträgern finden sich im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung in unterschiedlicher Ausprägung wieder.302 Aufgrund der Weisungs- und Aufsichtsbefugnisse des Bundes gegenüber der für den Verwaltungsvollzug verantwortlichen Landesverwaltung stellt sich die Bundesauftragsverwaltung zunächst als Form hierarchischer Verflechtung dar, in der eine direktive Koordination durch den Bund erfolgt.303 Darüber hinaus bewirkt auch das Zustimmungserfordernis des Art. 85 Abs. 2 GG eine Kooperation von Bund und Ländern, ohne dass hierdurch eine Mischverwaltung im engeren Sinne geschaffen wird.304 Jedoch weist die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung auch eine gewisse Gestaltungsoffenheit auf. Das Grundgesetz eröffnet ihr „einen Rahmen, der einerseits aufgabenspezifisch auszufüllen ist, der aber andererseits auch Raum für verschiedene ‚Grundphilosophien‘ für das Zusammenwirken von Bund und Ländern lässt“.305 Damit steht es alternativen Regelungsformen nicht entgegen.306 So haben sich abseits der verfassungsrechtlich vorgesehenen Kooperationsformen von Bund und Ländern in der Verwaltungspraxis weitere Formen der Zusammenarbeit von Bund und Ländern etabliert. Die verfassungsrechtlich umfassend ausgestalteten Einwirkungsrechte des Bundes werden daher praktisch nur als Informations- und Beratungsrechte genutzt. Dabei verzichtet der Bund größtenteils auf den Einsatz der Einwirkungsrechte und bedient sich stattdessen gemeinsam mit den Ländern erarbeiteter Richtlinien und Vereinbarungen.307 Konflikte zwischen Bundes- und Landesbehörden werden so zumeist im Verhandlungswege gelöst.308 Die bislang verfügbare Literatur legt somit nahe, dass die Realität 302  Vgl. schon früh Haussleiter, DÖV 1950, 5 f. zur Bundesauftragsverwaltung als „koordinierte[n] Verwaltung“. 303  Kisker, in: Hesse, Politikverflechtung im föderativen Staat, S. 21, 26; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 spricht von einer „Form der Politikverflechtung im Mehr­ ebenensystem“. 304  Pieper, Aufsicht, S. 20. 305  Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 37. 306  Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 37; vgl. auch Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 225. 307  Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 89 f.; Kölble, Entwicklung der Bundesaufgaben und ihrer Finanzierung im Hinblick auf das Grundgesetz, S. 41, 53. 308  Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 171.

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Kap. 2: Die Bundesauftragsverwaltung im föderativen Gefüge

der nach der Verfassung zentralen Aufsichts- und Kontrollbefugnisse in der Bundesauftragsverwaltung gerade nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht, sondern durch die weitgehende Kooperation und Koordinierung zwischen Bundes- und Landesbehörden bestimmt wird.309 Im Rahmen der Steuerverwaltung ist seit der Reform der Finanzverfassung eine kooperative Form des Vollzugs der Steuergesetze in Art. 108 Abs. 4  GG explizit vorgesehen310 und verfassungsgerichtlich bekräftigt311. Die verfassungsrechtlich vorgegebene Verflechtung von Bund und Ländern bedingt im Zusammenspiel mit den kooperativen Elementen der Verwaltungszusammenarbeit eine neue Form der Bundesauftragsverwaltung, welche auf einer konsensorientierten und kooperativen Zusammenarbeit von Bund und Ländern basiert.312 Diese wurden bislang jedoch nicht umfassend untersucht und rechtlich bewertet. Folglich sind auch Art und Ausmaß kooperativer Verwaltungsstrukturen zwischen Bund und Ländern bislang nicht bekannt. In der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts finden sich zu den Formen extrakonstitutioneller Kooperationen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung im Kalkar II-313 und im Biblis A-Urteil314 lediglich einige Hinweise, welche sich jedoch vornehmlich auf die Kooperation zwischen Bund und Dritten beziehen. Auch im Rahmen des Beschlusses zur Kompetenz zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2  GG315, waren kooperative Regelungsinstrumente nur am Rande Gegenstand der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung. Die Möglichkeit einer Koordinierung wird jedoch auch im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung für zulässig erachtet, soweit verfassungsrechtliche Vorgaben nicht entgegenstehen.316 Insbesondere im Rahmen des Vollzugs der Geldleistungsgesetze nach Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG kommt es durch die dort bestehenden Unitarisie309  Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 89 f.; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 44 f.; Benz, in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 171 f. 310  Vgl. Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 41, dazu unter § 18 A. I. 311  BVerfGE 106, 1 (21, 26). 312  Vgl. dazu Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 36, der auch in Ansehung der Ingerenzrechte des Bundes statt von einer Konflikt- von einer Konsensverwaltung spricht. 313  BVerfGE 81, 310 ff. 314  BVerfGE  104, 249 ff. 315  BVerfGE  100, 249 (258 ff.). 316  Fröchling, Der Bundesrat in der Koordinierungspraxis von Bund und Ländern, S.  79 f.



§ 7  Die Bundesauftragsverwaltung als Beispiel kooperativen Föderalismus  75

rungstendenzen zu einer Verstärkung der ohnehin bestehenden Verwaltungsverflechtung.

D. Neue Formen exekutiver Normsetzung Mit der erweiterten Zusammenarbeit von Bund und Ländern gehen auch neue Formen exekutiver Normsetzung einher. Diese haben sich insbesondere im Sozialrecht entwickelt, sind aber auch anderen Bereichen nicht unbekannt.317 Indem Regelungen vermehrt in Mechanismen verankert werden, welche sich nicht mehr in die bekannten Regelungsformen der Verwaltung einordnen lassen318, verlieren die klassischen Regelungsinstrumente zunehmend ihre „dominierende Funktion“319. Grund für diese Variationen ist die Tatsache, dass die klassischen Rechtsquellen der Verwaltung – im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung vor allem der Erlass von Verwaltungsvorschriften unter Zustimmung des Bundesrates – dem flexiblen Regulierungs- und Steuerungsbedarf der Verwaltungspraxis des modernen Sozialstaates nicht mehr genügen.320 Aufgrund ihrer Schwerfälligkeit stehen sie einer effektiven Umsetzung in der Praxis entgegen321, sodass die Exekutive über die gesetzlich vorgesehenen Steuerungsinstrumente hinaus neue Regelungsformen entwickelt. Dabei stehen vor allem pragmatische Erwägungen im Vordergrund, wodurch die Beachtung verfassungsrechtlicher Prinzipien und Vorgaben in den Hintergrund tritt.322 Schwierigkeiten ergeben sich jedoch hinsichtlich der rechtlichen Qualifizierung dieser Steuerungsinstrumente. Fraglich ist, ob sie als Variationen der bekannten Regelungsformen einzuordnen sind.323 Insofern stellt sich auch die Frage nach ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit. Denn trotz mehrerer Verfassungsreformen wurde die Frage der Angemessenheit der klassischen Regelungsmechanismen und damit zusammenhängend der Notwendigkeit einer Überarbeitung nicht gestellt. Gleichwohl handelt es sich hierbei um eine für die Staatspraxis grundlegende Frage, die auf der Ebene 317  Vgl. hierzu insbesondere Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 7; Möstl, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 9. 318  Möstl, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 19 Rn. 9. 319  Ossenbühl, NZS  1997, 497. 320  Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 7; Ossenbühl, NZS  1997, 497. 321  Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 7. 322  Ossenbühl, NZS  1997, 497. 323  Vgl. auch Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 6.

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

des Verfassungsrechts zu erörtern ist. Stattdessen weicht die Verwaltungspraxis mit der Schaffung neuer Steuerungsmittel in einen rechtlichen Graubereich aus.324 Kapitel 3

Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung nach dem Grundgesetz An dieser Stelle soll die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung dargestellt werden. Zunächst soll dazu ein kurzer Überblick über die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 85 GG gegeben werden, insbesondere über die Ausgestaltung der charakteristischen Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes. Die Regelung des Art. 85 GG stellt insofern das „Leitbild des Verwaltungstyps“325 der Bundesauftragsverwaltung dar. In ihm ist der verfassungspolitische Gedanke, die Verwaltungstätigkeit bei den Länderbehörden zu belassen, dem Bundeswillen jedoch stets zur Durchsetzung zu verhelfen, verankert.326 Seit seinem Inkrafttreten blieb Art. 85 GG mit Ausnahme der Ergänzung des Durchgriffsverbots auf die kommunale Ebene in Absatz 1 Satz 2327 unverändert.

§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes Durch die dem Bund in Art. 85 GG, ebenso wie in Art. 84 GG, gewährten Einwirkungsrechte wird die Eigenständigkeit der Länder erheblich gemindert.328 Ihretwegen wird häufig von einer Über- bzw. Unterordnung im Bund-Länder-Verhältnis gesprochen.329 Der Binnensystematik der Vorschrift folgend sollen die Einwirkungsrechte hier vorgestellt werden. Während Absatz 1 Satz 1 dem Bundesgesetzgeber die Möglichkeit zur Regelung der Aufbau- und Ablauforganisation in der Länderverwaltung zuweist, gewähren Absatz  2 bis  4 dem Bund weitere 324  Ossenbühl,

NZS  1997, 497 (503). Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 115. 326  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 15; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 32 f. Vgl. auch Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 1 und 6. 327  Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28.8.2006 (BGBl. I S. 2034). 328  Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 2; Janz, JURA  2004, 227 (228). 329  Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 2. 325  Wolst,



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes77

Einwirkungsrechte in den Verwaltungsvollzug der Länder.330 Während Art. 85 Abs. 1 GG somit die formellen Vorgaben der Bundesauftragsverwaltung durch den Bund betrifft, regeln die übrigen Vorgaben die Einflussmöglichkeiten auf die materielle Rechtsanwendung.331 Insgesamt ist somit das Steuerungsvermögen des Bundes in diesem Verwaltungstyp sehr ausgeprägt.332 Die Ingerenzrechte sind somit Ausdruck „eine[r] unitarisierende[n] Korrektur der föderativen Verwaltungsstruktur“.333

A. Die Einrichtung der Behörden Gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG richten die Länder bei der Ausführung eines Bundesgesetzes im Auftrag des Bundes die Behörden selbst ein, soweit nicht ein Bundesgesetz anderes bestimmt. Die Form der Einrichtung der Behörden bestimmt sich nach Landesverfassungsrecht, die Organisationskompetenz des Landes schließt dabei auch die Befugnis ein, Gemeinden oder andere Körperschaften sowie Anstalten des öffentlichen Rechts, wie Universitäten und Studentenwerke, mit der Wahrnehmung der Auftragsverwaltung zu betrauen.334 Somit können die Länder auch die Behörden der mittelbaren Landesverwaltung mit der Wahrnehmung der Geschäfte der Bundesauftragsverwaltung betrauen. Dabei müssen sie jedoch den Vollzug der Bundesweisungen nach Art. 85 Abs. 3 S. 3 GG sicherstellen.335 Wie bei Art. 84 Abs. 1 S. 1  GG ist dem Bundesgesetzgeber die Einrichtung der Behörden nur mit Zustimmung des Bundesrates möglich.336 Durch das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates wird der Einfluss des Bundes auf die Länderverwaltung abgemildert.337 Hingegen schützt es die Länder nach ausdrücklicher Aussage des Bundesverfassungsgerichts nicht vor einer Übernahme der Vollzugslasten, welche den Ländern nach Art. 104a Abs. 5 S. 1 GG ohnehin zufallen.338 330  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 16, 23; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 178; Stern, Staatsrecht II, S. 811. 331  Stern, Staatsrecht II, S. 803. 332  Stern, Staatsrecht II, S. 811. 333  Stern, Staatsrecht II, S. 803. 334  Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 29. 335  Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 8. 336  Stern, Staatsrecht II, S. 811. 337  Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 9; Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 45.

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

Die Länder errichten die Behörden, statten sie in personeller und sachlicher Hinsicht aus und sind für den Vollzug der Bundesgesetze verantwortlich.339 Dieses Zugeständnis an die Länder erklärt sich aus der praktischen Erwägung, dass bei der Ausführung der Bundesgesetze im Auftrag des Bundes auf den gut organisierten, hochentwickelten und eingespielten Verwaltungsapparat der Länder zurückgegriffen werden kann. Dies führt gegenüber der Einrichtung von Sonderverwaltungen zu einem reibungslosen Ablauf der Verwaltung und aufgrund der damit einhergehenden Skaleneffekte (economies of scale) zu Kostenersparnissen. Zugleich wird die entsprechend dem föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik zu wahrende Landeshoheit so wenig wie möglich berührt.340 Ferner ist es aufgrund der damit verbundenen Verbundvorteile (economies of scope) ökonomisch sinnvoll, sich auf Länderebene eines Verwaltungsapparates zu bedienen, der bereits ähnliche Aufgaben wahrnimmt.341 338

Nach der überwiegenden Meinung ist die Einrichtung der Behörden nach Art. 85 Abs. 1 GG weit auszulegen und umfasst sowohl die Errichtung der Behörden, ihre Einrichtung im engeren Sinne (Aufbau, Sitz, Ausstattung mit Mitteln und Personal) sowie die Zuweisung von Aufgaben bzw. Zuständigkeiten.342 Eine bloß mittelbare Einwirkung auf die Behördenorganisation reicht dafür nicht aus, vielmehr muss der Bundesgesetzgeber die Entscheidung über die Behördenorganisation übernehmen oder diese qualitativ umgestalten.343 Die allein quantitative Erhöhung der den Länderbehörden zufallenden Verwaltungsaufgaben stellt hingegen keine zustimmungsbedürftige Regelung der Behördeneinrichtung dar.344

338  BVerfGE 126, 77 (99 f.); Engelken, BayVBl. 2011, 65 (66 f.); Funke, JURA 2012, 127 (130). 339  Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 4; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 8. 340  Ferger, Der Begriff des Verwaltungsverfahrens nach Art. 84 Abs. 1 GG, S. 63. 341  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 25. Vgl. zur verwaltungsökonomischen Bedeutung der Bundesauftragsverwaltung auch bei § 5 C. 342  Germann, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, Art. 84, 85 Rn. 30; Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 99 ff.; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 116 Fn. 649; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 30; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 12; Britz, DÖV 1998, 636 (637). Jüngst zur negativen Abgrenzung BVerfGE 126, 77 (98 f.) mit Verweis auf die gleichlautende Regelung des Art. 84 Abs. 1 S. 1  GG und BVerfGE 75, 108 (150 ff.). 343  BVerfGE 126, 77 (98 f.); vgl. auch Engelken, BayVBl. 2011, 65 f. (68 f., 72). 344  BVerfGE 126, 77 (98 f.); Engelken, BayVBl. 2011, 65 (72); Funke, JURA 2012, 127 (129).



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes79

B. Die Regelung des Verwaltungsverfahrens Ferner gilt auch im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung die Priorität der Länder und ihre Zuständigkeit und Verantwortung für die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens. Sie können daher grundsätzlich das Verwaltungsverfahren regeln und Verwaltungsvorschriften erlassen, solange und soweit der Bund nicht von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch macht.345 I. Bundeskompetenz zur Regelung des Verwaltungsverfahrens Neben der Einrichtung der Behörden kann der Bundesgesetzgeber nach ganz einhelliger, bundesverfassungsgerichtlich bestätigter Meinung auch das Verwaltungsverfahren durch Gesetz regeln. Die Nichterwähnung des Verwaltungsverfahrens in Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG ist insoweit als Redaktionsversehen zu werten.346 So „ist nicht ersichtlich, warum die Kompetenz des Bundes für die Regelung des Verwaltungsverfahrens bei der ihm näherstehenden Auftragsverwaltung weniger weit gehen sollte als bei der Ausführung von Bundesgesetzen in landeseigener Verwaltung“.347 Demgemäß finden sich auch in vielen Bundesgesetzen, welche von den Ländern im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, entsprechende Regelungen zum Verwaltungsverfahren.348 Einige begründen eine entsprechende Regelungskompetenz zudem mit einem Annex zu den Gesetzgebungszuständigkeiten der Art. 70 ff. GG, andere sehen die Regelungskompetenz für das Verwaltungsverfahren als von der Kompetenz zur Einrichtung der Behörden mitumfasst.349 Zudem lassen sich Behörden- und Verwaltungsorganisation häufig schwer auseinanderhalten.350 Schließlich steht auch der Bundesregierung nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Organisationsgewalt der Länder durch den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften zu, weshalb diese auch dem Bundesgesetzgeber nicht verwehrt bleiben sollte.351 345  Bull,

in: AK-GG, Art. 85 Rn. 10. in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 10; Ahlert, Das Aufsichtsrecht des Bundes über die Länder nach dem Bonner Grundgesetz, S. 38; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 80; Britz, DÖV 1998, 636 (640); Funke, JURA 2012, 127 f. 347  BVerfGE 26, 338 (385). 348  Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 23. 349  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd.  V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 78 f.; Haghgu, Die Zustimmung des Bundesrates nach Art. 84 Abs. 1 GG, S. 170 ff.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 7; Funke, JURA 2012, 127 (128 f.). 350  So Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 28. 351  Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 10. 346  Broß / Mayer,

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

Was die Regelungskompetenz des Verwaltungsverfahrens im Einzelnen umfasst, hat das Bundesverfassungsgericht bislang allenfalls allgemein formuliert.352 Nach § 9 VwVfG des Bundes ist das Verwaltungsverfahren die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass des Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlichrechtlichen Vertrages ein. Der Begriff wird auch in diesem Zusammenhang weit ausgelegt. Zu den Regelungen des Verwaltungsverfahrens zählen somit Normen, die den Verwaltungsablauf bezüglich Form oder Art und Weise, die Willensbildung der Behörde, die Prüfung, Vorbereitung und das Zustandekommen von Verwaltungsentscheidungen bestimmen sowie interne Mitwirkungen festlegen.353 II. Zustimmungsbedürftigkeit einer solchen Regelung Nach langer Diskussion in der Literatur354 hat das Bundesverfassungsgericht inzwischen festgestellt, dass die bundesgesetzliche Regelung des Verwaltungsverfahrens anders als die Einrichtung der Behörden mangels ausdrücklicher Anordnung nicht der Zustimmung des Bundesrates unterliegt, das Grundgesetz die Zustimmungserfordernisse vielmehr enumerativ aufzählt.355 Auf diese Auslegung stützt sich auch § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG des Bundes, wonach für die Landesbehörden im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Bundesauftragsverwaltung das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes 352  BVerfGE  37,

65 f.

363 (390); 55, 274 (320 f.). Vgl. auch Engelken, BayVBl. 2011,

353  BVerfGE  114, 196 (224) mit Verweis auf frühere Entscheidungen; Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 111; Germann, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, Art. 84, 85 Rn. 31; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 69. 354  Zu diesem Streit Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 83 ff.; Funke, JURA 2012, 127 (129). Vgl. für das Zustimmungserfordernis Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 28; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 10 f.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 59; Britz, DÖV 1998, 636 (640 f.); gegen das Zustimmungserfordernis Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 11; Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 112 ff.; so auch Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 45 f., der das Verfahren statt durch Gesetz durch allgemeine Verwaltungsvorschriften nach Abs. 2 S. 1 geregelt wissen will. 355  BVerfGE 126, 77 (100 ff.); Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (23. Ergl. 2008) Rn. 13; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 12; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, Bd. II, GG, Art. 85 Rn. 11; Funke, JURA 2012, 127 f. (130 f.).



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes81

maß­geblich ist.356 Paradox erscheint zunächst, dass die Regelung des Verfahrens durch Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 GG nur mit Zustimmung des Bundesrates erfolgen kann, während eine gesetzliche Regelung nicht der Zustimmungspflicht unterliegt.357 Das Bundesverfassungsgericht begründet dies jedoch mit Verweis auf den Unterschied zwischen gesetzgeberischem und exekutivem Handeln. Zudem greift es im Rahmen seiner Argumentation auf die bekannte Differenzierung zwischen Sachund Wahrnehmungskompetenz zurück.358 Während das Bundesverfassungsgericht für die Regelungskompetenz des Bundes somit noch ein Gleichlauf mit Art. 84 Abs. 1 GG annimmt, lehnt es diesen hinsichtlich der Zustimmungsbedürftigkeit mit Verweis auf die Unterschiede zwischen Landeseigenverwaltung und Bundesauftragsverwaltung ab.359 Da die Nichterwähnung des Verwaltungsverfahrens zudem mit einem Redaktionsversehen begründet wird, schließt das Bundesverfassungsgericht ein solches für die Zustimmungsbedürftigkeit aus. Dieses hätte im Zuge der Föderalismusreform I zur Klarstellung normiert werden können.360 Dass auch die Regelungsbefugnis des Verwaltungsverfahrens selbst nicht normiert ist, scheint aufgrund der vorherigen verfassungsgerichtlichen Anerkennung361 und dem breiten Konsens in der Literatur hingegen unschädlich. Nach der verfassungsgerichtlichen Klärung der Frage der Zustimmungsbedürftigkeit wird es zukünftig erforderlich sein, zwischen den zustimmungspflichtigen Regelungen der Behördeneinrichtung bzw. Verwaltungsorganisation und den zustimmungsfreien Regelungen des Verwaltungsverfahrens zu differenzieren.362

C. Der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften Nach Art. 85 Abs. 2 S. 1  GG hat die Bundesregierung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung zudem die Befugnis zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften. 356  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 30; Stern, Staatsrecht II, S. 811. 357  Vgl. Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 12; Britz, DÖV 1998, 636 (640). 358  BVerfGE 126, 77 (101 f.); vgl. Engelken, BayVBl. 2011, 65 f.; kritisch Funke, JURA 2012, 127 (130 f.); ders., VerwArch 103 (2012), 290 (301). 359  BVerfGE 126, 77 (101); Engelken, BayVBl. 2011, 65; Funke, JURA 2012, 127 (130). 360  BVerfGE 126, 77 (101); kritisch Funke, JURA 2012, 127 (130 f.). 361  BVerfGE 26, 338 (385). 362  So bereits Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 33. Vgl. zur Abgrenzung Ferger, Der Begriff des Verwaltungsverfahrens nach Artikel  84 Abs. 1  GG, S. 57 ff.

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

I. Die Bedeutung allgemeiner Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis Verwaltungsvorschriften sind generell-abstrakte Anordnungen einer Behörde oder eines Vorgesetzten an nachgeordnete Behörden oder die ihm unterstellten Verwaltungsbediensteten, um deren Organisation und Handeln und damit den Gesetzesvollzug näher zu definieren.363 Die Bezeichnung der Verwaltungsvorschriften ist nicht einheitlich. So wird auch von Verwaltungsanordnungen, ‑verordnungen und ‑verfügungen, Weisungen, Erlassen, Richtlinien, Dienstvorschriften und Bekanntmachungen gesprochen.364 Nach der Vorgabe des § 69 Abs. 1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO)365 müssen sie hingegen als Verwaltungsvorschriften bezeichnet werden. Sie können in Form norminterpretierender Anweisungen, als Ermessens-, Beurteilungs-, und Vereinfachungsrichtlinien, als Verhaltensanweisungen oder Dienstinstruktionen ergehen.366 Verwaltungsvorschriften sind daher das klassische Lenkungs- und Steuerungsmittel der Verwaltung, weshalb ihnen in der Verwaltungspraxis entscheidende Bedeutung zukommt. Die bindende Wirkung der intrasubjektiven Verwaltungsvorschriften gründet sich auf die Geschäftsleitungs- und Organisationsgewalt der übergeordneten Behörde über den ihr in der Verwaltungshierarchie nachgeordneten Verwaltungsbereich.367 Eine Außenwirkung kommt Verwaltungsvorschriften grundsätzlich nicht zu. Durch ihre ständige Anwendung begründen sie jedoch eine gleichmäßige Verwaltungspraxis, die über Art. 3 Abs. 1 GG zu einer Selbstbindung der Verwaltung führt, sodass den Verwaltungsvorschriften eine mittelbare Außenwirkung zu363  Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 90 f.; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 4; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 1; Koch, JURA 2000, 179 (181); Leisner, JZ 2002, 119 (220). 364  Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 4; Ehlers, in: Erichsen / ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 65; Möstl, ebd., § 20 Rn. 16; Kluth, in: Wolff u. a., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 179, Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 1. 365  Vom 30.8.2000 (GMBl. S.  526), letzte Änderung vom 1.9.2011 (GMBl. S. 576). 366  Stern, Staatsrecht II, S. 803; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 98 ff.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 91; vgl. auch die Typologie bei Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn.  18 ff. 367  Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 469; ders., in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 76; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 1; Bundesministerium des Innern, Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, S. 147.



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes83

kommt.368 Jedoch beschränkt sich ihre einheitliche Bindungswirkung auf den jeweils handelnden Verwaltungsträger. Verwaltungsvorschriften ermöglichen eine Steuerung der Verwaltung und bieten die nötige Flexibilität, im Einzelfall abweichende Entscheidungen zu treffen. So kommt Verwaltungsvorschriften keine strikte Verbindlichkeit zu, in Sonderfällen ermöglichen sie der Verwaltung vielmehr ein Abweichen von ihren Vorgaben.369 Zumeist wird die entscheidende Stelle in diesem Fall die Anweisung einer höheren Stelle einholen, sodass von Verwaltungsvorschriften auch durch Einzelweisungen der zuständigen Behörde abgewichen werden kann370. Dies folgt aus der Anwendung des Gleichheitssatzes selbst, welcher bei Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Ungleichbehandlung ein Abgehen von den Vorgaben der Verwaltungsvorschriften gebietet.371 Ein Abweichen von Verwaltungsvorschriften ist zudem denkbar, wenn die Rechtsprechung einen gesetzlichen Begriff anders als die entsprechende Verwaltungsvorschrift auslegt. Soweit möglich, ist die Verwaltungsvorschrift dann gesetzeskonform auszulegen, andernfalls sollte sie entsprechend geändert werden.372 In welchem Maße eine Durchbrechung der Verwaltungsvorschriften auch im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung möglich ist, in deren Rahmen Verwaltungsvorschriften der Zustimmung des Bundesrates unterliegen, bleibt jedoch fraglich. II. Die Bedeutung intersubjektiver Verwaltungsvorschriften in der Verwaltungspraxis Grundsätzlich handelt es sich bei Verwaltungsvorschriften um Regelungen übergeordneter Verwaltungsinstanzen oder Vorgesetzter über die ihnen nachgeordneten Bereiche.373 Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung ergehen die Vorschriften jedoch zwischen verschiedenen Verwaltungsträgern 368  Statt vieler Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 514 ff.; Lange, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 307, 322; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 54 ff.; Kluth, in: Wolff u. a., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 180; Leisner, JZ 2002, 219 (223). 369  Schröder, in: Hill, Verwaltungsvorschriften, S. 1, 14 f.; Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 69; differenzierend Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 144 f.; Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 61 ff. 370  Schröder, in: Hill, Verwaltungsvorschriften, S. 1, 15 f. 371  Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 520. 372  Guckelberger, Die Verwaltung 35 (2002), 61 (79). 373  Ehlers, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 65; Koch, JURA  2000, 179 (184).

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

und erlangen über den bundeseigenen Verwaltungsbereich hinaus gegenüber den Ländern verbindliche Geltung.374 Sie werden daher als intersubjektive Verwaltungsvorschriften bezeichnet. Aufgrund der Eigenstaatlichkeit der Länder hat der Bund grundsätzlich keine Einflussmöglichkeit auf ihre Verwaltungsführung.375 Zum Erlass intersubjektiver Verwaltungsvorschriften bedarf es vielmehr einer verfassungsrechtlichen Legitimation.376 Ihre Bindungswirkung folgt somit nicht aus der dienstrechtlichen Gehorsamspflicht oder Geschäftsleitungsbefugnis der erlassenden Stelle, sondern kraft verfassungsrechtlicher Anordnung aus der konstitutiven Ermächtigung des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG, durch welche die Befugnis des Bundes zum Erlass verbindlicher Verwaltungsvorschriften auf die Landesverwaltung erstreckt wird.377 Durch die Bindung der Länder an die allgemeinen Verwaltungsvorschriften kann der Bund im Sinne einer „partielle[n] Geschäftsleitungsgewalt“378 auf die selbstständige, pluralisierte Verwaltungsführung der Länder Einfluss nehmen und somit einen einheitlichen Vollzug der Bundesgesetze gewährleisten.379 Dieser Eingriff in die Verwaltungsführung der Länder wird durch die Notwendigkeit einer Steuerungs- und Lenkungsmöglichkeit des Bundes bei der Ausführung von Bundesgesetzen begründet.380 Gegenüber den Ländern stellen die mit lediglich verwaltungsinterner Wirkung belegten allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Art. 84 Abs. 2, 85 Abs. 2 S. 1  GG somit partielles Außenrecht dar.381 374  Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S.  363; Möstl, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 18; Schulte, VerwArch 81 (1990), 415 (423). 375  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 172; Koch, JURA  2000, 179 (184). 376  Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 1, 18 f. spricht insofern von „übergreifenden Verwaltungsvorschriften“. 377  BVerfGE  100, 249 (261); F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 172; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 469; Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 376; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 38; Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 177; Ehlers, in: Erichsen / ders., Allgemeines Verwaltungsrecht, § 2 Rn. 66; Schulte, VerwArch 81 (1990), 415 (423); Koch, JURA 2000, 179 (183). 378  Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 469. 379  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 172; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 84 Rn. 30; Ossenbühl, in: Hill, Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 99 f.; ders., in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 51; Bundesministerium des Innern, Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, S. 152; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (226); Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (424); Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 175. 380  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 172.



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes85

III. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften in der Praxis der Bundesauftragsverwaltung Die Kompetenz zum Erlass intersubjektiver Verwaltungsvorschriften steht gemäß Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG der Bundesregierung unter Zustimmung des Bundesrates zu. Das Bundesverfassungsgericht stellte insofern klar, dass die Bundesregierung beim Erlass der Verwaltungsvorschriften als Kollegium im Sinne des Art. 62 GG tätig werden muss.382 Damit weicht es von seiner früheren Auffassung ab383, wonach auch ein Bundesminister durch ein Gesetz mit Zustimmung des Bundesrates zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften gegenüber den Ländern ermächtigt werden konnte384. Lediglich durch Art. 87b Abs. 2 S. 2 und Art. 120a Abs. 1 S. 1 GG werden Bundesministerien ausdrücklich zum Erlass von Verwaltungsvorschriften für ihr Ressort ermächtigt.385 381

Die Ermächtigung zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften bezieht sich auf die Regelung einer abstrakten Vielzahl von Sachverhalten des Verwaltungsgeschehens, was durch den Zusatz „allgemein“ noch einmal verdeutlicht wird.386 Adressaten der Verwaltungsvorschriften sind die Länder, mithin alle mit der Gesetzesausführung betrauten Behörden.387 Jedoch kann auch ein einzelnes Land Adressat einer Verwaltungsvorschrift sein.388 Die dadurch bedingte Ungleichbehandlung der Länder verlangt jedoch einen 381  A. A. Rogmann, Die Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften, S. 87, der die Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung als nachgeordnete Glieder ansieht, sodass es sich bei den allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Art. 84 Abs. 2, Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG um Innenrecht handele. 382  BVerfGE  100, 249 (261 f.). Vgl. hierzu Koch, JURA 2000, 179 (183). 383  BVerfGE 26, 338 ff. 384  Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 156 f.; Koch, JURA 2000, 179 (181). 385  Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 25; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 81; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 60. 386  Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 175 f. Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 374 und ihm folgend ­Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 152 ff. beziehen diesen Zusatz auf den Adressatenkeis der Regelungen. 387  Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 68. 388  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 173; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 84 Rn. 30; Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S.  89 f.; Stern, Staatsrecht II, S. 803; ablehnend Ahlert, Das Aufsichtsrecht des Bundes über die Länder nach dem Bonner Grundgesetz, S. 39; Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 374; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 154 f. mit Verweis auf den

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

besonderen Sachgrund, welcher z. B. in Vollzugshindernissen eines Landes liegen kann.389 Aufgrund der unterschiedlichen Voraussetzungen ihres Erlasses, durch die Bundesregierung als Kollegium mit Zustimmung des Bundesrates einerseits und durch den jeweiligen Fachminister andererseits, müssen allgemeine Verwaltungsvorschriften von Weisungen gemäß Art. 85 Abs. 3 GG unterschieden werden.390

D. Die Personalkompetenzen Zudem stehen dem Bund im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Personalkompetenzen zu, durch welche die Verwaltungsführung der Länder zumindest mittelbar beeinflusst werden kann.391 Nach Art. 85 Abs. 2 S. 2 GG kann die Bundesregierung die Ausbildung der Beamten und Angestellten regeln, nach Satz 3 der Vorschrift erteilt sie zudem ihr Einvernehmen zur Bestellung der Leiter der Mittelbehörden. I. Die Ausbildung der Beamten und Angestellten Art. 85 Abs. 2 S. 2 GG ermächtigt die Bundesregierung, die einheitliche Ausbildung der Beamten und Angestellten zu regeln. Die Kompetenz des Bundes dient dazu, im Sinne einer Homogenisierung der Verwaltungspraxis nicht nur eine bundesweit anwendbare Rechtsgrundlage zur Verfügung zu stellen, sondern auch deren einheitliche Anwendung durch geschultes Verwaltungspersonal sicherzustellen.392 Diese Befugnis erstreckt sich jedoch nur auf Beamte und Angestellte, die beim Vollzug der Bundesgesetze im Auftrag des Bundes tätig werden.393 Bislang hat der Bund von seiner Befugnis nach Art. 85 Abs. 2 S. 2 GG kaum Gebrauch gemacht.394 Im Bereich der studentischen Ausbildungsförderung nimmt vielmehr das Deutsche StuZweck der Einheitlichkeit der Gesetzesausführung sowie der einheitlichen Auslegung des Wortes „allgemein“. 389  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 173. 390  Dazu bei § 8 E. II. 2. 391  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 31. 392  Für die Steuerverwaltung Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 76. 393  Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 14, Stern, Staatsrecht II, S. 812. 394  Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 13; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 17; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 58. Anders für die Steuerpraktische Ausbildung Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 141.



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes87

dentenwerk als Zusammenschluss der Studentenwerke diese Aufgabe durch bundesweite Schulungen wahr.395 II. Die Bestellung der Leiter der Mittelbehörden Nach Art. 85 Abs. 2 S. 3  GG sind die Leiter der Mittelbehörden, welche mit dem Vollzug von Bundesgesetzen im Auftrag des Bundes betraut sind, von den Ländern im Einvernehmen mit der Bundesregierung zu bestellen. Dies gilt mit Rücksicht auf die grundsätzliche Organisationshoheit der Länder jedoch nur, soweit die Mittelbehörden als Teil der Sonderverwaltung in die Auftragsverwaltung einbezogen sind.396 Auf Behörden der allgemeinen Verwaltung ist Art. 85 Abs. 2 S. 3 GG somit nicht anwendbar397, sonst würde die Regelung auch außerhalb der Auftragsverwaltung Rechtswirkung entfalten398. Teilweise wird daher vorgeschlagen, die Vorschrift über die Auswahl von Leitungspersonal nicht nur auf den Leiter der Mittelbehörde selbst, sondern auch auf die Führungskraft der jeweiligen Organisationseinheit anzuwenden, um der Bedeutung der Personalentscheidung für den Verwaltungsvollzug Rechnung zu tragen. In Ländern, in denen es keine Mittelbehörde gibt, findet die Vorschrift hingegen keine Anwendung.399

E. Das Weisungsrecht Art. 85 Abs. 3 GG schließlich regelt ein Weisungsrecht der Bundesbehörden. I. Die Bedeutung von Weisungen in der Verwaltungspraxis Weisungen sind das maßgebliche Steuerungsinstrument der hierarchisch gegliederten Verwaltung.400 Der Begriff der Weisung ist offen formuliert 395  Vgl.

dazu unter § 16 A. IV. in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 48; Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 15; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 35; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 20; Hömig, in: ders., Grundgesetz, Art. 85 Rn. 5; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 17. 397  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 106; Stern, Staatsrecht II, S. 812. 398  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 30. 399  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 106; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 67. 400  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd.  V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 109; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 19; Steinberg, Bundes396  Lerche,

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

und wird in verschiedenen Kontexten verwendet.401 Allgemein bezeichnet er rechtsverbindliche Anordnungen einer übergeordneten Behörde oder Verwaltungsstelle an deren nachgeordnete Behörden.402 Je nach herausgebender Behörde werden sie teilweise auch als Erlasse bezeichnet.403 Die Funktion der Weisungen besteht zum einen in der Vereinheitlichung und damit der Harmonisierung der Tätigkeit der Verwaltung.404 Indem sie den Willen der verantwortlichen Leitungsorgane umsetzen, dienen sie zudem der demokratischen Legitimation des Verwaltungshandelns, schützen den Bürger vor willkürlichem Handeln der Verwaltung und betonen die Einheit staatlichen Handelns.405 Ihre Legitimation erhalten die Weisungen ebenso wie allgemeine Verwaltungsvorschriften durch die Organisationsund Geschäftsleitungsgewalt der übergeordneten Verwaltungsinstanz. Bindungswirkung kommt Weisungen somit regelmäßig nur innerhalb der Hierarchie eines Verwaltungsträgers zu. Kraft verfassungsrechtlicher Ermächtigung wird die Weisungsbefugnis auf Behörden anderer Verwaltungsträger erstreckt406, sodass es im Bereich der Bundesauftragsverwaltung zu einem aufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 21; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 21; Janz, JURA  2004, 227 (228). 401  Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 14; Rieger, Ermessen und innerdienstliche Weisung, S. 100; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 123 ff. Vgl. auch zur Begriffsbestimmung Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 63 ff. 402  Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 42; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 14; Bonsels, Einwirkungsund Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 144; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 35, 60; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 93, 98; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 123; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 217; Kluth, in: Wolff u. a., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 178. 403  Vgl. auch Rieger, Ermessen und innerdienstliche Weisung, S. 103 f.; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 217. 404  Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 4 f.; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 74; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 93; Kirchhof, in: Isensee / ders., Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 99 Rn. 203. 405  Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 4 f.; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S.  71 f.; Kirchhof, in: Isensee / ders., Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 99 Rn. 204. 406  Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, S. 176 f.; vgl. auch Kluth, in: Wolff  u. a., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 184.



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes89

scheinbar hierarchischen Über- und Unterordnungsverhältnis im Rahmen eines einheitlichen Verwaltungsstufenzuges kommt407. Weisungen sind aufgrund ihres Befehlscharakters grundsätzlich auf Verbindlichkeit angelegt. Durch dieses Merkmal grenzen sie sich von unverbindlich gemeinten Äußerungen wie einem Vorschlag, einem Rat oder einer Warnung ab.408 II. Die Weisungen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Im Schrifttum wird das Weisungsrecht als das die Bundesauftragsverwaltung kennzeichnende und für sie charakteristische Einwirkungsrecht und zugleich als einschneidendste Form der Einflussnahme durch den Bund bezeichnet.409 Gegenüber der Weisungsbefugnis des Art. 84 Abs. 5 S. 1  GG im Bereich der landeseigenen Verwaltung bedarf das Weisungsrecht des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung keiner bundesgesetzlichen Ermächtigung und ist nicht auf besondere Fälle beschränkt.410 Da der Bund aufgrund seiner Weisungsbefugnis direkt auf die Verwaltungspraxis der Länder einwirken kann411, geht ihre theoretische Bedeutung über diejenige allgemeiner Verwaltungsvorschriften hinaus412. In der Verwaltungspra407  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 6; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (425). Von einem einheitlichen Verwaltungszug ausgehend Bullinger, AöR 83 (1958), 279 (286), diese Beschreibung einer Nachordnung ablehnend Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 6, 18. 408  Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 6; vgl. auch Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S.  65 f. 409  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 35; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 41; Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 49 f.; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 20 f. spricht vom „normalen Erscheinungsbild der Bundesauftragsverwaltung“; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 93, 190 spricht vom Weisungsrecht als einem regulären Mittel der Streitbeilegung; vgl. auch Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 161. 410  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 49, 57; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 38; Stern, Staatsrecht II, S. 812; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 79; Pieper, Aufsicht, S. 21. 411  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 53. 412  Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 16; Tiemann, Gemeinschaftsaufgaben von Bund und Ländern in verfassungsrechtlicher Sicht, S. 87.

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

xis stellt das Weisungsrecht jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, ein „stumpfes Schwert“ dar.413 Tatsächlich ist der Erlass einer Weisung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung eher selten, durch die Kooperation zwischen Bund und Ländern wird er weitgehend obsolet.414 1. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Weisungsrecht Art. 85 Abs. 3 GG verleiht den Obersten Bundesbehörden, regelmäßig also den Bundesministerien das Recht, Weisungen an die Länder zu richten.415 Das Weisungsrecht stellt sich somit als klassisches Recht der Verwaltung dar.416 a) Adressaten der Weisung Im Gegensatz zu allgemeinen Verwaltungsvorschriften ist das Weisungsrecht hinsichtlich seines Adressatenkreises gemäß Art. 85 Abs. 3 S. 2 GG auf die ressortmäßig zuständigen Obersten Landesbehörden beschränkt.417 Nur bei Dringlichkeitsentscheidungen der Bundesregierung kann die weisungsbefugte Oberste Bundesbehörde die Weisung unmittelbar an die zuständige Landesbehörde richten.418 Dies ist allerdings nur im Fall des Vorliegens eines Beschlusses des Bundeskabinetts möglich, welcher regelmäßig einer gründlichen Vorbereitung bedarf und die Erteilung dringlicher Weisungen zu einem umständlichen und zeitraubenden Vorgang werden lässt.419 Durch die Begrenzung des Adressatenkreises auf die höchsten Stellen der Landesverwaltung wird die Eigenständigkeit und Geschlossenheit der Länder als Verwaltungsträger zum Ausdruck gebracht und be413  So Pera, NVwZ 1989, 1120 (1121) hinsichtlich der Bundesweisungen in der Atomverwaltung; ebenso Janz, JURA  2004, 227 (234). 414  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 57; Tschent­ scher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 44 f. 415  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 59; SchulteFrohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 50; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 78. 416  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 59. 417  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 47; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 104. Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 68, 201 f. spricht von formellem und materiellem Adressatenkreis. 418  Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 17; Stern, Staatsrecht II, S. 813; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 35 f. 419  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 128; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 119 f.



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wahrt.420 Zugleich offenbart sich darin das der Bundesauftragsverwaltung innewohnende Spannungsverhältnis zwischen dem Ziel einer leicht steuerbaren Verwaltung und der Eigenständigkeit der Länder.421 b) Bindungswirkung der Weisung Die Weisung ist für die Landesbehörden bindend422, ihr Vollzug nach Art. 85 Abs. 3 S. 3 GG von den Obersten Landesbehörden sicherzustellen. Der Bund hat auf die Durchsetzung der Weisungen hingegen keinen Einfluss.423 Dieser Vollzugssicherungspflicht genügen die Obersten Landesbehörden in der Regel durch Weiterleitung der Weisungen an ihre nachgeordneten Behörden. Eines eigenen Transformationsaktes der Landesbehörde bedarf es hingegen nicht; die Weisungen des Bundes sind wie allgemeine Verwaltungsvorschriften auch für die nachgeordneten Behörden unmittelbar verbindlich.424 Zu diesen gehören auch die Selbstverwaltungskörperschaften, gegenüber denen sich das Land zudem eigene Aufsichtsrechte vorbehalten muss, um seiner grundgesetzlichen Verpflichtung im Fall einer Nichtbefolgung nachkommen zu können.425 Verweigert die nachgeordnete Behörde 420  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 64; Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 15; Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (21. Ergl. 2007) Rn. 20; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 126; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 26; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 25; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 24; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 268. 421  Vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 135. 422  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 53; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 27; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 22; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 104 geht lediglich von einer Bindung der Obersten Landesbehörden aus, welche die Weisung gegenüber den nachgeordneten Behörden durchsetzen müssen. 423  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 113. 424  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 60, 64; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 159; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 147; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 202, 217; Schäfer, DÖV 1960, 641 (648); a. A. Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 17; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 24 f., wonach Weisungen einen offenen, durch die Obersten Landesbehörden näher zu konkretisierenden Inhalt aufweisen müssen. 425  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 64, 66; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 25; Stern, Staatsrecht II, S. 813; Pauly,

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

die Befolgung der Weisung, ist die Oberste Landesbehörde im Rahmen ihrer Sicherstellungspflicht zum Ergreifen von Aufsichtsmaßnahmen verpflichtet.426 Außenwirkung gegenüber Dritten kommt der Weisung hingegen nicht zu, eine Bindungswirkung entfaltet sie nur im Verwaltungsträger übergreifenden Verhältnis zwischen Bund und Ländern.427 c) Durchsetzung der Weisung Befugnisse des Bundes zur Durchsetzung der Weisung sind im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, anders als durch das Rügeverfahren des Art. 84 Abs. 4 GG, nicht ausdrücklich vorgesehen.428 Unter Berufung auf ein einheitliches Institut der Bundesaufsicht will ein Teil des Schrifttums daher auf das Verfahren des Art. 84 Abs. 4 GG zurückgreifen429 und dieses auch zur Durchsetzung von Weisungen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung nutzbar machen430. Die Länder sind jedoch bereits aufgrund der Anordnung des Art. 85 Abs. 3 GG zur Befolgung einer Weisung verpflichtet.431 Einem Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 230; Görg, DÖV 1961, 41 (45 f.). 426  Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 230. 427  BVerfGE 81, 310 (335 f.).; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 52; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 21; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 47 f.; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 40 f., 60; Kluth, in: Wolff u. a., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 185 f.; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (432); differenzierter hingehen Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (38 ff.); Janz, JURA  2004, 227 (228). 428  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 446; Zinn, DÖV 1950, 522 (524). 429  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 81; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 20; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 270 f. Vgl. auch Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 195; ablehnend Ossenbühl, Der Staat  28 (1989), 31 (47 f.). 430  Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 25; a. A. Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 161 f., 170; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 30, 35, der das Verfahren der Mängelrüge angesichts des umfassenden Weisungsrechts für systemwidrig hält; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 45 ff., 81 ff.; Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 154; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 195. 431  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 59 ff.; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 268; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 280 f.; so wohl auch Schäfer, AöR  78 (1952 / 53), 1 (31).



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Mängelrügeverfahren käme darüber hinaus nur deklaratorische Wirkung zu.432 Zur Durchsetzung der Befolgungspflicht kann folglich nur auf das Mittel des Bundeszwangs nach Art. 37 GG oder das Bund-Länder-Streitverfahren nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 3 GG zurückgegriffen werden.433 Eine praktische Notwendigkeit bestand hierzu bislang nicht. 2. Das Weisungsrecht als Einzelweisungsrecht Um die Frage, ob das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG – insbesondere in Abgrenzung zu Art. 84 Abs. 5  GG – ausschließlich ein Einzelweisungsrecht darstellt, besteht ein langjähriger fortwährender Konflikt zwischen Bund und Ländern, welcher auch in der Literatur Niederschlag gefunden hat und bislang verfassungsgerichtlich nicht verbindlich entschieden wurde.434 Für die Verwaltungspraxis bedeutet dies einerseits eine große Unsicherheit, andererseits scheinen sich sowohl der Bund als auch die Länder vor einer letztverbindlichen Klärung der Rechtslage aus Angst vor eigenen Nachteilen zu scheuen.435 Angesichts der Steuerungsinstrumente und kooperativen Aufgabenwahrnehmung durch Bund und Länder außerhalb der institutionalisierten Form der Bundesauftragsverwaltung436 ist eine verfassungsgerichtliche 432  Tschentscher,

Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 228. in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 70; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 160; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 17; Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 282 ff.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 61; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (438); Schäfer, DÖV 1960, 641 (648); Ossenbühl, Der Staat 28 (1989), 31 (38); Janz, JURA  2004, 227 (230 f.). 434  Vgl. Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 49; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 279; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S.  95 ff.; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 175; Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 27; Depenbrock, DÖV 1970, 235; Janz, JURA  2004, 227 (230). Zwar ist Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1554) der Meinung, nach BVerfGE  100, 249 ff. könnten unter Weisungen nach Art. 85 Abs. 3 GG nicht mehr solche genereller Art zu verstehen sein. Nach Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 297 ergibt sich diese Folgerung hingegen nicht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. 435  Vgl. auch allgemein die Einschätzung von Schäfer, DÖV 1960, 641 (649); ebenso Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 27; vgl. zur mangelnden Korrelation von Rechtsfragen der Verwaltungswirklichkeit und Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Klein, in: Stark, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz II, S. 277 f., insbes. S. 287 zum kooperativen Föderalismus. 436  Dazu unter § 18. 433  F. Kirchhof,

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

Entscheidung zunehmend entbehrlich.437 Gleichwohl steht das Schrifttum heute großteils auf dem Standpunkt, Art. 85 Abs. 3 GG gewähre dem Bund lediglich ein Recht zu Einzelweisungen gegenüber den Ländern.438 Ein Teil des Schrifttums versteht die Befugnis des Art. 85 Abs. 3 GG demgegenüber als Recht zur Erteilung allgemeiner Weisungen.439 Diese Meinung führt zur Begründung vor allem Formulierungen der Weimarer Reichsverfassung sowie den unterschiedlichen Wortlaut von Art. 84 Abs. 5 S. 1 und Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG an.440 Zum Teil wurde sie auch durch Praktikabilitätserwägungen gegenüber dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sowie die Notwendigkeit der ausreichenden Handlungsfähigkeit des Bundes begründet.441 Hingegen spricht die fehlende sprachliche Schlussredaktion und mangelnde verfassungsrechtliche Kontinuität für die Auslegung des Art. 85 Abs. 3 GG als Einzelweisungsrecht und damit für die synonyme Verwendung der Begriffe Weisung und Einzelweisung.442 Um eine Umgehung der Voraussetzungen zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften zu vermeiden und damit den Schutz der Länderverwaltung zu gewährleisten, müssen Verwaltungsvorschriften und Weisungen eindeutig voneinander unterschieden werden.443 Für eine Differenzierung sind ver437  Leisner, in: Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz I, S. 260, 288 schreibt bei Meinungsverschiedenheiten aus machtpolitischen Gründen im Übrigen dem Bund eine bessere Position zu. 438  Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 93; Depenbrock, DÖV 1970, 235. 439  Hömig, in: ders., Grundgesetz, Art. 85 Rn. 8; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 85 Rn. 10; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 20; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S.  113 f.; Badura, in: Lukes, Neuntes Deutsches Atomrechts-Symposium, S. 87, 93 f. Vgl. Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 50; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 96 f. 440  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 50; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 43; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 107; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 98; Depenbrock, DÖV 1970, 235. 441  Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 598. Vgl. auch Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 96 mit Verweis auf die Verwaltung der Bundesfernstraßen. 442  Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 176; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 135 mit Verweis auf BVerfGE 35, 338 (396); Depenbrock, DÖV 1970, 235. 443  Vgl. Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 120; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 21; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 372; ders., Novellierung des Atomgesetzes



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schiedene Konzepte vorgeschlagen worden. Das Überzeugendste ist bislang die Übertragung der Kriterien zur Unterscheidung von Verwaltungsakten und Gesetzen und damit eine Differenzierung anhand abstrakter und konkreter Regelungsgegenstände.444 Um die Abgrenzbarkeit zu allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu gewährleisten, müssen sich Weisungen stets auf einen oder mehrere bestimmte Sachverhalte beziehen, dürfen also keine unbestimmte Vielzahl von Sachverhalten in Bezug nehmen.445 Anordnungen genereller Art müssen demnach unter den Voraussetzungen des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG als allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen werden.446 Unerheblich ist hingegen der Adressatenkreis der Regelung; im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung ist er auf die jeweils zuständigen Obersten Landesbehörden der 16 Länder begrenzt und damit jedenfalls individuell.447 Damit ist eine Weisung an mehrere oder gar alle Länder nur denkbar, wenn vergleichbare, aber jeweils bestimmbare Lebenssachverhalte aus der Verwaltungspraxis einzelner Länder und damit mehrere Einzelregelungen in einer Sammelweisung zusammengefasst werden.448 und Bundesauftragsverwaltung; in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 53 f.; ebenso Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  67 f.; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 108 f.; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 280 f.; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 177; Depenbrock, DÖV 1970, 235 (236). 444  Rieger, Ermessen und innerdienstliche Weisung, S. 104; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 68, 167 ff., der dies schließlich ablehnt; Depenbrock, DÖV 1970, 235 (236); Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  94 (2003), 127 (135). 445  Clemens / Umbach, in: dies., GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 31; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 21; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 75 f.; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 172; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 100 ff.; Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 383; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 382; Depenbrock, DÖV 1970, 235 (236); ähnlich Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 280 f., der eine konkrete Sachverhaltsbezogenheit in dem Sinne, dass mögliche „Anwendungsfälle bereits beim Erlass der Weisung feststehen“, verlangt. 446  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 110; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 60. 447  Vgl. Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 106; F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 59; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 168 f.; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 179; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 382; Sauerland, DStZ 2007, 668 (671 f.). 448  Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 16 spricht von „Sammelweisungen“. Auch Ossenbühl, in: ders., Deutscher Atomrechtstag 2002, S. 49, 58 weist darauf hin, dass ein Einzelfallbezug auch bei „gleich gelagerte[n] Parallelfälle[n]“ gegeben sein kann.

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Fraglich ist, ob auch Weisungen, „die an einen Einzelfall anknüpfen, über diesen jedoch hinausgehen, indem sie allgemeine, einzelfallübergreifende Vorstellungen zur Sprache bringen“, zulässig sind.449 So ist es nicht ungewöhnlich, dass einer einzelfallbezogenen Weisung allgemeine (Zweckmäßigkeits-)Erwägungen beigemessen werden, die der Weisung eine über den konkreten Fall hinausgehende Aussage beilegen.450 Zudem können Weisungen, die einen Einzelfall regeln, auch abstrakt formuliert sein.451 Das Abgrenzungskriterium der Konkretheit des Sachverhalts ist jedenfalls bei repressiven Weisungen erfüllt, welche einen gesteigerten Sachverhaltsbezug aufweisen.452 Rein präventive Weisungen können demgegenüber auch eine unbestimmte Vielzahl von Vollzugsfällen betreffen, womit sie den Rechtserzeugungsregeln des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG unterlägen. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist somit der Bezug zu einem konkreten Vollzugsmangel bzw. Lebenssachverhalt im Zeitpunkt des Weisungserlasses, bezüglich dessen der Bund die Sachkompetenz auf sich überleiten kann.453 Auch die Aussagen des Bundesverfassungsgerichts lassen entsprechende Rückschlüsse auf den Umfang des Weisungsrechts zu: Während es in der Kalkar IIEntscheidung lediglich festhielt, dass das Weisungsrecht „als reguläres Mittel gedacht [ist], damit sich bei Meinungsverschiedenheiten das […] vom Bund zu definierende Gemeinwohlinteresse durchsetzen kann“454 und damit auf konkrete Differenzen abstellt, präzisiert es seine Aussage im Rahmen der Biblis A-Entscheidung dahingehend, dass „[d]er Bund […] die Materie ‚friedliche Nutzung der Kernenergie‘ nicht im Widerspruch zu Art. 87c GG [und damit zum Vollzug der Gesetze durch die Länder im Auftrag des Bundes] der Sache nach dadurch an sich ziehen [darf], dass er für alle Länder den Vollzug des Atomgesetzes über den Einzelfall hinaus gleichsam generell durch Kontakte nach außen reguliert“.455 Um der grund449  Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 118 bezeichnet sie als der Allgemeinverfügung vergleichbare, konkret-generelle Weisungen, wobei nicht der möglicherweise generelle Adressatenkreis ausschlaggebend ist, sondern vielmehr der vom Einzelfall abstrahierte Regelungsinhalt. Vgl. auch Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 172. 450  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 51; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 30; Bonsels, Einwirkungsund Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 145. 451  Vgl. Füsslein, Ministerialfreie Verwaltung, S. 118; Rieger, Ermessen und innerdienstliche Weisung, S. 105. 452  Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 172 f. 453  Rauscher, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 384. 454  BVerfGE 81, 310 (332). 455  BVerfGE  104, 249 (266).



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gesetzlichen Kompetenzabgrenzung, nach welcher zunächst den Ländern auch die Sachentscheidungsbefugnis zusteht, gerecht zu werden, darf diese nur im konkreten Einzelfall übergeleitet werden. Würde der Bund die Sachentscheidungsbefugnis vorsorglich für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen an sich ziehen, bliebe sie den Ländern entgegen der verfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung von vornherein vorenthalten. Somit muss auch für das Weisungsrecht als Mittel der Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis gelten, dass dieses nur anlassbezogen und im Einzelfall in Anspruch genommen werden kann.456 Eine ganzheitliche Steuerung des Landesvollzugs ist dem Bund nach der grundgesetzlichen Kompetenzordnung hingegen verwehrt. Gleichwohl kommt der repressiven Weisung im exemplarischen Einzelfall immer auch eine gewisse Ausstrahlungswirkung auf vergleichbare Tatbestände zu. Verbindliche Vollzugsmaßstäbe können jedoch nur im Rahmen allgemeiner Verwaltungsvorschriften festgelegt werden.457 Auch die „Festlegung auf eine bestimmte Gesetzesauslegung“, welche zulässiger Inhalt einer Bundesweisung ist458, bedarf demnach im Zeitpunkt des Weisungserlasses eines konkreten Fallbezugs. Diese einzelfallübergreifende Steuerungswirkung kommt den Weisungen im Außenverhältnis zum Bürger bereits nach dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung zu. Demnach ist der Inhalt der Weisung über den Einzelfall hinaus künftig auch in einer unbestimmten Vielzahl vergleichbarer Fälle zugrunde zu legen. So werden die Länder ihr Verwaltungshandeln in vergleichbaren Fällen an der vorherigen Weisung ausrichten. Im Rahmen des Bund-Länder-Verhältnisses bedarf eine einzelfallübergreifende Bindung an die Gesetzesauslegung hingegen der Vorgabe im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift. 3. Die weitere Ausgestaltung des Weisungsrechts durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Jahrelang hatte die Bundesauftragsverwaltung und somit auch das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine praktische Bedeutung.459 Aufgrund der kooperativen 456  Rauscher, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 384; vgl. auch Ossenbühl, in: Brenner / Huber / Möstl, Festschrift Badura, S. 975, 981 f. 457  Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 173 f. mit Fn. 193; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 121. 458  So BVerfGE 81, 310 (335). 459  Vgl. Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 29 f.; Lange, NVwZ 1990, 928. Dazu bereits § 1.

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Arbeitsweise zwischen Bund und Ländern wurden Konflikte einvernehmlich gelöst. Mit dem Zerbrechen des energiepolitischen Konsenses kam es in den Entscheidungen Kalkar II460 und Schacht Konrad461 erstmals zur Befassung des Bundesverfassungsgerichts mit der Weisungsproblematik.462 Das Gericht stellte in diesen Entscheidungen fest, dass das Weisungsrecht das reguläre Mittel des Bundes zur Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis darstellt und arbeitete die formellen Voraussetzungen des Weisungserlasses sowie die Rechtsposition der Länder im Weisungsfall heraus. In der Biblis A-Entscheidung463 erweiterte das Bundesverfassungsgericht seine Judikatur zum Weisungsrecht und ermöglichte damit auch eine Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis im Vorfeld des Weisungserlasses. Damit trug es zur weiteren Präzisierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben bei.464 a) Gegenstand und Reichweite des Weisungsrechts Nach der Feststellung des Bundesverfassungsgerichts kann sich eine „Weisung auf jede Gesetzesmaterie beziehen, die vom Land in Auftragsverwaltung auszuführen ist“, mithin umfasst sie „die gesamte Vollzugstätigkeit des Landes“. Damit kann sich die Weisung sowohl auf „verfahrensabschließende Entscheidungen wie auch das ihrer Vorbereitung dienende Verwaltungshandeln“, wie Fragen der Art und des Umfangs der Sachverhaltsermittlung richten. Ebenso kann der Bund den Ländern im Weisungswege eine bestimmte Gesetzesauslegung oder Ermessensausübung, mithin seine Rechts- und Zweckmäßigkeitsvorstellungen verbindlich vorgeben.465 Maß460  BVerfGE 81,

310 ff. 25 ff. 462  Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 11 spricht von einer „Aktivierung“ der Bundesauftragsverwaltung, von welcher „jahrzehntelang kein Gebrauch gemacht worden war“. Übersicht der Weisungsstreitigkeiten bei Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, S. 167 ff., zu Auseinandersetzungen um das Weisungsrecht in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung, S. 228 ff. Zum politischen Hintergrund Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 23 ff.; Pera, NVwZ 1989, 1120. 463  BVerfGE  104, 249 (267 ff.). 464  Vgl. auch Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 23. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben selbst beziehen sich hauptsächlich auf Weisungsberechtigte und -adressaten. Einzelheiten zum Weisungserlass sind nicht geregelt. 465  BVerfGE 81, 310, 335 f. Vgl. auch Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 18; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 113; Stern, Staatsrecht II, S. 813; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der 461  BVerfGE  84,



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stab sind dabei neben den Bundesgesetzen auch Rechtsverordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften.466 Nach viel vertretener Auffassung werden vom Weisungsrecht auch minder intensive Maßnahmen wie Zustimmungs- und Weisungsvorbehalte der Bundesbehörden gedeckt.467 b) Voraussetzungen der Inanspruchnahme des Weisungsrechts Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 85 Abs. 3 GG lassen offen, ob der Erlass von Weisungen des Bundes bestimmten, insbesondere formellen, Voraussetzungen genügen muss.468 So stellte das Bundesverfassungsgericht in der Kalkar II-Entscheidung fest, dass sich aus der mit dem Erlass einer Weisung einhergehenden Überleitung der Sachkompetenz auf den Bund weitere Anforderungen an den Weisungserlass ergeben und setzte hierzu erste Maßstäbe.469 Der Bund habe die Pflicht zum bundesfreund­ lichen Verhalten470 zu beachten, aus welcher das Bundesverfassungsgericht weitere prozedurale Anforderungen herleitete.471

atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 15; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 88; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  101 ff.; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 60; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (422, 425, 427 f., 430). Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 222 entnimmt den Zweckmäßigkeitsmaßstab ausdrücklich Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG. 466  Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 52. 467  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 117; Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 18; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 21; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 85 Rn. 6; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 150 ff.; Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S.  29; Steinberg, AöR 110 (1985), 419 (428 ff.); nur für den Einzelfall: Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  94 (2003), 127 (134 f.); a. A. Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S.  81 f.; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  113 f. 468  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S.  27, 37; Tschent­scher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 84 ff. 469  BVerfGE 81, 310 (335 ff.). 470  Vgl. zu diesem Grundsatz ausführlich Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  86 ff. 471  BVerfGE 81, 310 (337) mit Verweis auf BVerfGE 12, 205 (225). Dazu bereits zuvor Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (430).

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aa) Gebot der Weisungsklarheit Demnach ist im Rahmen des Weisungserlasses das Gebot der Weisungsklarheit, also der Bestimmtheit einer Weisung, zu beachten.472 Das Land muss erkennen können, dass eine Weisung ergangen ist und welche Verhaltenserwartung diese an das Land begründet.473 Dies erfordert nach herrschender Auffassung auch, obwohl vom Verfassungstext nicht explizit vorausgesetzt und vom Bundesverfassungsgericht nicht gerügt, die Einhaltung der Schriftform einer Weisung sowie deren Begründung.474 bb) Gelegenheit zur Stellungnahme Aus der Pflicht zum bundesfreundlichen Verhalten und dem Gebot der Rücksichtnahme gegenüber dem Land folgt zudem, dass das Land vor Erlass einer Weisung Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten soll. Der Bund muss sodann den Standpunkt des Landes in seine Erwägungen einbeziehen und die ergangene Weisung begründen.475 Außerdem ist dem Land der Erlass einer Weisung im Vorfeld anzukündigen.476 472  BVerfGE 81, 310, 336  f.; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 37; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 61. Vgl. auch Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S.  28 ff.; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 32 ff., die auch auf das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bestimmtheitsgebot abstellen. 473  Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 33, 37  ff.; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 135; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 140. 474  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 53; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 31 f.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 40 f.; Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, S. 254 ff. Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 91 und Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (431) verlangen die Schriftform im Fall eines Dissenses zwischen Bundes- und angewiesener Landesbehörde. Vgl. zur Schriftlichkeit von Weisungen und der aus ihnen folgenden Verantwortlichkeit allgemein auch Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 153. 475  BVerfGE 81, 310 (337 f.); Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 22; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 135; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 169 ff.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 61; Steinberg, AöR  110 (1985), 419 (435). Vgl. auch Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S.  25 ff., Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 32 ff., die auch auf den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG folgenden Grundsatz rechtlichen Gehörs abstellen.



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c) Maßnahmen zur Vorbereitung des Weisungserlasses In seiner Biblis A-Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht zudem festgehalten, dass der Bund auch im Vorfeld einer Weisung „alle Aktivitäten entfalten [kann], die er für eine effektive und sachgerechte Vorbereitung und Ausübung seines grundsätzlich unbeschränkten Direktions- und Weisungsrechts für erforderlich hält“.477 So ist er auch „berechtigt, sich in jeder von ihm für zweckmäßig gehaltenen Weise Informationen zu beschaffen […] die er zur Ausübung seiner Sachkompetenz für erforderlich erachtet.“478 Von der Sachentscheidungsbefugnis des Bundes sind somit aufsichtliche Aktivitäten im weiteren Sinne umfasst; neben umfassenden Informationsrechten auch unmittelbare Kontakte zu außenstehenden Dritten sowie der Austausch und etwaige Absprachen mit den zuständigen Länderbehörden.479 Eines Rückgriffs auf die Bundesaufsicht des Art. 85 Abs. 4 GG bedarf es daher nicht.480 Damit schließt sich das Bundesverfassungsgericht einer in Teilen des Schrifttums vertretenen Auffassung481 an, wonach das Weisungsrecht des zuständigen Bundesministers neben seiner Berichtigungsfunktion auch die Befugnis zur vorherigen Beobachtung des Verwaltungshandelns umfasst. Diese Auslegung trägt den Anforderungen an die Effizienz des Verwaltungshandelns Rechnung. Zudem entspricht sie den theoretischen Grundlagen der Aufsicht, wonach die Berichtigung zunächst die Beobachtung des Aufsichtsgegenstands voraussetzt.482 Derartige Aufsichtsmaßnahmen verletzen die Länder solange nicht in ihrer Wahrnehmungskompetenz, wie der Bund Dritten gegenüber nicht rechtsverbindlich tätig wird.483 Die weisungsimma476

476  BVerfGE 81, 319 (338); Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 135; a. A. Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 40. 477  BVerfGE  104, 249 (265). 478  BVerfGE  104, 249 (267). Vgl. auch Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 131; Shirvani, BayVBl.  2005, 164 (169). 479  BVerfGE  104, 249 (265 ff.); Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 34; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 46; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 19.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 63; Niehaus, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 363, 368; Wieland, in: ebd.; so zuvor schon Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417, 429). 480  Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 34. 481  Vgl. Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 83; Loschelder, Die Durchsetzbarkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 53, jeweils m. w. N. 482  So schon Triepel, Die Reichsaufsicht, S. 120 f. Vgl. näher bei § 9 B. I. 483  BVerfGE  104, 249 (265 f.); Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 5.

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

nenten Auskunfts- und Informationsrechte stehen – wie das Weisungsrecht selbst – dem Bundesminister zu.484 Durch die verfahrensbegleitende Inanspruchnahme der Sachentscheidungsbefugnis auch vor dem Erlass einer Weisung wird das Erfordernis des Einzelfallbezugs gleichwohl nicht obsolet.485 So zeichnet sich die Geschäftsleitungsbefugnis weiterhin durch eine „prinzipielle Vorhabenbezogenheit“ aus, welche die Weisung von den allgemeinen Verwaltungsvorschriften abgrenzt.486 Daher muss sich auch das weisungsvorbereitende Informationsrecht auf den weisungsfähigen Einzelfall beziehen. Zudem unterliegt der Bund bei der Ausübung seiner Sachentscheidungsbefugnis auch im Vorfeld des Weisungserlasses der Pflicht zum bundesfreundlichen Verhalten. Entsprechend dieser Vorgabe kann der Bund auch nach der Wahrnehmung seiner Informationsrechte von einem Weisungserlass absehen oder sich auf eine unverbindliche Stellungnahme beschränken.487

F. Die Bundesaufsicht Hinsichtlich des Aufsichtsrechts des Bundes nach Art. 85 Abs. 4  GG ist vieles im Unklaren. In praktischer Hinsicht wurde ihm bislang nur geringe Bedeutung beigemessen.488 Diese Feststellung dürfte sich nach dem Biblis A-Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch erhärten, da das Gericht dem jeweils zuständigen Bundesminister auch im Rahmen des Weisungsrechts ein den Erlass einer Weisung vorbereitendes Informations- bzw. Aufsichtsrecht zuerkannt hat.489 Eine eindeutige Trennung zwischen Aufsicht und Weisungserteilung wird so zunehmend erschwert.490 Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung stellt die Bundesaufsicht ob ihrer begrifflichen Ungenauigkeiten und historischen Vorbilder somit das 484  Kluth,

in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 131. in: Ossenbühl, Deutscher Atomrechtstag 2002, S. 61, 67. Unklar Degenhart, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 421. 486  Degenhart, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 421 f. 487  BVerfGE  104, 249 (270); Kluth, in: Bonner Kommentar, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 135. 488  So Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 26; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 20; Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht durch die Länderkontrolle durch Bund, Landesverwaltungsgerichte oder unabhängige Verwaltungssenate, S. 63; Schulte, Verw­ Arch 81 (1990), 415 (417, 432). Vgl. auch Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX  5 – 2010 – 0908, S. 8. A. A. hingegen von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1009). 489  Vgl. dazu bei § 8 E. II. 3. c). 490  Vgl. dazu bei § 9 B. III. 485  Hermes,



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes103

dogmatisch schwierigste Einwirkungsrecht dar. In Praxis und Literatur sind ihr Umfang und ihre Mittel sowie die Zuständigkeit zu ihrer Ausübung bislang ungeklärt. Denn anders als die Bundesaufsicht nach Art. 84  GG491 und das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG492 hat die Aufsicht im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung kaum wissenschaftliche Beachtung gefunden. Gegenstand der Bundesaufsicht ist die Ausführung der Bundesgesetze durch die Verwaltungsbehörden der Länder. Der Maßstab der Bundesaufsicht bezeichnet das Richtmaß, an welchem der Vollzug der Bundesgesetze durch die Länder gemessen wird, während die Aufsichtsmittel die Einwirkungsrechte umfassen, mit deren Hilfe die Verwaltungspraxis (wieder) in Einklang mit dem Aufsichtsmaßstab gebracht wird.493 I. Der Maßstab der Bundesaufsicht Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG normiert mit der Kontrolle der Gesetz- und Zweckmäßigkeit einen umfassenden Aufsichtsmaßstab, welcher über die Rechtsaufsicht des Art. 84 Abs. 3 S. 1  GG hinausgeht.494 Aufgrund des Zweckmäßigkeitsmaßstabs wird häufig auch von einer Fachaufsicht gesprochen. Tatsächlich rückt die Bundesaufsicht aufgrund des erweiterten Aufsichtsmaßstabs nah an eine Fachaufsicht heran.495 Zu den Aufsichtsmaßstäben gehören jene Vorgaben und Regeln, deren Einhaltung im Rahmen der Aufsicht überwacht wird. Im Rahmen der Aufsicht über die Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns obliegt dem Bund zunächst die Aufsicht über die Beachtung der Gesetze und Rechtsverordnungen. Zum Aufsichtsmaßstab gehört – trotz der insofern unklaren Formulierung – daneben jedoch auch die Einhaltung der allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Weisungen als verwaltungsinterne Maßgaben im Sinne des 491  Vgl. hierzu Hahl, Die Bundsaufsicht durch den Bundesrat; Hieber, Gegenstand und Maßstab der Bundesaufsicht nach dem Grundgesetz; von Mangoldt, Vom heutigen Standort der Bundesaufsicht; Bilz, Die Beteiligung des Bundesverfassungsgerichts am Verfahren der Bundesaufsicht; Pötschke, Bundesaufsicht und Bundeszwang nach dem Grundgesetz; Bullinger, AöR 83 (1958), S. 279 ff. 492  Vgl. § 1. 493  Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 84. 494  BVerfGE 81, 310 (331); Bull, in: AK-GG, Art. 85 Rn. 25; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 31; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 18, 114; Stern, Staatsrecht II, S. 814; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 163; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 69; Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417, 432). 495  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 78.

104

Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

Art. 85 Abs. 2 und 3 GG.496 Aufgrund der verfassungsrechtlichen Vorgaben stellen diese für die Länder geltendes verbindliches Recht dar.497 Der intersubjektive Charakter der Verwaltungsvorschriften schreibt diesen zudem eine über die bloß verwaltungsinterne Wirkung hinausgehende Steuerungskraft zu, welche sie in die Nähe von Außenrecht rückt.498 Aufgrund der Einbeziehung verwaltungsinterner Steuerungsmittel sind Rechts- und Zweckmäßigkeitsaufsicht im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung nur schwer zu trennen499, beide verschmelzen vielmehr zu einem umfassenden Aufsichtsmaßstab. Indem unbestimmte Rechtsbegriffe ohne Beurteilungsspielraum durch untergesetzliche verwaltungsinterne Regelungen präzisiert werden, bleibt für eine weitergehende Zweckmäßigkeitsaufsicht zur Ausfüllung dieser Begriffe nur wenig Raum. Jedoch dürfte der erweiterte Aufsichtsmaßstab gegenüber der bloßen Rechtsaufsicht zu einer Intensivierung der Bundesaufsicht führen.500 So ist die Zweckmäßigkeitskontrolle über die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns hinaus auf eine effektive, wirtschaftliche und den politischen Zielen entsprechende Verwaltungsführung gerichtet.501 Zudem ist der Bund, anders als im Rahmen der Aufsicht nach Art. 84 Abs. 3  GG, hinsichtlich der Zweckmäßigkeitsaufsicht nicht auf konkrete Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß angewiesen.502 496  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 44, 76; Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 27; Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 66; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 39; F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 78; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 84 Rn. 37; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 66; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 116 f.; Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht durch die Länderkontrolle durch Bund, Landesverwaltungsgerichte oder unabhängige Verwaltungssenate, S. 63, 70; Schäfer, AöR  78 (1952 / 53), 1 (25). 497  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 79; F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 78. 498  Vgl. auch F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 78. 499  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 76; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 39; Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S.  66; Schäfer, AöR 78 (1952 / 53), 1 (25). 500  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 169. 501  Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 54; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 79. 502  Vgl. BVerfGE 127, 165, 221. So auch Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 84 Rn. 19; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 69.



§ 8  Die Ingerenzrechte des Bundes105

II. Die Mittel der Bundesaufsicht Umstritten sind auch die Aufsichtsmittel, also jene Einwirkungsmöglichkeiten, welche dem Bund zur Ausübung der Bundesaufsicht zur Verfügung stehen. Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG ist insofern unvollständig, als er neben dem Aufsichtsmaßstab keine Aussage über die Durchführung der Bundesaufsicht trifft. Unumstritten ist, dass es sich bei der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG in Abgrenzung zum Weisungsrecht des Absatz  3 um eine ausschließlich beobachtende Aufsicht handelt.503 Jedoch geht allein Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG näher auf die speziellen Mittel der Bundesaufsicht ein. Als besondere Informationsrechte kann die Bundesregierung Berichte und die Vorlage von Akten verlangen und Beauftragte zu allen Behörden entsenden. Damit gehen die Mittel der Aufsicht im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung über die Mittel des Art. 84 Abs. 3  GG hinaus.504 Aufgrund der erhöhten Eingriffsintensität ist hierfür jedoch ein Beschluss der Bundesregierung erforderlich505, weshalb die Maßnahmen nach Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG bislang praktisch nicht relevant wurden506. Fraglich ist, ob die Aufsichtsmittel des Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG abschließend sind.507 Als weitere Maßnahmen sind allenfalls solche Aufsichtsmittel zulässig, die in ihrer Intensität hinter den verfassungsrechtlich ausdrücklich vorgesehenen Mitteln zurückbleiben.508 Schlüssiger erscheint jedoch, weniger weitreichende Aufsichtsmittel auf die Befugnis des Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG zu stützen.509 Gleichwohl kann der Bund entsprechende Maßnahmen im Einzelfall zur Vorbereitung seines Weisungsrechts bereits aufgrund der Ermächtigung des Art. 85 Abs. 3 GG treffen.510

503  Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 41; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 85 Rn. 15; Hermes, in: Koch u.  a., 11.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 353; Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 133. 504  Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht durch die Länderkontrolle durch Bund, Landesverwaltungsgerichte oder unabhängige Verwaltungssenate, S. 63, 71; Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417, 432). 505  Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 85 Rn. 32. 506  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 83; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1009). 507  Ablehnend Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 88. 508  Jochum, DÖV 2003, 16 (23). 509  So Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 194. 510  Dazu oben bei § 8 E. II. 3. c).

106

Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

III. Die Zuständigkeit zur Ausübung der Bundesaufsicht Ausweislich des Wortlauts des Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG stehen jedenfalls die besonderen Informationsrechte der Bundesregierung als Kollegialorgan zu.511 Zu ihrer Anwendung bedarf es somit eines Kabinettsbeschlusses.512 Eine Auslegung der Zuständigkeitsregelung dahin, dass mit der Bundesregierung auch der jeweilige Bundesminister gemeint ist oder jedenfalls eine Überleitung der Aufsichtskompetenz auf diesen möglich ist, dürfte angesichts der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, unter der Bundesregierung im Rahmen des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG das Kollegium zu verstehen513, nicht haltbar sein. Vielmehr erscheint zum Schutz der Länder eine einheitliche Auslegung der Zuständigkeit der Bundesregierung angebracht.514 Unklar ist hingegen die Zuständigkeit zur Ausübung des Aufsichtsrechts nach Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG. Dieser macht hierzu keine Angaben. Aus dem Zusammenhang mit dem Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG wird gefolgert, dass die zuständige Oberste Bundesbehörde auch Träger der Aufsicht im Sinne des Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG ist.515 Andere sehen die Zuständigkeit im Rahmen des Art. 85 Abs. 4  GG einheitlich bei der Bundesregierung.516 Hingegen erscheint es unzweckmäßig, die Wahrnehmung der einfachen Informationsrechte im Rahmen der Bundesaufsicht von einer entsprechenden Entschließung der Bundesregierung abhängig zu machen. Zudem stellen die einfachen Informationsrechte, welche sich auf einen gegenseitigen Informationsaustausch beschränken, keine den Ingerenzrechten des Art. 85 Abs. 4 511  Ahlert, Das Aufsichtsrecht des Bundes über die Länder nach dem Bonner Grundgesetz, S. 106 f. mit Verweis auf die historischen Vorbilder; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 83; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 70 mit Verweis auf die Ausnahmen der Art. 87b Abs. 2 S. 1, Art. 108 Abs. 3 S. 2 und Art. 120a Abs. 1 S. 1  GG. 512  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 169; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1009). 513  BVerfGE  100, 249 (261). Vgl. auch Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 83, der auf die Notwendigkeit eines Kabinettbeschlusses hinweist. 514  Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 42; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 169; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 83. Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  158 f. 515  Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 42; Hömig, in: ders., Grundgesetz, Art. 85 Rn. 14; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 33; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 270; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 194. 516  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 114.



§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht107

S. 2 GG vergleichbaren Eingriffe in die Verwaltungshoheit der Länder dar, sodass es des Schutzes durch einen Beschluss des Kollegiums der Bundesregierung nicht bedarf.517

§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht Trotz umfassender Ausführungen in der Literatur steht die Entwicklung eines schlüssigen Systems der Ingerenzrechte in der Bundesaufsicht bislang aus. Die Differenzierung zwischen den einzelnen Absätzen des Art. 85 GG und den dort normierten Einwirkungsrechten mit ihren verschiedenen Rechtserzeugungsregeln, Zuständigkeiten, Zustimmungsvorbehalten und Adressaten scheint weiterhin unsystematisiert.518 Insbesondere das aufsichtsrechtliche Verhältnis zwischen dem Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG und der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4 GG wurde durch das Biblis A-Urteil zwar etwas erhellt, aber keineswegs abschließend geklärt. Grund hierfür sind neben dogmatischen Schwierigkeiten auch Unklarheiten hinsichtlich der Grundlagen der Aufsicht, welche sich in der Verwaltungspraxis offenbaren.519 Was unter den Begriff der Bundesaufsicht fällt, welche Maßnahmen sie umfasst, in welchem Verhältnis diese zueinander stehen und wie sie umzusetzen ist, ist der Vorschrift des Art. 85 GG nicht unmittelbar zu entnehmen.520 Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG setzt die Bundesaufsicht vielmehr stillschweigend voraus, es fehlt jedoch an ihrer weiteren Aufarbeitung.521 Grund hierfür ist zum einen, dass Bund und Länder Meinungsverschiedenheiten zumeist gütlich beilegen, zum anderen werden Maßnahmen der Aufsicht teilweise auch nicht als solche erkannt522. Zur Aufarbeitung des Instituts der Bundesaufsicht sind die Aufsichtsbefugnisse des Bundes zunächst allgemein zu definieren und sodann die beobachtende Aufsicht von den Kompetenzen im Rahmen des Weisungsrechts und den diesem immanenten Informationsrechten abzugrenzen. An dieser Stelle soll daher der Versuch unternommen werden, die Einwirkungsrechte des Bundes in einen weiteren Zusammenhang der Bundesaufsicht einzuordnen und damit einer Systematisierung zugänglich zu machen. Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 33. in: Koch  u. a., 11.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 352. Vgl. auch Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 150. 519  Zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht unter § 19. 520  Etscheid, VR 2010, 229. Vgl. auch den entsprechenden Befund zur Fachaufsicht bei Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 4; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 2. 521  Vgl. von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 f., der von einer „dogmatischen Unterbilanz“ spricht. Ebenso Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 20 mit Fn. 97. 522  Hieber, Gegenstand und Maßstab der Bundesaufsicht nach dem Grundgesetz, S. 17. 517  Vgl.

518  Hermes,

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

A. Abgrenzung der Bundesaufsicht zu anderen Formen der Aufsicht Zunächst ist die Bundesaufsicht inhaltlich zu definieren und von anderen Aufsichtsbegriffen abzugrenzen.523 Ein klarer Inhalt konnte der Bundesaufsicht bislang nicht zugeschrieben werden.524 So ist nicht abschließend geklärt, ob die Aufsicht nach Art. 85 Abs. 4 GG im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung angesichts des Wortlauts der Norm, der Funktion, des Aufsichtsmaßstabs sowie des Aufsichtsverfahrens gemeinsam mit der Aufsicht nach Art. 84 Abs. 4 S. 1 GG im Rahmen landeseigener Verwaltung ein einheitliches Institut der Bundesaufsicht bildet.525 Dem mag auch die Tatsache zugrunde liegen, dass über die Theorie des Verwaltungsorganisationsrechts hinaus bislang keine Darstellung der Praxis des heutigen Rechtsinstituts der Bundesaufsicht erfolgte.526 I. Bundesaufsicht und Staatsaufsicht Umstritten ist, ob die Bundesaufsicht als Aufsicht des Bundes über die Verwaltungsführung der Länder zur Staatsaufsicht zählt. Die Staatsaufsicht im weiten Sinne meint die Aufsicht über die öffentlich-rechtlich organisierten Verwaltungsträger und deren Behörden, der engere Begriff der Staatsaufsicht umfasst hingegen lediglich die Aufsicht über die Selbstverwaltungskörperschaften, welche ihre Verwaltungskompetenzen vom Staat ableiten.527 Im Gegensatz zu diesen kommt den Ländern selbst Staatlichkeit zu, weshalb die ihnen durch das Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben genuine 523  Vgl. hierzu Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 51  ff.; Groß, DVBl. 2002, 793 (795 ff.). 524  Groß, DVBl. 2002, 793 (795). 525  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 70, 80; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 114; Groß, DVBl. 2002, 793 (796). 526  Versuche hierzu etwa bei Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht; von Mangoldt, Vom heutigen Stande der Bundesaufsicht. 527  Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 362 ff., 401, welcher hinsichtlich der Verwendung des Begriffs der Staatsaufsicht von einer „völlige[n] Konzeptlosigkeit“ spricht; Pieper, Aufsicht, S.  131 f.; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 93 ff.; Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 39; Schröder, JuS 1986, 371 f. Die Aufsicht über Private in Form der Wirtschaftsaufsicht fällt heute nicht mehr unter den Begriff der Staatsaufsicht; explizit bei Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 366 ff.; ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 113 ff.



§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht109

Länderaufgaben darstellen.528 Das bundesaufsichtliche Verhältnis bedarf somit stets einer grundgesetzlichen Begründung.529 Die Aufsicht des Bundes über die Länder ist somit von der Staatsaufsicht abzugrenzen. Die Bundesaufsicht dient vielmehr „der Gewährleistung der spezifisch bundesstaat­ lichen Verfassung“ als „Mittel bundesstaatlicher Integration“ und ist somit Gegenstand des Staatsrechts.530 II. Bundesaufsicht und Fachaufsicht Zudem muss die Aufsicht des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung vom Institut der Fachaufsicht unterschieden werden. So wird die Bundesaufsicht aufgrund des über die bloße Überprüfung der Gesetzmäßigkeit hinausgehenden Aufsichtsmaßstabs vielfach als Fachaufsicht bezeichnet.531 Soweit der Begriff der Fachaufsicht den Maßstab der Recht- und Zweckmäßigkeit bezeichnet, trifft dies zu, da die Bundesaufsicht den für die Fachaufsicht charakteristischen Aufsichtsmaßstäben entspricht.532 Trotz dieser Ähnlichkeiten weisen Fach- und Bundesaufsicht grundsätzliche Unterschiede auf. Während der Fachaufsicht ein hierarchisches Organisationsverständnis zugrunde liegt, stellt die Bundesaufsicht keine Form der Aufsicht über nachgeordnete Behörden dar.533 Vielmehr handelt es sich bei den beaufsichtigten Ländern um Gebietskörperschaften mit eigener, unmittelbarer Staatlichkeit.534 Gegenüber der Fachaufsicht, welche Ausfluss der Geschäftsleitungsgewalt ist und in deren Rahmen den übergeordneten Behör528  Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 46 f.; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 52. 529  Pieper, Aufsicht, S. 344, 346. 530  Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 397  f.; ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 123 ff. Vgl. auch Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 16 f. 531  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 5; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 32; Ahlert, Das Aufsichtsrecht des Bundes über die Länder nach dem Bonner Grundgesetz, S. 28; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 163; Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 24; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S.  196 f.; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 52; Etscheid, VR 2010, 229 (231). 532  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 197; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 52; Etscheid, VR 2010, 229 (230, 236). 533  Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht durch die Länderkontrolle durch Bund, Landesverwaltungsgerichte oder unabhängige Verwaltungssenate, S.  63 f.; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 52. 534  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 193, 196 f.

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

den umfassende Steuerungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, kommt dem Bund die Befugnis zur Ausübung der Bundesaufsicht nur nach Maßgabe der Verfassung zu.535 Die Bundesaufsicht ist hingegen beschränkt. Denn während dem Bund die letztverbindliche Entscheidung über sachlich-inhaltliche Aspekte des Gesetzesvollzugs zukommt, tragen die Länder die grundsätzliche Verantwortung für das Verwaltungshandeln in organisatorischer und personeller Hinsicht536, was der Finanzierung der Verwaltungsausgaben durch die Länder gemäß Art. 104a Abs. 5 GG entspricht537. Einflussmöglichkeiten auf die Organisation, das Personal sowie den Haushalt der ausführenden Behörden kommen dem Bund im Rahmen des Art. 85 GG hingegen nur eingeschränkt zu. Vielmehr schaffen die Länder in diesen Bereichen die „faktischen Rahmenbedingungen“538 des Verwaltungshandelns. Etscheid539 spricht insofern von „Inkongruenzen zwischen Verantwortlichkeiten und Einflussmöglichkeiten“. Konsequenz dieser Differenzierung ist, dass die Aufsicht des Bundes nicht auf eine Ressourcensteuerung und -nutzung, mithin Effizienzaspekte, gerichtet ist, sondern auf die Zielerreichung, mithin die Effektivität des Verwaltungshandelns, beschränkt bleibt.540 Der relevante Unterschied zwischen Bundes- und Fachaufsicht liegt demnach in der mangelnden Beeinflussungsmöglichkeit der verwaltungsinternen Arbeitsabläufe auf Landesebene. Dies macht eine Differenzierung zwischen Fach- und Bundesaufsicht erforderlich541, welche auch in einer eigenen Theorie sowie der terminologischen Unterscheidung der Bundesaufsicht vom Begriff der Fachaufsicht zum Ausdruck kommen sollte542. Etscheid543 trifft daher für die Bundesaufsicht folgende, von der Fachaufsicht abgeleitete Definition: „Bundesaufsicht ist das auf die Sicherstellung bzw. Verbesserung der Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit gerichtete und sachlichinhaltliche demokratische Legitimation vermittelnde ziel- und risikoorien535  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 193, 197; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 53; Etscheid, VR 2010, 229 (232). 536  Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 53; Etscheid, VR 2010, 229 (232). 537  von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1011). 538  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 197. 539  Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 197. 540  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 197; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 53; Etscheid, VR 2010, 229 (233); vgl. auch Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX  5 – 2010 – 0908, S. 6. 541  Vgl. hierzu ausführlich Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S.  197 ff.; ders., VR 2010, 229 (235). 542  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 188. 543  VR 2010, 229 (235).



§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht111

tierte Beobachten, Bewerten und Beeinflussen des Verhaltens von Verwaltungen der Länder bei der Ausführung von Bundesgesetzen durch die hierzu befugte und verpflichtete (oberste) Bundesbehörde oder die Bundesregierung.“

B. Aufsicht, Kontrolle und Steuerung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Der Begriff der Bundesaufsicht ist in seinen Konturen unklar und bedarf einer inhaltlichen Ausgestaltung und Abgrenzung von anderen Formen der Einflussnahme.544 I. Die Abgrenzung der Begrifflichkeiten Dem Wortsinn der Aufsicht nach handelt es sich um eine bloße Beobachtung des Aufsichtsgegenstands.545 Seit der Untersuchung Triepels546 wird der Aufsicht neben der bloßen Beobachtung auch ein repressives Element der Berichtigung zugeschrieben.547 Sie umfasst neben einem nachträglichen Vergleich der tatsächlich mit der gewünschten Situation (Soll / Ist-Vergleich) somit auch die Nachsteuerung der Verwaltungstätigkeit im Sinne einer ­Mängelberichtigung und ‑beseitigung.548 Aufgrund dieser Möglichkeit des Eingriffs in die Verwaltungsführung des Beobachteten549 geht die Aufsicht über die bloße Kontrolle der Einhaltung festgelegter Maßstäbe hinaus550. 544  Vgl. auch Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 349 ff.; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 f. 545  Triepel, Die Reichsaufsicht, S. 110 f., spricht von der Beaufsichtigung als dem „von oben auf etwas sehen“; vgl. auch Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 349 f., 353; Pieper, Aufsicht, S. 149; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 12. 546  Die Reichsaufsicht, S. 111. 547  Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 353 f.; ders. in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 13; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 73. 548  Triepel, Die Reichsaufsicht, S. 111 spricht davon, „das Objekt der Beobachtung mit irgendeinem Richtmaß in Übereinstimmung zu bringen oder zu erhalten“. Oebbecke, Weisungs- und unterrichtsfreie Räume in der Verwaltung, S. 18, spricht von einer „Führungsaufsicht“. 549  Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 38 f. 550  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 126 f.; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 354, 404; Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 592; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 30 f.; Pieper, Aufsicht, S. 146 ff.; Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 215, welcher auch die ex-post Steuerung im Sinne einer Nach-Steu-

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

Sie dient damit der internen Kontrolle und Selbstkorrektur der Verwaltung.551 Die Aufsicht steht im Zusammenhang mit der Kontrolle, welche neben der verwaltungsinternen Beaufsichtigung auch externe Prüfungen durch unabhängige Stellen umfasst. Gegenüber der Aufsicht ist die Kontrolle jedoch auf eine reine Beobachtung des Verwaltungshandelns im Sinne eines Soll / Ist-Vergleichs beschränkt552 und impliziert keine weiteren korrigierenden Maßnahmen553. Die Kontrolle wird daher auch als beobachtende Aufsicht bezeichnet, welche zwar nicht immer dauerhaft, aber latent und gezielt erfolgen muss.554 In der Literatur ist die Abgrenzung der Begriffe häufig ungenau und variiert zwischen den Darstellungen.555 Aufsicht und Kontrolle werden wiederum dem Oberbegriff der Steuerung zugeordnet. Neben der Beobachtung und Berichtigung umfasst diese auch die Lenkung des Verwaltungshandelns556 und soll daher in die Betrachtung einbezogen werden. Lenkung meint die inhaltliche Programmierung der Verwaltungstätigkeit, welche zumeist präventiv und damit ex ante erfolgt. Im Rahmen der Lenkung werden die Maßstäbe für die spätere Aufsicht erung anerkennt; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 72 f.; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 15; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 41 spricht von der Kontrolle als „Handlanger“ der Aufsicht; Schröder, JuS 1986, 371. 551  Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 1. 552  Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 402 ff.; Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S.  215 f.; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 15; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 40. Vgl. zur Differenzierung von interner und externer Kontrolle Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 47 ff.; Kluth, in: Wolff u. a., Verwaltungsrecht II, § 101 Rn. 5 ff. Zur externen Kontrolle bei § 20. Vgl. auch Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 71 ff. 553  Verstanden als „Gegenrolle“, franz. „contre rôle“ bzw. lat. „contra rotulus“, vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 403; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 40; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 3 f. Ebenso Triepel, Die Reichsaufsicht, S. 109. 554  Vgl. Pieper, Aufsicht, S. 148 f. 555  Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 402 ff., welcher von einem „rege[n] Durcheinander“ und „weitgehende[r] Anarchie“ spricht; ders., in: Hoffmann-Riem / SchmidtAßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 15. 556  Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 355 f. benutzt als Oberbegriff für Leitung, Lenkung, Kontrolle und Aufsicht (im engeren Sinne) den Begriff der Steuerung; vgl. auch ders. in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 11; ebenso BVerfGE  104, 149 (275). Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 11, fasst unter dem Oberbegriff der Führung die Unterfunktionen der Zielformulierung, Steuerung und Kontrolle zusammen, welche sich gegenseitig bedingen.



§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht113

gesetzt, sie dient somit der Zielformulierung und ist von der die Zielerreichung überprüfenden Kontrolle abzugrenzen.557 Entsprechend ihrer jeweils zugrunde liegenden Prozesse bezeichnet Etscheid558 die unterschiedlichen Steuerungsphasen auch als Planung und Gestaltung, Beobachtung und Analyse sowie Nachsteuerung und Eingriff. Entsprechend dem Zeitpunkt ihres Eingreifens lassen sich die Steuerungsmodi entweder auf einen präventiven oder repressiven Charakter zurückführen.559 Auch diese Differenzierung geht auf Triepel560 zurück, welcher zwischen vorbeugenden und unterdrückenden Aufsichtsmitteln unterscheidet. Gleichwohl ist auch hier eine trennscharfe Abgrenzung nicht immer möglich, da der Aufsicht auch präventive Steuerungselemente immanent sind, ebenso wie repressive Maßnahmen das zukünftige Verwaltungshandeln zu beeinflussen geeignet sind.561 II. Die Umsetzung der Steuerungsmodi im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Im Folgenden sollen die einzelnen Ingerenzrechte des Art. 85 GG zur Systematisierung einem Steuerungsmodus zugeordnet werden. 1. Der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften werden den präventiven Steuerungs- bzw. Lenkungsinstrumenten zugerechnet.562 Sie stellen somit grund557  Kahl, Die Staatsaufsicht, S.  358; ders., in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 30; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 43. 558  Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 129 ff.; ders., VR 2010, 229 (233). 559  Groß, DVBl. 2002, 793 (797). 560  Die Reichsaufsicht, S. 627; vgl. auch Pötschke, Bundesaufsicht und Bundeszwang nach dem Grundgesetz, S. 79. 561  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 87; Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 15; Pitschas, Verwaltungsverantwortung und Verwaltungsverfahren, S. 592; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  70 f.; Groß, DVBl. 2002, 793 (797). 562  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 31; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 362; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 71; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 91; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 173; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 31; Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 41; Zech, DVBl. 1987, 1089 (1094).

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

sätzlich kein Mittel der Aufsicht dar, sondern bilden vielmehr deren Maßstab.563 Gleichwohl können allgemeine Verwaltungsvorschriften auch zum Zweck der Beseitigung eines konkreten Mangels erlassen werden.564 In diesem Fall wird das Aufsichtsmittel über den konkreten Fall hinaus zum Maßstab des weiteren Vollzugs des Gesetzes.565 Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung bedarf die Steuerung durch allgemeine Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG stets der Mitwirkung der Länder, deren Interessen durch die Steuerungsmaßnahmen berührt werden. Aufgrund der Bundesratszustimmung werden die Steuerungsbefugnisse des Bundes somit entsprechend limitiert.566 Zudem sind eine enge Kooperation und ein Erfahrungsaustausch zwischen Bundes- und Landesbehörde bei der Erarbeitung der Steuerungsinstrumente sinnvoll, um die spätere Befolgung der aufgestellten Regeln sicherzustellen.567 2. Der Erlass von Weisungen Die Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG stellt zunächst eine Möglichkeit der Berichtigung des Ländervollzugs als Reaktion auf vorangegangenes Verwaltungshandeln dar.568 Darüber hinaus dient die Weisung auch der Lenkung zukünftigen Verwaltungshandelns und bevorstehender Verwaltungsentscheidungen.569 Zwar ist die Weisungsbefugnis auf Einzelfälle beschränkt570, ihre Steuerungswirkung geht jedoch regelmäßig darüber hinaus 563  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 44; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 91; Bilz, Die Beteiligung des Bundesverfassungsgerichts am Verfahren der Bundesaufsicht, S. 75 f.; Pötschke, Bundesaufsicht und Bundeszwang nach dem Grundgesetz, S. 144; Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 361; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 171 ff.; wohl auch Depenbrock, DÖV 1970, 235 (236); Zech, DVBl. 1987, 1089 (1094). 564  Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 173. 565  Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 84. 566  Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 36; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 197 f.; ders., VR 2010, 229 (233). Vgl. auch Mager, in: Trute u. a., Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, S. 369, 384 f., nach welcher dem Bund jedoch ein „verfahrensmäßig gebundene[r] Vorrang zukommt“. 567  Etscheid, VR 2010, 229 (233). 568  Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 5; Etscheid, VR 2010, 229 (230). 569  Pieper, Aufsicht, S. 346; Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 120; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 51; Zech, DVBl. 1987, 1089 (1094). 570  Vgl. bei § 8 II. 2.



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und ist somit geeignet, auch vergleichbare Fälle sachlich zu lenken571. So kommt dem Weisungsrecht steuernde Wirkung zu, bevor im jeweiligen Einzelfall eine Weisung ergeht.572 Diese Form der Weisung zur präventiven Lenkung des Verwaltungshandelns ist aufgrund ihrer Anwendung im Bereich der Kernenergieverwaltung zuletzt verstärkt in den Vordergrund gerückt. Neben der repressiv-korrigierenden kommt der Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG somit auch eine präventiv-steuernde Funktion zu.573 Sie wirkt „nicht nur reaktiv, sondern auch initiativ“574 und somit „multifunktional“575. Die Weisung ist damit sowohl Mittel als auch Maßstab der Bundesaufsicht.576 Die Grenze zwischen Aufsicht und Lenkung ist somit fließend577, das Weisungsrecht kann beiden Kategorien zugeordnet werden. 3. Der Charakter der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4 GG Der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG kommt hingegen eine rein kontrollierende Funktion zu.578 Sie ist maßgeblich durch ihre Informationsrechte gekennzeichnet und beschränkt sich auf die generelle und dauerhafte Beobachtung des Gesetzesvollzugs durch die Länder.579 Daneben dient sie 571  Winkler,

Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 121. Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 4 f. Vgl. hierzu auch § 17 B. II. 573  Pieper, Aufsicht, S. 21; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 32, 73; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 32. Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 31, 82 und Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (595 f.) halten sie für (vorrangig) präventiv. 574  Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 16. 575  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 82. Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 21, spricht von einer „zweifache[n] Stoßrichtung“. 576  A. A. Depenbrock, DÖV 1970, 235 (236), nach welchem Aufsichtsmaßstäbe nur durch Gesetz oder allgemeine Verwaltungsvorschriften geschaffen werden können. 577  Kahl, Die Staatsaufsicht, S. 357, 359; Burgi, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 8 Rn. 41; Kluth, in: Wolff u.  a., Verwaltungsrecht II, § 83 Rn. 190. 578  Pieper, Aufsicht, S. 346 spricht von einer beaufsichtigenden Wirkung; Zech, DVBl. 1987, 1089 (1094) misst der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4 GG zudem den Zweck der Mängelbeseitigung zu. 579  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 23, 68; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 73, 169; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 32; F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 77; Niehaus, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposi572  Oebbecke,

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

auch der Überwachung der Einhaltung präventiver Steuerungsmaßnahmen. Berichtigende Maßnahmen sind im Rahmen der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG hingegen ausgeschlossen. Eine spätere Korrektur des Ver­ waltungshandelns erfolgt im Rahmen des Weisungsrechts nach Art. 85 Abs. 3  GG.580 Die allgemeine Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG stellt somit die notwendige Vorstufe und Grundlage einer einzelfallbezogenen Berichtigung des Verwaltungshandelns im Rahmen des Weisungsrechts dar.581 Gleichwohl ist es von diesem unabhängig, da die Kontrolle nicht notwendig eine Korrektur des Verwaltungshandelns nach sich zieht.582 Die Bundesaufsicht hat damit, worauf Etscheid583 zutreffend hinweist, einen doppelten Charakter: Neben ihrer präventiven Beobachtungsfunktion dient sie auch der Vorbereitung repressiver Aufsichtsmaßnahmen. III. Zum Verhältnis von Aufsichts- und Weisungsrecht Bundesaufsicht und Weisungsrecht stellen somit zwar kein einheitliches Rechtsinstitut dar584, gleichwohl stehen sie in einem funktionellen Zusammenhang585. So ist das Element der Beobachtung nicht nur der Aufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG zuzuordnen, sondern auch dem Weisungsrecht als Form der berichtigenden Aufsicht immanent. Um der eigenständigen Bedeutung des Aufsichtsrechts nach Art. 85 Abs. 4  GG und den unterschiedlichen Voraussetzungen von Weisungs- und Aufsichtsrecht gerecht zu werden, ist zwischen dem Aufsichtsrecht im Vorfeld einer Weisung und der reinen Beobachtungsaufsicht nach Absatz 4 zu differenzieren.586 Während das Weium, S. 363, 367 f.; Degenhart, ebd., S. 409, 420; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 384; Schäfer, AöR  78 (1952 / 53), 1 (22); Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  94 (2003), 127 (143). 580  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 77. 581  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 71, 126. von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1009) spricht von der Beobachtungs- und der Berichtigungsfunktion als komplementär angelegte Komponenten einer einheitlichen Bundesaufsicht. 582  Vgl. auch BVerfGE  104, 249 (270). 583  Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 195. 584  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 69  ff.; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 32; Hermes, in: Koch  u. a., 11.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 351; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (595 f.). A. A. Degenhart, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 423. 585  Vgl. Degenhart, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 420, 423 f. 586  Vgl. Hermes, in: Koch  u. a., 11.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 350 f.; Wieland, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 393, 400.



§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht117

sungsrecht das vorrangige Mittel zur Einflussnahme auf die Verwaltungsführung der Länder darstellt, dient das Aufsichtsrecht allein der Informationsbeschaffung und Beobachtung der eigenständigen Verwaltungsführung der Länder.587 Die Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG stellt somit eine allgemeine, vom Einzelfall unabhängige Kontrolle der Verwaltungspraxis dar, welche dem Bund auch ohne Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis zusteht.588 Diese verbleibt im Rahmen der Bundesaufsicht stets bei den Ländern und darf durch aufsichtsrechtliche Maßnahmen des Bundes nicht beeinträchtigt werden. Insbesondere in Bereichen der politisch wenig brisanten Massenverwaltung, in denen zunächst ein allgemeiner Überblick über die Praxis des Gesetzesvollzugs gewonnen werden muss, bedarf es dieses anlasslosen und einzelfallunabhängigen Informationsrechts.589 Die weisungsimmanenten Informationsrechte des Art. 85 Abs. 3 GG sind hingegen zur Vermeidung von Doppelzuständigkeiten an die vorherige Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis geknüpft und müssen ebenso wie das Weisungsrecht einen Einzelfallbezug aufweisen.590 Zwar kann der Bund die Sachentscheidungsbefugnis jeweils nach eigener Entscheidung, aber nicht generell auf sich überleiten.591 Die Aufsicht im Vorfeld einer Weisung greift somit erst ein, sobald ein Bundesminister im konkreten Einzelfall die Steuerung des Verwaltungshandelns übernimmt.592 Dadurch wird ein gestuftes Verfahren der Aufsicht etabliert. Eine Abgrenzung zwischen präventiver Weisung und repressiver Aufsicht oder der Differenzierung zwischen Geschäftsleitung in eigener Sache und der Aufsicht über fremde Angelegenheiten ist folglich obsolet.593 587  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 65; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 165; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 69. 588  Vgl. Wieland, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 393, 400; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 384. 589  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 49; ders., in: Koch u. a., 11. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 353, spricht von der „Normallage“ der Bundesauftragsverwaltung. Vgl. auch Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 72. 590  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 51; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 131 f.; Müller / Mayer / Wagner, VerwArch  94 (2003), 127 (144, 148). A. A. Degenhart, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 420 ff., nach welchem das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG auch kontinuierlich begleitende Maßnahmen umfasst. 591  Hermes, in: Ossenbühl, Deutscher Atomrechtstag 2002, S. 61, 67; Wieland, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 393, 400 f. Vgl. auch Niehaus, ebd., S. 363, 368. 592  Wieland, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 393, 400 f. 593  Vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Bd.  III, Art. 85 Rn. 21  ff.; Degenhart, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 423.

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Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

Die im Rahmen der Bundesaufsicht gewonnenen Erkenntnisse können sodann zur Einleitung eines Weisungsverfahrens führen594, die Bundesaufsicht somit Anlass für den Erlass einer Weisung sein. Ferner ermöglicht sie dem Bund, die zur Ausübung seiner Ingerenzrechte erforderlichen Erfahrungen zu sammeln und erleichtert dadurch die Vorbereitung einer informierten Sachentscheidung im Rahmen des Weisungsrechts.595 Folglich muss auch der Zweckmäßigkeitsmaßstab der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG im Rahmen des Weisungsrechts eine entsprechende Anwendung finden. So wäre eine Kontrolle am Maßstab der Zweckmäßigkeit sinnlos, wenn darüber hinaus keine entsprechende Möglichkeit zur Berichtigung des Verwaltungshandelns im Weisungswege bestünde.596 IV. Der Begriff der Bundesaufsicht Der enge Zusammenhang von Aufsichts- und Weisungsrecht kommt schließlich auch in einer doppeldeutigen Verwendung des Begriffs der Bundesaufsicht zum Ausdruck.597 Während der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften als Form der Lenkung grundsätzlich598 nicht dem Aufsichtsbegriff unterfällt, wird der Begriff der Bundesaufsicht jedoch sowohl in einem weiten, als auch in einem engen Sinne verwandt. Im engen Sinne meint er allein die in Art. 85 Abs. 4 GG als Bundesaufsicht bezeichnete einzelfallunabhängige Beobachtung und Kontrolle der Verwaltungsführung der Länder durch den Bund.599 In einem weiteren Sinne umfasst die Bundesaufsicht neben der Kontrolle im Sinne eines Soll / Ist-Vergleichs auch die darüber hinausgehende Steuerung und Berichtigung des Verwaltungshandelns. Folglich ist auch das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG der Bundesaufsicht im weiteren Sinne zuzuordnen.600 Für die Aufsicht des Bundes nach Art. 85 594  Hermes,

in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 23. Hermes, in: Koch  u. a., 11.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 353; Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 25. 596  So auch Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 42; Lange, NVWZ 1990, 928 (929). 597  Vgl. Ossenbühl, in: ders., Deutscher Atomrechtstag 2002, S. 49, 57. Vgl. auch Tschentscher, der seine Dissertation „Inhalt und Schranken des Weisungsrechts des Bundes aus Artikel 85 III GG“ später unter dem Titel „Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung“ veröffentlicht hat. 598  Vgl. zu Ausnahmen bei § 9 B. II. 1. 599  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 127; Groß, DVBl. 2002, 793 (796). 600  Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 69 ff. mit Verweis auf Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 126 f. Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 50, spricht hinsicht595  Vgl.



§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht119

Abs. 4 GG ist der Begriff der Bundesaufsicht jedenfalls insofern missverständlich, als die Aufsicht nach allgemeiner Auffassung auch das Element der Berichtigung umfasst.

C. Generelle Pflicht zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht Die Bundesaufsicht (im weiten Sinne) ist im föderalen System der Bundesrepublik begründet. Aufgrund des Auseinanderfallens von Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeiten kommt ihr eine verfassungspolitische Funktion im Beziehungsgeflecht zwischen Bund und Ländern zu.601 Auch der Bundesrechnungshof spricht in seinen Bemerkungen von einer Pflicht des Bundes, „die Arbeit der Landesbehörden zu beobachten, zu prüfen und ggf. steuernd einzugreifen“.602 Insbesondere sei er für die „wirtschaftliche und zweckmäßige Verwendung“ der von den Landesbehörden verwalteten Bundesmittel verantwortlich.603 Begründen lässt sich eine solche Pflicht zunächst mit der Verantwortlichkeit des Bundes für den Vollzug der Gesetze in seinem Auftrag. Zwar kommt eine Verantwortung für das Verwaltungshandeln im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung aufgrund ihrer Eigenverantwortlichkeit zunächst und vor allem den ausführenden Länder zu. Gleichwohl weist auch die Befugnis des Art. 85 GG dem Bund eine Verantwortung für den Vollzug seiner Gesetze zu. Diese Verantwortung trifft den Bund unabhängig von einer Aktualisierung seiner Sachentscheidungsbefugnis im einzelnen Weisungsfall. Aus der latenten Sachverantwortung des Bundes für den Gesetzesvollzug resultiert somit die grundsätzliche Verpflichtung, eine Aufsicht über seinen Verantwortungsbereich auszuüben.604 Diese Aufsichtspflicht lich der Aufsicht im weiten Sinne von einer Bundesaufsicht im institutionellen Sinn; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 82, spricht diesbezüglich von einer „Aufsicht im technischen Sinne“. Vgl. auch Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 384. 601  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 128 mit Verweis auf Frowein, Die selbständige Bundesaufsicht nach dem Grundgesetz, S. 35. 602  Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 125. 603  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 126. Vgl. auch Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 103. 604  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 128; ders., in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 81; Frowein, Die selbständige Bundesaufsicht nach dem Grundgesetz, S. 35; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 161; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1006 f.); ders., DÖV 2001, 353 (359). Vgl. die

120

Kap. 3: Die Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung

stellt das Gegenstück der Sachverantwortung für das Verwaltungshandeln dar.605 Aufgrund des in Art. 20 Abs. 1 und 2 GG normierten Demokratieprinzips sowie des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG obliegt es jeder Stelle der öffentlichen Verwaltung, die ihr zukommenden Kontrollfunktionen auch wahrzunehmen.606 Die verfassungsrechtliche Zuweisung von Kompetenzen begründet somit eine grundsätzliche Verpflichtung zu ihrer Ausübung.607 Diese ist jedoch rein genereller Natur und begründet keine Pflicht des Bundes, im Einzelfall bestimmte Maßnahmen im Rahmen seiner Ingerenzrechte zu treffen.608 Jedoch bedarf es einer kontinuierlichen Beobachtung des Verwaltungshandelns, um bei Bedarf steuernd einzugreifen. Zudem ist im Rahmen der Bundesaufsicht aufgrund der Eigenverantwortung der Länder nicht zwingend der einzelne Rechtsverstoß von Belang, sondern vielmehr die Störung des bundesstaatlichen Gefüges zwischen Bund und Ländern.609 Die Bundesaufsicht soll somit die „Integration der Länder in den Bund“ im Sinne des unitarischen Bundesstaats sichern.610 Zugleich ist die Aufsicht auch Konsequenz der Verselbstständigung der Verwaltung.611 Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung ist diese in der Selbstständigkeit und Eigenverantwortlichkeit der Länder verwirklicht. Jedoch begründet die Verwaltungshoheit der Länder trotz ihrer Bindung an Gesetze und verwaltungsinterne Vorgaben des Bundes die Gefahr eines uneinheitlichen Vollzugs der Bundesgesetze. Der Gleichheitsgrundsatz verForderungen des Bundesrechnungshofes zur Beaufsichtigung des Landesvollzugs durch den Bund in: Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX 5 – 2010 – 0908, hierzu näher bei § 19. 605  Pieper, Aufsicht, S.  235 f.; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 71, 75. 606  Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 216; Kahl, in: HoffmannRiem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 64 f. 607  Vgl. Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (589). Auch Wagner, DVBl. 1987, 917 (919) nimmt eine Verpflichtung des Bundes zur Rechtsaufsicht an, stellt jedoch klar, dass hieraus nicht zwingend die Pflicht zum Erlass einer Weisung folgt; ihm folgend Clemens / Umbach, in: dies., Grundgesetz, Bd. II, Art. 85 Rn. 47. 608  So steht der Gebrauch der Ingerenzrechte zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften und Weisungen im Ermessen des Bundes vgl. zu den allgemeinen Verwaltungsvorschriften bei § 17 A. III. und zu den Weisungen bei § 17 B. IV. 609  Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 13; Bilz, Die Beteiligung des Bundesverfassungsgerichts am Verfahren der Bundesaufsicht, S. 24; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 128. 610  Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 14. 611  Vgl. hierzu Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 216.



§ 9  Die Theorie der Bundesaufsicht121

pflichtet den Bund über den Erlass eines Gesetzes hinaus auf dessen einheitlichen Vollzug durch die Länder hinzuwirken und diesen im Rahmen seiner Aufsichtsbefugnisse zu gewährleisten.612 Die Bedeutung der Bundesaufsicht liegt somit in der Gewährleistung einer einheitlichen Verwaltungsführung im föderalen Bundesstaat und der Sicherung ihrer Funktionsfähigkeit.613 Sie stellt gleichsam ein Gegengewicht zur Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder dar.614

612  Pieper, Aufsicht, S. 347; vgl. auch Bilz, Die Beteiligung des Bundesverfassungsgerichts am Verfahren der Bundesaufsicht, S. 25. Für die Steuerverwaltung Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 162. 613  Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht durch die Länderkontrolle durch Bund, Landesverwaltungsgerichte oder unabhängige Verwaltungssenate, S.  63 f.; Pieper, Aufsicht, S. 17. Ahlert, Das Aufsichtsrecht des Bundes über die Länder nach dem Bonner Grundgesetz, S. 6 bezeichnet die Bundesaufsicht im Anschluss an Triepel, Die Reichsaufsicht, S. 3 als „große[n] Regulator in der Arbeitsmaschine des zusammengesetzten Staatswesens“. 614  Ahlert, Das Aufsichtsrecht des Bundes über die Länder nach dem Bonner Grundgesetz, S. 20. Ronellenfitsch, in: Bußjäger, Vollzug von Bundesrecht durch die Länderkontrolle durch Bund, Landesverwaltungsgerichte oder unabhängige Verwaltungssenate, S. 63, 65, spricht von einem „Surrogat für die fehlende eigene Bundesverwaltung“.

Zweiter Teil

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz als Materie der Bundesauftragsverwaltung Bevor die Funktionsweise der Bundesauftragsverwaltung am Beispiel des BAföG dargestellt wird, muss zunächst ihr organisatorischer Rahmen näher erläutert werden. Dazu soll ein Überblick über die Materie der Ausbildungsförderung und die für die Verwaltungspraxis maßgeblichen Vorschriften sowie deren organisatorische Umsetzung dienen. Dabei stehen zumeist materiell-rechtliche Fragen im Fokus des Interesses. Mit seinen fachlich anspruchsvollen gesetzlichen Grundlagen sowie ihren Bezügen zu anderen Rechtsgebieten steht das Ausbildungsförderungsrecht anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung, wie der Kernenergie- und Fernstraßenverwaltung, in seiner Komplexität in nichts nach. So begleitet das Schrifttum die Entwicklung des BAföG durch Kommentierung der Änderungsgesetze sowie durch Bewertungen der sozialen Situation der Studierenden. Die Verwaltungspraxis bleibt jedoch weitgehend im Dunkeln. Diese ist gekennzeichnet durch hohe Fallzahlen1, welche je nach Amt für Ausbildungsförderung im Einzelfall wiederum sehr unterschiedlich ausfallen. Organisatorisch zeichnet sich die Verwaltung des BAföG durch die Einbindung unterschiedlicher Verwaltungsträger und -ebenen aus. Hierzu gehören neben dem Bund und den verschiedenen Ländern auch die Hochschulen und Studentenwerke sowie weitere Koordinierungsgremien. Kapitel 4

Die historische Entwicklung der Ausbildungsförderung in Deutschland – Der Weg in die Bundesauftragsverwaltung Die Bundesausbildungsförderung bzw. ihre Vorläufer haben sich bereits in den frühen Jahren der Bundesrepublik entwickelt. Nachfolgend soll ihre 1  Im Jahr 2013 wurden rund 959.000 Schüler und Studierende nach dem BAföG gefördert. Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 12.8.2014 – 243 / 13, abrufbar unter https: /  / www.destatis.de / DE / PresseService / Presse / Pressemit teilungen / 2014 / 08 / PD14_283_214.html (letzter Aufruf am 10.10.2014).



§ 10  Das Honnefer und das Rhöndorfer Modell123

Entwicklung, auch im Hinblick auf ihren Vollzug im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, kurz skizziert werden.

§ 10  Das Honnefer und das Rhöndorfer Modell Die Entwicklung des Ausbildungsförderungsrechts reicht bis in die 50er Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Zuvor existierten nur begrenzte Förderungsmöglichkeiten im Rahmen des Fürsorge- und Kriegsfolgenrechts.2 Vorläufer des BAföG war das sog. Honnefer Modell.3 Dieses wurde 1957 aufgrund einer Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern geschaffen.4 Vorausgegangen war die Tagung der Westdeutschen Rektorenkonferenz, welche vom 19. bis zum 22. Oktober 1955 in Bad Honnef stattfand. Dort kam die Forderung nach einer allgemeinen Studienförderung, welche die bis dahin sehr unterschiedliche Förderung im Hochschulbereich vereinheitlichen und sich nach Eignung und Bedürftigkeit der Studenten richten sollte, auf.5 Als Eignungsvoraussetzung sah das Honnefer Modell im Gegensatz zum heutigen BAföG „gute Leistungen“ vor.6 Rechtsgrundlage für die Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell waren vom Bundesminister des Innern7 herausgegebene und mit den Ländern abgestimmte Richtlinien.8 Diese ‚Besonderen Bewilligungsbe2  Vgl. Drs. VI / 1975, S. 19; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S.  19 ff. 3  Vgl. hierzu Stephany, Das Honnefer Modell, 1968. 4  Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S. 9; Akova, Studentenwerke, S. 126; Bröhl, RdJB 1987, 33 (35); Ramsauer, NVwZ 1990, 17 f. 5  Stephany, Das Honnefer Modell, S. 38  f.; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 22; Bachmann, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, Kap. 21, Erl. 1.1.1; Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 15. 6  Vgl. Teil A. II. 2. der Richtlinie, zit. nach Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 9; Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S. 9; Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 15. 7  Stephany, Das Honnefer Modell, S. 38  f.; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 23; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 96. 8  Richtlinie für die Vergabe von Stipendien an die Studenten wissenschaftlicher Hochschulen der Bundesrepublik und West-Berlins vom 7. Juni 1957, Aktenzeichen III  3-33413-3951 / 57, zit. nach Bachmann, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, Kap. 21, Erl. 1.1.1, Fn. 6. Die Richtlinie ist abgedruckt in Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell.

124

Kap. 4: Die Entwicklung der Ausbildungsförderung in Deutschland

dingungen‘ dienten der Vereinheitlichung der Richtlinien der Länder9, sahen jedoch keinen Rechtsanspruch auf Förderungsleistungen vor10. Eine weitere gesetzliche Grundlage gab es nicht.11 Die Leistungen nach dem Honnefer Modell wurden zum Teil als Stipendium, zum Teil als Darlehen bewilligt.12 Die Kosten dafür wurden je zur Hälfte aus Haushaltsmitteln des Bundes und der Länder bereitgestellt.13 Über die freiwillige Mitfinanzierung des Honnefer Modells erfolgte somit bereits vor Erlass des BAföG und dessen Vollzug im Auftrag des Bundes eine bundesseitige Einwirkung auf die Verwaltung der Länder.14 Die Bewilligung der Förderung erfolgte durch die für die einzelnen Fachrichtungen gegründeten Förderungsausschüsse an den Hochschulen, in welchen Hochschullehrer, Studenten und Bedienstete des Studentenwerks gemeinsam entschieden.15 Die Verwaltung wurde den Studentenwerken übertragen, auch der Einzug der Darlehen erfolgte durch das Deutsche Studentenwerk.16 Hierbei handelt es sich um einen freiwilligen Zusammenschluss und Dachverband der Studentenwerke in Deutschland, welcher sie bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben unterstützt und ihre Interessen koordiniert.17 Der Aufbau einer funktionierenden Förderungsverwaltung bei den Studentenwerken und ihr Zusammenwirken mit den Förderungsausschüssen verliefen jedoch zunächst nicht ohne Probleme. Insbesondere die bundesein9  Bachmann / Uhlig,

S. 5.

Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell,

10  Vgl. Teil A. I. der Richtlinie mit Anmerkungen, zit. nach Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 7; Akova, Studentenwerke, S. 126; Bröhl, RdJB 1987, 33 (35). 11  Bachmann, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, Kap. 21, Erl. 1.1.1; Bröhl, RdJB 1987, 33 (35). 12  Vgl. Teil A. I. der Richtlinie m. Anmerkungen, zit. nach Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 7; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 97. 13  Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 5; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesaus­ bildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 23; Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S. 10; Bröhl, RdJB 1987, 33 (35). 14  Klein, in: Gemeinschaftsaufgaben zwischen Bund, Ländern und Gemeinden, S.  125, 168 ff. 15  Vgl. Teil A. IV. 1. und 3. der Richtlinie, zit. nach Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 17 ff.; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 97. 16  Vgl. Teil A. IV. 2. und E. II. 9. der Richtlinie, zit. nach Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 18 f., 75; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 97; ders., in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, Kap. 21, Erl. 1.1.1. 17  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 15.



§ 10  Das Honnefer und das Rhöndorfer Modell125

heitliche Auslegung der Förderungsrichtlinien, die zwischen Bund und Ländern abgestimmt und durch das Deutsche Studentenwerk umgesetzt werden mussten, bereitete zunächst Schwierigkeiten.18 Da dem Bund durch Art. 74 Nr. 13  GG  a. F. lediglich die Gesetzgebungskompetenz für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses eingeräumt wurde, regelte das Honnefer Modell nur die Förderung des Besuchs sog. Wissenschaftlicher Hochschulen.19 Für Studierende sog. Nichtwissenschaftlicher Hochschulen beschloss die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder daher auf einer Fachkonferenz am 6. und 7. Februar 1959 in Rhöndorf ein dem Honnefer Modell entsprechendes landesrechtliches Förderungsmodell (sog. Rhöndorfer Modell), wodurch die Förderung auf alle Hochschulen erstreckt wurde.20 Dazu wurden die Bestimmungen des Honnefer Modells übernommen, die Finanzierung lag jedoch ausschließlich bei den Ländern.21 Die Verwaltung des Rhöndorfer Modells erfolgte durch Studentenwerke und Hochschulverwaltungen, da es nicht bei allen Nichtwissenschaftlichen Hochschulen Studentenwerke gab.22 Die Schülerförderung blieb dagegen den einzelnen Ländern überlassen.23 Anfang der 1960er Jahre sollte die Förderung nach Honnefer und Rhöndorfer Modell durch ein Bundesgesetz vereinheitlicht werden, jedoch fehlte dem Bund dazu eine entsprechende Gesetzgebungskompetenz.24 So erarbeiteten das Bundesministerium für Familie und Jugend sowie das Bun18  Bachmann,

in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 97. Teil A. I. der Richtlinie, abgedruckt bei Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 7; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 97; ders., in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd.  1, Kap.  21, Erl. 1.1.1  f.; Akova, Studentenwerke, S.  126; Bröhl, RdJB 1987, 33 (35); anders Stephany, Das Honnefer Modell, S. 98, welche die Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf die Regelung der öffentlichen Fürsorge gem. Art. 74 Nr. 7  GG a. F. stützt. 20  Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 22 f.; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 97; Akova, Studentenwerke, S. 126; Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 15; Bröhl, RdJB 1987, 33 (35). 21  Bachmann / Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 5; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 23; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 97; Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S.  11 f. 22  Bachmann, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, Kap. 21, Erl. 1.1.2. 23  Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 15. 24  Akova, Studentenwerke, S.  126; Abelein, RdJB  1969, 103 (104); Bröhl, RdJB 1987, 33 (35). 19  Vgl.

126

Kap. 4: Die Entwicklung der Ausbildungsförderung in Deutschland

desministerium für Arbeit und Sozialordnung mehrere Referentenentwürfe.25 Gegen diese trugen die Länder jedoch Bedenken sowohl hinsichtlich der Kostentragung als auch der Verfassungsmäßigkeit vor. Während sich der Bund auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz der öffentlichen Fürsorge gemäß Art. 74 Nr. 7  GG  a. F. berief, wiesen die Länder auf die fehlende Bundeskompetenz hin und befürchteten zudem eine Überschneidung mit der Kulturhoheit der Länder.26 Als Alternative sollte auf dem Verhandlungsweg ein Verwaltungsabkommen mit den Ländern geschlossen werden, welches die Voraussetzung und gemeinsame Finanzierung der Ausbildungsförderung durch Bund und Länder einheitlich regelt.27 Hierzu kam es aufgrund verschiedener Schwierigkeiten nicht mehr. So blieb weiterhin das Vorliegen einer Bundeskompetenz unklar, zudem sah das Abkommen keinen Rechtsanspruch auf Ausbildungsförderung vor, sodass die Gefahr der Entwicklung divergierender Förderungsvoraussetzungen bestand.28

§ 11  Das Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung Nachdem die im Rahmen des Honnefer Modells praktizierte Mischfinanzierung von Bund und Ländern durch die Große Finanzreform von 1969 und der damit einhergehenden Einfügung des Art. 104a in das Grundgesetz unzulässig wurde29, schuf der Verfassungsgeber mit dem Zweiundzwanzigsten Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 196930 eine Bundeskompetenz für die Regelung von Ausbildungsbeihilfen in Art. 74 Nr. 13  a. F.  GG31. Am 19. September 1969 wurde sodann das Erste Gesetz 25  Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 24. 26  Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 26. 27  Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 28. 28  Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 29. 29  BT-Drs. VI / 1975, S. 20; Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 1; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesaus­ bildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 32; Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S. 14. 30  BGBl. I S. 363. 31  Schepers, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Einleitung Rn. 2; Bachmann /  Uhlig, Allgemeine Studienförderung nach dem Honnefer Modell, S. 5; Akova, Die Studentenwerke, S. 127 f., 132; Ramsauer, NVwZ 1990, 17 f.



§ 11  Das Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung127

über individuelle Förderung der Ausbildung (Erstes Ausbildungsförderungsgesetz – AföG)32 verabschiedet, welches am 1. Juli 1970 in Kraft trat33, jedoch zunächst nur die Förderung des Schulbesuchs regelte34. Die übrigen Bereiche sollten während einer Übergangszeit nach den vorhandenen Bestimmungen des Honnefer und Rhöndorfer Modells gefördert werden.35 Am 26. August 1971 wurde sodann das Bundesausbildungsförderungsgesetz für den tertiären Bildungsbereich der Hochschulen verabschiedet, welches mit seinem Inkrafttreten am 1. Oktober 1971 das Erste Ausbildungsförderungsgesetz sowie das Honnefer und Rhöndorfer Modell ersetzte.36 Das BAföG führte damit zu einer umfassenden Vereinheitlichung der bisherigen Förderungsvielfalt der Länder.37 Zugleich gewährte es gegenüber dem Honnefer Modell einige Verbesserungen: So begründete § 1 BAföG38 zum ersten Mal einen gesetzlichen Anspruch auf Leistung einer Ausbildungsförderung.39 Die Förderungsvoraussetzungen sahen zudem keine besonderen Leistungen mehr vor.40 Die Förderung der Erstausbildung erfolgte auch zunächst als Vollzuschuss, das Honnefer Modell sah zuvor einen Darlehenspflichtanteil vor.41 32  BGBl. I

S. 17. Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesaus­ bildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 31; Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S. 12. 34  Ramsauer, NVwZ 1990, 17 (19). 35  Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 30. 36  Vgl. Bericht über die 363. Sitzung des Bundesrates am 12.3.1971, S. 87; Schepers, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Einleitung Rn. 2; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 101; Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S. 13; Akova, Studentenwerke, S. 127; Ramsauer, NVwZ 1990, 17 (19). 37  BT-Drs. VI / 1975, S. 19 f.; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 33; Brickwell, RdJB  1987, 42 f. 38  Der Wortlaut der Regelung lautet: „Auf individuelle Ausbildungsförderung besteht für eine der Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung ein Rechtsanspruch nach Maßgabe dieses Gesetzes, wenn dem Auszubildenden die für seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung erforderlichen Mittel anderweitig nicht zur Verfügung stehen.“ 39  BT-Drs. VI / 1975, S. 20; Menke, Die Rechtsansprüche auf Bildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und nach dem Arbeitsförderungsgesetz, S. 35; Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 102; Akova, Studentenwerke, S. 127; Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 16. 40  Bachmann, in: Gierke, Festschrift Hintermann, S. 93, 102; Akova, Studentenwerke, S. 127. Vgl. zu den Eignungsvoraussetzungen nach dem Honnefer Modell § 10. 41  Akova, Studentenwerke, S. 127. 33  Menke,

128

Kap. 4: Die Entwicklung der Ausbildungsförderung in Deutschland

Die weitere Entwicklung des BAföG vollzog sich in vier Phasen:42 Der Leistungserweiterung in den 1970er Jahren folgten mit der weitgehenden Aufgabe der Schülerförderung und der Umstellung auf ein Volldarlehen Leistungseinschränkungen in den 1980er Jahren. Die Umsetzung des Einigungsvertrages Anfang der 1990er Jahre führte mit der Umstellung auf eine 50 %ige Zuschussförderung, der Einführung einer Abschlussförderung sowie der Änderung eines Freibetragssystems zu einer Phase erneuter Leistungserweiterung.43 1996 wurde das BAföG durch das Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG)44, das sog. „Meister-BAföG“, ergänzt, um auch Teilnehmer an beruflichen Aufstiegsfortbildungsmaßnahmen zu fördern.45 Ihrem sachlichen Regelungsbereich nach ergänzen sich beide Regelungen, auch im Vollzug sind die Stellen zur Gewährung von „Meister-BAföG“ aufgrund der sachlichen Nähe zumeist mit Behörden der BAföG-Verwaltung verbunden. Gemäß § 28 Abs. 1  AFBG werden die Ausgaben zu 78 % vom Bund und zu 22 % von den Ländern getragen. Demnach wird auch das AFBG in Bundesauftragsverwaltung ausgeführt.46 Das BAföG wurde bislang durch 25 Änderungsgesetze47 sowie zahlreiche weitere Gesetzesänderungen fortentwickelt. Diese sind zum Teil strukturell begründet, da § 35 BAföG eine kontinuierliche Anpassung der Bedarfssätze und Freibeträge an die Entwicklung der Einkommensverhältnisse und Lebenshaltungskosten vorsieht.48 Damit bleibt die Materie weiterhin ständigen Änderungen unterworfen.

§ 12  Die Ausbildungsförderung als Materie der Bundesauftragsverwaltung Die Bundesausbildungsförderung hat sich über die Jahre ihres Bestehens zu einem der größten und wichtigsten Sozialleistungsbereiche Deutschlands 42  Vgl. Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 17; Ramsauer, in: ders., BAföG, Einf. Rn. 5 f. 43  Schepers, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Einleitung Rn. 2; Akova, Studentenwerke, S.  128 ff.; Bröhl, RdJB 1987, 33 (35). 44  Gesetz zur Förderung der beruflichen Aufstiegsfortbildung vom 23.4.1996 (BGBl. I S. 623), in der Fassung der Bekanntmachung vom 8.10.2012 (BGBl. I S. 2126). 45  Vgl. § 1 S. 1 AFBG. 46  Vgl. zur Mittelaufbringung im AFBG Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 2. 47  Zuletzt 25.  BAföGÄndG vom 23.12.2014 (BGBl. I S. 2475). Vgl. auch Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 17. 48  Schepers, Bundesausbildungsförderungsgesetz, Einleitung Rn. 2.



§ 12  Die Ausbildungsförderung als Materie der Bundesauftragsverwaltung   129

entwickelt.49 Das System der Ausbildungsförderung hat in der Bevölkerung eine beachtliche Breitenwirkung erzielt, sodass diese heute als „Massenverwaltung“ charakterisiert werden kann.50 Im Jahr 2012 betrug die Gefördertenquote51 unter den Studierenden 28 %.52 Aufgrund der Ausweitung des Kreises der Förderungsberechtigten durch das 25. BAföGÄndG wird sich die Zahl der Geförderten nochmals um über 110.000 erhöhen.53 Dazu kommt, dass die Materie des BAföG, für das Sozialleistungssystem charakteristisch, aufgrund des Bezugs zu anderen Rechtsgebieten eine außerordentliche Komplexität aufweist54, was den Einsatz von Lenkungs- und Steuerungsinstrumenten unerlässlich macht. Der Verwaltungsmodus der Bundesauftragsverwaltung trägt aufgrund der zentralen Einwirkungsrechte des Bundes zur Sicherstellung eines einheit­ lichen Verwaltungsvollzugs bei, ohne dazu eigene Verwaltungseinheiten des Bundes zu schaffen.55 Dieses Bedürfnis greift auch die Begründung des Entwurfs des Bundesausbildungsförderungsgesetzes von 1971 auf: So muss ein „alle Ausbildungsbereiche umfassende[s] einheitliche[s] System der individuellen Ausbildungsförderung […] seine Verdeutlichung und Ergänzung in der einheitlichen Organisation der Ausführung finden. Nur wenn die Behörden jeweils mit der ganzen Breite der förderungsrecht­ lichen Fragen in allen Ausbildungsbereichen befaßt werden, werden gesonderte Rechtsentwicklungen bei der Gesetzesanwendung in und für einzelne Ausbildungsbereiche vermieden und die in den einzelnen Bereichen gemachten Erfahrungen allseits nutzbar werden.“56 Organisationsziel der BAföG-Verwaltung ist folglich die Vereinheitlichung der Ausbildungsförderung unter der Leitung des Bundes, um länderspezifische Disparitäten zu vermeiden. Zugleich sprechen auch ökonomische Aspekte dafür, auf die bereits verfügbare Verwaltungsorganisation der Hochschulen und Studentenwerke in den Ländern zurückzugreifen.57 Diese Vereinheitlichung des Förderungssystems setzt eine Koordinierung des Vollzugs voraus, welche im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung gewährleistet werden kann. Dabei ist der Koordinierungsbedarf im Rahmen der Ausbildungsförderungs49  Hennecke,

RdJB  1977, 245; Ramsauer, NVwZ 1990, 17. RdJB  1977, 245 f. 51  Berechnet auf Grundlage der dem Grunde nach förderungsberechtigten Studierenden. 52  Zwanzigster Bericht nach § 35 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 4.2.2014 (BT-Drs.  18 / 460), S. 8 ff. 53  BR-Drs.  375 / 14, S. 25. 54  Hennecke, RdJB  1977, 245 (247). 55  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4. 56  BT-Drs. VI / 1975 S. 19. 57  Vgl. zu den Skaleneffekten § 8 A. 50  Hennecke,

130   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

verwaltung sogar noch etwas höher als bei der Massenverwaltung anderer sozialer Leistungen ohnehin üblich.58 Für die länderübergreifende Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beim Vollzug der sozialen Geldleistungsgesetze ist zudem die Sicherstellung eines einheitlichen Vollzugs von Bedeutung. Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung kann dies durch die Ingerenzrechte des Bundes – zumindest teilweise – erfolgen. Kapitel 5

Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung Bevor näher auf die Verwaltungspraxis der Ausbildungsförderung eingegangen wird, soll an dieser Stelle ein kurzer Überblick über die bundesgesetzlichen Regelungen der Ausbildungsförderung gegeben werden. Kernstück des Ausbildungsförderungsrechts ist das BAföG, daneben finden kraft Bezugnahme jedoch auch weitere sozialrechtliche Regelungen Anwendung. Neben dem BAföG und den Vorschriften des Sozialrechts wird das Ausbildungsförderungsrecht durch eine Vielzahl bundesrechtlicher Vorschriften, darunter Regelungen des Einkommensteuergesetzes, ergänzt.59 Dies trägt erheblich zur Komplizierung der Materie bei. Das BAföG gilt gemäß § 68 Nr. 1  SGB I als besonderer Teil des Sozialgesetzbuches. Hinsichtlich der weiteren Regelung des Verwaltungsverfahrens sind somit nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG, § 37 S. 1 SGB I die Vorschriften des SGB I sowie des SGB  X anwendbar.60 Insgesamt weist das Ausbildungsförderungsrecht eine hohe Dichte gesetzlicher und verwaltungsinterner Regelungen auf, wobei insbesondere die Vielzahl von Verwaltungs- und sonstigen Vorschriften einen beträchtlichen Ausführungsaufwand bedingt.61 So wurden zahlreiche untergesetzliche ­Regelungen in Verordnungen und allgemeinen Verwaltungsvorschriften ge58  Zeh,

Wille und Wirkung der Gesetze, S. 419. Wille und Wirkung der Gesetze, S. 389; ein Überblick über die Rechtsvorschriften, auf die im Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung Bezug genommen wird, findet sich bei Rothe / Blanke, BAföG. 60  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.2; Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 48; Akova, Die Studentenwerke, S.  136 f. 61  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 404; Hennecke, RdJB  1977, 245 (248). 59  Zeh,



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG131

troffen, um die bundesweit einheitliche Anwendung des BAföG zu gewährleisten.62

§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG Nachfolgend liegt der Schwerpunkt der Darstellung auf den Regelungen der Verwaltungsorganisation, mithin der Behördeneinrichtung und des Verwaltungsverfahrens gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1  GG. Aus der Einordnung in den Verwaltungstypus der Bundesauftragsverwaltung folgt, dass nach Art. 85 Abs. 1 S. 1, 1. Hs. GG die Einrichtung der Behörden und der Verwaltungsorganisation Sache der Länder ist. Der Bund ist jedoch nach Art. 85 Abs. 1 S. 1, 2. Hs. GG berechtigt, Regelungen über die Errichtung von Behörden sowie die Zuständigkeiten und das Verfahren der administrativen Durchführung des BAföG zu treffen. Die Länder sind an diese organisatorischen Vorgaben gebunden.63

A. Klarstellung des Verwaltungstyps der Bundesauftragsverwaltung und Aufbringung der Mittel Der Grundsatz der Ausführung der Ausbildungsförderung in Bundesauftragsverwaltung fand sich bereits in § 27 AföG.64 Heute stellt § 39 Abs. 1 BAföG klar, dass das Bundesausbildungsförderungsgesetz im Auftrag des Bundes durch die Länder ausgeführt wird. Dies ist jedoch rein deklaratorisch.65 So besagt auch Art. 104a Abs. 3 S. 2  GG, dass ein Gesetz im Auftrag des Bundes ausgeführt wird, soweit dieses bestimmt, dass der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt.66 Geldleistungen nach Art. 104a Abs. 3 GG können dabei sowohl als Zuschuss als auch als zinsvergünstigte Darlehen gewährt werden, sofern bei letzteren ein Förderungszweck über62  Dazu unten §§ 14, 17 A. Vgl. auch Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 128; Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 388; Ramsauer, NVwZ 1990, 17 f. 63  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 2; Ramsauer / Wonneberger, LKV 1992, 357 (358). 64  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1. 65  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 1 und 2; Akova, Die Studentenwerke, S. 133 f. Vgl. auch Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 138. 66  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.

132   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

wiegt.67 Zu den bereitzustellenden Zweckausgaben zählen damit sowohl die Zuschüsse als auch die unverzinslichen Darlehensanteile nach § 17 Abs. 1 und 2 BAföG.68 Bis zur Reform des BAföG im Jahr 2014 wurden die erforderlichen Mittel gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 BAföG a. F. zu 65 % vom Bund und zu 35 % von den Ländern getragen. Maßgebend für die Bemessung der Beteiligungsquote war das Verhältnis der jährlichen Aufwendungen der Länder nach dem Honnefer und Rhöndorfer Modell zu den Gesamtaufwendungen, die bei Inkrafttreten des BAföG pro Jahr erwartet wurden. Hieraus ergab sich eine Beteiligungsquote der Länder von abgerundet 35 %.69 Bei dem Erlass des BAföG konnte über die Aufteilung der Kosten zunächst keine Einigung zwischen Bundestag und Bundesrat gefunden werden, sodass der Vermittlungsausschuss angerufen wurde. Vom Bundesrat wurde eine Länderquote von 25 % vorgeschlagen, wodurch die vom Bund gewünschte Mitverantwortung der Länder für die individuelle Ausbildungsförderung hinreichend zum Ausdruck komme und eine Zustimmung des Bundesrates nach der damaligen Regelung des Art. 104a Abs. 2 S. 3 GG weiterhin erforderlich blieb.70 Die Bundesquote von 65 %, die weit über der für die Bundesauftragsverwaltung notwendigen Quote von 50 % lag, ist somit historisch bedingt. Bei der Festsetzung der Beteiligungsquote standen nicht die Einflussmöglichkeiten des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung im Vordergrund, sondern vielmehr die zuvor bestehende Quote der finanziellen Beteiligung von Bund und Ländern an den Kosten der Ausbildungsförderung. Durch das 25. BAföGÄndG wurde die Finanzierung der Geldleistungen nach dem BAföG zum 01. Januar 2015 vollständig auf den Bund übertragen. Dieser bringt die Mittel gemäß § 56 Abs. 1 S. 1 BAföG nunmehr alleine auf. Damit soll den Ländern im Bereich der Bildungsfinanzierung ein zusätzlicher Spielraum eröffnet werden.71 Da die Ausführung des BAföG im Auftrag des Bundes eine Form der Landesverwaltung ist, werden die Verwaltungshandlungen rechtlich den mit dem Vollzug betrauten Hochschulen und Studentenwerken der Länder zugerechnet. Diese handeln nach außen im eigenen Namen und kommen somit 67  Akova,

Die Studentenwerke, S. 134. in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 4; Akova, Die Studentenwerke, S. 134. 69  BT-Drs. VI / 1975, S. 43; Anlage zu BT-Drs. VI / 1975 S. 5; Reifers, in: Rothe /  Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 3.1; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 56 Rn. 1; vgl. zu vorherigen Bildungsausgaben Abelein, RdJB  1969, 103 (104). 70  BT-Drs. VI / 1975, S. 52; Bericht über die 363. Sitzung des Bundesrates am 12.3.1971, S. 88. 71  Entwurf eines Fünfundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BR-Drs.  375 / 14) vom 28.8.2014, S. 13, 52. 68  Reifers,



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG133

auch als Gegner gerichtlicher Klagen in Betracht.72 Sie tragen nach Art. 104a Abs. 5 S. 1 GG auch die Verwaltungsausgaben der Ämter für Ausbildungsförderung.73 Der Bund trägt demgegenüber die Ausgaben für das Bundesverwaltungsamt und die Bundeskasse.74 Gemäß § 56 Abs. 1 S. 2 BAföG kann der Darlehensanteil des Bundes durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau bereitgestellt werden, die Bereitstellungskosten sowie das Ausfallrisiko trägt gemäß Satz 3 der Bund.75 Von dort werden sie von den Ländern abgerufen und an die Förderungsempfänger ausgezahlt. Eine Vereinbarung zwischen dem Bund und der Kreditanstalt für Wiederaufbau regelt die Einzelheiten des Verfahrens.76

B. Einrichtung und Zuständigkeiten der Ausbildungsförderungsbehörden In diesem Abschnitt sollen diejenigen Regelungen des BAföG näher erläutert werden, die Einfluss auf die Verwaltungsorganisation der Ausbildungsförderung nehmen. Die organisations- und verfahrensrechtlichen Vorschriften der Ausbildungsförderung finden sich in Abschnitt VIII und IX des BAföG. An dieser Stelle soll daher ein kurzer Überblick über den Aufbau der Ausbildungsförderungsverwaltung gegeben werden, wie er sich nach den gesetzlichen Vorgaben darstellt. Im dritten Teil der Arbeit soll sodann die Ablauforganisation, d. h. die Organisation des Verwaltungsablaufs innerhalb der Ausbildungsförderungsverwaltung, und deren Steuerung durch interne Vorgaben dargestellt werden. Aufbau- und Ablauforganisation stehen in einem inneren Zusammenhang und bedingen sich gegenseitig.77 Aufgrund des Verwaltungssystems der Bundesauftragsverwaltung besteht beim Vollzug des BAföG ein zweistufiges System aus Bundes- und Landesbehörden. Träger der Ausbildungsförderung sind dabei die Länder. Zusammenfassend lässt sich jedoch feststellen, dass bei der Ausbildungsförderung eine Vielzahl von Behörden auf Bundes- und Länderebene mitwirkt.78 72  Roggentin,

in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4. dabei bei § 4 A. II. 74  Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 3.2, 5. 75  Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 3.3. 76  Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 3.4. 77  Zu den Begriffen der Aufbau- und Ablauforganisation näher Püttner, Verwaltungslehre, § 10 Rn. 1; zu Aufbau- und Ablauforganisation in der Steuerauftragsverwaltung Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 53 ff. 78  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 406. 73  Vgl.

134   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

I. Die Verwaltungsorganisation auf Länderebene Die Aufbauorganisation der Länder ist wegen des Prinzips der Organisationshoheit der Exekutive gesetzlich nicht oder nur in groben Zügen geregelt.79 Auch im Rahmen der bundesauftragsweisen Verwaltung des BAföG ist die Einrichtung der Behörden sowie die Regelung des Verwaltungsverfahrens, mithin die Organisationsgewalt gemäß Art. 85 Abs. 1 GG grundsätzlich Sache der Länder.80 Im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung ist die Gestaltungsfreiheit der Länder beim Aufbau der Förderungsverwaltung jedoch durch die bundesrechtlichen Vorgaben der §§ 39 Abs. 3, 40 und 40a BAföG begrenzt.81 Diese Normen dienen der Vereinheitlichung der Verwaltungsorganisation der Ausbildungsförderung.82 Bei der Einrichtung der Behörden im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung ist zudem entscheidend sicherzustellen, dass die Obersten Landesbehörden etwaige Weisungen des Bundesministers auch gegenüber Behörden der mittelbaren Landesverwaltung durchsetzen können.83 Darüber hinaus unterliegen die Länder keinen weiteren Vorgaben.84 Gleichwohl bleibt der Bundesgesetzgeber hinter seinen verfassungsrechtlichen Möglichkeiten zur Einrichtung der Behörden gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG zurück.85 Grund hierfür dürften politische Erwägungen sein – einer umfassenden Regelung der Behördeneinrichtung dürfte der Bundesrat die Zustimmung versagen.86 Die Länder sind jedoch verpflichtet, je eine Landesbehörde zur Festlegung grundlegender förderungsrechtlicher Gleichwertigkeitsentscheidungen für Ergänzungsschulen und nichtstaatliche Hochschulen nach § 2 Abs. 2 BAföG sowie für Fernunterrichtslehrgänge nach § 3 Abs. 4 BAföG zu bestimmen. Die Bestimmung der zuständigen Behörde bleibt aufgrund des damit drohenden Eingriffs in die Organisationshoheit der Länder jedoch gemäß § 39 Abs. 3 BAföG Angelegenheit der Länder und richtet sich nach 79  Püttner,

Verwaltungslehre, § 10 Rn. 4. in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.1; Kreutz, ebd., § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 3. 81  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4, 4.1; Kreutz, ebd., § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 3; von Mutius, in: Flämig u. a., Handbuch des Wissenschaftsrechts, Bd. 1, Kap. 20, Erl. 6.1; Akova, Die Studentenwerke, S. 136. 82  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 1. 83  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.1. 84  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.1. 85  So stellen Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 60 und Zech, DVBl. 1987, 1089 (1091) fest, dass den Ländern in der Praxis zumeist ein weitgehender Gestaltungsspielraum verbleibt. 86  Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 29.2. 80  Roggentin,



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG135

den landesrechtlichen Bestimmungen.87 Zumeist wird diese Aufgabe von den jeweiligen Fachministerien oder – soweit vorhanden – Landesämtern für Ausbildungsförderung übernommen.88 Diese müssen die von ihnen bestimmten Behörden gemäß Tz. 39.3.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG (BAföGVwV)89 dem zuständigen Bundesministerium mitteilen. 1. Die Ämter für Ausbildungsförderung und ihre Aufgaben Die Ämter für Ausbildungsförderung nahmen ihre Anfänge mit der Schülerförderung nach § 27 AföG. Zuvor war die Studentenförderung nach dem Honnefer Modell durch Förderungsausschüsse bei den Hochschulen mit den Studentenwerken durchgeführt worden.90 Mit der Zusammenführung von Schüler- und Studentenförderung nach dem BAföG wurden beide Modelle kombiniert91 und Ämter für Ausbildungsförderung eingerichtet92. Einer vollständigen Vereinheitlichung des Systems der Ausbildungsförderung, wie sie die Bundesregierung anstrebte93, widersetzte sich der Bundesrat jedoch94. Diese favorisierte für die Studentenförderung eine hochschulnahe Verwaltung am Ausbildungsort, wollte für die Schülerförderung jedoch das Wohnortprinzip beibehalten95 und sah in einer detaillierten bundesgesetzlichen Regelung des Behördenaufbaus einen Eingriff in die ­ Organisationshoheit der Länder96. Der Kompromiss bestimmte für die Förderung von Hochschulausbildungen während einer Übergangszeit eine vor87  BT-Drs. VI / 1975, S. 37; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 8 f.; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 39, Rn. 3; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 15. 88  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 6.9. 89  BAföGVwV 1991 vom 15.10.1991 (GMBl. S. 770), zuletzt geändert durch die BAföGÄndVwV 2013 vom 13.11.2013 (GMBl. S. 1094). Vgl. auch § 17 A. I. 1. 90  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1; Spielbauer, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 45 (30. Lfg. 2008) Rn. 1; Akova, Die Studentenwerke, S. 143. 91  BT-Drs. VI / 1975, S. 38; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1.1; Spielbauer, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 45 (30. Lfg. 2008) Rn. 1.1; Akova, Die Studentenwerke, S. 144. 92  Akova, Die Studentenwerke, S. 143. 93  BT-Drs. VI / 1975, S. 36 ff.; Akova, Die Studentenwerke, S. 144. 94  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1.1. 95  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1.1; Akova, Die Studentenwerke, S. 144. 96  BT-Drs. VI / 1975, S. 49 f.; BR-Drs.  61 / 71; Akova, Die Studentenwerke, S. 144.

136   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

läufige Zuständigkeit der Hochschulen, ggf. unter Hinzuziehung der Studentenwerke.97 Diese Regelung wurde 1974 fest in das Gesetz auf­ge­ nommen. Durch das BAföG wurden die Aufgaben der Ämter für Ausbildungsförderung festgelegt und so ein einheitliches System der Ausbildungsförderung geschaffen.98 Für die Ämter für Ausbildungsförderung gilt der Grundsatz der Allzuständigkeit.99 Sie nehmen mit einigen Ausnahmen sämtliche Aufgaben der Förderungsverwaltung wahr.100 Dazu gehört auch die umfassende Beratung der Auszubildenden in Fragen der Ausbildungsförderung.101 Ausgenommen sind gemäß § 39 Abs. 2 BAföG die Einziehung und Verwaltung der Darlehen durch das Bundesverwaltungsamt sowie die Gewährung von Bankdarlehen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gemäß § 18c BAföG.102 Damit kommt den Förderungsämtern die Aufgabe zu, die für die Förderung relevanten persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen zu ermitteln und abschließend zu bewerten.103 Zudem ist ihnen zur einheitlichen Bearbeitung aller ausbildungsförderungsrelevanten Angelegenheiten gemäß § 41 Abs. 2 S. 2 BAföG der Abschluss der privatrechtlichen Darlehensverträge zwischen Auszubildendem und der Kreditanstalt für Wiederaufbau übertragen.104 Daneben können die Ämter für Ausbildungsförderung zentrale Verwaltungsstellen zur Bearbeitung der Anträge heranziehen.105 Dies ist im Rahmen einer sozialen Massenverwaltung unerlässlich.106 Gemäß Tz. 41.1.5 der BAföGVwV regeln die Länder die Heranziehung dieser 97  Ramsauer,

in: ders., BAföG, § 40 Rn. 3; Akova, Die Studentenwerke, S. 145 ff. in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 1 f. 99  § 41 Abs. 1 S. 1 BAföG; vgl. Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 9; Kreutz, ebd., § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 1.1, 5; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 41 Rn. 1; Ramsauer / Wonneberger, LKV 1992, 357 (358). 100  Ramsauer, LKV 1991, 58 (63); Ramsauer / Wonneberger, LKV 1992, 357 (358). 101  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 41 Rn. 8 ff.; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 41 Rn.  8 f.; Blanke, BAföG – eine Idee und seine Gestaltung, S. 54. 102  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 41 Rn. 3; Ramsauer / Wonneberger, LKV 1992, 357 (358). 103  BT-Drs. VI / 1975, S. 37 f.; Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn.  10 ff.; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 41 Rn. 6; Blanke, BAföG – eine Idee und seine Gestaltung, S. 54. 104  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 1.3, 13.1; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 41 Rn. 7; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 41, Rn. 7. Vgl. auch Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs.  13 / 4246, S. 23. 105  Vgl. § 41 Abs. 1 S. 2 BAföG. Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 9; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 41 Rn. 3; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 41 Rn. 4. 106  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 12. 98  Kreutz,



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG137

Stellen wie Rechenzentren und Datenzentralen selbst. Auf die nähere Ausgestaltung der Zusammenarbeit der Länder mit den Datenverarbeitungsstellen wird im Rahmen der Regelung der Programmablaufpläne näher einzugehen sein.107. Zudem sind die jeweiligen Landeskassen mit der Auszahlung der Förderungsgelder sowie der Rechnungslegung betraut. Die Aufgaben der Förderungsämter können durch die Länder nicht auf andere Stellen übertragen werden.108 2. Die Ämter für Ausbildungsförderung und ihre Organisation Die §§ 40 und 40a BAföG treffen die organisationsrechtlichen Bestimmungen des bundeseinheitlichen Behördenaufbaus gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1  GG.109 Dieser ermächtigt den Bund, Regelungen über die Einrichtung der Behörden zu treffen. In § 40 BAföG verwendet der Bundesgesetzgeber hingegen die Begriffe „errichten“ und „einrichten“. Gleichwohl scheint hiermit keine Differenzierung verbunden zu sein. So versteht das Organisationsrecht unter der „Einrichtung“ einerseits nur die personelle Ausstattung einer bereits bestehenden Behörde und deren interne Organisation, andererseits jedoch auch die Errichtung der Behörde selbst.110 Hinsichtlich der Behördenorganisation gilt der Grundsatz der gespaltenen Zuständigkeit für die schulische und studentische Ausbildungsförderung.111 Während in der schulischen Ausbildungsförderung das Wohnortprinzip verfolgt wird, ist in der Förderung der Hochschulausbildung das Ausbildungsortprinzip verwirklicht.112 Die dadurch gesicherte Ortsnähe der zuständigen Verwaltung trägt dem hohen Beratungsbedarf der Ausbildungsförderung Rechnung. Die §§ 45, 45a BAföG treffen zudem eine abschließende Regelung der örtlichen Zuständigkeit der Förderungsämter.113 Wie bei § 40 BAföG knüpfen sie hinsichtlich der schulischen Ausbildungsförderung an das Wohnortprinzip an (§ 45 Abs. 1 BAföG), im Rahmen der Hochschulausbildung 107  Dazu

unter § 17 A. I. 3. in: BeckOK BAföG, § 41 Rn. 4; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 41

108  Winkler,

Rn. 3.

109  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1.4; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 1. 110  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 4. 111  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1.1; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 3. 112  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 2. 113  Spielbauer, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 45 (30. Lfg. 2008) Rn. 3; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 45 Rn. 1.

138   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

jedoch an den Ort der Ausbildungsstätte (§ 45 Abs. 3 BAföG).114 Gemäß § 45 Abs. 3 S. 3 und  4 BAföG können die Länder den örtlichen Zuständigkeitsbereich der Hochschulen und Studentenwerke als Ämter für Ausbildungsförderung nach Effektivität und Effizienzgesichtspunkten selbst bestimmen.115 Der Wechsel der Zuständigkeit ist in § 45a BAföG geregelt. Hiernach geht die Zuständigkeit mit Wechsel des Wohn- oder Ausbildungsortes vollständig auf ein anderes Amt für Ausbildungsförderung über.116 Weitere bundesrechtliche Organisationsvorgaben existieren nicht. Auch die Länder scheinen den ihnen nachgeordneten Behörden keine weiteren Vorgaben hinsichtlich ihrer Organisation zu machen. a) Organisation der schulischen Ausbildungsförderung Für die übrige Ausbildungsförderung ist gemäß § 40 Abs. 1 BAföG als untere Landesbehörde das Amt für Ausbildungsförderung der Stadt oder der Kreisverwaltung am Wohnort der Eltern zuständig. Gemäß § 40 Abs. 1 S. 1 BAföG müssen die Länder für jeden Kreis oder kreisfreie Stadt ein Amt für Ausbildungsförderung errichten. Gemäß Satz 2 können die Länder nach ihrem Organisationsermessen für mehrere Kreise und kreisfreie Städte auch ein gemeinsames Amt für Ausbildungsförderung oder Zweig- und Außenstellen einrichten.117 Die Stadtstaaten sind hingegen nach § 40 Abs. 1 S. 3 und  4 BAföG von der Pflicht zur Errichtung von Förderungsämtern ausgenommen. Hier können andere Behörden die Aufgaben der Ämter für Ausbildungsförderung wahrnehmen.118 Mit dieser organisatorischen Vorgabe hat der Bundesgesetzgeber die Ebene des Verwaltungsvollzugs in den Ländern bestimmt. Durch die Wahl der Kreisebene soll einerseits dem Prinzip der ortsnahen Verwaltung nachgekommen werden, andererseits eine ausreichende Fallzahl pro Amt erreicht werden, sodass die Sachbearbeiter sich die erforderliche Erfahrung aneignen können.119 114  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 2, § 45 Rn. 2; differenziert Spielbauer, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 45 (30. Lfg. 2008) Rn. 4 ff., 10 ff. 115  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 45 Rn. 17; vgl. differenziert Spielbauer, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 45 (30. Lfg. 2008) Rn. 3 ff. 116  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 45a Rn. 1; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 45a Rn. 2, 3. 117  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 4, 9; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40, Rn. 4; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 5 f. 118  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 4, 10; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 7. 119  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 5.



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG139

§ 40 Abs. 1 BAföG spricht zwar die Verpflichtung aus, Ämter für Ausbildungsförderung in den Kreisen und kreisfreien Städten zu errichten, trifft darüber hinaus jedoch keine weitere organisatorische Bestimmung, sondern überlässt die Entscheidung, bei welcher Behörde das Amt für Ausbildungsförderung angesiedelt werden soll, der landesrechtlichen Ausgestaltung.120 So können die Ämter für Ausbildungsförderung in die allgemeine Verwaltung eingegliedert werden, eine Sonderverwaltung muss für ihre Zwecke nicht errichtet werden.121 Damit belässt das Gesetz den Ländern auch die Möglichkeit, zwischen der Wahrnehmung der Aufgaben durch eigene Behörden oder andere juristische Personen des öffentlichen Rechts zu wählen.122 Jedoch muss der jeweils zuständige Behördenteil die Bezeichnung „Amt für Ausbildungsförderung“ tragen, um eine einheitliche Organisation zum Ausdruck zu bringen und es den Antragsstellern zu erleichtern, die zuständige Behörde ausfindig zu machen.123 Diese Bestimmung findet sich auch in Tz. 40.1.1 der BAföGVwV. Die Ämter für Ausbildungsförderung im Bereich der schulischen Ausbildungsförderung sind in verschiedenen Bereichen der Kommunalverwaltung angesiedelt. Teilweise werden die Ämter den Jugendämtern, den Sozialämtern, den Wohngeldstellen oder anderen Behörden angegliedert.124 Die Zuordnung erfolgt so zwar bei sachlich verwandten Bereichen, innerhalb der Behörden selbst jedoch bei unterschiedlichen Organisationseinheiten125 und damit sehr uneinheitlich. Die Sachbearbeiter haben zwar im Schnitt weit weniger Fälle als bei den Ämtern für Ausbildungsförderung der Studentenwerke, dafür sind die Ämter für Ausbildungsförderung bei den Kommunen auch deutlich kleiner und die Sachbearbeiter daneben häufig noch für weitere Aufgaben eingesetzt.126 Die schulische Ausbildungsförderung erfolgt damit weitaus uneinheitlicher als die studentische Ausbildungsförderung. Dies ist der Organisationshoheit der Länder geschuldet. So bestehen in Nordrhein-Westfalen mit 54 Ämtern bei den Kreisen und kreisfreien Städten 120  Vgl. schon BT-Drs. VI / 1975, S. 36; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 7; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 1, 5. 121  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 6. 122  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 7. 123  BT-Drs. VI / 1975, S. 36; Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 4; Roggentin, ebd., BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 6 f.; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 1, 5. 124  Kießling, ZfF 1976, 169. 125  Gleiches beklagt Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung neben der unterschiedlichen Behördenzuständigkeit auch für die Unterhaltssicherungsstellen, in: Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 108. 126  Vgl. BT-Drs.  7 / 2697, S. 9.

140   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

deutlich mehr Ämter für die Schülerförderung als mit zwölf Studentenwerken für die Studentenförderung. Insgesamt war die Förderungsverwaltung nach ihrer Einrichtung schnell auf bundesweit 424 Förderungsämter angewachsen, was als Beleg für deren Bürokratie gewertet wurde.127 Hinreichend umfassende Zahlen über die Organisation der Ausbildungsförderungsverwaltung, wie Personalausstattung und Bearbeitungsdauer, sind mit Ausnahme einer Unterrichtung der Bundesregierung über die Durchführung des BAföG aus dem Jahr 1974128 nicht verfügbar. Zeh129 geht von einer Zahl von 400 bis 700 Fällen pro Sachbearbeiter in kommunalen Ämtern für Ausbildungsförderung aus. b) Organisation der studentischen Ausbildungsförderung Die Organisation der studentischen Ausbildungsförderung richtet sich nach § 40 Abs. 2 BAföG. Demnach sind für Auszubildende im Hochschulbereich Ämter für Ausbildungsförderung im Rahmen der mittelbaren Staatsverwaltung entweder bei staatlichen Hochschulen oder bei Studentenwerken einzurichten. Dies trägt der Notwendigkeit der Verwaltungsnähe zu den Einrichtungen der Hochschule Rechnung. Bei nichtstaatlichen Hochschulen können hingegen keine Förderungsämter eingerichtet werden.130 Hierbei handelt es sich um eine Ausnahme von der allgemeinen Regelung der Behördenorganisation des § 40 Abs. 1 BAföG.131 Die Länder bedienen sich im Rahmen der landesrechtlichen Vorgaben einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ihrer Wahl.132 Bereits bei der Einführung des BAföG war eine vorläufige Zuständigkeit der Hochschulen für die studentische Ausbildungsförderung normiert worden. Diese konnten nach Maßgabe landesrechtlicher Bestimmungen die Aufgaben der Förderungsämter bei einer Hochschule konzentrieren oder Studentenwerke zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben heranziehen.133 127  FAZ v. 30.10.1979 mit Verweis auf Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachtlicher Bericht über die Entwicklung des Verwaltungsaufwands im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG –) unter besonderer Berücksichtigung der Darlehen. 128  BT-Drs.  7 / 2697. 129  Wille und Wirkung der Gesetze, S. 420. 130  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40 Rn. 6. 131  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 2, 8, 12; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 8. 132  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 12 f. 133  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1.1.



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG 141

Gemäß § 40 Abs. 2 S. 2 BAföG können Ämter für Ausbildungsförderung bei staatlichen Hochschulen zudem Studentenwerke zur Ausführung ihrer Aufgaben heranziehen. Im Rahmen dieser „Mischform“ verbleibt die Zuständigkeit und Verantwortlichkeit formal bei der Hochschule, welche im Einzelfall auf die Durchführung der Aufgaben durch die Studentenwerke Einfluss nehmen kann.134 Niedersachsen135, Rheinland-Pfalz136 und das Saarland137 haben Ämter für Ausbildungsförderung bei den Hochschulen eingerichtet, mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz wird der Vollzug des BAföG jedoch von den Studentenwerken wahrgenommen.138 Des Weiteren können Studentenwerke gemäß § 40 Abs. 2 S. 1, 2.  Alt. BAföG selbst Ämter für Ausbildungsförderung sein. Neben der o. g. mittelbaren Beauftragung greift die später eingefügte selbstständige Beauftragung der Studentenwerke die vorherige faktische Zuständigkeitsverteilung auf.139 Nach der heutigen landesrechtlichen Ausgestaltung ist dies die Regel, wodurch die Studentenwerke die Hauptlast der Durchführung des BAföG tragen.140 Studentenwerke sind nach den Vorschriften der entsprechenden Studentenwerksgesetze Einrichtungen, die für die wirtschaftliche, soziale, gesundheitliche und kulturelle Betreuung und Förderung der Studierenden zuständig sind.141 In diesen Zuständigkeitsbereich fällt auch der Vollzug der Ausbildungsförderung. Gleichwohl sind die Ämter für Ausbildungsförderung bei den Studentenwerken strukturell ein Fremdkörper, was auch in der Budgetierung und in der Aufsicht zum Ausdruck kommt. Die Organisation der Studentenwerke ist von der landesrechtlichen Ausgestaltung abhängig. Die Mehrzahl der 58 Studentenwerke ist in der Rechtsform der Anstalt öffentlichen Rechts organisiert, was Voraussetzung für die selbstständige Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben durch die Ämter für 134  Vgl. Tz. 40.2.2 der BAföGVwV; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 2, 14.1; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 8, 10. 135  Vgl. § 3 Abs. 8 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes i. V. m. § 1 der Verordnung über die Ämter für Ausbildungsförderung bei den Hochschulen vom 9.8.2011 (Nds.GVBl. 2011, 277). 136  Vgl. § 2 des Landesgesetzes zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (AGBAföG) i. V. m. der Landesverordnung über die Zuständigkeiten der Ämter für Ausbildungsförderung vom 19.2.2001 (GVBl. 2001, 46). 137  Vgl. § 1 der Verordnung zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 25.9.1973 (Amtsbl. 1973, 661). 138  Vgl. Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 16; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 9; Akova, Die Studentenwerke, S. 125, 149 f. 139  Akova, Die Studentenwerke, S. 147. 140  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 11; Akova, Die Studentenwerke, S. 150; Ramsauer / Wonneberger, LKV 1992, 357 (358). 141  Vgl. Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 15. Vgl. umfassend Akova, Die Studentenwerke.

142   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

Ausbildungsförderung ist.142 Zu Zeiten des Honnefer Modells waren Studentenwerke zumeist noch als eingetragene Vereine organisiert, mit der Einführung des BAföG erfolgte auf Drängen der Bundesregierung jedoch eine stetige Umwandlung in Anstalten des öffentlichen Rechts.143 Auch die staatlichen Hochschulen unterstehen als Körperschaften des öffentlichen Rechts der Trägerschaft des Landes und dessen Rechtsaufsicht.144 Durch die Eingliederung in die Verwaltungsorganisation der Länder wird der Verwaltungsvollzug gemäß Art. 85 GG, insbesondere die Umsetzung von Bundesweisungen, sichergestellt.145 Über die Einrichtung als Anstalten öffentlichen Rechts hinaus schreibt § 40 Abs. 2 S. 3 BAföG angesichts der Komplexität des Ausbildungsförderungsrechts weitere Vorgaben zur Sicherstellung der selbstständigen Aufgabenerledigung vor. So muss ein Bediensteter des Studentenwerks die Befähigung zum Richteramt oder für den höheren allgemeinen Verwaltungsdienst haben. Wurde ein Landesamt für Ausbildungsförderung eingerichtet, werden gemäß § 40a S. 3 BAföG keine weiteren Anforderungen an die Ausbildung der Bediensteten der Studentenwerke gestellt.146 Zudem muss das Land durch eine umfassende Rechts- und Fachaufsicht einen ordnungsgemäßen Gesetzesvollzug sicherstellen.147 Die weitere organisatorische Ausgestaltung der bundesrechtlichen Vorgaben auf Landesebene ist recht unterschiedlich. Die Mitarbeiter der Ämter für Ausbildungsförderung erledigen einen jeweils sehr unterschiedlichen Arbeitsanfall. Zeh148 führt an, dass die Sachbearbeiter in den Studentenwerke zwischen 307 und 536 Förderungsfälle jährlich bearbeiten. Dies zeige verschiedene Einschätzungen der Länder hinsichtlich der Anforderungen und Belastung der Ämter. Hennecke149 spricht je nach Einzugsgebiet und Größe der betreuten Hochschule von mehreren Tausend bis 20.000 Förderungsantragen pro Amt für Ausbildungsförderung bei Einführung des BAföG. Dies entspreche jährlich bis zu 700 Fällen pro Sachbearbeiter. Die Zahl dürfte inzwischen jedoch bereits deutlich höher liegen. Dieses Bild spiegelt sich auch im jüngsten Bericht des Normenkontrollrates vom März 2010150 wider, wonach die Arbeitsabläufe und damit die zeitliche Belas142  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 2, 15; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 11 f.; Akova, Die Studentenwerke, S. 147, 151. 143  BT-Drs.  7 / 2697, S. 11 f. 144  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 14. 145  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 15.1; Ram­ sauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 13. 146  Akova, Die Studentenwerke, S. 148, 151. 147  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 11. 148  Wille und Wirkung der Gesetze, S. 420. 149  RdJB  1977, 245 (246). 150  Einfacher zum Studierenden-BAföG.



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG 143

tung in den Ämtern sowie die Behördenprofile selbst sich wesentlich unterscheiden. Trotz der bundesweit einheitlichen Vorgaben des BAföG weisen die Förderungsämter in ihrer Organisation, Ausstattung sowie ihren Arbeitsabläufen spezifische Unterschiede auf.151 Diese betreffen den Prozess der Antragsbearbeitung ebenso wie die Aufgabenteilung zwischen Hilfskräften und Sacharbeitern oder die Spezialisierung für besondere Aufgaben innerhalb der Ausbildungsförderungsverwaltung. Auch die organisatorische Unterteilung der Ämter variiert. Weitere Unterschiede ergeben sich hinsichtlich der Intensität von Mitarbeiterfortbildungen und internen Besprechungen. Auch die Ausbildung und Einarbeitung der Mitarbeiter ist in den Ämtern unterschiedlich organisiert.152 Insbesondere die in der Antragsbearbeitung eingesetzten EDV-Programme wiesen bis zur weitgehenden Einführung des Programms BAföG21153 z. T. erheblich Unterschiede auf.154 c) Organisation der Auslandsausbildungsförderung Hinsichtlich der Zuständigkeit für die Förderung von Auslandsausbildungen stellt § 40 Abs. 3 BAföG abweichend von Absatz  1 klar, dass die Länder Ämter für Ausbildungsförderung auch bei staatlichen Hochschulen, Studentenwerken oder Landesämtern für Ausbildungsförderung einrichten können.155 Nur zwölf der 18 für die Auslandsförderung zuständigen Ämter für Ausbildungsförderung sind bei Studentenwerken oder Hochschulen angesiedelt. Die Bearbeitung der Anträge auf Auslandsförderung wird gemäß § 45 Abs. 4 S. 2 BAföG durch Zuständigkeitsverordnung156 einem bestimmten Land übertragen, welches in ergänzenden Regelungen das örtlich zuständige Förderungsamt bestimmt.157 151  Nationaler

Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 61 ff. Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 61 ff., insbes. die zusammenfassende Darstellung der Ergebnisse zu den Ämterprofilen, S.  115 ff. 153  Vgl. dazu bei § 17 A. I. 3. d). 154  Vgl. Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S.  61 ff. 155  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 1.4, 2, 18; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40 Rn. 8; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40 Rn. 14. 156  Verordnung über die örtliche Zuständigkeit für Ausbildungsförderung im Ausland vom 6.1.2004 (BGBl. I S. 42), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 19.10.2011 (BGBl. I S. 2098). Vgl. hierzu § 14 B. 157  Spielbauer, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 45 (30. Lfg. 2008) Rn. 16; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 45 Rn. 19; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 45 Rn. 18; Ramsauer / Wonneberger, LKV 1992, 357 (358). 152  Nationaler

144   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

d) Auswirkung auf andere Förderungsarten Die Behördenorganisation des § 40 BAföG hat nur Bindung für den Bereich der Ausbildungsförderung nach dem BAföG.158 Die Organisation der Ausführung des AFBG wird nach dessen § 19a von den Ländern selbst geregelt.159 Jedoch sind die Aufgaben der Ämter für Ausbildungsförderung nicht ausschließlich auf den Vollzug des BAföG beschränkt. In einigen Ländern nehmen die für die Durchführung des BAföG zuständigen Ämter für Ausbildungsförderung daher auch die Aufgabe der Durchführung des Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetzes wahr.160 3. Die Landesämter für Ausbildungsförderung Gemäß § 40a BAföG können die Länder zentrale Landesämter für Ausbildungsförderung als obere Landesbehörden für das gesamte Landesgebiet errichten. Diese Möglichkeit der Errichtung von Landesämtern geht auf den ausdrücklichen Wunsch der Länder zurück, welche bereits unter dem AföG verpflichtet waren entsprechende Landesämter einzurichten.161 Die Landesämter sollen die Ausführung des BAföG durch die Ämter für Ausbildungsförderung koordinieren und somit die Obersten Landesbehörden bei ihren Aufsichts- und Leitungsaufgaben entlasten.162 Zudem sollen sie unterschiedliche Entwicklungen zwischen Schüler- und Studentenförderung verhindern; bestimmte Aufgaben wurden ihnen jedoch nicht zugewiesen.163 Regelmäßig führen sie das Ausbildungsstättenverzeichnis nach Tz. 39.1.2 der BAföGVwV.164 Einige Landesämter sind für die Bearbeitung der Anträge auf Auslandsförderung zuständig.165 Soweit in den Ländern von der 158  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 3.2; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40 Rn. 2. 159  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 3.2, § 40 (26. Lfg. 2006) Rn. 3.2. 160  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40 Rn. 2 verweist auf die Schülerförderung. 161  BT-Drs. VI / 1975, S. 36; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 1. 162  BT-Drs. VI / 1975, S. 36; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn.  1 f.; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40a Rn. 2; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40a Rn. 1; Akova, Die Studentenwerke, S. 152. 163  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 5; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40a Rn. 2; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 16, § 40a Rn. 1, 3. 164  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.9, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 5; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40a Rn. 3. 165  Vgl. § 2 Abs. 1 AG  BAföG NRW.



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG 145

Ausnahmevorschrift des § 68 Abs. 1, S. 2, Var. 1 VwGO durch eine entsprechende landesrechtliche Regelung kein Gebrauch gemacht wurde oder für Verwaltungsakte im Bereich des Ausbildungsförderungsrechts eine Rückausnahme vorgesehen ist166, können die Landesämter auch die Aufgabe der Widerspruchsbehörde wahrnehmen167. Zudem üben sie die Fachaufsicht über die Ämter für Ausbildungsförderung aus.168 Dadurch fungieren die Landesämter als Bindeglied zwischen den Ämtern für Ausbildungsförderung und den Fachministerien von Bund und Land, an deren gemeinsamen Sitzungen und Arbeitsgruppen sie zum Teil teilnehmen. Sie sind auch dafür zuständig, die Erlasse des Bundesministeriums und etwaige Verfügungen des Landesministeriums an die Ämter für Ausbildungsförderung weiterzugeben. Dies geschieht in Form von Grundverfügungen zu grundsätzlichen Fragen der Ausbildungsförderung sowie durch regelmäßige Rundverfügungen mit Detailregelungen zu Gesetzesauslegungen und Fragen der Umsetzung neuer Rechtsprechung.169 Zudem nehmen die Landesämter regelmäßig an Dienstbesprechungen mit den Ämtern für Ausbildungsförderung teil und erstatten den Obersten Landesbehörden Bericht, welche die Rückmeldungen ihrerseits an das Bundesministerium für Bildung und Forschung weitergeben. Darüber hinaus beraten sie die Förderungsämter in schwierigen Rechtsfragen und führen Schulungen mit den Ämtern für Ausbildungsförderung durch. Zudem koordinieren die Landesämter die landesweite Abwicklung der Datenverarbeitung. Mit Blick auf die Aufgabenvielfalt ist es nicht verwunderlich, dass die Landesämter in den einzelnen Ländern eine sehr unterschiedliche Ausgestaltung gefunden haben.170 Viele Länder verzichten jedoch inzwischen auf die Einrichtung eines Landesamtes für Ausbildungsförderung. Dessen Aufgaben werden stattdessen von den Obersten Landesbehörden wahrgenommen. Gemeinsame Landesämter mehrerer Länder wurden nicht eingerichtet.171 Diejenigen Länder, die Landesämter für Ausbildungsförderung eingerichtet haben, haben diese jedoch mit weitreichenden Einflussmöglichkeiten ausgestattet.172 In diesen Ländern ist die Sachkompetenz in 166  Vgl.

§ 110 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) JustG NRW. in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 8; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40a Rn. 4. 168  Vgl. § 1 S. 2 AGBAföG BW; § 2 Abs. 3 AG  BAföG  NRW. 169  Vgl. Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 418. Vgl. zur Umsetzung der Bundesvorgaben durch die Länderbehörden ausführlich bei § 18 B. II. 1. 170  Vgl. BT-Drs.  7 / 2697, S. 4 f. 171  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 6; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40a Rn. 5. 172  Vgl. Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 418. 167  Roggentin,

146   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

Detailfragen der Ausbildungsförderung zumeist bei den Mittelbehörden konzentriert. In Nordrhein-Westfalen war das Landesamt für Ausbildungsförderung in Aachen lange Zeit als selbstständige Landesoberbehörde eingerichtet und nahm ausschließlich Aufgaben der Ausbildungsförderungsverwaltung wahr. 2001 wurde das Landesamt aufgelöst und seine Aufgaben auf die Bezirksregierung Köln als Mittlere Landesbehörde übertragen.173 Das Landesamt ist in der Außenstelle der Bezirksregierung Köln in Aachen aufgegangen.174 In den übrigen Ländern werden die Aufgaben der Landesämter neben anderen Aufgaben von Behörden der allgemeinen Verwaltung wahrgenommen.175 In Baden-Württemberg ist das Landesamt gemäß § 1 S. 1 AGBAföG BW beim Regierungspräsidenten angesiedelt.176 In Sachsen ist das Landesamt in die Landesdirektion Chemnitz eingegliedert.177 Andere Länder richten ihre Landesämter bei den zuständigen Obersten Landesbehörden ein.178 Aufgrund der zwischenzeitlichen Entwicklung bestehen heute Zweifel an der Notwendigkeit der Errichtung der Landesämter.179 Der Bundesrat hatte diese bereits bei Verabschiedung des BAföG angemeldet.180 Als Empfänger der Bundesweisungen kommen gemäß Art. 85 Abs. 3 S. 2 GG nur die Obersten Landesbehörden in Betracht.181 Auch die Regelung des Art. 85 Abs. 2 S. 3 GG zur Bestellung der Leiter der Mittelbehörden findet nur auf Landesämter Anwendung, die ausschließlich Aufgaben der Ausbildungsförderungsverwaltung wahrnehmen. Diese wurden zeitweise nur in NordrheinWestfalen und Sachsen eingerichtet. Die praktische Bedeutung der Vorschrift 173  Vgl. Art. 1, § 1 des 2.  ModernG (GV.NRW 2000, S. 461), § 4 Abs. 4 GO BezReg NRW (GV.NRW 2000 S. 562). 174  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 5; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40a Rn. 1; Akova, Die Studentenwerke, S. 152. 175  Akova, Die Studentenwerke, S. 139 f. 176  Vgl. BT-Drs.  7 / 2697, S. 4; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40a Rn. 1; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 5; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40a Rn. 1; Akova, Die Studentenwerke, S. 151. 177  Vgl. § 1 S. 1 SächsAG-BAföG; Akova, Die Studentenwerke, S. 152. 178  Vgl. BT-Drs.  7 / 2697, S. 4; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 2, 4; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 40a Rn. 1; Akova, Die Studentenwerke, S. 140, 152; so Bayern, wo das Landesamt gem. § 3 Abs. 1 Bay­ AGBAföG beim Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst gebildet wird und Schleswig-Holstein, wo das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr gem. § 1 S. 2 BAföGZustVO die Aufgaben des Landesamtes wahrnimmt. 179  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 4; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 40a Rn. 2; Ramsauer / Wonneberger, LKV 1992, 357 (358). 180  BT-Drs. VI / 1975, S. 50. 181  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40a (27. Lfg. 2006) Rn. 2.



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG 147

für die Ausbildungsförderungsverwaltung ist somit gering.182 Auch von der Befugnis des Art. 85 Abs. 2 S. 2 GG zur Regelung der Ausbildung der Mitarbeiter hat der Bund für den Bereich der Förderungsverwaltung keinen Gebrauch gemacht.183 4. Die Ministerien als Oberste Landesbehörden Als Oberste Landesbehörden sind die jeweiligen Fachministerien für den Vollzug des BAföG zuständig. Diese weisen je nach Land unterschiedliche Ressortzuschnitte auf, welche vergleichbar den Bundesministerien im Laufe der Legislaturperioden Veränderungen unterworfen sind. Überwiegend sind die Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung dem Wissenschaftsressort zugeordnet.184 In Sachsen-Anhalt liegt die Zuständigkeit beim Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft, in Saarland beim Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. Innerhalb der zuständigen Landesministerien liegt die Zuständigkeit für die Ausbildungsförderung zumeist bei der für das Hochschul- und / oder Rechtswesen zuständigen Abteilung. Dies ist erstaunlich, da die Ausbildungsförderung zumindest auch die schulische Ausbildung umfasst. In Nordrhein-Westfalen sind entsprechend der Ressortzuschnitte derzeit zwei Landesministerien für die Ausbildungsförderung zuständig. Das Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie ist zuständige Oberste Landesbehörde für die Ausbildungsförderung im Hochschulbereich, während das Ministerium für Schule und Weiterbildung die Zuständigkeit für die schulische Ausbildungsförderung innehat. Auf der Ebene der Mittelbehörde werden beide Zuständigkeiten wieder bei der Bezirksregierung Köln zusammengeführt. Die Obersten Landesbehörden sind für die Koordinierung des Verwaltungsvollzugs mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zuständig. Zu diesem Zweck nehmen sie an den Sitzungen der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung, aber auch an Treffen der Behörden auf Landesebene teil. Gemäß Art. 85 Abs. 3 GG sind die Obersten Landesbehörden zudem Adressaten der Weisungen des Bundes. Diese und weitere Erlasse leiten sie an das zuständige Landesamt bzw. die Landesmittelbehörde weiter, welche sie in Rundverfügungen umsetzt und den Ämtern für Ausbildungsförderung 182  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.7; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 4; Akova, Die Studentenwerke, S. 139. 183  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.6; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 4. 184  BT-Drs.  7 / 2697, S. 4 f. spricht noch von Bildungs- und Sozialressorts.

148   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

zuleitet.185 Zumeist erhalten die Landesämter entsprechende Weisungen bzw. Erlasse zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung direkt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Zuleitung an die Landesministerien dient sodann nur noch deren Information sowie der Wahrung der Verwaltungshierarchie. Über die Rundverfügungen hinaus erteilen die Landesministerien Anweisungen an die Förderungsämter im Fall von Petitionen. Die Zuständigkeit der Obersten Landesbehörde entspricht im Übrigen der Zuständigkeit der Landesämter in Ländern, welche auf die Einrichtung eines solchen verzichtet haben. Zu ihren Aufgaben gehört dann vornehmlich die Fachaufsicht über die Ämter für Ausbildungsförderung.186 Werden die Aufgaben der Fachaufsicht über die Förderungsämter hingegen von einem Landesamt wahrgenommen, kommt den Obersten Landesbehörden die Fachaufsicht über das ihnen nachgeordnete Landesamt zu. Insgesamt ist festzustellen, dass die Aufbauorganisation der Ausbildungsförderungsverwaltung auf der obersten und – soweit vorhanden – mittleren Landesebene zwischen den Ländern stark variiert. II. Die Verwaltungsorganisation auf Bundesebene Auf Bundesebene ist das Bundesministerium für Bildung und Forschung als Oberste Bundesbehörde für Fragen der Ausbildungsförderung zuständig. Die Zuständigkeit für Fragen der Ausbildungsförderung ist auf zwei Referate verteilt. Das Referat 413 mit Dienstsitz in Berlin ist für grundsätzliche Fragen der Gesetzgebung im Rahmen der Ausbildungsförderung zuständig. Das Referat 414 mit Dienstsitz in Bonn ist für die Durchführung des BAföG zuständig. Es besteht einschließlich seines Leiters aus ca. sechs Mitarbeitern und ist für die Koordination der Gesetzesausführung in den Ländern zuständig. Auch der Ressortzuschnitt auf Bundesebene und damit das für Ausbildungsförderung zuständige Bundesministerium waren über die Jahre Änderungen unterworfen. Zunächst war die Ausbildungsförderung beim Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit angesiedelt, ab 1973 dann beim Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, welches seit der Zusammenlegung mit dem Bundesministerium für Forschung und Technoauch Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 419. ist zum Teil ausdrücklich in den entsprechenden landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen festgehalten, vgl. Akova, Die Studentenwerke, S. 153 f.; § 3 BAföG-HAG Hessen, § 2 Abs. 3 AGBAföG Mecklenburg-Vorpommern. In Sachsen und Thüringen nimmt hingegen das Landesverwaltungsamt die Fachaufsicht über die Ämter für Ausbildungsförderung wahr, vgl. § 2 Abs. 2 S. 2 AGBAföG LSA, § 2 Abs. 1 ThürAGBAföG. 185  Vgl.

186  Dies



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG 149

logie im Jahr 1994 als Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie und seit 1998 als Bundesministerium für Bildung und Forschung firmiert.

C. Die Verfahrensvorgaben des BAföG im Überblick Neben der Einrichtung der Behörden hat der Bund in Abschnitt IX (§§ 46–55) des BAföG entsprechende Regelungen zur Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens getroffen. So ist nach § 46 Abs. 1 S. 1 BAföG für jeden Bewilligungszeitraum ein schriftlicher, auch formloser, Förderungsantrag zu stellen.187 Die zur Feststellung des Anspruchs erforderlichen Angaben sind gemäß § 46 Abs. 3 BAföG auf Formblättern zu machen, welche die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates durch allgemeine Verwaltungsvorschrift188 ­ erlässt.189 Zunächst war der Erlass einer Verordnung zur Bestimmung der Formblätter vorgesehen, seit dem 7. BAföGÄndG werden diese jedoch durch eine Verwaltungsvorschrift vorgegeben.190 Grund hierfür könnte sein, dass es nach herrschender Auffassung einfacher und regelmäßig „unauffälliger“191 ist, statt einer Rechtsverordnung eine Verwaltungsvorschrift zu erlassen. In §§ 47 f. BAföG sind Auskunfts- und Mitwirkungspflichten des Antragstellers selbst sowie der Ausbildungsstätten, Eltern und Ehegatten des Antragstellers normiert. Diese Vorschrift werden durch § 60 Abs. 1 SGB I ergänzt, der ebenfalls Kooperationspflichten mit anderen Stellen vorsieht.192 Durch § 50 BAföG werden zudem Vorgaben zu Inhalt, Form und Wirkung der Bescheide über Anträge nach § 46 Abs. 1 BAföG normiert.193 Den 187  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 46 Rn. 1, 4; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 46 Rn. 2 f. Nach Tz. 46.1.1a der BAföGVwV genügt für die Antragstellung die Einreichung eines eingescannten Antrags per Fax oder E-Mail. Das 25. BAföGÄndG sieht ferner vor, dass die Länder verpflichtet sind, bis zum 1.8.2016 eine elektronische Antragstellung zu ermöglichen, vgl. BR-Drs.  375 / 14, S. 6. 188  Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter nach § 46 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG-FormblattVwV 2011) vom 5.4.2011. Vgl. auch § 17 A. I. 2. 189  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 46 Rn. 6 ff.; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 46 Rn. 11. 190  BT-Drs.  9 / 410, S. 15; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 46 Rn. 11. 191  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 88. 192  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 6.3; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 47 Rn. 1. 193  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 50 Rn. 1 ff.; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 50 Rn. 1.

150   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

Inhalt der Bescheide gibt § 50 Abs. 2 BAföG vor. Auch der der Berechnung zugrunde liegende Programmablaufplan entspricht einer bundesweit einheitlichen Vorgabe.194 Gleichwohl sind die Bewilligungsbescheide nicht bundesweit einheitlich gestaltet.195 Die §§ 51, 53 BAföG enthalten weitere Vorgaben zur Zahlweise der Förderungsbeträge und Änderung der Bescheide. § 54 Abs. 1 BAföG stellt schließlich als aufdrängende Sonderzuweisung zu § 40 VwGO klar, dass für öffentlich-rechtliche Streitigkeiten aus dem BAföG der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten und nicht gemäß § 51 SGG zu den Sozialgerichten eröffnet ist.196 Entsprechend Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG bleibt die übrige Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens den Ländern vorbehalten. Angesichts der bundesgesetzlich ausgestalteten Vorgaben der §§ 46 ff. BAföG und der weitgehend einheitlich gestalteten Verwaltungsverfahrensgesetze divergieren die Vorgaben zum Verwaltungsverfahren jedoch kaum.

D. Die Verwaltung und Einziehung der Darlehen durch das Bundesverwaltungsamt Die Verwaltung und der Einzug der Ausbildungsdarlehen erfolgt abweichend von dem in § 39 Abs. 1 BAföG aufgegriffenen Grundsatz der Bundesauftragsverwaltung durch das Bundesverwaltungsamt gemäß § 39 Abs. 2 BAföG in bundeseigener Verwaltung.197 Hierbei handelt es sich um eine selbstständige Oberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums des Innern mit Sitz in Köln. Das Bundesverwaltungsamt ist eine Querschnittsbehörde, welche für über 100 unterschiedliche Fachaufgaben zuständig ist. Grundlage für seine Einrichtung ist Art. 87 Abs. 3 S. 1 GG, wonach der Bund für Angelegenheiten, in denen ihm die Gesetzgebungskompetenz zukommt, Bundesoberbehörden errichten kann.198 Die Verwaltung und Abwicklung der Darlehensrückzahlung geschieht auf Grundlage der von den Studentenwerken gemeldeten Daten.199 Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsamtes beschränkt sich jedoch auf die Verwaltung und Einziehung der zinslosen Darlehen gemäß § 17 Abs. 2 BAföG. Für die 194  Dazu

§ 17 A. I. 3. in: ders., BAföG, § 39 Rn. 18; § 50 Rn. 22; Ramsauer, LKV 1991,

195  Ramsauer,

58 (64). 196  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 54 Rn. 1; Lackner, NVwZ 2013, 912 (915). 197  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 2.2; Akova, Die Studentenwerke, S. 132. 198  Schieckel, Berufsbildungsgesetz, Bundesausbildungsförderungsgesetz, §  56 (142. Ergl. 1977) Anm. 3. 199  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 5.



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG151

Verwaltung und Einziehung der Bankdarlehen nach § 17 Abs. 3 BAföG ist gemäß § 18c BAföG die Kreditanstalt für Wiederaufbau zuständig.200 Der bundeszentrale Darlehenseinzug im Rahmen der Ausbildungsförderung wurde bereits im Rahmen der Studentenförderung nach dem Honnefer Modell praktiziert.201 Zwar beziehen sich sowohl die Gewährung der Ausbildungsförderung als auch die Abwicklung der Darlehen auf das Sachgebiet der Ausbildungsförderung, sodass durch die Aufteilung der Verwaltungszuständigkeiten scheinbar eine Trennung von Zusammengehörigem bewirkt wird. Gleichwohl handelt es sich hierbei nicht um einen Fall unzulässiger Mischverwaltung.202 Denn durch die eigenständige Durchführung abgrenzbarer Verwaltungsaufgaben in unterschiedlichen Verwaltungsformen wird das Prinzip der Geschlossenheit der Verwaltungstypen nicht beeinträchtigt. Zudem sind Überschneidungen der Aufgabenbereiche von Bund und Ländern durch die Festlegung der jeweiligen Zuständigkeiten ausgeschlossen.203 Dennoch wird die Durchführung der Ausbildungsförderungsverwaltung durch die Ämter für Ausbildungsförderung auf Landesebene und die Bundesverwaltung für die Darlehensrückforderung teilweise als missglückt und unzweckmäßig angesehen.204 Trotz fehlender Überschneidungen ihrer Aufgabenbereiche ergeben sich Berührungspunkte und Reibungsflächen zwischen Bundes- und Länderverwaltung, welche zu Abstimmungserfordernissen und ‑problemen zwischen den beteiligten Verwaltungsträgern führen.205 Zudem wird angeführt, die Zuständigkeit des Bundes für die Darlehensverwaltung bedinge eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands.206 Verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine unzulässige Mischverwaltung entstanden nur aufgrund der 3. BAföG-Novelle von 1975. Durch diese wurde die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsamtes zwischenzeitlich so verändert, dass sie sich mit den Aufgaben der Ämter für Ausbildungsförderung teilweise überschnitt und somit die Zuständigkeiten von Bundes- und Länderverwaltung nicht eindeutig getrennt waren.207 200  Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 3.5; Schieckel, Berufsbildungsgesetz, Bundesausbildungsförderungsgesetz, § 39 (142. Ergl. 1977) Anm. 2a. 201  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1. Zum Honnefer Modell vergleiche schon oben § 10. 202  Vgl. BT-Drs. VI / 1975, S. 37; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 10. 203  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 5.1. 204  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 39 Rn. 2; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 11; Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 421. 205  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 413. 206  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 418. 207  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 413.

152   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

Im Nachgang zu Prüfungen des Bundesrechnungshofes208 wurde die Darlehensförderung und -verwaltung in einem Bericht der Bundesregierung auch auf ihre Zweckmäßigkeit überprüft und mit Alternativen der Darlehensverwaltung außerhalb der Bundesverwaltung verglichen.209 Die Übertragung der Darlehensverwaltung an Private oder zentrale Landesbehörden wurde in diesem Bericht in Betracht gezogen, letztlich jedoch abgelehnt.210 Das Bundesverwaltungsamt ist für die gesamte Darlehensverwaltung von der Speicherung der von den Ämtern übermittelten Darlehensdaten bis zum Abschluss des Verwaltungsvorgangs mit Tilgung der Darlehen zuständig. Neben dem Bundesverwaltungsamt ist gemäß § 39 Abs. 2 S. 2 BAföG die zuständige Bundeskasse in dessen Auftrag für die Inkassotätigkeit und somit die Verbuchung und Überprüfung eingegangener Zahlungen, die Abmahnung sowie die Abführung der eingezogenen Darlehensbeträge zuständig.211 Das Bundesverwaltungsamt erhält dazu jährlich elektronische Meldungen über die Höhe der Auszahlungen von den Landesrechenzentren. Nach Ende der Förderungshöchstdauer werden diese an die zuständige Bundeskasse übermittelt, welche die Feststellungs- und Rückzahlungsbescheide an die Darlehensnehmer versendet und die Beträge für das Bundesverwaltungsamt einzieht. Dabei müssen ggf. auch Verringerungen der Rückzahlungsbeträge und Änderungen aufgrund von Nachmeldungen der Länder berücksichtigt werden.212 Nach der Auflösung der zuvor für den Darlehenseinzug zuständigen Bundeskasse Düsseldorf wurde durch das 21. BAföGÄndG nur eine allgemeine Zuweisung an die Bundeskasse normiert. Die jeweils zuständige Bundeskasse wird dann durch Organisationsentscheidung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bestimmt.213 Bis zum Erlass des 25. BAföGÄndG flossen die Darlehensrückzahlungen an das Bundesverwaltungsamt entsprechend der Kostenverteilung des § 56 208  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachtlicher Bericht über die Entwicklung des Verwaltungsaufwands im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG –) unter besonderer Berücksichtigung der Darlehen, vgl. dazu Der Spiegel 15 / 1979, S. 114 ff. 209  Ergänzender Bericht der Bundesregierung zu Fragen der Darlehensförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG), BT-Drs.  10 / 1734. 210  BT-Drs.  10 / 1734, S. 6 f. 211  BT-Drs.  10 / 1734, S. 3; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 6. 212  BT-Drs.  10 / 1734, S. 3 ff. 213  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1.5, 7; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 14.



§ 13  Die organisationsrechtlichen Vorgaben zur Ausführung des BAföG153

Abs. 1 BAföG a. F. anteilig in die Haushalte des Bundes und der Länder zurück.214 § 56 Abs. 2 S. 1 BAföG sieht nunmehr vor, dass das Bundesverwaltungsamt ab dem Jahr 2015 weiterhin Rückflüsse aus Tilgungsleistungen bis zu einem Betrag von insgesamt 2,058 Mrd. Euro an die Länder abführt. Dies entspricht dem prognostizierten Anteil der Länder an den Zins- und Tilgungsleistungen auf BAföG-Darlehen, welche vor dem Jahr 2015 gemeinsam von Bund und Ländern finanziert wurden.215 Gemäß § 56 Abs. 2 S. 4 und  2a BAföG richtet sich die Verteilung der Erstattungsbeträge unter den Ländern nach dem Verhältnis, in dem die bewilligten Beträge der einzelnen Länder in den Jahren 2012 bis 2014 zueinander standen. Hierdurch wird der hohe Verwaltungsaufwand einer exakten Abrechnung vermieden.216 Entsprechend ihrem Wunsch nach Verwaltungsvereinfachung erfolgte gemäß § 56 Abs. 4 S. 1 BAföG a. F. auch im Rahmen der Inlandsförderung keine Erstattung von Einnahmen und Ausgaben unter den Ländern.217 Aufgrund der ungleichen Finanzbelastung fand eine Erstattung der Länder untereinander gemäß § 56 Abs. 4 S. 2 BAföG a. F. lediglich im Rahmen der Auslandsförderung statt.218 Diese Regelungen sind durch das 25. BAföGÄndG nunmehr entbehrlich geworden.219 Einzelheiten der Darlehensverwaltung werden gemäß § 18 Abs. 6 BAföG durch die Darlehensverordnung220 geregelt. Hinsichtlich der Verwaltung und Einziehung der Darlehen existiert keine Verwaltungsvorschrift, vielmehr wird der Verwaltungsvollzug durch behördeninterne Anordnungen und im Rahmen der Rechtsaufsicht durch das Bundesministerium des Innern sichergestellt.221 Die vertikale Aufspaltung der Verwaltungszuständigkeiten ist auch in anderen Materien der Bundesauftragsverwaltung nicht unbekannt. So wird 214  Reifers,

in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 7. S. 7, 13 f., 52 ff. 216  Vgl. zur alten Rechtslage noch BT-Drs.  7 / 2098, S. 24; Schieckel, Berufsbildungsgesetz, Bundesausbildungsförderungsgesetz, § 56 (142. Ergl. 1977) Anm. 4a; Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 7.1. 217  Vgl. BT-Drs.  8 / 2467, S. 19; Schieckel, Berufsbildungsgesetz, Bundesausbildungsförderungsgesetz, § 56 (142. Ergl. 1977) Anm. 6; Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 10. 218  Vgl. BT-Drs.  10 / 5015, S. 14; Schieckel, Berufsbildungsgesetz, Bundesausbildungsförderungsgesetz, § 56 (142. Ergl. 1977) Anm. 6; Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 10 ff. 219  BR-Drs.  375 / 14, S. 54. Vgl. als Übergangsvorschrift § 56 Abs. 4 BAföG. 220  Verordnung über die Einziehung der nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz geleisteten Darlehen in der Fassung der Bekanntmachung vom 28.10.1983 (BGBl. I S. 1341), zuletzt geändert durch die Artikel 14 und 18 des Gesetzes v. 23.12.2007 (BGBl. I S. 3254, 3260, 3261). 221  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 6. 215  BR-Drs.  375 / 14,

154   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

auch das Atomrecht zum Teil in Bundesauftragsverwaltung und zum Teil in bundeseigener Verwaltung vollzogen, wodurch sowohl Bundes- als auch Landesbehörden unmittelbar am Vollzug beteiligt sind.222 Ebenso erfolgt die Verwaltung der Bundesfernstraßen im Auftrag des Bundes und die Verwaltung der Landesstraßen in landeseigener Verwaltung. Auch die Steuerverwaltung erfolgt nur in Teilen im Auftrag des Bundes.

§ 14  Die Rechtsverordnungen des Bundes Neben dem Erlass des BAföG hat der Gesetzgeber die Bundesregierung und das Bundesministerium für Bildung und Forschung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Art. 80 Abs. 2 GG ermächtigt, wodurch der Förderungsbereich des BAföG und dessen Regelungen in Teilbereichen ergänzt und erweitert werden.223

A. Die Rechtsverordnungen im Rahmen des BAföG Die Verordnungen zum BAföG regeln spezielle Fragen und Einzelheiten der Durchführung des BAföG, die einer stärkeren Vereinheitlichung bedürfen.224 Zu ihnen zählen die BAföG-Auslandszuschlagsverordnung225, die BAföG-Auslandszuständigkeitsverordnung226, die Darlehensverordnung227, die Einkommensverordnung228, die Härteverordnung229, die BAföG-Teiler222  Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 4; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Atomgesetz, S. 3, 184. 223  Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 48; Blanke, BAföG – eine Idee und ihre Gestaltung, S. 40; Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S.  389; eine Übersicht der geltenden Verordnungen findet sich bei ­Rothe / Blanke, BAföG. 224  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 409 f. 225  Verordnung über die Zuschläge zu dem Bedarf nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz bei einer Ausbildung im Ausland (BAföG-AuslandszuschlagsV) vom 25.6.1986 (BGBl. I S. 935), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 24.10.2010 (BGBl. I S. 1422). 226  Vgl. § 13 B. I. 2. c). 227  Vgl. § 13 D. 228  Verordnung zur Bezeichnung der als Einkommen geltenden sonstigen Einnahmen nach § 21 Abs. 3 Nr. 4 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföGEinkommensV) vom 5.4.1988 (BGBl. I S. 505), zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 23.10.2012 (BGBl. I S. 2246). 229  Verordnung über Zusatzleistungen in Härtefällen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (HärteV) vom 15.7.1974 (BGBl. I S. 1449), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 19.3.2001 (BGBl. I S. 390).



§ 14  Die Rechtsverordnungen des Bundes155

lassverordnung230 sowie weitere spezielle Regelungsbereiche231. Diese sind im BAföG entsprechend Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG inhaltlich bestimmt und betreffen jeweils besondere Regelungsbereiche. Angesichts der Breite der Ingerenzrechte, die dem Bund nach Art. 85 GG im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung zustehen, verwundert es, dass für eine große Zahl von Regelungsbereichen im Rahmen des BAföG der Regelungsmechanismus der Verordnung gewählt wurde. Das Nebeneinander von Verordnungen und Verwaltungsvorschriften zur Ergänzung des BAföG führt zu der Frage der Zuordnung von Sachbereichen zu einzelnen Regelungsinstrumentarien. Eine funktionelle Trennung beider Regelungsbereiche existiert nicht, sodass beide Regelungsinstrumente teilweise austauschbar erscheinen.232 Jedoch genügen Verordnungen – anders als verwaltungsinterne Vorschriften – aufgrund ihrer Außengerichtetheit als materielle Gesetze dem verfassungsrechtlichen Vorbehalt des Gesetzes.233 Ferner haben sie einen stärkeren Geltungsanspruch als Verwaltungsvorschriften, welche in besonderen Einzelfällen eine Abweichung zulassen.234 Grundsätzlich unterscheiden sich Verwaltungsvorschriften hinsichtlich ihrer Erlassvoraussetzungen von den Verordnungen.235 Jedoch bedürfen Rechtsverordnungen aufgrund von Bundesgesetzen, die von den Ländern im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, nach Art. 80 Abs. 2, Var.  4  GG ebenso wie allgemeine Verwaltungsvorschriften gemäß Art. 85 Abs. 2 GG regelmäßig der Zustimmung des Bundesrates.236 Dies ist zweckmäßig, da die Verordnungen nach ihrem Regelungsinhalt zumeist mit allgemeinen 230  Verordnung über den leistungsabhängigen Teilerlass von Ausbildungsförderungsdarlehen (BAföG-TeilerlassV) vom 14.12.1983 (BGBl. I S. 1439, 1575), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 2.12.2004 (BGBl. I S. 3127). 231  So z. B. die BeiratsV, die FachlehrerV, die KirchenberufeV, die MedizinalfachberufeV, die PsychThV, die SchulversucheV, die SozPflegerV, die TrainerV, die VorkurseV und die Techn. AssistentenV. 232  Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 341; Rogmann, Die Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften, S. 79; Trips, Das Verfahren der exekutiven Rechtsetzung, S. 91 f.; Hill / Martini, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 34 Rn. 3. 233  Lange, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 307, 327; vgl. auch Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 47. 234  Lange, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 307, 326; Antoni, AöR  114 (1989), 220 (244). 235  Leisner, JZ 2002, 119 (229). 236  Schulte-Frohlinde, Die Bundesauftragsverwaltung nach dem Bonner Grundgesetz und ihre Entstehung, S. 47. Das 25. BAföGÄndG sieht aufgrund der Befugnis zu abweichender bundesgesetzlicher Regelung nach Art. 80 Abs. 2 GG nunmehr die Streichung der Zustimmungserfordernisse des Bundesrates vor, vgl. BR-Drs. 375 / 14, S. 57.

156   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

Verwaltungsvorschriften vergleichbar sind. Jedoch wird das Erfordernis der Zustimmung zu allgemeinen Verwaltungsvorschriften gegenüber der Zustimmung zu Rechtsverordnungen gemäß Art. 80 Abs. 2 GG seltener virulent, da die Zahl der dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegten Verwaltungsvorschriften sehr gering ist.237 Grund hierfür könnte sein, dass der Erlass von zustimmungsbedürftigen Verwaltungsvorschriften, anders als der Erlass von Rechtsverordnungen oder Gesetzen, durch andere Regelungsinstrumente ohne Zustimmungserfordernis kompensiert wird. In beiden Fällen des Erlasses von Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften gibt die Bundesexekutive die Ausführung des Gesetzes durch die Länder vor. Systematisch handelt es sich beim Erlass von Rechtsverordnungen jedoch um eine delegierte Rechtsetzungskompetenz, welche das Parlament von technischen Detailregelungen entlasten soll, während der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften aufgrund der dienstrechtlichen Gehorsamspflicht eine der Exekutive inhärente Kompetenz darstellt.238 Die Zustimmungsbedürftigkeit ist auch in den jeweiligen Verordnungsermächtigungen des BAföG wiederholt. Gegenüber den Verwaltungsvorschriften werden Verordnungen entsprechend Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG von bestimmten Organen der Exekutive erlassen.239 So ist in den Verordnungsermächtigungen des BAföG regelmäßig das Bundesministerium für Bildung und Forschung als zuständiger Verordnungsgeber genannt. Für den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 GG ist hingegen die Bundesregierung als Kollegialorgan zuständig, was den Verwaltungsaufwand zum Erlass entsprechender Regelungen erhöht. Das Regelungsinstrument der Rechtsverordnung ermöglicht eine leichtere Anpassung der Regelung an die Anforderungen der Verwaltungspraxis. Weitere gesetzliche Vorgaben zum Erlass von Verwaltungsvorschriften existieren gegenüber den Vorgaben für Verordnungen nach Art. 80 GG nicht.240 Jedoch ähneln sich die Verfahren zum Erlass von Verordnungen und Verwaltungsvorschriften aufgrund der entsprechenden Anwendung von § 70 Abs. 1 GGO. 237  Neunreither, Der Bundesrat zwischen Politik und Verwaltung, S. 90. Vgl. für einen Gesamtüberblick der bislang beschlossenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften die Statistik auf http: /  / www.bundesrat.de / SharedDocs / downloads /  DE / statistik / gesamtstatistik.pdf?__blob=publicationFile&v=3, S. 8 (letzter Aufruf am 10.10.2014), nach welcher während der 17. Wahlperiode 454 Rechtsverordnungen, jedoch nur 29 Verwaltungsvorschriften im Bundesrat beschlossen wurden. 238  Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, S. 341; Seidel, Die Praxis der Verordnungsgebung, S. 53; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 41. 239  Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 376; Leisner, JZ 2002, 119 (229 f.). 240  Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 378; Leisner, JZ 2002, 119 (230).



§ 14  Die Rechtsverordnungen des Bundes157

B. Die Auslandszuständigkeitsverordnung Nähere Erläuterungen sollen hier nur zur Auslandszuständigkeitsverordnung erfolgen. Durch diese wird den Ländern die Zuständigkeit für die Förderung von Ausbildungen in bestimmten ausländischen Staaten zugewiesen. Zweck der Verordnung ist, die Erfahrung mit der Förderung von Auslandsausbildungen in bestimmten Staaten bei einzelnen Ämtern für Ausbildungsförderung zu bündeln und so die Einheitlichkeit des Gesetzesvollzugs zu sichern.241 Das Bundesministerium für Bildung und Forschung legt gemäß § 45 Abs. 4 S. 2 BAföG durch Rechtsverordnung fest, welches Land für welchen Staat im Rahmen der Auslandsförderung zuständig ist. Die Länder regeln dann gemäß § 45 Abs. 4 S. 1 BAföG durch Landesrecht, welches Amt für Ausbildungsförderung diese Aufgabe übernimmt. Die Festlegung der Zuständigkeit fällt dabei je nach Land sehr unterschiedlich aus.242 Bei Erlass der Verordnung wurde die Aufteilung der Zuständigkeiten auf die Länder mit den Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung abgesprochen, um eine möglichst gleichmäßige Verteilung der Verwaltungsaufgaben unter den Ländern zu erreichen.243 Sofern das Bundesministerium für Bildung und Forschung eine Änderung der Verordnung und damit der Zuständigkeit der Länder für die Auslandsförderung beabsichtigt, teilt es dies den Ländern mit und gibt ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme. Für die Überprüfung der Zuständigkeit existieren keine festen Vorgaben. Um die Spezialkenntnisse der für die Auslandsförderung zuständigen Ämter für Ausbildungsförderung über die Bildungssysteme ausländischer Staaten möglichst effizient nutzen zu können, werden Zuständigkeitsänderungen nur sehr restriktiv vorgenommen. Ziel einer Änderung der Verordnung soll stets die Vermeidung von Ungleichgewichten zwischen den Ländern bei der Wahrnehmung der Auslandsförderung sein.244 Insgesamt lässt sich das Verfahren aufgrund der Einbeziehung der Länder als kooperativ bezeichnen. Maßstab für die Verteilung der Zuständigkeiten ist der sog. Königsteiner Schlüssel.245 Dieser im Königsteiner Staatsabkommen von 1949246 zwischen den Ländern niedergelegte Schlüssel legt die Beteiligung der Länder bei der 241  BR-Drs.  442 / 71,

Begründung zu § 1. dazu die Übersicht bei Spielbauer, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 45 (30. Lfg. 2008) Rn. 16. 243  BR-Drs.  442 / 71, Begründung zu § 1. 244  Vgl. BR-Drs.  448 / 11, S. 1. 245  Königsteiner Schlüssel für das Jahr 2014 – BAnZ AT 14.11.2013 B8 –. 246  Die amtliche Bezeichnung lautet: Staatsabkommen über die Finanzierung wissenschaftlicher Forschungseinrichtungen. 242  Vgl.

158   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

Finanzierung gemeinsamer Forschungseinrichtungen fest. Inzwischen wird er auch anderen Vereinbarungen zugrunde gelegt. Der Königsteiner Schlüssel wird jährlich von der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz nach Steueraufkommen und Bevölkerungszahl der Länder berechnet und im Bundesanzeiger veröffentlicht.247 Fraglich ist, ob die Regelung der Zuständigkeit für die Auslandsförderung überhaupt durch Rechtsverordnung nach Art. 80 GG erfolgen durfte. Denn als solche weißt sie gegenüber einem Bundesgesetz eine andere Normqualität auf. Laut ihrer Begründung stellt die Auslandszuständigkeitsverordnung eine Regelung des Verwaltungsverfahrens dar.248 Die Bestimmung der Zuständigkeit für die Auslandsförderung nach § 45 Abs. 4 S. 2 BAföG könnte jedoch auch eine Regelung der Behördeneinrichtung im Sinne des Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG sein.249 Zwar wird durch die Auslandszuständigkeitsverordnung nicht die zuständige Landesbehörde selbst festgelegt, sondern allein das Land, welches innerhalb seiner Organisationsgewalt nach § 45 Abs. 4 S. 1 BAföG das jeweils zuständige Amt für Ausbildungsförderung bestimmt. Damit wird jedoch für das Land eine nähere Festlegung des Aufgabenkreises getroffen. Eine solche Reglung über die Behördeneinrichtung ist grundsätzlich Angelegenheit der Länder. Diese könnten die Zuständigkeiten im Rahmen der Auslandsförderung auch mittels Staatsvertrages bestimmen, soweit nicht ein zustimmungspflichtiges Bundesgesetz eine abweichende Regelung trifft. Eine Rechtsverordnung des Bundesministers über die Behördenorganisation ist jedoch zulässig, „wenn das mit Zustimmung des Bundesrates erlassene Bundesgesetz eine den Anforderungen des Art. 80 GG genügende Ermächtigung dazu erteilt“.250 Art. 85 GG begründet insofern keinen Parlamentsvorbehalt „im Sinne eines generellen oder grundsätzlichen Verbots der Rechtssetzungsdelegation auf Grundlage des Art. 80 Abs. 1  GG“.251 Dass die Regelung der Zuständigkeit für die Förderung von Auslandsausbildungen nicht durch, sondern aufgrund eines Bundesgesetzes in Form einer Rechtsverordnung erfolgt, ist somit im Ergebnis unschädlich.

247  Creifelds,

Rechtswörterbuch, S. 696. BR-Drs.  442 / 71, Begründung zu § 1. 249  Zur Einrichtung der Behörden oben bei § 8 A. 250  Herrfahrdt, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 84 (Grundlieferung) Erl. II  2; ebenso Germann, in: Kluth, Föderalismusreformgesetz, Art. 84, 85 Rn. 33; Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S.  19; vgl. zur Regelung des Verwaltungsverfahrens durch Rechtsverordnung, BVerfGE  55, 274 (325 f.). 251  Vgl. BVerfGE 106, 1 (22). 248  Vgl.



§ 15  Die landesrechtlichen Regelungen zum Vollzug des BAföG159

§ 15  Die landesrechtlichen Regelungen zum Vollzug des BAföG Neben der Vielzahl bundesrechtlicher Regelungen existieren in den Ländern weitere Ausführungsvorschriften und Organisationsverfügungen252 in Form von Gesetzen und Verordnungen sowie Erlassen und Anordnungen253. Diese regeln ausschließlich die Organisation der mit der Ausführung des BAföG betrauten Behörden der Länder. So haben Baden-Württemberg254, Bayern255, Hessen256, MecklenburgVorpommern257, Nordrhein-Westfalen258, Rheinland-Pfalz259, Sachsen260, Sachsen-Anhalt261 und Thüringen262 Ausführungsgesetze zum BAföG erlassen, die die zuständigen Landesbehörden im Rahmen der Vorgaben des BAföG näher bestimmen. Neben den Ausführungsgesetzen wird die Zuständigkeit der einzelnen Studentenwerke entsprechend der zu betreuenden Hochschulen in Zuständigkeitsverordnungen näher bestimmt. In Mecklenburg-Vorpommern263, Sachsen-Anhalt264 und Thüringen265 erfolgt die Fest252  Ein Überblick zu den landesrechtlichen Ausführungsbestimmungen zum BAföG findet sich bei Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 40 (26. Lfg. 2006) Anhang Rn. 19 sowie als Ergänzung zum Text des BAföG bei beck-online. 253  Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 129; Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 7.1. 254  Gesetz zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (AGBAföG) in der Fassung vom 15.5.1985 (GBl. S. 177). 255  Gesetz zur Ausführung des Bundesgesetzes über individuelle Förderung der Ausbildung (Bayerisches Ausführungsgesetz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz – BayAGBAföG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.6.1980 (BayRS IV S. 242). 256  Hessisches Ausführungsgesetz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG-HES) vom 23.5.1973 (GVBl. I S. 173). 257  Gesetz zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (AGBAföG) vom 15.12.1993 (GVOBl. MV 1994 S. 15). 258  Ausführungsgesetz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (AG BAföG NRW) vom 30.1.1973 (GV. NW. S. 57). 259  Landesgesetz zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (AGBAföG) vom 21.12.1978 (GVBl. S. 759). 260  Sächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (SächsAG-BAföG) vom 7.1.1993. 261  Gesetz zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (AGBAföG) vom 24.4.2007. 262  Thüringer Ausführungsgesetz zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (ThürAGBAföG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.5.2002 (GVBl. S. 201). 263  Vgl. § 2 Abs. 2 und § 3 des Gesetzes über die Studentenwerke im Land Mecklenburg-Vorpommern (Studentenwerksgesetz – StudWG) vom 23.2.1993.

160   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

legung der örtlichen Zuständigkeit durch das jeweilige Gesetz über die Studentenwerke des Landes. In Niedersachsen werden die näheren Regelungen durch das Hochschulgesetz266 getroffen und die Zuständigkeit der einzelnen Studentenwerke durch eine entsprechende Zuständigkeitsverordnung267 geregelt. Die Zuständigkeit für die Auslandsförderung weist das Niedersächsische Kommunalverfassungsgesetz268 der Region Hannover269 zu.270 264265

Berlin271, Brandenburg272, das Saarland273 und Schleswig-Holstein274 haben die weitere Durchführung sowie die Zuständigkeiten im Rahmen der Ausbildungsförderung im Verordnungswege geregelt. Die Zuständigkeit für die Auslandsförderung ist in Berlin und Brandenburg aufgrund der Zuständigkeitsverordnung des Bundes nicht näher geregelt, das Saarland275 trifft eine entsprechende Regelung in seinem Ausführungsgesetz zum BAföG. In Bremen erfolgt die nähere Ausgestaltung des BAföG durch Erlass des Senats276, in Hamburg durch eine entsprechende Anordnung des Senats277. Die 264  Vgl. § 2 Abs. 3 und § 3 des Gesetzes über die Studentenwerke im Land Sachsen-Anhalt (Studentenwerksgesetz – StudWG) vom 16.2.2006. 265  Vgl. §§ 2, 3 Abs. 1 Nr. 2 des Thüringer Studentenwerksgesetzes (ThürStudWG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 9.3.2006 (GVBl. 2006, S. 68). 266  Vgl. § 3 Abs. 8 des Niedersächsischen Hochschulgesetzes (NHG) in der Fassung vom 26.2.2007. 267  Verordnung über die Ämter für Ausbildungsförderung bei den Hochschulen vom 9.8.2011 (Nds.  GVBl. S. 277). 268  NKomVG vom 17.12.2010. 269  Vgl. Gesetz über die Region Hannover vom 5.6.2001. 270  Vgl. § 161 Nr. 6 lit. b NKomVG. 271  Verordnung zur Durchführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (DVO-BAföG) vom 28.9.1971 (GVBl. S. 1818). 272  Verordnung zur Bestimmung von Zuständigkeiten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG-Zuständigkeitsverordnung – BAföGZV) vom 30.1. 1996 (GVBl. II / 96, S. 79). 273  Verordnung zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 25.9.1973 (ABl. 1973, S. 661) und Zweite Verordnung zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 9.7.1979 (ABl. 1979, S. 673). 274  Landesverordnung über die zuständigen Behörden zur Durchführung des ­Bundesausbildungsförderungsgesetzes (Ausbildungsförderungszuständigkeitsverordnung  – BaföGZustVO) vom 22.12.1975 (GVOBl. Schl.-H. S. 340). 275  Gesetz zur Ausführung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 31.3. 2004 (ABl.  S. 786). 276  Regelung der Zuständigkeit nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföGZustErl) vom 19.6.1973 (Brem.ABl. S. 347). 277  Anordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung vom 12.2.2002 (Amtl. Anz. 2002, S. 817).



§ 15  Die landesrechtlichen Regelungen zum Vollzug des BAföG161

Zuständigkeit des Studierendenwerks für die einzelnen Hochschulen regelt das Studierendenwerksgesetz.278 Die über die Normen des BAföG hinausgehenden Regelungen der Zuständigkeitsverteilung sind durch landesrechtliche Vorgaben sehr unterschiedlich ausgestaltet. Dazu zählen die zivilgerichtliche Geltendmachung und Eintreibung übergangener Unterhaltsansprüche gemäß § 37 BAföG ebenso wie die prozessuale Vertretung der Förderungsämter durch Rechtsanwälte oder andere Behörden sowie das Vorverfahren nach §§ 68  ff. ­VwGO.279 Daneben haben sich in den einzelnen Ländern ergänzende Verwaltungsanordnungen entwickelt, welche landesspezifische Unterschiede beim Vollzug des BAföG bedingen, den Vorgaben des BAföG jedoch nicht generell widersprechen.280 Auch die Finanzausstattung der Ämter für Ausbildungsförderung für Personal und Sachmittel richtet sich nach den jeweiligen Landeshaushalten. Dies entspricht den Vorgaben des Art. 104a Abs. 5 S. 1  GG, führt jedoch zum Teil zu Brüchen zwischen der Wahrnehmungszuständigkeit der Länder und der sachlichen Regelungsbefugnis des Bundes. So sind die zuletzt jährlich zum Beginn des Wintersemesters eintretenden BAföG-Engpässe281 auch durch die bundesgesetzlich bedingte Erhöhung der Gefördertenzahlen in Verbindung mit einer mangelhaften landesrechtlichen Finanzausstattung der Ämter begründet. Dies dürfte sich mit der Erhöhung der Gefördertenzahlen durch das 25. BAföGÄndG noch einmal verschärfen.282 Im Gegensatz zu den Studentenwerken, bei welchen sie angesiedelt sind, werden die Ämter für Ausbildungsförderung aufgrund der gesetzlichen Aufgabenübertragung vollständig durch die Landeshaushalte finanziert. Dementsprechend sehen einige Studentenwerks- bzw. Hochschulgesetze die Übernahme der Kosten, die durch die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben entstehen, durch die Länder auch explizit vor.283 Die Einzelheiten der Finanzierung sind in jedem Bundesland anders ausgestaltet, grundsätzlich existieren jedoch zwei Systeme: die Erstattung der Kosten anhand der Per278  Vgl. § 2 des Gesetzes über das Studierendenwerk Hamburg (Studierendenwerksgesetz – StWG) vom 29.6.2005 (HmbGVBl. S. 250). 279  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 7.3 f. 280  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 409 f., 422. 281  Vgl. zum Beispiel die Berichte des Kölner Stadtanzeigers vom 2. und 5.3.2012. 282  Vgl. BR-Drs.  375 / 14, S. 23 ff., 26 ff. 283  Vgl. § 12 Abs. 5 StWG  BW; Art. 95 Abs. 6 BayHSchG; § 6 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 StWG Berlin; § 79 Abs. 2  BbgHG; § 11 Abs. 1 Nr. 3  StWG Bremen; § 12 Abs. 4  StWG  HH; § 9 Abs. 1 Nr. 4 StWG Hessen; § 13 Abs. 3 S. 2 StudWG  MV; § 70 Abs. 2 StWG  Nds; § 9 Abs. 2 StuWG  SA; § 6 Abs. 2 Nr. 2 StWG  Th.

162   Kap. 5: Überblick der gesetzlichen Regelungen zur Ausbildungsförderung

sonalbemessung oder durch eine Fallkostenpauschale, ggf. zuzüglich einer weiteren Pauschale für sofort abgelehnte Förderungsfälle und Beratungen. Die Höhe der gewährten Pauschalen divergiert zum Teil stark zwischen den verschiedenen Ländern. In Nordrhein-Westfalen sind trotz der mit dem Anstieg der Studierendenzahlen einhergehenden Zunahme der Antragszahlen um 8,4 % die finanziellen Zuweisungen an die Studentenwerke konstant284 geblieben.285 Angesichts der leeren öffentlichen Kassen dürfte das Bild in anderen Ländern vergleichbar sein. In Sachsen richtet sich die Finanzausstattung nach den Wirtschaftsplänen der Studentenwerke. Die Finanzierung der kommunalen Förderungsämter unterliegt hingegen dem kommunalen Finanzausgleich der Länder.

284  Das Haushaltsgesetz sieht in Kapitel 06 027 (Allgemeine Studienförderung) unter Titel 671 70 jeweils eine Erstattung der Verwaltungskosten aus der Durchführung des BAföG für die Abteilung Ausbildungsförderung in den Studentenwerken vor. Dieser lag bis 2005 bei 14.700.000 € für die Kosten für 286 Verwaltungsstellen. Seit 2006 erfolgt die Erstattung der Verwaltungskosten auf Basis einer für mehrere Jahre festgeschriebenen Fallpauschale, wodurch sich der im Haushalt festgesetzte Betrag sogar geringfügig verringerte. 285  Vgl. Westfalen-Blatt vom 2.3.2012.

Dritter Teil

Die Funktionsweise der Bundesauftragsverwaltung in der Staats- und Verwaltungspraxis Wie Wolst1 einst die Eignung der Bundesauftragsverwaltung für die Fernstraßenverwaltung daran maß, „in welchem Umfang der Bund tatsächlich von den in Art. 85 GG ausdrücklich genannten Ingerenzrechten Gebrauch gemacht hat“, soll auch hier in Anlehnung an die Begrifflichkeiten des sog. „Troeger-Gutachtens“2 der Frage der Kongruenz von Verfassungstext und Verwaltungspraxis nachgegangen werden. Vergleichbare Untersuchungen mit Blick auf Probleme und Erfolge des Gesetzesvollzugs sind relativ knapp.3 Mit Dittmanns4 Worten soll mit „Blick auf die Staatspraxis […] das grundgesetzliche ‚Bild‘ von der Bundes[auftrags]verwaltung als einer gesamt-staatlichen [homogenen, aber durch die Länder ausgeführten] Verwaltung um die Perspektive ihrer ‚konkreten Daseinsweise‘ ergänzt werden; dies zum einen im Sinne einer [empirischen] Bestandsaufnahme, zum anderen aber auch im Hinblick auf die Verfassungskonformität der gewachsenen Organisationsformen und -strukturen. […] [A]uf der Basis einer Zusammenschau aller auf einen bestimmten Sachbereich der Bundes[auftrags]verwaltung bezogener verfassungsrechtlicher Aussagen können [dann] etwaige Disparitäten zwischen grundgesetzlicher Formenordnung und Staatspraxis der Bundes[auftrags]verwaltung festgestellt werden.“ Im Rahmen der folgenden Untersuchung der Ablauforganisation der Ausbildungsförderungsverwaltung sollen die für die Bundesauftragsverwaltung charakteristischen Entscheidungsprozesse und -abläufe, vor allem an der Schnittstelle zwischen den beteiligten Behörden auf Bundes- und Länderseite, untersucht und deren Umsetzung auf Landesebene dargestellt werden. Grundlage hierfür sind neben Untersuchungen des Bundesrechnungshofes und des Nationalen Normenkontrollrates auch Anfragen und Gespräche mit 1  Die

Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 115. für die Finanzreform, Gutachten über die Finanzreform in der Bundesrepublik Deutschland, Tz.  23 ff. 3  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 389. 4  Die Bundesverwaltung, S. 112. 2  Kommission

164

Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

beteiligten Stellen auf Bundes- und Länderebene, welche der Verfasserin einen Einblick in die Verwaltungspraxis ermöglichten. Kapitel 6

Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG – eine Bestandsaufnahme Für die Zwecke einer verwaltungspraktischen Untersuchung zum Vollzug des BAföG sollen an dieser Stelle die wichtigsten Wirkweisen der Bundesauftragsverwaltung für den Bereich des BAföG dargestellt und analysiert werden. Zum Teil werden der Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung die auftretenden Vollzugsschwierigkeiten im Bereich der Ausbildungsförderungsverwaltung zugeschrieben.5 Dies soll im Folgenden überprüft werden. Dabei wird zunächst auf die Wahrnehmung der verfassungsrechtlich vorgegebenen administrativen Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 bis 4  GG eingegangen. In einem zweiten Schritt werden weitere Steuerungs- und Kontrollinstrumente im Bereich der BAföG-Verwaltung dargestellt.

§ 16  Die Bund-Länder-Kooperationen in der Ausbildungsförderungsverwaltung Bevor die Verwaltungspraxis der Bundesauftragsverwaltung in Bezug auf die Wahrnehmung der Einwirkungsrechte des Bundes sowie anderer Handlungsformen dargestellt wird, ist zunächst eine Erörterung des strukturellen Umfelds dieser Verwaltungspraxis geboten. So sind die Beziehungen zwischen Bund und Ländern nicht so eindimensional, wie angesichts der strukturellen Trennung der Verwaltungskörper und des grundsätzlichen Verbots der Mischverwaltung vermutet werden könnte. Vielmehr bestehen vielfältige Verwaltungsverflechtungen in Form von Arbeitskreisen und Beratungsgremien von Bundes- und Landesbehörden.6 Diese verfügen zumeist über keine gesetzliche oder vertragliche Grundlage.7 Über die verfassungsrechtlich vorgesehene Verschränkung von Bundesund Landesbehörden im Verwaltungsvollzug, welche durch die Organisa­ 5  Zeh,

Wille und Wirkung der Gesetze, S. 414. in: König / Siedentopf, Öffentliche Verwaltung in Deutschland, S. 165, 177; vgl. zur Kooperation im Bildungsbereich allgemein Schaumann, RdJB 1995, 245. 7  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 134 f. 6  Benz,



§ 16  Bund-Länder-Kooperationen in der Ausbildungsförderungsverwaltung165

tionsform der Bundesauftragsverwaltung bedingt wird, bestehen vielfältige Kontakte zwischen den beteiligten Ministerien und Referenten auf Bundesund Länderseite. Diese sind geeignet, die Sachentscheidungsbefugnis des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung durch unterschiedliche Koordinierungsmechanismen abzumildern. Die Anweisungen des Bundes werden mit den Ländern in Gremien abgestimmt, um deren Interessen angemessen zu wahren.8 So ist der moderne Sozialstaat zur Überwindung der Trennung von Bund und Ländern auch über die Ausbildungsförderungsverwaltung hinaus auf Formen „beratender und koordinierender Zusammen­ arbeit“9 angewiesen.

A. Bestandsaufnahme der Koordinierungsgremien Neben den Bundes- und Länderbehörden bestehen im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung zahlreiche weitere Institutionen, welche in der Verwaltungspraxis vor allem Aufgaben der Koordinierung wahrnehmen. In diesen sind zumeist Vertreter von Bund und Ländern, aber auch Vertreter weiterer Stellen und Behörden anwesend. I. Die Sitzungen der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung Die Sitzungen der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung (OBLBAfö) sind Arbeitstreffen, welche unter der Leitung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gemeinsam mit Vertretern der jeweiligen Landesministerien im Bereich der Ausbildungsförderung stattfinden.10 Je nach Beratungsgegenstand nehmen auch Mitarbeiter des Bundesrechnungshofes sowie der Kreditanstalt für Wiederaufbau an diesen Sitzungen teil. Die Sitzungen haben sich bereits in den ersten Jahren des BAföG etabliert und werden seitdem regelmäßig durchgeführt.11 Die Bund-Länder-Konferenzen finden in der Regel zwei- oder dreimal jährlich, zumeist im Herbst und im Frühjahr, in wechselnden Städten statt. Im 8  Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 129. 9  Feuchte, in: Jeserich / Pohl / von Unruh, Deutsche Verwaltungsgeschichte, Bd. 5, S. 123, 131. 10  Folgende Informationen beruhen z. T. auf Gesprächen mit Vertretern der beteiligten Behörden. 11  Vgl. z. B. Ausschnitt aus einem Protokoll der OBLBAfö-Sitzung aus dem Jahr 1985, welches dem Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 16, als Anlage beigefügt ist und auf welches das jüngere Protokoll Bezug nimmt.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Rahmen der Sitzungen stimmen Vertreter von Bund und Ländern ihre Verwaltungspraxis ab, um eine gleichmäßige Anwendung des BAföG zu gewährleisten. Dabei fragt der Bund auch die Verwaltungspraxis in den Ländern ab, um sicherzustellen, dass die zuständigen Landesbehörden die Verwaltungsvorgaben, z. B. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG, befolgen.12 Zudem wird über die Entwicklung der Gefördertenzahlen sowie aktuelle Gesetzgebungsvorhaben im Bereich des BAföG berichtet. Hauptsächlich werden jedoch einzelne Probleme aus der Förderungspraxis erörtert. Dabei werden Fragen der ausführenden Länderbehörden zum Vollzug des BAföG, welche dem Bundesministerium zuvor zugeleitet wurden, aufgegriffen und im Plenum aller Vertreter der Bundes- sowie der Obersten Landesbehörden diskutiert. Dies sind zumeist Fragen, welche in mehreren Behörden virulent wurden und welche nicht, wie normalerweise, durch schriftliche Antworten des Bundesministeriums beantwortet werden können und einer Abstimmung aller Beteiligten bedürfen. Im Rahmen der Erörterung kann es dann auch zu kontroversen Diskussionen kommen. Zumeist gelingt es, ein Einvernehmen zwischen den Vertretern des Bundes und den Länderbehörden herzustellen. Ist dies nicht der Fall, gibt das Bundesministerium die Vorgehensweise im Verwaltungsvollzug für alle Länderbehörden verbindlich vor. Des Weiteren werden im Rahmen der Sitzungen auch spezifische Probleme und einzelne Tatbestandsmerkmale der Regelungen des BAföG sowie der zugehörigen Verwaltungsvorschriften erläutert und die Auslegung einzelner Vorschriften erörtert. Dabei wird ein bundeseinheitliches Vorgehen der Länder im Verwaltungsvollzug abgestimmt. Die Länder haben hierbei die Gelegenheit, von ihrer Seite Anregungen für eine Änderung oder Vereinfachung des Verwaltungsvollzugs einzubringen. Auch einzelne Aspekte der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sowie der obersten Verwaltungsgerichte der Länder werden aufgegriffen und diskutiert. Ebenso wird das weitere Vorgehen hinsichtlich unklarer Rechtslagen verabredet. Zweckmäßige Mittel können die Herbeiführung einer gerichtlichen Entscheidung, die Herausgabe erläuternder Erlasse oder eine Korrektur der gesetzlichen Grundlage im Zuge eines BAföG-Änderungsgesetzes darstellen. Zudem berichten die Referenten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen der Sitzungen regelmäßig über weitere Themen mit Bezug zum BAföG, darunter über den Fortgang der Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG13 sowie der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter14, Prüfungen des Bundesrechnungshofes15 sowie Fragen der 12  Protokoll

der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 6. der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 5 ff. 14  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 24. 15  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 27; Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 19 ff. 13  Protokoll



§ 16  Bund-Länder-Kooperationen in der Ausbildungsförderungsverwaltung167

BAföG-EDV16. Sofern die Prüfungen des Bundesrechnungshofes Probleme oder Fehler im Vollzug aufdecken, werden diese vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Sitzungen aufgegriffen und die Länder gebeten, ihre Ämter für Ausbildungsförderung auf entsprechende Punkte hinzuweisen und auf deren Beachtung hinzuwirken.17 Im Rahmen des letzten Tagesordnungspunktes werden in den Sitzungen stets besondere Fragen des Vollzugs, welche von den Landesbehörden an das Bundesministerium für Bildung und Forschung herangetragen werden und eine Abstimmung mit allen Ländern erforderlich machen, erörtert. Dabei können die Vertreter der Länder ihre Meinungen zu Fragen des Vollzugs vorbringen. Letztentscheider bleibt jedoch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, welches seine Vorstellungen auch bei divergierenden Auffassungen der Länderexekutive im Zweifel diesen gegenüber durchsetzen kann. Die Sitzungen werden durch das Fachressort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mittels sog. Vorbereitungsvermerke vorbereitet, welche den Länderbehörden im Vorhinein mit der Tagesordnung zugeleitet werden. Diese Vermerke sollen die Diskussion inhaltlich vor- und einzelne Themen aufbereiten, die von Bund und Ländervertretern während der Sitzungen beraten werden.18 Der Bund macht zudem Vorschläge für ein bundeseinheitliches Vorgehen. Die Ergebnisse der Sitzungen werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in einem Protokoll mit einer Zusammenfassung der jeweiligen Beratungsgegenstände festgehalten. Diese Protokolle werden im Anschluss an die Sitzungen an alle Obersten Landesbehörden, die Landesämter für Ausbildungsförderung, das für den Darlehenseinzug zuständige Referat IV 1 des Bundesverwaltungsamtes, die Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie nachrichtlich an den Bundesrechnungshof versandt. Im Nachgang zu den Sitzungen ergehen dann, vielfach auch auf ausdrücklichen Wunsch der Länderbehörden, als Anlage zu den Protokollen umfassende Erlasse an die Landesbehörden, in welchen die Einzelergebnisse der Sitzung schriftlich festgehalten werden.19 Diese Erlasse, welche die modifizierten Ergebnisse der Vorbereitungsvermerke für den Vollzug zusam16  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 25; Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 21; vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs.  17 / 11099, S. 8. 17  Im Rahmen der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen ging es um die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nach § 47a BAföG, welche die überprüften Ämter überwiegend nicht konsequent anwendeten, vgl. S. 27. 18  Vgl. z. B. Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 9. 19  Vgl. z. B. Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 9, der entsprechende Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 05.12.2008, Az. 414-42531 ist dem Protokoll als Anlage zu TOP  5.1 angefügt.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

menfassen, stellen für die Länderbehörden eine wichtige Grundlage ihrer täglichen Verwaltungspraxis dar. Ein besonderes Augenmerk im Rahmen der Sitzungen der OBLBAfö liegt auch auf der Entwicklung der Rechtsprechung der obersten Verwaltungsgerichte der Länder sowie des Bundesverwaltungsgerichts. Die relevanten Urteile sind den Protokollen jeweils als Anlage beigefügt. Diese können je nach Land divergieren und im Einzelfall eine bundeseinheitliche Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht erforderlich machen. Diese Rechtsprechung wird den Vertretern der anderen Länder im Rahmen der Sitzungen zur Kenntnis gebracht und erörtert. Ergebnisse und mögliche Differenzierungen mit Anleitungen für das weitere Vorgehen in vergleichbaren Fällen werden auf Bitten der Ländervertreter ebenfalls in Erlassen festgehalten.20 Über die Teilnahme an den Sitzungen der OBLBAfö hinaus sind die Mitarbeiter des Bundesministeriums mit den Ländervertretern im Rahmen des Tagesgeschäfts gut vernetzt. Kleinere Probleme und Fragen des Vollzugs werden zumeist „auf dem kurzen Dienstweg“ telefonisch oder per ­E-Mail gelöst. Hier ist insgesamt eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Stellen möglich. Die Sitzungen der OBLBAfö, und in Zusammenhang mit diesen auch die Kooperation der Bundes- und Landesbehörden im Vorfeld der Sitzungen, sind der maßgebliche Weg, über welchen der Sachverstand der das BAföG vollziehenden Landesbehörden eingebracht und bundesweit einheitlich umgesetzt wird. Die Koordinierung dient somit nicht nur dem Bedürfnis der Länder, ihre Interessen im Verwaltungsvollzug wirksam zu vertreten. Zugleich besteht auch von Seiten des Bundesministeriums ein Interesse, an den Erfahrungen, welche die Länder beim Vollzug des Gesetzes machen, teilzuhaben, um diese Informationen bei den Novellierungen des BAföG zu berücksichtigen.21 Neben dem Bundesrat, welcher durch das Zustimmungserfordernis des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG die Beteiligung der Länder am Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften sichern soll, sind die Sitzungen der OBLBAfö ein weiterer Ort, an welchem die Sachkenntnis der Vollzugsbehörden Berücksichtigung finden kann. Die Berechtigung der weitreichenden Bundesratsbeteiligung beim Erlass von Verwaltungsvorschriften gemäß Art. 85 Abs. 2 GG wird jedoch in Frage gestellt, wenn die Länder bereits auf kooperativem Wege auf das Erlassverfahren Einfluss nehmen können. Letztlich erscheint eine solche Beteiligung der Länder zweckmäßiger als das vergleichsweise aufwendige Beteiligungsverfahren des Bundesrates. 20  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 20 f., der entsprechende Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 25.11.2008, Az. 414-42531 ist dem Protokoll als Anlage zu TOP  6 angefügt. 21  Vgl. Ganser, in: Hesse, Politikverflechtung im föderativen Staat, S. 45, 49.



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Dieses stellt jedoch als potentielles Drohmittel eine Hürde für die Durchsetzung der Bundesinteressen gegenüber den Ländern dar.22 II. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Aktualisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Neben den Sitzungen der OBLBAfö gibt es je nach Bedarf weitere Arbeitsgruppen zu bestimmten Themen der Ausbildungsförderung. Im Zuge der Aktualisierung der BAföGVwV waren drei Arbeitsgruppen mit Vertretern der Bundes- sowie der Länderbehörden mit der Überarbeitung der Vorschrift befasst. Hierbei mussten die bislang unberücksichtigten Novellierungen des BAföG und anderer Gesetze eingearbeitet und auch die neuere Rechtsprechung sowie die zwischenzeitlich herausgegebenen Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung berücksichtigt werden. Die Arbeitsgruppen hatten sich nach Themenschwerpunkten zusammengefunden, um die Arbeit zu verteilen und dabei möglichst in sich stimmige Vorschläge zu erarbeiten. III. Weitere beratende Gremien zu Fragen der Ausbildungsförderung Neben den Sitzungen der OBLBAfö als zentraler Koordinierungsstelle im Bereich des Verwaltungsvollzugs gibt es zahlreiche weitere Koordinierungsgruppen unter Beteiligung von Bundes- und Ländervertretern, welche im Rahmen der Ausbildungsförderung mitwirken.23 Dazu zählt gemäß § 44 BAföG der Beirat für Ausbildungsförderung, welcher vom Bundesministerium für Bildung und Forschung durch eine entsprechende BeiratsVO24 eingerichtet wird und dieses bei der Durchführung des Gesetzes und der Fortentwicklung der gesetzlichen Regelungen der Ausbildungsförderung berät.25 Der Beirat für Ausbildungsförderung kann sowohl von sich aus als auch im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Stellungnahmen abgeben. Zudem nimmt er zum Bericht der Bundesregierung nach § 35 S. 3 BAföG Stellung. Gemäß § 44 Abs. 2  BAföG, § 2 Nr. 6 BeiratsV sind im Beirat auch vier Vertreter der Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung vertreten. Die Geschäf22  Vgl. zum Zweck des Zustimmungserfordernisses des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG näher bei § 17 A. II. 1. 23  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 425. 24  Verordnung über die Errichtung eines Beirates für Ausbildungsförderung vom 11.11.1971 (BGBl. I S. 1801), zuletzt geändert durch Artikel 29 des Gesetzes vom 23.12.2003 (BGBl. I S. 2848). 25  Winkler, in: BeckOK BAföG, § 44 Rn. 1.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

te des Beirats führt gemäß § 6 der BeiratsVO das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und anderen beteiligten Stellen ist auf diesem Gebiet somit gesetzlich institutionalisiert. Die Etablierung eines Beirats wurde von den Ländern im Gesetzgebungsverfahren jedoch für überflüssig gehalten.26 Neben dem Beirat gibt es weitere Arbeitsgruppen und Kommissionen, in denen Bund und Länder zusammenwirken. Dazu gehören die Kommissionen zur Überarbeitung der Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter (Formblatt-Kommission) sowie die Arbeitsgruppe zum Projekt BAföG21.27 Zudem nehmen Mitarbeiter des Bundesministeriums für Bildung und Forschung auch an Dienstbesprechungen der Länderbehörden teil, um sich einen Eindruck über die Vollzugspraxis zu verschaffen.28 IV. Koordinierung durch das Deutsche Studentenwerk Eine weitere Koordinierung – zumindest auf dem Gebiet der Studierendenförderung – erfolgt über das Deutsche Studentenwerk. Dieses veranstaltet für die Leiter und Mitarbeiter der Ämter für Ausbildungsförderung bei den Studentenwerken regelmäßig Seminare, Arbeitstagungen, Mitarbeiterschulungen und Fortbildungsveranstaltungen, bei denen Erfahrungen ausgetauscht werden und der Vollzug des BAföG harmonisiert wird. So findet einmal jährlich eine zweitägige Förderungstagung statt, zu welcher sich die Abteilungsleiter der Ämter für Ausbildungsförderung treffen.29 Auch diese Veranstaltungen dienen einer einheitlichen und reibungslosen Förderungsverwaltung. Im Gespräch der Mitarbeiter der Ämter untereinander treten dabei auch Vollzugsunterschiede in den einzelnen Ländern zu Tage. Grund hierfür können z. T. nicht ordnungsgemäß weitergeleitete Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung oder auch die divergierende Umsetzung solcher Erlasse durch die jeweiligen Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung sein. Das Deutsche Studentenwerk bietet somit eine weitere bundesweite Ebene des Austauschs der unmittelbar vollziehenden Stellen untereinander. Darüber hinaus steht das Deutsche Studentenwerk in engem Kontakt zum Bundesministerium für Bildung und Forschung und ist an den Gesetzesvorhaben zur Weiterentwicklung im Bereich des BAföG beteiligt. 26  Ramsauer,

in: ders., BAföG, § 44 Rn. 1. dazu bei § 17 A. I. 3. d). 28  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX  5 – 2010 – 0908, S. 17. 29  Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 47. 27  Vgl.



§ 16  Bund-Länder-Kooperationen in der Ausbildungsförderungsverwaltung171

V. Koordinierung auf Landesebene Auch auf der Ebene der einzelnen Länder findet eine Kooperation der ausführenden Stellen untereinander statt. Hierdurch wird die bundesweite Koordinierung in den jeweiligen Ländern verstärkt. 1. Koordinierung durch die Arbeitsgemeinschaften der Studentenwerke In den großen Flächenländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg haben sich als weitere Koordinierungsstellen die Arbeitsgemeinschaft der Studentenwerke NRW und die Arbeitsgemeinschaft der Studierendenwerke Baden-Württemberg gebildet. Über diese wird ein Austausch der Studentenwerke, und über diese auch der einzelnen Ämter für Ausbildungsförderung, gefördert.30 In den dortigen Facharbeitskreisen findet ebenfalls eine enge Koordinierung statt. So hat sich in Nordrhein-Westfalen ein Arbeitskreis BAföG der Abteilungsleiter der Ämter für Ausbildungsförderung gebildet. Dieser tritt zweimal jährlich zu einer eintägigen Tagung zusammen. Auch die Mitarbeiter der Bezirksregierung Köln als Fachaufsichtsbehörde sowie die Mitarbeiter des Landesministeriums für Innovation, Wissenschaft und Forschung nehmen an den Sitzungen des Arbeitskreises teil. Während der Sitzungen werden praktische Probleme des Vollzugs mit den Vertretern der übergeordneten Behörden besprochen. Dabei erfolgen auch Überprü­ fungen der Durchführung neuer Verwaltungsanweisungen sowie Rückmeldungen der Vollzugserfahrung an die Fachaufsichtsbehörde sowie das Ministerium als Oberste Landesbehörde. Hierbei getroffene Übereinkünfte werden in einem Protokoll festgehalten und allen Teilnehmern zur Kenntnisnahme übersandt. Aber auch die Verteilung der Mittel zur Finanzierung der Ämter für Ausbildungsförderung bei den Studentenwerken in NRW wird in diesem Gremium mit Zustimmung des Landesministeriums für Innova­ tion, Wissenschaft und Forschung abgestimmt. Neben einem Sockelbetrag von 100.000 Euro pro Amt für Ausbildungsförderung bildet die Zahl der Förderungsanträge im Vor-Vorjahr die Grundlage für die dort festgelegte Fallpauschale.31 Im Landeshaushalt von Nordrhein-Westfalen sind hierfür jährlich ca. 15,5 Mio. Euro veranschlagt. Länderübergreifend haben sich die Ämter für Ausbildungsförderung Berlin, Bremen, Frankfurt (Oder), Greifswald, Hamburg, Kiel, Potsdam und Rostock zudem zur Nord AG zusammengeschlossen. Im Rahmen ihrer zweimal jährlich stattfindenden Sitzung stimmen sich die Mitglieder zu 30  Nationaler 31  Vgl.

Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 47. zur Finanzausstattung der Ämter für Ausbildungsförderung auch bei § 15.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

bestimmten Fragestellungen inhaltlich ab und vereinbaren ein gemeinsames Vorgehen.32 Zudem gibt es eine Arbeitsgemeinschaft zu Fragen der Auslandsförderung.33 Neben dem Arbeitskreis finden regelmäßig auch Dienstbesprechungen in den Ämtern für Ausbildungsförderung und mit der Bezirksregierung statt, um Probleme im Vollzug des BAföG aufzudecken und abzustellen. 2. Koordinierung im Bereich der schulischen Ausbildungsförderung Während die Studentenwerke dank ihrer straffen Organisation Fragen des BAföG-Vollzugs zumeist einheitlich regeln können34, stehen den Kommunen kaum vergleichbare Koordinierungsinstanzen zur Verfügung, welche ihre Interessen im Bereich der Ausbildungsförderung einheitlich wahrnehmen. Zwar gibt es auch hier regionale Zusammenschlüsse und Arbeitsgruppen der kommunalen Ämter für Ausbildungsförderung, diese sind jedoch weit weniger organisiert als die Studentenwerke über ihren Dachverband. Auch die kommunalen Spitzenverbände, welche gemäß § 44 Abs. 2 BAföG, § 2 Nr. 7 BeiratsVO zwar in den Beiräten vertreten sind, scheinen hier keine Tätigkeitsschwerpunkte zu haben. Die Koordinierung vollzieht sich hier vielmehr im Bereich zwischenbehördlicher Information und Arbeitshilfe.

B. Fazit zur Bund-Länder-Kooperation in der Ausbildungsförderung Insgesamt ist die Kooperation zwischen Bund und Ländern im Rahmen der Ausbildungsförderung recht ausdifferenziert. Neben den dargestellten Gremien erfolgt eine sachliche Kooperation unter Leitung des Bundes. Beispiele sind die bisherige finanzielle Beteiligung des Bundes an der Entwicklung und Pflege einer bundesweiten EDV zur Bearbeitung der Förderungsanträge35 sowie die Bereitstellung und Wartung des Internetauftritts zum BAföG durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung36. Dieses Informationshandeln gegenüber dem Bürger ist in der Regierungskompetenz des Bundes begründet.37 32  Nationaler

Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 76, 79. Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 83. 34  Kießling, ZfF 1976, 169. 35  Vgl. hierzu § 17 A. 1. 3. b). 36  http: /  / www.bafög.de /  (letzter Aufruf am 10.10.2014), vormals http: /  / www. bafoeg.bmbf.de / . 37  Vgl. Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 117 m. w. N. zum informalen Staatshandeln des Bundes auf dem Gebiet der Atomverwaltung. 33  Nationaler



§ 16  Bund-Länder-Kooperationen in der Ausbildungsförderungsverwaltung173

Insgesamt sollten die Möglichkeiten der Kooperation, insbesondere zwischen Bundes- und Landesbehörden, im Rahmen des Vollzugs des BAföG im Auftrag des Bundes nicht unterschätzt werden. Schon Schadeck38 erkannte die allgemeine Bedeutung kooperativer Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern für das Funktionieren des bundesstaatlichen Systems. Sie gewährleistet eine schnelle und unkomplizierte Koordinierung der an der Ausführung beteiligten Stellen von Bund und Ländern, welche aus praktischer Sicht aufgrund der damit einhergehenden Vorteile zunächst positiv zu bewerten ist. Rechtlich umstritten sind hingegen Fragen zu einigen Aspekten im Zusammenhang mit der rechtlichen Zulässigkeit der Koordinierungsgremien und der von ihnen gefassten Beschlüsse. Auffällig ist weiter, dass keine Kooperation mit den weiteren vom BAföG berührten sozialen Verwaltungsbereichen stattfindet, um im Sozialbereich ein umfassendes und vernetztes System von Beratungsangeboten einzuführen.

C. Vergleichbare Koordinierungsgruppen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung Neben den Sitzungen der OBLBAfö veranstaltet das Bundesministerium für Bildung und Forschung entsprechende Sitzungen auch im Bereich des AFBG (sog. OBLAFBG-Sitzungen).39 Aber auch in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung sind vergleichbare Bund-Länder-Tagungen üblich. So initiiert das für den Vollzug des BEEG zuständige Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend jährliche Sitzungen, in welchen Fragen des Vollzugs des BEEG mit den Obersten Landesbehörden beraten und möglichst einvernehmlich gelöst werden. Hier werden auch die dem Vollzug des BEEG zugrunde liegenden Richtlinien fortentwickelt und beschlossen. Lediglich von Seiten des Bundesministeriums für Verteidigung und des Bundesministeriums für Verkehr, Bauwesen, Städtebau und Raumordnung werden entsprechende Tagungen nur zu besonderen Anlässen, wie anstehenden Gesetzesreformen, initiiert. Letzteres nimmt darüber hinaus bis zu drei Mal jährlich an einem von den Länderbehörden veranstalteten Arbeitskreis zum Wohngeld teil. Die dort diskutierten Themen sind mit den Themen der Sitzung der OBLBAfö vergleichbar. Zu ihnen zählen die Änderungen aufgrund von novellierten Ge38  Die Bundesauftragsverwaltung, S. 110; „Soll ein so kompliziertes Getriebe, wie der deutsche Bundesstaat, in Gang gehalten werden und die Zusammenarbeit von Bund und Ländern zu einem ersprießlichen Ergebnis führen, so bedarf das juristische Räderwerk dieses [der Zusammenarbeit in freundlicher Atmosphäre] Tropfens Oel.“ 39  Vgl. BT-Drs.  14 / 1137, S. 21 f.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

setzen, Verwaltungsvorschriften und sonstigen Regelwerken, einzelne Probleme des Verwaltungsvollzugs, Fragen der Auslegung und Anwendung einzelner Normen sowie anhängige Gerichtsverfahren. Auch zu diesen BundLänder-Tagungen werden Protokolle angefertigt, in welchen die diskutierten Probleme und die vereinbarten Lösungen festgehalten werden.40 Aber auch abseits des Vollzugs der Geldleistungsgesetze hat sich im Bereich der Verwaltung der Bundesfernstraßen aus Zweckmäßigkeitserwägungen eine fortlaufende Kooperation zwischen Bundes- und Länderbehörden etabliert.41 Auch die Kernenergieverwaltung sowie die Steuerverwaltung kennen eine Vielzahl vergleichbarer Koordinierungsgremien.42 Beispiel hierfür ist der sog. Länderausschuss für Atomkernenergie mit seinen Fachausschüssen.43 Durch die Möglichkeit der Zusammenarbeit von Bund und Ländern soll die Wahrnehmung einseitiger Aufsichtsbefugnisse bereits im Vorhinein obsolet werden.44 Abschließend kann man daher mit dem Bundesrechnungshof feststellen, dass die Verwaltungspraxis in vielen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung durch eine Kooperation von Bundes- und Landesbehörden in gemeinsamen Gremien geprägt ist.45

§ 17  Die Wahrnehmung der administrativen Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG Im Rahmen der folgenden Darstellung der Praxis der Bundesauftragsverwaltung sollen die verschiedenen Regelungsmechanismen in der Förderungsverwaltung den Ingerenzrechten des Art. 85 GG zugeordnet werden. 40  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX 5 – 2010 – 0908, S. 16; Zech, DVBl. 1987, 1089 (1093). 41  Gröpl, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 90 (49. Ergl. 2007) Rn. 71; eine Übersicht der zahlreichen Bund-Länder-Arbeitsgremien findet sich bei Rinke, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 18, 20 f. und Zech, DVBl. 1987, 1089 (1093). 42  Vgl. Kienbaum Management Consultants, Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts, S. 14, 23 ff. zum Länderausschuss für Atomkernenergie sowie weiteren Beschlussgremien; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 48. 43  Vgl. dazu BT-Drs.  17 / 7568; Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 389. 44  Gröpl, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 90 (49. Ergl. 2007) Rn. 71. 45  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 43.



§ 17  Die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG  175

Bislang liegt keine umfängliche Untersuchung über den Gebrauch der Einwirkungsmöglichkeiten durch den Bund vor.46 Fraglich ist somit, wie sich das Bild der Bundesauftragsverwaltung vor dem Hintergrund dieser Praxis heute darstellt, bevor beurteilt werden kann, ob diese Praxis die verfassungsrechtlich vorgegebene Verwaltungsform verändert.

A. Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum BAföG Zunächst soll dazu näher auf die allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Bereich der Ausbildungsförderung eingegangen und ihre Bedeutung für die Praxis der Bundesauftragsverwaltung beleuchtet werden. Die Begrifflichkeiten, ebenso wie die Erscheinungsformen auf dem G ­ ebiet der Verwaltungsvorschriften, sind vielfältig.47 Im Bereich der Bundesauftragsverwaltung wird der Begriff der Verwaltungsvorschrift zur Abgrenzung von Weisungen nach Art. 85 Abs. 3 GG jedoch nur für solche verwaltungsinternen Regelungen gebraucht, welche mit Zustimmung des Bundesrates erlassen wurden. Diese sind von Rundschreiben und anderen verwaltungsinternen Regelungen ohne rechtliche Bindungswirkung abzugrenzen, welche auf Bundesebene als weiteres typisches Steuerungsinstrument mit rein faktischer Bindungswirkung verwandt werden.48 I. Bestandsaufnahme der allgemeinen Verwaltungsvorschriften beim Vollzug des BAföG Die Bedeutung der allgemeinen Verwaltungsvorschriften gemäß Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG ist im Rahmen der Praxis der Bundesauftragsverwaltung bislang nicht umfassend untersucht und bewertet worden.49 Überwiegend wird angenommen, dass ihre Bedeutung für einen bundeseinheitlichen Vollzug des Gesetzes aufgrund des Weisungsrechts des jeweiligen Bundesmi­ nisters und der umfassenden Aufsichtsrechte des Bundes gegenüber den Verwaltungsvorschriften im Rahmen der landeseigenen Verwaltung nach 46  Vgl. auch die Feststellung bei Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 57 mit Verweis auf Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 59. 47  Vgl. dazu bereits § 8 C. I. 48  Schröder, in: Hill, Verwaltungsvorschriften, S. 1, 4; Fliedner, Die Richtlinie der Bundesregierung zur Gestaltung, Ordnung und Überprüfung von Verwaltungsvorschriften des Bundes vom 20.12.1989, ebd., S. 31, 35. Vgl. zu den Rundschreiben § 18. 49  Vgl. auch die Feststellung bei Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 45 mit Fn. 46, welche ebenso auf die jüngere Literatur zutrifft.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Art. 84  GG gering ist. Während ihnen dort weitere Bedeutung als Maßstab der Rechtmäßigkeitskontrolle und Ersatz eines umfassenden Weisungsrechts zukommt, liegt ihre Bedeutung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung vor allem darin, Vorschriften mit allgemeinem Charakter zu bündeln.50 Wie in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung werden die allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Bereich des Ausbildungsförderungsrechts zur Ergänzung des BAföG sowie zur Steuerung seines Vollzugs genutzt. Zu ihnen zählt die umfängliche BAföGVwV51 sowie die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter52. In Ergänzung zu den organisationsrechtlichen Vorschriften des BAföG53 treffen diese unter anderem Regelungen der Behördenorganisation und des Verwaltungsverfahrens. 1. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BAföG Der Umfang der allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum BAföG ist, wie auch in anderen Bereichen des Sozialrechts, beträchtlich.54 Allein die BAföGVwV weist nach ihrer Überarbeitung im Jahr 2013 rund 650 Teilziffern auf.55 Im Zuge der Überarbeitung wurden verschiedene Teilziffern geändert, rund 70 der alten Teilziffern wurden dabei vollständig aufgehoben, die Verwaltungsvorschrift jedoch um die gleiche Zahl neuer Regelungen ergänzt.56 Sie erreicht damit einen kommentarähnlichen Umfang und weist eine erhebliche Detailliertheit auf.57 Durch sie wird das BAföG in der Praxis überhaupt erst handhabbar und „eine bundeseinheitliche Durchführung des Gesetzes“ gewährleistet. Überwiegend trifft die BAföGVwV „verbindliche Hinweise zur Auslegung und Durchführung des BAföG“58 und bindet die mit seinem Vollzug betrauten Ämter für Ausbildungsförderung im Sinne einer einheitlichen Anwendung an die dort vorgegebene Rechtsauslegung 50  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 37; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 15 f.; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 91; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 14. 51  Vgl. § 17 A. I. 1. 52  Vgl. § 17 A. I. 2. 53  Vgl. §§ 39 ff. BAföG, s. dazu oben bei § 13. 54  Vgl. den Umfang der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Wohngeldgesetzes sowie der Richtlinien zum Bundeselterngeldgesetz. 55  Zum Umfang der BAföGVwV 2001 vgl. Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs.  17 / 11099, S. 6. 56  BR-Drs.  551 / 13, S. 120. 57  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 388. 58  BR-Drs.  551 / 13 S. 1.



§ 17  Die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG  177

und -anwendung.59 Die BAföGVwV hat somit überwiegend norminterpretierenden, teilweise aber auch gesetzesergänzenden Charakter.60 Aufgrund der Eigenart des BAföG – wie viele Leistungsgesetze ist es recht allgemein gehalten – machen sie das Gesetz erst vollziehbar.61 Gegenüber den Verwaltungsgerichten entfaltet die BAföGVwV aufgrund ihrer bloßen Innenwirkung jedoch generell keine Bindungswirkung.62 Lediglich hinsichtlich ermessenslenkender Verwaltungsvorschriften besteht ein gerichtlich beschränkt überprüfbarer Entscheidungsspielraum.63 In der Praxis wird die Verwaltungsvorschrift von den Gerichten gleichwohl als Arbeitsgrundlage der Ämter für Ausbildungsförderung zur Kenntnis genommen und spielt somit auch bei der Auslegung des BAföG durch die Gerichte eine Rolle.64 a) Die Entwicklung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG Die BAföGVwV ist im Jahr 2013 nach zwölf Jahren überarbeitet worden. Zuvor war sie aufgrund zwischenzeitlicher Änderungsgesetze zum BAföG in Teilen überholt. Die BAföGÄndVwV 2013 dient daher „der Anpassung der Verwaltungsvorschrift an die seit ihrer letzten Änderung im Dezember 2001 erfolgten Rechtsänderungen im BAföG selbst und in angrenzenden Rechtsgebieten, an die Rechtsprechung, an eine Vielzahl von Erlassen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie an neuere Entwicklungen in der Hochschul- und Schulpolitik“.65 Dieser lange Zeitraum stellt eine Zäsur in der bis dahin regelmäßigen Abfolge von Änderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift dar. Denn seit 1976 folgte mit der ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift auf nahezu jede Änderung des BAföG, zum Teil auch auf zwei BAföG-Änderungsgesetze zusammen, zeitnah eine entsprechende Anpassung der Verwaltungsvorschrift. Dabei wurden auch Änderungen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesverfassungsgerichts sowie des Europäischen Gerichtshofes berücksich59  Akova,

Die Studentenwerke, S. 137 f. in: ders., BAföG, § 1 Rn. 7; Akova, Die Studentenwerke, S. 138. 61  So Hennecke, zitiert nach Bork / Klee, DUZ / HD  1980, 39 (40); vgl. auch allgemein zur Bedeutung der gesetzesvertretenden Verwaltungsvorschriften Ossenbühl, in: Hill, Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, S. 99, 101, 105. 62  Vgl. BVerwG, NVwZ-RR  2010, 926 (928) und BVerwGE 143, 314, 323; Hebeler, in: von Maydell / Ruland / Becker, Sozialrechtshandbuch, § 31 Rn. 48. 63  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.3; Winkler, in: BeckOK BAföG, § 39 Rn. 1; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 7, § 54 Rn. 16. 64  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 1 Rn. 6. 65  BR-Drs.  551 / 13 S. 1. 60  Ramsauer,

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

tigt. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift wurde somit zunächst circa alle zwei Jahre, ab den 1990er Jahren dann in etwas größeren zeitlichen Abständen überarbeitet und mit Zustimmung des Bundesrates neu erlassen. Ausnahme ist das Rundschreiben mit dem Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift66, mit welchem unter anderem eine Anpassung an das 7. BAföGÄndG erfolgte, welches entgegen Art. 85 Abs. 2 GG ohne Zustimmung des Bundesrates erging. Dieses wurde jedoch durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift 198267 zumindest in Teilen übernommen und dem Verfahren des Art. 85 Abs. 2 GG entsprechend mit Zustimmung des Bundesrates erlassen. Gleiches gilt für die Rundschreiben von 1992 und 199968, welche der Umsetzung der Änderungen durch das 14., 15. sowie das 19. und 20. BAföGÄndG dienten. Während in den Jahren 1976, 1980, 1982 unter Außerkrafttreten der vorherigen Regelungen jeweils neue Verwaltungsvorschriften ergingen, wurden 1978, 1984, 1986, 1988, 1991, 1995, 1997 und 2001 lediglich Änderungen der vorherigen Verwaltungsvorschriften beschlossen. 1986 und 1991 erfolgten zudem Neubekanntmachungen des Wortlauts der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift, welche die vorherigen Änderungen berücksichtigten. Hinsichtlich der FormblattVwV nimmt der Bund seine Regelungskompetenz hingegen regelmäßig durch Anpassung ihrer Vorgaben wahr. b) Mögliche Gründe für ein Ausbleiben der Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG In der langen Phase vor der jüngsten Überarbeitung der BAföGVwV zeigt sich eine große Schwäche der Verwaltungsvorschriften mit zeitlich unbegrenzter Geltungsdauer: Sie „laufen Gefahr, durch die tatsächliche Entwicklung überholt zu werden“69. Daher soll der Frage nachgegangen werden, wieso es in der Vergangenheit über mehrere Jahre nicht zu einer Überarbeitung der BAföGVwV kam und welche Schlüsse daraus gezogen werden können. Anders als beim BAföG selbst, dessen Bedarfssätze, Freibeträge und Sozialpauschalen gemäß § 35 BAföG alle zwei Jahre zu überprüfen und ggf. nach 66  GMBl. 1981, S. 314 ff. – RdSchr.  d.  BMBW v.  24.7.1981 – II  A  3 – 2430 – 8 / 1 –. 67  GMBl. 1982, S. 311 ff. 68  GMBl. 1992, S. 710 ff. – RDSchr. d. BMBW v. 20.7.1992 – II  A  2 – 2452 – 1 / 24 –; GMBl. 1999, S. 459 ff. – RDSchr. d. BMBW v. 22.7.1999 – 315-42511 VwV / 21 –. 69  So Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 17.



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einem Bericht der Bundesregierung entsprechend der Entwicklung von Einkommensverhältnissen und Lebenshaltungskosten gesetzlich neu festzulegen sind70, bestehen keine normativen Vorgaben zur Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG. Insbesondere verfügen die Länder gegenüber dem Bund über keine rechtliche Handhabe, diesen zur Erarbeitung und Verabschiedung einer entsprechenden Vorschrift anzuhalten. Ihnen kommt diesbezüglich keine Initiativbefugnis zu, Änderungen können von ihrer Seite nur durch interne Anregungen angestoßen werden.71 Gleichwohl ist auffällig, dass der Einbruch der Fortschreibung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift 2001 mit dem 20. BAföGÄndG und somit kurz nach der Änderung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Zuständigkeit zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften erfolgte.72 Danach sind weitere Änderungsgesetze zum BAföG nicht mehr durch entsprechende Änderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift begleitet worden. Folglich könnte ein direkter Zusammenhang zwischen der Änderung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und dem Einbruch der Kontinuität der Überarbeitung der BAföGVwV bestehen. Das Verfahrenshemmnis des Art. 85 Abs. 2 GG wäre damit weniger in der erforderlichen Zustimmung des Bundesrates, als in der Zuständigkeit der Bundesregierung als Kollegium zu verorten. Andere Gründe für die fehlende Überarbeitung der Verwaltungsvorschrift sind durch die zeitliche Koinzidenz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hingegen nicht ausgeschlossen. So sieht die Förderungsverwaltung die Schwierigkeit des Erlasses der Verwaltungsvorschrift eher auf der Ebene der Erarbeitung bzw. Überarbeitung entsprechender Kabinettsvorlagen und damit der Fortschreibung des komplexen Regelungswerks durch das federführende Bundesministerium für Bildung und Forschung. Diese zeitaufwändige Vorbereitung bindet die ohnehin geringen personellen Ressourcen der Behörde. Die verfassungsrechtlich vorgesehene Befassung des Kabinetts mit der entsprechenden Vorlage sowie die Unterzeichnung und Bekanntmachung der Regelungen durch den Bundeskanzler stellen demgegenüber kein Hindernis für den Erlass einer überarbeiteten Verwaltungsvorschrift dar.73 Hierfür spricht die Tatsache, dass sich eine – wie in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung übliche74 – Rundschreibenpraxis als Grundlage der Verwaltungspraxis beim Vollzug des 70  Trotz dieser Regelung unterblieb eine entsprechende Anpassung der Leistungen über längere Zeit, vgl. Ramsauer, in: ders., BAföG, § 35 Rn. 3. 71  Vgl. Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 92. 72  BVerfGE  100, 249 (261) in Abweichung von BVerfGE  26, 338 (399). 73  Näher zum Verfahren des Erlasses allgemeiner Verwaltungsvorschriften s. unten § 17 A. II. 74  Vgl. die Richtlinien zum BEEG bei § 18 A. IV.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

BAföG nicht dauerhaft etabliert hat.75 Auch sie bedürfte entsprechend intensiver Vorarbeiten auf Referatsebene. Fraglich ist, durch welche Regelungsinstrumente die veraltete Verwaltungsvorschrift in der Praxis kompensiert wurde. Zu vermuten ist ein Anstieg unverbindlicher Regelungen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung oder von Rundverfügungen durch die Länder selbst. Diese Annahme lässt sich mangels genauer Daten zur Entwicklung der Anzahl dieser Regelungen jedoch nicht bestätigen. Eine Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift trägt jedoch dazu bei, die Rechtsanwendung weiter zu harmonisieren. 2. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter dient gemäß § 46 Abs. 3 BAföG der bundeseinheitlichen Festlegung der Antragsformulare.76 Diese werden von einer Fachgruppe aus Vertretern von Bund und Ländern, der sog. Formblattkommission, regelmäßig überarbeitet. Zuletzt geschah dies im Nachgang eines Berichts des Normenkontrollrates.77 Zum Teil werden von den einzelnen Ämtern für Ausbildungsförderung darüber hinaus weitere Formblätter und Vordrucke78 erarbeitet und den Antragstellern zur Verfügung gestellt. Durch diese werden für die Antragstellung relevante Aspekte abgefragt, für welche keine bundesweit einheitlichen Formblätter bestimmt wurden.79 3. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Regelung eines Programmablaufplans Neben der verfassungsrechtlichen Ermächtigung des Art. 85 Abs. 2 S. 1  GG enthält auch § 39 Abs. 4 BAföG die Ermächtigung zum Erlass einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Regelung des maschinellen Be75  Zur früheren Rundschreibenpraxis im Bereich der Ausbildungsförderung vgl. unten § 18 B. I. 1. 76  Auch in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung, wie der Steuerauftragsverwaltung, wird die Gestaltung der Formblätter bundesrechtlich geregelt; vgl. Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 128 f. 77  Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 119 ff. Vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BR-Drs. 17 / 11099, S. 10 f. 78  Z. B. für die Anzeige von Adress- und Kontaktänderungen. 79  Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 80.



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rechnungsverfahrens zur einheitlichen Berechnung, Rückrechnung und Abrechnung der BAföG-Leistungen in Form einer algorithmischen Darstellung der materiell-rechtlichen Regelungen. § 39 Abs. 4 BAföG sieht hierfür die Bezeichnung „Programmablaufplan“ vor und definiert diesen als „Darstellung materiell-rechtlicher Regelungen in Form von Rechenvorschriften“. Die Bezeichnung ist auf Betreiben des Bundesrates aufgenommen worden, um den Umfang der Ermächtigung auf die Regelung des EDV-Verfahrens zu beschränken. Der übrige Verfahrensablauf sollte hiervon nicht erfasst werden.80 Zuvor sah § 39 Abs. 4 BAföG die – verfassungsrechtlich umstrittene – Möglichkeit zur Übertragung der Befugnis zum Erlass der Verwaltungsvorschrift auf den zuständigen Bundesminister vor.81 Diese als bloß deklaratorisch verstandene Zuständigkeitsverlagerung wurde nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts82 im Rahmen des Ausbildungsförderungsreformgesetzes83 rückgängig gemacht.84 Insbesondere in Bereichen der Massenverwaltung ist der Einsatz von EDV-Anlagen und -Verfahren wesentlicher Bestandteil der Ablauforganisation, zumal dies ein wichtiges Mittel zur Steuerung der Entscheidungsprozesse darstellt. So dient ihr Einsatz der Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben und interpretiert diese zugleich.85 a) Das Scheitern eines Programmablaufplans Eine entsprechende Verwaltungsvorschrift zur Regelung eines Programm­ ablaufplans wurde hingegen nie erlassen.86 Der Grund dafür lässt sich heute nicht mehr eindeutig feststellen. 80  Schieckel, Berufsbildungsgesetz, Bundesausbildungsförderungsgesetz, §  39 (142. Ergl. 1977) Anm. 4; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1.3, 10. 81  Für die Regelung eines Programmablaufplans durch den Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Gesetzentwurf der Bundesregierung zum 6. BAföGÄndG, BT-Drs.  8 / 2467, S. 17 f. 82  BVerfGE  100, 249. 83  Gesetz zur Reform und Verbesserung der Ausbildungsförderung (AföRG) vom 19.3.2001 (BGBl. I S. 390). 84  So der Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs.  585 / 00, S. 65; vgl. auch Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1.3, 1.5, 10; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 6, 17; Akova, Die Studentenwerke, S. 138. 85  Vgl. für den Bereich der Steuerauftragsverwaltung Bonsels, Einwirkungsund Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S.  138 f. 86  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1.3; 10; Kreutz, ebd., § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 9; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 17; Akova, Die Studentenwerke, S. 138.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Gleichwohl hat der Bund einen bundeseinheitlichen Programmablaufplan zur Verfügung gestellt, auf dessen Grundlage die Bewilligungsbescheide erstellt werden sollten.87 Bereits zusammen mit den ersten Entwürfen einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift wurde der Entwurf eines solchen Programmablaufplans bekannt gegeben.88 Dem ging die Versagung der Zustimmung zu einer entsprechenden Verwaltungsvorschrift durch den Bundesrat voraus.89 Der Programmablaufplan war zuvor vom Mathematischen Institut der Technischen Universität München erarbeitet und mit dem Bundesministerium des Innern, dem damals zuständigen Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit sowie den EDV-Sachverständigen der Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung beraten worden. Der Bundesrat stellte die Beratung der Vorlage jedoch mit der Begründung zurück, es sei unzweckmäßig, frühzeitig eine entsprechende Verwaltungsvorschrift festzulegen, da in der Anlaufzeit Verfahrenslücken und ‑fehler aufträten, welche eine Änderung des Programms erforderlich machten. So sollte die Verwaltungsvorschrift zunächst als Entwurf im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlich werden. Die Obersten Landesbehörden sollten ihre Ämter für Ausbildungsförderung sodann anweisen, entsprechend dem Entwurf zu verfahren und dieser nach einer Überarbeitung binnen eines Jahres erneut dem Bundesrat zugeleitet werden.90 Entsprechende ‚Erprobungen‘91 von Regelungen vor Erlass einer förmlichen Verwaltungsvorschrift wurden auch in anderen Bereichen praktiziert. Im Zuge der Änderungen des 6. BAföGÄndG92 wurde die Frage der Formulierung eines Programmablaufplans in Form einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift erneut relevant. Zwar ermöglichten Verwaltungsvorschriften eine stärkere Vereinheitlichung des Gesetzesvollzugs93, jedoch erkannte die Bundesregierung übereinstimmend mit dem Bundesrat auch den Nachteil einer etwaigen Inflexibilität des Vollzugs durch die Festschreibung eines Programmablaufplans in Form einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift an. So habe der – damals zuständige – Bundesminister vor Erlass einer Verwaltungsvorschrift zu prüfen, ob eine Form der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern gefunden werden kann, welche die erforder­ 87  Ramsauer, in: ders., BAföG, §  39 Rn. 17  f.; Akova, Die Studentenwerke, S. 138. 88  RSchr. d. BMJFG v. 13.10.1971 i. d. Bek. v. 5.1.1972 – J 3 – 1982 – 14 –. Vgl. näher zu den Rundschreiben mit Entwürfen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift § 18 B. I. 1. b) bb). 89  BR-Drs.  457 / 71. 90  BR-Drs.  457 / 71. 91  Vgl. zu diesem Argument Blümel, AöR  93 (1968), 200 (240). 92  BT-Drs.  8 / 2467, S. 17 f. 93  So zuvor auch Eberle / Garstka, ÖVD 1972, 265.



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liche Flexibilität gewährt, dem Bund jedoch zugleich ermöglicht, seinen Aufsichtspflichten nach Art. 85 Abs. 4  GG nachzukommen.94 b) Die einvernehmliche Alternativlösung Seit 1981 hat der Bund daher im Einvernehmen mit den Ländern ohne rechtliche Verpflichtung einheitliche Programmiervorgaben entwickelt und in entsprechenden Testprogrammen zur Berechnung, Rückrechnung und Abrechnung der Förderungsleistungen umgesetzt und den Ländern kostenfrei zur Verfügung gestellt.95 Zu diesem Zweck hatte der Bund einen entsprechenden Vertrag mit der Datenzentrale Baden-Württemberg geschlossen.96 Dieses Vorgehen erklärte der Bund als freiwillige Serviceleistung, welcher von Seiten der Länder eine Selbstverpflichtung zu deren Beachtung gegenüberstünde.97 Tatsächlich ist ihre Rechtsnatur unklar.98 Die Programme werden nach Freigabe durch die Fachministerien der Länder verwandt.99 Diese legen zudem nähere Verfahrensvorgaben durch interne Arbeits- und Signieranweisungen fest.100 Für Nordrhein-Westfalen wurden die Vorgaben durch Arbeitsanweisungen zur Durchführung des BAföG mit Hilfe automatischer Datenverarbeitung (Arbeitsanweisung zum BAföG-ADV-Verfahren) in einem entsprechenden Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung und des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie umgesetzt.101

94  BT-Drs.  8 / 2467, S. 18; Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1.3. 95  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 10; Ram­sauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 17; Akova, Die Studentenwerke, S. 138. 96  Vorlage des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 30.11.2009, Kooperationsvereinbarung mit dem Land ­Baden-Württemberg über die Umstellung der Be-, Rück- und Abrechnung der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sowie über den Abschluss eines Vertrages mit der Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW) über die Pflege und Weiterentwicklung der Be-, Rück- und Abrechnung, Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 17 / 24. 97  Akova, Die Studentenwerke, S. 138. 98  Hennecke, RdJB  1977, 245 (249). 99  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 9. 100  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 9. 101  Ministerialblatt für das Land NRW, 26.03.2009, S. 116.

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c) Die Aufgabe der Zusammenarbeit unter Beteiligung des Bundes Im Laufe des Jahres 2008 hat der Bund die Länder jedoch darüber informiert, dass er die freiwillige finanzielle Unterstützung für die Pflege des Programmablaufplans nicht dauerhaft fortsetzen und den entsprechenden Vertrag zur Umsetzung des Projekts mit der Datenzentrale-Baden-Württemberg102 nach einer Übergangsfrist für die Pflege und Weiterentwicklung des Programmablaufs bis zum 31. Dezember 2010 kündigen werde.103 Zur Begründung führte der Bund entsprechende Kritik des Bundesrechnungshofes am Engagement des Bundes an, der auf die Ausführungszuständigkeit der Länder gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG hingewiesen hatte.104 Zudem wies der Bund darauf hin, dass er über die ihm zukommende Rechts- und Fachaufsicht hinaus keine Möglichkeit habe, auf die Verwaltungsführung im Rahmen der Antragsbearbeitung Einfluss zu nehmen.105 Dies stieß wiederum auf Kritik seitens der Länder, welche sich eine Fortsetzung der Bundesbeteiligung wünschten. Die Länder argumentierten, sie würden mit einer länderübergreifenden Zusammenarbeit ohne Beteiligung des Bundes Neuland betreten. Zudem treffe sie keine Pflicht zur gegenseitigen Abstimmung im Rahmen einer gesamtstaatlichen Verantwortung. Vielmehr sei es Aufgabe des Bundes, für einen bundeseinheitlichen Vollzug des Gesetzes zu sorgen und weiterhin einen entsprechenden Programmablaufplan zur Verfügung zu stellen.106 Gleichwohl hat sich der Bund inzwischen aus den Fragen der BAföG-Software zurückgezogen.

102  Vorlage des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 30.11.2009, Kooperationsvereinbarung mit dem Land Baden-Württemberg über die Umstellung der Be-, Rück- und Abrechnung der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sowie über den Abschluss eines Vertrages mit der Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW) über die Pflege und Weiterentwicklung der Be-, Rück- und Abrechnung, Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 17 / 24. 103  Akova, Die Studentenwerke, S. 138. 104  Vorlage des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 30.11.2009, Kooperationsvereinbarung mit dem Land Baden-Württemberg über die Umstellung der Be-, Rück- und Abrechnung der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sowie über den Abschluss eines Vertrages mit der Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW) über die Pflege und Weiterentwicklung der Be-, Rück- und Abrechnung, Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 17 / 24. 105  Vgl. Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs.  17 / 11099, S. 8. 106  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen S. 24 ff.



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d) Die Zuständigkeit der Länder für die Datenverarbeitung Der Einsatz entsprechender Software ist für die Durchführung eines Massenleistungsgesetzes unerlässlich.107 Aufgrund der Zuständigkeit der Länder für die Zurverfügungstellung entsprechender Datenverarbeitungsprogramme und mangelnder Koordinierung durch den Bund fehlt es hier an einheitlichen Programmen zur Bearbeitung der Anträge.108 Ein bundesweiter Konsens war bislang nicht zu erzielen. Somit existieren heute insgesamt drei verschiedene Software-Systeme mit unterschiedlichem Entwicklungsstand.109 Seit Jahren ist die Einführung neuer einheitlicher Systeme angestrebt. Die Mehrheit der Länder110 schloss sich 2009 zu diesem Zweck unter Koordinierung des baden-württembergischen Wissenschaftsministeriums zu der Gruppe BAföG21 zusammen111, welche mit der Datenzentrale BadenWürttemberg eine Kooperationsvereinbarung zur Pflege des Programmablaufplans und der dazugehörigen Programme zur Bearbeitung der BAföGAnträge schloss. Zusätzlich hat jedes der beteiligten Länder einen Vertrag zur Pflege und Weiterentwicklung des Programmablaufs mit der Datenzentrale Baden-Württemberg geschlossen. Dadurch sollte die weitere Zusammenarbeit und die Förderung des bundeseinheitlichen Vollzugs des BAföG ermöglicht werden. Da der Bund erwartete, dass der Programmierverbund zwischen den Ländern erhalten bliebe und der Programmablaufplan den Ländern weiterhin zur Verfügung stünde, erklärte er sich bereit, einmalig 85 % der Kosten des Projekts in Höhe von 850.000 Euro zu übernehmen. Zudem sollten der fachlich Austausch und die Abstimmung zwischen Bund und Ländern fortgesetzt werden. Die übrigen Kosten der Programmumstellung und die laufenden Kosten der Programmpflege tragen die Länder nach einem festgelegten Schlüssel.112 schon Hennecke, RdJB  1977, 245 (248). zur parallelen Problematik in der Steuerauftragsverwaltung Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 50. 109  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3. 110  An der Kooperationsvereinbarung nicht beteiligt sind Bayern, Berlin, Hamburg und Hessen, sie erhalten die Ergebnisse der Kooperation gem. § 6 Abs. 3 jedoch gegen entsprechende Beteiligung an den anfallenden Kosten. 111  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3. 112  Vorlage des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 30.11.2009, Kooperationsvereinbarung mit dem Land 107  So

108  Vgl.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Neben dem Projekt BAföG21 wurden weitere Vorhaben zum länderübergreifenden elektronischen Austausch von BAföG-Akten zwischen den Ämtern für Ausbildungsförderung (XBAföG) sowie zur elektronischen Antragstellung (eBAföG)113 im Rahmen des Aktionsplans Deutschland-Online114 vorangetrieben. Hierbei handelt es sich um eines der Projekte des IT-Planungsrates zur Koordinierung von E-Government-Projekten von Bund und Ländern.115 Die Projekte wurden mit den Vertretern der OBLBAfö sowie der Arbeitsgemeinschaft BAföG21 abgestimmt, wobei auch auf Erfahrungen des Projekts BAföG21 sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zum sog. BAföG-Rechner zurückgegriffen werden konnte. Einige Länder haben inzwischen Privatanbieter mit der Entwicklung von Datenverarbeitungssystemen beauftragt.116 Bayern ließ ab 2005 eine entsprechende Software von der Firma Datagroup entwickeln, welche seit 2009 landesweit eingesetzt wird und seit 2010 auch eine Online-Antragstellung ermöglicht. Hamburg hat sich diesem System angeschlossen, auch Hessen ist aus dem Projekt BAföG21 ausgestiegen und hat seine Ämter für Ausbildungsförderung mit der Software der Firma Datagroup ausgestattet.117 In Nordrhein-Westfalen ist wiederum der Landesbetrieb Information und Technik (IT.NRW) mit der Pflege der Datenverarbeitungsprogramme betraut.118 Baden-Württemberg über die Umstellung der Be-, Rück- und Abrechnung der Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) sowie über den Abschluss eines Vertrages mit der Datenzentrale Baden-Württemberg (DZBW) über die Pflege und Weiterentwicklung der Be-, Rück- und Abrechnung, Schleswig-Holsteinischer Landtag Umdruck 17 / 24. 113  Vgl. http: /  / www.bva.bund.de / DE / Organisation / Abteilungen / Abteilung_BIT /  Leistungen / Softwareentwicklung / teaser_ebafoeg.html (letzter Aufruf am 10.10. 2014). 114  Vgl. die Projektbeschreibung unter http: /  / www.it-planungsrat.de / DE / Projek te / AbgeschlosseneProjekte / BAfoeG / bAfoeG_node.html (letzter Aufruf am 10.10. 2014). 115  Der IT-Planungsrat wurde aufgrund des Staatsvertrages zur Ausführung des Art. 91c GG zum 1.4.2010 gegründet und soll die nationale E-Government-Strategie in Bund, Ländern und Kommunen umsetzen. Vgl. die Informationen unter http: /  /  www.it-planungsrat.de (letzter Aufruf am 10.10.2014). 116  Financial Times Deutschland v. 2.9.2011. 117  Financial Times Deutschland v. 2.9.2011; Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3; ders., Bessere Gesetzgebung. Bürger, Wirtschaft und Verwaltung spürbar entlasten, Jahresbericht 2012, S. 61. 118  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3.



§ 17  Die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG  187

Zur programmtechnischen Umsetzung der Bundesvorgaben durch die jeweilige BAföG-Software werden Erlasse und Sitzungsprotokolle der ­OBLBAfö der Datenzentrale Baden-Württemberg sowie der Datagroup zugeleitet.119 Der Nationale Normenkontrollrat forderte in seinem Zwischenbericht, die Kompatibilität der Systeme untereinander sicherzustellen.120 II. Das Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften Mit Ausnahme der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG ist das Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften aufgrund ihrer grundsätzlich verwaltungsinternen Wirkung formlos ausgestaltet, praktisch jedoch weitgehend dem Verfahren zum Erlass von Gesetzen angeglichen.121 Bevor es dargestellt und im Zusammenhang mit der Überarbeitung der BAföGVwV erläutert wird, soll auf den Zweck der verfassungsrechtlichen Vorgaben eingegangen werden. 1. Zweck der verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere der Beteiligung des Bundesrates Die Besonderheiten des Verfahrens zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften gemäß Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG liegen vor allem in der Zuständigkeit der Bundesregierung als Kollegialorgan sowie dem Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates. Diese verfahrensrechtlichen Vorgaben sind in der Literatur nicht ohne Kritik geblieben, schränken sie die Flexibilität des Handlungsinstruments der Verwaltungsvorschrift doch deutlich ein.122 Dabei ist ihre Funktion, insbesondere des Zustimmungserfordernisses des Bundesrates bislang auch durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts123 nicht eindeutig geklärt. Praktisch führt die Zustimmung des 119  Protokoll

der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn, TOP  14.3. Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3. Vgl. zur Kritik am Fehlen eines bundeseinheitlichen EDV-Programms und zu vergleichbaren Systemen in anderen Bereichen auch FAZ v. 13.10.2010, S. 10. 121  Bundesministerium des Innern, Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, S. 149, 154; Antoni, AöR  114 (1989), 220, 249. 122  Schröder, in: Hill, Verwaltungsvorschriften, S. 1, 21. Vgl. auch Rogmann, Die Bindungswirkung von Verwaltungsvorschriften, S. 220, nach dessen Meinung die Mitwirkungsvorschriften ein Indiz für die fehlenden Abweichungsmöglichkeiten von den Verwaltungsvorschriften sind. 123  Zuletzt BVerfGE 126, 77 ff. zur Zustimmungsbedürftigkeit von Regelungen zum Luftsicherheitsgesetz. 120  Nationaler

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Bundesrates dazu, dass die Länder Einfluss auf den Erlass untergesetzlicher Vollzugsvorgaben erhalten.124 Die Verfahrensvorgaben sollen dem Schutz vor Übergriffen des Bundes in die Verwaltungsführung der Länder dienen. F. Kirchhof125 spricht insofern bildlich von einem „ ‚Flaschenhals‘, den alle Verwaltungsvorschriften passieren müssen“. Die Formulierung bringt zum Ausdruck, dass die Vorgaben des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG auch ein Hemmnis beim Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften darstellen können. Daher soll ihr Zweck, insbesondere der Zustimmung des Bundesrates und damit auch die Rolle und Bedeutung der Bundesratsbeteiligung, näher erläutert werden, um vor diesem Hintergrund auch die Zulässigkeit anderer, verfassungsrechtlich nicht vorgesehener Regelungsformen, bewerten zu können. a) Schutz der Verwaltungshoheit der Länder Ein Verzicht auf das Erfordernis der Zustimmung des Bundesrates oder die (einfachgesetzliche) Verlagerung der Zuständigkeit von der Bundesregierung auf den jeweiligen Fachminister, wie dies mit dem 6. BAföGÄndG zwischenzeitlich für die allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Regelung eines Programmablaufplans gemäß § 39 Abs. 4 BAföG vorgesehen war126, würde das durch Art. 85 Abs. 2 GG vorgegebene Schutzniveau der Länder mindern.127 So dient die Schranke der Zustimmung des Bundesrates, ebenso wie die Zuständigkeit des Kollegiums der Bundesregierung, nach allgemeiner Auffassung dem Schutz der Verwaltungshoheit der Länder vor Einwirkungen des Bundes in ihre selbstständige Verwaltungsführung.128 Das Bundesverfassungsgericht stellte dazu fest, dass eine bloße Zustimmung des Bundesrates zu einem zum Erlass von Verwaltungsvorschriften ermächtigenden Gesetz den Ländern keine vergleichbare Möglichkeit böte, auf die nähere Ausgestaltung der Regelungen Einfluss zu nehmen.129 Als Verfassungsorgan unterliegt er den Vorgaben der Landesregierungen und ist gemäß Art. 50 GG nicht nur ein gesetzgebendes, sondern auch ein Exekutivorgan.130 Für Fra124  Ossenbühl,

in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 51. Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 181. 126  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 1.3. 127  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.3. 128  Vgl. bereits BVerfGE 26, 338 (397 f.); statt vieler Klein, in: Stark, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz II, S. 277, 292; Antoni, AöR  114 (1989), 220 (241); von Danwitz, DÖV 2001, 353 (355). 129  BVerfGE  100, 249 (261); Koch, JURA 2000, 179 (183). 130  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 184. 125  In:



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gen der Verwaltungsorganisation, wie den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften, ist der Bundesrat somit das kompetente Organ. Jedoch handelt es sich beim Erlass von Verwaltungsvorschriften als abstrakt-generelle Regelungen auch um Rechtsetzung, welche an die Länderverwaltung gerichtet ist.131 Für diese Aufgabe an der Schnittstelle zwischen Verwaltung und Rechtsetzung ist der Bundesrat das berufene Organ.132 Jedoch ist der Bundesrat nach seiner verfassungsrechtlichen Konzeption keine Länderkammer, sondern föderatives Organ des Bundes.133 Über ihn wirken die Länder gemäß Art. 50 GG bei der Gesetzgebung und Verwaltung des Bundes mit. Er dient somit nicht (nur) der Wahrnehmung von Länderinteressen, sondern verfolgt die Interessen des Bundes unter besonderer Berücksichtigung der Verwaltungserfahrung der Länder.134 Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass der Bundesrat gemäß Art. 51 Abs. 1 GG aus den Mitgliedern der Landesregierungen, mithin der Exekutive, besteht.135 Zugleich werden im Bundesrat die Ingerenzrechte der Länder gegenüber dem Bund gebündelt.136 b) Besondere Qualität von Kollegialentscheidungen Die Beteiligung des Kollegiums der Bundesregierung sowie insbesondere des Bundesrates beim Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften soll dazu beitragen, einen höheren Sachverstand der Entscheidungsträger sicherzustellen. Demnach kommt einer Verwaltungsentscheidung höheres Gewicht zu, wenn sie von einem repräsentativen Gremium mit besonderer Sachkunde getroffen wird.137 Soweit beim Erlass einer Verwaltungsvorschrift die Be131  Vgl. F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 175. 132  Leisner, in: Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz I, S.  260, 288. 133  Schäfer, Der Bundesrat, S. 27 ff.; Lange, in: Wilke / Schulte, Der Bundesrat, S. 226, 232 f.; s. auch Herzog, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III3, § 57 Rn. 1 ff., nach welchem der Bundesrat tatsächlich jedoch als eine solche Länderkammer erscheint (vgl. Rn. 3). 134  Hahl, Die Bundesaufsicht durch den Bundesrat, S. 89 spricht von einer „fast antinomische[n] Stellung des Bundesrates als Organ des Bundes, wo es sich doch aus Vertretern der Länder zusammensetzt“; Lange, in: Wilke / Schulte, Der Bundesrat, S. 226, 236 f.; Herzog, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III3, § 57 Rn. 22. 135  Vgl. auch Herzog, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III3, § 57 Rn. 15. 136  Herzog, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III3, § 57 Rn. 11. 137  Schröder, in: Hill, Verwaltungsvorschriften, S. 1, 20 f.

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teiligung eines Gremiums vorgesehen ist, kann die Aufhebung oder Änderung der jeweiligen Verwaltungsvorschrift zudem nur durch dasselbe Gremium in demselben Verfahren erfolgen.138 c) Einbringung verwaltungspraktischen Sachverstands Weiteres Argument für die Beteiligung des Bundesrates ist die Einbringung verwaltungspraktischen Sachverstands in das Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften.139 aa) Der Bundesrat als Organ der Verwaltungspraxis Bereits die Prämisse, der Beschluss der Bundesregierung sowie die Beteiligung des Bundesrates würden den Sachverstand der Entscheidungsträger erhöhen, ist beim Erlass der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG anzuzweifeln. Zumindest die Beteiligung des Bundesrates bietet nicht zwingend Gewähr für eine Rückkopplung der Entscheidungsträger in die Verwaltungspraxis. Vielmehr dürfte die Sachkompetenz hier bei den mit der Verwaltungspraxis vertrauten und dieser näher stehenden Beamten der Obersten Landesbehörden liegen.140 Sie verfügen über die notwendigen Erfahrungen zur Fortschreibung des Regelwerks und können über eine Rückkopplung mit den Ämtern für Ausbildungsförderung den Erfahrungsrückfluss aus der Praxis sicherstellen. Aufgrund ihrer unmittelbaren Verwaltungsarbeit verfügen sie gegenüber dem Bund über Informationsvorteile, welche sie gewinnbringend einsetzen können.141 Dies geschieht regelmäßig durch die Vorbereitung der Ländereingaben an den Bundesrat, wo diese jedoch im Rahmen 138  Vgl. auch Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 99. 139  Vgl. hierzu allgemein Hahl, Die Bundesaufsicht durch den Bundesrat, S. 94 f., der die Problematik in der Inkongruenz von Gesetzgebungs- und Verwaltungszuständigkeit sieht, weshalb der Bund auf vielen Gebieten zwar über eine Gesetzgebungs- hingegen nicht über die entsprechende Verwaltungskompetenz verfügt. Herzog, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III3, § 57 Rn. 46; Rudolf, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 141 Rn. 1; Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S.  92; ebenso Votum der Bundesregierung in BVerfGE  100, 249 (257). 140  Vgl. Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 59 f.; Herzog, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. III3, § 57 Rn. 48, der anführt, dass auch im Bundesrat „nicht die eigentlichen Vollzugsbehörden vertreten sind, sondern die Ministerien der Länder […], die vom eigentlichen Gesetzesvollzug aber […] auch schon recht weit entfernt sind.“ 141  Vgl. zur Beteiligung von Kooperationsgremien allgemein Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 43 f., 69.



§ 17  Die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG  191

des politischen Prozesses möglichen Änderungen ausgesetzt sind. Durch eine direkte Beteiligung der Vertreter der jeweiligen Fachressorts am Zustandekommen der Vorschriften würde der Einfluss der Verwaltungspraxis hingegen stärker betont. Organisatorisches Argument für die Beteiligung des Bundesrates ist jedoch, dass sich dieser aus Vertretern der Regierungen der Länder und damit der höchsten Verwaltungsebene zusammensetzt, während die Obersten Landesbehörden durch die Beamten der jeweiligen Fachabteilungen vertreten werden. Hierdurch wird die politische gegenüber der bürokratischen Funktion des Bundesrates akzentuiert.142 Bundesratsbeschlüsse werden zudem gemäß Art. 52 Abs. 3 S. 3 GG öffentlich getroffen, sind somit nachvollziehbar und beziehen andere Fachabteilungen in die Entscheidungsfindung ein. Insgesamt gewährleisten sie eine breitere Beteiligung auch externen Sachverstands.143 Die Gruppe der zuständigen Obersten Landesbehörden ist zudem, anders als der Bundesrat, nicht Verfassungsorgan, sondern lediglich ein Zusammenschluss auf der Verwaltungsebene. Ihr kann durch die Verfassung kein vergleichbares Beteiligungsrecht verliehen werden. Die verfassungsrechtliche Absicherung der Beteiligung des Bundesrates durch Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG hat in der Gesetzessystematik einen höheren Stellenwert als etwaige einfachgesetzliche Beteiligungsregelungen der Obersten Landesbehörden und ist daher eher geeignet, auch den Schutz der Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung wirkungsvoll sicherzustellen. Der Zweck der Beteiligungsregelung ist damit am ehesten auf Verfassungsebene zu verwirklichen und die dort getroffene Beteiligungsregelung die verfassungsrechtlich einzig Gangbare. bb) D  as Zustimmungserfordernis als Mittel zur Einbringung verwaltungspraktischen Sachverstands Neben der Frage, ob der Bundesrat das geeignete Organ zur Einbringung verwaltungspraktischen Sachverstands ist, stellt sich auch die Frage, ob seine Zustimmung zu einer Verwaltungsvorschrift das geeignete Verfahren zur Sicherung der Beteiligungsrechte der Länder ist. Denn ob dem Zustimmungserfordernis die Funktion zukommt, den Inhalt einer Verwaltungsvorschrift durch die Länder selbst gestaltend zu bestimmen144, ist fraglich. So 142  Vgl. 143  Vgl.

406.

Hahl, Die Bundesaufsicht durch den Bundesrat, S. 93 ff. Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 377,

144  So offenbar die Annahme des Bundesverfassungsgerichts: BVerfGE  100, 249 (261) und Schröder, Verwaltungsvorschriften in der gerichtlichen Kontrolle, S. 103.

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kann der Bundesrat die gesamte Verwaltungsvorschrift entweder billigen oder ablehnen. Die bloße Zustimmung zu einer ausformulierten Verwaltungsvorschrift eröffnet jedoch keine Möglichkeit der Einflussnahme auf deren Inhalt.145 Der Bundesrat kann nur den gesamten Regelungskomplex billigen, auf einzelne Regelungen kann er dabei keinen direkten Einfluss nehmen. Gleichwohl eröffnet das Erfordernis der Zustimmung die Möglichkeit politischen Einflusses auf den Inhalt einer Verwaltungsvorschrift. So ist eine Beteiligung der Länder bereits bei der Erarbeitung der Verwaltungsvorschrift sinnvoll, damit frühzeitig Belange der Länder berücksichtigt werden können, deren Nichtbeachtung einer Zustimmung durch den Bundesrat entgegenstünde. Damit ist eine Einbeziehung der Länder bereits vor der Bundesratszustimmung angelegt. Einen Anspruch auf Einbringung externen Sachverstands beim Entwurf der Verwaltungsvorschrift bietet das Zustimmungserfordernis als späte Form der Bundesratsbeteiligung jedoch nicht.146 Jedoch könnte das Zustimmungserfordernis eine verstärkte Koordinierung und Kooperation zwischen Bund und Ländern bedingen. Zwar besteht das Zustimmungserfordernis auch im Rahmen der landeseigenen Verwaltung gemäß Art. 84 Abs. 2 S. 1  GG. Die enge Zusammenarbeit von Bundes- und Länderebene tritt dem Anschein nach jedoch vor allem im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung auf, wo die Koordinierung der Bundes- mit der Länderverwaltung eine besondere Bedeutung hat. Dem Zustimmungserfordernis kommt somit die Funktion zu, diese Zusammenarbeit verfassungsrechtlich abzusichern. Der Bundesrat als Vertretung der Länder scheint für diese Aufgabe der Steuerung zwischen Bundes- und Länderverwaltung das berufene Organ zu sein. 2. Vorgaben der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien und der Geschäftsordnung der Bundesregierung zum Erlass von Verwaltungsvorschriften Auf untergesetzlicher Ebene richtet sich das Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften der Bundesregierung nach der Gemein­ 145  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 184. Zu den Entsorgungsgrundsätzen im Atomrecht auch Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 59 f., nach dem die bloße Zustimmung des Bundesrates hinter der Konsens- und Legitimationswirkung eines gemeinsamen Beschlusses von Bund und Ländern zurückbleibt, zumal die Zustimmung des Bundesrates bereits bei der Zustimmung der Mehrheit seiner Mitglieder erteilt ist, vgl. Art. 52 Abs. 3 S. 1  GG. 146  F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (61. Ergl. 2011) Rn. 184.



§ 17  Die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG  193

samen Geschäftsordnung der Bundesministerien (GGO).147 § 70 Abs. 1 S. 2  GGO verweist hierzu auf die §§ 42 Abs. 7, 44, 45, 47, 48, 49, 51 und 61 Abs. 1 und 2 GGO. Diese Vorgaben zur Vorbereitung von Gesetzesvorlagen, zur Beteiligung und Unterrichtung anderer Stellen, zur Vorlage der Gesetzesvorlagen sowie deren Prüfung und Berichtigung finden auf Verwaltungsvorschriften entsprechende Anwendung. Nach § 47 Abs. 1 S. 1  GGO ist der Entwurf einer Verwaltungsvorschrift den Ländern möglichst frühzeitig zuzuleiten, wenn ihre Belange, so zum Beispiel im Verwaltungsvollzug, berührt sind. Hinsichtlich der Erarbeitung der Verwaltungsvorschriften verweist § 69 Abs. 2 GGO auf das vom Bundesministerium des Innern herausgegebene Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Darin ist auch die Richtlinie der Bundesregierung zur Gestaltung, Ordnung und Überprüfung von Verwaltungsvorschriften des Bundes (VwVR) vom 20. Dezember 1989148 abgedruckt und erläutert. Die Geschäftsordnung der Bundesregierung (GOBReg)149 sieht weitere für den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften relevante Bestimmungen vor. Gemäß § 15 Abs. 1 lit. e) GOBReg sind der Bundesregierung alle Angelegenheiten zuzuleiten, für welche das Grundgesetz eine Beratung und Beschlussfassung der Bundesregierung vorsieht. Gemäß § 20 Abs. 1 GOBReg werden Beschlüsse in der Regel in gemeinschaftlicher Sitzung gefasst. Ist eine mündliche Beratung der Angelegenheit nicht erforderlich, wird die Zustimmung der Mitglieder der Bundesregierung gemäß § 20 Abs. 2 GOBReg im schriftlichen Umlaufverfahren eingeholt. Die Bundesregierung ist gemäß § 24 Abs. 1 GOBReg beschlussfähig, wenn einschließlich des Bundeskanzlers die Hälfte der Bundesminister anwesend ist, gemäß § 24 Abs. 2 S. 1 GOBReg werden Beschlüsse mit der Mehrheit der Stimmen gefasst. Aus den vorgenannten Vorschriften ergibt sich somit folgendes, bislang auch bei der Überarbeitung der BAföGVwV praktiziertes Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften:150 Zunächst fertigt das zuständige Bundesministerium auf Referentenebene einen ersten Entwurf der Verwaltungsvorschrift an. Dieser wird mit den anderen Referaten des Ministeriums abgestimmt und sodann den zuständigen Landesbehörden entsprechend § 47 Abs. 1 S. 1  GGO zugeleitet. Um bereits im Vorfeld der dazu Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 459 ff. S. 39 ff. 149  GMBl. 1951, S. 137 ff. 150  Eine Übersicht zum Verfahren beim Erlass von allgemeinen Verwaltungsvorschriften durch den Bund findet sich auch in Bundesministerium des Innern, Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, S. 173 ff. (Annex 5). 147  Vgl.

148  GMBl. 1990,

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Bundesratszustimmung einen Konsens zwischen Bund und Ländern zu sichern und so zu vermeiden, dass der Bundesrat seine Zustimmung zu dem Entwurf verweigert oder von weiteren Maßgaben abhängig macht, wird der Referentenentwurf im Rahmen einer Sitzung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung mit den Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung abgestimmt.151 Hier werden technische Fragen des Gesetzesvollzugs beraten, während politische Grundsatzentscheidungen regelmäßig den Gesetzgebungsorganen vorbehalten bleiben.152 Die Vertreter der Länderbehörden können noch vor der Beschlussfassung des Bundesrates ihre Vorschläge zu dem Entwurf und damit die Verwaltungserfahrung auch ihrer nachgeordneten Behörden einbringen.153 Diese Abstimmung der Bundesvorlagen mit den Ländern bezeichnet Oeter154 als für den kooperativen Föderalismus charakteristisch. Sie ist notwendig, um für die Verwaltungspraxis tragbare Lösungen zu finden und entschlackt zudem das Verfahren zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften.155 Der endgültige Entwurf wird gemäß § 45 Abs. 1 S. 1  GGO erneut mit den betroffenen Ressorts anderer Bundesministerien beraten und den Länderbehörden zugeleitet. Der abgestimmte Entwurf wird dann vom Bundesministerium für Bildung und Forschung als Ministervorlage an das Bundeskabinett übersandt und mit dessen Beschluss gemäß § 20 GOBReg dem Präsidenten des Bundesrates zugeleitet. Dieser überweist die Vorlage nach § 36 der Geschäftsordnung des Bundesrates (GO BR) an die Fachausschüsse des Bundesrates, welche gemäß §§ 36 ff. GO BR über diese beraten und eine Empfehlung abgeben. Nach dem zustimmenden Beschluss des Bundesrates wird die Verwaltungsvorschrift vom Bundesminister für Bildung und Forschung unterzeichnet und im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht. Die Zustimmung des Bundesrates bildet so den Schlussstein einer bereits im Erarbeitungsprozess der Vorlage einsetzenden Abstimmungsprozesses.156 Aufgrund dessen ist ein 151  Vgl. zum Verfahren allgemein Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 25 f.; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 39; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 135. Vgl. zum Verfahren in der Steuerauftragsverwaltung Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (29). 152  Vgl. Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 41. 153  Vgl. Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 43 f., 69; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 91. 154  ThürVBl. 1997, 28 f. 155  Vgl. Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 41. 156  Vgl. Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 41.



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Scheitern einer Verwaltungsvorschrift im Zustimmungsverfahren regelmäßig nicht zu erwarten. Zu beachten ist jedoch, dass diese Vorgaben untergesetzlicher Natur sind. Einer Abweichung von ihnen kommt in verfassungsrechtlicher Hinsicht somit keine Relevanz zu157, es lässt jedoch Rückschlüsse auf die Regelungspraxis im Bund-Länder-Verhältnis zu. 3. Verfahren bei der Überarbeitung der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG Aufgrund des langen Zeitraums seit der letzten Revision der BAföG­ VwV war diese eines der zentralen Anliegen, welches der Normenkontrollrat in seinem Projekt „Einfacher zum Studierenden-BAföG“ aussprach158 und welches auch vom Bundesrat im Rahmen seiner Stellungnahme zum 23. BAföGÄndG zum Ausdruck gebracht wurde.159 Der Bundesrat forderte dabei explizit eine gemeinsame Überarbeitung des Regelungswerks mit den Ländern. Der Bericht des Normenkontrollrates war somit ein Anlass für die Überarbeitung, welche zuvor wohl an der mangelnden Personalausstattung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung scheiterte und daher nur unter Mithilfe der Länder und Studentenwerke erreicht werden konnte.160 Im Gegensatz zu den Vorgaben des förmlichen Verfahrens nach der GGO und der bisherigen Regelungspraxis ist das Verfahren zum Erlass der BAföGVwV bei der aktuellen Überarbeitung der Verwaltungsvorschriften modifiziert worden. Während zuvor die Beteiligung der Ländervertreter erst nach Erarbeitung einer ersten Vorlage durch das Ressortministerium erfolgte, wurden im Rahmen der letzten Überarbeitung auf Bitten des Bundes auch Vertreter der Länderbehörden und in deren Auftrag Praktiker aus den Ämtern für Ausbildungsförderung in die Ausarbeitung der Vorlage des Bundesministeriums für Bildung und Forschung einbezogen.161 Diese erarbeiteten in drei nach Themenschwerpunkten aufgeteilten Arbeitsgruppen einen 157  So sieht auch Schäfer, Der Bundesrat, S. 31 diese Vorberatung als unbedenklich an, da es sich bei den Entwürfen noch nicht um die endgültige Regierungsvorlage handelt. 158  Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 14, 130, 146 f. 159  BT-Drs.  17 / 1941, Anlage 4, S. 13. 160  Vgl. Interview mit Bernhard Börsel, Referatsleiter Studienfinanzierung und Bildungspolitische Fragen beim Deutschen Studentenwerk, mit radioq vom 30.4.2013. 161  Pressemitteilung des Deutschen Studentenwerks vom 24.4.2013; BR-Drs. 551 / 13, S. 1.

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Entwurf der neuen BAföGVwV und konnten so ihren Sachverstand und das Problembewusstsein aus der Praxis direkt in der Phase der Entwurfserarbeitung einbringen. Dieser wurde anschließend mit den Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung abgestimmt.162 Dadurch entstand ein Entwurf der BAföGVwV, der insbesondere die Bedürfnisse der Verwaltungspraxis berücksichtigt. Hierbei handelt es sich ebenso wie bei der Arbeit der Formblatt-Kommission um eine personalintensive Aufgabe. So müssen sowohl die bislang unberücksichtigten Novellierungen des BAföG und anderer Gesetze eingearbeitet werden, als auch die neuere Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte sowie die inzwischen herausgegebenen Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und die Protokollnotizen der Sitzungen der OBLBAfö berücksichtigt werden. Dabei werden auch die bisher in Erlassen und Rundschreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vertretenen Rechtsauffassungen zu den Regelungen der Verwaltungsvorschrift überprüft, um sie im Rahmen der überarbeiteten Verwaltungsvorschrift einer umfassenden und in sich stimmigen Auslegung zuzuführen.163 In der abschließenden Sitzung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe am 04.  Oktober 2012 wurde ein erster Entwurf der BAföGÄndVwV 2013 vorgelegt, welcher mit den Ländern weiter abgestimmt164 und am 20. September 2013 vom Bundesrat beschlossen wurde165. Die BAföGVwV 2013 umfasst rund 640 Teilziffern, ist somit dem Umfang nach mit dem vorherigen Regelungswerk vergleichbar.166 Durch die gemeinsame Erarbeitung der BAföGVwV durch Bund und Länder werden Reibungsverluste vermieden und die Stellung der Länder im Erlassverfahren insgesamt aufgewertet. Das gewählte Verfahren der Überarbeitung der BAföGVwV ist somit Ausdruck der Tendenz, einseitige Anordnungen des Bundes gegenüber den Ländern zugunsten einer kooperativen Praxis zu vermeiden.167 Statt einer direktiven Vorgabe der verwaltungsinternen Anordnungen werden diese gegenseitig erarbeitet. Die Kooperation auf der Entwurfsebene stellt damit eine Alternative zum koordinierten Erlass inhaltsgleicher Verwaltungsvorschriften durch die Länder wie bei den Ersten 162  BR-Drs.  551 / 13,

S. 1. der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.03.2012 in Berlin, S. 7 für die Auffassung von § 7 Abs. 1a BAföG als lex specialis für die Förderung von Masterstudiengängen. 164  Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs.  17 / 11099, S. 6. 165  BR-Drs. 551 / 13 (Beschluss). 166  Pressemitteilung des Deutschen Studentenwerks vom 24.4.2013. 167  Vgl. allgemein Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 43 f. 163  Protokoll



§ 17  Die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG  197

Entwürfen einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift168 und anderen konsensualen Regelungspraktiken dar. Gleichwohl ist die Kooperation in der Entwurfsphase nicht zwingend flexibler als das Verfahren der Erarbeitung einer Verwaltungsvorschrift durch den Bund. Denn gerade die Kooperation unter Abstimmung mit Beteiligten aller Ebenen ist schwerfällig und zeitaufwändig.169 III. Pflicht zur Erarbeitung allgemeiner Verwaltungsvorschriften Aufgrund der langen Phase seit der letzten Überarbeitung der BAföG­ VwV im Jahr 2001 stellt sich die Frage, ob die Bundesregierung verpflichtet ist, die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BAföG in regelmäßigen Abständen zu überarbeiten, um sie an neue Entwicklungen anzupassen. Unter dem Aspekt der Einheitlichkeit des Vollzugs, welcher durch die Verwaltungsvorschrift sichergestellt werden soll, ist somit fraglich, ob eine Verpflichtung des Bundes zum Erlass neuer Verwaltungsvorschriften besteht. Dies läuft auf die Frage hinaus, wie föderales Prinzip und Gleichheitssatz im sozialen Bundesstaat zum Ausgleich gebracht werden müssen. Zwar sind Vollzugsdifferenzen als Reibungsverluste des Verwaltungsvollzugs im föderalen Staat angelegt, fraglich ist jedoch, bis zu welchem Grad diese akzeptiert werden müssen.170 Durch Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG wird die Bundesregierung zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften ermächtigt, hierzu jedoch nicht verpflichtet. Grundsätzlich steht der Erlass von Verwaltungsvorschriften nach dem Zweck und Wortlaut der Vorschrift („kann … erlassen“) in ihrem Ermessen.171 Bleibt sie untätig, so verbleibt die Zuständigkeit und Verantwortung für den Gesetzesvollzug bei den Ländern172, welche darüber hinaus auch im Rahmen bestehender Verwaltungsvorschriften zum Erlass eigener verwaltungsinterner Regelungen gegenüber den ihrer Geschäftsleitung und Dienstgewalt unterworfenen Landesbehörden ermächtigt sind.173 168  Dazu

unten § 18 B. I. 1. b) bb). auch Blümel, AöR 93 (1968), 200 (238); sowie zur Steuerauftragsverwaltung Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 123 f. 170  Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 123 f. 171  BVerfGE 11, 6 (18); Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 42; Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 40; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 84 Rn. 31; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (226 f.); Antoni, AöR  114 (1989), 220 (245). 172  Grawert, Verwaltungsabkommen, S. 221. 173  Stern, Staatsrecht II, S. 804; Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 375. 169  Vgl.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Gleichwohl erscheint eine Pflicht zum Erlass von Verwaltungsvorschriften aufgrund der Verantwortung des Bundes zur Sicherung des bundeseinheitlichen Vollzugs im Einzelfall nicht ausgeschlossen, wenn die Ausführung der Gesetze nicht auf andere Weise sichergestellt werden kann.174 So erkannte das Bundesverfassungsgericht in einigen Entscheidungen175 die Pflicht der Länder an, untereinander für einen bundeseinheitlichen Vollzug der Bundesgesetze zu sorgen. Das Gericht beklagte ein wesentliches Gefälle im Rahmen des Landesvollzugs der Bundesgesetze und verpflichtete die Länder daher, ihren Vollzug entsprechend zu koordinieren. Daneben besteht im Rahmen des auftragsweisen Vollzugs von Bundesgesetzen eine Pflicht des Bundes zur übergeordneten Koordination der Vollzugstätigkeit der Länder.176 Eine solche Pflicht des Bundes zur Sicherung der Einheitlichkeit des Vollzugs nimmt Löwer177 auch für den Bereich der bundeseigenen Verwaltung an, obwohl Art. 86 GG keine Aussage zu Steuerungsmöglichkeiten des Bundes für diesen Bereich trifft. Hier ergibt sich die Möglichkeit zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften vielmehr aus der Geschäftsleitungs- und Organisa­ tionsgewalt der Bundesministerien über die ihnen nachgeordneten Behörden. Die ihm verfassungsrechtlich verliehenen Kompetenzen können den Bund somit zu einem steuernden Eingreifen verpflichten. Offen bleibt hingegen, auf welche Art und Weise der Bund seiner Verpflichtung zur Sicherung eines Mindestmaßes an Einheitlichkeit des Gesetzesvollzugs nachkommen muss.178 Neben dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften könnte dies auch im Wege von Weisungen nach Art. 85 Abs. 3 GG geschehen. Werden letztere indessen mit der hier vertretenen Ansicht als einzelfallbezogene Anweisungen verstanden179, stellen sie kein adäquates Mittel zur umfassenden Lenkung der Vollzugstätigkeit der Länder dar. Jedoch ist den verfassungsrechtlichen Bestimmungen auch unter Anerkennung einer grundsätzlichen Pflicht zur Koordinierung des Ländervollzugs keine Aussage darüber zu entnehmen, dass eine solche zwingend im Wege der verfassungsrechtlich vorgesehenen Einwirkungsrechte erfolgen muss. So bleibt festzuhalten, dass die Einheitlichkeit des Gesetzesvollzugs für den Bereich der Ausbildungs174  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 91; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 84 Rn. 30; Antoni, AöR 114 (1989), 220 (245). Vgl. auch Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (21. Ergl. 2007) Rn. 21. A. A. hingegen Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 84 Rn. 81. 175  BVerfGE  11, 6 (18); 90, 145 (190 f.). 176  Vgl. zur Steuerauftragsverwaltung Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 123 ff. m. w. N. 177  Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 125. 178  Vgl. auch Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 42. 179  Dazu § 8 E. II. 2.



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förderung trotz mangelnder Überarbeitung der BAföGVwV bislang nicht grundsätzlich gefährdet erschien. Der Bund kommt seiner Pflicht zur Sicherung der Einheitlichkeit des Vollzugs hier vor allem abseits der verfassungsrechtlich vorgesehenen Ingerenzrechte durch Mittel der Kooperation mit den Länderbehörden nach.180 IV. Bewertung der Praxis der allgemeinen Verwaltungsvorschriften Abschließend ist festzustellen, dass die Bedeutung der Verwaltungsvorschriften im Rahmen des BAföG-Vollzugs aufgrund der langen Zeitspanne seit der letzten Überarbeitung der BAföGVwV gering erscheint. Auf den ersten Blick bedient sich der Bund dieses Einwirkungsrechts somit nur sehr zurückhaltend.181 Gleichwohl ist damit noch keine Aussage über die Intensität der Steuerungswirkung auf den Ländervollzug getroffen, vielmehr bedarf es dazu der Berücksichtigung ihres Inhalts im Zusammenhang mit weiteren Regelungs- und Steuerungsmechanismen.182 Angesichts des großen Umfangs der BAföGVwV stellt diese auch ohne regelmäßige Aktualisierung eine grundlegende Vorgabe für den Vollzug des BAföG dar, auf welche weitere Anordnungen Bezug nehmen. Ohne sie wäre das Gesetz in der Praxis nur schwer zu vollziehen. Die BAföGVwV gibt der Verwaltung handhabbare Kriterien zur Anwendung des Gesetzes vor. Insgesamt kommt der Verwaltungsvorschrift zum BAföG in der Verwaltungspraxis eine besondere Bedeutung zu, welche die Bedeutung der Verwaltungsvorschriften in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung deutlich übersteigt.183

B. Weisungen zum Vollzug des BAföG Der Wahrnehmung des Weisungsrechts nach Art. 85 Abs. 3 GG könnte in der Förderungsverwaltung eine besondere Bedeutung zukommen, da die 180  Dazu

§ 18. in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101

181  Blümel,

Rn. 56. 182  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 45. Vgl. zur Bundesfernstraßenverwaltung auch Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S.  116 f. 183  Vgl. Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 406, nach welchem in der Ausbildungsförderung gegenüber anderen Bereichen der Auftragsverwaltung „in großem Umfang mit Allgemeinen Verwaltungsvorschriften gearbeitet wird“.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

BAföGVwV zwar einen Teil zur Präzisierung des allgemein gefassten BAföG beitragen, viele Einzelfragen gleichwohl ungeregelt lassen. I. Die Bedeutung von Regelungen mit Weisungscharakter beim Vollzug des BAföG Wie das Bundesverfassungsgericht in seiner Kalkar II-Entscheidung184 feststellte, stellen Weisungen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung das reguläre Einwirkungsmittel des Bundes auf die Verwaltung der Länder dar. Aufgrund des Weisungsrechts hat der Bund die Möglichkeit, im Einzelfall Regelungen für den Vollzug des BAföG zu treffen. Dabei ist er nicht nur auf Bestimmungen verfahrensrechtlicher Natur beschränkt, ihm steht auch die Beurteilung einzelner Fälle zu. So kann der Bund im Wege der Weisung im Einzelfall die Auslegung des BAföG oder die Ausübung von Ermessensentscheidungen vorgeben.185 Eine wissenschaftliche Aufarbeitung der Praxis des Weisungserlasses im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung ist bislang nicht erfolgt. Dies dürfte auch daran liegen, dass neben den Verwaltungsvorschriften keine weiteren verwaltungsinternen Regelungsinstrumente in offiziellen Veröffentlichungsorganen allgemein zugänglich gemacht werden. II. Der Mangel an Weisungen im Bereich der Ausbildungsförderungsverwaltung Nach den Angaben im Schrifttum ist vom Ingerenzrecht der Weisung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung allgemein bislang kaum Gebrauch gemacht worden. Dieser zurückhaltende Einsatz des Weisungsrechts trägt der Eigenständigkeit der Aufgabenwahrnehmung durch die Länder Rechnung.186 Diese üben ihre Wahrnehmungskompetenz weitgehend ohne Beeinflussung durch den Bund aus. Auch im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung sind nach Auskunft des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bislang keine förmlichen Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG ergangen. Anders als 184  BVerfGE 81,

310 (332). Die Studentenwerke, S. 140. 186  Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 17; sich diesem anschließend Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S. 80 f.; zur Bedeutung des Weisungsrechts ebenso Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 143. 185  Akova,



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Wolst187 für die Praxis der Fernstraßenverwaltung feststellt, sind Weisungen im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung also keinesfalls Alltagsgeschäft. Angesichts der Bedeutung des Weisungsrechts und seiner umfassenden Behandlung im Schrifttum verwundert dieser Befund, welcher vergleichbar auch für den Bereich des Elterngeldes feststellbar ist. Gleichwohl stellt sich das hierarchisch geprägte Weisungsrecht als ultima ratio dar, sodass bei Bedarf darauf zurückgegriffen werden kann.188 So besteht die Wirksamkeit hierarchischer Aufsichtsinstrumente nicht allein in der Verwendung zwingender Anordnungen, sondern hat bereits in ihrer Reservefunktion steuernde Wirkung.189 Sie können somit als fleet in being bezeichnet werden.190 Dem Weisungsrecht kommt somit vornehmlich ein mahnender Charakter zu. Wie groß diese Wirkung ist, wenn das Weisungsrecht systematisch nicht zur Anwendung kommt, bleibt jedoch fraglich. III. Surrogate des Einzelweisungsrechts im Bereich der Massenverwaltung An Stelle des Weisungsrechts gibt es jedoch eine Vielzahl weiterer Steuerungsmechanismen. Surrogate der förmlichen Weisungen gemäß Art. 85 Abs. 3 GG könnten dabei die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sein. So empfiehlt das Bundesministerium des Innern den Obersten Bundesbehörden mit Verweis auf den Grundsatz länderfreund­ lichen Verhaltens „allgemeinere Vorgaben [im Rahmen der Bundesaufsicht] zunächst in der Form rechtlich unverbindlicher allgemeiner Empfehlungen […] zu machen“.191 Sollten diese nicht befolgt werden, könne im konkreten Fall eine Einzelweisung zu ihrer Durchsetzung erfolgen. Auf diese Weise können auch abstrakt-generelle Vorgaben im Einzelfall verbindlich umgesetzt werden. Diese Empfehlung entspricht der gängigen Praxis in der Ausbildungsförderungsverwaltung.192 Das ministerienübergreifende gleich187  Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 119; ebenso Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 46; deren Aussagen jedoch die Vermutung nahelegen, dass sie auch extrakonstitutionelle Regelungen in die Bestandsaufnahme der Weisungen einbezogen haben; vgl. auch Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 59. 188  Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S. 81; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 40; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 190 verweist hingegen darauf, dass sie reguläres Mittel der Streitbeilegung ist. 189  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 153 f. 190  Vgl. dazu § 19 B. II. 2. 191  Vom 31.5.2011; Az.: O1-131 010 / 2. 192  Näher hierzu § 18  B. I. 2. b) cc).

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

förmige Verwaltungshandeln in rechtlich unverbindlicher Form scheint daher auf eine einheitliche Empfehlung zurückzugehen. Diese Empfehlung dürfte nicht nur dem föderalen Verhältnis zwischen Bund und Ländern, sondern insbesondere der Unsicherheit hinsichtlich des Umfangs des Weisungsrechts geschuldet sein. Um etwaige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, werden die Obersten Bundesbehörden als Kompromiss auf rechtlich unverbindliche Regelungsinstrumente verwiesen. Dieses Vorgehen dient nicht nur der Ausdehnung des Bundeseinflusses über die in Art. 85 GG zugewiesenen Kompetenzen hinaus. Vielmehr offenbart es die Fragwürdigkeit einer Verwaltungssteuerung durch Einzelweisungen im Bereich des Vollzugs der Geldleistungsgesetze als einer Materie der Massenverwaltung. Während die Weisungen im Bereich der Kernenergieverwaltung jeweils besondere Einzelfragen des Gesetzesvollzugs betrafen, kommen solche Fragen im Rahmen einer Massenverwaltung wie der Ausbildungsförderungsverwaltung praktisch nicht vor. Denn auch sehr spezifische Förderungsvoraussetzungen können in zukünftigen Fällen weiterer Leistungsempfänger vorliegen, weshalb diesbezügliche Entscheidungen allgemein formuliert werden um auch auf diese Fälle Anwendung zu finden. Für diese Materien ist das Weisungsrecht nach seiner ursprünglichen Konzeption als Einzelweisungsrecht nicht geeignet. So gibt Art. 85 GG die Ausgestaltung der Ingerenzrechte mit Ausnahme sachgebietsspezifischer Spezialregelungen einheitlich vor. Eine abweichende Interpretation des Weisungsrechts für den Bereich des Vollzugs der Geldleistungsgesetze ist daher ausgeschlossen. Als Instrument zur Steuerung einer Massenverwaltung erweist sich das Einzelweisungsrecht somit als unzweckmäßig. Angesichts der großen Anzahl, jedoch vergleichsweise geringen Bedeutung des einzelnen Förderungsfalls bieten sie keine zweckmäßige Möglichkeit der nachträglichen Berichtigung des einzelnen Leistungsfalls. Zudem erscheint es unwahrscheinlich, dass sich das zuständige Bundesministerium beim Vollzug eines Geldleistungsgesetzes in die Bearbeitung einzelner Leistungsfälle einschaltet. Die die Bundesauftragsverwaltung kennzeichnende Bundesingerenz bleibt hier ohne Bedeutung. Mit der Erweiterung der auftragsweise zu vollziehenden Materien auf die Geldleistungsgesetze trat ein Systemfehler im föderalen Gefüge der Bundesauftragsverwaltung auf. So ist nicht verwunderlich, dass vom Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung bislang kein Gebrauch gemacht wurde.



§ 17  Die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG  203

IV. Der Verzicht des Bundes auf die Wahrnehmung des Weisungsrechts Ein solcher Verzicht auf die Wahrnehmung des Weisungsrechts könnte jedoch verfassungsrechtlich unzulässig sein.193 Die Befugnis zum Erlass von Weisungen gemäß Art. 85 Abs. 3 GG stellt, ebenso wie das Recht zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften, lediglich eine Ermächtigung des Bundes dar. Eine entsprechende Verpflichtung, diese Rechte auszuüben, besteht aufgrund der bloßen Bereitstellung der Einwirkungsrechte durch die Verfassung nicht.194 Die Ausübung des Weisungsrechts steht somit grundsätzlich im Ermessen des jeweiligen Bundesministers.195 Zur Begründung wird teilweise auf den Wortlaut des Art. 85 Abs. 3 GG verwiesen, andere stellen hingegen auf das Opportunitätsprinzip der Verwaltung ab, weshalb keine grundsätzliche Pflicht des Bundes zum Handeln bestehe.196 Vielmehr bleiben die Länder für die primäre Steuerung des Verwaltungshandelns verantwortlich.197 Den Einwirkungsrechten des Bundes kommt zudem kein individualschützender Charakter zu. Dritte haben daher keinen Anspruch auf die Erteilung einer Weisung durch den Bund, erst Recht nicht auf den Erlass einer Weisung bestimmten Inhalts.198 Auch die Länder haben aufgrund ihrer eigenverantwortlichen Wahrnehmungskompetenz keinen Anspruch auf Erlass einer Weisung.199 Wenn der Bund auch hier, wie sich im Folgenden zeigen wird, auf unverbindliche Regelungen setzt und damit auf die Nutzung seines Weisungsrechts verzichtet, entfaltet dieser Verzicht für die Zukunft keine Sperrwirkung gegenüber der Setzung einseitig verbindlicher Regeln.200 So bedarf der Erlass einer Weisung trotz bestehender unverbindlicher Regelung oder zu deren Durchsetzung im Einzelfall201 keiner weiteren Begründung. 193  Vgl. für BMF-Schreiben Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S.  208 ff. 194  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 123. Zu den vergleichbaren Vorschriften der Art. 84 Abs. 2 und  5  GG Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 91. 195  Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 130. 196  Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 75; Pera, NVwZ 1989, 1120 (1121). 197  Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (21. Ergl. 2007) Rn. 21. 198  Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 85 Rn. 30; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 84 Rn. 18; Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417, 434). 199  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 135. 200  Vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 123. 201  Im Rahmen der frühen Entwürfe Allgemeiner Verwaltungsvorschriften zum BAföG wurde dies sogar ausdrücklich vorbehalten, vgl. Bek. v. 24.9.71 d. Rdschr. v. 20. 7.71 – J 3 – 1982 – 1.2 –, GMBl. 1971 S. 390; Rdschr. d. BMJFG v. 13.10.1971

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Gleichwohl kann die Pflicht zum bundesfreundlichen Verhalten besondere Anforderungen an eine Änderung der Verwaltungspraxis stellen, welche über die formellen Voraussetzungen zum Erlass von Weisungen hinausgehen. So darf sich das Bundesministerium zum Inhalt seiner vorherigen Erlasse nicht in Widerspruch setzen. Jedoch besteht neben diesen unverbindlichen Maßnahmen zumeist auch kein praktisches Interesse, weitere Regelungen in Form von Weisungen zu erlassen. Trotz der jahrzehntelangen Praxis des Bundes, das Weisungsrecht im Bereich der Ausbildungsförderungsverwaltung nicht auszuüben, dürfte diese Untätigkeit aufgrund des Grundsatzes der Bundestreue einer zukünftigen Ausübung des Weisungsrechts nicht entgegenstehen, mithin keine Sperrwirkung entfalten, wie sie für die BMF-Schreiben im Bereich der Steuerauftragsverwaltung verschiedentlich diskutiert wurde.202

§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG Aufgrund der Schwierigkeiten beim Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften hat der Bund bislang eher zurückhaltend von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, den Gesetzesvollzug im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung durch Verwaltungsvorschriften zu regeln.203 Sie dienen vor allem der grundsätzlichen Konkretisierung des Gesetzes. Aber auch der Möglichkeit zur Steuerung des Gesetzesvollzugs durch Weisungen im Einzelfall hat sich der Bund im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung bislang nicht bedient. Aufgrund ihres Einzelfallbezugs stellen sie keine zweckmäßige Form der Verwaltungssteuerung dar.204 Der Bund scheint hier seine Einwirkungsbefugnisse weitgehend ungenutzt zu lassen, obwohl gerade diese als Charakteristikum der Bundesauftragsverwaltung gelten.205 i. d. Bek. v. 5.1.1972 – J 3 – 1982 – 14 –, GMBl. 1972 S. 54; Rdschr. v. 30.11.1971 i. d. Bek. v. 5.1.1972 – J  3 – 1982 – 14  –, GMBl.  1972, S. 54; RdSchr. d. BMJFG v. 10.5.1972 – J  3 – 1982 – 14.2 –, GMBl.  1972, S. 390; RdSchr. v. 10.11.1972 – J  3 – 30 – 4 –, GMBl.  1972, S. 677; Bek. v. 27.3.73 d. RdSchr. d. BMJFG v. 20.2.1973 – J 3 b – 30 – 5 –, GMBl. 1973, S. 181; RdSchr. d. BMBW v. 22.7.1974 – II A 3 – 30 – 6 –, GMBl. 1974, S. 374; RdSchr. d. BMBW v. 14.11.1974 – II A 4 – 30 – 7 –, GMBl. 1975, S. 68. 202  So Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 600. 203  Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 379; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (202); von Danwitz, DÖV 2001, 353 (355). Vgl. auch Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 95. 204  Vgl. Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 381. 205  Vgl. § 8 E. II.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG205

Der Befund Kölbles206, dass der Bund die ihm gewährten Einwirkungsmöglichkeiten in der Verwaltungspraxis nicht ausschöpfe, hat sich folglich auch für den Bereich der Ausbildungsförderungsverwaltung bestätigt. So hat sich dort, wie in vielen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung, eine auf Koordinierung zwischen Bund und Ländern basierende Regelungspraxis etabliert.207 Die vielfältigen Formen konsensualer Aufgabenwahrnehmung208 tragen dem flexiblen Regelungsbedarf der Verwaltung einfacher Rechnung209 und lassen zudem eine gesteigerte Berücksichtigung der Empfindlichkeiten der Länder zu. Diese folgen Regelungen, an deren Erarbeitung sie selbst beteiligt waren, zumeist bereitwilliger als einseitigen Anordnungen.210 Die Kooperation ermöglicht den Ländern, ihren verwaltungspraktischen Sachverstand einzubringen und dient zudem der politischen Verantwortungsteilung zwischen mehreren Akteuren.211 So greifen die Länder auch in Bereichen der landeseigenen Verwaltung auf Vorgaben des Bundes zurück, wodurch eine zunehmende Vereinheitlichung des Gesetzesvollzugs bewirkt wird.212 Die Bedeutung der verfassungsrechtlich normierten Ingerenzrechte des Art. 85 GG muss somit im Zusammenhang mit weiteren Regelungsinstrumentarien bewertet werden.213 Damit ist fraglich, ob die förmlichen Ingerenzrechte des Bundes für alle Bereiche der Bundesauftragsverwaltung weiterhin praktikabel sind.214 Beispiele dieser Regelungsmechanismen zwischen Bund und Ländern in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung sollen im Folgenden vorgestellt und sodann die entsprechenden Regelungsformen in der Ausbildungsförderungsverwaltung näher beleuchtet werden. 206  Entwicklung der Bundesaufgaben und ihrer Finanzierung im Hinblick auf das Grundgesetz, S. 41, 53. 207  Vgl. Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 18; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 98, 123; Kölble, Entwicklung der Bundesaufgaben und ihrer Finanzierung im Hinblick auf das Grundgesetz, S. 41, 69; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 19; Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (29 f.); von Danwitz, DÖV 2001, 353 (355). 208  Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 195, spricht von „kon­sen­ tierte[n] Maßstäbe[n]“. 209  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 449. 210  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 122; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 137; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (236 f.) mit Verweis auf Schneider, Verträge zwischen Gliedstaaten, VVDStRL 19 (1961), S. 1, 21. 211  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 137; vgl. auch § 17 A. II. 1. c). 212  Für den Bereich der Straßenverwaltung vgl. § 18 A. II. 213  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 45. 214  Vgl. Kölble, Entwicklung der Bundesaufgaben und ihrer Finanzierung im Hinblick auf das Grundgesetz, S. 41, 69.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

A. Die kooperative Regelungspraxis als funktionelles Äquivalent der Einwirkungsrechte des Art. 85  GG Die Praxis koordinierter Ländererlasse zur Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis hat eine lange Tradition. Sie wurde im Rahmen der Steuerauftragsverwaltung schon vor der Großen Finanzreform von 1969 gepflegt215, mit welcher sie jedoch ihren Durchbruch erfuhr216. Die einschlägige Literatur bezieht sich auf die Gebiete der Kernenergie-, Bundesfernstraßen- und schließlich der Steuerauftragsverwaltung, welche dogmatisch auch in anderer Hinsicht am weitesten aufbereitet sind.217 Die Bezeichnung der jeweiligen Regelungsinstrumente variiert. So wird von Rundschreiben oder auch Richtlinien gesprochen.218 I. Die Regelung durch BMF-Schreiben in der Steuerauftragsverwaltung Wie aufgezeigt liegen die Anfänge der extrakonstitutionellen Regelungspraxis in der Steuerauftragsverwaltung. Unklarheiten über Umfang und Reichweite des Weisungsrechts trugen hier dazu bei, dass sich früh ein alternatives Regelungsinstrumentarium zu den Ingerenzrechten des Art. 85 GG etablierte.219 Denn während der Bund und auch der Bundesrechnungshof aufgrund des von Art. 84 Abs. 5  GG abweichenden Wortlauts von einem allgemeinen Weisungsrecht im Rahmen der Steuerauftragsverwaltung ausgehen220, interpretieren die Länder Art. 85 Abs. 3 GG aus systematischen 215  Vgl. hierzu Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 25 f., 69; Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S.  30 f., 82 f.; Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (29). 216  So Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (29). 217  Vgl. Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 136. 218  Hill / Martini, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 34 Rn. 37. 219  Dazu Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 174 f.; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 115 ff., 125 f.; Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 132 ff., insbes. S. 141; Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 20, 25, 32 ff.; Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (29). 220  Vgl. BT-Drs.  14 / 6716, Antwort vom 18.7.2001 auf eine Kleine Anfrage zur Rechtsnatur von BMF-Schreiben; Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295, 297 ff.; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 106; Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 32.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG207

Gründen im Sinne eines Einzelweisungsrechts.221 Allgemeine Weisungen seien nach der überkommenen Rechtsquellenlehre systematisch als Verwaltungsvorschriften einzuordnen.222 Eine letztverbindliche Auslegung der Verfassungsnormen kann nur das Bundesverfassungsgericht vornehmen.223 In der Praxis der Steuerverwaltung ist diese Unklarheit vom Bundesminister der Finanzen und den Obersten Finanzbehörden der Länder durch die Bund-Länder-Vereinbarung zur Erteilung allgemeiner Weisungen vom 15. Januar 1970224 unter Wahrung ihrer jeweiligen Rechtsstandpunkte einer pragmatischen Lösung zugeführt worden. Demnach werden im Einvernehmen mit den Obersten Finanzbehörden der Länder Schreiben des Bundesministers der Finanzen (sog. BMF-Schreiben) versandt, um die Gleichmäßigkeit des Steuervollzugs im Bereich der Bundesauftragsverwaltung zu verbessern.225 Durch die Bund-Länder-Vereinbarung wird das Verfahren zum Erlass der BMF-Schreiben in Grundzügen geregelt, im Übrigen hat sich eine einheitliche Verwaltungspraxis herausgebildet.226 Danach finden in mehreren Koordinierungsgremien auf Fachreferenten-, Abteilungsleiter- und Ministerebene Abstimmungen über Zweifelsfragen des Gesetzesvollzugs mit den Ländern statt. Neben dem Bereich der Bundesauftragsverwaltung werden in den Koordinierungsgremien auch entsprechende Vorgaben für den Bereich der landeseigenen Verwaltung abgestimmt, wodurch der Bund weitere Mitspracherechte erhält.227 Als Grundlage der Beratungen werden Entwürfe der Schreiben durch das Bundesministerium der Finanzen vorbereitet und zur Stellungnahme an die Länder übersandt sowie Tagesordnungen für die Sitzungen erstellt, aber auch Vorlagen der Länder selbst werden im Rahmen der Sitzung diskutiert.228 Damit kommen den Ländern in diesem Verfahren umfangreiche Mitspracherechte zu. So sieht die Vereinbarung vor, 221  Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 604; ­ eter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 447; Etscheid, O Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 223. Vgl. zu dieser Problematik § 8 E. II. 2. 222  Vgl. Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 221; Winkler, Verwaltungsträger im Kompetenzverbund, S. 121. 223  Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 114; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 224. 224  Vgl. den Wortlaut der Vereinbarung bei Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 36 f. 225  Monatsbericht des BMF, Oktober 2007, S. 43, 44. 226  Vgl. hierzu Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 38 ff. 227  Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 119 f., 123 ff.; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 450 f.; ders., ThürVBl. 1997, 28 (30). 228  Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 117; Oeter, Integration und Subsidiarität im

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

dass die BMF-Schreiben den Obersten Finanzbehörden der Länder nur mit Zustimmung der Mehrzahl der Länder zugeleitet werden.229 Inzwischen wurde diese Praxis durch § 21a FVG230 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt.231 Nach dessen Absatz 1 kann „das Bundesministerium der Finanzen mit Zustimmung der Obersten Finanzbehörden der Länder […] allgemeine fachliche Weisungen [erteilen]. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn eine Mehrheit der Länder nicht widerspricht.“ Während § 21a Abs. 3 FVG in seiner alten Fassung232 noch vorsah, dass die Bund-Länder-Vereinbarung für die Obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern verbindlich ist, bezieht sich die Verbindlichkeit nach der Änderung der Vorschrift nur noch auf die bilateralen Vollzugsziele des Absatzes 2. So konnten allgemeine Weisungen nach der alten Fassung der Vorschrift auch ohne explizite Zustimmung einzelner Länder Verbindlichkeit erlangen. Aufgrund der verfassungsrechtlich abschließend normierten Ingerenzrechte des Bundes ist hingegen zweifelhaft, ob die Bindungswirkung entsprechender Regelungen gesetzlich begründet werden kann. Wohl aufgrund der befürchteten Verfassungswidrigkeit des § 21a FVG233 wurde die Vorschrift im Rahmen des Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform234 wieder geändert. Die Schreiben werden im Bundessteuerblatt und zeitweise auf der Internetseite des Bundesministeriums der Finanzen veröffentlicht und in die JURIS-Datenbank eingepflegt.235 Zudem werden sie von den Obersten Landesbehörden gegenüber ihren nachgeordneten Behörden umgesetzt. Dies erfolgte lange durch bloße Weiterleitung der BMF-Schreiben oder durch eigene Erlasse der Länder mit Hinweis auf die zugrunde liegenden BMFdeutschen Bundesstaatsrecht, S. 448; Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 41. 229  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 40; Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 605; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S.  116 ff.; Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 141; Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295, 298; Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 34; Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 41; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 196, 224; Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (30). 230  Gesetz über die Finanzverwaltung (Finanzverwaltungsgesetz) in der Fassung der Bekanntmachung vom 4.4.2006 (BGBl. I S. 846, 1202), § 21a wurde durch Gesetz vom 5.9.2006 (BGBl. I S. 2089) eingefügt und mit Gesetz vom 10.8.2009 (BGBl. I S. 2702) geändert. 231  Vgl. Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 196. 232  § 21a i. d. F. des Art. 12 Nr. 4 des Föderalismusreform-Begleitgesetzes vom 5.9.2006 (BGBl. I S. 2098). Vgl. hierzu auch Sauerland, DStZ 2007, 668 (673). 233  Sauerland, DStZ 2007, 668 (673). 234  Vom 10.8.2009 (BGBl. I S. 2702). 235  Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 42.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG209

Schreiben.236 Inzwischen haben alle Länder Generalerlasse erlassen, wonach die im Bundessteuerblatt veröffentlichten BMF-Schreiben unmittelbar anzuwenden sind.237 Die Transformation der BMF-Schreiben in eigene Verwaltungsvorschriften der Länder ist anders als im Fall formeller Ingerenzrechte nach Art. 85 GG notwendig, da abseits der förmlichen Einwirkungsrechte nur die Obersten Landesbehörden gegenüber ihren nachgeordneten Behörden anordnungsbefugt sind.238 Zumeist wurden die BMF-Schreiben durch die nachgeordneten Finanzbehörden jedoch auch ohne entsprechenden Transformationsakt wie verbindliche Verwaltungsvorschriften behandelt und bereits vor einer entsprechenden Anweisung durch die Obersten Finanzbehörden im Vollzug beachtet.239 Trotz Einvernehmens der Mehrheit der Länder begründet die Abstimmung zwischen Bund und Ländern keine rechtliche Verbindlichkeit der BMFSchreiben. Sie stellen vielmehr rein faktische Steuerungsinstrumente dar.240 Erst ihre Transformation in landesrechtliche Regelungen durch die Obersten Landesbehörden begründet eine Bindungswirkung gegenüber den nachgeordneten Behörden.241 Bislang wichen die Länder nur in Einzelfällen von den Vorgaben der BMF-Schreiben ab, was jedoch seitens des Bundes ohne Konsequenzen blieb.242 Die erforderliche Transformation der Vorgaben er236  Monatsbericht des BMF, Oktober 2007, S. 43, 45; Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 606; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 448; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 182; Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (30). Vgl. näher zu dieser Praxis Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 86. 237  Monatsbericht des BMF, Oktober 2007, S. 43, 45. Vgl. die gleich lautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 9.4.2013, identisch mit BMFSchreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9.4.2013, Az.: IV  A  2-O 2000 / 12 / 10001, 2013 / 0110996. 238  Monatsbericht des BMF, Oktober 2007, S. 45. 239  Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 119. Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 448, 450 spricht hier von „letztlich rein formale[n] Akte[n] […], die nur der Wahrung des länderseitigen Rechtsstandpunktes dienen“; vgl. ders., ThürVBl. 1997, 28 (30). 240  Zum Streit um die Rechtsnatur der BMF-Schreiben Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 605 ff.; Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 142 f.; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 182; Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 59 ff., zur Einordnung der Schreiben als allgemeine Verwaltungsvorschriften S.  207 ff.; Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 34 f. 241  Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 119. 242  Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 608.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

höht jedoch die ohnehin große Anzahl von Normen und birgt zudem die Gefahr von Umsetzungsfehlern. Die durch die BMF-Schreiben begründete Kooperation zwischen Bund und Ländern wird zwar gemischt bewertet243, dennoch kommt ihr in der Verwaltungspraxis eine erhebliche Bedeutung zu. Durch diese Praxis wird der Zweck der Bundesratszustimmung nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG, die Einbringung verwaltungspraktischen Sachverstands und die Wahrung der Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs erreicht, ohne dass sich der Bund seiner Rechte im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung entäußert.244 Zwischenzeitlich existierten rund 5.000 dieser Schreiben, zu welchen jährlich rund 200 weitere hinzukommen.245 Ein Teil dieser BMF-Schreiben findet bereits keine Anwendung mehr, wurde jedoch nie formell aufgehoben. Zur Bereinigung des Bestands wurde die Zahl der gültigen BMF-Schreiben daher seit 2005 im Rahmen der Initiative „Eindämmung der Normenflut im Steuerrecht“ schrittweise um ca. 3.500 reduziert246, sodass aktuell noch 2.000 BMF-Schreiben Gültigkeit haben. Eine jährlich veröffentlichte Positivliste gibt einen Überblick über die aktuell noch anzuwendenden BMFSchreiben und gleichlautenden Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder, die entsprechende Negativliste fasst die jüngst aufgehobenen ­Schreiben zusammen.247 Inhaltlich dienen die BMF-Schreiben der Interpretation von gerichtlichen Entscheidungen und unbestimmten Rechtsbegriffen, der Konkretisierung von Normen oder der Ermessenslenkung der Verwaltung.248 Anders als Bonsels249 annimmt, sind derartige Regelungsinstrumente im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung jedoch keineswegs einzigartig. Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 21 f. Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 142 f.; ­Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 449 f. 245  Vgl. Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 20; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 48; Monatsbericht des BMF, Oktober 2007, S. 43, 44. 246  Monatsbericht des BMF, Oktober 2007, S. 43 ff. 247  Vgl. Monatsbericht des BMF, Oktober 2007, S. 43, 44 ff., 46. Vgl. Positivliste für das Jahr 2014 auf http: /  / www.bundesfinanzministerium.de / Content / DE / Down loads / BMF_Schreiben / Weitere_Steuerthemen / Normenflut / 2014-03-24-anlage-1. pdf?__blob=publicationFile&v=1 (letzter Aufruf am 10.10.2014); Negativliste für das Jahr 2014 auf http: /  / www.bundesfinanzministerium.de / Content / DE / Downloads /  BMF_Schreiben / Weitere_Steuerthemen / Normenflut / 2014-03-24-anlage-2.pdf?__ blob=publicationFile&v=1 (letzter Aufruf am 10.10.2014). 248  Vgl. Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 46 ff. 249  Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 120. 243  Vgl.

244  Löwer,



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG211

II. Die Rundschreibenpraxis in der Bundesfernstraßenverwaltung Auch im Rahmen der Bundesfernstraßenverwaltung ist ein faktischer Verzicht des Bundes auf die ihm verfassungsrechtlich gewährten Regelungsund Eingriffsbefugnisse zu beobachten.250 Stattdessen wird auch hier auf kooperative Regelungsformen zurückgegriffen. Wolst251 formuliert diesen Befund dahingehend, dass „das verfassungspolitische Leitbild […] für die Praxis der Fernstraßenverwaltung ohne prägende Kraft geblieben“ ist. So nutzte der Bund seine Befugnis gemäß Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG bislang mit lediglich zwei veralteten Verwaltungsvorschriften aus den 1950er Jahren nur zurückhaltend aus.252 Grund hierfür ist zum einen das umständliche Verfahren zum Erlass der Verwaltungsvorschriften, welches sich zur Regelung schnelllebiger, technischer Fragen als untauglich erweist, zum anderen auch die Gefahr, dass Entwürfe im Bundesrat weniger aus sachlichen denn aus politischen Gründen Ablehnung finden.253 Aufgrund seiner Komplexität und Dauer eignet es sich nicht, alltägliche Probleme der Verwaltungspraxis zu lösen.254 Daher tritt an die Stelle der Steuerung durch Verwaltungsvorschriften die einvernehmliche Steuerung der Verwaltung durch die Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau (ARS) und Rundschreiben Straßenbau (RS). Diese werden vom jeweiligen Bundesministerium für Verkehr und den Obersten Straßenbaubehörden der Länder in gemeinsamen Koordinierungsgremien erarbeitet und im Verkehrsblatt255 veröffentlicht.256 Auf Anregung 250  So Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 117, 121, welcher jedoch eine Ausnahme für das Weisungsrecht macht. Ebenso Garlichs, Grenzen staatlicher Infrastrukturpolitik, S. 123 f. 251  Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 121. 252  Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 39; Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 39; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 56; Rinke, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 18, 21, 25; Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295, 300; ders., AöR 93 (1968), 200 (202); Zech, DVBl. 1987, 1089 (1092). 253  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S.  117  f., 122; Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 406; Rinke, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 18, 21; Zech, DVBl. 1987, 1089 (1093). 254  Poxleitner / Geyer, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 27 f.; Rinke, Die Bundesauftragsverwaltung der Bundesfernstraßen aus der Sicht des Bundes, ebd., S. 18, 25. 255  Amtsblatt des damaligen Bundesministers für Verkehr, vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 121; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (207). 256  Gröpl, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 90 (49. Ergl. 2007) Rn. 71; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 121; Rinke, in: Bundesan-

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

der ‚Waffenschmidt-Kommission‘257 werden die Rundschreiben im „Verzeichnis der Sachgebiete für die Rundschreiben der Abteilung Straßenbau des Bundesministers für Verkehr (Sachgebiets-Verzeichnis StB)“ systematisiert, welches jährlich vom zuständigen Bundesministerium in aktualisierter Fassung veröffentlicht wird. Um den Vorschriftenbestand zu bereinigen, werden darin –  den Negativlisten im Steuerrecht vergleichbar  – auch die aufgehobenen Rundschreiben explizit aufgelistet. Zudem hat der zuständige Bundesminister für Verkehr in Abstimmung mit den Obersten Straßenbaubehörden der Länder mit Allgemeinem Rundschreiben  17 / 90 Grundsätze zur Gestaltung und Anwendung der Rundschreiben bekannt gegeben. Hinsichtlich ihrer Bindungswirkung bleiben die Rundschreiben hinter den Anforderungen an allgemeine Verwaltungsvorschriften zurück und stellen lediglich Empfehlungen an die Obersten Landesbehörden dar.258 Dementsprechend werden sie als Bitte formuliert. Durch die Rundschreiben bringt der Bund, vergleichbar der Rechts- und Fachaufsicht, seine Vorstellung eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs durch die Länder zum Ausdruck. Im Fall ihrer Beachtung sieht der Bund daher keine Notwendigkeit zum Einsatz weiterer Einwirkungsrechte.259 Gleichwohl sind sie inhaltlich den allgemeinen Verwaltungsvorschriften vergleichbar und sollen von den Ländern als eigene Verwaltungsvorschriften einheitlich für ihre Behörden, zum Teil auch für Materien der landeseigenen Verwaltung, eingeführt werden.260 Damit erlangen sie als landesrechtliche Regelungen nur innerhalb eines Landes Verbindlichkeit, nicht hingegen im Verwaltungsträger übergreifenden Verhältnis zwischen Bund und Ländern.261 Die Übernahme der Regelungen durch die jeweiligen Länderbehörden geschieht dabei auf unterschiedlichen stalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 18, 21, 25; Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295, 300; Zech, DVBl. 1987, 1089 (1093); Blümel, AöR 93 (1968), 200 (205 ff.). 257  Benannt nach ihrem Vorsitzenden, dem Parl. Staatssekretär beim Bundesministerium des Innern, Dr. Horst Waffenschmidt. Vgl. Bundesministerium des Innern, Unabhängige Kommission für Rechts- und Verwaltungsvereinfachung des Bundes 1983–1987. Ein Zwischenbericht, insbes. S. 150 ff., 154 f. 258  Blümel, AöR 93 (1968), 200 (221 ff., insbes. 223). Vgl. auch Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 136. 259  Rinke, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 18, 25. 260  Statt vieler Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S.  121 ff.; Poxleitner / Geyer, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 27 f.; Rinke, ebd., S. 18, 25. Zur rechtlichen Bewertung dieser Praxis Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S.  89 f.; Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 136; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (207). 261  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 122; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (216, 223).



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Wegen; einige verweisen lediglich auf die Regelungen im Verkehrsblatt und ordnen deren Anwendung an, andere geben sie mit entsprechenden Einführungserlassen bekannt.262 Durch dieses Verfahren besteht jedoch die Gefahr, dass die Umsetzung der Regelungen durch ein oder mehrere Länder unterbleibt.263 III. Die Regelungspraxis in der Kernenergieverwaltung Kooperative Verwaltungsformen treten auch im Rahmen der Kernenergieverwaltung zu Tage.264 Auch hier ist die Zahl der allgemeinen Verwaltungsvorschriften aufgrund der Verfahrensvorgaben des Art.  85 Abs.  2 S. 1 GG und dessen politischer Implikationen begrenzt.265 Zudem sind die vorhandenen Steuerungsinstrumente vollkommen veraltet266 und ihre Bedeutung dementsprechend umstritten267, weshalb sie durch vielfältige Regelungsinstrumente268 kompensiert werden. Eine entsprechende Kooperation findet auch hier vorwiegend in organisatorisch verfestigten Bund-LänderGremien statt.269 An der dadurch begründeten Verwaltungsverflechtung wird insbesondere die unklare Verantwortungsverteilung in diesem sicherheitsrelevanten Bereich kritisiert.270 262  Blümel, 263  Wolst,

AöR 93 (1968), 200 (210 f.). Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S.  123 mit

Fn. 688. 264  Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 378 f.; Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (423). 265  Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 374 f.; Ossenbühl, in: Lukes, Neuntes Deutsches Atomrechts-Symposium, S. 51, 62; Kienbaum Management Consultants, Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts S. 56; Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S.  377 f.; Degenhart, ebd., S. 409, 416. 266  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 132, 135 ff., insbes. S. 139 zu den Gründen für das Scheitern einer Neuregelung. 267  Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 91. 268  Vgl. hierzu die Übersicht bei Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 9. 269  Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 388 f.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 91; Kienbaum Management Consultants, Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts, S. 23 ff., 57; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 136 ff. 270  Wieland, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 393, 394 f., 406; Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirt-

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Beispiel für die kooperative Regelungspraxis im Bereich der Kernenergieverwaltung sind die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke.271 Diese beruhen auf einem Beschluss der Regierungschefs des Bundes und der Länder vom 28. September 1979 und wurden vom Bundesminister des Inneren im Bundesanzeiger veröffentlicht und mit der Bitte um weitere Beachtung den zuständigen Obersten Landesbehörden zugeleitet.272 Mangels Weisungscharakters begründet die Bitte des Bundesministers jedoch keine Pflicht der Länder zu ihrer Befolgung273, sodass den Grundsätzen keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt.274 Auch die weiteren Richtlinien, welche sich mit der Bitte um Beachtung im Vollzug an die ausführenden Landesbehörden richten, werden in amtlichen Mitteilungsblättern, wie dem Handbuch Reaktorsicherheit und Strahlenschutz, veröffentlicht.275 Die Bestimmungen stellen zumeist Regelungen dar, welche weder als formelle Gesetze noch als allgemeine Verwaltungsvorschriften charakterisiert werden können.276 Mangels erforderlicher Zustimmung des Bundesrates und eines entsprechenden Rechtsbindungswillens kommt den Bekanntmachungen keine rechtliche Verbindlichkeit zu.277 Da die Länder damit jedoch von selbst zu treffenden Auslegungsentscheidungen entlastet werden278, folgen sie den Vorgaben des Bundes zumeist bereitwillig, sodass den Richtlinien in der Verwaltungspraxis eine große faktische Bindungswirkung zukommt.279 Gleichwohl ist die Kooperation zwischen Bund und Ländern seit dem Ende des Atomkonsenses von Schwierigkeiten überlagert. Die Erarbeitung schaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 42, 137. 271  Vgl. hierzu umfassend Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke. 272  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 56. 273  Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, insbes. S. 11 f., 35 ff. und Zusammenfassung S. 94; a. A. Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 58. 274  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 57. 275  Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 386 f. 276  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 49 f.; ders., in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 9 schreibt ihnen eine „diffuse […] Bindungswirkung“ zu. 277  Kienbaum Management Consultants, Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts S. 15; Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 390; Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 379; von Danwitz, DÖV 2001, 353 (356). 278  Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 379 f. 279  Kienbaum Management Consultants, Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts S. 15, 57.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG215

gemeinsamer Regelungen von Bund und Ländern wurde dadurch in der Vergangenheit erschwert.280 So ist es bislang nicht gelungen, ein aktuelles, verbindliches kerntechnisches Regelwerk zu schaffen.281 Hier zeigt sich die Schwäche unverbindlicher Regelungssysteme, die auf eine freiwillige Befolgung durch die Länder aufbauen, gegenüber den verbindlichen Einwirkungsrechten des Bundes gemäß Art. 85 GG.282 Auf politisch stark umkämpften Sachgebieten versagen die Mechanismen konsensualer Steuerung regelmäßig. IV. Die Richtlinienpraxis zum Bundeselterngeldgesetz Auch im Rahmen der Verwaltungspraxis beim Vollzug von Geldleistungsgesetzen hat sich eine konsensuale Regelungspraxis etabliert, als deren Beispiel hier der Vollzug des Bundeselterngeldgesetzes dienen soll. Nach § 12 Abs. 2 BEEG trägt der Bund die vollständigen Ausgaben für das Elterngeld, weshalb es von den Ländern gemäß Art. 104a Abs. 3 S. 2  GG im Auftrag des Bundes ausgeführt wird. Die Länder haben damit einen Erstattungsanspruch gegen den Bund für die von ihnen verausgabten Leistungen.283 Gegenüber den Regelungen des BAföG hat der Bundesgesetzgeber seine Befugnis zur Regelung der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens gemäß Art. 85 Abs. 1 S. 1 GG im Rahmen des BEEG noch zurückhaltender ausgeübt. So ist die Bestimmung der zuständigen Behörden auf Landesebene gemäß § 12 Abs. 1 S. 1 BEEG den Landesregierungen vorbehalten. Eine besondere Bezeichnung ist nicht erforderlich. Auch ist nicht vorgegeben, auf welcher Verwaltungsebene die zuständigen Behörden angesiedelt sein müssen, weshalb die sachliche Zuständigkeit zum Vollzug des Gesetzes durch landesrechtliche Vorgaben sehr unterschiedlich ausgestaltet ist. In einigen Ländern sind kommunale Ämter zuständig, teilweise auch Landesversorgungsämter oder andere zentrale Landesämter.284 Den Ländern obliegt auch die Gestaltung der Antragsformulare zum BEEG. 280  Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 380 f.; Degenhart, ebd., S. 409 f.; Kienbaum Management Consultants, Zukunftsfähigkeit der Bundesauftragsverwaltung im Bereich des Atomrechts S. 56 f. 281  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 132, 135 ff., insbes. S. 139 zu den Gründen für das Scheitern einer Neuregelung. 282  Vgl. Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 381. 283  Buchner / Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, § 12 Rn. 21. 284  Übersicht dazu bei Buchner / Becker, Mutterschutzgesetz und Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz, § 12 Rn. 7 und Böttcher, Bundeselterngeld- und Erzie-

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Diese werden im Rahmen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe, an welcher auch der Bund teilnimmt, abgestimmt, sodass in allen Ländern ähnliche Formulare verwendet werden.285 Anders als beim BAföG wurde beim BEEG vollständig auf den Erlass von Verwaltungsvorschriften verzichtet und verwaltungsinterne Regelungen ausschließlich in Form von Richtlinien geschaffen. Die Einzelheiten zum Vollzug des BEEG wurden vom Bund durch die Richtlinien zum BEEG vom 18. Dezember 2006 geregelt. Bereits für seinen Vorläufer, das Bundeserziehungsgeldgesetz286, existierten vergleichbare Richtlinien. Das 168 Seiten umfassende Regelwerk stellt eine „Handlungsanweisung[…] dar, auf die Bund und Länder sich einvernehmlich verständigt haben“287. Der Umfang der Richtlinien wird seitens der Bundesregierung mit dem erheblichen Informationsbedarf begründet, welcher bei der Einführung eines neuen Gesetzes bei den vollziehenden Behörden besteht. Dieser könne mangels verfügbarer Kommentare und Rechtsprechung bei der Einführung des BEEG nur durch entsprechende Richtlinien gedeckt werden.288 So geben die Richtlinien den Rechtsrahmen einer Auslegung durch das Bundesministe­ rium vor. Die Richtlinien werden im Rahmen der jährlich stattfindenden BundLänder-Tagungen ergänzt und sodann in aktualisierter Form herausgegeben.289 Diese Treffen der beteiligten Verwaltungsstellen wurden bereits zu Zeiten des BErzGG praktiziert. Zur Vorbereitung der Bund-Länder-Tagungen werden Vorschläge zur Überarbeitung der Richtlinien vom zuständigen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend erarbeitet, von den Ländern auf ihre Praktikabilität in der Praxis bewertet und dann von Vertretern von Bund und Ländern einvernehmlich beschlossen. Dabei werden auch Änderungen der Rechtsprechung der Sozialgerichte aufgegriffen. Die Möglichkeit der Regelung des Gesetzesvollzugs durch Richtlinien bietet hungsgeldgesetz, § 12 Rn. 2; Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, Drs.  16 / 5858, S. 1. 285  Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage, Drs.  16 / 5858, S. 4. 286  Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (BErzGG) vom 6.12.1985 (BGBl. I S. 2154). 287  Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, Drs.  16 / 5858, S. 1. So halten die Richtlinien zum BEEG selbst unter Punkt 1.0 Beachtung im Vollzug, fest: „(…) Zur Gewährleistung einer bundeseinheitlichen Verwaltungspraxis wird im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern bei der Durchführung des Gesetzes wie folgt verfahren: – Die nachstehenden Richtlinien werden beachtet; … – in Fällen, in denen eine Praxisänderung erwogen wird, ist das Einvernehmen von Bund und Ländern herbeizuführen, (…)“. 288  Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, Drs.  16 / 5858, S. 3. 289  Vgl. Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, Drs. 16 / 5858, S. 2.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG217

den beteiligten Bundes- und Länderbehörden größere Flexibilität im Vollzug. Sie sind mangels der in Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG vorausgesetzten Zustimmung des Bundesrates verfassungsrechtlich nicht verbindlich und ­ können – anders als Verwaltungsvorschriften im Rahmen des Art. 85 Abs. 2 GG – auch in einem formlosen Verfahren geändert und fortentwickelt werden. In der Verwaltungspraxis kommt den Richtlinien jedoch die gleiche Wirkung wie allgemeinen Verwaltungsvorschriften des Bundes zu. Aufgrund des einvernehmlichen Beschlusses von Bund und Ländern und der Pflicht zur Beachtung, welche in den Richtlinien unter Punkt 1.0 festgelegt ist, werden sie von den ausführenden Landesbehörden als verbindlich angesehen. Inwieweit sie tatsächlich eine Bindungswirkung auf vertraglicher Grundlage begründen, bleibt offen. Vergleichbar der oben dargestellten kooperativen Regelungsmechanismen dürfte es sich um lediglich unverbind­ liche Absprachen im Bund-Länder-Verhältnis handeln. Auch in der Rechtsprechung der Sozialgerichte werden die Richtlinien zum BEEG als norm­ interpretierende Verwaltungsvorschrift ohne rechtliche Bindungswirkung eingestuft.290 Die Länder weisen ihre Verwaltungsstellen daher an, die Richtlinien im Rahmen des Vollzugs zu beachten.291 Die Richtlinien werden dazu als eigene Verwaltungsvorschriften durch die Landesbehörden weitergeleitet.292 Dies geschieht durch Weitergabe der Original-Rundschreiben des Bundes, eine weitere Umsetzung der Richtlinien durch eigene Länderregelungen erfolgt nicht. Jedoch werden sie durch die Länderbehörden zum Teil durch landesspezifische Vorgaben ergänzt und für den Vollzug aufbereitet. Durch diese Praxis stellen die Richtlinien auf Ebene der Elterngeldstellen Verwaltungsvorschriften der Länder dar. V. Bewertung der kooperativen Regelungspraxis Insgesamt stellen die kooperativen Regelungsmechanismen als Surrogat allgemeiner Verwaltungsvorschriften keine singuläre Erscheinung dar, sondern erweisen sich als charakteristisches Steuerungsinstrument im Rahmen 290  BSG, Urteil vom 15.12.2011, B 10 EG 13 / 10 R, Rn. 35; LSozG NRW, Urteil vom 27.04.2010, L 13 EG 55 / 09, Rn. 35; SG Berlin 2. Kammer, Urteil vom 21.10.2011, S 2 EG 139 / 08, Rn. 25; BSG, Urteil vom 18.10.2011, B 10 EG 7 / 10 R, Rn. 20; LSozG Nds.-Bremen, Urteil vom 08.06.2011, L 2 EG 12 / 10 Rn. 74, Vorlagebeschluss vom 13.4.2011; L 2 EG 20 / 10 Rn. 52, 56, 57; BSG, Urteil vom 3.12.2009, B 10 EG 2 / 09 R, Rn. 24, 29 (dort als Literaturhinweis bzw. Auslegungshilfe bezeichnet) (alle zitiert nach juris). 291  Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, Drs.  16 / 5858, S. 1. 292  Vgl. zu dieser Praxis allgemein Pietzcker, in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17, 25 f., 43 f., 69.

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der Bundesauftragsverwaltung.293 Die vielfältigen Formen dieser Steuerungsinstrumente betreffen klassische Gebiete der Massenverwaltung wie den Vollzug der Steuer- oder Geldleistungsgesetze mit hohem Koordinierungsbedarf und rechtlicher Komplexität ebenso wie die davon grundsätzlich verschiedene, auf einzelne Verfahren gerichtete politisch konfliktgeladene Materie der Kernenergieverwaltung.294 Aufgrund der vielfältigen Kompetenzverschränkungen ist diese kooperative Regelungspraxis bereits in der Struktur des Bundesstaates angelegt.295 1. Kooperative Regelungen als Alternative und Ergänzung der Einwirkungsrechte des Art. 85 GG Da die Einwirkungsbefugnisse des Art. 85 GG zur Vereinheitlichung der Verwaltungspraxis insbesondere in Bereichen der Massenverwaltung als nicht ausreichend und unpraktikabel empfunden werden296, kommt den kooperativen Regelungen als Alternative zu den verfassungsrechtlich normierten Ingerenzrechten regelmäßig eine große Bedeutung zu.297 So entlastet die kooperative Praxis die Länder vom Erlass eigener Regelungen, vermeidet jedoch zugleich die Vorgabe verbindlicher Einzelweisungen durch den Bund.298 Der Vorteil der Richtlinien und Rundschreiben gegenüber dem Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften besteht nicht zuletzt in ihrer größeren Flexibilität. So können Regelungen unter Umgehung der Verfahrensanforderungen des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG leichter und zügiger als durch allgemeine Verwaltungsvorschriften angepasst und von Bund und Ländern auch jederzeit wieder aufgegeben werden.299 Aufgrund der beschriebenen Schwierigkeiten hat sich zwischen Bund und Ländern in einigen Bereichen die Praxis entwickelt, bestehende Verwaltungsvorschriften statt in dem vorgesehenen Verfahren durch allgemeine Runderlasse oder Rundschreiben zu ändern oder weitergehende Regelungen in dieser Form 293  Vgl. Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 451. 294  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 446 f. 295  Vgl. auch Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 450. 296  Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (29, 32). 297  Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 606. 298  Maunz, in: Schmitt Glaeser, Verwaltungsverfahren, S. 95, 99; Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 606.; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 366 f. 299  Vgl. mit Bezugnahme auf die Steuerauftragsverwaltung Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 449 sowie ders., ThürVBl. 1997, 28 (30).



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG219

zu treffen.300 Während der Rückgriff auf die förmlichen Ingerenzrechte des Art. 85 GG grundsätzlichen Anordnungen vorbehalten bleibt, dienen die verfassungsrechtlich nicht vorgesehenen Regelungsformen sodann der Normierung weniger bedeutender und zeitlich befristeter Maßnahmen.301 Gleichwohl stellt sich auch die Erarbeitung der konsensualen Regelungsmechanismen aufgrund der Einbeziehung vieler Parteien und des damit verbundenen Personalaufwands teilweise als schwerfällig und zeitraubend dar.302 Zudem kann die Praxis den Eindruck einer (unzulässigen) Mischverwaltung erwecken.303 2. Rechtsnatur und Bindungswirkung der kooperativen Regelungen Die Rechtsnatur der kooperativen Regelungsinstrumente ist umstritten. Aufgrund ihrer ausschließlich verwaltungsinternen Steuerungswirkung werden sie zumeist den Verwaltungsvorschriften zugerechnet.304 Im Gegensatz zu allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Sinne des Art.  85 Abs.  2 S. 1 GG, welche für die Länderverwaltungen verbindlich sind305, werden die extrakonstitutionellen Regelungen von Stellen innerhalb der Bundesverwaltung beschlossen, denen keine förmliche Kompetenz zum Erlass verbindlicher Regelungen gegenüber den Ländern zukommt. So normiert Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG einen Kompetenzvorbehalt für den Erlass allgemeiner Regelungen im Verhältnis zwischen Bund und Ländern.306 Mangels Zustimmung des Bundesrates kommt anderen Regelungen gegenüber den Ländern somit keine den allgemeinen Verwaltungsvorschriften vergleichbare Bindungswirkung zu.307 Zudem fehlt den gefassten Beschlüssen seitens der Kooperationspartner ein vertraglicher Bindungswille. Folglich handelt es sich um rechtlich unverbindliche Regelungen der beteiligten Verwaltungsfür die Bundesfernstraßenverwaltung Blümel, AöR 93 (1968), 200 (203). Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 97; Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (31). 302  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 88. 303  Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (31). Vgl. auch § 6  C. und § 18 A. V. 4. 304  Vgl. Hill / Martini, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. II, § 34 Rn. 37. 305  Lange, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 307, 321; Lerche, BayVBl. 1987, 321 f. 306  von Danwitz, DÖV 2001, 353 (357). 307  Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 18; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 122. Vgl. Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 164, 182 f. mit Verweis auf die Entscheidung des VGH Mannheim vom 20.2.1984, NVwZ 1984, 598 ff. 300  So

301  Bonsels,

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träger. Den Maßnahmen kommt somit ein bloßer Empfehlungs- oder Leitcharakter zu, weshalb ihre Bindungswirkung im Bund-Länder-Verhältnis eine rein tatsächliche bleibt.308 In der Verwaltungspraxis finden die Richtlinien und Rundschreiben jedoch die gleiche Beachtung wie allgemeine Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG, erreichen also eine vergleichbare Regelungswirkung.309 Der Unterschied zwischen dieser rein faktischen und einer rechtlichen Bindungswirkung ist in der Praxis somit marginal310, sollte aber auch begrifflich aufrechterhalten werden. Aufgrund ihrer Unverbindlichkeit im Bund-Länder-Verhältnis bedürfen die Reglungen jedoch einer Umsetzung durch die Länder.311 Die Obersten Landesbehörden erlassen die Richtlinien und Rundschreiben gegenüber ihren nachgeordneten Behörden somit als eigene Verwaltungsvorschriften des Landes. Dies geschieht zumeist durch die bloße Weitergabe an ihre nachgeordneten Behörden verbunden mit der Bitte um Beachtung im Vollzug.312 Bindungswirkung erlangen die landesrechtlichen Regelungen somit allein aufgrund der dienstrechtlichen Gehorsamspflicht der unteren Landesbehörden. Dies setzt nach Jarass313 jedoch voraus, dass die Verwaltungsvorschrift durch das Land eindeutig als landeseigene Regelung erlassen wird; eine bloße Zugänglichmachung reiche nicht. Das Land muss sich die Vorgabe des Bundes quasi zu eigen machen. Im Idealfall werden so in allen Ländern einheitliche Verwaltungsvorschriften nach der Vorgabe des Bundes erlassen.314 Eine solche Koordinierung gleichlautender Verwaltungsvorschriften der Länder durch ein Bundesministerium ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich.315 Denn durch den Erlass der Regelungen als eigene Verwaltungsvorschriften des Landes behält sich dieses, abgesehen von einer Selbstbindung nach Art. 3 Abs. 1 GG, die Möglichkeit einer Änderung der Vorschriften vor.316 Es tritt folglich keine Bindung der Behör308  Statt vieler Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S.  138 ff.; Sommermann, DVBl. 2001, 1549 (1554). Vgl. auch § 18 A. I. und III. 309  Fliedner, in: Hill, Verwaltungsvorschriften, S. 31, 36. 310  Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 35 erklärt zur Praxis der BMF-Schreiben, dass „die Verwaltungsabsprache(n) penibel eingehalten werden und […] ‚reibungslos‘ funktionier[en]“. Die beteiligten Akteure seien „darauf bedacht, das sich im Laufe der Jahre verfestigte Vertrauensverhältnis nicht zu stören.“ 311  Vgl. bereits § 18 A. I. und II. 312  Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 19; Fliedner, in: Hill, Verwaltungsvorschriften, S. 31, 35 f. 313  In: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 392. 314  Vgl. Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 135. 315  Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 607. 316  Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 392.



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den an die Richtlinien, sondern lediglich an die durch sie begründete Verwaltungspraxis ein.317 3. Inhaltlicher Charakter der kooperativen Regelungen Trotz ihrer Gemeinsamkeiten sind die dargestellten Regelungsinstrumente äußerst heterogen. So existieren jeweils graduelle Unterschiede hinsichtlich des Umfangs, der Bedeutung und ihres Zustandekommens, zumal auch von der Möglichkeit des Erlasses allgemeiner Verwaltungsvorschriften je nach Sachmaterie sehr unterschiedlich Gebrauch gemacht wird.318 Während in einigen Bereichen umfassende Regelungswerke geschaffen wurden, welche den allgemeinen Verwaltungsvorschriften ähneln, treffen die Beteiligten in anderen Bereichen sukzessive Regelungen zu Einzelfragen, die erst in ihrer Gesamtheit eine umfassende Regelung eines Sachbereichs darstellen. So nehmen die Richtlinien zum BEEG sowie die Regelungen in der Kernenergieverwaltung ganze Regelungsmaterien in Bezug, während die Rundschreiben in der Bundesfernstraßenverwaltung und die BMF-Schreiben der Steuerauftragsverwaltung lediglich einzelne Aspekte des Gesetzesvollzugs betreffen. Nur durch ihre Zusammenfügung und Systematisierung stellen sie ein umfassendes Regelungswerk dar. Die Regelungsmechanismen weisen ferner sehr unterschiedliche Detailgrade auf. Auch hinsichtlich des Verfahrens ihres Zustandekommens und Erlasses bestehen deutliche Unterschiede und Abstufungen. Während einige eine gleichwertige Entscheidung von Bund und Ländern vorsehen, gewähren andere Regelungsinstrumente den Ländern lediglich partielle Mitwirkungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Die verschiedenen Regelungsmechanismen weisen somit auch deutlich unterschiedliche Kooperationsgrade auf. 4. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit extrakonstitutioneller Regelungsformen Die extrakonstitutionellen Regelungsformen stellen somit ein „funktionelles, aber nicht unproblematisches Äquivalent“319 zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften dar. Angesichts der Vielzahl und Bedeutung dieser Regelungsinstrumente im Bereich der Bundesauftragsverwaltung stellt sich die Frage nach der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der durch sie begründeten 317  Jarass,

in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 392, 404 f. auch Blümel, AöR 93 (1968), 200 f. 319  Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 60. 318  Vgl.

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Verwaltungspraxis.320 Gegenüber den grundgesetzlich normierten Steuerungsmechanismen stellen die genannten Rundschreiben und Richtlinien eine andere Regelungsform dar. Da sie verfassungsrechtlich nicht geregelt sind, könnten sie einen Verstoß gegen einen numerus clausus exekutiver Rechtsetzungsformen begründen. Dies wäre der Fall, wenn die Einwirkungsrechte des Bundes nach Art. 85 GG für den Bereich der Bundesauftragsverwaltung als abschließend anzusehen sind. Das Problem der Zulässigkeit extrakonstitutioneller Regelungsmechanismen stellt sich aufgrund ihrer Vergleichbarkeit mit allgemeinen Verwaltungsvorschriften insbesondere im Hinblick auf Schutzzweck und -niveau des Art. 85 Abs. 2 S 1 GG. Wie Ossenbühl321 bemerkt, sind diese gerade „nicht Produkte einer der Pragmatik und Effizienz verpflichteten Phantasie, [vielmehr drücken sich in den Rechtsetzungsformen] grundlegende Verfassungsprinzipien über die Gewaltenteilung, die Verantwortung und die Entscheidungslegitimation aus, die aufgebrochen oder verletzt werden, wenn man von den verfassungsrechtlich vorgegebenen Rechtsetzungsformen ohne weiteres abweichen könnte oder wollte.“ Diese Prinzipien sind nicht nur im Verhältnis zwischen Bürger und Staat von rechtsstaatlicher Bedeutung, sondern insbesondere auch im föderalen Verhältnis zwischen Bund und Ländern und der mit ihm einher gehenden Kompetenzabgrenzung. Gleichwohl werden die grundgesetzlich nicht normierten Regelungsmechanismen überwiegend als verfassungsrechtlich unbedenklich bewertet, zumal die Kooperation und Koordinierung zwischen Bund und Ländern auf freiwilliger Basis geschieht, der Einsatz der Ingerenzrechte des Bundes nicht ausgeschlossen322 und somit die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes nicht verletzt wird323. Kooperative Regelungen beeinträchtigen die 320  Statt vieler Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 39; ders., AöR 93 (1968), 200 (226); Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (30 f.). 321  NZS 1997, 497 (500), welcher sich jedoch vorrangig auf Normen des Außenrechts zwischen Staat und Bürger bezieht. Trips, Das Verfahren der exekutiven Rechtsetzung, S. 101 f. bezieht diese Aussage hingegen auf alle Formen exekutiver Rechtsetzung. 322  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 42; Gröpl, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 90 (49. Ergl. 2007) Rn. 71; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (220 ff., insbes. 225, 235). Zur Praxis der Bundesfernstraßenverwaltung Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 40; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 123. Zur Praxis der BMF-Schreiben unsicher Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 35 f.; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 121 ff., insbes. 126; Brodersen, in: Osterloh / Schmidt / Weber, Festschrift Selmer, S. 601, 607. 323  Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 18; Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 83 Rn. 15; Rudolf, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 141 Rn. 92.



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Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes solange nicht, wie ihre Regelungswirkung allein durch das Gewicht der sie tragenden sachlichen und politischen Argumente erreicht wird. Diese Grenze wird überschritten, wenn aus einer bloßen Empfehlung eine verbindliche Vorgabe wird324 oder der Bund auf seine Einwirkungsrechte verzichtet325. Dies ist im Rahmen der beschriebenen Kooperationsverfahren nicht zu befürchten, durch sie behält der Bund sich regelmäßig seine Einwirkungsbefugnisse im Rahmen des Art. 85 GG vor.326 Auch aus dem Prinzip der Bundestreue resultiert keine Pflicht, eine einmal begonnene Kooperation nicht ohne Anlass aufzukündigen.327 In praktischer Hinsicht kann die verfassungsrechtliche Zulässigkeit dieser Regelungsinstrumente hingegen regelmäßig dahinstehen, denn weder Bund noch Länder haben diese bislang gerügt, noch machen sie Anstalten, dies in Zukunft zu tun.328 Vielmehr scheinen beide Seiten sich mit dieser Regelungspraxis eingerichtet zu haben. Zudem stehen die kooperativen Regelungsformen hinsichtlich ihrer Legitimationswirkung den der Zustimmung des Bundesrates bedürfenden allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 GG nicht nach. So dürfte die Zustimmung der Ländervertreter zu einer konsensualen Regelung die Legitimationswirkung der Bundesratszustimmung regelmäßig noch übertreffen.329 Auch das Bundesverfassungsgericht lässt die Möglichkeit weiterer Handlungsformen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung offen: So stellt „das Grundgesetz […] der vollziehenden Gewalt weder einen abschließenden Katalog bestimmter Handlungsformen zur Verfügung noch werden ausdrücklich erwähnte Handlungsformen inhaltlich im Einzelnen definiert“.330 Das Gericht scheint damit die dem Beschluss zugrunde liegenden Leitlinien zum Atomgesetz nicht per se als unzulässige Handlungsform anzusehen. Einige sehen in der Äußerung gar eine Billigung der konsensualen Regelungspraxis.331 Angesichts dieser Entscheidung dürfte zu erwarten sein, dass die Bedeutung dieser Regelungspraxis gegenüber dem umständlichen Verfahren nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG weiter zunimmt.332 324  Blümel, AöR  93 (1968), 200 (241) mit Verweis auf Köttgen, JÖR N.F.  3 (1954), 67 (87); Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. II, Art. 83 Rn. 18. 325  Blümel, AöR 93 (1968), 200 (236). 326  Ausdrücklich für den Bereich der Steuerauftragsverwaltung Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (30 f.). 327  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 137 f. 328  Vgl. auch Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 141. 329  Ossenbühl, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 59 f. 330  BVerfGE  100, 249 (258). 331  So Gröpl, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 90 (49. Ergl. 2007) Rn. 71; Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295, 300 f. 332  So Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295, 301.

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Hinsichtlich eines ohnehin umstrittenen333 numerus clausus exekutiver Rechtsetzungsformen muss somit angenommen werden, dass dieser nur für im Bund-Länder-Verhältnis verbindliche und damit außenwirksame Regelungsformen eingreift. Konsensuale Regelungen zielen demgegenüber nicht auf eine Schaffung verbindlicher Vorgaben, sondern dienen gerade deren Vermeidung.334 Sie stehen damit außerhalb der verfassungsrechtlichen Vorgaben, weshalb sie nicht an diesen zu messen sind.335 Wenn auch die kooperative Regelungspraxis verfassungsrechtlich nicht angreifbar sein mag, verwischt sie doch das Bild der Auftragsverwaltung mit ihren durch Art. 85 GG normierten Ingerenzrechten. So ist der teilweise Verzicht des Bundes auf die Ausübung seiner Steuerungsrechte zugunsten einer schlichten Koordinierung auch rechtspolitisch nicht grundsätzlich unbedenklich.336 Die Kooperationsmechanismen bedingen eine Umgehung der verfassungsrechtlich vorgesehenen Ingerenzrechte, durch welche die Zuständigkeitsverteilung des Art. 85 GG beeinträchtigt wird.337 So besteht ein qualitativer Unterschied zwischen der Zustimmung zu einer verwaltungsinternen Regelung durch das dazu legitimierte Organ des Bundesrates und der Zustimmung durch die zuständigen Landesbehörden selbst.338 Vereinbarungen in Koordinierungsgremien können durch unklare Strukturen dieser Ausschüsse verschleiert werden und in ihrer Legitimation für Externe schwer nachvollziehbar und rechtlich kaum erfassbar sein.339 Um die Transparenz zu erhöhen und ihre Befolgung sicherzustellen werden viele Regelungen inzwischen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Ihre Publikation kann jedoch auch als strategisches Instrument des Bundes gewertet werden.340 So können koordinierte Entscheidungen einen faktischen Umsetzungsdruck erzeugen, wodurch die Beteiligten zu einer Übernahme gezwungen und eigenständige Entscheidungsmöglichkeiten verringert wer333  Ein solcher numerus clausus wird zunehmend angezweifelt, da die hergebrachten Regelungsformen den Rechtsetzungsbedürfnissen nicht mehr gerecht werden. Vgl. Trips, Das Verfahren der exekutiven Rechtsetzung, S. 101 f. m. w. N. 334  Trips, Das Verfahren der exekutiven Rechtsetzung, S. 102. Vgl. auch Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 84 Rn. 80. 335  Vgl. auch Brodersen, in: Osterloh / Schmidt / Weber, Festschrift Selmer, S. 601, 606. 336  Blümel, in: Benz / Siedentopf / Sommermann, Festschrift König, S. 295, 300; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 396; Blümel, AöR  93 (1968), 200 (240 f.). 337  Vgl. Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 449; ders., ThürVBl. 1997, 28 (30 f.). 338  Vgl. dazu bereits § 17 A. II. 1. 339  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 449; ders., ThürVBl. 1997, 28 (30). 340  Vgl. auch Köttgen, JÖR N.F.  3 (1954), 67 (87).



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG225

den.341 Angesichts ihrer großen Bedeutung bedingen die kooperativen Regelungen eine Verwaltungspraxis, welche über die verfassungsrechtlich vorgesehene Verflechtung von Bundes- und Länderverwaltung noch hinaus geht.342 Im kooperativen Föderalismus deutscher Prägung ist eine solche Entwicklung jedoch geradezu angelegt.343

B. Die weiteren Regelungsmechanismen in der Ausbildungsförderungsverwaltung Nachdem verdeutlicht wurde, dass allgemeine Verwaltungsvorschriften zwar eine bedeutende Rolle im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung spielen, jedoch nicht alle Verwaltungsbereiche abschließend regeln und förmliche Weisungen nach Art. 85 Abs. 3 GG bislang nicht erlassen wurden, stellt sich die Frage nach weiteren Regelungsmechanismen, welche die Verwaltungsvorschriften ergänzen und geeignet sind, deren Lücken in der Praxis zu kompensieren.344 I. Extrakonstitutionelle Regelungsformen in der Ausbildungsförderungsverwaltung Hier werden zunächst die in ihrem Umfang der BAföGVwV vergleichbaren Regelungen dargestellt, bevor weitere singuläre Regelungen des Bundes in den Blick genommen werden. 1. Rundschreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Allgemein werden Verwaltungsvorschriften als flexibles Handlungsinstrument der Verwaltung gepriesen. Die Praxis der Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Ausbildungsförderung und anderer intersubjektiver Verwaltungsvorschriften scheint dem zu widersprechen. Die BAföGVwV hat einen Umfang erreicht, der sich für regelmäßige, umfassende Überarbeitungen und Anpassungen als zu sperrig erweist. Zudem ist das BAföG aufgrund der in § 35 vorgesehenen regelmäßigen Evaluierungen selbst steten Änderungen 341  Pietzcker,

44.

in: Stark, Zusammenarbeit der Gliedstaaten im Bundesstaat, S. 17,

Oeter, ThürVBl. 1997, 28. Ossenbühl, DVBl. 1989, 1230 (1235) hat das Prinzip des kooperativen Föderalismus’ Auswirkungen auf das Verfassungssystem als Ganzes. 344  Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, S. 95 spricht insofern von Übereinkommen „praeter constitutionem“. 342  Vgl.

343  Nach

226

Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

unterworfen, welche auch Überarbeitungen der Verwaltungsvorschrift erfordern. Auch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte trägt zur Notwendigkeit von Änderungen bei. So finden sich abseits des in Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG vorgesehenen Ingerenzrechts der allgemeinen Verwaltungsvorschriften mit den Rundschreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung weitere umfassende Regelungsinstrumente zur Steuerung des Verwaltungsvollzugs. Die veröffentlichten Rundschreiben stellen jedoch keine homogene Gruppe dar. Einige dienen der Einführung und Erläuterung von Gesetzesänderungen, andere stellen Vorstufen zum Erlass der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift dar oder dienen deren Änderung und Ergänzung. Es ist daher zwischen unterschiedlichen Arten von Rundschreiben zu differenzieren.345 a) Einführungsrundschreiben zu Änderungen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes Die Einführungsrundschreiben zum BAföG dienen der Erläuterung einer gesetzlichen Regelung gegenüber den Mitarbeitern der Förderungsverwaltung und tragen damit vergleichbar den Verwaltungsvorschriften zur Ausbildung einer einheitlichen Verwaltungspraxis bei.346 Die Rundschreiben werden im Rahmen von Gesetzesänderungen zum BAföG vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegeben und von ihren Adressaten, den Obersten Landesbehörden sowie den Landesämtern für Ausbildungsförderung347, an die Mitarbeiter der Ämter für Ausbildungsförderung weitergeleitet, welche sie als Arbeitsgrundlage nutzen. Zudem werden die Einführungsrundschreiben zu BAföG-Änderungsgesetzen nachrichtlich auch an das für die Darlehensverwaltung zuständige Referat IV 1 des Bundesverwaltungsamtes, an die Datenzentrale Baden-Württemberg, das zuständige Referat IX 5 des Bundesrechnungshofes, das Prüfungsamt des Bundes in München348 sowie die KfW-Bankengruppe versandt. Die in den Auslegungsrundschreiben aufgegriffenen Neuregelungen des BAföG sind für den Vollzug aufbereitet und zum Teil mit Fallbeispielen versehen. Sie enthalten 345  Vgl. Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.5, der ein „Auslegungsrundschreiben des BMBW v. 25.3.2004 – 314-42530BY – zur Anwendung von § 29 I S. 2 im Fall veränderter familiärer Verhältnisse im Bewilligungszeitraum“ anspricht, welches ausweislich des Titels keine Gesetzesänderung, sondern nur eine bestimmte Teilfrage betrifft. 346  Kießling, ZfF 1976, 169 (170). 347  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.5. 348  Die Prüfungsämter unterstützen den Bundesrechnungshof bei seinen Prüfungen, sie unterstehen seiner Fachaufsicht, vgl. § 20a Bundesrechnungshofgesetz.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG227

Querverweise auf weitere Vorschriften und Änderungen und erläutern den Zeitpunkt des Inkrafttretens einzelner Neuregelungen. Soweit ersichtlich wurden nur vereinzelte Änderungsgesetze zum BAföG durch einführende Hinweise des zuständigen Bundesministeriums begleitet.349 So gibt das Einführungsrundschreiben zum 23. BAföGÄndG auf 35 Seiten zunächst einen Überblick über die Gesetzesänderungen und geht sodann auf die Änderungen im Einzelnen ein. Anders als allgemeine Verwaltungsvorschriften dienen die Rundschreiben somit der näheren Erläuterung einer gesetzlichen Neuregelung und damit der bloßen Information der Behörden.350 Darüber hinaus treffen sie jedoch keine weiteren internen Regelungen, sind von den folgenden Rundschreiben somit strikt zu trennen. Auch in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung hat man bei Einführung neuer Gesetze auf diese Möglichkeit der Unterrichtung der mit dem Vollzug betrauten Behörden zurückgegriffen.351 b) Rundschreiben mit Entwürfen allgemeiner Verwaltungsvorschriften Neben den Auslegungsrundschreiben existieren Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften, welche zum Teil eine Vorstufe vor dem Erlass der ersten BAföGVwV darstellen, zum Teil aber auch der Änderung der BAföGVwV selbst dienen. aa) R  undschreiben zur Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG So sind den Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung in der Vergangenheit vom damaligen Bundesminister für Bildung und Wissenschaft Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften352 zugegangen, welche zugleich im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlich wurden.353 Die Entwürfe enthalten Änderungen der vorherigen Verwaltungs349  So das 12. BAföGÄndG und das 23. BAföGÄndG; vgl. für Änderungen des Wohngeldbezugs Hinweise des BMVBS vom 28.05.2009, Az. SW 36 – 4153.1 / 2. 350  Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 81 hält unterrichtende Mitteilungen, wie ein Gesetz auszuführen ist, für möglich, versteht sie jedoch als Ankündigung, wie die Aufsicht zukünftig gehandhabt wird, und nicht als Aufsicht selbst. 351  Vgl. BT-Drs.  14 / 1137, S. 20, 22 zur Einführung des AFBG. 352  GMBl. 1979, S. 333 ff. – RdSchr. d. BMBW v. 9.7.1979 – II A 4 – 2430-16 –; GMBl.  1981, S. 314 ff. – RdSchr. d. BMBW v. 24.7.1981 – II A  3 – 2430 – 8 / 1 –; GMBl. 1992, S. 710 ff. – RDSchr. d. BMBW v. 20.7.1992 – II A 2 – 2452 – 1 / 24 –; GMBl.  1999, S. 459 ff. – RDSchr. d. BMBW v. 22.7.1999 – 315-42511 VwV / 21 –. 353  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.4.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

vorschrift, welche aufgrund von Änderungsgesetzen zum BAföG und anderer Gesetze, neuerer Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Fragen der Durchführung des BAföG sowie von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts erforderlich wurden. Der Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift aus dem Jahr 1992 enthält zudem Übergangsvorschriften für die Anwendung des BAföG in den neuen Bundesländern. In den Rundschreiben bittet der zuständige Bundesminister für Bildung und Wissenschaft die Obersten Landesbehörden als Empfänger darum, unabhängig von einer weiteren Umsetzung der Vorschriften durch Landesregelungen bei der Ausführung des BAföG dem Entwurf entsprechend zu verfahren.354 Nach ihrem Wortlaut sind die Rundschreiben mit den Obersten Landesbehörden sowie weiteren beteiligten Ressorts abgestimmt.355 Die Entwürfe der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum BAföG begründen somit eine frühe Praxis der Bund-Länder-Zusammenarbeit in der Ausbildungsförderung. Der Grund für die Einführung von Regelungen durch Rundschreiben an Stelle der vorgesehenen Form allgemeiner Verwaltungsvorschrift, die durch die Bezeichnung „Entwurf“ jedoch den Anschein von Verwaltungsvorschriften wecken, kann nicht mehr sicher nachvollzogen werden. Mögliche Ursache könnten die bei Erlass der 14., 15., 19. und 20.  BAföG-Änderungsgesetze bereits bestehenden politischen Unstimmigkeiten zwischen Bundestag und Bundesrat darstellen, welche einer Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 85 Abs. 2 S. 1  GG entgegenstanden. Dem Entwurf der BAföGÄndVwV von 1994356, welche der Umsetzung des 17. BAföGÄndG diente, ist zu entnehmen, dass die Änderungen durch das 15. BAföGÄndG, welche nur im Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG357 berücksichtigt wurden, in die BAföGÄnd­ VwV von 1994 aufgenommen werden sollten. Zudem findet sich hier der Hinweis, dass in der Verwaltungspraxis bereits zuvor nach dem bloßen Entwurf der BAföGÄndVwV von 1992 verfahren wurde. Die Entwürfe der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift begründen dadurch eine Vorwirkung358 hinsichtlich der später folgenden förmlichen Änderung dieser Vorschrift. Auch der Entwurf der BAföGÄndVwV von 1999 diente dazu, notwendige Anpassungen an das 19. und 20. BAföGÄndG bereits vor Erlass einer auch Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.4. so bei GMBl.  1981, S. 314 ff. – RdSchr. d. BMBW v. 24.7.1981 – II A  3 – 2430 – 8 / 1 –. 356  BR-Drs.  392 / 94, S. 1. 357  GMBl.  1992, S. 710 ff. – RDSchr. d. BMBW v. 20.7.1992 – II  A  2 – 2452 – 1 / 24 –. 358  Zu dem Begriff siehe auch unten § 18 B. I. 2. d) bb). 354  Vgl.

355  Nicht



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG229

BAföGÄndVwV vorzunehmen.359 Im Hinblick auf die zu erwartende große BAföG-Reform360 wurde die Entwurfsfassung ohne entsprechenden Beschluss des Bundesrates im einfachen Konsens mit allen Ländern veröffentlicht und sodann von den Ländern selbst gegenüber ihren Behörden für verbindlich erklärt. Soweit die Änderungen des Entwurfs der BAföGÄnd­ VwV über die folgende verbindliche Änderung der Verwaltungsvorschriften Anwendung finden sollten, wurden sie deshalb in die BAföGÄndVwV von 2001 aufgenommen. bb) R  undschreiben vor Erlass der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG Von den Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften zum BAföG aus den späten 1970er bis in die 1990er Jahren sind jene Rundschreiben abzugrenzen, welche vor Erlass der ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG361 im Jahr 1976 veröffentlicht wurden.362 So regelt das erste Rundschreiben vom 20. Juli 1971 Fragen der Einführung des Gesetzes. Ihm sind als Anlage Formblätter für die Antragstellung auf Ausbildungsförderung beigefügt, welche zuvor mit den Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung beraten und mit den Vertretern der Landesbehörden abgestimmt wurden. Das zweite Rundschreiben vom 13. Oktober 1971 verweist auf den Beschluss des Bundesrates vom 1. Oktober 1971363, aus welchem der Hintergrund der Entwürfe ersichtlich wird. Während der federführende Ausschuss für Jugend, Familie und Gesundheit empfahl, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift gemäß Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG zuzustimmen, gab der Ausschuss für Innere Angelegenheiten die Empfehlung, die Vorlage der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zurückzustellen. Zwar sei die Absicht, das Ausbildungsförderungsverfahren zu vereinheitlichen, begrüßenswert. Jedoch umfasse die Vorlage auch Vorgaben für einen Programmablaufplan zur Regelung des Verfahrens für die Berech359  BR-Drs.  729 / 01,

S. 1.

360  Ausbildungsförderungsreformgesetz

– AföRG vom 19.3.2001 (BGBl. I S. 390). S. 386 ff. 362  Bek. v.  24.9.71 d. Rdschr. v. 20. 7.71 – J  3 – 1982 –1.2 –, GMBl.  1971 S. 390 ff.; Rdschr. d. BMJFG v. 13.10.1971 i. d. Bek. v. 5.1.1972 – J 3 – 1982 – 14  –, GMBl.  1972 S. 54; Rdschr. v. 30.11.1971 i. d. Bek. V. 5.1.1972 – J  3 – 1982 – 14 –, GMBl.  1972, S. 54 ff.; RdSchr. d. BMJFG v. 10.5.1972 – J  3 – 1982 – 14.2  –, GMBl.  1972, S. 390 ff.; RdSchr. v. 14.9.1972 i. d. Bek. v. 10.11.1972 – J  3 – 30 – 4 –, GMBl.  1972, S. 674 ff.; RdSchr. v. 10.11.1972 – J  3 – 30 – 4 –, GMBl. 1972, S. 677 ff.; Bek. v. 27.3.73 d. RdSchr. d. BMJFG v. 20.2.1973 – J 3 b – 30 – 5 –, GMBl.  1973, S. 181; RdSchr. d. BMBW v. 22.7.1974 – II A  3 – 30 – 6  –, GMBl.  1974, S. 374 ff. 363  BR-Drs.  457 / 1 / 71. 361  GMBl. 1976,

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

nung des Förderungsbetrages, welche erfahrungsgemäß in der Anlaufzeit Lücken und Fehler aufweisen, die häufige Änderungen der Vorschrift erforderlich machten. Daher empfahl der Ausschuss die Veröffentlichung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift ausdrücklich nur als Entwurf. Die Obersten Landesbehörden sollten die Ämter für Ausbildungsförderung sodann anweisen, im Förderungsverfahren nach diesem Entwurf zu verfahren. Auch die Rundschreiben mit Entwürfen der ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG begründen somit eine Vorwirkung364 hinsichtlich der erst später förmlich erlassenen BAföGVwV. Aufgrund des Erfahrungsrückflusses aus der Arbeit mit dem Entwurf sollte dieser nach einem Jahr überarbeitet und erneut dem Bundesrat zugeleitet werden. Ein derartiges Vorgehen ist in der Regelungspraxis nicht unüblich. Allgemein trägt es zur Qualität einer späteren Regelung bei, wenn ihre Materie durch eine vorläufige Regelung, auch auf Landesebene, erprobt und ggf. vor ihrem endgültigen Erlass modifiziert wird bevor sie in einer Vorschrift des Bundes aufgeht.365 Die Frist zur Überarbeitung des Entwurfs der ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift konnte schließlich nicht eingehalten werden. Er wurde in der Folge noch durch vier weitere Rundschreiben ergänzt, um die durch das 1. und 2. BAföGÄndG erforderlichen Änderungen einzufügen. Das Rundschreiben vom 30.  November 1971 enthält schließlich einen umfassenden Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift, welche auf die meisten Paragraphen des BAföG Bezug nimmt. Als Anlage ist ihm ein Vorschlag an die Länder zur Formulierung der Förderungsbescheide beigefügt, welcher in die BAföGVwV selbst jedoch nicht übernommen wurde. In weiteren Rundschreiben finden sich zudem Berechnungsbögen für die Einkommensanrechnung mit der Bitte, diese bei der manuellen Berechnung der Förderungsbeträge zugrunde zu legen.366 Diese waren zuvor von der Formblattkommission erarbeitet und vom zuständigen Bundesminister gebilligt worden. Ein weiteres Rundschreiben enthält als Anlage mit den Obersten Landesbehörden abgestimmte Erfassungsbögen für geleistete Darlehen, welche bei der Übermittlung der Daten an das Bundesverwaltungsamt zu verwenden waren.367 364  Zu

dem Begriff siehe auch unten § 18 B. I. 2. d) bb). Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 88 zur Erprobung einer Gesetzesmaterie durch Verwaltungsvorschriften. Vgl. auch Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 96 f. für den Bereich der Steuerauftragsverwaltung. 366  RdSchr. d. BMJFG v. 11.12.1972 – J  3  b – 48 – 2 –, GMBl.  1973, S. 19 ff. 367  RdSchr. d. BMBW v. 3.10.1973 – II  A  3 – 48 – 11 / 1 –, GMBl.  1973, S. 483 ff. 365  So



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG231

Die Bezeichnung der Rundschreiben wird nicht einheitlich verwandt. Während die Überschriften des Gemeinsamen Ministerialblattes von Rundschreiben sprechen, wird in den Schreiben selbst auch der Ausdruck „Runderlaß“368 gebraucht. Im Jahr 1976 trat schließlich die erste Allgemeine Verwaltungsvorschrift in Kraft. Diese wies mit 580 Teilziffern gegenüber dem ersten umfassenden Entwurf einer Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vom 30.  November 1971 mit ca. 330 Teilziffern einen erheblich größeren Umfang auf, welcher in der Folge auf diesem Niveau verblieb. cc) Rundschreiben zur Korrektur offensichtlicher Fehler Eine weitere Kategorie bildet das Rundschreiben von 1987369 mit welchem lediglich eine Berichtigung von Druckfehlern und offenbaren Unrichtigkeiten erfolgte. Die Korrekturen sollten in der nächsten Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift umgesetzt werden. Bereits zuvor waren sie jedoch im Einvernehmen mit den Obersten Landesbehörden im Verwaltungsvollzug zu beachten. c) Auslegungsrundschreiben zum Bundesausbildungsförderungsgesetz Im weiteren Zusammenhang mit der BAföGVwV werden zudem die Auslegungsrundschreiben zum BAföG genannt.370 Die Häufigkeit des Erlasses und der Umfang dieser Schreiben variiert stark. Das Auslegungsrundschreiben 1 / 73 des damaligen Bundesministers für Bildung und Wissenschaft verfügte über insgesamt 93 Anlagen.371 Dieser Umfang ist angesichts des kurz zuvor erfolgten Inkrafttretens des BAföG nicht verwunderlich, zumal der Erlass der ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG als Arbeitsgrundlage für die Ämter für Ausbildungsförderung erst mit zeitlicher Verzögerung erfolgte. Anders als die Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften wurden die Auslegungsrundschreiben nicht im Ministerialblatt gesammelt und veröffentlicht. Bis in das Jahr 1983 sind die Auslegungsrundschreiben jedoch in der Loseblatt-Sammlung von Henneke / Jaron372 368  Bek. v. 27.3.73 d. RdSchr. d. BMJFG v. 20.2.1973 – J 3 b – 30 – 5 –, GMBl. 1973, S. 181. 369  RdSchr. d. BMBW v. 5.2.1987 – II A  5 – 2452 – 1 / 18 – 1 –; GMBl.  1987, S.  95 f. 370  BT-Drs.  10 / 819 S. 46 f.; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 8. 371  Kießling, ZfF 1976, 169 (170). 372  Die gesamte Ausbildungsförderung in der Bundesrepublik Deutschland. AFÖ.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

verzeichnet, welche 1986 eingestellt wurde. Seitdem existiert eine solche Sammlung von Rundschreiben nicht mehr. Die Wiedereinführung einer entsprechenden Sammlung aller Regelungen zum BAföG wird jedoch in jüngster Zeit vom Nationalen Normenkontrollrat gefordert.373 Insgesamt sind im ersten Jahrzehnt des BAföG rund 50 Rundschreiben ergangen, wobei die exakte Zahl aufgrund des Loseblatt-Charakters der Sammlung, bei dem veraltete Regelungen aussortiert oder durch neue ersetzt werden, nicht zweifelsfrei zu bestimmen ist. Nach der Sammlung dürfte das erste Rundschreiben vom 24.  Juli 1972 über mehr als 50 Anlagen verfügt haben, vom zweiten Rundschreiben vom 10. Mai 1973374 sind noch rund 70 Anlagen in der Sammlung verfügbar, danach beträgt die Zahl der noch vorhandenen Anlagen regelmäßig weniger als fünf. Diese behandeln inhaltlich jeweils einzelne Probleme des Gesetzesvollzugs. Die Zahl der jährlichen Rundschreiben selbst dürfte sich auf vier bis fünf eingependelt haben. Die Regelungen in den Anlagen sind im Frage-Antwort-Schema verfasst, Henneke / Jaron haben sie als Kommentierung in der Reihenfolge der Paragraphen des BAföG geordnet, teilweise wurde die Regelung eines Rundschreibens auch mehreren Paragraphen zugeordnet. Eine Bitte um Beachtung im Vollzug weisen die Auslegungsrundschreiben nicht auf, vielmehr finden sich bestimmendere Formulierungen wie „ist zu leisten“ oder „dazu teile ich mit“. Gegenüber den Einführungsrundschreiben und insbesondere den Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften weisen die Auslegungsrundschreiben einen qualitativen Unterschied auf. Während letztere eine Bündelung der in den Anlagen getroffenen Einzelregelungen darstellen, dienen erstere der umfassenden Erläuterung der im Rahmen einer Gesetzesnovelle getroffenen Neuregelungen. Insgesamt weisen die Rundschreiben als Sammlung verschiedener Einzelregelungen in den Anlagen eher Ähnlichkeit mit dem heutigen Regelungsinstrument des Erlasses als der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift auf.375 Im Vergleich zu der BAföGVwV sind die Regelungen der Auslegungsrundschreiben auf einzelne Fallkonstellationen beschränkt, betreffen anders als Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG jedoch keine einzelnen Förderungsfälle. Allenfalls können einzelne Fälle Anlass für den Erlass eines abstrakt gefassten Auslegungsschreibens sein. Zum Teil nehmen die Schreiben auf einzelne Teilziffern einer Verwaltungsvorschrift Bezug und ergänzen diese. Ihrer Formulierung nach zu urteilen stellen sie eine verbindliche Regelung des Bundeswillens dar. Damit bewegen sich die Auslegungsrundschreiben je373  Nationaler

Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 138. handelt es sich dabei um das o. g. Auslegungsrundschreiben 1 / 73. 375  Vgl. dazu unter § 18 B. I. 2. 374  Vermutlich



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG233

doch außerhalb des Kreises der verfassungsrechtlich vorgesehenen Ingerenzrechte.376 d) Rechtsnatur und Bindungswirkung der Rundschreiben Aufgrund ihres unterschiedlichen Charakters bedarf auch die rechtliche Bewertung der Rundschreibenpraxis einer differenzierten Betrachtung. Den Einführungsrundschreiben kommt dabei eine rein erläuternde, informative Funktion zu. Zwar dienen die „einführende[n] Hinweise [… der …] Unterrichtung [… des …] nachgeordneten Bereichs“ der Länder.377 Damit tut der Bund seine Rechtsauffassung über den Vollzug des BAföG kund, ein über das Gesetz hinausgehender Regelungscharakter kommt den Rundschreiben soweit ersichtlich jedoch nicht zu. Die Formulierung der Einführungsrundschreiben vermag so auch keine weitere Bindungswirkung zu erzeugen, weshalb diese nicht in Konflikt mit allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Sinne des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG stehen. Ggf. können die Einführungsrundschreiben jedoch dem Aufsichtsrecht des Art. 85 Abs. 4 GG zugeordnet werden. Als problematisch erweist sich hingegen die Regelungspraxis durch Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften, sofern diese in Konflikt mit der BAföGVwV stehen. Mangels Zustimmung des Bundesrates besteht keine Gleichwertigkeit zwischen allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Sinne des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG und Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften.378 Daher dürfte den Rundschreiben im Bund-Länder-Verhältnis lediglich der Charakter unverbindlicher Empfehlungen und damit allenfalls eine mit allgemeinen Verwaltungsvorschriften vergleichbare faktische Bindungswirkung zukommen.379 Sie stellen so eine weitere Kategorie extrakonstitutioneller Regelungsinstrumente dar. Die Länder können die Entwürfe gleichwohl als eigene Verwaltungsvorschriften an ihre Behörden weitergeben und so für diese zur verbindlichen Vorgabe machen.380 Für die Bindung der örtlichen Behörden 376  Anders Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 3, der die Auslegungsrundschreiben den Einwirkungsrechten des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG zuordnet. 377  So das Einführungsrundschreiben zum 23. BAföGÄndG vom 15.10.2010, Gz. 414-42501-ÄndG / 239. 378  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.4; Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 6. 379  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.4. Vgl. zum Umfang der Bindungswirkung von Rundschreiben allgemein auch Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 95. 380  Roggentin, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.4; Ram­sauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 6.

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macht dies keinen Unterschied, jedoch vermögen nur die intersubjektiven Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG eine Bindung des Landes herbeizuführen. Insofern stellt die Beachtung der Rundschreiben im Vollzug eine Art faktischen Konsens dar. Sofern die Rundschreiben jedoch Abweichungen von der bisherigen Verwaltungsvorschrift des Bundes vorsehen, stellt der Umsetzungsakt der Länder einen Verstoß gegen die BAföGVwV dar. Durch den Erlass entsprechender Regelungen werden die Mitwirkungs- und Verfahrensregelungen des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG unterlaufen. Diese verbieten eine Änderung der BAföGVwV ohne Zustimmung des bei ihrem Erlass beteiligten Bundesrates. Die vor Erlass der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift von 1976 veröffentlichten Rundschreiben dürften im Gegensatz zu den Rundschreiben zur Änderung der BAföGVwV einer besonderen rechtlichen Bewertung unterliegen. Da sie vor Erlass der nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG verbindlichen BAföGVwV ergingen, besteht keine Kollisionslage zwischen sich widersprechenden Regelungskomplexen. Auch die rechtliche Einordnung der Auslegungsrundschreiben ist fraglich und wurde seinerzeit im Schrifttum diskutiert.381 Mangels Einzelfallcharakters können die Auslegungsrundschreiben bereits keine Weisungen gemäß Art. 85 Abs. 3 GG darstellen. Zudem wird vertreten, der Bund habe bei Erlass der Auslegungsrundschreiben nicht den Willen, eine rechtsverbindliche Regelung gegenüber den Landesbehörden zu treffen. Vielmehr lege der Bund lediglich seine Rechtsauffassung zu bestimmten Fragen des Vollzugs dar und nehme damit eine ausschließlich beratende Funktion wahr.382 Diese Auffassung ist jedoch zweifelhaft. So ist fraglich, warum der Bund seine Rechtsauffassung kundtun sollte, wenn er damit nicht bezweckt, dass diese im Verwaltungsvollzug entsprechend befolgt wird. Somit könnten sich die Auslegungsrundschreiben nach der Zweckbestimmung des Bundes auch als Aufsichtsmaßnahme gemäß Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG darstellen.383 Sie beziehen sich im Sinne einer Klarstellung und Erläuterung auf die Gesetz- und Zweckmäßigkeit des Ländervollzugs und sollen den mit der Ausführung beauftragten Ämtern für Ausbildungsförderung entsprechende Anleitung im Sinne einer steuernden Vorab-Kontrolle geben. Auch in der Anfangsphase der Einführung des AFBG wurden Auslegungsfragen zur Wahrung eines einheitlichen Gesetzesvollzugs durch 381  Vgl. bei Hennecke, RdJB  1977, 245 (249), welcher ihre Rechtmäßigkeit im Hinblick auf Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG für zweifelhaft hält. 382  Ramsauer / Stallbaum, BAföG, 3. Aufl. 1991, § 39 Rn. 4; Roggentin, in: ­Rothe / Blanke, BAföG, § 39 (24. Lfg. 2005) Rn. 4.5. 383  So noch die Auffassung bei Ramsauer / Stallbaum, BAföG, 1. Aufl. 1984, § 39, von der sich die Bearbeiter in den folgenden Auflagen jedoch distanzieren.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG235

entsprechende Rundschreiben unter Abstimmung mit den Obersten Landesbehörden beantwortet. Hierbei berief der Bund sich auf seine „Rechts- und Fachaufsicht im Rahmen des Artikels  85 Abs. 4  GG“384. Zweifelhaft bleibt hingegen die Zulässigkeit der gewählten Form der Rundschreiben. Für abstrakt-generelle Regelungen des Bundes sieht Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG den Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften vor. Gegenüber den BMF-Schreiben des Bundesministers der Finanzen, den Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau der Bundesfernstraßenverwaltung und der Richtlinienpraxis zum BEEG bleibt festzuhalten, dass die vereinzelten Rundschreiben zum BAföG keine vergleichbare Bedeutung für die Verwaltungspraxis erlangt haben. So stellt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum BAföG trotz ihrer Unzulänglichkeiten weiterhin das grundlegende Steuerungsinstrument im Bereich der Ausbildungsförderungsverwaltung dar.385 Sie reicht in ihrer Bedeutung über die Verwaltungsvorschriften in der Steuerauftrags- und Bundesfernstraßenverwaltung hinaus und macht eine darüber hinausgehende Rundschreibenpraxis weithin obsolet. e) Verbindlicherklärung der Rundschreiben durch Weisungen In Teilen des Schrifttums wird zudem vertreten, der Bund könne Entwürfe allgemeiner Verwaltungsvorschriften im Fall fehlender Zustimmung des Bundesrates zur Grundlage einer entsprechenden Einzelweisung machen.386 Dadurch würden die grundsätzlich ohne Bindungswirkung ausgestatteten Regelungen rechtliche Verbindlichkeit erlangen. Diese Problematik wurde verschiedentlich am Beispiel konsensualer Regelungen im Bereich des Atomrechts diskutiert387, ist jedoch auch aus den frühen Jahren des BAföG von den Rundschreiben mit Entwürfen Allgemeiner Verwaltungsvorschriften bekannt. In diesen war neben der Bitte, bei der Ausführung des BAföG entsprechend dem Entwurf zu verfahren, der Hinweis enthalten, der zuständige Bundesminister werde „soweit erforderlich [auch] Weisungen aufgrund des Artikels 85 Abs. 3 GG nach diesem Entwurf einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift erteilen“.388 Gleichwohl ist diese Anmerkung nie praktisch relevant geworden. 384  BT-Drs.  14 / 1137,

S. 22. auch § 17 A. I. 1. sowie Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 406. 386  Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 6; a.  A. Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 30. 387  Vgl. Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S.  76 f.; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 30. 388  Vgl. Rdschr. d. BMJFG v. 13.10.1971 i. d. Bek. V. 5.1.1972 – J 3 – 1982 – 14  –, GMBl. 1972 S. 54 ff.; RdSchr. d. BMJFG v. 10.5.1972 – J 3 – 1982 – 14.2  –, 385  Vgl.

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Die Entwürfe der Verwaltungsvorschrift könnten danach als vorweggenommene Weisungen zu verstehen sein, welchen die Landesbehörden im vorauseilenden Gehorsam folgen. Insofern stellt sich jedoch das Problem der Abgrenzung dieser abstrakt-generellen Regelungen von Einzelweisungen und der damit einhergehenden Umgehung der Anforderungen des Art. 85 Abs. 2 und 3 GG.389 Die Entwürfe der allgemeinen Verwaltungsvorschrift überschreiten regelmäßig den Umfang einer Anordnung, die als Weisung ergehen könnte. Folglich kann ihnen auch nicht der Charakter einer vorweggenommenen Weisung zugesprochen werden. Zumindest kommt den extrakonstitutionellen Regelungen jedoch eine Vorwirkung390 auf ggf. später zu erlassende Weisungen zu, welche über das Weisungsrecht im Einzelfall hinaus zu einer Gleichschaltung der Länderverwaltungen führt. Voraussetzung einer solchen Verbindlicherklärung ist jedenfalls, dass der Erlass einer Weisung klar erkennbar ist.391 Zudem müssten auch die materiellen Voraussetzungen des Weisungserlasses erfüllt sein. Unproblematisch erscheint jedenfalls die Verbindlicherklärung einer konsensuellen Vorgabe im unvorhergesehenen Einzelfall392, da eine solche ohnehin durch Weisung getroffen werden könnte. Umstritten ist hingegen die planmäßige Ankündigung eines Ministers, bei Abweichungen von den unverbindlichen Vorgaben von seinem Weisungsrecht Gebrauch zu machen393, wenn hierdurch eine über den Einzelfall hinausreichende Bindungswirkung bezweckt wird. Fraglich ist dann, ob der Erlass einer Einzelweisung zur Durchsetzung einer nicht rechtsverbindlichen Regelung rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig ist. Wie aufgezeigt erreicht der Bund durch diese Praxis eine Regelungswirkung, welche über diejenige einer Einzelweisung hinausgeht. Denn die Bekanntgabe der Rechtsauffassung des Bundes, verbunden mit einem Weisungsvorbehalt, hat weder den für eine Weisung erforderlichen Sachverhaltsbezug im Einzelfall, noch werden die Erlassvoraussetzungen einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG eingehalten. GMBl. 1972, S. 390 ff.; RdSchr. d. BMBW v. 14.11.1974 – II  A  4 – 30 – 7 –, GMBl. 1975, S. 68; RdSchr. d. BMBW v. 24.7.1981 – II  A  3 – 2430 – 18 / 1 –, GMBl. 1981, S. 314 ff. 389  Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 30; Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 395; Degenhart, in: Koch u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 416. 390  Zu dem Begriff siehe auch unten § 18 B. I. 2. d) bb). 391  BVerfGE 81, 310 (336); vgl. auch Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 394. 392  Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 395 ff. 393  Ebenso unproblematisch nach Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 395.



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So ist die Praxis der Verbindlicherklärung kooperativer Regelungen durch Erlass entsprechender Weisungen im Einzelfall jedenfalls als rechtlich bedenklich zu werten. Durch sie erhalten die eigentlich unverbindlichen Regelungsinstrumente eine Rechtswirkung, welche in dem auf Konsens und Kooperation gerichteten Verfahren ihres Erlasses sowie ihrer Umsetzung nicht angelegt ist. Unzulässig dürfte dies jedenfalls dann sein, wenn der Bund einseitig informelle Richtlinien zum Gesetzesvollzug herausgibt, um auf deren Grundlage im Einzelfall Weisungen zu erlassen. Solche einseitigen Regelungen stellen keinen geeigneten Maßstab des Weisungsrechts dar. Mit Verweis auf den Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens muss es dem Bund andererseits möglich sein, den Ländern bereits im Vorfeld einer Weisung aufzuzeigen, in welchen Fällen er ein Einschreiten im Weisungswege erwägt. Dies erfordert eine Kommunikation zwischen Bund und Ländern, in deren Rahmen der Bund seine Rechtsauffassung zum Ausdruck bringen kann.394 Diese Einschätzung dürfte auch auf der Linie des Bundesverfassungsgerichts liegen, welches im Rahmen der Kalkar-Entscheidung entschied, dass es dem Gebot der Rücksichtnahme entspricht, den Erlass einer Weisung rechtzeitig anzukündigen.395 Die Bekanntgabe der Auffassung des Bundes stellt insofern einen notwendigen Zwischenschritt vor Erlass einer Weisung dar.396 Insbesondere bei konsensualen Regelungen geht dem Eingreifen des Bundes stets die gemeinsame Erarbeitung von Vorgaben mit den Ländern voraus, in deren Rahmen die Länder zudem die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme und darüber hinaus der echten Mitentscheidung erhalten.397 Ein weiteres Mittel einer konsensualen Regelung zu rechtlicher Verbindlichkeit zu verhelfen, stellt die Verweisung dar.398 So kann eine informelle Regelung für die Länder Verbindlichkeit erlangen, wenn eine Verwaltungsvorschrift oder ein Gesetz auf diese Bezug nimmt. Eine entsprechende Verweisung ist im Rahmen des BAföG und entsprechender Verwaltungsvorschriften hingegen nicht gegeben. Jedenfalls in Form einer dynamischen Verweisung dürfte sie zudem als Umgehung des dem Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG zugrunde liegenden Schutzzwecks399 unzulässig sein.400 Unbedenklich erscheinen demgegenüber statische Verweisungen sowie die Verbindlicherklä394  Ossenbühl, in: Lukes, Neuntes Deutsches Atomrechts-Symposium, S. 51, 63; Wieland, in: Koch u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 393, 402 f. 395  BVerfGE 81, 310 (338). 396  Niehaus, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 363, 368. 397  Niehaus, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 363, 373. 398  Vgl. Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 398. 399  Vgl. hierzu § 17 A. II. 1. 400  Vgl. Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 398.

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rung einer konsensualen Regelung durch deren später erfolgenden ordnungsgemäßen Erlass in Form einer Verwaltungsvorschrift.401 2. Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung In Ergänzung fehlender Weisungen und teilweise veralteter Verwaltungsvorschriften und Rundschreiben erfordert die Ausbildungsförderungsverwaltung eine stetige, auch kurzfristige verwaltungsinterne Abstimmung zwischen Bundes- und Länderebene. Zu diesem Zweck macht das Bundesministerium für Bildung und Forschung seit der Einführung des BAföG im Jahr 1971 von der Herausgabe von Erlassen402 Gebrauch. Hierdurch hat sich in der Vergangenheit eine systematische und umfassende Erlasspraxis etabliert. Die Erlasse stellen ein in der Verwaltungspraxis entwickeltes, verfassungsrechtlich nicht vorgesehenes Steuerungs- und Aufsichtsinstrument dar. Sie bewirken eine über die Regelungen des BAföG sowie der dazu ergangenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift hinausgehende ‚Bindung‘ der Ämter für Ausbildungsförderung.403 Für den Vollzug des BAföG kommt ihnen eine erhebliche Bedeutung zu.404 a) Überblick über die Erlasspraxis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Die Erlasse, welche ausschließlich verwaltungsintern bekannt gemacht und nur auf konkrete Nachfrage auch den Förderungsempfängern zur Verfügung gestellt werden, sollen hier zunächst näher dargestellt werden.405 aa) Form der Erlasse Die Form und der Aufbau der Bundeserlasse sind vereinheitlicht. Sie ergehen in Briefform, sind an die Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung sowie die Landesämter für Ausbildungsförderung adressiert, weisen neben dem Sachbearbeiter für etwaige Rückfragen das Datum sowie 401  Vgl. Jarass, in: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 367, 398; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (239 f.). 402  Zu diesem Aufsichtsinstrument auch Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 210. 403  Zeh, Wille und Wirkung der Gesetze, S. 419. Ob Erlassen und sonstigen Vorschriften tatsächlich eine Bindungswirkung zukommt, siehe bei 2. b). 404  Hennecke, RdJB  1977, 245 (249). 405  Die Darstellung erfolgt anhand einer exemplarischen Auswahl von Erlassen, welche der Verfasserin für Zwecke dieser Arbeit zur Verfügung standen.



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ein Aktenzeichen auf und benennen als Betreff und Gegenstand des Schreibens das Bundesausbildungsförderungsgesetz. Regelmäßig wird auf einzelne Aspekte oder Normen des Gesetzes oder vorherige Regelungen und Erlasse Bezug genommen. Insofern ist ihre Gestaltung an die BMF-Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen angelehnt.406 Häufig weisen sie auch in der Betreffzeile einen Bezug zu vorherigen Regelungen oder Erlassen auf. Im Text einiger Erlasse wird zudem Bezug auf Gespräche und Vereinbarungen im Rahmen der Sitzungen der OBLBAfö genommen. bb) Gegenstand der Erlasse Anlass eines Bundeserlasses ist regelmäßig die an das Bundesministerium für Bildung und Forschung gerichtete Anfrage einer Landesbehörde zu einem konkreten Problem im Gesetzesvollzug.407 Diese Anfragen dienen zumeist einer Rückversicherung der Länder beim zuständigen Bundesministerium.408 Auslöser dieser Anfragen können einzelne Förderungsfälle, aber auch generelle Vollzugsfragen sein. Die Anfragen werden daher zumeist in verallgemeinerter Form auch für gleichgelagerte Fälle beantwortet. Auch Änderungen der gesetzlichen Grundlagen der Ausbildungsförderung409 oder die Umsetzungen von Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts oder der Oberverwaltungsgerichte der Länder zu Fragen der Ausbildungsförderung in der Vollzugspraxis410 können Gegenstand der Erlasse des Bundes­minis­te­­riums für Bildung und Forschung sein. So binden gerichtliche Urteile gemäß § 121 VwGO nur die am Verfahren Beteiligten. 406  Vgl. die Beschreibung der ähnlich gestalteten BMF-Schreiben bei Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 53 ff. 407  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 6.2.2009, Gz. 414-42531; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 9.6.2005, Gz. 314-42531 / 42530 BY (Mietkautionskonten); Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 23.1.2008, Gz. 414-42530 BE. 408  Vgl. dazu Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 6.6.2011, Gz. 413-42459-1 / 6, welcher auf die Regelung eines Sitzungsprotokolls der OBLBAfö Bezug nimmt; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 28.7.2011, Gz. 414-42531 §§ 11, 25; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 26.11.2003, Gz. 314-42530 BE. Vgl. zur Weisungspraxis der Bundesfernstraßenverwaltung Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 119. 409  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.11.2011, Gz. 414-42531 §§ 21, 22 zur Anhebung des Werbungskostenpauschbetrags nach dem EStG. 410  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 7.5.2007, Gz. 414-42531; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 18.5.2010, Gz. 414-42531-1-§14a.

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Um eine allgemeine Anwendung der Entscheidung auch für vergleichbare Förderungsfälle zu erreichen, werden den Ämtern für Ausbildungsförderung gerichtliche Entscheidungen mit allgemeiner Bedeutung für die Förderungspraxis zumeist im Erlasswege bekannt gemacht oder bestimmt, dass eine Übertragung auf ähnliche Fälle in begründeten Einzelfällen nicht erfolgen soll. Regelmäßig werden die Erlasse in diesen Fällen zugleich an alle Länder übersandt. Daneben gibt es eine Vielzahl weiterer ‚Zwischentöne‘ von Kontakten zwischen Bund und Ländern. So wenden sich Landesbehörden bei Unsicherheiten hinsichtlich Vollzugsfragen in Einzelfällen an das Bundesministerium für Bildung und Forschung um das weitere Vorgehen abzustimmen. Aber auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung bittet die zuständigen Landesbehörden zu einzelnen Fragen der Ausbildungsförderung um Stellungnahmen zur Vorbereitung von weiteren Anordnungen. Das Ministerium kann sodann seine Bedenken und etwaige eigene Lösungsvorschläge im Vorfeld äußern. Um eine bundeseinheitliche Handhabung des Gesetzesvollzugs zu gewährleisten, erhalten die übrigen Länder den jeweiligen Bundeserlass regelmäßig nachrichtlich zur Kenntnisnahme.411 Auch im Rahmen des Weisungsrechts nach Art. 85 Abs. 3 GG412 kann entsprechend differenziert werden; nach überwiegender Meinung ist nicht erforderlich, dass Weisungen jeweils gleichgerichtet an alle Länder ergehen.413 Damit sind Erlasse zu konkreten Vollzugsproblemen in einzelnen Ländern von solchen Erlassen, die an alle Länder gerichtet sind, zu unterscheiden. So ergehen Erlasse an die betroffenen Länder, wenn der Bund Fehler im Gesetzesvollzug einzelner Länder feststellt oder auf andere Weise Kenntnis von Vollzugsschwierigkeiten erhält.414 In diesem Fall einer Reaktion auf ein konkretes Fehlverhalten der Behörden eines Landes erhalten die übrigen 411  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 9.6.2005, Gz. 314-42531 / 42530 BY (Mietkautionskonten); Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 26.10.2005, Gz. 314-42530 HE; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 6.4.2004, Gz. 314-42530; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 23.1.2008, Gz. 414-42530 BE; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 26.11.2003, Gz. 314-42530 BE; nicht jedoch den Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Az. 413-42459-1 / 6 vom 6.6.2011, welcher sich nur an die Behörden in NRW richtet. 412  Zur Frage, ob die Erlasse als Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG einzuordnen sind unten b). 413  Dazu oben § 8 E. II. 2. 414  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 31.3.2003, Gz. 314-42530 NI. Hier hatte ein anderes Land das Bundesministerium für Bildung und Forschung über die fehlerhafte Praxis unterrichtet.



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Länder den Erlass nachrichtlich zur Kenntnisnahme.415 Aber auch allgemeine Fehler im Gesetzesvollzug in mehreren Ländern können Grund für einen klarstellenden Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sein.416 Auskunft über die Art der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung geben auch die jeweiligen Aktenzeichen der Schreiben unter Zuhilfenahme des Aktenplans des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Die in der Verwaltungspraxis als Erlasse bezeichneten Anordnungen sind zumeist mit den Aktenplankennzeichen 42530 oder 42531 versehen. Diese sind im Aktenplan inhaltlich mit „Vollzug des BAföG in den Ländern“ und „Auslegungsrundschreiben an die OBLBAfö“ beschrieben. Zunächst ist auffällig, dass die in der behördeninternen Kommunikation als Erlasse bezeichneten Schreiben als Auslegungsrundschreiben geführt werden. Diese Bezeichnung wird auch von einigen Erlassen aufgegriffen und dürfte historisch begründet sein, da die früheren Mitteilungen des zuständigen Bundesministeriums als Auslegungsrundschreiben bezeichnet wurden.417 Zumeist, aber nicht ausschließlich, betreffen die Schreiben mit Aktenzeichen 42530 die Beantwortung von Anfragen einzelner Länder. Die Aktenzeichen sind dazu mit einem Länderkürzel versehen, aus welchem ersichtlich ist, aus welchem Land die Anfrage stammt. Die Antwortschreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung werden dann nachrichtlich an alle Obersten Landesbehörden zur Kenntnisnahme versandt. Schreiben mit Aktenzeichen 42531 gehen demgegenüber nicht auf die Anfragen einzelner Länder zurück. Hier werden die Aktenzeichnen teilweise mit einem Paragraphenzusatz versehen, welcher angibt, auf welche Norm des BAföG sich das Schreiben bezieht. Die Einladungen sowie die Protokolle zu den Sitzungen der OBLBAfö418 sind hingegen unter dem Kennzeichen 42532 verzeichnet. Die BAföGVwV sind jüngst mit der Ziffer 42511 (zuvor 2452) veröffentlicht worden, die FormblattVwV hingegen mit der Ziffer 42514 (zuvor 2454). 415  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 31.3.2003, Gz. 314-42530 NI. 416  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 12.4.2005, Gz. 314-42531; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 11.6.2008, Gz. 414-42531; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 15.2.2008, Gz. 414-42531: „Aus gegebenem Anlass erinnere ich daran, dass […]. Da es in mehreren Ländern offensichtlich eine abweichende Praxis gibt, bitte ich Sie, Ihren nachgeordneten Bereich auf den folgenden Protokollauszug hinzuweisen.“ 417  Siehe dazu § 18  B. I. 1. c). Vgl. auch die Nachweise bis in die 1980er Jahre bei Hennecke / Jaron, Die gesamte Ausbildungsförderung in der Bundesrepublik Deutschland. 418  Zu diesen § 18 B. I. 3.

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cc) Regelungsdichte der Erlasse Die genaue Zahl der geltenden Erlasse ist mangels eindeutiger Angaben unklar. Inoffiziell wird von inzwischen über 1.000 Erlassen ausgegangen.419 Damit liegt ihre Anzahl noch weit unter der Zahl der BMF-Schreiben für den Bereich der Steuerauftragsverwaltung.420 Die Angaben der Behörden hierzu schwanken jedoch. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung selbst kann keine genaue Auskunft über die Anzahl der jährlich herausgegebenen Erlasse sowie die Gesamtzahl der aktuell gültigen Erlasse geben. Eine Zählung der bei der Bezirksregierung Köln gesammelten Erlasse zu Einzelfragen der Förderungsverwaltung ergab für das Jahr 2012 sechs Erlasse, für 2011 hingegen 20, für 2010 ungefähr gleichbleibend 19, und für das Jahr 2009 sogar 26 Erlasse. Dieser Befund deckt sich nicht mit den Angaben des Nationalen Normenkontrollrates, welcher in seiner Zwischenbilanz zum Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“421 nach Auskunft einiger Länder von jährlich circa 40–50 Erlassen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung spricht. Andere Länder geben eine Zahl von höchstens 20 bis 25 Erlassen pro Jahr an. Gleichwohl ist diese nicht konstant. Grund für diese Unklarheit könnte sein, dass es keine offizielle Sammlung und kein einheitliches System zur Erfassung der Erlasse gibt. Zur erleichterten Auffindbarkeit auch älterer Erlasse wäre eine Systematisierung erforderlich. Ohne eine solche besteht die Gefahr, dass Erlasse bundesweit nicht einheitlich bekannt gemacht und befolgt werden, wodurch sich das Risiko von Vollzugsunterschieden erhöht. Dieses Phänomen ist in der Verwaltungspraxis anderer Bereiche nicht unbekannt. So stellte Döhler422 in seiner Untersuchung der Bundesverwaltung fest, dass der „handlungsleitende Charakter von Erlassen“ durch eine große Menge verloren geht. Dies hat zur Konsequenz, dass die Erlasslage nur noch von älteren Mitarbeitern überblickt und beachtet werden kann, wodurch das Ziel der einheitlichen Steuerung verfehlt wird.423 Ferner ist unklar, ob tatsächlich alle Äußerungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung als Erlasse im engeren Sinne einzuordnen sind. 419  Andere

Stellen sprechen von insgesamt 2.000 bis 3.000 Erlassen. § 18 A. I. 421  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, vom 6.7.2012, S. 3. 422  Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 235. Vgl. auch darauf Bezug nehmend Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 153. Auch Oebbecke, Weisungs- und unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 17 weist auf die negative Wirkung eines extensiven Weisungsgebrauchs (im weiteren Sinne) auf die Ausführungskapazität der angewiesenen Stelle hin. 423  Ellwein, Verwaltung und Verwaltungsvorschrift, S. 13 f. 420  Dazu



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Neben den Anweisungen zu einzelnen Rechtsfragen gibt das zuständige Bundesministerium umfassende Rundschreiben zu Fragen der Ausbildungsförderung424, Protokolle gemeinsamer Sitzungen mit den Länderbehörden mit ergänzenden Regelungen425 und weitere Schreiben auch an einzelne Länder426 heraus. Damit existiert eine Vielzahl extrakonstitutioneller Regelungsformen und Kontakte, welche eine Abgrenzung untereinander erschwert. Die schwankenden Angaben zu der Zahl der Erlasse sind hierdurch begründet. dd) Charakterisierung der Erlasse nach ihrem Inhalt Die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung lassen sich anhand ihrer Regelungsgegenstände in verschiedene Kategorien einordnen. Hinsichtlich ihrer Typisierung kann in Anlehnung an Ossenbühl427 eine Unterscheidung zwischen organisatorischen Bestimmungen sowie normkonkretisierenden, -interpretierenden und ermessenslenkenden Erlassen getroffen werden.428 Tatsächlich betreffen die Erlasse überwiegend die Ergänzung des BAföG und der hierzu erlassenen Regelungen der BAföGVwV.429 Durch die Erlasse wird eine zuvor zwischen Bund und Ländern vereinbarte Gesetzesauslegung festgehalten, durch welche die Verwaltungspraxis unabhängig von einer Änderung des BAföG gesteuert wird.430 Detailregelungen werden somit aus den gesetzlichen und verfassungsrechtlich vorgesehenen hierarchischen Regelungen ausgelagert und der Verwaltungsebene überantwortet. Dabei werden Vollzugsprobleme, welche in den BAföGVwV nicht ausdrücklich geregelt sind, entsprechend dem Sinn und Zweck des Gesetzes ausgelegt. Den Erlassen kommt im Verwaltungsvollzug somit eine ergänzende Funk­ tion zu. Der Übergang zwischen Erlassen und Allgemeiner Verwaltungsvorschrift ist fließend. Was die BAföGVwV inhaltlich offen lässt, wird im Rahmen von Erlassen näher konkretisiert.431 Teilweise werden im Erlasswe424  Dazu

§ 18 B. I. 1. § 18 B. I. 3. 426  Siehe zu Erlassen an einzelne Länder § 18 B. I. 2. a) bb). 427  Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 250 ff. 428  Vgl. zur entsprechenden Typologie von Weisungen Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 98 ff.; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 146 ff. 429  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 12.4.2005, Gz. 314-42531. 430  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 9 mit entsprechendem Erlass vom 5.12.2008, Az. 414-42531 als Anlage zu TOP  5.1. 431  Zu den Problemen der Rangordnung der Regelungen und etwaiger Konkurrenzen unter § 18 B. I. 2 c) bb) (1). 425  Dazu

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ge auch frühere Erlasse durch weitere Klarstellungen ergänzt und konkretisiert. Durch zum Teil aufeinander aufbauende Regelungen entsteht eine sehr ausdifferenzierte Erlasslage zu einzelnen Sachkomplexen. Teilweise wird auch die Behandlung komplexer rechtlicher Zusammenhänge, z. B. zu steuerrechtlichen Fragen, im Erlasswege zu einer Verfahrensanleitung aufgearbeitet und so den Ämtern für Ausbildungsförderung das Vorgehen in der Praxis vorgegeben. b) Rechtsnatur der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Fraglich ist, welche Rechtsnatur den Erlassen zukommt und auf welche Grundlage ihre Herausgabe gestützt werden kann. Zu differenzieren ist zwischen allgemeinen Verwaltungsvorschriften, sonstigen verbindlichen verwaltungsinternen Regelungen, Weisungen sowie unverbindlichen Regelungen.432 Eine Charakterisierung als Rechtsverordnungen scheidet hinsichtlich der bloß verwaltungsinternen Wirkung der Erlasse von vornherein aus. Auch eine vertragliche Bindung ist nicht gegeben, da es an entsprechenden Erklärungen der beteiligten Verwaltungsbehörden fehlt. Die Erlasse werden vielmehr einseitig vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegeben.433 Ebenso scheidet eine Einordnung als sonstige verbindliche verwaltungsinterne Regelungen aus. Für die Schaffung verbindlicher Regelungsinstrumente abseits der in Art. 85 GG normierten Ingerenzen fehlt es an einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung.434 aa) Erlasse als allgemeine Verwaltungsvorschriften Fraglich ist, ob sich die Erlasse angesichts der Heterogenität verwaltungsinterner Reglungsinstrumente den klassischen Rechtsquellen der Verwaltungsvorschriften zuordnen lassen. Das Bundesverfassungsgericht stellt hierzu auf allgemein anerkannte Kriterien ab. Demnach sind als allgemeine Verwaltungsvorschriften „solche Regelungen zu verstehen, die für eine ab432  Vgl. zu dieser Differenzierung auch Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 59 ff. Vgl. zur möglichen inhaltlichen Reichweite der Erlasse Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 210. 433  Zudem verstieße eine entsprechende vertragliche Verpflichtung gegen die Zuständigkeitsverteilung nach Art. 85 GG, vgl. Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S. 53 f. 434  Vgl. zur Notwendigkeit einer Rechtsgrundlage intersubjektiver Regelungen wie der BMF-Schreiben Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 224 ff., welche hinsichtlich des intersubjektiven Charakters maßgeblich auf den Vorbehalt des Gesetzes abstellt.



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strakte Vielzahl von Sachverhalten des Verwaltungsgeschehens verbindliche Aussagen treffen, ohne auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet zu sein“435. Die Erlasse stellen abstrakte Regelungen verwaltungsinterner Art dar und sind somit grundsätzlich als Verwaltungsvorschriften einzustufen. Auch die Bezeichnung als ‚Erlass‘ deutet auf eine Einordnung als Verwaltungsvorschrift hin.436 Ebenso wie die BAföGVwV dienen sie zudem der Koordinierung des Vollzugs des BAföG. Beleg für die inhaltliche Vergleichbarkeit ihrer Regelungsgegenstände und damit der Durchlässigkeit der Regelungsarten ist zudem, dass die „bereits bekanntgemachte[n] EinzelDurchführungsregelungen (in Form von Erlassen und Rundschreiben zur Gesetzesauslegung) [… im Rahmen der BAföGÄndVwV 2013 …] wieder in einem Regelwerk zusammengefasst“ und damit kodifiziert wurden.437 Gleichwohl werden durch Erlasse häufig über die Verwaltungsvorschriften hinausgehende Detailregelungen getroffen, wodurch diese hinsichtlich ihres Umfangs nur eingeschränkt mit der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG vergleichbar sind. Zudem unterscheiden sich die Erlasse der Form nach wesentlich von der BAföGVwV sowie der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter nach § 46 Abs. 3  BAföG. Während die Erlasse ihrem Inhalt und den Voraussetzungen ihres Entstehens nach somit als allgemeine Verwaltungsvorschriften einzuordnen sind, ist damit noch keine Aussage über ihre rechtliche Verbindlichkeit im BundLänder-Verhältnis getroffen. Für ihre Einordnung als intersubjektive Verwaltungsvorschriften bedarf es der Einhaltung der in Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG normierten Anforderungen. Das Erfordernis des Kollegialbeschlusses der Bundesregierung und der Zustimmung des Bundesrates lassen den allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Bund-Länder-Verhältnis Verbindlichkeit zukommen. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegebenen Erlasse weisen diese Voraussetzung nicht auf und stellen damit keine allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Sinne des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG dar. Anders als die Drucksache des Bundesrates suggeriert („… da Erlasse und Rundschreiben, mit denen Änderungen einhergingen, bereits in der Vergangenheit bekanntgemacht wurden und nunmehr lediglich förmlich in die BAföGVwV integriert werden“438), handelt es sich bei der Aufnahme der Regelungen der Erlasse in die BAföGÄndVwV 2013 nicht 435  BVerfGE  100,

249 (258). zur unterschiedlichen Terminologie der Verwaltungsvorschriften Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 29 ff. 437  BR-Drs.  551 / 13, S. 2. 438  BR-Drs.  551 / 13, S. 122. Die Drucksache ist sogar dahingehend formuliert, dass die BAföG-ÄndVwV 2013 „der Anpassung der Verwaltungsvorschrift an […] eine Vielzahl von Erlassen des BMBF …“ dient. Diese Formulierung stellt die Rangordnung der Regelungen jedoch auf den Kopf. 436  Vgl.

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nur um ihre förmliche Integration in das bereits vorhandene Regelwerk. Vielmehr erlangen die Erlasse hierdurch überhaupt erst rechtliche Verbindlichkeit. bb) Erlasse als Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG Die Erlasse könnten jedoch Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG darstellen. Das Bundesverfassungsgericht bestimmt den möglichen Gegenstand einer Weisung weit439, sodass auch die Bundeserlasse ihrem Inhalt nach als Weisungen eingeordnet werden können. Dazu müssten sie jedoch gegenüber den Ländern als solche Verbindlichkeit haben sowie den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 85 Abs. 3 GG entsprechen, welche das Bundesverfassungsgericht anhand des Gebots bundesfreundlichen Verhaltens noch präzisiert hat.440 (1) Bezeichnung als Erlass Erste Rückschlüsse auf die Rechtsnatur der Erlasse könnte deren Bezeichnung liefern.441 Nach allgemeinem Sprachgebrauch deutet die Verwendung des Begriffs „Erlass“ zunächst auf die Rechtsverbindlichkeit dieser Regelungen hin. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht offiziell als solche bezeichnet werden. Jedoch wird in den Erlassen selbst sowie in den Protokollen der Sitzungen der OBLBAfö auf diese Bezug nehmend von diesem Begriff Gebrauch gemacht. Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung spricht die Bezeichnung als Erlass jedoch gegen deren Verbindlichkeit. So steht als weiteres, im Verhältnis zwischen Bund und Ländern verbindliches Regelungsinstrument neben den Verwaltungsvorschriften nur die Weisung gemäß Art. 85 Abs. 3 GG zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um diejenige Regelungsart, welche einer Vorgabe des Bundes gegenüber den Ländern im Einzelfall Verbindlichkeit zukommen lässt. Die besondere Bezeichnung als Weisung bringt diese Verbindlichkeit gegenüber anderen verwaltungsinternen Regelungen zum Ausdruck. Das Gebot der Weisungsklarheit verlangt daher, dass Weisungen eindeutig und klar erteilt werden, sodass die angewiesene Behörde erkennen kann, „daß ihr gegenüber eine Weisung erteilt worden ist“ und welches 439  BVerfGE 81,

310 (335 f.). 310 (337 ff.). 441  Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, S. 239 hält die Bezeichnung hingegen für ‚unerheblich‘. 440  BVerfGE 81,



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Verhalten diese verlangt.442 Dies setzt voraus, dass eine entsprechende Anordnung eindeutig als Weisung bezeichnet wird, um sie diesem Regelungsinstrument und den damit einhergehenden Bindungswirkungen zuordnen zu können. Die im Rahmen der Atomaufsicht ergangenen Weisungen wurden daher stets als solche bezeichnet.443 Die Erlasse im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung werden hingegen an keiner Stelle als Weisung bezeichnet. Ihre Bezeichnung als Erlasse ist somit bereits Ausdruck der Verschiedenartigkeit des Regelungsinstruments. (2) Fehlender Verweis auf Art. 85 Abs. 3 GG Neben der Bezeichnung der Anordnung als Weisung setzt die Inanspruchnahme des Weisungsrechts aus Gründen der Rechtssicherheit und entsprechend dem Gebot der Weisungsklarheit einen Hinweis auf die verfassungsrechtliche Ermächtigung des Art. 85 GG voraus.444 Diesem Erfordernis wurde auch im Rahmen der umstrittenen atomaufsichtlichen Weisungen durch einen Verweis auf die Grundlage des Weisungserlasses in Art. 85 Abs. 3 GG nachgekommen.445 Eine solche ist bezüglich der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hingegen nicht ersichtlich. (3) Bitte um Beachtung im Vollzug Gegen die Rechtsverbindlichkeit der Erlasse spricht zudem, dass sie überwiegend mit dem Zusatz „Um Beachtung im Vollzug wird gebeten.“446 oder vergleichbaren Wendungen versehen sind.447 Vereinzelt finden sich auch 442  BVerfGE 81,

310 (336). die Weisung, welche dem Fall Kalkar II zugrunde lag, abgedruckt in BVerfGE 81, 310 (317 ff.); ebenso Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 315. Vgl. auch Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 28; Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S.  33 f.; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 34 f. 444  Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 33. 445  So Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S. 80. Vgl. auch hier BVerfGE 81, 310 (317 ff.), wo die Verfassungsnorm sowohl in der Betreffzeile als auch im Text („… sehe ich mich veranlaßt, Sie gemäß Artikel 85 Abs. 3 des Grundgesetzes anzuweisen,…“) angeführt wird. Ebenso BVerfGE  84, 25 (27 f.) und BVerfGE  102, 167 (169); 104, 249 (252 f.). 446  Vgl. zu vergleichbaren Bitten der atomrechtlichen Entsorgungsgrundsätze Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S. 27. 447  Vgl. Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 9, der entsprechende Erlass vom 5.12.2008, Az. 414-42531 ist dem Protokoll als Anlage zu TOP 5.1 angefügt; ebenso Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 26.10.2005, Gz. 314-42530 HE; Erlass des Bundesministeriums für 443  Vgl.

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bestimmtere Formulierungen448, sodass der Wortlaut der Erlasse hinsichtlich ihrer Rechtsverbindlichkeit nicht immer eindeutig ist. Dies vermag jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Formulierungen als Bitte gegen die Verbindlichkeit einer Äußerung spricht. Sie bringt allein den unverbindlichen Wunsch des Bundesministeriums zum Ausdruck, dass der Adressat der Bitte sich dieser entsprechend verhalten möge. Gleichwohl kann eine Bitte dabei nicht auf die bloße Meinungsäußerung des Bundes reduziert werden. Sie ist vielmehr Ausdruck einer – wenn auch unverbindlichen – Verhaltenserwartung an die Länder.449 Ossenbühl450 hält die Bezeichnung einer Weisung als Bitte hingegen grundsätzlich für ausreichend. Bei den explizit als Weisung erlassenen Anordnungen handelte es sich seiner Meinung nach stets um solche, denen entsprechende Differenzen zwischen Bundesministerium und Land vorausgingen, weshalb eine klare Formulierung hier im Einzelfall angebracht war. Dies gelte hingegen nicht für den Regelfall des Weisungserlasses. Zwar kann die Formulierung als Bitte auch Ausdruck höflicher Umgangsform und Anerkennung der Gleichrangigkeit der Akteure im Bund-LänderVerhältnis sein.451 Sie widerspricht damit jedoch dem vom Bundesverfassungsgericht geforderten Gebot der Weisungsklarheit.452 Dieses verlangt, Bildung und Forschung vom 2.12.2005, Gz. 314-42531; für das Wohngeld vgl. Hinweise des BMVBS vom 28.5.2009 – Az. SW 36 – 4153.1 / 2 S. 10. Der Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 1.7.2009, Gz. 414-42531 weist folgende vergleichbare Formulierung auf: „Sie werden daher gebeten, Ihren nachgeordneten Bereich entsprechend zu unterrichten und auf Beachtung der gesetzlichen Vorgaben hinzuwirken.“ Vgl. zudem die Bitte um Abhilfe in Fällen von Bearbeitungsverzögerungen, Antwort des Parl. Staatssekretärs, BT-Drs.  10 / 819, S. 46. Vgl. zur vergleichbaren Bitte, die Entsorgungsgrundsätze anzuwenden Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S. 50, 74. 448  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 6.6.2011, Gz. 413-42459-1 / 6: „Den für Ausbildungsförderung zuständigen Behörden in NRW ist aufzugeben, Erstattungsansprüche gem. §§ 102 ff. SGB  X gegen die Justizbehörden geltend zu machen. Sie werden gebeten, Ihren nachgeordneten Bereich entsprechend anzuweisen.“ Durch Verfügung der Bezirksregierung Köln wurden die Ämter für Ausbildungsförderung entsprechend angewiesen. 449  So Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 29, der von der Äußerung eines Wunsches spricht. Für die Unerheblichkeit der Bezeichnung hingegen Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG, S. 239. 450  In: Lukes, Reformüberlegungen zum Atomrecht, S. 27, 59; ebenso Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 369 f. 451  So u. a. Lange, Die Grundsätze zur Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S.  79 f.; Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 237; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 217 f. 452  BVerfGE 81, 310 (336); vgl. auch Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 34.



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dass „kein[…] Zweifel an der Verbindlichkeit der in ihm [der Anweisung eines Bundesministers] enthaltenen Direktiven“ verbleibt.453 So müssen Weisungen eindeutig von Empfehlungen und sonstigen unverbindlichen Stellungnahmen des Bundes abgegrenzt werden.454 Für entsprechende Anordnungen ist eine zweifelsfreie Zuordnung zu einer Regelungsform bereits aufgrund der mit ihr verbundenen Verlagerung der Sachkompetenz unerlässlich.455 Um Unsicherheiten diesbezüglich zu vermeiden, müssen die Verantwortungsbereiche eindeutig zugeordnet werden können.456 Dem steht die Formulierung einer Weisung als Bitte entgegen.457 Zudem sind derartige Unsicherheiten mit der Funktion der Weisung als Instrument der Verwaltungssteuerung nicht vereinbar. So könnte fälschlich der Eindruck einer Befolgungspflicht entstehen, ohne dass der Bund die Verantwortung für den Weisungsinhalt übernimmt. Auf die Länder entsteht durch unklare Formulierungen ein faktischer Druck, entsprechende Anordnungen zu befolgen, denn im Fall der Nichtbefolgung einer Weisung würden sie sich dem Vorwurf des Verfassungsverstoßes und entsprechender Konsequenzen aussetzen.458 Auslegungszweifel müssen daher zu Lasten des Bundes gehen.459 (4) Zuständigkeit zum Erlass einer Weisung Die Zuständigkeit zum Erlass einer Weisung liegt gemäß Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG bei der jeweiligen Obersten Bundesbehörde, mithin dem Bundesministerium für Bildung und Forschung. Die Erlasse werden von den Mitarbeitern des Ministeriums erarbeitet und von diesen „im Auftrag“ und ohne Gegenzeichnung durch den Bundesminister unterzeichnet. Fraglich ist jedoch, ob die Zuständigkeitsregelung des Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG hierdurch gewahrt wird. Zwar werden die Erlasse auf diese Weise dem Bundesminister als Behördenleiter zugerechnet, im Rahmen der behördeninternen Hierarchie ist dies jedoch ohnehin der Fall. Somit ist fraglich, ob eine Delegation der Weisungskompetenz bzw. deren alleinige Ausübung durch 453  BVerfGE  81,

310 (340). Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 28. 455  Vgl. BVerfGE 81, 310 (336). 456  Vgl. Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S.  237; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 218. 457  Vgl. auch Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 28. 458  Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S.  29 f. 459  Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 130; ders., Die Grundsätze der Entsorgungsvorsorge für Kernkraftwerke, S. 82. 454  Lange,

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die Mitarbeiter eines Dezernats des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zulässig ist. Hierfür könnte die im Fall eines Weisungserlasses auf den Bund übergeleitete Sachentscheidungsbefugnis sprechen. Liegt diese erst einmal beim zuständigen Bundesminister, ist dieser frei, die Befugnis zur Entscheidung in der Sache an die Mitarbeiter des jeweiligen Fachressorts zu delegieren. Diese Auslegung entspricht dem Verständnis des Bundesverfassungsgerichts von der Weisung als regulärem Mittel zur Durchsetzung des Bundeswillens.460 Der Schutzzweck des Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG spricht gleichwohl eher für eine restriktive Interpretation der Ermächtigung zum Weisungserlass. Angesichts der Bedeutung einer Weisung im föderativen Verhältnis ist die Kompetenz zu ihrem Erlass dem Behördenleiter vorenthalten. Folglich ist die Organzuständigkeit zum Weisungserlass nicht gewahrt. (5) Anforderungen an den Weisungsadressaten Ferner ergeben sich aus den verfassungsrechtlichen Vorgaben Anforderungen an den Adressaten der Weisungen. Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegebenen Erlasse werden, wie von Art. 85 Abs. 3 S. 2 GG für Weisungen vorgesehen, elektronisch an die Obersten Landesbehörden, in diesem Fall die zuständigen Landesministerien, geschickt. Die „formale Bahn“ des Weisungserlasses wird im Sinne der „Aufrechterhaltung der Geschlossenheit der Länder als Verwaltungskörper“461 somit grundsätzlich eingehalten. Nachrichtlich werden die Erlasse zudem – soweit in den einzelnen Ländern vorhanden – an die Landesämter für Ausbildungsförderung übersandt und der Verwaltungsweg so verkürzt. Dies hat die Funktion, die Effizienz und Schnelligkeit des Verwaltungsvollzugs zu erhöhen, zumal die Landesämter bzw. deren Nachfolgebehörden regelmäßig mit der Weitergabe der Erlasse an die Ämter für Ausbildungsförderung betraut sind und die Fachaufsicht über diese ausüben. Diese Praxis entspricht jedoch nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben und stellt somit eine Beeinträchtigung der Verwaltungsorganisationshoheit der Länder dar. Gleichwohl scheinen die Obersten Landesbehörden mit diesem Vorgehen, welches Ausdruck einer kooperativen Zusammenarbeit der Bundesund Landesbehörden ist, einverstanden zu sein.

460  BVerfGE 81, 461  So

310 (332). Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn  62.



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(6) Gelegenheit zur Stellungnahme Zudem ist der Bund vor der Ausübung des Weisungsrechts grundsätzlich verpflichtet, dem Land Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und auf die Möglichkeit eines Weisungserlasses hinzuweisen.462 Eine solche Anhörung aller Adressaten der Erlasse und damit aller Länder ist in der Praxis der Ausbildungsförderungsverwaltung, wie auch in anderen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung, nicht üblich. Zwar haben die Vertreter der Obersten Landesbehörden während der regelmäßig stattfindenden Sitzungen der ­OBLBAfö Gelegenheit zur Äußerung. Hierbei geht es jedoch selten um die Erörterung einzelner Anordnungen, sondern vielmehr um allgemeine Absprachen, welche insbesondere nicht die ad hoc erteilten Erlasse umfassen. Angesichts der Vielzahl der herausgegebenen Erlasse463 würde die Anhörung aller Länder zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand und damit einer Verzögerung der Umsetzung der Erlasse führen. Lediglich in einzelnen Fällen kontaktiert das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Obersten Landesbehörden und Länderämter für Ausbildungsförderung vor der Herausgabe eines Erlasses zumeist telefonisch über den ‚kurzen Dienstweg‘. Diese Nachfragen dienen auch dazu, schon bestehende Regelungen festzustellen oder Meinungen aus der Förderungsverwaltung einzuholen. (7) Einzelfallcharakter der Erlasse Fraglich ist zudem, ob den Erlassen der Charakter einer Einzelfallregelung zukommt, wie sie für Weisungen gemäß Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG inzwischen nahezu einhellig gefordert wird. Der Adressatenkreis der Erlasse beschränkt sich auf die Obersten Landesbehörden und Landesämter für Ausbildungsförderung und ist damit hinreichend bestimmt. Die parallele Zuleitung der Erlasse an alle Länder dürfte ihrer Einordnung als Weisung somit nicht entgegenstehen.464 Eine Differenzierung erfolgt vielmehr zwischen der Regelung einer Vielzahl von Sachverhalten und einzelner hinreichend bestimmbarer Sachverhalte. Dabei ist zunächst zu definieren, was im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung und somit allgemein im Rahmen der Massenverwaltung als Einzelfall zu verstehen ist. Während sich die Weisungen im Rahmen der Kernenergie-465 und Fernstraßenverwaltung bislang ausschließlich auf na462  BVerfGE 81,

310 (337 f.). § 18 B. I. 2. a) cc). 464  Dazu § 8 E. II. 2. Vgl. auch Herber, in: Kodal, Straßenrecht, Kap. 2 Rn. 41. 465  Vgl. die Weisung des Bundesministers des Innern an den Hessischen Minister für Wirtschaft und Technik vom 15.5.1985, zit. nach Tschentscher, Bundesauf463  Dazu

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mentlich benannte Kernkraftwerke und Bundesfernstraßen bezogen und damit einen konkreten Regelungsgegenstand aufwiesen, ist das Verwaltungshandeln im Rahmen der Geldleistungsgesetze gegenständlich auf einzelne Personen als Antragsteller ausgerichtet. Mithin bildet hier der auf die individuelle Person des Antragsstellers ausgerichtete Förderungsfall den Einzelfall.466 Die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung beruhen zwar regelmäßig auf konkreten Anfragen zu einzelnen Förderungsfällen und betreffen im Rahmen der BAföGVwV nicht berücksichtigte Spezialfälle des BAföG-Vollzugs. Ihrem Wortlaut nach sind die Erlasse jedoch offen und damit im Hinblick auf zu beachtende Fälle allgemein formuliert. Sie betreffen abstrakte Fragen des Gesetzesvollzugs und finden damit auf eine unbestimmte Vielzahl möglicher Förderungsfälle Anwendung.467 Dies steht im Widerspruch zu dem Einzelfallcharakter der Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 S. 1 GG. Aufgrund dieser Definition des Einzelfalls erweist sich das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG für die Bereiche der Massenverwaltung als unzwecksicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 31 ff.: „Nachdem Sie meiner Bitte um Fühlungnahme vor Ihrer Entscheidung über eine aufsichtliche Anordnung gegenüber der RBU am 03. Mai 1985 nicht entsprochen haben, erteile ich Ihnen hiermit nach Artikel 85 Abs. 3 des Grundgesetzes die Weisung, bis auf weiteres bezüglich des Betriebs und des Genehmigungsverfahrens der Reaktor-Brennelemente-Union Hanau, keine Verfügungen oder sonstigen Anordnungen zu treffen, ohne vorher meine bundesaufsichtliche Äußerung eingeholt zu haben.“ Bereits hier wurde der allgemeine Charakter der Weisung gerügt. Weitere Weisungen lauteten: „Hiermit erlasse ich Ihnen nach Art. 85 Abs. 3 des Grundgesetzes die Weisung, über den Erlaß einer 1. Teilgenehmigung nach § 7 des Atomgesetzes für die Firma ALKEM GmbH, Hanau, auf deren Antrag vom 12. Dezember 1975 mit den nachfolgenden Maßgaben zu entscheiden und dazu unverzüglich das Einvernehmen nach § 8 S. 2 des Atomgesetzes herbeizuführen. …“ Es folgen genaue Maßgaben für die Erteilung der Genehmigung. Vgl. zudem die in BVerfGE 81, 310 (317) wiedergegebene Weisung mit dem Betreff „Bundesaufsichtliche Weisung gem. Art. 85 Abs. 3 GG“: „… nachdem hierzu [dem atomrechtlichen Genehmigungsverfahren für das Kernkraftwerk Kalkar II] eine Übereinstimmung nicht erzielt werden konnte, sehe ich mich veranlaßt, Sie gemäß Artikel 85 Abs. 3 des Grundgesetzes anzuweisen, im weiteren Genehmigungsverfahren folgendes zu beachten: …“. 466  Anders hingegen das Fallbeispiel bei Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 500 f. Als möglichen Inhalt einer Weisung im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung erdenkt er die Aufforderung des Bundesministers, seine Rechtsauffassung hinsichtlich der Berechnung der Förderungshöhe allgemein zu beachten. Eine Weisung solchen Inhalts weist jedoch keinen Einzelfallbezug auf; vielmehr handelt es sich um die abstrakte Auslegung einer Rechtsnorm. 467  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, Az. 4342459-1 / 6 vom 6.6.2011: „den für Ausbildungsförderung zuständigen Behörden in NRW ist aufzugeben, Erstattungsansprüche gemäß §§ 102 ff.  SGB  X gegen die Justizbehörden geltend zu machen. Sie werden gebeten, Ihren nachgeordneten Bereich entsprechend anzuweisen.“



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mäßig. Damit steigt die Bedeutung der Steuerung durch allgemeine Regelungen auch im Vorfeld des Verwaltungsvollzugs. Diesem tragen die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung Rechnung. (8) Ergebnis zur Rechtsnatur der Erlasse Angesichts der aufgezeigten Differenzen zwischen der Erlasspraxis und den Anforderungen des Art. 85 Abs. 3 GG dürfte mit der Herausgabe von Erlassen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung keine Bekanntgabe förmlicher Weisungen intendiert sein. Abschließend bleibt somit festzuhalten, dass die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bereits in formeller Hinsicht keine Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG darstellen. Sie dienen auch nicht der Vorbereitung förmlicher Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG, vielmehr ersetzen sie diese.468 Als außerhalb des verfassungsrechtlichen Kompetenzrahmens des Bundes liegende Anordnungen kommt ihnen gegenüber den Ländern keine rechtliche Verbindlichkeit zu. Die Länder trifft daher keine Pflicht zu ihrer Befolgung oder zur Sicherstellung ihrer Befolgung im Vollzug.469 Mithin geht mit der Herausgabe von Erlassen durch das Bundesministerium auch keine dem Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG immanente Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis auf den Bund einher.470 Gleichwohl bedeutet die rechtliche Unverbindlichkeit der Erlasse nicht, dass sie auch rechtlich unerheblich sind.471 Trotz ihrer Unverbindlichkeit werden die Erlasse von den Länderbehörden überwiegend befolgt. Ihre faktische Verbindlichkeit ist in der Verwaltungspraxis unbestritten, die Länder messen den Bundeserlassen nach Aussage von Mitarbeitern der Obersten Landesbehörden und der Ämter für Ausbildungsförderung eine mit allgemeinen Verwaltungsvorschriften vergleichbare Bindungswirkung zu. Ihre rechtliche Verbindlichkeit wird dabei zumeist nicht hinterfragt.472 In der Verwaltungspraxis ist ein Unterschied zwischen rechtlicher und faktischer Verbindlichkeit somit kaum noch auszumachen. Dies zeigt sich insbesondere an der fehlenden Differenzierung zwischen verbindlichen und unverbind468  Vgl. Kienbaum Management Consultants, Abschlussbericht Bundessteuerverwaltung, S. 29. 469  Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417, 429). 470  Zu Unklarheiten hinsichtlich der Inanspruchnahme des Weisungsrechts im Rahmen der Kernenergie- und Fernstraßenverwaltung und dessen Abgrenzung von bloßen Mitteilungen Janz, Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 231 ff. 471  So Shirvani, BayVBl  2005, 164 (171) zu informellen Absprachen mit Privaten. 472  Vgl. für das Kerntechnische Regelwerk Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 366.

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lichen Steuerungsformen. Dadurch erreichen die Erlasse in der Sache eine der Weisung vergleichbare Wirkung, mit dem Unterschied, dass die Breitenwirkung eines Bundeserlasses die Wirkung einer Einzelweisung weit übersteigt.473 cc) Erlasse als kooperatives Mittel des Verwaltungshandelns Somit bilden die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eine weitere Kategorie extrakonstitutioneller Regelungsinstrumente im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung. Als solche stellen sie lediglich faktische, jedoch nicht rechtlich bindende Steuerungs- und Koordinierungsinstrumente dar.474 Die Regelung der Verwaltungspraxis durch Auslegungsrundschreiben, Bundeserlasse und Sitzungsprotokolle der OBLBAfö475 ähnelt insofern dem Steuerungsverfahren durch andere extrakonstitutionelle Regelungsinstrumente im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung.476 Bezüglich der Frage ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit kann somit grundsätzlich auf die obigen477 Ausführungen verwiesen werden. Gleichwohl finden sich bedeutsame Unterschiede, insbesondere hinsichtlich des Grades der Kooperation im Rahmen ihres Erlasses. So ist fraglich, ob die Erlasse und Rundschreiben zum BAföG hinsichtlich ihres konsensualen Charakters mit anderen Regelungsformen in der Bundesauftragsverwaltung vergleichbar sind. Das Verfahren zum Erlass extrakonstitutioneller Regelungen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung weist Divergenzen zwischen den einzelnen Sachmaterien auf. Während das Verfahren zum Erlass der BMF-Schreiben durch die Bund-Länder-Vereinbarung vom 15. Januar 1970 geregelt ist, findet sich zur geschilderten Protokoll- und Erlasspraxis in der Ausbildungsförderungsverwaltung keine entsprechende förmliche Vereinbarung zwischen Bundesministerium und Obersten Landesbehörden. Sie beruht daher allein auf einvernehmlicher Übung der beteiligten Behörden. Nach dieser Vereinbarung bedarf der Erlass der BMF-Schreiben der Anhörung aller sowie der Zustimmung der Mehrheit der Länder und weist damit einen stark kooperativen Charakter auf. Auch die erste Ziffer der Richtlinien zum BEEG sieht eine einvernehmliche Regelungspraxis zwischen Bund und 473  Vgl. zu dieser Kritik auch Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 89. 474  Vgl. zur entsprechenden Einordnung der BMF-Schreiben Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 69 ff. 475  Dazu § 18 B. I. 3. 476  Zu diesen § 18 A. 477  Vgl. § 18 A. V. 4.



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Ländern vor.478 Gleichwohl ist der Abstimmungsaufwand für die Formulierung der Regelungen unter den Beteiligten in diesem Fall ungleich höher.479 Den Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung kommt im Rahmen der Sitzungen der OBLBAfö und bei der Herausgabe von Bundeserlassen demgegenüber kein vergleichbarer Einfluss zu. Auch entsprechende Einvernehmenserfordernisse der Länder bestehen nicht. Zwar gehen den Erlassen oftmals Erörterungen der Sachlage – etwa auf einer Sitzung der OBLBAfö – voraus, bei welchen auch die Ländervertreter ihre Auffassung gegenüber dem Bund und anderen Ländern darlegen können und ein mehrheitlicher Konsens unter den Beteiligten angestrebt wird.480 Gleichwohl hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung als Urheber der Erlasse die Letztentscheidungsbefugnis über deren Inhalte. Sie sind diesem inhaltlich somit voll zuzurechnen. So sind die Erlasse weniger Ergebnis einer konsensualen Regelungsbemühung von Bund und Ländern, sondern Vorgabe des Bundeswillens. Gleichwohl scheinen Erlasse eher selten gegen den ausdrücklichen Willen der jeweiligen Länder zu ergehen. Auch die Möglichkeit der Anordnung entsprechender Weisungen zu dem Zweck, die Erlasse für die Länder im Einzelfall verbindlich zu machen, steht einer Einordnung als konsensualen Regelungsinstrumenten eher entgegen. Während der Erlass dieser Regelungen somit weniger kooperativ ausgestaltet ist, beruht die Beachtung der Erlasse durch die Länderbehörden angesichts ihrer fehlenden Rechtsverbindlichkeit auf einem kooperativen Verständnis des Verwaltungsvollzugs. Sie unterliegen nur insofern der Mitwirkung der Länder, als ihre Befolgung nicht verpflichtend ist und daher nicht erzwungen werden kann. Abschließend können die Bundeserlasse daher nur bedingt als konsensuale Regelungsformen angesehen werden. c) Verhältnis der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung zu förmlichen Regelungen der Ausbildungsförderungsverwaltung Aufgrund des Zusammenspiels der förmlichen und kooperativen Regelungen im Rahmen der Ausbildungsförderung müssen die verschiedenen 478  Vgl. demgegenüber Ziff. 0.1 Richtlinien zum BEEG: „[…] Zur Gewährleistung einer bundeseinheitlichen Verwaltungspraxis wird im Einvernehmen zwischen Bund und Ländern bei der Durchführung des Gesetzes wie folgt verfahren: […] in Fällen, in denen eine Praxisänderung erwogen wird, ist das Einvernehmen von Bund und Ländern herbeizuführen […].“ 479  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 102 f. 480  Vgl. Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 9.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Regelungsmechanismen voneinander abgegrenzt und sodann in eine Rangordnung gebracht werden, um sie für die Verwaltungspraxis handhabbar zu machen. aa) Abgrenzung der Regelungsarten und deren Konsequenzen Möglich wäre eine Abgrenzung allgemeiner Verwaltungsvorschriften und kooperativer Regelungsmechanismen nach den Voraussetzungen ihres Er­ lasses. Die Erlasse zum BAföG stellen der BAföGVwV vergleichbare Regelungen dar, weshalb die Abgrenzung der Regelungsinstrumente allein nach ihrem Regelungsgegenstand und -inhalt und ihr Verhältnis zueinander Schwierigkeiten bereitet. Zwar betreffen die Erlasse grundsätzlich spezielle Fragen des Verwaltungsvollzugs, die Spezialität bzw. Detailliertheit einer Regelung stellt hingegen kein zweckmäßiges Kriterium zur Differenzierung beider Regelungstypen dar. Ihr abstrakt-genereller Inhalt, der sie von Einzelweisungen abgrenzt481, spricht dafür, dass die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung anhand der bekannten Regelungstypen als Verwaltungsvorschriften einzuordnen sind. Auch die Tatsache, dass die bereits bekanntgemachten Erlasse im Zuge der Überarbeitung der BAföG­ VwV in die BAföGÄndVwV 2013 aufgenommen wurden482, spricht für die inhaltliche Äquivalenz der Regelungsarten. Gleichwohl erfüllen sie nicht die Voraussetzungen zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften im Sinne des Art. 85 Abs. 2 S. 1  GG. bb) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Regelungen der Obersten Bundesbehörden Fraglich ist das Verhältnis der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG zu den weiteren verwaltungsinternen Regelungen, insbesondere den unverbindlichen Erlassen des Bundesministeriums für Bildung und ­Forschung. Dieses wurde bislang nicht eingehend erörtert. Zudem können aufgrund der Unverbindlichkeit und des abstrakt-generellen Charakters gewichtige Unterschiede zwischen Bundeserlassen und Weisungen be­ ­ stehen.

481  Dazu

§ 18 B. I. 2. b) bb) (7). 551 / 13 S. 2, 121. Vgl. auch Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 11. 482  BR-Drs. 



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG257

(1) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Weisungen Zunächst ist daher das Verhältnis der BAföGVwV zu möglichen Weisungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung darzustellen. Während nach dem früheren Verständnis allgemeiner Verwaltungsvorschriften als Bündel von Einzelweisungen bzw. -befehlen eine Kollision beider Regelungsformen nach dem Spezialitätsgrundsatz aufgelöst wurde483, wird heute einhellig ein Geltungsvorrang der allgemeinen Verwaltungsvorschriften gegenüber den Einzelweisungen angenommen484. Ossenbühl485 leitet diesen aus zwei Gesichtspunkten her: Zum einen nimmt er Bezug auf den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes. Dieser ist zwar nicht direkt auf Verwaltungsvorschriften übertragbar, gleichwohl kann die ihm zugrunde liegende Ordnungsvorstellung auch für abstrakt-generelle Regelungen verwaltungsinterner Art herangezogen werden. Zum anderen stellt er auf die über den Einzelfall hinausreichende Garantiefunktion der Verwaltungsvorschriften ab. Demnach stellen Verwaltungsvorschriften nicht bloß eine Bündelung von Einzelanordnungen dar, sondern dienen in ihrer Allgemeinheit auch der Vereinheitlichung und Rationalisierung von Verwaltungsentscheidungen und damit rechtsstaatlichen Grundsätzen. Als Regelungen abstrakt-genereller Art kommt ihnen somit eine über die Regelung des Einzelfalls hinausreichende Funktion zu.486 Sie machen das staatliche Handeln für den Bürger über das Gesetz hinaus vorhersehbar, weswegen von ihnen grundsätzlich nicht abgewichen werden darf.487 Aufgrund ihrer Qualität als Rechtsnormen488 be483  Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 470 ff.; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 198 f.; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 137 f. 484  Vgl. Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 43; Groß, in: Friauf / Höfling, BKGG, Bd. 4, Art. 85 (20. Ergl. 2007) Rn. 17; Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 16; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 85 Rn. 6; Risken, Grenzen amtlicher und dienstlicher Weisungen im öffentlichen Recht, S.  172 f.; Grapperhaus, Die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Verwaltungskompetenzen im Grundgesetz, S. 104; von Danwitz, DÖV 2001, 353 (355 f.). 485  Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 470 ff. 486  Vgl. auch Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S.  197 f.; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S.  138 ff. Vgl. auch Baars, Rechtsfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 146 f., die aufgrund der Maßstabswirkung und Vereinheitlichungsfunktion der Verwaltungsvorschriften auch eine Selbstbindung übergeordneter Stellen annimmt. 487  Risken, Grenzen amtlicher und dienstlicher Weisungen im öffentlichen Recht, S. 173; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 198; ­Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 142. 488  Vgl. hierzu Lange, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Schuppert, Reform des Allgemeinen Verwaltungsrechts, S. 307, 321.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

darf es zu ihrer Derogation nicht einer einfachen Anordnung, vielmehr müssen sie in entsprechender Form und dem dafür vorgesehenen rechtsförmigen Verfahren geändert bzw. aufgehoben werden.489 Neben die Spezialität der Regelungen treten weitere Überlegungen, wenn Verwaltungsvorschriften und Weisungen durch verschiedene Instanzen erlassen werden. Grundsätzlich kommt der Regelung der übergeordneten Instanz aufgrund der Geschäftsleitungs- und Organisationsgewalt innerhalb der Verwaltungshierarchie ein Vorrang zu. Der Handlungsspielraum der nachgeordneten Behörde wird durch die Anordnungen der übergeordneten Stelle eingeschränkt. Somit dürfen Einzelweisungen allgemeinen Verwaltungsvorschriften übergeordneter Behörden nicht widersprechen.490 Auch der Verweis auf Abweichungsmöglichkeiten in atypischen, von den Verwaltungsvorschriften nicht berücksichtigten Fällen vermag eine Durchbrechung der Bindungswirkung einer Verwaltungsvorschrift nicht zu rechtfertigen.491 Jedoch ist die Anordnung des unmittelbaren Vorgesetzten, und damit auch die einer Verwaltungsvorschrift widersprechende Weisung, aufgrund der Gehorsamspflicht im dienstrechtlichen Verhältnis für den jeweiligen Organwalter verbindlich.492 Im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung kommt den allgemeinen Verwaltungsvorschriften aufgrund der qualifizierten Voraussetzungen ihres Erlasses durch die Bundesregierung als Kollegium sowie der Zustimmung des Bundesrates ein Vorrang vor Weisungen des jeweiligen Bundesministers zu.493 Auch die Garantiefunktion der Verwaltungsvorschriften sowie ihr Zweck der Sicherung der Gleichmäßigkeit und Effektivität des Verwaltungshandelns sprechen besonders im Rahmen des Vollzugs von Gesetzen im Auftrag des Bundes für einen Geltungsvorrang allgemeiner Verwaltungsvorschriften vor den Einzelweisungen des zuständigen Ressortministers. Ihre besondere Bedeutung liegt gerade in der Möglichkeit der Vereinheitlichung 489  BVerwGE 104, 220, (223 f.); Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 467; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 142 f.; Baars, Rechtsfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 147; Möstl, in: Erichsen / Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 20 Rn. 23. 490  Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 472 f.; Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 140; Baars, Rechtsfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 145. 491  Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 145 f. 492  Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 472 f. 493  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 43; Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 95; Hömig, in: ders., Grundgesetz, Art. 85 Rn. 8; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 85 Rn. 11; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 469; Tschent­scher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 198; von Danwitz, DÖV 2001, 353 (356).



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG259

des Gesetzesvollzugs durch die Länder. Eine Kompetenzsperre für den Erlass ergänzender Weisungen ist zum Schutz der Länder vor Eingriffen in ihre Kompetenzen somit nicht erforderlich.494 So bleibt innerhalb der Vorgaben der Verwaltungsvorschriften Raum für weitere Regelungen. Zwar dürfen Weisungen ihnen nicht widersprechen, jedoch können sie die Regelungen allgemeiner Verwaltungsvorschriften näher auslegen und ergänzen.495 Die allgemeinen Verwaltungsvorschriften stehen dem Erlass ergänzender Weisungen somit nicht im Wege. Ein vergleichbares Rangverhältnis besteht auch zwischen Verwaltungsvorschriften verschiedener Verwaltungsinstanzen.496 So dürfen Verwaltungsvorschriften der Länder als rangniedere Vorschriften nicht in Widerspruch zu den Verwaltungsvorschriften und Weisungen des Bundes nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 und Abs. 3 GG treten, können diese jedoch ergänzen.497 Teil D Ziff. 3 der Wohngeld-Verwaltungsvorschrift (WoGVwV)498 sieht in besonderen Fällen eine explizite Abweichungskompetenz des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung von den Regelungen der WoGVwV vor. Grundsätzlich ist Verwaltungsvorschriften eine solche Abweichungsbefugnis in atypischen Fällen bereits immanent.499 Durch den Bundesminister dürfte der Erlass einer abweichenden Regelung nur in Form einer Einzelweisung erfolgen. Weitere Einwirkungsrechte stehen ihm nicht zur Verfügung, zumal die Kompetenzordnung der Art. 83 ff. GG nicht durch allgemeine Verwaltungsvorschriften modifiziert oder ergänzt werden kann. Eine solche Weisung würde das dargestellte Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Weisungen jedoch auf den Kopf stellen. Zudem birgt diese Regelung die Gefahr, durch Ausdehnung des Begriffs „in besonderen Fällen“ die besonderen Erlassvoraussetzungen der Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG zu unterlaufen. So ist fraglich, ob hinsichtlich der Möglichkeit der Abweichung von intersubjektiven Verwaltungsvorschriften in atypischen Fällen strengere Maßstäbe angelegt werden müssen. 494  So jedoch Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 97; von Danwitz, DÖV 2001, 353 (357). 495  Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 600. 496  Sauerland, Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 143. Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 99 stellt zur Begründung auf Art. 31 GG ab. 497  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 84 Rn. 78 f.; Ossenbühl, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 469; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 40; Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 197; Blümel, AöR  93 (1968), 200 (224). 498  Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Neuregelung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Wohngeldgesetzes 2009, BR-Drs.  968 / 08. 499  Ossenbühl, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. V3, § 104 Rn. 61; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 24 Rn. 23.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

(2) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Verwaltungspraxis Umstritten ist jedoch das Verhältnis zwischen Verwaltungsvorschriften und einer ihnen widersprechenden Verwaltungspraxis. Grundsätzlich kommt der Verwaltungspraxis als bloße Rechtstatsache keine normative Wirkung zu. Gleichwohl erscheint eine Kollision von Verwaltungsvorschriften und -praxis möglich.500 Denn auch im Rahmen der Umsetzung von Bundeserlassen durch die Verwaltungsbehörden der Länder wird eine entsprechende Verwaltungspraxis begründet. Während Ossenbühl501 eine Verdrängung der Verwaltungsvorschriften durch eine entgegenstehende Verwaltungspraxis für möglich hält, sofern innerhalb der Verwaltung über diese Einigkeit besteht und der Urheber der Verwaltungsvorschrift als übergeordnete Behörde von der Praxis Kenntnis hat, vertritt Sauerland502 aufgrund der drohenden Umgehung der oben genannten Grundsätze den Vorrang der Verwaltungsvorschriften, welche aufgrund ihres Rechtsnormcharakters503 nur in einem ihrem Erlass entsprechenden Verfahren aufgehoben werden können. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Vorhersehbarkeit des Verwaltungshandelns und angesichts der auch von Ossenbühl anerkannten Garantiefunktion der Verwaltungsvorschriften dürfte diesen ein Vorrang einzuräumen sein. Zudem haben Bundesregierung und Bundesrat als die zum Erlass der Verwaltungsvorschriften ermächtigten Organe keine genaue Kenntnis von der Erlasspraxis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, sodass sie mögliche Abweichungen von den allgemeinen Verwaltungsvorschriften nicht billigen können. Folglich darf durch extrakonstitutionelle Regelungen keine Verwaltungspraxis begründet werden, die den Regelungen allgemeiner Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 GG widerspricht. Gleiches gilt, soweit vorhanden, für die landesrechtlichen Bestimmungen zu ihrer Umsetzung. Dieses Ergebnis ist konsequent, denn andernfalls könnte mit Hinweis auf eine belegte Verwaltungspraxis auf Umwegen ein Vorrang der Bundeserlasse vor den förmlichen Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG begründet werden.

500  Vgl. eingehend Baars, Rechtsfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 148 f. 501  Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, S. 478 f.; vgl. auch Baars, Rechtsfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 148 ff. 502  Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S. 143 f.; vgl. auch Blümel, AöR 93 (1968), 200 (203 f.). 503  Vgl. hierzu auch Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 84 Rn. 64.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG261

(3) Verhältnis von Verwaltungsvorschriften und Erlassen Fraglich ist zudem das Verhältnis der auf Koordination zwischen Bund und Ländern beruhenden Regelungsmechanismen zu den förmlichen Ingerenzrechten, insbesondere den allgemeinen Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG.504 Unbestritten ist, dass durch extrakonstitutionelle Regelungen keine Widersprüche zu oder Abweichungen von bindenden allgemeinen Verwaltungsvorschriften im Sinne des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG geschaffen werden dürfen.505 Dies würde die Voraussetzung der Bundesratszustimmung umgehen. Aufgrund ihrer Unverbindlichkeit müssen die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung somit gegenüber der BAföGVwV und möglichen Weisungen als rechtsverbindlichen Einwirkungsrechten zurückstehen und dürfen sich nicht in Widerspruch zu diesen setzen.506 Die kooperativen Regelungsmechanismen zwischen Bund und Ländern können die nach der förmlichen Kompetenzordnung des Grundgesetzes vorgesehenen Steuerungsmechanismen somit nicht verdrängen.507 Vielmehr können extrakonstitutionelle Regelungen nur solange getroffen werden, wie der Bund nicht bereits aufgrund seiner förmlichen Einwirkungsrechte im Rahmen des Art. 85 GG von seiner Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht hat.508 So sieht Sauerland509 auch BMF-Schreiben, welche allgemeinen Verwaltungsvorschriften widersprechen, als „kompetenz- und damit verfassungswidrig“ an. Den Schreiben kommt als freiwilligen Koordinierungsakten zwischen Bund und Ländern keine Verbindlichkeit zu, wohingegen allgemeine Verwaltungsvorschriften für die adressierten Länderbehörden grundsätzlich verbindlich sind. Damit sind sie den Erlassen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vergleichbar, welche als bloß unverbindliche Vorgaben des Bundes von den Ländern aufgrund eines stillschweigenden Konsenses befolgt werden. Angesichts ihrer Breitenwirkung können sie auch keine Regelungen für atypische Einzelfälle darstellen. Als solche sind sie ihrem Zweck nach ersichtlich nicht gedacht. Jedoch scheint die Rangordnung der Regelungsarten aufgrund der Gemengelage konkurrierender Vorschriften in der Praxis – auch aufgrund der vielfältigen Begrifflichkeiten – häufig unklar.510 504  Vgl. dazu schon Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 42. 505  Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 123; Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 40. 506  Vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 123. 507  Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 387. 508  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 42. 509  Die Verwaltungsvorschriften im System der Rechtsquellen, S.  182  f.; vgl. auch Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 607 f.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

(4) E  rlasse zur Konkretisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG Ein Teil der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegebenen Erlasse dient der Ergänzung und näheren Auslegung der Regelungen der BAföGVwV, mithin ihrer Präzisierung.511 Im Rahmen der verwaltungsinternen Regelungen zum BAföG erfolgt somit keine Trennung der Regelungsbereiche von BAföGVwV und Erlassen im Sinne einer Kompetenzsperre. Solange die Erlasse die Verwaltungsvorschriften lediglich ergänzen und konkretisieren, ist eine Kollision verschiedener Regelungen nicht zu befürchten. Die Regelungsinstrumente sind vielmehr auf gegenseitige Ergänzung angewiesen. Im Rahmen der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit konsensualer Regelungen dürfte ein solches Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden sein, insbesondere wenn die Erlasse von den Verwaltungsvorschriften nicht erfasste Sonderfälle betreffen. Gleichwohl weist die dadurch entstehende Pluralität der Regelungsmechanismen Nachteile auf. So führt die erneute Auslegung der Auslegungshilfe, welche die BAföGVwV für das BAföG darstellen soll, zu einer Verkomplizierung der Regelungssystematik. In anderen Fällen erfolgt im Erlasswege hingegen nicht bloß eine Ergänzung und Konkretisierung, sondern eine Änderung einzelner Teilziffern der BAföGVwV. Hierdurch entstehen Widersprüche und Konkurrenzen, welche im Sinne der Rangordnung der Regelungstypen aufgelöst werden müssen. Dieses Konkurrenzproblem zwischen den Regelungsmechanismen dürfte sich bis zur der Überarbeitung der BAföGVwV im Jahr 2013 zunehmend verstärkt haben. Gleichwohl ist nicht ersichtlich, dass sich die Zahl der Erlasse infolge unterbliebener Anpassungen der BAföGVwV erhöht hat, wie zu Zwecken der Kompensation des Regelungsdefizits vermutet werden könnte. Mit dem Erlass der BAföGÄndVwV 2013 dürfte der Rangkonflikt zwischen ihnen vorerst beigelegt oder zumindest gemildert, die Erlasspraxis damit jedoch nicht aufgegeben worden sein. Die Frage des Verhältnisses beider Regelungstypen bleibt somit aktuell. 510

(5) Erlasse zur Umsetzung der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung Direkte Widersprüche zwischen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG und entsprechenden Erlassen sind eher selten und ergeben sich 510  Zur Unzulässigkeit von Änderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschriften für die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen durch Rundschreiben des Bundesverkehrsministeriums Blümel, AöR 93(1968), 200 (203 ff.). 511  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 23.2.2011, Gz. 414-42531 § 7; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 31.3.2003, Gz. 314-42530 NI.



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nur aufgrund praktischer Notwendigkeiten wie im Fall von Änderungen der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. Die Verwaltungsgerichte sind an die BAföGVwV ebenso wenig wie an die Regelungen der Bundeserlasse gebunden.512 Aufgrund des aufwändigen Verfahrens der Überarbeitung allgemeiner Verwaltungsvorschriften erfolgt eine Änderung der verwaltungsinternen Anweisungen im Fall entgegenstehender Rechtsprechung auch im flexibleren Weisungs- oder Erlasswege. Ein Hinweis auf die geänderte Rechtsprechung, die Unanwendbarkeit der Verwaltungsvorschrift und eine Klarstellung der neuen Rechtslage auf diesem Weg wird aufgrund des Drucks einer zeitnahen Umsetzung in Teilen der Literatur für zulässig – zumindest jedoch für zweckmäßig – erachtet.513 Widersprechen die Entscheidungen der Gerichte den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift, müssen letztere zurücktreten und durch förmliche Änderung nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG an die Vorgaben der Rechtsprechung angepasst werden, sofern sie über den entschiedenen Einzelfall hinaus in der Verwaltungspraxis Anwendung finden sollen. Zwar besteht grundsätzlich keine Pflicht zur Erarbeitung oder Überarbeitung eines Regelwerks, jedoch trägt der Urheber einer Verwaltungsvorschrift auch nach deren Erlass Verantwortung für sein Regelwerk. Dieser Verantwortung muss er im Fall einer Kollision durch Aufhebung oder Änderung der Vorschriften nachkommen. Durch eine entgegenstehende gerichtliche Entscheidung werden die entsprechenden Teilziffern der Verwaltungsvorschrift nicht verworfen und bleiben somit in Kraft, wodurch sie verwaltungsintern weiterhin Regelungswirkung entfalten. Damit müssen die Organwalter den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift im dienstrechtlichen Verhältnis grundsätzlich folgen.514 Um die interne Widerspruchsfreiheit der Vorschriften zu gewährleisten, sollte die Verwaltungsvorschrift daher in dem dafür vorgesehenen Verfahren geändert werden. Die Zahl der Erlasse zur Umsetzung verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen dürfte zugenommen haben, seit die BAföGVwV 2001 nicht mehr regelmäßig überarbeitet und maßgebliche Rechtsprechung dadurch nicht mehr in die Regelungen aufgenommen wurden. So erfolgte bei früheren Änderungen der BAföGVwV auch eine zeitnahe Umsetzung der höchstrichterlichen Urteile für die Vollzugspraxis.515 Aufgrund des Rückgangs der förmlichen Änderungen der BAföGVwV kann eine solche Anpassung nicht 512  Vgl.

BVerwG, NVwZ-RR  2010, 926 ff. die Zulässigkeit auch ändernder Weisungen Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 600; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 97 f. 514  Vgl. Baars, Rechtfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 223. 515  Vgl. z. B. BR-Drs.  343 / 95, S. 2 und  4. 513  Für

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

mehr umgehend erfolgen. Die Sachbearbeiter in den Ämtern für Ausbildungsförderung müssen daher auf dem Erlasswege auf Änderungen der Rechtsprechung hingewiesen werden, welche zukünftig im Rahmen der Verwaltungspraxis zu beachten sind, jedoch erst zu einem späteren Zeitpunkt in die BAföGVwV eingearbeitet werden.516 Beispiel hierfür ist die Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Kraftfahrzeuge entgegen Tz. 27.2.5 der BAföGVwV 2001517 grundsätzlich keine Haushaltsgegenstände darstellen.518 (6) Erlasse zur Umsetzung von Gesetzesänderungen Konflikte zwischen Allgemeinen Verwaltungsvorschriften und Erlassen treten zudem im Fall von Änderungen oder Aufhebungen einzelner Vorschriften des BAföG auf.519 Führt die Gesetzesänderung zu einem Widerspruch zwischen der Regelung des BAföG und der Verwaltungsvorschrift, ist letztere rechtswidrig520, im Fall der Aufhebung der gesetzlichen Regelung findet sie schlicht keine Anwendung mehr. Damit verliert die dem Gesetz widersprechende Teilziffer der Verwaltungsvorschrift ihre Funktion. Gleichwohl gilt die ‚funktionslose‘ Verwaltungsvorschrift fort, bis sie in einem entsprechenden Verfahren aufgehoben oder geändert wird.521 Um auf die Änderung hinzuweisen und den Sachbearbeitern bis zur nächsten Aktualisierung der BAföGVwV, welche zuletzt in größeren Abständen als die Änderung des ihr zugrunde liegenden BAföG selbst erfolgte, eine Arbeitsgrundlage an die Hand zu geben, wird eine Anpassung der BAföGVwV im Erlasswege vorgenommen. Ein lediglich die Gesetzesänderung umsetzender Erlass findet in diesem somit eine hinreichende Grundlage.522 Durch den Erlass werden Gesetz und Verwaltungspraxis wieder harmonisiert, die nun unanwendbare Verwaltungsvorschrift jedoch nicht der neuen Rechtslage angepasst. Hierfür wäre vielmehr ein förmliches Verfahren nach Art. 85 516  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 7.5.2007, Gz. 414-42531. 517  BAföGÄndVwV 2001 vom 20.12.2001 (GMBl. S. 1143). Vgl. auch den Hinweis auf die Umsetzung der Rechtsprechung des EuGH per ‚Verwaltungserlass‘ in BR-Drs. 375 / 14, S. 23. 518  BVerwG, NVwZ-RR  2010, 926 ff. Zur Wertbestimmung von Kraftfahrzeugen heute Tz. 28.1.6 BAföGVwV. 519  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.11.2011, Gz. 414-42531 §§ 21, 22. 520  Vgl. auch Ramsauer, in: ders., BAföG, § 39 Rn. 5. 521  Vgl. Baars, Rechtsfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 132. 522  Vgl. so auch Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 98.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG265

Abs. 2 S. 1 GG notwendig. So kommt es in diesem Fall zu einer internen Kollision von neuem Erlass und der bis zu ihrer Änderung bzw. Aufhebung wirksamen Verwaltungsvorschrift. Damit liegt es in der Verantwortung und Pflicht des Urhebers der Verwaltungsvorschrift, seine Regelung „entsprechend den Gesetzesänderungen zu aktualisieren oder [… vollständig] aufzuheben“523. Da nicht mehr anwendbare, überflüssige oder überarbeitungsbedürftige Vorschriften das Regelungssystem beeinträchtigen, sieht auch § 8 der Richtlinie zur Gestaltung, Ordnung und Überprüfung von Verwaltungsvorschriften des Bundes (VwVR) eine regelmäßige Überprüfung der Verwaltungsvorschriften vor.524 (7) E  rlasse im Vorgriff auf geplante Änderungen der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG Zudem wurden im Vorgriff auf ihre inzwischen erfolgte Änderung in den vergangenen Jahren Bestimmungen der BAföGVwV im Erlasswege ergänzt.525 So war hinsichtlich der Vorbehaltsentkopplung vorläufiger und nicht bestandskräftiger Steuerbescheide zunächst umstritten, ob es hierfür einer Gesetzesänderung bedarf oder eine Änderung der BAföGVwV genügt. Schließlich einigten sich Bund und Länder auf eine Änderung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift. Die durch eine Arbeitsgruppe erarbeitete Neufassung sollte jedoch mit sofortiger Wirkung und damit bereits vor Erlass der BAföGÄndVwV 2013 Anwendung finden.526 Auch eine solche Vorwegnahme von Entscheidungen im Erlasswege, die Bundesregierung und Bundesrat normalerweise gemeinsam durch allgemeine Verwaltungsvorschrift nach Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG treffen, ist trotz ihrer Zweckmäßigkeit im Verwaltungsvollzug rechtlich unzulässig, insbesondere solange sich die Änderung der Verwaltungsvorschrift noch im Planungsprozess befindet und nicht weiter konkretisiert wurde.527 Ein vergleichbares Vorgehen ist hingegen aus 523  Baars, Rechtsfolgen fehlerhafter Verwaltungsvorschriften, S. 133. Vgl. zur Verantwortung des Bundes, Kollisionen von Verwaltungsvorschriften und anderen Maßnahmen zu vermeiden auch Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 44. 524  Bundesministerium des Innern, Handbuch zur Vorbereitung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften, S. 171. 525  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 28.7.2011, Gz. 414-42531 §§ 11, 25. 526  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 10; vgl. auch BR-Drs.  551 / 13, S. 122. 527  Gleiches gilt für Erlasse, welche Gesetzesänderungen vorwegnehmen, vgl. hierzu Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 9, der entsprechende Erlass vom 5.12.2008, Az. 414-42531 ist dem Protokoll als Anlage zu TOP 5.1 angefügt.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

dem Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung bekannt, wo allgemeine Verwaltungsvorschriften durch Rundschreiben des zuständigen Bundesministers geändert wurden, was einen Verstoß gegen den Vorrang der Verwaltungsvorschriften begründete.528 cc) Verhältnis der Bundeserlasse untereinander Aufgrund der Vielzahl der Erlasse kommt es immer wieder zu Widersprüchen zwischen einzelnen Bundeserlassen.529 Dies geschieht, wenn die Vollzugspraxis geändert wird, wodurch frühere Erlasse obsolet werden. Gleichwohl haben die Erlasse weiterhin Bestand. Eine explizite Aufhebung der Bundeserlasse bedarf nach dem actus contrarius-Gedanken wiederum eines entsprechenden Bundeserlasses. Teilweise werden alte Erlasse zum BAföG auf diesem Wege, zumeist nach einer Erörterung im Rahmen einer Sitzung der OBLBAfö, explizit aufgehoben.530 Zudem verlieren die Bundeserlasse ihren Anwendungsbereich, wenn die ihnen zugrunde liegende gesetzliche Bestimmung oder die korrespondierende Verwaltungsvorschrift geändert oder aufgehoben wird und somit der Anknüpfungspunkt des Erlasses entfällt. In diesem Fall können von den Erlassen keine Regelungswirkungen mehr ausgehen. Gleichwohl bedürfen auch diese einer entsprechenden förmlichen Aufhebung. Mit der Überarbeitung der BAföGVwV wurden zudem viele Regelungen der geltenden Erlasse in die BAföGÄndVwV 2013 aufgenommen, um die unübersichtliche Erlasslandschaft damit zumindest in Teilen zu bereinigen.531 Gleichwohl erfolgt hierdurch keine Aufhebung der Bundeserlasse, die Bundeserlasse bleiben vielmehr neben der Verwaltungsvorschrift bestehen. 528  Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 57 mit Verweis auf Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 123; Blümel, AöR 93 (1968), 200 (203 f.). 529  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, vom 6.7.2012, S. 3; die Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs. 17 / 11099, S. 7 sagt jedoch aus, dass Widersprüche sehr selten sind und sich zumeist aus Änderungen der gesetzlichen Grundlage ergeben. Ältere Erlasse werden dann durch neue aufgehoben. Auf die Gefahr von Widersprüchen zwischen verschiedenen Weisungen (im weiteren Sinne) bei extensivem Einsatz weist Oebbecke, Weisungsund unterrichtungsfreie Räume in der Verwaltung, S. 17, hin. 530  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 2.12.2005, Gz. 314-42531; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 10.7.2003, Gz. 314-42530; sowie Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 26.11.2002, Gz. 315-42530 NS; Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 18.2.2011, Gz. 414-42531-1 § 7, wo sich der Hinweis auf die Aufhebung im Bezug findet. 531  Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs.  17 / 11099, S. 7.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG267

Somit kann es zu einer Konkurrenz zweier oder mehrerer widersprüch­ licher Erlasse kommen. Hier ergibt sich aufgrund der Identität des Regelungstyps sowie der erlassenden Behörde kein Problem der Rangordnung. Vielmehr sind etwaige Konflikte zwischen den Erlassen nach der üblichen Kollisionsregel der zeitlichen Reihenfolge zu lösen, wonach der jüngere Erlass den älteren verdrängt (lex posterior derogat legi priori). Der Rechtssicherheit halber sollte eine Änderung der Erlasslage jeweils einen eindeutigen Bezug zu der vorherigen Regelung aufweisen und deren Außerkrafttreten ausdrücklich feststellen. Dies ist bei den Erlassen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung der Fall. Die bloße Herausgabe einer neuen Regelung im Erlasswege genügt diesen Anforderungen hingegen nicht. Auch in die Datenbanken zur Sammlung der Erlasse und sonstigen Regelungen zum BAföG müssen entsprechende Hinweise eingepflegt werden. Gleichwohl verhindert dies nicht, dass abweichende Erlasse von den zuständigen Sachbearbeitern nicht immer einheitlich zur Kenntnis genommen werden. d) Extrakonstitutionelle Regelungsmechanismen im Rahmen der Bundesaufsicht Die Bedeutung extrakonstitutioneller Regelungsmechanismen in der Ausbildungsförderungsverwaltung, insbesondere der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, ist im Gefüge des Art. 85 GG insbesondere aus bundesaufsichtsrechtlicher Perspektive näher zu beleuchten. aa) Erlasse als Mittel der berichtigenden Bundesaufsicht Zunächst könnten die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung als Mittel der Bundesaufsicht einzuordnen sein. Die Weisung als Leitbild des Mittels der Bundesaufsicht setzt aufgrund ihrer Berichtigungsfunktion stets eine Befolgungspflicht voraus, welche bei verfassungsrechtlich nicht normierten Regelungsinstrumenten hingegen nicht besteht. Zwar geben die Erlasse Recht- und Zweckmäßigkeitserwägungen des Bundesministeriums wieder, mangels rechtlicher Verbindlichkeit stellen sie jedoch keine Mittel der Bundesaufsicht dar. Im Rahmen der Ingerenzrechte des Art. 85 GG ist allein das Weisungsrecht nach Absatz 3 als korrigierendes Aufsichtsmittel des Bundes gegenüber den Länderverwaltungen vorgesehen. Zwar kompensieren die Bundeserlasse im Rahmen der Massenverwaltung, etwa dem Vollzug der Geldleistungsgesetze, das sich dort als unzweckmäßig erweisende Einzelweisungsrecht. Dennoch sind die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht als mildere, vom Weisungsrecht

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

des Art. 85 Abs. 3 GG gedeckte, Aufsichtsmittel des Bundes einzuordnen. Aufgrund ihrer rechtlichen Unverbindlichkeit weisen sie diesen gegenüber zwar eine schwächere Regelungswirkung auf, jedoch erzielen sie durch ihre Breitenwirkung eine über die Einzelweisung hinausgehende Steuerungswirkung. Denn während die Weisung lediglich dazu dient, Vollzugsdefizite im Einzelfall zu beheben, dienen die Erlasse vergleichbar der BAföGVwV der Vereinheitlichung des Verwaltungsvollzugs. Die beiden Regelungsmechanismen sind somit strukturell nicht vergleichbar. Trotz ihrer vermeintlichen Notwendigkeit zur Vereinheitlichung des Gesetzesvollzugs sind die Erlasse nicht von den verfassungsrechtlich vorgesehenen Ingerenzrechten gedeckt, weshalb sie als Steuerungsinstrumente im engen Sinne nicht in Betracht kommen und somit nicht mehr vom Begriff des Weisungsrechts umfasst sind. Auch stellen die Erlasse keine bloßen aufsichtsrechtlichen Stellungnahmen dar, wie sie in der Biblis A-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts532 an Stelle eines Weisungserlasses erwogen werden. Demnach steht es dem Bund nach Abschluss einer der Weisung vorgelagerten Informationsbeschaffung frei, eine verbindliche Weisung zu erteilen oder sich, sofern diese entbehrlich ist, auf eine unverbindliche bundesaufsichtliche Stellungnahme ohne berichtigende Wirkung zu beschränken. Dafür müsste die Herausgabe einer Weisung im Einzelfall zunächst jedoch überhaupt erwogen werden. Dies ist in der Erlasspraxis des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht ersichtlich. Zudem muss sich die Herausgabe bundesaufsichtlicher Stellungnahmen im Rahmen des Weisungsrechts wie dieses selbst auf einen Einzelfall beziehen. Allgemeine Stellungnahmen oder Vorbehalte hierzu sind demnach unzulässig.533 Zwar darf der Bund „im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung […] alle Aktivitäten entfalten, die er für eine effektive und sachgerechte Vorbereitung und Ausübung seines grundsätzlich unbeschränkten Direktions- und Weisungsrechts für erforderlich hält“534. Dies setzt zum Schutz der Länder jedoch im Einzelfall die vorherige Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis voraus. Die Erlasse weisen demgegenüber keinen Einzelfallbezug auf. Dass die Herausgabe bundesaufsichtlicher Stellungnahmen von der Recht- und Zweckmäßigkeitsaufsicht des Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG gedeckt sein könnte, ist folglich mit obigen Argumenten abzulehnen.

532  BVerfGE  104,

249 (270). Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 82. 534  BVerfGE  104, 249 f., LS  1 und  2 und S. 272. 533  Lange,



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG269

bb) Steuerungswirkung der Erlasse Gleichwohl kommt den Erlassen eine Aufsichtsfunktion im weiteren Sinne zu: Durch sie erzielt der Bund unabhängig von der Bekanntgabe einer möglichen Weisung eine faktische Steuerungswirkung, welche in ihrer Breite über die einer Einzelweisung hinausgeht. Da die Lenkung des Verwaltungshandelns der Länder dabei allein aufgrund informeller Vorgaben erfolgt, tritt durch die Bekanntgabe der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung keine Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis und damit auch kein Übergang der Verantwortung für die Vollzugsentscheidung auf den Bund ein.535 Angesichts der weitreichenden faktischen Steuerungswirkung widerspricht dies der in Art. 85 GG angelegten Verantwortungsverteilung von Bund und Ländern in der Bundesauftragsverwaltung. Die Steuerungswirkung der Erlasse wird durch die Möglichkeit, sie für den Einzelfall im Weisungswege für verbindlich zu erklären, noch verstärkt.536 So werden die Erlasse des Bundes trotz mangelnder rechtlicher Verbindlichkeit durch die Länderbehörden beachtet, um auf diesem Weg den Erlass einer verbindlichen Weisung zu vermeiden. Durch ihre bloße Existenz kommt den Regelungen eine Steuerungsfunktion zu. In Bezug auf etwaig später erfolgende Einzelweisungen bewirkt der Erlass somit eine Art Vorwirkung.537 Diese „faktische (Aus)Wirkung“538 auf die Tätigkeit der Länderverwaltung ist mit der Wirkung von Gesetzesentwürfen vergleichbar.539 Sie bereiten die Umsetzung von Gesetzen durch die Verwaltung schon vor deren Verabschiedung vor. Dabei können die dogmatischen Begrifflichkeiten zur Vorwirkung von Gesetzen nicht direkt auf die verwaltungsinterne Regelungspraxis übertragen werden, die Idee der Anwendung zukünftiger Regeln oder zumindest deren Berücksichtigung ist gleichwohl auf diese Situation übertragbar. Sie dient als Lenkungsinstrument, wodurch bereits eine Anpassung des Verwaltungshandelns an zukünftige Regelungen erreicht wird.540 Indem die Länder die Erlasse ihrer Verwaltungstätigkeit 535  Vgl. zu extrakonstitutionellen Vorgaben im Rahmen der Kernenergieverwaltung Niehaus, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 363, 369. 536  Vgl. auch Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 30 mit Fn. 147, der davon spricht, dass bloßen Empfehlungen mit dem Hinweis auf eine mögliche Weisung „ ‚Nachdruck‘ verliehen werden kann“. 537  Zur Vorwirkung von Gesetzen allgemein Kloepfer, Vorwirkung von Gesetzen. 538  Kloepfer, Vorwirkung von Gesetzen, S. 3; zur faktischen Vorwirkung Guckelberger, Vorwirkung von Gesetzen im Tätigkeitsbereich der Verwaltung, S. 33. 539  Vgl. dazu Kloepfer, Vorwirkung von Gesetzen, S. 21 ff. 540  Vgl. zum parallelen Phänomen bei Gesetzen Kloepfer, Vorwirkung von Gesetzen, S.  27 f.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

zugrunde legen, erfolgt eine Vorberücksichtigung541 von Auslegungs- oder Ermessensvorgaben, welche im Einzelfall nur durch verbindliche Weisung nach Art. 85 Abs. 3 GG durchgesetzt werden können.542 Die Möglichkeit der Herausgabe einer Weisung wird im Rahmen des Erlasses zwar nicht erwähnt oder gar angedroht, würde jedoch neben einer Verwaltungsvorschrift das einzig verbindliche Mittel zur Durchsetzung des Bundeswillens darstellen. Die Erlasspraxis ist insofern mit den ebenfalls unverbindlichen frühen Entwürfen der BAföGVwV vergleichbar. Diese waren mit dem Zusatz „[s]oweit erforderlich, werde ich Weisungen aufgrund des Art. 85 Abs. 3 GG nach dem Entwurf einer allgemeinen Verwaltungsvorschrift erteilen“.543 versehen. Durch den Erlass entsprechender Einzelweisungen kann eine Bindungswirkung dieser zunächst unverbindlichen Regelungen begründet werden; schon durch ihre bloße Existenz kann die Befolgung des Bundeswillens durch die vollziehenden Länderbehörden auch vor dem Erlass einer entsprechenden Weisung bewirkt werden. Im Unterschied zum Regelfall der Vorwirkung von Gesetzen erzeugen die Erlasse somit eine vorweggenommene Steuerungswirkung, obwohl entsprechende Weisungen zu ihrer verbindlichen Umsetzung regelmäßig nicht mehr erfolgen. Die verbindliche Durchsetzung des Regelungsinhalts eines Erlasses scheinen Bund und Länder im Sinne eines kooperativen Miteinanders vermeiden zu wollen. Ferner stellen die Vorgaben des Bundes eine Arbeitsentlastung für die Länderbehörden dar. Diesen kommt im Rahmen des Gesetzesvollzugs regelmäßig die Aufgabe zu, die bundesgesetzlichen Vorgaben in spezifischen Fällen zu präzisieren. Durch die unverbindlichen Vorgaben des Bundes werden die Länder von dieser Aufgabe entlastet, zudem übernimmt der Bund hierdurch – wenn auch nicht förmlich oder gar mit haftungsrecht­ lichen Konsequenzen – einen Teil der politischen Verantwortung des Gesetzesvollzugs. Schließlich dient die Bundesregelung der Vereinheitlichung des Gesetzesvollzugs, sodass für die Kooperationspartner regelmäßig von einer win-win-Situation auszugehen ist. Die faktische Steuerungswirkung der Bundeserlasse übersteigt damit das im Rahmen der Ingerenzrechte des Art. 85 GG vorgesehene Maß der Beeinflussung der Verwaltungstätigkeit der Länder. Da dem Bund neben seiner Kompetenz zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften verfassungsrechtlich keine über den Einzelfall hinausreichende Befugnis zur umfassen541  Zur Vorberücksichtigung als Unterfall der Vorwirkung eines Gesetzes Kloep­ fer, Vorwirkung von Gesetzen, S. 161 ff. und im Anschluss daran Guckelberger, Vorwirkung von Gesetzen im Tätigkeitsbereich der Verwaltung, S. 30 f. 542  Hinsichtlich dieser Praxis unkritisch Ossenbühl, in: Lukes, Neuntes Deutsches Atomrechts-Symposium, S. 51, 63. 543  Vgl. dazu die Nachweise bei § 18  B. I. 1. e).



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG271

den Steuerung des Landesvollzugs zusteht544, ist er auf einzelfallbezogene Äußerungen beschränkt545. Selbst die Herausgabe eines allgemein gefassten Erlasses durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Anschluss an einen konkreten Förderungsfall weist regelmäßig nicht mehr den erforderlichen Einzelfallbezug auf. Trotz ihrer weitreichenden Steuerungswirkung geht hiermit, anders als im Fall bundesaufsichtlicher Maßnahmen, jedoch keine Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis und -verantwortung auf den Bund einher. Die Erlasspraxis führt somit zu einer faktischen Kompetenzverlagerung. Diese ist trotz ihrer extrakonstitutionellen Natur zwar verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Von besonderer Bedeutung ist jedoch, ob die Regelungen in einem konsensualen Verfahren mit den Ländern erarbeitet wurden oder einseitige, wenn auch unverbindliche Vorgaben des Bundes darstellen. Ist Letzteres der Fall, ist die Ausweitung des Bundeseinflusses bei gleichbleibender Verantwortung der Länder – wenn auch verfassungsrechtlich nicht angreifbar – von zusätzlichem Gewicht. So bewirken die verfassungsrechtlich nicht normierten Regelungsmechanismen zwar eine Steuerung des Verwaltungshandelns durch den Bund, die mit der Verwaltungsentscheidung einhergehende Verantwortung verbleibt hingegen bei den Ländern. Während der Erlass einer förmlichen Weisung im Fall ihrer Rechts- oder gar Verfassungswidrigkeit eine Haftung des Bundes nach Art. 104a Abs. 5 S. 1  GG auslösen kann546, dürfte den Ländern ein haftungsrechtlicher Rückgriff gegenüber dem Bund in Fällen eines durch unverbindliche Anweisung begründeten Schadens mangels eindeutiger Verantwortungsübernahme verwehrt bleiben547. Denn solange der Bund die Sachentscheidungsbefugnis nicht auf sich übergeleitet hat, sind die Länder in 544  Vgl. Ossenbühl, in: Brenner / Huber / Möstl, Festschrift Badura, S. 975, 981; diesem folgend Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 54, 58, der dieses zudem auf Fälle von Vollzugsmängeln beschränkt; ebenso Hermes, in: Ossenbühl: Deutscher Atomrechtstag 2002, S. 61, 67, der eine dauerhafte Übernahme der Sachentscheidungsbefugnis nur für den Einzelfall für zulässig hält. 545  Vgl. zur Zulässigkeit von Weisungsvorbehalten Lange, Das Weisungsrecht des Bundes in der atomrechtlichen Auftragsverwaltung, S. 81 f. 546  Vgl. zur Haftung bei Erlass einer Weisung BVerfGE 81, 310 (333). Zur Staatshaftung bei Erlass von Weisungen ausführlich Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 301 ff., für die Konstellation des Landes als Geschädigtem insbes. S. 499 ff. 547  Unklar bei Niehaus, in: Koch u.  a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 363, 371, welcher dem Bund die Verantwortung für ‚bundesaufsichtliche Vor­ gaben‘ auch ohne Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis zuschreibt und somit – ohne nähere Erläuterung – eine entsprechende finanzielle Haftung des Bundes annimmt.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

ihrem Verwaltungshandeln frei und allein an die gesetzlichen Vorgaben sowie die Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 GG gebunden. Auch der Verwaltungsbegriff als Tatbestandsvoraussetzung des Art. 104a Abs. 5 S. 1 GG umfasst nach herrschender Ansicht allein Handlungen im Rahmen der Verwaltungskompetenzen nach Art. 83 ff. GG.548 Informelle Regelungen des Bundes erfüllen die Haftungsvoraussetzungen des Art. 104a Abs. 5  GG somit nicht, sie stellen vielmehr eine Umgehung dieser Regelung dar. Indem er den Ländern die verbindliche Umsetzung seiner Vorgaben überlässt, entledigt der Bund sich auch dem hierdurch begründeten Haftungsrisiko. cc) Erlasse als Maßstab der beobachtenden Bundesaufsicht Auch wenn Erlasse nicht als Mittel der Bundesaufsicht eingeordnet werden können bleibt fraglich, ob entsprechende Regelungen Maßstäbe für die Ausübung der beobachtenden Bundesaufsicht darstellen, der Landesvollzug somit an ihren Vorgaben gemessen werden kann. Dazu soll zwischen der Gesetz- bzw. Rechtmäßigkeitsaufsicht sowie der Zweckmäßigkeitsaufsicht als Teilaspekten der Bundesaufsicht differenziert werden. (1) Erlasse als Maßstab der Rechtmäßigkeitsaufsicht Grundsätzlich stellen nur verbindliche Vorgaben im Bund-Länder-Verhältnis Maßstäbe der Bundesaufsicht im oben genannten Sinne dar. Unverbindliche Regelungen im Rahmen einer Bund-Länder-Kooperation können hingegen nicht Maßstab der Bundesaufsicht sein. Im Rahmen der Gesetzmäßigkeitsaufsicht kann somit nur die Einhaltung der nach Art. 85 Abs. 2 und 3 GG zulässigen Maßstäbe aufsichtsrechtlich beanstandet werden. Die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sind hingegen rechtlich unverbindlich und ihre Einhaltung somit im Rahmen einer Rechtsaufsicht nicht kontrollierbar. Insofern können sie nicht Maßstab der Bundesaufsicht über die Gesetzmäßigkeit der Ausführung sein.549 Mangels Weisungscharakters stellt eine Nichtbefolgung der Erlasse auch keinen Verstoß gegen Art. 85 GG dar. Würden die Bundeserlasse hingegen zum Maßstab der Bundesaufsicht zählen, könnte der Bund diesen durch ihre Herausgabe beliebig erweitern und damit seinen Einfluss auf die Länderverwaltung im 548  Janz,

Das Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3  GG, S. 471 m. w. N. zu einer ähnlichen Situation Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 141 f. Ebenso zu den BMFSchreiben der Steuerverwaltung Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrecht des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 168. 549  Vgl.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG273

Rahmen des Aufsichtsrechts in unzulässiger Weise über den Bereich der in Art. 85 Abs. 2 und 3 GG festgelegten Einwirkungsrechte erweitern. Die Intensität der Wahrnehmung der Einwirkungsrechte durch den Bund hat somit unmittelbare Auswirkung auf den Maßstab der Bundesaufsicht. Durch den Erlass verbindlicher Verwaltungsvorschriften und Weisungen wird der Aufsichtsmaßstab des Bundes ausgeweitet. Geschieht dies nicht, oder legen Bund und Länder dem Verwaltungshandeln wie beim Vollzug des BEEG nur rechtlich unverbindliche Richtlinien zugrunde, beschränkt sich die Rechtmäßigkeitsaufsicht auf die Überwachung des korrekten Vollzugs des Bundesgesetzes. Aufgrund der fehlenden Bindungswirkung der Erlasse, welche als extrakonstitutionelle Regelungsinstrumente die förmlichen Ingerenzrechte nach Art. 85 GG ersetzen, und dem damit einhergehenden Mangel an verbindlichen Aufsichtsmaßstäben, wird die Ausübung der Aufsicht deutlich erschwert.550 Fraglich ist jedoch, ob eine Aufsicht des Bundes über die Einhaltung der landesrechtlichen Regelungen, die zur Umsetzung der Bundeserlasse ergangen sind551, denkbar ist. Hierdurch würden die Erlasse indirekt zum Maßstab der Aufsicht werden. Ob das Landesrecht generell zum Maßstab der Rechtsaufsicht des Bundes zählt, ist in der Literatur umstritten. Während einige Stimmen von einer solch umfassenden Rechtsaufsicht ausgehen552, sprechen die besseren Argumente für eine Beschränkung der Aufsichts­ maßstäbe auf bundesrechtliche Normen sowie Vorgaben des Völker- und Unionsrechts553. So dient die Bundesaufsicht allein der Kontrolle des Vollzugs der Bundesgesetze durch die Länder, nicht hingegen der bundesseitigen Überwachung der Ausführung des Landesrechts.554 Dies dürfte erst recht für rein verwaltungsinterne Bestimmungen der Länder wie die aufgrund eines Bundeserlasses ergangenen Rundverfügungen gelten. Mithin gehören auch diese nicht zum Maßstab der Bundesaufsicht. Vielmehr unterliegt die Beachtung der landesrechtlichen Transformationsakte im Gesetzesvollzug allein der Fachaufsicht durch die Länderbehörden. Eine der Aufsicht über die Ausführung des Landesrechts vergleichbare Wirkung wird jedoch erzielt, wenn der Bund, wie jüngst vom Bundesrech550  Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 103. 551  Vgl. hierzu § 18 B. II. 1. 552  So Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. III, Art. 84 (24. Ergl. 1985) Rn. 156; Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 84 Rn. 37. 553  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 84 Rn. 92; Pieroth, in: Jarass / Pieroth, GG, Art. 84 Rn. 18. 554  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 84 Rn. 90 f., 93.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

nungshof gefordert555, neben dem Gesetzesvollzug im eng verstandenen Sinn auch die Ausübung der Fachaufsicht durch die Länder einer bundesaufsichtlichen Kontrolle unterzieht. Während der Bund die Rundverfügungen und Landesweisungen zur Umsetzung der Bundeserlasse auf Landesebene nicht zum Maßstab seiner Aufsicht machen kann, sind die Obersten Landesbehörden und Landesämter als Fachaufsichtsbehörden befugt und verpflichtet, ihre Befolgung im Rahmen der Fachaufsicht zu kontrollieren. Sofern auch die Ausübung der Fachaufsicht durch die Länderbehörden zur Ausführung der Bundesgesetze im Sinne des Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG zählt, ist dem Bund indirekt auch eine bundesaufsichtliche Kontrolle der Gesetzesausführung am Maßstab der Bundeserlasse möglich. Dadurch wird die Steuerungswirkung der Erlasse und ihrer Umsetzungsakte auf Landesebene abgesichert und nochmals verstärkt. Dies setzt jedoch voraus, dass die Länder die Vorgaben des Bundes zuvor freiwillig umgesetzt haben. Ist dies der Fall, werden sie im Aufsichtswege mittelbar an deren Einhaltung gebunden. Zwar bilden sie nicht den Maßstab der Bundesaufsicht, jedoch können die Erlasse und landesrechtlichen Bestimmungen zum Gegenstand der Bundesaufsicht werden, sofern sie im Rahmen der Ausführung der Bundesgesetze zu deren Konkretisierung beitragen.556 Im Rahmen der Rechtsaufsicht dürfte dies hingegen nur relevant werden, sobald die landesrechtliche Konkretisierung bundesrechtliche Vorgaben missachtet. Sofern der landesrechtliche Transformationsakt der Vorgabe des Bundeserlasses entspricht, dürfte selbst im Fall einer Kollision, etwa mit der BAföGVwV557, ein aufsichtliches Einschreiten des Bundes nicht zu erwarten sein. Andernfalls würde die Oberste Bundesbehörde ihren eigenen Vorgaben widersprechen. (2) Erlasse als Maßstab der Zweckmäßigkeitsaufsicht Während die Ausführung des BAföG im Rahmen der Rechtmäßigkeitsaufsicht somit weder am Maßstab der Erlasse noch der zu ihrer Umsetzung erlassenen landesrechtlichen Regelungen kontrollierbar ist, geben die Erlasse gleichwohl Zweckmäßigkeitserwägungen des Bundes vor, an welchen sich die Länder im Rahmen des Gesetzesvollzugs orientieren. Dem Bund kann es einerseits nicht verwehrt sein, sich zu Zweckmäßigkeitsaspekten des Gesetzesvollzugs zu äußern. Andererseits führt dies im Fall der umfassenden Erlasspraxis zum BAföG zu einer Erweiterung des Bundeseinflusses, wenn die Länder diese auch ohne entsprechende Rechtsverbindlichkeit be555  Dazu

ausführlich § 19 B. II. 3. b). Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 84 Rn. 93. 557  Vgl. zur Kollision zwischen BAföGVwV und Erlassen § 18 B. I. 2. c) bb) (4)–(7). 556  Vgl.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG275

folgen. Denn selbst wenn die Erlasse keine Maßstäbe der Bundesaufsicht darstellen, können sie als Zweckmäßigkeitserwägungen des Bundes im Einzelfall auf der Grundlage des Weisungsrechts durchgesetzt werden. Die Bekanntgabe seiner Zweckmäßigkeitserwägungen stellt jedoch keine zwingende Voraussetzung zum Erlass einer Weisung durch den Bund dar. Vielmehr handelt es sich insofern um Maßgaben, welche der Bund seiner Aufsicht zugrunde legt, die aber nicht unmittelbarer Maßstab der Aufsicht sind.558 Während die Durchsetzung von Zweckmäßigkeitserwägungen im Weisungswege aufgrund der Notwendigkeit des Einzelfallbezugs aus Bundessicht beschwerlicher ist, bietet sie der Verwaltungshoheit der Länder einen stärkeren Schutz. Wenn die Länderbehörden die Erlasse befolgen, erübrigen sich jedoch weitere aufsichtsrechtliche Schritte. Wie Lerche559 konstatiert, sind die extrakonstitutionellen Regelungsformen somit nicht geeignet, die Grundlagen der Aufsicht zu verändern, jedoch können sie diese maßgeblich beeinflussen. e) Bewertung der Erlasspraxis Zwar dürften gegen die Zulässigkeit der Erlasspraxis als Form einer auf Konsens beruhenden Regelung keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen.560 Der Umfang dieser Praxis und die damit einhergehende Intensivierung der bundesseitigen Einflussnahme auf die Verwaltungsführung der Länder sind hingegen beachtlich.561 Gegenüber der Kompetenz zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften zeichnet sie sich durch das erleichterte Verfahren des Regelungserlasses aus. Zudem kann die Regelung einer Sachfrage im Erlasswege in einer Breite erfolgen, welche dem Bund durch Einzelfallweisungen nach Art. 85 Abs. 3 GG nicht möglich wäre. Damit begründet die Erlasspraxis die Gefahr einer Umgehung der verfassungsrechtlichen Ingerenzrechte.562 So stellt sich die Frage, ob die dargestellte Verwaltungspraxis noch dem Prinzip der eigenständigen Wahrnehmung der Verwaltungszuständigkeit durch die Länder gerecht wird. Diese Beeinflussung könnte zwar in verfassungskonformer Weise auch im Rahmen allgemeiner Verwaltungsvorschriften erfolgen, jedoch nur unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 85 Abs. 2 S. 1 GG. 558  Vgl. die Parallele beim Kerntechnischen Regelwerk Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 365. 559  In: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 89. 560  Dazu § 18 A. V. 4. 561  Vgl. Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 141. 562  Vgl. Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 386 f.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Diese dienen gerade dazu, die Eigenständigkeit der Länder im föderalen Verhältnis zu wahren.563 Durch die Herausgabe von Erlassen wirkt der Bund ohne Beachtung der entsprechenden Rechtserzeugungsregeln jedoch systematisch in den Zuständigkeitsbereich der Länder ein, wodurch die praktischen Grenzen der Bundesauftragsverwaltung in Richtung einer bundeseigenen Verwaltung unter Einbeziehung der Länderbehörden verschoben werden. Zwar tritt dabei mangels Bindungswirkung der Bundeserlasse keine Kompetenzverschiebung zugunsten des Bundes ein. Überwiegend scheint die rechtliche Unverbindlichkeit der Bundeserlasse durch die langjährig geübte Verwaltungspraxis jedoch in Vergessenheit geraten zu sein und die Verwaltungsbehörden der Länder von einer Bindungswirkung der Erlasse auszugehen.564 So betrachten die beteiligten Behörden die Erlasse als hergebrachtes Steuerungsinstrument, ohne sich der Grenzen des Bundeseinflusses im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung zu vergegenwärtigen. Die eingefahrene Verwaltungspraxis hebt sich damit deutlich vom verfassungsrechtlichen Bild der Bundesauftragsverwaltung ab.565 3. Protokolle der Sitzungen der Obersten Bundesund Landesbehörden für Ausbildungsförderung Während das Bundesministerium für Bildung und Forschung über das Jahr eine gewisse Zahl von Einzelerlassen an die Länderbehörden richtet, werden vom Ministerium zudem zwei- oder dreimal jährlich Protokolle zu den Sitzungen der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung mit weiteren Anweisungen an die Vollzugsbehörden übersandt. Neben den Obersten Landesbehörden und den Landesämtern für Ausbildungsförderung werden die Protokolle auch an das für die Darlehensverwaltung zuständige Referat IV 1 des Bundesverwaltungsamtes, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, sowie je nach Erörterungsgegenstand auch an das Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik versandt.566 Nachrichtlich gehen die Protokolle zudem an das Referat IX 4 der Außenstelle Potsdam des Bundesrechnungshofes. Die Sitzungsprotokolle mit ca. zehn Tagesordnungspunkten und Unterpunkten567 weisen in Teilen den Einzelerlassen vergleichbare Regelungen 563  Dazu

§ 17 A. II. 1. auch § 18 B. I. 2. b) bb) (8). 565  Vgl. die entsprechende Beobachtung für den Bereich der Kernenergieverwaltung bei Steinberg, Bundesaufsicht, Länderhoheit und Atomgesetz, S. 49. 566  Vgl. Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin. 567  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen mit acht Tagesordnungspunkten und z. T. bis zu sieben Unterpunkten; Protokoll der OBLBAfö564  Dazu



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG277

auf. Somit stellt sich auch hier die Frage nach ihrer Rechtsnatur. Der kooperative Charakter der gemeinsamen Sitzungen des Koordinierungsgremiums der Obersten Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung, deren Dokumentation sie dienen, spricht gegen ihre rechtliche Bindungswirkung. In der Praxis werden die Protokolle wie Bundeserlasse behandelt und weisen somit eine vergleichbare faktische Bindungswirkung auf.568 Zum Teil werden einzelne Aspekte der Protokolle durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung nachträglich in separate Erlasse aufgenommen. Dies geht auf die ausdrückliche Bitte der Länder zurück, die besprochene Regelung in einem Erlass festzuhalten. Dieser findet sich jeweils als Anlage zu dem Tagesordnungspunkt des betreffenden Protokolls.569 Darüber hinaus sind auch bloße Mitteilungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung an die Länder sowie der Austausch von Erfahrungen protokolliert. Der erste Tagesordnungspunkt umfasst regelmäßig einen Bericht des Bundes über aktuelle Entwicklungen im Bereich der Ausbildungsförderung. In der jüngeren Vergangenheit sind zudem vermehrt Einzelfragen zur Überarbeitung der BAföGVwV im Rahmen der Sitzungen thematisiert und in den Protokollen vermerkt worden. Regelmäßig werden auch für den Bereich der Ausbildungsförderung relevante Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts sowie der obersten Verwaltungsgerichte der Länder thematisiert. So wurden etwa die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts zur Übernahme der Kosten der Internatsunterbringung behinderter Schüler570 im Rahmen der Sitzungen der OBLBAfö erörtert und eine Einigung dahingehend erzielt, dass diese im Vollzug zu beachten sind, gleichwohl aber eine restriktive Auslegung der Entscheidung vorzunehmen ist.571 Ferner werden Prüfungsankündigungen der Rechnungshöfe sowie deren Ergebnisse besprochen. Auch Fragen der Datenverarbeitung sind regelmäßig Gegenstand der Sitzungen.

Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin mit zehn Tagesordnungspunkten und z. T. mehreren Unterpunkten. 568  Vgl. Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn, TOP  14.3. 569  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 9, 20; der entsprechende Erlass vom 5.12.2008, Az. 414-42531 ist dem Protokoll als Anlage zu TOP 5.1 angefügt. 570  BVerwGE 135, 310. 571  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 18.5.2010, Gz.: 414-42531-1-§14a. Vgl. zur Behandlung eines Urteils des VGH Baden-Württemberg, Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen, S. 20 f. sowie als Anlage dazu Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 25.11.2008, Gz.: 414-42531.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

II. Die extrakonstitutionelle Regelungspraxis im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung 1. Die Umsetzung der Bundesvorgaben durch die Länderbehörden Die an die Obersten Landesbehörden gerichteten Anweisungen des Bundes572 werden sodann regelmäßig auf Landesebene umgesetzt. a) Weitergabe der Regelungen des Bundes durch die Länderbehörden Die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung sowie die Protokolle der Sitzungen der OBLBAfö und Rundschreiben werden elektronisch an die zuständigen Obersten Landesbehörden und Landesämter für Ausbildungsförderung übermittelt. Diese leiten sie an die Ämter für Ausbildungsförderung weiter. Insbesondere die Erlasse aber auch einige Tagesordnungspunkte der Protokolle573 werden für die nachgeordneten Behörden aufbereitet und in Form von Rundverfügungen bekannt gemacht. Dabei können die Bundesvorgaben für die jeweiligen Ämter für Ausbildungsförderung „zielgruppenorientiert formuliert“ werden.574 So kann zwischen Fragen der schulischen Ausbildungsförderung bei den Kommunen sowie Fragen der studentischen Ausbildungsförderung bei den Studentenwerken und Hochschulen differenziert werden und die Anweisungen nur an die jeweils betroffenen Stellen weitergeleitet werden. Regelmäßig nehmen die jeweiligen Landesregelungen auf die ihnen zugrunde liegenden Bundeserlasse Bezug und geben ihren Wortlaut ganz oder zumindest in Auszügen wieder. Zusätzlich werden sie um länderspezifische Regelungen, Anmerkungen, Erläuterungen und Beispiele für die Praxis ergänzt.575 Anders als im Rahmen des Weisungserlasses nach Art. 85 Abs. 3 GG ist eine Transformation der im Bund-Länder-Verhältnis unverbindlichen Bundeserlasse in Landesregelungen zwingend erforderlich.576 Erst durch diesen Umsetzungsakt werden sie für die nachgeordneten Länderbehörden rechtlich verbindlich, die Obersten Landesbehörden machen sich die Bundesvorgaben damit zu eigen. So weist das Bundesministerium für Bildung und Forschung darauf hin, „dass alle Ämter 572  Gemeint

sind alle zuvor dargestellten Rundschreiben, Erlasse und Protokolle. z. B. Rundverfügung vom 31.1.2011, – 49.2.11.00 – 21 / 2011 – der Bezirksregierung Köln, S. 2. 574  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn, TOP  14.3. 575  Vgl. auch Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BTDrs.  17 / 11099, S. 6 f. 576  Zur Bindungswirkung von Weisungen vgl. § 8 E. II. 1. b). 573  Vgl.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG279

[für Ausbildungsförderung] zeitnah über die Bundeserlasse zu informieren sind“ und „dass zudem von Länderseite die Umsetzung sicherzustellen ist“.577 Durch diese Formulierung rückt das Bundesministerium die Verpflichtung zur Weiterleitung und Umsetzung der Erlasse unzulässig in die Nähe der Sicherstellungspflicht des Art. 85 Abs. 3 S. 3  GG. Eine entsprechende Rechtspflicht besteht mangels Weisungscharakters gleichwohl nicht. So erlangt das Bundesministerium für Bildung und Forschung durch Anfragen und Eingaben seitens der Antragssteller578 oder im Rahmen von Diskussionen mit den Ländern, z. B. im Rahmen der regelmäßigen Sitzungen der OBLBAfö gleichwohl Kenntnis von Fällen mangelhafter oder fehlerhafter Umsetzung der Bundeserlasse durch die Länderbehörden. Das Bundesministerium fordert die jeweiligen Obersten Landesbehörden in diesem Fall auf, die Beachtung der Erlasse sicherzustellen und ggf. über die zu diesem Zweck ergriffenen Maßnahmen Bericht zu erstatten. Ergeben sich Defizite bei der Umsetzung der Erlasse in mehreren Ländern, richtet das Bundesministerium für Bildung und Forschung ein auf den vorhergehenden Erlass Bezug nehmendes Rundschreiben an die Obersten Landesbehörden für Ausbildungsförderung aller Länder. Außer diesem allein faktischen Zwang ausübenden Mittel werden keine weiteren Maßnahmen ergriffen. Zumeist scheinen die Anordnungen des Bundes einen hinreichenden Befolgungsdruck auf die Länder auszuüben. Neben den Vorgaben der Bundeserlasse werden auch Erkenntnisse aus der Aufsichtspraxis der Landesbehörden sowie der etwaigen Widerspruchspraxis im Rahmen der Rundverfügungen aufgegriffen. Die Bezirksregierung Köln gibt daher je nach Erlasslage jährlich ca. 10–25 Regelungen durch Rundverfügung heraus.579 Häufig werden mehrere Regelungen in einer Rundverfügung zusammengefasst und gesammelt an die Ämter für Ausbildungsförderung verschickt. Während des Jahres 2010 wurden insgesamt drei Rundverfügungen an die Förderungsämter gerichtet, eine davon betraf die Neuregelungen aufgrund eines BAföG-Änderungsgesetzes. Die Zahl der Regelungen pro Schreiben schwankt; sie kann bei lediglich drei, nach Sitzungen der OBLBAfö hingegen auch bei elf Regelungen pro Rundverfügung liegen. Diese werden verschlagwortet und den Förderungsämtern bei den Studentenwerken sowie den Oberbürgermeistern und Landräten elektronisch übermittelt. Neben den Förderungsämtern selbst werden die Rundverfügungen durch die Bezirksregierung Köln zudem nachrichtlich den Minis577  Protokoll

der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn, TOP  14.3. der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn, TOP  14.3. Vgl. auch Antwort des Parl. Staatssekretärs, Plenarprotokoll 8 / 194, S. 15549. 579  Eine Zählung im Dezernat 49 der Bezirksregierung Köln ergab eine Zahl von Rundverfügungen für 2012: 24 Rundverfügungen, für 2011: 16, für 2010: 13, für 2009: 10. 578  Protokoll

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

terien für Innovation, Wissenschaft und Forschung sowie für Schule und Weiterbildung, dem Landesrechnungshof, den Rechnungsprüfungsämtern in Nordrhein-Westfalen, dem Prüfungsamt des Bundes in Bonn, dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, den Verwaltungsgerichten sowie dem Datenschutzbeauftragten der Studentenwerke NRW zur Kenntnis übersandt. Auch in Sachsen werden die Rundschreiben drei- bis viermal jährlich herausgegeben. Sie nehmen Bezug auf frühere korrespondierende Rundverfügungen oder heben entgegenstehende Rundverfügungen auf. Eine Übersendung der Rundverfügungen der Länder an das Bundesministerium für Bildung und Forschung erfolgt auf dessen ausdrücklichen Hinweis580 nicht. b) Probleme der Umsetzung der Bundesregelungen durch die Länder Die Aufbereitung der Erlasse durch die Länder ist jedoch mit Schwierigkeiten verbunden. Insbesondere wenn diese in den Landesbehörden zunächst gesammelt und mit zeitlichem Abstand an die Förderungsämter weitergeleitet und in die Datenbanken eingepflegt werden, kann es zu zeitlichen Verzögerungen kommen, bis die Erlasse durch die Landesministerien und Landesämter an die Ämter für Ausbildungsförderung weitergeleitet werden. In diesem Fall können sie auch in der Praxis erst verspätet Berücksichtigung finden. Gleichwohl ist dieses Vorgehen zur Wahrung der Integrität und Verwaltungshoheit der Länder sowie des Instanzenzuges innerhalb des Landes erforderlich. Zum anderen ist das Verfahren der Umsetzung der Bundeserlasse in eigene Rundverfügungen der Länder anfällig für Fehler. So ist es nicht in allen Bundesländern Praxis, die Original-Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung weiterzuleiten. Durch ihre Umformulierung können Informationen verloren gehen. Zudem ist nicht sichergestellt, dass alle Erlasse über die Obersten Landesbehörden den Förderungsämtern bekannt gemacht werden. Durch die Weiterleitung der Original-Erlasse wird hingegen vermieden, dass bei ihrer Umsetzung Fehler auftreten. Da es sich bei den Erlassen nicht um Weisungen im Sinne des Art. 85 Abs. 3 GG handelt, stellt die fehlerhafte Weiterleitung jedoch keinen Verstoß gegen die Länderpflichten dar. Die rechtliche Unverbindlichkeit der Erlasse erweist sich im Rahmen ihrer Transformation auf Landesebene daher als wesentliche Schwachstelle eines einheitlichen Verwaltungsvollzugs. Bei ihrem Erlass ist das Bundesministerium auf eine freiwillige Befolgung durch die Länder 580  Vgl. Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 30.7.2009, Gz. 414-42531 § 39.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG281

angewiesen. Angesichts der fehlenden Bindungswirkung erfolgt die Weitergabe dennoch äußerst einheitlich. Lediglich in Einzelfällen erfolgt ein bewusstes Abweichen der Landesbehörden von den Bundesvorgaben bzw. deren Modifikation.581 Die rechtliche Unverbindlichkeit der Erlasse wird durch ein vereinfachtes Verfahren ihres Erlasses und ihre über das Weisungsrecht hinausgehende Breitenwirkung anscheinend aufgewogen. c) Systematisierung und Archivierung der Bundesregelungen durch die Länderbehörden Die vom Bund herausgegebenen Anordnungen werden von den Obersten Landesbehörden oder den Landesämtern für Ausbildungsförderung elektronisch oder in Papierform archiviert und zum Teil thematisch nach Paragraphen, Absätzen, Sätzen und einzelnen Rechtsfragen sortiert. Zudem halten verschiedene Länder Datenbanken vor582, in die Rechtsgrundlagen und weitere Arbeitsanweisungen zur Ausbildungsförderung eingepflegt werden583. Über diese können die Sachbearbeiter der Förderungsämter die Rundverfügungen elektronisch nach Schlagworten und Normen sortiert abrufen. In Nordrhein-Westfalen wird dieser Service durch das Online-Tool Citrix der IT.NRW bereitgestellt, über welches die Nutzer auf interne Informationen zugreifen können. Nach der Eingabe der Suchanfrage geben diese die Texte der entsprechenden Rundverfügungen mit Erlassen des Ministeriums und Protokollen der Sitzungen der OBLBAfö sowie weiteren klarstellenden Erläuterungen unter Angabe des Aktenzeichens und des Herausgabedatums wieder. Zudem können Verweise auf ältere Rundverfügungen eingepflegt werden. In die Datenbank wird neben den Rundverfügungen zur Umsetzung der Bundeserlasse und bedeutenden Einzelentscheidungen des ehemaligen Landesamtes für Ausbildungsförderung und der Bezirksregierung Köln auch relevante Rechtsprechung zum Ausbildungsförderungsrecht eingepflegt. Mit der digitalen Veröffentlichung ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, ob dem Urteil in der weiteren Verwaltungspraxis gefolgt werden soll. Die Einrichtung einer bundeseinheitlichen Datenbank ist aufgrund der Länderzuständigkeit für den Verwaltungsvollzug nicht möglich und auch vom Bund nicht angestrebt. Dadurch könnten die Länder keine eigenen 581  Vgl.

Rundverfügung – 49.2.11.00 – 21 / 2011 – vom 31.1.2011. demgegenüber Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 138, wonach lediglich Bayern über eine Online-Datenbank verfügt, Brandenburg hingegen eine zentrale Erlasssammlung pflegt. 583  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der nationale Normenkontrollrat zieht ein Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3. 582  Vgl.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Informationen mehr in die Daten einpflegen.584 Zudem erfordert der Betrieb derartiger Programme eine kontinuierliche Pflege und ist daher sehr zeitund personalintensiv. So müssen neue Erlasse in die Datenbank eingepflegt und entsprechend verknüpft werden. Auch bei einer Aufhebung veralteter Erlasse oder deren Außerkrafttreten müssen diese aus der Sammlung herausgenommen oder entsprechend gekennzeichnet werden.585 d) Die Arbeit mit den Anweisungen in den Ämtern für Ausbildungsförderung Auch auf der Arbeitsebene werden die Ländererlasse weiter aufgearbeitet und eigene Arbeitsanleitungen durch die Gruppen- und Abteilungsleiter der Ämter für Ausbildungsförderung erstellt. Diese bündeln die für die Sachbearbeiter relevanten Aspekte der Verwaltungsanweisungen. Angesichts der Vielzahl und des Umfangs der verschiedenen Regelungen ist dies für die tägliche Verwaltungspraxis in den Förderungsämtern unerlässlich.586 So bedürfen die verschiedenen Regelungen zwingend einer Systematisierung. Bereits in den ersten Jahren des BAföG hatte sich daher in vielen Ämtern für Ausbildungsförderung die Praxis eingebürgert, dass sich jeder Mitarbeiter ein System von Ringbuchordnern zur Verwaltung der Erlasse anlegt, in welchem diese nach Sachgebieten sortiert werden.587 Teilweise werden auch Gesetzestexte mit Verweisen auf die jeweils relevanten Erlasse kommentiert. Dennoch muss sich der Sachbearbeiter bei der Bearbeitung der BAföG-Anträge weitgehend auf sein Gedächtnis verlassen, um bei der Antragsbearbeitung die jeweils relevanten Erlasse berücksichtigen zu können. Zudem werden die Mitarbeiter in den Ämtern für Ausbildungsförderung regelmäßig über neue Regelungen geschult und diese in Dienstbesprechungen aufgegriffen und erörtert.588 2. Die Bedeutung extrakonstitutioneller Regelungsmechanismen für die Selbstbindung der Ausbildungsförderungsverwaltung Die Erlasse und Auslegungsrundschreiben zum BAföG dienen ebenso wie die BAföGVwV der Vereinheitlichung des Verwaltungsvollzugs. Wäh584  Vgl.

S.  6 f.

Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs.  17 / 11099,

585  Vgl. zum entsprechenden Vorgehen bei BMF-Schreiben Nose, Die Schreiben des Bundesministers der Finanzen, S. 137. 586  Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 93. 587  Kießling, ZfF  1976, 169 (170). Vgl. zur heutigen Situation ebenso Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 117. 588  Vgl. Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 117.



§ 18  Die Steuerungsmechanismen abseits des Art. 85 GG283

rend nur letztere gegenüber den Länderbehörden Verbindlichkeit haben, dürfte die Rechtswirkung extrakonstitutioneller Regelungen im Außenverhältnis hingegen der Wirkung allgemeiner Verwaltungsvorschriften entsprechen. Zwar entfalten auch diese gegenüber den Förderungsempfängern und Antragstellern keine unmittelbare Bindungswirkung. Vielmehr wird hierzu auf den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit der Verwaltungspraxis abgestellt, welche wiederum durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift begründet wird. Auch die gleichgerichtete Anwendung der Erlasse und Rundschreiben zum BAföG begründet eine entsprechende Verwaltungspraxis, über die diesen Regelungen in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung gegenüber den Förderungsempfängern mittelbare Außenwirkung zukommt. Über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung erlangen die kooperativen Regelungen und Erlasse somit eine „normative Kraft auch gegenüber der Verwaltung selbst“.589 Somit kommt den Erlassen im Außenverhältnis eine der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift vergleichbare Bindungswirkung zu. Zwar sind die informellen Regelungen selbst nicht verbindlich, jedoch erfolgt über den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung eine zumindest normgleiche Bindungswirkung an die durch sie begründete Verwaltungspraxis. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die unverbindlichen Bundesvorgaben einheitlich durch die Länderbehörden umgesetzt werden. Die dargestellte Regelungspraxis hat somit auch mittelbare Auswirkungen auf die Rechtsposition der Förderungsempfänger. 3. Vergleich der extrakonstitutionellen Regelungsmechanismen in der Ausbildungsförderungsverwaltung mit weiteren Regelungsinstrumenten in der Bundesauftragsverwaltung Die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung stellen ebenso wie die Rundschreiben und Protokolle der Sitzungen der OBLBAfö bedeutende Mechanismen im Rahmen der Steuerung der Ausbildungsförderungsverwaltung dar. Zwar sind sie mit anderen Steuerungsmechanismen im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung vergleichbar, jedoch unterscheiden sie sich von diesen sowohl in ihren Strukturen als auch dem Grad der Kooperation.590 Anders als beim Vollzug des BEEG, welchem keine allgemei589  So Rauscher, in: Koch u.  a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 380 zu den Richtlinien und Regeln der Atomverwaltung. Vgl. auch Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 395. 590  Vgl. zum inhaltlichen Charakter der extrakonstitutionellen Regelungen § 18 A. V. 3.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

nen Verwaltungsvorschriften zugrunde liegen, knüpfen sie an die BAföG­ VwV an und ergänzen diese. Insofern erfolgt die Steuerung nicht ausschließlich durch umfassende extrakonstitutionelle Regelungswerke, vielmehr wird die Verwaltungsvorschrift durch partielle Einzelregelungen ergänzt. Insofern ist die Erlasspraxis mit der Steuerauftrags- und eingeschränkt der Bundesfernstraßenverwaltung vergleichbar, in deren Rahmen die Gesetze sowie formelle Exekutivregelungen durch BMF-Schreiben sowie die Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau ergänzt werden. Den Erlassen zum BAföG liegt dabei keine geschlossene Systematik zugrunde. Diese erhalten sie erst im Rahmen der Editierung des Gesetzestextes sowie der BAföGVwV durch die Sachbearbeiter der Länderbehörden im Rahmen ihrer Tätigkeit. Diese können sich dabei an den im Betreff angegeben Normen orientieren. Die Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau sind demgegenüber systematisch aufgearbeitet. Sie werden fortlaufend nummeriert und mit einer Jahreszahl versehen. Neben den Rundschreiben werden zudem Verzeichnisse der geltenden Rundschreiben und ein Stichwortverzeichnis veröffentlicht. Neben der Veröffentlichung im Verkehrsblatt ist über den Internetauftritt des Verkehrsblatt-Verlages auch der Zugriff auf eine Veröffentlichungs-Datenbank möglich. Auf diese Weise gewährleistet das zuständige Bundesministerium die Systematisierung und Aktualisierung der Vorschriften und deren zentrale Verfügbarkeit. Mit der jährlichen Erfassung der geltenden BMF-Schreiben in Positivlisten erfolgte auch im Bereich der Steuerauftragsverwaltung eine kontinuierliche Aktualisierung des Bestands der BMF-Schreiben.591 Eine vergleichbare Bereinigung der Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erfolgte durch die BAföGÄndVwV 2013, in welche viele der geltenden Erlasse übernommen wurden. Gleichwohl ist eine zukünftige regelmäßige Überarbeitung der BAföGVwV angesichts des damit verbundenen Verwaltungsaufwands unwahrscheinlich. So wird für Neuregelungen wieder auf die Form der Erlasse zurückgegriffen werden müssen, welche sodann in der Verwaltungspraxis weiterhin neben der BAföGVwV Anwendung finden. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Transparenz des Verwaltungsvollzugs sowie zur Gewährleistung einheitlicher Vollzugsmaßstäbe sollten die dem Verwaltungsvollzug zugrunde liegenden Maßstäbe jedoch möglichst vollständig und einheitlich niedergelegt werden um das Heranwachsen undurchschaubarer Erlasslandschaften zu vermeiden. Zudem wurden die Erlasse durch ihre Übernahme in die BAföGVwV nicht förmlich aufgehoben und haben damit weiterhin Regelungswirkung. Hier würden entsprechende Negativlisten für weitere Rechtsklarheit sorgen. 591  Vgl.

dazu § 18 A. I.



§ 19  Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG285

Auch die Zugänglichkeit der Regelungen für den Bürger ist sehr unterschiedlich. Während die BMF-Schreiben im Steuerblatt und die Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau im Verkehrsblatt veröffentlich und zumindest zeitweise auch digital zugänglich gemacht werden, sind die Erlasse des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nicht frei verfügbar und werden ausschließlich auf Anfrage zu einzelnen Förderungsfällen vom Bundesministerium für Bildung und Forschung herausgegeben.592 Dies verringert die Transparenz der Verwaltungspraxis gegenüber dem Bürger. Somit besteht hinsichtlich der Erlasspraxis in der Ausbildungsförderungsverwaltung gegenüber anderen Formen kooperativerer Regelungsmechanismen ein großes Verbesserungspotential. Erforderlich wäre eine einheitliche und konstante Erfassung und Systematisierung der Erlasse, verbunden mit deren förmlicher Aufhebung, soweit sie keine Rechtswirkung mehr haben. Sinnvollerweise sollte dies unter Leitung des Bundes, aber mit enger Einbindung der Länderbehörden und somit in enger Anlehnung an die bestehenden Kooperationsformen in der Verwaltungspraxis erfolgen.

§ 19  Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG Abschließend soll die Ausübung der kontrollierenden Bundesaufsicht im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung gemäß Art. 85 Abs. 4  GG dargestellt werden.

A. Die Bedeutung der Bundesaufsicht unter agenturtheoretischen Gesichtspunkten Während die Notwendigkeit einer internen Kontrolle des Verwaltungshandelns angesichts der stetigen Verrechtlichung und Durchnormierung der Verwaltungsmaterie zunehmend angezweifelt wird593, ist sie gleichwohl nicht entbehrlich. So kann eine präventive Steuerung der Verwaltung die Bedeutung einer repressiven Aufsicht zwar reduzieren, diese jedoch nicht vollständig ersetzen. Trotz umfassender Steuerung verbleiben Regelungslücken, durch welche weitere Kontrollbedürfnisse entstehen. Die beobachtende Aufsicht ist zudem eine Voraussetzung, ohne die auch berichtigende Maßnahmen der Bundesaufsicht nicht durchgeführt werden können. Und 592  So

Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn, TOP  14.3. Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 170 f.; für den Bereich der landeseigenen Verwaltung so auch Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 443. 593  Heitsch,

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

auch die Lenkung des Verwaltungshandelns durch den Bund und damit die Schaffung der Maßstäbe der Bundesaufsicht setzt ein Mindestmaß an Information über die Verwaltungspraxis voraus594, welche sich der Bund durch Beobachtung aneignen muss. Das Erfordernis einer Aufsicht des Bundes im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung ist zudem anhand ökonomischer Modelle belegbar.595 So beruht die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung auf der Annahme, dass die Länder bei ihrer Verwaltungsführung die Belange des Bundes wahren.596 Diese Annahme wird in der Praxis jedoch nicht immer bestätigt. Oftmals verfolgen die Länder auch eigene, möglicherweise den Bundesinteressen entgegenlaufende Ziele.597 Diese Gegensätze der Föderalparteien im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung werden durch die Agenturtheorie (principal-agent theory) wissenschaftlich fundiert. Ihr liegt die Annahme zugrunde, dass bei der auftragsweisen Erfüllung einer Aufgabe, wie dem Vollzug von Bundesgesetzen im Auftrag des Bundes, ein Ungleichgewicht in der Informationsverteilung zwischen Auftraggeber und Auftragsnehmer besteht. Dabei ist der Auftraggeber zumeist unvollständig informiert. So besteht im Rahmen des auftragsweisen Vollzugs der Bundesgesetze auf Seiten des Bundes ein Informationsdefizit hinsichtlich des Gesetzesvollzugs durch die Länderbehörden. Der Informationsvorsprung der Länder als Auftragnehmer begründet sodann das Risiko, dass diese im Rahmen vorhandener Spielräume ungehindert eigene Interessen zulasten des Bundes verfolgen. Dieser Möglichkeit muss durch entsprechende Anreiz-, Kontroll- und Informationsmechanismen entgegengewirkt werden.598 So erfahren die Bundesministerien von Vorgängen oftmals nur, wenn sie von den Ländern darüber in Kenntnis gesetzt werden.599 Da die Länder zum Großteil auf 594  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S. 23. 595  Vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 63. 596  Hauser / Weidmann, VR  2005, 374 (376). 597  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S. 4, 34. 598  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S.  22 f.; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S.  107 ff.; Hauser / Weidmann, VR  2005, 374 f. 599  Vgl. zur Agenturtheorie in der Bundesfernstraßenverwaltung: Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S.  33 ff.



§ 19  Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG287

Kosten des Bundes wirtschaften, sind beim Vollzug der Geldleistungsgesetze im Auftrag des Bundes vor allem dessen finanzielle Interessen gefährdet.600 Damit geht auch die Gefahr der Ressourcenverschwendung einher, welche entsprechend dem Anteil des Bundes an den Zweckausgaben steigt. Diese Interessenkollision ist Konsequenz der Trennung von Gesetzgebung, Vollzug und Kostentragung beim Vollzug der Geldleistungsgesetze im Auftrag des Bundes. Für die Länder, welche gemäß Art. 104a Abs. 5  GG die Verwaltungskosten tragen, steht ein kostengünstiger Vollzug im Vordergrund, während für den Bund – gemäß Art. 104a Abs. 3 S. 2  GG Hauptträger der Zweckausgaben – eine ordnungsgemäße und wirtschaftliche Verwendung der Sachmittel von Bedeutung ist. Dies zeigt sich insbesondere bei Überzahlungen, die vom Bund zu tragen, aber von den Ländern zurückzufordern sind.601 Dieses ist ein strukturelles Problem der Bundesauftragsverwaltung, dem die Bundesaufsicht über den Ländervollzug zur Wahrung der Interessen des Bundes entgegen wirken soll.

B. Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht Was die Bundesaufsicht im Sinne des Art. 85 Abs. 4  GG umfasst, blieb bislang weitgehend nebulös. Überwiegend wird sie als wenig zweckmäßig bewertet, weshalb sie in der Verwaltungspraxis selten relevant wird.602 Grund hierfür ist auch die Tatsache, dass Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG keine weiteren Vorgaben zur Ausgestaltung der Bundesaufsicht trifft603 und auch das Bundesverfassungsgericht bislang keine Gelegenheit hatte, das Institut der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG und entsprechende Aufsichtsstandards verfassungsrechtlich fortzuentwickeln. Zudem wird das Aufsichtsrecht zunehmend durch kooperative Steuerungsverfahren zwischen Bund und Ländern verdrängt.

Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 126. Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX  5 – 2010 – 0908, S. 12. 602  Stein, Untersuchung der Möglichkeiten einer Erweiterung der Bundesauftragsverwaltung, S. 51; Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 120. 603  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 68. 600  Vgl.

601  Bundesrechnungshof,

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I. Allgemeine Beobachtungen des Bundesrechnungshofes zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht Dennoch – oder gerade aus diesem Grund – war die Wahrnehmung der Bundesaufsicht im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung bereits mehrmals Gegenstand von Gutachten des Präsidenten des Bundesrechnungshofes in seiner Funktion als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung. Dieser stellte zunächst für den Bereich der Bundesfernstraßenverwaltung fest, dass der Bund nicht über ein geeignetes Informations- und Kontrollsystem verfügt, um seine Interessen im Verwaltungsvollzug wahrzunehmen.604 Die für eine Intensivierung der Kontrollen und die systemkonforme Weiterentwicklung des Kontrollsystems notwendige Aufstockung des Personals und die Einführung weiterer Vorgaben zur Ausübung der Kontrolle würden zudem zu einer Bürokratisierung des Verfahrens führen.605 Aufgrund dieser strukturellen Schwächen der Bundesaufsicht kam der Präsident des Bundesrechnungshofes606 zu dem Schluss, dass die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung für die Verwaltung der Bundesfernstraßen ungeeignet sei. Auch in seinem späteren Gutachten zur Modernisierung der Finanzbeziehungen stellte er fest, dass es dem Bund insbesondere auf Gebieten der Massenverwaltung an den erforderlichen Ressourcen und rechtlichen Instrumentarien fehlt, um die Verwendung der Haushaltsmittel des Bundes durch die Länder zu kontrollieren. So sei der Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften als Steuerungsmittel nicht geeignet, die (finanziellen) Interessen des Bundes zu wahren. Auch die Weisungs- und Aufsichtsrechte des Bundes seien auf Einzelfälle begrenzt und damit „nicht dafür vorgesehen, eine flächendeckende Kontrolle des Gesetzesvollzugs durch die Länder sicherzustellen“.607 Der dafür erforderliche Überwachungs- und Steuerungsaufwand bedinge zudem unwirtschaftliche bürokratische Struktu604  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S. 4, 34 f. 605  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S. 37; vgl. auch Hauser / Weidmann, VR  2005, 374 (378). 606  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S. 4, 36 ff.; Hauser / Weidmann, VR  2005, 374 (378). Vgl. auch Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 60, 65 f., 71. 607  Speziell für den Bereich des sozialen Entschädigungsrechts Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S.  100 ff.



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ren.608 Kölble609 hatte zuvor noch in Zweifel gezogen, ob es im Bereich der umfassend normierten Geldleistungsgesetze neben der Ermächtigung zum Erlass allgemeiner Verwaltungsvorschriften überhaupt weiterer Aufsichtsrechte des Bundes bedürfe, um seiner Kostentragung und Etatverantwortung gerecht zu werden. Hingegen kam der Bundesrechnungshof auch für die Steuer- und Kernenergieverwaltung zu dem Ergebnis, im Sinne einer Entflechtung eine bundeseigene Verwaltung anzustreben.610 Insgesamt nahm der Bundesrechnungshof die Mängel der Bundesaufsicht bislang zum Anlass, die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung kritisch zu bewerten. Die Bundesaufsicht als eines der die Bundesauftragsverwaltung wesentlich charakterisierenden Einwirkungsrechte blieb in der Verwaltungspraxis somit bislang ohne prägende Kraft. Neben der unterschiedlichen Bedeutung des Weisungsrechts in Literatur und Verwaltungspraxis zeigt sich hinsichtlich der Praxis der Bundesaufsicht eine weitere Divergenz von Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit, welche der Tendenz einer zunehmenden Kooperation im Bund-Länder-Verhältnis der Bundesauftragsverwaltung entspricht. II. Die Bundesaufsicht über den Vollzug der Geldleistungsgesetze durch die Länder Nachdem die Wahrnehmung der Aufsichtsbefugnisse, vor allem im Hinblick auf die Ausübung der Fachaufsicht, in der Literatur zuletzt zunehmend Beachtung gefunden hat611, nahm sich auch der Bundesrechnungshof der Aufsichtsthematik in umfassenden Querschnittsprüfungen an. 1. Prüfung zur Ausübung der Fachaufsicht Zunächst erfolgte eine Überprüfung der Ausübung der Fachaufsicht durch die Bundesministerien über ihren nachgeordneten Bereich. Dabei kam der 608  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 43 f. Vgl. für die Steuerauftragsverwaltung zudem Orlopp, in: Kirchhof / Offerhaus / Schöberle, Festschrift Klein, S. 597, 610. 609  Entwicklung der Bundesaufgaben und ihrer Finanzierung im Hinblick auf das Grundgesetz, S. 41, 69 f. 610  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 57 f., 142 ff. 611  Vgl. zur Fachaufsicht der Bundesministerien Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten; Jock, Das Instrument der Fachaufsicht.

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Bundesrechnungshof zu dem Schluss, dass die Bundesministerien ihrer fachaufsichtlichen Verantwortung nicht ausreichend gerecht würden.612 Aufgrund der mangelnden Ausgestaltung der Fachaufsicht auf Ebene der Bundesministerien agierten die beaufsichtigenden Stellen weitgehend unkoordiniert und maßen der Ausübung der Aufsicht nur geringe Bedeutung bei. Daraufhin wurde die Wahrnehmung der Fachaufsicht als Aufgabe der Bundesministerien in § 3 Abs. 1 GGO verankert sowie Leitlinien zur Ausübung der Fachaufsicht für alle Bundesministerien durch das Bundesministerium des Innern erarbeitet.613 Gleichwohl wird die Fachaufsicht auch heute zumeist nicht hierarchisch, sondern kooperativ ausgeübt.614 2. Kontrolldefizit der Bundesministerien im Rahmen der Bundesaufsicht Nach der Überprüfung der Wahrnehmung der Fachaufsicht erfolgte im Jahr 2010 eine Prüfung der Ausübung der Bundesaufsicht.615 In seinem Bericht stellte der Bundesrechnungshof auch für den Vollzug der Geldleistungsgesetze im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung eine unzureichende Kontrolle des Verwaltungshandelns fest. So führten die Bundesministerien keine Überprüfungen der Vollzugstätigkeit der Landesbehörden durch. Eine Aufsicht erfolge vielmehr in enger Koordinierung mit den Länderbehörden, indem die Länder den Bundesministerien Auskünfte freiwillig erteilen und Probleme gemeinsam erörtert werden.616 Die Bundesministerien sehen ihre Aufgabe darin, den Soll-Zustand des Gesetzesvollzugs durch Richtlinien 612  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2007 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 234 f. Vgl. hierzu auch Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 227; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 67 f. 613  Döhler, VerwArch 102 (2011), 110 (120  f.). Grundsätze zur Ausübung der Fachaufsicht der Bundesministerien über ihren Geschäftsbereich, abrufbar unter http: /  / www.olev.de / f / DE-Bund_Fachaufsicht_grundsaetze_ausuebung_2008-05-02. pdf (letzter Aufruf am 10.10.2014). 614  Döhler, VerwArch 102 (2011), 110 (121); ebenso Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 65. 615  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 125; ders., Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX  5 – 2010 – 0908, S. 8. Geprüft wurden neben dem Bundesministerium für Bildung und Forschung das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie das Bundesministerium der Verteidigung. 616  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, IX  5 – 2010 – 0908, S. 8.



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und Verwaltungsvorschriften zu definieren.617 Sie hätten daher nur bruchstückhafte Kenntnis über die Ausführung der Geldleistungsgesetze durch die Länderbehörden. Die Äußerungen der Ministerien ließen zudem erkennen, dass eine große Unsicherheit hinsichtlich der Bedeutung der Bundesaufsicht besteht. Vollzugsmängel würden nur von Dritten im Rahmen von Anfragen oder aufgrund von Prüfungen des Bundesrechnungshofes an die Bundesministerien herangetragen, jedoch häufig nicht an die ausführenden Länderbehörden weitergeleitet.618 Die Berichte aus einzelnen Verwaltungsbereichen ließen zudem vermuten, dass die zuständigen Referenten in den Bundesministerien sich ihres Aufsichtsrechts zum Teil nicht einmal bewusst sind.619 Die Prüfung zeigt, dass die Bundesaufsicht im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung kaum entwickelt ist. Da sie praktisch durch andere Steuerungsmechanismen verdrängt wird, kommt ihr „heute im Wesentlichen nur noch eine Reservefunktion für die Fälle zu […], in denen die bundesstaatliche Ordnung sehr schwerwiegend gestört ist“.620 Damit wird die Bundesaufsicht auf eine bloß theoretische Drohkulisse reduziert. In der Literatur wird insofern von einer fleet in being gesprochen: So hat bereits die Möglichkeit bundesaufsichtlicher Maßnahmen disziplinierende Wirkung und beeinflusst somit die Stellung sowie das Verhalten der föderalen Kooperationspartner.621 Richtig ist zwar, dass der Bundesaufsicht ein eigenständiges Gewicht nur insofern zukommt, als der Bund von seiner Sachentscheidungsbefugnis im Weisungswege keinen Gebrauch macht. Ist dies jedoch der Fall, wird die Aufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG in ihrer Beobachtungsfunktion vom Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG überlagert.622 Bevor Einzelfälle in den Blick genommen werden, dient die Bundesaufsicht der 617  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 14. 618  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 19 f.; ders., Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 125. 619  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 125. 620  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 173. Vgl. auch allgemein Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 163 („prophylaktische[n] Wirkung); Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 208 f.; Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 130. 621  Dittmann, in: Sachs, GG, Art. 84 Rn. 44; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 44 mit Fn. 163. Zur vergleichbaren Wirkung der Verwaltungsgerichtsbarkeit „die zwar nicht ständig aktiv ist, die bei Bedarf aber […] eingesetzt werden kann, was dann zu einer intensiven Rechtfertigungsnotwendigkeit führt“ vgl. Mehde, Die Verwaltung 43 (2010), 379 (383). 622  Vgl. Müller / Mayer / Wagner, VerwArch 93 (2002), 585 (596).

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anlassunabhängigen Beobachtung des Gesetzesvollzugs. Die Ansicht von einer Aufsicht als ultima ratio, die auf Fälle der Gefährdung der bundesstaatlichen Ordnung selbst beschränkt ist, entspricht folglich einem veralteten Verständnis623 und wird ihrer Bedeutung im bundesstaatlichen Gefüge kaum gerecht. 3. Maßnahmen zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht Indem er auf die unzureichende Dogmatik der Bundesaufsicht hinwies und die Ausgestaltung einer funktionsfähigen Bundesaufsicht forderte, vollzog der Bundesrechnungshof mit diesem Bericht gegenüber früheren Prüfungen eine Wende: Denn während er sich bislang mit Blick auf die unzureichende Steuerungswirkung der Ingerenzrechte für eine Übernahme der Sachmaterien in bundeseigene Verwaltung aussprach, plädiert er im Rahmen der Prüfung des Vollzugs der Geldleistungsgesetze für deren Ausbau und somit eine Stärkung der Verwaltungsform und schlägt hierzu entsprechende Maßnahmen vor. Damit folgt er dem Trend der Stärkung der Aufsichtsfunktion in der Exekutive.624 a) Durchführung von Geschäftsprüfungen bei den Bewilligungsstellen der Länder So sollten die Bundesministerien regelmäßige, anlassunabhängige Kontrollen bei den untersten Landesbehörden als Bewilligungsstellen durchführen und den Austausch mit diesen verstärken.625 Über den Umfang dieser Kontrollen herrscht zwischen Bundesrechnungshof und Bundesministerien jedoch Uneinigkeit. Zwar dürfe der Bund alle Maßnahmen zur Vorbereitung und Ausübung seines Weisungsrechts treffen; die Durchführung örtlicher Stichproben als Mittel der flächendeckenden Vollzugsaufsicht sei nach Ansicht der Bundesministerien aufgrund ihrer Wahrnehmungskompetenz jedoch Angelegenheit der Länder im Rahmen der Fachaufsicht.626 Der Bund könne auf eigene Initiative keine Aufsichtsmaßnahmen bei den Bewilligungsstellen der 623  Vgl. Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 16  f. mit Verweis auf Heckel, AöR N.F.  23 (1933) 183 ff. 624  Vgl. zur steigenden Bedeutung der Exekutive Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 3. 625  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 12 ff.; ders., Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 126. 626  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 126.



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Länder durchführen.627 Zudem seien die Bundesministerien für eigene Kontrollen bei den Länderbehörden personell nicht hinreichend ausgestattet.628 Tatsächlich stellt die personalintensive Aufsicht für die Bundesministerien eine zusätzliche Belastung dar.629 Nach Ansicht des Bundesrechnungshofes sind im Rahmen der Bundesaufsicht hingegen auch Kontrollen der Einhaltung der Bundesvorgaben notwendig.630 Stichprobenartige Kontrollen des Verwaltungsvollzugs beträfen die Wahrnehmungskompetenz der Länder danach nicht. Stets Landesangelegenheit bliebe nur das rechtsverbindliche Handeln nach außen und die Verantwortlichkeit im Verhältnis zu Dritten. Jedoch könne die Fachaufsicht durch die Länder berücksichtigt werden, indem die Bundesministerien zunächst die Prüfungen der Obersten Landesbehörden nutzten und eigene Stichproben nur eingeschränkt durchführten.631 b) Aneignung von Kenntnissen über den Vollzug der Bundesgesetze und die Wahrnehmung der Fachaufsicht durch die Obersten Landesbehörden Neben den Geschäftsprüfungen bei den Bewilligungsstellen sollten sich die Bundesministerien auch über die Wahrnehmung der Fachaufsicht durch die Obersten Landesbehörden als Teilaufgabe des Gesetzesvollzugs informieren.632 Hierfür sei neben der bisherigen Kooperation mit den Länderbehörden eine systematische Beobachtung des Gesetzesvollzugs erforderlich.633 Vergleichbare bundesaufsichtliche Überprüfungen der Durchführung der Landesaufsicht scheinen auch im Bereich der Kernenergieverwaltung üblich zu sein.634 Der Bundesrechnungshof differenziert hinsichtlich seiner Forderungen an die Bundesministerien somit zwischen Geschäftsprüfungen bei den Bewilligungsstellen selbst und der Kenntnis des Gesetzesvollzugs sowie 627  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 13. 628  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 126. 629  Vgl. zur Ausübung der Fachaufsicht auf Bundesebene Döhler, VerwArch 102 (2011), 110 (119). 630  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 14. 631  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 15. 632  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 16 ff. 633  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 18. 634  So andeutend Rauscher, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 377, 384, 391, vgl. dort Fn. 27.

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dessen Kontrolle durch die Obersten Landesbehörde. Zudem sollten sich die Bundesministerien die Erkenntnisse der externen Finanzkontrolle umfassender zunutze machen.635 c) Formulierung von Leitlinien zur Ausübung der Bundesaufsicht Der Bundesrechnungshof gibt mit seiner Prüfung zwar erste Hinweise, wie die Bundesaufsicht konkret ausgestaltet werden kann. Um die abstrakten Regelungen des Art. 85 Abs. 3 und 4  GG zu konkretisieren und für die Verwaltungspraxis handhabbar zu machen, sollten gemeinsam mit dem Bundesministerium des Innern zudem ressortübergreifende Richtlinien zu Anforderungen und Möglichkeiten der Aufsicht formuliert werden. Vergleichbar den Leitlinien zur Ausübung der Fachaufsicht sollten darin insbesondere Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung abgegrenzt und festgelegt werden, welche Aufgaben bei der Wahrnehmung der Bundesaufsicht zu erfüllen sind und welche Mittel dafür in Betracht kommen.636 Auch der Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages forderte die betroffenen Bundesministerien als Reaktion auf die Prüfung des Bundesrechnungshofes auf, die Ausübung der Aufsicht über die Ausführung der Geldleistungsgesetze durch die Länder zukünftig sicherzustellen und regelmäßig vor Ort zu überprüfen. Dem Bundesministerium des Innern wurde daher aufgegeben, in Zusammenarbeit mit den betroffenen Bundesministerien ressortübergreifende Leitlinien zur Ausübung der Bundesaufsicht zu entwickeln.637 Zu den Gründen für ein Ausbleiben der Aufsicht äußerte sich der Bundesrechnungshof nicht. Sie dürften durchaus vielschichtig sein. Zum einen könnte der Bund darauf bedacht sein, das kooperative Verhältnis zu den Ländern nicht zu beeinträchtigen, indem er durch die Ausübung seiner Aufsichtsrechte ein Misstrauen gegenüber den Länderbehörden zum Ausdruck bringt. Zudem könnte der Bund eine nachträgliche Kontrolle aufgrund der ohnehin bestehenden engen Kontakte für obsolet halten, da er in deren Rahmen einen guten Einblick in die Verwaltungsführung der Länder erhält und eine weitere Überprüfung des Gesetzesvollzugs durch die Länder somit entbehrlich wird. 635  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 24. 636  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 11 f.; ders., Bemerkungen 2012 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S.  125 f. 637  Nach der Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern vom 31.5.2011, O1-131 010 / 2 war diese zuvor seitens der Bundesministerien nicht geplant.



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Das Wahrnehmungsdefizit könnte auch durch eine Vielzahl weiterhin bestehender rechtlicher Unklarheiten zur Bundesaufsicht begründet sein. Ferner könnte ein Desinteresse des Bundes zu Einzelfragen des Gesetzesvollzugs für die mangelnde Bundesaufsicht ursächlich sein638 oder die geringe Personalausstattung der zuständigen Referate in den Bundesministerien639 einer strukturierten Überprüfung der Umsetzung durch die Länder entgegenstehen. Insbesondere in Bereichen der Massenverwaltung ist die Personalausstattung nicht ausreichend, um neben besonders gelagerten Fällen eine systematische Beaufsichtigung der Leistungspraxis sicherzustellen. III. Die Bundesaufsicht im Rahmen der Ausbildungsförderungsverwaltung Auch im Bereich der Ausbildungsförderungsverwaltung läuft das Ingerenzrecht der Bundesaufsicht nahezu leer. Örtliche Kontrollen werden nicht durchgeführt und auch die Anforderung von Akten oder die Entsendung von Beauftragten wurde bislang praktisch nicht relevant. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung geht vielmehr in allen Ländern von einem ordnungsgemäßen Vollzug der Gesetze und der Beachtung seiner Erlasse aus.640 So überprüft es die landesrechtlichen Vollzugsregelungen auch nicht auf eine korrekte Umsetzung der Bundesvorgaben. Das Schweigen des Ministeriums kann folglich nicht als Zustimmung zur landesrechtlichen Umsetzung gewertet werden. In Zweifelsfällen bittet es darum, entsprechend der Behördenhierarchie nur über die Obersten Landesbehörden kontaktiert zu werden.641 Diese Praxis widerspricht Tz. 39.1.1 der BAföGVwV, wonach „die Länder […] das zuständige Bundesministerium über wichtige Vorgänge bei der Durchführung des Gesetzes, z. B. landesrechtliche Bestimmungen, die Einfluss auf die Durchführung des Gesetzes haben, sowie – bei allgemeiner Bedeutung – Gerichtsentscheidungen, parlamentarische Anfragen und Runderlasse der Obersten Landesbehörden und Landesämter“ unterrichten. Da diese Aufzählung nicht abschließend ist, dürften auch Prüfungen von Bundes- oder Landesrechnungshöfen von dieser Regelung umfasst sein.642 von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1009). dazu § 13 B. II. Vgl. zur vergleichbaren Problematik bei der Ausübung der Fachaufsicht Döhler, Die politische Steuerung der Verwaltung, S. 228. 640  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 20. 641  Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 30.7.2009, Az. 414 – 42531 § 39. 642  Auch Teil D Ziffer 2 der Wohngeld-Verwaltungsvorschrift (WoGVwV) schreibt eine Unterrichtung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung über Weisungen der Länder vor. Ziffer 1 sieht zudem eine Unterrichtung 638  Vgl. 639  Vgl.

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Nach der Prüfung durch den Bundesrechnungshof erklärte sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung bereit, an der Entwicklung ressortübergreifender Leitlinien zur Ausgestaltung der Bundesaufsicht mitzuarbeiten.643 Dabei solle auch überprüft werden, ob die Leitlinien nur die Aufsicht über den Vollzug der Geldleistungsgesetze oder auch andere Materien der Bundesauftragsverwaltung umfassen sollen.644 Fraglich ist, was diese Unterscheidung begründen könnte und auf welche Aspekte im Rahmen einer Sonderregelung für Geldleistungsgesetze besonders einzugehen wäre. So ist die Ausübung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG kein spezielles Problem des Vollzugs der Geldleistungsgesetze. Vielmehr findet die Bundesaufsicht auf alle Bereiche der Bundesauftragsverwaltung Anwendung und ist daher grundsätzlich allgemein, ggf. unter Berücksichtigung sachgebietsspezifischer Detailregelungen, zu bestimmen. Zur Durchführung „eigener stichprobenartiger Geschäftsprüfungen“ sieht sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung hingegen personell nicht in der Lage. Jedoch wurden andere bundesaufsichtliche Maßnahmen eingeleitet. So lässt sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung von den Vertretern der Länderbehörden berichten, „wie sie die Fachaufsicht über die Ämter für Ausbildungsförderung ausüben und welche Instrumente der Vollzugsaufsicht sie anwenden“, um einen Erfahrungsaustausch unter den Ländern und mit dem Bund zu ermöglichen.645 Dazu sind Vereinbarungen mit den Ländern vorgesehen, wonach diese verpflichtet werden, „mindestens einmal pro Jahr eine anlassunabhängige stichprobenartige Überprüfung […] durchzuführen“ und das Bundesministerium für Bildung und Forschung darüber sowie über Prüfungen der Rechnungshöfe zu informieren.646 Diese Berichte gibt das Bundesministerium für Bildung und Forschung seinerseits anderen Ländern zur Kenntnis.647 Im Rahmen der Sitzungen der OBLBAfö der Fachaufsichtsbehörden sowie durch diese des zuständigen Bundesministeriums über gerichtliche Entscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung vor. 643  Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.1.2012, Az.: 414-42592-BRH / 3; 314-27105-4 / 1. 644  Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.1.2012, Az.: 414-42592-BRH / 3; 314-27105-4 / 1. 645  Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.1.2012, Az.: 414-42592-BRH / 3; 314-27105-4 / 1; vgl. auch Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 19 f. 646  Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.1.2012, Az.: 414-42592-BRH / 3; 314-27105-4 / 1. Vgl. zur Zulässigkeit der Überwachung der Verwaltungstätigkeit der Länder im Rahmen der Steuerverwaltung Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S.  162 f. 647  Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.1.2012, Az.: 414-42592-BRH / 3; 314-27105-4 / 1.



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forderte das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Länder zudem auf, mindestens einmal jährlich eine anlassunabhängige Kontrolle bei einer Vollzugsbehörde durchzuführen und dem Ministerium über die Ergebnisse sowie ergriffene Maßnahmen Bericht zu erstatten.648 Gleichwohl handelt es sich hierbei jeweils um kooperative Maßnahmen. Trotz der guten Beziehungen zwischen Bundes- und Länderbehörden scheinen die kooperativen Strukturen in der Vergangenheit nicht umfassend ausgenutzt worden zu sein.

C. Anforderungen an die Ausgestaltung der Bundesaufsicht im Spannungsfeld zwischen Verantwortung des Bundes und Verwaltungshoheit der Länder Bislang blieb unklar, wie die Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG näher auszugestalten ist. Die Prüfungen des Bundesrechnungshofes könnten nunmehr Auslöser für eine weitere Befassung mit diesem Rechtsinstitut sein und zu einer Fortentwicklung der Aufsicht des Bundes über den Gesetzesvollzug durch die Länderbehörden beitragen. Nach Triepel649 ergibt sich erst durch die nähere Ausgestaltung und praktische Handhabung der Bundesaufsicht ein genaues Bild des Verhältnisses zwischen Bund und Ländern im Bundesstaat. Die konkrete Ausgestaltung gibt somit Auskunft über den Stand der Entwicklung der Bund-Länder-Beziehungen. Da diese bislang vor allem kooperativ geprägt waren, kann von der Aufsicht nur bedingt auf die Verfasstheit des Bundesstaates geschlossen werden. Das Aufsichtsrecht verliert dadurch jedoch nicht an Bedeutung. Bereits seine bloße Existenz gibt dem Verhältnis zwischen Bund und Ländern einen Rahmen.650 Die weitere Entwicklung der Bundesaufsicht ist sodann an der föderalistischen Konzeption des Grundgesetzes auszurichten. So muss die Bundesaufsicht entsprechend der verfassungsrechtlichen Vorgaben ausgestaltet werden. Dabei müssen insbesondere die gegensätzlichen Pole der Sachentscheidungsbefugnis und Verantwortung des Bundes sowie der Eigenstaatlichkeit und Verwaltungshoheit der Länder beachtet werden.651 Letztere bedingt, dass sich die Bundesaufsicht in ihrer näheren Ausgestaltung von der Fachaufsicht über den nachgeordneten Bereich unterscheiden muss.652 Hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Bundesaufsicht im Bereich der Ausbildungsförderung sind somit mehrere Aspekte zu bedenken: 648  Protokoll

der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 19. Reichsaufsicht, S. 3. 650  Schulte, VerwArch  81 (1990), 415 (417, 432). 651  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 68. Vgl. auch Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern vom 31.5.2011, O1-131 010 / 2. 652  Vgl. § 9 A. II. 649  Die

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I. Der Maßstab der Aufsicht über den Vollzug des BAföG Fraglich ist zunächst, was Maßstab der Bundesaufsicht ist, die Einhaltung welcher Vorgaben also im Wege der Aufsicht überprüft werden darf. Im Rahmen der Rechtsaufsicht gehören hierzu vor allem die Beachtung des BAföG sowie der dazu erlassenen Rechtsverordnungen. Daneben zählen auch die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum BAföG zum Maßstab der Bundesaufsicht. Als bedenklich erweist sich jedoch der vermehrte Rückgriff auf extrakonstitutionelle Regelungsinstrumente im Rahmen der Bundesaufsicht. Zwar kann ihre Beachtung durch die Länderbehörden von Bundesseite zur Kenntnis genommen werden, hingegen können sie der Rechtsaufsicht nicht als förmlicher Aufsichtsmaßstab zugrunde gelegt werden.653 Indem sich der Bund seiner steuernden Einwirkungsrechte begibt, fehlt es ihm auch an einem entsprechenden Aufsichtsmaßstab im Rahmen der Rechtmäßigkeitsaufsicht. Wie bereits von Etscheid654 gefordert, bedarf es daher einer Reflexion über die Mittel und Verfahren der Verwaltungssteuerung. Die Auswirkungen einer rein kooperativen Verwaltungssteuerung scheinen hier bislang nicht vollends bedacht. Des Weiteren ist fraglich, auf welches Richtmaß sich eine über die Rechtmäßigkeit hinausgehende Zweckmäßigkeitsaufsicht beziehen soll. Der Bund könnte sich an politischen Vorgaben und Zielen des zu vollziehenden Bundesgesetzes orientieren, darüber hinaus aber auch an Erwägungen, welche der Übernahme der Materie in die Verwaltungsform der Bundesauftragsverwaltung zugrunde lagen. Im Rahmen des Vollzugs des BAföG dürfte somit ein besonderes Augenmerk auf der Bundeseinheitlichkeit sowie den ausgabenwirksamen Aspekten der Verwaltungspraxis liegen, welche über die Kostenbeteiligung des Bundes ihren Niederschlag im Bundeshaushalt finden. Zwar erteilte das Bundesverfassungsgericht einer Beschränkung der Einwirkungsbefugnisse des Bundes „aus den Gründen für die Einführung der Auftragsverwaltung“ eine Ablehnung.655 Gleichwohl verbietet es eine entsprechende Ausrichtung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG nicht. Seine entscheidende Bedeutung dürfte dem Zweckmäßigkeitsmaßstab jedoch nicht im Rahmen der beobachtenden Aufsicht, sondern beim Erlass von Verwaltungsvorschriften und Weisungen, mithin der Setzung des Aufsichtsmaßstabs selbst, zukommen. Die Zweckmäßigkeitsaufsicht des Art. 85 Abs. 4  GG dient schließlich dazu, den Erlass entsprechender Regelungen 653  Vgl.

dazu bei § 18 B. II. 2 d). neu denken und gestalten, S. 210. 655  BVerfGE 81, 310 (336). 654  Fachaufsicht



§ 19  Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG299

vorzubereiten, welche in der Folge selbst zu Rechtmäßigkeitsmaßstäben werden.656 Aufgrund der Gefahr einer Übersteuerung durch den Bund und zur Bewahrung der Eigenverantwortlichkeit der Länder ist die Ausweitung der Aufsichtsmaßstäbe auf das notwendige Maß zu begrenzen. II. Die Zuständigkeit zur Ausübung der Aufsicht Wie oben erläutert657, wird im Rahmen der anlassunabhängigen, dauerhaften Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG eine Zuständigkeit der Bundesministerien angenommen. Soweit jedoch die eingriffsintensiven Maßnahmen des Art. 85 Abs. 4 S. 2 GG betroffen sind, ist die Zuständigkeit zur kontrollierenden Bundesaufsicht der Bundesregierung als Kollegialorgan vorbehalten.658 Die Anwendung der Aufsichtsmittel des Art. 85 Abs. 4 S. 2 GG durch einen Bundesminister ist somit nur im Rahmen des Weisungsrechts nach Art. 85 Abs. 3 GG denkbar. Die Beobachtungen des Bundesministers müssen sich folglich auf einen oder mehrere konkrete Einzelfälle im Sinne des Weisungsbegriffs659 beziehen. Eine fortwährende umfassende Überwachung der Verwaltungstätigkeit der Länder mit den Mitteln des Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG durch oder im Auftrag des zuständigen Ressortminister ist hingegen ausgeschlossen.660 Da die Kenntnis der Verwaltungspraxis durch die Obersten Bundesbehörden Voraussetzung für eine wirkungsvolle Wahrnehmung der Sachentscheidungsbefugnis ist661, erscheint eine Beschränkung der Aufsichtskompetenz auf die Bundesregierung wenig sinnvoll. Diese stünde einer flexiblen und kontinuierlichen Kontrolle des Verwaltungshandelns vielmehr entgegen. Auch der Ansatz, eine unterschiedliche Zuständigkeit für die Verwaltungssteuerung durch Weisungen und die Ausübung der Aufsicht damit zu begründen, dass der Gesetzesvollzug im Auftrag des Bundes eine Form der Landesverwaltung darstellt, die Aufsicht darüber somit nur der Bundesregierung zustehe, das Weisungsrecht hingegen Ausdruck der Sachentscheidungsbefugnis des Bundes ist, wodurch die Zuständigkeit des Bundesministeriums 656  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 87; Hermes, in: Koch u. a., 11. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 353; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 69. 657  Vgl. § 8 F.III. 658  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 68. 659  Vgl. hierzu § 8 E. II. 2. 660  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 49. 661  Degenhart, in: Koch  u. a., 12.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 424; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1007).

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

begründet werde662, erweist sich als nicht überzeugend. So ist es unzweckmäßig, wenn durch die Bundesregierung gewonnene Informationen die Grundlage für ein Einschreiten des Bundesministeriums bilden663, zumal die Berichtigung im Weisungswege stets eine zunächst anlassunabhängige Beobachtung voraussetzt. Insofern erscheint es sinnvoller, die Beschränkung der Aufsichtsrechte des Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG auf die Bundesregierung allein mit dem erhöhten Schutz der Länderbehörden vor eingriffsintensiven Maßnahmen der beobachtenden Aufsicht zu erklären664 und hinsichtlich der Weisungs- sowie der Aufsichtsbefugnis aufgrund ihres inneren Zusammenhangs von einer einheitlichen Zuständigkeit des jeweiligen Bundesministers auszugehen.665 III. Die Mittel der Bundesaufsicht Fraglich ist jedoch, welche Mittel den Bundesministerien zur Ausübung der Aufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG überhaupt zur Verfügung stehen. Unbestritten ist, dass den Bundesministerien im Rahmen der Bundesaufsicht kein Recht zukommt, wie im Rahmen der Fachaufsicht auf die Länder einzuwirken. Tatsächlich bleibt eine derartige Einflussnahme auf den Landesvollzug dem Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG vorbehalten, sodass ihnen nur ein einfaches Informationsrecht zukommt. Fraglich bleibt jedoch, wie dieses abseits der Vorgaben des Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG ausgestaltet ist, zumal Absatz  4 Satz  1 hierzu keine Aussage trifft. Das Bundesministerium des Innern legt mangels Beschränkung des Informationsrechts nach Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG ein weites Aufsichtsverständnis zugrunde, nach welchem den Bundesministern neben den explizit genannten Aufsichtsrechten der Bundesregierung nach Satz 2 auch weniger eingreifende Aufsichtsmittel zur Verfügung stehen.666 Dieses Verständnis wurde durch die Rechtsprechung bislang nicht bestätigt, findet jedoch Gefolgschaft in 662  Hermes, in: Dreier, GG, Bd.  III, Art. 85 Rn. 23; ders., in: Koch u.  a., 11.  Deutsches Atomrechtssymposium, S. 347, 353; Isensee, in: Detterbeck / Rozek / von Coelln, Festschrift Bethge, S. 359, 384. 663  So jedoch Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 23. 664  Vgl. ähnlich F. Kirchhof, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 81; Degenhart, in: Koch u. a., 12. Deutsches Atomrechtssymposium, S. 409, 424, wobei dieser offen lässt, wem das Aufsichtsrecht nach Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG zusteht. 665  Blümel, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. IV2, § 101 Rn. 70, der auf den engen Zusammenhang zwischen Bundesaufsicht und Weisungsbefugnis abstellt; von Danwitz, DVBl. 1992, 1005 (1009). 666  Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern vom 31.5.2011 – Az.: O1-131 010 / 2.



§ 19  Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG301

der Literatur.667 Gleichwohl stellen sich damit weitere Fragen nach dem genauen Umfang der Aufsichtsrechte. So ist unklar, ob die Bundesministerien den Verwaltungsvollzug im Rahmen stichprobenartiger Geschäftsprüfungen überprüfen oder den Obersten Landesbehörden Vorgaben zur Ausübung der Fachaufsicht auf Landesebene machen dürfen. Letzteres könnte dazu führen, dass die Bundesaufsicht sich zu einer allein auf die Fachaufsicht aufbauenden und ihre Wahrnehmung überprüfenden Aufsicht ohne eigenständige Bedeutung entwickelt. Somit gilt es, die Informationsrechte nach Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG entsprechend der Aufforderung des Bundesrechnungshofes zu präzisieren um festzustellen, welche Mittel dem Bund im Rahmen der Aufsicht zukommen und auf welche Weise er diese ausüben kann. Hierzu bedarf es einer einheitlichen Definition der Bundesaufsicht und einer entsprechenden Ergänzung der ministeriellen Aufgaben nach § 3 Abs. 1 GGO, der Durchführung von Seminaren und Schulungen zum gegenseitigen Erfahrungsaustausch, der Erstellung von Arbeitshilfen zur Wahrnehmung der Bundesaufsicht in den Referaten sowie der Entwicklung von ressortspezifischen Aufsichtsmaßnahmen.668 Jedoch erfordert die Bundesaufsicht nicht nur die Formulierung entsprechender Vorgaben. Vielmehr muss auch ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass ihre Ausübung zu den regulären Aufgaben der Bundesministerien gehört. Dies muss seinen Ausdruck auch in einer entsprechenden Personalausstattung der beteiligten Fachressorts finden. Der maßgebliche Unterschied zwischen den in Art. 85 Abs. 4 S. 2  GG ausdrücklich benannten Aufsichtsmitteln und den übrigen Mitteln der Aufsicht nach Satz 1 dürfte im Grad der Einschränkung der Verwaltungshoheit der Länder liegen. Durch die Vorlage von Berichten und Akten sowie die Entsendung von Beauftragten werden die Länder in ihrer eigenverantwortlichen Verwaltungsführung beeinträchtigt. Deshalb bedürfen diese Aufsichtsmittel einer ausdrücklichen verfassungsrechtlichen Ermächtigung, welche die Ausübung der Aufsichtsmittel zudem auf die Bundesregierung beschränkt.669 Von der Aufsicht des Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG können hingegen nur solche Maßnahmen umfasst sein, die hinter den Mitteln des Satz 2 zurückbleiben, den Verwaltungsbereich der Länder somit unberührt lassen.

667  Vgl.

dazu § 8 F. II. zur Parallele bei der Fachaufsicht Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 111. Vgl. auch die umfassende Liste der Beobachtungsinstrumente bei Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 214, welche jedoch nicht alle auf die Bundesaufsicht übertragbar sind. 669  So auch Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. 2, Art. 85 Rn. 33. 668  Vgl.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Ihre Bedeutung liegt allein in der Informationsbeschaffung.670 So trifft die Vorschrift neben dem Aufsichtsmaßstab keine Aussage über weitere Mittel der Bundesaufsicht und ist insofern nicht geeignet, einen Eingriff in Länderrechte zu legitimieren. Sie umfasst vielmehr nur solche Mittel, die sich auf eine schlichte Beobachtung des Gesetzesvollzugs beschränken und somit keiner weiteren Ermächtigung gegenüber den Ländern bedürfen. Die beobachtende Aufsicht stellt sich insofern als Selbstverständlichkeit dar, welche von den Einwirkungsrechten des Bundes vorausgesetzt wird671, diesen quasi immanent ist. Damit ist auch zu erklären, warum Art. 85 Abs. 4  GG die Aufsicht nur sehr kryptisch regelt. Denn streng genommen bedürfte es einer solchen verfassungsrechtlichen Kompetenz des Bundes zur reinen Beobachtung des Verwaltungsgeschehens gar nicht. So stellte bereits Triepel672 fest, dass das „Beobachten und Ermitteln […] Tätigkeiten [sind], die an sich für das Recht überhaupt gleichgültig sind. Sie sind deshalb, für sich allein genommen auch keine staatlichen Kompetenzen. […] Nur wenn die Beobachtung und Ermittlung auf der Gebundenheit eines anderen Rechtsubjekts beruht, insofern dieses verpflichtet ist, Auskünfte zu erteilen oder Einsichtnahmen zu gestatten, ist zwischen ihm und dem, der Kenntnis zu gewinnen wünscht, ein rechtlich bedeutsames Verhältnis vorhanden.“ Art. 85 Abs. 4 GG begründet somit weniger eine Ermächtigung zum Handeln gegenüber den Ländern, welche vielmehr dem Erlass von Verwaltungsvorschriften und Weisungen vorbehalten bleibt, sondern eine Verpflichtung des Bundes, den Gesetzesvollzug aufsichtlich zu begleiten. Repressive Korrekturen sind hiervon nicht umfasst. Dies wertet die Funktionsfähigkeit der Bundesaufsicht keineswegs ab, beschränkt sie jedoch auf das zur Wahrung der Länderhoheit notwendige Maß. Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG belässt dem Bund somit lediglich einen beschränkten Spielraum für die Ausübung der Aufsicht. Neben den Aufsichtsmitteln des Art. 85 Abs. 4 S. 2 GG ist er auf Informationen angewiesen, welche frei zugänglich sind oder ihm von dritter Seite angetragen werden. Weitergehende Möglichkeiten einer zwingenden Beobachtung bietet sie nicht. Zu ihrer 670  Kluth, in: Bonner Kommentar, Bd. V, Art. 85 (155. Akt. 2011) Rn. 168  f.; Oebbecke, in: Isensee / Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI3, § 136 Rn. 69. 671  Sog. implied powers, vgl. auch Triepel, Die Reichsaufsicht, S. 122, welcher sie jedoch nicht auf die Aufsichtskompetenz des Art. 4  RV stützen will. 672  Die Reichsaufsicht, S. 117. „… Deshalb ist auch die echte staatliche Beaufsichtigung […] ungeachtet dieses Endzwecks solange rechtlich unerheblich, als sie in nichts anderem als in der „Beobachtung“ des Beaufsichtigten besteht. Erst wenn [… sie …] irgendwie in ihre Freiheit eingreift, also Auskünfte verlangt oder Untersuchungen an ihr oder bei ihr anstellt, tritt die Beobachtung in den Rahmen des Rechts ein, wird sie zum Inhalte einer subjektiven Berechtigung, einer Zuständigkeit.“



§ 19  Die Wahrnehmung der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG303

Effektuierung ist die Bundesaufsicht daher notwendig auf eine Ergänzung im Wege der Kooperation mit anderen Verwaltungsstellen angewiesen. Insofern sieht auch das Bundesministerium des Innern Bitten um Bericht, Information oder Auskunft als Mittel der Aufsicht im Rahmen des Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG an.673 Ob sich das bisherige Erscheinungsbild der vornehmlich auf Kooperation beruhenden Verwaltungspraxis zukünftig maßgeblich ändern wird, ist daher zweifelhaft. Vielmehr dürfte der kooperativen Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern auch weiterhin eine wichtige Rolle zukommen. In ihrem Rahmen ist der Bund nicht auf die Mittel der förmlichen Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG beschränkt.674 Folglich sind Kontrollen und Geschäftsprüfungen vor Ort gegen den Willen der Länder von einer reinen Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4 S. 1 GG nicht gedeckt. Jedoch ist ein Rückgriff auf die Fachaufsicht der Länder im Rahmen der Bundesaufsicht möglich. So könnten Bund und Länder Absprachen über die Wahrnehmung der Fachaufsicht treffen und Erfahrungen darüber im Rahmen der Bund-Länder-Tagungen austauschen. Hier kann sich der Bund von den Ländervertretern auch über die Ergebnisse ihrer Aufsicht berichten lassen. Den Tagungen selbst käme dann Aufsichtscharakter zu. Die vorhandenen Mechanismen bieten bereits eine gute Grundlage, entsprechende Aufsichtsstandards im Konsens zu erarbeiten. Zudem sind Bund und Länder im Rahmen der Bundestreue zu einem gewissen Maß an Kooperation verpflichtet. Eine nähere Untersuchung einzelner Aspekte des Gesetzesvollzugs bleibt sodann den Maßnahmen im Rahmen förmlicher Ingerenzrechte vorbehalten, etwa den Informationsrechten des Art. 85 Abs. 4 S. 2 GG sowie unter Bezugnahme auf einen konkreten Fall dem Weisungsrecht und den ihm immanenten Informations- und Aufsichtsrechten unter Überleitung der Sachentscheidungsbefugnis auf den Bund. Auch Vorgaben des Bundes zur Ausübung der Fachaufsicht durch die Länder können nicht auf das Aufsichtsrecht des Art. 85 Abs. 4 S. 1  GG gestützt werden und stellen somit lediglich unverbindliche Empfehlungen an die Länderbehörden dar. Verbindliche Vorgaben zur Ausübung der Aufsicht können hingegen nur in Form allgemeiner Verwaltungsvorschriften nach Art. 85 Abs. 2 S. 1  GG ergehen.675 Im Einzelfall und bei mangelnder Kooperation der Länderbehörden muss der Bund auf Grundlage der Aufsichtsrechte des Art. 85 Abs. 4 S  2 GG eigene Kontrollen bei den Bewilli673  Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern vom 31.5.2011 – Az.: O1-131 010 / 2. Vgl. ähnlich auch Broß / Mayer, in: von Münch / Kunig, GG, Bd. 2, Art. 85 Rn. 33. 674  Vgl. Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 152. 675  Vgl. auch Stellungnahme des Bundesministeriums des Innern vom 31.5.2011 – Az.: O1-131 010 / 2.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

gungsstellen durchführen. Anders als im Kommunalrecht sind jedoch keine weitergehenden Eingriffe in die Verwaltungsführung der Länder zulässig.676 Neben der Bundesaufsicht nach Art. 85 Abs. 4  GG können dem Bund weitergehende Informationsrechte, etwa nach den Informationsfreiheitsgesetzen der Länder, zustehen. Dies hängt jedoch von der länderspezifischen Ausgestaltung der jeweiligen Informationsfreiheitsgesetze ab. So ist das Informationsrecht in einigen Ländern auf natürliche Personen beschränkt677, während es in anderen Ländern auch juristischen Personen zusteht678 und dem Bund damit weitergehende Aufsichtsrechte zuspricht. Dies führt zu dem merkwürdigen Ergebnis, dass natürliche Personen ihren Anspruch auf Informationszugang leichter verwirklichen können als dies dem Bund im Rahmen der Bundesaufsicht möglich ist. Gleichwohl kann der Anspruch auf Informationszugang nur zu einer Ergänzung der Bundesaufsicht führen. Diese ist als verfassungsrechtliches Institut grundsätzlich unabhängig von den Informationsfreiheitsgesetzen der Länder.

§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung Neben den verfassungsrechtlichen Ingerenzrechten existieren schließlich weitere externe Kontrollmechanismen, welche insbesondere das Aufsichtsrecht des Bundes nach Art. 85 Abs. 4  GG ergänzen.679 Damit zeichnet sich die Verwaltungskontrolle der Bundesrepublik entsprechend der Gewaltenteilung auch durch eine Aufteilung der Aufsichtsbefugnisse auf weitere externe Aufsichtsträger aus.680 Diese tragen neben der verwaltungsinternen Kontrolle dazu bei, eine einheitliche und rechtsförmige Verwaltungspraxis zu gewährleisten. Damit vervollständigen sie die Funktionsweise der Bundesauftragsverwaltung, weshalb sie an dieser Stelle kurz dargestellt werden sollen. 676  F. Kirchhof,

in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (67. Ergl. 2012) Rn. 77. § 4 Abs. 1 IFG  NRW; § 1 Abs. 2 IFG  MV; § 4  Abs. 1 LIFG  RP; § 1 SIFG; § 4 IFG-SH. 678  Vgl. § 1 AIG Bbg; § 1 Abs. 1 BremIFG, jedoch mit ausdrücklichem Vorrang abschließender Regelungen in anderen Rechtsvorschriften; § 3 Abs. 1 S. 2 IFG Berlin; § 1 Abs. 2  HmbTG; § 1 Abs. 1 IZG  LSA; § 4 Abs. 1 ThürIFG, ebenfalls mit ausdrücklichem Vorrang abschließender Regelungen in anderen Rechtsvorschriften. 679  Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 139 ff. spricht insofern von einem System komplementärer Kontrollen und einem „Kontrollmix“. 680  Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 70 f.; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 51. 677  Vgl.



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung305

A. Die verwaltungsinterne Kontrolle im Rahmen der Kooperationsgremien Auch den verschiedenen Kooperationsgremien von Bund und Ländern im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung kommt im Hinblick auf die Ausübung der Bundesaufsicht eine wichtige Rolle zu. Während ihre Maßnahmen aufgrund der rechtlichen Unverbindlichkeit keine berichtigende Wirkung haben, weisen die Bund-Länder-Kooperationen eine wichtige Kontrollfunktion gegenüber den Ländern auf. So erfolgt im Rahmen der Koordinierungsgremien eine kontinuierliche Begleitung der Verwaltungstätigkeit der Länder durch den Bund. Durch die Vernetzung und den Austausch unter den Vertretern der Bundes- und Landesbehörden können Probleme des Gesetzesvollzugs bereits im Vorfeld beseitigt oder vermieden werden. Die Kontrolle im Rahmen der Bund-Länder-Kooperation ist somit geeignet, die Defizite der formellen Bundesaufsicht zu kompensieren, wodurch eine nachträgliche Aufsicht teilweise obsolet wird.681 Dabei kann die Verwaltungshoheit der Länder in besonderem Maße berücksichtigt werden, ohne dass der Bund verstärkt in den Landesbereich hineinwirken muss.

B. Die Haftungspflicht der Länder als ‚Kontrollinstrument‘ Weiteres Instrument zur ‚Kontrolle‘682 des Gesetzesvollzugs durch die Länder könnte die Haftungsnorm des Art. 104a Abs. 5 S. 1, 2.  Hs.  GG darstellen, wonach Bund und Länder sich im Verhältnis zueinander für eine ordnungsgemäße Verwaltung haften.683 Neben dem Erlass rechtswidriger Anordnungen durch den Bund684 kann es im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, insbesondere auch beim Vollzug der Geldleistungsgesetze, zu einem fehlerhaften Gesetzesvollzug durch die Länder und damit einer fehlerhaften Verwendung der Bundesmittel kommen.685 Demgegenüber trägt 681  Vgl. auch Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 443, welcher auf den „Ausbau der Instrumente des kooperativen Föderalismus“ abstellt. 682  Streng genommen handelt es sich hierbei nicht um eine Form der Kontrolle im Sinne eines Soll / Ist-Vergleichs, sondern um einen Mechanismus zur Mäßigung der Länder im Rahmen des Gesetzesvollzugs. 683  Vgl. hierzu umfassend Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S.  365 ff. 684  Zu dessen Konsequenzen § 18 B. I. 2. d) bb). 685  Zur Haftung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung, insbesondere beim Erlass von Weisungen Janz, Das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG, S. 301 ff. Vgl. bereits Groß, Die Haftung der Länder in der Auftragsverwaltung, S. 1 f.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

der Bund die finanziellen Schäden der Länder im Fall rechtswidriger Weisungen.686 Die hierzu ergangenen Entscheidungen sind jedoch spärlich und auf besondere Einzelfälle beschränkt.687 Eine merkliche Kontrollwirkung geht von der Haftungsnorm somit nicht aus. Im Bund-Länder-Verhältnis der Bundesauftragsverwaltung hat die Haftungspflicht der Länder kaum Bedeutung. Grund dafür könnte das Fehlen eines Ausführungsgesetzes im Sinne des Art. 104a Abs. 5 S. 2  GG sein, welches die Haftungsvoraussetzungen näher bestimmt. So hat die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung die Haftung gem. Art. 104a Abs. 5 S. 1 GG bislang auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt.688

C. Die Möglichkeiten und Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle Eine wichtige Rolle bei der Kontrolle der Verwaltungstätigkeit im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung kommt dem Bundesverwaltungsgericht sowie den Verwaltungsgerichten der Länder zu, deren Entscheidungen in der Verwaltungspraxis umgesetzt werden müssen. So hat in der Vergangenheit auf Grundlage des Art. 19 Abs. 4  GG eine Intensivierung der gerichtlichen Überprüfung der Verwaltungstätigkeit, insbesondere der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe, stattgefunden.689 Der externen Kontrolle im Rahmen der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte kommt damit eine die verwaltungsinterne Aufsicht des Bundes ergänzende Funktion zu.690 Die Verwaltungsgerichte sind mit der Ausübung der Rechtsaufsicht über die Verwaltungstätigkeit beauftragt. Sie kontrollieren die Anwendung der Gesetze gegenüber dem Bürger, wobei indirekt auch die Ausführung der Gesetze einer Überprüfung unterzogen wird.691 Damit verfolgen Verwal686  Janz, Das Weisungsrecht nach Art.  85 Abs.  3 GG, S.  365  ff.; ders., JURA  2004, 227 (232 f.). 687  Vgl. BVerwGE 96, 45 zum Ersatz von Mehrkosten des Bundes für die Veruntreuung von Förderungsmitteln im Rahmen des Vollzugs des BAföG. Dazu Reifers, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 56 (35. Lfg. 2012) Rn. 6. Ferner BVerwGE 104, 29; BVerwGE NVwZ 1995 991 ff. 688  Vgl. BVerwGE 96, 45. Vgl. auch Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 103. 689  Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 170 f.; Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 73. 690  Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S.  60; vgl. auch Löwer, Verfassungsrechtsfragen der Steuerauftragsverwaltung, S. 25. 691  Leisner, in: Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz I, S.  260, 287.



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung307

tungskontrolle und Bundesaufsicht zum Teil gleichgerichtete Ziele: Beide dienen maßgeblich der Sicherstellung der ordnungsgemäßen Ausführung der Bundesgesetze durch die Länderverwaltungen.692 Während zum Maßstab der Bundesaufsicht auch die allgemeinen Verwaltungsvorschriften zählen693, bilden diese mangels Bindungswirkung für die Verwaltungsgerichte allein den Gegenstand verwaltungsgerichtlicher Kontrollen694. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle auf Anrufung des Bürgers greift jedoch unabhängig von einem aufsichtlichen Tätigwerden des Bundes ein.695 Dabei haben die Verwaltungsgerichte zudem die Kompetenz, die Wirkung von Maßnahmen der Bundesaufsicht, wie Verwaltungsvorschriften oder Einzelweisungen, im jeweiligen Einzelfall durch ihre Entscheidungen außer Kraft zu setzen. Anders als die Bundesaufsicht ist die Kontrolle der Gerichte jedoch auf die Gewährung subjektiven Rechtsschutzes beschränkt. Damit haben die Verwaltungsgerichte – anders als die Träger der Bundesaufsicht – nicht die Möglichkeit aus eigenem Entschluss zu handeln; ihnen fehlt die Kontrollinitiative.696 Aufgrund des nach der Verwaltungsgerichtsordnung gewährten Individualrechtsschutzes sind sie zum Einschreiten auf die Geltendmachung der Möglichkeit einer Rechtsverletzung durch den betroffenen Bürger angewiesen (vgl. §§ 42 Abs. 2, 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 VwGO). Dieser hat über die Verwaltungsgerichte die Möglichkeit, etwaige Mängel der Verwaltungstätigkeit zu beheben, wozu ihm im Fall einer Rechtsverletzung der Klageweg vor die Verwaltungsgerichte eröffnet wird. Im Rahmen der Bundesaufsicht besteht hingegen kein subjektives Recht des Bürgers auf ein Einschreiten des Bundes. Aus diesem Grund dürfte die verwaltungsgerichtliche Kontrolle zumeist einseitig zugunsten des Bürgers wirken. Folglich kann aus dem Umstand, dass Kontrollen der Gerichte keine oder nur wenige Fehler im Verwaltungsvollzug aufdecken, nicht geschlossen werden, „dass der Vollzug weitgehend fehlerfrei sei“. Zu günstige und damit fehlerhafte Bewilligungen können nur im Rahmen anlassloser Prüfungen vermieden werden.697 692  So Leisner, in: Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz I, S. 260, 287, der in der Bundesaufsicht keinen darüber hinausgehenden Zweck sieht. 693  Vgl. § 8 F. I. 694  Trute, in: von Mangoldt / Klein / Starck, GG, Art. 84 Rn. 65. 695  Leisner, in: Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz I, S.  260, 287. 696  Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 60; Mehde, Die Verwaltung 43 (2010), 379 (385 ff.). Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 128 spricht von „außeninitiierte[r]“ Kontrolle. 697  Vgl. Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze, S. 20 ff.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Aufgrund des Prinzips des subjektiven Rechtsschutzes ist die Kontrolle der Verwaltungspraxis durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit somit bloß eine punktuelle.698 Eine umfassende, anlassunabhängige Kontrolle wird durch die Gerichte hingegen nicht gewährleistet. Demgegenüber zeichnet sich die Bundesaufsicht durch ihre über den Einzelfall hinausreichende Zielrichtung aus.699 Zudem greift der gerichtliche Rechtsschutz zumeist nachträglich ein und dient damit nur der Korrektur bereits begangener Fehler und eingetretener Nachteile.700 Ferner unterscheiden sich Kontrolle durch die Gerichte und Bundesaufsicht dadurch, dass die Rechtsprechung durch einen unabhängigen Dritten und somit als externe Kontrolle mit entsprechender Distanz erfolgt701, während die Bundesaufsicht nach Art. 85 GG als verwaltungsinterne Kontrolle eines föderalen Partners über den anderen erfolgt.702 Rechtmäßigkeitskontrolle der Verwaltungsgerichte und Bundesaufsicht verfolgen zudem unterschiedliche Zwecke: Während die gerichtliche Kontrolle gemäß Art. 19 Abs. 4  GG der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit dient, soll die Bundesaufsicht primär die Erfüllung bundesstaatlicher Aufgaben sicherstellen.703 Die eigentliche Bedeutung der Bundesaufsicht tritt damit in einem Bereich zutage, den die verwaltungsgerichtliche Kontrolle nicht abzudecken vermag: Während es in der Rechtsprechung maßgeblich um Fragen der Anwendung materiellen Rechts geht, dient die Bundesaufsicht vor allem der Überwachung der Erfüllung der Länderverpflichtungen gegenüber dem Bund.704 Aufgrund der verschiedenen Zielrichtungen ist somit zweifelhaft, ob die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Lage ist, Defizite der Bundesaufsicht vollständig zu kompensieren. Für die Rechtmäßigkeitskontrolle aus der Perspektive des Bürgers dürfte dies der Fall sein. Maßgeblich für eine den Organen des Bundes anvertraute Aufsichtskompetenz ist jedoch der Umstand, dass es sich bei der Aufsicht um eine politische Aufgabe handelt, welche den Verwaltungsgerichten nicht übertragen werden kann.705 Diese sind auf die Rechtmäßigkeitskontrolle des Verwaltungshandelns beschränkt; politische Zweckmäßigkeitserwägungen, wie von Art.  ­ 85 Abs. 4  GG vorgesehen, sind ihnen über die Kontrolle der Einhaltung der 698  Krebs,

Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 112. Mangoldt, Vom heutigen Standort der Bundesaufsicht, S. 75. 700  Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 128. Vgl. auch Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S.  5 f. 701  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 113. 702  Haun, Die Bundesaufsicht in Bundesauftragsangelegenheiten, S. 60. 703  von Mangoldt, Vom heutigen Standort der Bundesaufsicht, S. 75. 704  von Mangoldt, Vom heutigen Standort der Bundesaufsicht, S. 77. 705  Dux, Bundesrat und Bundesaufsicht, S. 23. 699  von



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung309

Grenzen der Ermessensausübung gemäß § 40 VwGO hinaus verwehrt. Die Kontrollkompetenz im Rahmen der Bundesaufsicht geht in dieser Hinsicht über jene der Verwaltungsgerichte hinaus. Gleichwohl bestehen Wechselwirkungen zwischen gerichtlicher Kontrolle und Bundesaufsicht.706 So werden im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung viele Kontrollaufgaben durch die Gerichte abgeschichtet. Dabei drängt die verwaltungsgerichtliche Kontrolle die Bundesaufsicht zunehmend zurück, denn „[w]o überall der Bürger gegen den Staat antreten kann, braucht der Bund insoweit nicht mehr mit den Ländern zu streiten“.707 Insbesondere die Rechtsaufsicht des Bundes wird aufgrund der Rechtmäßigkeitskontrolle durch die Verwaltungsgerichte in Fällen von Rechtsfehlern zu Ungunsten des Bürgers praktisch obsolet. Die Einheitlichkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen wird zudem durch die Letztentscheidungsbefugnis des Bundesverwaltungsgerichts abgesichert.708 Damit trägt die verwaltungsgerichtliche Kontrolle ebenso wie die Aufsichtsrechte des Bundes zu einer sachlichen Unitarisierung des Verwaltungshandelns der Länder bei.709 Das Instrument der Bundesaufsicht findet neben der Rechtmäßigkeitskontrolle der Gerichte somit praktisch nur geringe Anwendung.710 Zu Fragen der Ausbildungsförderung liegt eine breite Judikatur der Verwaltungsgerichte des Bundes und der Länder vor. Gegenständlich betraf diese in den vergangenen Jahren vor allem Fragen der Förderung von Auslandsausbildungen711, der (Weiter-)Förderung von Ausbildungen nach dem Bachelor- / Master-System712, Fragen des Fachrichtungswechsels713 und der 706  von

Mangoldt, Vom heutigen Standort der Bundesaufsicht, S. 75. in: Starck, Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz I, S. 260,

707  Leisner,

288.

708  Mager, in: Trute u. a., Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, S. 369, 385. Vgl. auch Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Modernisierung der Verwaltungsbeziehungen von Bund und Ländern, S. 181. 709  Boysen, Gleichheit im Bundesstaat, S. 73; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 437. 710  von Mangoldt, Vom heutigen Standort der Bundesaufsicht, S. 75; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 443. 711  Z. B. BVerwGE 143, 314 ff.; BVerwGE NVwZ-RR  2013, 515 ff.; OVG Bremen, NVwZ-RR  2012, 274 f. 712  Z. B. BVerwG, Beschl. v. 17.10.2006 – 5 B 78.06 (juris); BVerwGE  143, 314 ff.; OVG Schleswig, NVwZ-RR  2012, 238 ff.; Nds.  OVG, NVwZ-RR  2013, 263 ff. 713  Z. B. BVerwG, Urt. v. 12.12.2002 – 5 C 64.01 (juris); BVerwGE 120, 149 ff.; BVerwGE  140, 77 ff.

310

Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Vermögensanrechnung714, der Rückforderung von Förderungsleistungen715 sowie die Auslegung einzelner Förderungsvoraussetzungen des BAföG716. Mit der Übernahme von Internatskosten für Auszubildende mit einer Behinderung717 sind auch Fragen der Abgrenzung zu anderen Sozialleistungen betroffen. Dabei ist die Rechtsprechung der Landesverwaltungsgerichte durchaus nicht immer einheitlich. So ist auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gezwungen, die Landesbehörden bundesweit uneinheitlich anzuweisen, um der Judikatur in einzelnen Bundesländern auch vor der Herbeiführung einer letztinstanzlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gerecht zu werden. Häufig ist landesspezifische Rechtsprechung auch Anlass, zuvor getroffene Vollzugsentscheidungen im Rahmen der OBLBAfö erneut zu diskutieren und gegebenenfalls zu revidieren.

D. Die Prüfungen der Wirtschaftlichkeit durch die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder Eine weitere Möglichkeit der Aufsicht stellen die Prüfungen des Bundesrechnungshofes dar. Dieser übt im Fall einer finanziellen Beteiligung des Bundes eine Finanzkontrolle aus, welche gemäß § 91 Abs. 1 S. 1 BHO auch die Verwaltung der Bundesmittel durch Länderbehörden umfasst.718 Diese Prüfbefugnis wird durch § 2 Abs. 2 der Prüfungsordnung des Bundesrechnungshofes (PO-BRH) dahingehend präzisiert, dass auch Stellen außerhalb der Bundesverwaltung der Prüfbefugnis des Bundesrechnungshofes unterliegen, „wenn sie Teile des Bundeshaushalts ausführen oder vom Bund Aufwendungsersatz erhalten, wenn sie Bundesmittel oder Vermögensgegenstände des Bundes verwalten oder wenn sie vom Bund Zuwendungen erhalten. Geprüfte Stelle ist die für den jeweiligen Bereich des Haushalts verantwortliche Dienststelle des Bundes.“ Ihrem Umfang nach umfasst die Prüfung des Bundesrechnungshofes gemäß § 5 S. 1 PO-BRH alle finanzwirksamen Maßnahmen der Verwaltung, also solche, die zu Einnahmen oder Ausgaben führen 714  Z. B. BVerwG, Beschl. v. 29.12.2003 – 5 B 99.03, 5 PKH 83 / 03 (juris); BVerwGE 132, 21 ff.; BVerwG, NVwZ-RR  2010, 926 ff.; BVerwG, Beschl. v. 26.8.2010 – 5 B 28.10 (juris); VGH Mannheim, NVwZ-RR 2011, 866 f.; Nds. OVG, NVwZ-RR  2013, 689. 715  Z. B. BVerwG, NVwZ-RR  2013, 689; Nds.  OVG, DÖV 2012, 859 f. 716  Z. B. BVerwG, NVwZ-RR  2013, 610 ff.; BVerwG, Beschl. v. 11.8.2008 – 5  B  16.08 (juris); NdsOVG, NJW  2012, 1098. Vgl. den Rechtsprechungsüberblick der Jahre 2010–2012 bei Lackner, NVwZ 2013, S. 912, 915 ff. 717  Z. B. BVerwGE 135, 310; im Anschluss daran OVG  NRW, NWVBl.  2012, 348 ff. 718  Vgl. Mager, in: Trute u. a., Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, S. 369, 388.



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung311

können. Dazu zählt aufgrund der finanziellen Beteiligung des Bundes auch die Ausführung der Geldleistungsgesetze des Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG. Ziel der Prüfungen durch den Bundesrechnungshof ist gemäß § 3 Abs. 1 S. 2 PO-BRH „die Rechtmäßigkeit der Verwaltung zu sichern, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und Fehlentwicklungen zu vermeiden“. Maßstab der Prüfung sind gemäß Art. 114 Abs. 2 S. 1  GG die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit der Haushalts- und Wirtschaftsführung. Die Wirtschaftlichkeit der Verwaltungsführung bezieht sich dabei nicht allein auf eine sparsame Mittelverwendung, sondern nimmt auch das Kosten / NutzenVerhältnis in den Blick.719 Die Ordnungsmäßigkeit erfasst gemäß § 4 Abs. 2 PO-BRH auch die Beachtung der den Leistungen zugrunde liegenden Vorschriften und nähert sich somit einer Rechtmäßigkeitskontrolle an.720 Da (fast) jede Tätigkeit der Verwaltung einen Finanzbezug aufweist, ist der Maßstab der Rechnungshofkontrolle ein umfassender.721 Jedoch ist die Kontrolle durch den Bundesrechnungshof ihrem Zweck entsprechend hauptsächlich auf einseitig monetäre Aspekte gerichtet. Die Verwaltungspraxis rückt nur dann in den Fokus, wenn sie finanzielle Auswirkungen hat, was beim Vollzug der Geldleistungsgesetze zumeist der Fall sein dürfte. Aufgrund ihrer Fokussierung auf Maßstäbe der Wirtschaftlichkeit und Ordnungsmäßigkeit ist die Rechnungsprüfung nicht geeignet, die Vollzugsaufsicht zu ersetzen.722 Zudem fungiert der Präsident des Bundesrechnungshofes traditionell als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, indem er „durch Vorschläge und Gutachten auf eine wirtschaftliche Erfüllung der Bundesaufgaben“ hinwirkt.723 In letzter Zeit war der Bundesrechnungshof bereits mehrmals mit Fragen der Bundesauftragsverwaltung im Rahmen der externen Finanzkontrolle befasst.724 Ihm kommt insofern eine besondere Rolle im Rahmen der Auf719  Lange, in: Böning / von Mutius, Finanzkontrolle im repräsentativ-demokratischen System, S. 83, 88 f.; Degenhart, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1995), S. 190, 207; Schulze-Fielitz, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL  55 (1995), S. 231, 254 f. 720  Degenhart, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1995), S. 190, 207. 721  Krit. Lange, in: Böning / von Mutius, Finanzkontrolle im repräsentativ-demokratischen System, S. 83, 84 f. 722  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 22. 723  Vgl. Nr. 1 f. der Richtlinie der Bundesregierung für die Tätigkeit des Bundesbeauftragten (BWV) vom 26.8.1986 (BAnz. Nr. 163 S. 12485). Vgl. auch Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 171. 724  Zuletzt umfassend Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze; zuvor Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaft-

312

Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

sicht zu, als seine Prüfungen regelmäßig Auslöser für Maßnahmen der zuständigen Bundesministerien sind.725 Grund hierfür ist auch die unzureichende Aufsicht und Steuerung durch die zuständigen Bundesministerien.726 So wird der Bundesrechnungshof auch als „Auge und Ohr der Rechts- und Fachaufsicht des Bundes“ bezeichnet.727 Durch seine Kontroll- und Beratungstätigkeit ist er „unterstützender Kooperationspartner [der jeweiligen Behörden] bei der Wahrnehmung [… der …] Finanzkontrolle und damit auch ein Mittler der demokratischen Legitimation“.728 Die aus den Bemerkungen des Bundesrechnungshofes hervorgehenden Prüfergebnisse weisen zudem häufig Querverweise in andere Bereiche des Sozialrechts auf. Der Bundesrechnungshof forciert damit die Harmonisierung und einheitliche Anwendung bestimmter Standards z. B. bei der Einkommens- und Vermögensermittlung im gesamten Sozialrecht.729 Vielfach wird durch den Bundesrechnungshof auch die Erarbeitung von Arbeitshilfen angeregt.730 Die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder sind seit der Einführung des BAföG an der Evaluierung des Gesetzesvollzugs beteiligt und haben hierzu Kontrollen in den Ämtern für Ausbildungsförderung durchgeführt.731 So hat der Bundesrechnungshof schon früh Unterschiede hinsichtlich der lichkeit in der Verwaltung, Gutachtlicher Bericht über die Entwicklung des Verwaltungsaufwandes im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG –) unter besonderer Berücksichtigung der Darlehen. 725  Rinke, in: Bundesanstalt für Straßenbau, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung bei Bundesfernstraßen, S. 18, 25 f. 726  Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachten zur Neuordnung der Verwaltung im Bundesfernstraßenbau, S. 34. Vgl. auch Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / ders., Verwaltungskontrolle, S. 73, 76 f. 727  Rinke, in: Bundesanstalt für Straßenwesen, Rechtsfragen der Bundesauftragsverwaltung, S. 18, 26. 728  Hoffmann-Riem, in: Schmidt-Aßmann / ders., Verwaltungskontrolle, S. 73, 78 f. 729  Vgl. Bundesrechnungshof, Jahresbericht 1993 / 94, S. 99 f. zum Abzug eines Freibetrags für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei der Einkommensermittlung; Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2003, S. 216 zur einheitlichen Berücksichtigung von Grundvermögen bei der Gewährung von Sozialleistungen. 730  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2003, S. 216, wonach das Verfahren der Ermittlung und Bewertung des Verkehrswerts von Grundvermögen festgelegt werden sollte; Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 16, wonach Leitlinien und Standards für eine wirksame systematische Kontrolle des Verwaltungsvollzugs entwickelt werden sollten. 731  BT-Drs.  7 / 2697, insbes. S. 14, 19 f.



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung313

Zahl der bearbeiteten Anträge in den Förderungsämtern zwischen den Ländern festgestellt.732 Nach der deutschen Einigung und der damit verbundenen Anwendung des BAföG in den neuen Bundesländern überprüfte der Bundesrechnungshof in den Jahren 1992 / 93 die dortige Durchführung der sozialen Geldleistungsgesetze.733 Im Jahr 2000 wurde die Höhe der Pauschale für Kosten der Krankenversicherung überprüft.734 Eine mit den Kranken- und Pflegeversicherungszuschlägen zum BAföG verbundene etwaige Doppelförderung war im Jahr 2002 Gegenstand der Prüfungen des Rechnungshofes.735 Im Jahr 2001 hat der Bundesrechnungshof zudem die Durchführung eines Datenabgleichs nach § 45d Abs. 2  EStG für BAföG-Bezieher durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung angeregt.736 Dadurch sollten die Auskünfte der BAföG-Bezieher zu ihren Vermögensverhältnissen einer Überprüfung unterzogen werden. Diese Anregung wurde auf der Sitzung der OBLBAfö im Januar 2002 aufgegriffen und im Folgenden durch einen automatisierten Datenabgleich durch das Bundesamt für Finanzen umgesetzt. Eine entsprechende Regelung wurde aus Gründen der Klarstellung mit dem 21. BAföGÄndG737 2004 in § 41 Abs. 4 BAföG eingefügt.738 Gleichwohl ist das Vorgehen der Länder im Fall von Rückforderungen ungleich ausgestaltet.739 Im Jahr 2005 wurde aufgrund einer Prüfung des Bundesrechnungshofes die langjährige Verwaltungspraxis, auch im Fall fehlender Voraussetzungen Teilerlasse von BAföG-Darlehen vorzunehmen, gestoppt. Diese Praxis ging auf eine interne Festlegung des Bundesverwaltungsamtes zurück und wurde als rechtswidrig und damit unzulässig beanstandet.740 732  Vgl. Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachtlicher Bericht über die Entwicklung des Verwaltungsaufwandes im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG –) unter besonderer Berücksichtigung der Darlehen, S. 13. 733  Bundesrechnungshof, Jahresbericht 1992 / 93, S. 113. 734  Bundesrechnungshof, Ergebnisbericht 2000, S. 140. 735  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2002 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, S.  222 ff. 736  Bundesrechnungshof, Schreiben vom 9.4.2001, zitiert nach Hess.  Landtag, Drs.  18 / 3962. Vgl. auch BT-Drs.  15 / 5807; Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 20. 737  Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom 2.12.2004 (BGBl. I S. 3127). 738  Kreutz, in: Rothe / Blanke, BAföG, § 41 (25. Lfg. 2005) Rn. 1.4, 20. 739  Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 60. 740  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2005, S. 44 f., 216.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Nach den jüngsten Urteilen zu Fragen der Übernahme der Kosten für die Internatsunterbringung behinderter Schüler kündigte der Bundesrechnungshof zudem an, die Leistungen nach der HärteVO zu überprüfen.741 Hier greifen gerichtliche Kontrolle und Prüfungen des Rechnungshofes ineinander. Aber auch die Kontrolle durch die Rechnungshöfe weist strukturelle Schwächen auf. Ihre Prüfungskompetenz liegt im „Beziehungsgeflecht von Legislative und Exekutive“.742 Die Mitglieder des Bundesrechnungshofes haben gemäß Art. 114 Abs. 2 S. 1  GG eine den Richtern vergleichbare Unabhängigkeit und ihr Kontrollauftrag richtet sich umfassend auf die gesamte vermögenswirksame Haushalts- und Wirtschaftsführung des Staates.743 Als Ausfluss dessen entscheidet der Rechnungshof gemäß §§ 89 Abs. 2, 94  BHO auf eigene Initiative über Sachbereiche, Gegenstände, Umfang, Verfahren und Zeitpunkt seiner Prüfungen.744 Dadurch ist der Bundesrechnungshof in seiner Prüfungstätigkeit freier als die Gerichte, welche an Verfahrensvorgaben und Entscheidungsmaßstäbe gebunden sind.745 Mit Ausnahme weniger umfassender Prüfungen, wie zur Wahrnehmung der Aufsichtsrechte durch die Bundesministerien, überprüft der Bundesrechnungshof vergleichbar den Verwaltungsgerichten gemäß § 89 Abs. 2 BHO lediglich stichprobenartig einzelne haushaltsrelevante Ausschnitte des Gesetzesvollzugs. Eine umfassende Prüfung der Recht- und Zweckmäßigkeit des Verwaltungshandelns findet hingegen nicht statt.746 Zwar ist der Bundesrechnungshof als Oberste Bundesbehörde weisungsbefugt747, seine Kompetenzen beschränken sich jedoch regelmäßig auf das Aufzeigen von Missständen. Die Umsetzung der ausgesprochenen Empfehlungen liegt sodann bei den Parlamenten, welche diesen zumeist bereitwillig folgen. Rechtliche Sanktionsmöglichkeiten kommen ihnen nicht zu, ihre Prüfungen stellen allenfalls einen politischen Machtfaktor dar.748 Den Prü741  Protokoll

der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 12. Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1995), S. 190, 193 f. 743  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S.  182; SchulzeFielitz, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1995), S. 231, 237. 744  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 173, 206; SchulzeFielitz, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1995), S. 231, 264 f. 745  Vgl. Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 218. 746  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 209 f.; Degenhart, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1995), S. 190, 207. 747  Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu / Hofmann / ders., GG, Art. 85 Rn. 12. 748  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 12 f., 214. Vgl. auch Degenhart, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 742  Degenhart,



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung315

fungen kommt gleichwohl eine über den Einzelfall hinausgehende Präventivfunktion zu.749 Durch die Mitteilung der Prüfergebnisse gemäß § 96 BHO an die zuständigen Dienststellen oder die Veröffentlichung in den jährlichen Bemerkungen gemäß Art. 114 Abs. 2 S. 2  GG, § 97  BHO tritt eine disziplinierende Wirkung ein.750 Zudem wurde kürzlich durch das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass der Bundesrechnungshof als Behörde im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 IFG grundsätzlich auskunftspflichtig ist.751 Auch dies erhöht die Transparenz der Verwaltungstätigkeit. Neben dem Bundesrechnungshof nahmen aufgrund der anteiligen Finanzierung des BAföG von 35 % durch die Länder bislang auch die Landesrechnungshöfe Überprüfungen der Länderbehörden vor, durch welche Mängel der Verwaltungstätigkeit beim Vollzug des BAföG aufgedeckt wurden.752 Die Landesrechnungshöfe können die Verwaltungspraxis der Länder im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung jedoch nur soweit beeinflussen, wie die Wahrnehmungskompetenz der Länder reicht. Soweit das BAföG keine verbindlichen Vorgaben macht, können die Einrichtung der Landesbehörden und ihr Verwaltungsverfahren Gegenstand der Prüfungen durch die Landesrechnungshöfe sein. In Nordrhein-Westfalen empfahl der Landesrechnungshof z. B. die Zusammenlegung der Studentenwerke Duisburg und Essen, die der zuständige Landesminister daraufhin durchführte.753 Vielfach waren auch Fragen der Finanzierung der Durchführung des BAföG Gegenstand von Kontrollen der Landesrechnungshöfe.754 Weitere Prüfungen des Landesrechnungshofes (1995), S. 190, 193 f.; Schulze-Fielitz, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, ebd., S. 231, 242 f. 749  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 209 f. 750  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 214. Vgl. auch Degenhart, Kontrolle der Verwaltung durch Rechnungshöfe, VVDStRL 55 (1995), S. 190, 224 ff. 751  BVerwG, NVwZ 2013, 431 ff. Vgl. zur Öffentlichkeitswirksamkeit der Rechnungshöfe Lange, in: Böning / von Mutius, Finanzkontrolle im repräsentativ-demokratischen System, S. 83, 104 ff. 752  Vgl. Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Gutachtlicher Bericht über die Entwicklung des Verwaltungsaufwandes im Zusammenhang mit dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz – BAföG –) unter besonderer Berücksichtigung der Darlehen, S. 10, 12, vgl. auch Auflistung in Fn. 17. 753  Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen, Jahresbericht 2002, S. 119 ff. 754  Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen, Jahresbericht 2003, S. 171 ff. zur Erstattung der Verwaltungskosten für Personal und die sächliche Ausstattung der Studentenwerke durch das Land Nordrhein-Westfalen; die Prüfung wurde vom Haushaltsausschuss des Landtags positiv aufgenommen und schließt sich den Empfehlungen des Landesrechnungshofes an, vgl. Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen, Jahresbericht 2004, S. 367.

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

Nordrhein-Westfalen betrafen die Frage, in welchem Umfang „nach §§ 36, 37 BAföG übergegangene Unterhaltsansprüche von den zuständigen inländischen Behörden im Ausland geltend gemacht werden“.755 Der Bayerische Oberste Rechnungshof deckte in seinem Jahresbericht 2006 fehlerhafte Auszahlungen beim Vollzug des BAföG durch die Kreisverwaltungsbehörden auf. Diese beruhten auf Ermittlungs- und Festsetzungsfehlern und wurden im Rahmen von Zufallsstichproben festgestellt. Laut Rechnungshof könnten sie durch den Einsatz moderner IT-Verfahren abgestellt werden. Insbesondere machte der Bayerische Oberste Rechnungshof auch weitere Vorschläge, wie Einsparungen durch gesetzliche Anpassungen erzielt werden könnten. Diese wurden vom Staatsministerium an das zuständige Bundesministerium für Bildung und Forschung herangetragen.756 Insgesamt wird durch die Prüfungen von Bundes- und Landesrechnungshöfen die Diskrepanz der Übernahme von Zweckausgaben durch den Bund und Verwaltungskosten durch die Länder offenbar. Ein Verwaltungsvollzug, durch welchen die Zweckausgaben verringert werden könnten, führt mög­ licherweise zu höheren Verwaltungskosten. Je weniger die Länder an den Zweckausgaben beteiligt sind, desto geringer ist auch ihr Interesse, diese im Rahmen des Gesetzesvollzugs zu begrenzen. Das Interesse der Länder an einer Reduktion der Zweckausgaben korreliert dabei mit dem Umfang ihrer Beteiligung hieran.

E. Die politische Kontrolle durch Parlamente und Öffentlichkeit Als weitere Möglichkeit externer Kontrollen der Ausbildungsförderungsverwaltung dienen parlamentarische Kontrollen757 sowie Kontrollen durch die Öffentlichkeit. Hierzu zählen insbesondere die Berichte der Bundesregierung über die Überprüfung der Bedarfssätze, Freibeträge und Höchstbeträge an den Bundestag und den Bundesrat nach § 35 BAföG. Dies dient der Feststellung einer ausreichenden Förderhöhe und ggf. Anpassung der Beträge.758 755  Protokoll

der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 16. Oberster Rechnungshof, Jahresbericht 2006, Tnr. 37, insbes.

756  Bayerischer

Tnr. 37.7. 757  Vgl. hierzu Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 120 ff.; Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 73 ff. 758  Winkler, in: Beck-OK BAföG, § 35 Rn. 1.



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung317

Auch Große und Kleine Anfragen zu einzelnen Aspekten der Ausbildungsförderung dienen der parlamentarischen Kontrolle des Verwaltungsvollzugs759, welche grundsätzlich bei den Landesparlamenten liegt.760 Als weiteres formloses Kontrollinstrument steht neben den gängigen Rechtsbehelfen das Petitionsrecht im Sinne der Art. 17, 45c  GG zur Verfügung, um gegen Verwaltungsmaßnahmen vorzugehen.761 Die Petitionen werden von den Schülern und Studierenden häufig zugleich an Abgeordnete und Petitionsausschüsse des betreffenden Landes sowie des Bundes gerichtet. In diesem Fall werden die Petitionen geprüft, die zuständigen Ministerien um eine Stellungnahme gebeten und die Petitionen z. T. in persönlichen Gesprächen inhaltlich mit diesen beraten um den Fall aufzuklären und eine Möglichkeit der Abhilfe zu finden.762 Teilweise werden sie auch für Gesetzesinitiativen an das federführende Ministerium und / oder für eine parlamentarische Initiative an die Fraktionen weitergeleitet und so im Gesetzgebungsverfahren zu den BAföG-Änderungsgesetzen berücksichtigt.763 Zum Teil finden die den Petitionen zugrunde liegenden Fallkonstellationen auch Eingang in die Beratungen der OBLBAfö, um eine einheitliche Anwendung des Gesetzes zu sichern.764 Die Jahresberichte des Petitionsausschusses des Bundes, die jeweils einen Querschnitt der Arbeit des Petitionsausschusses widerspiegeln, zeigen, dass das BAföG regelmäßig Gegenstand von Petitionen ist. So bildet es in den Berichten des Petitionsausschusses durchweg den Schwerpunkt der Eingaben an das Bundesministerium für Bildung und Forschung.765 Daraus wurde 759  Vgl. beispielhaft jüngst Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT‑Drs.  17 / 11099, BT-Drs.  17 / 12794. 760  Hermes, in: Dreier, GG, Bd. III, Art. 85 Rn. 25; Trute, in: von Mangoldt /  Klein / Starck, GG, Art. 85 Rn. 4. 761  Kluth, in: Wolff  u. a., Verwaltungsrecht II, § 102 Rn. 24; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 53. 762  Bericht des Petitionsausschusses 2002, BT-Drs.  15 / 920, S. 42. Vgl. auch Kluth, in: Wolff  u. a., Verwaltungsrecht II, § 102 Rn. 24; Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 53. 763  Bericht des Petitionsausschusses 2002, BT-Drs.  15 / 920, S. 42; Bericht des Petitionsausschusses 2007, BT‑Drs. 16 / 9500, S. 57; Bericht des Petitionsausschusses 2008, BT-Drs. 16 / 13200, S. 63; Der Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2009, S. 42. 764  Vgl. Bericht des Petitionsausschusses 2005, BT-Drs.  16 / 2500, S. 56 f.; Bericht des Petitionsausschusses 2008, BT-Drs.  16 / 13200, S. 63. 765  Bericht des Petitionsausschusses 2002, BT-Drs.  15 / 920, S. 41; Bericht des Petitionsausschusses 2003, BT-Drs. 15 / 3150, S. 46; Bericht des Petitionsausschusses 2006, BT-Drs.  16 / 6270, S. 59; Bericht des Petitionsausschusses 2007, BTDrs.  16 / 9500, S. 57; Bericht des Petitionsausschusses 2008, BT-Drs.  16 / 13200, S. 63; Der Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2009, S. 41; Der Jahres-

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Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

seitens des Petitionsausschusses geschlossen, dass das zuständige Bundesministerium oftmals erst durch die Petitionen auf Vollzugsprobleme aufmerksam werde und diese mit den zuständigen Länderbehörden erörtert.766 Im Jahr 2012 war die Zahl der Petitionen zum BAföG jedoch rückgängig.767 Inhaltlich betreffen diese Eingaben häufig Fragen der Förderung eines Master-Studiums768, der Förderung von Auslandsausbildungen769, die Abgrenzung zu anderen Sozialleistungen wie den Arbeitslosengeld II-Leistungen770 und insbesondere der Rückzahlung von Darlehen771. Zwar treffen die Kontrollen durch den Petitionsausschuss im Speziellen oder die Öffentlichkeit im Allgemeinen nur vereinzelte Probleme und haben damit lediglich eine punktuelle Wirkung772, häufig haben sie jedoch auch Ausstrahlungswirkung über den Einzelfall hinaus und lösen weitere Abstimmungen und Änderungen aus.

F. Die Prüfungen durch den Nationalen Normenkontrollrat Weitere Prüfungen des Vollzugs des BAföG erfolgen durch den Nationalen Normenkontrollrat. Dessen Einrichtung wurde im Koalitionsvertrag der Großen Koalition 2005 vereinbart und mit dem Gesetz zur Errichtung eines Nationalen Normenkontrollrates773 (NRK-Gesetz) umgesetzt. Gemäß § 1 Abs. 2 NRK-Gesetz gehört zu seinen Aufgaben, „die Bundesregierung bei der Umsetzung ihrer Maßnahmen auf den Gebieten des Bürokratieabbaus und der besseren Rechtsetzung zu unterstützen“. Gemäß § 1 Abs. 3 NKRGesetz prüft der Normenkontrollrat „die Darstellung des Erfüllungsaufwandes neuer Regelungen (…) auf ihre Nachvollziehbarkeit und Methodengebericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2010, S. 58; Der Jahresbericht des Peti­ tionsausschusses, Ausgabe 2013, S. 74. 766  Der Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2009, S. 41. 767  Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2012, S. 49. 768  Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2012, S. 109. 769  Der Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2010, S. 59; Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2011, S. 41. 770  Bericht des Petitionsausschusses 2006, BT-Drs.  16 / 6270, S. 60. 771  Bericht des Petitionsausschusses 2002, BT-Drs.  15 / 920, S. 41; Bericht des Petitionsausschusses 2004, BT-Drs. 15 / 5570, S. 57; Bericht des Petitionsausschusses 2005, BT-Drs.  16 / 2500, S. 55; Bericht des Petitionsausschusses 2006, BTDrs.  16 / 6270, S. 59; Jahresbericht des Petitionsausschusses, Ausgabe 2012, S. 41 f. 772  Kahl, in: Hoffmann-Riem / Schmidt-Aßmann / Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, § 47 Rn. 75. 773  Gesetz zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates vom 14.8.2006 (BGBl. I S. 1866).



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung319

rechtigkeit sowie die Darstellung der sonstigen Kosten der Wirtschaft (…)“. Von Juli 2009 bis März 2010 untersuchte der Normenkontrollrat die Bürokratiebelastung und Vollzugsunterschiede beim BAföG. Neben dem Projekt „Einfacher zum Studierenden-BAföG“ führte der Normenkontrollrat vergleichbare Projekte auch zum Vollzug weiterer Geldleistungsgesetze wie dem Wohngeld und dem Elterngeld durch. Letztere sind inzwischen abgeschlossen und die Empfehlungen weitgehend umgesetzt.774 Die Projekte stellen jeweils ebenenübergreifende ex post-Untersuchungen des Gesetzesvollzugs bei Bund, Ländern und kommunalen Behörden dar.775 Die Prüfungen des Normenkontrollrates richten sich dabei jedoch nur sekundär auf verwaltungsinterne Aspekte, vielmehr steht die Überprüfung der Bürokratiebelastung der Bürger durch Informationspflichten im Mittelpunkt der Untersuchungen.776 Insgesamt wurden einige länder- und auch ämterspezifische Unterschiede beim Vollzug des BAföG offenbar. So zeigte sich im Rahmen der Untersuchungen, dass die Arbeitsabläufe bei der Bearbeitung der Bescheide abhängig von der ämterspezifischen Organisationsstruktur und dem Einsatz der jeweiligen IT-Lösungen sehr unterschiedlich erfolgen.777 Entsprechende Vorschläge zur Verbesserung der Verwaltungsführung richtete der Normenkontrollrat sowohl an den Bund als auch an die ausführenden Länder und Ämter für Ausbildungsförderung. Auf der Bundesebene war die Erlasspraxis beim Vollzug des BAföG Gegenstand der Prüfungen durch den Normenkontrollrat. Im Rahmen der Untersuchungen wurde deutlich, dass der Umgang mit den Erlassen in unterschiedlichen Ämtern für Ausbildungsförderung in verschiedenen Bundesländern durchaus differenziert erfolgt und auch innerhalb der Länder uneinheitlich ist. Während die Erlasse in einigen Ämtern den Sachbearbeitern vollständig zur Verfügung gestellt und von diesen gesammelt werden, werden diese in anderen von den jeweiligen Gruppenleitern aufbereitet und weitergegeben.778 Der Normenkontrollrat forderte daher die Einrichtung und Pflege einer zentralen Erlasssammlung in Form einer Online-Datenbank, um die Arbeit mit den Bundeserlassen zu vereinfachen und den Anforderungen der Auftragsverwaltung entsprechend einen einheitlichen Gesetzesvoll774  Nationaler Normenkontrollrat, Bessere Gesetzgebung. Bürger, Wirtschaft und Verwaltung spürbar entlasten, Jahresbericht 2012, S. 59 f. 775  Nationaler Normenkontrollrat, Bessere Gesetzgebung. Bürger, Wirtschaft und Verwaltung spürbar entlasten, Jahresbericht 2012, S. 5, 59. 776  Vgl. Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 6. 777  Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, insbes. S. 47. 778  Vgl. für das Land Hessen die Studentenwerke Darmstadt und Frankfurt am Main, in: Nationaler Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 90, 93.

320

Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

zug zu gewährleisten.779 Als weitere Voraussetzung für einen einheitlichen Vollzug wurde die Aktualisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG durch den Bund angemahnt.780 Die Länder wurden aufgrund ihrer Vollzugskompetenz zudem zur Einführung eines Online-Antragsverfahrens sowie zur Verbesserung der BAföG-Software, welche Grundlage der Antragsbearbeitung ist, aufgefordert.781 Die Umsetzung der Vorschläge des Normenkontrollrates zur Entbürokratisierung des BAföG durch die Bundesregierung ist inzwischen in großen Teilen verwirklicht worden.782 So wurde durch einen Erlass des Bundesministeriums für Bildung und Forschung der Vorschlag zur Entkopplung der Vorbehalte nach BAföG, wenn für die Berechnung der Förderungsleistung zugrunde gelegte Steuerbescheide des Finanzamtes unter Vorbehalt ergangen sind, umgesetzt.783 Dem lag die Bestimmung der Tz. 24.2.1 der BAföGVwV 2001 zugrunde, wonach in Fällen, in welchen Steuerbescheide unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen sind, Ausbildungs­ förderung nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung geleistet wird bis der steuerliche Vorbehalt aufgehoben oder ungültig ist. Im Rahmen seiner Zwischenbilanz sah der Normenkontrollrat weiterhin Handlungsbedarf auf gesetzlicher Ebene, um einen einheitlichen Vollzug zu gewährleisten, so vor allem hinsichtlich der Aktualisierung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG784, welche erst im Jahr 2013 umgesetzt wurde. Auch die Schaffung eines allen betroffenen Behörden zugänglichen, einheit­lichen Systems zur Bekanntgabe und Sammlung der Bundeserlasse, weiteren Rechtsgrundlagen und Arbeitshilfen wurde erneut angemahnt. Dadurch solle sichergestellt werden, dass die Erlasse bundesweit bekannt gemacht und Widersprüche zwischen verschiedenen Erlassen vermieden 779  Nationaler

147 f.

780  Nationaler

Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 138,

Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 130. Normenkontrollrat, Einfacher zum Studierenden-BAföG, S. 133 f. 782  Vgl. Antwort der Bundesregierung auf Kleine Anfrage, BT-Drs.  17 / 11099. Vgl. auch Nationaler Normenkontrollrat, Bessere Gesetzgebung. Bürger, Wirtschaft und Verwaltung spürbar entlasten, Jahresbericht 2012, S. 21, 60; ders., Folgekosten ernst nehmen – Chancen nutzen, Jahresbericht 2014, S. 6. Vgl. auch die Pressemitteilung der Nationalen Normenkontrollrats vom 20.8.2014 zum 25.  BAfögÄndG unter http: /  / www.normenkontrollrat.bund.de / Webs / NKR / Content / DE / Pressemittei lungen / 2014-08-20-bafoeg.html (letzter Aufruf am 10.10.2014). 783  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S.  1 f. 784  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3. 781  Nationaler



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung321

werden.785 Auch die Frage der Kompatibilität der BAföG-Software sowie der Einsetzung eines Online-Antragsverfahrens wurde erneut in den Fokus gerückt.786 Die Vorschläge führten zur Kritik am Normenkontrollrat, da ihre Umsetzung eine Unitarisierung der Verwaltung nach sich zöge. Daneben überprüft der Normenkontrollrat gemäß § 4 Abs. 3 NRK-Gesetz auch die Gesetzentwürfe der Bundesministerien vor deren Vorlage an die Bundesregierung. Im Rahmen der Beratungen zum 23. BAföGÄndG bat der Normenkontrollrat darum, bei der anstehenden Überarbeitung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum BAföG beteiligt zu werden und die weitere Abstimmung zwischen den Ländern zu nutzen, um ein bundesweites OnlineAntragsverfahren einzurichten.787 Dieses wird durch das 25. BAföGÄndG zum 01. August 2016 nunmehr verbindlich vorgesehen, indem es die Länder verpflichtet, eine elektronische Antragstellung zu ermöglichen.788 Der Normenkontrollrat mahnte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens noch einmal die Sicherstellung der länderübergreifenden Kompatibilität zwischen den Systemen an.789

G. Die Aufsicht in den Ländern Neben der Bundesaufsicht über Recht- und Zweckmäßigkeit des Landesvollzugs nach Art. 85 Abs. 4  GG üben auch die Obersten Landesbehörden eine Fachaufsicht sowie die Dienstaufsicht über die ihnen nachgeordneten Behörden aus. In deren Rahmen stellen die Oberen Landesbehörden den Vollzug der an sie gerichteten Weisungen gemäß Art. 85 Abs. 3 S. 3 GG sicher. Mangels Weisungen im Bereich der Ausbildungsförderung entfällt dies, jedoch erfolgt eine entsprechende Umsetzung der übrigen Regelungsmechanismen durch die Länder. Die Ausübung der Fachaufsicht erfolgt gegenüber den Studentenwerken und kommunalen Behörden im Rahmen des jeweiligen Landesrechts und soll daher nicht vertieft dargestellt werden.790 Grundsätzlich üben die Fachministerien der Länder die Fachauf785  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S. 3. 786  Nationaler Normenkontrollrat, Zwei Jahre nach dem Bericht „Einfacher zum Studierenden-BAföG“. Der Nationale Normenkontrollrat zieht eine Zwischenbilanz, 6.7.2012, S.  3 f.; ders., Bessere Gesetzgebung. Bürger, Wirtschaft und Verwaltung spürbar entlasten, Jahresbericht 2012, S. 61 ff. 787  Vgl. hierzu die entsprechende Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates in BT‑Drs.  17 / 1941, Anlage  2, 23.  BAföGÄndG (2010), S. 10. 788  Vgl. BR‑Drs.  375 / 14, S. 6, 16, 50. 789  BT‑Drs.  375 / 14, Anhang, S. 1 f. 790  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 64.

322

Kap. 6: Die Bundesauftragsverwaltung beim Vollzug des BAföG

sicht über die Ämter für Ausbildungsförderung bei den Studentenwerken und die kommunalen Ämter für Ausbildungsförderung aus. Sofern Landesämter für Ausbildungsförderung eingerichtet wurden, sind diese in die Fachaufsicht einbezogen. Die dortigen Mitarbeiter verfügen über hohe Kompetenzen, was eine Beaufsichtigung des Landesvollzugs durch den Bund in Teilen entbehrlich macht. Im Rahmen der Fachaufsicht werden Statistiken über den Arbeitsstand, etwaige Schadensfälle oder Ordnungswidrigkeiten begutachtet, fachliche Quervergleiche zwischen den Ämtern angestellt, Rundschreiben an die Ämter gerichtet oder Schulungen, Dienstbesprechungen und Fachaufsichtsbesuche mit unterschiedlichem Prüfungsschwerpunkt bei den Ämtern vor Ort durchgeführt und in Protokollen dokumentiert. Dazu nehmen die Aufsichtsbehörden zum Teil auch eine stichprobenartige Sichtung der Akten aus den Ämtern für Ausbildungsförderung vor und besprechen die auftretenden Fehler gemeinsam mit den Sachbe­ arbeitern. Die Organisation der Aufsicht obliegt den jeweiligen Landesbehörden. In Sachsen werden Kontrollen bei den Studentenwerken jährlich, bei den kommunalen Ämtern für Ausbildungsförderung alle zwei bis drei Jahre durchgeführt. Auch im Rahmen einer etwaigen Widerspruchsbearbeitung findet eine Fachaufsicht durch die Widerspruchsbehörde statt.791 Nach Anmahnung einer Vollzugsaufsicht durch den Bundesrechnungshof berichten die Länder im Rahmen der Sitzungen der OBLBAfö über die Ausübung der Aufsicht auf Länderebene in Form von örtlichen Stichprobenkontrollen.792 Gleichwohl zeigte sich im Rahmen der Prüfung des Bundesrechnungshofes, dass einige Länder aufgrund mangelnder personeller Kapazitäten keine Geschäftsprüfungen und Stichproben durchführen und sich vielmehr auf Prüfungen des Bundesrechnungshofes sowie der Rechnungshöfe der Länder verlassen.793 Insofern kann die Aufsicht auf Landesebene eine Bundesaufsicht nicht ersetzen. Zudem deckt sie den Schwerpunkt der Bundesaufsicht, das interföderale Verhältnis von Bund und Ländern, nicht ab.

791  Vgl. Erfahrungsbericht aus den Ländern über Stichprobenkontrollen vor Ort, Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 17. / 18.5.2011 in Bonn, Anlage 6.1 und 6.2 (Anlage  1 und 2 zu TOP  14.1), S. 56 ff. 792  Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn, TOP  14.6; Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 17. / 18.5.2011 in Bonn, TOP  14.1. 793  Bundesrechnungshof, Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, S. 17 f. Vgl. auch Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin, S. 19.



§ 20  Die externen Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung323

H. Fazit zu den weiteren Kontrollmechanismen der BAföG-Verwaltung Die Kontrolle bzw. Aufsicht über die Verwaltungstätigkeit in der Ausbildungsförderungsverwaltung, aber auch beim Vollzug weiterer Geldleistungsgesetze sowie der Bundesauftragsverwaltung im Übrigen, stellt sich als ein vielschichtiges, ebenenübergreifendes Phänomen dar. Die Leistungsmöglichkeiten aller Kontrollinstanzen sind dabei in verschiedener Hinsicht begrenzt, sodass einzelne Defizite durch andere Kon­ ­ trollmechanismen kompensiert werden müssen. Dabei sind nicht alle Kontrollmöglichkeiten durch andere ersetzbar. So zeichnen sich die verschie­denen Aufsichts- und Kontrollmechanismen durch unterschiedliche Schwerpunkte aus: Während die Selbstkontrolle der Verwaltung794 auch im Rahmen der Bundesaufsicht grundsätzlich intern und hierarchisch und damit umfassend wirkt, ist die gerichtliche Kontrolle der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns auf die Anrufung durch Betroffene angewiesen, auf die Prüfung subjektiver Rechtspositionen beschränkt und somit punktueller Art. Die Finanzkontrolle ist zwar auch auf die Einhaltung objektiven Rechts gerichtet, jedoch auf die Überprüfung finanzwirksamen Verwaltungshandelns beschränkt.795 Für die Kontrolle des Verwaltungsvollzugs von Geldleistungsgesetzen ist die Kontrolle durch die Rechnungshöfe von besonderer Bedeutung, da die gerichtliche Kontrolle auf die Initiative des Empfängers der Leistung angewiesen ist, welche zumindest bei für ihn günstigen Fehlern ausbleiben wird.796 Schließlich sind die Kapazitäten der Rechnungshöfe begrenzt, sodass eine umfassende Kontrolle auch hier nicht möglich ist.797 Trotz der jeweiligen Schwerpunkte der Kontrolltätigkeit verbleiben somit Überschneidungen. Speziell im Bereich der Bundesauftragsverwaltung wird die Aufsicht des Bundes ergänzt, gleichwohl aber auch der Bund zur Wahrnehmung seiner Aufsichtsrechte angemahnt, welche das verfassungsrechtliche Gepräge der Bundesauftragsverwaltung ausmachen. So kann trotz weiterer externer Kontrollmechanismen nicht auf die eigenen Kontrollen der Verwaltung verzichtet werden.

Etscheid, Fachaufsicht neu denken und gestalten, S. 48 f. Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 223 f. 796  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 223 f. 797  Krebs, Kontrolle in staatlichen Entscheidungsprozessen, S. 218 f., 224. 794  Vgl. 795  Vgl.

Kapitel 7

Schlussbetrachtungen und Ausblick Zurückhaltender Umgang mit den verfassungsrechtlichen ­Ingerenzrechten Zunächst ist festzustellen und zu bestätigen, dass der Bund seine verfassungsrechtlichen Ingerenzrechte in der Verwaltungspraxis der Bundesauftragsverwaltung nur sehr zurückhaltend ausübt. Verfassungstext und Verwaltungswirklichkeit weichen hier deutlich voneinander ab. Während die verfassungsrechtliche Diskussion bislang vor allem durch Fragen der Ausübung des Weisungsrechts geprägt war, kommt diesem in der Verwaltungspraxis mit wenigen Ausnahmen von politischer Brisanz, etwa im Bereich der Kernenergieverwaltung, keine weitere Bedeutung zu. Die Weisungskonflikte bleiben als Ausnahmeerscheinungen weitgehend akademischer Natur.1 Den hierarchischen Steuerungsinstrumenten des Art. 85 GG kommt in der Verwaltungspraxis somit oftmals nur eine untergeordnete Rolle zu.2 Insbesondere das Weisungsrecht des Art. 85 Abs. 3 GG findet aufgrund seines Einzelfallbezugs in Bereichen der Massenverwaltung praktisch keine Anwendung.3 Zudem fehlt es an einer eindeutigen Bestimmung und schlüssigen Systematisierung der verfassungsrechtlich nur grob umschriebenen Ingerenzrechte des Bundes. Eine klare rechtliche Definition der Bundesingerenzen ist für die Verwaltungspraxis jedoch unerlässlich.4 Dennoch ist eine Änderung der verfassungsrechtlichen Bestimmungen aufgrund dieses Befundes nicht angezeigt. Jedoch sollte sich der Bundesgesetzgeber bewusst sein, dass die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Zweckausgaben der Geldleistungsgesetze in der Verwaltungspraxis selten die Wahrnehmung der ihm verfassungsrechtlich zugewiesenen hierarchischer Steuerungsmittel nach sich zieht. Entsprechende Aufsichtsbefugnisse über die Verwendung der Gelder bleiben oftmals ungenutzt. 1  Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 446; zur Finanzverwaltung ders., ThürVBl. 1997, 28 (32). 2  Vgl. auch Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 134 f. 3  Die mangelnde Brauchbarkeit eines Einzelweisungsrechts für Materien der Massenverwaltung klingt auch bei Brodersen, in: Osterloh / Schmidt / Weber, Festschrift Selmer, S. 601, 614 ff. an. 4  Vgl. schon Pauly, Anfechtbarkeit und Verbindlichkeit von Weisungen in der Bundesauftragsverwaltung, S. 9.



Kap. 7: Schlussbetrachtungen und Ausblick325

Bestätigung der kooperativen Aufgabenwahrnehmung Da die verfassungsrechtlichen Ingerenzrechte keine wirksame rechtliche Handhabe zur Durchsetzung des Bundeswillens bieten, ist der Bund „letztlich auf loyale Kooperation der Landesbehörden angewiesen“.5 An Stelle der Einwirkungsrechte des Bundes haben sich somit neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern entwickelt. Die Verwaltungspraxis der Bundesauftragsverwaltung wird heute entscheidend durch diese Kooperation geprägt. Sie verdrängt zunehmend den Gebrauch der förmlichen Ingerenzrechte des Art. 85 GG durch den Bund6, welche bislang das Bild der Verwaltungsform im Schrifttum bestimmten7. Hierdurch konnten tiefgehende Konflikte zwischen Bundes- und Länderverwaltung im Rahmen der Bundesauftragsverwaltung weitgehend vermieden werden.8 Aufgrund der Kooperationen stellt sich das Bild der Bundesauftragsverwaltung in der Praxis eher als gemeinschaftliche Verwaltung und weniger als eine Form hierarchischer Steuerung durch den Bund dar.9 Zugleich löst sich die Verwaltungspraxis damit zunehmend von ihrer verfassungsrechtlichen Grundlage. Diese Erkenntnis trifft sowohl für den Vollzug der Geldleistungsgesetze als auch für die „klassischen“ Materien der Bundesauftragsverwaltung zu. Durch neue Formen der Kooperation wurde eine die Einwirkungsrechte des Art. 85 Abs. 2 – 4 GG ergänzende, parallele Verwaltungspraxis etabliert. So hat sich die Bundesauftragsverwaltung „zu einem funktionsfähigem Rechtsinstitut abseits verfassungsrechtlicher Vorgaben fortentwickelt“.10 Nach Heitsch11 bildet die Praxis kooperativer Verwaltungssteuerung inzwischen eine „informelle Verfassungsregel, d. h. eine nicht im Verfassungstext niedergelegte, dennoch zur normativen Verhaltenserwartung verdichtete Regelmäßigkeit, [welche] die verfassungsrechtliche[n] Normen ergänzt“. Die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 85 GG verleihen dieser Praxis gleichwohl ihr Profil.12 Die durch sie begründete Verwaltungspraxis kann somit „als konkretisiertes Verfassungsrecht gelten“.13 So verliert der Bund 5  Oeter,

Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 446. Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 134 f. 7  Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (32). Vgl. für den Befund zur Fachaufsicht Jock, Das Instrument der Fachaufsicht, S. 13. 8  Zur Finanzverwaltung Oeter, ThürVBl. 1997, 28 (32). 9  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 17; Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, S. 446. 10  Tschentscher, Bundesaufsicht in der Bundesauftragsverwaltung, S. 45. 11  Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 141. 12  Lerche, in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 17. 13  Schulze-Fielitz, Der informale Verfassungsstaat, S. 126; ebenso Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder, S. 141. 6  Vgl.

326

Kap. 7: Schlussbetrachtungen und Ausblick

im Rahmen der kooperativen Praxis der Bundesauftragsverwaltung keineswegs seine Einwirkungsmöglichkeiten und damit seine verfassungsrechtliche Machtposition. Vielmehr macht Ganser14 aufgrund der Kooperation von Bund und Ländern beim Vollzug von Gesetzen im Auftrag des Bundes zu Recht eine „Verschiebung der Machtbalance zugunsten des Bundes“ aus. Dem Bund wird im Rahmen der extrakonstitutionellen Regelungsformen aufgrund ihrer breiten, vom Einzelfall gelösten Steuerungswirkung sogar die Möglichkeit eines weiter gehenden Einflusses auf den Verwaltungsvollzug der Länder eröffnet, als dies im Rahmen der förmlichen Ingerenzrechte des Art. 85 GG möglich wäre. Eine solche Anpassung der Praxis der Bundesauftragsverwaltung an die Erfordernisse effektiver Verwaltungsführung steht im Rahmen gewisser Grenzen grundsätzlich nicht in Widerspruch zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 85 GG. Heute ist es angesichts des Umfangs der extrakonstitutionellen Steuerungspraxis zudem praktisch undenkbar, die in der Realität verfestigten Strukturen nachträglich als verfassungswidrig zu beurteilen15 oder gar zu revidieren. So wäre der Versuch einer Rückführung der Verwaltungspraxis auf die verfassungsrechtlich vorgesehenen Steuerungs- und Kontrollmechanismen mit einem beiderseitigen Verlust von Mitwirkungsrechten verbunden: Während der Bund in die engen Grenzen der förmlichen Ingerenzrechte verwiesen würde, müssten die Länder ihren gestaltenden Einfluss auf deren Ausübung durch den Bund preisgeben. Die kooperative Verwaltungspraxis kann jedoch nur befürwortet werden, wenn durch sie der Gesetzesvollzug zumindest ebenso wirksam gesteuert wird, wie dies im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben möglich wäre.16 Maßstab muss hier die Einheitlichkeit des Gesetzesvollzugs im gesamten Bundesgebiet sowie die Wahrung der finanziellen Interessen des Bundes sein. Zwar weist die kooperative Regelung Nachteile hinsichtlich der rechtlichen Verbindlichkeit der Maßstabssetzung gegenüber den Ländern auf. Gleichwohl erreichen die kooperativen Regelungsinstrumente allein aufgrund ihrer faktischen Bindungswirkung eine breite Steuerungswirkung, welche auch durch die Wahrnehmung der Ingerenzrechte des Art. 85 GG nicht gesteigert werden könnte. Wie Bonsels17 für den Bereich der Steuerverwaltung feststellt, hat die Kooperation zwischen Bund und Ländern „weder die Funktionsfähigkeit und Effizienz beeinträchtigt, noch 14  In: Hesse, Politikverflechtung im föderativen Staat, S. 45, 48. Vgl. zu diesem Befund in der Rechtsprechungspraxis Jochum, DÖV 2003, 11 (49). 15  So Kewening, AöR  93 (1968), 433 (483). 16  Vgl. Wolst, Die Bundesauftragsverwaltung als Verwaltungsform, S. 126. 17  Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, S. 178.



Kap. 7: Schlussbetrachtungen und Ausblick327

die Gewährleistung einer gesetzmäßigen [und gleichmäßigen] Verwaltung […] im Bundesgebiet erschwert“. Daher dürfte die Ansicht, die Bundesauftragsverwaltung habe sich trotz ihrer Schwächen bewährt, überwiegen.18 Als Form der Verwaltungsorganisation zwischen Bund und Ländern bietet das Modell der Bundesauftragsverwaltung auch abseits der vorgegebenen Einwirkungsrechte adäquate Möglichkeiten, die Arbeit verschiedener Ebenen der Verwaltung konstruktiv zu verbinden.19 Diese Fortentwicklung des Verwaltungstyps ist Ausdruck der Lebendigkeit der Verfassungspraxis des Grundgesetzes und dient somit auch als Schrittmacher des Verfassungsrechts. Wandel der verfassungsrechtlichen Problemstellung – Von Fragen des Weisungs- zu Problemen des Aufsichtsrechts Mit der Prüfung des Bundesrechnungshofes zur Aufsicht des Bundes über die Ausführung der sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder wurde der Fokus des Interesses jüngst auf die bislang wenig beachtete Bundesaufsicht des Art. 85 Abs. 4  GG gerichtet. Gegenüber dem einzelfallbezogenen Weisungsrecht nach Art. 85 Abs. 3 GG stellt sich die Bundesaufsicht als allgemeine Kontrolle im Sinne einer reinen Beobachtung des Landesvollzugs dar und dient damit zunächst der bloßen Information des Bundes. Gleichwohl steht sie in einem weiteren Zusammenhang mit den korrigierenden Einwirkungsrechten des Bundes. Jedoch ist die Bundesaufsicht auch abseits der Wahrnehmung förmlicher Ingerenzrechte von besonderer Bedeutung. So bedarf es im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Länder stets einer Beobachtung durch den Bund, welcher hierdurch seiner verfassungsrechtlich zugewiesenen Verantwortung nachkommt. Mit der stetigen Ausweitung und Verbreiterung der Materien der Bundesauftragsverwaltung im Bereich der Geldleistungsgesetze dürfte die Kontrolle des Bundes zudem weiter an Bedeutung gewinnen. Die Herausforderung für die Verwaltungspraxis besteht nun darin, wirksame Aufsichtskonzepte für ihre Sachbereiche zu entwickeln und damit zugleich die Grenze zwischen Bundes- und Länderkompetenzen weiter auszuleuchten. So bleibt abzuwarten, ob das Aufsichtsrecht des Bundes durch konkrete Handlungsanweisungen in der Praxis belebt werden kann. 18  Lerche,

in: Maunz / Dürig, GG, Bd. V, Art. 85 (26. Ergl. 1987) Rn. 17. hierzu den Vergleich der föderalen und europäischen Verwaltungsstrukturen bei Mager, in: Trute u. a., Allgemeines Verwaltungsrecht – zur Tragfähigkeit eines Konzepts, S. 369, 390 f. 19  Vgl.

328

Kap. 7: Schlussbetrachtungen und Ausblick

Zweifel an der Existenz einer einheitlichen Bundesauftragsverwaltung Bereits Köttgen20 hatte bezweifelt, ob „überhaupt eine für alle Varianten der Bundesauftragsverwaltung gleichermaßen richtige Formel gefunden werden kann“. Während die verfassungsrechtliche Ausgestaltung der Bundesauftragsverwaltung durch die Ingerenzrechte des Art. 85 GG mit Ausnahme sachgebietsspezifischer Regelungen einheitlich erfolgte, gilt dies nicht für ihre praktische Umsetzung. Diese Untersuchung hat aufgezeigt, wie verschiedenartig die einzelnen Bereiche der Bundesauftragsverwaltung in der Verwaltungspraxis ausgestaltet sind. So weisen die unterschiedlichen Sachbereiche der Bundesauftragsverwaltung jeweils spezifische Anforderungen auf, welchen auf differenzierte Weise begegnet werden muss. Folglich muss sich die Ausgestaltung der Verwaltungspraxis innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen den besonderen Anforderungen der betreffenden Sachmaterien anpassen.21 Dem Verwaltungstypus der Bundesauftragsverwaltung nach Art. 85 GG kommt als Grundlage der Organisation des Verwaltungsvollzugs eine dienende Funktion zu. „Gleichschalten“ kann und soll sie ihn dabei nicht. Dieser Aspekt kommt auch in den Überlegungen des Bundes, spezielle Maßstäbe für die Wahrnehmung der Bundesaufsicht allein über die Ausführung der Geldleistungsgesetze gemäß Art. 104a Abs. 3 S. 2 GG zu erarbeiten, zum Ausdruck. Auch die Bedeutungslosigkeit des Weisungsrechts in einigen Bereichen der Bundesauftragsverwaltung, insbesondere auch beim Vollzug des BAföG, deutet in diese Richtung. Ausblick Für die Zukunft bleibt zu verfolgen, wie sich die Praxis der Bundesauftragsverwaltung im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung entwickeln wird. Nach einer Vereinbarung zwischen Bund und Ländern wird die Grundsicherung seit der Erhöhung der Bundesbeteiligung auf 75 % im Jahr 2013 gemäß Art. 85  GG i. V. m. Art. 104a Abs. 3 S. 2  GG im Auftrag des Bundes ausgeführt.22 Zudem wurde festgelegt, dass die Zweckausgaben ab 2014 vollständig vom Bund getragen werden.23 Als finanzieller Ausgleich wurde der Anteil des Bundes an den Kosten der Ar20  JÖR 21  Vgl.

N.F.  11 (1962), 173 (241). so bereits Heitsch, Die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder,

S. 253. 22  BT-Drs.  17 / 10748, S. 12; BR-Drs.  452 / 11, S. 8; G. Kirchhoff, SGb 2013, 441 (445). Vgl. § 46a Abs. 1 SGB  XII, geändert durch Gesetz zur Änderung es Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB  XII) v. 20.12.2012 (BGBl. I S. 2783). 23  BR-Drs.  452 / 11, S. 4.



Kap. 7: Schlussbetrachtungen und Ausblick329

beitsförderung durch die Bundesagentur für Arbeit entsprechend verringert.24 Im Rahmen der Verwaltung der Leistungen zur Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird in den nächsten Jahren zu beobachten sein, wie sich der Wechsel in die Verwaltungsorganisationsform vollzieht, insbesondere auf welche Weise der Bund von seinen Einwirkungsrechten Gebrauch machen wird. Angesichts der Komplexität der sozialrechtlichen Materie ist der Erlass ergänzender Regelungen durch Koordinierungsgremien von Bundes- und Länderverwaltung auch hier zu erwarten. So wird im Entwurf des Gesetzes zur Änderung des SGB  XII aufgrund der Verpflichtung zur Bundesaufsicht bereits ein personeller Mehrbedarf im zuständigen Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie die Notwendigkeit weiterer organisatorischer Maßnahmen prognostiziert.25 Auch der Bundesrechnungshof wies in diesem Rahmen auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Beaufsichtigung durch den Bund hin.26 Eine enge Kooperation zwischen Bundes- und Länderbehörden wird dabei aufgrund des Querschnittscharakters der Materie und seiner Nähe zu Bereichen landeseigener Verwaltung sowie zur Sicherung der Einheitlichkeit des Systems der Sozialleistungen von besonderer Bedeutung bleiben.27 Zudem ist zu erwarten, dass auch weitere Sozialleistungen zukünftig im Auftrag des Bundes ausgeführt werden: So sieht der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD im Rahmen einer geplanten Neuregelung der BundLänder-Finanzbeziehungen die Schaffung eines modernisierten Bundesleistungsgesetzes für Menschen mit Behinderung, das sog. Bundesteilhabegesetz, vor. Hiernach sollen die Kommunen durch eine finanzielle Beteiligung des Bundes im Bereich der Eingliederungshilfe28 um bis zu fünf Milliarden Euro entlastet werden.29 Auch dieses Teilhabegesetz würde nach den Plänen der Koalition im Auftrag des Bundes ausgeführt werden. 24  BR-Drs.  452 / 11,

S. 2 ff. S. 13 f., 23. 26  Bundesrechnungshof, Bemerkungen 2011 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes, S. 199. 27  Vgl. zur engen Verbindung mit Materien der landeseigenen Verwaltung zudem BT-Drs.  17 / 10748 S. 12; ebenso G. Kirchhoff, SGb  2013, 441 (445).  Auffallend ist zudem, dass die Länder nach § 46a Abs. 4 SGB  XII zur Gewährleistung einer Prüfung der Ausgaben für Geldleistungen und einem Nachweis darüber verpflichtet sind. Hier wurden die Aufsichtspflichten, welche der Bundesrechnungshof kürzlich im Zuge seiner Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung der sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder gefordert hatte, bundesrechtlich festgeschrieben; vgl. hierzu auch G. Kirchhoff, SGb  2013, 441 (446). 28  Kapitel 6 SGB XII. 29  Deutschlands Zukunft gestalten, Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, S. 88, 95, 111. 25  BT-Drs.  17 / 10748,

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Verzeichnis unveröffentlichter Materialien Bezirksregierung Köln Rundverfügung vom 31.1.2011 – 49.2.11.00 – 21 / 2011 – Bundesministerium des Innern Stellungnahme an das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat 204 zum Rechtsrahmen der Bundesaufsicht im Bereich der Bundesauftragsverwaltung nach Artikel 85 GG vom 31. Mai 2011, Az. O1 –131 010 / 2 Bundesministerium für Bildung und Forschung Die in dieser Arbeit erwähnten Protokolle und Erlasse dienen als Beispiele. Der Verfasserin standen für die Zwecke dieser Arbeit nur vereinzelte Dokumente zur Verfügung. Die folgende Aufzählung ist somit nicht abschließend. – Protokolle der Sitzungen der OBLBAfö: Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 4. / 5.11.2008 in Göttingen Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 8. / 9.12.2010 in Bonn Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 17. / 18.5.2011 in Bonn Protokoll der OBLBAfö-Sitzung am 14. / 15.3.2012 in Berlin – Erlasse: Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass Erlass

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18.5.2010, Gz. 414-42531-1 § 14a 18.2.2011, Gz. 414-42531-1 § 7 23.2.2011, Gz. 414-42531 § 7 6.6.2011, Gz. 413-42459-1 / 6 28.7.2011, Gz. 414-42531 §§ 11, 25 4.11.2011, Gz. 414-42531 §§ 21, 22

– Sonstiges: Einführungsrundschreiben zum 23.  BAföGÄndG vom 15.10.2010, Gz.  41442501-ÄndG / 239 Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 4.1.2012, Az.: 414-42592-BRH / 3; 314-27105-4 / 1 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Richtlinien zum BEEG vom 18. Dezember 2006 i. d. F. v. April 2012 Bundesrechnungshof Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes über die Ausführung seiner sozialen Geldleistungsgesetze durch die Länder, Gz. IX 5 – 2010 – 0908, 24. Juni 2011

Sachverzeichnis Ablauforganisation  76, 133, 163, 181 Agenturtheorie  siehe principal-agent theory Atomverwaltung  siehe Kernenergie­ verwaltung Aufbauorganisation  76, 134, 148 BAföG21  143, 170, 185 BAföG-Reform 2014  129, 132, 153, 161, 321 Beirat für Ausbildungsförderung  169 Biblis A-Entscheidung  54, 58, 74, 96, 107, 268 Bundeselterngeldgesetz  47, 52, 201, 283, 319 –– Richtlinien  173, 215, 217, 221, 235, 254, 273 Bundesfernstraßenverwaltung  22, 23, 36, 50, 154, 174, 211, 251, 266, 288 –– Allgemeine Rundschreiben Straßenbau  211, 235, 284 Bundesleistungsgesetz für Menschen mit Behinderung  329 Bundesministerium der Finanzen  207 Bundesministerium des Innern  201, 290, 294, 300, 303 Bundesministerium für Bildung und Forschung  145, 147, 154, 157, 167, 179, 226, 238, 249, 276, 283, 295, 310, 317 Bundesrechnungshof  119, 152, 163, 184, 206, 226, 274, 288, 301, 310, 322 –– Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung  288, 311 –– Evaluierung des Vollzugs des BAföG  313 –– Gutachten zur Neuordnung der Finanzbeziehungen  288

–– Mitteilung über die Prüfung der Aufsicht des Bundes  290, 292, 322 Bundesstaat  51, 61, 66, 121, 218, 297 –– sozialer Bundesstaat  26, 197 –– unitarischer Bundesstaat  53, 120 Bundesteilhabegesetz  siehe Bundesleistungsgesetz für Menschen mit Behinderung Bundesverwaltungsamt  133, 136, 150 Datagroup  186 eBAföG  186 Eigenständigkeit der Länder  55, 76, 90, 200, 276 Eigenverantwortlichkeit der Länder  52, 56, 119, 203, 299 Einheitlichkeit des Gesetzesvollzugs  51, 66, 157, 198, 298, 326 Entwurf von Herrenchiemsee  31 Fachaufsicht  103, 109, 145, 148, 250, 273, 289, 292, 300, 303, 321 Föderalismusreform  25, 38, 50, 67, 81, 208 Formblatt-Kommission  170, 180, 230 Große Finanzreform  37, 45, 69, 126, 206 Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung  25, 48, 328 Herrenchiemseer Konvent  31, 35 Kalkar II-Entscheidung  74, 96, 200, 237 Kernenergieverwaltung  22, 37, 115, 174, 202, 213, 251, 289, 293

Sachverzeichnis Kommissionen zur Überarbeitung der Verwaltungsvorschrift zur Bestimmung der Formblätter  siehe Formblattkommission Konnexitätsprinzip  41, 44 Kreditanstalt für Wiederaufbau  133, 136, 151, 165, 167, 276 Landesämter für Ausbildungsförderung  144, 167, 238, 250, 251, 274, 276, 278, 322 Leitlinien zur Ausgestaltung der Bundes­ aufsicht  294 Leitlinien zur Ausübung der Fach­ aufsicht  290 Luftsicherheits-Entscheidung  54 Massenverwaltung  25, 117, 129, 181, 201, 218, 251, 252, 267, 288, 324 Mischverwaltung  60, 64, 73, 151, 164, 219 Nationaler Normenkontrollrat  52, 142, 163, 180, 187, 195, 232, 242, 318 Oberste Bundes- und Landesbehörden für Ausbildungsförderung  147, 165, 276, 277 –– Protokolle der Sitzungen  187, 196, 254, 276, 283 –– Sitzungen  165, 251, 255, 296, 322 Pflicht zum bundesfreundlichen Verhalten  99, 204, 237, 246 principal-agent theory  286 Programmablaufplan  150, 180 –– Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Regelung eines Programmablaufplans  182, 188, 229

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Rechtsaufsicht  103, 272, 298, 306 Reichsauftragsangelegenheiten  29, 44 Reichsauftragsverwaltung  29, 34, 61 Rundverfügungen der Länder zum BAföG  145, 147, 180, 273, 278 Sachentscheidungsbefugnis  siehe Sachkompetenz Sachkompetenz  46, 57, 81, 101, 119, 161, 299 –– Überleitung  98, 117, 249, 253, 271 Schacht Konrad-Entscheidung  98 Selbstbindung der Verwaltung  82, 97, 282 Skaleneffekt  78 –– economies of scale  78 –– economies of scope  78 Steinsche Städteordnung von 1808  34 Steuerauftragsverwaltung –– BMF-Schreiben  204, 206, 221, 235, 242, 254, 261, 283 Transformation der Bundeserlasse  209, 273, 278, 280 Troeger-Gutachten  64, 163 Vereinheitlichung des Verwaltungsvollzugs  34, 66, 69, 75 Vorwirkung  228, 230, 236, 269 Wahrnehmungskompetenz  46, 57, 81, 101, 161, 200, 203, 292, 315 Weimarer Reichsverfassung  29, 44, 94 Wohngeldgesetz  48, 52, 319 –– Verwaltungsvorschrift  259 XBAföG  186