Die gute Samariterin: Zur Struktur der Supererogation [Reprint 2012 ed.] 9783110896619, 3110174901, 9783110174908

Handlungen, mit denen wir mehr Gutes tun, als unsere Pflicht ist, heißen in der Ethik supererogatorisch. Die Autorin ste

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German Pages 294 [296] Year 2002

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Table of contents :
Einführung
1. Das Schwellenmodell für Theorien der Supererogation und seine Untauglichkeit
1.1 Das Schwellenmodell
1.2 Exkurs: das Schwellenmodell im Angesichte von Konvergenzproblemen
1.3 Der Charme des Schwellenmodells
1.4 Die Schwächen des Schwellenmodells
1.5 Einwände und Erwiderungen
1.6 Des ersten Kapitels Fazit
2. Das Format für Theorien der Supererogation und seine Tauglichkeit
2.1 Die Faktoren, von denen Supererogation abhängt
2.2 Das Format für 2
2.3 Anforderungen an die Funktion SM↾: ein Baukasten
2.4 Das Erste Provisorische Format
2.5 Das Zweite Provisorische Format
2.6 Das Format
2.7 Vom Format für 2 zum Format: Rückblick und Vorschau
2.8 Komplikationen
2.9 Nebenfolgen
2.10 Ein Format auch für Theorien der beschränkten Rationalität?
2.11 Des zweiten Kapitels Fazit
3. Drei Theorien der Supererogation im Lichte des Formats
3.1 Thomas Nagels Theorie der Supererogation
3.2 Björn Erikssons Theorie der Supererogation
3.3 Samuel Schefflers Theorie der Supererogation
3.4 Des dritten Kapitels Fazit
4. Vom guten Samariter zum Format für Theorien der Supererogation
4.1 Die Kirchenväter, Thomas von Aquin und die Reformatoren
4.2 Immanuel Kant
4.3 Die Utilitaristen
4.4 Alexius Meinong und Ernst Schwarz
4.5 J. O. Urmson, Roderick M. Chisholm, Paul McNamara – und einige andere
4.6 Des vierten Kapitels Fazit
5. Wohlfahrtsethische Bewertungen und der Preis der Supererogation
5.1 Die utilitaristische Bewertung und der Preis der Supererogation
5.2 Exkurs: der Ort der Supererogation
5.3 Maximin und der Preis der Supererogation
5.4 Eine neue Chance für das Schwellenmodell?
5.5 Des fünften Kapitels Fazit
Anhänge
A. Das Schwellenmodell für Theorien der Supererogation und seine Untauglichkeit: die Beweise
A.1 Die Dyadische Deontische Logik und der Schritt von unbedingten zu bedingten Geboten
A.2 Die Monadische Deontische Logik und der Schritt von unbedingten zu bedingten Geboten
B. Das Format für Theorien der Supererogation: die Beweise
B.1 Das Erste Provisorische Format und seine Fähigkeit, mit einigen Situationen der Struktur von S4 fertig zu werden
B.2 Das Format und seine Fähigkeit, mit einigen Situationen der Struktur von S4, S4ʹ und S4ʺ fertig zu werden
C. Drei Theorien der Supererogation im Lichte des Formats: die Beweise
C.1 Erikssons Theorie der Supererogation: eine Instanz des Ersten Provisorischen Formats
C.2 Erikssons Theorie der Supererogation und Situationen der Struktur von 54
C.3 Schefflers Theorie der Supererogation: eine Instanz des Formats
C.4 Mulgans Nichtproportionale Revision von Schefflers Theorie der Supererogation: eine Instanz des Formats
C.5 Schefflers Theorie der Supererogation und Situationspaare der Struktur 〈S4ʹ, S4ʺ〉
Dank
Literatur
Personenregister
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Die gute Samariterin: Zur Struktur der Supererogation [Reprint 2012 ed.]
 9783110896619, 3110174901, 9783110174908

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Ulla Wessels Die gute Samariterin

W G DE

Ideen & Argumente Herausgegeben von Wilfried Hinsch und Lutz Wingert

Walter de Gruyter · Berlin · New York 2002

Ulla Wessels

Die gute Samariterin Zur Struktur der Supererogation

Walter de Gruyter · Berlin · New York 2002

© Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. Die Deutsche Bibliothek —

CIP-Einheitsaufnahme

Wessels, Ulla: Die gute Samariterin : zur Struktur der Supererogation / Ulla Wessels. — Berlin ; New York : de Gruyter, 2002 (Ideen & Argumente) Zugl.: Habil.-Schr. ISBN 3-11-017490-1

© Copyright 2002 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Satz: Thomas Fehige-Lutz, Münster Umschlaggestaltung: +malsy, kommunikation und gestaltung, Bremen Druck und buchbinderische Verarbeitung: WB-Druck, Rieden/Allgäu

Es ging ein Mann von Jerusalem nach Jericho und fiel unter die Räuber. Die plünderten ihn aus, schlugen ihn wund, ließen ihn halbtot liegen und gingen davon. Da fugte es sich, dass ein Priester auf jenem Weg hinabging; er sah ihn und ging vorüber. Ebenso ging auch ein Levit, der an die Stelle kam und ihn sah, vorüber. Ein Samariter aber, der des Weges zog, kam hinzu, sah ihn und erbarmte sich seiner. Er ging hin, verband seine Wunden und goss Ol und Wein darauf. Dann hob er ihn auf sein Reittier, brachte ihn zu einer Herberge und trug Sorge für ihn. Am anderen Tag zog er zwei Denare heraus, gab sie dem Wirt und sagte: Trag Sorge für ihn, und was du darüber noch aufwendest, werde ich dir auf dem Rückweg bezahlen. Lukas 10:30-35

Inhaltsverzeichnis Einführung ι.

ι

Das Schwellenmodell für Theorien der Supererogation und seine Untauglichkeit 1.1 Das Schwellenmodell 1.2 Exkurs: das Schwellenmodell im Angesichte von Konvergenzproblemen 1.3 Der Charme des Schwellenmodells

16 20

1.4

23

1.5

1.6

Die Schwächen des Schwellenmodells 1.4. ι Die inhaltliche Unvollständigkeit des Schwellenmodells 1.4.2 Die strukturelle Inadäquatheit des Schwellenmodells Einwände und Erwiderungen 1.5. ι Erster Einwand: unrealistisch 1.5.2 Zweiter Einwand: konsequentialistisch . . . . 1.5.3 Dritter Einwand: reparabel auf die eine Weise 1.5.4 Vierter Einwand: reparabel auf die andere Weise 1.5.5 Fünfter Einwand: zwei Situationen 1.5.6 Sechster Einwand: auf der schiefen Bahn . . . 1.5.7 Siebter Einwand: über das Gebotene hinaus 1.5.8 Achter Einwand: nicht verboten 1.5.9 Neunter Einwand: nur prima facie verboten . 1.5.10 Zehnter Einwand: nur bedingt geboten . . . . 1.5. Ii Elfter Einwand: unvollständig Des ersten Kapitels Fazit

9 9

23 26 29 30 32 34 35 36 37 41 42 44 45 48 49

viii

Inhaltsverzeichnis

2. Das Format für Theorien der Supererogation und seine Tauglichkeit Die Faktoren, von denen Supererogation abhängt

2.2

Das Format für 2 2.2.1 Der harte Kern

57 58

2.2.2 Die Schwellenbedingung 2.2.3 Die Monotonieanforderungen Anforderungen an die Funktion SMf : ein Baukasten 2.3.1 Der nicht verhandlungsfähige Teil 2.3.2 Der verhandlungsfähige Teil

59 61 63 65 66

Das Erste Provisorische Format 2.4.1 Die erste Schwäche des Ersten Provisorischen Formats

79

2.3

2.4

. .

51

2.1

Die zweite Schwäche des Ersten Provisorischen Formats 2.5 Das Zweite Provisorische Format 2.6 Das Format 2.7 Vom Format für 2 zum Format: Rückblick und Vorschau

52

85

2.4.2

86 89 91 94

2.8 Komplikationen 98 2.9 Nebenfolgen 100 2.10 Ein Format auch für Theorien der beschränkten R a tionalität? 101 2.11 Des zweiten Kapitels Fazit 104 3. Drei Theorien der Supererogation im Lichte des Formats . 107 3.1 Thomas Nagels Theorie der Supererogation 107 3.1.1 Nagels Theorie der Erlaubtheit 109 3.1.2 Von Nagels Theorie der Erlaubtheit zu seiner Theorie der Supererogation 117 3.1.3

3.2

Nagels Theorie der Supererogation und das Schwellenmodell 118 Björn Erikssons Theorie der Supererogation 120 3.2.1 Erikssons Theorie der Grade von Falschheit für 2 122

Inhaltsverzeichnis

ix

3.2.2

Von Erikssons Theorie der Grade von Falschheit für 2 zu seiner Theorie der Supererogation 3.2.3 Erikssons Theorie der Supererogation und das Erste Provisorische Format 3.3 Samuel Schefflers Theorie der Supererogation . . . . 3.3.1 Schefflers Theorie der Erlaubtheit 3.3.2 Von Schefflers Theorie der Erlaubtheit zu seiner Theorie der Supererogation 3.3.3 Schefflers Theorie der Supererogation und das Format 3.3.4 Supererogation und ihre Proportionalität . . . 3.3.5 Supererogation in Situationspaaren der Struktur (S4', S4") 3.4 Des dritten Kapitels Fazit 4. Vom guten Samariter zum Format für Theorien der Supererogation 4.1 Die Kirchenväter, Thomas von Aquin und die Reformatoren 4.2 Immanuel Kant 4.3 Die Utilitaristen 4.4 Alexius Meinong und Ernst Schwarz 4.5 J. O. Urmson, Roderick M. Chisholm, Paul McNamara — und einige andere 4.5.1 Erweiterung des begrifflichen Rahmens zum Ersten: das Supererogatorische und das Anstößige 4.5.2 Erweiterung des begrifflichen Rahmens zum Zweiten: das minimal Gebotene und das maximal Gebotene 4.6 Des vierten Kapitels Fazit

126 129 130 131 137 139 140 148

148

151 151 160 165 170 179

184

191 195

5. Wohlfahrtsethische Bewertungen und der Preis der Supererogation 197 5.1 Die utilitaristische Bewertung und der Preis der Supererogation 198

χ

Inhaltsverzeichnis

5.2 5.3 5.4 5.5

Exkurs: der Ort der Supererogation Maximin und der Preis der Supererogation Eine neue Chance für das Schwellenmodell? Des fünften Kapitels Fazit

207 208 210 211

Anhänge A. Das Schwellenmodell für Theorien der Supererogation und seine Untauglichkeit: die Beweise A.i Die Dyadische Deontische Logik und der Schritt von unbedingten zu bedingten Geboten A.2 Die Monadische Deontische Logik und der Schritt von unbedingten zu bedingten Geboten A.2.1 Schema (I) A.2.2 Schema (II)

215 215 217 217 219

B. Das Format für Theorien der Supererogation: die Beweise 221 B . i Das Erste Provisorische Format und seine Fähigkeit, mit einigen Situationen der Struktur von S4 fertig zu werden 221 B.2 Das Format und seine Fähigkeit, mit einigen Situationen der Struktur von S4, S4' und S4" fertig zu werden 227 C. Drei Theorien der Supererogation im Lichte des Formats: die Beweise C. ι Erikssons Theorie der Supererogation: eine Instanz des Ersten Provisorischen Formats C.2 Erikssons Theorie der Supererogation und Situationen der Struktur von S4 C.3 Schefflers Theorie der Supererogation: eine Instanz des Formats C.3.1 (F'.4) von links nach rechts C.3.2 (F'.4) von rechts nach links C-4 Mulgans Nichtproportionale Revision von Schefflers Theorie der Supererogation: eine Instanz des Formats C.4.1 (F*.4) von links nach rechts

237 237 242 246 249 252 254 258

Inhaltsverzeichnis C.4.2

(F*.4) von rechts nach links

xi 261

C-5 Schefflers Theorie der Supererogation und Situationspaare der Struktur (S4', S 4 " )

262

Dank

265

Literatur

267

Personenregister

278

Abbildungsverzeichnis 1.1 Die Situation SI 1.2 Konvergenz zum Schwellenwert 1.3 Die Situation S1 mit Leben gefüllt 1.4 Eine Steilhang-Situation 1.5 Die Situation T1

Ii 18 27 39 48

2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6

55 71 83 85 87

Die Situationen S2, S2' und S2" Die Situationen S3, S3' und S3" Die Situation S4 Die Situationen S4 und S4' Die Situationen S4' und S4" Die zwei nach dem Zweiten Provisorischen Format für die Supererogativität von f j relevanten Fragen 2.7 Die drei für die Supererogativität von f j relevanten Fragen 2.8 Vom Format für 2 zum Format 3.1 3-2

4. ι

90 92 95

Eine Scheffl ersehe Funktion: h(x) —gx χ 144 Eine Mulgans Vorstellungen entgegenkommende Funktion: h(x) = e* — 1 145

Meinongs System: vier deontische Begriffe und deren Z u ordnung zu den timetischen 172 4.2 Das zu Meinongs System mit vier deontischen Begriffen gehörige Achteck 173 4.3 Ein System, wie es der Moralphilosophie zugrunde hegen könnte: drei deontische Begriffe und deren Zuordnung zu den timetischen 183

xiv

Abbildungsverzeichnis

4.4 Das zu einem System mit drei deontischen Begriffen, wie es der Moralphilosophie zugrunde liegen könnte, gehörige Sechseck 4.5 Ein an Chisholm und Sosa orientiertes System: fünf deontische Begriffe und deren Zuordnung zu den timetischen 4.6 Das zu einem an Chisholm und Sosa orientierten System mit fünf deontischen Begriffen gehörige Zehneck . . . . 4.7 Das zu einem an McNamara orientierten System mit acht deontischen Begriffen gehörige Sechzehneck

187 188 194

Situation S5 Situation S5' Situation S5" Situation S6 Ort der Supererogation Situationen S7, S7' und S7"

199 202 203 206 208 209

B.i Die Situationen S4, 54' und S4"

229

5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6

Die Die Die Die Der Die

184

Einführung Eine Frau rettet unter Einsatz ihres Lebens ein fremdes Kind aus einem brennenden Haus. Ein Soldat wirft sich statt in den Schützengraben auf eine gezündete Handgranate, so dass sie ihn und nicht seine Kameraden zerreißt. Kapitän Oates geht, als die Lebensmittelvorräte knapp werden, für immer in den Schneesturm hinaus, damit sich die Uberlebenschancen seiner Mitstreiter erhöhen. Eine holländische Familie versteckt in ihrem Haus Juden vor den Nationalsozialisten. Maximilian Kolbe opfert im Konzentrationslager Auschwitz sein Leben für das Leben eines Familienvaters. Eine Person spendet zu Lebzeiten einem ihr unbekannten Dialysepatienten eine Niere. Wir sind geneigt, das Tun dieser Menschen gut oder sogar sehr gut zu nennen, nicht aber geboten. Wir sind zu sagen geneigt, dass sie mehr Gutes tun, als ihre Pflicht ist — oder, wenn wir ethisches Fachvokabular wählen, dass sie etwas tun, was supererogatorisch ist. Supererogation ist das Thema dieses Buches. Aufmerksamkeit gefunden hat sie zuerst in der christlichen, vornehmlich katholischen Ethik. Wir alle kennen die biblische Geschichte vom guten Samariter, die auch dem vorhegenden Buch vorangestellt ist. Der Samariter liest einen Mann, der Räubern zum Opfer gefallen ist, von der Straße auf, reinigt seine Wunden und bringt ihn in ein Gasthaus. Dem Wirt gibt er zwei Denare und sagt: »Trag Sorge für ihn, und was du darüber noch aufwendest [quodcumque supererogaveris], werde ich dir auf dem Rückweg zahlen.« Auch wenn sich der Ausdruck »quodcumque supererogaveris« nur auf die Vorleistungen des Wirts bezieht — der Sache nach, darüber waren sich schon die Kirchenväter einig, geht es in der Episode um die Leistungen des guten Samariters. Dadurch, dass er dem Wirt zwei Denare zahlt und eine Ubernahmeerklärung für alle weiteren Kos-

2

Einführung

ten abgibt, tut er mehr, als man v o n i h m verlangen kann; er folgt, w i e die Kirchenväter sagten, nicht nur den G e b o t e n des Dekalogs, sondern auch den göttlichen Seliganratungen, die über j e n e G e b o t e hinausgehen. Als die Ethik säkular zu w e r d e n beginnt, gerät die Supererogation zunächst aus d e m Blick. Erst g e g e n E n d e des 19. u n d i m 20. Jahrhundert erlebt sie eine Renaissance: i m R a h m e n v o n Alexius M e i n o n g s Werttheorie u n d später in den teils der Metaethik, teils der deontischen L o g i k zuzurechnenden Ü b e r l e g u n g e n v o n J. O . U r m s o n , R o derick C h i s h o l m , Paul M c N a m a r a u n d einigen weiteren A u t o r e n . Anders als in der christlichen Ethik geht es bei diesen Ü b e r l e g u n g e n n o c h k a u m u m die Frage, genau w e l c h e H a n d l u n g e n über das G e botene hinausgehen und w e l c h e nicht; es geht in erster Linie u m die vorgeordnete Frage, was es heißt, dass H a n d l u n g e n über das G e b o t e n e hinausgehen. 1 U n d so in gewissem Sinne auch hier. In diesem B u c h geht es u m die Struktur der Supererogation. Es soll keine vollständige T h e o r i e der Supererogation entworfen, w o h l aber der R a h m e n abgesteckt w e r den, in d e m sich T h e o r i e n der Supererogation z u b e w e g e n hätten; es soll ein Format für T h e o r i e n der Supererogation entwickelt werden. V o n d e n Ü b e r l e g u n g e n , die zu i h m fuhren, m ö g e n die nachfolgenden B e m e r k u n g e n einen ersten E i n d r u c k vermitteln. DIE EXISTENZ VON SUPEREROGATION. Dass sich supererogatorische Handlungen in etwa als »gut, aber nicht geboten« kennzeichnen lassen, ist einigermaßen unkontrovers. 2 Alles andere als unkontrovers ist dagegen die Frage, o b es supererogatorische H a n d l u n g e n überhaupt

ι 2

Die Geschichte der Supererogation wird ausführlicher in Kapitel 4 des vorliegenden Buches dokumentiert. Dies bestätigt David Heyd (1982, S. 1): »Works of supererogation or supererogatory acts are now commonly understood to be those acts which a person does over and above his religious or moral duty, i. e. more than he ought to do or has to do.« Siehe darüber hinaus Urmson (1958, S. 205), Feinberg (1961, S. 279 und 281), Jacobs (1976, S. iv), Feldman (1978, S. 48), Attfield (1979, S. 481 und 486), Melden (1984, S. 63), McNamara (1996a, S. 415), von Kutschera (1998, S. 164), Witschen (1999, S. 507) und Stemmer (2000, S. 316).

Einführung

3

gibt. Manche meinen, dass eine Handlung nur dann einen moralischen Wert hat, wenn wir sie pflichtgemäß und aus Pflicht vollziehen; andere, dass es uns geboten ist, stets das Beste zu tun. In beiden Fällen gibt es wohl nichts moralisch Gutes, was über das Gebotene hinausgeht, und also auch keine supererogatorischen Handlungen. 3 Die Frage, ob es supererogatorische Handlungen überhaupt gibt, wird hier übersprungen; es wird, zumindest in den konstruktiven Teilen dieses Buches, so getan, als gäbe es sie. Viele Leute glauben an so etwas wie Supererogation. Vielleicht glauben sie nicht, dass Supererogation auf allen Ebenen unseres moralischen Denkens eine Rolle spielt, wohl aber, dass sie es in einigen Bereichen tut, zum Beispiel bei der Bewertung von Charakteren, in der Erziehung, in der Moralpsychologie, bei der Strafzumessung oder anderweitig im öffentlichen Umgang mit suboptimalem Verhalten.4 Übrigens auch bei der Wahl von Freunden und Lebenspartnern. Während wir uns vermutlich damit arrangieren können, nicht mit einem Heiligen durchs Leben zu gehen, wollen wir doch mit jemandem Zusammensein, der in einem elementaren Sinne anständig ist, mit jemandem, der zumindest seine Pflicht erfüllt. Allein aus diesem Grund, also weil viele Leute an so etwas wie Supererogation glauben, lohnt es sich, ihr nachzuspüren. Es gibt mindestens einen weiteren Grund. Wenn wir uns fragen, ob Supererogation in unserem moralischen Denken eine Rolle spielen soll und, wenn ja, welche, tun wir gut daran, die via specificationis zu gehen. Wir tun gut daran, erst so zu tun, als sollte Supererogation in unserem moralischen Denken eine Rolle spielen, und dann zu prüfen, worauf wir uns damit eingelassen hätten. Haben wir es 3

Speziell zur kantischen und zur utilitaristischen Ethik siehe auch die Diskussion in den Abschnitten 4.2 und 4.3 dieses Buches. - Die Frage, ob es Supererogation überhaupt gibt, wird negativ beschieden von »Supererogationsgegnern« wie Chopra (1963), N e w (1974), Pybus (1982), Baron (1987), Hale (1991) und im weitesten Sinne auch Wolf (1982 und 1986); sie wird positiv beschieden von »Supererogationsfreunden« wie Urmson (1958), Burchill (1965), Raz (1975), Jacobs (1976, Kap. 1), Attfield (1979), McGoldrick (1984) und Lohr (1991, Abschn. 2.2.2).

4

Z u r Unterscheidung zwischen verschiedenen Ebenen der Moral, insbesondere zwischen einer Ebene, auf der streng nach den Regeln einer bestimmten Theorie deliberiert wird, und einer anderen, auf der das moralische Denken eher intuitiver Natur ist und von Common-sense-Prinzipien geleitet wird, siehe ζ. B. Sidgwick (1907, Buch 4) und Hare (1981, Kap. 1, insb. Abschn. 2).

Einführung

4

geprüft, können wir uns anschließend neu fragen, ob Supererogation in unserem moralischen Denken eine Rolle spielen soll und, wenn ja, welche. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass uns die Antwort leichter fallen wird als vorher. T U N U N D U N T E R L A S S E N , DER W I L L E Z U R S U P E R E R O G A T I O N U N D

IHRE LOBENSWERTHEIT. Übersprungen wird hier nicht bloß die Frage, ob es supererogatorische Handlungen überhaupt gibt; übersprungen werden auch einige Fragen, deren Diskussion das Gesicht des in diesem Buch vorzuschlagenden Formats verändern könnte: Was hat Supererogation mit der Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen zu tun? Verlangt sie den Willen zur Supererogation? Und wie ist es mit ihrer Lobenswertheit bestellt? Was die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen angeht, so glauben manche, es spiele unabhängig etwa von den Konsequenzen und den Absichten für den normativen Status einer Handlung eine Rolle, ob es sich bei der Handlung um ein (aktives) Eingreifen oder ein (passives) Geschehenlassen handelt, und manche glauben darüber hinaus, das sei auch oder gerade dort der Fall, wo Supererogation verhandelt wird. Beispielsweise könne man nicht verlangen, dass jemand (aktiv) 5 ooo € hergibt, um seinem Onkel das Leben zu retten, wohl aber, dass er (passiv) zum selben Zweck darauf verzichtet, Schulden in Höhe von 5 000 € beim Onkel einzutreiben. 5 Was den Willen zur Supererogation und was ihre Lobenswertheit betrifft, so gilt analog: Manche glauben, beide seien fur Supererogation konstitutiv. Supererogation sei nichts, was eine Handelnde schlicht überkommen oder gar wider ihr besseres Wissen und Gewissen statthaben könne, und auch nichts, was einem Beobachter gleichgültig sein dürfte.6

5

6

Zur Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen generell, ihrer Ausbuchstabierbarkeit und ihrer moralischen Relevanz, siehe etwa Birnbacher (1995); zur Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen speziell im Kontext von Supererogation siehe zum Beispiel Chisholm (1963) und Hruschka/Joerden (1987). Siehe zum Beispiel Jacobs (1976, Kap. 2, Abschn. 3—5), Schumaker (1977, S. 10), Peterfreund (1978, S. 55) und Heyd (1982, Abschn. 6.5).

Einführung

S

Vielleicht ist Supererogation v o n der U n t e r s c h e i d u n g zwischen T u n und Unterlassen nicht zu trennen; und vielleicht muss sie mit d e m W i l l e n und der Lobenswertheit einhergehen. W e d e r das eine n o c h das andere w o l l e n w i r bestreiten. Was Maximilian K o l b e g e tan hat, verdient unsere H o c h a c h t u n g , und das in der Tat nicht oder nicht nur, weil er einem Familienvater irgendwie das Leben gerettet hat, sondern nur oder auch, weil er es mit Absicht tat. W e n n w i r die letztgenannten Faktoren trotzdem über weite Strecken i g n o r i e ren, so geschieht das zugunsten der Diskussion anderer Faktoren. W i r m ö c h t e n die Supererogation sozusagen vor der Tun-und-UnterlassenUnterscheidung, d e m W i l l e n u n d der Lobenswertheit untersuchen. Das allein stellt eine hinreichend große A u f g a b e dar, u n d i n d e m w i r sie in A n g r i f F n e h m e n , b e g e b e n w i r uns nicht der M ö g l i c h k e i t , später auch die über sie hinausgehenden Probleme anzugehen. 7 TUGENDPFLICHTEN

UND

QUASI-SUPEREROGATION.

Schließlich

w e r d e n hier z w e i Fragen übersprungen, die zwar i m U m f e l d v o n Supererogation gelegentlich gestellt werden, deren Diskussion uns aber zu weit v o n unserem eigentlichen Anliegen, ein Format für T h e o r i e n der Supererogation z u entwickeln, abgebracht hätte. Sie lauten: Sind w i r verpflichtet, T u g e n d e n zu kultivieren, die, w e n n w i r sie kultiviert haben, Handlungen von uns verlangen, die ansonsten supererogatorisch wären? Gilt es des Weiteren

supererogatorische

Handlungen v o n quasi-supererogatorischen zu unterscheiden, das heißt v o n Handlungen, die supererogatorischen darin ähneln, dass sie gut, aber nicht geboten sind, und sich gleichzeitig v o n diesen i n sofern unterscheiden, als j e m a n d , der sie unterlässt und nur genauso viel tut, w i e i h m geboten ist, getadelt z u w e r d e n verdient? Z u diesen Fragen verweise ich auf die einschlägige Literatur. 8 7

M i t diesem Vorgehen befinden wir uns in guter Gesellschaft. Dies zeigen die drei T h e o r i e n der Supererogation, die in Kapitel 3 vorgestellt und diskutiert werden. Genau wie weit die Strecken sind, über die wir die Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen, den Willen und die Lobenswertheit ignorieren, wird in Abschnitt 1.1 deutlich; und einige der Komplikationen, die wir uns dadurch einhandeln, sind T h e m a von Abschnitt 2.8.

8

Z u m Zusammenspiel zwischen den Tugendpflichten und

supererogatorischen

Handlungen siehe etwa Pybus (1982), Trianosky (1986), Jacobs (1987), Baron (1995

Einführung

6 WERTE UND PFLICHTEN.

SO viel zu den Fragen, die nicht T h e m a

des vorliegenden Buches sind; nun zu denen, die es sind — vielmehr zu der Art und Weise, w i e sie es sind. Dass sich supererogatorische Handlungen in etwa durch »gut, aber nicht geboten« oder auch durch »in R i c h t u n g des Besseren über das Gebotene hinausgehend« kennzeichnen lassen, ist, w i e erwähnt, quasi unstrittig. N u n meinen aber manche Ethiker, die v o m R e i c h der Werte versus dem R e i c h der Pflichten reden, also von dem, was gut, schlecht oder wertneutral ist, i m Unterschied zu dem, was geboten, verboten oder erlaubt ist, etwas ganz anderes als wir. Sie wollen in dieser Terminologie die These festschreiben, dass sich Werte auf kategorial andere Sachverhalte beziehen als Pflichten — Werte z u m B e i spiel auf die Auswirkungen, die Handlungen auf das Wohlergehen der von ihnen Betroffenen haben, Pflichten dagegen zum Beispiel auf das Halten von Versprechen, das Sagen der Wahrheit, das Wahren von R e c h t e n oder Ahnliches. Wenn wir hier von »gut« und seinem Verhältnis zu »geboten« sprechen, ist keine qualitative Unterscheidung dieser Art gemeint. Uns geht es u m Supererogation ausschließlich i m Sinne von Fragen w i e diesen: W i e viel Moral - gleich welcher Couleur! - ist zumutbar? Ist es nicht zu viel verlangt, dass wir, w e n n w i r bereits unser letztes H e m d am Leib tragen, auch dies noch fur die Moral hergeben? U n d w e n n ja, wie viel weniger Moral ist akzeptabel? Welche Sachverhalte dieses M e h r oder Weniger an moralischem Wert tragen, darüber setzt u n sere R e d e v o n guten oder schlechten Handlungen nichts voraus. Es können die Freuden und Leiden anderer sein; es können die M a x i men sein, denen die Handlungen gehorchen; und es können noch andere sein. Dass viele der Beispiele, deren wir uns bedienen werden, den Wert einer Handlung an den Konsequenzen für die Betroffenen festmachen, tut dieser Offenheit keinen Abbruch. Unsere Neutralität bezüglich der werttragenden Sachverhalte ist auch der Grund, weshalb uns die i m vorliegenden B u c h postulierte Abhängigkeit der Pflichten von den Werten (wie immer sie genau und 1998) und Hurd (1998). Z u quasi-supererogatorischen Handlungen siehe etwa Mellema (1991, Kap. 5, 1996 und 1997) sowie Badhwar (1985), Driver (1992), Hurd (1998, Abschn. 2.1) und Moore (1998).

Einführung

7

aussehen mag) nicht a u f den Konsequentialismus festlegt. N i c h t nur tut sie es garantiert nicht in j e n e m prominenten Sinn v o n »Konsequentialismus«, w o n a c h der Konsequentialismus die Pflicht zur M a x i m i e r u n g — und damit die Nichtexistenz v o n Supererogation — i m pliziert. Sie tut es, w i e in den Abschnitten i . i u n d 1.5.2 deutlicher wird, auch nicht in d e m Sinne, dass W e r t bei uns eine Quantität einfinge, deren qualitative Ausbuchstabierung verlangt, dass nur die Folgen einer H a n d l u n g moralischen W e r t haben. Trivialerweise endet unsere Neutralität bezüglich der werttragenden Sachverhalte da, w o in die B e s t i m m u n g des moralischen Wertes einer H a n d l u n g schon die Frage nach ihrer Supererogativität implizit oder explizit einginge. Jemand k ö n n t e H a n d l u n g e n dann u n d deswegen für besonders wertvoll halten, w e n n und weil sie supererogatorisch sind, u n d etwa über die Beispiele v o m B e g i n n dieser E i n f ü h r u n g sagen: »Was so w e i t über das G e b o t e n e hinausgeht, verdient es, sehr gut oder wertvoll genannt zu werden!« D e r in einer solchen Ä u ß e r u n g zutage tretende W e r t b e g r i f f mag gelegentlich seine B e r e c h tigung haben, wäre für uns aber unbrauchbar. W i r fragen, w i e gut Handlungen sein müssen, damit sie es verdienen, supererogatorisch genannt zu werden, hangeln uns also v o n Aussagen mit Prädikaten w i e »so und so gut« zu Aussagen mit Prädikaten w i e »supererogatorisch«. Dafür brauchen w i r einen B e g r i f f v o n Wert, der w e d e r den B e g r i f f v o n Supererogation voraussetzt n o c h auf andere Weise schon leistet, was dieser erst zu leisten hätte. FORMELN UND BEWEISE.

Einerseits ist dieses B u c h ein für m o -

ralphilosophische Verhältnisse vergleichsweise formales. Andererseits b e m ü h t es sich, in all seinen Schritten nicht bloß nachvollziehbar, sondern in den Grenzen des M ö g l i c h e n bequem nachvollziehbar zu bleiben. Deshalb geht es dort, w o es formal wird, kleinschrittig vor. Lieber sei riskiert, dass ein Leser in einem B e w e i s oder der Erläuter u n g einer formalen Konstruktion eine Z e i l e überschlägt, als dass ein anderer mangels derselben aussteigt. ZAHLEN.

W i r rücken d e m Problem der Supererogation mit M i t -

teln auf den Leib, die selbst ein Problem sind. W i r tun beispielsweise

8

Einführung

so, als k ö n n t e n wir den moralischen Wert einer möglichen Welt (und letztlich einer Handlung) sowie den subjektiven Wert, den eine mögliche Welt (und letztlich auch eine Handlung) fur eine Handelnde hat, aussagekräftig in reelle Zahlen fassen. Hier liegen wie so oft Glanz u n d Elend der Theoriebildung dicht beieinander. M a n n i m m t an einer Stelle Kredite auf, u m an einer anderen Profit zu machen — und muss dabei aufpassen, dass am Schluss die Bilanz stimmt. H o f f e n wir, dass sie hier stimmen wird; hoffen wir, dass die Vereinfachungen und Modellierungen, die wir uns u n terwegs erlauben, am Ende dadurch gerechtfertigt sein werden, dass wir in Sachen Supererogation strukturell erheblich klarer sehen. W i r verfahren wie folgt. Im ersten Kapitel ergründen wir, w a r u m ein neues Format für T h e o r i e n der Supererogation N o t tut. Z u d e m Z w e c k betrachten u n d kritisieren wir das prominenteste u n d prima facie auch nahe hegende Modell der Supererogation. Im zweiten Kapitel entwickeln wir Schritt für Schritt das Format für T h e o r i e n der Supererogation; es trägt im ganzen Buch den schlichten N a m e n »Format«. I m dritten Kapitel betrachten wir drei existierende T h e o r i e n der Supererogation im Lichte des Formats. Im vierten Kapitel d o kumentieren wir die Geschichte der Supererogation und setzen das Format zu ihr in Beziehung. Im fünften und letzten Kapitel treten wir einen Schritt zurück u n d lassen Bedenken gegenüber d e m Witz von Supererogation laut werden.

Kapitel ι Das Schwellenmodell fur Theorien der Supererogation und seine Untauglichkeit Das prominenteste und prima facie auch nahe liegende Modell für Theorien der Supererogation ist das schlichte »satisficing«- oder Schwellenmodell. Es ist das Modell, das uns als Erstes in den Sinn kommt, wenn wir über Supererogation nachzudenken beginnen, und es ist das Modell, dessen Spielarten uns in der Literatur am häufigsten begegnen. 1 Im vorliegenden Kapitel werden wir das Schwellenmodell präsentieren, prüfen und schließlich verwerfen.

i.i

Das Schwellenmodell

Das Schwellenmodell besagt in etwa: Es gibt eine Menge an Gutem, die zu realisieren Pflicht ist, und alles, was über diese Menge hinausgeht, also besser ist, ist supererogatorisch; es gibt, mit anderen Worten, in jeder Situation einen Schwellenwert für das zu realisierende Gute dergestalt, dass es erstens geboten ist, eine Handlung zu vollziehen, mit der der Schwellenwert nicht unterschritten wird, und dass zweitens jede Handlung, mit der der Schwellenwert überschritten wird, supererogatorisch ist. Wir bemühen uns zunächst, dieser groben Charakterisierung des Schwellenmodells eine präzisere zur Seite zu stellen, und legen uns dafür einige Formalia zurecht. Es seien:

ι

Explizit zum Beispiel bei Slote (1985, Kap. 3) und implizit in der Mehrzahl der Schriften, die sich mit Supererogation beschäftigen.

IO

ι

Das Schwellenmodell

und seine

Untauglichkeit



7 die Menge aller möglichen Handlungen, das heißt die Menge aller Handlungen, von denen gilt, dass es eine mögliche Handelnde, eine mögliche Welt und einen möglichen Zeitpunkt derart gibt, dass die Handlung von der Handelnden in der Welt zu dem Zeitpunkt vollzogen wird; • W die Menge aller möglichen Welten, die durch die Handlungen aus y herbeigeführt würden; 2 dabei möge die Konvention in Kraft sein, dass, wenn wir eine Handlung und eine Welt mit demselben Index benennen, zum Beispiel f¡ und w¿, die betreffende Welt die sei, die mit dem Vollzug der betreffenden Handlung einträte; • und u : *W —• IR. eine Funktion, die den möglichen Welten aus W reelle Zahlen als deren moralische Werte zuordnet. Wir kehren gleich zu diesen Allgemeinheiten zurück, führen jedoch zuvor eine spezielle Situation ein, und zwar Situation Sl, wie sie in Abbildung i.i dargestellt ist. Situation Sl wird konstituiert von • •

einer Handelnden a; einer Menge ψ C f , die für eine bestimmte mögliche Welt und einen bestimmten möglichen Zeitpunkt genau alle Handlungen enthält, die a in jener Welt zu jenem Zeitpunkt vollziehen kann — was genau der Sinn ist, in dem es sich bei Sl um eine Situation handelt; J möge, für eine natürliche Zahl η > 7, η Handlungen umfassen, die wir f \ , . . . , fn nennen, und für jede dieser Handlungen aus y möge gelten, dass ihr Vollzug den Vollzug einer anderen Handlung aus J- ausschließt; allgemein werden wir im Folgenden eine Handlungsmenge, die für eine bestimmte mögliche Welt und einen bestimmten möglichen Zeitpunkt genau alle Handlungen enthält, die a in jener Welt zu jenem Zeitpunkt vollziehen kann (wobei für jede dieser Handlungen gilt, dass ihr Vollzug den einer anderen ausschließt) — allgemein also werden wir im Folgenden

2

Dass eine Handlung eine mögliche Welt herbeifuhrt, darunter soll hier und im Folgenden nur verstanden sein, dass, falls die betreffende Handlung vollzogen würde, die betreffende Welt einträte.

l.i

Das SchweUenmodell

Handlungen

I

ι-· υ S -O

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Welten

moralische Werte der Welten

W*

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Abbildung i.i: Die Situation SI



eine solche Menge als eine »a betreffende Handlungsmenge« bezeichnen; und einer Menge IV C TV, die genau alle Welten enthält, die durch den Vollzug von Handlungen aus F herbeigeführt würden.

In Situation 51 möge zudem gelten, dass die Handlungen mit wachsendem Index moralisch besser werden, dass also u(u>,·) mit 1 steigt. N u n nehmen wir an, dass S1 eine Situation ist, in der es supererogatorische Handlungen gibt. D e m Schwellenmodell zufolge heißt das: Es gibt einen Schwellenwert dergestalt, dass sich das Wort »Wert« in »Schwellenwert« auf den moralischen Wert einer der Welten bezieht, die in Situation S1 herbeigeführt werden können, sagen wir einmal auf u(u>¡): siehe dazu in Abbildung 1.1 die den Schwellenwert symbolisierende horizontale Linie bei w¡. Bis zum Schwellenwert gibt es die Maximierungspflicht; es gibt die Pflicht, eine Welt herbeizuführen, die mindestens so gut ist wie w¡. Uber dem Schwellenwert liegt die Kür; die Herbeiführung einer jeden Welt, die besser ist als w¡, ist supererogatorisch. Der Handelnden ist es also nur geboten, etwas zu tun, was gut genug ist, und f¡ zu tun ist gut genug.

12

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

Die präzisere Charakterisierung des Schwellenmodells, die wir der groben v o m Anfang zur Seite stellen, lautet demnach: Für alle H a n delnden a u n d alle a betreffenden Handlungsmengen f enthält f eine Handlung f¡ dergestalt, dass es a geboten ist, mindestens eine Welt mit d e m moralischen Wert von w¡ herbeizufuhren, u n d sie etwas Supererogatorisches tut, w e n n sie eine Welt herbeifuhrt, deren moralischer Wert den moralischen Wert von w, übersteigt. - Z u m Zwecke der Abkürzung schreiben wir V für 3 für superyr{a,fj) für

für alle, es gibt u n d Handlung f j ist in der a betreffenden Handlungsmenge f supererogatorisch.

Damit besagt das Schwellenmodell: V Handelnden a V a betreffenden Handlungsmengen !F IfiCiF Vfj € s u p e r f ( a , f j ) gdw.: u(wj) > u{w¡). Z u dieser Charakterisierung des Schwellenmodells fünf B e m e r k u n gen, deren erste sich an diejenigen richtet, die Neugierde über die Mächtigkeit der M e n g e n W u n d 'W, die Indices u n d Verwandtes plagt. Sie lautet: siehe in Kapitel 2 A n m e r k u n g 16. D i e zweite B e m e r k u n g bezieht sich auf unsere Verwendung einer Funktion u : 'W —> IR. Eine solche Funktion ordnet möglichen Welten deren moralischen Werte zu, u n d wir werden im vorliegenden Buch diese Werte zugleich als die Werte der die Welten herbeiführenden Handlungen ansprechen. Das klingt, als legten wir uns auf den Konsequentialismus fest, und zwar in einer besonders kruden Form. D o c h das tun wir nicht. W i r denken uns den Wert u einer möglichen Welt in Abhängigkeit von einer der zur Debatte stehenden Handlung, genauer gesagt: als Wert, von dem wir bereit sind, ihn als den m o -

ι. ι

Das Schwellenmodell

13

raiischen Wert ebender zur Debatte stehenden Handlung fungieren zu lassen. D u r c h diese Abhängigkeit lassen sich beliebige nichtkonsequentialistische Wertdimensionen in u erfassen: die Tugenden und Laster, die sich in der Handlung manifestieren, die Rechte, die durch die Handlung gewahrt oder verletzt werden, die Versprechen und Verträge, die durch sie gehalten oder gebrochen werden, die A b sichten, die die Handelnde mit der Handlung verfolgt, die Maximen, denen ihre Handlung gehorcht, der Handlungstyp, unter den die Handlung fällt, der Grad, in dem eine kontrafaktisch zu antizipierende ideale u n d transzendentale Kommunikationgemeinschaft die Handlung guthieße - und so weiter u n d so fort. Es gäbe zwei Möglichkeiten, diese Interpretation technisch sauberer auszudrücken, als unsere Notation es tut. Die erste Möglichkeit bestünde darin, dass wir uns einer Funktion u : f —> IR bedienen, also einer Funktion, die sogleich den Handlungen moralische Werte zuordnet. D e r Nachteil, den dies hätte, wäre invers zum N a c h teil, den unsere Verwendung einer Funktion u : —> 1R hat. W i e u : 'W —> IR fälschlich insinuieren könnte, wir ließen nur ganze mögliche Welten moralisch zählen, so könnte u : f —> IR, indem sie viele mit einer Handlung assoziierte Sachverhalte, zum Beispiel deren Konsequenzen, nicht explizit auftreten lässt, fälschlich insinuieren, wir ließen diese Sachverhalte moralisch nicht zählen. Die zweite Möglichkeit bestünde darin, dass wir uns einer Funktion u : jF χ W • IR bedienen. Solch eine Funktion nähme u n d b e wertete als Argumente immer Paare der Form (Handlung, durch die Handlung herbeigeführte mögliche Welt). Diese Argumente würden unsere Formeln länger u n d unübersichtücher machen, als sie es o h n e hin schon sind. Die Information und Präzision der zweiten Möglichkeit k ö n n e n wir preiswerter haben, w e n n wir, wie hier geschehen, ein für alle Male sagen, dass die Sache letztlich zwar so gedacht ist, j e d o c h simpler notiert wird. Im Übrigen wird uns die Indexgleichheit von Welt und Handlung die Verbindung präsent halten. Auch wenn unsere Überlegungen konsequentialistisch klingen, sind sie es also nicht. Die dritte Bemerkung bezieht sich auf unsere Charakterisierung und N u t z u n g der M e n g e Ή1, also der Menge, die genau alle Welten

14

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

enthält, die in Situation 51 durch den Vollzug von Handlungen aus f herbeigeführt würden. Dadurch, dass wir von ihr nicht als der M e n g e der möglichen Welten sprechen, von denen die Handelnde eine h e r beifuhren will, und auch nicht als der M e n g e der möglichen Welten, von denen die Handelnde glaubt, dass sie durch Handlungen aus Jherbeigeführt würden, zeichnet sich ab, dass wir auf dem Weg von der moralischen Bewertung der Handlungen z u m normativen U r teil den Willen zur Supererogation ausblenden werden; und dadurch, dass wir von *W als der M e n g e der möglichen Welten sprechen, die in Situation S1 durch die Handlungen aus J herbeigeführt würden, und nicht als der M e n g e der möglichen Welten, die in Situation S1 durch der Handelnden (aktives) Tun oder (passives) Unterlassen aktual w ü r den, zeichnet sich ab, dass wir auf d e m Weg von der moralischen Bewertung der Handlungen zum normativen Urteil auch die U n t e r scheidung zwischen Tun u n d Unterlassen ausblenden werden. Beides werden wir in der Tat tun und k ö n n e n deshalb, siehe die Beispiele in Abschnitt 2.8, manches, was andere oder auch wir selbst über Supererogation zu sagen geneigt sind, nicht sagen. Das ist von Nachteil. Von Vorteil aber ist, dass wir uns durch dieses Vorgehen eine R e i h e von Komplikationen v o m Leib halten. D e n n wie angekündigt wird die Sache auch ohne diese Komplikationen kompliziert genug. Indem wir auf d e m Weg von der moralischen Bewertung der Handlungen zum normativen Urteil den Willen zur Supererogation u n d die Tun-und-Unterlassen-Unterscheidung ignorieren, schließen wir j e d o c h nicht die Möglichkeit aus, dass die Bewertung selbst von diesen Faktoren mitbestimmt wird. W i r schließen also zum Beispiel nicht die Möglichkeit aus, dass eine Handlung, durch die j e m a n d mit Absicht sein Leben für das Leben eines anderen hergibt, deswegen besser ist als eine andere, durch die j e m a n d selbiges zufällig oder gar gegen seinen Willen tut — siehe hierzu auch die vorangegangene zweite Bemerkung. 3 3

W e m unser Vorgehen nicht geheuer ist, der kann es auch anders betrachten - nicht so, dass wir auf dem W e g von der moralischen Bewertung der Handlungen zum normativen Urteil den Willen zur Supererogation und die Tun-und-UnterlassenUnterscheidung ignorieren, sondern so, dass wir so tun, als spielten sie ersten auf diesem W e g prinzipiell eine Rolle und als beschränkten wir uns aber zweitens auf

ι. ι

Das Schwellenmodell

15

Die vierte Bemerkung bezieht sich auf die letzte der Zeilen, die das Schwellenmodell charakterisieren. Indem wir dort u(wj) > u(w¡) statt u(wj) > u(u>¡) schreiben, stellen wir sicher, dass es dem Schwellenmodell zufolge in jeder Situation, in der es supererogatorische Handlungen gibt, auch mindestens eine Handlung gibt, die nicht supererogatorisch ist. Für diese Regelung gibt es einen guten Grund. Denn man stelle sich eine Situation vor, in der die Handelnde nicht umhin kann, eine Welt herbeizufuhren, deren moralischer Wert hoch ist, und zwar so hoch, dass sie, wenn sie es könnte, auf den Vollzug j e ner Handlung verzichten dürfte. Was immer die Handelnde in solch einer Situation tut, wir würden sie vielleicht ob der Anstrengungen, denen sie sich für den moralischen Gewinn unterziehen muss, bemitleiden; wir würden sie aber wohl nicht als Heilige oder Heldin feiern und auch nicht von Supererogation reden. Supererogation, so könnte man sagen, ist nichts Unausweichliches; sie erfordert zumindest die Möglichkeit von Nichtsupererogation. Die fünfte Bemerkung dient der Vollständigkeit unserer Darstellung. Erwähnt sei eine komparative Variante des Schwellenmodells, die, weil sie ihren Schwellenwert stets in Abhängigkeit vom moralischen Wert der besten Welten einer Situation wählt, auf den ersten Blick mindestens so interessant zu sein scheint wie das Schwellenmodell selbst mit seinem absoluten Schwellenwert. Der komparativen Variante zufolge gibt es für alle Handelnden a und für alle a betreffenden endlichen Handlungsmengen J- eine reelle Zahl x mit 0 < χ < 1 und in ? eine Handlung f , dergestalt, dass für alle Handlungen f j aus ÍF gilt: Es ist a geboten, mindestens eine Welt herbeizuführen, deren moralischer Wert den mit χ multiplizierten moralischen Wert von unerreicht, und die Herbeiführung einer jeden Welt, deren moralischer Fälle, in denen es stets zum Besten mit ihnen bestellt ist, so dass sie in diesen Fällen nie den Ausschlag geben. Wir würden dann zum Beispiel stets auch die Absichten der Handelnden berücksichtigen; gleichzeitig wären diese Absichten aber immer so gut wie möglich, so dass sie letztlich nie für das normative Urteil den entscheidenden Unterschied machten. Durch diese Sichtweise wäre die argumentative G e fechtslage nur unwesentlich verändert. Wir würden auch weiterhin untersuchen, von welchen Faktoren Supererogation abhängt, w e n n nicht von d e m Willen zur Supererogation und der Tun-und-Unterlassen-Unterscheidung. Allein der Grund, warum sie davon nicht abhängt, hätte sich verschoben.

16

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

Wert den mit χ multiplizierten moralischen Wert von w¡ übersteigt, ist supererogatorisch — wobei w¡ zu den moralisch besten Welten gehört, die in der Situation erreichbar sind. 4 Benutzen wir für das logische »und« das Zeichen »A«, so besagt das Komparative Schwellenmodell: V Handelnden a V a betreffenden endlichen Handlungsmengen JF 3xe]0;l[ νχ· e s u p e r b a , / , · ) gdw: u(wj)

> χ X w(w,·) Λ V/fe € fF: u(u>k)
5 sollen jeweils unendlich viele Welten liegen, deren moralische Werte gegen den Schwellenwert konvergieren — siehe Abbildung 1.2. Des Weiteren tun wir so, als hätten wir es mit so vielen Welten zu tun, wie es reelle Zahlen gibt, und nutzen die reellen Zahlen abzüglich der Null als die Indices der Welten. Es gibt also in der Menge der Welten eine Welt wx für jedes Λ; € R \ { 0 } , aber keine Welt wq selbst. Würde das Schwellenmodell erlauben, dass die moralischen Werte der Welten, wie in Abbildung 1.2 angegeben, von unten und von oben gegen den Schwellenwert konvergieren, könnte die Handelnde ihrer Pflicht nur nachkommen, indem sie eine Welt herbeiführt, die über der Schwelle liegt, denn auf der Schwelle gibt es ja keine Welt, und unter ihr ist keine gut genug. 5 Gleichzeitig gölte für jede Welt, die 5

Das Problem ähnelt einem aus der Deondschen (wie auch der Prohairetischen) Logik. In den Standardsystemen der Deontischen Logik gilt, dass »es ist geboten, dass Λ« in einer Situation S genau dann wahr ist, wenn A in allen besten möglichen Welten von S der Fall ist. D o c h wenn S unendlich ist, finden wir vielleicht für jede

1.2

Exkurs: Konvergenzprobleme

19

über der Schwelle liegt, dass sie herbeizufuhren nicht Pflicht ist, denn auf der Schwelle gibt es j a keine Welt, u n d über ihr ist j e d e einzelne besser als nötig. A l l e A r t e n , bloß die Pflicht z u tun, bestünden also darin, mehr als die Pflicht zu tun! W i r k ö n n e n das Problem nicht lösen, i n d e m w i r das S c h w e l l e n modell so reformulieren, dass es die H e r b e i f ü h r u n g einer Welt g e b i e tet, die mindestens so gut ist w i e die beste Welt unterhalb der S c h w e l le. Im vorhegenden Fall gibt es nämlich keine beste W e l t unterhalb der Schwelle. U n d da die moralischen Werte der Welten zusätzlich v o n o b e n g e g e n den Schwellenwert konvergieren, gibt es auch keine schlechteste W e l t oberhalb der Schwelle. Also k ö n n e n w i r das P r o blem auch nicht lösen, i n d e m w i r das Schwellenmodell so r e f o r m u lieren, dass es die H e r b e i f ü h r u n g einer W e l t gebietet, die mindestens so gut ist w i e die schlechteste W e l t oberhalb der Schwelle. Es bleibt deshalb dabei: W ü r d e das Schwellenmodell erlauben, dass sich die Werte der m ö g l i c h e n Welten unterhalb und oberhalb der Schwelle d e m Schwellenwert annähern, o h n e ihn zu erreichen, wäre es nicht supererogatorisch, aus der M e n g e der Welten, die über der Schwelle hegen, eine herbeizufuhren, o b w o h l für jede v o n ihnen gölte, dass sie herbeizuführen supererogatorisch ist; es wäre also g e boten, etwas Supererogatorisches zu tun. Dieses Ergebnis ist paradox. U m es hier u m g e h e n zu k ö n n e n , hab e n w i r uns eines simplen Tricks bedient und das Schwellenmodell so charakterisiert, dass i h m zufolge der Schwellenwert stets mit d e m moralischen Wert einer der in der Situation vertretenen Welten identisch ist. D e n n ist er es, so gibt es, egal w i e sehr sich die moralischen Werte der Welten unter u n d über der Schwelle ihrem W e r t annähern, i m m e r mindestens eine Welt, mit deren H e r b e i f ü h r u n g man alles G e b o t e n e und nichts Supererogatorisches täte. W e r dieses Vorgehen nicht gutheißt, weil er aus materialethischen G r ü n d e n möglichst w e i t g e h e n d daran festhalten m ö c h t e , dass es genau einen Schwellenwertfür alle Situationen gibt, und sich trotzdem nicht mit den dann drohenden Paradoxien des erläuterten Typs belasten will, sehr gute Welt von S noch eine bessere, die ebenfalls zu S gehört, und also in der Menge der besten möglichen Welten kein Element. Z u diesem Problem selbst und verschiedenen Lösungsvorschlägen siehe Fehige (1994).

20

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

der k ö n n t e sich an e i n e m Kompromiss versuchen — z u m Beispiel i n d e m er sagt: Es gibt für alle Handelnden a u n d für alle a betreffenden Handlungsmengen jF eine reelle Z a h l χ dergestalt, dass für alle H a n d lungen f j aus f gilt: Falls χ einer der u-Werte der z u den Handlungen aus ψ gehörenden Welten ist, so ist es geboten, eine Welt herbeizufuhren, deren moralischer Wert mindestens so h o c h ist w i e x, u n d die H e r b e i f ü h r u n g einer j e d e n Welt, deren moralischer Wert

über-

steigt, ist supererogatorisch; andernfalls w ä h l e man aus den in der betreffenden Situation vertretenen w-Werten einen Ersatzschwellenw e r t y, für den das A n a l o g e gilt. Das Kunststück bestünde bei diesem V o r g e h e n darin, R e g e l n für die Wahl des Ersatzschwellenwertes anzugeben.

1.3

Der Charme des Schwellenmodells

V o n diesem Exkurs speziell über das Schwellenmodell i m Angesichte von Konvergenzproblemen zurück z u m Schwellenmodell i m A l l g e meinen. W i e attraktiv ist es? Betrachten w i r ein Beispiel v o n M i c h a e l Slote. D i e Managerin eines Hotels der g e h o b e n e n Kategorie entdeckt vor den Toren des Anwesens ein liegen gebliebenes A u t o . In d e m A u t o sitzt eine m e h r k ö p f i g e Familie, die offensichtlich zu arm ist, als dass sie sich eine Ü b e r n a c h t u n g in d e m H o t e l leisten könnte. D i e M a n a g e r i n b e schließt, die Familie auf Kosten des Hauses unterzubringen. Sie lässt ein Z i m m e r herrichten u n d sogar ein Abendessen servieren. Es handelt sich dabei nicht u m das schönste aller n o c h freien Z i m m e r u n d nicht u m das leckerste aller n o c h verfügbaren G e r i c h t e — und insofern k ö n n t e man mit Slote sagen: D i e M a n a g e r i n

»may not display the optimizing benevolence that standard actconsequentialism would require, under the circumstances, but in ordinary moral terms she has done well enough by the family that is stranded and had no obligation to do any better. The example illustrates the possibility of a morally acceptable satisficing benevolence

ι .j

Der Charme des Schwellenmodells

21

that does not seek to optimize with respect to those benefited (or those affected) by one's actions.«6 Das klingt b e i m ersten H ö r e n

nicht nur ü b e r z e u g e n d ,

scheint auch, zumindest w e n n w i r a n n e h m e n ,

sondern

dass M o r a l

und

praktische V e r n u n f t gewisse Strukturähnlichkeiten aufweisen, v o n analogen Ü b e r l e g u n g e n in T h e o r i e n des rationalen

Entscheidens

gestützt z u w e r d e n . 7 H i e r ein klassisches Beispiel aus der Ö k o n o m i e , das H e r b e r t A . S i m o n diskutiert: »Let S represent possible prices for a house an individual is selling. He may regard $ 15,000 as an >acceptable< price, anything over this amount as >satisfactoryunsatisfactoryaspiration levelconsiders< or >perceives nicht erlaubt ist. Z w a r ist es a nicht geboten, 10 000 € oder mehr zu spenden. Doch obwohl es a nicht geboten ist, 10 000 € oder mehr zu spenden, wäre es falsch von ihr, statt 10 050 €. oder mehr »nur« genau 10000€

zu spenden — denn

der subjektive Nutzenverlust, den a durch 50 € erleidet, ist vernachlässigbar, der moralische Gewinn hingegen, den sie durch die 50 € erzielen kann, riesig. Weil a mit kaum nennenswertem Mehraufwand etwas weit Besseres tun könnte, ist fi+2

verboten. Die Erlaubnisbedin-

gung aber besagt, dass supererogatorische Handlungen keine verbotenen Handlungen sind, und also ist f¡+2

nicht supererogatorisch. 16

von niemandem bestritten - außer von Witschen, der Erlaubtheit mit Indifferenz verwechselt (1999, S. 505). 16 Dass fi+2 verboten ist, gilt nicht aus begrifflichen Gründen. Es ist eine Intuition, und die Intuition generiert zusammen mit der Erlaubnisbedingung, die selbst allerdings aus begrifflichen Gründen gilt, das Ergebnis, dass f¡+2 nicht supererogatorisch ist. Wie verbreitet ist die Intuition? Was f¡+2 so, wie sie hier beschrieben wurde, angeht, nämlich als eine Spende von 10 000 € zur Rettung von 101 Menschen, wird es wohl den einen oder anderen geben, der sie nicht teilt. Ich nehme jedoch an, dass viele mir darin zustimmen, dass beträchtliche moralische Verbesserungen, wo sie die Handelnde bloß ein Fingerschnippen kosten, Pflicht sind, und deshalb nehme ich auch an, dass viele mir darin zustimmen, dass zumindest eine Handlung wie fi+2 falsch ist. Verlassen werde ich mich darauf allerdings nicht - siehe im folgenden Abschnitt die Diskussion möglicher Einwände gegen die Intuition. Wie angekündigt (siehe S. 16), kommen wir auch an dieser Stelle auf das Komparative Schwellenmodell zurück. Es entgeht der vorstehenden Kritik ebenso wenig wie das absolute. Angenommen, die beste Handlung in Situation S1, das heißt /„, bestünde in der Rettung von 1 000 Menschen durch eine Spende von 50 000 €; und angenommen des Weiteren, es sei dem Komparativen Schwellenmodell zufolge in Situation S1 geboten, mindestens einen der Menschen zu retten, die in

ι .5

Einwände und Erwiderungen

29

Mit anderen Worten: Im Reich der Handlungen, die besser sind als das Mindestgebotene, hat die Handelnde nicht immer freie Wahl; es herrschen dort bedingte Gebote. Wenn a 10 000 € oder mehr spendet — was ihr selbst nicht geboten, sondern freigestellt ist! —, dann ist es

ihr allerdings geboten, auf die 10 000 € noch 50 € draufzulegen, gegeben, dass mit diesem geringen Mehraufwand von 50 € ein großer moralischer Gewinn erzielt wird. Kommt sie dieser bedingten Verpflichtung nicht nach, tut sie etwas, was falsch ist; sie fällt, wie wir sagen wollen, in ein Supererogations/oc/i. Supererogation lebt von einem Zusammenspiel zweier Faktoren: davon, wie viel moralisch auf dem Spiel steht, und davon, wie viel für die Handelnde auf dem Spiel steht. Dieses Zusammenspiel ist subtil: Eine prima facie tolle Handlung kann zugleich zu anstrengend sein, als dass sie geboten wäre, und zu schlecht, als dass sie erlaubt wäre.

1.5

Einwände und Erwiderungen

Wir rekapitulieren. Das Schwellenmodell, so hatten wir gesagt, ist inhaltlich unvollständig, weil es einen wichtigen Bestimmungsgrund des Supererogatorischen, nämlich die Mühen für die Handelnde, mindestens verschweigt, und es ist strukturell inadäquat, weil es Situationen wie S1 nicht gerecht wird. Eine dem Schwellenmodell entsprechende Theorie der Supererogation zwingt uns zu sagen, dass, wenn fi+\ supererogatorisch ist, so erst recht f¡+2- In Wirklichkeit ist aber fi+1 supererogatorisch und fi+2 verboten und folglich nicht supererogatorisch, so dass bei ß+ 2 ein Supererogationsloch klafft. Dass das Schwellenmodell strukturell inadäquat ist, stellt für uns den wichtigsten Grund dar, als Alternative das Format für Theorien der Supererogation vorzuschlagen. Wir tun deshalb im Folgenden

der besten Welt gerettet werden, und supererogatorisch, mehr als einen zu retten. Dann wäre es a geboten, mindestens 50 € spenden. Jede Spende, die die Spende von 50 € übersteigt, wäre dagegen supererogatorisch. Also wäre auch die Spende von genau 10 000 € supererogatorisch, und das obwohl a mit nur 50 € mehr etwas weit Besseres tun könnte.

30

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

unser Möglichstes, das Problem u n d seinen Charakter genauer zu b e leuchten. Z u dem Z w e c k diskutieren wir eine R e i h e von E i n w ä n den. Die Einwände melden Zweifel daran an, dass wir Situation S1 richtig beschrieben oder bewertet haben (Einwände 5 bis 10); dass wir, w e n n wir Situation S l richtig beschrieben u n d bewertet haben, in unserer Welt oder unabhängig von bestimmten materialethischen Voraussetzungen Analoga zu ihr finden k ö n n e n (Einwände χ und 2); oder dass wir Situation 51 innerhalb des Schwellenmodells nicht angemessen behandeln k ö n n e n (Einwände 3 und 4). Aus der R e i h e fällt Einwand 11. Er bezweifelt nicht, dass unsere bisherigen Überlegungen korrekt sind, sondern fragt, ob wir sie konsequent zu Ende geführt haben. Ein Proto-Einwand bezieht sich auf die Wahl der Zahlen in Situation S l . Meint jemand, dass es geboten und nicht etwa supererogatorisch ist, für die R e t t u n g schon eines einzigen Menschen 5 000 € zu spenden, so möge er in Gedanken die moralischen Gewinne durch die Bank niedriger ansetzen — etwa bei »b wird 1 schmerzvoller Tag erspart (oder 100 oder 101 oder 200)«. U n d meint jemand, dass es nicht geboten ist, für die R e t t u n g eines Menschen auch nur 50 € zu spenden, so möge er in Gedanken die Spendenbeträge herabsetzen - etwa auf 5 € (oder 500 € oder 1 000 € oder 1 005 €). Es geht hier nicht u m die Wahl der Zahlen; es geht hier darum, dass u n ter den Handlungen, die besser sind als das Mindestgebotene, eine einen großen Verlust für die Handelnde und einen großen Gewinn für die Moral bringt u n d von zwei noch besseren gilt: die erste bringt einen noch weit größeren Verlust für die Handelnde, aber nur einen kleinen zusätzlichen G e w i n n für die Moral, u n d die zweite bringt, verglichen mit der ersten, einen kleinen zusätzlichen Verlust für die Handelnde, aber einen n o c h weit größeren Gewinn für die Moral. Innerhalb dieser Struktur k ö n n e n die Zahlen beliebig variieren.

1.5.1

Erster Einwand: unrealistisch

Z u den echten Einwänden. Der erste kritisiert die Wahl von Situation S l . Situation S l sei ausgefallen, nicht von unserer Welt, u n d

ι.j

Einwände und Erwiderungen

31

b l o ß m ö g l i c h e Situationen mit b l o ß m ö g l i c h e n Supererogationslöchern müssten uns, w e n n w i r Ethik treiben, nicht plagen. Antwort. S1 ist ausgefallen. W i r machen uns in ihr eine Nichtlinearität z u N u t z e , die uns i m wirklichen L e b e n so gut w i e nie b e g e g n e n dürfte: dass a nämlich durch die Spende v o n 10 000 € zwar das L e ben v o n 101 M e n s c h e n retten w ü r d e , durch die Spende v o n 10050 c aber das L e b e n v o n 200 M e n s c h e n . Begreifen w i r S1 darüber hinaus als eine Situation, in der die Handelnde weiß, w i e viele M e n s c h e n sie durch ihre j e w e i l i g e n Spenden retten w ü r d e , erscheint sie sogar n o c h ausgefallener. D e n n i m wirklichen L e b e n haben w i r j a oft nur Wahrscheinlichkeitsannahmen darüber, was infolge welcher unserer Handlungen der Fall sein wird, und mitunter nicht einmal das. 1 7 Dass Situation S 1 selbst ausgefallen ist, heißt j e d o c h nicht, dass sich in unserer Welt keine Analoga zu ihr finden lassen. Solche A n a loga lassen sich zumindest der Struktur nach finden: Situationen, in denen prima facie verdienstliche Handlungen mit der Pflicht einhergehen, bei g e r i n g e m M e h r a u f w a n d etwas w e i t Besseres zu tun. M a n denke etwa an eine Person, die viele Stunden in der W o c h e ehrenamtlich für eine Hilfsorgansiation arbeitet, die einen erheblichen Teil der Spendengelder in ihre Selbstverwaltung steckt — statt ein für alle M a l e umzudisponieren und in gleichem U m f a n g fur eine andere Hilfsorganisation tätig zu werden, die ebendas nicht tut. O d e r man denke an ein wohlhabendes Ehepaar, das mit einem fixen Betrag die Patenschaft für ein notleidendes K i n d ü b e r n i m m t , o b w o h l das K i n d mit e i n e m g e r i n g f ü g i g höheren Betrag weit besser gefordert werden könnte. O d e r man denke an ein Wirtschaftsunternehmen, das eine signifikante S u m m e Geldes für den Unterhalt eines Jugendheims zur Verfügung stellt, w o h l wissend, dass damit die entscheidende B A T Stelle für den Sozialarbeiter nicht finanziert werden kann.

17 Es liegt nahe, Situation 51 so zu begreifen, weil wir, wie wir die M e n g e 'W der in ihr h e r b e i f u h r b a r e n Welten charakterisiert haben u n d nutzen, auf d e m W e g von deren B e w e r t u n g z u m normativen Urteil die U b e r z e u g u n g e n u n d Absichten von a ausblenden — siehe dazu die B e m e r k u n g zur W e r t f u n k t i o n u auf Seite 12. Dass wir sie auf diesem W e g ausblenden, heißt j e d o c h nicht, dass w i r a Allwissenheit unterstellen.

32

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

Ich verzichte darauf, weitere Analoga aufzulisten. Jede v o n uns k ö n n t e leicht D u t z e n d e beibringen, die den vorgebrachten ähneln, auch w e n n uns unsere unterschiedlichen moralischen U b e r z e u g u n gen vermutlich zu unterschiedlichen Analoga greifen ließen. 1 8 W e n n es in unserer Welt überhaupt Supererogation gibt, dann gibt es in unserer Welt auch Supererogationslöcher.

1.5.2

Z w e i t e r Einwand: konsequentialistisch

D e r zweite E i n w a n d bestreitet nicht unbedingt, dass es in unserer Welt Supererogationslöcher gibt, sondern dass es sie unabhängig v o m Konsequentialismus gibt. Er lautet: »So w i e der Konsequentialismus der Beschreibung u n d der B e w e r t u n g v o n Situation S 1 ins Gesicht geschrieben ist, wird er auch j e d e r anderen Situation, in der w i r ein Supererogationsloch entdecken, ins Gesicht geschrieben sein. A l s o verdankt sich die E n t d e c k u n g der Supererogationslöcher d e m K o n sequentialismus . « Antwort. W i r müssen mindestens z w e i Lesarten v o n »Konsequentialismus« unterscheiden. In der ersten Lesart ist der A u s d r u c k durch ein O p t i m i e r u n g s g e b o t definiert oder wenigstens mit definiert: W i r sind stets angehalten, eine der besten aller m ö g l i c h e n Welten herbeizuführen. N u n schließt ein solches O p t i m i e r u n g s g e b o t die Existenz

18 Alle Analoga, die uns einfallen könnten, dürften Folgefragen aufwerfen. So ließe sich gegen die drei genannten etwa einwenden: Wer sagt uns, dass das Wirtschaftsunternehmen für den Unterhalt eines Jugendheims nicht deshalb eine etwas »zu niedrige« Summe zur Verfugung stellt, weil es so die Stadt auf deren Verantwortung hinweisen möchte? Wer sagt uns, dass das wohlhabende Ehepaar die Differenz zwischen der niedrigeren und der höheren Patenschaft nicht einem anderen guten Zweck zuführt? Und wer sagt uns, dass die Person, die viele Stunden in der Woche ehrenamtlich fur eine »ineffiziente« Hilfsorgansation arbeitet, selbiges nicht deshalb tut, weil sie starke Affinitäten gerade zu dieser Hilfsorganisation und keiner anderen hat? — Gewiss, dergleichen geschieht. Es geschieht aber auch, dass mit prima facie verdienstlichen Handlungen Pflichten verknüpft sind. U n d wenn es geschieht, dass mit prima facie verdienstlichen Handlungen Pflichten verknüpft sind, dann gibt es in unserer Welt auch Analoga zu Situation 51.

ι.5

Einwände und Erwiderungen

33

von supererogatorischen Handlungen von vornherein aus. Die Entdeckung der Supererogationslöcher setzt dagegen die Existenz von supererogatorischen Handlungen voraus. Also verdankt sich die Entdeckung der Supererogationslöcher gewiss nicht dem Konsequentialismus in der ersten Lesart. In der zweiten Lesart meint »Konsequentialismus« die These, dass sich die moralische Qualität von Handlungen allein nach der moralischen Qualität ihrer Resultate richtet, also allein nach der moralischen Qualität derjenigen Tatsachen, die zeitlich oder kausal »stromabwärts« von den Handlungen liegen. Doch auch in dieser Lesart verdankt sich die Entdeckung der Supererogationslöcher nicht dem Konsequentialismus. Denn wir können uns eine Ethik vorstellen, die den möglichen Welten in einer S1 strukturell verwandten Situation dieselben moralischen Werte zuweist wie in 51, diese moralischen Werte aber nicht davon abhängig macht, was infolge der Handlungen geschieht — sondern etwa von den Absichten, die die Handelnde hegt, von den Maximen, denen die Handlungen gehorchen, oder von den Tugenden und Lastern, die sich ihn ihnen manifestieren. Dies geht aus der Bemerkung über unsere Verwendung einer Wertfunktion u auf Seite 12 hervor. Gibt es weitere Lesarten von »Konsequentialismus«? Keine lässt sich daraus schmieden, dass wir überhaupt Wertprädikate auf Handlungen anwenden: siehe dazu ebenfalls die Bemerkung auf Seite 12. Andernfalls würde, da supererogatorische Handlungen unkontroverserweise in etwa solche sind, die in Richtung des Besseren über das Gebotene hinausgehen, schon die Existenz supererogatorischer Handlungen den Konsequentialismus voraussetzen, eine These, die so entlegen wäre, dass sie als reductio des Einwandes gewertet werden dürfte. Und schließlich ergibt sich auch keine weitere Lesart von »Konsequentialismus« daraus, dass sich die Bewertung von Handlungen an den Werten der möglichen Welten orientiert. Diese Orientierung ist bei uns eine reine Formalität und präjudiziert nichts pro oder kontra Konsequentialismus: siehe wiederum Seite 12. Insgesamt verdankt sich die Entdeckung der Supererogationslöcher also nicht dem Konsequentialismus.

ι

34

1.5.3

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit Dritter Einwand: reparabel auf die eine Weise

Der dritte und der vierte Einwand fragen nicht, ob oder unter welchen materialethischen Voraussetzungen es Situationen wie S 1 gibt; sie versuchen vielmehr, innerhalb des Schwellenmodells mit ihnen fertig zu werden. Der dritte Einwand besagt: »Wenn wir es mit Situationen wie S 1 zu tun haben, sprich mit Situationen, in denen die Anforderungen an die Handelnde abwechselnd mal in großen, mal in kleinen Schritten und die moralischen Gewinne genau umgekehrt abwechselnd mal in kleinen, mal in großen Schritten steigen, müssen wir einfach die Supererogationsschwelle verschieben — nämlich dorthin, w o dieses Hin und Her aufhört.« Antwort. Erstens lassen sich Situationen vorstellen, in denen dieser Vorschlag nicht greifen kann, Situationen nämlich, in denen die Handelnde unendlich viele Handlungsmöglichkeiten hat und die Anforderungen an die Handelnde immerfort abwechselnd mal in großen, mal in kleinen Schritten und die moralischen Gewinne immerfort genau umgekehrt abwechselnd mal in kleinen, mal in großen Schritten steigen. Zweitens sind wir mit der Prämisse gestartet, dass f¡+\ eine Handlung ist, die wir als supererogatorisch bezeichnen wollen, und zwar deshalb, weil 1 der Handelnden a für die Moral tatsächlich viel zumutet. Wie könnte das, was wir anschließend über das Supererogationsloch bei fi+2 gesagt haben, ein Argument dafür abgeben, diese Prämisse aufzugeben? f¡+1 bleibt ein großes Opfer, und weil f¡+\ ein großes Opfer bleibt, sollte es auch dabei bleiben, dass die Supererogationsschwelle unter fi+\ liegt. Eine Verschiebung der Schwelle würde nur dazu führen, dass wir nicht mehr sagen können, was wir sagen wollen, dass nämlich f i + \ tatsächlich supererogatorisch ist. Die Kritik am Schwellenmodell lautet nicht, dass es uns darauf festlegt, f¡+2 als supererogatorisch und daher als erlaubt zu bezeichnen. Gewiss können wir die Supererogationsschwelle so verschieben, dass fi+2 unter sie rutscht. Wenn wir zu diesem Mittel greifen, zwingt uns das Schwellenmodell jedoch, auch f¡+\ für nichtsupererogatorisch zu erklären, und genau das wollen wir, ex hypothesi, nicht. Das

ΐ·5

Einwände und Erwiderungen

35

Schwellenmodell gestattet es uns also nicht, beides zu sagen: dass ft+\ supererogatorisch ist und dass f¡+2 nicht supererogatorisch ist. Deshalb ist es strukturell inadäquat. Spätestens an dieser Stelle dürfte augenfällig geworden sein, wie simpel das Muster ist, nach dem sich Gegenbeispiele zum Schwellenmodell stricken lassen. Man beginne mit einer behebigen Handlung f¡+1, die man als supererogatorisch bezeichnen will, und fuge zwei bessere Handlungen, f¡+2 und f¡+3, so hinzu, dass f¡+2 wegen der nur geringfügig anstrengenderen, aber weit besseren Alternative _/¡+3 eine Handlung ist, die man für nicht erlaubt und also auch für nicht supererogatorisch hält — und fertig ist das Gegenbeispiel. Denn mit dem Schwellenmodell muss man sagen, was man nicht sagen wollte: dass entweder f¡+ \ letztlich doch nicht supererogatorisch oder fi+2 ebenfalls supererogatorisch und also auch erlaubt ist.

1.5.4

Vierter Einwand: reparabel auf die andere Weise

Der vierte Einwand versucht das Schwellenmodell zu retten, indem es dessen zwei Schwächen auf die von uns als vergleichsweise harmlos bezeichnete erste Schwäche reduziert. »Inhaltliche Unvollständigkeit und strukturelle Inadäquatheit laufen auf denselben Vorwurf hinaus: Das Schwellenmodell ist nicht in der Lage, die Mühen für die Handelnde angemessen zu berücksichtigen. Doch es ist dazu in der Lage. Denn dass in der offiziellen Charakterisierung des Modells und der Schwelle bloß von den moralischen Werten der Welten die Rede ist, schließt ja, wie in Abschnitt 1.2 ausdrücklich zugestanden wurde, nicht die Möglichkeit aus, dass deren Wahl auch von den Mühen für die Handelnde abhängt.« Antwort. Wir plädieren nicht für eine bestimmte Zählung der Schwächen. Wem es beliebt, sie zum Beispiel durch »und« zu einer zu verschweißen, der möge das tun. Der entscheidende Punkt bleibt. Das Schwellenmodell hat ein Problem, das über das Verschweigen einer der Bestimmungsgründe des Supererogatorischen hinausgeht. Egal wie sorgfältig seine Schwelle mit Blick sowohl auf die moralischen Werte

36

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

der Welten als auch auf die M ü h e n für die Handelnde gewählt w i r d — w e n n die M ü h e n für die Handelnde abwechselnd mal in großen, mal in kleinen Schritten und die moralischen G e w i n n e genau u m g e k e h r t abwechselnd mal in kleinen, mal in g r o ß e n Schritten steigen, k ö n n e n über der Schwelle Supererogationslöcher klaffen. 1 9 Es gibt keine Vervollständigung des Schwellenmodells, die diesen L ö c h e r n R e c h n u n g trägt; das Schwellenmodell muss ersetzt werden, und zwar durch ein M o d e l l , das der Form v o n Supererogation besser gerecht wird.

1.5.5

Fünfter Einwand: z w e i Situationen

D e r fünfte E i n w a n d richtet sich g e g e n unsere Beschreibung v o n Situation S 1 . Er lautet: Hinter Situation S1 verbergen sich i m G r u n d e zwei. In Situation S1 ist es a geboten, mindestens 50 € zu spenden, u n d sie tut etwas Supererogatorisches, w e n n sie m e h r als 50 € spendet. Spendet sie genau 10 000 €, so schafft sie eine neue Situation, sagen wir, S1 *. In dieser Folgesituation S1 * ist es a w i e d e r u m geboten, mindestens 50 € zu spenden, und sie tut etwas Supererogatorisches, w e n n sie m e h r als 50 € spendet. D o c h aus dieser deontischen G e m e n gelage folgt nicht, dass es a bereits in Situation S1 geboten ist, w e n n mindestens i o o o o € , dann auch mindestens 10 050 € z u spenden. 2 0

19 W e n n w i r die Schwelle dorthin verschieben, w o dieses A b w e c h s e l n aufhört, k ö n nen über ihr evidentermaßen keine Supererogationslöcher klaffen. Dass dies j e d o c h nicht generell der A u s w e g sein kann, hat unsere A n t w o r t auf den dritten E i n w a n d gezeigt. 20 D i e s e n E i n w a n d verdanke ich gleich mehreren Personen. A m deutlichsten hat ihn, neben Jürgen E n g f e r u n d Pirmin Stekeler-Weithofer, Jan C . Joerden formuliert (private Korrespondenz): »Wenn a [ . . . ] 1 0 0 0 0 € spendet, ist n u n m e h r ein Zustand der Welt erreicht, in d e m das G e b o t gilt: Spende 50 € , u m χ M e n s c h e n zu retten! [ . . . ] Nur g e g e n letzteres G e b o t verstößt a, w e n n sie nicht 10 050 € spendet; so w i e in der mit 10 000 € angereicherten Welt auch j e d e r D r i t t e g e g e n dieses G e b o t verstoßen würde. N i c h t zutreffend erscheint mir indes, daraus den Schluss zu ziehen, dass n u n m e h r die Spende von nur 10 000 € verboten wäre. N e i n , sie bleibt supererogatorisch — es geht nur n o c h u m den Verstoß g e g e n das G e b o t , 50 € in der i n z w i s c h e n >veränderten< Welt zu spenden. Das System der G e b o t e u n d Verbote rückt also gleichsam dynamisch d e m Handeln und der dadurch veränderten W e l t hinterher.«

1.5

Einwände und Erwiderungen

37

Antwort. Der Einwand übersieht, dass es Situationen geben könnte, die sich nicht in der vorgeschlagenen Weise aufteilen lassen, Situationen, in denen a nur genau einmal die Möglichkeit hat, einen bestimmten Betrag zu spenden, nämlich 50 € oder 5 000 € oder 10 000 € oder 10 050 € oder wie viel auch immer. Mit diesem Hinweis ist der Einwand bereits ausgeräumt. Doch gehen wir der Diskussion zuüebe einer These nach, die hinter dem Einwand stehen könnte, der These nämlich, dass a einerseits, wenn sie genau 10 000 € gespendet hat, in der dadurch entstehenden Folgesituation S l * die Pflicht hat, mindestens 50 € zu spenden, und dass a andererseits in der »ungeteilten« Situation S l nicht die Pflicht hat, wenn mindestens i o o o o € , dann auch mindestens 10 050 € zu spenden. Der ersten Hälfte der These (dass a, wenn sie genau 10 000 € gespendet hat, in der dadurch entstehenden Folgesituation S l * die Pflicht hat, mindestens 50 € zu spenden) können wir vorbehaltlos zustimmen, der zweiten Hälfte hingegen nicht. Sie leugnet schlicht, was wir versuchen plausibel zu machen: dass nämlich in Situation S l ein Supererogationsloch klafft. Allerdings tut sie auch keinen Deut mehr; sie liefert keinen Grund für dieses Leugnen. Zudem überrascht die Asymmetrie, die zwischen der ersten und der zweiten Hälfte der These herrscht. Wenn es a zu einem Zeitpunkt Í2 geboten ist, mindestens 50 € zu spenden, nachdem sie zu einem früheren Zeitpunkt (1 bereits genau 10 000 € gespendet hat, wie könnte sie dann, wenn bei sonst gleichen Parametern nur ein Zeitpunkt t im Spiel ist, nicht die Pflicht haben, zu t, wenn mindestens i o o o o € , dann auch mindestens 10 050 € zu spenden? Das reine Wann eines Geschehens sollte fiir seine moralische Beurteilung kaum einen Unterschied machen.

1.5.6

Sechster Einwand: auf der schiefen Bahn

Der sechste Einwand nimmt Anstoß an einer Eigenschaft von Situation S l , die im Vorbeigehen erwähnt worden ist, dass nämlich oberhalb von j i + 3 die Anstrengungen, die die Handelnde auf sich nehmen

38

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

muss, um weitere moralische Verbesserungen zu erzielen, von Handlung zu Handlung erheblich steigen. In Fällen, in denen das nicht so ist, in Fällen also, in denen die Handelnde oberhalb von f ¡ + $ fur zahlreiche moralische Gewinne, von denen ein jeder riesig ist, etwa nur weitere 50 € opfern muss, scheinen wir mit den hier verfochtenen Thesen auf die schiefe Bahn zu geraten. Dass es a, wenn sie etwas tut, was mindestens so gut ist wie f¡+2, auch geboten ist, etwas zu tun, was mindestens so gut ist wie f¡+3 — diese Art von Überlegung kann dann nämlich viele Male iteriert werden. Die bedingten Pflichten akkumulieren sich, und schließlich landen wir dabei, dass es a für ein sehr hohes n, wenn sie etwas tut, was mindestens so gut ist wie f¡+2, geboten ist, etwas zu tun, was mindestens so gut ist wie f¡+„. Von j e den 50 € , die die Handelnde drauflegen muss, gilt, dass diese 50 € den Kohl nicht fett machen; doch hier 50 € und da 50 € ergeben vielleicht bald eine Summe, die der Handelnden nicht mehr zuzumuten ist. Wollen wir wirklich sagen, dass a, wenn sie bloß willens ist, den Leidensweg zu betreten, auch die Pflicht hat, ihn bis zum bitteren Ende zu gehen? U n d wenn ja, warum sollten wir dann überhaupt zum Institut der Supererogation greifen? Dessen Aufgabe ist es doch gerade, die Handelnde vor den Uberforderungen durch die Moral zu schützen! Antwort. Das Problem sieht zunächst noch ernster aus, als der Einwand verlauten lässt. Man stelle sich eine Situation vor, in der es unendlich viele mögliche Handlungen gibt und in der von jeder dieser Handlungen gilt, dass sie der Handelnden a fur einen riesigen moralischen Erlös nur minimal mehr abverlangt als ihre nächstschlechtere Alternative — eine Steilhang-Situation sozusagen, wie sie in Abbildung 1.4 dargestellt ist. In Situation S1 konnte sich a guten Gewissens damit begnügen, fi oder, sollte sie supererogatorisch gestimmt gewesen sein, fl+\ zu tun. In einer Steilhang-Situation dagegen scheint es, wenn unsere bisherigen Überlegungen korrekt sind (»es ist a geboten, dass sie, wenn sie etwas tut, was mindestens so gut ist wie f¡+2, etwas tut, was mindestens so gut ist wie f,+i«), keine Handlung zu geben, die auch nur erlaubt, geschweige denn supererogatorisch wäre. Denn zu

ι.5

Einwände und Erwiderungen

39



Werte, die die Welten für die Handelnde a haben

Abbildung 1.4: Eine Steilhang-Situation

jeder Handlung gibt es, egal wie gut sie ist, eine weit bessere und für die Handelnde kaum anstrengendere Alternative — müsste demnach nicht der Vollzug einer jeden Handlung verboten sein?21 W i r scheinen vor einem Dilemma zu stehen. Entweder ziehen wir die These zurück, dass in Situation S1 die Handlung f i + 2 , weil ihre geringfügig anstrengendere Alternative f¡+3 weit bessere Konsequenzen zeitigt, verboten und also nicht supererogatorisch ist. Oder wir ziehen diese These nicht zurück und müssen dann offenbar in anderen Situationen (wie den soeben betrachteten) sagen, dass unanständig viel geboten oder alles verboten ist: in Situationen, die sich von S1 nur darin unterscheiden, dass a oberhalb von f¡+3 für zahlreiche moralische Gewinne, von denen ein jeder riesig ist, jeweils nur 21 Es bedarf übrigens nicht der Unendlichkeit, um das Problem der sich akkumulierenden Pflichten, wie es die modifizierte Situation 51 aufwirft, zunächst noch ernster aussehen zu lassen, als der Einwand selbst es darstellt. Zwar gibt es in einer steilhangartigen Situation mit endlich vielen möglichen Handlungen immer mindestens eine, die erlaubt ist, nämlich die beste. Doch sie zu vollziehen, wäre, wenn der Einwand stimmte, Pflicht, so dass wiederum keine Handlung übrig bliebe, die über das Gebotene hinausgeht.

40

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Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

weitere 50 € opfern muss, dass unanständig viel geboten ist; und in Steilhang-Situationen mit unendlichen vielen Handlungen, dass jede Handlung, egal wie gut, verboten ist. Beide Optionen — die These, dass in Situation S 1 bei f¡+2 ein Supererogationsloch klafft, zurückzuziehen und die These nicht zurückzuziehen — erscheinen, gegeben, was wir uns damit einhandeln, gleichermaßen unattraktiv. Man könnte versucht sein, dem Dilemma auf simple Art zu entkommen. Diese simple Art besteht darin, fur bestimmte Situationen zuzugestehen, dass es einen Schwellenwert für die Belastungen der Handelnden gibt. Wenn a bereits viel in die Moral investiert hat oder aus anderen Gründen schon schlecht dran ist, gibt es, so die Idee, ab einem gewissen Punkt keine Mühe, und sei sie auch noch so klein, die ihr für einen moralischen Gewinn, und sei er auch noch so groß, zusätzlich abverlangt werden dürfte. So vorzugehen hat jedoch mindestens einen Nachteil. Der m o dale R a u m ist groß, und entsetzliche Dinge geschehen in ihm. Wir können uns, egal wie schlecht die Handelnde dran ist, immer einen moralischen Erlös vorstellen, zum Beispiel die Verhinderung eines weiteren Holocausts, für den wir ihr eine zusätzliche kleine Bürde auferlegen wollen, zum Beispiel eine weitere Sekunde leichten Schmerzes. Eine Theorie der Supererogation, die einen Schwellenwert für die Belastungen der Handelnden anerkennt, würde uns das aber nicht gestatten. Wahrscheinlich ist der R u f nach einem Schwellenwert für die Belastungen der Handelnden, einem Schwellenwert, der keinesfalls überschritten werden darf, sogar ähnlich problematisch wie des Schwellenmodells R u f nach einem Schwellenwert für die Gewinne der Moral, einem anderen Schwellenwert, der keinesfalls überschritten werden muss. Genauso wie eine Welt nicht einfach »gul genug« ist, wenn weit bessere Welten mit geringem Mehraufwand realisiert werden können, ist auch ein Opfer nicht einfach »groß genug«, wenn weit bessere Welten mit geringem Mehraufwand realisiert werden können. In beiden Fällen scheint unterschätzt zu werden, wie komplex die Relationen zwischen der moralischen Qualität der Welten einerseits und den individuellen Opfern andererseits sein können; in beiden Fällen scheint das Verlangen nach kategorischen

ΐ·5

Einwände und Erwiderungen

41

Lösungen, das Verlangen, festen Boden unter den Füßen zu haben, unberechtigterweise den Sieg davonzutragen. Mit einem Schwellenwert für die Belastungen der Handelnden sollten wir dem Dilemma also nicht zu entkommen suchen. Doch womit dann? Führen wir uns noch einmal vor Augen, dass es bei Supererogation darum geht, der Handelnden als Handelnder Rabatt zu gewähren. Bei einem einfachen Rabatt braucht es aber nicht zu bleiben. Wer mag, der kann der Handelnden darüber hinaus Mengenrabatt gewähren, einen zusätzlichen Rabatt in dem Fall, dass sie bereits viel getan oder erlitten hat. Wer mag, der kann also der Handelnden fur den gleichen moralischen Erlös umso weniger zusätzliche Verpflichtungen aufladen, j e schlechter die Handelnde schon dran ist resp. j e mehr sie bereits investiert hat. In Situation S 1 könnte dies etwa zur Konsequenz haben, dass es der Handelnden geboten ist, einerseits, wenn sie mindestens 10 000 € spendet, noch 50 € und andererseits, wenn sie mindestens 15 000 € spendet, nur noch 25 € draufzulegen. Gegen Mengenrabatt gibt es, genauso wie gegen Rabatt, nichts einzuwenden. Zwar können sich mit Mengenrabatt die bedingten Pflichten weiterhin akkumulieren, doch sie akkumulieren sich immer langsamer. Insofern ist Mengenrabatt ein Ausweg aus dem D i lemma, und zwar, wie ich glaube, der, den wir einschlagen sollten. Doch auch ein Schwellenwert für die Belastungen der Handelnden stellt einen immerhin diskutablen Ausweg dar. Der Einwand ist damit beantwortet. Das Format für Theorien der Supererogation wird in Kapitel 2 so formuliert werden, dass es sowohl Theorien mit M e n genrabatt als auch Theorien mit einem Schwellenwert für die Belastungen der Handelnden eine Heimat bietet.

1.5.7

Siebter Einwand: über das Gebotene hinaus

Die vier folgenden Einwände beziehen sich alle auf den moralischen Status der Handlung fi+2· »Von der Handlung ^+2«, so der siebte Einwand, »wird behauptet, dass sie nicht über das Gebotene hinausgeht. Aber das stimmt nicht, f¡+2 geht über das Gebotene hinaus. Denn

42

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

w e n n schon fi+1 über das Gebotene hinausgeht, dann erst recht fi+2, denn f¡+2 rettet ein Menschenleben mehr, als Ji+\ es tut. Also ist f¡+2 auch nicht falsch.« Antwort. In einem Sinne geht aus. fi+2

ist besser als fi+1,

2 tatsächlich über das Gebotene hin-

und da schon fi+\

besser ist als das, was

mindestens von a verlangt werden kann, gilt dasselbe erst recht für fi+2- In einem anderen Sinne geht fi+2 j e d o c h nicht über das G e b o tene hinaus. fi+2 erfüllt nicht alle Gebote, die in Situation S1 in Kraft sind. Es ist a geboten, w e n n fi+2

oder etwas Besseres, dann auch wirklich

etwas Besseres zu tun, nämlich mindestens f¡+3. Dieses bedingte G e b o t ist verletzt, wenn a fi+2 tut. D e r Ausdruck »über das Gebotene hinausgehen« ist also ambig, so dass möglicherweise von ein und derselben Handlung, siehe in unserem Fall fi+2, gilt: Sie geht über das Gebotene hinaus in der ersten Bedeutung (sie ist besser als das Mindestgebotene) und sie geht nicht über das Gebotene hinaus in der zweiten Bedeutung (weil sie es bereits versäumt, alle moralischen Gebote, die in Kraft sind, einschließlich der bedingten, zu erfüllen). U n d dass eine Handlung in der zweiten Bedeutung nicht über das Gebotene hinausgeht, indem sie nämlich sogar ein G e b o t verletzt, reicht, u m sie insgesamt zu einer falschen Handlung zu machen. 2 2

1.5.8

Achter Einwand: nicht verboten

D e r achte Einwand lautet: Selbst w e n n der Ausdruck »über das G e botene hinausgehen« ambig und die Handlung f¡+2, weil sie nicht alle moralischen Gebote erfüllt, falsch sein sollte — verboten ist sie nicht. D e n n w e n n sie verboten wäre, fiele sie in dieselbe deontische Kategorie wie Handlungen, die schlechter sind als f¡. Sie fiele also in dieselbe deontische Kategorie w i e etwa der Verzicht aufj e d w e d e Spende. Das 22 Supererogatorische Handlungen dispensieren uns also, anders als Francis M . K a m m (1985) glaubt, niemals von unseren Pflichten, zumindest niemals von unseren Allesin-allem-Pflichten. Siehe dazu auch Abschnitt 1.5.9 dieses Buches sowie Kutschera (1998), S. I07f, und Hinsch (1998).

1.5

Einwände und Erwiderungen

43

aber leuchtet nicht ein. Wer genau 10 ooo € statt 10 050 € oder mehr spendet, der sollte nicht in einen Topf geworfen werden mit jemandem, der nichts spendet statt 50 € oder mehr. Also ist die Handlung Ji+2, auch wenn sie nicht alle moralischen Gebote erfüllt, nicht verboten. 23 Antwort. Wenn ich jemanden ohne Not und gegen seinen Willen kneife, tue ich etwas, was verboten ist; und wenn ich 100 Leute ohne Not und gegen ihren Willen töte, tue ich ebenfalls etwas, was verboten ist. Allerdings ist es weit schlimmer, 100 Leute zu töten als einen zu kneifen. Klassifikatorische Begriffe sind eben gegenüber manchen quantitativen Unterschieden blind. Deshalb heißen sie ja »klassifikatorisch«. Nehmen wir zum Beispiel »reich«. Unter diesen Begriff fallen der Otto-Normal-Millionär und Bill Gates, ohne dass damit etwas über den Unterschied zwischen den Reichtümern der beiden behauptet oder bestritten wäre. Bill Gates hat weit mehr Geld als der OttoNormal-Millionär. Doch müssen wir deswegen nicht aufhören, auch den Otto-Normal-Millionär reich zu nennen. Ahnliches gilt für die Handlungen, die schlechter sind als f ¡ , und j¡+2. Beide fallen in die Kategorie »verboten«, ohne dass damit etwas über den Wertunterschied zwischen ihnen behauptet oder bestritten wäre. 2 ist weit schlechter als f¡+2· Doch müssen wir deswegen nicht aufhören, auch fi+2 verboten zu nennen. Wer den klassifikatorischen Begriff »verboten« in einen komparativen überführen möchte, der möge dies tun. Wir können dann über eine Handlung sagen, dass sie »mehr«, »stärker« oder »in einem höheren Grade« verboten ist als eine andere.24 Und wenn wir das tun, sollten wir Handlung f¡_2 als »verbotener« denn Handlung f¡+2 bezeichnen. Trotzdem bliebe es dabei, dass beide Handlungen verboten sind. Handlung f¡+2 hört nicht auf, verboten zu sein, bloß weil f,-2 »verbotener« ist — genauso wenig, wie der Otto-Normal-Millionär nicht aufhört, reich zu sein, bloß weil Bill Gates reicher ist. 23

Ich verdanke diesen Einwand Eric Rakowski.

2 4 Dies zu tun schlägt Björn Eriksson (1997) tatsächlich vor. Siehe dazu Abschnitt 3.2.1 dieses Buches.

ι

44 1.5.9

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit Neunter Einwand: nur prima facie verboten

Der neunte Einwand rekurriert auf den Unterschied zwischen »prima facie verboten« und »alles in allem verboten«. Er lautet: »Es mag sein, dass die Handlung f ¡ + 2 in Situation S 1 aufgrund von /¿+3 verboten ist, doch sie ist in Situation S 1 gewiss nicht alles in allem verboten. Dass f i + 3 weit besser und bloß geringfügig anstrengender ist als _/¡+2> fuhrt höchstens zur Prima-facie-Verbotenheit von _/i+2> aber zu nichts Stärkerem. U n d solange f¡+2 in Situation S 1 nur prima facie verboten ist, verstößt sie nicht gegen die Erlaubnisbedingung. Denn die Erlaubnisbedingung besagt ja wohl, dass jede supererogatorische Handlung alles in allem erlaubt ist, und dass eine Handlung alles in allem erlaubt ist, schließt nicht die Möglichkeit aus, dass sie prima facie verboten ist.« Antwort. Es stimmt, dass die Alles-in-allem-Erlaubtheit von f¡+2 ihre Prima-facie-Verbotenheit nicht ausschlösse. Doch fl+2 ist in Situation S 1 nicht nur prima facie, sondern alles in allem verboten, und zwar deshalb, weil mit _/i+3, ohne dass es die Handelnde zusätzlich viel kostet, eine Welt herbeigeführt würde, die moralisch weit besser ist als w¡ + 2· Es ist der Handelnden in Situation S1 alles in allem geboten, dass sie, wenn sie etwas tut, was mindestens so gut ist wie f¡+2, etwas tut, was mindestens so gut ist wie _/¡+3, und dementsprechend ist etwas zu tun, was nicht besser ist als j ¡ + 2 , in Situation S1 alles in allem verboten. Also verstößt f¡+2 gegen die Erlaubnisbedingung, die in der Tat, wie der Einwand zutreffend behauptet, von Alles-in-allemErlaubtheit spricht. An dieser Stelle ist es vielleicht erhellend zu fragen, was ein Primafacie-Gebot daran hindern könnte, ein Alles-in-allem-Gebot zu werden. Die Antwort fällt in Kontexten, in denen Supererogation verhandelt wird, etwas anders aus als in anderen. In Kontexten, in denen Supererogation keine Rolle spielt, könnten allein konfligierende Prima-facie-Gebote, die zusammen stärker sind als das zur Debatte stehende Prima-facie-Gebot, selbiges daran hindern, ein Alles-inallem-Gebot zu werden. Wenn ich beispielsweise mit einer Studentin einen Termin verabredet habe, aber wenige Minuten zuvor erfahre,

1.5

Einwände

und

Erwiderungen

45

dass mein Bruder ins Krankenhaus gekommen ist, ist es mir zwar prima facie geboten, den Termin einzuhalten. Es ist mir aber prima facie auch geboten, mich um meinen kranken Bruder zu kümmern, und wenn dieses Gebot schwerer wiegt als das Gebot, den Termin einzuhalten, bin ich alles in allem aufgefordert, erst einmal ins Krankenhaus zu fahren, und nicht, den Termin einzuhalten.25 Auch in Kontexten, in denen Supererogation verhandelt wird, können konfligierende Prima-facie-Gebote, die zusammen stärker sind als das zur Debatte stehende Prima-facie-Gebot, selbiges daran hindern, ein Alles-in-allem-Gebot zu werden. Doch nicht allein sie. Es könnte auch die Tatsache sein, dass alle Handlungen, die besser sind als diejenigen, die das zur Debatte stehende Prima-facie-Gebot erfüllen, die Handelnde unangemessen belasten würden. In Situation S 1 , so müssen wir feststellen, ist jedoch keine der beiden Bedingungen erfüllt. Weder gibt es, wenn die Handelnde etwas tut, was mindestens so gut ist wie ji+2, ein konfluierendes Prima-facie-Gebot, das stärker ist als das Prima-facie-Gebot, nicht genau f¡+2 zu tun (denn gäbe es ein solches konfligierendes Prima-facie-Gebot, so wäre ja die Handlung f¡+3 nicht besser als [¡+2, was sie aber nach Voraussetzung ist). Noch ist es der Fall, dass alle Handlungen, die besser sind als f ¡ + 2 , die Handelnde, verglichen mit f¡+ 2, unangemessen belasten. Also ist es der Handelnden in Situation S1 alles in allem geboten, dass sie, wenn sie etwas tut, was mindestens so gut ist wie f¡+2, nicht genau fi+2

tut.

1.5.10

Zehnter Einwand: nur bedingt geboten

Der zehnte Einwand rekurriert auf den Unterschied zwischen bedingten und unbedingten Geboten. »Im Reich der prima facie supererogatorischen Handlungen gibt es«, so könnte jemand sagen, »tatsächlich bedingte Gebote der hier namhaft gemachten Art. Es ist a geboten, dass sie, wenn sie mindestens 10 000 € spendet, auch 10 050 € 25

U m mit einem Geistlichen zu sprechen, über den Hare (1981, S. 26) berichtet: »If you have conflicting duties, one of them isn't your duty«. Das gilt jedenfalls für Alles-in-allem-Pflichten.

46

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

oder mehr spendet. Insofern verletzt a, wenn sie genau 10 ooo € spendet, ein bedingtes Gebot, sie tut etwas bedingt Verbotenes. Aber auch nicht mehr als das; sie tut nichts unbedingt Verbotenes, sie verletzt kein unbedingtes Gebot.« Anders gesagt: Aus bedingten Geboten folgen keine unbedingten, und also folgt aus »es ist a geboten, dass sie, wenn sie mindestens io ooo € spendet, auch mindestens io 050 € spendet« nicht, dass es ihr geboten ist, will sagen, unkonditional geboten ist, nicht genau 10 000 € zu spenden. 26 Antwort. Bedingte Gebote sind eine knifflige Sache, und deshalb gibt es insgesamt drei mehr oder weniger kanonische Optionen, sie zu formalisieren. Für sie alle lässt sich in den Standardsystemen der Deontischen Logik zeigen, dass die genannte Folgerungsbeziehung gilt — siehe Anhang A dieses Buches. Erwiderung seitens des Einwenders. »Mag sein, dass es sich mit den Standardsystemen der Deontischen Logik so verhält. Doch das spricht nicht gegen den Einwand; es spricht gegen die Standardsysteme. Denn sie konfligieren mit unseren Intuitionen. Unsere Intuitionen sagen nämlich, dass aus >es ist a unter der Bedingung, dass sie mindestens 10 000 € spendet, geboten, mindestens 10 050 € zu spenden< nicht folgt, dass es a unkonditional verboten ist, genau 10 000 € zu spenden.« Antwort auf die Erwiderung. Was hier über unsere Intuitionen gesagt wird, stimmt nicht. Die Beweise in Anhang A bemühen nur drei Prinzipien, (*), (**) und (* * *). Diese Prinzipien besagen normalsprachlich: (*)

(**)

Wenn Β unter der Bedingung A geboten ist, so ist es verboten, die Bedingung und das unter ihr Verbotene herbeizufuhren. Ist Β verboten, so auch alles, aus dem Β logisch folgt.

26 Ich verdanke diesen Einwand Richard Raatzsch.

j.5

Einwände und Erwiderungen

47

(* * *) Ist Β geboten, so auch alles, was aus Β logisch folgt. Die Prinzipien (**) und (* * *) sind harmlos. Alles, was aus etwas Gebotenem logisch folgt, ist ebenfalls geboten, und alles, aus dem etwas Verbotenes logisch folgt, ist ebenfalls verboten — wer wollte das bestreiten?27 Z u prüfen bleibt also Prinzip (*): Wenn Β unter der Bedingung A geboten ist, so ist es verboten, die Bedingung und das unter ihr Verbotene herbeizuführen. Doch was heißt es, dass etwas unter bestimmten Bedingungen geboten ist? Eine nahe liegende Teilantwort ist sicher genau die, die Prinzip (*) gibt. Es heißt zumindest, dass es den Zustand, in dem zwar die Bedingung erfüllt ist, aber das, was unter ihr der Fall sein sollte, nicht der Fall ist, zu vermeiden gilt. Denn wenn es die Konjunktion aus der Bedingung und der Negation des unter ihr Gebotenen nicht zu vermeiden gilt, weshalb sollte dann das bedingte Gebot überhaupt in Kraft sein? Zur Illustration ein Beispiel, bei dem wir annehmen, dass das bedingte Gebot »du sollst, wenn du deinen Eltern versprochen hast, sie zu besuchen, selbiges auch tun« in Kraft und die Bedingung erfüllt ist: Du hast deinen Eltern versprochen, sie zu besuchen. Sicher hast du jetzt auch die Pflicht, eine mögliche Welt herbeizuführen, in der du deinen Eltern nicht nur versprochen hast, sie zu besuchen, sondern sie auch tatsächlich besuchst. Kommst du dieser bedingten Pflicht nicht nach, tust du etwas, was falsch ist, und du kannst dich anschließend nicht damit entschuldigen, dass es sich ja »bloß« um eine bedingte Pflicht gehandelt hat. Gegeben, dass du deinen Eltern versprochen hattest, sie zu besuchen, war es dir geboten, keine mögliche Welt herbeizuführen, in der du deinen Eltern zwar versprochen hast, sie zu besuchen, sie aber anschließend nicht besuchst. Die Bedingtheit eines Gebots beschränkt seinen Skopus: die Menge der Situatio27 Prinzip (* * *) hat die notorische Konsequenz, dass Tautologien geboten sind — aber selbst diese Konsequenz ist in dem Sinne harmlos, dass sie nichts mit dem hier verhandelten Problem zu tun hat. Die uns interessierenden Beweise ließen sich auch fuhren, wenn (* * *) so endete: »so auch alles, was aus Β logisch folgt und keine Tautologie ist«. Analoges gilt für Prinzip (**) und seine notorische Konsequenz, dass Kontradiktionen verboten sind.

48

ι

Das Schwellenmodell und seine

Untauglichkeit

Handlungen

Welten

moralische

(von a gespendeter Betrag in €)

(Anzahl der Geretteten)

Werte der Welten

gn

*

wn

u(u/„)

gi+3

(15 000)

U>i+1 (300)

»K+3)

gi+2

(10000)

Wi+2

(299)

u(wi+2)

gi+1

(5000)

U>i+1 (100)

*gi

— Wi —— W

— (50)

«(«"•+1) - u(w¡) -

gl

=*

H>2

u(w2)

gl

>

U>i

u(u>i)

Abbildung 1.5: Die Situation Τ1 nen, in denen es gilt. Sie beschränkt jedoch nicht seine normative Kraft. W o die Bedingungen der bedingten Gebote erfüllt sind, ist es auch geboten, zusätzlich zu der Bedingung das unter ihr Gebotene herbeizuführen. 28 Prinzip (*) ist also nicht Nebeneffekt der in dieser Hinsicht revidierenswerten logischen Systeme. Es ist, wie die Prinzipien (**) und (* * *) auch, vernünftig und intuitiv überzeugend.

1.5. Ii

Elfter Einwand: unvollständig

Der elfte Einwand unterscheidet sich von allen übrigen darin, dass er Zweifel nicht an der Korrektheit, sondern an der Vollständigkeit unserer bisherigen Überlegungen anmeldet. Er besagt: Wenn Supererogationslöcher, wie in Situation S l , dadurch entstehen können, 28 Siehe in diesem Zusammenhang auch die Antwort auf Einwand 5 in Abschnitt 1.5.5. — U m einem Missverständnis vorzubeugen: Wir schließen hier nicht von »B ist unter der Bedingung A geboten« und dem Erfulltsein der Bedingung A auf »B ist geboten«. Wohl schließen wir von »B ist unter der Bedingung A geboten« auf »es ist verboten, A und nicht Β herbeizuführen«. Z u all dem mehr in Anhang A.

1.5

Einwände und Erwiderungen

49

dass eine Handlung, die besser ist als eine supererogatorische, aufgrund einer weit besseren und fur die Handelnde kaum anstrengenderen Alternative nicht supererogatorisch ist, warum dann nicht auch dadurch, dass eine Handlung, die besser ist als eine supererogatorische, aufgrund einer kaum schlechteren und fur die Handelnde weit attraktiveren Alternative nicht supererogatorisch ist?29 Antwort. Führen wir uns eine einschlägige Variante von Situation S1, nämlich Situation Τ1, vor Augen — siehe Abbildung 1.5. So wie wir in Situation S1 gesagt haben, dass bei f¡ + 2 ein Supererogationsloch klafft, weil f¡+3 weit besser und fiir a kaum anstrengender ist als f¡+2, sollen wir dem Einwand zufolge auch in Situation T1 sagen, dass bei gi+3 ein Supererogationsloch klafft, weil g¡+2 kaum schlechter und für a weit attraktiver ist als g¡+3. Obwohl diese Symmetriethese zunächst überzeugend Idingen mag, sollten wir sie letztlich nicht unterschreiben. Dass sich die Handelnde im Reich der prima facie supererogatorischen Handlungen fur einen großen moralischen Gewinn nur wenig ins Zeug legen muss, kann ein Gebot generieren, selbiges auch zu tun. Dass sich die Handelnde im Reich der prima facie supererogatorischen Handlungen für einen kleinen moralischen Gewinn gewaltig ins Zeug legen muss, kann dagegen kein Verbot generieren, selbiges auch zu tun. Große moralische Erträge zu geringen Kosten für die Handelnde können die Supererogativität einer Handlung zunichte machen; kleine moralische Gewinne zu hohen Kosten werden sie dagegen noch befördern. Wir kehren in den Abschnitten 2.1 und 2.3.1 zu der letztgenannten Behauptung, dass kleine moralische Gewinne zu hohen Kosten die Supererogativität einer Handlung befördern, zurück. Hier brechen wir die Diskussion von Einwänden ab, von Einwänden vornehmlich gegen unsere These, dass a in Situation 51, obwohl es ihr nicht geboten ist, mindestens 5 000 € zu spenden, die Pflicht hat, wenn mindestens i o o o o € , dann auch mindestens 10050 c zu spenden — und blicken zurück. 29 Ich verdanke diesen Einwand Harald Wiese.

50

ι

Das Schwellenmodell und seine Untauglichkeit

1.6

Des ersten Kapitels Fazit

Im vorliegenden Kapitel haben wir das Schwellenmodell der Supererogation vorgestellt u n d geprüft; wir haben i h m neben inhaltlicher Unvollständigkeit vor allem strukturelle Inadäquatheit vorgeworfen; und wir haben gezeigt, dass alle Versuche, den zweiten Vorwurf zu entkräften, fehlschlagen. Supererogation hat demnach nicht i m m e r die Form, die das Schwellenmodell unterstellt. Es gibt nicht in allen Situationen, in denen es supererogatorische Handlungen gibt, eine Welt w dergestalt, dass es geboten ist, mindestens eine Welt mit dem moralischen Wert von w herbeizufuhren, u n d die Herbeiführung einer j e d e n Welt, deren moralischer Wert größer ist als der moralische Wert von w, supererogatorisch ist. W i r müssen uns deshalb nach einer Alternative zum Schwellenmodell umsehen, und zwar nach einer Alternative, die es uns z u m i n dest erlaubt, in manchen Situationen der Struktur von 51 von Supererogationslöchern zu sprechen. D e n n Supererogationslöcher gibt es. U n d auch wer das n o c h immer nicht glaubt, wird nach d e m h i n ter uns liegenden Disput einräumen müssen, dass zurechnungsfähige Menschen an sie glauben können. Daher sollte ein Format für T h e o r i e n der Supererogation die Möglichkeit, dass es, wenn Supererogation, dann auch Supererogationslöcher gibt, nicht ausschließen; es sollte zumindest offen sein für T h e o r i e n der Supererogation, die manchenorts Supererogationslöcher diagnostizieren.

Kapitel 2 Das Format fìir Theorien der Supererogation und seine Tauglichkeit Supererogation hat nicht immer die Form, die das Schwellenmodell unterstellt — das ist das Ergebnis, zu dem wir im vorangegangenen Kapitel gelangt sind. Im vorliegenden Kapitel schlagen wir als Alternative zum Schwellenmodell »Format« vor, das Format für Theorien der Supererogation. Wir beginnen noch einmal von vorne, nämlich mit der sorgfältigen Formulierung der Bestimmungsgründe des Supererogatorischen resp. der Faktoren, von denen Supererogation abhängt. Dabei blicken wir der Einfachheit halber erst auf Situationen, die sich so beschreiben lassen, als stünden einer Handelnden jeweils genau zwei Handlungen zur Auswahl. Für solche Situationen entwickeln wir das »Format für 2«. Das Format für 2 verallgemeinern wir zu dem »Ersten Provisorischen Format«, um daraus schließlich, via das »Zweite Provisorische Format«, das Format zu schmieden.1 Weiterhin lassen wir all jene Komplikationen vor der Tür, die wir auch bisher vor der Tür gelassen haben. Wir tun mit anderen Worten weiterhin so, als spiele das, was die Handelnde glaubt oder will, auf dem Weg von einer moralischen Bewertung der Handlungen zum normativen Urteil ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, ob es sich bei diesen Handlungen um ein (aktives) Tun oder ein (passives) Unterlassen handelt. Dass unsere Überlegungen dennoch stellenweise ι

M i t genau zwei Handlungen zu beginnen ist nicht neu. Auch Björn Eriksson entwickelt seine »Theorie der Grade von Falschheit« in einem ersten Schritt für zweielementige Handlungsmengen, um sie in einem zweiten Schritt auf n-elementige Handlungsmengen zu verallgemeinern. Seine Resultate sind allerdings andere siehe unten, Abschnitt 3.2.

-

2

52

Das Format

kompliziert werden, ist der Sache selbst geschuldet. Wie es aus berufenem Munde schon Vorjahren hieß: »Concepts of supererogation can be quite sophisticated.«2

2.1

Die Faktoren, von denen Supererogation abhängt

Von welchen Faktoren hängt Supererogation ab? Nach der Diskussion des Schwellenmodells wissen wir bereits: davon, wie viel moralisch auf dem Spiel steht, und davon, wie viel fur die Handelnde auf dem Spiel steht. Wie angekündigt bemühen wir uns zunächst um eine präzisere Formulierung dieser Faktoren. Zu dem Zweck betrachten wir eine Situation S2, wie sie im linken Drittel von Abbildung 2.1 dargestellt ist. In Situation S2 kann a entweder f , oder f j tun. Handlung f , so wollen wir sagen, würde zu der Welt w¡ mit dem moralischen Wert u(w,) und dem subjektiven Wert ua(w¡) fuhren, Handlung^ zu der Welt w} mit dem moralischen Wert u(wj) und dem subjektiven Wert ua(wj). Die subjektiven Werte sind die Werte, die f und f j resp. die durch f und f herbeigeführten Welten w, und wj fur a haben; 3 sie fangen ein, wie gut oder schlecht es fur a ist, f resp. f j zu tun, und werden jeweils von den beiden rechten der vertikalen Striche repräsentiert. Die moralischen Werte fangen ein, wie gut oder schlecht f resp. f ¡ moralisch sind und werden jeweils von den linken der beiden vertikalen Striche repräsentiert. Es stellen sich zwei Vorfragen. Die erste bezieht sich auf das Verhältnis, in dem die subjektiven und die moralischen Werte zueinander stehen. Es gibt zwei Möglichkeiten, die beide gleichermaßen abwegig erscheinen mögen. Entweder sind ua{w¡) und ua(wj) in u(w¡) und u(wj) eingeflossen. Dann, so könnte man sagen, ist es überflüssig, ua(w,) und ua(wj) extra aufzuführen — schließlich enthalten u(w¡) und 2

3

Fehige/Wessels (1998a), S. xxxiii. Zu den Komplikationen, die wir vor der Tür lassen, siehe Abschnitt 1.1 und zu den Komplikationen, die wir uns, indem wir die erstgenannten vor der Tür lassen, einhandeln, siehe Abschnitt 2.8. Was die Berechtigung des »respektive« angeht, so gelten mutatis mutandis die Erläuterungen zu unserer Verwendung einer Wertfunktion u: siehe Seite 12.

2. ι

Die

Faktoren

53

u(wj) ja alle moralisch relevanten Informationen. Oder ua(w¡) und ua(wj) sind in u(w¡) und u(wj) nicht eingeflossen. Dann, so könnte man sagen, ist die moralische Bewertung u inadäquat — schließlich gehört ja auch a zu den von ihren Handlungen betroffenen Parteien. Wie also haben wir uns das Verhältnis, in dem ¡) und «„(u^) gesondert auffuhren, und deshalb brauchen wir uns hier nicht den Kopf darüber zu zerbrechen, ob ua{w¡) und ua(wj) auch in u(wj) und u(wj) enthalten sind.4 Die zweite Vorfrage bezieht sich auf unsere Gestaltung von Situation S2: Warum konzentrieren wir uns auf einen Fall, in dem f j moralisch besser, aber fur a anstrengender ist als f¡? - Weil von Supererogation überhaupt nur da die Rede sein kann, wo eine moralische Verbesserung, oder zumindest die Aufrechterhaltung des moralischen Status quo, für die Handelnde nicht zum Nulltarif zu haben ist,5 ist Situation S2 für Studienzwecke so konzipiert, dass u(wj) größer ist als u(w¡), u a (wj) hingegen kleiner als u a (w t ). Die Beschränkung der Allgemeinheit, die wir uns dadurch erst einmal einhandeln, streifen wir, wenn wir das Format fiir 2 formulieren, wieder ab. 4

Dies ist, mit anderen Worten, kein Buch über die Konstituenten von u und u„, also von »so und so gut« und »so und so gut für«; dies ist ein Buch über einige Aspekte des Schrittes, der von Wertaussagen, wie sie in u und ua kodiert sind, also Aussagen mit Prädikaten wie »so und so gut« und »so und so gut für«, zu normativen Aussagen, also Aussagen mit Prädikaten wie »geboten« oder »supererogatorisch«, fuhrt.

5

Z u der Abschwächung »oder zumindest die Aufrechterhaltung des moralischen Status quo« siehe Abschnitt 2.2.2.

54

2

Das Format

Kommen wir zurück zu den Faktoren. Situation S2 erlaubt es uns, in einem ersten Schritt den Zusammenhang zwischen Supererogation und dem, was moralisch auf dem Spiel steht, wie folgt zu präzisieren. (Ai) Je kleiner der Abstand zwischen u(u>j) und u(w¡), desto eher sind wir geneigt, f j supererogatorisch zu nennen. Wenn a bei konstanter Anstrengung entweder einen kleinen oder einen großen moralischen Gewinn erwirtschaften kann, dann sind wir bei einem kleinen moralischen Gewinn eher geneigt, von Supererogation zu reden, als bei einem großen. Zur Illustration von (Al) ein Beispiel, das Situation S2 mit einer Situation S2' vergleicht - siehe jetzt auch das mittlere Drittel von Abbildung 2.1. In Situation 52' kann a, indem sie einen Wertverlust von 45 in Kauf nimmt, dafür sorgen, dass eine Welt mit dem moralischen Wert 900 statt einer Welt mit dem moralischen Wert 90 realisiert wird; in Situation S2 dagegen kann sie zum gleichen Preis nur dafür sorgen, dass eine Welt mit dem moralischen Wert 100 statt einer Welt mit dem moralischen Wert 90 realisiert wird. Die beiden Situationen unterscheiden sich nicht hinsichtlich der Frage, was für a auf dem Spiel steht. Sie hat sowohl in S2 als auch in S2' die Wahl zwischen einer Welt mit dem subjektiven Wert 5 und einer Welt mit dem subjektiven Wert 50. Es unterscheiden sich die beiden Situationen hingegen in der Frage, wie viel in ihnen moralisch auf dem Spiel steht. Die Differenz zwischen u(w'j) und u(w'¡) beträgt 810, die Differenz zwischen u(wj) und u(w¡) hingegen nur 10. Unsere These ist nun, dass f j in Situation S2 eher ein Kandidat für eine supererogatorische Handlung ist als /'• in Situation S2' — und zwar deshalb, weil bei gleichen Kosten für die Handelnde der Unterschied zwischen der besseren und der schlechteren Welt in Situation S2 klein und in Situation S2' groß ist. Wenn nicht beide Handlungen supererogatorisch sind, sondern bloß eine, entweder/, in S2 oder / ' in S2', dann die erstgenannte. Und genau das ist es, was (Al) zum Ausdruck bringt. 6 6

S2 und 52' sind wohlgemerkt getrennte Situationen, a steht in Situation S2 vor

2. ι

Die Faktoren

Situation S2

bessere, aber

Situation S2"

Situation S2'

bessere, aber anstrengendere Handlung

Handlung f¡

gendere Handlung fi

Welt w.

55

bessere, aber anstrengendere Handlung

Handlung /:

/; Welt w,

Welt w'¡

Handlung

Π

Welt w[

Welt w'¡

'Γ Welt w"

dp //

vT

>

//



Abbildung 2.1: Die Situationen S2, S2' und S2" Nun könnte man fragen: Gilt nicht genau umgekehrt, dass, wenn bloß eine der beiden Handlungen supererogatorisch ist, dann die letztgenannte? Geht nicht eine Handlung umso eher über das Gebotene hinaus, je besser sie ist? Und müsste dementsprechend nicht (Al) der Frage, ob sie, indem sie selbst einen Wertverlust in bestimmter Höhe in Kauf nimmt, einen kleinen moralischen Gewinn erwirtschaften soll, und sie steht in S2' vor der Frage, ob sie, indem sie selbst einen Wertverlust in bestimmter Höhe in Kauf nimmt, einen großen moralischen Gewinn erwirtschaften soll. Handelte es sich um eine Situation, stünde a also vor der Frage, ob sie, indem sie selbst einen Wertverlust in bestimmter Höhe in Kauf nimmt, entweder einen kleinen oder einen großen moralischen Gewinn erwirtschaften soll, würden wir bei einem kleinen moralischen Gewinn vielleicht aufhören, von Supererogation zu reden.

2

56

Das Format

besagen, dass wir, j e größer der Abstand zwischen u(wj) und u(w¡) ist, desto eher geneigt sind, f j supererogatorisch zu nennen? 7 Es gibt tatsächlich eine Verwendung von »supererogatorisch«, in der f j umso eher supererogatorisch ist, j e größer ihr eigener moralischer Wert und j e kleiner der moralische Wert von f ¡ ist. Es ist die, die auch dem Schwellenmodell zugrunde liegt und uns nötigt, jede Handlung, die besser ist als eine supererogatorische, ebenfalls als supererogatorisch zu bezeichnen. Da wir hier die Möglichkeit schaffen wollen, von manch einer Handlung, die besser ist als eine supererogatorische, nicht zu sagen, dass sie ebenfalls supererogatorisch ist, sollten wir zu einer anderen Verwendung greifen. In dieser anderen Verwendung bezieht sich »supererogatorisch« auf das subtile Zusammenspiel zwischen »besser« und »anstrengender«, und in ihr gilt tatsächlich: Bei gleichen Kosten für die Handelnde ist der Vollzug einer moralisch besseren Handlung umso eher supererogatorisch, j e schlechter sie selbst und j e besser ihre Alternative ist. Denn j e besser sie selbst und j e schlechter ihre Alternative ist, desto mehr steht moralisch auf dem Spiel, und j e mehr moralisch auf dem Spiel steht, desto eher ruft die Pflicht. Präzisieren wir, analog zu (Al), in einem zweiten Schritt den Z u sammenhang zwischen Supererogation und dem, was für die Handelnde auf dem Spiel steht. (Al) J e größer der Abstand zwischen ua(w{) und ua(wj), desto eher sind wir geneigt, f j supererogatorisch zu nennen. Wenn a für einen konstanten moralischen Gewinn entweder nur eine geringe oder eine große Leistung erbringen muss, dann sind wir bei einer großen Leistung eher geneigt, von Supererogation zu reden, als bei einer geringen. Auch hier zur Illustration ein Beispiel. Diesmal vergleichen wir Situation S2f mit einer dritten, Situation S2" — siehe jetzt zusätzlich zum mittleren auch das rechte Drittel von Abbildung 2. ι . In Situation S2" kann a, indem sie einen Wertverlust von 10 in Kauf nimmt, dafür 7

Ich danke Jan C. Joerden, Rudolf Schüßler und Gregor Wessels dafür, dass sie mir diese Frage gestellt haben.

2. ι

Die Faktoren

57

sorgen, dass eine Welt mit dem moralischen Wert 900 statt eine Welt mit dem Wert 90 realisiert wird; in Situation S2' dagegen kann sie das gleiche Ergebnis nur zu einem weit höheren Preis erzielen; sie muss dort einen Wertverlust von 45 in Kauf nehmen. Die Situationen S2' und S2" unterscheiden sich nicht hinsichtlich der Frage, wie viel in ihnen moralisch auf dem Spiel steht. Sowohl in S2' als auch in S2" kann entweder eine Welt mit dem moralischen Wert 90 oder eine Welt mit dem moralischen Wert 900 herbeigeführt werden. Es unterscheiden sich die beiden Situationen hinsichtlich der Frage, wie viel in ihnen fìir a auf dem Spiel steht. Die Differenz zwischen u a (w") und u a (w") beträgt nur 10, während die Differenz zwischen ua(w') und ua(w'j) 45 beträgt. Unsere These ist nun, dass f'j in S2' eher ein Kandidat fìir eine supererogatorische Handlung ist als f" in S2" — und zwar deshalb, weil der Unterschied zwischen der Herbeiführung der besseren Welt und der Herbeiführung der schlechteren Welt bei gleichen moralischen Gewinnen fur a in Situation 5 2 " klein und in Situation S2' groß ist. Wären nicht beide Handlungen supererogatorisch, sondern bloß eine, entweder / ' in S2' oder f" in S2", dann die erstgenannte. Und genau das ist es, was (A2) zum Ausdruck bringt. 8 Soviel zu (Ai) und (A2). Wie gesagt buchstabieren sie die einfache These aus, dass Supererogation von zwei Faktoren abhängt: davon, wie viel moralisch auf dem Spiel steht, und davon, wie viel für die Handelnde auf dem Spiel steht.

8

Für 5 2 ' und 5 2 " gilt wie fur S2 und S2' (siehe in diesem Kapitel Anmerkung 6), dass sie getrennte Wahlsituationen sind. U n d d o c h verhalten sie sich in einer H i n sicht anders als S2 und S2'. W ä r e n sie nicht getrennte Wahlsituationen, stünde a also vor der Frage, ob sie, u m einen moralischen Gewinn in bestimmter H ö h e zu erzielen, entweder viel oder wenig investieren soll, würden wir, entschiede sie sich, viel zu investieren, vielleicht nicht aufhören, von Supererogation zu reden. W i r würden es, siehe Abschnitt 2.2.2, beispielsweise wohl nicht tun, wenn a, indem sie sich selbst gewaltig ins Z e u g legt, einem anderen dies zu tun erspart.

2

58

2.2

Das Format

Das Format fur 2

Ein Wissen allein um die Faktoren, von denen Supererogation abhängt, reicht uns nicht. Wir möchten von diesem Wissen zu einem klassifikatorischen Begriff von Supererogation fortschreiten; wir möchten eine Antwort auf die Frage erhalten, ob diese oder jene Handlung in dieser oder jener Situation supererogatorisch ist, ja oder nein. Was müssen wir dafür tun? Wir müssen erstens die zwei Faktoren zu einem Maß zusammenführen. Und wir müssen zweitens sagen, wann das Maß voll ist, also eine Schwelle bestimmen, von der gelten soll: Hat das im ersten Schritt definierte Maß diese Schwelle überschritten, ist die Handlung supererogatorisch. Die Schwelle, von der wir jetzt reden, ist, wie deutlich geworden sein dürfte, eine kategorial andere als die, die ein Freund des Schwellenmodells im Sinn hat. Ein Freund des Schwellenmodells bestimmt seine Schwelle so, dass sie mit dem moralischen Wert einer Welt identisch ist. Wir dagegen nennen schlicht eine reelle Zahl und sagen anschließend etwas darüber, wie sich diese reelle Zahl in Sachen Supererogation zu einem Maß verhält, das von verschiedenen Werten konstituiert wird, eben von den moralischen Werten u(wj) und u(u>,·) und den subjektiven Werten ua(w¡) und u a (wj).

2.2.1

Der harte Kern

Unsere Überlegungen führen uns zum Format für 2, dem Format für Theorien der Supererogation für zweielementige Handlungsmengen. Es besteht aus einem harten Kern, einer so genannten Schwellenbedingung und einer Reihe von »Monotonieanforderungen«. Der harte Kern des Formats für 2 macht die Struktur der notwendigen und hinreichenden Bedingungen dafür namhaft, dass f j in einer Situation, in der die Handelnde a genau zwischen den beiden Handlungen f und f j zu wählen hat, supererogatorisch ist — resp. dafür, dass s u p e r { j ¡ j j } ( a i f j ) ' · superba,fj)

gdw: S M ( T u p e l { f j , f ) ) > z.

2.2

Das Formatftir2

59

Tupel möge dabei die Funktion sein, die den beiden zur Debatte stehenden Handlungen, f und f j , das Viertupel der Werte zuordnet, von denen gemäß (Al) und (A2) Supererogation abhängt. Das sind der moralische Wert der besseren Welt, der moralische Wert der schlechteren Welt, der subjektive Wert der ftir a attraktiveren Welt und der subjektive Wert der fiir a unattraktiveren Welt. Tupel sei also wie folgt definiert: T u p e l ( J j , f i ) =def («(w/), u(u>¡), ua(w¡), Ua(Wj)). S M wiederum, mnemonisch fur »Supererogationsmaß«, möge die Funktion sein, die dem Viertupel der Werte, von denen Supererogation abhängt, eine fünfte reelle Zahl, das von einer vollständigen Theorie der Supererogation zu spezifizierende relative Supererogationsmaß von f j gegenüber f , zuordnet. S M habe also folgende Form: SM(H(M/J), U(W¡), u a (w¡), u a (wj)) = m. Damit passiert im harten Kern des Formats für 2 dreierlei. Zuerst nimmt die Funktion Tupel die beiden Handlungen und weist ihnen das erwähnte Viertupel aus den einschlägigen moralischen und subjektiven Werten der Welten zu, die durch die Handlungen herbeigeführt würden. Dann nimmt die Funktion S M jenen Output der Funktion Tupel als Input und verwandelt ihn in eine reelle Zahl. Ist die reelle Zahl höher als die ebenfalls von einer vollständigen Theorie der Supererogation zu spezifizierende Schwelle namens z, so ist f j in der betreffenden Situation supererogatorisch.

2.2.2

Die Schwellenbedingung

So viel zum harten Kern des Formats für 2. Nun zur Schwellenbedingung. Seit Beginn unserer konstruktiven Überlegungen begleitet uns die Beschränkung, dass wir nur von Situationen reden, in denen f j moralisch mindestens so gut ist wie f , aber für a anstrengender. Inhaltlich lag diese Beschränkung nahe, da andernfalls, siehe

6o

2

Das Format

Seite 53, f j in der M e n g e v o n Handlungen, die genau aus f¡ und f j besteht, mit Sicherheit nicht supererogatorisch genannt werden soll. Formal stört sie j e d o c h , weil sie den Effekt hat, dass unser Prädikat »super^ j j(tJ,/,)« nicht für alle zweielementigen Handlungsmengen bestimmt ist. D a r u m lassen w i r die Beschränkung jetzt fallen und stellen stattdessen die Schwellenbedingung. D i e Schwellenbedingung besagt, dass die Funktion S M und die Schwelle so gewählt werden müssen, dass das relative Supererogationsmaß v o n f j unterhalb der Schwelle liegt, w e n n die Differenz zwischen u(wj) und u(w,) kleiner null oder die Differenz zwischen u a (w¡) und u a (wj) kleiner oder gleich null ist. Sie lautet kurz Schwellenbedingung: S M und die Schwelle müssen so gewählt werden, dass gilt: SM(x1,x2,

Χ 4 ) < Ζ, w e n n

— χ ι < 0 oder

< o.

D i e Schwellenbedingung stellt sicher, dass f j nicht als supererogatorisch klassifiziert wird, w e n n sie moralisch schlechter oder subjektiv mindestens so attraktiv ist w i e ihre Alternative f . A b e r tut die Schwellenbedingung mit genau dieser Verteilung v o n < und < in ihrem Wenn-Satz das Richtige? M a n könnte meinen, dass sie gleichzeitig zu viel und zu w e n i g verlangt; dass manchmal f j d o c h als supererogatorisch klassifiziert werden sollte, w e n n sie genauso attraktiv, nie aber, w e n n sie genauso gut ist w i e f . D e m ist j e d o c h nicht so. D e n n erstens verlangt Supererogation einen Einsatz.

Wenn

f j für a genauso attraktiv ist w i e f , kann sie, egal w i e viel besser sie ist, nicht supererogatorisch sein. Zumindest dies dürfte unsere D i s kussion des Schwellenmodells in Abschnitt 1.4.1 einsichtig gemacht haben. Zweitens verlangt Supererogation dagegen vielleicht keinen E i n satz für das Bessere. M a n stelle sich eine Situation vor, in der a, indem sie selbst der M o r a l zuüebe einiges auf sich nimmt, einem anderen eine ebensolche Anstrengung erspart. Sie rettet unter Einsatz ihres Lebens ein fremdes K i n d aus einem brennenden Haus und nicht der

2.2

Das Format für 2

61

Besitzer desselben, der seinerseits, wie a vielleicht sogar weiß, genau dasselbe getan hätte, wäre a nicht eine Sekunde vor ihm losgespurtet. Wir würden a das Bundesverdienstkreuz wohl nicht vorenthalten, und zwar auch dann nicht, wenn die mögliche Welt, die sie herbeigeführt hat, nicht besser ist als die mögliche Welt, die der Besitzer des Hauses herbeigeführt hätte. Was im vorliegenden Fall zählt, scheint die Mühe zu sein, die a, indem sie selbst sie auf sich nimmt, einem anderen erspart.9 Aus zwei Gründen wird also das Format für 2, zusätzlich zu seinem harten Kern, die Schwellenbedingung in der Form umfassen, wie wir sie soeben formuliert haben: weil es offen sein soll für Theorien der Supererogation, denen zufolge das Kreuz eines anderen zu tragen supererogatorisch sein kann, auch wenn es insgesamt moralisch nichts bringt; und weil es Theorien der Supererogation ausschließen soll, denen zufolge es auch supererogatorisch sein kann, kein Kreuz zu tragen.

2.2.3

D i e Monotonieanforderungen

Schließlich stellen wir an die Funktion S M gewisse Monotonieanforderungen, und zwar Monotonieanforderungen, die die Abhängigkeiten (Al) und (A2) spiegeln. Grob gesagt muss S M im ersten 9

Z u solchen Überlegungen siehe auch M c N a m a r a (1996a), S. 433. - Dass eine Handlung, wenn sie für die Handelnde genauso attraktiv ist wie ihre Alternative, niemals supererogatorisch sein kann, diese These können wir wohl nur aufrecht erhalten, wenn wir, wie wir es hier ja der Einfachheit zuliebe tatsächlich tun, die Überzeugungen und Absichten der Handelnden auf dem W e g von der Bewertung zum normativen Urteil ausblenden. Stellen wir uns eine Situation vor, in der a von zwei gleich anstrengenden, aber unterschiedlich guten Handlungen irrtümlicherweise glaubt, die bessere brächte eine enorme Zusatzbelastung gegenüber der schlechteren. Würden wir die Überzeugungen und Absichten der Handelnden auf dem W e g von der Bewertung zum normativen Urteil nicht ausblenden, sprächen wir in dieser Situation, wenn a trotz der vermeintlichen Mehrbelastung die bessere Handlung vollzieht, vielleicht gerade deswegen von Supererogation. U n d Analoges gilt wohl für die These, dass eine Handlung, wenn sie moralisch schlechter ist als ihre Alternative, niemals supererogatorisch sein kann. Z u diesen und verwandten Einschränkungen siehe Abschnitt 2.8.

62

2

Das Format

und vierten Argument monoton fallen und im zweiten und dritten Argument monoton steigen. Denn (Al) besagt ja, dass bei einer Wahl zwischen einer moralisch besseren und einer moralisch schlechteren Handlung der Vollzug der moralisch besseren tendenziell eher supererogatorisch ist, je kleiner und damit j e weniger dringlich der Unterschied zwischen der moralisch besseren und der moralisch schlechteren Handlung ist — mit anderen Worten, j e kleiner u(wj) und j e größer u(u>¡) sind. U n d (A2) besagt genau umgekehrt, dass bei einer Wahl zwischen einer moralisch besseren und einer moralisch schlechteren Handlung der Vollzug der moralisch besseren tendenziell eher supererogatorisch ist, j e großer und damit j e drastischer der Unterschied zwischen der subjektiv attraktiveren und der subjektiv unattraktiveren Handlung ist — mit anderen Worten, j e großer ua(u>¡) und j e kleiner u a (wj) sind. 10 N u n wissen wir aber schon, dass f j , wenn sie moralisch schlechter ist als f i oder subjektiv mindestens so attraktiv, nicht als supererogatorisch klassifiziert wird. Dies sagt die Schwellenbedingung. Wir können uns hier also auf die Frage konzentrieren, wie sich S M verhält, wenn f j moralisch mindestens so gut ist wie f¡, aber für a anstrengender. Wir definieren deshalb zunächst für jede der zur Debatte stehenden Funktionen S M ihre Beschränkung S M [".

10 Z u ( A l ) und (A2) siehe Seite 54 und Seite 56. — W i r haben ( A l ) und (A2) so formuliert, dass sie nur von Abständen sprechen, ( A l ) nur v o m Abstand zwischen den moralischen Werten und (A2) nur vom Abstand zwischen den subjektiven Werten der Welten. Deshalb liegt die Frage nahe: Warum fassen wir die Monotonieanforderungen an S M nicht analog? Warum schreiben wir nicht vor, wie sich S M in den Differenzen verhalten soll, mit einer ersten Anforderung, w i e sie sich in der Differenz zwischen u(wj) und u(u/¡), und mit einer zweiten Anforderung, wie sie sich in der Differenz zwischen u„(w¡) und u„(wj) verhalten soll? Die Diskussion dieser Frage vertagen wir im Wesentlichen auf Abschnitt 2.3.2. Hier nur so viel: Die Monotonieanforderungen, die wir stellen, sind schwach. Sie sollen die Möglichkeit zulassen, dass das Vorliegen von Supererogation nicht bloß davon abhängt, wie sich die moralischen und die subjektiven Werte zueinander verhalten, also zum Beispiel davon, wie groß der Abstand zwischen ihnen ist; sie sollen die Möglichkeit zulassen, dass das Vorliegen von Supererogation auch davon abhängt, wie hoch die moralischen und die subjektiven Werte absolut gesehen sind. Für einige Aufgaben des Supererogationsbegriffs resp. Ansichten über Supererogation könnte dies willkommen sein.

2.2

Das Format fur 2

63

SMf : *2i *3) ^4) I *ι > *2 Λ > ^4} —» R S M f ( x 1 , X2) *3, ^4) =def SM(*1, X2, X3, X4) SMf hat einen kleineren Definitionsbereich als SM. Die Funktion SMf akzeptiert nur solche Argumente, die heuristisch gesprochen die Bedingung erfüllen, dass fij moralisch mindestens so gut ist wie fi, aber fìir a anstrengender. A u f diesem Definitionsbereich nimmt SMf dieselben Werte an wie SM. Die Monotonieanforderungen stellen wir dann, statt an SM, an SM f. SMf muss also im ersten und vierten Argument monoton fallen und im zweiten und dritten Argument monoton steigen. Und damit haben wir alles beisammen, was wir für das Format für 2 benötigen. Es lautet Format für 2 (F2): 3z

€ IR

3 SM : R 4 R V Handelnden a V a betreffenden zweielementigen Handlungsmengen {fi, fj}: (F2.1) SMf ist im ι. und 4. Argument monoton fallend; (F2.2) SMf ist im 2. und 3. Argument monoton steigend; (F2.3) V(*1,*2,*3,*4) € R : SM(X1,X2>X3)*4) < Ζ, wenn χχ — x 2 < 0 oder x j — X4 < 0; (F2.4) super{fj f j } ( a , f j ) gdw.: S M ( T u p e l ( f j J , ) ) > z.

Ersichtlich sind (F2.1) und (F2.2) die Monotonieanforderungen, (F2.3) die Schwellenbedingung und (F2.4) der harte Kern des Formats für 2.

64

2

2.3

Das Format

Anforderungen an die Funktion S M f : ein Baukasten

Bevor wir vom Format für 2 zum Ersten Provisorischen Format fortschreiten, halten wir inne und betrachten etwas genauer mögliche Anforderungen an die Funktion SMf. Wir tun das nicht als akademische Fingerübung, sondern um weiter in das Zentrum der hier verhandelten Sache vorzustoßen. Denn was Theorien der Supererogation, die dem Format für 2 resp. dessen noch zu formulierender Verallgemeinerung zum Format entsprechen, letztlich über Supererogation sagen, hängt maßgeblich von ihrer Funktion SM ab. Die Eigenschaften von SM resp. SM \ sind also, mit Blick auf eine Vervollständigung des Formats für 2 resp. des Formats, das Alpha und Omega. U m uns die Sache zu erleichtern, taufen wir in mnemonisch hilfreicher Weise u(u>i) auf den Namen u(wj) auf den Namen ua(w¡) auf den Namen u a (wj) auf den Namen

»moralischer Tiefpunkt«, »moralischer Hochpunkt«, »subjektiver Hochpunkt« und »subjektiver Tiefpunkt«.

Dieser Taufakt geschieht nur mit Blick auf den Definitionsbereich von SM f. Außerhalb jenes Definitionsbereichs könnte ja u(wj) kleiner als u(w¡) sein, also nicht die Bezeichnung »moralischer Hochpunkt« verdienen. Da wir in diesem Abschnitt ausschließlich SMf studieren, dürfen wir diese Möglichkeit aber ignorieren. Die Funktion SM [" nimmt, wie wir wissen, als Argumente geordnete Viertupel von reellen Zahlen und bildet sie auf eine fünfte reelle Zahl ab. Gegeben die Rolle, die SM im Format für 2 spielt, heißt dies heuristisch gesprochen, dass SMf als Argumente geordnete Viertupel der Gestalt (moralischer Hochpunkt, moralischer Tiefpunkt, subjektiver Hochpunkt, subjektiver Tiefpunkt) nimmt und jedem solchen Tupel ein Supererogationsmaß zuweist. Wir nehmen zwei weitere Sprachregelungen vor. Wir nennen

2.3 u ( w j ) — u(w¡) ua(w¡) —

Anforderungen an SMf

65

die »moralische Differenz«, die »subjektive Differenz«,

ua(wj)

u(wj)/u(w,)

d e n »moralischen Quotienten« u n d

ua(w¡)/ua(wj)

den »subjektiven Quotienten«

u n d schreiben schließlich abkürzend SM^fur

S M f ( x i , X2, x 3 , x 4 ) u n d

SM|" y fiir

SMC(yi,y2,y3,y4).

2.3.1

D e r nicht verhandlungsfähige Teil

D e n nicht verhandlungsfähigen Teil der M o n o t o n i e a n f o r d e r u n g e n bilden diejenigen, die w i r in Abschnitt 2.2.3 entwickelt haben: S M Γ muss i m moralischen H o c h p u n k t und i m subjektiven T i e f p u n k t m o n o t o n fallen und i m moralischen T i e f p u n k t und i m subjektiven H o c h p u n k t m o n o t o n steigen. (I) Fallende M o n o t o n i e i m moralischen H o c h p u n k t : x\ > y\ Λ x2 = y>2 A x 3 = y 3 Λ x 4 = y 4 -

SM\X


Y2 α Χι = yi A x 3 = y 3 Λ x 4 = y 4 -»· S M f x > S M t r (III) Steigende M o n o t o n i e i m subjektiven H o c h p u n k t : > Yi λ Χι = Υι Λ x2 = Y2 Λ x 4 = y 4 S M f x > S M fy. (IV) Fallende M o n o t o n i e i m subjektiven T i e f p u n k t : x 4 > y 4 Λ χ ι = y t Λ x 2 = γ 2 Λ %3 = y 3 SMf, < SMfy. B e i diesen vier A n f o r d e r u n g e n denken w i r uns, ebenso w i e bei allen folgenden, die Allquantifikation »VxiVx2Vx 3 Vx 4 VyiVy2Vy 3 Vy 4 « hinzu. D i e Q u a n t o r e n laufen über die M e n g e der reellen Z a h l e n , was zur Folge hat, dass für m a n c h e der in den A n t e z e d e n s - B e d i n g u n g e n

2

66

Das Format

erwähnten Kombinationen aus ätj, X2, X3 und X4 die beiden Werte SM

und S M f y nicht definiert sind. Alle Monotonieanforderun-

gen sollen deshalb hier so gelesen werden, dass die Wenn-dannBeziehung gilt, sofern die im Konsequens erwähnten Komparanda überhaupt definiert sind. Dies trifft auch auf die Beweise in den A n hängen Β und C dieses Buches zu. (I) bis (IV) spiegeln, siehe Abschnitt 2 . 1 , die Abhängigkeiten ( A i ) und (A2) wider. W i r erinnern uns: (Al) besagt, dass bei einer Wahl zwischen einer moralisch besseren Handlung f j und einer moralisch schlechteren Alternative f

der Vollzug von f j umso eher superero-

gatorisch ist, j e kleiner der Abstand zwischen u(wj) und u(w,) ist. U n d entsprechend verlangen die Anforderungen (I) und (II), dass das relative Supererogationsmaß von f j gegenüber f steigt, wenn der moralische Wert von f j fällt und wenn der moralische Wert von f steigt — ohne auszuschließen, dass es manchmal, zum Beispiel weil sich die beiden moralischen Werte noch in einem Bereich bewegen, in dem keinesfalls von Supererogation die R e d e sein soll, auch gleich bleibt. Genauer gesagt verlangen deshalb die Anforderungen (I) und (II) bloß, dass das relative Supererogationsmaß von f

gegenüber f

gleich bleibt oder steigt, wenn der moralische Wert von f wenn der moralische Wert von f

fällt und

steigt. Bezüglich der subjektiven

Werte gilt Analoges für die Abhängigkeit (A2) und die Anforderungen (III) und (IV). Jeder, der überhaupt geneigt ist, von Supererogation zu reden, sollte zumindest die Anforderungen (I) bis (IV) unterschreiben. Manch einer wird allerdings nicht nur sie unterschreiben wollen, sondern stärkere.

2.3.2

D er verhandlungsfähige Teil

Es gibt viele Möglichkeiten, neue Anforderungen so zu formulieren, dass (I) bis (IV) aus ihnen logisch folgen, nicht aber sie aus (I) bis (IV). Einige dieser Möglichkeiten sind verhandlungsfähig, andere ausschließenswert. W i r beginnen mit einigen ausschließenswerten und tasten uns zu den verhandlungsfähigen vor.

2.3

Anforderungen an SAíf

67

Z u den ausschließenswerten Möglichkeiten gehören die i m Folgenden genannten Anforderungen (1) bis (4). Sie verleihen jeweils der in (I) bis (IV) variierenden K o m p o n e n t e diktatorische Vollmachten u n d verurteilen damit zur Irrelevanz, was in den anderen Argum e n t e n der Funktion passiert. W i r k ö n n e n diese Arten von M o n o tonien als »totale« bezeichnen. (1) Totale fallende M o n o t o n i e i m moralischen Hochpunkt: χι > yt

S M
Y2 - » S M ^ > SMfj,. (3) Totale steigende M o n o t o n i e im subjektiven H o c h p u n k t : *3 > Y3

SM\X

>

SM\r

(4) Totale fallende M o n o t o n i e i m subjektiven Tiefpunkt: *4 > Ï4 -> S M f x < S M r r Es handelt sich hier u m konkurrierende Vorschläge. Jede einzelne der Anforderungen (1) bis (4) würde die Gesamtheit der Anforderungen (I) bis (IV) beerben. N u n hatten wir j e d o c h schon mehrfach betont, dass Supererogation von zwei Faktoren abhängt, davon, wie viel in Sachen Moral auf d e m Spiel steht, u n d davon, wie viel für die Handelnde auf d e m Spiel steht, also von den moralischen und den subjektiven Werten, die in einer Situation vertreten sind. Wenn wir jetzt, nämlich via eine der Anforderungen (1) bis (4), Supererogation doch wieder nur von einem Faktor abhängig machten, eben j e n e m , d e m die betreffende Anforderung diktatorische Vollmachten verleiht, fielen wir hinter diese Errungenschaft zurück. W i r verhielten uns wie jemand, der ein Regal bauen m ö c h t e und sich Bretter, Leisten, Schrauben u n d Dübel besorgt, u m anschließend allein mit den Dübeln zu arbeiten. (1) bis (4) k o m m e n also als Alternativen zu (I) bis (IV) nicht in Frage. M O N O T O N I E IN DEN DIFFERENZEN. W i r kehren innerhalb u n serer Diskussion der Monotonieanforderungen zu einer Frage zurück, die in Abschnitt 2.2.3 (Anmerkung 10) schon angeklungen ist.Warum reden die Monotonieanforderungen, wie wir sie bisher

2

68

Das Format

formuliert haben, statt von den moralischen und den subjektiven Hoch- und Tiefpunkten selbst nicht bloß von den Differenzen zwischen ihnen? Schließlich reden ja auch (Ai) und (A2), also die beiden Sätze, die namhaft machen, von welchen Faktoren Supererogation abhängt, bloß von den Abständen, (Ai) davon, wie viel moralisch auf dem Spiel steht, also von dem Abstand zwischen den moralischen Hoch- und Tiefpunkten, und (A2) davon, wie viel für die Handelnde auf dem Spiel steht, also von dem Abstand zwischen den subjektiven Hoch- und Tiefpunkten. Wenn wir den Anforderungen (I) bis (IV) Varianten zur Seite stellen wollten, die tatsächlich bloß von Differenzen reden, so wären es aus nahe liegenden Gründen zwei, zum Beispiel (5) und (6). (5) Fallende Monotonie in der moralischen Differenz: x\ - X2 > yi - yi A %3 = y3 A * 4 = y4 -

SM\X


y 3 - Y4 Λ χι = γι A x 2 = yi ^SMfx>SMtr (5) würde die beiden Anforderungen (I) und (II) beerben und in etwa besagen, dass von je zwei Handlungen, die sich nicht in ihren subjektiven Werten unterscheiden, die bessere desto weniger supererogatorisch ist, je größer ihre moralische Differenz zur schlechteren ist. Analog würde (6) die beiden Anforderungen (III) und (IV) beerben und in etwa besagen, dass von je zwei Handlungen, die sich nicht in ihren moralischen Werten unterscheiden, die anstrengendere desto eher supererogatorisch ist, je größer ihre subjektive Differenz zur attraktiveren ist. Eine Abschwächung der Antezedens-Bedingungen von (5) und (6) ergäbe ein Paar von stärkeren Anforderungen, nämlich (7) und (8). (7) Bei gleicher subjektiver Differenz fallende Monotonie in der moralischen Differenz:

2.3 - *2 > yi - Yl Λ

Anforderungen an SMf

69

- *4 = y3 - Y4

-> SMtx < S M t r (8) Bei gleicher moralischer Differenz steigende Monotonie in der subjektiven Differenz: x3 - x 4 > y 3 - y4 Λ - x2 = yi - y2 S M t x > SMfj,. (7) würde, wie es nach dem vorhergehenden Vorschlag (5) getan hätte, die Anforderungen (I) und (II) beerben und in etwa besagen, dass von je zwei Handlungen, die sich nicht in ihren subjektiven Differenzen unterscheiden, die bessere desto weniger supererogatorisch ist, j e größer ihre moralische Differenz zur schlechteren ist. Analog würde (8), wie es nach dem vorhergehenden Vorschlag (6) getan hätte, die Anforderungen (III) und (IV) beerben und in etwa besagen, dass von je zwei Handlungen, die sich nicht in ihren moralischen Differenzen unterscheiden, die anstrengendere desto eher supererogatorisch ist, je größer ihre subjektive Differenz zur attraktiveren ist. Wer das Paar aus (5) und (6) oder aus (7) und (8) unterschreibt — oder auch, was ein wenig extravagant wäre, das Paar aus (5) und (8) oder aus (6) und (7) - , legt sich auf die These fest, dass es in Sachen Supererogation entweder allein auf die moralischen und die subjektiven Differenzen ankommt oder zumindest bei gleichen subjektiven Hoch- und Tiefpunkten allein auf die moralischen Differenzen und bei gleichen moralischen Hoch- und Tiefpunkten allein auf die subjektiven Differenzen. Wir können so jemanden einen Differenzen-Relativisten nennen. Und zwar können wir ihn einen Differenzett-Relativisten nennen, weil er sich, was die relative Position der Punkte betrifft, an den Differenzen orientiert (wir werden gleich noch einen Relativisten kennen lernen, fur den das nicht gilt), und einen Differenzen-Re/aííV¿síeM, um ihn von einem Absolutisten zu unterscheiden. Ein Absolutist leugnet (5) bis (8) und pflichtet nur den Anforderungen (I) bis (IV) bei. Durch sein Leugnen behauptet er, dass es in Sachen Supererogation manchmal zumindest auch darauf ankommt, wo gleichabständige Paare von moralischen und subjektiven Hoch- und Tiefpunkten liegen, das heißt auf deren absolute Position.

70

2

Das Format

W i e u n d w a r u m Differenzen-Relativisten u n d Absolutisten m e i nen, was sie meinen, lässt sich in der uns mittlerweile vertrauten Weise, siehe Abbildung 2.2, am Beispiel von drei Situationen, S3, S3' u n d S3", verdeutlichen. Sie ähneln der Struktur nach den Situationen S2, S2' und S2" in Abbildung 2.1. U m die Diskussion nicht unnötig zu verkomplizieren, konzentrieren wir uns im Folgenden nur auf einen Typ von Differenzen-Relativisten. Er unterschreibt die stärkeren Anforderungen (7) u n d (8). W i e das Beispiel und die dazugehörigen Überlegungen verändert werden müssten, w e n n man es mit einem Differenzen-Relativisten zu tun hätte, der statt (7) und (8) die schwächeren Anforderungen (5) u n d (6) unterschreibt, ist offensichdich u n d braucht hier nicht eigens verschriftet zu werden. S3, S3' u n d S3" unterscheiden sich nicht in den moralischen G e winnen, die die Handelnde erzielen kann, und sie unterscheiden sich auch nicht in der H ö h e der Verluste, die die Handelnde flir die m o ralischen Gewinne in Kauf n e h m e n muss. Worin sie sich unterscheiden, ist die Lage der subjektiven u n d der moralischen Tiefpunkte. Genauer gesagt unterscheiden sich S3 und S3' in der Lage des subjektiven Tiefpunktes. Dieser befindet sich in Situation S3 unterhalb von null (nämlich bei —10) und in Situation S3' oberhalb von null (nämlich bei +10). U n d S3' u n d S3" unterscheiden sich in der Lage des moralischen Tiefpunktes. Dieser befindet sich in Situation S3' oberhalb von null (nämlich bei +50) und in Situation S3" unterhalb von null (nämlich bei —50).11 Beim ersten Situationspaar, also bei dem Paar aus S3 u n d S3', wird der Differenzen-Relativist sagen: »Da nach Voraussetzung sowohl die Einbußen für die Handelnde als auch die moralischen E r rungenschaften in beiden Situationen jeweils gleich groß sind, sind Ii

Wenn sich S3 und S3' in der Lage des subjektiven Tiefpunktes unterscheiden, nicht aber in der H ö h e des Verlustes, den die Handelnde fiir den moralischen Gewinn in Kauf nehmen muss, so unterscheiden sie sich auch in der Lage des subjektiven Hochpunktes. U n d w e n n sich S3' und S3" in der Lage des moralischen Tiefpunktes unterscheiden, nicht aber in d e m moralischen Gewinn, den die Handelnde erzielen kann, so unterscheiden sie sich auch in der Lage des moralischen Hochpunktes. Unsere Diskussion orientiert sich jedoch an der Lage der jeweiligen Tiefpunkte. Orientierte sie sich, bei entsprechender Änderung des Beispiels, an der Lage der jeweiligen Hochpunkte, verliefe sie analog.

2.3 Situation S3

Anforderungen an S M [

71 Situation S3"

Situation S3'

bessere, Handlung f¡ aber anstrengendere Handlung

bessere, aber anstrengendere Handlung

Handlung f

bessere, aber anstrengendere Handlung



fj

\

Τ Welt Wj

Welti

Welt w'j

Welt w'i

_L •ν ,ο / ^

// *

Handlung /f

Welt w'j

Welt w"

O ITI

s //

//

u(wi) + ua(wi)}, max {«(tí/fe) I fk £ 7 mit ua(wk) > χ}}. Das {min{M(tft) | fk € 7 Λ V/¡ € 7 : u(u>k) + ua(u>k) > u(w¡) + ua(wi)}, max{w(u,fe) | fk £ 7 mit ua(u>k) > %}} ist, wie man leicht sieht, eine M e n g e mit zwei Elementen, nämlich d e m M i n i m u m einer bestimmten M e n g e u n d d e m M a x i m u m einer bestimmten Menge. W e n n wir hier außerhalb der formal präzisen Darstellung von Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit χ durchgängig als das Existenzmin i m u m der Handelnden ansprechen, so ist dies nicht ganz unverfänglich. D e n n erstens legen Nagels Beispiele zur Bestimmung von χ (»many purchases of clothing, wine, theater tickets, vacations, gifts, books, records, furniture, stemware, etc.«) eher die R e d e von einem Wohlfahrts- als die von einem Existenzminimum nahe. U n d zwei-

j. ι

Thomas Nagels Theorie der Supererogation

"5

tens könnte es Situationen geben, in denen die Handelnde mit jeder der zur Wahl stehenden Handlungen unter ihr Existenzminimum in einem vortheoretischen Sinne (also noch nicht im Sinne von Nagels χ) rutschen würde. Besser wäre es deshalb, von χ als dem Existenzmin i m u m der Handelnden oder, sofern selbst dies in der Situation nicht m e h r erreichbar ist, d e m ihm nächstgelegenen erreichbaren Wert zu sprechen. W i r wollen u m der Kürze und der Ublichkeit willen j e doch auf diese R e d e ebenso wie auf die von einem Wohlfahrtsminim u m verzichten. W i e plausibel ist Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit? Immerhin repräsentiert sie, wie erwähnt, bloß eine von vielen Möglichkeiten, die Erlaubnisbedingung der Tentativen Theorie zu lockern. — U m uns Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit etwas genauer vor Augen zu fuhren, schreiben wir min* fur min{w(wfc) | fk € Λ V/¡

7

u(wk) + Ua(wk) > u(w,) +

u„(wi)},

max* fur max{w(wfe) | fk € J mit u a (wk) > * } und betrachten zwei Fälle. Im ersten Fall ist min* > max*, im zweiten min* < max*. Der erste Fall, min* > max*, entspricht der Situation, die zur A b schwächung der Tentativen T h e o r i e Anlass gegeben hat. Alle H a n d lungen, die tentativ erlaubt sind, sind moralisch besser als die beste, durch deren Vollzug a nicht unter ihr Existenzminimum rutschen würde. Mit allen tentativ erlaubten Handlungen selber würde a also unter ihr Existenzminimum rutschen. Gerade für diesen Fall stellt Nagels (nichttentative) Theorie der Erlaubtheit sicher, dass a nichts tun muss, was sie über Gebühr beansprucht. Sie erlaubt es a, eine Handlung zu vollziehen, die mindestens so gut ist wie die beste oberhalb ihres Existenzminimums — das äußere min greift in diesem Fall sozusagen nach max*. Im zweiten Fall, min* < max*, ist mindestens eine der Handlungen, mit denen a nicht unter ihr Existenzminimum rutscht, unter den

II 6

3

Drei Theorien der Supererogation

tentativ erlaubten, u n d Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit kollabiert in seine Tentative T h e o r i e — das äußere m i n greift: in diesem Fall sozusagen nach min*. B e i d e Ergebnisse müssten N a g e l konvenieren. N u r i m ersten Fall bereitet i h m seine Tentative T h e o r i e der Erlaubtheit K u m m e r , u n d also braucht sie auch nur i m ersten Fall abgeschwächt z u werden. I m zweiten Fall dagegen kann sie bleiben, w i e sie ist. Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit, w i e w i r sie hier entwickelt haben, leistet beides. T r o t z d e m k ö n n t e man fragen, o b w i r N a g e l nicht in einer Hinsicht U n r e c h t getan haben. W i r haben a n g e n o m m e n , dass er sein % (»some threshold, hard to define«) ausschließlich mit R e k u r s auf das persönliche W o h l u n d W e h e der Handelnden charakterisiert. D o c h w a r e n w i r dazu auch berechtigt? Vielleicht charakterisiert er sein χ j a auch mit R e k u r s a u f ein subtiles Zusammenspiel verschiedener Faktoren, nämlich den S u m m e n aus persönlichen und unpersönlichen Werten. Ja, vielleicht. D o c h erstens gibt es keine Indizien dafür. Liest man die a u f Seite 112 zitierten Z e i l e n , so drängt sich unsere Interpretation auf, also die Vorstellung v o n einem Existenzminimum, das z u unterschreiten v o n n i e m a n d e m verlangt w e r d e n darf. Z w e i t e n s u n d wichtiger: Wollte N a g e l sein λ; mit R e k u r s auf ein subtiles Z u s a m menspiel der S u m m e n aus persönlichen und unpersönlichen W e r t e n charakterisieren, so wäre er offensichtlich der M e i n u n g , dass seine Tentative T h e o r i e nicht leistet, was sie leisten soll, nämlich ebenjenes Zusammenspiel angemessen einzufangen. W i r stünden dann nicht m e h r v o r der A u f g a b e , die Tentative T h e o r i e aus-, sondern eine nagelneue T h e o r i e der Erlaubtheit o h n e A n l e i t u n g aw/zubauen. Indem w i r a n g e n o m m e n haben, dass N a g e l sein χ ausschließlich mit R e k u r s auf das persönliche W o h l u n d W e h e der Handelnden charakterisiert, haben w i r also die einzige exegetische O p t i o n gewählt, die uns offen stand. W i r gehen deshalb davon aus, dass w i r mit N a gels T h e o r i e der Erlaubtheit tatsächlich die T h e o r i e der Erlaubtheit erfasst haben, die N a g e l i m Sinn hat.

j. ι

3.1.2

Thomas Nagels Theorie der Supererogation

117

Von Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit zu seiner Theorie der Supererogation

W i e kommen w i r von Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit zu seiner T h e o r i e der Supererogation? Supererogation, so Nagel, »is adherence to the claims of impersonal morality prior to their modification to accommodate the normal limitations of human nature. This modification takes the form of a relaxation of these requirements through tolerance, as it were, rather than the discovery of new moral reasons that outweigh the original impersonal ones. If they had been outweighed, then there would be reasons against the type of sacrifice that displays supererogatory virtue: it would be wrong. As things are, it is merely not required. And those who undertake it nonetheless are praiseworthy for submitting themselves to the true strength of reasons that they could not reasonably be required to follow stricdy, given the mixed character of human motives.«11 Wer also darauf verzichtet, seine persönlichen Interessen in dem U m fang, w i e es ihm gestattet ist, in Ansatz zu bringen, wer etwas Besseres tut als das Schlechteste, was ihm erlaubt ist, der tut nach Nagel etwas Supererogatorisches. U n d damit besagt Nagels T h e o r i e der Supererogation: V Handelnden a V a betreffenden endlichen Handlungsmengen J3x

e {ua(wi),...,

ua(wn)}

:

s u p e r y r ( a j j ) gdw.: u(wj) > min {min {u(wk) | /t G ^F AV/iejF: u(wk)

+ ua(wk)

> u(w,)

+

ua(wi)},

max {u(wk) I f k G 7 mit w a (wt) > x } } .

Ii Nagel (1986), S. 204.

ιι8

3

Drei Theorien der Supererogation

Wenn wir Nagels T h e o r i e der Erlaubtheit mit seiner T h e o r i e der Supererogation vergleichen, so stellen wir fest, dass sie sich nur in einer Hinsicht voneinander unterscheiden. W o in der T h e o r i e der Erlaubtheit rechts des »gdw.« ein > steht, steht in der T h e o r i e der Supererogation rechts des »gdw.« ein > . Gegeben den schon referierten Geist der Sache (wer etwas Besseres tut als das Schlechteste, was ihm erlaubt ist, der tut etwas Supererogatorisches), sollten wir uns darüber nicht w u n d e r n .

3.1.3

Nagels Theorie der Supererogation und das Schwellenmodell

Im vorangegangenen Abschnitt sind wir von Nagels Theorie der E r laubtheit zu seiner T h e o r i e der Supererogation fortgeschritten. In diesem Abschnitt fragen wir, wie sich Nagels T h e o r i e der Supererogation zu den von uns betrachteten Modellen verhält. D i e Antwort Hegt auf der Hand. Abstrahieren wir davon, dass wir Nagels T h e o r i e der Einfachheit halber bloß für endliche Handlungsmengen spezifiziert haben, so gilt: Nagels Theorie der Supererogation instanziiert das Schwellenmodell, das wir in Abschnitt 1.1 kennen gelernt haben. D e n n offensichtlich ist Nagels min{min{«(u'fc) | fk E JAVfi e 7 : u(wk) + ua(u>k) > u(w¡) + max-fí^u^) I fk G 7 mit ua(u>k) > *}}

Ua(w,)},

eine Schwelle genau i m Sinne jenes Modells: ein in einer gegebenen Situation realisierbarer moralischer Wert, von d e m gilt, dass H a n d lungen supererogatorisch genau dann sind, w e n n ihre moralischen Werte den besagten Wert überschreiten. U n d weil Nagels T h e o r i e der Supererogation das Schwellenmodell instanziiert, k ö n n e n wir mit ihr über Situationspaare der Struktur (S4, S4'} u n d (S4', S4") auch sagen, dass Handlungen wie / ' + 2 in Situation 54', anders als Handlungen wie f¡+2 in Situation S4, u n d Handlungen wie f'j+1 in Situation S4', anders als Handlungen wie

j.i

Thomas Nagels Theorie der

Supererogation

119

f'¡+ j in Situation 54", supererogatorisch sind. (S4 und 54' sind in Abbildung 2.4 auf Seite 85 zu sehen und S4' und S4" in Abbildung 2.5 auf Seite 87.) Denn die Theorie verlangt nur, dass es für alle Situationen einen Schwellenwert, und nicht, dass es einen Schwellenwert für alle Situationen gibt. Also kann sie diesen Schwellenwert auch für alle Situationen der Struktur S4, S4' und S4" jeweils so wählen, dass erstens Handlungen wie f + 2 und / " + 1 »darunter« und zweitens Handlungen wie f'i+2 und f'i+1 »darüber« fallen. Des Weiteren können wir mit Nagels Theorie der Supererogation, gegeben wie subtil sie den Schwellenwert charakterisiert, einiges sagen, was wir mit manch einer simplen Instanz des Schwellenmodells nicht sagen können. Wir können mit ihr zum Beispiel sagen, dass Supererogation von zwei Faktoren abhängt, von den persönlichen Interessen, die die Handelnde opfert, und von unpersönlichen Gewinnen, die dadurch erzielt werden; dass die Handelnde ihren persönlichen Interessen stets ein größeres Gewicht verleihen darf als den persönlichen Interessen aller anderen von der Handlung Betroffenen; und dass die Handelnde, wenn die Forderungen, die die Moral an sie heranträgt, trotz dieses Zugeständnisses noch hoch sind, nie eine Schwelle zu unterschreiten verpflichtet ist, die wir hier unter gewissen Vorbehalten als ihr Existenzminimum angesprochen haben. Eines erlaubt uns Nagels Theorie der Supererogation, weil sie das Schwellenmodell instanziiert, jedoch mit Sicherheit nicht: zu sagen, dass zumindest in einigen Situationen der Struktur S4 bei Handlungen wie fi + 2 ein Supererogationsloch klafft. Für jede solche Situation, in der die Theorie Handlungen wie fi+\ als supererogatorisch ausweist, weist sie auch alle Handlungen, die moralisch besser sind, als supererogatorisch aus, insbesondere also Handlungen wie fi+2, und das, obwohl es zu Handlungen wie f + 2 weit bessere und für a kaum anstrengendere Alternativen gibt: Handlungen wie f + 3 . Sie machen, wie wir in Abschnitt 1.4.2 gesehen haben, Handlungen wie f + 2 zu welchen, die nicht supererogatorisch genannt werden sollten. Nagels Theorie der Supererogation erfüllt also, trotz der Flexibilität ihrer Supererogationsschwelle und der Mühe, die in deren Charakterisierung gesteckt worden ist, mindestens eine Anforderung, die

120

3

Drei Theorien der Supererogation

wir an eine Theorie der Supererogation stellen, nicht. 1 2 Wenn wir glauben, dass es nicht nur Supererogation, sondern auch Supererogationslöcher gibt, werden w i r mit Nagels T h e o r i e der Supererogation ebenso w e n i g froh w i e mit dem in Kapitel ι verworfenen Schwellenmodell selbst. D e n n sie instanziiert das Schwellenmodell.

3.2

Björn Erikssons Theorie der Supererogation

W i e zu Beginn dieses Kapitels gesagt, betrachten wir drei T h e o r i e n der Supererogation, die, anders als andere handelsübliche Theorien, gewisse Affinitäten zum Format aufweisen. D i e zweite ist die T h e o rie von B j ö r n Eriksson. Eriksson knüpft an den Utilitarismus an. D e r Utilitarismus sagt, dass w i r immer schon dann etwas falsch machen, w e n n wir nicht schlicht das Beste tun — also fast immer. Für manche ist allein diese Tatsache ein Grund, den Utilitarismus in die Wüste zu schicken, für Eriksson hingegen ist sie ein Grund, den Utilitarismus nachzubessern. M i t einer Theorie von Graden der Falschheit will Eriksson, ohne am utilitaristischen Maximierungsgebot zu kratzen, i m R e i c h der falschen Handlungen die Unterscheidung zwischen mehr oder weniger falschen zulassen: »There are not only discrete deontic qualities, such as Tightness and wrongness, but within the space o f w r o n g actions there is a continuum ranging from, say, very w r o n g indeed to nearly right.« D i e der Theorie zugrunde hegende Idee ist nicht neu. John Stuart Mill sagt, Handlungen seien »right in proportion as they tend to promote happiness, w r o n g as they tend to produce the reverse o f happiness«, John Mackie spricht von »relative badness«, und bei Jonathan Dancy heißt es: 12 D e n speziellen Fragen, die Nagels Theorie der Supererogation aufwirft, insbesondere nach dem Unterschied zwischen neutralen und relativen Handlungsgründen, gehen wir hier nicht nach. Sie hätten uns auf ein Nebengleis geführt, dem eigene Bücher gewidmet sind. Eine konzise Beschäftigung damit findet sich etwa bei Dancy (1993, S. 233—7) u n d auch bei Nagel selbst (1986, S. 159t): »I am somewhat handicapped by the fact that I find it self-evident. Since I can't find anything still more certain with which to back it up, I face the danger of explaining the obvious in terms of the obscure.«

3-2

Björn Erikssons Theorie der Supererogation

121

»there are weaker and stronger moral reasons, and it may seem implausible to speak of all as equally requiring us to do the specific action or adopt the specified aim. I agree, and think it would be better in the end to think only o f the strongest moral reasons as requiring. Less strong ones demand without requiring, perhaps, and yet weaker ones only call for the relevant action or the adoption of the relevant aim.« 13 Eriksson entwickelt seine T h e o r i e der Grade v o n Falschheit in zwei Schritten. In e i n e m ersten Schritt betrachtet er Situationen, die sich so beschreiben lassen, als stünden der Handelnden genau z w e i H a n d lungen zur Auswahl, die utilitaristisch richtige und eine schlechtere. Für sie legt er eine A r t Prototheorie vor — w i r n e n n e n sie »Erikssons T h e o r i e der Grade v o n Falschheit für 2« —, die er in e i n e m zweiten Schritt auf mehrelementige Handlungsmengen zu seiner T h e o r i e der Grade v o n Falschheit verallgemeinert. 1 4 D e n zweiten Schritt, die Verallgemeinerung, k ö n n e n w i r hier überspringen. U n s e r W e g zu Erikssons T h e o r i e der Supererogation n i m m t seinen A u s g a n g bei der T h e o r i e der Grade v o n Falschheit für 2. Ihr stellen w i r eine Eriksson-artige T h e o r i e der Supererogation für 2 zur Seite, die w i r dann, ähnlich w i e in Abschnitt 2.4 u n ser Format für 2 zu unserem Ersten Provisorischen Format, zu einer Eriksson-artigen T h e o r i e der Supererogation ausbauen. W i r nennen die beiden T h e o r i e n , u m nicht durchgängig das hässliche A d j e k t i v »Eriksson-artig« v e r w e n d e n zu müssen, i m Folgenden schlicht »Erikssons T h e o r i e der Supererogation für 2« und »Erikssons T h e o r i e der Supererogation«, o b w o h l Eriksson selbst sie höchstens andeutet.

13

M i l l (1861), S. 257, H e r v o r h e b u n g v o n mir; M a c k i e (1977), S. 205, H e r v o r h e b u n g v o n mir; D a n c y (1993), S. 47. D a s vorangegangene Eriksson-Zitat findet sich auf S. 213 seines Artikels »Utilitarianism for Sinners« (1997).

14 A u f die methodische Verwandtschaft zwischen Eriksson und mir w u r d e zu B e g i n n v o n Kapitel 2, in der dortigen A n m e r k u n g 1, hingewiesen.

122

3 3.2.1

Drei Theorien der Supererogation

Erikssons T h e o r i e der Grade v o n Falschheit für 2

Konzentrieren w i r uns mit Eriksson also zunächst a u f Situationen mit genau z w e i Handlungsalternativen. In ihnen sollen z w e i Faktoren den Falschheitsgrad der schlechteren H a n d l u n g bestimmen, erstens die D i f f e r e n z zwischen d e m moralischen W e r t der besseren W e l t und d e m moralischen W e r t der schlechteren Welt (in Erikssons e x plizit utilitaristischem R a h m e n : die D i f f e r e n z zwischen d e m W e r t der utilitaristisch richtigen H a n d l u n g u n d d e m Wert der schlechteren Alternative) u n d zweitens der relative Grad, in d e m die H e r b e i f ü h r u n g der besseren Welt (in Erikssons explizit utilitaristischem R a h m e n : der Vollzug der utilitaristisch richtigen Handlung) für die Handelnde schwierig ist. D e r erste Faktor, die moralische Differenz, ist nach allem, was hier insbesondere in den Abschnitten 2.1 u n d 2.3.2 bereits darüber gesagt w o r d e n ist, nicht weiter erläuterungsbedürftig. D e r zweite Faktor, die relative Schwierigkeit, dagegen schon. Sie kann, so Eriksson, nicht einfach durch den Wertverlust gefasst werden, d e n die Handelnde bei Vollzug der besseren H a n d l u n g erleiden w ü r d e : »In utilitarianism, the value-losses effected by actions are recorded under the heading >value produceddifficultiesnot blameworthydegree of wrongness M(W.·) Λ ua{wj) Λ

G ¥

í m (

< a

ua(w,) J ¡ )

< y•

Ersetzen wir den Ausdruck »GF

durch sein Definiens, so

lautet Erikssons Theorie der Supererogation fur 2 (ETS2): 3y e IR.

V Handelnden a V a betreffenden zwei elementigen Handlungsmengen { f i , f j } : super{Infi}(a,fj)

(ETS2.1)

gdw.:

u(wj) > u(u>;)

Λ (ETS2.2) u„(wj) < ua(w¡) A (ETS2.3)

(u(wj)

-

u(w,·)) X

< y. u a{w)

Dass die alternative Handlung f¡, damit f j als supererogatorisch bezeichnet werden darf, nicht bloß attraktiver, sondern, wie Eriksson es fordert, nennenswert attraktiver (»considerably less exacting«) ist, wird, bei einem gegebenen Schwellenwert y, durch die Bestimmung des Falschheitsgrades sichergestellt. Denn ist f j moralisch mindestens so gut wie f , aber für a unattraktiver, so wird der Falschheitsgrad von f umso eher unterhalb von y liegen, je geringer der moralische Verlust bei f j ist und je schwieriger sich der Vollzug von f j für die Handelnde gestaltet. Ein Blick auf (ETS2.3) macht diese Zusammenhänge augenfällig.

128

j}

Drei Theorien der Supererogation

D a m i t w o l l e n w i r es, was die T h e o r i e der Supererogation fìir 2 angeht, b e w e n d e n lassen, o b w o h l Eriksson selbst B e d e n k e n äußert. »Even if we had the threshold-value for blameworthiness and if we were able to make a sensible weighing of relative difficulty against value-difference, there is more to blameworthiness — e. g., intentions, special roles and responsibilities, ignorance and knowledge — than what my theory has resources to handle.«22 Was Eriksson hier beunruhigt, sind mindestens z u m Teil j e n e K o m plikationen, die auch w i r bei der E n t w i c k l u n g unseres Formats v o r der T ü r gelassen haben (siehe dazu Seite 51 u n d Abschnitt 2.8). Dass w i r sie v o r der T ü r gelassen haben, ist j e d o c h harmlos, solange w i r diese Tatsache nicht vergessen, i m Falle v o n Eriksson nicht anders als b e i m Format. D e r U b e r g a n g v o n Erikssons T h e o r i e der Supererogation fur 2 zu Erikssons T h e o r i e der Supererogation ist, genau w i e in Abschnitt 2.4 der Ü b e r g a n g v o m Format für 2 z u m Ersten Provisorischen F o r mat, simpel. Muss Eriksson, w e n n es u m die Supererogativität v o n f j geht, bei genau einer Alternative fragen, o b sie attraktiver u n d nicht z u schlecht ist, so muss er bei einer größeren M e n g e f

von möglichen

H a n d l u n g e n fragen, o b es in ihr eine H a n d l u n g gibt, die attraktiver und nicht z u schlecht ist. 23 Somit lautet

22 Eriksson (1997), S. 221. 23 Im Folgenden ergibt sich die letzte Zeile von (ETS), also (ETS.3), aus der letzten Zeile von (ETS2), also (ETS2.3), durch simple Äquivalenzumformung. Beide Seiten der Ungleichung wurden mit — 1 multipliziert:

~(u(wj) - u(w¡)) χ — P f > - y . Das letzte Minus dieser Ungleichung (vor y), die ja im Skopus eines Existenzquantors steht, darf wegfallen. Denn es gibt eine reelle Zahl x, nämlich —y, die genau dann, wenn y die vorstehende Gleichung wahr macht, die nachstehende wahr macht:

/ \ ~ MU/A) / \\ UXÁW¡)r-^i- > X. —/(uiWj) U„(W¡)

j.2

Björn Erikssons Theorie der Supererogation

129

Erikssons Theorie der Supererogation (ETS): 3x G R V Handelnden a Va betreffenden Handlungsmengen jF Y/} e 7 : s u p e r j { a J j ) gdw.:

j) > u(U>Ì) Λ (ETS.2) Ma(u^) < Ke(u>,·) Λ (ETS.3) -(«(«/,·) - u(w¡)) Χ ^

3.2.3

^

> χ.

Erikssons Theorie der Supererogation und das Erste Provisorische Format

Im vorangegangenen Abschnitt sind wir von Erikssons Theorie der Grade von Falschheit für 2 zu seiner Theorie der Supererogation fortgeschritten. In diesem Abschnitt fragen wir, wie sich Erikssons Theorie der Supererogation zu den von uns betrachteten Modellen verhält. Der Beweis in Anhang C. 1 zeigt: Unter Erikssons eigener Voraussetzung, dass die Funktion ua nur Werte aus ]0; l] annimmt, instanziiert Erikssons Theorie der Supererogation das Erste Provisorische Format. 2 4 U n d zwar instanziiert sie es in einer Weise, die sie nicht in ein Schwellenmodell kollabieren u n d die sie sogar mit einigen Supererogationslöchern fertig werden lässt. Wie Anhang C.2 dieses Buches deutlich macht, lassen sich entsprechend der genannten Voraussetzung modifizierte Spielarten von Situation S4 finden, für die wir den Schwellenwert χ von Erikssons Theorie der Supererogation so wählen können, dass die Theorie Handlungen wie f¡+\ und fi+3 als supererogatorisch ausweist und Handlungen wie f¡+ 2 als 24 Dass die Werte, die die Funktion ua annimmt, bei Eriksson die Schwierigkeitsgrade der Handlungen und im Ersten Provisorischen Format deren Güte für die Handelnde repräsentieren, dürfen wir, siehe Seite 125, ignorieren.

3

130

Drei Theorien der Supererogation

nichtsupererogatorisch. Das ist eine gute Nachricht. 2 5 Eine schlechte Nachricht dagegen ist, dass Erikssons Theorie, weil sie als eine Instanz des Ersten Provisorischen Formats nicht über eine flexible Supererogationsschweüe verfugt, es uns nicht erlaubt, über Situationspaare der Struktur (S4, S4') und (54', S4") zu sagen, dass Handlungen wie f ¡ + 2 in Situation S4, anders als Handlungen wie f'i+2 in Situation S4', und Handlungen wie / ' + 1 in Situation S4', anders als Handlungen wie f"+x in Situation S4", supererogatorisch sind. (S4 und S4' sind in Abbildung 2.4 auf Seite 85 zu sehen und S4' und S 4 " in Abbildung 2.5 auf Seite 87.) Selbst wenn es also für Erikssons Theorie der Supererogation spricht, dass sie nicht in ein Schwellenmodell kollabiert und dass sie eventuell genau die Supererogationslöcher anerkennt, deren Existenz wir behaupten wollen, erfüllt sie mindestens eine der Anforderungen, die wir an eine Theorie der Supererogation stellen, nicht. Wenn wir glauben, dass in Situationspaaren der Struktur (S4, S4') und (S4', S4") qualitativ identische Handlungen einen unterschiedlichen moralischen Status haben können, werden wir mit Erikssons Theorie ebenso wenig froh wie mit dem Ersten Provisorischen Format selbst. Denn sie instanziiert das Erste Provisorische Format.

3.3

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

Die dritte Theorie der Supererogation, die gewisse Affinitäten zum Format aufweist, ist die, zu der sich Samuel Schefflers Theorie der Erlaubtheit ausbauen lässt. Konsequentialistische Theorien, so Scheffler, sind Theorien, die die Resultate unserer Handlungen ihrer moralischen Qualität nach ordnen und uns dann heißen, stets eines 25 Eine gute Nachricht ist auch, dass sich entsprechend der genannten Voraussetzung modifizierte Spielarten von Situation S4 finden lassen, fur die wir den Schwellenwert χ von Erikssons Theorie der Supererogation nicht so wählen können, dass sie Handlungen wie J,+1 und f¡+3 als supererogatorisch ausweist und Handlungen wie fi+2 als nichtsupererogatorisch (dies macht ebenfalls Anhang C.2 deutlich). Denn wir werden kaum behaupten wollen, dass in allen Situationen der Struktur von S4 bei Handlungen wie f¡+2 ein Supererogationsloch klafft.

3-3

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

131

der bestmöglichen herbeizufuhren. Verschiedene konsequentialistische T h e o r i e n haben verschiedene B e g r i f f e des moralisch G u t e n , das heißt verschiedene universelle Prinzipien, nach denen sie die O r d n u n g der Resultate v o r n e h m e n , d o c h sie alle stimmen darin überein, dass, g e g e b e n eine bestimmte O r d n u n g , i m m e r eines der bestmöglichen Resultate herbeizufuhren ist. Deontologistische T h e o r i e n sind nach Scheffler dagegen T h e o r i e n , denen zufolge eines der bestmöglichen Resultate herbeizuführen manchmal

verboten

ist. Sie enthalten »agent-centred restrictions« und bestreiten damit, was konsequentialistische T h e o r i e n voraussetzen: dass es universelle Prinzipien gibt, nach denen sich die Resultate v o n den schlechtesten bis hin zu den besten so ordnen lassen, dass es stets geboten ist, eines der bestmöglichen herbeizuführen. W i e ü b e r z e u g e n d der begriffliche R a h m e n gespannt ist, sei einmal dahin gestellt. Scheffler jedenfalls schickt sich an, eine n o r m a tive T h e o r i e zu skizzieren, die sich zwischen die beiden so charakterisierten Stühle des Konsequentialismus und des D e o n t o l o g i s m u s setzt. Das Ergebnis nennt er die »Hybride Theorie«. W i r nennen es »Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit«, u m später unterscheiden zu k ö n n e n — zwischen dieser selbst und einer auf ihr aufbauenden, v o n Scheffler selbst b l o ß angedeuteten T h e o r i e der Supererogation.

3.3.1

Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit

Das H e r z v o n Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit sind so genannte »agent-centred prerogatives«, also Privilegien, die der Handelnden eingeräumt werden. Sie beschränken die konsequentialistische O p t i mierungspflicht, i n d e m sie der Handelnden erlauben, ihren eigenen Interessen ein gewisses proportional größeres G e w i c h t zu verleihen als den Interessen der anderen v o n ihrer H a n d l u n g Betroffenen. In seinem B u c h The Rejection of Consequentialism stellt Scheffler die Sache so dar: »If the unrestricted responsibility of producing optimal outcomes [...] is thought to be objectionably demanding, then the natural solution is to allow agents not to promote such outcomes when it

132

3

Drei Theorien der Supererogation

would be unduly costly or burdensome for them to do so. O n a plausible view of this kind, an answer to the question of whether an agent is required to promote the best overall outcome in a given situation would depend on the amount of good he could thereby produce [...], and on the size of the sacrifice he would have to make in order to achieve the optimal outcome. More specifically, I believe that a plausible agent-centred prerogative would allow each agent to assign a certain proportionately greater weight to his own interests than to the interests o f other people.«26 D e r W i t z ist, dass die Privilegien einerseits, genau w i e die »agentcentred restrictions« der deontologistischen T h e o r i e n , der H a n d e l n den unter bestimmten B e d i n g u n g e n erlauben, nicht eine der b e s t m ö g lichen Handlungen z u vollziehen, u n d ihr andererseits, i m U n t e r schied zu den »agent-centred restrictions«, eine der bestmöglichen H a n d l u n g e n z u vollziehen niemals verbieten. D e r B e g r i f f der Privilegien bleibt in The Rejection of Consequentialism recht vage; erst in e i n e m späteren Aufsatz, »Prerogatives w i t h o u t Restrictions«, präzisiert Scheffler ihn. »Suppose [...] that each agent were allowed to give M times more weight to his own interests than to the interests o f anyone else. This would mean that an agent was permitted to perform his preferred act (call it P), provided that there was no alternative A open to him, such that (ι) A would produce a better overall outcome than P, as judged form an impersonal standpoint which gives equal weight to everyone's interests, and (2) the total net loss to others of his doing Ρ rather than A was more than M times as great as the net loss to him in doing A rather than P.«27 Das heißt in unseren Jargon übersetzt, dass die Handelnde a bei einer Wahl zwischen verschiedenen H a n d l u n g e n aus f

die (von ihr favo-

26 Scheffler (1982), S. 20. Ähnlich übrigens bereits Sikora (1979, S. 463^ zweite Hervorhebung von mir): »I have come to believe [ . . . ] that although it is never wrong to do the optimific thing, you only have an obligation to do it when the ratio of gain to others compared to the loss to yourself is sufficiently high.« 27 Scheffler (1992), S. 169.

3-3

Samuel

Schejflers

Theorie

der

Supererogation

133

risierte) Handlung f¡ genau dann vollziehen darf, wenn es zu f¡ keine Alternative f j gibt, für die gilt: (1 ) f j ist moralisch besser als f , und (2) der moralische Nutzenverlust, der durch den Vollzug von f statt f j entsteht, also die moralische Differenz u(wj) — u(w¡), ist größer als der subjektive Nutzenverlust, der a durch den Vollzug von f j statt β entsteht, also die subjektive Differenz ua(w¡) — ua(wj), gewichtet mit einem Faktor x. 28 Dabei sind u(w¡) und u(wj) so definiert, dass sie ua(w,) und uc(wj) nicht enthalten und die moralischen Werte der Welten nur abzüglich der Handelnden Wohl und Wehe repräsentieren. Doch so sollten sie nicht definiert sein. Letztlich möchte Scheffler seine Theorie der Erlaubtheit mit einer Theorie über die interne Struktur der Bewertung u koppeln, die, ohne dass ua(w¡) und ua(wj) in u(w¡) und u(wj) enthalten sind, nicht wohldefiniert ist.29 Deshalb sollten u(w¡) und u(wj) so definiert sein, dass sie ua(w,·) und ua(wj) enthalten und die moralischen Werte einschließlich der Handelnden Wohl und Wehe repräsentieren. Im Folgenden unterstellen wir, dass sich dies tatsächlich so verhält. Ein SchefHerianer, der mit diesem Vorgehen unglücklich ist, könnte durch Erhöhung des ihm vorschwebenden Gewichtungsfaktors λ: gegensteuern. Wenn wir nun, wie gehabt, Eyr(a,f¡) fur »es ist a in einer Situation, in der ihr genau die Handlungen aus der Menge f offen stehen, erlaubt, die Handlung f zu vollziehen« schreiben, können wir den harten Kern von Schefflers Theorie der Erlaubtheit wie folgt abkürzen: 28 Die beiden Differenzen sind bei Scheffler stets positiv, die moralische Differenz wegen der oben genannten B e d i n g u n g (1) u n d die subjektive Differenz wegen der im Vorspann zu den beiden Bedingungen genannten Annahme, dass J, die von a favorisierte H a n d l u n g ist. — Dass u n d w a r u m wir Schefflers »provided that« durch ein »genau dann, wenn« ersetzen dürfen, ergibt sich aus unseren n u n anstehenden Erwägungen zur Plausibilität seiner T h e o r i e der Erlaubtheit. 29 Z u dieser T h e o r i e über die interne Struktur der B e w e r t u n g u siehe in diesem Kapitel A n m e r k u n g 30.

3

134

Sit

Drei Theorien der Supererogation

7

Λ - a f j € ! F :

u(wj)

> u(u>j)

Λ u(wj)

— u(wj)

> (ua(Wj)

— Ma(wj))

X X.

A u s G r ü n d e n , die etwas mit der Handhabbarkeit der T h e o r i e in e i n e m der n o c h ausstehenden Beweise zu tun haben, wollen wir es dabei j e d o c h nicht belassen, sondern d e m harten K e r n eine logisch äquivalente u n d der T h e o r i e als ganzer die nachstehende F o r m g e ben. 3 0

Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit (STE):

3x > 1 V Handelnden a V a betreffenden Handlungsmengen

7

V f i Z ? : EjC^ü)

gdw-:

V f j G 7 •• ti(wj)

> m(W,·)

—• u(wj)

— u(w¡) < ((ua(w¿)

— Ua(wj))

X X.

30 Von der Theorie als ganzer zu sprechen ist ungenau. Denn wie zu Beginn von Abschnitt 3.3.1 gesagt, sind die durch χ repräsentierten Privilegien nur deren Herz. Schefflers Theorie der Erlaubtheit enthält darüber hinaus ein Stück Gerechtigkeitstheorie, das heißt Überlegungen dazu, wie innerhalb der moralischen Bewertung u die Interessen aller von der Handlung Betroffenen aggregiert werden sollen. Diese Überlegungen klammern wir, wie alle Fragen über die interne Struktur des u, in diesem Buch jedoch aus - siehe dazu Abschnitt 2.1. Es sei lediglich daraufhingewiesen, dass Schefflers Gerechtigkeitstheorie eine prioritistische ist. Sie besagt in etwa, dass es zwar um so wichtiger ist, jemandes Wohlergehen zu erhöhen, je schlechter der Betreffende dran ist, die Besserstellung der Schlechtestgestellten aber nicht absoluten Vorrang gegenüber anderen Gerechtigkeitserwägungen hat: »And so it might hold that, as between one state of affairs in which the worst-off group was benefited slighdy, and another state in which those who were nearly as badly off were benefited substantially, the latter was, other things equal, the better state of affairs.« (Scheffler 1982, S. 31.) Vgl. dazu auch die Diskussion zwischen dem Absolutisten und dem Differenzen-Relativisten in Abschnitt 2.3.2 dieses Buches.

3-3

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

135

Man beachte erstens, dass auf dem Weg vom harten Kern zur Theorie als ganzer zwei Schritte in einem gemacht worden sind. Schritt (1): Die Bedingung, dass die Handlung f ¡ , deren Erlaubtheit zur Debatte steht, in J sein muss, ist in den Vorspann gewandert. Die verneinte Existenzaussage -BfjST·. u(lVj) > u(w¡) Λ u(tVj) — u(w¡) > (ua(w¡) — ua(wj))

Χ χ

ist mit jeder der nachstehenden Allaussagen logisch äquivalent: ν/} G 7 : u(wj)
i) < ((ua(w¡) — ua(wj))

X χ

V/; e 7 : u(wj) >

u(w¡)

-» u(wj) - u(w¡) < ((ua(wj) - Ua(wj)) X X.

Schritt (2): m(u>j) — u(w¡) < ((ua(w¡) — ua(wj)) χ χ wird durch u(wj) — u(w¡) < ((ua(wj) — ua(wj)) X χ, also das von einer simplen Äquivalenzumformung geforderte < durch ein < ersetzt. Wiederum ist schwer zu sehen, warum ein Schefflerianer sein Herz an das < hängen sollte; der Geist der Theorie ändert sich durch das < nicht. Und wiederum könnte ein Schefflerianer, wenn er wollte, gegensteuern, indem er den ihm vorschwebenden Gewichtungsfaktor χ etwas größer wählt. Zweitens muss, auch wenn Scheffler es nicht sagt, für den G e wichtungsfaktor χ offensichtlich gelten, dass er größer ist als 1 . A n dernfalls verlöre die Theorie der Erlaubtheit jeglichen Witz. Deshalb waren wir berechtigt, diese Bedingung zu einem die Theorie definierenden Merkmal zu machen. 31 31

W ä r e χ = 1, so bekäme ua(wt)

— u a (wj) gegenüber u(wj)

Gewicht, und wäre χ < 1 , so würde ua(w:) diskontiert.

— ua(wj)

— u(w¡) kein zusätzliches

gegenüber u(wj) — u(w,) sogar

136

3

Drei Theorien der Supererogation

Drittens ist SchefHers Theorie der Erlaubtheit, sofern man überhaupt den Interessen der Handelnden ein größeres Gewicht verleihen möchte als den Interessen aller anderen von der Handlung Betroffenen, zumindest auf den ersten Blick recht plausibel. Denn ihr zufolge gilt: Sind alle von f¡ verschiedenen Handlungen f j moralisch genauso gut wie f oder schlechter, so ist die Handlung f erlaubt — etwas Optimales zu tun verstößt gegen kein Gebot. Sind jedoch alle von f verschiedenen Handlungen f j moralisch besser als f , so ist die Handlung f mit Sicherheit nicht erlaubt, wenn f j für a leichter zu vollziehen ist als f - wo moralische Verbesserungen die Handelnde nichts kosten, da sind sie auch Pflicht. Ist f j aber fur a anstrengender als f , so kann f erlaubt sein — je nachdem, ob der moralische Nutzengewinn bei Vollzug von f j tatsächlich kleiner ist als der mit χ gewichtete subjektive Nutzenverlust bei dem Vollzug von f . 3 2 Viertens gilt nach SchefHers Theorie der Erlaubtheit nicht für jede Handlung, die erlaubt ist, dass jede moralisch mindestens so gute es ebenfalls ist. U m uns dies vor Augen zu führen, kehren wir, siehe Abbildung 2.3 auf Seite 83, zu Situation S4 zurück und betrachten 32 Einer der prominentesten E i n w ä n d e g e g e n SchefHers T h e o r i e der Erlaubtheit b e sagt, dass sie, w ü r d e sie es uns erlauben, nicht 10 000 Dollar zu spenden, u m e i n e m Fremden das L e b e n z u retten, es uns auch erlauben würde, einen reichen O n k e l z u töten, u m 10000 Dollar zu erben. In Shelly Kagans W o r t e n (1984., S. 251): »For in each case o n e must choose a cost o f $ 10,000 for oneself or death for s o m e o n e else, and [ . . . ] there are n o differences b e t w e e n the t w o choices that w o u l d lead the hybrid theory to say different things about them.

So if the theory allows a

person to give enough extra w e i g h t to his o w n interests that he is not required to pay $ 10,000 to save a stranger's life, it will also b e c o m m i t t e d to allowing h i m to kill his uncle f o r a $ i o , o o o gain. A n d , o n the other hand, if it does not allow h i m to give enough extra w e i g h t to his o w n interest that he can permissibly kill his uncle for a $ 10,000 gain, it must also require h i m to pay $ 10,000 to save a stranger's life. T h u s , it seems, the theory either permits t o o m u c h or requires t o o much.« Ä h n l i c h w i e K a g a n argumentieren auch Frances K a m m (1985, S. 126) u n d D a vid Schmidtz (1990, S. Ó24Í). W i r beschäftigen uns hier w e d e r mit d e m E i n w a n d n o c h mit SchefHers A n t w o r t darauf, w e i l er eine Frage berührt, die w i r ü b e r springen: o b die T u n - u n d - U n t e r l a s s e n - U n t e r s c h e i d u n g a u f d e m W e g v o n einer B e w e r t u n g der Handlungen, die in einer Situation vollzogen w e r d e n k ö n n e n , z u m normativen U r t e i l ü b e r die Situation eine R o l l e spielt und, w e n n ja, welche. Siehe dazu in der E i n f ü h r u n g den Abschnitt »Tun und Unterlassen, der W i l l e zur Supererogation und ihre Lobenswertheit« sowie die B e m e r k u n g über die C h a r a k terisierung der M e n g e "W auf Seite 13.

3-3

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

137

eine Spielart von Schefflers Theorie, die den Gewichtungsfaktor χ mit 10 identifiziert. Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit weist dann f¡-1-2 als verboten aus, und zwar deshalb, weil es zu f¡+2 eine bessere Alternative gibt, nämlich fi+3, fur die gilt, dass die moralische Differenz zwischen f¡+3 und f¡+2, also u(w i + ì) — u(w, + 2), größer ist als die mit 10 gewichtete subjektive Differenz zwischen f¡+2 u n d _/¡+3, also u a (w l+ 2) — u a (w l + i). Alle anderen Handlungen, f¡, f,+\ und f¡+3, dagegen sind erlaubt, und also gilt nach Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit nicht flir jede Handlung, die erlaubt ist, dass jede moralisch mindestens so gute es ebenfalls ist. Dass seine Theorie diese b e m e r kenswerte Eigenschaft hat, wird von Scheffler selbst nicht erwähnt.

3.3.2

Von Schefflers Theorie der Erlaubtheit zu seiner Theorie der Supererogation

Soweit Schefflers Theorie der Erlaubtheit. Auf ihr wollen wir, wie angekündigt, Schefflers T h e o r i e der Supererogation aufbauen. Scheffler selbst gibt uns dazu bloß einen vagen Hinweis. »People«, so schreibt er, »are not always required to bring about the best states of affairs accessible to them [...] But at the same time, it would certainly on such a view always be permissible for an agent to bring about the best available states of affairs. Thus there might be an agent who willingly sacrifices his own projects for the greater good; on this view his conduct would be supererogatory.«33 Mit exegetischem Wohlwollen dürfen wir Scheffler hier wie folgt verstehen. Eine Handlung ist genau dann supererogatorisch, wenn sie erstens selbst erlaubt ist und es zweitens eine nicht verbotene Alternative zu ihr gibt, die für die Handelnde mindestens so attraktiv, aber moralisch schlechter ist. Kurz und in U m k e h r u n g der Reihenfolge der beiden genannten Bedingungen:

33 Scheffler (1982), S. 2if.

138

3

Drei Theorien der Supererogation

s u p e r T { a , f j ) gdw.: 3fi e 7 : u (Wj) > m(Wi) a Ua(wj) < ua(w¡) Λ Ε λ Eyr(a,fj). Wenn wir die Kürzel E ? ( a , f ¡ ) und E j ( í J , / ; ) Schefflers Theorie der Erlaubtheit entsprechend auflösen, so erhalten wir Schefflers Theorie der Supererogation (STS): 3x > 1 V Handelnden a Vd betreifenden Handlungsmengen 7 V/y € 7 : s u p e r j r { a J j ) gdw.: (STS.i) Bf G 7 : u w

( j) — m(wì) A ua(wj) < ua(wj) A Vfk e 7u w ( k) > m(W¿) u(u>k) - u(w¡) < ((ua(wj) - ua(wk)) χ X und ( S T S . 2 ) V/T G 7

:

u(wk) > u{wj) —• u(wk) — u(wj) < (ua(wj) - ua(wk)) χ X. Wie wir in Abschnitt 3.3.1 gesehen haben, gilt nach Schefflers Theorie der Erlaubtheit nicht für jede Handlung, die erlaubt ist, dass jede moralisch mindestens so gute es ebenfalls ist. Entsprechend gilt nach der Theorie der Supererogation, die wir aus Schefflers Theorie der Erlaubtheit entwickelt haben, nicht für jede Handlung, die supererogatorisch ist, dass jede moralisch mindestens so gute es ebenfalls ist. Nach jener Spielart der Theorie, die wir in Abschnitt 3.3.1 betrach-

3-3

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

139

tet haben und die den Gewichtungsfaktor χ mit 10 identifiziert, ist zum Beispiel in Situation S4 (siehe Abbildung 2.3 auf Seite 83) f,+\ supererogatorisch, fi+2 aber nicht, und zwar deshalb nicht, weil ß+2 nicht erlaubt und a fortiori nicht supererogatorisch ist.

3.3.3

Schefflers Theorie der Supererogation und das Format

Soeben sind wir von Schefflers Theorie der Erlaubtheit zu seiner Theorie der Supererogation fortgeschritten. Jetzt fragen wir, wie sich Schefflers Theorie der Supererogation zu den von uns betrachteten Modellen der Supererogation verhält. Ein vergleichender Blick auf das Format legt die Antwort nahe, die der Beweis in Anhang C.3 bestätigt: Schefflers Theorie der Supererogation instanziiert das Format. Und weil Schefflers Theorie der Supererogation das Format instanziiert, erlaubt sie es uns auch, über die strukturellen Merkmale von Supererogation vieles von dem zu sagen, was wir gerne sagen würden. Wie wir soeben für eine Spielart der Theorie, die den Gewichtungsfaktor χ mit 10 identifiziert, gesehen haben, erlaubt sie es uns zum Beispiel, über Situation 54 zu sagen, dass bei f¡+2 ein Supererogationsloch klafft. Und wie jeder für dieselbe Spielart der Theorie leicht selbst prüfen kann, erlaubt sie es uns auch, über das Situationspaar aus S4 und S4' zu sagen, dass f'i+2 in Situation S4', anders als f¡+2 in Situation S4, supererogatorisch ist. (S4 und S4' sind in Abbildung 2.4 auf Seite 85 zu sehen.) Wir könnten deshalb geneigt sein, uns Schefflers Theorie der Supererogation zu Eigen zu machen. Doch letztlich sollten wir das nicht tun. Denn selbst wenn wir keinen Anstoß daran nehmen, dass in ihr die Anforderungen, die an die Handelnde gestellt werden, proportional zu den moralischen Gewinnen steigen (siehe dazu den nächsten Abschnitt 3.3.4), so bleibt mindestens ein anderes Problem. Wir können, wie Abschnitt 3.3.5 und Anhang C.5 zeigen werden, mit Schefflers Theorie der Supererogation über kein Situationspaar der Struktur (S4', 54") sagen, dass Handlungen wie f'i+i in Situation S4', anders als Handlungen wie f"+1 in Situation S4", supererogatorisch sind.

140

3 3.3.4

Drei Theorien der Supererogation

Supererogation u n d ihre Proportionalität

W e n d e n w i r uns zunächst d e m geringeren der beiden

Probleme

zu: dass die A n f o r d e r u n g e n , die an die Handelnde gestellt werden, in Schefflers T h e o r i e der Supererogation proportional z u den m o ralischen G e w i n n e n steigen. T i m M u l g a n erzählt die Geschichte v o n W o h l h a b e n d (»Affluent«), M i t g l i e d einer Gesellschaft der so g e nannten Ersten Welt. W o h l h a b e n d sitzt mit ihrem S c h e c k b u c h am Schreibtisch u n d überlegt, w i e viel G e l d sie O x f a m spenden soll, η sei die A n z a h l der Dollar, die ihr insgesamt zur V e r f ü g u n g stehen. Sofern es W o h l h a b e n d verboten ist, kein Geld, also 0 Dollar z u spenden, und sofern es ihr nicht g e b o t e n ist, all ihr Geld, also η Dollar z u spenden, gibt es Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit zufolge einen Betrag s, 0 < s < η, dergestalt, dass (1) es W o h l h a b e n d erlaubt ist, s Dollar oder m e h r zu spenden; (2) es W o h l h a b e n d nicht erlaubt ist, 0 Dollar z u spenden; und (3) das, was W o h l h a b e n d mit einer Spende v o n s + 1 Dollar Gutes tun könnte, geringer ist als der mit χ multiplizierte Nutzenverlust, der W o h l h a b e n d durch eine Spende v o n s + 1 Dollar entstünde. W i r betrachten drei Szenarien, die sich nur in Hinblick auf O x f a m s Effizienz voneinander unterscheiden. Im ersten Szenario ist O x f a m s Effizienz a u f ein Z e h n t e l gesunken (»Inefficient Oxfam«); i m zweiten Szenario ist sie unverändert (»Normal Oxfam«); und i m dritten S z e nario ist sie u m ein 10-faches gestiegen (»Superefficient Oxfam«). 3 4 Offensichtlich ist die G r ö ß e v o n s, also die H ö h e des DollarBetrags, den W o h l h a b e n d spenden sollte, abhängig v o n O x f a m s E f fizienz.

W i e h o c h der Betrag, den z u spenden ihr bei der normalen

Effizienz g e b o t e n wäre, auch sein mag, bei gesteigerter Effizienz g ö l te:

34 Mulgan erzählt die Geschichte ein wenig anders. Bei ihm hat a ein Informationsdefizit; sie weiß nicht, wie es mit der Effizienz von O x f a m bestellt ist. Dies ist jedoch insofern irreführend, als das Problem, das er diskutieren möchte, mit doxastischen Komplikationen letztlich nichts zu tun hat.

3-3

Samuel Scheffiers Theorie der Supererogation

141

»the amount of additional value Oxfam could produce by spending any given dollar is ten times as great as the amount of additional value they could have produced with that same dollar in Normal Oxfam. Therefore, in Superefficient Oxfam, Affluent must continue making donations until the amount of additional utility she would gain by spending her next dollar on herself is ten times as great as it would have been at the point at which she stopped making donations in Normal Oxfam. [ . . . ] To put it crudely, in Superefficient Oxfam Affluent is required to give up things which are ten times as valuable to her as the things she is required to give up in Normal Oxfam.« Umgekehrt gölte bei gesunkener Effizienz von Oxfam, dass es a bloß geboten wäre, ein Zehntel dessen zu spenden, was sie im Falle von Oxfams normaler Effizienz spenden müsste. Das Problem ist nicht, wie Mulgan betont, dass as Verpflichtungen mit der Effizienz von Oxfam variieren; das Problem ist, wie sehr sie damit variieren. »How much sacrifice she is required to make should not depend to so great an extent on precisely how much greater the amount of good foregone is than the level of sacrifice.« 35 Als Lösung, die sich so wenig wie möglich von Schefflers Theorie der Erlaubtheit entfernt, schlägt Mulgan eine nichtproportionale Variante derselben vor, eine Theorie also, bei der die Höhe des Faktors mit dem die Handelnde den Wert ihrer eigenen Interessen gewichten darf, davon abhängt, wie viel für sie auf dem Spiel steht. Je größer der Verlust ist, den sie fur einen zusätzlichen moralischen Gewinn in Kauf nehmen muss, desto größer ist auch χ. »Under Schefflers original hybrid view, [χ] is a constant. The amount of extra weight the agent is allowed to give to her own interests is the same regardless of the cost involved. Under our new theory, by contrast, [jc] will be a variable factor determined by the cost to the agent. As the cost the agent would have to bear to produce a given additional amount of good increases, the amount of weight she is allowed to give to her own interests also increases.«36 35

Mulgan (1997), S. 257, Hervorhebung von mir; vorangegangenes Zitat ebda., S. 295Í

36 Mulgan (1997), S. 301. »x« wurde im Zitat in eckige Klammern gesetzt, weil der Gewichtungsfaktor bei Mulgan wie übrigens auch bei Scheffler selbst, anders als

142

3

Drei Theorien der Supererogation

M u l g a n zufolge lässt sich die nichtproportionale Variante v o n SchefFlers T h e o r i e der Erlaubtheit w i e folgt formulieren: »Let the agent's value-based reasons to do χ rather than y be the reasons generated solely by the relative values of the outcome of performing χ rather than y; and let the weighted cost to the agent in doing χ rather than y be the cost she would have borne if she had done χ rather than y (multiplied by the weighting she is allowed to give to her own interests at that level o f cost). The non-proportional ACP [Agent-Centred Prerogative]. A n act (x) is permissible if and only if for any other act available to the agent (call it γ) the weighted cost the agent would have borne if she had performed γ instead of χ is greater than the agent's value-based reason to do γ rather than x.«37 D o c h das kann nicht die Wahrheit sein. D i e mit χ gewichteten subj e k t i v e n D i f f e r e n z e n ua(wj) — ua(w¡) sind, für eine behebige H a n d l u n g f u n d all ihre Alternativen f j , i m m e r schon dann genauso groß w i e die moralischen D i f f e r e n z e n u(ti>¡) — u(u>j), w e n n f sowohl genauso gut als auch genauso anstrengend ist w i e f j . In der M u l g a n s c h e n F o r m u lierung verbietet die nichtproportionale Variante es also, unter gleich guten u n d gleich anstrengenden H a n d l u n g e n eine behebige z u vollziehen. D a m i t sie das nicht täte, müsste M u l g a n , statt »an act (χ) is permissible if and only if... «, entweder sagen »an act (χ) is permissible if... « oder die B e d i n g u n g konditional fassen: »if and only if for any other act available to the agent (call it y): if y is morally better than x, . . . «. Selbst w e n n M u l g a n das eine oder das andere sagen würde, wäre die nichtproportionale Variante j e d o c h n o c h nicht so präzise f o r m u liert, als sie es sein könnte. Mulgans Idee ist, Schefflers T h e o r i e der Erlaubtheit oder, u m gleich z u d e m vorzustoßen, was uns eigentlich interessiert, seine T h e o r i e der Supererogation v o n der Proportionalität zu befreien. M i t dieser Idee kehren wir, innerhalb der Diskussio n u m Scheffler u n d M u l g a n , z u e i n e m Problem zurück, das uns i m

bei uns, den Namen »Ai« trägt. 37 Mulgan (1997), S. 30if.

j.j

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

143

Kontext der Monotonieanforderungen bewegt hat, sprich der Anforderungen, die wir an unsere Funktion S M resp. deren Beschränkung SM f stellen. In Abschnitt 2.3.2 haben wir den Differenzen-Relativisten kennen gelernt. Der Differenzen-Relativist meint, dass es in Sachen Supererogation entweder allein auf die moralischen und die subjektiven Differenzen ankommt, also nicht auf die absolute Position, die die moralischen und die subjektiven Hoch- und Tiefpunkte einnehmen — oder zumindest bei gleichen subjektiven Hoch- und Tiefpunkten allein auf die moralischen Differenzen und bei gleichen moralischen Hoch- und Tiefpunkten allein auf die subjektiven Differenzen. Er stellt, mit anderen Worten, unseren schwachen M o n o tonieanforderungen (I) bis (IV) (I) Fallende Monotonie im moralischen Hochpunkt: *i > Vi A x 2 = y 2 A x 3 = y3 Λ x 4 = y4 S M f , < SM ï r (II) Steigende Monotonie im moralischen Tiefpunkt: X2 > Y2 Λ Χι — yi Λ *3 = y 3 Λ χ 4 = y4 SMf Ä > SM|"y. (III) Steigende Monotonie im subjektiven Hochpunkt: x 3 > y3 Λ SM\X

>

= yi Λ x 2 = y 2 Λ x 4 = y4 SM\r

(IV) Fallende Monotonie im subjektiven Tiefpunkt: X4 > Y4 -

SM\X

Λ X\ = yi Λ x2 = y2 Λ x 3 = y 3
η - yi λ *3 = y3 Λ x 4 = y4 S M ^ < SM f r (6) Steigende Monotonie in der subjektiven Differenz: X3 - X4 > y 3 - Y4 Λ χι = yi Λ x 2 = Y2 -+SM\X> SMfr

3

144

Drei Theorien der Supererogation

u(wj) - u(w¡)

Ua{u>¡) - Ua(wj) Abbildung 3.1: Eine Schefflersche Funktion: h(x) = g χ χ

oder gar das Paar (7) Bei gleicher subjektiver Differenz fallende Monotonie in der m o ralischen Differenz: x2-

x\ > η - y\ A *3 - *4 = y3 - ya SM["X < S M t r

(8) Bei gleicher moralischer Differenz steigende Monotonie in der subjektiven Differenz: x 3 - x4 > y 3 - y 4 Λ x2 -» SM\X > S M t y .

= y2 - yi

Beide, Scheffler und Mulgan, sind Differenzen-Relativisten im stärkeren Sinne, also im Sinne von (7) und (8); beide machen das Vorliegen von Supererogation allein davon abhängig, wie sich die moralischen Differenzen (in Mulgans Worten: »the additional amount of good«) zu den (gewichteten) subjektiven Differenzen (»the costs the agent would have to bear«) verhalten. Worin sie sich unterscheiden, ist die Bedeutung, die sie den absoluten Größen dieser Differenzen

3-3

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

145

h(x) = e* - 1

beimessen. Scheffler verdammt sie zur Irrelevanz, Mulgan hingegen nicht. 38 W i r können uns, was Scheffler und Mulgan verbindet und trennt, am besten graphisch und mit Blick auf die Abbildungen 3.1 und 3.2 vergegenwärtigen. In beiden Abbildungen denke man sich die A r gumente Λ: als die subjektiven Differenzen ua(w¡) — ua(wj)

und die

Funktionswerte h(x) als die zugehörigen moralischen Differenzen u(wj) — u(w¡), »von denen ab«, gegeben die jeweilige subjektive D i f ferenz ua(w¡) — ua(wj), f j gegenüber / nicht mehr supererogatorisch wäre. Supererogatorisch wäre f j gegenüber f ¡ also jeweils im schraffierten Bereich. Dann zeigt •

Abbildung 3.1 das Beispiel einer Funktion, wie sie Schefflers Theorie der Supererogation zugrunde liegt: h(x) = g Χ χ (mit g

38 Mulgans These, dass das Vorliegen von Supererogation auch von den absoluten Großen der Differenzen abhängt, ist nicht zu verwechseln mit des Absolutisten These, dass das Vorliegen von Supererogation auch von deren absoluter Lage abhangt; siehe dazu Abschnitt 2.3.2.

3



Drei Theorien der Supererogation

als der Konstante, mit der die Handelnde ihre Interessen gewichten darf); die Funktion wächst monoton, und zwar mit konstanter Steigung; Abbildung 3.2 das Beispiel einer Funktion, wie sie Mulgans nichtproportionaler Variante von Schefflers Theorie der Supererogation zugrunde liegt: h(x) — e* — 1, mit e als der Eulerschen Zahl; die Funktion wächst ebenfalls monoton, aber mit zunehmender Steigung.

Nehmen wir zur Erhellung an, dass wir es mit drei Paaren von je zwei Handlungen zu tun haben, dem Paar a = { f ¡ a , f f ) , dem Paar β = { f f , f f ) und dem Paar 7 = ( / ¡ Ί I s t die subjektive Differenz a um n% größer als die subjektive Differenz β und ist die subjektive Differenz β um n% größer als die subjektive Differenz 7 , so ist trotzdem der Schritt von der moralischen Differenz, »von der ab« f f gegenüber f f nicht mehr supererogatorisch wäre, zu der, »von der ab« f f gegenüber f f nicht mehr supererogatorisch wäre, prozentual größer als der Schritt von der moralischen Differenz, »von der ab« f f gegenüber f f nicht mehr supererogatorisch wäre, zu der, »von der ab« f f gegenüber f a nicht mehr supererogatorisch wäre. Eine auf Mulgans Idee von einer nichtproportionalen Variante der Schefflerschen Theorie der Erlaubtheit aufbauende nichtproportionale Variante der Schefflerschen Theorie der Supererogation wäre demnach Mulgans Nichtproportionale Revision von Schefflers Theorie der Supererogation (MRSTS): 3 eine monoton und immer schneller steigende Funktion h: IR —> IR mit h(0) < 0 und A ( R + ) Ç R + V Handelnden a Va betreffenden Handlungsmengen f Y/} e f : s u p e r j { a , f j ) gdw.:

3-3

Samuel Schefflers Theorie der Supererogation

147

(MRSTS.i) 3 β £ ? : u(wj)

> u(u>i)

Λ ua(wj)


Qui potest capere, capiat«. [»Es gibt aber in den evangelischen Schriften eine Seliganratung und dies ist, soviel ich weiß, die einzige [nämlich] über die Ehelosigkeit, von der Christus sagt: >Wer es fassen kann, der fasse esto please Godsupererogatory< [and by actions that] I will call (for lack of a better term) >offencesacceptabilityhomey 2 2

-

} : SM(Tupel(f'kJ'

i + 2

))

>

z.

(Heuristisch gesprochen: Handlung f ' i + 2 ist in Situation S4' supererogatorisch.) (i.e) 3f' h E { / ; , / U / ; + 2 } : SM(Tupel(/' + 1 , f'h)) u(w'k) > k « ) -

> ζ SM(Tupel(J' k ,f h )) > ζ

A v/ie{/í,/;+1,/;+2}: « Κ ) > u(w'i+ì) - > S M ( T u p e l ( / í , / ; + 1 ) ) > ζ. (Heuristisch gesprochen: Handlung ist in Situation S4' supererogatorisch.)

Β. 2 Das Format und SA, S4' und S4"

231

(i-f) Y n z U Î J Ï J U J ^ : SM(Tupel{fix,Π)) < * v a n z i f l t t J ' U J l J ^ « « ) > « « ) Λ SM(Tupel(/',:,/í')) < * ν 3 η e {/;',/;;,/;vi./;'+2} : » « ) > « « 1 ) A SM(Tupel(/¿', f ! + \ ) ) < (Heuristisch gesprochen: Handlung f"+1 ist in Situation S4" nicht supererogatorisch.) (ii) Vxi, X2, X3, X4 G IR. : (*ι — X2 < 0 oder x$ — x 4 < 0) —> SM(*!, X2, X3, X4) < z. (Das heißt, dass die Funktion SM die Schwellenbedingung erfüllt.) (iii) V*,,x 2 ,*3,*4,yi,y2,y3,y4 e R : (iii.a) X\ -> (iii.b) x 2 (iii.c) x 3

> yi Λ x2 = y2 Λ x 3 S M ^ < SMfj, > Ϊ2 α = yi A x 3 SMÍ X > SM > y3 Λ Χι = y! Λ x 2 SMf x > SMf y (iii.d) x 4 > y4 Λ χ 1 = yi Λ x 2 - S M f , < SM Γ,.

= y 3 Λ x 4 = y4 = y3 Λ x 4 = y4 = Y2 Λ x 4 = y4 = y2 Λ x 3 = y3

((iii.a) bis (iii.d) sind die Monotonieanforderungen, die das Format an SMf stellt. Sie sind, wie bereits erwähnt, so zu lesen, dass die Wenn-dann-Beziehung gilt, sofern die im Konsequens erwähnten Komparanda überhaupt definiert sind.) Beweis. Wir definieren Z=def70 und

232

Anhang Β

SM(*1, %2,

X4) =def

' 10, wenn x\ — x2 < 0 (1) oder X3 — X4 < 0 oder X4 > 50 10 + X3 — X4 andernfalls (2) k

und gehen dann die genannten Eigenschaften (i) bis (iii) durch. (i.a) Erstens erfüllt f ¡ die Existenzaussage, da SM(Tupel(.fl+ufd) = SM(Tupel(u(w¡ + 1), u(w¡), ua(w¡), ua(u>¡+1)) = SM(100,1,99,0) = 10 + 99 - 0 = 109 > 70 und SM(Tupel(/;+2,_/;•)) = SM(Tupel(M(w1+2), u(w¡), ua(u/¡), ua(wi+2)) = SM(101,1,99,-100) = 10 + 99 + 100 = 209 > 70 und SM(Tupel(fi+3,/¡)) = SM(Tupel(w(w,-+3), w(u>,·), ua(w¡), ua(wi+3)) = SM(200,1,99,-101) = 10 + 9 9 + 1 0 1 = 2 1 0 > 70. Zweitens erfüllen f¡+2 und f¡+3 die Allaussage, da u(wi+2) > u(wi+1) und SM(Tupel(7¡ +2 ,y¡+i)) = SM(Tupel(«(w, +2 ), κ(η>,·+ι), ua(w¡+1), ua(wi+2)) = SM(101,100,0,-100) - 10 + 0 + 100 = 1 1 0 > 70 und u(w¡+3) > u(wi+i) und SM(Tupel(_/¡+3,_/;+1)) = SM(Tupel(w(u>1+3), u(wi+1), ua(u>1+í), ua(u>¡+3)) = SM(200,100,0,-101) = 10 + 0 + 101 = 1 1 1 > 70. (i.b) Erstens erfüllt f ¡ die Existenzaussage, da SM(Tupel(ü + 3 ,ü)) = SM(Tupel(M(w,+3), u(wi), ua(w¡), ua(u>1+3)) = SM(200,1,99,-101) = 10 + 9 9 + 1 0 1 = 2 1 0 > 70.

Β.2

Das Format und S4, S4' und S4"

233

Zweitens sind beide Allaussagen (die erste im und die zweite außerhalb des Existenzquantors) trivial wahr, weil es kein fk £ {fi,I¡+uf¡+2,/¡+3}

gibt, für das u(wk) > u(wl+i)

wäre.

(i.c) fi+3 erfüllt die Existenzaussage am Ende von (i.c), da u(w,+3) > u(wj +2 ) und SM(Tupel(ü+3^+2)) = SM(h(u>, + 3 ), u(w¡+2),

ua(w¡+2),

ua(wt+3))

= SM(200,101,-100, - 1 0 1 ) = 1 0 - 1 0 0 + 1 0 1 = 11 < 70. (i.d) Erstens erfüllt j\ die Existenzaussage, da SM(Tupei(Y;+2,/;)) = S M ( T u p e l ( w ( w / + 2 ) , u(u>'¡), ua(w'),

ua(w'+2))

= SM(101,1,99,-100) = 10 + 99 + 100 = 209 > 70 und SM(Tupel(/i +1 , /·)) = S M ( T u p e l ( u ( « / + 1 ) , u(w'), ua(w'¡),

ua(w'i+1))

= SM(100,1,99,0) = 10 + 99 - 0 = 109 > 70. Zweitens ist die abschließende Allaussage trivial wahr, weil es k e i n f'k G { j \ J [ + x J ' ¡ + 2 } gibt, f u r das u(w'k) > u(w'i+2)

wäre.

(i.e) Erstens erfüllt f'¡ die Existenzaussage, da zum einen sM(Tupei ( / ; + i , / ; ) ) = SM(Tupel(w(w¡ +1 ), m(i^), u a (w'), u a (w' i + l )) = SM(100,1,99,0)

= 10 + 99 - 0 = 109 > 70 und zum anderen SM(Tupel(/' + 2 ,/')) = S M ( T u p e l ( w ( w ¡ + 2 ) , u(w'¡), ue(w'¡), =

ua(w'i+2))

SM(101,1,99,-100)

= 10 + 99 + 100 = 209 > 70. Zweitens ist die Allaussage wahr, weil sie für / ' und /' + 1 trivial wahr ist und für f'i+2 gilt, dass SM (Tupel(/· +2 , f'i+ j ) )

Anhang Β

234

= SM(Tupel(«(w; + 2 ), u(w' i + l ), u a ( w ' m ) , u a (u>' i+2 )) = SM(101,100,0,-100) = 10 + 0 + 100 = 110 > 7 0 . (i.f) Die Wahrheit des Allsatzes ist wie folgt ersichtlich. f f + 1 und f f + 2 erfüllen das erste Disjunktionsglied im Skopus des Allsatzes aufgrund der Schwellenbedingung, f f erfüllt das erste Disjunktionsglied im Skopus des Allsatzes, da SM(Tupel(/^,/;0) = S M ( w « + 1 ) , u(wf),

ua(wf),

ua(wf+ì)

= SM(100,50, 5 0 , 0 ) = 10 + 50 - 0 = 60 < 70. f f erfüllt das zweite Disjunktionsglied im Skopus des Allsatzes, wobei das gesuchte^ / " ist. Denn u(wf) > u(wf) und SM(Tupel(/'', f f ) ) = S M ( » K ) , u{wf), ua(wf),

ua{wf)

= S M ( 5 0 , 1 , 9 9 , 5 0 ) = 10 < 70. (ü) Ist wahr nach Klausel (i) der Definition von SM. (iii.a) Ist %4 = y4 > 50, fallen SMf^ und SM[ y beide unter Klausel (i) der Definition von SM, und SM = SMf y . Im anderen Fall, also wenn X4 = y4 < 50, fallen SM \x und SM|*y aufgrund des Definitionsbereichs von SMf beide unter Klausel (2), und es gilt ebenfalls SM|\,. = SMf y , da X3 = y^,. In beiden Fällen güt also SMf* = SMf y . (iii.b) Wie (iii.a). (iii.c) Ist X4 = Y4 > 50, fallen SM f^. und SMf y beide unter Klausel (1) der Definition von SM, und S M = SMf y = 10. Im anderen Fall, also wenn X4 = y4 < 50, fallen SM \x und SM \ aufgrund des Definitionsbereichs von SM \ beide unter Klausel (2), in welchem Fall S M ^ = 10 + Χ) — X4, was wegen x ¡ > y¡ größer ist als 10 + y3 — X4 = SM|"y. In beiden Fällen gilt also SM\X
¡), ua(w¡), Ub(wj)) zuweist, wobei a die Person ist, die H a n d l u n g ^ vollzieht, und b die Person, die Handlung J j vollzieht; interessieren werden uns allerdings nur Fälle, in denen a = b. Hier zur Erinnerung Erikssons Theorie der Supererogation (ETS): e R V Handelnden a Ma betreffenden Handlungsmengen f s u p e r j r ( a , f j ) gdw.: 3f¡ u(w¡) Λ (ETS.2) ua(wj) < ua(w¡) / / \ , ,, Λ (ETS.3) ~(u(wj) - ufa)) χ

ua(wj)

> χ.

Und hier zur Erinnerung unser Erstes Provisorisches Format (EPF): 3z G R Ξ SM : R 4 —> R V Handelnden a Va betreffenden Handlungsmengen ¡f Vfj G7 : (EPF.i) SM Γ ist im i. und 4. Argument monoton fallend; (EPF.2) SM|" ist im 2. und 3. Argument monoton steigend; (EPF.3) Vxi, X2, X3, X4 € R :

C. ι

Eriksson und das Erste Provisorische Format

SM(xi, X2, X3, X4) < z, wenn x\ — Χ2 < 0 oder x 3 — (EPF.4) s u p e r 7 ( a , f j ) gdw.:

239

< 0;

3fi e 7 : SM(Tupel(^, f¡) ) > ζ. Gezeigt werden soll, wie bereits erwähnt, Theorem t . c . i : (ETS) =» (EPF). Beweis. (ETS) ist im Beweis Voraussetzung. Sei x* ein beliebiges x, wie es gemäß (ETS) existiert. Es gilt also (ETS*): V Handelnden a Va betreffenden Handlungsmengen 7 V/; € 7 : superyr(a,fj) gdw.: € 7 : (ETS*.i) u(wj) > u(w¡) Λ

( E T S * . 2 ) ua(wj)


**·

Anhang C

240

X4 -(*! - X2) X —, X3 /

\

(1)

wenn x\ — x2 > 0 und x$ — X4 > 0 und X4 > 0;

X3 Χ X4 (*i - X2) + SM*(xi, X2, Χ?,, X4) — def

1'

> 0 wenn x\ — x2 _ und X3 — > 0 und Χ4 < 0 < xy,

-(*i-*a)x—, X4 wenn — ä:2 > 0 und X3 — Χ4 > 0 und X4 < x 3 < 0; λγ* — 1 andernfalls, d.h., wenn x\ — x2 *4) < Z*, wenn x\ — x2 < 0 oder X3 — X4 < 0; (EPF.4*) s u p e r f j ) gdw.:

3f¡ G 7 : SM*(Tupeltfafi) > z*. (EPF*.l und EPF*.2): Was die Monotonieanforderungen angeht, so betrachten wir zwei beliebige Tupel x2, X3, x») und (yi ,Y2,Y3, Ya) aus dem Defmitionsbereich von SM* \, das heißt Tupel mit κι >

C. ι

Eriksson und das Erste Provisorische Format

241

X2, χ3 > *4,yi > y2 und > y4. Jedes solche Tupel fällt unter eine der Klauseln (1) bis (3) der Definition von SM*. Man kann sich leicht vor Augen fuhren: Falls beide Tupel unter dieselbe Klausel der Definition von SM* fallen . . . • • • •

. . . und Xi > so ist SM* \ x . . . und x2 > so ist SM* k . . . und Xi > so ist SM* \ x . . . und X4 > so ist SM* \ x

yi, x 2 = yz, *3 = 73 und < SM* fj,; y2, x\ = y\, *3 = y3 und > SM* t y ; yi, Χι = yi, X2 = yi und > SM* \ y ; y4, = yi, x2 = y2 und < SM* \ r

x4 = y 4 ,

x 4 = y4, x 4 = y4, x$ =

In all diesen Fällen hat es also mit der Monotonie seine Ordnung, so dass wir nur noch Fälle zu betrachten brauchen, in denen beide Tupel das Antezedens einer der Monotonieanforderungen erfüllen (sich also nur in einer Komponente voneinander unterscheiden) und unter verschiedene der ersten drei Klauseln der Definition von SM* fallen. Dies kann, wie ein Blick auf die Fallunterscheidungen in der Definition von SM* zeigt, nicht geschehen, wenn sich die Tupel nur in der ersten Komponente unterscheiden, und auch nicht, wenn sie sich nur in der zweiten Komponente unterscheiden. Da damit die M o n o tonie von SM* Γ im ersten und zweiten Argument bereits bewiesen ist, reduziert sich unser Problem auf zwei Fragen: •



Wenn sich {xj, x2, x 4 ) und (yi >y2>yî, y4) nur in der dritten Komponente unterscheiden und X3 > y für welche zwei Definitionsklauseln von SM* kann es dann vorkommen, dass (χι, X2, *3, X4) unter die eine, (yi, y 2) y3, y4) aber unter die andere fällt? Offensichtlich nur für die Klauseln (2) und (3). Dann ist also SM* f x nach Klausel (2) der Definition zu berechnen und SM*fj, nach Klausel (3), also SM*f x > 0 und SM*f y < 0, also SM* \ x > SM* f , also die Monotonieanforderung erfüllt. Wenn sich (χι, X2, X3, χ4) und (yi, y 2 , y3, y4) nur in der vierten Komponente unterscheiden und X4 > y4, für welche zwei

242

Anhang

C

Definitionsklauseln von SM* kann es dann vorkommen, dass j

) * 4 ) unter die eine, (y\, y 2 , y3, y 4 ) aber unter die andere

î

fällt? Offensichtlich nur fiir die Klauseln ( i ) und (2). Dann ist also SM*

nach Klausel (1) der Definition zu berechnen und

SM* ly nach Klausel (2), also SM* \x < 0 und S M * í y > 0, also SM* ^ < SM* Γ , also die Monotonieanforderung erfüllt. SM* \ erfüllt also die Monotonieanforderungen (EPF*.i) und (EPF*.2). (EPF*.3): (EPF*.3) ist aufgrund der Definition von z* und Klausel (4) der Definition von SM* erfüllt. Z u zeigen bleibt jetzt also nur noch (EPF*.4), was wir wie folgt erledigen: super7

( a , f j )

(ETS*) 3fi

e

(ETS*.i) u(wy) > u(w¡) Λ (ETS*.2)

ua(wj)

Λ (ETS*. 3 )

- ( U ( w j ) -




**

(Def. von z* und SM*)

B f i e ? : S M * ( T u p e l ( J j J d ) > z* Erikssons Voraussetzung, dass alle »„-"Werte dem Intervall ]0; l ] entstammen, ist beim letzten Doppelpfeil zum Tragen gekommen. Wäre beispielsweise die letzte Formel nur aufgrund eines u a (wj) und eines ua(u>¡)

mit

ua(wj)

< 0
¡) = 0,9, u a (w¡+i) = 0 , 6 , u a (w i + 2 ) = 0 , 3 , «„(«/¡+3) = 0 , 2 und u(w*) = 0, u(w*+l) UAW¡)

= !»

= 1, w(u£_2) = 4, m(m^+3) = 5,

M««+i)

= 0 , 5 , u a (w* +2 ) = 0,25, M„(U'*+3) =

0,125. Zu zeigen ist erstens, dass es kein χ G IR gibt, das alle der im Folgenden genannten Bedingungen (i) bis (iv) erfüllt — wobei wir, um die Variable i, die in Erikssons Theorie der Supererogation auftritt, von der Konstante t, die in der Charakterisierung der Situationen S4 und S4* auftritt, unterscheiden zu können, die Variable h in der Position verwenden, in der wir in unserer Formulierung von Erikssons Theorie die Variable i verwendet haben. (i) V/„ G { f , J t + u f , + 2 j , + 2 } : u(w¡) < ti(wh) V ua(w¿) > ua(wh) / / X / \\ ujwi) V -(«(«/,·) - u(wk)) X

¿

und (F'.4.2)

V i G f : u(wk) >

u(wj)

SM'(Tupel(/fe, f j ) ) > z*. (F'.i bis F'.3): Sie sind, w i e man der D e f i n i t i o n v o n S M ' ansieht, trivialerweise erfüllt. Z u zeigen bleibt also nur (F'.4), was w i r für die beiden R i c h t u n g e n des »gdw.« getrennt angehen.

C.3.1

(F'.4) v o n Hnks nach rechts

Für die R i c h t u n g v o n hnks nach rechts ist zu zeigen, dass (F'.4.i) u n d (F'4.2) aus » s u p e r b a , / , ) « folgen. D e r Beweis ist zweiteilig. W i r

Anhang C

250

zeigen zunächst, dass (F'.4.i) aus »superyr(a,fj)« folgt. supeiyO,./}) (STS'.i)

1 3jie!T: u ( w j ) — u(w¡) Λ ua(n>j) < ua(w¡) A V/t € 7 : w(wfe) > w(w,) —• u(wk) - u(wj) < (ua(wj)

- Ua(wk)) X ^

Wenden wir den Allsatz im Skopus des Existenzquantors auf u(wj) an, so dürfen wir (da x' positiv ist) folgern:

u{wj) > u(w¡) A ua(wj) < ua(wj) Λ u(wj) - u(w¿) < (ua(w¡) - ua(wj)) x X? A V/fc G J : κ(ι^) > u(wj) —• u(wk) - u(wj) < (ua(w¡) - ua{wk)) X (λ/ positiv) » 3/ e 5 : u(wj) > u(wj) Λ Ua(wj) < Ua(w¡) Λ u(wj) - u(w¿) < («„(if,) - "„(«O')) Χ ^ Λ V/t 6 5 : «(wfe) > M(W¿) u(wk) - u(Wj) < (ua(w) - M„(wfe)) χ x' Λ ua(wk) < ua(w¡) ;· 3 / G 7 : Λ «„(u^) < Ma(tf,·)

C.J

Scheffier und das Format u w

( j)

-

U

Ua(w¡)

-

Ua(wj)

Λ

251

M

A V/fc e 7 : u(wk)

>

u(w¡)

H(u*) - M(U*) A Ua(wk)

=» 3fi

e 7




u(w¡)

Λ u a (wj) < ua(wj) λ

"KO - "OP Ua(">i) -

>

"a(u>j)

A V/fee5: u(wk)

>

u(w¡)

->

«(wfe) - m(W,·) "„(if;) - ^(«Ik)

>

A Ma(wfc) < Ma(w,) Def. von SM' und ζ'

:· 3/i G ^ : SM'(Tupel(/ ; ,/)) > y A V/fe G J : M(wfe) > u(w¡)

—•

SM'(Tupel(/fe,/)) > Die letzte Zeile ist (F'.4.i) und beschließt somit den Beweis dafür, dass (F'.4.i) aus »superp(a,fj)« folgt. Wir zeigen als Nächstes, dass auch (F'-4.2) aus »superyr(a,fj)« folgt. super

7

{ajj)

(STS'.2)

i V/feG^T:

252

Anhang

(xf positiv)

>V/

u(wj)

u(wk)

>

u(wk)

— u(wj)

u(wk)

>

u(Wj)

u(wk)

-

u(wj)

Λ u (w ) t € fa :k




u(Wj)

- *

SM'(Tupel(/j,,/j)) > Die letzte Zeile ist (F'.4.2) und beschließt somit den Beweis dafür, dass ( F ' . 4 - 2 ) aus » s u p e r j r { a , f j ) « folgt. Da wir bereits gezeigt haben, dass auch (F'.4.i) aus »superyr(a,fj)« folgt, ist (F'.4) für die Richtung von links nach rechts bewiesen.

C.3.2

(F'.4) von rechts nach links

Auch der Beweis für die Rückrichtung von (F'-4), also dafür, dass » s u p e r a u s dem Prämissenpaar (F'.4.i) und (F'.4.2) folgt, ist zweiteilig. Wir zeigen erst von These (STS'.i), dass sie aus ( F ' 4 . 1 ) folgt, und dann von These (STS'.2), dass sie aus (F',4.2) folgt. Beginnen wir mit (F'.4.i): 3 i e f : S M ' ( T u p e l > ζ' A Vfk

e

7

:

C.j

Scheffler

u(w

k

und

) >

253

das Format

u(u>¡)

SM'(Tupel(/*,/)) > 2!) (Def. von S M ' und ζ 1 )

u ( w j ) > Λ

u

a

u(u>i)

(wj)
M(M/,) u(u/k) -

«(t?,·)

Ma(M/¡) - Ma(wfe) Λ

> 3fi e

u

a

k

)
A

(w

>

u

a

u(wj)

(wj)
fc)

>

u(wk)

- M(w,) < (« z1 (Def. von S M ' und z 7 )

»V/t€fT: «(wfc)

>

u(w u

a

k

u(Wj) ) -

(wj) -

Λ «„(u-fc) < => V/fc G J :

u(wj) Ua(wk)

>

Anhang C

254

u(wk) > u(wj) u{wk) - u(wj) < (ua(wj) - ua(wk)) χ x' Die letzte Zeile ist (STS'.2) und beschließt somit den Beweis dafür, dass (STS'.2) aus (F'4.2) folgt. Da wir bereits gezeigt haben, dass (STS'.i) aus (F'.4.i) folgt, folgen (STS'.i) und (STS'.2) aus dem Prämissenpaar (F'.4.I) und (F'.4.2), das heißt aus der rechten Seite von (F'.4). Da zudem nach (STS') »superjr(a,fj)« aus (STS'.i) und (STS'.2) folgt, folgt die linke Seite von (F'.4) also aus der rechten. D a wir bereits gezeigt haben, dass auch die rechte Seite von (F'.4) aus der linken folgt, beschließt dies den Beweis von (F'.4) und damit von Theorem T.C.3. Schefflers Theorie der Supererogation ist also eine Instanz des Formats.

C.4 Mulgans Nichtproportionale Revision von Schefflers Theorie der Supererogation: eine Instanz des Formats W i r haben behauptet, dass Mulgans Nichtproportionale Revision von Schefflers Theorie der Supererogation eine Instanz des Formats ist (siehe Abschnitt 3.3.4). Dies gilt es nun zu beweisen. Es seien wie üblich •

¡ f die im Folgenden nicht erneut erwähnte Menge aller möglichen Handlungen (das heißt die Menge aller Handlungen, von denen gilt, dass es eine mögliche Handelnde, eine mögliche Welt und einen möglichen Zeitpunkt derart gibt, dass die Handlung von der Handelnden in der Welt zu dem Zeitpunkt vollzogen wird);



die im Folgenden nicht erneut erwähnte Menge aller m ö g lichen Welten, die durch die Handlungen aus fF herbeigeführt würden; es sei weiterhin die Konvention in Kraft, dass, wenn wir eine Handlung und eine Welt mit demselben Index benennen, zum Beispiel f¡ und u>,, die betreffende Welt die sei, die mit dem

C.4

Mulgans Nichtproportionale Revision

255

Vollzug der betreffenden Handlung einträte; • m : 'W —• 1R eine Funktion, die den möglichen Welten aus W reelle Zahlen als deren moralische Werte zuordnet; • für jedes mögliche Individuum a ua : W —• IR. eine Funktion, die den möglichen Welten aus 'W reelle Zahlen als subjektive Werte fur a zuordnet; • Tupel : f x f —• IR4 eine Funktion, die je zwei mögUchen H a n d l u n g e n f¡ u n d f j aus J das Viertupel (u(wj), u(wj),

ua(w,),

ub(wj)) zuweist, wobei a die Person ist, die Handlung^ vollzieht, und b die Person, die Handlung f j vollzieht; interessieren werden uns allerdings nur Fälle, in denen a = b. Hier zur Erinnerung Mulgans Nichtproportionale Revision von Schefflers Theorie der Supererogation (MRSTS): 3 eine monoton und immer schneller steigende Funktion h: IR —• IR mit h(0) < 0 und fc(IR+) C IR+ V Handelnden a Va betreffenden Handlungsmengen f V/; G 7 : s u p e r b a , / , ) gdw.: (MRSTS. i) 3f¡ E ? : u(wj) > u(wj) Λ ua(wj) < ua(w¡)

A V/t G 7 : u(wk) > u(w¡) u(wk) - u(w¡) < h(ua(w¡) -

ua(wk))

und (MRSTS.2) V/fc G J : u(wk) > u(wj) —> u(wk) - u(wj) < h(ua(wj)

Und hier zur Erinnerung unser

-

u„(wk)).

2$6

Anhang C

Format (F):

3 SM : R 4 - » R V Handelnden a V ζ A V/fc € 7 : u(wk) > u(w¡) -> S M ( T u p e l ( f k , f d ) > und (F.4.2) V/fe e 7 : M(tffc) > u(wj) -> SM(Tupel(/ f e ,/,)) > z.

z

Gezeigt werden soll, wie bereits erwähnt, Theorem

T.c.4:

(MRSTS) =» (F). Beweis. (MRSTS) ist im Beweis Voraussetzung. Sei h* eine Funktion h, wie sie gemäß (MRSTS) existiert. Es gilt also (MRSTS*): V Handelnden a Va betreffenden Handlungsmengen 7 Vfj G7 : superba,_/)) gdw.:

C.4 (MRSTS\i)

Mulgans Nichtproportionale Revision

257

3_/¡ € J : u(wj) > u(w¡) Λ Ua(wj) < ua(wt) AVfkOF : u(wk) > u(w¡) u(wk) - u(w¡) < h*(ua(w¡) -

ua(wk))

und (MRSTS*.2) V/fc G 7 : u(wk) > u(wj) u(wk) - u(wj) < h*(ua(wj) -

ua(wk)).

W i r definieren:

2, wenn χι — X2 > 0 und X3 — X4 > 0 und h*(x3 — χ4) >

— X2;

0 andernfalls. W i r zeigen, dass (F) gilt, indem wir zeigen, dass z* und SM* ein ζ resp. S M mit den von (F) geforderten Eigenschaften sind. Seien also a eine beliebige Handelnde, f f eine beliebige a betreffende Handlungsmenge und f j ein beliebiges Element aus ^F. W i r wollen zeigen: (F *): (F*.i) SM*I" ist im ι. und 4. Argument monoton fallend; (F*.2) SM* [ ist im 2. und 3. Argument monoton steigend; (F*.3) VXI,*2,*3,*4 e IR : S M * ( λ , , X 2 , X ì , X 4 ) < 2*, wenn x\ — x^ < 0 oder

— x^ < 0;

(F*.4) superyr{a,fj) gdw.: (F*. 4 .i) 3fi € f : S M * ( T u p e l ( f j , ß ) ) > z* A V/

k

€f:

u(wk) > u(w¡)

258

Anhang C S M * ( T u p e l ( / f e J ) ) > 2* und (F*.4.2)

V /

T

6 F :

u(wk) > u(Wj) -»· SM*(Tupel(JkJj)) >

z*.

(F*.i und F*.2): V o n (F*.i) und (F*.2) sieht man leicht, dass sie erfüllt sind. M a n führe sich vor A u g e n , dass die beiden ersten K o n j u n k t i onsglieder in Klausel (i) der Definition v o n S M * einfach d e m D e f i nitionsbereich v o n S M * Γ entsprechen, also alles an der U n g l e i c h u n g h*(xi — X4) > x\ — X2 hängt. Informell gesprochen bedeuten somit die M o n o t o n i e n v o n S M * f i m 1. und 4. A r g u m e n t nichts anderes, als dass j e n e U n g l e i c h u n g w e d e r durch E r h ö h u n g des x\ v o n einer falschen zu einer wahren Aussage gemacht werden kann n o c h durch E r h ö h u n g des X4. A n a l o g bedeuten die M o n o t o n i e n v o n S M * f i m 2. und 3. A r g u m e n t nichts anderes, als dass die besagte U n g l e i c h u n g weder durch E r h ö h u n g des X2 v o n einer wahren zu einer falschen Aussage gemacht werden kann n o c h durch E r h ö h u n g des X3. Dass die U n g l e i c h u n g durch E r h ö h u n g v o n X4 nicht v o n einer falschen zu einer wahren und durch E r h ö h u n g v o n

nicht v o n einer wahren

zu einer falschen Aussage gemacht werden kann, folgt aus d e m streng m o n o t o n e n Steigen v o n h*; und dass die U n g l e i c h u n g durch E r h ö h u n g v o n X] nicht v o n einer falschen zu einer wahren und durch E r h ö h u n g v o n X2 nicht v o n einer wahren zu einer falschen Aussage gemacht werden kann, bedarf keiner Erläuterung. (F*.3): (F*.3) ist, w i e man der Definition v o n S M * und 2* ansieht, trivialerweise erfüllt. Z u zeigen bleibt also nur (F*.4), und zwar getrennt für die beiden R i c h t u n g e n des »gdw.«.

C.4.1

(F*.4) v o n links nach rechts

Für die R i c h t u n g v o n links nach rechts ist zu zeigen, dass (F*.4.i) und (F*-4.2) aus »supery:(a,fj)« folgen. D e r Beweis ist zweiteilig. W i r zeigen zunächst, dass (F*.4.i) aus » s u p e r b a , j } ) « folgt.

C.4

Mulgans Nichtproportionale

259

Revision

superjr(a,fj)

(MRSTS'.i) :· 3f¡ e ! F : u(wj) > u(w¡) Λ ua(wj) < ua(w¡) A V/t G 7 : w(wfc) > u(w¡) -> «(wfe) - «(»ι·) < h*(u a (wi) - u a (w k )) Da die Funktion /j* streng monoton steigt und für das Argument 0 einen Wert kleiner oder gleich 0 annimmt, nimmt sie positive Werte nur bei positiven Argumenten an. Das berechtigt uns, auf die nachstehende Formel zu schließen. 3f € 7 : u(wj) > u(wi) Λ ua(wj) < ua(w,) Λ V/fc G 7 : w(wfc) > "(Wfe) - "(w.) < h*(ua(w¡) A ua(wk) < ua(w¡)

-

ua(wk))

(Def. von SM* und z*) ( w j ) > m(W|) Λ u a (wj) < «„(w.) A V/fc G J : »(u/fe) > «(«/,·) -> SM*(Tupel(/fe,^¡)) > ^ u

Man betrachte nun ein f gemäß der vorstehenden Formel und unterscheide zwei Fälle. Erster Fall: u(wj) = u(w¡). Dann ist, da ua(w¡) — ua(wj) positiv und h*(R+) Ç R + , h*(ua(w¡) - u„(wj)) > u ( w j ) u(u>¡) = 0. Zweiter Fall: u(wj) > u(u>¡). Dann wissen wir ebenfalls, nämlich aufgrund des Allsatzes im Skopus des Quantors »3f¡ G 7 « , dass h*(ua(w¡) — ua(wj)) > u(wj) — u(w¡). Letztgenannte Ungleichung gilt also in beiden Fällen, und wir dürfen aus der im Beweisgang hin-

2ÓO

Anhang C

ter uns liegenden Existenzaussage aufgrund der Definition von SM* und z* auf die folgende Formel schließen: 3f¡ e Τ :

SM*(Tupel(/, / ) ) > ζ* Λ fk e 7 : u(wk) > u{wi) —»

SM*(Tupel(/fe, / ) ) > ζ* Die letzte Zeile ist (F*.4.i) und beschließt somit den Beweis dafür, dass (F*.4.i) aus »superba,/,)« folgt. Wir zeigen als Nächstes, dass auch (F*.4.2) aus »superyr(a,fj)« folgt, super f ( a j ¡ ) (MRSTS*.2) ^Vfkef: li(wk) > u(wj) —» u(wk) - u(wj) < h*(ua(iVj) - ua(wk))

Da die Funktion h* streng monoton steigt und für das Argument 0 einen Wert kleiner oder gleich 0 annimmt, nimmt sie positive Werte nur bei positiven Argumenten an. Das berechtigt uns zu der nachstehenden Folgerung. V/fc G 7 : u w

( k) > u(wj) —>

u(u>k) - u(wj) < h*(ua(u>j) - ua(wk)) Λ ua(wk) < ua(wj) (Def. von SM* und z")

=> V/t G J : u(u>k) > U(wj) —>

SM*(Tupel(JkJj)) > z*

Die letzte Zeile ist (F*.4.2) und beschließt somit den Beweis dafür, dass (F*.4-2) aus »superyr(i,fj)« folgt. Da wir bereits gezeigt haben,

C.4

Mulgans Nichtproportionale Revision

261

dass auch ( F * . 4 . i ) aus » s u p e r a d , _/})« folgt, ist (F*.4) für die R i c h t u n g v o n links nach rechts bewiesen.

C.4.2

(F*-4) v o n rechts nach links

D e r Beweis für die R i i c k r i c h t u n g v o n

(F*.4), also dafür, dass

»superyr(a,fj)« aus d e m Prämissenpaar (F*.4.I) und (F*.4.2) folgt, ist trivial. ( M R S T S * . i ) folgt aufgrund der D e f i n i t i o n v o n S M * und z* unmittelbar aus (F*.4.I), was w i r trotzdem orientierungshalber explizit verschriften. 3 f ¡ e 7 : SM*(Tupel(/;,

> ζ*

A V/fe G 7 : u(wk) > u(w¡) —y SM*(Tupel(JkJd) >

z*)

(Def. von SM* und ζ*)

> 3f¡ e 7 : u(wj) > u(wj) A ua(wj)
u(wi) u(wk) - u(u>j) < h*(ua(w,)

-

ua(wk))

U n d analog folgt ( M R S T S * . 2 ) aufgrund der D e f i n i t i o n v o n S M * und z* unmittelbar aus (F*.4.2), was w i r ebenfalls n o c h einmal in Langschrift z u Protokoll geben.

V/fc e

7 :

u(u>k) > u(wj)

->

S M * ( T u p e l ( / t , f j ) ) > ζ* (Def. von SM* und 2*)

u(wk) >

u(wj)

u(wk) - u(wj) < h*(ua(wj)

- ua(u>k))

Anhang C

2 62

Dies beschließt den Beweis dafür, dass die Klauseln ( M R S T S * . i ) und ( M R S T S * . 2 ) aus der rechten Seite von (F*-4) folgen. Da nach ( M R S T S * ) »superjr(a,fj)« aus ( M R S T S * . i ) und ( M R S T S * . 2 ) folgt, folgt die linke Seite von (F*.4) also aus der rechten. Da wir bereits gezeigt haben, dass auch die rechte Seite von ( F * 4 ) aus der Unken folgt, beschließt dies den Beweis von (F*.4) und damit von T h e o r e m T.C.4. Mulgans Nichtproportionale Revision von Schefflers Theorie der Supererogation ist also eine Instanz des Formats.

C.5

Schefflers Theorie der Supererogation und Situationspaare der Struktur (S4', S4")

W i r haben behauptet: (1) Schefflers Theorie der Supererogation ist eine Instanz des Formats (siehe dazu den Beweis in Anhang C.3). (2) In einigen Situationspaaren der Struktur (S4', S 4 " ) sind Handlungen wie / ' + 1 supererogatorisch, während Handlungen wie f"+\, Handlungen wie

wegen

nicht supererogatorisch sind (siehe Abschnitt

2.4.2). (3) W i r können fiir mindestens ein solches Situationspaar den Schwellenwert ζ und die Funktion S M des Formats so wählen, dass die durch sie definierte Theorie der Supererogation Handlungen wie /'+1

als supererogatorisch ausweist und Handlungen wie f"+ j als

nichtsupererogatorisch (siehe dazu das Beispiel in Anhang B . 2 dieses Buches). (4) Im Gegensatz dazu können wir den Schwellenwert λ: von Schefflers Theorie der Supererogation fiir kein einziges Situationspaar der Struktur (S4' ( S 4 " ) so wählen, dass sie Handlungen wie / ' + 1 als supererogatorisch ausweist und Handlungen wie f"+1

als

nichtsupererogatorisch (siehe Abschnitt 3.3.5). Behauptung (4) gilt es nun zu beweisen. Wieder präzisieren wir zunächst das Beweisziel so, dass es über die strukturell relevanten Merkmale des Situationspaares (S4', S 4 " ) redet, und wieder verfahren wir dabei mit den Situations- und Handlungsnamen so, wie zu Beginn von Anhang B . i angegeben. Seien also χ > 1, a eine beliebige Handelnde, { / ' , / ' + i , / ' + 2 }

e

ine

a

betreffen-

de Handlungsmenge, die S4' heißen möge, { y ' j Si* ' S i + iî S i + 2 I

C.5

263

Scheffier und das Paar S4' und S4"

ne a betreffende Handlungsmenge, die 54" heißen möge, und u(w'), «(w'h-i). "("''+2). ««(«Ό» U "( w '+1). «-(«''+2). u ( w ")> U ( w ")> « « 1 ) . «(WÍV2). " « W ) » « - ( » ? ) . " ua{w'!) - ua{w'¡. ) X X und u(tv'!+x) - w(u/,') > {ua{w'¡.) - u a {w'¡ +x )) χ χ (Das ist notwendige Bedingung dafür, dass nach Scheffler f"+i nicht supererogatorisch ist.)

Beweis. Wir addieren die beiden Ungleichungen aus Behauptung (ii) und erhalten

264

Anhang C

(lü) u{w'!+x) - u(w») > («„(«/') - Μ . « ! ) ) χ *. Da nach Voraussetzung u(w'¡) = u(w'f), ua(w'¡) = ua(w'¡), H ( U / + 1 ) = u(w" +1 ) und u a (w' i+1 ) = ua(w'i'+1) ist, steht Behauptung (iii) im W i derspruch zu Behauptung (i). Also können die Behauptungen (i) und (ii) nicht zusammen wahr sein, und also können wir den Schwellenwert χ von Schefflers Theorie der Supererogation fur kein einziges Situationspaar der Struktur (S4', S4") so wählen, dass sie Handlungen wie f'i+1 als supererogatorisch ausweist und Handlungen wie f"+i als nichtsupererogatorisch.

Dank Dieses B u c h ist aus meiner gleichnamigen Habilitationsschrift hervorgegangen, und außer mir haben viele daran mitgewirkt. Allen voran Christoph Fehige. Er hat unzählige Stunden mit mir diskutiert und manch eine Idee beigesteuert. Ich danke von ganzem Herzen ihm — und all den anderen: meinen Eltern Inge und Heinrich Wessels, die mich hebevoll unterstützt haben; G e o r g Meggle, der mich über viele Jahre hinweg gefördert hat; ihm sowie Ulrich Gähde, W i l fried Hinsch, Ulrich Nortmann und R u d o l f Schüßler dafür, dass sie meine Habilitationsschrift von A bis Ζ gelesen und mir mit ihrer wohlwollenden Kritik geholfen haben, dieses B u c h zu verbessern; Thomas Fehige, der mit viel K n o w - h o w und Geduld die Arbeit gesetzt hat; Stefan Ackermann, Heiko Bär, R ü d i g e r Bittner, Siegfried Bosch, Krister Bykvist, Frank Daumann, Stephan Engelhardt, Ludw i g Fahrbach, Peter Fischer, Jörg Hansen, Boris Hennig, Jan C . Joerden, R o b e r t Kappel, Wolfgang Lenzen, Christoph Lumer, Sebastian Lutz, Elijah Millgram, Marc Müller, Richard Raatzsch, W l o d e k R a binowicz, Eric Rakowski, Samuel Scheffler, Kristin Schubert, Folke Tersman, Arnis Vilks, Gregor Wessels und Harald Wiese; allen Mitgliedern der Habilitationskommission; den Teilnehmern der Tagung »Was tun?« 1998 in Suzette und der Philosophischen Kolloquien in Berkeley, Hamburg, Hannover (Zentrale Einrichtung für Wissenschaftstheorie und Wissenschaftsethik), Leipzig und Saarbrücken; den Herausgebern Wilfried Hinsch und Lutz Wingert für die Aufnahme des Buches in die R e i h e Ideen und Argumente; ihnen und dem Verlag Walter de Gruyter für die freundliche Zusammenarbeit; sowie der Alexander von Humboldt-Stiftung, die mir für die Arbeit an diesem B u c h einen Forschungsaufenthalt an der University o f California, Berkeley, ermöglicht hat.

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CHISHOLM

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Personenregister Alexander, L. M . Ambrosius

201

153

43, 51, 107,

120-30, 148 f, 237, 242-5

Aquin, T.

151, 153 ff

Áqvist, L.

215

Arrhenius, G.

Eriksson, B.

Fehige, C.

19, 52, 81

75

Feinberg, J.

2, 24

Attfield, R .

2 f, 170

Feldman, F.

2, 24, 166, 170

Augustinus

153, 157, 159

Fichte, J . G .

158

van Fraassen, B. C. Badhwar, N. K. Baier, K.

Frankfurt, H.

6

170

Baron, M .

3, 5, 165, 180

Bentham, J.

166-9

Gähde, U.

96

Gesang, B.

108, 170

Birnbacher, D.

4, 175

Godwin, W.

Burchill, L. M.

3, 101

Griffin, J.

Bykvist, K.

75

Calvin, J.

Haie, S. C. 2, 4, 24, 175,

3

Dancy, J.

120 f

74

2, 4, 24, 27, 107, 151,

153, 155, 159, 165, 185 f Hill, T.

Decius Mus

3, 45, 167, 170,

207 f Heyd, D.

24

3

Harsanyi, J. C.

179. 184-91 Clark, M .

165

Hare, R . M .

16, 24

Chisholm, R . M. Chopra, Y.

166 123

Guevara, D.

156 f

Carlson, E.

Driver, J.

164 f

Hinsch, W.

171

Hruschka,J.

6

42, 165 4, 151, 161, 171,

175, 177, 187 Humberstone, I. L.

Eisenberg, P. D. Engelhardt, S. Engfer, J.

215

75

36

175

165 223

Jackson, F. Jacobs, R . A.

24, 167 2-5, 24, 181, 190

Personenregister

Jesus

152 f

Joerden,J. C. 4, 36, 56, 151, 161, 171, 175, 177. 187 Kagan, S. i n , 136 Kamm, F. M. 42, 136 Kant, I. 3, 161-6, 170, 187, 195 Kolbe, Μ. ι, 5 von Kutschera, F. 2 Ladd, J. 24 Lohr, G. 3, 24, 153 Lukas ν Luther, M. 156 f

279

Nagel, T. 25, 73, 107-20, 148 f New, C. 3, 24, 101, 153, 170 Nortmann, U. 215 Oates, L. E. G. 1 O'Nell, O. 165 Parfit, D. 74f, 108, 123 Paulus 152 Peterfreund, S. P. 4 Pfannkuche, W 180 Popper, K. R . 74 f Pufendorf, S. 161 Pybus, Ε. M. 3, 5

Mackie, J. L. 120 f Matthäus 152 Mayerfeld, J. 75 McCarty, R . 165 McConnell, T. C. 24, 101, 170 McGoldrick, P. M. 3 McKerlie, D. 75 McNamara, P. 2, 27, 61, 101,

Raatzsch, R . 46 Rakowski, E. 43 Rawls, J. 74, 201, 204 Roudey, R . 22 Rubinstein, A. 22

179, 181, 187, 191-5 Meggle, G. 96, 102, 205 Meinong, A. 2, 151, 170-5, 177 fr, 181, 185, 188 f, 195 Melanchton, P. 158 Melden, G. 2, 177, 180 Mill, J. S. 120 f, 166-9 Moore, G. E. 166 Moore, M. S. 6 Mulgan, T. 140 ff, 144-7, 254, 262 Murphy, L. B. 167

130-42, 144-9, 2 0 I > 204> 2 °8, 246, 254, 262 ff Schmidtz, D. 22, 136 Schüßler, R . 24, 56 Schumaker, M. 4 Schwarz, E. 170-3, 177 fr, 185,

Scanion, T. 75 Scheffler, S. 24, 96, 107,

195 Sidgwick, H. 3, 167, 169 Sikora, R . I. 24, 132, 170 Simon, H.A. 21 f Slote, M. 9, 16, 20-5 Smart, J . J . C . 170 Sosa, E. 179, 184-91

28ο

Personenregister

Stekeler-Weithofer, P. Stemmer, P. 2, 151 Stocker, M. 24, 186 Strasser, M. 167 Temkin, L. 74 Tertullian 153 Trianosky, G. W. Urmson, J. O.

36

5

2 f, 24, 151,

179ff,183 f, 191, 195 Wessels, G. 56 Wessels, U. 52 Wiese, H. 49 Wiggins, D. 75 von Winkelried, A. 171 Witschen, D. 2, 24, 28, 180 Wolf, S. 3 von Wright, G. H.

175, 183, 185

Ideen&Argumente John Rawls

• Das Recht der Völker Enthält: »Nochmals: Die Idee der öffentlichen Vernunft« Übersetzt von Wilfried Hinsch 2002. X, 285 Seiten. Broschiert. ISBN 3-11-016935-5 Welche Bedingungen lassen Völker gerecht und friedlich zusammenleben? Unter welchen Umständen sind Kriege gerechtfertigt? Welche Leitlinien müssen gegeben sein für Organisationen, die eine gerechte Gesellschaft von Völkern mit gleichen Rechten herzustellen vermögen? In acht Grundsätzen fiir eine gerechte internationale Ordnung entwickelt der amerikanische Philosoph John Rawls einen hypothetischen Vertrag der Gesellschaft der Völker'. Das jüngste Buch von John Rawls ist nach A Theory of Justice (1971, dt. 1975) und Polirical Liberalism (1993, dt. 1998) ein weiteres wichtiges Werk des bedeutenden amerikanischen Philosophen. Die Originalausgabe (The Law of Peoples, 1999) hat zu heftigen Kontroversen geführt. J J Die politische Philosophie ist realistisch-utopisch, wenn sie die Grenzen dessen, was wir gewöhnlich für praktisch-politisch möglich halten, ausdehnt. Unsere Hoffnung fiir die Zukunft unserer Gesellschaft beruht auf dem Glauben, dass die Existenz annehmbar gerechter demokratisch verfasster Gesellschaften, die Mitglieder in einer Gesellschaft von Völkern sind, mit der Natur

I

der sozialen Welt zu vereinbaren i s t . ^

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Ideen&Argumente Wilfried Hinsch

• Gerechtfertigte Ungleichheiten Grundsätze sozialer Gerechtigkeit 2002. XIX, 341 Seiten. Broschiert. ISBN 3-11-017626-2 Bei den Auseinandersetzungen um Arbeitsmarktpolitik, Steuerpolitik, Erziehungspolitik, Meinungs- und Willensfreiheit steht immer auch die grundsätzlichere Frage zur Debatte, was wir unter „sozialer Gerechtigkeit" verstehen. In Gerechtfertigte Ungleichheiten werden die Grundzüge einer Theorie sozialer Gerechtigkeit entwickelt. Es handelt sich um eine egalitäre Theorie, die soziale Ungleichheit ausdrücklich zulässt, diese aber an das Vorliegen bestimmter öffentlicher Rechtfertigungsgründe bindet. ) ) Demokratische Systeme sind auch dann, wenn sie den grundrechtlichen Forderungen politischer Gerechtigkeit genügen, kritikwürdig und reformbedürftig, solange es ihnen nicht gelingt, allen Bürgern gerechte Anteile an den gesellschaftlich produzierten Reichtümern zu sichern."

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