Die Erben der »rei vindicatio« im deutschen, englischen und schottischen Privatrecht [1 ed.] 9783428587179, 9783428187171

Die Arbeit untersucht den »Archetyp eines Zivilrechtskonflikts«, die (Besitz-)Vorenthaltung gegenüber der Eigentümerin d

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German Pages 280 Year 2023

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Die Erben der »rei vindicatio« im deutschen, englischen und schottischen Privatrecht [1 ed.]
 9783428587179, 9783428187171

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Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 19

Die Erben der „rei vindicatio“ im deutschen, englischen und schottischen Privatrecht

Von

Hannah Frahm

Duncker & Humblot · Berlin

HANNAH FRAHM

Die Erben der „rei vindicatio“ im deutschen, englischen und schottischen Privatrecht

Studien zum vergleichenden Privatrecht Studies in Comparative Private Law Band / Volume 19

Die Erben der „rei vindicatio“ im deutschen, englischen und schottischen Privatrecht

Von

Hannah Frahm

Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg hat diese Arbeit im Jahre 2022 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI Books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 2567-5427 ISBN 978-3-428-18717-1 (Print) ISBN 978-3-428-58717-9 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Diese Arbeit wurde von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Jahre 2022 als Dissertation angenommen. Die Fertigstellung der vorliegenden Arbeit erfüllt mich mit Stolz und Dankbarkeit. Mein tief empfundener Dank gilt zuallererst meinem akademischen Lehrer und verehrten Doktorvater Prof. Dr. Frank L. Schäfer, LL.M. (Cambridge). Er begleitete mich nahezu meine gesamte juristische Ausbildung: von den ersten zivilrechtlichen und rechtsgeschichtlichen Vorlesungen, über eine jahrelange Zusammenarbeit an seinem Lehrstuhl (beides noch an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel), bis hin zu seiner unermüdlichen Unterstützung bei der Fertigstellung dieser Arbeit. Für seinen steten Glauben in mich und das Projekt bin ich ihm zutiefst dankbar. Meiner Zweitgutachterin Frau Prof. Dr. Sonja Meier, LL.M. (London) danke ich herzlich für ihre überaus wertvollen Anmerkungen zu meinem Manuskript. Größter Dank gebührt auch meiner lieben Familie, die mich auf meinem Weg immer unterstützt hat. Hierfür bin ich unendlich dankbar. In den Jahren, die mich dieses Projekt begleitet hat, haben sich viele Menschen dankenswerterweise für mich und meine Arbeit interessiert, mich unterstützt und inspiriert, mir Mut zugesprochen und, wo notwendig, mich wieder auf den rechten Pfad gesetzt. Ihre vielfältigen Beiträge zum Erfolg dieses Projekts möchte ich besonders hervorheben: kritische Diskussionen und kluge Inspiration, kleine und große Weisheiten, Care-Pakete und Literaturhinweise, ein offenes Ohr, Vertrauen und Gemeinschaft. Ihnen allen gilt mein herzlicher Dank. München, im Oktober 2022

Hannah Frahm

Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Stand der Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18

Erster Teil Deutschland

21

A. Ansprüche aus dem Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 I.

Anspruch auf Herausgabe der Sache (§§ 985, 986 Abs. 1 S. 1 BGB) . . . . . . . . . . 24 1. Aktivlegitimation (§ 985 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 a) Sacheigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 b) Kein Verlust des Eigentums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 aa) Rechtsverlust durch wirksame (berechtigte) Übereignung . . . . . . . . . . . 30 bb) Rechtsverlust durch gutgläubigen Dritterwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 cc) Rechtsverlust durch Verbindung, Vermischung, Verarbeitung . . . . . . . . 34 2. Passivlegitimation (§ 986 Abs. 1 S. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Sachbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Kein Recht zum Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38

3. Umfang der Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 II. Ansprüche bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache (§§ 987 ff. BGB) . . . . . 42 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 I.

Possessorischer Besitzschutz (§§ 858 ff. BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Verteidigungsmöglichkeiten bei Besitzentziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Grundvoraussetzung: Verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Selbsthilferecht bei Besitzentziehung (§ 859 Abs. 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . 49 c) Herausgabeanspruch wegen Besitzentziehung (§ 861 BGB) . . . . . . . . . . . . . 50 3. Umfang der Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51

4. Possessorischer Besitzschutz und fremde Besitzrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 II. Petitorischer Besitzschutz (§ 1007 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53

8

Inhaltsverzeichnis 2. Anspruch auf Herausgabe der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Aktivlegitimation: früherer Besitz einer beweglichen Sache . . . . . . . . . . . . . 58 b) Passivlegitimation: kein Recht zum Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 c) Umfang der Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3. Ansprüche bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

C. Ansprüche aus condictio possessionis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 I. Schutzgegenstand: Besitz oder Eigentum? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 II. Anspruch auf Herausgabe der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 III. Ansprüche bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 D. Reichweite des Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 I.

Inhaltliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 1. Ansprüche aus dem Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 2. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 a) Possessorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 b) Petitorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Ansprüche aus condictio possessionis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71

II. Zeitliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. Ansprüche aus dem Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 a) Possessorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 b) Petitorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Ansprüche aus condictio possessionis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 III. Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 1. Ansprüche aus dem Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 2. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 a) Possessorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 b) Petitorischer Besitzschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 3. Ansprüche aus condictio possessionis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Zweiter Teil England

79

A. Ansprüche aus proprietary restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 I.

Umstrittene Rechtsnatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 1. „Oxford Variante“: proprietary restitution als Bereicherungsanspruch . . . . . . . 87 2. „Cambridge Variante“: proprietary restitution als Vindikationsanspruch . . . . . 89

Inhaltsverzeichnis

9

II. Tatbestandsvoraussetzungen nach beiden Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. „Oxford Variante“: Anspruch aus unjust enrichment . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 a) Bereicherung at the claimant’s expense . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 b) Bereicherung ist unjust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. „Cambridge Variante“: Anspruch aus vindication of property rights . . . . . . . . . 95 a) Die proprietary base . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 aa) Ursprüngliches proprietary interest bleibt bestehen . . . . . . . . . . . . . . . . 97 bb) Neues equitable proprietary interest entsteht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 b) Identifikationshilfen: following und tracing . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 III. Anspruchsgrenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 IV. Proprietary restitutionary remedies: Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 V. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 B. Ansprüche aus conversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Historischer Hintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 II. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Anspruchsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 2. Aktivlegitimation: legal proprietary interest und immediate right to possess 115 3. Tatbestandliche Eingriffshandlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 4. Titelrelativität: double liability und double recovery . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 III. Verschuldensunabhängige Haftung: strict liability . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 IV. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 1. Personal remedy: Schadensersatz als Regel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Proprietary remedy: Herausgabe in specie als Ermessensentscheidung . . . . . . 125 V. Alternative Rechtsfolge über den waiver of tort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 VI. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 C. Ansprüche aus reversionary injury . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 D. Reichweite des Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Inhaltliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 1. Ansprüche aus proprietary restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 2. Ansprüche aus conversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 3. Ansprüche aus reversionary injury . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 II. Zeitliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 1. Ansprüche aus proprietary restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 2. Ansprüche aus conversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 3. Ansprüche aus reversionary injury . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 III. Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 1. Ansprüche aus proprietary restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 2. Ansprüche aus conversion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Ansprüche aus reversionary injury . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137

10

Inhaltsverzeichnis

E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138

Dritter Teil Schottland

140

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 I.

Rechtsnatur und Einordnung in die Privatrechtssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

II. Primäranspruch auf Herausgabe der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Aktivlegitimation: Eigentum als title to sue . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 a) Eigentum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Kein Rechtsverlust: retention of title . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 2. Passivlegitimation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Sachbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 b) Kein Recht zum Besitz: obligation to restore . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 3. Umfang der Herausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 III. Wertersatz und ordinary profits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 I.

Anspruch auf Herausgabe der Sache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 1. Normzweck und Praxisrelevanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 2. Tatbestandsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 a) Title to sue: früherer Besitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 b) Tatbestandliche Eingriffshandlung: vitious dispossession . . . . . . . . . . . . . . . 184 2. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187

II. Wertersatz und violent profits . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 C. Enrichment restitution: bereicherungsrechtliche Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 I. „Confusion and ignorance“: Verhältnis zur vindicatory restitution . . . . . . . . . . . . 193 II. Besitz als Bereicherungsgegenstand? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 1. Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 2. Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 III. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 IV. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 D. Reichweite des Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 I.

Inhaltliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Ansprüche aus vindicatory restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Ansprüche aus spuilzie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Ansprüche aus enrichment restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

Inhaltsverzeichnis

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II. Zeitliche Reichweite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Ansprüche aus vindicatory restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 2. Ansprüche aus spuilzie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 3. Ansprüche aus enrichment restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 III. Insolvenzfestigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 1. Ansprüche aus vindicatory restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Ansprüche aus spuilzie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 3. Ansprüche aus enrichment restitution . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 E. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 Archetypisches Problem – Individuelle Lösungen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 I. Eigentum, Besitz und Rechtsobjekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 220 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 3. Schottland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 II. Die Erben der rei vindicatio . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 3. Schottland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237 III. Anspruchsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 2. England . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 3. Schottland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 4. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 I.

Deutsche Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Allgemeine Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 2. Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

II. Englische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 1. Allgemeine Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 2. Materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 III. Französische Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270

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Urteils- und Gesetzesverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 I.

Fallregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 2. Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271

II. Gesetzesregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 2. Vereinigtes Königreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 3. Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

„Denn nur durch Vergleichung unterscheidet man sich und erfährt, was man ist, um ganz zu werden, der man sein soll.“1

Einleitung Die (Besitz-)Vorenthaltung gegenüber dem Eigentümer oder der Eigentümerin2 durch eine unberechtigte dritte Person ist der „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“.3 Wenig erregt die Gemüter so sehr wie ein Eingriff in etwas, das „mein“ ist. Eigentum an (beweglichen)4 Sachen ist in der Vorstellung der meisten Menschen „heilig“ und auch für nicht rechtskundige Personen ein gut greifbarer Begriff. William Blackstone in England schreibt bereits im 18. Jahrhundert: „There is nothing which so generally strikes the imagination, and engages the affections of mankind, as the right of property.“5 Die große Bedeutung des Eigentums (bzw. ownership) für das Individuum ist universell und stört sich grundsätzlich auch nicht an Länder- oder Sprachgrenzen. Ziel dieses Rechtsvergleichs ist deshalb die Beantwortung der Frage, welche Lösungen drei auf den ersten Blick so unterschiedliche Rechtsordnungen wie Deutschland, England und Schottland für den allerorts auftretenden „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ bereithalten und ob, wenn ja wie und warum diese Lösungen sich unterscheiden und welche Auswirkungen dies auf die Reichweite des zur Verfügung stehenden Rechtsschutzes hat. Jede Rechtsordnung weist eine individuelle nationale Prägung auf und unterscheidet sich, zum Teil erheblich, von anderen Rechtsordnungen. Diese starke nationale Prägung ist wohl eine der auffälligsten Eigenschaften der modernen Rechtswissenschaften. Hierzu ist folgender Ausspruch Rudolf von Jherings, einem der großen deutschen Rechtsgelehrten des 19. Jahrhunderts, überliefert: „Die formelle Einheit der Wissenschaft, wie sie einst durch die Gemeinsamkeit eines und desselben Gesetzbuches [Anm.: gemeint ist hier das rezipierte römische Recht] für den größten Theil Europas gegeben war, jenes Zusammenarbeiten der Jurisprudenz 1

Mann, Joseph und seine Brüder, S. 846. Diese Arbeit verwendet Personenbezeichnungen vornehmlich in der grammatisch weiblichen Form. 3 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 693 ff. 4 Unbewegliche Gegenstände sind von der Untersuchung ausgeklammert; die Besonderheiten des stark feudalrechtlich geprägten land law in England und Schottland würden den Rahmen dieser Untersuchung sprengen. Unkörperliche Gegenstände (vertragliche Forderungen, intellectual property, etc.) werden nur am Rande behandelt, denn wenngleich das englische Recht (insbesondere über die Billigkeitsregelungen der Equity) Eigentumsrechte an unkörperlichen Gegenständen anerkennt, trifft dies eben nicht auf das deutsche und das schottische Recht zu; das Eigentumsverständnis in diesen Rechtsordnungen ist, wie gezeigt werden wird, sehr körperlich geprägt. 5 Blackstone, Commentaries on the Laws of England, Zweiter Band, S. 1. 2

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der verschiedensten Länder an demselben Stoff und derselben Aufgabe ist mit der formellen Gemeinschaft des Rechts für immer dahin; die Wissenschaft ist zur Landesjurisprudenz degradiert, die wissenschaftlichen Gränzen fallen in der Jurisprudenz mit den politischen zusammen. Eine demüthigende, unwürdige Form für eine Wissenschaft!“6 Die „Landesjurisprudenzen“, die dieser Studie zugrunde liegen, Deutschland, England und Schottland, sind nicht willkürlich ausgesucht. Das deutsche Recht bildet die Grundlage für den Rechtsvergleich, denn „[e]s ist eine bewährte rechtsvergleichende Regel, mit der Klarlegung des eigenen Rechts zu beginnen und von daher rechtsvergleichend fortzudenken“.7 Es gehört, in Abgrenzung zum angelsächsischen common law, zum Rechtskreis des kontinental-europäischen civil law, welches über Jahrhunderte wesentlich durch rezipiertes römisches Recht geprägt wurde. Demgegenüber ist das englische Recht die Urform des common law und hat sich unter vergleichsweise wenig römischrechtlichem Einfluss in eine andere Richtung entwickelt.8 Rechtsordnungen, die sich heute vom englischen (Mutter-)Recht ableiten sind etwa Australien, die Bahamas, Barbados, Kanada (mit Ausnahme von Québec), Hong Kong, Indien, Neuseeland und die Vereinigten Staaten von Amerika (mit Ausnahme von Louisiana). Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen den beiden (Privat-)Rechtsordnungen Deutschland und England ist die Vollkodifikation, die das deutsche allgemeine Privatrecht vor 120 Jahren im Bürgerlichen Gesetzbuch9 erfahren hat; das englische (und auch das schottische) Recht haben bislang nur zögerlich und auch nur ausschnittsweise das traditionelle Fallrecht und das common law kodifiziert und überlassen weiterhin große Teile des Rechts der Interpretation und Weiterentwicklung durch das case law: in England „lawyers think in terms of precedents and specific remedies, […] [c]odification is a rather dangerous idea“.10 Als dritte „Landesjurisprudenz“ wird das Recht Schottlands untersucht. Im schottischen Recht finden sich sowohl deutschen Juristinnen und Juristen als auch englischen lawyers bekannte Strukturen. Schottland wird traditionell als Mischsystem bezeichnet, als ein mixed legal system. Diese mixed legal systems vereinen in sich Elemente sowohl des common law als auch des civil

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von Jhering, Geist des römischen Rechts, S. 14, 15. Großfeld, Macht und Ohnmacht der Rechtsvergleichung, S. 32. 8 Siehe für eine lesenswerte Darstellung zu „The Common Law of England“ bei Robinson et al., European Legal History, S. 125 ff., Rn. 8.1 ff.; für einen überblicksartigen Vergleich des englischen und schottischen Rechts siehe Gordon, Roman Law, Scots Law and Legal History, S. 309 ff., sowie Birks, „More Logic and Less Experience: The Difference between Scots Law and English Law“, in: Carey Miller/Zimmermann, The Civilian Tradition and Scots Law, S. 167 ff. 9 Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) trat am 1. Januar 1900 nach rund 30 Jahren Vorarbeit in Kraft. Eine kurze Zusammenfassung der Entstehungsgeschichte des BGB in englischer Sprache findet sich bei Robinson et al., European Legal History, S. 268 ff., Rn. 16.1.1, 269 ff., Rn. 16.2 ff. 10 Gordon, Roman Law, Scots Law and Legal History, S. 323. 7

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law.11 Die Einteilung in „reine“ und „Mischsysteme“ ist jedoch nicht unumstritten. Weil sich kaum ein Rechtssystem in einem Vakuum entwickelt, kann diese Vermischung auch als der natürliche Lauf der Dinge, als „the general pattern of legal development“12 gesehen werden, dem jede Rechtsordnung unterliegt. Palmer etwa überträgt die Idee der mixed legal systems auf die Europäische Union: „For example, the extent to which the private law systems of the European Union are converging through the directive process and the quest for uniform laws, and the extent to which a single civil code will Europeanize the private laws of all Member States are questions that will determine whether Europe is or soon becomes a mixed system.“13 Dies ist aktuell vor dem Hintergrund des mit dem zum 31. Januar 2020 erfolgten Austritts des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union („Brexit“) ein interessanter Gedanke. Im europäischen Kontext des Brexits stellt sich deshalb die Frage, ob die Trennung der britischen Insel von der Europäischen Union eine neue wissenschaftliche Grenze nach sich zieht. Rechtsvergleich und Inspiration durch andere rechtliche Lösungsansätze, die berühmten Blicke über den Tellerrand bzw. in diesem Fall über den Ärmelkanal, werden jedoch auch in Zukunft relevant bleiben. Insbesondere das englische Recht ist und bleibt business relevant und wird sich auch nach dem Austritt aus der europäischen Gemeinschaft nicht in ein (wissenschaftliches) Vakuum zurückziehen. Neben politischen und wissenschaftlichen Grenzen sind auch sprachliche Barrieren zu beachten. Es darf nicht davon ausgegangen werden, dass (Rechts-)Begriffe, achtlos übersetzt und übertragen auf die jeweils andere Rechtsordnung, denselben Bedeutungsinhalt haben. „Diese schwankende Vieldeutigkeit der Welt“,14 die nach Hannah Arendt deshalb besteht, weil es eben nicht nur eine, sondern viele Sprachen gibt, hat auch Konsequenzen für die vergleichende Rechtswissenschaft. Beispielsweise ist das was die deutsche Rechtswissenschaft unter dem Begriff der Vindikation versteht, nämlich insbesondere der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB,15 mitnichten unmittelbar übertragbar auf die Begriffe der vindication und to vindicate,16 11

Siehe die lesenswerten Darstellungen zur Genese des schottischen Rechts in Gordon, Roman Law, Scots Law and Legal History, S. 324 ff., Robinson et al., European Legal History, S. 228 ff., Rn. 14.1 ff., sowie Cairns, „The Civil Law Tradition in Scottish Legal Thought“, in: Carey Miller/Zimmermann, The Civilian Tradition and Scots Law, S. 191 ff. 12 Palmer, Mixed Legal Systems … and the Myth of Pure Laws, in: Louisiana Law Review, Band 67, Nr. 4 (2007), 1205 (1218). 13 Palmer, Mixed Legal Systems … and the Myth of Pure Laws, in: Louisiana Law Review, Band 67, Nr. 4 (2007), 1205 (1218). 14 Arendt, Denktagebuch, Heft II, November 1950 [15], S. 43. 15 Siehe aber etwa auch die Diskussion um ein Vindikationslegat (gegenüber dem schuldrechtlichen Damnationslegat in §§ 2147 ff. BGB), das eine unmittelbare dingliche Zuordnung des vermachten Gegenstands an die Vermächtnisnehmerin herbeiführen würde, hierzu ausführlich Titz, Das Vindikationslegat. 16 Das Verb to vindicate findet sich vielfach auch in nichtrechtlicher Sprache, und zwar ganz allgemein im Sinne von Verteidigung von Rechten; siehe hierzu etwa das klassische Essay aus dem Jahre 1792 von Mary Wollstonecraft, AVindication of the Rights of Women; zur National

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und zwar weder im englischen noch im schottischen (rechtlichen) Sprachgebrauch. Dasselbe gilt auch für das Begriffspaar Eigentum und ownership. Selbst innerhalb ein und derselben Rechtsordnung (und Sprache) hat ein bestimmter Begriff nicht immer unbedingt nur eine einzige Bedeutung; so verbirgt sich hinter der schottischen restitution eine Fülle von Bedeutungsinhalten (hierzu noch einmal Hannah Arendt: „Gäbe es nur eine Sprache, so wären wir vielleicht des Wesens der Dinge sicher.“).17 Im Laufe der Untersuchung wird an einigen Stellen sehr deutlich werden, dass begriffliche Eindeutigkeit und Einheitlichkeit ein Segen sind und dass ihr Fehlen gravierende Folgen für die Verständlichkeit und sogar den Inhalt des Rechts haben kann. Unter der Überschrift „Die Erben der rei vindicatio“ sucht diese Arbeit zunächst zu beleuchten, was überhaupt „mein“ sein kann (und warum) und welche Mittel und Wege das Recht zum Schutze des Eigentums gefunden hat (und warum). Ausgangspunkt der Untersuchung ist der Vindikationsanspruch, wie er für das deutsche Recht in § 985 BGB niedergelegt ist. Die Vindikation geht auf die rei vindicatio zurück, diese klassische römischrechtliche Klage gegen die unrechtmäßig besitzende Person.18 Die drei Rechtsordnungen werden auf funktionsäquivalente Ansprüche zum Vindikationsanspruch in § 985 BGB hin untersucht. Es wird also um Situationen gehen, in denen eine andere Person als die Eigentümerin eine (bewegliche) Sache unrechtmäßig besitzt. Eine Frage, die hier im Mittelpunkt steht, ist die nach der „Rückholkraft“ des Eigentums.19 Wird die Eigentümerin in ihrem Eigentum gestört, reicht dann allein die Darlegung des gestörten Eigentums als Begründung eines Herausgabebegehrens? Reicht es zu sagen „That cow, Buttercup, is mine“,20 um die Sache (oder gegebenenfalls ihren Wert in Geld) von der unberechtigt eingreifenden Person herauszuverlangen? Oder muss zusätzlich (oder stattdessen) noch etwas anderes dargelegt werden, etwa eine Vertragsbeziehung, eine ungerechtfertigte Bereicherung, ein bestimmtes Verhalten auf Seiten der störenden Person oder Verschulden? Diese Untersuchung konzentriert sich vornehmlich auf solche Ansprüche der Eigentümerin gegen die unberechtigte Besitzerin, welche aus der Eigentumsposition selbst fließen oder ihr rein praktisch zu Diensten sind. Es soll also vornehmlich um Rechtsbehelfe gehen, die allein bzw. vorrangig an die Inhaberschaft des jeweiligen Sachenrechts anknüpfen. Ansprüche mit einer zusätzlichen „Färbung“ Association for the Vindication of Scottish Rights siehe Devine, In bed with an elephant: almost three hundred years of the Anglo-Scottish Union, in: Scottish Affairs, Band 57 (2006), 1 (2 ff.). 17 Arendt, Denktagebuch, Heft II, November 1950 [15], S. 42 (Hervorhebung durch Autorin). 18 Zum römischrechtlichen Hintergrund siehe etwa Sliwka, Herausgabeansprüche als Teil des zivilrechtlichen Eigentumsrechts?, S. 17 ff. 19 Eine Beschäftigung mit dem negatorischen Rechtsschutz im Sinne des § 1004 BGB (Abwehr drohender Eingriffe in die fremde (Sachen-)Rechtsposition) findet nicht statt; diese Untersuchung konzentriert sich auf jene Ansprüche, die auf bereits geschehene Eingriffe reagieren („Rückholwirkung“). 20 Birks, Personal Property: Proprietary Rights and Remedies, in: King’s College Law Journal, Band 11/1 (2000), 1 (4).

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werden, soweit mit Blick auf den funktionalen Rechtsvergleich möglich und sinnvoll, nur dann in die Untersuchung miteinbezogen, soweit „es zu ihrer Begründung nicht [wesentlich]21 mehr bedarf, als darzulegen und nötigenfalls zu beweisen, dass ein Übergriff in eine der dem Anspruchssteller durch sein Sachenrecht exklusiv vorbehaltenen Befugnisse […] andauert“.22 Dies schließt insbesondere etwa solche Ansprüche von der Einbeziehung aus, die darüber hinaus ein Verschulden voraussetzen (§§ 823 ff. BGB). In Bezug auf die Rechtsfolge konzentriert sich die Untersuchung auf die Herausgabe entweder der Sache selbst (in specie) oder eines (dinglichen) Surrogats, sowie auf Wert- bzw. Schadensersatz. Dies entspricht auch dem intuitiven Empfinden davon, was rechtes ist als Lösung des „Archetyps eines Zivilrechtskonflikts“: die Sache (oder ein Surrogat) ist „mein“ und nicht „dein“ und ist deshalb herauszugeben oder ein angemessener Ersatz in Geld ist zu zahlen. Die Untersuchungen der drei Rechtsordnungen werden unterschiedliche Herangehensweisen aufzeigen, jedoch am Ende zu ähnlichen Ergebnissen kommen. Dies ist auch zu erwarten, denn der „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ ist ein universaler und der intuitive Lösungsansatz – Sache oder Geld – gilt, in Abwandlungen, sowohl in Deutschland als auch in England und Schottland. Bestehende Unterschiede in den deutschen, englischen und schottischen Herangehensweisen an den „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ sind, nicht überraschend, in ihrem historisch-sozio-kulturellen Kontext zu suchen und zu finden. Die hier untersuchten Ansprüche vereint aber das gemeinsame Ziel, das gestörte Eigentum gegen jede unberechtigt besitzende Person zu verteidigen. Dies sind die „Erben der rei vindicatio“ im deutschen, englischen und schottischen Privatrecht.

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Einfügung durch Autorin. von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Zweiter Band, S. 523, Rn. 414.

Stand der Forschung Das englische und schottische Recht begegnet dem „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“1 insbesondere über die Rechtsfigur der restitution. Was sowohl die englische als auch die schottische restitution im Kern gemeinsam haben, ist, dass sie das Recht von der gewünschten Rechtsfolge her, nämlich restitution als Wiederherstellung des status quo ante, klassifizieren. Die Rechtsnatur der zugrundeliegenden Ansprüche, also ob etwa sachenrechtlich oder bereicherungsrechtlich, spielt in der Rechtspraxis traditionell eine eher untergeordnete Rolle. Insbesondere im schottischen Recht kommt dazu noch eine hoffnungslos unklare Begrifflichkeit: der Begriff der restitution wurde über Jahrhunderte hinweg sowohl für Ansprüche aus dem Eigentum, aus Besitz als auch aus unjustified enrichment verwendet. Erst in den letzten Jahrzehnten erwachte, insbesondere in England, aber auch in Schottland, das Interesse an einer (dem deutschen Recht ähnlichen) Systematisierung des Rechts nach Anspruchsgründen.2 Diese Entwicklung hin zu einem deutlicher systematisierten Privatrecht ist nicht nur vor dem Hintergrund einer erleichterten Rechtsvergleichung zu begrüßen. Die Frage, ob ein Anspruch auf restitution im Grunde aus dem zu schützenden Sachenrecht entspringt (etwa aus dem Eigentum) oder aus einer ungerechtfertigten Bereicherung, hat praktische Auswirkungen: von der Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen (beweiserheblichen Tatsachen) über die Frage, welche defences dagegen vorgebracht werden können, bis hin zu Verjährungsaspekten. Auch die Frage, ob ein Anspruch insolvenzprivilegiert ist, ist von großer Bedeutung bei der Bestimmung der Reichweite des Rechtsschutzes und doch wirft hier eine rechtsfolgenzentrierte restitution mehr Fragen auf, als sie Antworten gibt. Die deutsche Rechtsvergleichung hat von dieser problematischen restitution und ihrer Einordnung in die Privatrechtssystematik, sowohl im englischen als auch im schottischen Recht, bislang nur am Rande Kenntnis genommen. Zum englischen Recht ist (deutschsprachige) rechtsvergleichende Literatur grundsätzlich üppig vorhanden; England ist Mutterrechtsordnung der common law-Familie und das englische Recht ist für internationale Wirtschaftsbeziehungen von großer Bedeutung. Die englische restitution und die hierin (insbesondere seit der hierfür maß1 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 693 ff. 2 Hierzu etwa Birks, „More Logic and Less Experience: The Difference between Scots Law and English Law“, in: Carey Miller/Zimmermann, The Civilian Tradition and Scots Law, S. 167 ff., S. 188: „For the sake of the intellectual order upon which formal justice depends, and for the sake of keeping in touch with the pattern of private law in Europe, and to keep the common law alive, it is essential that English lawyers develop a renewed awareness of the rational structure of the law.“

Stand der Forschung

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geblichen Entscheidung des damals noch House of Lords3 in Foskett v. McKeown4) begründeten Einordnungsproblematik fand bis jetzt jedoch nur wenig Beachtung.5 Vorhandene Darstellungen zum law of restitution konzentrieren sich zumeist auf die für civil law-Jurisdiktionen traditionell faszinierende englische Treuhand (trust), sowie die Surrogationsmechanismen des following und tracing. Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Einordnung der Ansprüche aus restitution in die englische Privatrechtssystematik, insbesondere nach Foskett v. McKeown, in entweder das Sachenrecht oder das Bereicherungsrecht findet kaum statt.6 Vorhandene Darstellungen folgen damit zumeist der traditionellen Denkweise des common law, die der Rechtsfolgenseite (remedies) mehr Bedeutung zumisst als den Anspruchsgründen. Eine Untersuchung von Finkelmeier aus dem Jahre 2016 trägt erstes Licht ins Dunkle.7 Die dogmatische Einordnung der Ansprüche aus restitution wird hier auf einigen Seiten zusammengefasst. Erwähnt werden soll an dieser Stelle auch eine jüngere Dissertation von Tratt, die sich im Kontext der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung in der Insolvenz mit Foskett v. McKeown und der englischen proprietary restitution beschäftigt.8 Die deutsche rechtsvergleichende Literatur bildet die Revolution, die die Entscheidung Foskett v. McKeown seit ihrer Veröffentlichung im Jahre 2000 in England angestoßen hat, damit nur in Teilen ab; eine ausführlichere Auseinandersetzung mit der Einordnungproblematik fehlte bislang. Zum schottischen Recht ist die einschlägige Literaturlage (in deutscher Sprache) recht dünn; aus rechtsvergleichender Sicht findet das schottische Recht vor allem in Beziehung zu anderen mixed legal systems Aufmerksamkeit, und zwar insbesondere zum südafrikanischen Recht.9 In der vorhandenen deutschsprachigen Literatur findet eine Auseinandersetzung mit der schottischen restitution bzw. ihrem prozessualen Gegenstück, der action of delivery, sowie der hierin begründeten (parallel zum englischen Recht laufenden) Einordnungsproblematik kaum statt; auch die possessorische spuilzie-Klage wird bislang nur in ihren Grundzügen dargestellt.10 3 Mit Wirkung zum 1. Oktober 2009 abgelöst durch den Supreme Court of the United Kingdom; siehe Teil 3 des Constitutional Reform Act 2005. 4 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102. 5 Siehe für deutschsprachige rechtsvergleichende Literatur bis 2010 Nachweise bei Schäfer, Die Vindikation im englischen Privatrecht – Zehn Jahre Foskett v. McKeown, in: StudZR 2/ 2010, 275 (276, Fn. 3); auch Middleton, „England“, in: von Bar, Sachenrecht in Europa, S. 94 – 208, insb. S. 107, S. 128 – 138. 6 Siehe etwa von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Zweiter Band, S. 560 ff., Rn. 450 ff.; Sliwka, Herausgabeansprüche als Teil des zivilrechtlichen Eigentumsrechts?, S. 373 – 388. 7 Finkelmeier, Qualifikation der Vindikation und des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, S. 120 – 124. 8 Tratt, Ursachen privilegierter Rückabwicklung, Ein Vergleich der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung in der Insolvenz in Deutschland und England, siehe insbesondere S. 165 – 171 und S. 183 – 188. 9 Siehe etwa die Fülle von Beiträgen in Zimmermann/Visser/Reid, Mixed Legal Systems in Comparative Perspective – Property and Obligations in Scotland and South Africa. 10 Siehe etwa von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Zweiter Band, S. 622, Rn. 514.

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Stand der Forschung

Die systematische Einordnung der Funktionsäquivalente zum Vindikationsanspruch in § 985 BGB, insbesondere der (englischen sowie schottischen) restitution, hat also bislang verhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit in der deutschsprachigen rechtvergleichenden Literatur erhalten. Der Blick auf die Rechtsnatur der Ansprüche ist jedoch nicht nur aus den genannten praktischen Gründen wichtig (Feststellung der Anspruchsvoraussetzungen etc.). Die jüngeren Klassifizierungstendenzen weg von Rechtsfolgen (restitution) und hin zu den Anspruchsgründen (causa) müssen auch in der (deutschsprachigen) Rechtsvergleichung gespiegelt werden: Darstellungen dürfen sich diesbezüglich insbesondere nicht auf den trust beschränken, sondern müssen diesen neuen Weg mitbeschreiten. Die junge causa-Privatrechtssystematik wird den Rechtsvergleich für die Zukunft wesentlich erleichtern.

„Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.“1

Erster Teil

Deutschland Die Bearbeitung beginnt mit der Untersuchung der einschlägigen Rechtsregeln des deutschen Privatrechts. Dieses Kapitel dient auch dazu, den Untersuchungsrahmen festzustecken, um von hier „rechtsvergleichend fortzudenken“, wie es „bewährte rechtsvergleichende Regel“ ist.2 Die Besitzvorenthaltung gegenüber der berechtigten Person ist der „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“. Die „greifbare[r] Bedrohlichkeit“3 für den Rechtsfrieden ist augenfällig und intuitiv. Wo ich meine Sache bei einer Person antreffe, die kein Recht auf sie hat, könnte ich geneigt sein, sie mir (zur Not auch mit Gewalt) wieder an mich zu nehmen. Ein rechtsstaatliches System muss aber dafür Sorge tragen, dass es eben nicht zu einer „sozial zerrüttende[n] eigenmächtigen Sachverfolgung“4 kommt und der Rechtsfrieden gewahrt bleibt. Zur Lösung dieses Konflikts bietet das deutsche Privatrecht in § 985 BGB einen Herausgabeanspruch mit Archetyp-Charakter: „Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.“ § 986 Abs. 1 S. 1 BGB führt weiter aus, dass die Besitzerin nur dann die Herausgabe der Sache verweigern kann, wenn sie der Eigentümerin gegenüber zum Besitz berechtigt ist. Dieser „simpelste Anspruch des ganzen BGB“5 folgt einem intuitiven Rechtsempfinden, denn es ist eben nicht rechtens, dass eine nicht berechtigte Person eine fremde Sache haben, geschweige denn benutzen darf. Auch „gehören“ Eigentum und Besitz zusammen; die faktische Nutzungsmöglichkeit der Sache ist Teil der Berechtigung an ihr, ist Teil des Eigentumsrechts. Dem privatrechtlichen Eigentum kommt auch verfassungsrechtlich eine besondere Bedeutung zu; so formulierte das Bundesverfassungsgericht zu Art. 14 Abs. 1 S. 1 Grundgesetz (GG): „Das Eigentum ist ein elementares Grundrecht, das in einem inneren Zusammenhang mit der Garantie der persönlichen Freiheit steht. Ihm kommt im Gesamtgefüge der Grundrechte die Aufgabe zu, dem Träger des Grundrechts einen Freiheitsraum im vermögensrechtlichen Bereich sicherzustellen und ihm damit eine eigenverantwortliche Gestaltung des Lebens zu ermöglichen. Die Garantie des Eigentums als Rechtseinrichtung dient der Sicherung 1

§ 985 BGB. Großfeld, Macht und Ohnmacht der Rechtsvergleichung, S. 32. 3 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 693. 4 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 693. 5 Wilhelm, Sachenrecht, S. 712, Rn. 1194. 2

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1. Teil: Deutschland

dieses Grundrechts. Das Grundrecht des Einzelnen setzt das Rechtsinstitut ,Eigentum‘ voraus; es wäre nicht wirksam gewährleistet, wenn der Gesetzgeber an die Stelle des Privateigentums etwas setzen könnte, was den Namen ,Eigentum‘ nicht mehr verdient.“6 Der zum Schutze des privatrechtlichen Eigentums zentrale Anspruch aus § 985 BGB wird flankiert von jenen sachenrechtlichen Ansprüchen und Rechten, die sich auf den Sachbesitz stützen; dies ist zunächst der possessorische Rechtsschutz aus §§ 858 ff. BGB. Der so genannte petitorische Rechtsschutz aus § 1007 BGB steht etwas unglücklich zwischen Eigentumsschutz (§ 985 BGB) und Besitzschutz (§§ 858 ff. BGB). Den Abschluss bildet die bereicherungsrechtliche condictio possessionis, die ebenfalls interessante Aufschlüsse über das Verhältnis von Eigentum und Besitz gibt. Alle diese Ansprüche7 können bei einem Eingriff in das Eigentum, je nach Sachverhaltskonstellation, herangezogen werden.

A. Ansprüche aus dem Eigentum Zur Lösung des „Archetyps eines Zivilrechtskonflikts“ bietet das deutsche Privatrecht einen Herausgabeanspruch mit Archetyp-Charakter an, eine „Kernnorm“.8 Im Zentrum des deutschen Sachenrechts steht § 985 BGB: „Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.“9 Die Besitzerin muss die fremde Sache also an die Eigentümerin herausgeben, es sei denn, ihr steht ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 Abs. 1 S. 1 BGB zu. Soweit und solange dieses Recht zum Besitz besteht, kann Herausgabe verweigert werden kann. Der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB erfüllt grundsätzlich zwei Funktionen: er schützt das Eigentum und ist zugleich „sachenrechtliche[r] Rechtsverwirklichungsanspruch“.10 Im Ergebnis münden jedoch beide „Funkionen“ in der Herausgabe der Sache und stehen somit als die zwei Seiten einer Medaille zueinander. Der Anspruch aus § 985 BGB dient der besitzlosen Eigentümerin zum Schutze ihrer Rechtsposition. Die rechtlich missbilligte Besitzvorenthaltung gegenüber der Eigentümerin soll beseitigt werden. Dies beruht im Kern auf der Überlegung, dass niemand, ohne einen von der Rechtsordnung anerkannten Grund, anstelle der berechtigten Person in den Genuss einer fremden Sache kommen darf. § 985 BGB bietet einen robusten, nahezu bedingungslosen Herausgabeanspruch. Die bloße 6

BVerfG, Urteil vom 18. Dezember 1968, 1 BvR 638/64, BVerfGE 24, 367 – 424, Rn. 81. Ergänzt durch weitere, insbesondere deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB), solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB), sowie über den negatorischen Rechtsschutz aus § 1004 BGB. 8 MüKo BGB/Baldus, Vor § 985, Rn. 1; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 1 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 1 ff. 9 Sehr ähnlich schon in der frühen Entwurfsfassung aus dem Jahre 1880: „Der Eigenthümer hat gegen den, welcher ihm die Sache vorenthält, den Anspruch auf Herausgabe derselben.“, siehe Johow, Redaktorenvorlage, § 178. 10 Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 1; Soergel BGB/Stadler, Vor § 985, Rn. 2, 3. 7

A. Ansprüche aus dem Eigentum

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faktische Trennung von Eigentum und Besitz ist ausreichend, um den Rechtsschutz des § 985 BGB auszulösen. Ein Verschulden auf Seiten der Besitzerin (oder sogar schon Kenntnis von ihrer Besitzposition) sind nicht erforderlich; auch ist es unerheblich, auf welche Weise die Besitzerin den Besitz an der Sache erwirbt.11 Der Wortlaut des § 985 BGB ist hier eindeutig: „Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.“ Rechtsschutz wird gewährt, es sei denn, die Besitzerin kann ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 Abs. 1 S. 1 BGB geltend machen, denn in diesem Fall ist die Trennung von Eigentum und Besitz nicht mehr rechtlich missbilligt und die Eigentümerin daher nicht schutzwürdig. Nach Picker eröffnet § 985 BGB also „schlechthin elementaren, deshalb unverzichtbaren Rechtsschutz“.12 Die zweite „Funktion“ des Anspruchs aus § 985 BGB ist eine systemwahrende und liegt im Eigentumsverständnis des BGB selbst begründet (sie interessiert die besitzlose Eigentümerin im Ergebnis jedoch nur über die Schutzfunktion). Eigentum ist ein „Vollrecht“13 und umfasst grundsätzlich alle Rechte, die an einer Sache bestehen können, insbesondere und praktisch wohl am relevantesten das Nutzungsrecht.14 Die faktische Nutzungsmöglichkeit der Sache (der Besitz) ist wesentlicher Bestandteil des Eigentumsrechts. Das Eigentum „verlangt einen seinem Inhalte entsprechenden thatsächlichen Zustand“,15 und die Verbindung von Besitz und Eigentum in der berechtigten Person ist Teil dieses „dem Inhalte des Eigenthums entsprechenden Zustandes“.16 Bei der Trennung von Eigentum und Besitz besteht ein „Widerspruch[es] zwischen Recht und Wirklichkeit“,17 welches aufgelöst werden muss. Hier hilft § 985 BGB: „Dem Eigenthümer, welcher die thatsächliche Gewalt über die Sache entbehrt, dient zur Erlangung oder Wiedererlangung derselben, wenn zwischen ihm und der Sache der Wille eines Andern steht, der Anspruch auf Herausgabe der Sache.“18 Der Vindikationsanspruch aus § 985 BGB ist also „auf weiter nichts als die Herstellung des rechtsgemäßen thatsächlichen Zustandes für die Zukunft gerichtet“,19 und wird „existent und fällig, sobald in Folge des Dazwischentretens eines Dritten der tathsächliche Zustand der in dem Rechte liegenden Herr-

11 Jauernig BGB/Berger, § 985, Rn. 3; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 111; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 15. 12 Picker, „Der ,dingliche‘ Anspruch“, in: Koziol/Rummel, Festschrift für Franz Bydlinski, S. 269 ff., S. 285. 13 Staudinger BGB/Althammer, Einl. § 985, Rn. 2, Rn. 6; Soergel BGB/Stadler, Vor § 985, Rn. 2. 14 Jauernig BGB/Berger, § 903, Rn. 2 ff.; MüKo BGB/Brückner, § 903, Rn. 22 ff.; Staudinger BGB/Althammer, § 903, Rn. 9 ff. 15 Motive BGB III, S. 392. 16 Motive BGB III, S. 393. 17 Motive BGB III, S. 394. 18 Johow, Redaktorenvorlage zu §§ 178 ff., S. 887. 19 Motive BGB III, S. 393.

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1. Teil: Deutschland

schaft über die Sache nicht mehr entspricht“.20 Steht also „der Wille eines Andern“, oder das „Dazwischentreten eines Dritten“, unberechtigterweise zwischen Eigentum und Besitz, so kommt § 985 BGB die Aufgabe zu, den „dem Inhalte des Eigenthums entsprechenden Zustande“ wieder her zu stellen, den Besitz also wieder zum Eigentum zu führen. Auch schon lange vor Beginn der Arbeiten an einem Bürgerlichen Gesetzbuch in den 1880er Jahren war die Rückholkraft bzw. Herrschaftskraft des Vindikationsanspruchs anerkannt und so schreibt etwa Duncker im Jahre 1837: „Durch die rei vindicatio wird der Eigenthümer in den Stand gesetzt, seine unbeschränkte Herrschaft über die Sache auszuüben, (positiver Bestandtheil des Eigenthums), […].“21 Sobald festgestellt wird, wem Eigentum an einer Sache zusteht, kann grundsätzlich keine andere Person Eigentum haben. Da es zu jedem Zeitpunkt also nur eine Eigentümerin geben kann, ist beim Auseinanderfallen von Eigentum und Besitz auch klar, an wen der Besitz zurückübertragen werden muss: Eigentum und Besitz „gehören“ regelmäßig zusammen, und zwar in der Person der Eigentümerin. Dieser Anspruch auf Herausgabe in specie aus § 985 BGB als dinglicher Anspruch22 aus dem Eigentum ist also das Paradebeispiel der Vindikation. Was geschieht jedoch, wenn die Herausgabe der Sache nicht möglich ist? Der Sachherausgabeanspruch aus § 985 BGB führt in diesen Fällen nicht weit: was nicht mehr ist, kann schon rein praktisch nicht mehr herausgegeben werden. An die Stelle der Vindikation tritt dann der Anspruch auf Zahlung eines Geldbetrags. Das Recht (insbesondere das sogenannte Eigentümer-Besitz-Verhältnis, geregelt in §§ 987 ff. BGB) gibt der Eigentümerin hier die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen Ersatz in Geld zu verlangen. Dieser zweischrittige Ansatz – Herausgabe als Primäranspruch, Wertersatz als Sekundäranspruch – folgt sauber aus dem Rechtsverwirklichungscharakter des § 985 BGB.

I. Anspruch auf Herausgabe der Sache (§§ 985, 986 Abs. 1 S. 1 BGB) Mag auch das „Verfahren über eine V. [Anm.: gemeint ist hier die Vindikation] [war] im altrömischen Processe ein sehr compliciertes“23 gewesen sein, die Tatbestandvoraussetzungen des § 985 BGB sind denkbar übersichtlich: Anspruchstellerin ist die besitzlose Eigentümerin einer Sache; Anspruchsgegnerin ist die Besitzerin der

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S. 23.

Motive BGB III, S. 397. So etwa im Jahre 1837 Duncker, Die Lehre von den Reallasten in ihren Grundzügen,

22 Kritisch zum Begriff des „dinglichen Rechts“ siehe etwa Füller, Eigenständiges Sachenrecht?, S. 35 ff., 107 ff. 23 Pierer’s Universal-Lexikon, S. 600.

A. Ansprüche aus dem Eigentum

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Sache ohne Recht zum Besitz.24 Anspruchsgegenstand kann jede individuell bestimmte Sache sein.25 Der Anspruch aus §§ 985, 986 Abs. 1 S. 1 BGB gilt deshalb auch als der „simpelste Anspruch des ganzen BGB“.26 Die Aufteilung der Behauptungs- und Beweislast in einem Vindikationsprozess spiegelt den Tatbestand: Die Klägerin muss ihr Eigentum und den Besitz der Beklagten darlegen und beweisen;27 die beklagte Besitzerin trägt die Beweislast für ihr Recht zum Besitz.28 Die strukturelle Übersichtlichkeit des modernen Vindikationsanspruchs, sowohl materiell- als auch prozessrechtlich, spiegelt interessanterweise in keiner Weise die Situation vor Inkrafttreten des BGB wider. So stellten die Redaktoren bei der Erarbeitung des BGB etwa einen „Mangel einer ausgebildeten Theorie des Eigenthumsbegriffes“ fest, der zu einer „Uebertragung desselben auf alle möglichen Gegenstände des Rechtsverkehrs, so daß vielfach Eigenthum und Vermögen nicht mehr auseinander gehalten wurden“, führte.29 Auch prozessual musste man sich erst einmal von einer Vergangenheit lösen, die grundsätzlich den Nachweis aller Erwerbsketten bis zurück zu einer Ersitzung forderte (die so genannte probatio diabolica).30 Der Nachweis des Eigentums wird für das moderne Recht erleichtert durch die Eigentumsvermutung aus § 1006 BGB.31 1. Aktivlegitimation (§ 985 BGB) Gemäß § 985 BGB kann die Eigentümerin einer Sache diese von der unberechtigten Besitzerin herausverlangen. Die Aktivlegitimation folgt aus der Eigentumsstellung selbst, was den § 985 BGB zu einem „spezifisch sachenrechtlichen“32 Rechtsbehelf mit Archetypcharakter macht. Aus diesem Grund kann auch stets nur diejenige Person, die im Moment des Herausgabeverlangens aus ihrem Eigentumsrecht heraus Besitz fordern kann, § 985 BGB in Anspruch nehmen. Wer Eigentum hat, kann Herausgabe verlangen – wer kein Eigentum (mehr) hat, dem bleibt Rechtsschutz, zumindest über § 985 BGB, verwehrt. Hieraus folgt, dass der Vin24 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 3 – 15 sowie Rn. 16 – 55; Jauernig BGB/Berger, § 985, Rn. 2, 3; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 73 ff., Rn. 108 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 9 ff., 15 ff.; Müller/Gruber, Sachenrecht, § 24, Rn. 547 ff.; Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 84, S. 319 ff. 25 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 56 – 77; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 142 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 21. 26 Wilhelm, Sachenrecht, S. 712, Rn. 1194. 27 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 265; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 96 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 31. 28 MüKo BGB/Baldus, § 986, Rn. 96 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 136 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 31, § 986, Rn. 30. 29 Johow, Redaktorenvorlage, S. 490. 30 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 261 – 268, m. w. N. 31 Staudinger BGB/Thole, § 1006, Rn. 1 ff., m. w. N.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 32; und sogleich. 32 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Zweiter Band, S. 523, Rn. 414.

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1. Teil: Deutschland

dikationsanspruch „wandert“: die Eigentümerin verliert ihre Aktivlegitimation, sobald sie ihre Eigentumsstellung verliert, und der Herausgabeanspruch geht automatisch auf die nächste Eigentümerin über. Der vormaligen Eigentümerin bleibt auch etwa kein „Restanspruch“ unmittelbar aus § 985 BGB. Dies birgt kaum Probleme, da die Eigentumskonzeption des deutschen Rechts sowieso zu jedem Zeitpunkt grundsätzlich nur eine einzige Person als Trägerin des „Vollrechts“ Eigentum anerkennt. Aus der Abhängigkeit des Vindikationsanspruchs vom Eigentum folgt auch die nach heute herrschender Meinung bestehende Unabtretbarkeit des Anspruches.33 Der Anspruch aus § 985 BGB stelle „letztlich nichts anderes als das Eigentum selbst in einer speziellen Funktion dar, nämlich der Abwehr eines Dritten […]“.34 Der Vindikationsanspruch steht also, wenn man so will, nicht primär der Eigentümerin zur Verfügung, sondern vielmehr dem Eigentum selbst als abstraktes rechtliches Gebilde, ja, er ist das Eigentum. a) Sacheigentum Um den Anspruch aus § 985 BGB geltend machen zu können, muss Eigentum an der streitgegenständlichen Sache dargelegt und bewiesen werden. § 903 S. 1 BGB liefert, wenn auch keine Legaldefinition,35 so doch eine Beschreibung der wesentlichen Befugnisse aus dem Eigentum: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Recht oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen.“ Hier klingen bereits die zwei wesentlichen Charakteristika des deutschen Eigentums an: Eigentum ist die ultimative Berechtigung, begrenzt nur durch „das Recht oder Rechte Dritter“; Eigentum ist nur an körperlichen Gegenständen möglich (§ 90 BGB).36 § 985 BGB knüpft also an einen engen Sachbegriff an.37 Beide Aspekte, Ausmaß und Gegenstand des Eigentums, sind zwar für das moderne deutsche Recht prägende Merkmale, sie sind jedoch keineswegs selbstverständlich. Wie noch gezeigt werden wird, finden sich sowohl in der deutschen (Rechts-)Vergangenheit als auch in anderen zeitgenössischen Rechtsordnungen (insbesondere im englischen Recht) für die „Berechtigung“ an einer „Sache“ durchaus sehr unterschiedliche Modelle. Das Eigentum ist also „Vollrecht“. Die Eigentümerin hat die ultimative Befugnis zu rechtlichen und tatsächlichen Einwirkungen auf die Sache (so genannte positive 33

Siehe hierzu MüKo BGB/Roth/Kieninger, § 399, Rn. 21 m. w. N.; Staudinger BGB/ Thole, § 985, Rn. 4 ff., m. w. N.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 3; siehe auch BGH, Beschluss vom 15. 11. 2002, LwZR 5/02, BeckRS 2003, 77; Müller/Gruber, Sachenrecht, § 24, Rn. 551 ff., m. w. N. 34 Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 5. 35 Der Begriff des Eigentums wird „nicht definiert, sondern vorausgesetzt“, siehe BeckOK BGB/Fritzsche, § 903, Rn. 1; Staudinger BGB/Althammer, § 903, Rn. 1. 36 Zum Sachbegriff des BGB siehe zusammenfassend etwa Soergel BGB/Stadler, Einl. Sachenrecht, Rn. 23. 37 Staudinger BGB/Althammer, § 903, Rn. 3; auch Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 1, 21.

A. Ansprüche aus dem Eigentum

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Befugnisse).38 Praktisch wohl am relevantesten ist hier, wie bereits angesprochen, die Befugnis zur Nutzung der Sache. Die Eigentümerin kann die Nutzung der Sache nach Belieben (jedoch im Rahmen des § 903 BGB) an Dritte übertragen, etwa über einen Miet- oder Leihvertrag oder über ein Nießbrauchsverhältnis. Solche Besitzrechte „schneiden“ also Teile des Vollrechts heraus und für die Dauer des Besitzrechts (§ 986 BGB) besteht der Vindikationsanspruch „nur latent; danach entsteht er neu“.39 Sobald das „herausgetrennte“ (dingliche oder relative) Besitzrecht endet, schnellt dieser Teil automatisch wieder in das Eigentum zurück: die Eigentümerin ist wieder zum Besitz berechtigt (und kann Herausgabe nach § 985 BGB verlangen). Diese Eigenschaft verdeutlicht anschaulich den Vollrechtscharakter des Eigentums und wird auch als die „Elastizität des Eigentums“40 bezeichnet. Wesentlich charakteristischer für das Eigentumsrecht im Rechtsverkehr ist aber die Ausschließungsbefugnis gegenüber Dritten (so genannte negative Befugnisse).41 Diese Ausschließungsmacht ist es, die zum „besten Recht“ über die Sache verhilft: Gleichgültig wo sich die Sache befindet, das Eigentum gibt der Eigentümerin grundsätzlich die Macht, die Sache immer wieder an sich zu holen und (unberechtigte) Dritte von ihr auszuschließen. Von Dernburg erfahren wir: „Nicht das ist also wesentlich für den Begriff des Eigenthums, daß es in concreto die volle Herrschaft über die Sache gibt, wohl aber, daß es die Fähigkeit und das Bestreben besitzt, zu einer solchen unbeschränkten Macht immer wieder heranzuwachsen.“42 Nach der Konzeption des BGB ist das Eigentum also umfassendstes Herrschaftsrecht und Ausschließlichkeitsrecht.43 Das Eigentum des BGB ist grundsätzlich unteilbar und bleibt deshalb als abstraktes Konstrukt erhalten, auch wenn nahezu sämtliche Rechte aus der Hand gegeben sind, etwa durch Gewährung beschränkt dinglicher Rechte oder relativer Rechte.44 Einzelbefugnisse, wie etwa die Nutzung der Sache, lassen sich eben nicht „als Eigentumsrechte“ auf Dritte übertragen.45 So auch Dernburg: „Das Eigentum charakterisiert sich bekanntlich nicht durch den Umfang der dem Berechtigten gegenwärtig zustehenden Nutzungsrechte. Auch wessen Verfügungsmacht in der Gegenwart durch entgegenstehende Rechte Dritter völlig zurückgedrängt wird, ist gleichwohl Eigenthümer, falls seine Berechtigung ihrer Bestimmung nach auf die Totalherrschaft über die Sache geht. […] Dieser abstracte Eigenthumsbegriff ist nicht, wie man dies anzunehmen geneigt ist, etwas in Folge der Natur des Privatrechts 38

BeckOK BGB/Fritzsche, § 903, Rn. 17 ff.; MüKo BGB/Brückner, § 903, Rn. 28; Staudinger BGB/Althammer, § 903, Rn. 10. 39 MüKo BGB/Baldus, § 986, Rn. 95; siehe auch Staudinger BGB/Althammer, Einl. § 903, Rn. 1 ff.; auch Soergel BGB/Stadler, § 986, Rn. 1. 40 MüKo BGB/Baldus, § 986, Rn. 95; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 1 ff. 41 BeckOK BGB/Fritzsche, § 903, Rn. 20 ff.; Staudinger BGB/Althammer, § 903, Rn. 11 ff. 42 Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts, §. 181, S. 372. 43 MüKo BGB/Brückner, § 903, Rn. 22 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche, § 903, Rn. 16; Staudinger BGB/Althammer, Einl. § 903, Rn. 1 ff., § 903, Rn. 1 ff. 44 MüKo BGB/Brückner, § 903, Rn. 10. 45 Staudinger BGB/Althammer, Einl. § 903, Rn. 2.

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1. Teil: Deutschland

mit Nothwendigkeit Gegebenes, vielmehr beruht derselbe in einer sinnreichen juristischen Construction der römischen Rechtswissenschaft, welche in dieser Auffassung ideell eine Einheit der Herrschaft über die Sache, trotz der realen Zersplitterung der Nutzungsbefugnisse, festzuhalten wußte.“46 Eigentum ist im BGB nur an „Sachen“ möglich. § 90 BGB legt fest, dass „Sachen im Sinne des Gesetzes [sind] nur körperliche Gegenstände“ sind. Eine übliche Definition für das Merkmal der Körperlichkeit besagt, dass ein solcher Gegenstand angefasst werden kann oder sonst sinnlich wahrnehmbar ist, sowie technisch beherrschbar sein muss.47 So schwierig die Abgrenzung im Einzelfall sein mag, etwa bei Elektrizität oder bei Körperteilen,48 für vorliegende Zwecke ist die Feststellung ausreichend, dass schuldrechtliche Ansprüche (legaldefiniert in § 194 Abs. 1 BGB als das „Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“) als Musterbeispiel des unkörperlichen Gegenstandes nicht eigentumsfähig sind. Diese Feststellung ist vor dem Hintergrund funktionaler Äquivalente insbesondere im englischen Recht von Relevanz. Das Wesen des Eigentums nach der Konzeption des modernen deutschen Rechts bereitet, trotz des Fehlens einer Legaldefinition, in Lehre und Rechtsprechung kaum Probleme. Auch der Sachbegriff verdient eher eine deskriptive als eine kritische Darstellung. Dies war jedoch nicht immer so. In der Vorbereitung zum BGB stellten die Redaktoren fest, dass so eindeutig der allgemeine Sprachgebrauch auch sei („Nach allgemeinem Sprachgebrauch ist das mein eigen, was ich ganz beherrsche.“49), „[s]o schwierig, ja vielleicht unmöglich es […] ist, eine befriedigende Definition des Eigenthums zu geben […]“.50 Dies mag dem hohen Abstraktheitsgrad des Eigentumsbegriffs in seiner heutigen Form geschuldet sein, dem Perfektionsanspruch der Redaktoren oder dem Mangel an konzeptioneller Vorarbeit: die deutschen Rechte in den Jahrhunderten vor Inkrafttreten des BGB verwendeten zumeist einen mehrschichtigen und inhaltlich weiteren Eigentumsbegriff. Vorherrschend war ein weitestgehend feudal geprägtes Eigentumsverständnis im Sinne von dominium directum und dominium utile nach der Lehre vom geteilten Eigentum.51

46

Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts, §. 181, S. 372. MüKo BGB/Stresemann, § 90, Rn. 1; BeckOK BGB/Fritzsche, § 90, Rn. 3 ff.; Staudinger BGB/Stieper, § 90, Rn. 1 ff. 48 Hierzu näher MüKo BGB/Stresemann, § 90, Rn. 24, Rn. 26 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche, § 90, Rn. 24, Rn. 29 ff.; Staudinger BGB/Stieper, § 90, Rn. 7 ff. 49 Johow, Redaktorenvorlage, S. 490. 50 Johow, Redaktorenvorlage, S. 498. Deutschland steht hier jedoch nicht alleine dar, vgl. Art. 544 Code Civil (Création Loi 1804 – 01 – 27 promulguée le 6 février 1804): „La propriété est le droit de jouir et disposer des choses de la manière la plus absolue, pourvu qu’on n’en fasse pas un usage prohibé par les lois ou par les règlements.“ Übersetzung ins Deutsche nach Schaeffer, Code Civil, S. 79: „Eigentum ist das Recht, auf die unbeschränkteste Weise eine Sache zu benutzen und über sie zu verfügen, vorausgesetzt jedoch, daß man davon keinen durch die Gesetze oder Verordnungen verbotenen Gebrauch macht.“ 51 Zur Lehre vom geteilten Eigentum, der Vorstellung also, dass die Befugnisse an einer Sache mehreren Berechtigten als gleichwertige Teilrechte zustehen anstatt nur einer einzigen 47

A. Ansprüche aus dem Eigentum

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Dem deutschen Recht fehlte zunächst „das Bestreben des römischen Rechts, die Herrschaft über die körperliche Sache möglichst in einer Hand, der des Sacheigenthümers, zu concentriren. […] Dabei blieb dem deutschen Rechte auch die Abstraction des ausgebildeten römischen Rechts fremd, wonach Eigenthümer ist, wem präsumtiv die Totalherrschaft über die Sache zukommt“.52 In der mittelalterlichen Lehensgesellschaft herrschte ein feudales Rechtsverständnis; die „Verhältnisse des Mittelalters“ brachten es dann auch mit sich, dass man „an den Vortheilen, welche Grund und Boden gewähren, möglichst Viele in den verschiedensten Formen und mit den mannichfachsten Befugnissen Theil nehmen ließ. Das Jagdrecht und das Bergrecht lösten sich von dem Recht der Grundfläche ab. Der Vasall und der Lehnsherr, der Grundherr und der Erbzinsmann beanspruchten Jeder in seiner Sphäre die ausgedehntesten Befugnisse“.53 Wie hier bereits anklingt, war „Eigentum“ nicht nur an Sachen, also körperlichen Gegenständen, sondern in der Tat grundsätzlich auch an „alle[n] möglichen Gegenstände[n] des Rechtsverkehrs“ möglich: „In dem deutschen Rechte dagegen führte der Mangel einer ausgebildeten Theorie des Eigenthumsbegriffes zur Uebertragung desselben auf alle möglichen Gegenstände des Rechtsverkehrs, so daß vielfach Eigenthum und Vermögen nicht mehr auseinander gehalten wurden.“54 So bemerkten auch die Redaktoren: „Unbekannt freilich war dieser Begriff auch in frühester Zeit den Deutschen nicht. […]. Allein der Eigenthumsbegriff gerieth in ein gewisses Schwanken dadurch, daß man den Ausdruck ,Eigenthum‘, der im 13. und 14. Jahrhundert aufkam, auch zur Bezeichnung von Rechten an fremder Sache, ja sogar von Forderungsrechten verwendete. Bei dieser Abneigung gegen eine feste Terminologie und bei dem Mangel jeder sicheren Theorie fand die italienische Lehre vom getheilten Eigenthum in Deutschland mit Leichtigkeit Eingang, – eine Thatsache, unter deren Einfluß der Eigenthumsbegriff in seiner Reinheit nur schwer der allgemeinen Erkenntnis sich erschließen konnte.“55 Diese Vermischung von Eigentums- und Vermögensbegrifflichkeiten, sowohl im „Sprachgebrauch des gewöhnlichen Lebens“ als auch in „Doktrin und Praxis des gemeinen Rechts“, wurde in den Kommissionen für ein modernes deutsches Zivilgesetzbuch als eine „unjuristische Vorstellung“ verworfen.56 Man entschied sich im Ergebnis also für ein Eigentumsverständnis, das weitaus mehr vom römischen als vom gemeinen deutschen Recht inspiriert war und machte das Eigentum des BGB zu einem „einschichtigen“ Totalrecht, zu einem dominium plenum an körperlichen Gegenständen.57 Person (wie nämlich beim modernen einheitlichen Eigentumsbegriff) ausführlich etwa Krauss, Das geteilte Eigentum im 19. und 20. Jahrhundert. 52 Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts, §. 181, S. 373. 53 Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts, §. 181, S. 373. 54 Johow, Redaktorenvorlage, S. 490. 55 Johow, Redaktorenvorlage, S. 496. 56 Johow, Redaktorenvorlage, S. 490. 57 Ein Überblick der Rechts- und Ideengeschichte des Eigentums auch in MüKo BGB/ Brückner, § 903, Rn. 7 ff.; Staudinger BGB/Althammer, Einl. § 903, Rn. 52 ff.

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1. Teil: Deutschland

b) Kein Verlust des Eigentums Wesentlich für den Vindikationsanspruch, wie bereits festgestellt wurde, ist das Bestehen und Fortbestehen des Eigentumsrechts. Nur solange Eigentum an der Sache gehalten und behalten wird, kann Herausgabe von einer unberechtigt besitzenen Person verlangt werden, denn nur so lange ist die Anspruchstellerin schutzwürdig und nur so lange benötigt das Eigentum den Schutz der Rechtsordnung für die Rechtsverwirklichung. Wer Eigentum an der Sache verliert, also aus welchen Gründen auch immer nicht mehr Eigentümerin ist, kann sich nicht mehr auf § 985 BGB berufen. Die Prüfung des Eigentums erfolgt in der Regel historisch. Ziel ist also, das ungebrochene Eigentum der Anspruchstellerin darzulegen, in der Regel von Eigentumserwerb hin zu dem Punkt, an dem zwar Besitz, aber eben nicht Eigentum verloren wurde. Die Eigentümerin einer Sache kann ihr Recht auf unterschiedliche Weise verlieren.58 Relevant sind hier insbesondere der Rechtsverlust durch wirksame Eigentumsübertragung im Verfügungsgeschäft (Stichwort: Trennungs- und Abstraktionsprinzip), Rechtsverlust durch gutgläubigen Erwerb sowie durch Einwirkung von außen, etwa durch Verbindung, Vermischung und Verarbeitung und dem hieraus folgenden gesetzlichen Eigentumserwerb einer dritten Person. Alle diese Fälle bringen das Eigentumsrecht der vormaligen Eigentümerin zum Erlöschen und begrenzen so den Anwendungsbereich des Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB. aa) Rechtsverlust durch wirksame (berechtigte) Übereignung Die erste Beschränkung des Anwendungsbereichs des Anspruchs aus § 985 BGB folgt aus einer wirksamen Übereignung der Sache. Zur Übertragung des Eigentums an einer beweglichen Sache nach §§ 929 ff. BGB müssen sich Veräußerin und Erwerberin einig sein, dass Eigentum übergehen soll, die Veräußerin muss grundsätzlich als Berechtigte verfügen und beide Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt der Übergabe vorliegen.59 Die einzelne Sache (Spezialitätsprinzip; aus den Motiven erfahren wir, dass „[d]a jede einzelne Sache ihr gesondertes Eigenthumsschicksal hat, so gilt die Regel: quot res tot vindicationes“.),60 an der Eigentum übertragen werden soll, muss vor der erforderlichen Übergabe (Traditionsprinzip) hinreichend bestimmt sein (Bestimmtheitsgrundsatz). Die dingliche Verfügung (Einigung und Berechtigung im Zeitpunkt der Übergabe) darf nicht mit der Einigung über die Verpflichtung zur Eigentumsübertragung (etwa über einen Kaufvertrag) verwechselt werden. Das so genannte Trennungsprinzip besagt, dass Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft zwei unterschiedliche Rechtsgeschäfte darstellen: die bloße Eini58

Etwa auch durch Dereliktion, also die Aufgabe des Eigentumsrechts (§ 959 BGB). Siehe, auch zu den hier nur kurz skizzierten zugrundeliegenden Prinzipien und Grundsätzen, MüKo BGB/Oechsler, § 929, Rn. 1 ff.; Staudinger BGB/Heinze, Vorb. §§ 929 – 931, Rn. 8 ff.; § 929, Rn. 8 ff., 45 ff. Übergabesurrogate, wie insbesondere in § 930 BGB geregelt, werden hier nicht weiter behandelt. 60 Motive BGB III, S. 396. 59

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gung über den Verkauf einer Sache führt für sich genommen noch nicht zur Eigentumsübertragung. Erst die Übergabe der Sache unter den vorgenannten Voraussetzungen bewirkt den Eigentumswechsel. Das Abstraktionsprinzip besagt, dass Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft nicht nur getrennt voneinander stehen; auch die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts ist grundsätzlich unabhängig von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Verpflichtungsgeschäfts und umgekehrt.61 Das Abstraktionsprinzip wurde in seiner heutigen Form maßgeblich durch den bedeutenden deutschen Rechtsgelehrten Friedrich Carl von Savigny entwickelt, der Mitte des 19. Jahrhunderts als einer der ersten die „civile Handlung“ (Verpflichtungsgeschäft) gänzlich von der „naturalen Handlung“ (Verfügungsgeschäft) trennte,62 bzw. zwischen „obligatorischem“ und „dinglichem“ Vertrag unterschied.63 Trennungsund Abstraktionsprinzip führen also dazu, dass selbst wenn das Verpflichtungsgeschäft unwirksam ist, die Eigentumsübertragung aber, in ihrer Wirksamkeit vom Verpflichtungsgeschäft unabhängig, wirksam ist (allerdings ohne Rechtsgrund). Die vormalige Eigentümerin verliert also ihr Eigentum und kann sich nicht mehr auf § 985 BGB berufen. Nur in Ausnahmefällen schlägt die Fehlerhaftigkeit des Verpflichtungsgeschäfts auf das Verfügungsgeschäft durch, nämlich dann, wenn beide Erklärungen (zum Verpflichtungs- als auch Verfügungsgeschäft) in einem „einheitlichen Willensakt“ zusammenfallen, etwa bei arglistiger Täuschung oder Drohung (§§ 123, 142 BGB); dies wird als Doppelmangel oder auch als Fehleridentität bezeichnet.64 Das Trennungs- und insbesondere auch das Abstraktionsprinzip steht im Zentrum des deutschen Eigentumsverständnisses, ja des Zivilrechts als Ganzem. So bemerkt Fischer, etwas lapidar, aber auf den Punkt: „Loriot würde formulieren: Ein Leben ohne Abstraktionsprinzip ist möglich, aber sinnlos.“65 Die wirksame Eigentumsübertragung (ohne Rechtsgrund) eröffnet den Weg in das Bereicherungsrecht. Die vormalige Eigentümerin hat regelmäßig einen Anspruch auf Rückübertragung des Eigentums aus §§ 812 Abs. 1, 818 BGB: „Wer durch die Leistung eines anderen […] etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt […].“ Das „erlangte Etwas“, das herausgegeben werden muss, ist in diesem Fall das Eigentum an der Sache. Zwar ist der Anspruch der vormaligen Eigentümerin (primär) auf Herausgabe in specie gerichtet; ihre Position ist jedoch nicht so gut, als wenn sie das Eigentum behalten hätte und nur den Besitz herausverlangen würde. Der bereicherungsrechtliche Herausgabeanspruch ist kein dinglicher, sondern ein bloß schuldrechtlicher Anspruch, was Auswirkungen 61 Siehe ausführlich hierzu und den anderen Prinzipien des Sachenrechts etwa Soergel BGB/Stadler, Einl. Sachenrecht, Rn. 26 ff., m. w. N. 62 von Savigny, Das Obligationenrecht als Theil des heutigen Römischen Rechts, S. 254 ff. 63 von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, S. 312 ff.; siehe auch Felgentraeger, Friedrich Carl v. Savignys Einfluß auf die Übereignungslehre. 64 Staudinger BGB/Heinze, Vorb. §§ 929 – 931, Rn. 16; § 929, Rn. 16 ff.; MüKo BGB/ Busche, § 142, Rn. 15 ff. 65 Fischer, Im Recht, S. 249.

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1. Teil: Deutschland

auf die Reichweite des Rechtsschutzes hat, wie noch gezeigt werden wird. Insbesondere wird der Anspruch begrenzt durch die Entreicherung der Bereicherungsschuldnerin (§ 818 Abs. 3 BGB). Anders als der Vindikationsanspruch, der einen „dem Inhalte des Eigenthums entsprechenden Zustand[es]“66 wiederherstellen soll und der Position der Anspruchsschuldnerin grundsätzlich wenig Aufmerksamkeit schenkt, haben die Vorschriften des Bereicherungsrechts zum Ziel, eine ungerechtfertigte Vermögensmehrung bei der ungerechtfertigt Bereicherten rückgängig zu machen. Im Falle der Entreicherung liegt aber keine Vermögensmehrung mehr vor; der Anspruch auf Herausgabe bzw. Wertersatz ist ausgeschlossen. bb) Rechtsverlust durch gutgläubigen Dritterwerb Der Rechtsverlust durch den gutgläubigen Dritterwerb ist die zweite Beschränkung des Anwendungsbereichs des Anspruchs aus § 985 BGB. Der gutgläubige Erwerb der Sache durch eine dritte Person bringt das Eigentum der vormaligen Rechtsinhaberin zum Erlöschen und damit auch den Herausgabeanspruch aus § 985 BGB. In einem System, in dem es zu jedem Zeitpunkt begriffsnotwendig nur eine Eigentümerin geben kann, bieten die §§ 932 ff. BGB Verkehrsschutz:67 die Erwerberin einer Sache muss sich auf die Veräußerungsberechtigung, bzw. das Eigentum der veräußernden Person verlassen können, da sie regelmäßig nicht die Möglichkeit hat, diese bis ins Detail auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. So heißt es in der Grundnorm § 932 Abs. 1 S. 1 BGB: „Durch eine nach § 929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigentümer, wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, dass er zu der Zeit, zu der er nach diesen Vorschriften das Eigentum erwerben würde, nicht in gutem Glauben ist.“ Gemäß § 932 Abs. 2 BGB ist die Erwerberin dann nicht in gutem Glauben, und kann dementsprechend nicht Eigentum von der nichtberechtigten Person erwerben, wenn ihr bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist, dass die Sache nicht der Veräußerin gehört. Das für den Verkehrsschutz notwendige Vertrauen in die Eigentumsstellung der veräußernden Person knüpft, für bewegliche Sachen,68 an den Besitz: nach § 1006 BGB begründet der Besitz als Rechtsscheinträger die Eigentumsvermutung.69 § 1006 Abs. 1 BGB vermutet zugunsten der unmittelbaren Besitzerin70 einer 66

Motive BGB III, S. 393. Der Verkehrsschutz hat jedoch Grenzen: Der gutgläubige Erwerb ist ausgeschlossen, wenn die Sache der Eigentümerin abhandengekommen ist, also zum Beispiel gestohlen oder verloren wurde (§ 935 BGB). 68 Für Grundstücke knüpft der gute Glaube an die Eintragung ins Grundbuch, siehe §§ 891, 892 BGB. 69 Wie für das moderne Eigentumsverständnis stellte das Inkrafttreten des BGB sowohl für den gutgläubigen Erwerb in §§ 932 ff. BGB als auch für die Eigentumsvermutung in § 1006 BGB einen Wendepunkt dar. Zur Entwicklung des gutgläubigen Erwerbs in Deutschland siehe etwa Schäfer, Juristische Germanistik, S. 274 ff. (für das 18. Jahrhundert), und S. 560 ff. (für das 19. Jahrhundert); siehe auch Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 177 ff. 67

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beweglichen Sache widerleglich, dass sie mit dem (Eigen-)Besitz der beweglichen Sachen gleichzeitig auch Eigentum erworben hat.71 § 1006 BGB dreht die Beweislast zugunsten der Besitzerin um: der Besitz, das bloße „In-den-Händen-Halten“ der Sache führt dazu, dass die Besitzerin zunächst und bis zum Gegenbeweis auch als Eigentümerin gilt. Die „wahre“ Eigentümerin muss, um die Vermutung des § 1006 BGB zu widerlegen, Beweis hinsichtlich ihres Eigentumserwerbs und dessen Fortbestand erbringen; oder anders ausgedrückt, sie muss beweisen, dass die Besitzerin mit Erwerb des Besitzes an der Sache nicht auch gleichzeitig Eigentum erworben hat. An die Widerlegung werden jedoch heutzutage kaum hohe Anforderungen gestellt.72 Liegen die übrigen Voraussetzungen der Vorschriften zum Eigentumserwerb an beweglichen Sachen vor (§§ 929 ff. BGB), so kann eine etwaige fehlende Berechtigung der veräußernden Person also über den gutgläubigen Erwerb kompensiert werden. Da der Verlust des Eigentums, hier zwar zur Wahrung des Verkehrsschutzes geboten, jedoch für die vormalige Eigentümerin unbefriedigend ist, bietet das Recht eine Reihe von Alternativansprüchen an. Gegen die nichtberechtigte Veräußerin kann die vormalige Eigentümerin einen Erlösherausgabeanspruch aus § 816 Abs. 1 S. 1 BGB geltend machen. Der Anspruch richtet sich auf die Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten. Weitere Ansprüche gegen die nichtberechtigte Person ergeben sich etwa aus Deliktsrecht (§ 823 Abs. 1 i. V. m. §§ 249 Abs. 1, 251 Abs. 1 BGB), dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (§§ 990 Abs. 1, 989 BGB) und der echten Geschäftsführung ohne Auftrag bzw. der angemaßten Eigengeschäftsführung (§ 678; §§ 681 S. 2, 667 bzw. §§ 687 Abs. 2 S. 1, 678, 681 S. 2, 667 BGB). Diesen Ansprüchen ist gemein, dass sie auf die Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet sind (mit Ausnahme von § 667 BGB, der einen echten Herausgabeanspruch enthält).73 Die Sache selbst (Besitz und Eigentum) kann die nichtberechtigte Person der vormaligen Eigentümerin aber nicht mehr verschaffen, denn einzig der gutgläubigen Erwerberin steht nun das „Vollrecht“ an der Sache zu. Die Ansprüche auf Erlösherausgabe bzw. Schadensersatz gegen die nichtberechtigte Person kompensieren die vormalige Eigentümerin für den Verlust ihrer Eigentumsstellung. Erfolgte die Verfügung an die gutgläubige Erwerberin unentgeltlich (in diesem Fall geht etwa ein Anspruch gegen die Nichtberechtigte auf Erlösherausgabe ins Leere), so kann die vormalige Eigentümerin ausnahmsweise von der nunmehr Berechtigten „Herausgabe des durch die Verfügung Erlangten“ verlangen, wenn diese aufgrund der Verfügung unmittelbar einen rechtlichen Vorteil erlangt hat (§ 816 Abs. 1 S. 2 BGB). 70 § 1006 Abs. 3 BGB macht die Eigentumsvermutung auch auf die mittelbare Besitzerin anwendbar. 71 Siehe zu § 1006 BGB jüngst OLG Koblenz (Zivilsenat), Urt. v. 01. 06. 2015, 12 U 991/14, BeckRS 2015, 16984. 72 MüKo BGB/Raff, § 1006, Rn. 66 ff.; siehe auch BeckOK BGB/Fritzsche, § 1006, Rn. 14 ff.; zum Vermutungsinhalt siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 1006, Rn. 20 ff.; auch Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 32. 73 MüKo BGB/Schäfer, § 667, Rn. 1 ff.; Staudinger BGB/Martinek/Omlor, § 667, Rn. 1 ff.

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§ 816 Abs. 1 S. 1 BGB bestimmt, dass wenn ein Recht durch die Verfügung einer nichtberechtigten Person verloren wird, lediglich ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übertragung des Surrogats verbleibt. Das ursprüngliche Recht setzt sich eben nicht (wie etwa über das englische tracing) an dem durch die unberechtigte Verfügung entstehenden Surrogat fort. Das deutsche Recht kennt grundsätzlich keine allgemeine dingliche Surrogation, also die ipso iure Fortführung des Eigentumrechts an einem für die Sache „eintretenden“ Surrogats, etwa den Erlös aus dem Verkauf einer fremden Sache.74 Ausnahmen finden sich etwa bei § 2019 BGB zum Erbschaftsanspruch und über § 2029 BGB bei konkurrierenden Ansprüchen.75 cc) Rechtsverlust durch Verbindung, Vermischung, Verarbeitung Der Anwendungsbereich des § 985 BGB wird in all jenen Fällen beschränkt, in denen die Eigentümerin ihr Eigentum und damit ihre Aktivlegitimation verliert. Neben der wirksamen Übertragung und dem gutgläubigen Erwerb kommt noch eine weitere Beschränkung in Betracht: der gesetzliche Eigentumsverlust durch Verbindung, Vermischung, und Verarbeitung und der dadurch bedingte Eigentumswechsel auf eine dritte Person (§§ 946 – 952 BGB). Verbindung liegt vor, wenn die bewegliche Sache derart mit einem Grundstück (§ 946 BGB) oder einer anderen beweglichen Sache (§ 947 BGB) zusammengefügt wird, dass sie entweder ein wesentlicher Bestandteil des Grundstücks oder einer neuen einheitlichen beweglichen Sache wird. Bei der Vermischung kommt es darauf an, dass die beweglichen Sachen „miteinander untrennbar vermischt oder vermengt“ werden oder die Kosten der Trennung den Wert der vermischten oder vermengten Sachen unverhältnismäßig wären (§ 948 BGB). Verarbeitung liegt vor, wenn dergestalt auf die Sachsubstanz eingewirkt wird, dass eine neue bewegliche Sache entsteht (§ 950 BGB). In all diesen Fällen stellt die sachenrechtliche Zuordnung ein Problem dar. Die §§ 946 – 952 BGB bieten Lösungen an und bestimmen, aus Gründen „der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit“, welcher der beteiligten Personen das Eigentum an der Sache zufällt.76 Geht (wenngleich aus Gründen „der Rechtsklarheit und der Rechtssicherheit“) Eigentum verloren, so ist § 985 BGB nicht mehr einschlägig. An die Stelle des untergegangenen, dinglichen Vindikationsanspruches tritt aber § 951 Abs. 1 BGB, ein schuldrechtlicher Anspruch auf „Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung“ (Rechtsgrundverweis).77 Dieser Anspruch wird aber wiederum begrenzt durch eine etwaige Entrei-

74 Siehe etwa MüKo BGB/Schmidt, § 741, Rn. 38 m. w. N.; siehe auch Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 139 ff. 75 MüKO BGB/Helms, § 2019, Rn. 1 ff.; § 2019, Rn. 3 ff.; Staudinger BGB/Raff, § 2019, Rn. 2 ff.; § 2029, Rn. 18 ff. Für eine Zusammenfassung weiterer Ausnahmen siehe Quantz, Besitz und Publizität im Recht der beweglichen Sachen, S. 139. 76 MüKo BGB/Füller, § 951, Rn. 1; Staudinger BGB/Heinze, Vorb. §§ 946 ff., Rn. 1 ff. 77 MüKo BGB/Füller, § 951, Rn. 1; Staudinger BGB/Heinze, § 951, Rn. 4 ff.

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cherung der Bereicherungsschuldnerin und bleibt damit hinter der Reichweite des § 985 BGB zurück. 2. Passivlegitimation (§ 986 Abs. 1 S. 1 BGB) Aus dem Vollrechtscharakter des Eigentums ergibt sich also, dass zu jedem Zeitpunkt stets nur eine Person, die Eigentümerin, aktivlegitimiert sein kann. Wer Eigentum verliert, verliert auch den Anspruch aus § 985 BGB (es stehen aber je nach Fallkonstellation eine Reihe von Alternativansprüchen zur Verfügung). Aus dem Rechtsverwirklichungscharakter des Vindikationsanspruches ergibt sich, dass auch die Passivlegitimation mit einer bestimmten Eigenschaft steht und fällt: Anspruchsgegnerin kann stets nur die (unberechtigte) Besitzerin der streitgegenständlichen Sache sein.78 Es ist der „Wille eines Andern“,79 und zwar ausschließlich der Wille der gegenwärtigen Besitzerin (nicht etwa der Wille einer vormaligen Besitzerin), der zwischen der Eigentümerin und der Sache steht. Wie die Eigentümerin ihre Aktivlegitimation mit Verlust des Eigentums verliert, so verliert die Besitzerin ihre Passivlegitimation mit Verlust des Sachbesitzes.80 a) Sachbesitz Das Herausgabeverlangen nach § 985 BGB richtet sich also stets nur gegen die (unberechtigte) Besitzerin der Sache. Auf die Art des Besitzes, also ob etwa mittelbarer oder unmittelbarer Besitz vorliegt, kommt es hierbei grundsätzlich zunächst nicht an.81 Zentrales Merkmal des „Archetyps eines Zivilrechtskonflikts“ ist, wie bereits festgestellt, das gegenwärtige Vorenthalten der Sache, und zwar entgegen dem Willen der Eigentümerin (andernfalls läge ja ein Recht zum Besitz vor, etwa wenn die Eigentümerin die Sache an die Besitzerin verliehen oder vermietet hat). „Vorenthalten“ in diesem Sinne kann nur diejenige Person, die die Sache aktuell und tatsächlich „inne hat“.82 Allein die gegenwärtige Besitzerin ist auch, rein praktisch, in der Lage, durch Sachherausgabe den „dem Inhalte des Eigenthums entsprechenden Zustande“ wiederherzustellen. Wie der moderne Eigentumsbegriff, so erhielt auch der Besitz erst mit dem BGB seine heutige Form. Die Konzeption des Besitzes änderte sich noch während des

78

Ausführlich Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 15 ff. Johow, Redaktorenvorlage, zu §§. 178 ff., S. 887. 80 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 16, 48, 54 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche, § 985, Rn. 10; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 117; auch Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 15 ff. 81 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 16, 32 ff., 36 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 108 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 15; Müller/Gruber, Sachenrecht, § 24, Rn. 561 ff. 82 Johow, Redaktorenvorlage, zu §§. 178 ff., S. 888. 79

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Gesetzgebungsverfahrens.83 Während man zunächst noch zwischen „Inhabung“84 (die detentio des römischen Rechts als tatsächliche Sachherrschaft) und „Besitz“ (die possessio des römischen Rechts als die rechtliche Beziehung zur Sache mit Herrschaftswillen oder animus domini) unterschied, verwarf die zweite Kommission diese Differenzierung und entschied sich dafür, den Besitz als die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft festzulegen (der mit animus domini begründete Eigenbesitz ist damit lediglich eine Unterkategorie des Besitzes).85 Für das BGB entschied man sich also gegen eine grundsätzliche Unterscheidung von Eigenbesitz und Fremdbesitz (als detentio), anders als eine Reihe anderer kontinentaler Rechtsordnungen.86 Über die Feststellung hinaus, dass Besitz durch die Erlangung der tatsächlichen Sachherrschaft entsteht, liefert das BGB keine Legaldefinition dessen, was (unmittelbarer)87 Besitz ist. In der Vorbereitung zum BGB kam man zu dem Ergebnis, dass, im Ergebnis ähnlich der Definitionsproblematik für das Eigentum, der (unmittelbare) Besitz keiner einheitlichen Definition zugänglich sei: „Bei genauerer Prüfung muss die Möglichkeit einer in legislativer Beziehung genügenden und nicht mißzuverstehenden Definition des Besitzes bezweifelt werden. Man kann die Thatsachen bestimmen, welche im Augenblicke der Besitzerwerbung vorhanden sein müssen, aber diese Thatsachen decken sich nach den für die Fortsetzung und den Verlust des Besitzes aufzustellenden Rechtsnormen keineswegs mit denjenigen Thatsachen, welche für die Fortsetzung des Besitzes von Bedeutung sind. Der Schlafende oder Wahnsinnige kann wohl den Besitz fortsetzen, aber nicht den Besitz erwerben. Deshalb kann man auch den Besitz nicht so definieren, daß die Definition zugleich vollständig ergibt, wie der Besitz fortgesetzt werde und endige.“88 Die Vorschriften der §§ 854 ff. BGB beschränken sich heute auf Regelungen zu Besitzerwerb und -verlust. Hierin kann jedoch „eine implizite Definition“ gesehen werden.89 Die Eigentümerin kann zunächst unproblematisch von jeder unmittelbaren Besitzerin die Sache herausverlangen. Der unmittelbare Besitz steht dem abstrakten Vollrecht Eigentum in seiner „Tatsächlichkeit“ gegenüber: die Besitzerin hält die Sache „in den Händen“, hat also in der Regel physischen Kontakt mit ihr. So heißt es 83 Zum historischen Kontext siehe MüKo BGB/Schäfer, § 854, Rn. 2 ff., m. w. N.; Staudinger BGB/Gutzeit, Vorb. §§ 854 – 872, Rn. 1 ff., m. w. N.; siehe zum Besitzbegriff des BGB auch Hartung, Besitz und Sachherrschaft, S. 21 ff.; zur Entwicklung des zivilrechtlichen Besitzbegriffs auch Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 4 ff. 84 Siehe zu „Besitz und Inhabung“ ausführlich Johow, Redaktorenvorlage, S. 78 ff.; siehe auch Staudinger BGB/Gutzeit, Vorb. §§ 854 – 872, Rn. 9 ff., und weiter zum Begriff der „Inhabung“ Rn. 57. 85 Siehe ausführlich MüKo BGB/Schäfer, § 854, Rn. 2 ff., m. w. N.; Staudinger BGB/ Gutzeit, Vorb. §§ 854 – 872, Rn. 9 ff. 86 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Erster Band, S. 61. 87 Der mittelbare Besitz hingegen ist legaldefiniert in § 868 BGB. 88 Motive BGB III, S. 80; zum historischen Kontext siehe etwa MüKo BGB/Schäfer, § 854, Rn. 2 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, Vorb. §§ 854 – 872, Rn. 9 ff. 89 Staudinger BGB/Gutzeit, Vorb. §§ 854 – 872, Rn. 34 ff.

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in § 854 Abs. 1 BGB: „Der Besitz einer Sache wird durch die Erlangung der tatsächlichen Gewalt über die Sache erworben.“ Die „tatsächliche Gewalt“, von der § 854 Abs 1 BGB spricht und die gemeinhin auch als „tatsächliche Sachherrschaft“ bezeichnet wird, wird vom Gesetz selbst nicht definiert.90 § 856 BGB stellt fest, dass der unmittelbare Besitz damit endet, „dass der Besitzer die tatsächliche Gewalt über die Sache aufgibt oder in anderer Weise verliert“. Die heute herrschende Meinung definiert den Besitz als die von einem natürlichen Besitzwillen getragene tatsächliche Machtbeziehung einer Person zu einer Sache; dies richte sich nach der Verkehrsauffassung.91 Der Herausgabeanspruch aus § 985 BGB kann sich aber nicht nur gegen die unmittelbare, sondern auch gegen die mittelbare Besitzerin richten. Anders als für den unmittelbaren Besitz, bietet das BGB für den mittelbaren Besitz eine Legaldefinition in § 868 BGB. Hiernach hat diejenige Person mittelbaren Besitz, gegenüber der eine unmittelbare Besitzerin „auf Zeit zum Besitz berechtigt oder verpflichtet ist“ (etwa als Nießbraucherin, Pfandgläubigerin, Pächterin, Mieterin oder Verwahrerin). Hier war lange umstritten, ob die mittelbare Besitzerin, gegen die sich der Anspruch aus § 985 BGB richtet, lediglich die Übertragung des mittelbaren Besitzes (über § 870 BGB) auf die Eigentümerin schuldet oder auch auf die Herausgabe der Sache selbst verurteilt werden kann. Nach heute herrschender Meinung schuldet aber auch die mittelbare Besitzerin die Herausgabe der Sache.92 Das deutsche Recht trennt den Besitz grundsätzlich streng vom Eigentum: „Dass jemand eine Sache ,hat‘ und zu eigen haben will, macht ihn in diesem Teil der Welt gerade noch nicht zu ihrem Eigentümer.“93 Der Besitz steht, „rein faktisch angelegt“, grundsätzlich unabhängig und getrennt vom Eigentum, so dass „die Brücke vom Faktum zur Berechtigung abgebrochen ist: Das Recht zum Besitz vermittelt dem Besitz eben keinen Rechtscharakter“.94 Das deutsche Recht „lädt den Besitz eben nicht petitorisch auf“.95 Den Besitz als Faktum zu kategorisieren und ihn scharf von der Berechtigung an der Sache (Eigentum) zu trennen, führt konsequent die Idee des abstrakten Eigentums als Vollrecht an einer Sache weiter. Eigentum und Besitz mögen in einer Person zusammenfallen (und tun es im Regelfall auch); die Sache kann aber auch durch die Hände einer Reihe von verschiedenen Personen gehen, ohne dass die Rechsstellung der Eigentümerin beeinträchtigt wird (es sei denn, es 90 MüKo BGB/Schäfer, § 854, Rn. 21 ff.; siehe auch Staudinger BGB/Gutzeit, § 854, Rn. 3 ff. 91 BeckOK BGB/Fritzsche, § 854, Rn. 20 ff.; MüKo BGB/Schäfer, § 854, Rn. 21 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 854, Rn. 6. 92 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 32 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 108; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 16; siehe aber auch die Vorschrift in § 986 Abs. 1 S. 2 BGB: „Ist der mittelbare Besitzer dem Eigentümer gegenüber zur Überlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigentümer von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder, wenn dieser den Besitz nicht weiter übernehmen kann oder will, an sich selbst verlangen.“ 93 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Erster Band, S. 60. 94 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 15. 95 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 18.

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kommt einer der bereits skizzierten Rechtsverlusttatbestände in Betracht). Was auf den ersten Blick als eine einfache Lösung anmutet, bringt das BGB jedoch in Erklärungsnot. Wenn der Besitz nur das rein-faktische Verhältnis eines Rechtssubjektes zu einem besitzfähigen Rechtsobjekt ist, warum gibt es der Besitzerin, insbesondere auch der unberechtigten Besitzerin, einen bunten Strauß an Rechtsschutzmöglichkeiten an die Hand, etwa das weitreichende Selbsthilferecht aus §§ 859 Abs. 1, Abs. 2, 858 Abs. 1 BGB? Was ist also der vom Eigentum unterschiedene Besitz: ein rein faktisches Verhältnis, ein subjektives Recht oder beides?96 Die Frage nach dem Wesen des Besitzes füllt ganze Bibliotheken. Im Ergebnis scheint sich die wohl herrschende Meinung für einen Mittelweg entschieden zu haben und den Besitz als eine besondere Rechtsposition eigener Art zu sehen und weder als bloßes Faktum noch als subjektives (dingliches) Recht einzuordnen.97 Dies scheint auch folgerichtig in einem System, das den Besitz zwar grundsätzlich als reines Faktum betrachtet, zugleich aber umfangreichen Besitzrechtsschutz bietet. Mag man sich auch über das tiefere Wesen des Besitzes uneinig sein; die Rolle, die er im deutschen Rechtsgefüge spielt, ist zentral. Der Abstraktheit des Eigentums (dies gilt gleichsam für die meisten Rechtsbeziehungen) ist es geschuldet, dass dessen Vorliegen nach außen nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Weder der Gegenstand selbst noch die Person der Eigentümerin tragen ein für alle sichtbares Zeichen ihrer Verbindung. Es ist der Besitz, der das abstrakte Rechtsverhältnis „Eigentum an einer Sache“ nach außen hin, zumindest prima facie, sichtbar macht. Der Besitz hat also eine Publizitätsfunktion.98 Diese trägt dafür Sorge, dass Rechtsänderungen grundsätzlich eben nicht ohne Änderung der Besitzlage erfolgen sollen (Traditionswirkung). So geht Eigentum an einer beweglichen Sache grundsätzlich nur mit Übergabe der Sache über (§§ 929 ff. BGB). Weiter wird über § 1006 BGB vermutet, dass diejenige Person, die Besitz hält, auch Eigentum an der Sache hat (Vermutungswirkung). Der gute Glaube an die Berechtigung einer Person an einer beweglichen Sache knüpft ebenfalls an den Besitz und ermöglicht über §§ 932 ff. BGB wirksamen gutgläubigen Erwerb (Gutglaubenswirkung). Die „Macht“ des Besitzes ist also groß und jede Störung des Besitzes stets eine Irritation. Aus diesem Grund schützt das Recht den Besitz auf vielfältige Weise, wie noch gezeigt werden wird. b) Kein Recht zum Besitz § 985 BGB legt die Parteien des Vindikationsanspruches fest: „Der Eigentümer kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.“ Wie bereits gezeigt, bedarf es also grundsätzlich nicht mehr als die Darlegung des Eigentums an einer 96 Diese Frage stellt von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Erster Band, S. 61 ff.; siehe auch die Diskussion bei Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 49 ff. 97 Hier sei verwiesen auf Nachweise bei von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Erster Band, S. 61, Fn. 268. 98 Siehe hierzu und zum Folgenden etwa Omlor, Der Besitz und sein Schutz im System des BGB, in: JuS 2013, 12 (13).

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Sache, um Herausgabe verlangen zu können: der Vindikationsanspruch ist Rechtsverwirklichungsanspruch und „zieht“ den Besitz zum Eigentum. Das Recht, das hier verwirklicht wird, Eigentum, ist jedoch nicht ohne Einschränkungen gegeben. Nach § 903 BGB genießt die Eigentümerin Schutz nur, „soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen“. Diesen Vorbehalt verwirklicht für den Vindikationsanspruch der § 986 Abs. 1 S. 1 BGB, und zwar für fremde Besitzrechte.99 In § 986 Abs. 1 S. 1 BGB heißt es: „Der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigentümer gegenüber zum Besitz berechtigt ist.“ Die Besitzberechtigung kann sowohl aus einem dinglichen Recht folgen als auch, regelmäßig, aus dem Schuldrecht. Grundsätzlich handelt es sich bei den Besitzrechten des § 986 BGB um Rechte, die die Besitzerin direkt gegenüber der Eigentümerin geltend machen kann, und zwar entweder als absolute Besitzrechte (etwa das Besitzrecht über den Nießbrauch aus § 1036 BGB) oder relative Besitzrechte (etwa aus Miet- oder Leihvertrag).100 Neben der Geltendmachung eines „Rechts zum Besitz“ im Sinne des § 986 Abs. 1 S. 1 BGB kann die Besitzerin auch Verjährung (§ 214 Abs. 1 BGB) oder ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen.101 Wechselt die Eigentumsstellung an einer beweglichen Sache und damit die Aktivlegitimation von einer auf die andere Person, so hat dies keine Auswirkungen auf die Position der Besitzerin. Nach § 986 Abs. 2 BGB kann sie der neuen wie der vormaligen Eigentümerin dieselben Einwendungen entgegensetzen. Bereits aus dem Wortlaut des § 986 Abs. 1 S. 1 BGB ergibt sich zudem, dass es auf etwaige Besitzrechte dritter Personen nicht ankommt; die Besitzerin kann also nicht eine „bessere“ Besitzberechtigung einer dritten Person geltend machen. Der Anspruch aus § 985 BGB muss also dann scheitern, wenn ein Recht zum Besitz vorliegt, denn dann steht der „Wille eines Andern“102 nicht mehr zwischen der Eigentümerin und der Sache. Der Besitz ist dann nicht mehr im Widerspruch mit dem „dem Inhalte des Eigenthums entsprechenden Zustande[s]“.103 Das Fehlen der rechtlichen Missbilligung steht also zwischen dem Herausgabeverlangen der Eigentümerin und der Sache aus zwei Gründen: das willentliche Aus-der-Hand-geben der Sache durch die Eigentümerin ist ja gerade Ausfluss ihrer Eigentumsposition und die Eigentümerin ist hier auch nicht schutzwürdig. In diesem Fall werden weder die Rechtsverwirklichungsfunktion noch die Schutzfunktion des § 985 BGB benötigt. 99

MüKo BGB/Baldus, § 986, Rn. 1, Rn. 11 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 986, Rn. 6 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 986, Rn. 1 ff. 100 Müko BGB/Baldus, § 986, Rn. 11 ff.; BeckOGK BGB/Spohnheimer, § 986, Rn. 5 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 986, Rn. 12 ff., Rn. 21 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 986, Rn. 2 ff.; siehe auch Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 79 ff. 101 Die seit Inkrafttreten der Schuldrechtsreform am 1. 1. 2002 geltende neue amtliche Überschrift des § 986 BGB „Einwendungen des Besitzers“ ist demnach irreführend. § 986 BGB enthält eben nicht abschließend alle der Besitzerin zur Verfügung stehenden Verteidigungsmöglichkeiten; MüKo BGB/Baldus, § 986, Rn. 2, Rn. 53 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 986, Rn. 23, Rn. 54 ff.; auch Soergel BGB/Stadler, § 986, Rn. 1 ff. 102 Johow, Redaktorenvorlage zu §§. 178 ff., S. 887. 103 Motive BGB III, S. 393.

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1. Teil: Deutschland

Das kontrollierte „Outsourcen“ von Teilen des Eigentumsrechts ist nicht nur Teil des Eigentumsrechts, sondern auch wesentlich für das Funktionieren des Rechtsverkehrs. Das Vorliegen eines Rechts zum Besitz steht dem Vindikationsanspruch entgegen.104

3. Umfang der Herausgabe Nach § 985 BGB kann die Eigentümerin von der Besitzerin die Herausgabe der Sache verlangen. Der Umfang der Herausgabe folgt aus dem Rechtsverwirklichungscharakter des Vindikationsanspruchs: die Eigentumsbeeinträchtigung ist zu beseitigen. Die unberechtigte Besitzerin muss die Sache dort, wo sie sich befindet (ubi rem meam invenio, ibi vindico)105 aufgeben und an die Eigentümerin zurückführen. Der Anspruchsinhalt hängt also davon ab, wo sich die Sache als individueller Anspruchsgegenstand konkret befindet, gleich in welchem Zustand (auch als so genannter „gleitender Anspruch“ bezeichnet).106 Der Herausgabeanspruch will ja allein den „dem Inhalte des Eigenthums entsprechenden Zustande[s]“107 wieder herstellen; man spricht hier auch von der „Unerheblichkeit der Zustandsveränderungen“.108 Wie die Aktivlegitimation des Herausgabeanspruchs von Eigentümerin zu Eigentümerin und die Passivlegitimation von Besitzerin zu Besitzerin wandert, so wandelt sich auch der Anspruchsinhalt je nach dem, wo sich die Sache befindet und in welchem Zustand. Eine körperliche Sache kann grundsätzlich auf drei Arten wieder an die berechtigte Person zurückgelangen. Eine erste Möglichkeit wäre die bloße Duldung der Wegnahme. Die Duldung würde den geringsten Aufwand auf Seiten der Besitzerin und den größten Aufwand auf Seiten der Eigentümerin erfordern, denn hier obläge es der Eigentümerin, die Sache aus der Rechtssphäre der Besitzerin wieder an sich zu bringen, während jene dies nur passiv erdulden bzw. Zugang zur Sache ermöglichen müsste. Das Gegenstück der bloßen Duldung wäre die aktive Rückgabe der Sache; diese würde den größten Aufwand auf Seiten der Besitzerin und den geringsten Aufwand auf Seiten der Eigentümerin erfordern. Hier müsste die Besitzerin dafür Sorge tragen, dass die Sache wohlbehalten in die Rechtssphäre der Eigentümerin gelangt, während jene sie nur in Empfang nehmen müsste. Wenn man den „wertfreien“, verschuldensunabhängigen Charakter der Vindikation nach § 985 BGB 104

Str., ob es sich bei § 986 BGB um eine Einrede oder eine Einwendung (h. M.) handelt, ob also die Besitzerin die Herausgabe lediglich verweigern kann oder ob der Herausgabeanschluss ausgeschlossen ist; siehe hierzu ausführlich MüKo BGB/Baldus, § 986, Rn. 91 ff., m. w. N.; Staudinger BGB/Thole, § 986, Rn. 2 ff., m. w. N.; Soergel BGB/Stadler, § 986, Rn. 1. 105 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 96; zum Ort der Herausgabe siehe auch Staudinger BGB/Gutzeit, § 985, Rn. 167 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 25. 106 Ausführlich etwa MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 78 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 162; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 21.25. 107 Motive BGB III, S. 393. 108 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 80; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 162.

A. Ansprüche aus dem Eigentum

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betrachtet, so könnte man meinen, dass es angemessen wäre, der Besitzerin lediglich die Duldung der Wegnahme zuzumuten, denn die Duldung erfordert von ihr den geringsten Aufwand. Sie birgt potenziell jedoch auch den stärksten Eingriff in ihre Rechtssphäre und bietet dadurch das größte Konfliktpotential. Aus diesem Grund hat sich das BGB für einen Mittelweg entschieden: die Herausgabe in § 985 BGB ist einerseits mehr als die bloße Duldung der Wegnahme, andererseits weniger als Rückgabe, sie ist „Auskehrung“.109 Die Besitzerin ist, wenn auch nicht zur vollendeten Rückgabe, so doch „zu einer gewissen positiven Thätigkeit verbunden“.110 Der Herausgabeanspruch des § 985 BGB will die Sache aus der „falschen“ Rechtssphäre in die „richtige“ Rechtssphäre zurückführen. Die unberechtigte Besitzerin muss den Besitz an der Sache zu Gunsten der Eigentümerin aufgeben und sie an den Rand ihrer Rechtsphäre bringen, damit die Eigentümerin sie an sich nehmen kann. Die Sache muss also dort, wo sie sich befindet „in den Bereich der unmittelbaren Wahrnehmung und der möglichen Apprehension“ der Eigentümerin gebracht werden.111 Der „Auskehrung“ liegt die Überlegung zugrunde, dass der Eigentümerin, in Verfolgung ihrer Sache, nicht erlaubt sein soll, tief in die Rechtssphäre der Besitzerin einzudringen. Dies dient der Wahrung des Rechtsfriedens und ist regelmäßig auch sachgerechter. Bis an die Grenze der eigenen Rechtssphäre trägt die Besitzerin die Herausgabekosten, darüberhinausgehende Abholungskosten trägt die Eigentümerin.112 Dass es sich bei der Herausgabepflicht aus § 985 BGB lediglich um eine Korrektur der Sachzuweisung handelt und hier, zumindest in § 985 BGB selbst, (noch) keine „Schuldzuweisung“ stattfindet, spiegelt sich in der Rechtsfolge. Es geht lediglich darum, einen „effizienten Sachzugriff“ durch die Eigentümerin zu ermöglichen.113 Die Besitzerin darf die Eigentümerin nicht an der Abholung hindern. Die Besitzerin treffen über § 985 BGB keine direkten Fürsorgepflichten für die Sache; § 985 BGB ist eben nicht auf Schadensersatz gerichtet.114 Der Vindikationsanspruch hat eine reine Zuordnungsfunktion. Freilich muss es Konsequenzen haben, wenn die unberechtigte Besitzerin die Sache beschädigt oder zerstört. Daraus, dass der § 985 BGB hierzu keine Abhilfe schafft,115 folgt zwingend, dass es einen zweiten Schritt geben muss: etwaige Sekundäransprüche, beispielsweise auf Schadensersatz, fließen aus anderen Normenregimen, insbesondere dem EigentümerBesitzer-Verhältnis in §§ 987 ff. BGB. 109 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 87 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche, § 985, Rn. 13; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 158 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 21. 110 Motive BGB III, S. 398. 111 Motive BGB III, S. 398. 112 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 95; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 173 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 25. 113 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 90; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 157 ff. 114 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 102; Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 197 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 24. 115 Anders als noch im gemeinen Recht, siehe hierzu Staudinger BGB/Thole, § 985, Rn. 157, m. w. N.

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1. Teil: Deutschland

II. Ansprüche bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache (§§ 987 ff. BGB) Dem Vindikationsanspruch in § 985 BGB nachgestellt sind die Folgeansprüche in §§ 987 ff. BGB. Diese Vorschriften regeln das sogenannte Eigentümer-BesitzerVerhältnis.116 Ihre Aufgabe ist es, die Nachteile auszugleichen, die durch die Trennung von Eigentum und Besitz entstanden sein mögen. Diese Vorschriften ergänzen den Herausgabeanspruch, da, wie bereits gezeigt, der § 985 BGB selbst nur die Zuordnung der Sache regelt, jedoch keinen darüber hinausgehenden Ausgleich schafft. Dies ist das Restitutionsprinzip des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses.117 Die Eigentümerin kann neben dem Herausgabeanspruch (§ 985 BGB) also über die §§ 987 ff. BGB insbesondere Schadens- und Nutzungsersatz geltend machen.118 Die möglichen Gegenansprüche der Besitzerin sind auf Verwendungsersatz gerichtet. Die Haftungsverteilung im Eigentümer-Besitzer-Verhältnis richtet sich danach, ob die unberechtigte Besitzerin gutgläubig oder bösgläubig war. Die „Neutralität“ des Vindikationsanspruches führt dazu, dass auch gutgläubige Personen, die ohne ein „Verschulden“ in den Besitz der fremden Sache kommen, diese herauszugeben haben. Dies folgt zwangsläufig aus dem Rechtsverwirklichungs- und Schutzcharakter des § 985 BGB. Das Gesetz will diese Personen aber, denen ja „nichts vorzuwerfen“ ist, auf schuldrechtlicher Ebene privilegieren; insbesondere kann Schadensersatz für Beschädigung oder Untergang der Sache nur von einer bösgläubigen bzw. verklagten Besitzerin verlangt werden (§§ 989, 990 BGB).119 Die Ansprüche des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses setzen grundsätzlich eine so genannte Vindikationslage voraus, erfordern also, dass die Eigentümerin noch Eigentümerin und die (unberechtigte) Besitzerin noch Besitzerin ist (oder im Falle des Sachuntergangs, die letzte Besitzerin). Der Fortbestand des gestörten Eigentums ist damit Grundlage 116

Hierzu etwa Lorenz, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, in: JuS 2013, 495 (495 ff.); Schmolke, Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, in: JA 2007, 101 (101 ff.); Magnus, Subjektive Grenzen der Sperrwirkung des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses, in: NJW 2017, 1201 (1201 ff.); Hähnchen, Notwendige und nützliche Verwendungen im Eigentümer-BesitzerVerhältnis, in: JuS 2014, 877 (877 ff.). 117 MüKo BGB/Raff, Vorb. § 987, Rn. 1; siehe auch Staudinger BGB/Thole, Vorb. §§ 987 – 993, Rn. 1 ff. 118 Eine engere Verbindung der Sekundäransprüche mit dem Primäranspruch scheint sich bei Wolff/Raiser anzudeuten, siehe Wolff/Raiser, § 84, S. 319: „Er [Anm.: gemeint ist der Anspruch aus § 985 BGB] richtet sich gegen den unrechtmäßigen Besitzer der Sache und zielt in erster Linie auf Wiedererlangung des Besitzes, daneben auf Schadensersatz und Herausgabe der Nutzungen.“ 119 Die Rechtsprechung gewährt zudem, im Fall der Rechtshängigkeit des Herausgabeanspruchs oder der Bösglaubigkeit der Besitzerin und bei Vorliegen eines „Vertretenmüssens“ (§ 280 Abs. 1 BGB), einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 3, 281 i. V. m. § 985 BGB, siehe BGH, Urteil vom 18. März 2016, V ZR 89/15, in: NJW 2016, 3235; siehe zum Streitstand um die Anwendbarkeit der Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts auf §§ 985 ff. BGB etwa Müller/Gruber, Sachenrecht, § 26, Rn. 639 ff., sowie § 32, Rn. 940 ff., jeweils m. w. N.

A. Ansprüche aus dem Eigentum

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der §§ 987 ff. BGB.120 Für einen Anspruch auf Schadensersatz muss neben die Trennung von Eigentum und Besitz aber ein subjektives Element treten. Picker spricht in Bezug auf den Vindikationsanspruch von „verfeinerter Jurisprudenz“, die „die bloße faktische Störung des Rechts“ genügen lässt; der Vindikationsanspruch verlange eben nicht, „wie die Spontanreaktion eines noch groben rechtlichen Denkens – das ,schreiende‘ Unrecht“.121 Der Vindikationsanspruch erfordere eben keine „subjektiven Momente“, anders als „die derberen Tatbestände etwa des Diebstahls oder eines Raubes“.122 Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis fällt damit in die Kategorie der „derberen Tatbestände“, denn es fordert subjektive Elemente, insbesondere nämlich die Bösgläubigkeit der unberechtigten Besitzerin, bevor es einen Schadensersatzanspruch zulässt. Die Erklärung hierfür ist simpel. Wie oben dargestellt, ist der Herausgabeanspruch in § 985 BGB die bloße Reaktion auf eine unrechtmäßige Verschiebung von Rechtspositionen. Der Anspruch enthält keine Wertung zum Verhalten der Besitzerin; diese hat kein „Unrecht getan“. Dementsprechend muss die Besitzerin die Sache auch nur an den Rand ihrer Rechtssphäre bringen und dadurch die „Apprehension“ durch die Eigentümerin ermöglichen. Ein Mehr kann nur von ihr verlangt werden, wenn ihr Verhalten „unrecht“ war. Schadensersatz für Verschlechterung oder Untergang der Sache, also für den Fall, dass die Sache nicht unbeschadet, nicht in ihrem „ursprünglichen“ Zustand herausgegeben werden kann, erfordert deshalb entweder Bösgläubigkeit der Besitzerin oder Rechtshängigkeit. Die gutgläubige Besitzerin fällt, mangels relevantem subjektiven Element, nicht unter die Schadensersatzflicht. Die Höhe des Schadensersatzes über §§ 989, 990 BGB bemisst sich nach herrschender Meinung nicht lediglich am objektiven Verkehrswert der Sache, sondern an dem subjektiven Interesse der Eigentümerin an der Wiedererlangung der Sache; insbesondere können hierunter, je nach Fallgestaltung, auch die Kosten eines erfolglosen Vorprozesses, entgangener Gewinn und andere Begleitschäden fallen.123

III. Zusammenfassung Dem Herausgabeanspruch aus § 985 BGB, wenngleich der „simpelste Anspruch des ganzen BGB“,124 kommt eine für die Privatrechtssystematik zentrale Aufgabe zu. Er dient sowohl der Rechtsverwirklichung als auch dem Schutz des Eigentums. Ohne 120 MüKo BGB/Raff, Vorb. § 987, Rn. 16 ff.; Staudinger BGB/Thole, Vorb. §§ 987 – 993, Rn. 31 ff. 121 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 694. 122 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 694. 123 MüKo BGB/Raff, § 989, Rn. 20; BeckOK BGB/Fritzsche, § 989, Rn. 14 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 989, Rn. 48 ff. 124 Wilhelm, Sachenrecht, S. 712, Rn. 1194.

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1. Teil: Deutschland

ihn wäre das Eigentum nach deutscher Konzeption (abstrakt, absolut, allumfassend) nur eine kraftlose Hülle. Der dingliche Anspruch hat die Aufgabe, die „Gemeinschaft“ von Recht und Sache, nach Vorgabe des Sachenrechts, durchzusetzen; das Sachenrecht ist „Güterzuordnungsrecht“.125 Der Anspruch richtet sich gegen jede Besitzerin, die kein Recht zum Besitz vorweisen kann. Die Qualität des unberechtigten Besitzes (gutgläubig oder bösgläubig) und die Einzelheiten des Sachverhalts sind nicht relevant. Einziges Ziel des Anspruchs ist es, Sachbesitz und Eigentum wieder in der Person der Berechtigten zu vereinen, denn eine Sache, die, getrennt von ihrer Eigentümerin, im Rechtsverkehr „umherirrt“, ist gefährdet und es droht, wie gezeigt, Rechtsverlust. Dies ist der erste Schritt des sachenrechtlichen Eigentumsschutz des BGB. Ist die Zuordnung eingeleitet, so kann in einem zweiten Schritt auf die Umstände des Einzelfalls geschaut werden. Die Ersatzansprüche des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses haben nichts mehr gemein mit der „Neutralität“ des Vindikationsanspruchs, können jedoch auf unterschiedliche Fallgestaltungen reagieren. Der Inhalt der Sekundäransprüche, insbesondere im Falle der Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache oder bei ihrer Beschädigung, richtet sich nach der Qualität des Besitzes; wesentlich ist hier die Privilegierung der gutgläubigen Besitzerin. Dieser zweistufige Schutz ergibt sich zwingend aus dem Eigentumsverständnis des BGB. Der § 985 BGB ist der erste Schritt der Konfliktlösung: es wird zunächst dafür gesorgt, dass die Zuordnung der Sache wieder stimmt und die Gefahr für das Recht selbst, aber auch für den Rechtsverkehr, beseitigt wird. Erst in einem zweiten Schritt und grundsätzlich auch nur bei Bösgläubigkeit der unberechtigten Besitzerin, wird auf schuldrechtlicher Ebene für Ausgleich gesorgt.

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz Der „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“, also die Besitzvorenthaltung gegenüber der berechtigten Person, setzt in der Regel voraus, dass die Eigentümerin zunächst im Besitz der Sache war und es nun nicht mehr ist. Wie gezeigt, hat die Eigentümerin zunächst die Möglichkeit, über ihr fortbestehendes Eigentum Herausgabe zu fordern (§ 985 BGB) sowie ggf. Schadensersatz (§§ 989, 990 BGB). Im deutschen Sachenrecht finden sich aber noch weitere Ansprüche, die eine ähnliche Aufgabe wahrnehmen, wenn auch mit einem anderen Fokus: dies sind die Vorschriften des sachenrechtlichen Besitzschutzes in §§ 858 ff. BGB (der so genannte possessorische Besitzschutz) und in § 1007 BGB (der so genannte petitorische Besitzschutz). Die Vorschriften des Besitzschutzes richten sich, wie der Name schon sagt, primär an Personen, die in ihrem Besitz gestört werden; diese müssen hierzu nicht zwangsläufig auch Eigentum an der Sache haben (eine besondere Stelle nimmt hier, wie noch gezeigt werden wird, die Vorschrift des § 1007 BGB ein). Doch auch 125

Rn. 1.

MüKo BGB/Baldus, Vorb. § 985, Rn. 2; Staudinger BGB/Heinze, Einl. Sachenrecht,

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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eine in ihrem Sachbesitz gestörte Eigentümerin kann sich, zusätzlich zu ihren Ansprüchen aus §§ 985 ff. BGB, der sachenrechtlichen Besitzschutzvorschriften bedienen.

I. Possessorischer Besitzschutz (§§ 858 ff. BGB) Der Sachbesitz genießt Schutz zunächst über die §§ 858 ff. BGB, den so genannten possessorischen Besitzschutz (lat.: possessio = Besitz). Dreh- und Angelpunkt des possessorischen Besitzschutzes ist der widerrechtliche Eingriff in eine fremde Besitzposition, dies ist die so genannte „verbotene Eigenmacht“ (§ 858 Abs. 1 BGB).126 Liegt verbotene Eigenmacht vor, so stehen der im Besitz gestörten Person Ansprüche auf die Wiederherstellung der früheren, ungestörten Besitzposition zu sowie ein Recht auf die Ausübung von (auch gewaltsamer) Selbsthilfe. Die Ansprüche und Rechte aus §§ 858 ff. BGB folgen direkt aus dem gestörten Besitz, und zwar unabhängig von einer Rechtsstörung; dennoch wäre vorliegende Darstellung der Rechtsschutzmöglichkeiten der Eigentümerin ohne jedenfalls eine kurze Darstellung des possessorischen Rechtsschutzes unvollständig. Hinzu kommt, dass aus rechtsvergleichender Sicht Schnittmengen bestehen zur englischen conversion sowie der schottischen spuilzie-Klage. 1. Normzweck Der Vindikationsanspruch in § 985 BGB dient dem Schutze des Eigentumsrechts sowie der Verwirklichung des „dem Inhalte des Eigenthums entsprechenden Zustandes“.127 Hierbei ist irrelevant, wie die Sache in die Hände der unberechtigten Besitzerin gerät und ob die Eigentümerin zuvor (jemals) Besitz hatte. Fragen des Besitzes spielen bis auf die Bestimmung der Anspruchsgegnerin keine Rolle. Für die §§ 858 ff. BGB gilt das Gegenteil: die materielle Berechtigungslage ist ohne Relevanz und die Frage, wie die Anspruchsgegnerin Besitz erlangt hat, ist von zentraler Bedeutung. Diese wesentlichen Unterschiede in der Herangehensweise spiegeln die nach deutschem Rechtsverständnis strenge Trennung von Besitz und Eigentum. Die besondere Schutzrichtung der §§ 858 ff. BGB ist zunächst gerichtet auf die „Bewahrung des Rechtsfriedens durch Aufrechterhaltung des äußeren Herrschaftsverhältnisses der Person zur Sache“.128 Die Bedeutung, die das Recht der friedlichen Besitzausübung beimisst, wird insbesondere deutlich bei den Gewalt126 MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 2; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 4; Müller/ Gruber, Sachenrecht, § 15, Rn. 322 ff. 127 Motive BGB III, S. 393. 128 Amend, Aktuelles und Historisches zur richterlichen Anerkennung des possessorischen Rechtsschutzes, in: JuS 2001, 124 (125), m. w. N.; Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 32 ff., S. 152 ff.

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1. Teil: Deutschland

rechten in § 859 BGB, die eine Ausnahme vom Grundsatz des staatlichen Gewaltmonopols darstellen.129 Die Bedeutung der Norm liegt weniger in der praktischen Anwendung, sondern dient vielmehr der Bewusstseinsbildung: das eingeräumte Recht zur Gewaltanwendung beugt der Störung des Rechtsfriedens durch eigenmächtige Besitzbeeinträchtigung dadurch vor, dass mit erlaubtem Widerstand gerechnet werden muss.130 Dadurch bekommt die Norm Präventivcharakter. Die Einräumung von Gewaltrechten erlaubt, was so oder so passieren würde: niemand wird wohl Eingriffe in das, was „mein“ ist untätig hinnehmen.131 Will oder kann die gestörte Besitzerin ihre Gewaltrechte nicht geltend machen und der störenden Person die Sache wieder abnehmen, so geben §§ 861, 862 BGB die Möglichkeit zur zügigen gerichtlichen Durchsetzung.132 Die Klägerin trägt hier lediglich die Beweislast für den früheren Besitz und dessen Entziehung durch verbotene Eigenmacht;133 dies wird regelmäßig, je nach Sachhalt, leichter darzulegen und beweisen zu sein als Eigentum. Der Normzweck der §§ 858 ff. BGB erschöpft sich jedoch nicht in der Sicherung des allgemeinen Rechtsfriedens. Dem Besitz als solchem kommt im deutschen Recht zwar keine Rechtsqualität, so doch enorme wirtschaftliche Bedeutung zu. Es ist dieser wirtschaftliche Wert des Besitzes, die Nutzungsmöglichkeit der Sache, die im Zentrum des Besitzschutzes steht.134 Zur Verdeutlichung: wenn ich etwa aufgrund meiner freiberuflichen Tätigkeit in einer ländlichen Region täglich auf mein Auto angewiesen bin, etwa für Hausbesuche, dann ist die Nutzungsmöglichkeit meines Autos von wesentlicher wirtschaftlicher Bedeutung. Ohne das Auto könnte ich (bis zur Beschaffung eines Ersatzfahrzeuges) meine wirtschaftliche Tätigkeit nicht ausüben. Ein weiterer Aspekt ist auch die Bedeutung des Besitzes für den Rechtsverkehr als Rechtsscheinträger. Jede Änderung, insbesondere widerrechtliche Änderung der Sachherrschaftsverhältnisse, birgt eine zusätzliche Gefahr für den Bestand des Eigentums, insbesondere durch gutgläubigen Erwerb (§§ 932 ff. BGB), aber etwa auch Ersitzung (§ 937 BGB). 2. Verteidigungsmöglichkeiten bei Besitzentziehung Hat sich eine Person den Besitz einer beweglichen Sache durch verbotene Eigenmacht verschafft (und diesen nicht etwa wieder verloren), so stehen der gestörten (vormaligen) Besitzerin grundsätzlich zwei Arten der Wiederbeschaffung zur Verfügung. § 859 Abs. 2 BGB bietet Besitzschutz mit Hilfe der so genannten Besitzkehr; 129

MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 1; siehe auch Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 1 ff. MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 1. 131 MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 1. 132 Hierzu etwa Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 1 ff., § 862, Rn. 1 ff. 133 Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 7. 134 So auch Amend, Aktuelles und Historisches zur richterlichen Anerkennung des possessorischen Rechtsschutzes, in: JuS 2001, 124 (125). 130

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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§ 861 BGB regelt den, auf prozessualem Wege geltend zu machenden, Herausgabeanspruch wegen Besitzentziehung. a) Grundvoraussetzung: Verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) Bereits aus dem Normzweck (Friedenssicherung) folgt, dass der possessorische Besitzschutz eine Störung des Friedens erfordert. Dies ist die so genannte verbotene Eigenmacht, die § 858 Abs. 1 BGB wie folgt definiert: „Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich.“ Die Besitzbeeinträchtigung besteht nach § 858 Abs. 1 BGB also sowohl in der Besitzstörung als auch in der Besitzentziehung. Diese Unterscheidung spiegelt die in § 985 BGB und § 1004 BGB getroffene Unterscheidung in Bezug auf das Eigentum.135 Eine Besitzentziehung setzt den vollständigen und andauernden Ausschluss der vormaligen Besitzerin von der tatsächlichen Sachherrschaft voraus: die Besitzerin muss also ihren Besitz „total und dauerhaft“ verlieren.136 Für die verbotene Eigenmacht irrelevant ist die Frage, ob die entziehende Person im Besitz der Sache bleibt oder diesen nach Begehung der tatbestandlichen Handlung verliert.137 Die Besitzstörung hingegen ist ein quantitatives „Weniger“ und meint jede Beeinträchtigung oder Verhinderung der Ausübung der Herrschaft über eine Sache, die eben keine Entziehung darstellt.138 Die Abgrenzung von Besitzentziehung und Besitzstörung kann im Einzelfall schwierig sein, soll aber in diesem Zusammenhang nicht weiter stören, da sich diese Arbeit auf Fälle der Besitzvorenthaltung konzentriert. Die verbotene Eigenmacht ist die Grundlage für die Selbstschutzrechte (§ 859 BGB) und den gerichtlich durchsetzbaren Anspruch wegen Besitzentziehung (§ 861 BGB).139 Das Tatbestandsmerkmal der verbotenen Eigenmacht ist rein objektiv zu bestimmen. Die verbotene Eigenmacht ist zwar deliktischen Charakters, was sich sowohl in der Art des Eingriffs in die fremde Rechtsposition als auch in der starken rechtlichen Missbilligung zeigt. Der wesentliche Unterschied zu deliktischen Ansprüchen zum Schutze des Eigentums (auch des berechtigten Besitzes),140 insbesondere aus § 823 Abs. 1 BGB, liegt jedoch in dem fehlenden Erfordernis des Verschuldens. Die Erlebenswelt der störenden Person spielt für die verbotene 135

MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 3; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 11 ff. Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 12 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 12; siehe auch Omlor, Der Besitz und sein Schutz im System des BGB, in: JuS 2013, 12 (14). 137 Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 14 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 12; siehe auch Omlor, Der Besitz und sein Schutz im System des BGB, in: JuS 2013, 12 (14). 138 MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 5, m. w. N., hier auch zur Abgrenzungsproblematik; siehe auch Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 11 ff. 139 Der Anspruch wegen Besitzstörung findet sich in § 862 BGB. 140 Dass der berechtigte Besitz ein „sonstiges Recht“ i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB ist stRspr. und h. L., siehe MüKo BGB/Wagner, § 823, Rn. 324 ff.; Staudinger BGB/Mansel, § 823, Rn. B-167 ff. 136

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Eigenmacht keine Rolle: Verschuldensfähigkeit, Verschulden, das Bewusstsein, fremden Besitz zu beeinträchtigen, oder der gute Glaube an eine Zustimmung des Besitzers sind irrelevant; die verbotene Eigenmacht ist rein objektiv zu bestimmen.141 § 858 Abs. 1 BGB macht der störenden Person keinen Schuldvorwurf.142 Dieser objektive Blick auf die Besitzentziehung erinnert an die Neutralität des Vindikationsanspruchs, der ja auch nur darauf schaut, ob eine Trennung von Eigentum und Besitz vorliegt. Das „Mehr“ liegt in Natur des Besitzverschaffungsaktes. Die verbotene Eigenmacht steht also irgendwo zwischen dem gänzlich wertneutralen Anspruch aus § 985 BGB (hier ist ja gänzlich irrelevant, wie die Sache Hände wechselt) und der deliktischen Verschuldenshaftung in § 823 BGB (zumindest muss die Sache widerrechtlich „genommen“ werden; Verschulden ist jedoch irrelevant). Die verbotene Eigenmacht ist eine Störung des Rechtsfriedens und liegt als solche nur dann vor, wenn die Beeinträchtigung nicht vom Willen der Besitzerin gedeckt ist. Erforderlich ist also, dass die verbotene Eigenmacht ohne den Willen der Besitzerin erfolgt (gegen den Willen ist aber gerade nicht erforderlich).143 Die fehlende Zustimmung der Besitzerin macht die Beeinträchtigung grundsätzlich „widerrechtlich“. § 858 Abs. 1 BGB nimmt von der Widerrechtlichkeit einzelne Beeinträchtigungshandlungen aus: „Wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, handelt, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet, widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).“ Als solche kommen etwa in Frage die Notrechte in §§ 227 – 229 BGB, das Wegnahmerecht der Vermieterin in § 562b Abs. 1 BGB sowie die Vorschriften über die Zulässigkeit von Vollstreckungsakten der ZPO (§§ 758, 808, 883, 892 ZPO, § 150 Abs. 2 ZVG).144 Erfolgt die Wegnahme im Einverständnis mit der Besitzerin oder ist die Wegnahmehandlung rechtlich gestattet, so ist die Besitzerin eben nicht schutzwürdig. Nach § 858 Abs. 2 S. 1 BGB ist der durch verbotene Eigenmacht erlangte Besitz fehlerhaft. Erlangt die störende Person den Besitz an der Sache, so wird dieser durch verbotene Eigenmacht neu begründete Besitz nicht im gleichen Maße geschützt wie Besitz, der auf anderem Wege erlangt wurde. Dies wird auch als „relative Rechtswidrigkeit“ bezeichnet, da sie nur gegenüber bestimmten Personen, insbesondere der früheren Besitzerin besteht.145 § 858 Abs. 2 S. 2 BGB erstreckt die relative Rechtswidrigkeit des Besitzes auch auf die Erben der fehlerhaft besitzenden Person und auf Personen, die im Besitz nachfolgen und bei Besitzerwerb die Fehlerhaftigkeit des Besitzes positiv kannten.146 Die Fehlerhaftigkeit des Besitzes ist Tatbestandvoraussetzung für die Normen des possessorischen Rechtsschutzes, so heißt es 141

MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 2; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 9. Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 9. 143 MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 7; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 16 ff. 144 MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 9 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 22 ff. 145 MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 13 ff. 146 Zum fehlerhaften Besitz ausführlich MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 13 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 858, Rn. 58 ff. 142

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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etwa in § 861 Abs. 1 BGB: „Wird der Besitz durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt.“147 b) Selbsthilferecht bei Besitzentziehung (§ 859 Abs. 2 BGB) Ist verbotene Eigenmacht gegeben, so erlaubt das Gesetz der gestörten Besitzerin ausnahmsweise die Ausübung von Gewalt148 zur Abwehr von Besitzbeeinträchtigungen (die so genannte Besitzwehr, oder Abwehrrecht) und zur Wiedererlangung des Besitzes an der (beweglichen) Sache (die so genannte Besitzkehr, oder Wiederbemächtigungsrecht).149 Die Besitzwehr ist geregelt in § 859 Abs. 1 BGB („Der Besitzer darf sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.“). Da die Besitzerin bei der bloßen Besitzbeeinträchtigung noch im Besitz der Sache ist, kann diese Variante für vorliegende Zwecke außer Acht gelassen werden, denn der Fokus der Untersuchung liegt auf der Besitzvorenthaltung gegenüber der Berechtigten. Besitzkehr liegt vor, wenn sich die vormalige Besitzerin die Sache, die ihr durch verbotene Eigenmacht entzogen worden ist, „mit Gewalt“ wiederverschafft. § 859 Abs. 2 BGB lautet: „Wird eine bewegliche Sache dem Besitzer mittels verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt wieder abnehmen.“ Das Merkmal „auf frischer Tat betroffenen oder verfolgt“ erfordert einen engen zeitlichen Zusammenhang.150 Die Grenzen der Gewaltanwendung und ihre Intensität sind weit gesteckt, jedoch nicht uferlos; insbesondere muss sie zur Abwehr der verbotenen Eigenmacht erforderlich sein und sich innerhalb der Grenzen des Rechtsmissbrauchs bewegen. Eine Abwägung der sich gegenüberstehenden Rechtsgüter ist nicht erforderlich.151 Aktivlegitimiert bei der Besitzkehr ist die gestörte (vormalige) Besitzerin. Hierbei spielt es keine Rolle, ob ein Recht zum Besitz vorlag oder nicht; auch eine fehlerhaft besitzende Person (z. B. nach Diebstahl) hat, versucht jemand verbotene Eigenmacht an der Sache, grundsätzlich das Recht zur Gewaltausübung.152 Die Besitzkehr richtet sich zunächst gegen die unmittelbar störende Person, die die verbotene Eigenmacht begangen hat. Das Gesetz erweitert den Kreis der Passivlegitimierten jedoch auf jene Personen, die der vormaligen Besitzerin gegenüber fehlerhaft besitzen (§ 859 Abs. 2, Abs. 4 BGB). Diese Erweiterung soll verhindern, dass der possessorische Besitzschutz durch einfache Weitergabe der Sache leerläuft (obwohl die praktische Re147

Ausführlich Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 1 ff. Gegebenenfalls jedoch Haftung auf Schadensersatz bei Selbsthilfeexzess, vgl. MüKo BGB/Schäfer, § 858, Rn. 17; Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 14. 149 MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 2; Staudinger BGB/Gutzeit, § 895, Rn. 1. 150 Die Bestimmung der zeitlichen Grenze kann schwierig sein, siehe MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 13; Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 17 ff. 151 MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 15, 6 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 16, 8. 152 MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 3; Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 3. 148

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1. Teil: Deutschland

levanz dieser Vorschrift insbesondere aufgrund der engen zeitlichen Grenzen der Besitzkehr gering sein dürfte).153 c) Herausgabeanspruch wegen Besitzentziehung (§ 861 BGB) In einem ersten Schritt kann sich die gestörte Besitzerin (die gleichzeitig auch Eigentümerin sein mag) die Sache also unter gewissen Voraussetzungen „mit Gewalt“ wiederholen. Ist Wiederbeschaffung der Sache über die Besitzkehr (§ 859 Abs. 2 BGB) nicht möglich oder nicht gewollt, so bietet § 861 Abs. 1 BGB die Möglichkeit, auf gerichtlichem Weg die „Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen [zu] verlangen, welcher ihm gegenüber fehlerhaft besitzt“. Der Anspruch aus § 861 Abs. 1 BGB hat dasselbe Ziel wie die Gewaltrechte in § 859 BGB: die frühere Besitzposition, der status quo ante, soll wiederhergestellt werden. Aktivlegitimiert ist hier grundsätzlich die in ihrem unmittelbaren Besitz gestörte Person; passivlegitimiert ist die störende Person sowie jede Person, die der vormaligen Besitzerin gegenüber fehlerhaft besitzt.154 Wie schon bei der Besitzkehr, ist auch für den Anspruch aus § 861 BGB die Qualität des gestörten Besitzes grundsätzlich irrelevant.155 Für die Geltendmachung des Anspruchs aus § 861 Abs. 1 BGB ist damit die Darlegung einer materiellen Berechtigung an der Sache entbehrlich. Der Anspruch ist allerdings ausgeschlossen, wenn bereits der entzogene Besitz fehlerhaft war (§ 861 Abs. 2 BGB); die Fehlerhaftigkeit des Besitzes gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes allerdings nur gegenüber „dem gegenwärtigen Besitzer oder dessen Rechtsnachfolger“. Die Entbehrlichkeit einer materiellen Berechtigung an einer Sache bedeutet jedoch nicht, dass eine solche nicht vorliegen kann: die besitzende Eigentümerin kann, sofern verbotene Eigenmacht vorliegt, einen Anspruch aus § 861 BGB geltend machen. Im Einzelfall mag ein Vorgehen aus § 861 BGB weniger beweisaufwendig und zeitsparender sein als bei § 985 BGB. Der Anspruch aus § 861 BGB erschöpft sich in der Wiedereinräumung des Besitzes und spiegelt demnach das Ziel der Besitzkehr. Der possessorische Besitzschutz kümmert sich eben nicht um eine „gerechte“ Resourcenaufteilung (insbesondere kann auch eine zum Besitz nicht berechtigte Person diesen Anspruch geltend machen); wem die Sache oder ihr Geldwert materiell-rechtlich zusteht, ist irrelevant. Vorrangiger Sinn und Zweck ist die Verhinderung von Faustrecht und die Sicherung des Rechtsfriedens. Kann die Sache nicht herausgegeben werden, so gibt § 861 BGB selbst keinen weitergehenden Anspruch, etwa auf Nutzungs- oder Schadensersatz.156 153

MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 4; Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 22. MüKo BGB/Schäfer, § 861, Rn. 3; Staudinger BGB/Gutzeit, § 861, Rn. 6 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 4, 5. 155 MüKo BGB/Schäfer, § 861, Rn. 5; Staudinger BGB/Gutzeit, § 861, Rn. 6; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 4. 156 MüKo BGB/Schäfer, § 861, Rn. 6; Staudinger BGB/Gutzeit, § 861, Rn. 3; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 3. 154

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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3. Umfang der Herausgabe Der Anspruchsziel im possessorischen Besitzschutz ist die Wiedereinräumung des Besitzes, also die Rückgabe bzw. Herausgabe der entzogenen Sache an die bisherige Besitzerin.157 „Herausgabe“ muss hier jedoch anders verstanden werden als bei § 985 BGB. Aus dem „wertneutralen“ Zuordnungscharakter des Vindikationsanspruchs folgt, dass als Herausgabe dort nur die „Auskehrung“ geschuldet ist: die Besitzerin muss die Sache an den Rand ihrer Rechtssphäre bringen und sie zur Abholung durch die Eigentümerin bereitstellen. Der Anspruch auf Herausgabe nach § 861 BGB erfordert hier ein „Mehr“: die fehlerhaft besitzende Person hat den Besitz grundsätzlich so wiederherzustellen, wie und an welchem Ort er vor der Ausübung der verbotenen Eigenmacht bestanden hat, und zwar auf eigene Kosten.158 Die Rechtsordnung missbilligt nämlich den widerrechtlichen Eingriff in eine bestehende Besitzsituation und dementsprechend gestaltet sich die Rechtsfolge. Die verbotene Eigenmacht ist eben genau das: „verboten“. 4. Possessorischer Besitzschutz und fremde Besitzrechte Die Sicherung des Rechtsfriedens verlangt schnelle Ergebnisse. Die gestörte Besitzerin kann sich, unter bestimmten Voraussetzungen, die Sache „mit Gewalt“ wiederbeschaffen oder auf dem Gerichtsweg die Herausgabe der Sache erwirken. Um zügigen Verfahrensschutz nach § 861 BGB möglichst effektiv gewährleisten zu können, beschränkt § 863 BGB die Einwendungen der störenden Person.159 Wenngleich etwas unglücklich formuliert („Gegenüber den in den §§ 861, 862 bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht werden, dass die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene Eigenmacht sein.“), so stellt § 863 BGB doch nach herrschender Auffassung klar, dass die verbotene Eigenmacht zwar bestritten, eine etwaige materielle Berechtigung („Recht zum Besitz“) zu der neu eingetretenen Besitzlage einem Anspruch aus § 861 BGB aber nicht entgegengehalten werden kann (possessorium absorbet petitorium).160 Ein etwaiges Recht zum Besitz (relatives Besitzrecht, etwa aus Mietvertrag oder auch Eigentum) hat gegen den Anspruch aus § 861 BGB also keine Bedeutung. Auch kann in der Regel der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nicht erhoben werden.161 Nach herr157

BeckOK BGB/Fritzsche, § 861, Rn. 9; Staudinger BGB/Gutzeit, § 861, Rn. 3; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 3. 158 MüKo BGB/Schäfer, § 863, Rn. 6; BeckOK BGB/Fritzsche, § 861, Rn. 9; Staudinger BGB/Gutzeit, § 861, Rn. 3; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 3. 159 MüKo BGB/Schäfer, § 863, Rn. 1; Staudinger BGB/Gutzeit, § 863, Rn. 1; Soergel BGB/ Stadler, § 861, Rn. 3. 160 MüKo BGB/Schäfer, § 863, Rn. 1 ff., 6; Staudinger BGB/Gutzeit, § 863, Rn. 1; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 3; zum Ausschluss petitorischer Einwendungen ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 155 ff. 161 Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 3.

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1. Teil: Deutschland

schender Meinung kann die Klage wegen § 861 BGB zulässigerweise aber mit der so genannten petitorischen Widerklage gemäß § 33 ZPO wegen eines Rechts zum Besitz, zum Beispiel Eigentum, verbunden werden.162 Nach § 864 Abs. 2 BGB erlischt der Herausgabeanspruch aus § 861 BGB, „wenn nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht durch rechtskräftiges Urteil festgestellt wird, dass dem Täter ein Recht an der Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise entsprechenden Besitzstandes verlangen kann“. Nach § 864 Abs. 2 BGB soll der Vorrang der possessorischen Ansprüche grundsätzlich also erst dann durchbrochen werden, wenn die materielle Rechtslage endgültig geklärt ist, quasi als Mittelweg zwischen dem „allgemeine[n] Interesse an der Verhinderung des Faustrechts“ und dem „Interesse des materiell Berechtigten an der Herstellung der seinem Recht entsprechenden Rechtslage“.163

II. Petitorischer Besitzschutz (§ 1007 BGB) Den so genannten petitorischen Besitzschutz regelt § 1007 BGB. Diese Norm enthält die „Ansprüche des früheren Besitzers“ einer beweglichen Sache,164 oder wie auch formuliert wird, Ansprüche „des besser berechtigten Besitzers“.165 Anders als der soeben dargestellte possessorische Besitzschutz in §§ 858 ff. BGB findet sich der § 1007 BGB jedoch nicht bei den sachenrechtlichen Besitzvorschriften (Buch 3, Abschnitt 1), sondern beim Eigentum geregelt (Buch 3, Abschnitt 3; genauer in Titel 4 „Ansprüche aus dem Eigentum“). Schon die systematische Stellung einer ausgewiesenen Besitzschutznorm bei den Vorschriften zum Eigentum verrät das schwierige Verhältnis, das das BGB mit dem petitorischen (lat.: petitio = Recht) Besitzschutz hat. Zum possessorischen Besitzschutz bestehen wesentliche Unterschiede. Insbesondere klärt der § 1007 BGB die Rechtslage zwischen den Parteien wie bei § 985 BGB endgültig, und nicht etwa wie bei den den Rechtsfrieden eben nur vorläufig sichernden §§ 859 ff. BGB.166 Die systematische Stellung des § 1007 BGB wurde auch vom BGH schon längst als verfehlt erkannt: „§ 1007 BGB gibt zwar seinem Wortlaut nach nur dem früheren Besitzer einer beweglichen Sache unter den dort näher bezeichneten Voraussetzungen einen Herausgabeanspruch. Diese Be162

MüKo BGB/Schäfer, § 863, Rn. 9 ff., m. w. N.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 863, Rn. 8, m. w. N.; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 2; ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 157 ff. 163 Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 163 ff.; siehe auch MüKo BGB/Schäfer, § 863, Rn. 9, m. w. N.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 864, Rn. 6 ff., m. w. N. 164 § 1007 BGB gilt nach ganz h. M. nur für bewegliche Sachen, hierzu etwa MüKo BGB/ Raff, § 1007, Rn. 20 ff., m. w. N.; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 1, Rn. 13; Soergel BGB/ Münch, § 1007, Rn. 4 („Mobiliarbesitz“). 165 Warum diese Bezeichnung unsauber ist, siehe etwa MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 13; auch Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 7, und sogleich. 166 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 13; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 2; Soergel BGB/ Münch, § 1007, Rn. 9 ff.

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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stimmung reiht sich nur äußerlich den Ansprüchen aus dem Eigentum ein […]. Seiner rechtlichen Natur nach ist der hier enthaltene Anspruch ein Anspruch aus früherem Besitz gegen den schlechter Berechtigten, eine petitorische Besitzklage, die im Grundsatz zu der possessorischen Besitzklage des § 861 BGB zu einer endgültigen Entscheidung führt. § 1007 BGB gehört sachlich in den 1. Abschnitt des 3. Buches des BGB.“167 Die Funktion des § 1007 BGB bleibt unklar, die Norm ist jedoch praktisch auch nicht mehr von allzu großer Bedeutung.168 Sie ist heutzutage derart in Verruf geraten, dass de lege ferenda sogar für ihre Abschaffung plädiert wird: „§ 1007 ist ein Musterbeispiel dafür, wie eine hastig in ein verändertes System eingefügte Vorschrift einen dogmatischen Aufwand erzeugen kann, der außer jedem Verhältnis zu ihrer praktischen Bedeutung steht. […] Bei einer Generalreform des Sachenrechts sollte diese Vorschrift daher gestrichen werden.“169 Dennoch bietet sie einen interessanten Einblick in das Zusammenspiel von Eigentum und Besitz bzw. Besitzrecht nach deutschem Rechtsverständnis, das insbesondere für den vorliegenden Rechtsvergleich von Bedeutung ist.

1. Normzweck Die Regelung in § 1007 BGB nimmt im System des deutschen Sachenrechts eine Sonderstellung ein. Die übrigen sachenrechtlichen Rechtsbehelfe knüpfen ausdrücklich entweder an das Eigentum (insbesondere § 985 BGB) oder den Besitz an (insbesondere §§ 858 ff. BGB): entweder es besteht ein dingliches Recht, das als solches petitorisch durchgesetzt wird, oder der Besitz als tatsächliche Sachherrschaft wird possessorisch geschützt. Der Grundsatz der strikten Trennung von Eigentum und Besitz zeigt sich hier ganz deutlich. Der § 1007 BGB hingegen „füllt eine Lücke zwischen § 861 und § 985“170 und lässt sich weder deutlich in die eine noch die andere Kategorie einordnen und dementsprechend unklar ist ihr Normzweck.171 Im ansonsten sehr durchdachten Aufbau des BGB fällt der § 1007 BGB deshalb auf. Die Erklärung hierfür findet sich, wie so oft, in der Entstehungsgeschichte der Norm. Mit den Worten Dunckers: „Da das Bestehende nur aus dem Vergangenen begriffen werden kann, so wird es freilich unerlaßliche Bedingung, bei der Untersuchung auf die ersten Anfänge des Institutes zurückzugehen, und so von der Wurzel aus dasselbe 167

BGH, Urteil vom 25. 09. 1952, IV ZR 22/52, NJW 1952, 1410 (1411). MüKo BGB/Raff, § 1007 Rn. 7, Fn. 6 zählt nur eine Handvoll höchstrichterlicher Entscheidungen seit Inkrafttreten des BGB; hier auch Rn. 1 ff. zum geschichtlichen Hintergrund. Zur Entstehungsgeschichte auch Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 1 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 2; siehe auch Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 175 ff., m. w. N. 169 MüKo BGB/Raff, § 1007 Rn. 49. 170 Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 1. 171 Zum Normzweck siehe etwa MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 13 ff.; Staudinger BGB/ Thole, § 1007, Rn. 1 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche, § 1007, Rn. 1; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 1 ff. 168

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durch die wechselnden Formen seiner Ausbildung bis zu seiner jetzigen Gestaltung zu begleiten; diese historische Untersuchung darf jedoch keinen andern Zweck haben, als das Bestehende zu erläutern, und auf feste Principien zurückzuführen.“172 Der § 1007 BGB ist ein Kompromiss, der im Gesetzgebungsverfahren getroffen wurde. Von dieser Norm wird auch gesagt, dass hier „historisch nicht zusammengehörige Elemente überflüssigerweise und ungeschickt in einen neuen Zusammenhang gebracht wurden“;173 Münch spricht von einem „praktikable[m] Kompromiss“.174 Dieser Kompromiss suchte die aus dem römischen Recht entlehnte grundsätzlich strikte Trennung von Besitz an einer Sache einerseits und dem Recht zum Besitz (hier insbesondere also Eigentum) andererseits zu verbinden mit deutschrechtlichen bzw. germanistischen Rechtsinstituten (insbesondere die sogenannte Klage aus verlorener Gewere), denen ein weitaus durchlässigeres Verhältnis von rechtlicher und faktischer Beziehung zur Sache zu Grunde liegt.175 Sowohl der Vorentwurf von Johow als auch der Entwurf der Ersten Kommission sahen eine stark römischrechtliche Prägung vor. Der Vorentwurf entwickelte den Grundsatz, dass eine Person in Bezug auf eine bewegliche Sache entweder berechtigt oder nicht berechtigt sein könne; die Anerkennung einer dazwischenstehenden relativen Berechtigung (also zwar nicht absolut so doch aber im Verhältnis zu einer dritten Person „besser“ berechtigt) lehnte Johow ab.176 Nach Johow ist ein „zwischen zwei Nichteigenthümern unter gänzlicher Ignorierung des wahren Eigenthümers geführter Streit um die Sache ein Unding“ und eine wie auch immer geartete bessere Berechtigung an einer Sache sei „ein zu unklarer Begriff“, um dem neuen BGB zugrundegelegt zu werden.177 Die prägnante römischrechtliche Prägung brachte dem ersten Entwurf zum BGB heftige Kritik ein.178 Die Umstände und Änderungen im Einzelnen, die zu § 1007 BGB in seiner jetzigen Fassung geführt haben, sollen an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt werden.179 Wichtig ist jedoch festzuhalten, dass man die Aufnahme von Ansprüchen einer früheren Besitzerin gegen eine „schlechter berechtigte“ Person schlussendlich für notwendig hielt und dass im Redaktionsprozess relativ („hastig“)

172

Duncker, Die Lehre von den Reallasten in ihren Grundzügen, S. 61 ff. MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 1; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 11, m. w. N. 174 Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 1. 175 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 1 ff.; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 11; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 2; zur Entstehungsgeschichte ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 177 ff., und zur Klage aus verlorener Gewere insb. S. 179 ff.; siehe auch Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 4, S. 22, und § 23, S. 69 ff. 176 Johow, Redaktorenvorlage, S. 958, hierzu ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 177 ff., insb. S. 178 177 Johow, Redaktorenvorlage, S. 960, hierzu ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 178. 178 Ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 178 ff., S. 181, m. w. N. 179 Ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 177 ff., S. 181, m. w. N. 173

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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kurzfristig noch entsprechende grundlegende Änderungen angesetzt wurden.180 Der ganze Prozess gleicht einem Tauziehen. Auf der einen Seite steht die grundlegende römischrechtlich geprägten Vorstellung, dass Eigentum und Besitz scharf zu trennen sind und dass Eigentum ein Vollrecht ist: die dingliche Berechtigung an einer Sache ist „schwarz und weiß“, entweder man hat Eigentum oder nicht. Ein „besseres“ Recht an einer Sache (ohne zugleich auch Eigentum zu sein) kann es deshalb sinnvoller Weise nicht geben. Auf der anderen Seite steht die partikularrechtliche Tradition, in der Eigentum und Besitz eben nicht mit derselben Schärfe getrennt werden und in der es durchaus auch Abstufungen gibt, also „besser Berechtigte“. (Absolutes) Eigentum und Besitz im BGB sind römischrechtlich geprägt, der § 1007 ist ein Überrest eines partikularrechtlichen, mehr „relativen Denkens“. § 1007 BGB ist das (Problem-) Kind dieses ungleichen Paares. Die geringe Praxisrelevanz des § 1007 BGB heutzutage ist interessant vor dem Hintergrund der hohen Erwartungen, die man zunächst an die Bedeutung der Norm für die zukünftige Rechtspraxis hatte. Sosnitza hat allein 26 Dissertationen aus dem ersten Jahrzehnt nach Inkrafttreten des BGB aufgetan, die sich mit dem § 1007 BGB auseinandersetzen.181 Die Vorschrift wurde hiernach bei Inkrafttreten des BGB noch sehr positiv und dem Anspruch aus § 985 BGB als überlegen angesehen.182 Dies mag wohl zumindest zum Teil auf der Annahme beruhen, dass man zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch stark in der partikularrechtlichen vor-BGB Tradition verankert war;183 die strikte Trennung von Eigentum und Besitz, die dem § 985 BGB vorausschreitet, war in dieser Ausprägung neu. Was heute als Kernelement des deutschen Zivilrechts gilt, war damals ungewohnt und, ja, „undeutsch“. Der § 1007 BGB, der dem Wesen nach eher der deutschrechtlichen als römischrechtlichen Tradition nachfolgt, hat sich in den Jahren und Jahrzehnten, die auf das Inkrafttreten des BGB folgten, nicht gegen die römischrechtliche Prägung des Sachenrechts und insbesondere den Vindikationsanspruch aus § 985 BGB wehren können. Mit einer Frage von Gierkes im Vorwort zu seinem Werk „Deutsches Privatrecht“ aus dem Jahre 1905 könnte man (wenn auch etwas melodramatisch) schließen, dass der deutschrechtlich geprägten Vorschrift des § 1007 BGB „beim Anbruch des 1. Januar 1900184 [dem deutschen Privatrecht] die Totenglocke geläutet“ hat.185 Die Frage nach dem Normzweck des § 1007 BGB hat eine Theorienflut inspiriert, die mit der geringen praktischen Relevanz der Norm im Widerspruch steht. Es scheint jedoch, dass beide Charakteristika der Norm, die geringe praktische Relevanz und die Fülle von Erklärungsversuchen ein und derselben Quelle entstammen: die 180 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 5; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 11; Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 181. 181 Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 175, Fn. 4, m. w. N. 182 Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 175 ff. 183 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 6, m. w. N.; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 1. 184 Also mit Inkrafttreten des BGB. 185 von Gierke, Deutsches Privatrecht, Zweiter Band: Sachenrecht, Vorwort, S. VI.

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1. Teil: Deutschland

systematische „Zwitterstellung“ der Norm lädt die unterschiedlichsten Erklärungsversuche ein und gibt, in der praktischen Anwendung, solchen Normen den Vorrang, die klarer in ihrer Einordnung und Voraussetzungen sind (insbesondere § 985 BGB). Die Einordnungsversuche zum Normzweck des § 1007 BGB sind vielfältig und reichen vom Schutz des Eigentums, dem Schutz der im Besitz liegenden Vermutung des Eigentums, der Annahme „relativen“ Eigentums, über den Ausdruck einer angenommenen Rechtsqualität des Besitzes hin zu dem Schutz eines „besseren“ Rechts zum Besitz.186 Anstelle einer Gegenüberstellung der verschiedenen Ansichten reicht es für vorliegende Zwecke festzuhalten, dass § 1007 BGB „jedenfalls von petitorischen Wertungen mitgesteuert wird“187 und eben nicht nur dem reinen Besitzschutz dient (in diesem Sinne ist die Bezeichnung petitorischer Besitzschutz irreführend). Nach Raff könne man als Normzweck, „allenfalls das Bestreben ansehen, die Sache über den früheren Besitzer wieder möglichst nahe an den Berechtigten heranzuführen, dem sie (zumeist) letztlich gebührt“.188 Die „Restitutionsinteressen des früheren Besitzers [werden] höher gewichtet als das konkurrierende Kontinuitätsinteresse des gegenwärtigen Besitzers“.189 So auch Münch: „Klagegrund ist jedenfalls der früher ausgeübte Besitz (als reine Tatsache). Er ist dann schutzwürdig, wenn bei seinem Erwerb ein Besitzrecht wirklich vorlag oder immerhin der Besitzer dies gutgläubig annehmen konnte und daher der Verlust unfreiwillig geschah.“190 Zumindest historisch steht die Vorschrift dann ja auch mit dem Eigentum „in prozesstaktischer und beweisrechtlicher Verbindung, eben als Ausweichtatbestand für den in Beweisnot befindlichen Vindikanten“.191 Es wird gesagt, dass der petitorische Besitzschutz in § 1007 BGB „die Lücke zwischen Ansprüchen aus materiellen Recht einerseits (also z. B. Herausgabeansprüchen gem. §§ 556 oder 985 BGB) und possessorischem Besitzschutz andererseits“ schließt;192 Münch spricht auch von der „Lückenbüßerfunktion“ des § 1007 BGB.193 Ob diese Lücke aber überhaupt eine Lücke ist, ist nach dem Vorgenannten fraglich. Man könnte ebenso zu dem Ergebnis kommen, dass die Norm ein perfektes Beispiel dafür ist, was in einem Kodifikationsprozess „falsch“ laufen kann, wenn verschiedene Strömungen unvereint aufeinandertreffen. Ihr wohl größter Vorteil mag heute, und zumindest für vorliegende Untersuchung, im Rechtsvergleich liegen: sie 186 Zu den verschiedenen Theorien ausführlich etwa Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 181 ff., m. w. N.; siehe auch Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts, S. 44, S. 104 ff.; MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 13 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 3 ff., m. w. N.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 1, m. w. N. 187 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 19. 188 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 13. 189 Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 5. 190 Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 2. 191 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 18; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 6. 192 Amend, Aktuelles und Historisches zur richterlichen Anerkennung des possessorischen Rechtsschutzes, in: JuS 2001, 124 (125). 193 Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 1.

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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bereitet den im BGB geschulten Geist auf das Eigentums- und Besitzverständnis des englischen Rechts vor, denn hier wird der Relativitätsgedanke, die Idee, dass es eine „besser berechtigte“ Person gibt, noch relevant werden. 2. Anspruch auf Herausgabe der Sache Der früheren Besitzerin stehen in § 1007 Abs. 1 und Abs. 2 BGB zwei selbstständige Herausgabeansprüche zur Verfügung.194 § 1007 Abs. 1 BGB gibt der früheren Besitzerin einer beweglichen Sache die Möglichkeit, von der jetzigen Besitzerin die Herausgabe der Sache zu verlangen, wenn diese „bei dem Erwerb des Besitzes nicht in gutem Glauben“, also bösgläubig war. § 1007 Abs. 2 BGB bietet einen Besitzherausgabeanspruch grundsätzlich auch gegen eine gutgläubige Besitzerin, wenn die Sache nämlich der früheren Besitzerin „gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen“ ist. Dieser weitergehende Anspruch gegen die gutgläubige Besitzerin wird jedoch beschränkt: die Sache kann nicht herausverlangt werden, wenn die jetzige gutgläubige Besitzerin selber schutzwürdig ist (weil sie entweder Eigentümerin der Sache ist oder diese ihr zuvor selber abhandengekommen ist). Beide Ansprüche sind ausgeschlossen, wenn die klagende frühere Besitzerin nicht schutzwürdig ist, nämlich wenn sie bei Erwerb des Besitzes bösgläubig war oder wenn sie den Besitz zuvor aufgegeben hat (§ 1007 Abs. 3 BGB). Die Norm verweist weiter auf die Anwendbarkeit der §§ 986 – 1003 BGB, also insbesondere der schon bekannten „Recht zum Besitz“-Vorschrift in § 986 BGB, sowie der Normen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses in §§ 987 ff. BGB. Bei Ansprüchen nach § 1007 Abs. 1 BGB muss die Klägerin lediglich ihren früheren Besitz, den gegenwärtigen Besitz der Beklagten sowie deren bösen Glauben beim Besitzerwerb darlegen und beweisen; bei § 1007 Abs. 2 BGB kommt hinzu noch das Abhandenkommen der Sache.195 Der § 1007 BGB erinnert in seiner grundsätzlichen Struktur an den Herausgabeanspruch in § 985 BGB: eine „mehr berechtigte“ Person verlangt von einer „weniger berechtigten“ Person die Herausgabe einer (beweglichen) Sache. Allerdings kann § 1007 BGB je nach Sachverhalt beweisrechtliche Vorteile bieten, etwa wenn der Beweis des Eigentums schwerer zu führen ist als der Beweis des früheren Besitzes; denn der Nachweis des Eigentums ist bei § 1007 BGB, anders als bei § 985 BGB, entbehrlich.

194 Ausführlich etwa MüKO BGB/Raff, § 1007, Rn. 30 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche, § 1007, Rn. 2 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 12 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 4; Müller/Gruber, Sachenrecht, § 15, Rn. 387 ff. 195 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 46 ff.; BeckOK BGB/Fritzsche, § 1007, Rn. 11; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 51; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 4 ff.

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1. Teil: Deutschland

a) Aktivlegitimation: früherer Besitz einer beweglichen Sache Aktivlegitimiert sowohl bei § 1007 Abs. 1 als auch des § 1007 Abs. 2 BGB ist die frühere Besitzerin der Sache. Geschützt wird grundsätzlich jede Form des früheren Besitzes; es ist also insbesondere grundsätzlich unerheblich, ob die frühere Besitzerin die Sache unmittelbar oder mittelbar, rechtmäßig oder unrechtmäßig besessen hat.196 § 1007 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 BGB macht hier jedoch eine Einschränkung: hiernach ist der Anspruch ausgeschlossen, wenn die frühere Besitzerin bei dem Erwerb des Besitzes selbst nicht in gutem Glauben, also bösgläubig war.197 Gemäß § 932 Abs. 2 BGB musste ihr also im Moment des Besitzerwerbs „bekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt“ gewesen sein, dass sie kein Recht zum Besitz hat. Hier zeigt sich die Weite des § 1007 BGB: die Aktivlegitimation erstreckt sich also grundsätzlich auch auf die frühere Besitzerin ohne Besitzrecht, es sei denn, dass sie bei Besitzerwerb wusste oder hätte wissen müssen, dass sie nicht zum Besitz berechtigt war. Die Klägerin muss also kein Besitzrecht an der Sache haben, um sich des § 1007 BGB zu bedienen. Die oft verwendete Erklärung, der § 1007 BGG enthalte Ansprüche „des besser berechtigten Besitzers“ ist somit unzutreffend oder im besten Falle erklärungsbedürftig.198 Gemäß § 1007 Abs. 3 S. 1 BGB endet der Rechtsschutz, wenn die frühere Besitzerin den Besitz an der Sache freiwillig aufgegeben hat, wenn also „das Verhältnis zur Sache gelöst wird“.199 In diesen Fällen ist die frühere Besitzerin eben nicht mehr schutzwürdig. b) Passivlegitimation: kein Recht zum Besitz Passivlegitimiert ist die gegenwärtige (mittelbare oder unmittelbare) Besitzerin der Sache.200 Diese muss bösgläubig Besitz erworben haben (§ 1007 Abs. 1 BGB); in bestimmten Fällen schützt aber auch guter Glaube nicht (§ 1007 Abs. 2 BGB). § 1007 Abs. 2 S. 1 BGB nimmt hier jedoch die Besitzerin aus, die gleichzeitig auch Eigentum an der Sache hat. Aus dem Verweis auf § 986 BGB in § 1007 Abs. 3 S. 2 BGB folgt, dass ein der Klägerin gegenüber wirksames Recht zum Besitz den Herausgabeanspruch ebenfalls ausschließt. Wie bei § 985 BGB endet die Herausgabepflicht grundsätzlich mit Verlust des Besitzes;201 der Verweis in § 1007 Abs. 3 196

MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 23 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 14 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 4. 197 BeckOK BGB/Fritzsche, § 1007, Rn. 5; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 18; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 7. 198 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 13; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 7. 199 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 27; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 38 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 7. 200 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 29; BeckOK BGB/Fritzsche, § 1007, Rn. 6; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 20 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 4. 201 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 29; BeckOGK BGB/Spohnheimer, § 1007, Rn. 52; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 20.

B. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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S. 2 BGB auf die Normen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses lassen die frühere Besitzerin jedoch nicht schutzlos. c) Umfang der Herausgabe Die Ansprüche aus § 1007 BGB sind zunächst auf Herausgabe der Sache gerichtet, soweit dies möglich ist. Der Anspruchsinhalt gleicht der Herausgabe in § 985 BGB, ist also auf Auskehrung des vorhandenen Besitzes gerichtet; die Norm enthält keine darüberhinausgehende grundsätzliche Verschaffungspflicht.202 Insofern kann auf die Ausführungen zu § 985 BGB verwiesen werden. 3. Ansprüche bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache Nach § 1007 Abs. 3 S. 2 BGB sind auf die Ansprüche in den beiden vorangegangenen Absätzen die Vorschriften §§ 987 ff. BGB anwendbar. Analog zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis, das den Herausgabeanspruch in § 985 BGB komplettiert, gibt es hier also ein „Besitzer-Besitzer-Verhältnis“.203 Es kann damit auf die Ausführungen oben verwiesen werden. Die frühere Besitzerin kann insbesondere, wenn die Herausgabe der Sache unmöglich wird, Schadensersatz nach §§ 989, 890 BGB verlangen, allerdings, wie auch schon bei § 985 BGB, nur von einer bösgläubigen Anspruchsgegnerin (§ 993 Abs. 1 BGB). Anders als beim Herausgabeanspruch aus dem Eigentum richtet sich die Höhe des Schadensersatzes hier jedoch nicht nach dem Eigentumsinteresse, sondern nach dem Besitzinteresse; es ist also Ersatz dafür geschuldet, dass Sachbesitz nicht herausgegeben werden kann.204 Insbesondere kann Ersatz für das Nutzungsinteresse an der Sache verlangt werden, allerdings nur, wenn die frühere Besitzerin auch tatsächlich ein Recht zum Besitz hat.205 Die Möglichkeit, bei Unmöglichkeit der Herausgabe Sekundäransprüche geltend zu machen, erinnert an § 985 BGB und steht im deutlichem Gegensatz zum possessorischen Besitzschutz, der ja keine über die Friedenswahrung hinausgehenden Ansprüche zulässt.

202 BeckOGK BGB/Spohnheimer, § 1007, Rn. 22; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 20; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 9. 203 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 35; BeckOGK BGB/Spohnheimer, § 1007, Rn. 54; siehe auch Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 60 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 9. 204 MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 36; BeckOGK BGB/Spohnheimer, § 1007, Rn. 59; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 68 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 9. 205 BeckOGK BGB/Spohnheimer, § 1007, Rn. 60; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 61 ff.; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 9.

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1. Teil: Deutschland

III. Zusammenfassung Der § 1007 BGB nimmt in dieser Arbeit eine besondere Stellung ein. Seine Entstehungsgeschichte weicht die Grenzen, die das deutsche Recht zwischen Eigentum und Besitz zieht, auf. Die Idee einer „besser berechtigten“ Person, losgelöst vom „besten“ Recht des Eigentums, ist dem modernen deutschen Rechtsverständnis eigentlich fremd. Der § 1007 BGB scheint wie ein „Nachruf“ auf das für die partikularrechtliche Tradition bezeichnende, relativere Verhältnis von rechtlichen und faktischen Beziehungen zur Sache. Er ist heute, anders als bei Zukrafttreten des BGB erwartet, von geringer praktischer Relevanz und steht nahezu gänzlich im Schatten des § 985 BGB. Zumindest in der Theorie jedoch gibt der § 1007 BGB der auf Besitzherausgabe klagenden Eigentümerin zwei weitere und je nach Sachverhaltskonstellation möglicherweise beweisrechtlich einfachere Anspruchsgrundlagen an die Hand.

C. Ansprüche aus condictio possessionis Die Eigentümerin kann ihre Rechtsstellung nicht nur direkt über das Eigentumsrecht (§ 985 BGB) oder indirekt über den Besitz (§§ 858 ff. und § 1007 BGB) verteidigen. Befindet sich der Sachbesitz „ohne Rechtsgrund“ bei einer dritten Person, so kann die Eigentümerin grundsätzlich auch die so genannte condictio possessionis oder Besitzkondiktion bemühen.206 Zweck der bereicherungsrechtlichen Vorschriften in §§ 812 ff. BGB ist es, Bereicherungen, die ohne Rechtsgrund erfolgen, wieder rückgängig zu machen. Während bei der Vindikation die Eigentümerin das Eigentum an der Sache behält, deckt das Bereicherungsrecht grundsätzlich nicht nur Konstellationen des bloßen Besitzverlusts ab, sondern auch jene, in denen der Verlust der Sache gleichzeitig auch den Verlust des Eigentums bedeutet. Die ungerechtfertigte Bereicherung mag also sowohl in „ungerechtfertigtem Besitz“ liegen als auch, im Rechtsverkehr häufig vorkommend, in „ungerechtfertigtem Eigentum mit Besitz“ (in diesem Fall steht ein Anspruch aus § 985 BGB wegen des Rechtsverlusts ja gerade nicht zur Verfügung). Während hier das Anspruchsziel die Rückübereignung des Eigentums ist (in der Regel verbunden mit Besitzverschaffung), wird dort der „bloße ungerechtfertigte Besitz“ über die so genannte condictio possessionis zurückübertragen. In Fällen, in denen der Bereicherungsgläubigerin auch ein Anspruch aus § 985 BGB zusteht, hat die Besitzkondiktion hingegen kaum eigenständige praktische Bedeutung.207 Die condictio possessionis ermöglicht je-

206 Ausführlich zur Besitzkondiktion Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts; siehe auch Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 208 ff.; Müller, Besitzschutz in Europa, S. 70 ff.; Kurz, Der Besitz als möglicher Gegenstand der Eingriffskondiktion; weiterführend auch Kaehler, Bereicherungsrecht und Vindikation. 207 MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 279; siehe auch Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 73.

C. Ansprüche aus condictio possessionis

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doch, wie der § 1007 BGB, das zuweilen schwierige Verhältnis von Eigentum und Besitz im Normengeflecht des BGB offenzulegen.

I. Schutzgegenstand: Besitz oder Eigentum? Während für die meisten der sachenrechtlichen Anspruchsnormen eindeutig ist, was Schutzgegenstand ist (etwa Eigentum bei § 985 BGB und Besitz bei §§ 859 ff. BGB), gibt es auch Vorschriften, deren Zuordnung eben nicht ganz so eindeutig ist. Hierzu gehört nicht nur der bereits dargestellte § 1007 BGB, sondern auch die condictio possessionis. Der Wortlaut der bereicherungsrechtlichen Grundnorm § 812 Abs. 1 S. 1 BGB gibt zunächst keine direkten Anhaltspunkte zu der Frage, ob die Besitzkondiktion, direkt oder indirekt, dem Schutze des Eigentums oder „nur“ des Besitzes dient: „Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwa ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.“ Grundvoraussetzung eines jeden bereicherungsrechtlichen Anspruchs ist, dass die Bereicherungsschuldnerin ohne Rechtsgrund „etwas erlangt“ hat; stark vereinfacht stellt sich hier die Frage: „Was habe ich bekommen?“208 „Erlangt“ werden kann vieles und so kann grundsätzlich jeder Vermögensvorteil Bereicherungsgegenstand sein.209 Der rechtsgrundlose Besitz an einer Sache kann grundsätzlich bereicherungsrechtlichen Schutz auslösen, denn er kann „erlangt“ werden.210 Relevant für die Bestimmung des Bereicherungsgegenstands allgemein, aber auch für die condictio possessionis, ist die Trennung der bereicherungsrechtlichen Tatbestände in Leistungskondiktion und Nichtleistungskondiktion, oder auch Eingriffskondiktion.211 Die Frage, ob es sich bei den in § 812 Abs. 1 S. 1 BGB aufgeführten, sich gegenüberstehenden Merkmalen des Erwerbs „durch Leistung eines anderen“ oder „in sonstiger Weise auf dessen Kosten“ um wesensverschiedene Kondiktionstypen handelt (Trennungslehre), oder Leistungs- und Eingriffskondiktion lediglich Varianten eines einheitlichen bereicherungsrechtlichen Grundsatzes sind (Einheitslehre), soll an dieser Stelle nicht weiter behandelt werden.212 Die Trennungslehre ist im modernen Recht herrschend; bereits aufgrund die Verschie-

208

MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 1; siehe auch Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 65. Jauernig BGB/Stadler, § 812, Rn. 8; Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 65 ff. 210 BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 42, Rn. 109; MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 6; Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 73. 211 Unter die Nichtleistungskondiktion fällt neben dem Hauptanwendungsfall der allgemeinen Eingriffskondiktion noch die so genannte Zuwendungs- und Aufwendungskondiktion. Wir konzentrieren uns hier auf die Eingriffskondiktion. 212 Dieses Thema wurde ausreichend behandelt; siehe etwa Literaturnachweise in BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 18 ff.; MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 43 ff.; Staudinger BGB/ Lorenz, § 812, Rn. 1 ff.; siehe ausführlich auch Schäfer, Das Bereicherungsrecht in Europa – Einheits- und Trennungslehren im gemeinen, deutschen und englischen Recht, für das moderne deutsche Recht siehe S. 313 ff. 209

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1. Teil: Deutschland

denheit der bei Leistungs- und Eingriffskondiktion auftretenden Probleme verdienen beide Tatbestände vorliegend eine getrennte Untersuchung. Für die Leistungskondiktion (Bereicherung erlangt „durch Leistung eines anderen“) wird regelmäßig angenommen, dass es auf die Qualität des gestörten Besitzes nicht ankommt. Die ganz herrschende Meinung versteht unter einer Leistung „jede bewusste und zweckgerichtete Mehrung fremden Vermögens“.213 Die Bereicherungsgläubigerin verschafft der Bereicherungsschuldnerin durch die Leistung also einen Vorteil. Grundsätzlich kommt hier jeder denkbare Schuldinhalt in Betracht; das „erlangte Etwas“ wird gegenständlich definiert.214 Bei der Leistungskondiktion wird also, vereinfacht ausgedrückt, das herausverlangt, was geleistet wurde: Anspruchsgrund ist die Umkehr der Folgen eines wie auch immer fehlgeschlagenen und zu ungerechtfertigten Bereicherung führenden Rechtsgeschäfts und damit vorrangig eben nicht Besitz- oder Eigentumsschutz.215 Hieraus folgt, dass der gestörte Besitz eben nicht rechtmäßig oder gar mit Eigentum verbunden gewesen sein muss, um bereicherungsrechtlichen Schutz auszulösen. Für die Eingriffskondiktion (Bereicherung erlangt „in sonstiger Weise auf dessen Kosten“) zeichnet sich hingegen ein anderes Bild. Das charakteristische Merkmal der Eingriffskondiktion ist das Vorliegen eines Eingriffs, also der „Inanspruchnahme einer fremden Rechtsposition, die im Verhältnis zum Rechtsinhaber als einseitige ,Ansichnahme‘ gewertet werden kann“.216 Vereinfacht ausgedrückt liegt der wesentliche Unterschied zur Leistungskondiktion also darin, dass sich die Bereicherte „etwas genommen“ hat, was die entreicherte Person behalten wollte (im Gegensatz dazu, etwas „geleistet“ zu bekommen, etwa in der Annahme einer Verbindlichkeitserfüllung): „Du hast Dir etwas genommen, jedenfalls aber ohne mein Zutun etwas bekommen, das nicht Dir, sondern mir zusteht.“217 Die Stoßrichtung bei der Eingriffskondiktion ist also eine ganz andere. Entgegen der „verwerflichen“ Konnotation des Begriffs ist bezüglich des „Eingriffs“ auf Seiten der Bereicherungsschuldnerin jedoch weder Verschulden noch die Kenntnis davon nötig, auch nur möglicherweise in eine fremde Rechtssphäre einzugreifen.218 Im Gegensatz zur Leistungskondiktion ist hier aber nicht jeder Besitz tauglicher Bereicherungsgegenstand. Die heute herrschende Meinung fordert, dass es sich bei dem erlangten Vorteil um eine „Rechtsposition mit Zu-

213

BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 38 ff., m. w. N.; auch „zweckgerichtete Hingabe von Vermögensvorteilen“, MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 47; siehe zum Leistungsbegriff auch Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 4 ff. 214 BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 39, Rn. 55; Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 65 ff. 215 Siehe hierzu Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 212, m. w. N. 216 BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 121; siehe auch MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 278. 217 MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 287. 218 BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 121; siehe aber zu früheren Rechtswidrigkeitstheorien etwa MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 281 ff., m. w. N.

C. Ansprüche aus condictio possessionis

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weisungsgehalt“ handeln muss.219 Für die Besitzkondiktion reicht es also eben nicht aus, dass irgendeine (auch unrechtmäßige) Besitzposition in bereicherungsrechtlich relevanter Weise übergegangen ist; aktivlegitimiert ist nur, wer einen Eingriff in eine zugewiesene Rechtsposition erlitten hat. Für die Besitzkondiktion ist stets die Frage zu stellen, ob der Bereicherungsgläubigerin die Sache wirtschaftlich zusteht. Zentrales Merkmal der Zuweisungstheorie ist damit die „ausschließliche kommerzielle Verwertungsmöglichkeit“ der Bereicherungsgläubigerin.220 Der Besitz allein, also ohne ein Recht zum Besitz, hat im deutschen Recht keinen solchen Zuweisungsgehalt; wie gezeigt wurde, ist der Besitz als tatsächliche Herrschaftsbeziehung zur Sache konzipiert und eben grundsätzlich nicht als Rechtsbeziehung. Berechtigter Besitz hingegen, etwa über ein Mietverhältnis oder ein Eigentumsrecht, hat nach dieser Auffassung Zuweisungsgehalt.221 Hiernach steht die Besitzkondiktion (in der Variante der Eingriffskondiktion) demnach nur der berechtigten Besitzerin zu, denn allein dem Recht zum Besitz (nicht dem bloßen Besitz allein) kommt ein ausreichender Zuweisungsgehalt zu.222 Aus dem Vorgenannten folgt, dass sich der Schutz der condictio possessionis also auf den Besitz richtet, und zwar jeden Besitz im Rahmen der Leistungskondiktion und den berechtigten Besitz im Rahmen der Eingriffskondiktion. Dem hat sich aber insbesondere Klinkhammer entgegengestellt, und jüngst auch, zumindest in Teilen, der BGH.223 Diese neuere Ansicht ist für vorliegende Untersuchung deshalb von Interesse, weil sie den bereicherungsrechtlichen Schutz der condictio possessionis, nicht nur für die Eingriffs-, sondern auch für die Leistungskondiktion, eben nicht beim (berechtigten) Besitz verortet, sondern diesen allein dem Schutz des Eigentums zur Seite stellt: Klinkhammer sieht weder den Besitz noch das Recht zum Besitz als ausreichende Grundlage für die Besitzkondiktion an, sondern allein das Eigentumsinteresse.224 Nach Klinkhammer kommt dem (berechtigten) Besitz als solchem eben kein „subjektives Vermögensrecht“ zu;225 mit jeder Besitzverschiebung jedoch seien „notwendigerweise die Interessen des Eigentümers betroffen und das Eigentum beeinträchtigt“.226 Die traditionelle Trennung in Leistungs- und Eingriffskondiktion 219 Hierzu ausführlich MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 287 ff., m. w. N.; BeckOK BGB/ Wendehorst, § 812, Rn. 123 ff., m. w. N.; siehe auch Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 31. 220 BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 124; siehe auch MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 291. 221 BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 127, m. w. N.; MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 334; siehe auch Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 73; Schäfer hegt grundsätzliche Zweifel, ob „die bloße Addition zweier nicht schutzfähiger Positionen“, gemeint sind hier der Anspruch auf Besitz als relatives Recht und Besitz als bloßes Faktum, ein schutzwürdiges Recht ergeben, siehe Schäfer, Schuldrecht Besonderer Teil, § 34 Rn. 65 i. V. m. § 35, Rn. 46. 222 Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 212 ff. 223 Zu BGH, Urteil vom 20. November 2013, XII ZR 19/11 ausführlich unten. 224 Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts, S. 68 ff., und zur Diskussion, S. 33 ff.; kritisch Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 217. 225 Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts, S. 48. 226 Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts, S. 68.

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erübrige sich für den Fall der condictio possessionis, da das Eigentumsinteresse, um das es hier allein ginge, bei allen Kondiktionsformen gleich betroffen sei.227 Nach Klinkhammer hat die condictio possessionis (entgegen der traditionellen Bezeichnung) also nichts mit Besitzschutz zu tun: er ordnet die Besitzkondiktion als erleichterte Eigentumsverfolgung ein.228 Für die Eigentümerin sind die hier skizzierten unterschiedlichen Meinungen von geringer Bedeutung, ist sie doch nach allen Ansichten und Konstellationen stets (auch) aktivlegitimiert. Interessant ist die Diskussion jedoch einmal mehr vor dem Hintergrund der historisch schwierigen Beziehung von Eigentum und Besitz.

II. Anspruch auf Herausgabe der Sache Der Umfang des Herausgabeanspruchs bei der condictio possessionis folgt der allgemeinen Funktion des Bereicherungsrechts: Ziel ist die Rückführung von Vermögensvorteilen, die „ohne rechtlichen Grund“ erfolgt und damit von der Rechtsordnung missbilligt sind. Nach der bereicherungsrechtlichen Grundnorm § 812 Abs. 1 S. 1 BGB ist das rechtsgrundlos „Erlangte“ herauszugeben. Der Anspruchsumfang wird in den §§ 818 ff. BGB konkretisiert und wesentlich bestimmt von zwei Faktoren: der Möglichkeit der Entreicherung sowie der Privilegierung der gutgläubigen Bereicherungsschuldnerin (im Falle der condictio possessionis also der Besitzerin). Nach § 818 Abs. 3 BGB ist die Verpflichtung zur Herausgabe des Erlangten oder zum Ersatz des Wertes ausgeschlossen, „soweit der Empfänger nicht mehr bereichert“ ist. Dies ist die „charakteristische Schwäche des Bereicherungsanspruchs“:229 soweit keine Bereicherung mehr vorliegt, muss grundsätzlich auch nichts herausgegeben werden. Diese Regelung schützt allerdings nur die gutgläubige Bereicherungsschuldnerin; ist sie aber bösgläubig, wusste sie also etwa um den fehlenden Rechtsgrund (§ 819 Abs. 1 BGB), so gilt die Privilegierung der Entreicherungsregelung nicht und es greift die verschärfte Haftung. Die verschärfte Haftung ist nach § 818 Abs. 4 BGB eine Haftung nach den „allgemeinen Vorschriften“, und zwar zunächst §§ 291, 292 BGB und die Vorschriften des Eigentümer-BesitzerVerhältnisses (§§ 987 ff. BGB).230 Dies hat in erster Linie zur Folge, dass die Bereicherungsschuldnerin sich eben nicht mehr auf den Wegfall der Entreicherung nach § 818 Abs. 3 BGB berufen kann.231 Für die condictio possessionis bedeutet dies, dass die Qualität des Besitzes (gutgläubig = reguläre Bereicherungshaftung, bzw. bös227

Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts, S. 51 ff., S. 68. Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts, S. 68 ff. 229 Lorenz, Inhalt und Umfang des Bereicherungsanspruchs, in: JuS 2018, 937 (938). 230 Hierzu etwa BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 83 ff.; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 49 ff. 231 BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 83; siehe auch Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 52 ff. 228

C. Ansprüche aus condictio possessionis

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gläubig = verschärfte Bereicherungshaftung) von entscheidender Bedeutung ist für die Bestimmung des Umfangs des Herausgabeanspruchs. Bei der condictio possessionis ist Gegenstand des Herausgabeanspruchs grundsätzlich zunächst die Herausgabe des rechtsgrundlos erlangten Sachbesitzes. Soweit die Bereicherungsschuldnerin also noch im Besitz der Sache ist, wird über die Verpflichtung zur Herausgabe des „Erlangten“ zunächst Sachverschaffung geschuldet. Dies ist unproblematisch bei der Leistungskondiktion; bei der Eingriffskondiktion richtet sich der Anspruchsumfang „nach Inhalt und Reichweite der Besitzberechtigung“, die der Gläubigerin den erforderlichen Zuweisungsgehalt vermittelt.232 Für die neuere Ansicht nach Klinkhammer, die für die Besitzkondiktion allein auf das Eigentumsinteresse abstellt, ist die Unterscheidung zwischen Leistungs- und Eingriffskondiktion nicht relevant: Sachbesitz wird (nur) als Folge des dem Anspruch zugrundeliegenden Eigentumsinteresses herausgegeben. Haftet die Bereicherungsschuldnerin „verschärft“ nach den §§ 818 Abs. 4 ff. BGB (insbesondere bei Kenntnis des fehlenden Rechtsgrunds oder Rechtshängigkeit) und ist die Sachverschaffung noch möglich, so ergeben sich hier zunächst keine wesentlichen Unterschiede. Die Verpflichtung zur Herausgabe der „erlangten“ Sache folgt, wie bei der „regulären“ Haftung der gutgläubigen Bereicherungsschuldnerin, direkt aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB.233 Neben der Sachverschaffung erstreckt sich die Herausgabe des „Erlangten“ grundsätzlich auch auf gezogene Nutzungen sowie bestimmte Surrogate, die an die Stelle des „Erlangten“ treten (§ 818 Abs. 1 BGB); dies sind die so genannten „sekundären Bereicherungsgegenstände“.234 Die gutgläubige Bereicherungsschuldnerin schuldet damit Herausgabe der tatsächlich gezogenen Nutzungen,235 sowie all das, was sie als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des Erlangten erhält, insbesondere Schadensersatz- oder Versicherungsleistungen (das so genannte commodum ex re).236 Nach Eintritt der verschärften Haftung müssen darüber hinaus auch schuldhaft nicht gezogene Nutzungen (§ 987 Abs. 2 BGB) sowie rechtsgeschäftliche Surrogate, insbesondere Veräußerungserlöse (das so genannte commodum ex negotione) herausgegeben werden.237

III. Ansprüche bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache Solange das „Erlangte“ (gemäß § 818 Abs. 1 BGB einschließlich der Surrogate und Nutzungen) herausgegeben werden kann, so ist zunächst ausschließlich Her232

Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 253. BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 90. 234 Hierzu ausführlich etwa MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 7 ff. und 45 ff.; BeckOK BGB/ Wendehorst, § 818, Rn. 91; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 10 ff. 235 MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 8; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 11. 236 MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 45; BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 8 ff. 237 MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 319, Rn. 335 ff.; siehe auch Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 18. 233

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ausgabe geschuldet; Wertersatz ist weder geschuldet noch kann es gewählt oder verlangt werden. Der Vorrang der Naturalrestitution, dieser wesentliche Grundsatz des BGB, ist auch bei der bereicherungsrechtlichen Haftung zu beobachten. Erst wenn die Herausgabe des Erlangten (Nutzungen und Surrogate miteingeschlossen) unmöglich wird, kann Geld verlangt werden (§ 818 Abs. 2 BGB).238 § 818 Abs. 2 BGB legt fest, dass Wertersatz geschuldet ist, wenn die Herausgabe „wegen der Beschaffenheit des Erlangten“ nicht möglich ist oder wenn die Bereicherungsschuldnerin „aus einem anderen Grunde zur Herausgabe außerstande“ ist. Während die erste Alternative sich primär auf nichtgegenständliche Vorteile (z. B. Dienstleistungen) richtet, für die wegen ihrer Beschaffenheit von vornhinein nur Ersatz in Geld geschuldet sein kann (so genannter ursprünglicher Wertersatzanspruch), so umfasst die zweite Alternative solche Fälle, in denen der zunächst gegenständliche Vorteil (z. B. Sachbesitz) erst auf Grund eines nachfolgenden Ereignisses nicht mehr herausgegeben werden kann (so genannter nachträglicher Wertersatzanspruch).239 Die Unmöglichkeit der Herausgabe bestimmt sich hier nach den allgemeinen Regeln (§ 275 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 BGB) und umfasst demnach insbesondere sowohl die subjektive als auch die objektive Unmöglichkeit.240 Verschulden auf Seiten der Bereicherungsgläubigerin an der Unmöglichkeit der Herausgabe ist nicht erforderlich. Auch der Wertersatzanspruch führt lediglich die Abschöpfungsfunktion der bereicherungsrechtlichen Vorschriften fort;241 es handelt sich hier eben um Wertersatz und nicht um Schadensersatz.242 Auch bei der verschärften Bereicherungshaftung haftet die Bereicherungsschuldnerin auf Schadensersatz, wenn das Erlangte nicht mehr herausgegeben werden kann, hier allerdings nur bei Verschulden (§§ 818 Abs. 4, 292 Abs. 1, 989 BGB).243 Ist Herausgabe also unmöglich, so ist der Wert des Erlangten zu ersetzen (§ 818 Abs. 2 BGB). Hierfür ist grundsätzlich der objektive Wert oder Verkehrswert anzusetzen, also der Preis, den „ein durchschnittlicher Empfänger aus dem Verkehrskreis des Betroffenen auf dem für ihn maßgeblichen Ankaufsmarkt hätte zahlen müssen, um den Bereicherungsgegenstand zu erlangen“.244 Erforderlich ist demnach eine rein objektive Betrachtung und Wertermittlung. Die condictio possessionis wirft an dieser Stelle Probleme auf. Kann die Sache nicht mehr herausgegeben werden, so stellt dich die Frage nach der korrekten Wertermittlung, denn „die Bestimmung des objektiven Wertes des Besitzes bereitet 238

BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 18 ff.; MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 49; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 21. 239 BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 20; MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 49 ff.; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 21. 240 MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 50; BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 20 ff.; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 21. 241 MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 52. 242 Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 24. 243 BeckOK BGB/Wendehorst, § 93 ff.; MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 317; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 50. 244 BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 27; MüKo BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 27; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 26.

C. Ansprüche aus condictio possessionis

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seit jeher Schwierigkeiten“.245 Für den Fall, dass die Sache bei der Bereicherungsschuldnerin verbraucht (oder zerstört) wird und deswegen nicht mehr herausgegeben werden kann, wird sehr überwiegend angenommen, dass deren objektiver Wert zu ersetzen ist, also was die Bereicherungsschuldnerin für einen Eigentumserwerb hätte zahlen müssen.246 Existiert die Sache noch, kann allerdings nicht mehr herausgegen werden, weil sie etwa an eine dritte Person veräußert oder verschenkt wurde, so ist das Ergebnis weniger eindeutig. Die Frage, die sich hier stellt, ist die nach dem verbleibenden Wert des Besitzes. Die vorherrschende Meinung geht davon aus, dass, wenn auch nicht der Substanzwert der Sache, so doch der Gebrauchswert geschuldet ist: mehr als die vorübergehende Nutzung der Sache habe die Schuldnerin ja nicht erlangt.247 Der BGH hat zu dieser Frage Position bezogen.248 Das Ergebnis, zu dem der BGH kommt, ist interessant vor dem Hintergrund der hier im Mittelpunkt stehenden Beziehung von Eigentum und Besitz. Im Leitsatz heißt es hierzu: „Hat der Schuldner des Bereicherungsanspruchs rechtsgrundlos den Besitz erlangt und wird die Herausgabe unmöglich, so besteht im Vermögen des Schuldners neben etwa gezogenen Nutzungen kein selbständiger Wert, der als ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben wäre (im Anschluss an RGZ 98, 131; RGZ 115, 31; BGH, Urteil vom 20. Oktober 1952 – IV ZR 44/52 – NJW 1953, 58).“ Nach Ansicht des BGH kommt dem Besitz allein also kein eigenständiger Vermögenswert zu, „der den Bestand des Besitzes überdauern oder bei Austauschgeschäften durch die erhaltene Gegenleistung ersetzt werden könnte“.249 Ein Gebrauchswert, der über die gezogenen Nutzungen aus der Sache hinausgeht, könne nur aus dem Eigentum folgen, nicht jedoch aus dem bloßen Besitz. Die Aktivlegitimation für einen Anspruch auf Wertersatz könne dementsprechend nicht aus dem Besitz als solchem (der Besitzkondiktion) folgen, sondern nur aus dem Eigentum (§ 816 Abs. 1 BGB als Rechtsfortwirkungsanspruch zugunsten des Eigentümers oder § 985 BGB).250 Die Entscheidung wurde begrüßt aufgrund ihrer „dogmatisch konsequenten Trennung von Eigentum und Besitz“ und der Vermeidung einer potentiellen Doppelbelastung der Bereicherungsschuldnerin: ein Wertersatzanspruch aus der Besitzkondiktion würde neben einen Herausgabeanspruch aus § 985 BGB treten und „[a]us diesem Grund kann der Wert des Besitzes auch nicht mit dem Wert des Eigentums gleichgesetzt werden, da dieses unverändert fortbesteht“.251 Ob allerdings der Standpunkt 245 Fervers, Kein Wertersatzanspruch bei Besitzkondiktion, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 20. 11. 2013, XII ZR 19/11, in: NJW 2014, 1095 (1097). 246 BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 29, m. w. N.; siehe aber auch MüKo BGB/ Schwab, § 818, Rn. 111 ff.; Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 28 ff. 247 MüKo BGB/Schwab, § 818, Rn. 112; BeckOK BGB/Wendehorst, § 818, Rn. 29; siehe auch Staudinger BGB/Lorenz, § 818, Rn. 28 ff. 248 BGH, Urteil vom 20. November 2013, XII ZR 19/11, NJW 2014, 1095. 249 BGH, Urteil vom 20. November 2013, XII ZR 19/11, NJW 2014, 1095 (1095 ff., Rn. 14). 250 BGH, Urteil vom 20. November 2013, XII ZR 19/11, NJW 2014, 1095 (1095 ff., Rn. 15). 251 Fervers, Kein Wertersatzanspruch bei Besitzkondiktion, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 20. 11. 2013, XII ZR 19/11, in: NJW 2014, 1095 (1097).

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1. Teil: Deutschland

des BGB, dem Besitz komme kein eigenständiger Vermögenswert zu, ausnahmslos gelten kann, wird bezweifelt.252 Die Entscheidung des BGH beruht maßgeblich auf der Vorarbeit eines der Senatsmitglieder für die vorliegende Entscheidung, der aus dieser Arbeit bereits bekannte Frank Klinkhammer. Dieser hatte bereits in den 1990er Jahren die Ansicht vertreten, dass dem Besitz als solchen eben kein eigenständiger Wert zukomme, der über die Besitzkondiktion herausgegeben werden könnte, und dass die Besitzkondiktion vielmehr als erweiterter Eigentumsschutz diente.253 Interessant ist hier das Zusammenspiel von Lehre und Rechtsprechung: eine einzelne Ansicht, vertreten in einer Dissertation, steigt, zusammen mit der Feder, aus der sie stammt, in die höchste Gerichtsbarkeit auf. In Deutschland sind Rechtsentwicklungen, anders als in England und Schottland, selten mit einzelnen Namen verbunden, und doch sind es stets einzelne Personen, die Gerichtsentscheidungen beeinflussen: Klinkhammer ist hier ein gutes Beispiel.

IV. Zusammenfassung Die condictio possessionis ist ein weiteres Beispiel für die in Teilen schwierige Interaktion von Eigentum und Besitz im deutschen Recht. Während der § 1007 BGB die Absolutheit des modernen Eigentumsverständnisses herausfordert, so fragt die Besitzkondiktion nach dem Wert des Besitzes. Die große Schwierigkeit liegt in der Einordnung des Besitzes als Faktum, als tatsächliche Sachherrschaft über eine Sache, nahezu frei von rechtlichen Wertungen. Und doch wohnt dem Besitz eine große (wirtschaftliche) Bedeutung inne: das „Haben“ und Nutzen einer Sache ist in vielerlei Hinsicht wertvoller als das Recht (aber ohne den Besitz) an der Sache. Für die Eigentümerin der Sache freilich ist die condictio possessionis ein weiterer Weg, ihre Sache wiederzuerlangen.

D. Reichweite des Schutzes Wie weit der Rechtsschutz reicht, der der Eigentümerin einer beweglichen Sache zur Verfügung steht, lässt sich anhand von drei Komponenten feststellen. Die inhaltliche Reichweite wird durch die Ausgestaltung der zur Verfügung stehenden Herausgabe- und Ersatzansprüche bestimmt. Die zeitliche Reichweite erfasst die Frage nach Verjährungs- und Ausschlussfristen. Die Frage nach der Insolvenzfes-

252

Fervers, Kein Wertersatzanspruch bei Besitzkondiktion, Anmerkung zu BGH, Urteil vom 20. 11. 2013, XII ZR 19/11, in: NJW 2014, 1095 (1097); kritisch etwa MüKo BGB/ Schwab, § 818, Rn. 112. 253 Klinkhammer, Der Besitz als Gegenstand des Bereicherungsrechts.

D. Reichweite des Schutzes

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tigkeit prüft, was von den Ansprüchen übrigbleibt, sollte die Anspruchsgegnerin insolvent werden.

I. Inhaltliche Reichweite Aus der Darstellung der Anspruchsgrundlagen folgt zunächst die Feststellung, dass das deutsche Recht der Besitzvorenthaltung gegenüber der Berechtigten mit einem bestimmten Muster begegnet. Die Sache soll zunächst in specie herausgegeben werden. Erst wenn das nicht möglich ist, kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, anstelle der Sache Ersatz in Geld gefordert werden. Der Vorrang der Naturalrestitution ist ein wesentlicher Grundsatz des BGB. Reichweite und Ausgestaltung von Primär- und Sekundäransprüchen hängen von der Funktion der jeweiligen Anspruchsgrundlage für die Privatrechtssystematik des BGB ab. Fragen der Anspruchskonkurrenz sollen hier nicht weiter behandelt werden. 1. Ansprüche aus dem Eigentum Der sachenrechtliche Eigentumsschutz über §§ 985 ff. BGB ist ein Musterbeispiel für den zweistufigen Ansatz des BGB. Der Primäranspruch über § 985 BGB richtet sich auf Herausgabe der Sache. Erst wenn die Herausgabe unmöglich ist, steht der Eigentümerin unter Umständen ein Wertersatzanspruch über die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zu. Der Herausgabeanspruch des § 985 BGB ist Schutzanspruch und Rechtsverwirklichungsanspruch zugleich. Aus der Eigentumskonstruktion des BGB folgt, dass Eigentum und Besitz zusammengehören. Kommt es zu einer unerwünschten Trennung von Eigentum und Besitz, so kann die Eigentümerin über § 985 BGB den status quo ante wiederherstellen. Der Vindikationsanspruch ist „neutral“ in dem Sinne, dass die Umstände des Einzelfalls nicht interessieren, solange sich eine Eigentümerin und eine Besitzerin ohne Recht zum Besitz über eine existierende (also nicht untergegangene) Sache gegenüberstehen. Wenn die Parteien des Rechtsstreits ihr Eigentum bzw. ihren Besitz verlieren, so verlieren sie automatisch ihre Beteiligtenrolle. Auf etwaige subjektive Elemente in der Person der Besitzerin, etwa ob sie wusste oder nicht wusste, dass die Sache ihr nicht zustand, kommt es nicht an. Es geht hier eben nicht um eine „Schuldzuweisung“. Aus der Neutralität des Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB folgt auch der Anspruchsinhalt: die Besitzerin ohne Recht zum Besitz muss die Sache nur „auskehren“, sie also nur an den Rand ihrer Rechtssphäre bringen. Eine darüberhinausgehende Übergabe an die Eigentümerin ist nicht erforderlich. Ist die Herausgabe in specie nicht möglich, etwa weil die Sache untergegangen ist oder aus einem anderen Grund nicht herausgegeben werden kann, so geben die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses der Eigentümerin die Möglichkeit, in einem zweiten Schritt Schadensersatz statt Herausgabe zu verlangen. Die Neutralität des Anspruchs aus § 985 BGB überträgt sich jedoch nicht in den

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1. Teil: Deutschland

Sekundäranspruch. Die subjektiven Elemente, die beim Primäranspruch irrelevant waren, spielen für den Sekundäranspruch nun eine wesentliche Rolle; hier findet sehr wohl eine Wertung statt. Das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis privilegiert die gutgläubige Besitzerin (§ 993 BGB), insbesondere ist diese nicht zum Schadensersatz verpflichtet. Die bösgläubige oder verklagte Besitzerin hingegen haftet der Eigentümerin auf Ersatz des Schadens, wenn die Sache in Folge ihres Verschuldens untergeht bzw. nicht mehr herausgegeben werden kann (§§ 989, 990 BGB). Die große Bedeutung, die das Recht der ungestörten Eigentumsausübung zumisst, wird im Anspruchsinhalt deutlich. Die zum Schadensersatz verpflichtete Besitzerin schuldet der Eigentümerin nicht etwa nur den objektiven Verkehrswert der Sache, sondern das volle subjektive Interesse der Eigentümerin an der Wiedererlangung der Sache (also auch etwa entgangenen Gewinn und andere Begleitschäden). 2. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz § 985 BGB und die Folgeansprüche des Eigentümer-Besitzer-Verhältnis dienen ausdrücklich dem Schutz des Eigentums. Die Eigentümerin kann sich ihrer Sache jedoch auch von anderer Seite nähern, und zwar indirekt über den sachenrechtlichen Besitzschutz. Dies kann nach den Umständen des Einzelfalls vorteilhaft sein, etwa wenn sich der Beweis des Eigentums als schwierig erweisen könnte. a) Possessorischer Besitzschutz Wird der Besitz einer beweglichen Sache durch „verbotene Eigenmacht“ also widerrechtlich und ohne den Willen der Besitzerin entzogen (oder gestört), so löst dies den Schutz der §§ 858 ff. BGB aus. Die gestörte Besitzerin (die Besitzqualität ist irrelevant; der Schutz steht sowohl der besitzenden Eigentümerin als auch grundsätzlich der unberechtigten Besitzerin zu) kann im Falle der verbotenen Eigenmacht die Sache zunächst dem „auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter mit Gewalt“ wieder abnehmen (§ 859 Abs. 1 BGB). Die Befugnisse der Selbsthilfe reichen sehr weit und spiegeln die große Bedeutung, die das Recht der friedlichen Besitzausübung zumisst. Liegen die Voraussetzungen der Selbsthilfe nicht (mehr) vor, so steht der vormaligen Besitzerin ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes zu (§ 861 BGB). Etwaige Besitzrechte der störenden Person (sogar Eigentum) sind ohne Bedeutung und spielen im Rahmen der Gewaltrechte und insbesondere auch im Prozess keine Rolle. Dies folgt unmittelbar aus dem besitzschützenden Charakter der Vorschriften. Zwar ist Anspruchsziel des possessorischen Besitzschutzes die „Herausgabe“ der Sache an die frühere Besitzerin. „Herausgabe“ ist hier jedoch anders zu verstehen als bei dem wertneutralen § 985 BGB: anstatt einer bloßen Auskehrung an den Rand der eigenen Rechtssphäre muss die fehlerhaft Besitzende den Besitz grundsätzlich so wiederherzustellen, wie und an welchem Ort er vor der Ausübung der verbotenen Eigenmacht bestanden hat, und zwar auf eigene Kosten. Hier zeigt sich die Missbilligung der Rechtsordnung, anders als bei § 985

D. Reichweite des Schutzes

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BGB, der ja bloß Rechtsverwirklichung anstrebt. Aus dem Besitzschutzcharakter indes folgt eine wesentliche Anspruchskürzung: es geht lediglich um die Wiedereinräumung des Besitzes. Ist dies nicht möglich, so scheitert auch der Anspruch. Der Besitz nach deutschen Rechtsverständnis ist grundsätzlich ein bloßes Faktum254 und hat eben keinen „petitorischen“ Inhalt, der sich etwa in der Gewährung von Wertersatz- oder Schadensersatzansprüchen fortführen würde. b) Petitorischer Besitzschutz Die frühere Besitzerin kann (sofern sie selbst bei Erwerb des Besitzes gutgläubig war und den Besitz nicht zwischenzeitlich aufgegeben hat) sowohl von der bösgläubigen (§ 1007 Abs. 1 BGB) als auch unter Umständen von der gutgläubigen (§ 1007 Abs. 2 BGB) gegenwärtigen Besitzerin der Sache Herausgabe verlangen. Eine von der Rechtsordnung missbilligte Ansichnahmehandlung (die „verbotene Eigenmacht“ in § 858 BGB) durch die Anspruchsgegnerin ist nicht erforderlich. In diesem Sinne erinnert § 1007 BGB stark an den Anspruch aus § 985 BGB. Auch der Anspruchsinhalt gleicht der Herausgabe in § 985 BGB, ist also auf Auskehrung des vorhandenen Besitzes gerichtet. Die Ähnlichkeit zum Eigentumsschutz wird weiter verstärkt durch die entsprechende Anwendung der §§ 986 ff. BGB über § 1007 Abs. 3 BGB. Dies hat nicht nur zur Folge, dass die Anspruchsgegnerin ein etwaiges Recht zum Besitz geltend machen kann (§ 986 BGB); der Anspruchstellerin stehen unter Umständen auch Sekundäransprüche nach den Vorschriften des „BesitzerBesitzer-Verhältnis“ zu. Sie kann also, wenn die Herausgabe der Sache unmöglich wird, Schadensersatz nach §§ 989 ff. BGB verlangen, allerdings nicht wie beim Eigentumsschutz auf das Eigentumsinteresse, sondern nur auf das Besitzinteresse. Es handelt sich hier schließlich vorrangig um Besitzschutz. 3. Ansprüche aus condictio possessionis Die Eigentümerin einer Sache kann sich grundsätzlich auch der Besitzkondiktion oder condictio possessionis bedienen. Der Anspruchsinhalt ist sehr weit: neben der Sachherausgabe können auch Nutzungen und etwaige Surrogate (z. B. Versicherungssummen bei Beschädigung der Sache) herausverlangt werden. Der Anspruchsumfang wird auch dadurch bestimmt, ob die Bereicherungsschuldnerin bösgläubig oder gutgläubig war: die bösgläubige Bereicherungsschuldnerin kann sich nämlich nicht auf Entreicherung berufen, auch ist ihre Anspruchsverpflichtung weiter (Verpflichtung zum Schadensersatz). Ist die Herausgabe des „Erlangten“ nicht möglich, so kann grundsätzlich Wertersatz gefordert werden. Für die Besitzkondiktion hat dies jedoch zuletzt der BGH verneint, und zwar mit der Begründung, dass

254 Jedoch nicht ausschließlich, siehe etwa §§ 854 Abs. 2, 857, 868: Lorenz spricht hier von der „Vergeistigung“ des Besitzes, siehe Staudinger BGB/Lorenz, § 812, Rn. 73.

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dem bloßen Besitz kein verbleibender Wert zukommt. Der BGH verweist in diesen Fällen auf § 985 BGB oder § 816 Abs. 1 BGB.

II. Zeitliche Reichweite Die Reichweite des Schutzes, der der Eigentümerin im Falle der unberechtigten Besitzvorenthaltung zur Verfügung steht, ist zeitlich begrenzt: gemäß § 214 Abs. 1 BGB ist die Anspruchsgegnerin nach Eintritt der Verjährung berechtigt, die Leistung zu verweigern. Der Anspruch der Anspruchstellerin geht mit Eintritt der Verjährung nicht unter; dieser kann ab diesem Zeitpunkt rechtlich nur nicht mehr durchgesetzt werden.255 § 214 Abs. 2 BGB stellt klar, dass das zur Befriedigung eines verjährten Anspruchs Geleistete nicht mehr zurückgefordert werden kann, auch wenn in Unkenntnis der Verjährung geleistet worden ist. Die Verjährung wird nicht von Amts wegen berücksichtigt, sondern muss von der Anspruchstellerin als Einrede geltend gemacht werden.256 Nur Ansprüche unterliegen der Verjährung (§ 194 Abs. 1 BGB). Andere Rechte können aber durch eine Ausschlussfrist zeitlich begrenzt werden. Solche Ausschluss- oder auch Präklusionsfristen unterscheiden sich von der Verjährung in einem wesentlichen Punkt: der Fristablauf führt, anders als beim Verjährungseintritt, zum Erlöschen des Anspruchs und ist damit stets von Amts wegen zu berücksichtigen.257 1. Ansprüche aus dem Eigentum Gemäß §§ 197 Abs. 1 Nr. 2, 200 BGB verjähren Herausgabeansprüche aus Eigentum in 30 Jahren nach Eintritt der Vindikationslage.258 Die Verjährbarkeit von Ansprüchen aus dem Eigentum ist nicht unumstritten, doch fest verankert im BGB. Im Rahmen der Schuldrechtsreform wurde eine Änderung der Rechtslage diskutiert. Der zuständige Rechtsausschuss jedoch entschied sich dagegen und betonte, dass eine Verjährbarkeit im Interesse des Rechtsverkehrs und des Rechtsfriedens (und nicht zuletzt der Interessen einer gutgläubigen Erwerberin) notwendig sei: „Nach einer bestimmten Zeit soll die Ungewissheit über das Bestehen und die Durch255 MüKo BGB/Grothe, Vorb. § 194, Rn. 5; Staudinger BGB/Peters/Jacobi, Vorb. §§ 194 – 225, Rn. 4; BeckOK BGB/Henrich, § 214, Rn. 1. 256 MüKo BGB/Grothe, § 214, Rn. 3; Staudinger BGB/Peters/Jacobi, § 214, Rn. 5 ff.; BeckOK BGB/Henrich, § 214, Rn. 1 ff. 257 MüKo BGB/Grothe, Vorb. § 194, Rn. 10; Staudinger BGB/Peters/Jacobi, Vorb. §§ 194 – 225, Rn. 14 ff. 258 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 104; MüKo BGB/Grothe, § 197, Rn. 8 ff.; Staudinger BGB/Peters/Jacobi, § 197, Rn. 9; Soergel BGB/Stadler, § 985, Rn. 29; siehe auch OLG Stuttgart, Urteil vom 2. 2. 2006, 19 U 47/05, in: NJOZ 2007, 2064: Herausgabeverjährung bei im Weltkrieg abhanden gekommenem Gemälde (30 Jahre nach § 195 a. F. BGB); sowie OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 08. 02. 2018, 1 U 196/16, in: NJW-RR 2018, 857: Verjährung von Herausgabeansprüchen wegen verfolgungsbedingten Entzugs (30 Jahre nach § 195 a. F. BGB).

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setzbarkeit eines Anspruchs beendet sein.“259 Das Eigentum sei durch die bereits bestehende „außerordentlich lange Verjährungsfrist von 30 Jahren“ ausreichend geschützt.260 Ob die Verjährung des Anspruchs aus § 985 BGB ein rechtspolitisch sinnvolles und wünschenswertes Ergebnis ist, wird nach wie vor von einigen bezweifelt.261 Die nach der Schuldrechtsreform geltende Gesetzeslage lässt de lege lata jedoch wenig Interpretationsspielraum. Es bleibt somit bei der 30-jährigen Verjährungsfrist des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB, trotz der zum Teil starken Gegenwehr (Siehr etwa beschreibt diese Situation als „hübsche Missgeburt eines dominium sine re“).262 Nach Ablauf dieser 30 Jahre kann die Eigentümerin ihre Sache somit nicht mehr von der unberechtigten Besitzerin zurückfordern. Zwar behält sie ihr Eigentum, denn der Eintritt der Verjährung hat, wie gezeigt wurde, keinerlei Auswirkungen auf den Bestand des (Eigentums-)Rechts. Einzig die Möglichkeit, Herausgabe der Sache zu verlangen, geht also verloren. Jenseits der Grenze des § 197 BGB können also Eigentum und Besitz dauerhaft getrennt sein. Obwohl Eigentum und Besitz grundsätzlich „zusammengehören“, lässt deren dauerhafte Trennung nach Verjährung das Eigentumsrecht nicht vollkommen schutzlos.263 Zwar wirkt die Verjährung, wie der Herausgabeanspruch selbst, nur zwischen der jeweiligen Eigentümerin und jeweiligen Besitzerin; sie kann jedoch jeder neuen unberechtigten Besitzerin wieder entgegengehalten werden (vgl. aber § 198 BGB, Verjährungszeit bei Besitzerin A wird auch Rechtsnachfolgerin B zugerechnet).264 Die Eigentümerin kann sich aber, je nach Sachverhalt, gegebenenfalls noch anderer Ansprüche bedienen, etwa der Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche aus § 1004 BGB, sowie auch Ansprüche wegen Verbrauch (insbesondere über § 812 Abs. 1 S. 1 Var. 2), Verfügung an Dritte (etwa § 816 Abs. 1 S. 1 BGB) oder gerichtet auf Schadensersatz (§ 823 Abs. 1 BGB).265 Die Ersatzansprüche aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis in §§ 987 ff. BGB verjähren, anders als der Herausgabeanspruch, gemäß §§ 195, 199 BGB bereits in der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.266 259

Rechtsausschuss, BT-Drs. 14/7052, S. 179. Rechtsausschuss, BT-Drs. 14/7052, S. 179. 261 Siehe zur Diskussion etwa Plambeck, Die Verjährung der Vindikation; Magnus/Wais, Unberechtigter Besitz und Verjährung, in: NJW 2014, 1270; Siehr, Verjährung der Vindikationsklage?, in: ZRP 2001, 346; Kähler, Vom verbleibenden Wert des Eigentums nach der Verjährung des Herausgabeanspruchs, in: NJW 2015, 1041; siehe auch Müller-Katzenburg, Besitz- und Eigentumssituation bei gestohlenen und sonst abhanden gekommenen Kunstwerken, in: NJW 1999, 2551 (2557 ff.). 262 Siehr, Verjährung der Vindikationsklage?, in: ZRP 2001, 346 (347). 263 Hierzu ausführlich Kähler, Vom verbleibenden Wert des Eigentums nach der Verjährung des Herausgabeanspruchs, in: NJW 2015, 1041. 264 Kähler, Vom verbleibenden Wert des Eigentums nach der Verjährung des Herausgabeanspruchs, in: NJW 2015, 1041 (1042). 265 Kähler, Vom verbleibenden Wert des Eigentums nach der Verjährung des Herausgabeanspruchs, in: NJW 2015, 1041 (1042). 266 BeckOK BGB/Fritzsche, § 989, Rn. 19; § 990, Rn. 43; § 991, Rn. 23; § 992, Rn. 18; § 933, Rn. 12; Staudinger BGB/Thole, Vorb. § 987 – 993, Rn. 18 ff. 260

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2. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz a) Possessorischer Besitzschutz Der Verjährung unterworfen sind allein materiellrechtliche Ansprüche („Das Recht, von einem anderen ein Tun oder Unterlassen zu verlangen“, § 194 Abs. 1 BGB). Das Recht der Besitzerin zur Gewaltanwendung (§ 859 BGB) unterliegt deshalb schon seiner Natur nach grundsätzlich nicht der Verjährung. Die Ausübung der hier relevanten Besitzkehr nach Entziehung beweglicher Sachen (§ 859 Abs. 2 BGB) ist jedoch auf den „auf frischer Tat betroffenen oder verfolgten Täter“ beschränkt.267 Hieraus folgt eine starke zeitliche Beschränkung der Gewaltrechte. Die Besitzkehr muss „in unmittelbarem Anschluss an die Besitzentziehung“ erfolgen; nach Ende dieser kurzen Zeitspanne muss nach § 861 BGB vorgegangen werden.268 Der Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes aus § 861 BGB verjährt ebenfalls nicht, sondern unterliegt der einjährigen Ausschlussfrist des § 864 Abs. 1 BGB.269 b) Petitorischer Besitzschutz Die beiden Ansprüche aus § 1007 BGB verjähren gemäß §§ 195, 199 BGB nach Ablauf der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.270 Die gilt ebenso für die Ersatzansprüche aus dem „Besitzer-Besitzer-Verhältnis“ in §§ 987 ff., 1007 Abs. 3 S. 2 BGB.271 3. Ansprüche aus condictio possessionis Bereicherungsrechtliche Ansprüche, und damit auch die condictio possessionis, unterliegen grundsätzlich ebenfalls der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren nach §§ 195, 199 BGB.272 Dies gilt sowohl für den Herausgabeanspruch als auch für die Ersatzansprüche.

267 BeckOK BGB/Fritzsche, § 859, Rn. 14; MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 13; Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 17 ff. 268 BeckOK BGB/Fritzsche, § 859, Rn. 14; siehe auch MüKo BGB/Schäfer, § 859, Rn. 13; Staudinger BGB/Gutzeit, § 859, Rn. 17 ff. 269 BeckOK BGB/Fritzsche, § 861, Rn. 18; § 864, Rn. 3 ff.; Staudinger BGB/Gutzeit, § 861, Rn. 15; § 864, Rn. 2 ff.; Soergel BGB/Stadler, § 861, Rn. 6. 270 BeckOK BGB/Fritzsche, § 1007, Rn. 26; Jauernig BGB/Berger, § 1007, Rn. 1; MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 42 ff.; Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 75; Soergel BGB/Münch, § 1007, Rn. 8. 271 Staudinger BGB/Thole, § 1007, Rn. 75; BeckOK BGB/Fritzsche, § 989, Rn. 19; § 990, Rn. 43; § 991, Rn. 23; § 992, Rn. 18; § 933, Rn. 12. 272 MüKo BGB/Schwab, § 812, Rn. 553 ff.; BeckOK BGB/Wendehorst, § 812, Rn. 286 ff.; Staudinger BGB/Lorenz, Vorb. §§ 812 ff., Rn. 28 ff.

D. Reichweite des Schutzes

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III. Insolvenzfestigkeit Die Insolvenzfestigkeit eines Anspruchs ist wesentlich für die Bestimmung der praktischen Reichweite des Rechtsschutzes. Begibt sich die Anspruchsgegnerin in die Insolvenz, so stellt sich die Frage, ob und wie ein der Berechtigten zustehender Vermögenswert aus der Insolvenzmasse herausverlangt werden kann oder ob er als Teil der Insolvenzmasse zur Befriedigung der Gläubigerinnen verwertet wird. Das Ziel des Insolvenzverfahrens ist nach § 1 Insolvenzordnung (InsO), die Gläubigerinnen gemeinschaftlich zu befriedigen, indem, vorbehaltlich einer abweichenden Regelung in einem Insolvenzplan, das Vermögen der Schuldnerin verwertet und der Erlös verteilt wird. Den Gläubigerinnen steht die Insolvenzmasse zur Verfügung; diese ist legaldefiniert in § 35 Abs. 1 InsO als „das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt“.273 Da es sein kann und regelmäßig auch der Fall ist, dass sich in der Insolvenz bei der Schuldnerin auch Vermögensgegenstände dritter Personen befinden, wird der Insolvenzmasse als „Soll-Masse“ der „Ist-Masse“ gegenübergestellt.274 Die „Soll-Masse“ umfasst das der Schuldnerin gehörende Vermögen; die „Ist-Masse“ erstreckt sich auch auf jene Vermögensgegenstände, die im Vermögen einer dritten Person stehen. Hier hilft das Aussonderungsrecht in § 47 InsO, das als Korrektiv gegen den formalen Vollstreckungszugriff wirkt: „Wer aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört, ist kein Insolvenzgläubiger. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten.“275 Die Aussonderung „bereinigt“ die „Ist-Masse“ zur „Soll-Masse“ und steht außerhalb des eigentlichen Insolvenzverfahrens;276 „massefremde“ Gegenstände sind, außerhalb des Insolvenzverfahrens, „nach allgemeinem Bürgerlichen Recht zu behandeln“.277 Der Aussonderungsanspruch ist kein Anspruch im Sinne des § 194 Abs. 1 BGB, sondern weist der Aussonderungsberechtigten lediglich die Befugnis zu, den betroffenen Gegenstand außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend zu machen (Aussonderung als „Verteidigung eines massefremden Rechts“).278 Der Aussonderungsanspruch kann sowohl aus einem dinglichen als auch aus einem persönlichen Anspruch folgen. Maßgeblich für

273 Ausführlich Uhlenbruck InsO/Hirte/Praß, § 35, Rn. 1 ff.; Holzer, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 35, Rn. 1 ff.; MüKo InsO/Peters, § 35, Rn. 1 ff. 274 Uhlenbruck InsO/Hirte/Praß, § 35, Rn. 46 ff.; § 47, Rn. 1 ff.; Holzer, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 35, Rn. 3; MüKo InsO/Peters, § 35, Rn. 19 ff. 275 Hierzu Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 1 ff.; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 4 ff.; MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 5 ff. 276 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 1 ff. 277 Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 4. 278 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 2 ff.; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 4 ff.; MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 5 ff.

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1. Teil: Deutschland

die Zuordnung ist vielmehr eine haftungsrechtliche Betrachtungsweise, die danach fragt, für wessen Verbindlichkeiten der „massefremde“ Gegenstand haftet.279 1. Ansprüche aus dem Eigentum Paradebeispiel der Aussonderungsberechtigten ist die Eigentümerin einer Sache mit einem dinglichen Anspruch auf Herausgabe (§ 985 BGB): „Die Durchsetzung eines Vindikationsanspruchs ist der Grundfall der Aussonderung.“280 Eine Sache ist grundsätzlich dem Vermögen der Eigentümerin haftungsrechtlich zugewiesen.281 Der Eigentümerin steht also grundsätzlich ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO zu; hierin liegt gerade eine wichtige Funktion des Vindikationsanspruchs.282 Im Prozess muss die (behauptete) Eigentümerin ihre Berechtigung an der Sache beweisen; die Insolvenzverwalterin darf kein Recht zum Besitz haben.283 Ist Herausgabe in specie nicht möglich, können die Sekundäransprüche der §§ 987 ff. BGB aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis geltend gemacht werden. Diese sind, im Gegensatz zum Primäranspruch auf Herausgabe, allerdings nicht privilegiert. Sie stellen keine aussonderungsfähigen Ansprüche dar, sondern sind Insolvenzforderungen, soweit sie vor Verfahrenseröffnung entstanden sind; danach handelt es sich um Masseverbindlichkeiten.284 2. Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz Die Normen des sachenrechtlichen Besitzschutzes geben grundsätzlich ebenfalls ein Aussonderungsrecht nach § 47 InsO.285 Ist die Aussonderungsberechtigte gleichzeitig auch Eigentümerin der Sache, so kann die Aussonderung alternativ aber auch über das Eigentum erfolgen. a) Possessorischer Besitzschutz Der Anspruch auf Wiedereinräumung des Besitzes in § 861 BGB begründet im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin einen Aussonderungsan279 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47 Rn. 9; Rn. 2, m. w. N.; Prütting, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 47, Rn. 7 ff.; siehe auch MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 34. 280 Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 15; MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 37 ff. 281 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 10. 282 MüKo BGB/Baldus, § 985, Rn. 276; siehe auch BeckOK BGB/Fritzsche, § 985, Rn. 52. 283 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 10; siehe auch Prütting, in: Kübler/Prütting/ Bork, InsO, § 47, Rn. 16. 284 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 11. 285 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 59; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 43; MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 59.

E. Fazit

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spruch nach § 47 InsO.286 Die Gewaltrechte in § 859 BGB sind, insbesondere aufgrund des kurzen zeitlichen Anwendungsfensters, in diesem Zusammenhang irrelevant. b) Petitorischer Besitzschutz Die Herausgabeansprüche nach § 1007 BGB begründen ebenfalls einen Aussonderungsanspruch nach § 47 InsO.287 Die Sekundäransprüche der §§ 987 ff. BGB aus dem „Besitzer-Besitzer-Verhältnis“ sind hingegen keine aussonderungsfähigen Ansprüche, sondern Insolvenzforderungen im Sinne des § 38 InsO, soweit sie vor der Insolvenzeröffnung entstanden sind. Werden sie nach Verfahrenseröffnung begründet, handelt es sich um Masseverbindlichkeiten.288 3. Ansprüche aus condictio possessionis Bereicherungsansprüche sind grundsätzlich einfache Masseforderungen und berechtigen nicht zur Aussonderung nach § 47 InsO.289 Von diesem Grundsatz wird jedoch für die Fälle der condictio possessionis abgewichen: richtet sich der Bereicherungsanspruch auf Herausgabe des Sachbesitzes als alleiniges Kondiktionsobjekt, so ist Aussonderung möglich.290

E. Fazit Das deutsche Recht bietet neben dem Vindikationsanspruch in § 985 BGB eine Reihe zusätzlicher Ansprüche, der sich die Eigentümerin einer beweglichen Sache bedienen kann, wird sie um ihren Sachbesitz gebracht. Je nach Konzeption der einzelnen Anspruchsgrundlagen stehen Eigentumsschutz und Rechtsverwirklichung, Schutz des Rechtsfriedens oder Besitzschutz im Vordergrund. Wie gezeigt wurde, können Eigentum und Besitz nicht stets sauber getrennt werden. Dem Sachbesitz kommt „ein erheblicher und von der Eigentumslage unabhängiger Eigenwert“ zu.291 Zusammengenommen bieten die hier untersuchten Ansprüche je286

Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 59; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 43; MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 59; siehe aber Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 354 ff. 287 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 59; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 43; MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 59. 288 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 11. 289 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 62; Prütting, in: Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 47, Rn. 48; MüKo InsO/Ganter, § 47, Rn. 62. 290 Uhlenbruck InsO/Brinkmann, § 47, Rn. 62; Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 358 ff., S. 359. 291 Magnus/Wais, Unberechtigter Besitz und Verjährung, in: NJW 2014, 1270 (1271).

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1. Teil: Deutschland

doch ein relativ dichtes Schutzgeflecht. Etwaige dogmatische Ungenauigkeiten (gesehen bei § 1007 BGB und vielleicht noch bei der condictio possessionis) werden durch die fehlende praktische Bedeutsamkeit der zugrundeliegenden Anspruchsgrundlagen „geheilt“. Es sind die, an das System des BGB (Eigentum und Besitz sind getrennt) besser angepassten Vorschriften § 985 BGB und jene des possessorischen Besitzschutzes, die dem Eigentum, direkt und indirekt, vorrangig Schutz bieten.

„[N]othing can be more reasonable than that the man who by wrong detains my property, should be compelled to restore it to me in specie; and with the law being defective in this particular, such defect is properly supplied in equity.“1

Zweiter Teil

England Die „greifbare[r] Bedrohlichkeit“2 für den Rechtsfrieden, die durch die Trennung von Recht und Rechtsobjekt entsteht, dieser „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“,3 ist ein Problem, welches es auch in England4 zu lösen gilt. Auch in England ist die Eigentümerin (owner) eines Gegenstands bestrebt, diesen in ihrem wirtschaftlichen Genuss zu halten und ihn unberechtigten Personen zu verwehren: „Let us take it as axiomatic principle that, if A is owner of something, she is entitled to have it […] or its value.“5 Dieses Kapitel wird sich der Frage zuwenden, wie das englische Recht der (Besitz-)Vorenthaltung gegenüber der berechtigten Person begegnet. Zur Lösung dieses Konflikts bietet das englische Privatrecht Ansprüche vornehmlich aus dem Deliktsrecht (dem so genannten tort law) sowie aus dem law of restitution. Sachenrechtliche Ansprüche zum Schutz von ownership sind, zumindest traditionell, nicht vorgesehen: „It is a remarkable feature of English property law that few of the claims which are used to protect and enforce interests in assets are formally within the law of property.“6 Gegenstand der folgenden Untersuchung sind insbesondere die (umstrittene) proprietary restitution sowie die beiden deliktischen Ansprüche conversion und reversionary injury. Bevor jedoch mit der Untersuchung der Ansprüche begonnen werden kann, sind zwei Vorbemerkungen angebracht, nämlich einmal zum Rechtsobjekt und „that difficult dimension: equity“,7 diesem dem englischen Recht eigenen zusätzlichen Satz von Billigkeitsnormen. Diese Untersuchung schließt, wie eingangs erwähnt, 1

Duke of Somerset v. Cookson (1735) 3 P Wms 390, 391, (1735) 24 E.R. 1114, 1114. Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 693. 3 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 693 ff. 4 Großbritannien vereint in sich drei Rechtssysteme: England und Wales, Schottland sowie Nordirland. Wenn im Folgenden vom englischen Recht gesprochen wird, dann ist damit England und Wales gemeint und nur der Lesbarkeit halber gekürzt. 5 Hickey, Wrongs and the protection of personal property, in: Conveyancer and Property Lawyer (Vol. 75, Issue 1) 2011, 48 (49). 6 Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 23, Rn. 1 – 047. 7 Gretton, „Proprietary Issues“, in: Johnston/Zimmermann, Unjustified Enrichment: Key Issues in Comparative Perspective, S. 571. 2

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2. Teil: England

immobilienrechtliche Fragestellungen aus. Dieser Ausschluss liegt insbesondere im englischen Recht begründet: land law, oder auch real property law,8 unterliegt gänzlich anderen Regeln als das so genannte personal property law, welches, vereinfacht gesagt, alles umfasst, was nicht land ist.9 Diese Untersuchung konzentriert sich auf Rechtsobjekte des personal property, und hier insbesondere und soweit sinnvoll auf die bewegliche Sache. Vom deutschen Recht kommend könnte man annehmen, dass diese weitere Eingrenzung des personal property auf bewegliche körperliche Gegenstände nicht nötig ist: freilich ist ownership doch eben nur an diesen möglich? Doch weit gefehlt: personal property umfasst, im starken Gegensatz zum deutschen Recht, neben (beweglichen) körperlichen Gegenständen auch unkörperliche Gegenstände (vertragliche Forderungen, intellectual property etc.). Der Kreis der Rechtsobjekte, an denen ownership begründet werden kann, ist weit: personal property law ist „the law governing wealth and resources […] once the topic of interests in land has been identified for the purpose of specialist treatment“.10 Insbesondere aufgrund des weiten Anwendungsbereichs („wealth and resources“) wird das personal property law weniger als Teil des Sachenrechts, sondern vielmehr als Teil des commercial law angesehen: „[…] commercial law is primarily concerned with dealings in personal property, tangible and intangible.“11 Im Vergleich zum, aus (feudal-)historischen Gründen relevanteren und damit detailliert ausgearbeitetem, land law führte das personal property law lange Zeit ein Schattendasein. Birks spricht noch zur Jahrtausendwende von einem „Mauerblümchendasein“: „the law of personal property remains a wallflower“, und bemängelt: „our law of personal property is in a bad state“.12 Die fehlende academic community ist nach Birks der Grund für den schlechten Zustand des personal property law: „Even simple matters begin to seem obscure.“13 Das personal property law ist in seiner Gesamtheit ein relativ junges Rechtsgebiet und gewinnt zunehmend erst seit rund 20 Jahren an Bedeutung.14 Die zweite Vorbemerkung betrifft equity und den Einfluss, den diese Billigkeitsrechtsprechung auf den „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ hat. Die formale 8

Es sei hierzu verwiesen auf zwei Standardwerke, nämlich Gray/Gray, Elements of Land Law, sowie Megarry/Wade, The Law of Real Property; siehe auch die lesenswerte Einführung von Birks, „Before we begin, five keys to land law“, in: Bright/Dewar, Land Law: Themes and Perspectives, S. 457 ff. 9 Zu den Gründen für die strikte Trennung beider Rechtsgebiete siehe etwa Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 4 ff., Rn. 1 – 007. 10 Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 5, Rn. 1 – 013. 11 Goode/McKendrick, Commercial Law, S. 38, Rn. 2.01. 12 Birks, Personal Property: Proprietary Rights and Remedies, in: King’s College Law Journal, Band 11/1 (2000), 1 (2, 1). 13 Birks, Personal Property: Proprietary Rights and Remedies, in: King’s College Law Journal, Band 11/1 (2000), 1 (2). 14 Ausführliche Literaturnachweise etwa bei Goode/McKendrick, Commercial Law, S. 39, Rn. 2.04, Fn. 5: „Until relatively recently, there has been a relative lack of textbooks on personal property law in England. But the picture is now much healthier.“

2. Teil: England

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Unterscheidung zwischen den zwei Rechts- und Gerichtszweigen common law und equity wurde zwar Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Gründung eines einheitlichen Supreme Court of Judicature abgeschafft;15 die Unterscheidung ist jedoch inhaltlich noch immer von größter Bedeutung. Dies gilt insbesondere auch für das englische Eigentumsverständnis, denn Eigentum des common law wird von Eigentum in equity unterschieden (letzterenfalls über die Rechtsfigur der englischen Treuhand, dem trust).16 Traditionell sind körperliche Gegenstände (und Eigentum an ihnen) vornehmlich im common law und unkörperliche Gegenstände vornehmlich in equity zu Hause.17 Auch die jeweils zur Verfügung stehenden Rechtsfolgen unterscheiden sich, je nachdem, ob man sich im common law oder in equity bewegt. Wie in dem einleitenden Zitat bereits anklang, ist Herausgabe in specie, oder auch specific recovery, regelmäßig nur über die Grundsätze der equity möglich, und zwar nur dann, wenn Geldersatz allein als Rechtsfolge eben nicht equitable (gerecht) wäre. Eine spiegelbildliche Situation findet sich im Vertragsrecht: grundsätzlich besteht im common law nach Vertragsverletzungen nur ein Anspruch auf Schadensersatz; nur in engen Grenzen erlaubt equity einen Anspruch auf Vertragserfüllung, die so genannte specific performance.18 Dies hat zum Teil ganz praktische historische Gründe, denn lokale Untergerichte hatten jahrhundertelang gar nicht die rechtliche Kompetenz, Urteile in equity zu sprechen, dies blieb der Krone bzw. dem Court of Chancery vorbehalten.19 Erst mit Inkrafttreten des Common Law Procedure Act 1854 war Sachherausgabe (traditionell eine equitable remedy) auch als Rechtsfolge in common law-Gerichten überhaupt erst denkbar.20 Die Standardrechtsfolge ist jedoch nach wie vor Wert- bzw. Schadensersatz; Sachherausgabe, so „reasonable“21 und rechtsintuitiv sie auch sein mag, ist als Rechtsfolge (zumindest im common law) sehr selten.

15 Supreme Court of Judicature Act 1873 und Supreme Court of Judicature Act 1875; siehe hierzu etwa Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 1 ff. 16 Tinsley v. Milligan [1994] 1 AC 340, 371 (Lord Browne-Wilkinson): „More than 100 years has elapsed since law and equity became fused. The reality of the matter is that […] English law has one single law of property made up of legal and equitable interests. Although for historical reasons, legal estates and equitable estates have differing incidents, the person owning either type of estate has a right of property, a right in rem, not merely a right in personam.“ 17 Siehe hierzu Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 16, Rn. 1 – 031. 18 Halsbury’s Laws of England, Specific Performance, Rn. 501 ff. 19 Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 2 ff. 20 Genauer: s. 78 des Common Law Procedure Act 1854; siehe auch Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 4, Rn. 1 – 007. 21 Siehe hierzu einleitendes Zitat aus Duke of Somerset v. Cookson (1735) 3 P Wms 390, 391, (1735) 24 E.R. 1114, 1114.

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2. Teil: England

A. Ansprüche aus proprietary restitution Zunächst soll die proprietary restitution untersucht werden und die Frage, ob und inwieweit diese einen Vindikationsanspruch aus dem law of restitution darstellt. Wie in der Einleitung bereits anklang, ist im common law ein dinglicher (Herausgabe-) Anspruch aus dem Eigentum, nach dem Vorbild der vindicatio, grundsätzlich systemfremd. Sieht sich eine Eigentümerin (owner) von ihrer Sache ungewollt getrennt, so stehen ihr traditionell nur deliktische Ansprüche auf Wertersatz zur Verfügung. So fasst es auch Baroness Hale of Richmond in der Entscheidung OBG Ltd. v. Allan zusammen: „The common law, as it is well known, lacked any general proprietary remedy equivalent to the Roman law vindicatio. It provided three separate remedies for wrongfully taking away, keeping or disposing of another’s goods: trespass, detinue and trover or conversion.“22 Auch in equity, wo man traditionell viel freier ist mit der Gewährung von proprietary remedies, stützt man sich weniger direkt auf das (equitable) Eigentumsrecht, als vielmehr auf die Verletzung einer Treuepflicht aus einem trust. Wird etwa Trustvermögen unberechtigterweise durch die Treuhänderin (trustee) an eine dritte Person veräußert, so behält die ursprünglich Begünstigte ihren Eigentumstitel in equity und kann diesen gegenüber der dritten Person geltend machen und hierdurch eine Rückführung des Gegenstands oder eines Surrogats in den Trust verlangen. Ein breach of trust seitens der Treuhänderin ist hier grundsätzlich Voraussetzung für die Gewährung einer solchen proprietary remedy.23 In diesem Bereich ist vieles unklar und das in diesem Zusammenhang herangezogene case law enthält keine eindeutigen Hinweise auf den Anspruchsgrund eines solchen Anspruchs.24 Spätestens jedoch mit der Entscheidung des (damals noch) House of Lords25 in Foskett v. McKeown26 im Jahre 2000 müsste die Aussage, dass das englische Recht keine „Vindikation“ kenne, jedoch zumindest in Teilen revidiert werden.27 Mit Foskett v. McKeown wurde erstmals höchstrichtlich und in aller Deutlichkeit zum Anspruchsgrund einer proprietary restitution entschieden. Mit Foskett v. McKeown trat Bewegung in das englische Recht ein, und zwar im Rahmen der Auslotung der Inhalte und Grenzen eines relativ jungen Rechtsgebiets, dem law of restitution. Das 22

OBG Ltd. v. Allan [2007] UKHL 21, Rn. 308 (Baroness Hale of Richmond). Siehe etwa Lewin on Trusts, Rn. 41 – 010 ff. 24 Siehe etwa Diplock v. Wintle (and Associated Actions) [1949] Ch. 465, Rn. 530, 536 ff.; Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] A.C. 669; siehe auch Lewin on Trusts, Rn. 41 – 010 ff.; Smith, The Law of Tracing, S. 123 ff.; Millet, Restitution and constructive trusts, in: L.Q.R. 1998, 399. 25 Der Supreme Court of the United Kingdom ersetzt seit 2009 das House of Lords als oberstes Gericht in Großbritannien, siehe insbesondere S. 23 ff. des Constitutional Reform Act 2005. 26 Foskett v. McKeown [2001] 1 AC 102. 27 Siehe hierzu ausführlich Schäfer, Die Vindikation im englischen Privatrecht – Zehn Jahre Foskett v. McKeown, in: StudZR 2/2010, 275. 23

A. Ansprüche aus proprietary restitution

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law of restitution umfasst, vereinfacht dargestellt, eine Gruppe von Rechtsbehelfen, die dasselbe Ziel verfolgen: ein ungerechtfertigtes „Mehr“ auf Seiten der Schuldnerin wird an die Gläubigerin zurückgeführt; dies sind die so genannten restitutionary remedies. Dieses Rechtsgebiet wird also von der Rechtsfolge gedacht. Ein Äquivalent im deutschen Recht wäre etwa, überspitzt formuliert, die Schaffung eines „Herausgaberechts“, worunter alle Ansprüche, gleich welcher Rechtsnatur, fallen würden, die die „Herausgabe“ bewirken. In seiner weitesten Definition fasst das law of restitution, in Abgrenzung zu typischen deliktischen und vertraglichen Ansprüchen, also all jene Anspruchskonstellationen zusammen, die darauf gerichtet sind, einen wirtschaftlichen Vorteil bei der Beklagten „abzuschöpfen“ und an die Klägerin zurückzuführen: „The law of restitution is concerned with the award of a generic group of remedies which arise by operation of law and which have one common function, namely to deprive the defendant of a gain rather than to compensate the claimant for loss suffered.“28 Was zunächst stark nach Bereicherungsrecht klingt, ist heute weit mehr als das.29 Virgo etwa fasst den Inhalt des modernen law of restitution wie folgt zusammen: „[…] the law of restitution is not founded upon one principle but rather is founded upon three different principles, namely: (1) the reversal of unjust enrichment; (2) the prevention of a wrongdoer from profiting from his or her wrong; and (3) the vindication of property rights with which the defendant has interfered.“30 Das dritte principle ist neu und rüttelt an dem traditionellen System. Mit der vindication of property rights wird zum ersten Mal ein Anspruch direkt aus dem gestörten Eigentum diskutiert; ein Anspruch, der allein auf der Aussage „This cow, Buttercup, is mine“31 beruht, und der eine proprietary remedy gewährt. Dies ist die so genannte proprietary restitution, die zwar mit Foskett v. McKeown höchstrichterliche Anerkennung fand, deren Rechtsnatur, Anwendungsbereich und Tatbestandsmerkmale jedoch weiterhin höchst umstritten sind.

I. Umstrittene Rechtsnatur Die Entstehungsgeschichte des law of restitution, das heute neben den traditionellen Rechtsgebieten Vertrags- und Deliktsrecht steht, ist eine bewegte. Bis in die 1990er Jahre ruhte das law of restitution konzeptionell noch auf der so genannten implied contract-Theorie. Für bestimmte Sachverhalte einer „ungerechtfertigten Vermögensverschiebung“, für die in dem traditionell starren englischen Klageformelsystem ,keine Klageformeln (forms of action oder writs) zur Verfügung standen, wurde zulasten der Schuldnerin ein „,promise‘ or obligation to pay […] imposed by 28

Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 3. Hierzu auch Schäfer, Die Vindikation im englischen Privatrecht – Zehn Jahre Foskett v. McKeown, in: StudZR 2/2010, 275 (277 ff.). 30 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 8. 31 Birks, Personal Property: Proprietary Rights and Remedies, in: King’s College Law Journal, Band 11/1 (2000), 1 (4). 29

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2. Teil: England

the law“ angenommen, ein Zahlungsversprechen gegenüber der Gläubigerin eben aus implied contract (auch quasi-contract, oder unter der ursprünglichen altertümlichen Bezeichnung der indebitatus assumpsit).32 Diese Fiktion eines promise, auch wenn überhaupt nicht im Sachverhalt angelegt, wurde nicht unkritisch gesehen. So etwa Lord Atkin in der Entscheidung United Australia Ltd. v. Barclay Bank Ltd. aus dem Jahre 1940: „[…] a man so wronged was to recover the money in the hands of the wrongdoer, and it was obviously just that he should be able to do so, it was necessary to create a fictious contract: for there was no action possible other than debt or assumpsit on the one side and action for damages for tort33 on the other. […] in the cases I have enumerated […] [t]he fiction was so obvious that in some cases the judge created a fanciful relation between the plaintiff and the defendant. […] The law, in order to do justice, imputed to the wrongdoer a promise which alone as forms of action then existed could give the injured person a reasonable remedy. […] These fantastic resemblances of contracts invented in order to meet requirements of the law as to forms of action which have now disappeared should not in these days be allowed to affect actual rights. When these ghosts of the past stand in the path of justice clanking their mediaeval chains the proper course for the judge is to pass through them undeterred.“34 Die implied contract-Theorie fand ihr Ende mit der Entscheidung in Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC aus dem Jahre 1996, und wurde hier endgültig („unequivocally and finally“) zurückgewiesen.35 Während man noch an der implied contract-Theorie festhielt, wuchs bereits seit den 1960er Jahren die Nachfolgerin heran: mit der Veröffentlichung der Erstauflage von Goff/Jones’ „The Law of Restitution“ im Jahre 1966 begann die Entwicklung des modernen law of restitution.36 Restitution war in ihren Anfängen, wie konzipiert von Goff/Jones, ein Synonym für unjust enrichment.37 Das unjust enrichment-Prinzip erhielt, nahezu zeitgleich zum Abgesang der implied-contract-Theorie, sein „authoritative blessing“38 mit der Entscheidung Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. im Jahre 1991.39 Wenige Jahre später kam jedoch erneut Bewegung in das law of restitution, und zwar mit Veröffentlichung der Erstauflage von Virgos „The Principles of the Law 32 Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 005 ff., 29 – 007, m. w. N.; siehe auch Burrows, The Law of Restitution, S. 28 ff.; Winfield, The Law of Quasi-Contracts; Jackson, The History of Quasi-Contract in English Law. 33 Wie noch gezeigt werden wird, sind die deliktischen (tort) Ansprüche grundsätzlich nur für (bewegliche) Sachen möglich, nicht hingegen für Geldforderungen. 34 United Australia Ltd. v. Barclay Bank Ltd. [1940] A.C. 1, S. 27 – 29 (Lord Atkin). 35 Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] A.C. 669, 710 (Lord Browne-Wilkinson), 718 (Lord Slynn), 720 (Lord Woolf), 738 (Lord Lloyd); siehe auch Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 008, m. w. N. 36 Die jüngste Auflage ist aus dem Jahre 2016, jedoch mit geändertem Titel: Goff/Jones, The Law of Unjust Enrichment. 37 Siehe hierzu etwa Burrows, The Law of Restitution, S. 3 ff., m. w. N. 38 Burrows, The Law of Restitution, S. 4; siehe auch Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 011. 39 Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. [1991] 2 A.C. 548.

A. Ansprüche aus proprietary restitution

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of Restitution“ im Jahre 1999.40 Virgo schlug hier eine „Erweiterung“ des law of restitution vor: bereicherungsrechtliche Sachverhalte seien von jenen zu trennen, in denen restitution aufgrund eines gestörten Eigentumsrechts (vindication of property rights) gewährt werden müsse. Die bereits erwähnte Entscheidung Foskett v. McKeown folgte kurze Zeit später im Jahre 2000. Heute stehen sich grundsätzlich zwei Schulen gegenüber. Auf der einen Seite sind zu nennen der leider früh verstorbene Peter Birks41 und Andrew Burrows von der University of Oxford,42 die eine sachenrechtliche Lesart der restitution grundsätzlich ablehnen und, zumindest in Teilen und nach der Lesart von Goff/Jones, die restitution dem unjust enrichment gleichsetzen. So Burrows: „the law of restitution is the law based on the principle of reversing a defendant’s unjust enrichment at the claimant’s expense“.43 Eine gänzlich Gleichsetzung von restitution und unjust enrichment, wie sie auch in der prominenten House of Lords-Entscheidung in Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. niedergelegt wurde,44 wurde von Birks jedoch abgelehnt.45 Diese Seite des Meinungsstreits soll im Folgenden vereinfachend als „Oxford Variante“ bezeichnet werden und wird unten weiter erläutert werden.46 Auf der anderen Seite steht insbesondere Graham Virgo von der University of Cambridge,47 der restitution und unjust enrichment voneinander entkoppelt und letzterer die sachenrechtliche vindication of property rights an die Seite stellt. Virgos Ansicht wurde von der Rechtsprechung (zuerst in Foskett v. McKeown) mehrheitlich aufgenommen.48 Diese 40 Siehe hierzu auch die Anekdote zur Veröffentlichung dieses Werkes bei Schäfer, Die Vindikation im englischen Privatrecht – Zehn Jahre Foskett v. McKeown, in: StudZR 2/2010, 275 (279). 41 Siehe etwa Birks, Unjust Enrichment, S. 32 ff.; ders., Property, Unjust Enrichment and Tracing, in: Current Legal Problems (Vol. 54, Issue 1) 2001, 231. 42 Burrows, The Law of Restitution, insb. S. 168 ff.; ders., Proprietary Restitution: Unmasking Unjust Enrichment, in: Law Quarterly Review (Vol. 117, Issue 3, July) 2001, 412. 43 Burrows, The Law of Restitution, S. 4. 44 Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. [1991] 2 A.C. 548, 578 (Lord Goff). 45 Birks, Misnomer, in: Restitution – Past, Present and Future, S. 1 ff.; ders., Unjust Enrichment, S. 4. 46 Siehe zu dieser Ansicht insbesondere Burrows, The Law of Restitution, S. 168 ff., S. 181 ff.; ders., Proprietary Restitution: Unmasking Unjust Enrichment, in: Law Quarterly Review (Vol. 117, Issue 3, July) 2001, 412; Smith, The Law of Tracing, S. 300; Birks, Unjust Enrichment, S. 32 ff.; ders., Property, Unjust Enrichment and Tracing, in: Current Legal Problems (Vol. 54, Issue 1) 2001, 231; siehe auch Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. (Nos 4 and 5) [2002] 2 A.C. 883, 1093 (Lord Nicholls of Birkenhead): „Vindication of a plaintiff’s proprietary interests requires that, in general, all those who convert his goods should be accountable for benefits they receive. They must make restitution to the extent they are unjustly enriched.“ 47 Insbesondere in Virgo, The Principles of the Law of Restitution; ders., in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 001 ff. 48 Neben Foskett v. McKeown siehe auch Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd. [2012] EWHC 10 (Ch); Menelaou v. Bank of Cyprus Plc [2016] A.C. 176, hier insb. Rn. 37 (Lord Clarke), Rn. 98 (Lord Neuberger), Rn. 108 (Lord Carnwath).

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Seite des Meinungsstreits wird im Folgenden vereinfachend als „Cambridge Variante“ bezeichnet. Beide Ansichten stehen sich in vielerlei Hinsicht unvereinbar gegenüber und der Grabenkampf um die korrekte Einordnung der proprietary restitution im Besonderen und das Wesen des law of restitution im Allgemeinen sind zur Stunde weder endgültig entschieden noch ist ein baldiges Ende der Diskussion absehbar: noch im Jahre 2017 stellte der Supreme Court die „Unreife“ des law of restitution fest: „English law does not have a universal theory to explain all cases in which restitution is available.“49 Und Burrows bemerkt: „The English law of restitution continues to generate great excitement and interest.“50 Im Herzen der Debatte um die proprietary restitution steht die Behandlung von Sachverhalten, in denen die Klägerin ihren Eigentumstitel (legal oder equitable title) an einem Gegenstand durch eine Vermögensverschiebung an die Beklagte nicht verliert, und sich die Frage stellt, ob der Klägerin in diesem Fall primär ein sachenrechtlicher oder ein bereicherungsrechtlicher Anspruch zusteht. Relevant sind in diesem Zusammenhang insbesondere auch die Fälle, in denen eine unauthorised substitution des ursprünglichen Gegenstands mit einem neuen Gegenstand erfolgt. Dies sind Fälle der (dinglichen) Surrogation, in denen ein asset an die Stelle eines anderen asset tritt: „[…] especially as regards claims to property which is substituted for the original property received, such as where the claimant receives money and uses it to buy a car.“51 Ein solcher Sachverhalt lag auch der Entscheidung in Foskett v. McKeown zugrunde, hier vereinfacht dargestellt:52 einem Treuhänder wurden größere Summen für ein Bauprojekt an der Algarve in Portugal anvertraut. Der Treuhänder hatte wenige Jahre zuvor eine Lebensversicherung zugunsten seiner drei Kinder abgeschlossen. Die ersten Jahresprämien brachte er weitestgehend noch aus eigenen Mitteln auf; zwei darauffolgende Jahresprämien jedoch beglich er durch Veruntreuung von Geldern aus dem trust. Kurz darauf nahm er sich das Leben und die Versicherung zahlte rund eine Million Pfund an die drei Kinder aus. Der klagende Investor Foskett leitete rechtliche Schritte gegen die Kinder ein und beanspruchte einen Großteil der Versicherungssumme, da zwei der Jahresprämien aus dem trustVermögen bezahlt wurden. Der Fall drehte sich im Kern um die Frage, ob Foskett lediglich die tatsächliche aus dem trust entnommen Summe (Nominalhaftung; um die 20.000 £) verlangen konnte oder den prozentualen Anteil (ungefähr 40 % der Prämien stammten aus dem trust) an der ausbezahlten Versicherungssumme (Proportionalhaftung; um die 400.000 £). Die Frage, die sich in dieser Konstellation stellt, ist also, wie die Klägerin, die Berechtigte an dem ursprünglichen asset, ihr Eigentumsrecht über die proprietary restitution auch an einem Surrogat geltend machen kann: „At the heart of the debate about the legitimacy of the vindication of property rights principle is a basic question: how can a claimant bring a proprietary claim 49

Swynson Ltd. v. Lowick Rose LLP [2018] A.C. 313, Rn. 22 (Lord Sumption). Burrows, The Law of Restitution, S. vii. 51 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 12. 52 Siehe zu Sachverhalt und Entscheidungsgründen ausführlich Schäfer, Die Vindikation im englischen Privatrecht – Zehn Jahre Foskett v. McKeown, in: StudZR 2/2010, 275 (280 ff.). 50

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against substitute property where the claimant has never had an interest in that property originally? Is it sufficient to conclude that the substitute property represents the original property by virtue of principles of property law, as the House of Lords concluded in Foskett v. McKeown, or must the unjust enrichment principle be used?“53 Ist der Anspruch auf das Surrogat im Kern also bereicherungsrechtlich und damit grundsätzlich in personam („Oxford Variante“), oder handelt es sich hier um einen „Vindikationsanspruch“ aus dem Eigentum mit grundsätzlich in rem und damit insolvenzfesten proprietary remedies („Cambridge Variante“)? Am Ende des Instanzenzugs in dem Rechtsstreit Foskett v. McKeown entschied das (damals noch) House of Lords zugunsten der weitreichenden Proportionalhaftung und legte damit den Grundstein für die Interpretation der proprietary restitution als Vindikationsanspruch. Die Diskussion rund um die proprietary restitution stellt das gesamte Restitutionsrecht vor strukturelle Erklärungsnot, und die Einordnung der proprietary restitution in bereicherungsrechtliche („Oxford Variante“) oder sachenrechtliche Gefilde („Cambridge Variante“) hat Auswirkungen nicht nur auf die korrekte Anspruchsprüfung in der Praxis, sondern auch auf die Reichweite des Schutzes und, nicht zuletzt, die Zukunft des law of restitution. 1. „Oxford Variante“: proprietary restitution als Bereicherungsanspruch Das Wesen des law of restitution ist in der „Oxford Variante“ grundsätzlich bereicherungsrechtlich;54 Burrows spricht auch von dem „unjust enrichment approach“.55 Hiernach folgt auf ein unjust enrichment ein Restitutionsanspruch, ein restitutionary right. Dieser Anspruch ist, nach dieser Ansicht (regelmäßig) in personam oder (nur in besonderen Fällen) in rem. So kann das law of restitution also auch, als Antwort auf ein unjust enrichment, ein proprietary right zugunsten der Klägerin an dem sich bei der Beklagten befindlichen asset schaffen. Anspruchskern ist hiernach aber nie ein fortbestehendes „altes“ Eigentumsrecht an dem Streitgegenstand, sondern ein durch das Restitutionsrecht neu erschaffenes:56 „We are therefore not concerned with the protection of pre-existing proprietary rights (other than where that protection is indirectly given through personal restitution in response to unjust enrichments or wrongs). Put another way, we are not concerned with proprietary rights resting on pre-existing title. So we are not concerned with a vindicatio claim for the return of one’s property (for example, for the ejectment from 53

Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 562. Auch die mehr deliktisch anmutende und in unserem Kontext vernachlässigbare restitution for wrongs unterliegt dem principle of unjust enrichment, siehe Burrows, The Law of Restitution, S. 9 ff. 55 Burrows, The Law of Restitution, S. 182. 56 Hierzu ausführlich Burrows, The Law of Restitution, S. 168 ff. 54

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land, or for delivery up of goods or for the order for the transfer of one’s equitable property) where the claim rests on the claimant’s pre-existing proprietary right to that property.“57 Die Aussage „That property is mine and I want it back“, wie sie etwa dem Anspruch aus § 985 BGB zu Grunde liegt, ist also irrelevant nach dieser Ansicht.58 Tettenborn schreibt: „On principle, however, it is submitted that the use of the term ,restitution‘ in this connection ought to be limited to property the ownership of which is obtained by the defendant so as to represent an unjust enrichment in his hands. In particular, it should not cover claims for the return of property that has belonged to the plaintiff all along, which should be discussed as part of the law of property.“59 Ansprüche auf ein Surrogat sollen hingegen auf unjust enrichment beruhen und eben nicht auf einem fortbestehenden Eigentumsrecht.60 Diese Ansicht baut unter anderem auf der so genannten event and responseTheorie von Oxford-Urgestein Peter Birks auf.61 Birks etablierte die Idee, dass in einem Anspruchssystem zunächst ein event auftreten muss, auf dass dann eine response folgen kann. Die event and response-Theorie steht auch im Zentrum der Argumentation gegen die „Cambridge Variante“, denn vindication of property rights könne eben kein event sein: „The key point is that the law of property is not formed in answer to a question about causative events: ,How do rights arise?‘ It is formed in response to the quite different question: ,Against whom are rights exigible?‘“62 Ein (fortbestehendes) Eigentumsrecht ist hiernach also kein event, auf das eine response folgen kann. Dagegen wird argumentiert, dass gerade der „Eingriff“ in das Eigentumsrecht ein solches event ist: „The use of the phrase ,property rights‘ is neutral and does not suggest that any event has occured. But the crucial feature of the vindication of property rights principle is that the defendant has interfered with the claimant’s property rights by not allowing the claimant exclusive benefit of his or her rights. It is this interference which justifies the award of restitutionary remedies and which can be analysed as the appropriate event.“63 Nach dieser Ansicht schafft also das law of restitution als Antwort auf ein unjust enrichment grundsätzlich sowohl personal rights als auch (in Ausnahmefällen) proprietary rights. Ansprüche aus unjust enrichment sind in der Regel personal rights und ziehen personal restitutionary remedies nach sich; in bestimmten Einzelfällen soll jedoch unjust enrichment auch Ansprüche in rem (und damit pro57

Burrows, The Law of Restitution, S. 169. Burrows, The Law of Restitution, S. 169. 59 Tettenborn, Law of Restitution in England and Ireland, S. 35, Rn. 1 – 76. 60 Siehe etwa Lewin on Trusts, Rn. 41 – 056 ff.; Smith, The Law of Tracing, S. 300. 61 Siehe etwa Birks, Equity in the Modern Law: An Exercise in Taxonomy, in: Western Australian Law Review (Vol. 26, July) 1996, 1 (8 ff.); ders., Property, Unjust Enrichment and Tracing, in: Current Legal Problems (Vol. 54, Issue 1) 2001, 231; siehe auch ders., Unjust Enrichment, S. 32 ff. 62 Birks, Property, Unjust Enrichment and Tracing, in: Current Legal Problems (Vol. 54, Issue 1) 2001, 231 (241). 63 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 15, m. w. N. 58

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prietary restitutionary remedies) auslösen können.64 Diese Entscheidung kann grundsätzlich unabhängig von der Natur der ursprünglichen Rechtsposition der Klägerin getroffen werden (Eigentumsrecht oder nicht), denn das restitutionary right entsteht ja sowieso „neu“ (eben als Reaktion auf ein unjust enrichment). Die Frage, wann proprietary restitution möglich ist, ist eine „difficult question: when is it, or when should it be, that restitution based on the cause of action of unjust enrichment is proprietary rather than personal?“65 Grundsätzlich sind proprietary remedies nur möglich, wenn sich der bestimmbare Vermögensgegenstand (identifiable property) noch bei der Beklagten befindet, diese also noch bereichert ist.66 Diese Aussage wird jedoch signifikant eingeschränkt,67 da ansonsten so gut wie jeder Restitutionsanspruch ein proprietary right wäre und damit Privilegierung in der Insolvenz der Schuldnerin gewähren würde: „It is clear, however, that proprietary restitution is not awarded in all cases where the unjust enrichment exists in a surviving asset. So, most obviously, if a debtor fails to repay a loan to its creditor, the creditor is not entitled to proprietary restitution for failure of consideration even if the debtor retains the loaned money (or its traceable substitute). To grant proprietary restitution in that situation would immediately turn most unsecured creditors into secured creditors and, at a stroke, would destroy the established law of insolvency.“68 Obwohl der „Oxford Variante“ die starke höchstrichterliche Unterstützung fehlt, wie sie die im Folgenden darzustellende „Cambridge Variante“ genießt, hat sie nach wie vor eine prominente Gefolgschaft, insbesondere, wie gezeigt, in der Lehre. 2. „Cambridge Variante“: proprietary restitution als Vindikationsanspruch Mit Foskett v. McKeown sah sich die „Oxford Variante“ starkem Gegenwind ausgesetzt. Burrows selbst räumt ein: „[…] Foskett has made acceptance of the approach to proprietary restitution in this book [Anm.: gemeint ist Burrows’ „The Law of Restitution“] more difficult.“69 Die „Cambridge Variante“ nach Virgo (und höchstrichterlich bestätigt insbesondere durch Foskett v. McKeown) sieht das theoretische Fundament des law of restitution aufgeteilt auf mehrere Pfeiler, von denen unjust enrichment neben vindication of property rights (und restitution for wrongs) eben nur einen Teilbereich abdeckt: „[T]he law of restitution is not founded upon one principle but rather is founded on three different principles, namely: (1) the reversal of unjust enrichment; (2) the prevention of a wrongdoer from profiting from his or her wrong; and (3) the vindication of property rights with which the defendant has in64 65 66 67 68 69

Burrows, The Law of Restitution, S. 171 ff., m. w. N. Burrows, The Law of Restitution, S. 168. Burrows, The Law of Restitution, S. 173, m. w. N. Burrows, The Law of Restitution, S. 174 ff. Burrows, The Law of Restitution, S. 174. Burrows, The Law of Restitution, S. 171.

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terfered.“70 Nach Virgo existieren im law of restitution also drei nebeneinanderstehende Anspruchsgrundlagen („composite theory“)71. Diese eint nur ihre Rechtsfolge, nämlich restitution. Virgo verwendet hier den Begriff der vindication nicht unbedingt im Sinne eines Sachherausgabeanspruchs, „a specific remedy by virtue of which property, which is in the possession of the defendant but belongs to the claimant, is restored to the claimant“.72 Wie bereits erwähnt, bietet das common law grundsätzlich keine vindicatio in diesem Sinne; und obwohl equity geneigter ist, proprietary remedies, und grundsätzlich auch Sachherausgabe zu gewähren, sind hier Sicherungsrechte oder die Anerkennung von (insolvenzfestem) beneficial ownership unter einem trust doch weitaus praxisrelevanter.73 Proprietary rights werden also, wenn überhaupt, nicht unbedingt vindicated im Sinne einer Sachherausgabe, aber der Begriff wird dennoch verwendet und „does serve a useful function. This is because it describes, albeit in general terms, the nature of the remedy where property rights have been interfered with by the defendant. The word ,vindication‘ relates to the phrase ,property rights‘ in the same way that the word ,reversal‘ relates to ,unjust enrichment‘.“74 Mit der Entscheidung in Foskett v. McKeown scheint das House of Lords Virgos Ansicht zu übernehmen. Virgos damals gerade erschienene Werk („The Principles of the Law of Restitution“) wurde zwar mit keinem Wort erwähnt, vielmehr setzt die Entscheidung Virgos Interpretation als gesetztes Recht voraus.75 In Lord Milletts Urteilsbegründung heißt es: „The transmission of a claimant’s property rights from one asset to its traceable proceeds is part of our law of property, not of the law of unjust enrichment. There is no ,unjust factor‘ to justify restitution […]. The claimant succeeds if at all by virtue of his own title, not to reverse unjust enrichment.“76 Lord Browne-Wilkinson fügt hinzu: „We are not dealing with a claim in unjust enrichment“, und „[i]t [Anm.: der Anspruch] is based on the assertion by the purchasers of their equitable proprietary interest in identified property.“77 Ebenso Lord Hoffmann: „This is not based upon unjust enrichment except in the most trivial sense of that expression. It is, as my noble and learned friend says, a vindication of proprietary rights.“78 Nach dieser Ansicht sind die hier im Mittelpunkt stehenden (insolvenzprivilegierenden) proprietary remedies also nur als Folge des „Vindikationsan-

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Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 8. Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 010. 72 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 16. 73 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 632 ff. 74 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 16. 75 So auch Birks’ Interpretation, siehe Property, Unjust Enrichment and Tracing, in: Current Legal Problems (Vol. 54, Issue 1) 2001, S. 231 ff., 236 ff. 76 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 127. 77 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 110, 108. 78 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 115. 71

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spruchs“ möglich; ein Anspruch aus unjust enrichment eröffne der Klägerin hingegen nur personal remedies, also schuldrechtliche Ansprüche.79 Einer der Hauptunterschiede zwischen den beiden Ansichten ist der Entstehungszeitpunkt des anspruchsbegründenden proprietary right. Das anspruchsbegründene Recht in der „Cambridge Variante“ ist pre-existing und besteht unabhängig von der Intervention des law of restitution; nach der „Oxford Variante“ ist das neugeschaffene proprietary right eine Reaktion (response) auf ein event, insbesondere ein unjust enrichment. Lord Millett schreibt, dass der Unterschied gerade darin läge, „that they [Anm.: gemeint sind Birks und Burrows] say I have an entirely new proprietary right created by the law of restitution at the point of the substitution in order to reverse unjust enrichment, whereas I say that I own the picture because the law of property says that I do. It says that I can assert title to anything bought with my money, whether I authorized the purchase or not. Why bring unjust enrichment into it? It is the law of property which deals with the creation, acquisition, disposal and transmission of property rights. It protects pre-existing rights of property. It tells us who owns disputed property. One of the rules of our law of property, common to both equity and the common law, is that the owner of a thing can claim ownership of its traceable proceeds.“80 Dieses Fortbestehen des ursprünglichen proprietary right in einem Surrogat (anstelle der Schaffung eines „neuen“ Rechts über das law of restitution) wird von den Vertretern der „Oxford Variante“ als eine „fiction of ,persistence‘“ abgelehnt.81 So schreibt etwa Burrows: „So, in an unauthorized substitution case, if one is entitled to trace from a pig to a horse to a car, one cannot say, without invoking fiction, that one has proprietary rights in the car merely because one owned the pig that is now represented in the car. The truth is that one’s proprietary rights in the pig entitle one to new proprietary rights in the car because the holder of the car has been unjustly enriched at one’s expense.“82 Virgos Einfluss auf diesem Gebiet ist enorm; seine „wide-ranging influence and reputation“ kennt man auch in Oxford an: „Many have been persuaded by the wellknown views of Virgo on this topic (not least, it would seem, the House of Lords in Foskett v. McKeown albeit without any mention of Virgo) which have been expressed with his characteristic clarity and close attention to the case law.“83 Insbesondere die Rechtsprechung folgte Virgos Neuinterpretation des law of restitution und auf Foskett v. McKeown folgten weitere Entscheidungen, so etwa Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd.: „[…] there is a basis of claim which can conveniently be labelled a ,proprietary restitutionary claim‘ which is distinct from a claim for re79 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 9, 12 ff.; S. 16: „There is simply no empirical evidence to support the assertation that property rights can derive from the defendant’s unjust enrichment.“ 80 Millett, „Proprietary Restitution“, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 314. 81 Burrows, The Law of Restitution, S. 170, m. w. N. 82 Burrows, The Law of Restitution, S. 170. 83 Burrows, The Law of Restitution, S. 185.

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stitution on grounds of unjust enrichment. […] The essence of such a claim at common law is that the claimant is seeking to enforce his subsisting legal property rights in an asset held by the defendant.“84 Auch Test Claimants in the FII Group Litigation v. Revenue and Customs Commissioners bestätigt diese Sicht; das Gericht weist hier die Vortrag eines der Klägervertreters zurück, „which seems to me to confuse two different legal categories, and to apply proprietary principles to a nonproprietary claim. […] a claim to vindicate property rights is entirely different from a claim to reverse unjust enrichment“.85 Lord Millett, einer der Richter in Foskett v. McKeown, trat, auch außergerichtlich, an Virgos Seite: „This convoluted analysis [Anm.: gemeint ist die „Oxford Variante“] is not based on anything in any reported case, is not universally accepted by commentators, and is inconsistent with the analysis adopted by the House of Lords in Foskett v. McKeown, I reject it.“86

II. Tatbestandsvoraussetzungen nach beiden Ansichten Die Frage, ob bei einem Restitutionsanspruch, insbesondere auf ein Surrogat, ein neues proprietary right geschaffen wird („Oxford Variante“) oder das alte proprietary right fortbesteht („Cambridge Variante“), mag folgenlos erscheinen; und in der Tat kommen beide Ansichten oft zum selben Endergebnis.87 Die Einordnung des Anspruchs hat jedoch weitreichende Folgen: je nachdem, welcher Ansicht man folgt, könnte die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und -hindernisse unterschiedlicher nicht sein.88 1. „Oxford Variante“: Anspruch aus unjust enrichment Die „Oxford Variante“ ordnet die Fälle der proprietary restitution als ungerechtfertigte Bereicherung ein. Für einen Anspruch in unjust enrichment müssen grundsätzlich vier Voraussetzungen erfüllt sein: „The principle of unjust enrichment requires consideration of four questions: first, that the defendant has been enriched by the receipt of a benefit; secondly, that this enrichment is at the expense of the 84 Siehe etwa Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd. [2013] Ch 156, Rn. 84, 85 (deputy High Court judge Stephen Morris QC), mit Verweis insbesondere auf Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, sowie Trustee of the Property of FC Jones & Sons (A Firm) v. Jones [1997] Ch. 159. 85 Test Claimants in the FII Group Litigation v. Revenue and Customs Commissioners [2014] EWHC 4302 (Ch), Rn. 348 (Henderson J). 86 Millett, „Proprietary Restitution“, in: Degeling/Edelman, Equity in Commercial Law, S. 313; ders., in: Burrows/Rodger, Essays in Memory of Peter Birks, S. 265 ff. 87 Hierzu etwa Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 17. 88 Siehe Test Claimants in the FII Group Litigation v. Revenue and Customs Commissioners [2014] EWHC 4302 (Ch), Rn. 348 (Henderson J).

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claimant; thirdly, that the retention of the enrichment is unjust and finally that there is no defence or bar to the claim.“89 a) Bereicherung at the claimant’s expense Die Bereicherung auf Seiten der Beklagten ist, vergleichbar mit dem „erlangten Etwas“ in §§ 812 ff. BGB, sehr weit zu fassen. Grundsätzlich kommt hier jede Vermögensmehrung in Betracht: „Enrichment may take the form of a positive addition to the recipient’s wealth, such as by the receipt of money, or a negative one, for instance where an inevitable expense has been saved.“90 Dies gilt grundsätzlich auch für (bewegliche) Sachen; erhält die Bereicherungsschuldnerin jedoch nicht gleichzeitig auch Eigentum (title), so ist ein deliktischer Anspruch aus conversion (dazu sogleich) wohl vorrangig.91 Umstritten ist hier, ob in diesen Fällen überhaupt eine Bereicherung vorliegt.92 Die Bereicherung muss zudem at the claimant’s expense, auf Kosten der Bereichungsgläubigerin erfolgen. Erforderlich ist hier also eine Verbindung (nexus) zwischen der Bereicherung auf der einen und dem Verlust auf der anderen Seite: „This requires the claimant to establish a connection or nexus between the receipt of an enrichment by the defendant and claimant’s loss, so as to justify the restitutionary claim against the defendant. This essentially requires proof of some causative link between the defendant’s gain and the claimant’s loss and is justified by the corrective justice principle, by which liability in unjust enrichment is imposed to correct the injustice of the claimant losing a benefit and the defendant gaining it.“93 Anders als das deutsche Recht etwa unterscheidet das englische Recht nicht grundsätzlich zwischen Leistungs- und Nichtleistungskondiktion; doch auch hier wird diskutiert. So argumentierte Burrows jüngst, „[d]rawing on the Wilburg-von Caemmerer taxonomy of Germany law“, dass es sinnvoll sei, zwischen conferral of a benefit und taking of a benefit zu unterscheiden.94 Die Frage, wie die Bereicherung zur 89

Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 017, m. w. N. Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 019, m. w. N.; ausführlich auch Burrows, The Law of Restitution, S. 44 ff., m. w. N.; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 62 ff., m. w. N.; Edelman, in: Chambers et al., Philosophical Foundations of the Law of Unjust Enrichment, S. 211 ff.; siehe auch Benedetti v. Sawiris [2014] A.C. 938 und Cressman v. Coys of Kensington (Sales) Ltd. [2004] 1 W.L.R. 2775. 91 Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 022. 92 Swadling, Ignorance and Unjust Enrichment: The Problem of Title, in: Oxford Journal of Legal Studies, Vol. 28, No. 4 (2008), 627, argumentiert, dass eben keine Bereicherung vorliegt; Burrows, The Law of Restitution, S. 194 ff., m. w. N., argumentiert dagegen. 93 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 104, m. w. N.; ders., in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 028, m. w. N.; ders., „Causation and Remoteness in the Law of Unjust Enrichment“, in: Degeling/Edelman, Unjust Enrichment in Commercial Law, S. 147 ff.; Burrows, The Law of Restitution, S. 63 ff., m. w. N. 94 Burrows, At the Expense of the Claimant: A Fresh Look, in: Restitution Law Review (Vol. 25) 2017, 167, m. w. N. 90

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Schuldnerin gelangte und welche Anforderungen hieran zu stellen sind, wird über das Merkmal at the claimant’s expense erörtert. Auch hier ist vieles umstritten; insbesondere wird diskutiert, inwiefern die Bereicherung direkt von Bereicherungsgläubigerin an Bereicherungsschuldnerin übergehen muss oder ob es ausreicht, wenn der Übergang indirekt über eine third party erfolgt.95 Grundsätzlich soll in diesen Fällen keine Bereicherung at the claimant’s expense vorliegen;96 weitreichende Ausnahmen werden jedoch anerkannt.97 Erfolgte die Bereicherung indirekt über eine third party, so kann die Klägerin die notwendige Verbindung nach Birks über eine proprietary connection darlegen:98 hierfür muss die Klägerin zunächst ihren ursprünglichen title an dem Bereicherungsgegenstand darlegen. Die proprietary connection, die Kontinuität des title, wird dann über das so genannte tracing und following offengelegt. Dies sind beweisrechtliche Mechanismen, die den ursprünglichen Gegenstand, an dem die Klägerin einen title hat, entweder bei der Schuldnerin identifizieren (following) oder, und dies ist wesentlich komplizierter, ein Surrogat für die ursprüngliche Sache ausfindig machen, an dem der klägerische title fortbesteht (tracing).99 Virgo freilich interpretiert dies als im Sinne der vindication of property rights-Theorie: „[…] this is not an exception to the direct enrichment requirement simply because the restitutionary claim to vindicate property rights should not be considered to be founded on the unjust enrichment principle.“100 b) Bereicherung ist unjust Die Bereicherungsgläubigerin muss darlegen, dass die Bereicherung auf ihre Kosten unjust war, und zwar kausal über einen der so genannten unjust factors oder grounds for restitution.101 Hierzu zählen insbesondere „mistake, duress, undue influence, exploitation of weakness, human incapacity, failure of consideration, ignorance, legal compulsion, necessity, illegality, and public authority ultra vires 95 Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 028, m. w. N.; ders., The Principles of the Law of Restitution, S. 105 ff., m. w. N.; Burrows, The Law of Restitution, S. 69 ff., m. w. N. 96 Siehe etwa Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd. [2013] CH. 156, Rn. 97 (deputy High Court judge Stephen Morris QC): „[…] the general rule is that a claim in unjust enrichment is only generally available where the benefit has been provided directly by the claimant to the defendant, and not where it has been provided indirectly via a third party. In the latter case, the defendant will have been enriched at the third party’s expense.“; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 105, m. w. N. 97 Ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 107, m. w. N.; siehe auch Investment Trust Companies v. Revenue and Customs Commissioners [2018] A.C. 275, 276: „The transfer will usually be direct but might be through an agent or where the claimant discharges a debt owed by the defendant to a third party.“ 98 Birks, Unjust Enrichment, S. 86 ff. 99 Beide Mechanismen werden bei der Darstellung des vindication of property rightsTatbestands näher erläutert. 100 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 110. 101 Virgo, in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 031 ff.; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 120 ff.

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exaction and payment“.102 Die Gegenansicht, die anstatt des traditionellen unjust factors-Ansatzes einen absence of basis-Ansatz nach dem Vorbild der civil lawJurisdiktionen vorzieht, allen voran wieder Birks (zuvor noch Vertreter der unjust factors-Ansicht), findet mehr und mehr Zuspruch.103 Nach dieser neuen Ansicht soll es nur einen einzigen ground of restitution geben, und zwar die „absence of legal justification for receipt of benefit“ (vgl. § 812 Abs. 1 S. 1 BGB: „ohne rechtlichen Grund“). Bislang gibt es jedoch noch keine eindeutige höchstrichterliche Abkehr von der traditionellen Ansicht, so dass ein unjust factor nach wie vor notwendig ist.104 2. „Cambridge Variante“: Anspruch aus vindication of property rights In der „Cambridge Variante“ erinnert die Anspruchsprüfung an jene in § 985 BGB: „Once is has been shown that the defendant has received or has retained property in which the claimant has a proprietary interest, nothing else needs to be proved to establish the claimant’s cause of action. If the defendant has the claimant’s property he or she should return it, or its value, to the claimant, without the claimant first having to establish that the defendant has been unjustly enriched at his or her expense.“105 Zunächst ist also notwendig, dass die Klägerin ihr property right an dem streitgegenständlichen Gegenstand darlegt; dies ist die proprietary base (der Begriff stammte ursprünglich von Birks, und bildet nun die Grundlage der Anspruchsprüfung nach Virgo).106 Die Klägerin darf ihr Eigentumsrecht auch nicht verloren haben: dieses muss sich in einem identifizierbaren Gegenstand in den Händen der Beklagten fortsetzen, sei es in dem ursprünglichen Gegenstand oder in einem Surrogat. Die Identifizierung des Anspruchsgegenstandes erfolgt über die bereits angesprochenen Mechanismen des following und tracing.107

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Hierzu Burrows, The Law of Restitution, S. 86 ff. Ausführlich Birks, Unjust Enrichment, S. 101 ff., S. 129 ff., m. w. N.; Burrows, in: Burrows/Rodger, Essays in Memory of Peter Birks, S. 33 ff.; ders., The Law of Restitution, S. 95 ff.; ausführlich hierzu, i. E. jedoch kritisch, Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 127 ff., m. w. N. 104 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 127 ff., m. w. N.; Test Claimants in the FII Group Litigation v. Revenue and Customs Commissioners [2014] EWHC 4302 (Ch). 105 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 12. 106 Virgo, The Principles of Restitution, S. 569 ff., mit Verweis auf Birks, An Introduction to the Law of Restitution, S. 378 ff. 107 Zu den Tatbestandsmerkmalen ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 567 ff. 103

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a) Die proprietary base Grundlage für den Anspruch aus vindication of property rights ist, wie der Name schon sagt, ein proprietary right.108 Hier geht es, in Abgrenzung zur „Oxford Variante“ ja gerade darum, dass die Klägerin ein bereits bestehendes Eigentumsrecht geltend macht, welches eben nicht erst als Antwort auf ein unjust enrichment entsteht. Das englische Eigentumsverständnis ist ein vielschichtiges.109 „Eigentum“ ist grundsätzlich an (beweglichen, sowie unbeweglichen) körperlichen Gegenständen als auch unkörperlichen Gegenständen möglich (die jeweilige rechtliche Ausgestaltung des „Eigentums“ weicht jedoch zum Teil stark voneinander ab, weswegen etwa das land law bereits von vornhinein für diese Arbeit ausgeklammert wurde): „The concept of ownership is no more than a convenient global description of different collections of rights held by persons over physical or other things.“110 Einen guten Eindruck von dieser Weite verschafft auch die Definition von property in s. 436 (1) des Insolvency Act 1986: „,property‘ includes money, goods, things in action, land and every description of property wherever situated and also obligations and every description of interest whether present or future or vested or contingent, arising out of, or incidental to, property“. Doch die Grenzen davon was unter property fällt sind noch längst nicht vollständig ausgelotet.111 Im common law ist Eigentum traditionell nur an körperlichen Gegenständen möglich: „the only state sponsored monopolies were those over land and ,chattels personal‘, the archetype of which was a cow. […] At common law, the subject matter of proprietary rights is always tangible […].“112 Wie noch gezeigt werden wird, ist in equity Eigentum auch an unkörperlichen Gegenständen möglich. Property, in diesem weitesten Sinne, ist damit, aus deutscher Sicht, ein vermögensrechtlicher Sammelbegriff, wenngleich auch hier Vorsicht geboten ist, denn der Begriff property wird, kontextabhängig, sowohl für die Rechts-

108 Weitere Bezeichnungen sind: property right, property interest, proprietary interest; siehe hierzu Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 43, Rn. 2.01. Zum unterschiedlichen Bedeutungsgehalt der Begriffe title und interest siehe etwa Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 27, Rn. 1 – 054, m. w. N., insbesondere auch zum lesenswerten Aufsatz von Fox, Relativity of Title at Law and in Equity, in: S. 330 ff. 109 Zu den unterschiedlichen Ausgestaltungen von proprietary interests siehe etwa Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 56 ff., Rn. 2.64 ff., m. w. N. 110 Yearworth v. North Bristol NHS Trust [2010] Q.B. 1, Rn. 28 (Lord Judge CJ), hier in Bezug auf legal ownership; siehe auch ausführlich Smith, The Law of Tracing, S. 48 ff.; sehr lesenswert auch die ausführliche (rechtsvergleichende) Bearbeitung von Gretton, Ownership and its Objects, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (RabelsZ) Bd. 71 (2007), 802 (830 ff.). 111 Siehe etwa die Diskussionen in Murungaru v. Secretary of State for the Home Department [2008] EWCA Civ 1015 und Belmont Park Investments PTY Ltd. v. BNY Corporate Trustee Services Ltd. [2011] UKSC 38. 112 Smith, The Law of Tracing, S. 54 ff., 63; Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 16, Rn. 1 – 031.

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beziehung als auch für den Gegenstand selbst verwendet.113 Um zur begrifflichen Verwirrung noch weiter beizutragen, sei darauf hingewiesen, dass proprietary rights sich mitnichten in Eigentum, oder ownership, erschöpfen (wenngleich diese Begriffe oft synonym verwendet werden). So schreibt etwa Calnan: „One of the problems which has muddied the waters […] has been that, particularly in relation to interests in goods, the expressions ,proprietary right‘ and ,ownership‘ are often used interchangeably […]. But […] ,ownership‘ and ,proprietary right‘ are not synonyms […].“114 So sind etwa auch Sicherungsrechte proprietary rights (aber eben nicht ownership): „whether they are created by the transfer of title (mortgage), by the creation of an equitable proprietary interest (charge), or by the transfer of possession of goods (pledge)“.115 Auch im land law gibt es eine Reihe von proprietary interests, die nicht ownership sind, wie etwa leases, also Mietverhältnisse.116 Die für das englische Recht charakteristische Unterscheidung in common law und equity fügt schließlich noch eine weitere Ebene in die bereits komplizierte Materie ein: es wird zwischen legal ownership, bzw. legal proprietary interests, und equitable ownership, bzw. equitable proprietary interests, unterschieden. Die proprietary base gibt es grundsätzlich in zwei Varianten; Virgo spricht von „retention of a proprietary interest“ und „creation of a proprietary interest“.117 Bei der retention behält die Klägerin ihr ursprüngliches proprietary interest, sei es in common law oder equity: „the claimant may have a continuing proprietary interest where the nature of the transfer was such that title to the property did not pass to the defendant. […] the claimant’s proprietary interest will have been retained“.118 Der zweite Fall der creation betrifft nur equity-Eigentum: „even though the legal title may have passed to the defendant, the claimant will have a proprietary interest in the property received by the defendant where the circumstances surrounding the transfer were such that it is possible to recognize that the claimant has an equitable interest in the particular property. […] the claimant’ proprietary interest will have been created“.119 aa) Ursprüngliches proprietary interest bleibt bestehen Die erste Variante (retention) erschließt sich vor dem Hintergrund des § 985 BGB recht einfach: ein Eigentumsrecht besteht zum Zeitpunkt der Störung und wird auch 113

Swadling, in: Burrows, English Private Law, S. 174, Rn. 4.02. Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 50, Rn. 2.36. 115 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 49, Rn. 2.30. 116 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 49, Rn. 2.30. 117 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 570 ff., 581 ff. 118 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 570; Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd. [2013] CH. 156, Rn. 94 (deputy High Court judge Stephen Morris QC): „[…] as a matter of authority and principle, if and where legal title remains with the claimant, a proprietary restitutionary claim at common law is available […].“ 119 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 570. 114

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nicht (an die Beklagte) verloren. Dieses Eigentumsrecht, bzw. proprietary right, kann entweder im common law oder in equity bestehen. „Eigentum“ an beweglichen Sachen ist regelmäßig common law-Eigentum und wird traditionell über das Deliktsrecht (tort law) geschützt, insbesondere über die conversion-Klage, die später noch behandelt werden wird. Aus diesem Grund wird vertreten, dass ein Restitutionsanspruch diesbezüglich zurücktreten muss; so etwa in Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd.: „This type of claim does not arise where the relevant asset is a chattel or land or even a documentary intangible, because there are other distinct causes of action in tort covering these types of property. It does arise where the asset in the hands of the defendant is money […].“120 Virgo etwa macht diese Einschränkung zwar nicht; nichtsdestotrotz soll die weitere Darstellung des Besonderheiten des common law-Eigentums (insbesondere an beweglichen Sachen) an dieser Stelle ausgeklammert und bei der conversion-Klage unten näher behandelt werden.121 Für die proprietary base sind vielmehr die rules of transfer relevant, die besonderen Regeln also dazu, wie ein legal proprietary right, bzw. title an einer Sache auf eine andere Person übergehen kann (oder eben auch nicht).122 Eigentum bzw. title at law an beweglichen Gegenständen, geht im englischen (Kauf-)Recht grundsätzlich erst dann über, wenn die Parteien es wünschen. So heißt es insbesondere in s. 17 (unter der Überschrift „Property passes when intended to pass“) des Sale of Goods Act 1979: „(1) Where there is a contract for the sale of specific or ascertained goods the property in them is transferred to the buyer at such time as the parties to the contract intend it to be transferred. (2) For the purpose of ascertaining the intention of the parties regard shall be had to the terms of the contract, the conduct of the parties and the circumstances of the case.“123 Insbesondere fällt auf, dass hier eine Übergabe (traditio) nicht notwendig ist.124 Anders als im deutschen Recht, das die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts grundsätzlich rigoros von der Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts trennt (Trennungs- und Abstraktionsprinzip), geht title also erst und nur dann über, wenn beide Parteien (insbesondere die übertragende Person) es so wollen; ein wirksames Verpflich120

Armstrong DLW GmbH v. Winnington Networks Ltd. [2013] Ch. 156, Rn. 86 (deputy High Court judge Stephen Morris QC). 121 Was genau das common law unter Eigentum versteht und wie die Beziehung zum Besitz ausgestaltet ist und was ein chimney sweep’s boy und ein Ring hiermit zu tun hat, wird dort noch relevant. 122 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 570 ff., m. w. N.; bzgl. Geld verweist er hier auf die ausführliche Behandlung in Fox, Property Rights in Money. 123 Hierzu auch ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 570 ff., m. w. N.; van Vliet, The Transfer of Movables in German, French, English and Dutch Law, Kapitel 4; ders., The Transfer of Moveables in Scotland and England, in: Edinburgh Law Review, 2008, 12(2), 173; Häcker, Das Trennungs- und Abstraktionsprinzip im englischen Recht, in: ZEuP 2011, 335. 124 In bestimmten Fällen, insbesondere bei Übereignungen im Schenkungsrecht, ist delivery jedoch erforderlich, siehe hierzu Häcker, Das Trennungs- und Abstraktionsprinzip im englischen Recht, in: ZEuP 2011, 335, 340 ff.

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tungsgeschäft ist grundsätzlich Voraussetzung für ein wirksames Verfügungsgeschäft.125 Der title geht somit beispielsweise nicht über, wenn ein fundamental mistake etwa in Bezug auf die Identität der anderen Vertragspartei oder den Verfügungsgegenstand besteht.126 Ausnahmen zur Regel sind etwa solche Fälle, bei denen die erwartete Gegenleistung nicht erfolgt (total failure of basis), das Verpflichtungsgeschäft gesetzeswidrig erfolgte (illegality) oder wenn die übertragende Person beim Übertragungsakt nicht volljährig, bzw. nicht geschäftsfähig war (incapacity).127 Nach wirksamem Eigentumsübergang (transfer of title) geht die (legal) proprietary base unter und ein Vindikationsanspruch nach Virgo scheidet aus. In dieser ersten Variante der retention liegt die Aktivlegitimation in einem von vornehinein bestehenden (und, hier zwingend, nicht verlorenen) equitable proprietary interest (jedoch grundsätzlich auch in common law möglich) der Klägerin. Ein solcher Sachverhalt lag auch der Grundsatzentscheidung Foskett v. McKeown zugrunde; hier wurde ein fortbestehendes equitable proprietary right an dem Streitgegenstand aus dem trust geltend gemacht.128 Doch was ist nun ein solches equity-Eigentumsrecht und wie unterscheidet es sich von einem common law-Eigentumsrecht? Die über Jahrhunderte entwickelten Billigkeitsregelungen (nur auf einen ersten, sehr flüchtigen Blick vergleichbar mit der deutschen „Treu und Glauben“-Regelung in § 242 BGB) sind sehr komplex.129 Equity fängt auf, was im common law als ungerecht empfunden wird, und entwickelte sich zunächst als ungeordnete Einzelfallgerechtigkeit, die man vor der Krone und später (circa ab Edward II. im 13. Jahrhundert) vor dem hierfür zuständigen Court of Chancery suchte: „The special imperfections of mediaeval common law were, as to the law itself, that its rules were too strict, that it did not cover the whole field of obligations; as to its administration, that it had no effectual means of extracting truth from the parties, that its judgements were not capable of being adapted to meet special circumstances, and that they were often unenforceable through the opposition of the defendant, or were turned into a means of oppression.“130 Vor dem Court of Chancery konnte man auch Rechte und Ansprüche geltend machen, die das common law selbst nicht anerkannte, etwa „married women’s settled property“.131 Equity, so heißt es etwa in dieser Entscheidung des Court of Chancery aus dem Jahre 1615 „[…] speaks as the Law of God speaks.“132 Common law und equity verfolgen beide grundsätzlich dasselbe Ziel; 125

Ausführlich etwa van Vliet, The Transfer of Movables in German, French, English and Dutch Law, Kapitel 4. 126 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 571 ff., m. w. N. 127 Ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 577 ff., m. w. N. 128 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102. 129 Ausführlich zu Equity siehe Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 1 ff.; sowie die Standardwerke Virgo, The Principles of Equity & Trusts und Worthington, Equity. 130 Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 4, 2. 131 Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 3. 132 The Earl of Oxford’s Case in Chancery (1615) 21 E.R. 485, 486.

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so heißt es in der soeben zitierten Entscheidung: „And for the Judgment, &c., Law and Equity are distinct, both in their Courts, their Judges, and their Rules of Justice; and yet they both aim at one and the same End, which is, to do Right; as Justice and Mercy differ in their Effects and Operations, yet both join in the Manifestations of God’s Glory.“133 Und doch waren beide Systeme bis zu ihrer prozessualen und administrativen Zusammenführung oder fusion durch die Supreme Court of Judicature Acts 1873 und 1875 formal getrennt.134 Zwar sind im modernen englischen Recht common law und equity nunmehr Teil eines einheitlichen Rechts- und Gerichtssystems, die Dichotomie prägt aber nach wie vor die englische Rechtslandschaft.135 Equitable ownership entstammt also den Billigkeitserwägungen der equity und gibt der Klägerin eine proprietary Rechtsposition, wenn dies, stark vereinfacht ausgedrückt, gerecht (equitable) erscheint. Diese equity-Eigentumsstellung entsteht aber erst mit Heraustrennen aus dem Eigentum at law: „A person solely entitled to the full beneficial ownership of money or property, both at law and in equity, does not enjoy an equitable interest in that property. The legal title carries with it all rights. Unless and until there is a separation of the legal and equitable estates, there is no separate equitable interest.“136 Diese notwendige Trennung erfolgt über die englische Treuhand, den trust.137 Der trust ist das Herz der equity. So heißt es etwa bei Virgo: „Equity is an ancient country with rich resources. […] The boundaries of this country are not particularly clear, but at the centre of it is a particular State, known as Trust.“138 So auch in der Entscheidung Sturt v. Mellish aus dem Jahre 1743: „[…] a trust is where there is such a confidence between parties, that no action at law will lie, but is merely a case for the consideration of this court [Anm.: gemeint ist der Court of Chancery].“139 Während Eigentum im common law grundsätzlich nur an körperlichen Gegenständen möglich ist, schafft der trust seine equitable Eigentumsrechte auch an unkörperlichen Gegenständen: „Equity allows the existence of proprietary rights which 133

The Earl of Oxford’s Case in Chancery (1615) 21 E.R. 485, 486. Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 1; Salt v. Cooper (1880) 16 Ch.D. 544, 549 (Jessel M.R.): „It has sometimes inaccurately called ,the fusion of Law and Equity‘; but it was not any fusion, or anything of the kind; it was the vesting in one tribunal the administration of Law and Equity in every cause, action or dispute which should come before that tribunal.“ 135 Siehe hierzu den sehr lesenswerten Artikel von Burrows, We do this at Common Law but that in Equity, in: Oxford Journal of Legal Studies, Vol. 22, No. 1 (2002), 1. 136 Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] A.C. 669, 706 (Lord Browne-Wilkinson); Goode/McKendrick, Commercial Law, S. 42, Rn. 2.34: „If both legal and beneficial ownership are vested in the same person, there is no scope for equity to operate on the asset, and no separate interest can be said to exist.“ 137 Virgo, The Principles of Equity & Trusts, S. 39 ff.; Halsbury’s Laws of England, Trusts and Powers, Rn. 1 ff.; ausführlich zum trust auch Penner, The Law of Trusts; siehe auch Hart, What is a Trust?, in: Law Quarterly Review (Vol. 15, Nr. 3) 1899, S. 294 ff. 138 Virgo im Vorwort zur dritten Auflage von „The Principles of Equity & Trusts“, S. v. 139 Sturt v. Mellish 26. E.R. 765, 766 (Lord Chancellor). 134

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have no tangible subject matter.“140 So ist equitable Eigentum etwa möglich an vertraglichen Ansprüchen oder zukünftigen, also noch gar nicht existierenden assets.141 Smith gibt folgendes Beispiel: „[…] if a bank account is held as trust property, the trustee is the holder at common law of a personal right against the bank; the beneficiary of the trust holds equitable proprietary rights in that asset which is held at common law by the trustee. In other words, the beneficiary holds equitable proprietary rights in a common law personal right. Similarly, an equitable personal right could be held in trust, so that the beneficiary would hold equitable proprietary rights in an equitable personal right held by the trustee.“142 Ein „dingliches“, insolvenzprivilegiertes Eigentum ist damit in equity an so gut wie jedem Rechtsobjekt und jeder Rechtsposition möglich. Regelmäßig entsteht equitable ownership über den rechtsgeschäftlich begründeten, so genannten express trust.143 Die Bezeichnung als express, also ausdrücklicher trust unterscheidet ihn von seinen ipso iure entstehenden Formen, hierzu sogleich. In seiner einfachsten Form begegnen sich in einem trust drei Personen: „the term ,trust‘ refers to the legal relationship created […] by a person, the settlor, when assets have been placed under the control of a trustee for the benefit of a beneficiary […]“.144 Die Treugeberin (settlor oder auch trustor) begründet den trust und bestimmt die Treuhandsgegenstände (trust assets) und die Treuhänderin (trustee). Die Treuhänderin hält legal ownership an den trust assets und verwaltet diese für die unter dem trust begünstigte Person (beneficiary). Diese erhält equitable ownership an den Treuhandsgegenständen. Ein so entstandenes equitable proprietary interest wirkt, wie es Eigentumsrechte tun, gegenüber dritten Personen und erlischt nur gegenüber einer „bona fide purchaser for value of the legal interest without notice of the equitable proprietary interest“.145 Kann die Klägerin also ein solches equitable proprietary interest darlegen und beweisen, so hat sie ihre proprietary base. bb) Neues equitable proprietary interest entsteht Virgo identifiziert, unter dem Stichwort creation of a proprietary interest eine weitere mögliche equitable proprietary base, und zwar in der Entstehung eines equitable proprietary interests als Reaktion auf den Verlust des legal proprietary 140

Smith, The Law of Tracing, S. 62. Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 57, Rn. 2.69. 142 Smith, The Law of Tracing, S. 62. 143 Hierzu ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 581 ff.; ders., The Principles of Equity & Trusts, S. 73 ff.; Parkinson, Reconceptualising the Express Trust, in: The Cambridge Law Journal (Vol. 61, Nr. 3) 2002, 657. 144 Recognition of Trusts Act 1987, Schedule, Art. 2 (es gibt auch zweckgebundene trusts; hier steht anstelle der begünstigten Person ein specific purpose); siehe auch Halsbury’s Laws of England, Trusts and Powers, Rn. 5 ff. 145 Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 27, Rn. 1 – 054; Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 57, Rn. 2.70. 141

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interest.146 Diese Situation ist nicht zu verwechseln mit der zuerst dargestellten bereicherungsrechtlichen „Oxford Variante“: hier entsteht das proprietary interest, in Ausnahmefällen, als Reaktion (response) auf eine ungerechtfertigte Bereicherung. Die creation in der „Cambridge Variante“ jedoch ist eine Fortführung des verlorenen legal proprietary interest und hat mit bereicherungsrechtlichen Überlegungen nichts zu tun. Equity-Eigentumsrechte hier können zunächst über den so genannten resulting trust entstehen, einer Art gesetzlichem Schuldverhältnis.147 Unter bestimmten Umständen „springt“ das (equitable) Eigentum wieder zurück auf die Gläubigerin: „A resulting trust arises where property has been transferred to the defendant and a recognized trigger for the trust occurs, which might arise at the time of transfer or subsequently, so that the property is then held by the defendant on trust for the claimant. The trust is called ,resulting‘ since the equitable proprietary interest in the property return, or ,results‘, back in Equity to the person who transferred the property in the first place.“148 Rechte aus einem resulting trust werden insbesondere in zwei Fallgestaltungen anerkannt. So wird unterschieden in den automatic resulting trust, der angenommen wird, wenn ein express trust, etwa aus Formgründen, scheitert.149 Beim presumed resulting trust wird im Rahmen von unentgeltlichen Verfügungen vermutet, dass die Schuldnerin den verfügten Gegenstand on trust für die Gläubigerin hält.150 Bei beiden Varianten liegt dem resulting trust der vermutete Parteiwillen zugrunde; die Einzelheiten sind umstritten. Auch über den so genannten constructive trust (ebenfalls umstritten) können grundsätzlich equitable proprietary rights geschaffen werden.151 Lord Browne-Wilkinson verdeutlicht den Unterschied zu den zuvor genannten Arten des trust so: „Equity operates on the conscience of the owner of the legal interest. In the case of a trust, the conscience of the legal owner requires him to carry out the purposes for which the property was vested in him (express or implied) or which the law imposes on him by reason of his unconscionable [Anm.: übersetzt zu „unzumutbar“ oder „sittenwidrig“] conduct (constructive trust).“152 Während der so genannte institutional constructive trust nach einer solchen sittenwidrigen Störung des proprietary right der Klägerin ipso iure entsteht und das Gericht dessen Vorliegen nur erkennt, soll der (in England so (noch) nicht anerkannte) remedial constructive trust im Ermessen des Gerichts liegen; hierüber

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Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 581 ff. Hierzu ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 582 ff., m. w. N. 148 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 582. 149 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 584 ff., 592 ff., jeweils m. w. N. 150 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 583 ff., 588 ff., jeweils m. w. N. 151 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 595 ff., m. w. N.; Swadling, The Fiction of the Constructive Trust, in: Current Legal Problems (Vol. 64, Nr. 1) 2011, 399. 152 Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] A.C. 669, 705 (Lord Browne-Wilkinson). 147

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könnten dann proprietary remedies auch in anderen (etwa bereicherungsrechtlichen) Sachverhaltskonstellationen zugesprochen werden.153 b) Identifikationshilfen: following und tracing Nachdem also in einem ersten Schritt die proprietary base, die Rechtsstellung der klagenden Partei festgestellt wurde, muss in einem zweiten Schritt gefragt werden, ob dieses proprietary right sich in dem Streitgegenstand fortsetzt. Hier helfen die Identifikationshilfen des following und tracing. Following und tracing begegneten uns bereits bei der „Oxford Variante“, und zwar zur Identifizierung der proprietary connection bei dem at the claimant’s expense-Merkmal. Hier jedoch dienen sie der Beantwortung der Frage, ob das Eigentumsrecht der Klägerin sich in dem Streitgegenstand „in den Händen“ der Beklagten fortträgt.154 Following und tracing sind also beweisrechtliche Identifkationsmechanismen. Sie stellen deshalb mitnichten selbst Ansprüche dar. Der Verweis in von Bar et al., „Tracing [sei] eine Form der „Vindikation“ von property rights bei Veruntreuung des trust property“, ist an dieser Stelle deshalb zumindest nicht ganz eindeutig.155 Following und insbesondere auch tracing sind gänzlich getrennt von dem zugrundeliegenden Anspruch. So heißt es in der für die moderne Interpretation der Identifikationsmechanismen maßgeblichen Entscheidung Foskett v. McKeown: „Tracing is thus neither a claim nor a remedy. It is merely the process by which the claimant demonstrates what has happened to his property, identifies its proceeds and the persons who have handled or received them, and justifies his claim that the proceeds can properly be regarded as representing his property. Tracing is also distinct from claiming. It identifies the traceable proceeds of the claimant’s property. It enables the claimant to substitute the traceable proceeds for the original asset as the subject matter of his claim. But it does not affect or establish his claim.“156 Doch nicht überall wird diese Trennung sauber vorgenommen und so wird der Vindikationsanspruch nach Virgo auch mancherorts als tracing claim bezeichnet.157 Auch sind die Identifikationsmechanismen mitnichten equity vorbe153 Zur Unterscheidung beider Unterarten siehe Middleton, „England“, in: von Bar, Sachenrecht in Europa, S. 152 ff.; ausführlich auch Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 595 ff., m. w. N.; Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] A.C. 669, 714 (Lord Browne-Wilkinson): „A remedial constructive trust […] is a judicial remedy giving rise to an enforceable equitable obligation: the extent to which it operates […] lies in the discretion of the court.“; siehe auch Birks, Trusts raised to reverse unjust enrichment, in: Restitution Law Review (Vol. 4) 1996, 3. 154 Das Standardwerk ist auch heute noch Smith, The Law of Tracing aus dem Jahre 1997; siehe auch auch Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 607 ff., m. w. N.; Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102. 155 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Zweiter Band, S. 562, Rn. 452. 156 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 128 D – E (Lord Millett); Smith, The Law of Tracing, S. 10 ff.; siehe auch Birks, „The Necessity of a Unitary Law of Tracing“, in: Cranston, Essays in Honour of Roy Goode, S. 239 ff. 157 Relfo Limited (In Liquidation) v. Varsani [2014] EWCA Civ 360; dies wäre nach Virgo aber „patently incorrect“, siehe The Principles of the Law of Restitution, S. 612.

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2. Teil: England

halten, wie das obige Zitat vermuten lassen könnte: „The successful completion of a tracing exercise may be preliminary to a personal claim […] or a proprietary one, to the enforcement of a legal right […] or an equitable one.“158 Sowohl common law als auch equity halten spezielle Regelungen für die Identifikationsmechanismen vor, obwohl Rufe nach einer einheitlichen Regelung schon seit Jahren zu vernehmen sind.159 So heißt es in Foskett v. McKeown zum tracing, wenngleich obiter: „Given its nature, there is nothing inherently legal or equitable about the tracing exercise. There is thus no sense in maintaining different rules for tracing in law and in equity. One set of tracing rules is enough.“160 Der Unterschied zwischen following und tracing liegt, vereinfacht dargestellt, in dem begehrten Gegenstand: während hier der Streitgegenstand identisch mit dem ursprünglichen Gegenstand ist (following), so wird dort der Anspruch an einem anderen Gegenstand geltend gemacht; der urspüngliche Gegenstand setzt sich hier jedoch wertmäßig in dem neuen Gegenstand fort (tracing). Following kommt also immer dann in Betracht, wenn der ursprüngliche Gegenstand und der Streitgegenstand identisch sind.161 Following ist dann nicht mehr möglich, wenn der Gegenstand, regelmäßig eine bewegliche Sache, untergeht.162 Der Vorgang ist recht simpel und die Regeln des following „cause no great difficulty“.163 Grundsätzlich ist hier also erforderlich, dass die Klägerin auf den Gegenstand „zeigen“ und ihr Eigentumsrecht hieran darlegen kann: „Following is generally a simple matter, involving the physical location of a tangible thing. For example, if thief steals a car, he takes possession of it. Subsequently, possession of the car might pass to a number of different people in sequence. […] the purely physical exercise of locating a thing is […] called ,following‘. The context of following is the movement of things in time and space.“164 Tracing hingegen verfolgt den Wert des ursprünglichen Gegenstandes in ein Surrogat.165 Während following also eine Sachbewegung „in time and space“ nachzeichnet, so geht es hier um dingliche Substitution: „Tracing identifies a new thing as the potential subject matter of a claim, on the basis that it is the substitute for an original thing which was itself the subject matter of a claim. The new thing, as a substitute, stands in the place of the old thing, and therefore can be subject to the same 158

Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 128 F (Lord Millett). Ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 607 ff., m. w. N.; Birks, „The Necessity of a Unitary Law of Tracing“, in: Cranston, Essays in Honour of Roy Goode, S. 239 ff.; Smith, The Law of Tracing, S. 4. 160 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 128 G (Lord Millett). 161 Smith, The Law of Tracing, S. 6 ff. sowie insb. 67 ff.; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 608 ff., 613; siehe aber auch Scott, der zwischen tracing from hand to hand und tracing from form to form unterscheidet, The Right to ,Trace‘ at Common Law, in: Western Australian Law Review (Vol. 7) 1966, 463. 162 Smith, The Law of Tracing, S. 104 ff. 163 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 613. 164 Smith, The Law of Tracing, S. 6. 165 Smith, The Law of Tracing, S. 6 ff., insb. S. 119 ff.; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 608 ff., 613 ff.; Burrows, The Law of Restitution, S. 117 ff., m. w. N. 159

A. Ansprüche aus proprietary restitution

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claim.“166 In Shalson v. Russo heißt es etwa, „the process by which a claimant seeks to show that an interest he had in an asset has become represented by an interest in a different asset“.167 Zur Verdeutlichung mag folgendes Beispiel dienen: „[…] if the claimant paid £10,000 to a friend because of a fundamental mistake [Anm.: ein fundamental mistake steht einer wirksamen Übertragung des legal title entgegen] and the friend then used that money to buy a car, which she then sold for £15,000 and used the proceeds of sale to buy shares which she gave to her daughter, the claimant may wish to claim the shares from the daughter. To establish such a claim, the claimant will need to show both that he retained a proprietary interest in the original £10,000 which he paid by mistake [Anm.: dies ist die proprietary base] and that this proprietary interest can be traced into the car, the proceeds of the car and ultimately into the shares, so that the value in the original £10,000 now subsists in the shares.“168 Der Wert (value) des ursprünglichen Gegenstands wird also in einem anderen Gegenstand identifiziert.169 Nach erfolgreichem tracing besteht der Anspruch grundsätzlich unverändert an dem Surrogat fort: „He will normally be able to maintain the same claim to the substituted asset as he could have maintained to the original asset.“170

III. Anspruchsgrenzen Ja nach dem, ob man den Anspruch im Sinne der „Oxford Variante“ oder der „Cambridge Variante“ einordnet, werden die Anspruchsgrenzen unterschiedlich gezogen. Es stehen sich insbesondere zwei defences gegenüber, nämlich der Entreicherungseinwand (change of position) und der gutgläubige Erwerb (bona fide purchase). In Foskett v. McKeown heißt es: „[…] a claim in unjust enrichment is subject to a change of position defence, which usually operates by reducing or extinguishing the element of enrichment. An action like the present is subject to a bona fide purchaser for value defence, which operates to clear the defendant’s title.“171 So eindeutig, wie es hier erscheinen mag, ist die Unterscheidung jedoch nicht. Ähnlich wie bei der Einordnung der proprietary restitution in das eine oder das andere „Restitutionslager“, so ist auch bei der Frage nach der Einordnung dieser defences vieles umstritten. Die change of position-Einwendung ist seit der hierzu grundlegenden Entscheidung des damals noch House of Lords in Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. „available to a person whose position has so changed that it would be inequitable 166

Smith, The Law of Tracing, S. 6. Shalson v. Russo [2005] Ch. 281, Rn. 102 (Rimer J). 168 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 608. 169 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 128 C (Lord Millett); Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 608 ff.; a. A.; Cutts, Tracing, Value and Transactions, in: (2016) Modern Law Review 79 (3), 381 (382): „concepts of value are conceptually and practically misleading“. 170 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 128 E (Lord Millett). 171 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, S. 129 G (Lord Millett). 167

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2. Teil: England

in all the circumstances to require him to make restitution“.172 Das House of Lords überließ die weitere Ausarbeitung der change of position den unteren Gerichten, „to attempt to identify all those actions in restitution to which change of position may be a defence“.173 So ist bis heute etwa noch unklar, ob change of position auf alle restitutionary claims (insbesondere auch solche zur vindication of property rights) anwendbar ist oder nicht.174 Die bona fide purchase-Einwendung erlaubt es, gutgläubigen Erwerb an dem Streitgegenstand geltend zu machen, „to make good defects in the defendant’s title to property“.175 Hierzu ist insbesondere umstritten, ob dies nur auf die sachenrechtliche Interpretation der proprietary restitution anwendbar ist oder auch in Bezug auf bereicherungsrechtliche Ansprüche.176

IV. Proprietary restitutionary remedies: Anspruchsinhalt Zuletzt stellt sich, nach beiden Ansichten, die Frage, was Anspruchsinhalt ist, bzw. welche remedies der Klägerin zur Verfügung stehen. Wie bereits dargestellt, geben die so genannten restitutionary remedies, vereinfacht gesagt, der Klägerin Mittel an die Hand, dasjenige aus dem Vermögen der Beklagten abzuschöpfen, was dort „nicht hingehört“. Die Funktion der restitutionary remedies ist es also, „to restore to the claimant the value of the thing, the thing itself, or its substitute, which the claimant had lost“.177 Wie im deutschen Recht auch fallen die möglichen Anspruchsinhalte für den „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ grundsätzlich in zwei Kategorien, und zwar entweder „Geld“ oder „Sache“ (eben „the value of the thing, the thing itself, or its substitute“), mit ganz unterschiedlichen praktischen Konsequenzen. Es werden personal restitutionary remedies und proprietary restitutionary remedies unterschieden: „These remedies can take two forms. The first are proprietary remedies where the claimant is able to recover the property itself or acquire a security interest in the property which is in the defendant’s hands. The second are personal remedies where the defendant is only able to recover the value of the property received by the defendant.“178 Wie im deutschen Recht können absolute 172 Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. [1991] 2 A.C. 548, S. 580 (Lord Goff); Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 678 ff., m. w. N.; Burrows, The Law of Restitution, S. 5, 24 ff., m. w. N.; ausführlich auch in Bant, The Change of Position Defence. 173 Lipkin Gorman v. Karpnale Ltd. [1991] 2 A.C. 548, S. 580 (Lord Goff); S. 558 (Lord Bridge). 174 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 696 ff., m. w. N.; Burrows, The Law of Restitution, S. 524 ff., m. w. N. 175 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 656 ff., m. w. N.; Burrows, The Law of Restitution, S. 573 ff., m. w. N. 176 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 656 ff., m. w. N.; siehe auch Burrows, The Law of Restitution, S. 573 ff., m. w. N. 177 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 4, m. w. N. 178 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 631; Burrows, The Law of Restitution, S. 14 ff., m. w. N.; Tettenborn, Law of Restitution in England and Ireland, S. 37 ff., Rn. 2 – 01 ff.

A. Ansprüche aus proprietary restitution

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Rechtspositionen (proprietary rights) grundsätzlich sowohl über dingliche Ansprüche (proprietary remedies) als auch über relative Ansprüche (personal remedies) geschützt werden.179 Personal remedies geben der Klägerin einen schuldrechtlichen Anspruch auf Geldzahlung und sind, wie bereits erwähnt, zumindest im common law die Regel. Obwohl personal remedies keine Insolvenzprivilegierung gewährleisten, so sind sie doch dann wertvoll, wenn der Anspruchsgegenstand eben nicht mehr herausgegeben werden kann.180 Dingliche proprietary remedies sind grundsätzlich in equity zu Hause und stehen im Herzen der Debatte zur Rechtsnatur der proprietary restitution. Wie bereits oben dargestellt, beansprucht die „Cambridge Variante“ dingliche remedies allein für den sachenrechtlichen Vindikationsanspruch, während die „Oxford Variante“ diese in Ausnahmefällen auch für den bereicherungsrechtlichen Anspruch vorsieht. Als proprietary restitutionary remedies kommen insbesondere die Gewährung eines equitable proprietary right unter dem bereits erwähnten constructive trust in Frage als auch ein Sicherungsrecht über die so genannte equitable charge. Die equitable charge gibt der Klägerin ein Sicherungsrecht an dem Vermögen der Beklagten. In der Höhe der geschuldeten Summe bzw. des Wertes des Streitgegenstandes genießt die Klägerin nun Insolvenzprivilegierung für den Fall, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig wird.181 Wird jedoch anerkannt, dass die Beklagte den Streitgegenstand on trust für die Klägerin hält, so führt dieses equitable proprietary right der Klägerin dazu, dass sie sowohl entweder die Herausgabe oder, wohl häufiger, die Auszahlung verlangen kann.182 Ein solcher Fall lag auch der Entscheidung in Foskett v. McKeown zugrunde: das Gericht sprach den Klägern ein equitable proprietary right an einem Teil des mittlerweile signifikant an Wert gestiegenen Streitgegenstands zu und sie erhielten ihr proportionate share an der Versicherungssumme ausbezahlt.183

V. Zusammenfassung Die proprietary restitution wird auch weiter die Geister scheiden. Zwar hat die „Cambridge Variante“, der Vindikationsanspruch nach Virgo, höchstrichterliche Unterstützung insbesondere mit Foskett v. McKeown erhalten und ist mittlerweile weitgehend anerkannt. Die Vertreter der bereicherungsrechtlichen Interpretation („Oxford Variante“) zeigen sich jedoch mitnichten geschlagen. So schreibt Burrows: „[…] Foskett cannot, and must not, be regarded as the last word on the relationship in 179

Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 64, Rn. 2.102. Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 631. 181 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 635 ff., m. w. N. 182 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 632 ff., m. w. N. 183 Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 632 ff., m. w. N. 180

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2. Teil: England

English law between the law of property and the cause of action of unjust enrichment.“184 Es liegt in der Natur des durch case law geprägten englischen Rechts, dass jede neue Entwicklung Zeit braucht. So schreibt etwa Lord Rodger in Bezug auf das unjust enrichment, dieses sei „little over 40 years old in England. […] we are still groping for a satisfactory analysis of the law of negligence 75 years after Donoghue v. Stevenson. […] The analysis of unjust enrichment will mature further over the coming decades and generations“.185 So auch Birks noch im Jahre 1985 zum law of restitution: „Neither in the courts nor in the universities does the English law of restitution pay much attention to other systems. The reason is partly that, though dense in cases, the law is too unformed easily to bear comparison. Also, English judges have encouraged the view that in this field the common law is, and is meant to be, different from the law of civilian systems, which implies that it cannot learn from them.“186 Für Burrows ist der Streitstand nach wie vor (und trotz Foskett v. McKeown) „the last great unsolved mystery fo those working in the law of restitution“ und er vertritt die Ansicht, dass niemand „can have a true understanding of the law of restitution without some convincing approach to this relationship“.187 Es scheint, dass mit der jüngsten Rechtsentwicklung, welche mit Virgo und Foskett v. McKeown begann, die Unterschiede zum kontinentaleuropäischen Recht kleiner geworden sind. Mit Blick auf die vergleichende Rechtswissenschaft wäre dies zu begrüßen, und nicht nur hier: eine Brücke zum englischen Recht mit seinem, für die deutsche Rechtswissenschaft schwer greifbaren Eigentumsverständnis mag auch für die (grenzüberschreitende) Praxis von nicht zu unterschätzender Bedeutung sein. Es bleibt abzuwarten, ob man sich in den Universitäten auf der anderen Seite des Channel für diesen „Vindikationsanspruch“ weiter erwärmen kann; die Rechtsprechung jedenfalls hat ihn mit Begeisterung aufgenommen.

B. Ansprüche aus conversion Die oben dargestellte Entwicklung eines neuen „Vindikationsanspruchs“ lässt erst seit wenigen Jahren die Gemüter hochkochen. Wesentlich älter ist der Anspruch aus conversion, doch auch dieser Anspruch entstammt nicht originär dem Sachenrecht. Bridge et al. bemerken hierzu: „It is a remarkable feature of English property law that few of the claims which are used to protect and enforce interests in assets are formally within the law of property.“188 Über die Jahrhunderte hinweg wurde und wird in 184

Burrows, The Law of Restitution, S. 171. Rodger, „An Introduction to Sempra Metals Ltd“, in: Degeling/Edelman, Unjust Enrichment in Commercial Law, S. 317 ff., S. 331. 186 Birks, Restitution: A View of the Scots Law, in: Current Legal Problems, Vol. 38, 1985, 57. 187 Burrows, Proprietary Restitution: Unmasking Unjust Enrichment, in: Law Quarterly Review (Vol. 117, Issue 3, July) 2001, 412 (412). 188 Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 23, Rn. 1 – 047. 185

B. Ansprüche aus conversion

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England ownership an beweglichen Sachen also eben nicht primär über sachenrechtliche Vorschriften, geschweige denn über das relativ junge law of restitution, geschützt, sondern über das Deliktsrecht, und zwar über die so genannten property torts. Der Begriff tort leitet sich von lat. tortum ab, was als „verworfen“ oder „falsch“ übersetzt werden könnte.189 Im modernen Recht ist der Torts (Interference with Goods) Act 1977 maßgeblich und gibt zur Übersicht der zur Verfügung stehenden Ansprüche eine Definition von wrongful interference with goods in s. 1: „(a) conversion of goods (also called trover), (b) trespass to goods, (c) negligence in so far as it results in damage to goods or to an interest in goods, (d) […] any other tort in so far as it results in damage to goods or to an interest in goods.“190 Die property torts decken einen bunten Strauß von Eingriffstatbeständen ab; ihre jeweiligen Rechtsfolgen sind jedoch vereinheitlicht im Torts (Interference with Goods) Act 1977 geregelt. Der hier im Zentrum stehenden Besitzvorenthaltung gegenüber der Berechtigten wird vornehmlich über die conversion begegnet. Es ist also weniger das gestörte property right, das den Schutz der conversion auslöst; vielmehr wird der Eingriff in dieses sanktioniert.191 Der Anspruch ist zwar deliktischen Ursprungs. Durch ihre besonderen Merkmale, nicht zuletzt die verschuldensunabhängige Haftung (strict liability), übernimmt die conversion jedoch die Funktion einer QuasiVindikation: „although nominally tortious, conversion had become the remedy to protect ownership of goods“.192 Die conversion umfasst, neben der Besitzvorenthaltung, eine Fülle von Sachverhaltskonstellationen und ist in vielen Teilen nur schwer greifbar; so schreibt etwa Bramwell in Burroughes v. Bayne: „[I]t seems to me that, after all, no one can undertake to define what a Conversion is.“193

I. Historischer Hintergrund Die Existenz und Rechtsnatur der conversion ist, anders als die proprietary restitution, nicht umstritten. Sie ist jedoch in vielen Aspekten nur schwer zu fassen und nur vor ihrem geschichtlichen Hintergrund wirklich zu verstehen. So schreibt Douglas, dieser Anspruch „remains for the most part a product of its complex his189

Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 1 – 401. Hierzu in deutscher Sprache etwa Huber, Eigentumsschutz durch Deliktsrecht, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (RabelsZ), Band 62 (1), 1998, 59. Zum einstweiligen Rechtsschutz steht grundsätzlich noch die uralte Klage der replevin zur Verfügung; zu ihrer Anwendbarkeit und Praxisrelevanz in England neben s. 4 des Torts (Interference with Goods) Act 1977 siehe wieder Huber, a. a. O., S. 63, 103; zu replevin und ihre Anwendbarkeit im modernen US-Recht auch Brennan, Replevin and the Paradox of English Chattel Property, in: Common Law World Review (Vol. 36/4) 2007, 337. 191 Siehe zu einer Diskussion möglicher Auswirkungen des rein deliktischen Schutzes auf das Eigentumsverständnis im common law ausführlich Hickey, Wrongs and the protection of personal property, in: Conveyancer and Property Lawyer (Vol. 75, Issue 1) 2011, 48. 192 OBG Ltd. v. Allan [2008] 1 A.C., Rn. 308 (Baroness Hale of Richmond). 193 Burroughes v. Bayne (1860) 157 ER 1196, Rn. 308 (Bramwell B). 190

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2. Teil: England

torical development and we cannot make sense of its most important features without considering its history“.194 Die Geschichte der conversion beginnt wohl im späten 15. Jahrhundert.195 Ihre Vorgängerin ist die altertümliche Klageform der detinue.196 Über die detinue konnte die unberechtigte Besitzerin einer Sache gezwungen werden, die Sache oder ihren Wert an die Klägerin herauszugeben. Bei der detinue zeigt sich bereits in der Begrifflichkeit (detinue = detention = Vorenthaltung) die Nähe zum Vindikationsanspruch, wie er für das deutsche Recht in § 985 BGB geregelt ist. William Blackstone, einer der einflussreichsten englischen Juristen des 18. Jahrhunderts, schrieb in seinen „Commentaries on the Law of England“: „[I]f I lend a man a horse and he afterwards refuses to restore it, this injury consists in the detaining and not in the original taking, and the regular method for me to recover possession, is by the action of detinue.“197 Die formale Klageform (writ) der detinue enthielt eine Reihe von altertümlichprozessualen „Unglücklichkeiten“, einem „dismal catalogue of defects“,198 zumindest aus Sicht der klagenden Partei. Insbesondere konnte die Beklagte einer Haftung auf Herausgabe der Sache bzw. Wertersatz entgehen, wenn sie Eideshelfer (compurgators) vorbringen konnte, Personen also, die für ihre Unschuld bürgten.199 Über die Zeit entwickelte sich, in einer versuchten Umgehung der detinue, deshalb eine neue Klageform sui generis, die sogenannte action on the case. Hierunter war es der Beklagten insbesondere nicht möglich, sich mithilfe von compurgators einer Haftung zu entziehen. Die action on the case stand subsidiär hinter den traditionell anerkannten Klageformen und konnte nur vorgebracht werden, wenn für denselben Sachverhalt keine andere form of action (hier insbesondere detinue) in Frage kam; es handelte sich mithin um eine Art Auffangklage. Hierzu heißt es in Lord Mounteagle v. Countess of Worcester, einer Gerichtsentscheidung aus dem Jahre 1555: „Also an action on the case will not lie, because it appears that the plaintiff may well maintain an action of detinue, and where a man has an ordinary writ ready framed in the Register for his case, there he shall not sue out a new form of writ, &c.“200 Da die klagende Partei sicherstellen musste, dass ihr Vorbringen unter der action on the case zumindest den Anschein hatte, eben keine detinue zu sein, entwickelte sich die Klagebegründung, die Beklagte habe die Sache nicht nur unrechtmäßig vorenthalten 194 Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198; siehe auch Prosser, Nature of Conversion, in: Cornell Law Review (Vol. 42, Issue 2) 1957, 168; siehe auch Green, The subject matter of conversion, in: Journal of Business Law (Vol. 3) 2010, S. 218. 195 Zum geschichtlichen Hintergrund ausführlich etwa Douglas, Liability for Wrongful Interference with Chattels, S. 51 ff.; ders., The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198; siehe auch OBG Ltd. v. Allan [2007] UKHL 21. 196 Siehe zur Abschaffung ausführlich Douglas, The Abolition of Detinue, in: Conveyancer and Property Lawyer (Vol. 1) 2008, 30. 197 Blackstone, Commentaries on the Laws of England, Dritter Band, S. 152. 198 Fifoot, History and Sources of the Common Law, S. 102. 199 Hierzu und zum Folgenden siehe den sehr lesenswerten Aufsatz von Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198. 200 Lord Mounteagle v. Countess of Worcester (1555) 73 ER 265, 266.

B. Ansprüche aus conversion

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(das wäre dann ja detinue), sondern sie sich bzw. ihren Wert, unrechtmäßig angeeignet, sei es nun durch eigennützigen Gebrauch, Verkauf und Aneignung des Kaufpreises etc. Der Vorwurf war, dass die Beklagte mit der Sache umgegangen sei, als wäre sie ihr Eigentum.201 Um nicht in Gefahr zu geraten, dass das Gericht die Klage wegen Übergehung der detinue abwies, konzentrierte man sich also auf die Darlegung einer solchen misappropriation oder conversion des Sachwertes.202 Der Fokus lag, eine haarfeine Unterscheidung, nicht auf dem unberechtigten Besitz, sondern auf dem unrechtmäßigen Sichzueigenmachen, „Konvertieren“ der Sache bzw. des Sachwertes. Um die beschriebenen unerwünschten prozessualen Aspekte der, im Grunde dem sachenrechtlichen Anspruch aus § 985 BGB recht ähnlichen, detinue zu umgehen, wandelte sich der ursprüngliche Haftungsgrund also mehr und mehr in eine deliktsrechtliche Kategorisierung. Nach und nach gingen detinue und conversion immer weiter ineinander auf und boten concurrent remedies.203 So heißt es etwa in Eason v. Newman im Jahre 1596, „although the plaintiff could have an action of detinue for the goods, whereby he could recover the things themselves, nevertheless the withholding and refusing to deliver them is another wrong, properly to be punished by this action [on the case]. And so it seemed […] that this refusal was a conversion“.204 Der Torts (Interference with Goods) Act 1977 (s. 2 (1)) machte kurzen Prozess mit detinue: „Detinue is abolished.“ Es wurde hier der Einschätzung und Abschaffungsempfehlung des Law Reform Committees gefolgt: „the present position appears to be that conversion will lie in every case in which detinue would lie […]“.205 Im modernen Recht konstituiert der Tatbestand der detinue, die Vorenthaltung gegenüber der berechtigten Person, also einen (deliktischen) Anspruch aus conversion. Der Anwendungsbereich der conversion reicht jedoch viel weiter und umfasst etwa auch solche Fälle, in denen die Beklagte die Sache unberechtigt veräußert, zerstört oder verbraucht (disposal).206 Lange Zeit war conversion auf diese beiden Fallgruppen der Besitzvorenthaltung (detention) und solche einer disposal beschränkt. Dies lag vorrangig daran, dass conversion über Jahrhunderte den Vortrag erforderte, dass die Beklagte die Sache gefunden hatte, und auch heute noch findet man gelegentlich die alte Bezeichnung trover, abgeleitet vom altfranzösischen Wort für finden.207 Fallgestaltungen, in denen ein unrechtmäßiges Ansichnehmen (taking) vorgeworfen wurde, konnten ursprünglich wegen dieser formalen Hürde eben nicht 201

Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198 (201). Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198 (200 ff.). 203 Law Reform Committee, Conversion and Detinue, S. 4 ff. 204 Eason v. Newman (1596) Cro Elizabeth 495. 205 Law Reform Committee, Conversion and Detinue, S. 4, 43 ff. 206 Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198 (202). 207 Auch der Torts (Interference with Goods) Act 1977 verwendet diesen Begriff in s. 1 (a): „conversion of goods (also called trover)“; siehe hierzu auch Halsbury’s Laws of England, Tort, S. 602 ff., m. w. N. 202

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2. Teil: England

über die conversion litigiert werden: wurde eine Sache erwiesenermaßen „genommen“, konnte ein „Finden“, selbst als Fiktion, schwerlich vorgetragen werden.208 Dieses Fiktionserfordernis wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschafft und eröffnete eine conversion damit auch bei unrechtmäßigen Ansichnahmen.209 Da Fallgestaltungen des taking und anderer direkter Einwirkungen auf die Sache traditionell jedoch über die trespass to goods-Klage litigiert wurde, musste für eine conversion zusätzlich noch ein vollständiger Ausschluss der Klägerin von der Sache dargelegt werden.210 Der Präzedenzfall für Fälle des taking ist die Gerichtsentscheidung Fouldes v. Willoughby aus dem Jahre 1841.211 Der beklagte Fährenbetreiber hat die Pferde des Klägers von der Fähre wieder an Land bringen lassen, um den sich weigernden Kläger zum Verlassen der Fähre zu bewegen. Es bestand kein Zweifel darin, dass dem Beklagten ein taking zur Last fiel. Die Frage war jedoch, ob dieses taking zu einem vollständigen Ausschluss des Klägers geführt hatte (conversion) oder nicht (trespass to goods). Das Gericht verneinte einen vollständigen Ausschluss; dem Kläger habe es freigestanden, die Fähre zu verlassen und seine Pferde wieder an sich zu nehmen. Dass er dies nicht tat und die Fährenüberfahrt fortsetzte, fiel ihm und nicht dem Beklagten zur Last. Anders hätte der Fall in der folgenden Konstellation gelegen: „[…] suppose, in the present case, the defendant had thrown the horses into the water, whereby they were drowned, that would have amounted to an actual conversion […] for in these cases, the chattel is […] destroyed altogether.“212 Diese Überlappung der conversion mit detinue (und auch trespass to goods) führte in den 1970er Jahren dazu, dass das Law Reform Committee nicht nur die Abschaffung der detinue, sondern auch des trespass to goods vorschlug: „Such distinctions as that between giving poisoned meat to a dog (trespass) and leaving poisoned meat for a dog (case [Anm.: gemeint ist hier conversion]) do not seem to us to have any place in a rational system of law […].“213 Man wollte einen einheitlichen tort of wrongful interference with movables für alle widerrechtlichen Einwirkungen auf bewegliche Sachen einführen, der an die Stelle des bunten Straußes an bestehenden und sich zum Teil überschneidenen property torts treten sollte.214 Der Torts (Interference with Goods) Act 1977 folgte diesem Vorschlag jedoch nicht, weswegen die Unterscheidung zwischen conversion und trespass to goods (wenn auch nicht mehr detinue) auch heute noch zu beachten ist: „The structure of the modern law of 208

Siehe ausführlich Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198. 209 Halsbury’s Laws of England, Tort, S. 602; Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198 (205). 210 Douglas, The Nature of Conversion, in: Cambridge Law Journal 2009, 68 (1), 198 (205); Law Reform Committee, Conversion and Detinue, S. 7 ff. 211 Fouldes v. Willoughby (1841) 151 E.R. 1153. 212 Fouldes v. Willoughby (1841) 151 E.R. 1153, 1156. 213 Law Reform Committee, Conversion and Detinue, S. 8, 43 ff. 214 Law Reform Committee, Conversion and Detinue, S. 10 ff.

B. Ansprüche aus conversion

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torts reflects its historical origins in the old system of the forms of action“;215 oder bildhafter bei Salmond: „Forms of actions are dead, but their ghosts still haunt the precincts of the law. In their life they were powers of evil, and even in death they have not wholly ceased from troubling. In earlier days they filled the law with formalism and fiction, confusion and complexity, and though most of the mischief which they did was buried with them, some portion of it remains inherent in the law of the present day. Thus if we open a book on the law of torts, howsoever modern and rationalized, we can still hear the echoes of the old controversies concerning the contents and boundaries of trespass and detinue and trover and case, and we are still called upon to observe distinctions and subtleties that have no substance or justification in them, but are nothing more than an evil inheritance from the days when forms of action and of pleading held the legal system in their clutches. In no branch of the law is this more obvious than in that which relates to chattels. In particular the law of trover and conversion is a region still darkened with the mists of legal formalism, through which no man will find his way by the light of nature or with any other guide save the old learning of writs and forms of action and the mysteries of pleading.“216

II. Tatbestandsvoraussetzungen In nahezu jeder Beschreibung der conversion findet sich eine Bemerkung zu ihrer Unübersichtlichkeit. Diese Unübersichtlichkeit folgt aus der Entstehungsgeschichte des Anspruchs. Die conversion entstand wie ein Flussbett: sie folgte dem geringsten (prozessualen) Widerstand. Anders als der Vindikationsanspruch in § 985 BGB, der in den Protokollen zum BGB sorgfältig in das System eingefügt, konstruiert und begründet wurde, stand am Anfang der conversion kein klarer Grundsatz dazu, wie, vor welchen Eingriffen und warum property an beweglichen Sachen geschützt werden sollte. Dies spiegelt sich auch bei den Tatbestandsvoraussetzungen: „The tort of conversion is broadly concerned with cases where one person has misappropriated goods belonging to another. Conversion of goods can occur in so many different circumstances that framing a precise definition of universal application is virtually impossible.“217 In der zentralen Gerichtsentscheidung Kuwait Airways Corp. v. Iraqi Airways Co. aus dem Jahre 2002 stellte Lord Nicholls fest, dass eine Definition „well nigh impossible“, nahezu unmöglich, sei.218 Für das moderne Recht wagt Kuwait Airways Corp. v. Iraqi Airways Co. aber eine Definition der conversion als „act of deliberate dealing with a chattel in a manner inconsistent with another’s right whereby that other is deprived of the use and possession of it. […] In general, the 215

Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 402. Salmond, Observations on Trover and Conversion, in: Law Quarterly Review (Vol. 21) 1905, 43 (43). 217 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 604. 218 Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. (Nos 4 and 5) [2002] UKHL 19, Rn. 39 (Lord Nicholls of Birkenhead). 216

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2. Teil: England

basic features of the tort are threefold. First, the defendant’s conduct was inconsistent with the rights of the owner (or other person entitled to possession). Second the conduct was deliberate, not accidental. Third, the conduct was so extensive an encroachment on the rights of the owner as to exclude him from use and possession of the goods.“219 1. Anspruchsgegenstand Anders als die Bezeichnung property torts und die oben beschriebene Weite des Begriffs property vermuten lässt, kann die tatbestandliche Handlung der misappropriation nur an beweglichen, körperlichen Gegenständen (goods) vorgenommen werden.220 Der Torts (Interference with Goods) Act 1977 definiert goods in s. 14 (1) als „all chattels personal other than things in action and money“. Eben weil so gut wie jeder Vermögenswert property sein kann, ist die Terminologie sehr umfassend und wird zum Teil auch nicht einheitlich verwendet: chattels personal stehen im Gegensatz zu chattels real (insbesondere leasehold interests in land), die Teil des für sich stehenden Immobilienrechts sind; things in action stehen im Gegensatz zu things in possession (besitzfähige, also körperliche Sachen), wobei erstere sich auf unkörperliche Vermögenswerte beziehen, etwa vertragliche (Zahlungs-)Forderungen; auch liest man für dieses Begriffspaar oft die Bezeichnungen choses in action und choses in possession oder intangibles und tangibles.221 Wie noch gezeigt werden wird, kommen im schottischen Recht weitere Begrifflichkeiten dazu, insbesondere corporeal moveables.222 Dass property an unkörperlichen Gegenständen nicht ebenfalls geschützt wird, ist zwar anerkannt (der Wortlaut des Gesetzes ist hier eindeutig), wird jedoch auch vor dem Hintergrund einer unbefriedigenden Uneinheitlichkeit kritisiert. So schreibt etwa Baroness Hale of Richmond: „In a logical world, there would be such a proprietary remedy for the ursurpation of all forms of property. […] Once the law recognizes something as property, the law should extend a proprietary remedy to protect it.“223 Es bleibt also dabei, Anspruchsgegenstand einer conversion (und aller übrigen property torts) ist nur die bewegliche Sache.224 219 Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. (Nos 4 and 5) [2002] UKHL 19, Rn. 39 (Lord Nicholls of Birkenhead); siehe auch Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 604. 220 Und den sogenannten documentary intangibles, also in Papierform verbriefte unkörperliche Rechte, siehe hierzu etwa Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 11 ff., Rn. 1 – 022 ff.; Sheehan, The Principles of Property Law, S. 15 ff. 221 Ausführlich Sheehan, The Principles of Property Law, S. 2 ff.; Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 8 ff., Rn. 1 – 015 ff. 222 Siehe etwa die Definition in s. 61 (1) des Sale of Goods Act 1997: „all personal chattels other than things in action and money, and in Scotland all corporeal moveables except money“. 223 OBG Ltd. v. Allan [2007] UKHL 21, Rn. 309, 310 (Baroness Hale of Richmond). 224 Siehe für eine kritische Auseinandersetzung mit der Position in OBG Ltd. v. Allan [2007] UKHL 21: Douglas, The scope of conversion: property and contract, in: Modern Law Review (Vol. 73/3) 2011, 329.

B. Ansprüche aus conversion

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2. Aktivlegitimation: legal proprietary interest und immediate right to possess Wie sich aus der oben bereits angeführten Definition aus Kuwait Airways Corp. v. Iraqi Airways Co. ergibt, geht es bei der conversion um den Schutz der „rights of the owner (or other person entitled to possession).“ Aktivlegitimiert ist, wer an der Sache ein property right hält und darüber hinaus auch unmittelbar besitzberechtigt ist (immediate right to possess).225 Dies ist der so genannte title to sue.226 Beide Elemente müssen grundsätzlich kumulativ vorliegen: hat die Klägerin etwa ein property right an der Sache, war diese zum Zeitpunkt der tatbestandlichen Handlung aber wirksam an eine dritte Person vermietet, so fehlt der Klägerin eben das immediate right to possess.227 Zunächst muss die Klägerin also ein property right an der Sache, an der die tatbestandliche Handlung begangen wurde, darlegen. Während der oben dargestellte proprietary restitution-Anspruch vorrangig für equitable proprietary rights relevant ist, so kann conversion grundsätzlich stets nur zum Schutze von legal ownership, also common law-Eigentum geltend gemacht werden; ein equitable title unter einem trust etwa reicht grundsätzlich nicht aus.228 Das Eigentumskonzept des common law ist ein schwer greifbares Konzept und „one of the most elusive concepts of English law“.229 So schreibt auch Sheehan: „Ownership plays a pivotal role in property law, but it is a concept difficult to define.“230 Die komplexe Materie sucht zwei grundsätzlich gegensätzliche Konzepte zusammenzuführen: einerseits die Idee, dass ownership das beste Recht an einem Gegenstand ist; andererseits der mögliche „Gleichlauf“ mehrerer Rechts- und Besitzbeziehungen hin zu einer Situation, in der es gleichzeitig mehrere owner einer Sache geben kann (und zwar nicht etwa im Sinne von Miteigentum), deren individuellen Rechte in Bezug auf die Sache in einer Relativitätsbeziehung (relativity of title) zueinander stehen. Grundsätzlich ist ownership auch im englischen Recht ein absolutes Konzept: „ownership is the highest possible right in a thing that exists“.231 Oder, nach Honoré, „the greatest possible interest in a thing which a mature system of law recognizes“.232 Ownership ist ein umfassendes Recht und umfasst, etwa nach Honoré, „the right to possess, the right to use, the right to manage, the right to the income of the thing, the right to the capital, the right to security, the rights or incidents of transmissibility and 225 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 67, Rn. 2.115; Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 615 ff., m. w. N. 226 Ausführlich Curwen, Title to Sue in Conversion, in: Conveyancer and Property Lawyer, 2004 (July/August), 308. 227 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 67, Rn. 2.116. 228 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 636 ff. 229 Goode/McKendrick, Commercial Law, S. 34, Rn. 2.02. 230 Sheehan, The Principles of Property Law, S. 6. 231 Sheehan, The Principles of Property Law, S. 6. 232 Honoré, in: Guest, Oxford Essays in Jurisprudence, S. 108.

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2. Teil: England

absence of term, the prohibition of harmful use, liability to execution, and the incident of residuarity: this makes eleven leading incidents“.233 Das Konzept eines umfassenden „besten“ Rechts an einer Sache ist vor dem Hintergrund des deutschen Rechtsverständnisses vertraut. Doch wendet man sich der, nur scheinbar inhaltsgleichen, Frage zu, wer denn owner einer Sache ist, so löst sich diese Vertrautheit in Luft auf. Die deutsche Antwort auf die Frage, wer Eigentümerin ist, lautet „die Person, die Eigentum hat“, und zwar in der Regel unabhängig von den Besitzverhältnissen (Eigentümerin kann auch sein, wer keinen Besitz hat; wer Besitz hat, hat nicht unbedingt auch Eigentum). Die englische Antwort kann dagegen gut und gern lauten, „die Person, die die Sache im Besitz hat“. Die klare konzeptionelle Unterscheidung in Eigentum und Besitz, wie sie im BGB zu finden ist, ist im englischen Recht nicht ohne weiteres möglich. Zwar ist auch im englischen Recht eine materielle Unterscheidung zwischen „bloßem“ Besitz und „Eigentum“ grundsätzlich anerkannt. Dies wird besonders deutlich in der Rechtsfigur des bailment, das entsteht, „whenever one person (the bailee) is voluntarily in possession of goods belonging to another person (the bailor). The legal relationship […] is created by the voluntary taking into custody of goods which are the property of another“.234 Systemfremd hingegen ist die Idee, dass es stets nur eine Eigentümerin geben kann. Zwar finden sich Referenzen zum true owner regelmäßig in Rechtsprechung, Gesetzgebung235 und Literatur und „[i]t is common to speak of owners in absolute terms. The literature is full of references to the true owner, the proprietary equivalent of the True Cross or the Philosopher’s Stone“.236 Die Feststellung jedoch, wer denn true owner ist, ist kein absolutes Ergebnis, sondern ein relatives: „[…] proprietary disputes are solved in bilateral litigation where the court has traditionally been called upon only to adjudicate in favour of one or the other of two claimants, an exercise in the relative rather than the absolute.“237 Während das deutsche Recht die eine Person identifizieren kann, der Eigentum zukommt, fragt das common law danach, welcher Partei das „bessere“ Eigentumsrecht zusteht. Die Frage ist also, welche Person, relativ zur Gegenpartei, true owner ist. In Waverley Borough Council v. Fletcher betonte das Gericht, dass „the English law of ownership and possession, unlike that of Roman Law, is not a system of identifying absolute entitlement but of priority of entitlement“.238 Dies ist das Prinzip der relativity of title.239 In der hierfür (immer noch) grundlegenden Entscheidung aus dem Jahre 1721, Armory v. Delamirie, heißt es etwa: „That the finder of a jewel, 233

Honoré, in: Guest, Oxford Essays in Jurisprudence, S. 113. Halsbury’s Laws of England, Bailment and Pledge, Rn. 101, m. w. N. 235 Siehe etwa s. 6 (2) des Torts (Interference with Goods) Act 1977. 236 Bridge, Personal Property Law, S. 44. 237 Bridge, Personal Property Law, S. 44. 238 Waverley Borough Council v. Fletcher [1996] Q.B. 334, S. 345 (Auld L.J.) 239 Siehe hierzu etwa Rostill, Relative Title and Deemed Ownership in English Personal Property Law, in: Oxford Journal of Legal Studies (Vol. 35, No. 1) 2015, 31; Fox, Relativity of Title at Law and in Equity, in: Cambridge Law Journal (Vol. 65 – 2) 2006, 330. 234

B. Ansprüche aus conversion

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though he does not by such finding acquire an absolute property or ownership, yet he has such a property as will enable him to keep it against all but the rightful owner, and consequently may maintain trover [Anm.: gemeint ist hier conversion].“240 Dieser Entscheidung liegt ein nahezu romanhafter Sachverhalt zugrunde: der jugendliche Gehilfe einen Kaminkehrers, ein chimney sweep’s boy, fand in einem Kamin einen wertvollen Ring und ein Streit darum, wer denn true owner des Rings sei, entbrannte zwischen dem Kaminkehrer (an den armen Jungen dachte übrigens niemand) und dem Juwelier, dem der Ring von diesem zur Schätzung des Wertes anvertraut worden war.241 Der Grundsatz der Titelrelativität (relativity of title) und wie dieser zu der Idee eines „Vollrechts Eigentum“ passt, lässt sich anhand der Begrifflichkeiten interest und title näher bringen: „A person’s ,interest‘ in an asset must necessarily fall within one of the recognised instances of property right (ownership of goods, special property of pledgee, hirer under a chattel lease), with the rights, powers and other incidents applicable to that type of interest. The ,title‘ to that interest relates to its strength or quality, which could be absolute, qualified or defective. For instance, the owner of goods has a title that is good against the world, subject to the statutory exceptions to nemo dat, and other instances whereby he might be divested of property by operation of law. A finder of goods has a similar, but qualified, title, which is good against all the world, save the true owner.“242 Die Konzepte ownership und possession gehen also fließend ineinander über, so scheint es. In der Tat orientiert sich ownership im common law an der Besitzbeziehung. So schreibt Bridge: „Ownership is defined in terms of possessory entitlement and therefore is not qualitatively different from possession itself.“243 Von Battersby/Preston erfahren wir: „This notion of relative title permeates our law, and is one of the key concepts in the law of property […]. Given such a concept, the phrase ,owner of property‘ assumes significance only in relation to a particular issue with a particular person.“244 Und dennoch ist der legal title Vollrecht, „the best right

240

Armory v. Delamirie 93 ER 664. Dieser Fall ist zu (trauriger) Berühmtheit gelangt und fand und findet viel Aufmerksamkeit in der Literatur: so etwa das berühmte Gedicht von William Blake (1757 – 1827) „The Chimney Sweeper“ sowie der 2017 (basierend auf Armory v. Delamirie) erschienene Roman „Infants of the Brush: A Chimney Sweep’s Story“ der amerikanischen Autorin A. M. Watson; die chimney sweeps sind (seit den ersten Untersuchungen der für sie typischen Krebserkrankungen durch den englischen Mediziner Sir Percivall Pott im 18. Jahrhundert) auch heute noch Gegenstand medizinischen Interesses, siehe für eine Untersuchung neueren Datums etwa Hogstedt et al., Cancer Incidence in a Cohort of Swedish Chimney Sweeps 1958 – 2006, in: American Journal of Public Health (Vol. 103, No. 9) September 2013, 1708. 242 Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 27, Rn. 1 – 054; siehe auch Fox, Relativity of Title at Law and in Equity, in: Cambridge Law Journal (Vol. 65 – 2) 2006, 300 (332 ff.). 243 Bridge, Personal Property Law, S. 43. 244 Battersby/Preston, The Concept of ,Property‘, ,Title‘ and ,Owner‘ used in the Sale of Goods Act 1893, in: Modern Law Review (Vol. 35, Issue 3) 1972, 268 (269). 241

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2. Teil: England

one can have in respect of a chattel“.245 Die Rangfolge der jeweiligen Rechtspositionen wird zeitlich bestimmt: „The titles are relative in that the holder of a title has a right to exclude everyone except for those with a pre-existing title. In order for a claimant to sue in conversion, he does not need to prove that he has the best or absolute right, but simply that he has the better title to the chattel than the defendant at the time of the act complained of.“246 Der Grundsatz der Titelrelativität ist auch der Grund, warum es ganz grundsätzliche Zweifel an der bloßen Existenz eines Eigentumskonzepts im common law gibt: „In a system committed to the notion of relativity of title, talk of ,ownership‘ can logically have no place“;247 und „[d]espite what the layman might think, there is no concept on ownership in English law.“248 Festzuhalten bleibt, dass, zumindest in der dogmatischen Herleitung, es keine wesentlichen Unterschiede zwischen „Eigentum“ und Besitz gibt; beide sind (legal) proprietary interest und werden über die conversion geschützt. So Swadling: „Suffice to say that English law provides no relief to an ,owner‘ which is any different from that it provides to a ,possessor‘.“249 Die nahezu vollständige Überschneidung über den Grundsatz der Titelrelativität hat zur Folge, dass sowohl Eigentum als auch Besitz proprietary interests sind, also dingliche Rechtspositionen, die in der Insolvenz der Schuldnerin privilegieren.250 Nach dieser Logik ist dann aber auch jede Person, die unrechtmäßig in den Besitz der Sache gekommen ist, owner (wenn vielleicht auch nicht true owner), wobei hierzu auch, wohl mehr aus dem Wunsch heraus, dass nicht ist, was nicht sein darf, betont wird, dass diese Person dann zwar einen relativen title an der Sache hat, aber eben nicht owner ist: „Thieves have title, but it would be hard to say that they are owners.“251 Nichtsdestotrotz steht es auch thieves grundsätzlich frei, in conversion zu klagen (wobei die praktische Relevanz gering scheint).252 245

Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 616. Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 618; Armory v. Delamirie 93 ER 664. 247 Swadling, Rescission, Property, and the Common Law, in: Law Quarterly Review (Vol. 121) 2005, 123 (133); ders., Ignorance and Unjust Enrichment: The Problem of Title, in: Oxford Journal of Legal Studies, Vol. 28, No. 4 (2008), 627 (640). 248 Swadling, in: Burrows/Rodger, Essays in Memory of Peter Birks, S. 277 ff., 281; siehe auch Bridge, Personal Property Law, S. 30: „A striking but not necessarily odd question to ask is whether there truly is a separate notion of ownership at common law. […] ownership amounts to the best available possessory right.“ 249 Swadling, Ignorance and Unjust Enrichment: The Problem of Title, S. 640, Fn. 83. 250 Bridge, Personal Property Law, S. 29 ff.; Sheehan, The Principles of Property Law, S. 14 ff.; Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 68, Rn. 2.120; interessant auch Battersby/Preston, The Concept of ,Property‘, ,Title‘ and ,Owner‘ used in the Sale of Goods Act 1893, in: Modern Law Review (Vol. 35, Issue 3) 1972, 268. 251 Sheehan, The Principles of Property Law, S. 14. 252 Siehe Fox, Enforcing a Possessory Title to a Stolen Car, in: Cambridge Law Journal (Vol. 61/1) 2002, 27; Gough & Anr v. The Chief Constable of the West Midlands Police [2004] EWCA Civ 206, Rn. 48 (Lord Justice Potter): „[…] I find it inherently rebarbative that, by means of civil proceedings in detinue based on a superior possessory title of the claimant over property held by the police following seizure in the course of investigating a suspected offence, a 246

B. Ansprüche aus conversion

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Für die Aktivlegitimation ist zusätzlich noch notwendig, dass ein immediate right to possession, bzw. „the most immediate interest in an asset“,253 also eine Besitzberechtigung, dargelegt wird.254 Diese ist, auch nach dem Vorgenannten, wesentlich wichtiger als ownership: „It is not necessary to prove ownership, and indeed even an owner may not sue, unless he either possesses or has the immediate right to possess. Thus, for example, a purchaser of goods in whom the title is vested cannot sue for conversion until he pays or tenders the price und thus becomes entitled to possession.“255 Ein typisches Beispiel für dieses immediate right to possession ist das der Miete oder Leihe. Die Vertragspartnerin erwirbt mit Besitzergreifung einen legal title (ab diesem Zeitpunkt kann grundsätzlich eine conversion-Klage erhoben werden). Solange das Miet- bzw. Leihverhältnis andauert, hat die Eigentümerin weder Besitz noch ein immediate right to possession und ist damit für conversion nicht aktivlegitimiert. Nach Ablauf des Miet- bzw. Leihverhältnisses fällt das right to immediate possession aber wieder an die Eigentümerin. Aus dem Vorgesagten wird deutlich, dass die Aussage in der Einleitung zu diesem Unterkapitel, conversion sei die „remedy to protect ownership of goods“256, erklärungsbedürftig ist: ownership ist nicht direkt mit dem deutschen Eigentum zu vergleichen; es geht bei der conversion vielmehr um die Identifikation des „besten“ (relativen) Besitzrechts, dem besten legal proprietary title: „The old vocabulary that referred to ,property‘ in goods, with even more esoteric qualifications such as ,general property‘ and ,special property‘, is largely to blame for modern uncertainty about the nature of the interest protected by conversion. The cases traditionally held that this right to possession had to be based, or arise out of, ,property‘ in the goods and yet it is not essential for the claimant in conversion to be the owner.“257 Die Frage nach dem Schutzgegenstand der conversion – Eigentum oder Besitz – geht damit eigentlich an der Realität des common law vorbei, hier ist jedoch nach wie vor vieles umstritten.258 Festzuhalten bleibt, dass der Anspruch aus conversion jeder Person mit einem legal title zusteht (owner); owner können aber sowohl Personen mit bloßem (grundsätzlich auch unberechtigtem) Besitz sein als auch Personen mit einer sub-

person may be held entitled to recover and continue to enjoy property even though the court may be satisfied that he is not the true owner and has acquired the property illegally, albeit the true owner is not identifiable.“ 253 Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 47, hier im Vergleich zu reversionary injury. 254 Fehlt ein right to immediate possession, so kommt ein Anspruch aus reversionary injury in Frage; hierzu ausführlich sogleich. 255 Clerk & Lindsell on Torts, Rn. 16 – 43, m. w. N. 256 OBG Ltd. v. Allan [2008] 1 A.C., Rn. 308 (Baroness Hale of Richmond). 257 Curwen, Title to Sue in Conversion, in: Conveyancer and Property Lawyer, 2004 (July/ August), 308. 258 Siehe zur Diskussion etwa Curwen, Title to Sue in Conversion, in: Conveyancer and Property Lawyer, 2004 (July/August), 308; Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 95 ff.; Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 67 ff., Rn. 2.115 ff.

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2. Teil: England

stantielleren Berechtigung an der Sache. Green/Randall sprechen hier, verständlich, von einem „esoteric and complex concept“.259 3. Tatbestandliche Eingriffshandlung In der eingangs angeführten Definition der conversion aus der Entscheidung Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. heißt es: „First, the defendant’s conduct was inconsistent with the rights of the owner (or other person entitled to possession). Second the conduct was deliberate, not accidental. Third, the conduct was so extensive an encroachment on the rights of the owner as to exclude him from use and possession of the goods.“260 Hier klingt bereits an, dass die Tatbestandshandlung der conversion in einer Vielzahl von Störungen liegen kann; ihr Anwendungsbereich ist, wie bereits in der historischen Einleitung anklang, sehr weit.261 Was diese Störungshandlungen jedoch gemein haben, ist, dass sie die berechtigte Person (owner) gänzlich von ihrer Sache ausschließen („exclude him from use and possession of the goods“).262 In der Regel ist eine physische Einwirkung auf die fremde Sache erforderlich, also etwa ein Wegnehmen, aber auch, je nach Sachverhaltskonstellation, der Akt des Kaufens oder Verkaufens, die Entgegennahme oder Zerstörung der Sache.263 Conversion kann auch als das weniger erforschte zivilrechtliche Äquivalent des Diebstahlstatbestands verstanden werden: „Whereas it would be inconceivable for a law student to progress through university without learning about the law of theft the tort of conversion which is roughly the civil analogue of theft, has not, at least in recent years, been widely studied or written about.“264 Handlungen, die kein physisches Element aufweisen, zum Beispiel die bloße Behauptung, dass eine Sache nicht der berechtigten Person gehöre (denial of title), reichen in der Regel nicht aus.265 Unter Umständen kann conversion aber auch dann vorliegen, wenn die Beklagte die Sache gänzlich unter Kontrolle hat, ohne sie jedoch physisch zu kontrollieren: „[…] if A has title to the car, there is authority that suggest that if B surrounds the car and, whilst not making physical contact with it, 259

Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 46. Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. (Nos 4 and 5) [2002] UKHL 19, Rn. 39 (Lord Nicholls of Birkenhead); siehe auch Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 604. 261 Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. (Nos 4 and 5) [2002] 2 A.C. 883, Rn. 39 (Lord Nicholls of Birkenhead): „Conversion of goods can occur in so many different circumstances that framing a precise definition of universal application is well nigh impossible.“ 262 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 607. 263 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 605, 608 ff., m. w. N.; siehe zur Abgrenzung von conversion und Diebstahl etwa Green, Theft and conversion – tangible different?, in: The Law Quarterly Review 2012, 128 (Oct), S. 564 ff. 264 Douglas, Publication Review – The Tort of Conversion (Green, Sarah/Randall, John), in: Law Quarterly Review (Vol. 127, October) 2001, S. 631 (631). 265 Siehe s. 11 (3) des Torts (Interference with Goods) Act 1977: „Denial of title is not of itself conversion.“; Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 614. 260

B. Ansprüche aus conversion

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prevents A from reaching it, then B may be liable in conversion.“266 Der Vorwurf bei allen Tatbestandshandlungen ist der, dass die Beklagte sich die Sache zu eigen gemacht hat, sie behandelt hat, „as if they were one’s own“.267 Der Ausschluss von der Sache muss jedoch wesentlich sein, denn nur ein gänzlicher Ausschluss rechtfertigt das Haftungsausmaß der conversion, denn wie sogleich näher ausgeführt werden wird, ist in der Regel der volle Marktwert der Sache geschuldet: „Because liability in conversion typically results in an order that the defendant pay the claimant the full market value of the goods, the defendant’s interference must be of such a nature to justify an award of the full value of the chattel.“268 Hierin liegt dann auch der wesentliche Unterschied etwa zu trespass to goods, der ebenfalls zu den wrongful interference with goods-Tatbeständen gehört und all jene Eingriffe auffängt, die (noch) nicht zu einem völligen Ausschluss der Berechtigten führen. Die beiden Tatbestände können sich aber auch überschneiden: „It follows that, in many cases, trespass and conversion overlap: if D takes P’s bottle of wine and drinks it, he commits both. But they remain distinct. If D merely moves the bottle from one shelf to another, he commits trespass but no conversion, since there is no appropriation.“269 4. Titelrelativität: double liability und double recovery Dass die conversion kein intrinsisch dinglicher (Herausgabe-)Anspruch ist, zeigt sich auch daran, dass es für den Anspruch nicht darauf ankommt, dass die Beklagte sich (noch) im Besitz der Sache befindet; in einigen Fällen begründet sogar erst der Verlust der Sache die Haftung. Die Vindikation hingegen wird bei Besitzverlust hinfällig: „a proprietary claim properly so called – ,That cake is mine!‘ – supposes a cake in the defendant’s hands and becomes incoherent unless that requirement is somehow satisfied“.270 Insbesondere weil der Anspruch aus conversion eben nicht, wie etwa bei § 985 BGB, an eine einzige gegenwärtige (absolut berechtigte) Eigentümerin und eine einzige gegenwärtige Besitzerin gekoppelt ist, besteht grundsätzlich die Gefahr einer Doppelhaftung (double liability) als auch einer Doppelkompensation (double recovery).271 So heißt es in Halsbury’s Law of England: „There is a possibility of a multiplicity of actions in conversion. There are two reasons for this. First, because the common law has a concept of relativity of title, there may be more than one party with a legal title to a chattel that has become converted by the defendant. In such case the defendant may be liable to more than one person for the same act. Second, because a chattel may be converted on successive occasions by different persons, a person with title to a chattel may be able to bring 266

Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 605, m. w. N. Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 47, hier im Vergleich zu trespass. 268 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 607. 269 Clerk & Lindsell on Torts, Rn. 16 – 02. 270 Birks, Personal Property: Proprietary Rights and Remedies, in: King’s College Law Journal, Band 11/1 (2000), 1 (7). 271 Siehe hierzu auch s. 7 und s. 9 des Torts (Interference with Goods) Act 1977. 267

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2. Teil: England

multiple claims in respect of a single chattel. In such case there is a danger of a claimant recovering more than his loss.“272 Der double liability und double recovery wird im modernen Recht zunächst über die Möglichkeit des Einwands begegnet, dass einer dritten Person ein (noch) besseres Recht an der Sache zusteht als der Klägerin. Diese dritte Person wird dann über s. 8 des Torts (Interference with Goods) Act 1977 in das Verfahren miteinbezogen.273 Diese Vorschrift wird ergänzt durch 19.5 A der Civil Procedure Rules. Unter der Überschrift „Special rules about parties in claims for wrongful interference with goods“ ist hier zum Beispiel geregelt, dass die klägerische Partei „must, in the particulars of claim, state the name and address of every person who, to his knowledge, has or claims an interest in the goods and who is not a party to the claim“. Die Beklagte wiederum „may apply for a direction that another person be made a party to the claim to establish whether the other person – (a) has a better right to the goods than the claimant“. Dies war jedoch nicht immer so. Vor Inkrafttreten des Torts (Interference with Goods) Act 1977 war es der Beklagten grundsätzlich nicht möglich, der Klage mit dem Hinweis entgegenzutreten, dass eine oder mehrere dritte Personen ein (noch) besseres Recht als die Klägerin an der Sache haben (ius tertii).274 Die moderne Regelung hat nunmehr den Vorteil, dass alle (bekannten) möglichen owner in einem Prozess zusammengeführt werden und die Sache für alle rechtsgültig entschieden werden kann. Dies minimiert das Risiko der double liability und double recovery. Sobald die Klägerin ihren legal title nach Erhalt von damages an die Beklagte verliert (s. 5 des Torts (Interference with Goods) Act 1977), und damit ihre Aktivlegitimation, ist auch eine double recovery nicht mehr möglich.

III. Verschuldensunabhängige Haftung: strict liability Auch im englischen Recht erfordert deliktische Haftung grundsätzlich das Vorliegen eines fault, also Verschulden.275 Trotz des deliktischen Charakters des Anspruchs erfordert aber die conversion eben nicht den Nachweis einer wie auch immer gearteten Verwerflichkeit: „[…] it is an absolute tort, in the sense that it does not require proof of any wrongdoing in a moral sense.“276 In der Entscheidung Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. heißt es hierzu: „The tort exists to protect proprietary and possessory rights in property; it is committed by an act inconsistent

272

Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 655. Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 656; Civil Procedure Rules (Part 19) CPR 19.5 A. 274 Siehe hierzu in deutscher Sprache Huber, Eigentumsschutz durch Deliktsrecht, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (RabelsZ), Band 62 (1), 1998, 59 (99 ff.). 275 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 405. 276 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 67, Rn. 2.113. 273

B. Ansprüche aus conversion

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with those rights and it is a tort of strict liability.“277 Zwar muss die Störungshandlung deliberate, also nicht etwa nur versehentlich erfolgen. Dies gilt jedoch nicht für den Eingriff in das klägerische Recht: die störende Person muss weder beabsichtigen, wissen, wissen müssen oder auch nur ahnen, dass die Handlung in einen fremden legal title eingreift: „[…] one of the consequences of the historic origin of the tort of conversion […] is that the tort at common law is one of strict liability in which the moral concept of fault in the sense of either knowledge by the doer of an act that it is likely to cause injury, loss or damage to another, or lack of reasonable care to avoid causing injury, loss or damage to another, plays no part.“278 Aus diesem Grund ist auch good faith keine Einwendung gegen die Inanspruchnahme: „If A’s car is stolen by X, who, in turn, sells the car to B, who acts in good faith, then B can be liable in conversion. The reason for this is that B‘s dealing with the car is deliberate, not accidental, thus satisfying the criterion for liability in conversion. His good faith, which results from his lack of awareness of A’s title to the chattel, is irrelevant.“279 Die verschuldensunabhängige Haftung bringt den deliktischen Anspruch der conversion in die Nähe des deutschen Vindikationsanspruchs, auch wenn ihr Anwendungsbereich wesentlich weiter ist. Die Pflicht zur Herausgabe oder, weit häufiger, Wertersatz ist absolute und wird bei Erfüllung des Tatbestandes eben nicht von Wertentscheidungen getragen.280

IV. Anspruchsinhalt Vor Inkrafttreten des Torts (Interference with Goods) Act 1977 konnte über die conversion stets nur Schadensersatz verlangt werden.281 Sachherausgabe (specific restitution oder auch delivery up), konnte grundsätzlich nur über die bereits erwähnte detinue verlangt werden: „[…] the action in detinue partakes of the nature of an action in rem in which the plaintiff seeks specific restitution of his chattel.“282 Bis zum Inkrafttreten des Common Law Procedure Act 1854 blieb es der Beklagten jedoch freigestellt, die Sache herauszugeben oder ihren Marktwert zu zahlen; erst mit s. 78 des Gesetzes wurde den Gerichten die Befugnis erteilt, specific delivery ohne

277

Kuwait Airways Corporation v. Iraqi Airways Co. (Nos 4 and 5) [2002] 2 A.C. 883, Rn. 129 (Lord Hoffmann). 278 Marfani & Co. Ltd. v. Midland Bank Ltd. [1968] 1 W.L.R. 956, 970 (Diplock L.J.); siehe auch Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 405 ff., m. w. N. 279 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 604, 644, m. w. N. 280 Marfani & Co. Ltd. v. Midland Bank Ltd. [1968] 1 W.L.R. 956, 971 (Diplock L.J.). 281 Siehe etwa General and Finance Facilities Ltd. v. Cooks Cars (Romford) Ltd. [1963] 1 W.L.R. 644, 649 (Diplock L.J.): „The action in conversion is a purely personal action and results in a judgement for pecuniary damages only.“; Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 168. 282 General and Finance Facilities Ltd. v. Cooks Cars (Romford) Ltd. [1963] 1 W.L.R. 644, 650 (Diplock L.J.).

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2. Teil: England

Wahlmöglichkeit anzuordnen.283 Der Torts (Interference with Goods) Act 1977 reformierte dann die Rechtsfolgen für alle interference with goods-Tatbestände. Befindet sich die Beklagte noch im Besitz der Sache (die hier im Zentrum stehende Fallgestaltung), so regelt s. 3 (2) die drei möglichen Rechtsfolgen: „The relief is – (a) an order for delivery of the goods, and for payment of any consequential damages, or (b) an order for delivery of the goods, but giving the defendant the alternative of paying damages by reference to the value of the goods, together in either alternative with payment of any consequential damages, or (c) damages.“ Während die Klägerin grundsätzlich wählen kann zwischen der zweiten und dritten Alternative, liegt die erste Alternative (Herausgabe ohne Wahlmöglichkeit) ausschließlich im Ermessen des Gerichts. So heißt es ausdrücklich in s. 3 (3)(b): „relief under paragraph (a) of subsection (2) is at the discretion of the court, and the claimant may choose between the others“. In Verfahren gegen die Krone ist eine Herausgabeanordnung nicht möglich (s. 21 (1)(b) des Crown Proceedings Act 1947). Trotz der mit dem Torts (Interference with Goods) Act 1977 eingeführten Änderungen liegt die Priorität nach wie vor also nicht auf Sachherausgabe (specific delivery); und so ist folgende Aussage von Pollock/Maitland aus dem Jahre 1898 auch heute noch passend: „When a man claims a chattel our law will make no strenuous effort to give him the very thing that he asks for. If he gets the value of the thing, he must be satisfied, and the thing itself must be left to the wrong-doer.“284 Der Vorrang des Schadensersatzanspruchs wird zwar kritisiert; de lege ferenda ist jedoch keine Gesetzesänderung zu erwarten.285 1. Personal remedy: Schadensersatz als Regel Deliktische Ansprüche sind regelmäßig auf die Gewährung von damages gerichtet.286 Bis zum Inkrafttreten des Common Law Procedure Act 1854 gab es auch für die conversion regelmäßig nur Schadensersatz; Sachherausgabe als Rechtsfolge war nicht vorgesehen. Auch heute noch ist die Gewährung von damages die weit häufigste Rechtsfolge bei der conversion,287 denn wie noch gezeigt werden wird, müssen für eine Herausgabe in specie (ohne Wahlrecht der Beklagten), relativ hohe Hürden überwunden werden. Die Höhe des Anspruchs richtet sich, wie bei allen 283 General and Finance Facilities Ltd. v. Cooks Cars (Romford) Ltd. [1963] 1 W.L.R. 644, 650 (Diplock L.J.). 284 Pollock/Maitland, The History of English Law before the Time of Edward I, S. 177; siehe ausführlich auch Curwen, The remedy in conversion: confusing property and obligation, in: Legal Studies (Vol. 26/4) 2006, 570. 285 Kritik kommt etwa von Curwen, The remedy in conversion: confusing property and obligation, in: Legal Studies (Vol. 26/4) 2006, 570; Curwen schlägt hier vor, die conversion in zwei getrennte Ansprüche aufzuteilen: eine proprietary action auf Herausgabe der Sache und den deliktischen tort-Anspruch auf damages. 286 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 471. 287 Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 168.

B. Ansprüche aus conversion

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torts, grundsätzlich nach dem Ausmaß des erlittenen Schadens.288 Da der Vorwurf bei der conversion ja gerade der des vollständigen Ausschlusses von der Sache ist, spiegelt den erlittenen Schaden regelmäßig nur der volle „market value“ der Sache.289 Dies ist das so genannte compensation principle: „The general principle underlying the award of remedies for the compensation of a tort is that the claimant who establishes that a tort has been committed will recover damages which are equivalent to the loss which he or she has suffered. This is the compensation principle.“290 Zusätzlich zur compensation, in der Regel also der Marktwert der Sache, ist die Klägerin grundsätzlich auch berechtigt, Ersatz von Folgeschäden, „flowing naturally and directly from the defendant’s conversion“, zu verlangen; dies sind die so genannten consequential damages.291 Hierunter fallen etwa Ersatz für etwaigen Wertverlust für die Zeit, während der sich die Sache im Besitz der Beklagten befand, Ersatz für entgangene Nutzungen, Ersatz für Arbeitsausfall etc.292 Die Zahlung von damages in Höhe des vollen Marktwertes führt zum Verlust des legal title auf Seiten der Klägerin. Dies regelt s. 5 des Torts (Interference with Goods) Act 1977 („Extinction of title on satisfaction of claim for damages“): „The claimant generally recovers not his loss but the worth of the thing converted, losing in the process, by virtue of a rather clumsy balancing rule, any interest he may have had in it.“293 Hiermit wird dem Grundsatz der Titelrelativität Rechnung getragen. 2. Proprietary remedy: Herausgabe in specie als Ermessensentscheidung Es kann vorkommen, dass die Klägerin sich nicht mit Schadensersatz zufriedengeben will, sondern ausdrücklich Herausgabe verlangt. Im deutschen Recht übernimmt § 985 BGB diese Aufgabe der „Rückführung“, und zwar als Primärrechtsfolge (Rechtsverwirklichung) und nicht erst, nachdem Ersatz in Geld erörtert und verworfen wurde, oder zur Wahl neben damages, wie in s. 3 (2)(b) Torts (Interference with Goods) Act 1977. Specific restitution allein (also ohne Wahlmög288 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 668 ff., m. w. N.; Strand Electric and Engineering Co. Ltd. v. Brisford Entertainment Ltd. [1952] 2 Q.B. 246, S. 253 (Denning L.J.): „In assessing damages, whether for a breach of contract or for a tort, the general rule is that the plaintiff recovers the loss he has suffered, no more and no less.“ 289 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 668 ff., m. w. N.; Clerk & Lindsell on Torts, Rn. 16 – 95: „In theory, conversion is no different from any other tort: the measure of damages is simply the loss suffered by the claimant. In practice, however, the measure of damages for deprivation of his goods is nearly always their market value.“ 290 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, 447 ff., m. w. N. 291 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 683 ff.; siehe auch s. 3 (2)(a) und (b) des Torts (Interference with Goods) Act 1977. 292 Halsbury’s Laws of England, Tort, Rn. 683. 293 Halsbury’s Laws of England, Limitation Periods, Rn. 991, m. w. N.; Tettenborn, Damages in Conversion – the exception or the anomaly?, in: Cambridge Law Journal (Vol. 52/1) March 1993, 128.

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2. Teil: England

lichkeit der Beklagten) steht nach s. 3 (2)(a) des Torts (Interference with Goods) Act 1977 im Ermessen des Gerichts.294 Urteile unter s. 3 (2)(a) sind jedoch, auch wegen der hohen Hürden der Ermessensentscheidung, „relatively infrequent“.295 Die Rechtsfolge des delivery up bzw. specific restitution ist, wie gezeigt wurde, dem common law grundsätzlich fremd und hat ihre Ursprünge in den Ermessensregeln der equity. Die Ermessensregeln für die Sachherausgabe (specific restitution) entwickelten sich aus den Grundsätzen zur so genannten, im Vertragsrecht angesiedelten, specific performance: leistet eine Vertragspartei nicht vertragsgemäß, so steht der anderen Partei im common law regelmäßig nur ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Vertragsbruch zu; in bestimmten (seltenen) Sachverhalten, in denen bloßer Schadensersatz nicht angemessen erscheint, kann die geschädigte Vertragspartei über die equity eine specific performance, also Vertragserfüllung erzwingen.296 Sachherausgabe ist, die Grundsätze der specific performance spiegelnd, dann möglich, wenn Ersatz in Geld eben nicht für den gewünschten Ausgleich sorgen würde, insbesondere in Bezug auf Sachen, die einzigartig sind oder einen hohen ideellen Wert haben: „where the article was unique in its nature, or where it was associated with rights in real estate, damages were not an adequate compensation, and equity supplied the deficiency of the common law remedy by requiring the chattel to be returned“.297 Eine der berühmtesten Gerichtsentscheidungen hierzu ist wohl Pusey v. Pusey aus dem Jahre 1684.298 Das Pusey-Horn befindet sich seit 1938 im Victoria and Albert Museum in London und ist in der Tat einzigartig. Der Internetauftritt des Museums informiert über dieses besondere Trinkhorn: vor etwa tausend Jahren übertrug König Knut der Große (etwa 995 bis 1035) einem William Pusey Ländereien zum Dank für dessen Warnung vor einem bevorstehenden Angriff der Dänen. Das Pusey-Horn, wie es genannt wird, kam mit den Übertragungsurkunden. Das Horn trägt folgende Inschrift: „I kynge knowde [Knut] gave Wyllyam Pecote [Anm.: gemeint ist Pusey] thys horne to holde by thy land.“ Die so genannte cornage, die Übertragung von Ländereien durch die Übergabe eines zeremoniellen Horns, war weit verbreitet im angelsächsischen England.299 Das Pusey-Horn war, nach Auffassung des Gerichts, auf einzigartige Weise so mit den Ländereien, dem estate der Familie verbunden, dass es Teil davon geworden war und damit herausgegeben werden musste.300 Dieser kurze Exkurs dient dazu, die traditionell sehr hohe Schwelle zu verdeutlichen, die in Bezug auf das Merkmal der Einzigartigkeit 294

Hierzu ausführlich Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 003 ff. Clerk & Lindsell on Torts, Rn. 16 – 91. 296 Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 10, 11; ausführlich zur specific performance siehe Halsbury’s Laws of England, Specific Performance, Rn. 1 ff. 297 Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 11. 298 Pusey v. Pusey (1684) 23 E.R. 465 (Ch); hierzu etwa Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 012. 299 http://www.vam.ac.uk/content/articles/t/the-pusey-horn/ (zuletzt aufgerufen am 7. Oktober 2022). 300 Pusey v. Pusey (1684) 23 E.R. 465 (Ch). 295

B. Ansprüche aus conversion

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überwunden werden muss, um unbedingte Sachherausgabe zu erreichen. Specific restitution wurde in der Vergangenheit etwa auch gewährt für die folgenden außergewöhnlichen und einzigartigen Artefakte: ein silbernes Altarbild (1735) und Tizians „Mars and Venus“ (1806).301 Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Rechtsprechung ausgeweitet auf nicht ohne Weiteres zu ersetzende „commercially unique“ oder „necessary“ Gegenstände.302 Dies trägt sich auch in den Torts (Interference with Goods) Act 1977: „The primary principle is thus that delivery up under s. 3 (2)(a) of the 1977 Act will not be ordered if damages are adequate.“303 Weitere Faktoren für die Ermessensentscheidung sind etwa die Dringlichkeit und Notwendigkeit, mit der eben die streitbefangene (und nicht etwa eine mit dem gezahlten Wertersatz am Markt erst wieder zu beschaffene) Sache benötigt wird.304 Eine wichtige Rolle spielt auch die finanzielle Situation der Beklagten: wenn sich schon abzeichnet, dass die Beklagte finanziell nicht in der Lage sein wird, entsprechenden Ersatz in Geld zu leisten, mag das Gericht dazu neigen, delivery up anzuordnen: „Where, as a result of insolvency, the defendant is unable to pay, delivery up may be ordered even of non-unique goods.“305 Wie noch weiter ausgeführt werden wird, ist ein Anspruch auf delivery up, oder specific restitution gegenüber bloßen Geldforderungen insolvenzprivilegiert. Die hier skizzierten Ermessenskriterien, die allesamt unter das Grundprinzip der Angemessenheit von Wert- bzw. Schadensersatz fallen, waren ursprünglich für die Konfliktlösung zwischen Vertragsparteien entwickelt worden (specific performance). Das vertragliche Versprechen zum Austausch der Sache (oder Dienstleistung) gegen Geld geben sich die Parteien in der Regel freiwillig und im Einverständnis; der specific restitution jedoch können auch ganz andere Sachverhalte zugrunde liegen, die wrongful interference with goods umfasst etwa auch Diebstahlsfälle.306 Wenn die Beklagte die Sache rechtswidrig an sich genommen hat oder genau wusste, dass sie dazu nicht berechtigt war, so wird deutlich, warum Kritik an der Analogie zu Vertragsverhältnissen laut wird. So schreibt etwa Bridge: „Thieves and knowing recipients can have no complaint if they are made subject to an order to deliver up the claimant’s goods (whether unique, urgently required or neither).“307 Es scheint, dass die Entwicklung langsam weg von der Angemessenheit von Wert- bzw. Schadensersatz hin zu einer weiteren und offeneren Ermessensausübung geht, zu einem

301

Duke of Somerset v. Cookson (1735), 3 P Wms 390, (1735) 24 E.R. 1114; Lowther v. Lord Lowther (1806) 13 Vesey Junior 95, 33 E.R. 230. 302 Blue Sky One Ltd. v. Mahan Air [2009] EWHC 3314, Rn. 314 (Justice Beatson); siehe auch Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 014. 303 Blue Sky One Ltd. v. Mahan Air [2009] EWHC 3314, Rn. 309 (Justice Beatson). 304 Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 019. 305 Blue Sky One Ltd. v. Mahan Air [2009] EWHC 3314, Rn. 309 (Justice Beatson); hierzu auch Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 019. 306 Hierzu ausführlich Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 018. 307 Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 018.

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2. Teil: England

„broader test of appropriateness of relief“.308 De lege lata ist es jedoch noch immer so, dass Sachherausgabe als Rechtsfolge der conversion, auch gegen „any knowing wrongdoer“, nur selten angeordnet wird.309

V. Alternative Rechtsfolge über den waiver of tort Eine alternative Rechtsfolge bietet das bereits dargestellte law of restitution. Unter dem Stichwort des waiver of tort besteht die Möglichkeit, anstelle des Schadens- bzw. Wertersatzes die „Bereicherung“ auf Seiten der Beklagten abzuschöpfen; dies kann je nach Sachverhalt günstiger sein.310 So heißt es in Chesworth v. Farrar: „A person upon whom a tort has been committed has at times a choice of alternative remedies, even though it is a sine qua non regarding each that he must establish that a tort has been committed. He may sue to recover damages for the tort, or he may waive the tort and sue in quasi-contract to recover the benefit received by the wrongdoer.“311 Statt einer compensation für den Verlust der Sache können in bestimmten Fällen also restitutionay damages verlangt werden. Der Begriff der restitutionary damages ist wegen seiner Nähe zum Schadensersatzrecht und dem Kompensationsgedanken der damages nicht ganz passend.312 Er scheint sich jedoch, als Gegenstück zu den compensatory damages eingebürgert zu haben. Virgo bemerkt hierzu: „[…] that remedy needs to be described in some way. […] ,restitutionary damages‘ is an appropriate term.“313 Der Begriff waiver of tort ist, wenngleich sehr 308

Bridge et al., The Law of Personal Property, Rn. 33 – 018. Blue Sky One Ltd. v. Mahan Air [2009] EWHC 3314, Rn. 322 (Justice Beatson): „[…] the acceptance of this argument would mean that delivery up should be ordered at least against any knowing wrongdoer. It is, however, clear that such an outcome could only result from a radical reappraisal of the law of wrongful interference with property which the House of Lords did not undertake in the Kuwait Airways case. It is simply not the position in English law at present.“ 310 Siehe hierzu etwa Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 444 ff.; ders., in: Chitty on Contracts, Rn. 29 – 147; Burrows, The Law of Restitution, S. 642 ff.; Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 211 ff.; Jackman, Restitution for Wrongs, in: Cambridge Law Journal (Vol. 48/2) July 1989, 302; so schon in Lamine v. Dorrell (1705) 2 Lord Raymond 1216, 92 E.R. 303: „the owner may waive the tort, and recover the price for which they were sold“. 311 Chesworth v. Farrar [1967] 1 QB 407, Rn. 417 (Edmund Davies J.). 312 Siehe etwa Attorney-General v. Blake [2001] 1 A.C. 268, S. 284 (Lord Nicholls of Birkenhead): „I prefer to avoid the unhappy expression ,restitutionary damages‘.“; Co-Operative Insurance Society Ltd. v. Argyll Stores (Holdings) Ltd. [1996] Ch 286, S. 306 (Millett LJ): „[…] what are sometimes – I believe erroneously – called restitutionary damages.“ 313 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 427; siehe auch Burrows, The Law of Restitution, S. 642 ff., 647: „The suggestion that damages can be restitutionary will still be regarded by many as a heresy, since it is generally taken for granted that, other than punitive or nominal damages, damages are concerned to compensate the claimant. However, in some cases, the decision and the reasoning indicate that, in comparison with compensatory damages, the damages (awarding a reasonable fee) are better or equally well viewed as restitutionary, reversing the defendant’s wrongful enrichment.“ 309

B. Ansprüche aus conversion

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griffig, ebenfalls irreführend. Es wird eben nicht gänzlich auf den Anspruch verzichtet (waiver), sondern eine alternative Rechtsfolge gewählt.314 Das Vorliegen der conversion ist nach dem Chesworth v. Farrar-Zitat ja gerade sine qua non. In United Australia Ltd. v. Barclay Bank Ltd. stellt Lord Romer fest: „A person whose goods have been wrongfully converted by another has the choice of two remedies against the wrongdoer. He may sue for the proceeds of the conversion as money had and received to his use, or he may sue for damages that he has sustained by the conversion. If he obtains judgment for the proceeds, it is certain that he is precluded from thereafter claiming damages for conversion. But, in my opinion, this is not due to his having waived the tort but to his having finally elected to pursue one of his two alternative remedies. The phrase ,waive the tort‘ is a picturesque one. It has a pleasing sound. Perhaps it was for these reasons that it was regarded with so much affection by the old Common Lawyers, one of whom, indeed, was moved to break into verse upon the subject. But with all respect to their memories, I firmly believe that the phrase was an inaccurate one if and so far as it meant that the tortious act was affirmed. What was waived by the judgement was not the tort, but the right to recover damages for the tort.“315 Die Einordnung der restitutionary damages und allgemein der restitution for wrongs in das law of restitution ist, wie schon die proprietary restitution, umstritten. Während insbesondere Virgo das law of restitution auf drei Säulen stellt, Bereicherung, Vindikation und eben restitution for wrongs,316 so verortet Burrows die restitution for wrongs, ebenso wie die proprietary restitution, unter einem weiten bereicherungsrechtlichen Schirm.317

VI. Zusammenfassung Der Anspruch aus conversion ist einer der ältesten Ansprüche des englischen Rechts und auch einer der facettenreichsten. Er gibt einen interessanten Einblick in den Grundsatz der Titelrelativität und das Eigentumsverständnis des common law, das Zusammenwirken von common law und equity, sowie das Zusammenspiel von Deliktsrecht und dem law of restitution. Der deliktische Anspruch kommt durch seine verschuldensunabhängige Haftung dem Anspruch aus § 985 BGB sehr nahe. Das Fehlen eines absoluten Eigentumsverständnisses macht ihn jedoch, insbesondere vor dem Hintergrund des deutschen Rechts, wieder schwer greifbar. Der Grundsatz der Titelrelativität trägt sich weiter in die für das englische Recht typische Vermeidung von Herausgabeansprüchen in specie; da es, zumindest in der Theorie, stets eine Vielzahl von owners geben kann, ist eine eindeutige Zuordnung der Sache zu einer einzigen Person nur schwer möglich. Die Unterscheidung zwischen owner 314 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 444 ff.; Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 211. 315 United Australia Ltd. v. Barclay Bank Ltd. [1940] A.C. 1, S. 34 (Lord Romer). 316 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 8, 415 ff. 317 Burrows, The Law of Restitution, S. 9 ff.

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2. Teil: England

und possessor ist im englischen Recht jedoch nicht sehr relevant: „On one view, English property law never concerns itself with ownership, and a right to possess (or „title“) is the only property right that any claimant might put at issue where a defendant comes into possession of his or her goods. On another, any right acquired on the basis of actual possession necessarily shares the content of ownership, such that there is no need to press a substantive difference between the rights of owners and possessors. On either view, it is not in the end inappropriate to equate conversion with the vindicatio, insofar as each action puts at issue that which its legal system regards as the most extensive generally exigible property right in respect of goods.“318 Wichtiger ist das Tatbestandsmerkmal des right to immediate possession. Hierüber wird sichergestellt, dass die Rechtsposition derjenigen Person geschützt wird, die die „beste“ Besitzberechtigung darlegen kann. Auch wenn die conversion ein deliktischer Anspruch ist und das Eigentumsverständnis des common law dem des BGB fremd ist, so sind doch conversion und der Anspruch aus § 985 BGB „seelenverwandt“: beide schützen das, in den Augen des jeweiligen Rechtssystems, „beste“ (Eigentums-)Recht an einer Sache.

C. Ansprüche aus reversionary injury Der Anspruch aus reversionary injury, bzw. reversionary damage, ergänzt die conversion für jene Fälle, in denen die Klägerin nicht unmittelbar in ihrem Besitz gestört wurde und auch sonst kein right to immediate possession darlegen kann.319 Der Anspruch fällt unter s. 1 (d) des Torts (Interference with Goods) Act 1977: „any other tort so far as it results in damage to goods or to an interest in goods“. Die Begrenzung der Klagebefugnis in conversion auf die unmittelbar betroffene Person lässt, wie oben bereits dargestellt, „besitzlose“ Berechtigte, etwa wenn die Sache vermietet oder verliehen wird, für die Dauer des Besitzüberlassungsverhältnisses schutzlos. Hier kommt die reversionary injury ins Spiel.320 Der Anspruch aus reversionary injury schützt nicht die unmittelbar betroffene Person (conversion), sondern die Person, an welche die Sache schlussendlich zurückfällt. Bei Green/ 318 Siehe Hickey, Wrongs and the protection of personal property, in: Conveyancer and Property Lawyer (Vol. 75, Issue 1) 2011, 48 (50). 319 Auch die anderen property torts, insbesondere trespass to goods und negligence, fordern eine unmittelbare Störung der Besitzlage; reversionary injury schließt auch hier die Schutzlücke, siehe Tettenborn, Reversionary Damage to Chattels, in: Cambridge Law Journal (Vol. 53/ 2) July 1994, 326 (330 ff.); reversionary injury füllte vor Einführung des s. 10 des Torts (Interference with Goods) Act 1977 auch jene Schutzlücke in Bezug auf co-owners, denen es zuvor über die conversion nicht möglich war, sich gegenseitig zu belangen, siehe hierzu etwa Green/ Randall, The Tort of Conversion, S. 47. 320 Siehe hierzu insbesondere, jeweils m. w. N., Tettenborn, Reversionary Damage to Chattels, in: Cambridge Law Journal (Vol. 53/2) July 1994, 326; Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 47 ff.; Green, Understanding the wrongful interference actions, in: Conveyancer and Property Lawyer (Vol. 1) 2010, 15.

C. Ansprüche aus reversionary injury

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Randall finden wir hierzu den Begriff „reversioner (that is the party whose property interest in the asset is such that possession will revert to him when other possessory rights have expired)“.321 Der Anspruch führt in der einschlägigen Literatur eher ein Schattendasein (Green führt es zurück auf seine „apparently esoteric nature“);322 und so schreibt Tettenborn: „The law of reversionary damage represents a large and important uncharted area in the personal property torts, vital both in theory (because it shows up the failure of English law to evolve any rational system of protection in this field) and in practice. It is certainly worth a more detailed exposition than it gets in the books […].“323 Und in der Tat lässt die conversion eine Schutzlücke, und Eigentumsschutz über die property torts wäre ohne reversionary injury nicht vollständig: „The existence of this separate tort [Anm.: gemeint ist hier reversionary injury] explains and justifies the refusal of Conversion to grant recovery for anyone but the person with the most immediate (that is superior) right to possession. Were there to be no provision for the ,ultimate owner‘, there would be an unacceptable lacuna in the law, the existence of which would make the restrictions on recovery in Conversion appear remarkable.“324 Wie bereits gezeigt wurde, ist der Begriff ultimate owner in einem System, dass sich der Titelrelativität verschrieben hat, erklärungsbedürftig. Anders als im deutschen Recht gibt es am Ende der „Berechtigungskette“ in Bezug auf eine Sache, zumindest in der Theorie, nicht die eine Person. Dennoch erfüllt reversionary injury den wichtigen Zweck, Rechtsschutz auch auf jene zu erstrecken, die zwar ein „Eigentumsrecht“ haben, aber eben nicht das Besitzrecht. Wird also etwa eine vermietete Sache der aus dem Mietverhältnis berechtigten Person vorenthalten und geht diese Person nicht aus conversion gegen die Störerin vor, so wäre die „Eigentümerin“ gänzlich schutzlos und würde schlussendlich den materiellen Verlust erleiden, wenn die Sache etwa zerstört oder Wertverlust erleiden würde. Die Grundregel für die deliktische Inanspruchnahme über die conversion ist, wie bereits gezeigt wurde, der Ersatz des Sachwertes und, im Gegenzug, der Verlust des legal title (s. 5 des Torts (Interference with Goods) Act 1977). Die Grundregel für reversionary injury scheint grundsätzlich eine andere zu ein und es wird nur tatsächlich eingetretener Schaden ersetzt: „The plaintiff must show loss, and if he does he gets that loss and no more.“325 Hier geht es um die Wiedergutmachung von Schäden an dem Interesse der Klägerin, dass die Sache ohne Wertverlust schlussendlich wieder an sie zurückfällt, dies ist das sogenannte reversionary interest. Die Klägerin muss zeigen, dass die störende Handlung sie gänzlich von ihrer Sache ausschließt, „depriving him either temporarily or permanently of the benefit of his 321

Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 47 ff. Green, Understanding the wrongful interference actions, in: Conveyancer and Property Lawyer (Vol. 1) 2010, 15 (24). 323 Tettenborn, Reversionary Damage to Chattels, in: Cambridge Law Journal (Vol. 53/2) July 1994, 326 (342); siehe auch Green, Understanding the wrongful interference actions, in: Conveyancer and Property Lawyer (Vol. 1) 2010, 15 (21 ff., m. w. N.). 324 Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 49. 325 Tettenborn, Reversionary Damage to Chattels, in: Cambridge Law Journal (Vol. 53/2) July 1994, 326 (338). 322

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2. Teil: England

reversionary interest, whether because the goods are destroyed or seriously damaged or because they are wrongfully disposed of by a transaction whereby the disponee acquires a good title, so preventing recovery of them“.326 Die Rechtslage ist hier jedoch weitaus weniger eindeutig als bei der conversion.327

D. Reichweite des Schutzes Wie weit der Rechtsschutz reicht, der der Eigentümerin einer beweglichen Sache zur Verfügung steht, lässt sich auch für das englische Recht anhand von drei Komponenten feststellen. Die inhaltliche Reichweite wird durch die Ausgestaltung der zur Verfügung stehenden Herausgabe- und Ersatzansprüche bestimmt. Die zeitliche Reichweite erfasst die Frage nach Verjährungs- und Ausschlussfristen. Die Frage nach der Insolvenzfestigkeit prüft, was von den Ansprüchen übrigbleibt, sollte die Anspruchsgegnerin insolvent werden.

I. Inhaltliche Reichweite In Bezug auf die Rechtsfolgen dreht das englische Recht die Herangehensweise des deutschen Rechts (Primärrechtsfolge: Sachherausgabe, Sekundärrechtsfolge: Wertersatz) um: Sachherausgabe in specie, die specific restitution oder auch delivery up, ist im common law grundsätzlich nur in Ausnahmefällen möglich. Dies betrifft allerdings nur das personal property law; im Grundstücksrecht (land law) hingegen gab es schon immer die Möglichkeit der Herausgabe in specie. Diese von Swadling sehr bildlich als „thing-recovering actions“ bezeichneten Ansprüche in rem haben jedoch kein direktes Äquivalent in Bezug auf bewegliche Gegenstände.328 Dem „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ wird hier also regelmäßig über den Schadensbzw. Wertersatz begegnet. Im common law ist Primärrechtsfolge also eine personal remedy, während eine dingliche proprietary remedy in einigen wenigen Fällen und dann traditionell nur über die Grundsätze der equity möglich ist. 1. Ansprüche aus proprietary restitution In Oxford und Cambridge streitet man sich über die Rechtsnatur des Anspruchs auf proprietary restitution. Während die eine Seite diesen im Bereicherungsrecht verortet, hat die andere Seite, mit höchstrichterlicher Unterstützung in Foskett v. 326

Clerk & Lindsell on Torts, Rn. 16 – 151. Hierzu ausführlich Tettenborn, Reversionary Damage to Chattels, in: Cambridge Law Journal (Vol. 53/2) July 1994, 326 (338 ff., m. w. N.). 328 Swadling, „Property: General Principles“, in: Burrows, English Private Law, S. 178, Rn. 4.15, m. w. N. 327

D. Reichweite des Schutzes

133

McKeown, einen in seiner dogmatischen Begründung dem Anspruch aus § 985 BGB nicht unähnlichen Vindikationsanspruch geschaffen. Der Anspruch dient hauptsächlich zum Schutze von equitable ownership. Die grundsätzliche Unterscheidung in personal remedies und proprietary remedies spiegelnd, werden auch im Restitutionsrecht auf Rechtsfolgenseite personal restitutionary remedies und proprietary restitutionary remedies unterschieden. Es sind die dinglichen proprietary remedies, die im Zentrum der Diskussion stehen. Wie bereits oben dargestellt, beanspruchen die Vertreter der „Cambridge Variante“ (allen voran Virgo und Foskett v. McKeown) dingliche remedies allein für den sachenrechtlichen Vindikationsanspruch, während die „Oxford Variante“ (allen voran Burrows) diese in Ausnahmefällen auch für den bereicherungsrechtlichen Anspruch vorsieht. Als proprietary restitutionary remedies kommen insbesondere die Gewährung eines equitable proprietary right unter dem bereits erwähnten constructive trust in Frage als auch ein Sicherungsrecht über die so genannte equitable charge: unter dem trust erhält die Klägerin einen dinglichen Herausgabe- bzw. Auszahlungsanspruch; die equitable charge gibt ein Sicherungsrecht in der Höhe der geschuldeten Summe bzw. des Wertes des Streitgegenstandes. 2. Ansprüche aus conversion Der deliktische Anspruch aus conversion dient, anders als die proprietary restitution, ausschließlich dem Schutze von legal ownership. Der Torts (Interference with Goods) Act 1977 führt die traditionelle Abneigung des common law gegen Sachherausgabeansprüche fort und so ist die wohl praktisch relevanteste Rechtsfolge die Anordnung von Wert- bzw. Schadensersatz (damages). Die Klägerin kann alternativ auch von dem so genannten waiver of tort Gebrauch machen und restitutionary damages verlangen. Beide Rechtsfolgen sind personal remedies. Die Möglichkeit, eine proprietary remedy anzuordnen, besteht jedoch, anders als noch in der jüngeren Vergangenheit. Eine entsprechende Entscheidung nach s. 3 (2)(a) des Torts (Interference with Goods) Act 1977 steht allerdings im Ermessen des Gerichts. Herausgabe in specie (also über eine proprietary remedy) wird in der Regel nur unter sehr engen Voraussetzungen angeordnet, etwa wenn die Sache einzigartig ist (wie das PuseyHorn) oder wenn Insolvenz droht. 3. Ansprüche aus reversionary injury Es kann auf die Ausführungen zur conversion verwiesen werden.

134

2. Teil: England

II. Zeitliche Reichweite Für das common law legt der Limitation Act 1980 fest, wann Verjährung eintritt.329 Im Bereich der equity findet der Limitation Act 1980 jedoch keine Anwendung. Im Gegensatz zu den festgelegten gesetzlichen Verjährungsfristen unterliegt die Verjährung von Ansprüchen in equity im Ermessen des Gerichts; dies ist die so genannte defence of laches oder auch unconscionable delay.330 1. Ansprüche aus proprietary restitution Für bereicherungsrechtliche Ansprüche aus dem law of restitution sieht der Limitation Act 1980 ausdrücklich zumindest keine Verjährungsfristen vor und grundsätzlich gilt, dass nichtgenannte Ansprüche nicht der Verjährung unterliegen: „A cause of action for which the Act [Anm.: gemeint ist der Limitation Act 1980], or other legislation, makes no limitation provision is not subject to a limitation period.“331 In Bezug auf bereicherungsrechtliche (früher quasi-contractual) Ansprüche des law of restitution wird jedoch die Regelung für vertragliche Ansprüche in s. 5 des Limitation Act 1980 analog angewendet.332 In s. 5 heißt es: „An action founded on simple contract shall not be brought after the expiration of six years from the date on which the cause of action accrued.“ In Bezug auf die proprietary restitutionary remedies oder proprietary restitution sieht die Sache jedoch anders aus. Da es sich hier um equitable remedies handelt (trust oder equitable lien), ist der Limitation Act 1980 nicht einschlägig und es ist die doctrine of laches anwendbar: „Laches is an equitable doctrine which defeats the claimant’s equitable claim where there has been an unreasonable delay in the claimant suing the defendant.“333 Hierzu prüft das Gericht die Frage, ob die Geltendmachung des Anspruchs in equity sittenwidrig (unconscionable) wäre und „where the balance of justice lies“.334 Die Ermessensausübung orientiert sich aber grundsätzlich an den entsprechenden Regelungen des Limitation Act 1980.335 Die besondere Behandlung von Verjährungsfragen in equity spiegelt sich auch in s. 21 des Limitation Act 1980 wieder; hier wird geregelt, dass

329 Halsbury’s Laws of England, Limitation Periods, Rn. 901 ff., m. w. N., 905: „The Limitation Act 1980 is intended to provide a complete code […].“ 330 Halsbury’s Laws of England, Limitation Periods, Rn. 906, 918; Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 734 ff., m. w. N.; siehe auch Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 55, Rn. 2.60 ff. 331 Nelson v. Rye [1996] 1 W.L.R. 1378, S. 1390 (Laddie J). 332 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 735, m. w. N. 333 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 741, m. w. N. 334 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 742. 335 Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 742, mit Verweis auf Allcard v. Skinner (1887) 36 Ch. D. 145, S. 186 (Lindley LJ): „Taking the statute as a guide […].“

D. Reichweite des Schutzes

135

Ansprüche der begünstigte Person (beneficiary) unter einem trust in bestimmten Fällen nicht der Verjährung unterliegen.336 2. Ansprüche aus conversion Die regelmäßige Verjährungsfrist für deliktische Ansprüche beträgt nach s. 2 des Limitation Act 1980 grundsätzlich sechs Jahre ab tatbestandlicher Handlung.337 Es ist für den Beginn der Verjährungsfrist grundsätzlich irrelevant, ob die Klägerin von der tatbestandlichen Handlung weiß.338 Eine wichtige Ausnahme besteht hier jedoch, wenn die streitgegenständliche Sache gestohlen wurde; in diesem Fall gelten die Verjährungsregeln nicht (s. 4 des Limitation Act 1980).339 Nach Ablauf der 6-Jahresfrist ist der Anspruch nicht bloß nicht mehr durchsetzbar, es erlischt grundsätzlich der dem Anspruch zugrunde liegende legal title und damit auch der darauf begründete Herausgabeanspruch.340 So heißt es in s. 3 (2) des Limitation Act 1980: „Where any such cause of action [Anm.: gemeint ist hier die conversion] has accrued to any person and the period prescribed for bringing that action has expired and he has not during that period recovered possession of the chattel, the title of that person to the chattel shall be extinguished.“ Weitere tatbestandliche Handlungen (sogenannte successive conversions), sei es durch dieselbe oder eine weitere Person, haben keinen Einfluss auf den Beginn der Verjährungsfrist. Relevant ist allein die erste conversion (s. 3 (1) des Limitation Act 1980): „Where any cause of action in respect of the conversion of a chattel has accrued to any person and, before he recovers possession of the chattel, a further conversion takes place, no action shall be brought in respect of the further conversion after the expiration of six years from the accrual of the cause of action in respect of the original conversion.“ Grundsätzlich gilt das Gesagte auch für einen etwaigen Restitutionsanspruch nach einem waiver of tort.341 3. Ansprüche aus reversionary injury Es kann auf die Ausführungen zur conversion verwiesen werden.

336

Siehe hierzu etwa Halsbury’s Laws of England, Limitation Periods, Rn. 1138 ff. Hierzu auch Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 740. 338 Halsbury’s Laws of England, Limitation Periods, Rn. 987 ff., m. w. N. 339 Halsbury’s Laws of England, Limitation Periods, Rn. 990, m. w. N. 340 Halsbury’s Laws of England, Limitation Periods, Rn. 988, 940, m. w. N. 341 Hierzu ausführlich Virgo, The Principles of the Law of Restitution, S. 738 ff., m. w. N.; Burrows, The Law of Restitution, S. 644 ff., m. w. N. 337

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2. Teil: England

III. Insolvenzfestigkeit Die Insolvenzfestigkeit eines Anspruchs ist auch für das englische Recht wesentlich für die Bestimmung der praktischen Reichweite des Rechtsschutzes. Begibt sich die Anspruchsgegnerin in die Insolvenz, so stellt sich die Frage, ob und wie ein der Berechtigten zustehender Vermögenswert aus der Insolvenzmasse herausverlangt werden kann oder ob er als Teil der Insolvenzmasse verwertet wird. Wie bereits gezeigt gewähren proprietary remedies Insolvenzprivilegierung, personal remedies hingegen nicht. Insolvenzfragen regelt im Wesentlichen der Insolvency Act 1986.342 Die Regelungen des englischen Insolvenzrechts gehen grundsätzlich von dem so genannten pari passu-Prinzip aus.343 Die betroffenen creditors der insolventen Schuldnerin stehen grundsätzlich gleichberechtigt nebeneinander („rank equally between themselves“).344 Von dem pari passu-Prinzip ausgenommen sind also solche creditors mit einem (legal oder equitable) proprietary right.345 So schreibt Calnan: „[…] a person with a proprietary right over an asset in the hands of the debtor is not affected by the pari passu sharing rule. He is entitled to his asset. He does not have to share it with the debtor’s other creditors.“346 Zur Insolvenzmasse gehören nach s. 283 (1)(a) des Insolvency Act 1986 grundsätzlich nur „property belonging to or vested in the bankrupt at the commencement of the bankruptcy“. Der Insolvency Act 1986 macht auch deutlich, dass Treuhandseigentum („property held by the bankrupt on trust for any other person“) ebenfalls nicht zur Insolvenzmasse gehört (s. 283 (3)(a)). 1. Ansprüche aus proprietary restitution Während der Aussonderungsanspruch im deutschen Recht grundsätzlich sowohl aus dinglicher als auch aus persönlicher Berechtigung folgen kann (maßgeblich ist eine haftungsrechtliche Betrachtungsweise), sind im englischen Recht grundsätzlich nur proprietary rights privilegiert. Wie gezeigt wurde, ist das englische Recht jedoch sehr flexibel darin, relative Rechte (etwa Geldforderungen) in proprietary interests umzuwandeln. Insbesondere unter den Billigkeitsregeln der equity werden unter bestimmten Voraussetzungen personal rights zu proprietary rights mit der Folge der privilegierten Behandlung in der Insolvenz der Schuldnerin.347 Diese Macht der 342 Siehe hierzu ausführlich Halsbury’s Laws of England, Bankruptcy and Individual Insolvency, Rn. 1 ff.; Halsbury’s Laws of England, Company and Partnership Insolvency, Rn. 1 ff. (Band 16) und Rn. 569 ff. (Band 17). 343 Ausführlich und m. w. N. etwa Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 3 ff., Rn. 1.01. 344 Siehe etwa s. 107, s. 328 (3) des Insolvency Act 1986; ausführlich Halsbury’s Laws of England, Bankruptcy and Individual Insolvency, Rn. 567 ff. 345 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 19 ff., Rn. 1.74 ff., m. w. N.; Smith, The Law of Tracing, S. 57 ff.; Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 26 ff., Rn. 1 – 053 ff. 346 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 14, Rn. 1.58. 347 Duggan, Proprietary Remedies in Insolvency, in: 68 WASH. & LEE L. REV. (2011), 1229 (1268): „In common law systems, the distinction between personal and proprietary re-

D. Reichweite des Schutzes

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equity, insolvenzprivilegierte proprietary interests aus einfachen Ansprüchen in personam zu schaffen, trägt das Potential in sich, die Wertung des Insolvenzrechts auszuhebeln. So schreibt etwa Calnan: „The availability of equitable proprietary interests is an important factor in the success of the law in meeting the requirements of commercial life. The ability, for instance, to create security over practically any present or future asset is crucial in financial transactions. But the dark side of equity is that it also gives the courts the ability to impose proprietary interests in transactions where the parties did not intend them. This is dangerous because, unless it is strictly and clearly circumscribed, it enables property rights to arise in case where they were not expected, to the detriment of third parties.“348 2. Ansprüche aus conversion Die regelmäßige Rechtsfolge einer conversion-Klage unter dem Torts (Interference with Goods) Act 1977 ist in personam: Anspruchsinhalt ist regelmäßig Wertbzw. Schadensersatz und im Falle eines waiver of tort auch die so genannten restitutionary damages. Dies sind personal rights und genießen grundsätzlich keine Privilegierung in der Insolvenz der Schuldnerin. Demgegenüber kann delivery up oder specific recovery angeordnet werden, also die Herausgabe in specie. Diese Rechtsfolge ist zwar sehr selten, gibt aber Schutz in der Insolvenz. Der Schutz in der Insolvenz ist gerade auch eines der Ermessenskriterien für die Anordnung einer specific performance: „[…] an order for delivery of goods is still not available as of right, but only at the discretion of the court, although, if the defendant were insolvent, there is no doubt that the court would order delivery of the goods in order to protect the claimant’s proprietary interest in the defendant’s insolvency.“349 In der Praxis genießt die Eigentümerin jedoch weiteren Schutz: ist die Sache noch im Vermögen der Schuldnerin vorhanden, so kann die Eigentümerin gegen die Insolvenzverwalterin persönlich vorgehen, wenn diese sich weigert, die Sache herauszugeben und versucht, die Sache zu verwerten.350 3. Ansprüche aus reversionary injury Es kann auf die Ausführungen zur conversion verwiesen werden.

medies is blurred by the intervention of equity. Courts of equity, under the rubric of the maxim, ,equity deems as done what ought to be done‘, invest certain personal claims with proprietary status […].“ 348 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. vii. 349 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 65, Rn. 2.108. 350 Calnan, Proprietary Rights and Insolvency, S. 65 ff., Rn. 2.109 ff.

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2. Teil: England

E. Fazit Sowohl in common law als auch in equity beruht die jeweilige Rechtsfolge (ob proprietary oder nicht) grundsätzlich nicht auf dem Ausspruch „That cow, Buttercup, is mine“.351 Die bloße Behauptung, dass etwas „mein“ ist und dass die andere Person (deshalb) kein Recht an der Sache bzw. dem Vermögensgegenstand habe, reicht nicht aus, um einen Schutzanspruch zu begründen. Common law-Eigentum wird vorrangig über die conversion-Klage geschützt; hierzu muss eine deliktisch relevante Eingriffshandlung (wenn auch kein Verschulden) vorliegen. Das common law kennt eben nicht die Eigentümerin, weswegen ein wie § 985 BGB konzipierter Anspruch nicht passt. Auch in equity, wo man grundsätzlich freier mit der Gewährung von dinglichen (Herausgabe-)Ansprüchen ist (und der Grundsatz der Titelrelativität so nicht gilt), liegt die Rechtsfolge traditionell ebenfalls nicht in der Behauptung, dass etwas „mein“ ist. Die Rechtsfolge ergibt sich eher aus der Feststellung, dass eine rechtliche unbefriedigende Situation eingetreten ist, die es über einen trust zu lösen gilt, und dass es in der Folge equitable sei, der Anspruchstellerin eine insolvenzprivilegierte proprietary remedy einzuräumen (in der Regel ein Sicherungsrecht). Die Ansprüche, die einer „Eigentümerin“ zur Verfügung stehen, stützen sich traditionell also weder im common law noch in equity auf die Behauptung, dass etwas „mein“ ist. § 985 BGB findet also im englischen Recht kein direktes Äquivalent. Der Punkt, dass das englische Recht keinen Vindikationsanspruch kennt, ist „almost a legal cliché“352 und eine „commonplace observation“.353 Diese jahrhundertealte Position scheint sich jedoch langsam aufzulösen, denn die Existenz eines „Vindikationsanspruches“, eben aus der Behauptung, dass etwas „mein“ ist, wird seit wenigen Jahren im Rahmen des sehr jungen Rechtsgebietes des law of restitution diskutiert. Das law of restitution bietet einen (wenn auch noch nicht einheitlich anerkannten) Anspruch, gerichtet auf Eigentumsschutz, die vindication of property rights, und zwar grundsätzlich sowohl für common law-Klagen als auch, praktisch wohl immer noch relevanter, in equity. Auch die deliktischen Ansprüche unter dem Torts (Interference with Goods) Act 1977 spielen eine zentrale Rolle. Während die deliktischen Ansprüche, hier insbesondere conversion und reversionary injury, in dieser oder jener Form bereits seit Jahrhunderten existieren, ist die proprietary restitution, der neueste Zugang zum Kreis der eigentumsschützenden Ansprüche, ein relativ junger Anspruch, der erst mit der Jahrtausendwende höchstrichterliche Anerkennung erfuhr. Bislang sucht der Anspruch insbesondere equitable proprietary rights zu schützen, die in der Regel an unkörperlichen assets bestehen. Das bislang nur spärliche case law zu den proprietary restitution-Sachverhalten in Bezug auf bewegliche Sachen (goods) und wohl auch die weiterhin bestehende Unklarheit zur 351

Birks, Personal Property: Proprietary Rights and Remedies, in: King’s College Law Journal, Band 11/1 (2000), 1 (4). 352 Lee, Confusio: Reference to Roman Law in the House of Lords and the Development of English Private Law, in: Roman Legal Tradition (Vol. 5) 2009, 24 (50). 353 Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 23, Rn. 1 – 047.

E. Fazit

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Rechtsnatur des Anspruchs (und damit der Struktur des gesamten law of restitution) führten dazu, dass es die conversion ist und nicht proprietary restitution, die zum Schutze von ownership an Sachen weiterhin in vorderster Reihe steht. Und so wird die Standardrechtsfolge für den „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“, die Vorenthaltung einer Sache gegenüber der berechtigten Person, auch weiterhin in der Zahlung von Wert- bzw. Schadensersatz liegen. Specific restitution, die Herausgabe der Sache in specie, bleibt dem eng gesteckten Anwendungsbereich der equity vorbehalten. Das englische Recht weist eine Reihe von signifikanten Unterschieden auf im Vergleich zum deutschen Recht. Die Frage nach dem „warum“ bleibt spannend; Großfeld etwa erinnert sich hier an eine Unterhaltung in Cambridge mit Kurt Lipstein, der sagte: „Bitte vergessen Sie nicht – there is always the Channel!“354

354

Großfeld, Macht und Ohnmacht der Rechtsvergleichung, S. 137.

„The obligations, whereby men are holden to restore the proper goods of others, […] must have their original from the authority and command of God, and that obedience we owe thereto by the law written in our hearts.“1

Dritter Teil

Schottland Der „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ muss auch für das schottische Recht gelöst werden. Der Blick up North zeigt eine erstaunliche Ähnlichkeit, aber nicht etwa zum geographisch und politisch viel näheren England, sondern zum deutschen Recht. Insbesondere fällt auf, dass das schottische (Sach-)Eigentumsverständnis kaum etwas mit Titelrelativität zu tun hat und auch Eigentum und Besitz deutlicher getrennt werden, als es das englische Recht vorsieht. Eine Aufteilung des Rechts in common law und equity gibt es ebenfalls nicht. Die Anspruchslandschaft „spiegelt“ jene des deutschen Rechts: so steht der Eigentümerin ein dem Vindikationsanspruch in § 985 BGB nahezu identischer Anspruch aus vindicatory restitution, prozessual durchgesetzt über die action of delivery, zur Verfügung. Grundvoraussetzungen des Anspruchs sind auch hier ein gestörtes (Eigentums-)Recht auf der einen und unberechtigter Besitz auf der anderen Seite. Anders als aber im deutschen Recht liegt der Fokus hier traditionell nicht auf dem Rechtsverwirklichungsaspekt des Herausgabeanspruchs, sondern auf der moralischen Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin, und zwar „by the law written in our hearts“, wie es im einleitenden Zitat heißt. Im Vergleich zum § 985 BGB hat dieser Anspruch die Besonderheit, dass er sehr weit ist und auch Sekundär- und Nebenansprüche in sich vereint (hierfür benötigt das deutsche Recht die Regelungen zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis). Dieser, wenn man so will, „weite“ Vindikationsanspruch wird flankiert von zwei weiteren Ansprüchen, die ebenfalls dem Schutz des Eigentums an beweglichen körperlichen Gegenständen dienen. So schützt die historische spuilzieKlage vornehmlich den Sachbesitz; einen bereicherungsrechtlichen Blickwinkel nimmt die enrichment restitution ein. Wie schon für das englische Recht, so stellt sich auch für Schottland die Schwierigkeit einer sprachlichen Ungenauigkeit, die dazu führt, dass Anspruchsgrund und -inhalt nicht immer deutlich voneinander zu trennen sind. So wurden und wird unter den Begriffen restitution und action of delivery zuweilen undifferenziert auf alle drei soeben genannten Ansprüche Bezug genommen. In Bezug auf die Rechtsfolge ähnelt das schottische dem deutschen Recht. Grundsätzlich wird erst die Herausgabe der Sache in specie angestrebt; im Falle der Unmöglichkeit können Schadens- bzw. Wertersatz sowie, ja nach Sachverhalt, die so genannten ordinary und violent profits verlangt werden. 1

Stair, Institutions, I. vii. 1.

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum Zur Lösung des „Archetyps eines Zivilrechtskonflikts“, der Besitzvorenthaltung gegenüber der berechtigten Person, bietet das schottische Privatrecht zunächst eine „action of restitution to vindicate possession“.2 Eine solche action of restitution gibt es auch im Bereicherungsrecht (zur enrichment restitution sogleich), weswegen hier für den sachenrechtlichen Anspruch der von Kenneth Reid geprägte Begriff der vindicatory restitution3 verwendet wird.

I. Rechtsnatur und Einordnung in die Privatrechtssystematik Der Grundsatz, dass die Eigentümerin einer Sache diese von jeder unberechtigten Besitzerin herausfordern kann, ist auch in Schottland unumstritten: „[i]t is trite that the owner of a corporeal moveable can, in principle, assert his right and recover possession from one who holds without a right available against him“.4 So unumstritten dieser Grundsatz auch ist, die systematische Einordnung des Anspruchs erschließt sich nicht unmittelbar und „[t]he doctrinal nature of an owner’s right to recover possession of moveable property, and the extent to which it rests on proprietary right as opposed to personal obligation, has long been a topic of some complexity in Scots law“.5 Der Herausgabeanspruch der Eigentümerin läuft traditionell unter dem Begriff der restitution, an dessen Anfang ein schottischer Jurist des 17. Jahrhunderts steht: James Dalrymple, Viscount of Stair6 ist der wohl wichtigste Vertreter der so genannten Institutional Writers, jener Autoren des 17. und 18. Jahrhunderts, die das schottische Recht maßgeblich geprägt haben und bis heute prägen.7 Obwohl andere Institutional Writers, insbesondere Bankton,8 Erskine,9 2 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 114. 3 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (168 ff.). 4 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 225, Rn. 10.02; in Rn. 10.01 wird diese Feststellung als truism (Binsenweisheit) bezeichnet und auf Stair, Institutions, I. vii. 1 verwiesen: „[…] that which is another’s coming in our power, without his purpose to gift it to us, and yet without our fault, ought to be restored […].“ 5 Holligan, Ownership and Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169 (170). 6 Zu Stairs Person und Leben (1619 – 1695) siehe die sehr lesenswerte Einleitung in Walker, The Institutions of the Law of Scotland, S. 1 – 58. 7 Rahmatian, The role of institutional writers in Scots law, in: Juridical Review (Issue 1) 2018, 42, m. w. N. 8 Andrew MacDowell (auch McDouall), Lord Bankton (1685 – 1760), insbesondere sein Werk „An Institute of the Laws of Scotland in Civil Rights with Observations upon the Agreement or Diversity between them and the Laws of England“ (1751 – 1753); eine kurze Biographie von William Gordon im Vorwort zu Bankton, Institute I, S. iii-iv; siehe auch die

142

3. Teil: Schottland

Bell10 und Hume,11 ebenfalls heute noch von Bedeutung sind, ist Stair „Scotland’s most famous legal son“.12 Es war Stair, der die Grundlagen für das moderne schottische Recht legte, und seine Ausführungen zu der hier im Zentrum stehenden restitution hat sowohl Zeitgenossen sowie nachfolgende Generationen von Institutional Writers derart beeinflusst, „that they are barely worthy of independent study“.13 Stairs Hauptwerk, „The Institutions of the Law of Scotland“ (erschienen in zwei Auflagen 1681 und 1693) geben bis auf den heutigen Tag dem schottischen Recht, insbesondere zum Eigentumsschutz, seine ganz eigene Prägung. Stair verfasste seine „Institutions“ zu einer Zeit, in der sich die schottischen Gerichte und Institutional Writers regelmäßig auf die römischrechtliche rei vindicatio und die vindicatory action aus dem Eigentum bezogen. Die Ursprünge des schottischen Rechts finden sich eben in der Tradition des kontinentaleuropäischen civil law; man zog Inspiration auch aus deutschen Texten, etwa von Joachim Mynsinger von Frundeck (1514 – 1588).14 Stair selbst verbrachte einige Jahre (1682 – 1688) im politischen Exil im niederländischen Leiden, wo er sich am 17. Dezember 1682 auch an der dortigen Universität immatrikulierte.15 Zu der Zeit seines Schaffens war das schottische Recht (insbesondere das Eigentumsrecht) noch

Biographie in Walker, The Scottish Jurists, S. 195 ff., 195: „His career seems to have been rather uneventful. He is recorded as having been married five times.“ 9 John Erskine of Carnock (1695 – 1768), insbesondere sein Werk „An Institute of the Law of Scotland“, die erste Auflage posthum veröffentlicht im Jahre 1773; die hier zitierte Auflage des Institute enthält eine Biographie, verfasst von Kenneth Reid, S. ix-xxxiii; siehe auch die Biographie in Walker, The Scottish Jurists, S. 202 ff. 10 George Joseph Bell (1770 – 1843), insbesondere sein Werk „Principles of the Law of Scotland“ (vierte Auflage, 1829); für eine kurze Biographie (verfasst von Kenneth Reid) siehe Bell, Principles, S. iii-xxviii); siehe auch die Biographie in Walker, The Scottish Jurists, S. 337 ff. 11 David Hume, Baron Hume of Ninewalls (1757 – 1838), besser bekannt als Baron David Hume, um Verwechslungen mit seinem berühmten Onkel, dem Philosophen David Hume zu vermeiden, insbesondere seine „Lectures“ (1786 – 1822); Hume, Lectures VI, S. 327 ff. enthält eine Biographie zu Baron Hume, verfasst vom Herausgeber G. C. H. Paton; siehe auch die Biographie in Walker, The Scottish Jurists, S. 316 ff. 12 Siehe Einleitung zu Hogg, Lowlands to Low Country, in: Ius Commune Lectures on European Private Law/Electronic Journal of Comparative Law (Vol. 5, Issue 1) 2001, 1; siehe auch seine Biographie in Walker, The Scottish Jurists, S. 106 ff.; und ders., Stairs Institutions, S. 1 ff. 13 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (168, 169). 14 Zu den civilian Anfängen des schottischen Rechts siehe den sehr lesenswerten Beitrag von Holligan, Ownership und Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169, und zum Einfluss Frundecks siehe dort S. 174 ff. Frundeck war unter anderem Richter am Reichskammergericht von 1548 und 1555 sowie Professor für römisches und Kirchenrecht an der Universität Freiburg, siehe hierzu Robinson et al., European Legal History, S. 188 ff., Rn. 11.1.1, 196, Rn. 11.3.8. 15 Walker, Stairs Institutions, Einleitung, S. 5 – 6.

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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sehr vom civil law geprägt. Sir Thomas Hope of Craighall16 etwa, einige Jahrzehnte vor Stair, schreibt: „A real right in moveable property is where the property in a moveable thing belongs to someone, and the action which is proper to them on account of this is called the rei vindicatio, and is available against any possessor, whether natural or civil.“17 Der Anspruch auf Herausgabe folgt nach Hope direkt aus dem Eigentum, „[j]us in re, or a Right in a Thing, […] inherent in the Thing itself, producing to the proprietor an Action against the Thing, towards the Recovery thereof“.18 Auch andere Institutional Writers, wie etwa Erskine, Hume und Bell erkennen die Existenz einer vindicatory action auf Sachherausgabe an, die eben aus dem Eigentum selbst fließt.19 Auch Gerichtsurteile aus der Zeit vor, zeitgleich und kurz nach Stairs Wirken zeigen die Etabliertheit der vindicatory action.20 In Forsyth v. Kilpatrick aus dem Jahre 1680 etwa heißt es: „[…] to prove the horse his own, and that he did not sell him, but set him for hire, and, therefore, hath rei vindicationem against any haver thereof, whether he acquire bona fide or mala fide.“21 Stair aber ging einen anderen Weg und seine Interpretation des (Herausgabe-)Anspruchs der Eigentümerin eben als restitution und seine Abwendung von der zu seiner Zeit gebräuchlichen vindicatio legte den Grundstein für das moderne Recht.22 So schreibt er in seinen Institutions: „But we make not use of the name or nature of Vindication, whereby the proprietor pursues the possessor, […] yea, the conclusion of delivery doth not properly arise of vindication, which concludes no such obligement of the haver, but only to be passive, and not to hinder the proprietor to take possession of his own. […] there is a real obligation upon possessors, not having a title sufficient to defend their possession, to restore or re-deliver, not only to the proprietor, but to the lawful possessor, which is also consonant to that common principle of the Roman 16

Hope (1580 – 1646) war Lord Advocate unter Charles I. Obwohl Manuskripte wohl schon vorher im Umlauf waren, erschien eine gedruckte Version seines Werks erstmals im Jahre 1726: Russell, Hope’s Minor Practicks, in: The Innes Review (Vol. 60, Issue 2) 2009, 170; siehe auch die Biographie in Walker, The Scottish Jurists, S. 93 ff. 17 Das Zitat, eine englische Übersetzung des lateinischen Originaltexts, ist entnommen aus Holligan, Ownership and Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169 (173); Holligan bezieht sich auf „Jus in re in mobilibus, est ubi proprietas rei mobilis ad aliquem pertinent et actio quae ob hanc competit dicitur rei vindicatio, a quocun[m]que possessore, sive naturali, sive civili“ in Spottiswoode, John (Hrsg.): Practical Observations Upon divers Titles of the Law of Scotland, Commonly called Hope’s Minor Practicks, Edinburgh 1734, S. 336. 18 Aus Holligan, Ownership and Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169 (174). Holligan bezieht sich hier wieder auf Spottiswoode, Hope’s Minor Practicks, S. 337. 19 Siehe hierzu ausführlich Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 228 ff., Rn. 10.03, insb. S. 230, m. w. N. 20 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables, S. 230 ff., Rn. 10.03 verweist etwa auf Ramsay v. Wilson (1666) Mor. 9113, James Findlay of Balchrystie v. James Monro (1698) Mor. 1767, Scot v. Low (1704) Mor. 9123, Henry Walker v. Spence and Carfrae (1765) Mor. 12802. 21 Forsyth v. Kilpatrick (1680) Mor. 9120. 22 Ausführlich zu Stairs Position siehe insbesondere Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 225 ff., Rn. 10.02 ff., m. w. N.; siehe auch Reid, The Law of Property in Scotland, S. 129 ff., Rn. 158, m. w. N.

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3. Teil: Schottland

law, suum cuique.“23 Nach Stair ruht der Herausgabeanspruch also nicht etwa auf dem Eigentumsrecht (wie bei dem Vindikationsanspruch): eine „vindication proper, in the civilian sense of a property-derived action, is expressly excluded by Stair“.24 Vielmehr ruht er auf der Rückgabeverpflichtung (real obligation) der unberechtigten Besitzerin gegenüber „the rightful owner“.25 Das Recht der Eigentümerin to vindicate hat sein Gegenstück in der duty of restitution; die Herausgabe „commences from the point of view of the duty of restitution rather than the right of vindication“.26 Stairs Abwendung von der traditionellen Interpretation des Herausgabeanspruchs als vindicatio war so radikal, dass es naheliegt, dass er eine bewusste Abgrenzung erreichen wollte. Wie Holligan schreibt: „it [Anm.: gemeint ist Stairs Interpretation der restitution] is radical among the Civilian jurists of the period in detaching the right to recover from its doctrinal basis in ownership“.27 Und Stewart schreibt: „The Scots law of Stair’s time was heavily influenced, as was Stair, by the civilian tradition. Stair was, however, of an independent mind and differed from other leading Civilians on a number of points.“28 Stairs Position mag auch, wie Holligan weiter ausführt, eine direkte Kritik an den, vielleicht für seinen Geschmack zu wenig schottisch und zu stark römischrechtlich orientierten Werken seiner Zeitgenossen, sein.29 Vielleicht wollte Stair auch die Selbstständigkeit des schottischen Rechts neben der römischrechtlichen Tradition betonen; auf jeden Fall, so erfahren wir aus seinen Institutions, hielt er aber den Schutz durch die rei vindicatio für nicht ausreichend – „yea, the conclusion of delivery doth not properly arise from vindication, which concludes no such obligement of the haver, but only to be passive, and not to hinder the proprietor to take possession of his own“.30 Es ist die Feststellungsklage, die nach Stair die wahre Erbin der rei vindicatio ist: „The action for delivery of moveables, is also upon the personal obligation of the haver, which is distinct from the right of property, which is rather a declaratory action, as rei vindicatio in the Roman law did chiefly declare the pursuer’s right of moveables.“31 Wie Reid schreibt: „Traditionally this obligation [Anm.: gemeint ist die Herausgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin] is classified as restitution, and is said to distinguish the action of delivery from its Roman law ancestor, the action known as rei vindicatio, for in a rei vindicatio the possessor’s obligation was purely negative, 23 24 25 26 27

(170). 28

Stair, Institutions, IV. iii. 45. Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 226, Rn. 10.02. Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 228, Rn. 10.02. Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 229, Rn. 10.03. Holligan, Ownership and Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169

Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 3, Rn. 1.2. Holligan, Ownership and Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169 (170 ff., m. w. N.). 30 Stair, Institutions, IV. iii. 45. 31 Stair, Institutions, IV. xxi. 5. 29

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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being restricted to not withholding possession“.32 Denkbar wäre hier auch ein Zusammenhang mit der Restitutionslehre der spanischen Spätscholastik, dieser „praktisch handhabbare[n] naturrechtliche[n] Normordnung […], die ihre Grundlage zwar in den geoffenbarten christlichen Glaubenswahrheiten fand, gleichwohl aber auch die spezifisch juristischen Erkenntnisse der römisch-gemeinrechtlichen Tradition fruchtbar machen sollte“.33 Auch Stair scheint seine Position zur Rechtsnatur des (Herausgabe-)Anspruchs der Eigentümerin zumindest auch theologisch zu begründen, wie im einleitenden Zitat deutlich wird („The obligations […] must have their original from the authority and command of God, and that obedience we owe thereto by the law written in our hearts.“34).35 Das Eigentumsrecht, dass sich in der Vindikationsklage Ausdruck verschafft, trägt in sich zwar den Anspruch, nicht in der Rechtsausübung gestört zu werden; hieraus folgt aber nach Stair eben noch nicht die Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin „not having a title sufficient to defend their possession, to restore or re-deliver“. Dies folgt nur aus der restitution und der ihr zugrundeliegenden real obligation.36 Diese Interpretation des Herausgabeanspruchs folgt auch Stairs naturrechtlich geprägtem Denken: „The obligations, whereby men are holden to restore the proper goods of others, are placed here among natural or obediential obligations, because they are not by contract or consent […], they must have their original from the authority and command of God, and that obedience we owe thereto by the law written in our hearts.“37 So auch Holligan in ihrem wichtigen Beitrag zu Stairs naturrechtlichem Beitrag zum schottischen Recht: „From the ,right of restitution‘ arises the action of exhibition and delivery, which involves the conveyance of a moveable thing […] before a judge, where questions of right can be decided and delivery to the pursuer ordered. This is curious because, although Stair emphasises the existence of a personal obligation on possessors, the results do not seem, in practice, to be substantially different from those obtained using the vindicatio. Scots law appears to follow an essentially Roman scheme, with the actio ad exhibendum necessary to force a reluctant defender to produce the thing in order that the pursuer can seize it. However, Stair’s account places the structures 32

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 129, Rn. 158 mit Verweis auf Stair, Institutions, I. vii. 2; IV. iii. 45; IV. xxi. 5; IV. xxx. 8. 33 Jansen, Von der Restitutionslehre der spanischen Spätscholastik zu einem europäischen Recht nichtvertraglicher Schuldverhältnisse?, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (RabelsZ) Jg. 76, 4 (2012), 921 – 946 (923). 34 Stair, Institutions, I. vii. 1. 35 Siehe zu den Parallelen zwischen Stairs „Institutions“ und der scholastischen Restitutionslehre: Jansen, Von der Restitutionslehre der spanischen Spätscholastik zu einem europäischen Recht nichtvertraglicher Schuldverhältnisse?, in: Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht (RabelsZ) Jg. 76, 4 (2012), 921 – 946 (954 ff.). Siehe zum Einfluss Hugo Grotius’ auf Stairs Schaffen etwa Holligan, Ownership and Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169 (176 ff., m. w. N.); siehe auch Carey Miller, Systems of Property: Grotius and Stair, in: Comparative and Historical Essays in Scots Law, S. 13 ff. 36 Stair, Institutions, IV. iii. 45. 37 Stair, Institutions, I. vii. 1.

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3. Teil: Schottland

provided by the Roman law in a new theoretical and philosophical framework, that of natural law.“38 Stairs restitution unterscheidet sich aber im Ergebnis nicht von einer vindikatorischen Interpretation: Tatbestandsvoraussetzungen sind Sacheigentum auf der einen und kein Recht zum Besitz auf der anderen Seite; primäre Rechtsfolge ist die Sachherausgabe. „What is understood by vindication – the owner’s right to recover from one who holds without right against him – implies a duty to restore and, in the result, vindication and restitution appear to be no more than different ends of the same equation.“39 Stair lehnt also die Existenz der rei vindicatio bzw. eines Herausgabeanspruchs (direkt) aus dem Eigentum für das schottische Recht ab, erkennt stattdessen aber einen Herausgabeanspruch aus restitution an.40 Seine Interpretation des Rechts findet heute in der Regel Zuspruch. So schreibt die Scottish Law Commission: „In Scots law, while there are references to a rei vindicatio in the sources, it seems the better view that the Roman remedy as such has not been received in Scots law. There is no doubt, however, that Scots law has, and always has had, an equivalent remedy or remedies, notably a declarator of ownership or a reduction of the defender’s pretended title of ownership as well as an action of restitution to vindicate possession.“41 Die Scottish Law Commission scheint auch auf dem Standpunkt zu stehen, dass Stairs restitution eben nicht direkt für die vindicatio „einspringt“: „[…] some institutional writers argue that the action of restitution comes in place of the rei vindicatio. This seems strange. The obligation to restore by delivery of these moveables is logically merely ancillary to the action of declarator or reduction vindicating the right of ownership.“42 Und Reid schreibt: „Stair insists on the personal obligation rather than the real right […]; but it seems clear that the former derives from the latter. More generally, there is no reason to doubt that an equivalent of the rei vindicatio is accepted in Scots law.“43 Während im 18. und auch 19. Jahrhundert vor Gericht noch vornehmlich auf die rei vindicatio verwiesen wird,44 wandelte sich der Sprachgebrauch langsam hin zu 38

(178). 39

Holligan, Ownership and Obligation, in: Edinburgh Law Review (Vol. 21) 2017, 169

Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 227, Rn. 10.02. Stair, Institutions, IV. iii. 45. 41 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 114. 42 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 115, Rn. 2.110. 43 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (169, Fn. 12). 44 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 231 ff., Rn. 10.03 verweist unter anderem auf Scot v. Low (1704) Mor. 9123 (rei vindicatio), Duff v. Snare (1849) 11 D. 1119, 1122 (Lord Mackenzie: „a process of rei vindicatio“), Scottish Central Railway Co. v. Ferguson & Co. (1863) 1 M. 750, S. 754 (Lord President McNeill) und S. 758 (Lord Ardmillan): „action for vindication of property“, Wylie and Lochhead v. Mitchel (1870) 8 M. 552, 556 (Lord President Inglis): „they may be entitled to recover possession of it rei vindications“; Todd v. 40

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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einer synonymen Verwendung der Begriffe vindication oder rei vindicatio und restitution oder auch action of delivery.45 In International Banking Corporation v. Ferguson, Shaw & Sons aus dem Jahre 1910 etwa finden sich unterschiedliche Begriffe in den jeweiligen Urteilbegründungen.46 Lord Low schreibt: „the property still remaining in the true owner […] he being entitled to follow the goods and demand restitution“.47 Lord Justice-Clerk MacDonald hingegen verwendet den Begriff der vindication: „The pursuers, without doubt, could have vindicated their proprietary right and enforced delivery.“48 Oder noch offensichtlicher in Faulds v. Townsend aus dem Jahre 1861: „This is not an action of vindication or restitution of the stolen horse.“49 Der Begriff der vindicatio ist heutzutage eher ungebräuchlich,50 jedoch nicht gänzlich ausgestorben.51 Im modernen Recht scheint die rei vindicatio aber, als ein vom Eigentum her gedachter Anspruch, keinen Raum mehr zu haben; die vom unberechtigten Besitz her gedachte restitution, durchgesetzt über die action of delivery, oder auch „action for specific implement in the form of delivery […] of the property in question“,52 hat ihren Platz eingenommen. Die begriffliche und inhaltliche Verwirrung, die durch den uneinheitlichen Gebrauch dieser Begrifflichkeiten entsteht, wird zu Recht kritisiert: „That an owner has an action to recover his property from one who holds, without a right against him to the same, is not in doubt. How this Armour (1882) 9 R. 901, 908 (Lord Craighill): „by the law of Scotland, as I have been taught, and as I regard that law, stolen property, wherever stolen, can be vindicated“. 45 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 129 ff., Rn. 158; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 231 ff., Rn. 10.03 verweisen unter anderem auf: Mitchell v. Heys & Sons (1894) 21 R. 600, 608 (Lord Kinnear): „This is an action for delivery“; Morrisson v. Robertson 1908 S.C. 332, S. 337 (Lord M’Laren): „the pursuer […] is entitled to a decree for the vindication of his property“ und S. 335 (ders.): „delivery“; Henry Walker v. Spence and Carfrae (1765) Mor. 12802: „it would be no good defence against restitution, that they bought them bona fide, for rem meam vindicare possum ubicumque inveniam“; Pride v. St. Anne’s Bleaching Co. (1838) 16, S. 1376: „action concluded for restitution […]“; Gorebridge Co-operative Society Ltd. v. Turnbull 1951 S.L.T. (Sh.Ct) 91: „action of restitution brought against the present possessor“; George Hopkinson Ltd. v. Napier & Son 1953 S.C. 139, 149 (Lord Cooper): „the true owner’s remedy is to get either delivery of the goods or their equivalent in cash“ wird hier bezeichnet als „vindication“ (S. 149). 46 International Banking Corporation v. Ferguson, Shaw & Sons 1910 S.C. 182. 47 International Banking Corporation v. Ferguson, Shaw & Sons 1910 S.C. 182, S. 191, 192. 48 International Banking Corporation v. Ferguson, Shaw & Sons 1910 S.C. 182, S. 193. 49 Faulds v. Townsend (1861) 23 D. 437, 439. 50 Ausführlich zum Verschwinden des Begriffs siehe Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 3 ff., Rn. 6 ff.; die vindicatio findet etwa auch keine Erwähnung in dem klassischen Werk von Walker, The law of civil remedies in Scotland; ebenso nicht in Maher/Rodger, Civil Jurisdiction in the Scottish Courts, siehe S. 299, Rn. 13.05: die Autoren verwenden hier den Begriff der action of delivery; aber siehe Gow, The Law of Hire-Purchase in Scotland, S. 233 ff.: rei vindicatio. 51 Begriff verwendet etwa in Stewart, The Law of Restitution in Scotland, und ders., The Law of Restitution in Scotland – Supplement, jeweils Kapitel 6: „Personal Claims and Property Claims“. 52 Mackenzie, in: Stair Memorial Encyclopedia, „Remedies (Reissue)“, Ziffer 12.

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3. Teil: Schottland

action is designated is unimportant, although from the point of view of consistency of usage and meaning it is clearly desirable that the law adopt uniform terminology.“53 Auch wenn, durch Stair, die vindicatio langsam dem Begriff bzw. dem Konzept der restitution wich, verschwand sie doch niemals ganz und „[t]he term has become deeply entrenched in Scots law, often anglicised as ,to vindicate‘“.54 Unter welchem Begriff der Herausgabeanspruch heutzutage läuft ist weniger relevant als die Frage, welche Form dieser annimmt. Stair betont die Herausgabeverpflichtung (obligation) der Besitzerin und das Eigentumsrecht steht, wenn man so will, „in zweiter Reihe“. Ändert dies etwas am dinglichen Charakter des Herausgabeanspruchs? Handelt es sich hierbei überhaupt um einen dinglichen Herausgabeanspruch, um ein real right?55 Unabhängig von der Bezeichnung (restitution oder vindication) und trotz der (zumindest vor dem Hintergrund des deutschen Rechts) ungewöhnlichen Perspektive auf den Anspruch ist dieser jedoch unumstritten dinglich: „That this right [Anm.: gemeint ist der Herausgabeanspruch der Eigentümerin] is given effect to on the basis of an obligation to restore does not distract from its quality of universality; a feature inherent in the fact that restitution, providing for recovery of the thing, is available against any party who holds without a right binding upon the owner.“56 Die Erklärung des Herausgabeanspruchs der Eigentümerin über den „Umweg“ der Herausgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin wird vor diesem Hintergrund als künstlich kritisiert: „[t]he distinction is philosophically valid but, when applied to the practical matter of legal remedies, it is probably open to criticism on the basis of artificiality“.57 Carey Miller und Irvine verweisen auch darauf, dass man über eine „simple Hohfeldian analysis“58, in Hohfelds grundlegender und auch heute noch bedeutsamer Gegenüberstellung von rights und obligations, zu demselben Ergebnis käme: aus dem Eigentumsrecht folgt eine Herausgabepflicht, wenn kein Recht zum

53

Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 232, Rn. 10.03; Stewart weist darauf hin, dass der Begriff vindicatio auch mit Bezug auf die constructive trust-Debatte schwierig ist: „In the Scottish discussion it is very difficult to see what is actually going on because of the instance in speaking in terms of an actio rei vindicatio. If by that term what is meant can cover a real restitutionary right as well as a proprietary right than all that can honestly be said is that the Scots law is lost in obscurity. It can only be rescued from that state if the courts examine what issues are being dealt with and identify the nature of the claims being made.“, in: Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 110, Rn. 6.31. 54 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 94, Rn. 6.5; Stewart schlägt hier den Begriff ownership claim vor. 55 Eine Liste der anerkannten real rights findet sich bei Reid, The Law of Property in Scotland, S. 10 ff., Rn. 5. 56 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 227, Rn. 10.02.; ausführlich zur Rechtsnatur des Herausgabeanspruchs auch S. 232 ff., Rn. 10.04, m. w. N. 57 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 226, Rn. 10.02. 58 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 226, Rn. 10.02.

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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Besitz entgegengehalten werden kann.59 Die Herangehensweise von der Herausgabeverpflichtung her hat jedoch, wie gezeigt, Auswirkungen für den Fall, dass die Sache untergeht und nicht mehr herausgegeben werden kann: „From the point of view simply of the owner’s right to recover a moveable which has come into the hands of another, the only significant distinction between vindication and restitution would appear to be that the latter is a binary remedy, in that it applies not only to give a right to recover the thing but also the right to compensation in case of mala fide disposition.“60 Stellt man Stairs restitution dem Vindikationsanspruch in § 985 BGB gegenüber, so ist eine augenfällige Besonderheit der restitution, dass sie nicht nur den (dinglichen) Herausgabeanspruch umfasst. Die Herausgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin endet bei Verlust der Sache eben nicht, sondern trägt sich weiter in eine Ersatzverpflichtung: „Restitution of things belonging to others, may seem to be an effect of property, whence cometh the right of vindication or repetition of any thing; but, beside the real action, the proprietor hath to take or recover what is his own there is a personal right, which is a power in the owner to demand it, not only when it is in the possession of the haver, but if he hath fraudfully put it away […].“61 Nach Untergang der Sache und damit auch dem dinglichen Anspruch behält die Eigentümerin also grundsätzlich einen (persönlichen) Wertersatzanspruch aus der restitution. Wofür der § 985 BGB etwas Hilfe braucht (die Normen des EigentümerBesitzer-Verhältnisses), erledigt die restitution also selbst. Aus der von Stair eingenommenen Perspektive, nämlich der Verpflichtung der unberechtigten Besitzerin gegenüber der Eigentümerin, folgt eine Doppelnatur, die „binary nature of restitution“.62 Wie noch gezeigt werden wird, führt die auf Stair zurückgehende Herangehensweise über die gewünschte Rechtsfolge (restitution) zu Lasten der Anspruchsgrundlagen zu einer dogmatisch und praktisch problembeladenen Vermischung sachenrechtlicher (vindicatory restitution) und bereicherungsrechtlicher Ansprüche (enrichment restitution).63

59 Siehe zum Verhältnis von rights und duties auch die Arbeit von Hohfeld, Some Fundamental Legal Conceptions as Applied in Judicial Reasoning, in: Yale Law Journal (Vol. 23/1) 1913, 16 (28 ff.). 60 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 228, Rn. 10.02. 61 Stair, Institutions, I. vii. 2. 62 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238 ff., Rn. 10.07, m. w. N. 63 Siehe zu dieser Unterscheidung Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (168 ff., insb. S. 169): „With the former P can vindicate his property from D precisely because it is his property, […]. With the latter, D must yield up the property because if he did not do so he would be unjustifiably enriched at the expense of P. Another way of expressing the distinction is to say that, whereas vindicatory restitution arises out of the law of property, enrichment restitution arises out of the law of unjustified enrichment.“

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3. Teil: Schottland

II. Primäranspruch auf Herausgabe der Sache Wie einleitend festgestellt wurde, ist mit (vindicatory) restitution Folgendes gemeint: „[…] the owner’s right to recover possession based upon the obligation to restore to which a holder, without right against the owner, is subject“.64 Obwohl der Herausgabeanspruch eben nicht vom Eigentum her „gedacht“ wird (wie etwa § 985 BGB), sind die Tatbestandsvoraussetzungen doch identisch. Die Eigentümerin einer Sache kann diese grundsätzlich von jeder unberechtigten Besitzerin herausverlangen; dieser Punkt ist unumstritten.65 Wie bei 985 BGB, dem „simpelsten Anspruch im ganzen BGB“, sind die wesentlichen Tatbestandsmerkmale also das klägerische Eigentum und der Besitz der Beklagten: „It is readily apparent that the essential ingredients of an owner’s action to recover what is his, are the pursuer’s right of ownership and the defender’s possession.“66 Dieser Herausgabeanspruch aus dem Eigentum, bzw. die Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin, wird prozessual über die action of delivery durchgesetzt.67 Die action of delivery ist eine petitory action, die hierüber angestrebte Korrektur der Güterzuordnung ist endgültig und dient nicht bloß der vorübergehenden Wahrung des Rechtsfriedens wie etwa beim possessorischen Rechtsschutz.68 Der Anwendungsbereich der action of delivery ist grundsätzlich sehr weit: aktivlegitimiert ist die Person, die ein Recht zum Besitz geltend macht. Neben dinglichen Besitzrechten aus dem real right Eigentum kommen zudem auch solche aus liferent und lease in Frage: benötigt wird lediglich ein „real right to possession (jus possidendi)“.69 Das schottische Recht ist hier weiter als das deutsche Verständnis; insbesondere ist in Deutschland das mietrechtliche Besitzrecht eben kein dingliches Recht. Der bloße Besitz wird im schottischen Recht unstreitig ebenfalls als real right eingestuft.70 Anders als im englischen common law jedoch, in dem der bloße Besitz ein Eigentumsrecht schafft, ist bare possession, also Besitz ohne Besitzrecht jedoch grundsätzlich nicht ausreichend für ein Herausga-

64

Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 225, Rn. 10.01. Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 225, Rn. 10.2: „It is trite that the owner of a corporeal moveable can, in principle, assert his right and recover possession from one who holds without a right available against him.“; siehe auch Gretton, „Proprietary Issues“, in: Johnston/Zimmermann, Unjustified Enrichment in Comparative Perspective, S. 573: „It is a truism nowadays that if P has never lost ownership, his action against D is not an enrichment action […] it is rei vindicatio.“ 66 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 235, Rn. 10.6 verweisen auf Scot v. Low (1704) Mor. 9123: „[…] the only action competent to the pursuer was rei vindicatione; in which two things must be proved, property on the pursuer’s part, and possession on the defender’s […].“ 67 Anderson, Property, S. 25, Rn. 2.21; zur action of delivery ausführlich auch Reid, The Law of Property in Scotland, S. 129 ff., Rn. 158 ff. und S. 123 ff., Rn. 150. 68 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 224 ff., Rn. 10.1. 69 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 117, Rn. 141. 70 Eine Liste der anerkannten real rights findet sich bei Reid, The Law of Property in Scotland, S. 10 ff., Rn. 5. 65

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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beverlangen über die action of delivery, denn „[s]ome right in the property must always be shown“.71 Die Klägerin eines Herausgabeanspruchs aus vindicatory restitution, durchgesetzt über die action of delivery, trägt eine beweisrechtliche double burden: sie muss darlegen und beweisen, dass sie Eigentum an der Sache hatte und dass dieses nicht zwischenzeitlich auf die Beklagte übergegangen ist.72 Hume führt hierzu aus: „Which to do he must prove, not only that the thing once belonged to him, but also quomodo desiit possedere – that matter of the departure of the thing out of his hands. He must show, that the thing passed from him either utterly without his consent (as by stealth, or robbery or being lost); or, at least, without any intention on his part to transfer the property of the thing, as by loan or pledge, on deposit, or on some other and like limited and defeasible title of possession consistent with the right of property remaining in him.“73 Die Beklagte muss grundsätzlich zunächst nichts tun, „not even show the basis on which he or she claims to have become owner“.74 Hume schreibt hierzu: „We do not require of the present possessor to show, even how he himself acquired the moveable, much less how it came to any intermediate person between him and the pursuer: we presume in favour from his possession alone, qua dominus, in the character of owner, that the thing came fairly to him on some just and lawful title of acquisition; and this presumption it lyes upon the pursuer or complainer, to overcome.“75 Der Beklagten fällt lediglich die Darlegungs- und Beweislast für etwaige defences gegen den Herausgabeanspruch zu, insbesondere also der Vortrag zu einem Recht zum Besitz.76 1. Aktivlegitimation: Eigentum als title to sue Der Anspruch aus vindicatory restitution, durchgesetzt über die action of delivery, fordert zunächst den Nachweis des fortdauernden Eigentums der Klägerin bzw. pursuer77 an einer Sache.78 Das für den title to sue notwendige real right zum Besitz 71

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 117, Rn. 140. Reid, The Law of Property in Scotland, S. 123, Rn. 150; Anderson, Property, S. 23 ff., Rn. 2.15 ff., m. w. N. 73 Hume, Lectures III, S. 229; siehe hierzu etwa auch: Forsyth v. Kilpatrick (1680) Mor. 9120; Russel of Elrig v. Campbell of Kilpont (1699) 4 Brown’s Supp. 468; PrangnellO’Neill v. Lady Skiffington 1984 S.L.T. 282. 74 Anderson, Property, S. 24, Rn. 2.18. 75 Hume, Lectures, III, S. 229; siehe auch Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 236, Rn. 10.06. 76 Siehe etwa Reid, The Law of Property in Scotland, S. 130, Rn. 158, m. w. N.; Anderson, Property, S. 25, Rn. 2.22. 77 Der in Schottland übliche Begriff pursuer für die klägerische Partei unterscheidet sich von den in England üblichen Begriffen claimant bzw. plaintiff. Die beklagte Partei wird in Schottland als defender, in England als defendant bezeichnet. 78 Reid, The Law of Property of Scotland, S. 117 ff., Rn. 141 und S. 123, Rn. 150. 72

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(in der Regel also aus dem Eigentum) meint vorrangig das Recht auf den unmittelbaren Besitz (natural possession).79 In der Praxis mag es unter Umständen ausreichen, früheren Besitz darzulegen und zu bewiesen: zugunsten der (früheren) Besitzerin einer (beweglichen)80 Sache wird das Recht zum Besitz aus Eigentum vermutet.81 Hierzu schreibt Stair: „All possession is presumed to be lawful. […] Possession of moveable goods presumes the property thereof. This is the great security of commerce, which would be extremely prejudged, if men were obliged to prove the titles of their possession of moveables, and so subject themselves to the memories or faithfulness of witnesses, or to the necessity of writ in bargains which ordinarily pass currently in markets.“82 a) Eigentum Eigentum ist „obviously enough, the right held by an owner of property“.83 Wie bereits zum englischen Recht gezeigt, ist der Begriffsinhalt jedoch nicht unbedingt obvious, sondern erklärungsbedürftig. Er umfasst, in seiner weitesten Form, alle (körperlichen und nicht-körperlichen) Vermögenswerte (die sogenannten patrimonial rights).84 Der Begriff property meint also erst einmal alle „rights capable of being valued in monetary terms, including rights arising from the law of obligations“.85 Während das deutsche Sachenrecht bereits im Namen deutlich macht, dass es um Rechte an Sachen (res) geht, scheint der Begriff thing nicht „würdevoll“ genug zu sein für ein eigenes Rechtsgebiet: „In English, ,thing‘ does not seem a sufficient dignified word to carry the burden of having its own law. So the usual term is the law of ,property‘. But ,thing‘ is more accurate, and ,property‘ has the disadvantage that it is also sometimes used to mean the principal right that can exist in a thing, ie ownership. […] In Germany, property law is called thing law (Sachenrecht), and the same is true in South Africa (in Afrikaans Sakereg).“86 Die Sache an sich (thing) ist nur insofern relevant für ein Sachenrecht, als sie Rechte hervorruft. So auch Institutional Writer Lord Bankton: „Natural philosophy examines things according to their properties and qualities, in order to discover their powers; physic considers them with respect to their medicinal virtues; and other arts and sciences in the respective 79

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 117, Rn. 141. Die Eigentumsvermutung aus dem Besitz gilt nicht für unbewegliche Sachen, siehe Anderson, Property, S. 24, Rn. 2.19. 81 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 429, Rn. 531, m. w. N.: „[…] where an action of delivery is brought, it will be enough to show that the pursuer was possessor and he gave up or lost possession in a way consistent with retention of his title to the property […].“ 82 Stair, Institutions, IV. 45. VII und VIII. 83 Anderson, Property, S. 19, Rn. 2.01. 84 Anderson, Property, S. 3, Rn. 1.01; Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 772 ff., Rn. 30.02 ff. 85 Anderson, Property, S. 3, Rn. 1.01. 86 Reid in Stair Memorial Encyclopaedia, „Property – Part I: General Law“, Para. 1 (1) Ziffer 3, Fn. 1. 80

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views proper to them; and positive law regards them as subject of rights; for only rights are the object of laws […].“87 Diese Rechte in Sachen sind real rights und entsprechen unseren dinglichen Rechten. Property rights (in der weiten Bedeutung als „Vermögensrecht“) können demnach unterschieden werden in, und hier bewegt man sich wieder auf vertrauterem Terrain, real rights und personal rights, also dingliche und persönliche (Schuld-)Rechte.88 Ein real right ist ein Recht an einem Gegenstand (in rem), das Rechtswirkungen gegen „die ganze Welt“ entfaltet. Es ist dinglich, bezieht sich also auf körperliche (und nicht etwa unkörperliche) Gegenstände.89 Nach Hume ist es „an obligation upon all the world – not upon this or ’tother individual, but upon every man – to respect that thing of his, and abstain from troubling him in the use and enjoyment of that thing. If that thing be his, if in the common opinion it be right and fit that he should have it, every other person must be under a bond to let him keep it, and not to molest or trouble him therein. If, therefore, it should so happen that this right of his is infringed, and that the thing is violently, surreptitiously or even casually taken from him, the title to vindicate and recover it attaches upon and follows the thing itself, go where it may, pursues it into the hands of every possessor, the most innocent of any wrong on the occasion, and recovers it from him equally as from the person who first by force or stealth took it away from the owner. The reason is obvious. The owner’s right was not founded on any relation, contracted to this or ’tother individual. It was founded on a connection formed with the thing itself […].“90 Die Unterscheidung in real rights und personal rights im schottischen Recht ist „unbridgeable“.91 Ownership ist das Paradebeispiel eines real right, „the main real right“92 (oder „the ultimate real right in the sense of being the most comprehensive right“),93 und wirkt damit gegenüber dritten Personen (Absolutheit des Eigentums). Eigentum ist grundsätzlich ein absolut-abstraktes Vollrecht an einer Sache und folgt damit dem römischen Rechtsverständnis und der Tradition des ius commune.94 Eigentum ist „the highest or ultimate right in corporeal moveable property.“95 Erskine definiert Eigentum folgendermaßen: „All rights which affect any subject, are called by the Romans, jura in re; and by us, real rights: and the 87

Bankton, Institute I, I. 3. 1; see also Stair, Institutions, I. 1. 22. und 23. Hierzu ausführlich etwa Anderson, Property, S. 11 ff., Rn. 1.22 ff.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 9 ff., Rn. 4 ff. 89 Stair, Institutions, I. 1. 22. schreibt: „dominion is called a real right, because it respecteth things directly, but persons, as they have meddled with those things“; ebenso Bankton, Institute I, II. 1. 1.: „A Right is termed Real, because it affects things; and persons only as possessors of them.“; für unbewegliches, also heritable property sowie unkörperliches, also incorporeal property, siehe etwa Reid, The Law of Property in Scotland, S. 18 ff., Rn. 12 ff., m. w. N. 90 Hume, Lectures II, S. 2. 91 Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19, hier [87] (Lord Rodger of Earlsferry). 92 Anderson, Property, S. 12, Rn. 1.27. 93 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 769, Rn. 30.01. 94 Zum Eigentum ausführlich etwa Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 769 ff., insbesondere Rn. 30.01 bis 30.09. 95 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 429, Rn. 531. 88

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sovereign or primary real right is that of property; which is the right of using and disposing of a subject as our own, except in so far as we are restrained by law or paction.“96 Bell schreibt: „Ownership in moveables, is a right of exclusive and absolute use and enjoyment, with uncontrolled powers of disposal; provided no use be made of the subject, and no alienation attempted, which, for purposes of public policy, convenience, or justice, are, by the general disposition of the common law, or by special enactments of the Legislature, forbidden; or from which, by obligation or contract, the owner has bound himself to abstain.“97 Ownership umfasst also eine Reihe von Einzelrechten („using and disposing“); insbesondere auch ius possidendi and ius vindicandi.98 Erskine schreibt hierzu: „Property therefore implies a prohibition, that no person shall incroach upon the right of the proprietor; and consequently every incroachment, though it should not be guarded against by statute, founds the proprietor in an action of damages.“99 Anders als im englischen Recht mit seiner Titelrelativität (relativity of title), wo es also mehr um priority of entitlement als um „identifying absolute entitlement“ geht,100 kann es deshalb im schottischen Recht grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt nur eine Person geben, die Eigentum innehat.101 Eigentum ist „indivisible“102 und damit „unititular“: „[…] Scots law, following Roman law, is unititular, which means that only one title of ownership is recognized in any one thing at any one time. Although this title can be shared, as in the case of common property, only one person can be the owner in competition with others about ownership. There is no opportunity for fragmentation of the concept of ownership […].“103 Und von Reid erfahren wir: „Res nullius apart, in theory at least, there is always someone who is ,the owner‘ and only one such person who, in principle, can claim the property from anyone else. In that sense Scots law regards ownership as an absolute right.“104 Eigentum ist das höchste Recht an einer Sache und kann grundsätzlich gegen jede andere Person verteidigt werden bzw. ist von „der Welt“ zu beachten (Absolutheit des Eigentums). Wie auch im deutschen Recht ist das 96

Erskine, Institute, II. 1. 1. Bell, Principles, S. 476, Rn. 1284; siehe auch bei Stair, Institutions, II. 1. 28. 98 Reid/van der Merve, „Property Law: Some Themes and Some Variations“, in: Zimmermann et al., Mixed Legal Systems in Comparative Perspective, S. 638, 659 ff.; die Autoren führen daneben noch ius utendi, ius fruendi, ius abuntendi, ius disponendi und ius negandi auf. 99 Erskine, Institute, II. 1. 1. 100 Waverley Borough Council v. Fletcher [1996] (3 W.L.R. 772) Q.B. 334, 345: „[…], the English law of ownership and possession, unlike that of Roman Law, is not a system of identifying absolute entitlement but of priority of entitlement […].“ 101 Ausgenommen ist hier co-ownership; hierzu siehe etwa Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 779, Rn. 30.08. 102 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 771, Rn. 30.01. 103 Sharp v. Thomson (1995) S.C. 455, 469 oder 1995 S.C.L.R 683, 698 (Lord President Hope). 104 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 429, Rn. 531; siehe auch Erskine, Institute, II. 1. 1: „[…] two different persons cannot have, each of them, the full property of the same thing at the same time“. 97

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negative Ausschließungsrecht gegenüber weniger berechtigten Personen (grundsätzlich alle anderen) wesensbestimmend und weniger die positiven Einwirkungsrechte.105 Ownership ist abstrakt: selbst, wenn alle Einzelrechte auf dritte Personen übertragen werden, besteht das „nackte“ Eigentumsrecht in der Person der Eigentümerin weiter.106 Die Unteilbarkeit des Eigentums hat, im Vergleich zum englischen Nachbarrecht, Konsequenzen: da es zu jedem Zeitpunkt nur eine Person mit Eigentum geben kann (und alles, was nicht real right ist, nur personal right sein kann), ist etwa, und anders als in England, divided ownership unter einem trust nicht möglich. Equitable ownership, das eine so wichtige Rolle im englischen Recht spielt, gibt es in Schottland in dieser Form grundsätzlich nicht.107 Zwar ähnelt das Recht eines schottischen beneficiary an Treuhandgegenständen einem real right, insbesondere ist es „von der Welt“ zu beachten und gibt Vorrang in der Insolvenz,108 es kann aber, notwendigerweise, nur ein personal right sein, denn das (unteilbare) Eigentumsrecht liegt bei der Treuhänderin.109 Das schottische Eigentumsverständnis steht dem deutschen Recht also weitaus näher als dem englischen Recht: „Scots property law is very much in the civil law camp.“110 Wie Reid so treffend bemerkt: „A lawyer trained in Scotland can without difficulty (other than linguistic difficulty) read and understand a book on the law of property in Germany or, indeed, in Japan (where the law is based on German law). 105 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 769, Rn. 30.01: „[…] the exclusivity aspect – rather than comprehensiveness – protected by legal remedy makes ownership a real right […].“ 106 Siehe Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 770, Rn. 30.01: „The scope of the totality of rights of an owner lends itself to the possibility of lesser rights, nonetheless real, being hived off but leaving the core right ownership intact. […] The comprehensiveness of the right of ownership means that it is open to extensive fragmentation.“ 107 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 771 ff., 772, Rn. 30.01: „Strictly, […], in terms of the unitary concept of Scots law, the beneficiary’s right can only be personal.“; siehe auch Gretton, „Trusts“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Zweiter Band, S. 480, 482 – 484; Sharp v. Thomson (1995) S.C. 455, 502 (Lord Coulsfield): „[…] it has always been evident that there is some difficulty in reconciling the concept of a trust with the principle of the unity of ownership.“ 108 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 15, Rn. 10. 109 Zur Skepsis der schottischen Gerichte in Bezug auf den bereits aus dem englischen Recht bekannten constructive trust siehe etwa Sharp v. Thomson (1995) S.C. 455 und 1995 S.C.L.R. 683 (in seiner Kommentierung auf S. 512 bzw. 735 spricht Gretton vom „traditional scepticism of the Scottish courts as to the real value of constructive trusts“); siehe auch Gretton, „Proprietary Issues“, in: Johnston/Zimmermann, Unjustified Enrichment: Key Issues in Comparative Perspective, S. 571, 584 ff.: „[…] our law has recognized the constructive trust but only in a marginal way, and has in general proved resistant to it.“; ausführlich Gretton, Constructive Trusts I, in: Edinburgh Law Review (Vol. 1) 1997, 281, sowie Constructive Trusts II, in: Edinburgh Law Review (Vol. 1) 1997, 408; Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19 [56] (Lord Hobhouse of Woodborough): „Scots law does not recognize constructive or remedial trusts or equities such as the equitable ownership arising from a contract enforceable by an order of specific performance.“ 110 Anderson, Property, S. 6, Rn. 1.08.

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But he is likely to be perplexed and bewildered by a book on the law of property in England.“111 Eigentum steht im Zentrum auch des schottischen Sachenrechts und „[…] only in quirky cases will property law disputes turn on issues other than ownership“.112 Für einen Anspruch aus vindicatory restitution ist für die Aktivlegitimation also der Eigentumsnachweis notwendig. b) Kein Rechtsverlust: retention of title Der Anspruch auf restitution entfällt, wenn die Klägerin ihr Eigentum verloren hat. Der Grund hierfür ist, dass restitution ja nur bei einem der Eigentümerin gegenüber unberechtigtem Besitz tatbestandsmäßig ist: „[…] the obligation of restitution is formally founded upon the having of things of others in our power, and therefore, that ceasing, the obligation also ceaseth.“113 Es muss also „retention of his title to the property“114 bewiesen werden, oder mit anderen Worten, dass das behauptete Eigentumsrecht nicht verloren wurde. Was als Beweis ausreicht, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab, „which may vary greatly“.115 Der Vortrag zur eigenen Berechtigung allein ist jedoch nicht ausreichend; die Klägerin trägt, wie bereits dargelegt, eine beweisrechtliche double burden. Nicht nur muss sie eigene Berechtigung zeigen; auch die presumption of ownership aus dem Besitz der Beklagten heißt es zu widerlegen.116 Die Klägerin muss also darlegen und beweisen, dass der momentane Besitz der Beklagten gar nicht auf einem Eigentumsrecht beruhen kann aufgrund der Art und Weise, wie Besitz an der Sache gewechselt hat: „Not only must he prove his own ownership by showing his own earlier possession […]. He must also show that the possession of the defender is consistent with the continuing existence of that earlier right of ownership. In particular, he must show that the defender came into possession as a result of hire or loan or theft or of some other ground which does not imply ownership of the property.“117 In Chief Constable, 111

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 8, Rn. 2. Combe, Communist ideas and Scots property law: Canning v. Glasgow Caledonian University, in: Scots Law Times (Vol. 9) 2016, 34 (36). 113 Stair, Institutions, I. vii. 11.; siehe auch Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 234 ff., Rn. 10.05. 114 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 430, Rn. 531, m. w. N. 115 Prangnell-O’Neill v. Lady Skiffington 1984 S.L.T. 282, 284 (Lord Hunter). 116 Zur presumption of ownership ausführlich etwa Anderson, Property, S. 23 ff., Rn. 2.15 ff., m. w. N.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 236 ff., Rn. 10.06, m. w. N. 117 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 123, Rn. 150, m. w. N.; siehe auch Stair, Institutions, IV. 45. VIII.: „[…] and therefore he who insists for recovery of moveables, which he alleges to belong to himself in property, […] must condescend and prove, that he so ceased to possess, that it could not be presumed to be a commerce; as if he prove that the goods were stolen or strayed from him, or were lost by him, […] and the like […].“; siehe auch Carey Miller/ Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 234, Rn. 10.05 und S. 236 ff., Rn. 10.06 mit Verweis etwa auf Forsyth v. Kilpatrick (1680) Mor. 9120; Russel of Elrig v. Campbell of Kilpont (1699) 4 Brown’s Supp. 468. 112

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Strathclyde Police v. Sharp etwa konnte der Kläger sein früheres Eigentum nachweisen, jedoch nicht, dass der Besitzverlust unter Umständen erfolgte, die eine Eigentumsübertragung ausschließen würden; die Klage wurde abgewiesen.118 Die praktisch wohl relevanteste Form des Rechtsverlusts liegt in der wirksamen Übertragung von Eigentum. Die Einzelheiten, wie Eigentum an beweglichen Sachen übertragen wird, waren lange nicht eindeutig im schottischen Recht.119 Die Institutional Writers geben keine eindeutige Antwort auf die Frage, ob eine Eigentumsübertragung zu ihrer Wirksamkeit auch ein wirksames Verpflichtungsgeschäft benötigt.120 Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert setzte sich, zumindest in der Lehre, die Ansicht durch, dass das schottische common law (das Recht also, das seinen Weg (noch) nicht in einen Act gefunden hat) grundsätzlich ein abstract system ist, also die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts von der Wirksamkeit der Verpflichtungsgeschäftes trennt. Eine Form von Besitzübertragung, traditio, ist grundsätzlich erforderlich.121 Es gilt der Grundsatz traditionibus, non nudis pactis, transferuntur rerum dominia.122 Hiervon muss jedoch eine wichtige Ausnahme gemacht werden: für alle (praktisch wohl am relevantesten) sale of goods-Fälle gelten vorrangig die Regelungen des Sale of Goods Act 1979. Unter dem für ganz Großbritannien geltenden Sale of Goods Act 1979 erfolgt Eigentumsübertragung grundsätzlich abhängig von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts (s. 17 und s. 18 des Sale of Goods Act 1979); traditio ist grundsätzlich nicht erforderlich.123 Es wird jedoch auch vertreten, dass, für das schottische Recht,124 im 118

Chief Constable, Strathclyde Police v. Sharp 2002 S.L.T. (Sh Ct) 95; siehe hierzu ausführlich Carey Miller, Title to moveables: Mr Sharp’s Porsche in: Edinburgh Law Review (Vol. 7/2) 2003, 221. 119 Siehe hierzu Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 124 ff., Rn. 2.121; Scottish Law Commission, Memorandum No. 25, „Corporeal Moveables: Passing of risk and of ownership“, S. 9 ff., Rn. 12 ff.; van Vliet, The Transfer of Moveables in Scotland and England, in: Edinburgh Law Review (Vol. 12/2) 2008, 173; Carey Miller, „Transfer of Ownership“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, S. 269 ff.; siehe auch Anderson, Property, S. 73 ff., Rn. 5.01 ff. 120 Siehe hierzu ausführlich Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 141 ff., Rn. 8.08. 121 Smith, A Short Commentary on the Law of Scotland, S. 536 ff.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 485 ff., Rn. 608 ff.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 131 ff., Rn. 8.1 ff.; van Vliet, The Transfer of Moveables in Scotland and England, in: Edinburgh Law Review (Vol. 12/2) 2008, 173 (199). 122 Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C.L.R. 433, S. 438, Rn. 12, m. w. N. (Lord Hope of Craighead). 123 Siehe hierzu ausführlich Anderson, Property, S. 73 ff., Rn. 5.01 ff.; van Vliet, The Transfer of Moveables in Scotland and England, in: Edinburgh Law Review (Vol. 12/2) 2008, 173. 124 Der Sale of Goods Act 1979 spiegelt das englische Recht; ein Rückgriff auf das common law kommt hier nur in dem historisch abweichenden schottischen Recht in Betracht, siehe etwa van Vliet, The Transfer of Moveables in Scotland and England, in: Edinburgh Law Review (Vol. 12/2) 2008, 173 (193 ff.).

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Falle eines unwirksamen Rechtsgeschäfts unter Umständen auf die common lawRegeln zurückgegriffen werden kann und ein wirksames Verfügungsgeschäft die Unwirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts „heilt“, das Verfügungsgeschäft also trotz unwirksamen Verpflichtungsgeschäfts wirksam sein kann. So schreibt Reid: „But while the absence of a valid contract of sale necessarily bars transfer under the Act [Anm.: gemeint ist der Sale of Goods Act 1979] it may not be a complete bar to transfer, for the invalid contract may have been followed by a form of conveyance which is valid at common law, that is to say, by delivery of the goods accompanied by mutual intention to transfer ownership; and if it is correct that the abstract theory governs transfers at common law then there can be no reason to deny effect to such a transaction. A valid conveyance has followed on an invalid contract, with the result that ownership passes to the ,buyer‘.“125 Diese traditionelle Unsicherheit in Bezug auf den transfer of ownership von beweglichen Sachen hatte, wie unten noch gezeigt werden wird, Auswirkungen auf die Ausdifferenzierung der restitution; denn wenn unklar ist, wann Eigentum an Sachen übergeht, so erschwert dies zwangsläufig die Feststellung, wann eine sachenrechtliche vindicatory restitution und wann eine bereicherungsrechtliche enrichment restitution vorliegt. Die Verfügungsbefugnis über die Sache ist grundsätzlich wesentlicher Bestandteil der Eigentumsübertragung. Es gilt der Grundsatz nemo dat quod non habet, also dass keine Person „mehr“ übertragen kann, als sie auch tatsächlich innehat.126 Eine wichtige Ausnahme zum nemo dat-Grundsatz ermöglicht gutgläubigen Erwerb in den „sale of goods“-Fällen, wenn die Käuferin vom Sachbesitz der Verkäuferin auf ein „apparent ownership“ schließen kann.127 Auch der Sale of Goods Act 1979 (insbesondere ss. 21 ff.), der sowohl in Schottland als auch in England Geltung hat, spiegelt dieses Grundsatz-Ausnahme-Verhältnis, so heißt es in s. 21(1): „Subject to this Act, where goods are sold by a person who is not their owner, and who does not sell them under the authority or with the consent of the owner, the buyers acquires no better title to the goods than the seller had, unless the owner of the goods is by his conduct precluded from denying the seller’s authority to sell.“128 Ausnahmen von diesem Grundsatz finden sich in s. 24 und s. 25 für jene Fälle, in denen die verfü125

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 487 ff., Rn. 610. Zum nemo dat-Grundsatz und zum gutgläubigen Erwerb in diesem Zusammenhang ausführlich etwa Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 235, Rn. 10.05 und S. 250 ff., Rn. 10.15 ff., jeweils m. w. N.; Reid, Property, S. 540 ff., Rn. 669 ff., m. w. N.: „good faith on the part of the transferee is irrelevant, as it usually is in property law“, mit Verweis auf Wright v. Butchart (1662) Mor. 9112; Henderson v. Gibson, 17 June 1806, FF.C.; Stobie v. Smith, 1921 S.C. 894, 1921 2 SLT 189; siehe auch Scottish Law Commission, Memorandum No. 27, „Corporeal Moveables: Protection of the onerous bona fide acquirer of another’s property“, insbesondere Rn. 12 ff. 127 Reid, Property, S. 544 ff., Rn. 672 sowie S. 542 ff., Rn. 671, jeweils m. w. N. 128 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 263 ff., Rn. 10.20; Wiltshire v. Powell & others [2005] Q.B. 117, S. 122 (Latham L.J.): „[…] by virtue of section 21 of the Sale of Goods Act, 1979, the seller of goods can pass no better title than he has. The good faith of the purchaser is irrelevant.“ 126

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gende Person im Besitz der Sache ist und diesen an die gutgläubige Erwerberin überträgt.129 Rechtsverlust findet ebenfalls statt durch gesetzlichen Rechtserwerb der Besitzerin, etwa durch accession (äquivalent zur Verbindung i. S. d. §§ 946, 947 BGB),130 specification (äquivalent zur Verarbeitung i. S. d. § 950 BGB),131 sowie confusio und commixtio (äquivalent zur Vermischung und Vermengung i. S. d. § 948). Kann die ursprüngliche Sache nicht mehr identifiziert werden, findet Rechtserwerb statt. Stewart nennt diese Fälle die „property lost cases“.132 Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass Eigentumsverlust nicht durch Verlieren der Sache geschieht.133 Wird die Sache allerdings aufgegeben (Dereliktion), so fällt Eigentum hieran automatisch an die Krone (quod nullius est fit domini regis);134 dies ist eines der letzten Überreste des feudalrechtlichen Struktur des schottischen Rechts.135 2. Passivlegitimation Wie schon zum deutschen Recht dargestellt, folgt aus dem Vollrechtscharakter des Eigentums, dass grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt stets nur eine Person, die Eigentümerin, berechtigt ist. Jede Besitzerin ohne Recht zum Besitz muss die Sache herausgeben. In Stairs restitution ist es die Passivlegitimation, die im Zentrum des

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Hierzu etwa Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 266 ff., Rn. 10.21 ff. 130 Erskine, Institute, II. i. 15 und III. I. 11: „if one shall, even with his own materials, build an house on my ground, the house is mine, because the ground is mine on which it is built; and the builder cannot so much as sue upon an action to have the materials separated from the ground, that they may be restored to himself; for public policy will not suffer buildings once finished to be pulled down. This rule of accession is so strong, that though I should build a house on my own property, with materials which I knew belong to another, the house, and consequently all the materials of which it consists, are mine, notwithstanding my mala fides. […] recompense may in such cases be claimed by the bona fide builder, or the owner of the materials, from the proprietor of the ground […].“ Dies gilt nicht nur für Grundstücke, sondern auch für bewegliche Sachen, siehe Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 112, Rn. 6.35. 131 Erskine, Institute, II. I. 16: „Under accession may be included specification, by which is understood a person’s making a new species or subject, from materials belonging to another.“ 132 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 111 ff., Rn. 6.34 ff. 133 Siehe s. 73 des Civic Government (Scotland) Act 1982; Anderson, Property, S. 26 ff., Rn. 2.26 ff. 134 Anderson, Property, S. 26, Rn. 2.27 mit Verweis auf Mackenzie v. Maclean 1981 S.L.T. (Sh. Ct) 40 und Lord Advocate v. University of Aberdeen 1963 S.C. 533; Scottish Law Commission, Report on Prescription and Title to Moveable Property“, No. 228, S. 35 ff., Rn. 5.01 ff. 135 Der Abolition of Feudal Tenure etc. (Scotland) Act 2000 hat mit Wirkung zum 28. November 2004 das meiste feudal law abgeschafft. Die Scottish Law Commission hat zuletzt für eine Reform der Dereliktionsregelungen argumentiert, siehe Scottish Law Commission, Report on Prescription and Title to Moveable Property, No. 228, S. 35 ff., Rn. 5.01 ff.: „Corporeal moveable property that is abandoned should become ownerless.“

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Anspruchs steht: die unberechtigte Besitzerin steht unter einer real obligation, die Sache herauszugeben. a) Sachbesitz Das Herausgabeverlangen der Eigentümerin richtet sich gegen die gegenwärtige (unberechtigte) Besitzerin der Sache: „whatever comes into our power or possession which belongs to another, without the intention of the owner of making a present of it, ought to be restored to him: and though the possessor should have purchased the subject for a price bona fide, still the owner must have it restored to him, in consequence of his property, without the burden of repaying that price to the possessor. As this obligation is founded on the power which the possessor hath by his possession over the property of another, therefore if he shall cease to possess, by sale, donation, &c. the obligation to restore ceaseth also.“136 Der Herausgabeanspruch muss scheitern, wenn die Beklagte die Sache nicht mehr in ihrem Besitz hat. So etwa in Faulds v. Townsend: „This is not an action for vindication or restitution of the stolen horse. That has been rendered impossible by the act of the advocator. If the horse had still been alive, and in possession of the advocator, he must have restored it, and bona fide in the purchase would, in that case, have been no defence.“137 Besitz, oder possession, und das Verhältnis zum Eigentum erinnern erneut an das deutsche Recht (bzw. an Rechtssysteme, die auf dem römischen Recht basieren): „To put the matter possibly simplistically, ownership is about having the right to have the property, whereas possession is about the factual state of actually having the property. […] strictly speaking, the two are entirely separate questions.“138 Oder anders ausgedrückt, „[…] while possession is in some sense a matter of fact, and not law, ownership is a matter of law, and not fact“.139 Possession im schottischen Recht besteht grundsätzlich also getrennt von ownership (oder von einem sonstigen Recht zum Besitz); eine „Vermischung“ wie für das englische Recht gezeigt (Besitz gibt title, title gibt ownership) findet nicht statt.140 Der Anspruch richtet sich gegen jede Besitzerin ohne Recht zum Besitz. Stair definiert den Besitz als „holding of anything 136 Erskine, Institute, III. 1. 10; ausführlich siehe etwa Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 235 ff., Rn. 10.06. 137 Faulds v. Townsend (1861) 23 D. 437, 441 (Lord Ardmillan); Gorebridge Co-operative Society Ltd. v. Turnbull 1952 S.L.T. (Sh Ct) 91 (Sheriff-Substitute J. Lindsay Duncan), die Klage wurde abgewiesen wegen fehlendem klägerischen Vortrag zur „present possession of the defender of the property said to have been stolen“. 138 Anderson, Property, S. 29 ff., Rn. 3.02; siehe auch ausführlich zum Besitz im schottischen Recht Anderson, Possession of Corporeal Moveables, S. 1 ff., sowie Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 779 ff., Rn. 30.09: „While the essence of ownership is the abstract factor of ,title‘ – i. e. a state of having the requisite legally recognized entitlement, associated with some process of acquisition – the essential feature of possession is the physical holding or control of a thing for some intended purpose.“ 139 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 100, Rn. 114. 140 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 101, Rn. 114.

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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by ourselves or others for our use“.141 Damit eine Person possession hat, müssen eine physical (auch actual control) und eine mental Voraussetzung (auch intention to possess) erfüllt sein:142 „there must be both detention of the body, and the detention of the mind, for use; for neither of the two alone can begin possession“.143 Es wird zwischen unmittelbarem Besitz, natural possession, und mittelbarem Besitz, civil possession, unterschieden.144 Unmittelbarer Besitz, also natural possession im schottischen Recht meint ein „physical holding on the basis of an intention to hold or control the thing“145 und gleicht damit der Besitzdefinition in § 854 Abs. 1 BGB, die auf die von einem natürlichen Besitzwillen getragene tatsächliche Sachherrschaft abstellt. Stair schreibt hierzu: „The clearest possession is of moveables, and it is the first possession that was amongst men, for so did the fruits of things become proper; and thereafter ornaments, clothes, instruments, and cattle became proper, the possession whereof is simple and plain; holding and detaining them for our proper use, and debarring others from them […].“146 Mittelbarer Besitz, also civil possession, ist Besitz „held through another person“.147 Die mittelbare Besitzerin hat zwar keine unmittelbare Sachherrschaft mehr, behält aber die „ultimate control“.148 Der Anspruch aus vindicatory restitution kann sich grundsätzlich sowohl gegen die unmittelbare als auch die mittelbare Besitzerin richten: „[…] generally speaking the consequences of natural and civil possession are the same.“149 Vorhandenes case law scheint sich jedoch vorrangig mit dem unmittelbaren Besitz zu beschäftigen und so schreiben auch Carey Miller und Irvine: „[…] the question of recovery by an owner only arises when another has natural possession.“150 Ist auch die (Rechts-)Natur des Besitzes im Deutschland umstritten, so ordnet das schottische Recht den (bloßen) Besitz unproblematisch als real right rein.151 Zur Erinnerung, real rights, oder dingliche Rechte, sind Rechte in res, „enforceable against any person who challenges its existence, such as a person who seizes possession of the thing of who otherwise engages in unlawful interference“.152 Reid führt

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Stair, Institutions, II. 1. 17. Anderson, Property, S. 31 ff., Rn. 3.06 ff., S. 33 ff., Rn. 3.11 ff. 143 Stair, Institution, II. 1. 18. 144 Siehe etwa Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 781, Rn. 30.09; Anderson, Property, S. 35 ff., Rn. 3.18 ff. 145 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 780, Rn. 30.09. 146 Stair, Institutions, II. 1. 11. 147 Anderson, Property, S. 36, Rn. 3.19. 148 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 781, Rn. 30.09. 149 Anderson, Property, S. 36, Rn. 3.18. 150 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 235, Rn. 10.6, m. w. N. 151 Siehe etwa Anderson, Property, S. 38, Rn. 3.25; Maher/Rodger, Civil Jurisdiction in the Scottish Courts, S. 299, Rn. 13 – 03. 152 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 9, Rn. 3. 142

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„[t]he bare fact of possession of property“ in seiner Liste von real rights.153 Der bloße faktische Besitz (auch unberechtigt) ist ein dingliches Recht (real right) an Sachen, das durch die possessorische spuilzie-Klage (hierzu sogleich) geschützt und grundsätzlich von jedermann zu beachten ist: „[t]he bare fact of possession of property confers the right not to be dispossessed except by consent or by order of the court“.154 Die Position der (bloßen, auch unberechtigten) Besitzerin muss freilich im Rechtstreit mit der zum Besitz berechtigten Person weichen.155 Das jus possidendi, das aus einem anderen real right fließt, etwa aus dem Eigentum, ist ebenfalls ein real right, ist aber, im Gegensatz zum bloßen Besitz, abhängig vom Mutterrecht.156 Der Besitz ist damit in Schottland mehr als ein bloß faktisches Beziehungsverhältnis und steht damit zwischen England (ownership bzw. title leitet sich letztlich direkt aus dem Besitz ab) und Deutschland (hier zögert man, den Besitz als dingliches Recht einzuordnen). b) Kein Recht zum Besitz: obligation to restore Der fact of possession ist, wie bereits dargestellt, zu unterscheiden vom right to possession.157 Wo ein solches Recht zum Besitz fehlt, ist die Besitzerin der Eigentümerin gegenüber zur Herausgabe der Sache verpflichtet. Das right to possession kann grundsätzlich entweder real right oder auch personal right sein, etwa aus einem Vertragsverhältnis.158 Es ist real right, wenn es sich aus einem anderen, weiteren real right ableiten lässt (etwa Eigentum; aber auch über eine lease). Anders als „the bare fact of possession“ ist ein Recht zum Besitz jedoch kein eigenständiges real right, sondern erwächst aus einem anderen real right, insbesondere ownership:159 „But while the right to possession is a real right, it is not an autonomous right. It cannot exist on its own but only as part of some other and more general right, such as the right of ownership.“160 Folgt das Besitzrecht nicht aus einem real right, sondern etwa aus einem Vertragsverhältnis, ist es in personam und wird als licence to possess bezeichnet.161 Im Ergebnis ist hier die Einstufung des Rechts zum Besitz als real right

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Reid, The Law of Property in Scotland, S. 10, Rn. 5 (als weitere real rights werden aufgeführt: ownership, right in security, proper liferent, servitude, lease, rights held by the public (z. B. public rights of way), exclusive privilege (z. B. rights of royal burghs and their merchant guilds in relation to trade and manufacture, aber auch intellectual property rights). 154 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 10, Rn. 5, S. 132, Rn. 161. 155 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 101, Rn. 114. 156 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 109, Rn. 127. 157 Siehe hierzu etwa Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 780, Rn. 30.09. 158 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 109 ff., Rn. 126 ff. 159 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 109 ff., Rn. 127. 160 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 109, Rn. 127. 161 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 109, Rn. 126.

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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oder lediglich in personam irrelevant;162 die Eigentümerin kann ihren Herausgabeanspruch eben nur durchsetzen, wenn bei der Besitzerin eben kein Recht zum Besitz (weder real noch in personam) besteht.163 Dieses Recht zum Besitz würde dann die Rückgabeverpflichtung, die der restitution zugrunde liegt, ausschließen. Der Fokus auf die Rückgabeverpflichtung geht, wie bereits dargestellt, auf Stair zurück: „While in Scots law the owner is, in principle, entitled to recover his property from any other holder, his claim to it is not based as firmly on his ownership as it is in Roman law. His claim is rather that the present possessor is not entitled to withhold the property from him because of the circumstances in which he acquired it. His action is therefore a petitory action for delivery based on the fact that the possessor has no title to withhold the property in question, rather than a claim for delivery based on his ownership […].“164 Der Fokus auf das fehlende Besitzrecht und die real obligation zur Rückgabe der Sache mag vermuten lassen, dass es auf die Innenwelt der Besitzerin ankommt, insbesondere dass guter Glaube eine Rolle spielt. Dies ist jedoch nicht der Fall. Vindicatory restitution bleibt im Kern ein petitorischer Anspruch, basierend auf dem Eigentum, und „[i]f the pursuer in an action for delivery is able to prove ownership, it is irrelevant how the defender came to have the goods. In particular, good faith is no defence“.165 Oder mit Erskines Worten: „No person, though he should possess optima fide, is entitled to retain a subject, not his own, after the true owner appears, and makes good his claim to it; for the strongest bona fides must give way to truth.“166 Guter Glaube ist, wie bereits oben dargestellt, zumindest für den Herausgabeanspruch irrelevant und eben keine defence.167 3. Umfang der Herausgabe Klageziel der action of delivery ist, wie es der Name schon verrät, delivery, also Lieferung oder Aushändigung.168 Das schottische Recht geht damit einen Schritt weiter als das BGB (Herausgabe bzw. Auskehrung), trotz der nahezu identischen Tatbestandsvoraussetzungen. Das deutsche Recht begreift den § 985 BGB als Rechtsverwirklichungsanspruch und denkt damit ganz stark von der Eigentumsposition her. Die besitzende Person muss den Besitz an der Sache zu Gunsten der 162 Reid, The Law of Property, S. 109 ff., Rn. 126 ff.; diese Zweiteilung ist zuweilen nicht ganz trennscharf, siehe etwa North Scottish Helicopters Ltd. v. United Technologies Corporation Inc. 1988 SLT 77, 80 (Lord Davidson), wo ein vertragliches Besitzrecht als „a possessory right by reason of a contract attaching to the chattel itself“ bezeichnet wird. 163 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 109, Rn. 126. 164 Reid, The Law of Property of Scotland, S. 429, Rn. 531. 165 Anderson, Property, S. 25, Rn. 2.21, mit Verweis auf Henderson v. Gibson (1806) Mor App (Moveables) 22, 1. 166 Erskine, Institute, II. 1. 25. 167 Zu den defences gegenüber dem Anspruch aus vindicatory restitution siehe ausführlich etwa bei Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 245 ff., Rn. 10.11 ff. 168 Siehe auch Maher/Rodger, Civil Jurisdiction in the Scottish Courts, S. 299, Rn. 13.05: „An action of delivery is the appropriate remedy to recover possession of movable property.“

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3. Teil: Schottland

Eigentümerin aufgeben und sie an den Rand ihrer Rechtsphäre bringen; dies ist mehr als passive Duldung der Wegnahme, aber eben noch keine „aktive“ Rückgabe oder delivery. Der Fokus der schottischen vindicatory restitution hingegen (unter Stairs Einfluss) ruht, wie bereits gezeigt, auf der real obligation der Besitzerin, die Sache an die Eigentümerin herauszugeben, und weniger auf der Verwirklichung des Eigentumsrechts, „[…] yea, the conclusion of delivery doth not properly arise from vindication, which concludes no such obligation to the haver, but only to be passive, and not to hinder the proprietor to take possession of his own“.169 Der Anspruch auf oder, genauer, die Verpflichtung zur delivery entspringt damit dem fehlenden Besitzrecht: „While in Scots law the owner is, in principle, entitled to recover his property from any other holder, his claim to it is not based as firmly on his ownership as it is in Roman law. His claim is rather that the present possessor is not entitled to withhold the property from him […]. His action is therefore a petitory action for delivery based on the fact that the possessor has no title to withhold the property in question, rather than a claim for delivery based on his ownership […].“170 Das schottische Recht begreift den Anspruchsinhalt damit ganz stark von der Position der besitzenden Person her und die Herausgabe „commences from the point of view of the duty of restitution rather than the right of vindication“.171 Die „obligation to make delivery“ beinhaltet aber grundsätzlich nicht die Verpflichtung, die rechtmäßige Eigentümerin ausfindig zu machen.172 Ist nicht zu erwarten, dass die Beklagte die Sache freiwillig herausgibt, kann das Gericht einen warrant to search erteilen: „[…] and to grant warrant to officers of Court to search such premises in the occupancy or tenancy of the defender and to take possession of and deliver to the pursuers the said articles, and for the purpose of carrying the warrant into lawful execution, to grant warrant to officers of Court to open, if necessary, shut and lockfast places.“173 Wurde die Sache beschädigt, schuldet die Beklagte neben Herausgabe der (beschädigten) Sache Schadensersatz („the costs of its repair“), als Ersatz für so genannten consequential loss. Dieser grundsätzlich separate deliktische Anspruch wird aber eben als consequential zum unberechtigten Besitz gesehen und folgt damit aus 169

Stair, Institutions, IV. iii. 45.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 129, Rn. 158 („obligations of the current possessor to make delivery to the pursuer“). 170 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 429, Rn. 531. 171 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 229, Rn. 10.03. 172 Etwas anderes gilt jedoch bei Sachfund, siehe s. 67 des Civic Government (Scotland) Act 1982. Der Fund der Sache muss gemeldet werden (siehe auch den Ordnungswidrigkeitstatbestand in s. 67 (6): „Any person who fails without reasonable excuse to comply with the provisions of this section shall be guilty of an offence and liable, on summary conviction, to a fine not exceeding £50.“). 173 Merchants Facilities (Glasgow) Ltd. v. Keenan 1967 S.L.T. (Sh. Ct.) 65, 65; siehe hierzu auch Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 249, Rn. 10.14, mit Verweis auf Stair, Institutions, I. vii. 14.: „The exhibition is but preparatory to the delivery, that hereby the thing in question may be known to the parties, judge and witnesses; and therefore majori inest minus, he that hath right to crave delivery hath much more right to crave the production, or the inspection.“; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 130, Rn. 158.

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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dem unberechtigten Besitz.174 Verschulden ist nicht erforderlich, es herrscht strict liability (wie oben bei der conversion-Klage).175 Den Ansprüchen der Eigentümerin können Gegenansprüche der unberechtigten Besitzerin entgegenstehen, und zwar für Verwendungen auf die Sache (für maintenance und improvements). Ein solcher „meliorations claim“ der Besitzerin schafft ein „right of retention“ und steht dem Herausgabeverlangen zunächst entgegen.176 Verwendungsansprüche für improvements kommen grundsätzlich nur dann in Frage, wenn die Verwendungen in good faith ausgeführt wurden, reasonable waren und den Wert der Sache tatsächlich erhöht haben.177 Hume schreibt hierzu: „’Tis essential, therefore, to the claim that the improvements are not of a fanciful sort, or such as are suited only to the particular taste and humour of the late possessor, or such as had passed away, and been worn out before the subject was restored; they must be subsisting meliorations, which add to the value of the subject, as restored.“178 Ob auch die bösgläubige Besitzerin Verwendungsansprüche für maintenance geltend machen kann, ist umstritten.179

III. Wertersatz und ordinary profits Ist die Beklagte nicht mehr im Besitz der Sache, entfällt auch der Herausgabeanspruch aus vindicatory restitution. Wie auch im deutschen Recht endet der Herausgabeanspruch in rem grundsätzlich bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache („for vindication of the thing, where it is not, cannot take place“).180 Erskine schreibt hierzu: „As this obligation is founded on the power which the possessor hath by his possession over the property of another, therefore if he shall cease to possess, by sale, donation, &c., the obligation to restore ceaseth also.“181 Von Stair erfahren wir: „[…] the obligation of restitution is formally founded upon the having of things of others in 174 Zu „consequential loss“ siehe etwa Reid, The Law of Property in Scotland, S. 139, Rn. 170. 175 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 139, Rn. 170. 176 Siehe etwa Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 95, Rn. 6.7. 177 Anderson, Property, S. 47, Rn. 3.49. 178 Hume, Lectures III, S. 171 ff. 179 Für die Ansicht, dass nur die gutgläubige Besitzerin Verwendungsersatz verlangen kann, siehe Reid, The Law of Property in Scotland, S. 141 ff., Rn. 172 ff., m. w. N.; dafür, dass auch die bösgläubige Besitzerin Ersatz für maintenance geltend machen kann, siehe etwa Rankine, The Law of Land-Ownership in Scotland, S. 90, sowie Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 121, Rn. 5.75 ff.: „Although it is referred to rather obliquely, the right of the bad faith possessor to costs in respect of repairs that were necessary has been received into Scots Law.“ 180 Stair, Institutions, I. vii. 2.; siehe hierzu auch Gorebridge Co-Operative Society Ltd. v. Turnbull 1952 S.L.T. (Sh.Ct.) 91, S. 91; International Banking Corporation v. Ferguson, Shaw & Sons 1910 S.C. 182, S. 191 ff. (Lord Low); Faulds v. Townsend (1861) 23 D. 437, S. 441; siehe ausführlich Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238, Rn. 10.07, S. 234 ff., Rn. 10.05. 181 Erskine, Institute, III. 1. 10.

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our power, and therefore, that ceasing, the obligation also ceaseth.“182 An die Stelle der Sachherausgabe tritt, bei Bösgläubigkeit (mala fide) der Besitzerin, zunächst eine Wertersatzpflicht. Der Anspruch aus restitution ist ein zusammengesetzter Anspruch, eine „composite remedy“.183 Neben den Wertersatzanspruch kann je nach Sachverhaltskonstellation auch ein Anspruch auf sogenannte ordinary profits (Nutzungsersatz) treten. Wie im deutschen Eigentümer-Besitzer-Verhältnis erfährt auch im schottischen Recht der gutgläubige Besitz Privilegierung. Wie oben bereits angedeutet, führt die Verschiebung des Fokus’ weg vom Eigentumsrecht und hin zur Herausgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin (Stairs „obligation of restitution theory“)184 zu einer Ausweitung des Anspruchs aus restitution: der Anspruch beinhaltet nicht nur den (in rem) Anspruch auf Sachherausgabe, sondern auch den Anspruch (in personam) auf Wertersatz, die so genannte „surrogate vindicatio“.185 Beide Ansprüche „travel together under the label ,restitution‘“186, bis die Herausgabe in specie nicht mehr möglich ist; der Anspruch in rem erlischt mit Unmöglichkeit der Herausgabe und die surrogate vindicatio lebt auf. Die obligation der Besitzerin bleibt also bestehen, ändert nur ihre Form („a claim for payment of the value of the thing in the event of a mala fide disposition because liability on the basis of the obligation to restore simply continues in this case.“).187 Stair schreibt hierzu: „[…] there is a personal right, which is a power in the owner to demand it, not only when it is in the possession of the haver, but if he hath fraudfully put it away; and yet it is his once having it that obliges him, and his fraudulent awayputting, though it be a delinquency, yet it gave not the rise to the obligation, but only continues it in the same condition as if he yet had it; so in that case his obligation is more palpable; for vindication of the thing, where it is not, cannot take place, though pro possessore habetur qui dolo desiit possidere, that is only fictione juris; but the obligation to restore is direct and proper.“188 Diese fortbestehende persönliche Herausgabeverpflichtung der bösgläubigen (qui dolo desiit possidere) unberechtigten Besitzerin erkennen auch andere Institutional Writers an. Hume schreibt: „As he cannot restore the thing itself, he must therefore pay the value to the owner. In such 182

Stair, Institutions, I. vii. 11. Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238 ff., Rn. 10.07 („Binary nature of restitution“); Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 72, Rn. 4.35 ff.; dies folgt schon aus dem bereits bekannten Zitat von Stair: „[…] a power in the owner to demand it, not only when it is in the possession of the haver, but if he have fraudulently put it away; […] yet it gave not the rise to the obligation, but only continues it in the same condition as if he yet had it; so in that case, his obligation is more palpable; for vindication of the thing, where it is not, cannot take place, though pro possessore habetur qui dolo desiit possidere, that is only fictione iuris; but the obligation to restore is direct and proper.“, Stair, Institutions, I. 7. 2. 184 Begriff aus Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238, Rn. 10.07. 185 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 96, Rn. 6.10. 186 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 239, Rn. 10.07. 187 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238, Rn. 10.07. 188 Stair, Institutions, I. vii. 2. 183

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a case dolo desiit possidere, and he must account as if he were still in possession.“189 Von Erskine erfahren wir, dass „if he has given up the possession fraudulently, he continues bound“.190 Der Wertersatzanspruch lebt also auf, sobald der dingliche Herausgabeanspruch wegfällt; das Wegfallen der vindicatio „,reveals‘ the claim in personam with which it is concurrent“.191 Ob dieser Wertersatzanspruch im Kern bereicherungsrechtlich oder deliktisch ist oder sui generis aus der restitution folgt, wird nicht immer einheitlich beurteilt.192 Man ist sich jedoch grundsätzlich einig, dass die (verschuldensunabhängige) Anspruchsgrundlage das gestörte Eigentumsrecht ist und dass der Anspruch auf full value eben nicht abhängig ist von einer weiterhin bestehenden Bereicherung der Anspruchsgegnerin.193 Praktisch relevant wird die Frage nach der Rechtsnatur aufgrund der bereits erwähnten Einordnung unter den Überbegriff der restitution selten. Für die Haftung der unberechtigen Besitzerin ist im Rahmen des Wertersatzanspruchs relevant, auf welchem Wege Unmöglichkeit der Herausgabe eingetreten ist; es wird hier in die so genannten disposal-Fälle (insbesondere Veräußerung, aber zum Teil auch Zerstörung der Sache) und die use-Fälle (Verbindung, Verarbeitung und Verzehr) unterschieden. Für die erste Fallgruppe ist insbesondere charakteristisch, dass die Besitzerin eben kein Eigentum an der Sache erwirbt und insbesondere die Sache auch nicht mehr im Besitz hat; diese wird veräußert oder zerstört und die Eigentümerin verliert ihr Eigentum nicht an die unberechtigte Besitzerin. Bei den use-Fällen erlischt das ursprüngliche Eigentumsrecht an der Sache, und zwar durch eine wie auch immer 189

Hume, Lectures III, S. 234. Erskine, Institute, III. I. 10. 191 Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 72, Rn. 4.36. 192 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238 ff., Rn. 10.07 schreibt, dass der Wertersatzanspruch „can only be justified on the basis that an act amounted to a delict“, verweist dann aber auf bereicherungsrechtliche Literatur (nämlich Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Erster Band, sowie Gloag and Henderson, The Law of Scotland, in was nunmehr Kapitel 24 („Unjustified Enrichment and Negotiorum Gestio“) ist; Gloag and Henderson behandeln den Wertersatzanspruch hier in Rn. 24.20); wird Herausgabe aufgrund gesetzlichem Eigentumserwerb unmöglich, so sei der Wertersatzanspruch aber ein „adjunct of the owner’s right to recover his or her property“, Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 245, Rn. 10.10; Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (193, Rn. 6.4.1) schreibt, dass der Wertersatzanspruch im Kern deliktisch ist (und der Anspruch auf die profits bereicherungsrechtlich); so auch Anderson, Property, S. 25, Rn. 2.22 wenn er schreibt, dass „proof of ownership“ für den Wertersatzanspruch ausreiche (Anderson verweist hier auf Scot v. Low (1704) Mor. 9123); aber siehe Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 15, Rn. 17: „the bona fide specificator who uses another’s materials in manufacturing a new species should be liable only on principles of recompense [Anm.: gemeint sind hier bereicherungsrechtliche Grundsätze], and only to the extent that he is lucratus“. 193 Siehe etwa Reid, Unjust enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (187); Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 72, Rn. 4.36. 190

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geartete Einwirkung der Besitzerin; sie erwirbt entweder gesetzlich Eigentum (accessio oder specificatio) oder verleibt sich den Nutzen der Sache durch Verzehr ein. Kann die Sache wegen disposal nicht mehr herausgeben werden, also insbesondere wenn die Beklagte sie mala fide veräußert hat, so ist die Rechtslage eindeutig. Die Eigentümerin hat einen Wertersatzanspruch gegen die ehemalige Besitzerin aus restitution; Bösgläubigkeit auf Seiten der Besitzerin ist jedoch notwendig.194 Bösgläubigkeit liegt grundsätzlich dann vor, wenn die Besitzerin wusste oder „upon the smallest reflection“ vermutete, dass ihr die Sache nicht zustand.195 So schreibt Erskine: „Bona fides necessarily ceaseth, when the possessor can have no longer a probable opinion that the subject is his own; for it is in that opinion that the essence of bona fide consisteth.“196 Hohe Anforderungen sind hieran nicht zu stellen, insbesondere ist weder Rechtswissen noch Kenntnis von der Person der wahren Eigentümerin erforderlich.197 Unter Umständen kann aber „failure to exercise reasonable care“ ebenfalls Bösgläubigkeit begründen.198 Die verklagte Besitzerin ist ebenfalls bösgläubig „so soon as the owner claims his goods; and they are refused, the possessor becomes a wrongous intromitter“.199 Auch wenn die Besitzerin an diesem Punkt ihr Recht zum Besitz nicht anzweifelt, die Klagezustellung tut ihr übriges: „[…] if he has disposed of the thing in question after citation in the real action for recovery of the thing. This was a warning to him and he does wrong, and is not in bona fide when he thus attempts to extricate himself from the claim which lies against him as possessor at the time. As he cannot restore the thing itself, he must therefore pay the value to the owner.“200 Hat die bösgläubige Beklagte die Sache verkauft, so kann die Eigentümerin also den vollen Sachwert verlangen: „Thus a party who, in the knowledge of his own lack of title, relinquishes possession, whether by alienation or by destruction, remains bound in restitution for the value of the thing formerly possessed unless or until it is vindicated from a subsequent possessor.“201 Grundsätzlich hindert sie dann also nichts daran, die Sache im Anschluss von der neuen 194 Siehe hierzu Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238 ff., Rn. 10.07, m. w. N.; siehe auch etwa Scot v. Low (1704) Mor. 9123 und Faulds v. Townsend (1861) 12 D. 437. 195 Erskine, Institute, II. i. 25.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 240, Rn. 10.08; Anderson, Property, S. 25, Rn. 2.22. 196 Erskine, Institute, II. i. 28. 197 Erskine, Institute, II. i. 28.: „Mala fides is therefore induced by the conscientia rei alienae, such consciousness should not proceed from legal interpellation, but barely from private knowledge; for private knowledge necessarily implies consciousness.“; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 13, Rn. 133: „Certainly the whole history of the defect need not to be known. A party is in bad faith if he knows that he is not the rightful possessor even if he does not know the identity of the person who is.“ 198 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 241, Rn. 10.08 mit Verweis u. a. auf Faulds v. Townsend (1861) 23 D. 437, S. 441 (Lord Ardmillan): „[…] with due care and caution under the circumstances […]“. 199 Stair, Institutions, IV. xxxi. 8. 200 Hume, Lectures III, S. 234. 201 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 130, Rn. 158.

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Besitzerin in specie heraus zu verlangen. Dies ist das Problem der double recovery.202 Diese Situation wird als unbefriedigend angesehen, und die Scottish Law Commission schlägt eine bereicherungsrechtliche Lösung vor. Die zweite (bona fide) Besitzerin, von der nunmehr Herausgabe in specie verlangt wird soll über das Bereicherungsrecht (recompense) einen Zahlungsanspruch haben: „should in the same proceedings be entitled to recover from the owner, on principle of recompense, the amount by which the owner would have been enriched by recovering his property in addition to the money already received“.203 Das Recht ist hier jedoch nicht eindeutig. Die unberechtigte, aber gutgläubige Besitzerin (bona fide) schuldet, im Falle etwa der Veräußerung der Sache, grundsätzlich keinen Wertersatz.204 Der gute und berechtigte Glaube an die eigene Berechtigung, mit der Sache verfahren zu können, wie es beliebt, wird geschützt.205 Die zweite Fallgruppe betrifft Fälle des Sach- bzw. Eigentumsverlusts durch unberechtigten Gebrauch der Sache (use), insbesondere die Fälle des gesetzlichen Eigentumserwerbs über accession (Verbindung), specification (Verarbeitung)206 und den Sachverlust (damit Rechtsverust) durch consumption.207 Anders als bei den disposal-Fällen schuldet hier sowohl die gutgläubige als auch die bösgläubige Besitzerin Wertersatz,208 und zwar unabhängig von einer etwaigen Bereicherung (der

202 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, S. 167, 195, Rn. 6.4.3; Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 7, Rn. 9. 203 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 8, Rn. 9. 204 Anderson, Property, S. 25, Rn. 2.22, mit Verweis auf Stair, Institutions, I. vii. 11. („[…] but if bona fide he has sold it before he be questioned, he is free, and not obliged to restore it“); Henry Walker v. Spence and Carfrae (1765) Mor. 12802 („[…] if they had sold them to another person, bona fide, no action would lie against them […]“); North West Securities Limited v. Barrhead Coachworks Limited, 1976 S.C. 68 („If they relinquished possession in good faith and without negligence they would only be liable in recompense quantum lucratus (Stair, I. vii. 11.).“). 205 Hierzu Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 238 ff., Rn. 10.07, m. w. N. 206 Die so genannten property lost cases, siehe Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 111 ff., Rn. 6.34 ff. 207 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 243 ff., Rn. 10.10. 208 Reid, Unjustified enrichment and property, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (193, Rn. 6.4.1, Fn. 11): „If, however, D consumed the property, or manufactured it into a new species, he is liable for its value even where in good faith. This is because the processing of the property has the effect of making D owner, and the case becomes one of title enrichment rather than of possession enrichment.“; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 243 ff., Rn. 10.10; Anderson, Property, S. 26, Rn. 2.22, mit Verweis u. a. auf James Findlay of Balchrystie v. James Monro (1698) Mor. 1767 und International Banking Corporation Ferguson, Shaw & Sons, 1910 S.C. 182; siehe auch Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640 ff., Rn. 24.20, m. w. N.

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3. Teil: Schottland

Wertersatzanspruch folgt hier sui generis aus der restitution).209 Hier ist ebenfalls nicht ganz eindeutig, ob der Ersatzanspruch (in personam) der Eigentümerin in diesen Fällen letztendlich Folge des Eigentumschutzes der restitution ist oder doch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch (recompense).210 Diese bereits erwähnten so genannten lost property cases sind bei genauerem Hinsehen grundsätzlich keine Fälle der restitution bzw. eines Anspruchs aus dem Eigentum, denn das aktivlegitimierende Eigentum besteht nicht mehr. Diese Ansprüche werden jedoch nahezu undifferenziert sowohl bei der restitution behandelt211 als auch in bereicherungsrechtlicher Literatur.212 Neben Herausgabe bzw. Wert- und Schadensersatz stehen der Klägerin weitere Ansprüche zu, und zwar auf „the income or other fruits of the period in which possession was wrongfully withheld“.213 Die Klägerin hat hier einen Anspruch auf die so genannten ordinary profits. Dies sind die von der Beklagten tatsächlich gezogenen Früchte und Gebrauchsvorteile (Nutzungen) für die Dauer des unberechtigten Besitzes, „the income actually arising during the period of unlawful possession of property“.214 Der Anspruch auf ordinary profits wird regelmäßig als im Kern bereicherungsrechtlich angesehen.215 Nutzungen werden danach berechnet, was die Besitzerin etwa an Miete für die Dauer des unberechtigten Besitzes hätte zahlen müssen: „[w]here the defender uses the pursuer’s property in the knowledge that the pursuer does not intend to give him the use gratuitously, the defender is liable to pay a reasonable sum for it“.216 Die bösgläubige Besitzerin schuldet stets Nutzungsersatz für den Gebrauch der Sache. War sie hingegen gutgläubig, so schuldet sie nur dann Nutzungsersatz, wenn sie selber Gegenansprüche geltend macht, etwa für improvements an der Sache.217 Bei Bösgläubigkeit müssen etwaige profits herausgegeben werden; liegt hingegen guter Glaube vor, müssen Früchte und Gebrauchsvorteile aus der Sache insoweit nicht herausgegeben werden, wie sie mit der gut209 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (187); Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 245, Rn. 10.10. 210 Zur Diskussion siehe Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 10 ff., Rn. 12 ff.; Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 111 ff., Rn. 6.34 ff.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 129 ff., Rn. 158, S. 137 ff., Rn. 167 ff.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 243 ff., Rn. 10.10. 211 Siehe etwa Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 243 ff., Rn. 10.10. 212 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640 ff., Rn. 24.20. 213 Ausführlich hierzu siehe Reid, The Law of Property in Scotland, S. 137 ff., Rn. 167 ff. 214 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 137, Rn. 168. 215 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640 ff., Rn. 24.20; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 137 ff., Rn. 168; ders., Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (193, Rn. 6.4.1.). 216 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640 ff., Rn. 24.20, m. w. N.; Chisholm v. Alexander & Son (1882) 19 S.L.R. 835. 217 Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 75, Rn. 4.42.

A. Vindicatory restitution: Ansprüche aus dem Eigentum

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gläubig angenommenen Berechtigung (etwa aus Eigentum, Miete oder Pacht) übereinstimmen.218 Befinden sich die profits (noch) gegenständlich im Vermögen der Beklagten, ist Herausgabe geschuldet; in allen anderen Fällen Wertersatz.219 Wenn ich also mich irrtümlich für die Eigentümerin halte, fallen alle Nutzungen hierunter; halte ich mich irrtümlich, aber bona fide, für besitzberechtigt etwa aus (Miet-, Pachtoder sonstigem) Vertrag, hängt meine Berechtigung an den profits von dem Ausmaß der auch nur vorgestellten vertraglichen Abrede ab. Erskine schreibt hierzu: „This doctrine has been introduced, that the minds of men who bestow their pains and money on what they believe their own, and who afterwards enjoy the profits thereof, may be secured from the continual apprehensions under which they might labour, if the event of a doubtful right should lay them under a necessity of accounting for what they have thus possessed bona fide. And indeed the loss ought in that case to fall on the owner, who had all the while neglected to look after his property, rather than on the possessor, who, if he had not considered the subject as his own, would probably have lived more sparingly; and who, by restoring the intermediate fruits, might, without the least blame imputable to him, be at once reduced to indigence.“220 Verliert die Besitzerin erst zu einem späteren Zeitpunkt ihren guten Glauben an die Besitzberechtigung, schuldet sie Ersatz für Früchte grundsätzlich erst von diesem Zeitpunkt an und nicht etwa rückwirkend.221 Die Rechtsnatur dieser Folgeansprüche ist in weiten Teilen umstritten. Dies ist zum Großteil der Tatsache geschuldet, dass es unter dem Sammelbegriff der restitution nie unbedingt notwendig wurde, verbindlich festzustellen, ob diese Ansprüche etwa bereicherungsrechtlicher Natur sind, oder doch sui generis aus der vindicatory restitution selbst. Die Abgrenzungsproblematik von vindicatory restitution und bereicherungsrechtlichen Ansprüchen wird im nächsten Abschnitt über die enrichment restitution näher behandelt.

IV. Zusammenfassung Die Ansprüche der Eigentümerin aus vindicatory restitution, prozessual durchgesetzt über die action of delivery, ähneln auf den ersten Blick dem Vindikations- und seinen Folgeansprüchen in §§ 985 ff. BGB. Und auch die Grundvoraussetzungen des Anspruchs, (Eigentums-)Recht und unberechtigter Besitz, gleichen dem deutschen Verständnis. Bei genauerem Hinsehen jedoch erkennt man, dass es sich weniger um einen Anspruch aus dem Eigentum handelt (der Anspruch aus § 985 BGB folgt 218 Anderson, Property, S. 45 ff., Rn. 3.46 ff., m. w. N.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 139 ff., Rn. 171 („Thus a person hiring a horse for a phantomime has, it is suggested, no right to any foal which it may produce in the excitement of the performance.“); Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640 ff., Rn. 24.20, m. w. N. 219 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 137, Rn. 168, m. w. N. 220 Erskine, Institute, 2. 1. 25.; Stair, Institutions, II. 1. 23. 221 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 140, Rn. 171, m. w. N.; zu Ausnahmen siehe Anderson, Property, S. 46 ff., Rn. 3.48.

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3. Teil: Schottland

unmittelbar aus dem Eigentumsrecht), sondern vielmehr um eine „Verpflichtung aus dem unberechtigten Besitz“. Anders als etwa im deutschen Recht liegt der Fokus traditionell nicht auf dem Rechtsverwirklichungsaspekt des Herausgabeanspruchs, sondern auf der Rückgabepflicht der unberechtigt besitzenden Person, einer Verpflichtung „written in our hearts“, wie es im einleitenden Zitat heißt. Restitution ist also das Recht der Eigentümerin auf Herausgabe der Sache, folgend aus der Verpflichtung der unberechtigten Besitzerin, die Sache herauszugeben, welche wiederum aus dem dinglichen Recht der Eigentümerin folgt. Der Anspruch kann also als dinglich beschrieben werden, da er letztlich seinen Ursprung im Eigentum hat. Er beruht aber auch auf der persönlichen Ersatzverpflichtung auf Seiten der unberechtigten Besitzerin; diese ermöglicht nicht nur die Sachherausgabe, sondern auch Wertersatz- und Nutzungsherausgabe. Die action of delivery umfasst, weil Ausgangspunkt eben nicht das Eigentum ist, grundsätzlich all jene Konstellationen, in denen ein „Recht zum Besitz“ gestört wird (in der Regel aus einem real right, aber auch möglich für schuldrechtliche Besitzrechte). Wie Stair schreibt: „[…] there is a real obligation upon possessors, not having a title sufficient to defend their possession, to restore or re-deliver, not only to the proprietor, but to the lawful possessor, which is also consonant to that common principle of the Roman law suum cuique.“222

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz Die grundsätzlich strikte Trennung von Eigentum und Besitz (an beweglichen Sachen) im schottischen Recht spiegelt sich auch darin wider, dass Eigentum und Besitz grundsätzlich individuell geschützt werden. Neben dem petitorischen Anspruch aus vindicatory restitution sitzt der possessorische Besitzschutz.223 Dies ist die so genannte spuilzie-Klage (ausgesprochen wie „spulli“).224 Die traditionell zentrale Stellung des Sachbesitzes ist so schützenswert, dass „if the possession was peaceable, even the true owner, seizing the goods from the possessor, will be liable in a spuilzie; 222

Stair, Institutions, IV. iii. 45. Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 282, Rn. 10.27, m. w. N.; Stair, Institutions, IV. iii. 47., „actions of spuilzie […] where the pursuer needs not prove an absolute right but a lawful possession“. 224 Anderson, Property, S. 38, Rn. 3.27; zu spuilzie ausführlich siehe etwa Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 127 ff.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 276 ff., Rn. 10.24 ff.; Pillans, Delict, S. 205, Rn. 8.19; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 132 ff., Rn. 161 ff.; Walker, Spuilzie, in: Scots Law Times (News) 1949, 136; Calor Gas Ltd. v. Express Fuels (Scotland) Ltd. & D Jamieson and Son Ltd. [2008] CSOH 13, Rn. [51] ff.; für Grundstücke sind neben spuilzie auch die Begriffe ejection und intrusion gebräuchlich, Anderson, Property, S. 38, Rn. 3.27; Smith, A Short Commentary on the Law of Scotland, S. 649: „The scope of ,spuilzie‘, however, became in time limited to moveables, while ,ejection‘ and ,intrusion‘ became the appropriate remedies for one dispossessed of heritage.“ 223

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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nor will his pretence of property be regarded in this suit, according to the maxim, that Spoliatus ante onmia est restituendus. The party that is violently deprived of the possession must first be restored, and then the question of property considered […].“225 Erskine definiert spuilzie wie folgt: „Spuilzie is the taking away or the intermeddling with moveable goods in the possession of another, without either the consent of the other, or the order of law. When a spuilzie is committed, action lies against the delinquent, not only for restoring to the former possessor the goods, or their value, but for all the profits he might have made of these goods had it not been for the spuilzie. These profits are estimated by the pursuer’s own oath, and get the name violent, because they are due in no other case than of violence or wrong.“226 Die Grenzen des Anspruchs sind jedoch nicht immer trennscharf; dies ermöglicht eine freiere Interpretation der spuilzie-Klage. Während die Institutional Writers und viele zeitgenössische Autoren den Anspruchsgrund allein (bzw. vornehmlich) im widerrechtlichen Ansichnehmen einer Sache bzw. in einer dispossession zu sehen scheinen,227 begrenzen andere den Anwendungsbereich der spuilzie eben nicht auf eine wrongful dispossession. Walker etwa, in seinem Standardwerk zum Deliktsrecht, sieht den Kern der spuilzie-Klage in „any act in relation to goods which denies the complainer’s title to own or possess them“;228 und „[t]he action lies for […] excluding the owner from possession of them […]“.229 Mit seiner weiten Definition verwischt Walker die Grenzen zwischen petitorischem und possessorischem Rechtsschutz: in seinem Kapitel zu spuilzie behandelt er nicht nur Ansprüche von true owners auf restitution (hier behandelt unter vindicatory restitution),230 sondern auch solche, die auf der widerrechtlichen Nutzung (use) fremder Sachen beruhen,231 oder auf Wei-

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Bankton, Institute I, I. 10. 126. Erskine, Institute, III. vii. 16. 227 Siehe etwa Anderson, Property, S. 38, Rn. 3.27; Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 127, 131, Rn. 3.1, und S. 128, Rn. 1: „[…] spuilzie is a remedy directed at restoring the status quo ante of natural possession following an act of vitious dispossession.“ 228 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1005, m. w. N., und S. 1002: „The essence of the wrong is unjustified denial of title to possess, whether as owner, hirer, custodier or other lawful possessor.“ 229 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1004, m. w. N. 230 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1006: „Where goods owned or possessed by one have been taken away by another, an action of restitution is competent […] the true owner may reclaim them […].“ Walkers Ansatz scheint dem englischen Recht sehr ähnlich, wo ebenfalls petitorischer (true owner) und possessorischer („goods […] possessed“) Rechtsschutz nicht trennscharf nebeneinanderstehen, sondern sich überschneiden. 231 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1007 ff. und S. 1010: „Where one person by mistake uses up another person’s goods, as where A. burns B.’s coal, the user is liable to the true owner for the value of the goods used, the use being a spuilzie, or for the value on the basis of recompense.“ 226

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3. Teil: Schottland

gerung der Rückgabe nach Vertragsende.232 Die Scottish Law Commission schreibt, der Anspruch sei „of uncertain scope“.233 Spuilzie verliert damit ein trennscharfes Profil und scheint als Überbegriff für eine weite Gruppe von allen möglichen Besitzstörungen zu werden. Bei der folgenden Darstellung der spuilzie-Klage muss diese mögliche weitere Deutung im Hinterkopf behalten werden, auch wenn diese Arbeit jene Fälle des Besitzentzugs in den Fokus nimmt. Wie schon conversion und reversionary injury im englischen Recht wird spuilzie in der Regel234 als Teil des Deliktsrechts behandelt.235 Auffällig ist die unterschiedliche Terminologie; während das englische Recht die deliktischen Tatbestände unter die property torts fasst, wird dieses Rechtgebiet in Schottland unter dem Begriff delict (mehr vom Anspruchsgrund gedacht) bzw. reparation (mehr von der Anspruchsfolge gedacht) zu finden sein.236 Das strafrechtliche Äquivalent zur spuilzieKlage ist der Diebstahl;237 so beschreibt Stair spuilzie auch als „civil theft“.238 Die entsprechenden englischen Tatbestände, insbesondere conversion, haben es nicht in das schottische Recht geschafft und der in England zentrale Torts (Interference with Goods) Act 1977 hat keine Geltung in Schottland.239 Die spuilzie-Klage vereint, wie 232

Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1008 ff., S. 1009: „Thus a borrower, a depositary, a custodier and a hirer are all liable to an action of restitution if they do not restore the goods at the expiry of the period fixed, or on request, and failing restitution are liable in damages for spuilzie.“ 233 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 19, Rn. 23. 234 Blackie/Farlam, „Enrichment by Act of the Party Enriched“, in: Zimmermann et al., Mixed Legal Systems in Comparative Perspective, S. 467 ff., 487 ff. ordnen spuilzie in einem bereicherungsrechtlichen Kontext ein. 235 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 19, Rn. 23: „the delict of spuilzie“; Stewart ordnet spuilzie als Teil einer weiteren Gruppe von „wrongful interference with moveables“ ein: Stewart, Delict, S. 43 ff., Rn. 3.13 ff.: „If we look now at the wider notion of wrongful interference, it can be said that spuilzie is a species of this wider delictual concept (which is likely to have both proprietary and restitutionary aspects).“, und ders., Reparation, S. 122 ff., Rn. 6.2 ff. und S. 121, Rn. 6.1: „Spuilzie is the original indigenous wrong against moveables.“; Pillans, Delict, S. 205 ff., Rn. 8.19; siehe auch Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1002 ff.; Norrie verordnet spuilzie bei den „intentional delicts“, siehe Norrie, „The Intentional Delicts“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Zweiter Band, S. 477 ff., S. 488. 236 Stewart, Delict, S. 1 ff., Rn. 1.1 ff.; und ders., Reparation, S. 121 ff., Rn. 6.1 ff.; Pillans, Delict, S. 205 ff., Rn. 8.19. 237 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1002, m. w. N.: „[…] conduct amounting criminally to theft would equally support a civil action of spuilzie.“; siehe auch Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 131, Rn. 2.2, m. w. N. 238 Stair, Institutions, I. 9. 16.: „Thus things stolen or robbed, though they might be criminally pursued, as theft or robbery, yet they may be civilly pursued for as a spuilzie.“ 239 Stewart, Reparation, S. 129 ff., Rn. 6.13, mit Verweis etwa auf North West Securities Ltd. v. Barrhead Coachworks Ltd., 1976 S.C. 68, 73 (Lord M’Donald): „The basis of the English law, however, is the doctrine of conversion, and […] it would be unsafe to follow English authority in

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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die vindicatory restitution, Primär- und Sekundäransprüche: „When a spuilzie is committed, action lies against the delinquent, not only for restoring to the former possessor the goods, or their value, but for all the profits he might have made of these goods had it not been for the spuilzie.“240 In oft verwendeter Terminologie umfasst spuilzie also sowohl restitution (Herausgabe), reparation (Wertersatz) als auch gegebenenfalls Schadensersatzansprüche.241 Wie die vindicatory restitution ist auch spuilzie ein zusammengesetzter Anspruch (composite remedy).242 Wie noch gezeigt werden wird, birgt diese Zweiteilung des Anspruchs Tücken, denn obgleich das schottische Recht etwa auch Gutgläubigkeit belohnt und Bösgläubigkeit sanktioniert, ist dies schwieriger zu begründen und herauszuarbeiten, als wenn alle jene Ansprüche nicht in einen Anspruch (spuilzie) gezwängt wäre; „[s]puilzie as a bipartite remedy is problematic. It seeks to protect very different things.“243 Wegen der hier angedeuteten Unklarheit in Bezug auf den Anspruch hat die Scottish Law Commission vorgeschlagen, spuilzie abzuschaffen.244

this field“); Leitch & Co. v. Leydon Barr & Co. v. Macgheoghegan, 1931 S.C. (HL) 1, S. 8 (Viscount Dunedin): „Although I think it is quite true that the general considerations on which this case falls to be determined are the same in Scots an English law, it is quite a different thing to say that Scots and English law are so much the same that you can quote cases […] – the older authorities on trover and conversion – and make them Scottish authorities.“; First National Bank plc v. Bank of Scotland, 1999 S.L.T. (Sh. Ct.) 10, S. 15 (Sheriff Robertson): „[…] the distinction between Scots Law which has no doctrine of conversion, and English law.“; siehe auch International Banking Corporation v. Ferguson, Shaw & Sons, 1910, S. C., 182, S. 193 (Lord Ardwell): „[…] I do not consider that the English decisions which have been referred to […] can be relied on as safe guides in a case which must be decided according to Scots law. […] ,conversion‘, a doctrine and process peculiar to the law of England, and which […] is in some applications of it at variance with the principles of Scots law.“; Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 19, Rn. 25: „We should not favour introducing into Scots law the equivalent of the English tort of conversion […].“; siehe auch Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 56 ff. für einen Vergleich beider Rechtsinstitute. 240 Erskine, Institute, III. vii. 16. 241 Siehe etwa Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 131 ff., Rn. 3.2, mit Verweis auf Stair, Institutions, I. ix. 16.: „Spuilzie […] is the taking away of moveables without consent of the owners or order of law, obliging to restitution of the things taken away, with all possible profits, or reparation thereof, according to the estimate of the injured, made by his juramentum in litem.“ 242 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 284 ff., Rn. 10.29; Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.29: „[…] the action is directed not merely at reparation (in this case, of so-called ,violent profits‘) but also at recovery of the object of which the pursuer has been dispossessed.“ 243 Siehe hierzu etwa Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 135 ff., Rn. 4.1 ff., m. w. N. 244 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 19, Rn. 23.

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3. Teil: Schottland

I. Anspruch auf Herausgabe der Sache Die spuilzie-Klage ist zunächst auf Herausgabe der Sache gerichtet. Nach Störung des Besitzes soll sie den status quo wiederherstellen. 1. Normzweck und Praxisrelevanz In Schottland wird der bloße Besitz als real right eingestuft, also als dingliches Recht, und ist damit von jedermann zu beachten und kann damit grundsätzlich „against the whole world including […] the actual owner of the property“245 durchgesetzt werden. Der Grund hierfür ist nicht etwa ein besonderes Besitzrecht; anders als im englischen Recht vermittelt die bloße physische Beziehung zu einer Sache eben kein ownership. Der Besitz wird aufgrund des öffentlichen Sicherheitsinteresses gegen Eingriffe geschützt: „it is the main foundation of the peace, and preservation thereof, that possession may not be recovered by violence, but by order of law“.246 Spuilzie hat neben der friedenswahrenden auch noch eine präventive Funktion: Streitigkeiten über Besitzzuordnungen sollen eben nicht „auf eigene Faust“ gelöst werden.247 Die Anerkennung von possessorischen Besitzschutz dient der „preservation of peace“ und hat als Ziel „encouraging individuals to look to the courts for resolution of their disputes rather than to act unilaterally“.248 Der Fokus auf „the public interest“249 hat zur Folge, dass eben auch eine Eigentümerin das Recht nicht in die eigene Hand nehmen und ihre Sache von einer unberechtigt besitzenden Person zurücknehmen kann,250 denn, so Stair, „a violent, clandestine and unlawful possession may not be troubled though there be an evident right“.251 Der unberechtigte Besitz ist kein Zustand, den das Recht toleriert; hierfür ist jedoch die vindicatory restitution, der petitorische Anspruch zuständig. Spuilzie hingegen kümmert sich weniger um endgültige Güterzuordnung, sondern um Friedenswahrung. Es handelt sich hierbei um eine „interim remedy only“;252 es gilt der Grundsatz 245

Anderson, Property, S. 38, Rn. 3.25; Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1003: „The action may lie even against the true owner of goods […].“ 246 Stair, Institutions, II. 1. 22. 247 Stair, Institutions, II. 1. 22.: „[…] there is no more allowed to private force, than to continue possession against contrary violent or clandestine acts, immediately after acting of the former, or notice of the latter“. 248 Anderson, Property, S. 40, Rn. 3.30; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 162: „Its purpose is merely to discourage possession taken vitiously […].“ 249 Anderson, Property, S. 38, Rn. 3.26. 250 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 130, Rn. 2.2, m. w. N.: „[…] when a spuilzie defender sought to assert a title to the goods the judge could assume the act of spuilzie […]“. 251 Stair, Institutions, 2. 1. 22. 252 Anderson, Property, S. 39, Rn. 3.28; siehe auch Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1005, m. w. N.: „If there is dispute as to the better title to possess, the rule is spoliatus ante

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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spoliatus ante omnia restituendus.253 Erst wenn der status quo wieder hergestellt wurde, kann sich der Frage der Besitzberechtigung zugewandt werden: „[t]he party that is violently deprived of the possession must be first restored, and then the question of property considered“.254 Als weiterer Schutzaspekt wird die Eigentumsvermutung gesehen, die an den Besitz geknüpft ist; die presumption of ownership würde untergraben werden, würde das Recht nicht die status quo-Besitzposition schützen: „[t]he existence of the presumption that the possessor of a moveable thing is its owner makes it unsurprising that there is a quick and easy remedy applicable to unauthorised dispossession“.255 Der Schutz des status quo durch den Herausgabeanspruch erklärt jedoch nicht die Sekundär- und Nebenansprüche, die spuilzie eröffnet; dazu sogleich.256 Die spuilzie-Klage hat eine lange Geschichte.257 Spuilzie entstand wohl um 1400, wahrscheinlich aus der actio spolii des kanonischen Rechts (aber „direct evidence is lacking“),258 und war „[p]erhaps the most common action in fifteenth-century

omnia restituendus; once restitution is made the dispute as to title may be resolved by declarator or action for delivery.“ 253 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 162: „The rule is spoliatus ante omnia restituendus: he who is despoiled must first be restored to his possession.“ 254 Bankton, Institute I, I. 10. 126. 255 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 136 mit Verweis auf die ausführliche Bearbeitung des Verhältnisses von spuilzie und der Eigentumsvermutung in Stair, Institutions, etwa I. 9. 17.: „In spuilzies the pursuer needs no other title but possession, from whence in moveables a right is presumed […].“ 256 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 131 ff., Rn. 3.2 und S. 137, Rn. 4.2: „While the presumption link assists in explaining the need for spuilzie in terms of protecting actual possession, it does not advance the argument that spuilzie gives a right to recover damages for wrongful interference with the right to possession.“ 257 Zum geschichtlichen Hintergrund siehe etwa Smith, A Short Commentary on the Law of Scotland, S. 648 ff., S. 649: „The remedy for wrongful interference with possession of property – the other principal concern of the early law [Anm.: Besitzentzug steht hier neben ,killing or injuring of another‘] was in the remote past by the brieve of ,novel dissasine‘, but about 1400 it was replaced by the action for ,spuilzie‘. […] It was a remedy frequently invoked until the nineteenth century, when it passed into obsolescence.“; Stewart, Reparation, S. 121, Rn. 6.1 verweist auf ein Gesetz aus dem Jahre 1318 zum Schutze von beweglichen Gegenständen (hier „cattle“, also Vieh); siehe auch Carey Miller, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 129 ff., Rn. 2.1; Cairns, „Historical Introduction“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Erster Band, S. 14 ff., insb. S. 73 („[…] it seems that spuilzie absorbed the older actions for ,wrang and unlauch‘ and breach of the king’s protection […].“); siehe auch MacQueen, Dissasine and Mortancestor, in Scots law, in: The Journal of Legal History (Vol. 4, Issue 3) 1983, 21. 258 Reid, „Property Law: Sources and Doctrine“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Erster Band, S. 185, insb. S. 212 ff.; siehe auch Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in

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3. Teil: Schottland

Scotland“.259 Die Häufigkeit, mit der spuilzie-Klagen im 15. und 16. Jahrhundert erhoben wurden, wird regelmäßig damit erklärt, dass gewaltsame Besitzstörungen, und insbesondere gewaltsamer Besitzentzug, eben der „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“, zu dieser Zeit in Schottland (wohl nicht nur dort) an der Tagesordnung waren: „[…] the wrongful taking of property was an endemic problem […]“.260 Der Störungsakt der spuilzie war „the original indigenous wrong against moveables.261 Über die Jahrhunderte verschwand spuilzie jedoch nach und nach aus den Gerichten und „[b]y the end of the eighteenth century the doctrine was already in decline. By the end of the nineteenth century it had practically disappeared“.262 Als „last true case of spuilzie“ wird Stove v. Colvin aus dem Jahre 1831 zitiert.263 Reid beschreibt ein kurzes Aufleben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert: „Apart from a brief flurry of cases towards the end of the twentieth century, most of which were not true examples of the doctrine, spuilzie ceased to be pled in the courts. The reasons are unclear.“264 Warum diese Klage nach und nach aus der Praxis verschwand, ist unklar. Stewart etwa schreibt, dass „[s]puilzie effectively vanished although legal historians have not yet determined why or precisely when“.265 Es wird unter anderem vorgeschlagen, dass die gesellschaftliche Entwicklung hin zu größerer „civic order“ und weniger „lawlessness“ den Rückgriff auf spuilzie (deren Tatbestand ja gewaltsame Wegnahme fordert) verzichtbar machte.266 Im modernen Recht Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 129, Rn. 2.2, m. w. N. 259 Cairns, „Historical Introduction“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Erster Band, S. 14 ff., insb. S. 73. 260 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 131, Rn. 2.2, mit Verweis auf Gow, The Law of Hire-Purchase in Scotland, S. 232: „It is a remedy which appears to have been used for the protection of actual possession and the maintenance of the public peace in a country more notable for civil unrest and military punitive expeditions than bourgeois placidity.“ 261 Stewart, Reparation, S. 122 ff., Rn. 6.2 ff. und S. 121, Rn. 6.1. 262 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133, Rn. 161, m. w. N. 263 Norrie, „The Intentional Delicts“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Zweiter Band, S. 491: „the last true case of spuilzie appears to have been that of Stove v. Colvin [(1831 9 S. 633)], in which the pursuers, from a village on Yell, successfully sought recovery of a share of whales which they had helped to kill, the custom of the island at the time being that those who assist in the killing are entitled to receive a share“.; siehe auch Walker, Spuilzie, in: Scots Law Times (News) 1949, 136. 264 Reid, „Property Law: Sources and Doctrine“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Erster Band, S. 213, mit Verweis auf F.C. Finance Ltd. v. Brown & Son, 1969 S.L.T. (Sh. Ct.) 41; Mercantile Credit Co. Ltd. v. Townsley, 1971 S.L.T. (Sh. Ct.) 37; John Norman MacKinnon v. Avonside Homes Ltd., 1993 S.C.L.R. 976; Michael Harris v. Abbey National PLC, 1997 S.C.L.R. 359; James Gemmel and others v. Governor and Company of the Bank of Scotland, 1998 S.C.L.R. 144. 265 Stewart, Reparation, S. 122, Rn. 6.1. 266 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133, Rn. 161; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 278, Rn. 10.25.

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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ist die Klage „almost entirely undeveloped“,267 sowie „protean and of uncertain scope“ und deshalb „in need of clarification and reform“.268 Interessant ist hier der Blick zum verwandten südafrikanischen (wie Schottland ein mixed legal system) mandament of spolie, die dort auch im modernen Recht noch eine wichtige Rolle spielt.269 Spuilzie wird in Schottland in der Regel als nicht sehr praxisrelevant,270 oder sogar als „problematic“ eingestuft.271 Auch wird die Abschaffung der spuilzie-Klage diskutiert.272 Es gab in der Vergangenheit etwas Diskussion zu der Frage ob, nach einem derart langen Dornröschenschlaf, spuilzie überhaupt noch Teil des modernen Rechts ist; nach wohl herrschender Meinung führt Ungebräuchlichkeit (desuetude) jedoch nicht zum Erlöschen eines common law-Anspruchs.273 Spuilzie lebt demnach

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Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 127. 268 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 18 ff., Rn. 22 ff. 269 Im Gegensatz zur „virtual disappearance“ im schotttischen Recht; siehe hierzu Reid/van der Merwe, in: Zimmermann et al., Mixed Legal Systems in Comparative Perspective, S. 658 ff., m. w. N. 270 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.29: „[…] spuilzie, a remedy which is admittedly rare in practice“, und mit Verweis etwa auf „a rare recent instance“, Calor Gas Ltd. v. Express Fuels (Scotland) Ltd. & D Jamieson and Son Ltd. [2008] CSOH 13, Rn. [51] ff.: „Its very existence as a remedy available today has been doubted.“; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133, Rn. 161, m. w. N.; Stewart, Delict, S. 43, Rn. 3 – 13, „[…] violent profits […] is not necessarily a matter of delictual damages. Indeed the exciting thing about such a claim is that it means that the pursuer does not have to show the loss that would be required if the case were based on loss wrongfully caused. […] The recognition of loss of use as a head of claim in ordinary delictual actions makes it unlikely that spuilzie arguments will be heard often.“; Pillans, Delict, S. 206, Rn. 8.19. 271 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133, Rn. 161. 272 Stewart, A Casebook on Delict, S. 121, Rn. 6.1.5: „It seems to us, therefore, that the law regarding spuilzie is in need of clarification or reform, and we are provisionally of opinion that radical reform is desirable.“; ders. aber an dieser Stelle auch, „This is perhaps the most neglected are of the law of delict.“; und S. 121, Rn. 6.2.1: „Spuilzie is the closest Scotland has to a developed remedy for wrongful interference in interests in moveable property.“, und S. 121, Rn. 6.2.2: „Until the subject has been fully explored it would be regrettable to dump one of our indigenous creatures. More work has to be done.“; Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 18, Rn. 22: „It seems to us, therefore, that the law regarding spuilzie is in need of clarification or reform, and we are provisionally of opinion that radical reform is desirable. If spuilzie as such were to be abolished this would leave unaffected the other remedies available for wrongful appropriation or disposal of moveables – the remedy of restitution against the mala fide former possessor, or a delictual action based on culpa or an order for restoration of possession under the existing powers of the Court of Session and sheriff court.“ 273 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 16, Rn. 19, m. w. N.: „Spuilzie was or is the only possessory action recognized by Scots law in relation to moveables, and it is a matter of controversy as to whether, or to what extent, it has fallen into disuse“; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133, Rn. 161, m. w. N.

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3. Teil: Schottland

weiter,274 und taucht auch immer wieder auf in Rechtsprechung, in neuerer Zeit insbesondere im Rahmen des hire-purchase, aber insbesondere auch in der Literatur auf.275 Es gibt aber auch Stimmen, die spuizie ohne Zweifel einen Platz im modernen Recht zusprechen („there is obviously no question of spuilzie being essentially present in Scots law“).276 Anderson etwa gibt spuilzie einen „necessary place in the law“.277 Und Walker schreibt: „It seems unfortunate that this action has been allowed to disappear, as there are still circumstances to-day in which it would provide the only remedy for pursuers with a defective legal title to property, such as the case of a bonafide possessor. This form of action provides, moreover, for a very generous estimate of the damage sustained being made, according to a standard which would not be admissible in an ordinary action of damages. Is it too much, then, to hope that an enterprising person will revive the form before complete oblivion overtakes it?“278 Walker sucht auch aufzuzeigen, dass, obwohl der Begriff spuilzie ungebräuchlich wurde, der Anspruch jedoch „in substance“ im modernen Recht weiterlebt: „While in modern practice the action of spuilzie eo nomine has fallen into disuse the claim remains competent and has in substance been applied in many modern cases.“279 Es scheint, dass, wenn spuilzie heutzutage herangezogen wird, es weniger um Herausgabeansprüche ging, als vielmehr um allgemeine Besitzstörungen und daraus folgende Schadensersatzforderungen.280 Der Anwendungsbereich der spuilzie274 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133, Rn. 161: „Its discussion in the present tense is justified.“ 275 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133, Rn. 161, m. w. N., etwa die bereits zitierten FC Finance Ltd. v. Brown & Son, 1969 S.L.T. (Sh. Ct.) 41 und Mercantile Credit Co. Ltd. v. Townsley, 1971 S.L.T. (Sh. Ct.) 37; Stewart, Casebook on Delict, S. 120 ff., Rn. 6.1.4: „In recent years there have been several efforts, especially in connection with wrongful disposal of goods possessed on hire-purchase, to invoke the remedy of spuilzie […].“; Townsend, Raising Lazarus: Why Spuilzie should be resurrected, in: Aberdeen Student Law Review (Vol. 22/2) 2011, S. 22 ff.; zur Anwendung von spuilzie im modernen Recht ausführlich etwa auch bei Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 137 ff., Rn. 4.3.1 ff.: „hire-purchase“ (insb. FC Finance Ltd. v. Brown & Son, 1969 S.L.T. (Sh. Ct.) 41), „supplier-contract“ (insb. Calor Gas Ltd. v. Express Fuels (Scotland) Ltd. & D Jamieson and Son Ltd. [2008] CSOH 13) und „financial-leasing-arrangement“ (insb. North Scottish Helicopters Ltd. v. United Technologies Corporation Inc., 1988 S.L.T. 77); zum Streit, ob die North Scottish Helicopters-Entscheidung ein Beispiel einer „modernen“ spuilzie-Klage ist, siehe Anderson, Spuilzie today, in: Scots Law Times (News), 2008 (38), 257, Stewarts Erwiderung und Ablehnung der spuilzie-Interpretation in Stewart, The alleged case of the spuilzied helicopter, in: Scots Law Times (News), 2009 (3), 13; und wieder Anderson, The alleged case of the spuilzied helicopter, a reply, in: Scots Law Times (News), 2009 (7), 31. 276 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 278, Rn. 10.24. 277 Anderson, Spuilzie today, in: Scots Law Times (News), 2008 (38), 257 (260). 278 Walker, Spuilzie, in: Scots Law Times (News) 1949, 136 (138). 279 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1005, m. w. N. 280 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 138, Rn. 4.3.1: „The few modern attempts to apply spuilzie as a remedy have not been concerned with restoration of vitious dispossession but rather with claims for loss

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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Klage, ursprünglich gerichtet auf Herausgabe der Sache, scheint noch formloser geworden zu sein und sich wesentlich ausgeweitet zu haben zu einer allgemeinen deliktischen Besitzschutzklage.281 Insbesondere erfordert spuilzie, anders als andere deliktische Ansprüche, grundsätzlich kein Verschulden und scheint demnach attraktiver.282 2. Tatbestandsvoraussetzungen Die Anspruchsvoraussetzungen für spuilzie sind zweierlei: es muss früherer Besitz dargelegt werden sowie vitious dispossession, also die widerrechtliche Wegnahme der Sache. Hierüber hinaus ist jedoch vieles unklar, etwa ob auch der unberechtigte Besitz über spuilzie geschützt wird oder nur lawful possession und ob tatsächlich eine Wegnahme vorliegen muss oder ob auch sonstige „Eingriffe“ den Tatbestand begründen. Diese Unklarheiten sind dem Alter dieses Anspruchs und der Zögerlichkeit des modernen Rechts geschuldet; so schreibt Carey Miller: „[…] the common-law remedy of spuilzie, concerned with the wrongful dispossession of corporeal moveable property, reflects the problem of a remedy well established in early law but almost entirely undeveloped in modern law.“283 Ein Verschulden auf Seiten der störenden Person ist nicht notwendig.284 a) Title to sue: früherer Besitz Bloßer Besitz gibt zwar noch kein Recht zum Besitz; er ist jedoch, wie oben dargestellt, ein real right und damit von jedermann (auch von der Person mit einem Recht zum Besitz) zu respektieren und spuilzie, und nicht etwa restitution, spielt hier eine zentrale Rolle. Sowohl in altem case law als auch in zeitgenössischer Literatur taucht immer wieder die Frage auf, welche Qualität der gestörte Besitz haben muss für einen title to sue, also die Aktivlegitimation in spuilzie. Wird hier jede faktische arising from wrongful interference with a right to possession. Spuilzie has been invoked in claims for compensation in respect of loss of possession, and some modern writers led by Walker contend for the viability of this, apparently as an alternative to presenting the claim within the established law of delict.“, mit Verweis hier auf Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1002 ff. 281 Ausführlich zur Diskussion Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 137 ff., Rn. 4.3.1, m. w. N. 282 Siehe hierzu insb. Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1002 ff. Walker kämpft an vorderster Front der neueren Interpretation der spuilzie als rein deliktischem Anspruch. 283 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 129, Rn. 1. 284 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 166: „Simplicity is indeed one of the main attractions of the remedy“; gemeint ist hier, dass allein früherer Besitz und vitious Besitzentzug den Anspruch begründet.

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3. Teil: Schottland

Besitzposition geschützt oder muss der Besitz berechtigt sein? Kann sich nur die gestörte unmittelbare Besitzerin auf spuilzie berufen oder gilt der Rechtsschutz auch für die mittelbare Besitzerin? Grundsätzlich muss, wie bereits gezeigt, für ein Herausgabeverlangen stets ein Recht an der Sache gezeigt werden (sei es Eigentum oder ein anderes real right); „[s]ome right in the property must always be shown“.285 Während dies für vindicatory restitution unumstritten gilt, ist das Meinungsbild für spuilzie hier nicht einheitlich. Vorhandenes case law etwa ist bei der Frage, ob Besitz oder Recht zum Besitz erforderlich ist, geteilt.286 Nach MacQueen kann der Grund für die Unklarheit in dem (vermutlichen) Vorläufer der spuilzie verortet werden: für die so genannte brieve of dissasine scheint der Vortrag zu einem Besitzrecht notwendig gewesen zu sein.287 Das enge Verhältnis von Eigentum und Besitz in der Praxis und die Vermutungswirkung des Besitzes mögen ebenfalls hierzu beigetragen haben.288 Auch die Institutional Writers bringen nicht unbedingt Klärung. Zwar findet man Stellen, die dafür sprechen, dass jede Besitzposition, und zwar unabhängig von der Qualität (sei es berechtigt oder unberechtigt), geschützt wird. Stair etwa schreibt hierzu: „[i]n spuilzies the pursuer needs no other title but possession“.289 Von Sir James Balfour of Pittendreich erfahren wir, dass „[i]t is sufficient, in actiounis of spuilzie, to the persewer to preive the possession“.290 Doch man liest ebenfalls, dass lawful possession erforderlich ist. So schreibt Stair an anderer Stelle: „the pursuer need not prove an absolute right but a lawful possession“.291 Und von Erskine erfahren wir, „[t]he pursuer therefore in an action of spuilzie need prove no more, than that he was in the lawful possession of the subject libelled, which gives him a right to 285

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 117, Rn. 140. Für die Ansicht, dass bloßer Besitz ausreichend ist, siehe: Dundas v. Hog (1543) Mor. 14731 („In actions of spuilzie, the pursuer ought and should libel, that he was in possession of the lands or goods spuilzied the time of the spuilzie […].“); Janet Montgomery v. John Hamilton (1548) Mor. 14731 („In actions of spuilzie […], the pursuer ought and should libel possession […]; it is not requisite that he libel any title“); Lady Renton v. Her Son [1629] Mor. 14733 („spoliatus ante omnia restituendus est“); für die Ansicht, dass ein Besitzrecht erforderlich ist, siehe etwa: Robert Wishart v. The Laird of Arbuthnot [1573] Mor. 3605 („In actioun of ejectioun, the persewar aucht and sould libel possessioun with sum titil to the landis out of the quhilk he is ejectit […].“); Gib v. Hamilton [1583] Mor. 16080 („Lords found by interlocutor, that he had libelled possession, and his supervenient sasine; he had good action to pursue […].“); unentschieden in A v. B [1677] Mor. 14751 („The Lords debated among themselves […] and did not decide the case.“). 287 MacQueen, Common Law and Feudal Society in Medieval Scotland, S. 136 ff. 288 So etwa Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 162, Fn. 2; Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 134, Rn. 3.4. 289 Stair, Institutions, 1. 9. 17.; siehe auch Erskine, Institute, 4. 1. 15. 290 Balfour, Practicks II, S. 473, Rn. C.XXIX; siehe auch die Biographie in Walker, The Scottish Jurists, S. 33 ff. 291 Stair, Institutions, IV. iii. 47.; Bankton, Institute I, I. 10. 126. („The pursuer’s title, in an action of spuilzie, is Possession of the goods […].“). 286

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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be ante omnia restored to the possession; for the action is grounded on the plain principle, that no man is to be stripped of his possession but by the order of law“.292 Diese Unklarheit trägt sich in die Moderne und in der Tat berufen sich beide Ansichten zum Teil auf dieselben Fundstellen in den Werken der Institutional Writers. Die wohl herrschende Meinung293 scheint spuilzie als rein possessorischen Anspruch zu interpretieren, der grundsätzlich auch den unberechtigten Besitz schützt (aber: „[…] spuilzie is much more likely to be used by an owner against a thief than by a thief against an owner. The reasons are readily apparent. A thief who seeks judicial repossession from an owner on the ground of spuilzie will succeed, but his success will be shortlived.“294). Es wird jedoch auch vertreten, dass die gestörte Besitzerin für spuilzie eben „lawful entitlement to physical possession“ bzw. „lawful right of possession“ beweisen muss.295 Bis noch vor wenigen Jahren war man sich nicht einig, ob auch unmittelbarer Besitz aus einem vertraglichen Verhältnis eine spuilzie-Klage begründen kann; die Ansicht, dass vertraglicher Besitz nicht ausreicht, wird heute jedoch nicht mehr vertreten.296 Ein weiterer Streitpunkt ist die Frage, ob nur gestörte natural possession, also unmittelbarer Besitz, einen title to sue gibt, oder ob auch gestörte civil possession, mittelbarer Besitz, einen Anspruch in spuilzie eröffnet. Die 292

Erskine, Institute, IV. 1. 15. Anderson, Property, S. 38 ff., Rn. 3.26 ff.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 133 ff., Rn. 162 ff., m. w. N.; wohl auch Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 276 ff., Rn. 10.24 ff. (siehe aber S. 279, Rn. 10.26, wo die Autoren die Aktivlegitimation einer/s thief auszuschließen scheinen, obwohl sich diese Stelle auch aus praktischen Gesichtspunkten lesen lässt: „That the possession must be lawful, to avail the deprived holder of the remedy of spuilzie, excludes the position of a thief, or one otherwise aware of that his or her possession is tainted […]. As a practical matter, the issue of lawfulness of holding will only arise if it is raised by a contrary party.“); so wohl auch Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 130 ff., Rn. 134 ff., Rn. 3.4 ff. („It is generally accepted that spuilzie protects natural possession, probably regardless of the basis on which the thing is held.“). 294 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 166. 295 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1003; so auch Maher/Rodger, Civil Jurisdiction in the Scottish Courts, S. 300, Rn. 13.06: „Spuilzie is an action available to a person with a right of possession to property, movable or immovable, who lost possession in the absence of his consent or judicial authority. The purpose of the action is the return of the property or, where this cannot be done, to payment of money representing its value. Recovery of damages is usually also available.“ 296 Diese Ansicht wurde noch in der ersten Ausgabe von Carey Miller, Corporeal Moveables I, dort S. 220, Rn. 10.23 vertreten: „The circumstances of possession in respect of which the remedy is sought must be that of an owner; accordingly relief by way of spuilzie will not be available to one who holds on the basis of a contract – such as loan or hire – from which one would infer a continuing acknowledgement of the right of ownership of another. (FN: The formulation nec vi, nec clam, ,nec precario is simply a statement of this point. One who holds neither by force, not by stealth, nor on suffrance holds as owner‘)“; siehe hierzu Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 163; siehe auch Caterina, Concepts and remedies in the law of possession, in: Edinburgh Law Review (Vol. 8/2) 2004, 267; Carey Miller folgt nunmehr der herrschenden Meinung, siehe Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 278 ff., Rn. 10.26. 293

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3. Teil: Schottland

Störung unmittelbaren Besitzes (natural possession) eröffnet grundsätzlich immer einen Anspruch in spuilzie, und zwar „probably regardless of the basis on which the thing is held“.297 Die Frage der Aktivlegitimation der mittelbaren gestörten Besitzerin bleibt umstritten: „[t]hat spuilzie protects against the deprivation of possession is hardly in doubt; there is, however, dubity if not controversy as to the range of possessory interests protected over […] natural possession, that is the actual holding or control of a thing.“298 Die wohl herrschende Meinung scheint jedoch zu sein, dass grundsätzlich auch der mittelbaren Besitzerin die Berufung auf spuilzie möglich ist; dies gilt jedoch lediglich für den Herausgabeanspruch und nicht für den zusätzlichen Anspruch auf violent profits.299 Carey Miller hingegen spricht sich gegen die Aktivlegitimation durch gestörte civil possession aus, „spuilzie does not work in the context of a claim for interference with the possessory interest of a party other than the natural possessor“, denn „[i]t cannot work because a remote possessory interest claim must necessarily involve proof establishing the pursuer’s interest and demonstrating the loss. […] The claim would not be one for restoration of the status quo ante but a normal civil action.“300 Bei der Frage, ob auch der Besitzdienerin (custody) Aktivlegitimation zukommt, sind die Meinungen ebenfalls geteilt.301 b) Tatbestandliche Eingriffshandlung: vitious dispossession Wie das Merkmal der „verbotenen Eigenmacht“ in § 858 Abs. 1 BGB, erfordert spuilzie eine Störung des fremden Besitzes. In seiner traditionellen Form richtet sich der Tatbestand gegen eine vitious dispossession, also eine Besitzentziehung gegen 297 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 278 ff., Rn. 10.26; Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 134, Rn. 3.4; siehe auch Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134 ff., Rn. 163; Anderson, Property, S. 38 ff., Rn. 3.27 ff.; Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1002. 298 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 134, Rn. 4.1. 299 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 163, m. w. N.; Anderson, Property, S. 40, Rn. 3.29, m. w. N.; so wohl auch noch Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 279 ff., Rn. 10.26. 300 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 144, Rn. 5, und ausführlich: S. 134 ff., Rn. 4.1 ff.; Carey Miller verweist auf S. 144, Rn. 5 auch auf die Rolle der Eigentumsvermutung des (unmittelbaren) Besitzes für seine Argumentation: „This […] explains the need for spuilzie; it may also be a clue to the remedy’s limits.“ 301 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 163; für eine Gegenüberstellung von possession und custody siehe hier S. 108, Rn. 125, m. w. N.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 279, Rn. 10.26; anderer Ansicht Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1002 ff.; Stewart, Delict, S. 43 Rn. 3.13: „It is not even necessary for the pursuer to establish ownership of the property, so long as there is a right of possession or custody.“; ders., Reparation, S. 122, Rn. 6.1: „[…] it does not require legal possession as title to sue“.

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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den Willen der Besitzerin.302 Der Besitzentzug muss vitiously bzw. wrongfully erfolgen, wenn auch nicht unbedingt gewaltsam; es reicht, wenn die Sache ohne Einverständnis der früheren Besitzerin die Hände wechselt.303 Einverständnis auf Seiten der Besitzerin zum Besitzwechsel schließt damit grundsätzlich den Tatbestand aus;304 in der Regel wird aber der Einsatz von Gewalt nicht von der Einwilligung gedeckt sein, so dass diese Konstellation praktisch wenig relevant sein dürfte. Das (fehlende) Einverständnis der Besitzerin ist relevant für den Moment der dispossession; es ist grundsätzlich irrelevant, wenn das Einverständnis der Besitzerin erst zu einem späteren Zeitpunkt entfällt: „The absence of consent refers to the taking and not to the retaining, and a person who takes with consent but subsequently declines to yield up possession lawfully demanded – a hirer of a car, for example, who refuses to return it – is not a vitious possessor.“305 Spuilzie liegt auch dann nicht vor, wenn (trotz fehlendem Einverständnis der Besitzerin) die Sache „under lawful authority“ weggenommen wird, also etwa in der Zwangsvollstreckung.306 Auch die Eigentümerin der Sache kann die tatbestandliche Handlung in spuilzie begehen: „Spuilzie may, by the definition there given of it, be committed, not only by strangers, but even by the owner of the moveable goods carried off; because a right of property itself cannot justify the proprietor in assuming a power of judging in his own cause, or of turning one out of possession who had acquired it lawfully.“307 „Faustrecht“ ist auch in Schottland grundsätzlich unerwünscht: „private parties cannot right themselves, but, in order to avoid tumults and riots, must apply for redress to the judges or magistrates“.308 Hiervon gibt es aber Ausnahmen; neben dem Herausgabeanspruch aus spuilzie steht der gestörten Besitzerin grundsätzlich ein 302

So auch Reid, The Law of Property in Scotland, S. 135, Rn. 164, m. w. N.; Anderson, Property, S. 38 ff., Rn. 3.27 ff.; Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 131, Rn. 3.1: „Spuilzie is a remedy primarily for the recovery of possession lost through ,vitious‘ dispossession.“; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 276 ff., Rn. 10.24, m. w. N. 303 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 135, Rn. 164, m. w. N.; Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 131, Rn. 3.1: „unauthorised“, bzw. „without the consent of the dispossessed party“. 304 Anderson, Property, S. 40, Rn. 3.31, m. w. N.; nach Walker schließt good faith den Tatbestand aus, siehe Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1004, m. w. N. 305 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 135, Rn. 164, m. w. N., hat die Sache eine mittelbare und eine unmittelbare Besitzerin, scheint das Einverständnis der unmittelbaren Besitzerin hiernach ausreichend, aber auch notwendig zu sein, um den Tatbestand auszuschließen. 306 Anderson, Property, S. 41, Rn. 3.32, m. w. N.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 135, Rn. 164; Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 2004. 307 Erskine, Institute, IV. I. 15. 308 Bankton, Institute I, I. 10. 144.; Stair, Institutes, II. 1. 22.; Erskine, Institute, II. 1. 23. („the possessor against whom the violence is used, may also use force on his part to maintain his possession, in the same manner that he might in defence of his life“.).

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3. Teil: Schottland

Selbsthilferecht (self-help) zur Verfügung: „a person who has been forcibly dispossessed may himself use force, not only in defence of his property but in seeking its recovery where he has acted immediately and without delay“.309 Die Ausübung eines Selbsthilferechts erfüllt grundsätzlich den Tatbestand einer spuilzie.310 Die Ausübung eines (unverzüglichen) Selbsthilferechts (ähnlich zu § 859 BGB) schließt, unter Umständen, ebenfalls wiederum die Tatbestandsmäßigkeit einer vitious dispossession aus.311 Die Antwort auf die Frage, wieviel Zeit verstreichen kann, damit das Selbsthilferecht nicht selbst zu einer spuilzie-Handlung wird, ist nicht ganz eindeutig und das Kriterium immediately ist, wie das Merkmal der Unverzüglichkeit im deutschen Recht, offen für Interpretation und stark einzelfallabhängig.312 Man schaut hier etwa zum südafrikanischen Recht, das dem schottischen sehr ähnlich ist (auch Südafrika ist ein mixed legal system), erfährt aber nur, dass die Selbsthilfe forthwith zu erfolgen hat bzw. als immediate recovery.313 Auch bei solchen Besitzstörungen, die eben (noch) nicht zu einer dispossession führen (etwa Zerstörung der Sache) sind grundsätzlich (Schadensersatz-)Ansprüche möglich. Ob diese Ansprüche aber unter spuilzie fallen, ist umstritten. Modernes case law zu spuilzie scheint den Anspruch in einer allgemein-deliktischen Interpretation einzusetzen: „The few modern attempts to apply spuilzie as a remedy have not been concerned with restoration of vitious dispossession but rather with claims for loss arising from wrongful interference with a right to possession.“314 Diese Entwicklung wurde begrüßt insbesondere von Walker, der für eine deliktische Anwendung des spuilzie-Anspruchs für Schadensersatzverlangen plädiert.315 Diese Ausweitung des Tatbestands und die damit einhergehende Vermischung von possessorischem und deliktischem Rechtsschutz findet jedoch nicht überall Anklang.316 Die Debatte wird recht hitzig geführt.317 309 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 132, Rn. 160, m. w. N.; Anderson, Property, S. 41, Rn. 3.33, m. w. N.: „a possessor may use force to defend his or her possession and, if dispossessed, may act to recover possession as long as the delay is not too long“. 310 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 132, Rn. 160; S. 128 ff., Rn. 156. 311 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 162, Fn. 8, m. w. N.; Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1005, m. w. N. 312 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 128 ff., Rn. 156; S. 134, Rn. 163: „self-help for the recovery of property is justified only when it is used immediately after the initial act of dispossession“. 313 Hierzu siehe ausführlich Anderson, Property, S. 41, Rn. 3.33, m. w. N. 314 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 138, Rn. 4.3.1 und ausführliche Diskussion des case law auf den folgenden Seiten. 315 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1002 ff. 316 Siehe etwa Reid, The Law of Property in Scotland, S. 135, Rn. 164; Norrie, „The Intentional Delicts“, in: Reid/Zimmermann, A History of Private Law in Scotland, Zweiter Band, S. 491: „Such an analysis is misconceived in the absence of vitious dispossession.“; siehe auch James Gemmel and others v. Governor and Company of the Bank of Scotland, 1998 S.C.L.R. 144, S. 146: „I read Professor Walker’s treatment of spuilzie as extending to virtually any action

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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2. Anspruchsinhalt Anspruchsinhalt ist zunächst „the immediate return of his property“.318 Dieser Anspruch richtet sich zunächst ausschließlich gegen die Person, die auch die störende Handlung begangen hat, oder einen accomplice.319 Wird spuilzie an einer Sache begangen, so ist jeder Besitz hieran fehlerhaft. Nach dem vitium reale-Grundsatz kann also auch eine gutgläubige Folgeerwerberin von einem dispossessor kein Eigentum, keinen good title erwerben: „Spuilzie like theft attaches a vitium reale to goods concerned, so that they may be recovered from even bona fide purchasers.“320 Die Klägerin kann also grundsätzlich ihre Sache auch von einer gutgläubigen Dritterwerberin herausverlangen. Nach der wohl herrschenden Meinung steht das Herausgabeverlangen nach spuilzie gegenüber einer gutgläubigen Drittbesitzerin, die ja eben nicht die tatbestandliche Handlung begangen hat, nur der gestörten Eigentümerin der Sache zu;321 andernfalls würde dies „deny the innocent subsequent possessor’s protection through the presumption of ownership“.322 Der Anspruch gegen eine gutgläubige Folgebesitzerin nach einer spuilzie-Handlung ruht dann jedoch nicht mehr auf spuilzie, sondern auf vindicatory restitution.323 for the recovery of property and as having developed along with the law of theft, which no longer requires an unlawful taking. The institutional writers, however, all speak of unlawful taking. In my view, spuilzie has not developed in this way and whatever remedies may be available to persons whose property has been acquired by other people in ways other than unlawful taking, spuilzie is not one of them.“ 317 Siehe Insbesondere das Hin und Her zwischen Anderson und Stewart in der Scots Law Times: Anderson, Spuilzie today, in: Scots Law Times (News), 2008 (38), 257; Stewart, The alleged case of the spuilzied helicopter, in: Scots Law Times (News), 2009 (3), 13; und wieder Anderson, The alleged case of the spuilzied helicopter, a reply, in: Scots Law Times (News), 2009 (7), 31. 318 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 165; Anderson, Property, S. 39, Rn. 3.29, m. w. N. 319 Anderson, Property, S. 39, Rn. 3.28, m. w. N. 320 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1003, m. w. N.; Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 133 ff., Rn. 3.3. 321 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 133 ff., Rn. 3.3; Anderson, Property, S. 39, Rn. 3.28; anderer Ansicht wohl Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 165. 322 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 134, Rn. 3.3; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 282 ff., Rn. 10.28: „a deprived possessor – who, notwithstanding the presumption applying to the possession of a moveable, cannot establish a right of ownership – can only recover from his immediate dispossessor. Given that the basis of his claim is the wrongful act of dispossession, it follows that relief can only be available against the dispossessor and not any subsequent possessor, not involved in the act of dispossession“. 323 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G.

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3. Teil: Schottland

II. Wertersatz und violent profits Spuilzie umfasst sowohl den Primäranspruch auf Herausgabe (restitution) als auch Sekundär- und Nebenansprüche (reparation):324 „When a spuilzie is committed, action lies against the delinquent, not only for restoring to the former possessor the goods, or their value, but for all the profits he might have made of these goods had it not been for the spuilzie.“325 In dieser Zweiteilung ähnelt spuilzie dem bereits untersuchten Anspruch aus dem Eigentum (vindicatory restitution); es handelt sich auch hier um eine „bipartite remedy“,326 und diese „combines elements of restitution and reparation“.327 Ist die Herausgabe der Sache nicht mehr möglich, besteht also zunächst ein Anspruch auf Wertersatz.328 Das mutet (zumindest aus dem deutschen Recht kommend) ungewöhnlich an vor dem Hintergrund der auf den ersten Blick possessorischen Schutzrichtung des Anspruchs. Wie zum deutschen Recht gezeigt, gibt der Anspruch etwa aus § 861 BGB eben keinen über die Herausgabe hinausgehenden Anspruch auf Ersatz des Wertes. Spuilzie hingegen wird regelmäßig als allgemein-deliktischer Anspruch geprüft.329 Ein zusätzlicher Anspruch auf „damages […] to reflect the pursuer’s loss“330 soll ebenfalls bestehen, und zwar unabhängig davon, ob die Sache noch herausgegeben werden kann oder Wertersatz geschuldet ist: „[o]rdinary profits are the actual income lost due to the loss of possession“.331 Wie oben bei der vindicatory restitution gezeigt, berechtigt der „normale“ (also nicht vitiously erlangte) unberechtigte Besitz die Klägerin nur zum Ersatz von tatsächlich gezogenen Nutzungen und Früchte.332 Wird der Besitz aber van der Merwe, S. 134, Rn. 3.3: „When, however, possession has come to be with a subsequent party innocent of spuilzie, the presumption cannot be avoided and the claimant must show title and that the thing was lost or parted with in circumstances not consistent with a transfer of ownership.“ 324 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 284 ff., Rn. 10.29; Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 16, Rn. 19; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 165; Stewart, Reparation, S. 121 ff., Rn. 6 – 1 ff. 325 Erskine, Institute, III. 7. 16. 326 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 135, Rn. 4.1. 327 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 16, Rn. 19. 328 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 165; Anderson, Property, S. 39 ff., Rn. 3.29. 329 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 16, Rn. 19 („It is partly penal in that the pursuer can himself estimate the value of the property of which he was deprived, and claim ,violent profits‘, i. e. such profit as could have been made from the moveables by use of utmost industry.“). 330 Anderson, Property, S. 39, S. 3.29. 331 Anderson, Property, S. 39, S. 3.29. 332 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 138 ff., Rn. 169: „In the usual case of unlawful possession, the liability of the possessor is for ordinary profits only.“

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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vitiously gestört, die tatbestandliche Störungshandlung bei spuilzie, hat die besitzberechtigte Person unter Umständen auch einen Anspruch auf die so genannten violent profits. Die Höhe dieses „violent-profits add-on claim“333 wird in der Regel nach der Höhe der (hypothetisch) bestmöglichen Nutzungshöhe bestimmt („utmost industry“);334 sie sind „the greatest profits that the pursuer can prove he could have made“.335 Die Klägerin muss den „direct and immediate loss arising from the dispossession computed at the maximum possible level“ darlegen.336 Die Höhe der violent profits richtet sich also grundsätzlich nach dem Vortrag der klägerischen Partei.337 Wie bereits gezeigt, stehen nach herrschender Meinung jedoch nur der gestörten unmittelbaren Besitzerin violent profits zu,338 jedoch nicht, wenn die störende Person in der Tat Eigentümerin der Sache ist.339 Der ungewöhnliche Name rührt daher, dass violent profits eben nur im Falle einer „gewaltsamen“ (nicht autorisierten) Besitzstörung gegeben sind.340 In der Vergangenheit wurde vorgeschlagen, den Anspruch auf violent profits als bereicherungsrechtlichen Anspruch einzuordnen;341 dem wird jedoch der strafende („punitive“) Charakter der spuilzie entgegengehalten, der sich auch in der Berechnung der violent profits als hypothetisch maximalen Nutzungsersatz widerspiegelt (und nicht nur an der Bereicherung der Beklagten).342 Erklärungsbedürftig ist, warum der gestörte bloße Besitz (auch ohne Besitzrecht) neben den ordinary profits auch einen Anspruch auf die violent profits schafft, der Anspruch einer Eigentümerin (oder einer sonst besitzberechtigten 333

Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 132, Rn. 3.2. 334 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 138, Rn. 169, m. w. N. 335 Stair, Institutions, II. 9. 44. (wenn auch hier mit dem Zusatz: „in lands“); Anderson, Property, S. 39 ff., Rn. 3.29: „For land, this is normally measured as double the rental value of the property.“ 336 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 132, Rn. 3.2. 337 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1005, m. w. N.: „These are the highest profits the pursuer could have made from the subjects spuilzied, and are determined in the first place by the pursuer’s estimate made on his oath in litem. The pursuer’s oath is conclusive as to the quantities lost, but his valuation is subject to modification by the court.“ 338 Anderson, Property, S. 40, Rn. 3.29. 339 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 138, Rn. 169, m. w. N.: „Violent profits are not due in the […] case where the spuilzie was committed by the owner of the property or other rightful possessor.“ 340 Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1003, mit Verweis auf Erskine, Institute, III. 7. 16.: „These profits […] get the name of violent, because they are due in no other case than of violence or wrong.“ 341 Siehe etwa Blackie/Farlam, „Enrichment by Act of the Party Enriched“, in: Zimmermann et al., Mixed Legal Systems in Comparative Perspective, S. 487. 342 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 133, Rn. 3.2.

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3. Teil: Schottland

Person aus einem real right) jedoch auf die ordinary profits reduziert ist (wie bei vindicatory restitution). Hier zeigt sich erneut jedoch der präventive Charakter der spuilzie-Klage; der Anreiz von Selbsthilfe wird durch die potentiellen wesentlich höheren Schadensersatzsummen wesentlich reduziert: „Violent profits are so called, because they arise from violent attaining or retaining of possession, and are partly persecutory, partly penal.“343 Der „strafende“ Charakter der violent profits wird auch dadurch deutlich, dass die Klägerin keinen tatsächlich eingetretenen Schaden darlegen muss.344 Ein Anspruch auf violent profits ist jedoch dann ausgeschlossen, wenn die störende Person ein Eigentums- oder ein sonstiges Besitzrecht hat345 oder die Sache umgehend (in der Regel innerhalb von 24 Stunden) und unbeschädigt an die frühere Besitzerin zurückgegeben wurde.346 Eine weitere (für spuilzie in der Regel weniger relevant aufgrund des deliktischen Charakters der tatbestandlichen Handlung) Haftungseinschränkung liegt darin, dass violent profits nur von der bösgläubigen Besitzerin verlangt werden können.347 Die Frage, welche Ansprüche (wenn überhaupt) einer mittelbaren Besitzerin zustehen, begegnet uns auch in diesem zweiten Teil der spuilzie-Klage. Nach wohl herrschender Meinung steht der mittelbaren Besitzerin ein Anspruch auf die violent profits eben nicht zu; sie kann lediglich Herausgabe verlangen und gegebenenfalls ordinary profits.348 Die Versuche in der Vergangenheit, die spuilzie-Klage über die Konstellation des Entzugs des unmittelbaren Besitzes auszuweiten hin zu einem weiten allgemeinen Störungstatbestand, haben nicht zur Klärung beigetragen. Es wird kritisiert, dass diese Tendenz, die Nebenansprüche aus spuilzie in eine Art 343 Stair, Institutions, IV. 29. 2.; siehe auch Reid, The Law of Property in Scotland, S. 137, Rn. 167 („income calculated at a penal rate“); S. 138 ff., Rn. 169; so auch Bankton, Institute I, I. 10. 132. 344 Stewart, Reparation, S. 122, Rn. 6.1; Stewart, Delict, S. 43, Rn. 3.13: „Indeed the exciting thing about such a claim is that it means that the pursuer does not have to show the loss that would be required if the case were based on loss wrongfully caused.“ 345 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 138, Rn. 169; Anderson, Property, S. 40, Rn. 3.29. 346 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 165, mit Verweis etwa auf Stair, Institutions, I. 9. 23. („restitution of the goods within twenty-four hours, re integra, and is also elided by restitution of the goods, if they be accepted and kept by the pursuer.“), und Erskine, Institute, IV. 1. 15, („his voluntary restitution de recenti of the goods illegally carried off“); siehe auch Anderson, Property, S. 41, Rn. 3.34, m. w. N.; Stewart, Reparation, S. 122, Rn. 6.1: „If something is used and returned undamaged, many modern practitioners have grave difficulty in stating the claim.“; Walker, The Law of Delict in Scotland, S. 1004: „The action is excluded if the goods are restored, as good as when taken away, before action is brought, but not if only part be restored, or if the goods have been deteriorated, or are not restored with all profits, or if restoration is delayed.“; die Rückgabe schließt aber nicht einen Anspruch auf ordinary profits aus, Erskine, Institute, IV. 1. 15. 347 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 139, Rn. 171: „Good faith is a complete defence to a claim for violent profits and a partial defence to a claim for ordinary profits.“ 348 Anderson, Property, S. 40, Rn. 3.29, mit Verweis auf Stair, Institutions, IV. 28. 3.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 134, Rn. 163, m. w. N., etwa Stair, Institutions, I. 9. 26.; IV. 28. 3.

B. Spuilzie: Ansprüche und Rechte aus früherem Besitz

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allgemeinen Schadensersatzanspruch aus Eingriff (interference), auch in mittelbaren Besitz, umzudeuten, die Grenzen dieser „specialised remedy“349 noch weiter verwischt. Man solle sich stattdessen der anderen deliktischen Anspruchsgrundlagen bedienen.350

III. Zusammenfassung Wie auch der Anspruch aus vindicatory restitution scheint sich spuilzie noch nicht wesentlich von seinen historischen Wurzeln emanzipiert zu haben. Vorhandenes case law datiert zumeist auf vor den Einigungsvertrag mit England von 1707 und kann wohl guten Gewissens als veraltet eingestuft werden. Der Versuch, den Anspruch zu „modernisieren“, hat die alten Unklarheiten nicht beseitigt, sondern eher verstärkt. Das Problem scheint in der Zusammenführung von Primär-, Sekundär- und Nebenansprüchen unter einem einzigen Anspruch zu liegen; die Gewährung von Wertund Schadensersatz stellt auch die Einordnung als possessorischen Anspruch in Frage. Viele Einzelheiten bleiben unklar und dies hat dazu geführt, dass spuilzie heutzutage (trotz einiger Belebungsversuche mit Helikoptern)351 nicht besonders praxisrelevant ist. Nichtsdestotrotz (über-)lebt der Anspruch im modernen Recht weiter. Spuilzie, wenn es denn vorliegt, mag im Einzelfall beweisrechtlich einfacher sein als vindicatory restitution und bietet den Vorteil von interim-Besitz, etwa für die Zeit, in der um das Recht zum Besitz gestritten wird.352 Weil spuilzie grundsätzlich kein klägerisches Recht zum Besitz voraussetzt, ist der Anwendungsbereich weiter („possessory remedies […] regulate questions of possession without investigating questions of right“).353 Zwar steht spuilzie nicht nur einer Eigentümerin zur Verfügung, sondern auch der Besitzerin, grundsätzlich unabhängig von der Qualität des Besitzes; aber „spuilzie is much more likely to be used by an owner against a thief 349 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 144, Rn. 5 („Making spuilzie’s violent-profits aspect somehow the basis of a right to damages arising from interference with the interests of a civil possessor would be to extend its general scope to that of a specialized remedy.“); siehe aber auch Anderson, Spuilzie today, in: Scots Law Times (News), 2008 (38), 257 (260); zu einem weiteren Anwendungsbereich der spuilzie siehe auch Godfrey, Civil Justice in Renaissance Scotland, S. 246 ff. 350 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 145, Rn. 5: „That loss arising from interference with possessory interests should be open to potential redress is not denied, but this is a matter for the law of delict.“ 351 Anderson, Spuilzie today, in: Scots Law Times (News), 2008 (38), 257; Stewart, The alleged case of the spuilzied helicopter, in: Scots Law Times (News), 2009 (3), 13; und wieder Anderson, The alleged case of the spuilzied helicopter, a reply, in: Scots Law Times (News), 2009 (7), 31. 352 Siehe für einen Vergleich beider Ansprüche etwa Anderson, Property, S. 42 ff., Rn. 3.37 ff.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 166. 353 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 116 ff., Rn. 139.

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3. Teil: Schottland

than by a thief against an owner“.354 Ein Vorgehen über vindicatory restitution ist, für die Eigentümerin, mit Hinblick auf die endgültige Güterzuweisung jedoch oftmals vorzuziehen. Die Nähe von Eigentum und Besitz über die Eigentumsvermutung und die historisch gewachsene Unklarheit in Bezug auf den title to sue (man nehme nur Stairs spuilzie-Definition, „the taking away of moveables without consent of the owner or order of law“)355 führt dazu, dass spuilzie und vindicatory restitution oft nicht sauber getrennt nebeneinanderstehen; „the very fact that spuilzie is available to an owner – as possessor – may have tended towards an unjustified identification of spuilzie and restitution as tautologous terms“.356 Schwierig und die Einordnung erschwerend ist auch die bipartite Natur des Anspruchs, denn spuilzie umfasst sowohl einen Herausgabeanspruch als auch auch das Recht zur Selbsthilfe als auch Sekundäransprüche. Ein Blick zu der verwandten mandament van spolie im südafrikanischen Recht zeigt einen anderen, vielleicht einfacheren Weg: die mandament van spolie umfasst hier nur den Herausgabeanspruch „and no further compensatory aspect“.357 Vielleicht liegt hier einer der Gründe für den wesentlichen Unterschied in Praxisrelevanz zwischen den beiden Ansprüchen: während mandament of spolie ein aktives Leben führt, ist spuilzie so gut wie ausgestorben.358

354

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 136, Rn. 166. Stair, Institutions, I. ix. 16. 356 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 281, Rn. 10.27; ausführlich zu dieser „tendency to blur with restitution“, S. 280 ff., Rn. 10.27, m. w. N. 357 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 133, Rn. 3.2, mit Verweis auf Blackie/Farlam, „Enrichment by Act of the Party Enriched“, in: Zimmermann et al., Mixed Legal Systems in Comparative Perspective, S. 487: „In South African law the mandament van spolie is, and is only, a means of repossession of property taken without consent. Spuilzie, the equivalent doctrine in Scotland, extends also to a right to more than a reasonable sum (,violent profits‘) to represent the use by the person who dispossessed the possessor.“ 358 Siehe Reid/van der Merwe, „Property Law: Some Themes and Some Variations“, in Zimmermann et al., Mixed Legal Systems in Comparative Perspective, S. 658: „The most interesting comparative aspect of Scots and South African possession is the virtual disappearance of the remedy of spuilzie from Scots Law and the remarkable lease of life of its South African counterpart, the mandament of spolie.“; siehe auch Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 19, Rn. 24: „In the Roman Dutch law developed in South Africa the mandament van spolie, the counterpart of the Scottish action of spuilzie, has become the basis of protection of possession in modern law.“; siehe auch Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 128, Rn. 1, S. 145, Rn. 5, m. w. N. zu einschlägiger südafrikanischer Literatur. 355

C. Enrichment restitution: bereicherungsrechtliche Ansprüche

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C. Enrichment restitution: bereicherungsrechtliche Ansprüche Neben Ansprüchen aus dem Eigentum (wenn auch über den „Umweg“ der Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin) und solchen zum Schutz des Besitzes steht der Eigentümerin grundsätzlich auch das Bereicherungsrecht zur Verfügung. Die Frage nach Umfang (und sogar Existenz) eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs auf Herausgabe von Sachbesitz, im Sinne einer condictio possessionis, ist jedoch nicht einfach zu beantworten. Das Bereicherungsrecht in Schottland trägt zumeist die Bezeichnung unjustified enrichment (im Gegensatz zum englischen unjust enrichment), man findet jedoch auch die Begriffe restitution und (obwohl etwas veraltet) quasi-contract.359 Insbesondere der Begriff der restitution ist jedoch irreführend, denn, wie oben gezeigt wurde, wird auch der Vindikationsanspruch als restitution bezeichnet.360

I. „Confusion and ignorance“: Verhältnis zur vindicatory restitution Das Verhältnis von enrichment restitution und vindicatory restitution ist schwierig. Wie bereits gezeigt wurde, folgt der Anspruch gegen die unberechtigte Besitzerin einer Sache „from an obligation to make restitution rather than a right to recover property“.361 Die Betonung der Rückgabeverpflichtung zieht, wie oben 359 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 3, Rn. 1.1 ff.; Black in Stair Memorial Encyclopaedia, „Obligations“, Ziffer 44: „The term ,restitution‘ is sometimes used in a wider sense still, following English practice, as a synonym for the whole field of unjust enrichment. This last usage is a comparative novelty in Scotland, and it is suggested that ,unjust‘ or ,unjustified enrichment‘ is a more appropriate nomen juris in Scots law.“; zum unjustified enrichment siehe auch Hellwege, Rationalising the Scottish Law of Unjustified Enrichment, in: Stellenbosch Law Review (Vol. 11) 2000, 50; Hogg, Unjustified Enrichment in Scots Law twenty years on: where now? in: Restitution Law Review (Vol. 14/1) 2006, 1. 360 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 643, Rn. 24.22: „In Scots Law the term ,restitution‘ is used rather confusingly to describe two distinct remedies: (1) the claim of an owner to have something which remains his property restored to him (better referred to as ,vindication‘); (2) the claim of the pursuer that the defender has been unjustly enriched at his expense and should accordingly transfer ownership of some thing to the pursuer or compensate him for the defender’s enjoyment of the thing. The former claim is based on the pursuer’s real right in the property, while the second is based on a personal right of the pursuer against the defender.“; Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Erster Band, S. 37 ff., Rn. 1.89 ff.; Birks, Six Questions in Search of a Subject – Unjust Enrichment in a Crisis of Identity, in: The Juridical Review/The Law Journal of Scottish Universities, 1985, 227 (236 ff.); Reid, Unjustified enrichment and property law in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (168 ff.), Rn. 1.3; Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 108 ff., Rn. 2.106 ff. 361 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 227, Rn. 10.02.

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bereits ausgeführt, Schwierigkeiten nach sich, und zwar nicht nur in Bezug auf Umfang und Rechtsnatur des „Vindikationsanspruchs“; Stair liefert darüber hinaus nämlich keine offensichtliche Differenzierung in mögliche verschiedene Anspruchsgründe für die Herausgabeverpflichtung aus restitution: „To modern eyes, the most striking feature of Stair’s analysis is the way in which ,vindicatory restitution‘ (to invent a convenient term) lies undifferentiated alongside ,enrichment restitution‘.“362 Ob ein Anspruch letztendlich auf dem Eigentum der Klägerin ruht oder auf einer ungerechtfertigten Bereicherung der Beklagten, ist, traditionell, selten eindeutig; restitution ist ein „undifferentiated Scots concept“.363 Birks bemerkt hierzu: „The system adopted by Stair brought the condictio and the vindicatio, or perhaps more accurately the condictio and the Roman action preliminary to the vindicatio, namely the actio ad exhibendum, into close juxtaposition. This has profound implications for the relationship between the law of property and the law of obligations and also for the proper limits of the law of unjust enrichment/restitution.“364 Um beide Formen der restitution zu unterscheiden, verwendet Birks die Begriffe vindicatio principle and condictio principle.365 Von Reid stammen die hier verwendeten Begriffe der vindicatory restitution und enrichment restitution.366 Diese beiden Konzepte der restitution trennt letztlich nur der Ort, an dem sich das Eigentum befindet: hat die Klägerin (noch) Eigentum an der Sache, ist ihr Anspruch sachenrechtlich (vindicatory restitution bzw. vindicatio principle), hat die Beklagte neben der Sache auch Eigentum, so ist der Anspruch bereicherungsrechtlich (enrichment restitution bzw. condictio principle).367 Diese Unterscheidung ist, nach Stewart, „indisputable“.368 Für einen bereicherungsrechtlichen Anspruch (der Eigentümerin) auf Herausgabe des Sachbesitzes allein (also ohne gleichzeitig auch Rückübertra362 Reid, Unjustified enrichment und property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (169). 363 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109, Rn. 2.107. 364 Birks, Six Questions in Search of a Subject – Unjust Enrichment in a Crisis of Identity, in: The Juridical Review/The Law Journal of Scottish Universities, 1985, 227 (236 ff.). 365 Birks, Six Questions in Search of a Subject – Unjust Enrichment in a Crisis of Identity, in: The Juridical Review/The Law Journal of Scottish Universities, 1985, 227 (237). 366 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (168 ff., 169): „whereas vindicatory restitution arises out of the law of property, enrichment restitution arises out of the law of unjustified enrichment“. 367 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (169): „The essential point of distinction is the location of ownership. In vindicatory restitution ownership is in P; in enrichment restitution ownership is in D or, sometimes, in a third party. With the former P can vindicate his property from D precisely because it is his property, and D’s (personal) obligation to make restitution is no more that the counterpart of P’s real right to ownership. With the latter, D must yield up the property because if he did not do so he would be unjustifiably enriched at the expense of P. Another way of expressing the distinction is to say that, whereas vindicatory restitution arises out of the law of property, enrichment restitution arises out of the law of unjustified enrichment.“ 368 Stewart, The Law of Restitution in Scotland – Supplement, S. 29, Rn. 6.1.

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gung des Eigentums zu fordern; dies ist die condictio possessionis) bleibt hiernach wenig Raum. Wie schon in England werden hier, aus kontinentaleuropäischer Sicht, sachenrechtliche und bereicherungsrechtliche Ansprüche „vermischt“.369 Der Fokus auf die gewünschte Rechtsfolge restitution und die Verpflichtung der unberechtigten Besitzerin zur restitution haben dazu geführt, dass man sich traditionell eher wenig mit der Rechtsnatur des hierunter liegenden Anspruchs auseinandergesetzt hat. So schreibt Stewart: „Indeed, in that he [Anm.: gemeint ist hier Stair] focuses on remedies – ,restitution‘ and ,recompense‘ – there is a danger that an analysis in terms of causative events is obscured.“370 Die Scottish Law Commission fasst die schwierige Situation wie folgt zusammen: „Difficulties emerge in Scots law from the coexistence of quasi-contractual claims founded on the personal obligation of restitution with proprietary claims. The reason is that hidden in the undifferentiated Scots concept of restitution lies the important distinction between on the one hand specific restitution of ownership of moveables where ownership has been transferred (the role of the condictio indebiti in Roman law) and, on the other hand, vindication of the transferor’s title to ownership where physical possession but not ownership has been transferred (the role of the rei vindicatio in Roman law) coupled with specific restitution of physical possession of those moveables. The latter is a remedy to recover possession which in principle is ancillary to vindication of title.“371 Wie gezeigt wurde, ist zwar die Existenz eines „ownership claim“372 im Sinne einer vindicatio nicht umstritten, wenn auch unter dem Überbegriff der restitution nicht problemlos. Was vor dem Hintergrund des BGB keinerlei Erwähnung verdient, muss bei der Darstellung des schottischen Bereicherungsrechts jedoch klargestellt werden: „Thus the vindicatio is not an unjust enrichment remedy albeit in a sense of the word the pursuer obtains restitution.“373 Eine „combination of confusion and ignorance“, die Unsicherheit in Bezug auf Anspruchsgründe, sowie die Tatsache, dass restitution traditionell (und „at best“) als Fußnote des Vertragsrechts behandelt und unterrichtet wurde (daher auch die klassische Bezeichnung als quasi-contract), habe dazu geführt, dass auch heute noch restitution Fragen aufwirft, insbesondere an der Schnittstelle von Bereicherungs- und Sachenrecht.374 369

Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 7, Rn. 1.10. Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 3, Rn. 1.2. 371 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109. Die Scottish Law Commission unterscheidet hier dann auch zwischen „Condictio indebiti where ownership of moveables transferred“ (S. 112, Rn. 2.109) und „Restitution where possession but not ownership of moveables transferred“ (S. 113, Rn. 110). 372 Begriff aus Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 94, Rn. 6.5: „There would be no harm done, and perhaps a little good, of these claims were described as ownership claims.“ 373 Stewart, The Law of Restitution in Scotland – Supplement, S. 29, Rn. 6.1. 374 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 4, Rn. 1.3; Stewart, The Law of Restitution in Scotland – Supplement, S. 1, Rn. 1.3: „Confusion and ignorance. I use these strong words to describe the causes for the law of restitution being ill served in Scotland.“ Stewart, The 370

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Ein weiterer Grund für diese Unklarheiten mag darin gesehen werden, dass lange nicht ganz eindeutig war, ob transfer of ownership einem abstrakten oder einem kausalen Prinzip folgt, ob also für die Wirksamkeit des Verfügungsgeschäfts die Wirksamkeit des Verpflichtungsgeschäfts Voraussetzung ist.375 Dies betrifft die Frage, ob Eigentum unabhängig von der Wirksamkeit des zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts (abstract) übergeht oder mit dieser steht und fällt (causal). Die Unklarheit, die lange hierzu herrschte, machte die Wahl einer passenden Anspruchsgrundlage schwierig: wenn im case law Uneinigkeit dazu herrscht, wie Eigentum an beweglichen Sachen übergeht und ob die Fehlerhaftigkeit eines zugrundeliegendes Rechtsgeschäfts Auswirkungen auf die Eigentumsübertragung hat, so muss zwangsläufig folgen, dass nicht immer mit ausreichender Sicherheit gesagt werden kann, ob es sich um eine vindicatory restitution oder eine enrichment restitution handelt. Hinzu kommt der weite Anwendungsbereich des Begriffs der restitution. Aber: „[t]he doubt is concealed by the use of the action of delivery (normally in the sheriff court) to cover both the recovery of ownership, and the recovery of natural possession, of a thing transferred in error. Similarly the authorities on the obligation of restitution in specie do not distinguish between recovery of ownership or recovery of possession.“376

II. Besitz als Bereicherungsgegenstand? Die Feststellung, dass Ansprüche auf Sachherausgabe grundsätzlich dem Sachenrecht (vindicatory restitution) und eben nicht dem Bereicherungsrecht (enrichment restitution) zugeordnet werden, wirft die Frage auf, ob Besitz denn überhaupt Bereicherungsgegenstand sein kann. Auch wenn der Begriff in Rechtsprechung und Literatur nicht auftaucht, ist eine schottische condictio possessionis grundsätzlich denkbar? 1. Theorie Die Tatbestandsmerkmale eines Anspruchs in unjustified enrichment im modernen schottischen Recht sind: (1) eine Bereicherung auf Seiten der Bereicherungsschuldnerin (2) auf Kosten der Bereicherungsgläubigerin und (3) das Fehlen Law of Restitution in Scotland, S. 4, Rn. 1.3: „Restitution remains the Cinderella obligation, its well-endowed sisters, Contract and Delict, occupying centre stage.“ 375 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109, Rn. 2.107: „[…] a stable analysis of restitutionary obligations and actions or remedies may be difficult to achieve unless and until the controversial question is settled whether Scots law recognizes an abstract or causal theory of the transfer of ownership of moveable property.“ 376 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 125 ff., Rn. 2.122.

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eines Rechtsgrundes.377 Enrichment im Tatbestand der unjustified enrichment ist, ähnlich dem deutschen Bereicherungsmerkmal in §§ 812 ff. BGB, jeder wirtschaftliche Vorteil: „Enrichment is the receipt or acquisition of a benefit of economic worth, leading either to an increase in the person’s wealth or to the avoidance of loss of wealth.“378 Bereicherung ist also grundsätzlich jede Vermögensmehrung und umfasst damit insbesondere auch jede „addition of a new asset to a person’s wealth“.379 Denkbar ist hier grundsätzlich also sowohl Bereicherung über Eigentum als auch Bereicherung über Sachbesitz. Typische bereicherungsrechtliche Fälle sind jedoch solche, in denen Eigentum übergeht: „[…] an enrichment situation typically arises where the property rights have passed but the absence of justification for this produces an obligation to compensate“; Ansprüche aus dem Bereicherungsrecht werden traditionell also dann relevant, wenn Eigentum übergegangen ist, im Rahmen eines „possible claim by one who cannot recover property because the right to a thing has passed to another“.380 Hat die Bereicherungsgläubigerin nicht nur den Besitz, sondern auch ihren title (in der Regel Eigentum) verloren (also enrichment by title auf Seiten der Bereicherungsschuldnerin), stellt ein bereicherungsrechtlicher Anspruch ja sogar die einzige Möglichkeit dar, die Sache (Eigentum und Besitz) wieder zu erhalten; traditionell werden diese Ansprüche (mit den bereits erwähnten Abgrenzungsproblemen) als action of delivery und restitution litigiert.381 Theoretisch kann also auch für das schottische Recht unterschieden werden in enrichment by possession und enrichment by title: „In principle a distinction may be made between: (a) an action of restitution for recovery of ownership of property mistakenly transferred by P to D […] (a condictio indebiti in the strict Roman sense); (b) an action of restitution for recovery of natural possession where P mistakenly transferred natural possession not ownership to D (which may possibly be termed a condictio indebiti in Scots law) […]. These distinctions of principle are obscured by the fact that in all three cases, the form of action is a petitory action of delivery or restitution.“382 Dass der bloße Besitz (ohne gleichzeitig auch das Eigentum) als Bereicherung angesehen werden kann, hat aber zumindest die Scottish Law Commission bezweifelt: „Where a transfer does not have the effect of conveying ownership, it is doubtful whether it can 377 Dollar Land (Cumbernauld) Ltd. v. CIN Properties Ltd., 1998 S.C. (H.L.) 90, S. 99 (Lord Hope of Craighead): „that the pursuers must show that the defenders have been enriched at their expense, that there is no legal justification for the enrichment and that it would be equitable to compel the defenders to redress the enrichment“. Das Merkmal der equability gehört hier nicht zum Tatbestand, sondern bezeichnet eine defence und die Beklagte kann darlegen, warum die Herausgabe der Bereicherung inequitable wäre. Siehe hierzu Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 624, Rn. 24.01, m. w. N. 378 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 625, Rn. 24.02, m. w. N. 379 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 625, Rn. 24.02. 380 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 224, Rn. 10.01. 381 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109, Rn. 2.107. 382 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 111, Rn. 2.107.

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be said that the defender is enriched, because ex hypothesi he is not owner of the moveables. At best he is a bona fide possessor for a period (normally until decree), and it is by no means clear that mere possession can properly be said to enrich him.“383 Reid machte Mitte der 1990er Jahre als erster den Versuch, zwischen enrichment by title und enrichment by possession zu unterscheiden. Seine Darstellung beruht jedoch letztendlich auf der Annahme, dass diese Unterscheidung in der Praxis praktisch keine Auswirkung hat, „[t]he distinction between enrichment by possession and enrichment by title is often overlooked“, denn „the two enrichments often coincide“.384 Er verweist als Grund hierfür auf die traditionell (wenn auch nicht so sehr in der Privatrechtssystematik, so doch in der praktischen Rechtsanwendung) unsaubere Trennung von Eigentum und Besitz („moveable property is sometimes careless of the distinction between possession and title.“), insbesondere über die Eigentumsvermutung des Besitzes: „The potential for confusion is obvious […].“385 Diese Unterteilung der property enrichments, bereicherungsrechtliche Fälle, in denen ein körperlicher Gegenstand die Hände wechselt, in enrichment by possession und enrichment by title386 scheint, vor dem Hintergrund des kontinentaleuropäisch geprägten Eigentums- und Besitzverständnisses, folgerichtig. Dieser Bereich des schottischen Bereicherungsrechts ist jedoch sehr unterentwickelt und scheint sich im Wesentlichen in den hier zitierten Abhandlungen, inbesondere von Reid, zu erschöpfen.387 Einer der Gründe, warum das schottische Bereicherungsrecht (an dieser Stelle)388 nicht weiter ausgearbeitet ist, mag darin liegen, dass das Rechtsgebiet, wie auch in England, erst seit wenigen Jahren besteht. Das moderne schottische unjustified enrichment entstand insbesondere erst mit der 1998er Entscheidung Shilliday v. Smith.389 Die Ursprünge des modernen Bereicherungsrechts liegen in den so genannten „three R’s“: repetition, recompense und die bereits bekannte restitution. Was vor Shilliday v. Smith individuelle Anspruchsgründe waren, wird im modernen Recht 383 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 114, Rn. 2.110. 384 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (170 ff.); hierzu auch Stewart, The Law of Restitution in Scotland – Supplement, S. 29, Rn. 6.1. 385 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (170 ff.). 386 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (170 ff.) 387 Siehe hierzu Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (172): „[…] property enrichments are unchartered territory. Very little has been written about them, and there is almost no case law.“ 388 Siehe etwa Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 4, Rn. 1.07: „Even today, some of the details of unjustified enrichment are still not fully worked out. However, this is the case in all legal systems and not just Scots Law.“ 389 Shilliday v. Smith, 1998 S.C. 725.

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unter der Überschrift remedy und damit als Rechtsfolge behandelt. Repetition ist gerichtet auf die (Rück-)Zahlung von Geld, restitution auf die Herausgabe von (beweglichen) Sachen, aber gegebenenfalls auch Wertersatzzahlungen („where the pursuer‘s property has been consumed, destroyed or sold on“); recompense umfasst Ersatz für Nutzungen und sonstige profits („improvements, services and […] use of property […] will have to be valued and paid for.“).390 Ist der Tatbestand erfüllt (Bereicherung auf Kosten der Bereicherungsgläubigerin ohne Rechtsgrund), so folgt der Anspruchsinhalt aus den „three R’s“: „[…] repetition, restitution and recompense being only the remedies with which an enrichment, once found to be unjustified, may be reversed“.391 Diese remedies können beliebig kombiniert werden.392 Das Bereicherungsrecht nach Shilliday v. Smith und den beiden Folgeentscheidungen Morgan Guaranty Trust Company of New York v. Lothian Regional Council und Dollar Land (Cumbernauld) Ltd. v. CIN Properties Ltd.393 ruht also nicht mehr auf den drei causes of action der restitution, recompense und repetition, sondern auf einer an das deutsche Recht erinnernden unjustified enrichment-Basis und die „three R’s“ bezeichnen nunmehr Rechtsfolgen.394 Diese Entwicklung wird in der Regel begrüßt und der vor-moderne Status auch als „classificatory muddles into which Scots law had sunk“ bezeichnet.395 Lord Hope schreibt in Dollar Land (Cumbernauld) Ltd. v. CIN Properties Ltd.396 von einem „desire that the law of unjustified enrichment 390

Gloag and Henderson, The Law of Property, S. 642 ff., Rn. 24.22. Gloag and Henderson, The Law of Property, S. 624, Rn. 24.01. 392 Shilliday v. Smith, 1998 S.C. 725, S. 728 (Lord President Rodger): „So repetition, restitution and recompense are simply examples of remedies which the courts grant to reverse an unjust enrichment, depending on the way in which the particular enrichment has arisen […]. Often, of course, the situation will be complex and the pursuer will require a correspondingly sophisticated set of remedies to reverse the enrichment.“ 393 Morgan Guaranty Trust Company of New York v. Lothian Regional Council, 1995 S.C. 151 und Dollar Land (Cumbernauld) Ltd. v. CIN Properties Ltd., 1998 S.C. (H.L.) 90; MacQueen bezeichnet diese drei Entscheidungen als „the three great cases“, die die „three R’s“, die das alte Bereicherungsrecht prägten („restitution“, „recompense“ und „repetition“) verwarfen, MacQueen, The Sophistication of Unjustified Enrichment, in: Edinburgh Law Review (Vol. 20/ 3) 2016, 312 (319). 394 Evans-Jones, in: Bain et al., Essays in Private Law in Memory of Professor David Carey Miller, S. 324 ff., S. 328; Hogg, Continued uncertainty in the analysis of unjustified enrichment, in: Scots Law Times (Vol. 15) 2013, 111 (111): „[…] via these cases, the old actions of unjustified enrichment (the so called ,3 Rs‘ of repetition, restitution and recompense) were reformulated as remedies within a unified law of unjustified enrichment.“; aber siehe Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 625, Rn. 24.01, m. w. N.: „Recent judicial dicta which (following earlier authority) continue to be found on recompense as if it were still a cause of action with distinct requirements of liability are inconsistent with this new approach and must to that extent be treated as per incuriam.“ 395 Evans-Jones, in: Bain et al., Essays in Private Law in Memory of Professor David Carey Miller, S. 324 ff., S. 328; zur Entwicklungsgeschichte des schottischen Bereicherungsrechts siehe etwa Whitty, The Scottish Enrichment Revolution, in: The Scottish Law & Practice Quarterly (Vol. 6) 2001, 167 (169 ff.); Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Erster Band, S. 1 ff., Rn. 1.01 ff. und ders., Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 1 ff., Rn. 1.01 ff. 396 Dollar Land (Cumbernauld) Ltd. v. CIN Properties Ltd., 1998 S.C. (H.L.) 90. 391

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should develop in a uniform way, and a concern that if the law continues to express the remedies in terms of restitution, repetition and recompense it will inhibit that development. I sympathise with the desire and the law of unjustified enrichment should be unified in order to detach it from the confusing subdivisions which have arisen from its explanation in terms of quasi-contract.“397 In der Literatur ist man sich darüber hinaus (zusätzlich zum einheitlichen Rechtsgrund aus unjustified enrichment, „the unfamiliar ,general‘ civilian concept ,retention without legal ground‘“)398 grundsätzlich einig, dass das Bereicherungsrecht, wie im deutschen Recht, in Leistungs- und Nichtleistungskondiktion zu unterteilen ist. „Deliberate conferral“ steht neben „interference“ bzw. „all other“.399 Reid hat bereits in den frühen 1990er Jahren die Unterteilung in „enrichment by giving“ und „enrichment by taking“ gemacht.400 Trotz des akademischen Konsensus’ ist die „[…] organisation according to the ,manner‘ of the enrichment [is] still not recognized in the Scottish courts. However, it has been fully discussed in the Scottish academic literature for 20 years“.401 Interessant ist, dass die Entwicklung des schottischen unjustified enrichment maßgeblich von der Bewegung im englischen Recht angestoßen wurde, und zwar insbesondere durch den schon aus dem englischen Teil bekannten Peter Birks. „It is surely no accident that two of the earliest and most thought provoking articles, ,Restitution: AView of the Scots Law‘,402 and ,Six Questions in Search of a Subject – Unjust Enrichment in a Crisis of Identity‘,403 were written by an English lawyer (and Professor of Roman Law), Professor Peter Birks, for the current interest in unjust enrichment in Scotland owes much to the astonishing recent development – one might almost say discovery – of the subject by English lawyers.“404 Birks scheint 397

Dollar Land (Cumbernauld) Ltd. v. CIN Properties Ltd., 1998 S.C. (H.L.) 90, S. 98. Evans-Jones, in: Bain et al., Essays in Private Law in Memory of Professor David Carey Miller, S. 324 ff., S. 330. 399 Evans-Jones, in: Bain et al., Essays in Private Law in Memory of Professor David Carey Miller, S. 324 ff., S. 332 ff. (siehe hier auch für einen Vergleich mit dem deutschen Recht); Evans-Jones’ Standardwerke zum Bereicherungsrecht folgen dieser Einteilung: der Erste Band trägt den Titel „Enrichment by Deliberate Conferral: Condictio“, und der Zweite Band „Enrichment Aquired in any Other Manner“; Whitty, The Scottish Enrichment Revolution, in: The Scottish Law & Practice Quarterly (Vol. 6) 2001, 167 (189, m. w. N.); Hogg, Continued uncertainty in the analysis of unjustified enrichment, in: Scots Law Times (Vol. 15) 2013, 111; Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 623 ff., Rn. 24.01 ff. (transfer, imposition of enrichment und interference). 400 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (170 ff.). 401 Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 2, Rn. 1.01. 402 Birks, A View of the Scots Law, in: Current Legal Problems, Vol. 38, 1985, 57. 403 Birks, Six Questions in Search of a Subject – Unjust Enrichment in a Crisis of Identity, in: The Juridical Review/The Law Journal of Scottish Universities, 1985, 227. 404 Black, in: Stair Memorial Encyclopaedia, „Obligations“, Ziffer 10; auch Evans-Jones, in: Bain et al., Essays in Private Law in Memory of Professor David Carey Miller, S. 324 ff., 344: „When he held the Chair of Civil Law at the University of Edinburgh, Birks convinced the broad legal community in both England and Scotland of the importance of the ,new‘ subject ,unjustified enrichment‘. The ,revolution‘ in Scotland is a testament to the powerful personal 398

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damit sowohl in England als auch in Schottland am Beginn des Bereicherungsrechts bzw. des law of restitution zu stehen. Whitty bezeichnet die Entwicklung, die nach Birks folgte, als „enrichment revolution“.405 Viele Aspekte sind bis heute nur akademisch ausgearbeitet und (noch) nicht von case law untermauert. Das Problem eines so kleinen Rechtssystems wie Schottland ist, dass es oft kaum ausreichend case law produziert, um in dieser relativ kurzen Zeit seit 1998 die Details des neuen Bereicherungsrechts höchstrichterlich auszuloten.406 Dies gilt insbesondere auch für die Unterscheidung in Leistungs- und Nichtleistungskondiktion („[…] has never been adopted by the Scottish courts.“).407 Diese Unterschiedung bleibt damit bis heute eine vornehmlich akademische Erfindung. Die (noch) fehlende systematische Ausarbeitung des modernen Bereicherungsrechts und die Tatsache, dass die „alten“ Tatbestände („three R’s“) einfach „übernommen“ wurden, hat im Ergebnis dazu geführt, dass sich, in Bezug auf die hier relevante restitution, die alten Probleme der Einordnung als bereicherungsrechtlich oder sachenrechtlich nun auch im modernen Recht wiederfinden. Die diesbezüglichen Einordnungsprobleme haben sich in das moderne Recht getragen und (vielleicht auch wegen fehlendem praktischen Bedarf) erschweren so die Anerkennung der enrichment by possession bzw. condictio possessionis. 2. Praxis In der Praxis ist ein bereicherungsrechtlicher Anspruch der Eigentümerin auf Sachherausgabe (ohne gleichzeitige Eigentumsrückübertragung) selten; Konstellationen der enrichment by possession spielen für die enrichment restitution kaum eine Rolle, denn diese Sachverhalte werden grundsätzlich als sachenrechtlich und damit influence of Peter Birks notwithstanding that he first argued for the development of the law in a different direction [Anm.: und zwar in Richtung von einer Sammlung von unjust factors wie im englischen Recht] from that which has since been taken in Scotland.“ 405 Whitty, The Scottish Enrichment Revolution, in: The Scottish Law & Practice Quarterly (Vol. 6) 2001, 167. 406 MacQueen, The Sophistication of Unjustified Enrichment, in: Edinburgh Law Review (Vol. 20/3) 2016, 312 (319 ff.): „Relatively few enrichment cases since then [Anm.: gemeint sind die hier bereits zitierten ,three great cases‘ Shilliday v. Smith, Morgan Guaranty Trust Company of New York v. Lothian Regional Council und Dollar Land (Cumbernauld) Ltd. v. CIN Properties Ltd.] have found their way to the upper levels of the Scottish courts, so the lack of authoritative judicial endorsement of the academic position is perhaps not surprising; but it makes live difficult for judges in lower courts and those arguing the law before them.“; EvansJones, in: Bain et al., Essays in Private Law in Memory of Professor David Carey Miller, S. 332; Hogg, Continued uncertainty in the analysis of unjustified enrichment, in: Scots Law Times (Vol. 15) 2013, 111 (116): „[…] the enrichment revolution begun in the transformative decisions of the late 1990s remains incomplete. Part of what remains unsettled is the fundamental issue of how internally the law of unjustified enrichment ought to be divided up.“ 407 Hogg, Continued uncertainty in the analysis of unjustified enrichment, in: Scots Law Times (Vol. 15) 2013, 111 (112); MacQueen, The Sophistication of Unjustified Enrichment, in: Edinburgh Law Review (Vol. 20/3) 2016, 312 (319): „This consensus in the literature is not yet, however, reflected in the decisions of the courts […].“

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als vindicatory restitution eingeordnet.408 So auch Hogg: „If however A has not lost ownership of the thing, then strictly A is not exercising a personal right of unjustified enrichment. Rather he is vindicating his real right of ownership by demanding the return of the property which belongs to him. The difference between A’s saying, in the first case, ,You are in possession of something which belonged to me in circumstances where you can no longer justify retaining the thing. I am asserting my personal right of unjustified enrichment to compel you to restore ownership of the things to me‘ and saying, in the second case, ,You are in possession of something I own. I am asserting my right of ownership in it. Give it back to me.‘ The first claim appeals to a personal right, the second to a real right.“409 Wurde die Sache vitiously weggenommen, kommt neben der vindicatory action grundsätzlich auch ein Anspruch aus spuilzie in Betracht. Die Existenz vorrangiger (sachenrechtlicher) Herausgabeansprüche ist in sich kein Ausschlussgrund für bereicherungsrechtliche Ansprüche. In Mangel einer systematisch vollständigen Ausarbeitung des Rechts hingegen (etwa in Form eines schottischen civil code) entwickeln sich Ansprüche eben „nach Bedarf“ und „Scots law has shown little enthusiasm for enrichment remedies which merely duplicate existing remedies“.410 Reid schreibt hierzu: „The wide availability of other remedies for the restoration of possession appears to leave little scope for enrichment remedies. An enrichment remedy will be uniquely necessary only where (i) ownership is not in P and (ii) possession was given by P (or at least not taken by D) and (iii) the parties are not in a contractual or trust relationship. Of course, the existence of a suitable non-enrichment remedy does not of itself exclude the development of an enrichment remedy. We have seen that P may sometimes have a choice of remedy for the restoration of possession.“411 Die Unterscheidung in sachenrechtliche Herausgabeansprüche und bereicherungsrechtliche Ansprüche (auf Besitzherausgabe sowie Eigentumsübertragung) spielt traditionell in der Praxis kaum eine Rolle: „In practice the difficulties are avoided by subsuming the following doctrinally different causes of action under the undifferentiated concept of restitution and under the undifferentiated form of action of delivery, namely (a) actions to recover ownership of moveables and action to recover natural possession of moveables and (b) actions based on the right of a lawful possessor to vindicate and recover possession and actions based on the condictio indebiti.“412 Hier zeigt sich 408

Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109, Rn. 2.107. 409 Hogg, Obligations, S. 21, Rn. 1.43. 410 Reid, Unjustified enrichment und property, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (192); auch die Scottish Law Commission geht nicht weiter auf etwaige zusätzliche bereicherungsrechtliche Ansprüche der Noch-Eigentümerin ein, siehe Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 111, Rn. 2.107. 411 Reid, Unjustified enrichment und property, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (191 ff.). 412 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109, Rn. 2.107.

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eindrücklich die traditionelle Präferenz des schottischen Rechts für eine Klassifizierung von der Rechtsfolgenseite (dem gewünschten Ergebnis der restitution) her, und eben nicht von der tatbestandlichen Seite (cause of action).413 Auch haben die Zweifel über die Frage, ob Schottland einem abstract oder causal System der Eigentumsübertragung folgt, sowie die Verwendung des übergreifenden Prinzips der restitution (und action of delivery) dazu beigetragen, dass existierendes case law nicht als verlässliche Quelle angesehen werden kann: „Similarly, the authorities on the obligation of restitution in specie do not distinguish between recovery of ownership or recovery of possession.“414 In einem bereicherungsrechtlichen Kontext sind also all jene Fälle problematisch, die im deutschen Recht von einer condictio possessionis erfasst würden, nämlich jene, in denen die Klägerin noch Eigentum an der Sache hat, also nur ihren Besitz verloren hat. Diese Fälle werden traditionell sachenrechtlich eingestuft. Verliert die Klägerin ihr Eigentum (oder hatte sie gar von Anfang an kein Eigentum), so steht die bereicherungsrechtliche Variante der restitution zur Verfügung.415 So Stewart: „Thus it can be stated with some confidence that if property in a thing has not passed to the other party then the proprietary claim can be made against the other for recovery of the thing. This is not strictly speaking restitutionary, being an incident of the law of property.“416 Sachverhalte, die den bloßen Sachbesitz zum (Bereicherungs-)Gegenstand haben, spielen in bereicherungsrechtlicher Literatur und case law traditionell also kaum eine Rolle; sie sind sachenrechtlich. Grundsätzlich sind auch Fälle denkbar, in denen die Schuldnerin mit Sachbesitz bereichert ist, die Gläubigerin aber, anders als in den vindicatio-Fällen, selbst auch kein Eigentum hat; es werden hierzu ganze zwei, in der Regel bereicherungsrechtlich interpretierte Gerichtsentscheidungen aufgeführt.417 Im Ergebnis kann also festgehalten werden, dass das schottische Recht zwar in der Theorie einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des Besitzes anerkennt (also die condictio possessionis im deutschen 413 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109 ff., Rn. 2.107: „The present system of classification by conclusion (remedy)“, begründet von den Institutional Writers. 414 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 125, Rn. 2.122. 415 Siehe aber auch Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (192): „In such cases [Anm.: gemeint sind hier Fälle des enrichment by title] possession follows title: P can reclaim the former only after he has reclaimed the latter. Strictly, therefore, his claim to possession is vindicatory in nature. In practice, of course, the two claims can be combined in a single action, and indeed in the case of corporeal moveables the return of title requires the return of possession.“ 416 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 116, Rn. 6.41. 417 Pride v. Saint Anne’s Bleaching Company (1838) 16 S. 1376 und The Caledonian Railway Company v. John Harrison & Company (1879) 7 R. 151; für eine Diskussion dieser Fälle siehe Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (192 ff.) und Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 118, Rn. 2.115.

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Recht); dieser Anspruch ist jedoch für die Bereicherungsgläubigerin, die gleichzeitig (noch) Eigentümerin der Sache ist, praktisch wenig relevant. Es darf auch bezweifelt werden, ob sich ein solcher bereicherungsrechtlicher Anspruch, vor dem Hintergrund der restitution, überhaupt entwickeln konnte. Die Rechtslage ist nicht immer eindeutig und insbesondere die traditionell in der Praxis eher vernachlässigte saubere Trennung der Konzepte Eigentum und Besitz führt zu Schwierigkeiten: „the distinction, clear in theory, becomes blurred in practice. […] As it happens, moveable property is sometimes careless of the distinction between possession and title. The possessor of moveables is presumed to be their owner, and at common law ownership of moveables is transferred by the transfer of their possession. The potential for confusion is obvious […]“.418

III. Anspruchsinhalt Der bereicherungsrechtliche Anspruch richtet sich auf Umkehr einer unjustified Bereicherung und in Bezug auf körperliche Gegenstände damit zunächst grundsätzlich entweder auf Rückübertragung des Eigentums (in den Fällen des enrichment by title) oder bloße Besitzherausgabe (in den Fällen des enrichment by possession).419 Die Einzelheiten der beiden Fallgruppen sind aufgrund der vielen Unklarheiten in diesem Bereich des schottischen Bereicherungsrechts nicht immer eindeutig. Der Anspruchsinhalt bestimmt sich vorrangig danach, ob die Bereicherungsschuldnerin gutgläubig (good faith) oder bösgläubig (bad faith) war. Zwar herrscht Einigkeit in der modernen Rechtswissenschaft (wenn auch noch nicht höchstrichterlich bestätigt) in Bezug auf die Einteilung in Leistung- und Nichtleistungskondiktion. Diese Entwicklung ist jedoch sehr jung und der überwiegende Teil von Literatur und case law zu den Sekundäransprüchen folgt noch der Unterscheidung in good faith und bad faith. Interessant ist an dieser Stelle auch, dass die Quellen, auf die man sich für die Bestimmung des Anspruchsinhalts der enrichment restitution stützt in großem Umfang auch jene Quellen sind, die bei der vindicatory restitution zitiert werden. Hier zeigt sich erneut die gemeinsame „Kinderstube“ beider Ansprüche. Ist die Bereicherungsschuldnerin in good faith, schuldet sie Herausgabe der Sache (oder Eigentumsrückübertragung, ja nach Fallgruppe), und zwar „in the state in which it is at the time when the demand for restitution is made“.420 Kann die gutgläubige Bereicherungsschuldnerin die Sache nicht mehr herausgeben, etwa weil sie sie veräußert hat, schuldet sie grundsätzlich auch keinen Wertersatz;421 die Überlegung ist 418 Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (172). 419 Hierzu ausführlich Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 623 ff., Rn. 24.01 ff. 420 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 631, Rn. 24.10 und S. 640, Rn. 24.20; siehe auch Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (180) zur Berechnung der Höhe des Wertersatzes. 421 Hume, Lectures III, S. 234.

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hier wohl, dass sich die Klägerin die Sache dann von der neuen Besitzerin wiederholen kann (über die vindicatory restitution).422 Eine Wertersatzpflicht scheint aber dann zu bestehen, wenn die Bereicherungsschuldnerin die fremde Sache zerstört423 oder gesetzlich Eigentum an ihr erwirbt.424 Die bösgläubige Bereicherungsschuldnerin schuldet sowohl Herausgabe als auch Wertersatz im Falle der Unmöglichkeit.425 Im Falle der mala fide-Bereicherung erstreckt sich die herauszugebende Bereicherung grundsätzlich auch auf Nutzungsersatz: „Where the defender uses the pursuer’s property in the knowledge that the pursuer does not intend to give him the use gratuitously, the defender is liable to pay a reasonable sum for it.“426 Es muss weiterhin auch Wertersatz für etwaig verbrauchte Früchte der Sache geleistet werden.427 Die gutgläubige Bereicherungsschuldnerin scheint hier erneut privilegiert.428 Die Frage, die sich im deutschen Recht bei der condictio possessionis stellt, was nämlich bei Unmöglichkeit der Herausgabe als verbleibender Wert des bloßen Sachbesitzes angesehen werden kann (wenn die Bereicherungsgläubigerin eben nicht gleichzeitig auch Eigentümerin ist), sucht man in dieser Form vergeblich in der schottischen bereicherungsrechtlichen Literatur. Dies folgt aus dem traditionellen Fokus des Bereicherungsrechts auf die enrichment by title-Fälle: hier hat die Bereicherungsgläubigerin ja stets (ein Recht auf) Eigentum und kann so den Substanzwert verlangen. Ist aber enrichment by possession gegeben, folgt der Anspruch regelmäßig bereits aus vindicatory restitution. Dies erklärt die lückenhafte Ausarbeitung in Literatur und case law. Fälle, in denen die Bereicherungsgläubigern Sachbesitz herausverlangt und aber selbst kein Eigentumsrecht hat, sind selten. Hierzu sind nur zwei Gerichtsentscheidungen bekannt: die oben bereits zitierten Entscheidung Caledonian Railway Company v. John Harrison & Company429 und Pride v. Saint Anne’s Bleaching Company.430 In beiden Fällen war die klägerische Partei gerade nicht Eigentümerin der Sachen, die versehentlich an die Beklagte 422 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640, Rn. 24.20, m. w. N., etwa Faulds v. Townsend (1861) 23 D. 437; International Banking Corp v. Ferguson, Shaw & Sons, 1910, S.C. 182. 423 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640, Rn. 24.20, m. w. N. 424 International Banking Corp v. Ferguson, Shaw & Sons, 1910 S.C. 182. 425 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 641, Rn. 24.20, mit Verweis etwa auf Stair, Institutions, I. 7. 13.; Faulds v. Townsend (1861) 23 D. 437. 426 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640, Rn. 24.20, m. w. N. 427 Stair, Institutions, I. 7. 13.; Erskine, Institute, II. 1. 26.; Hume, Lectures III, 240 („He is farther made to accompt for the whole fruits, natural, industrial, or civil, which he has already raised and consumed, though, the time of accompting, he should not truly be richer for them, but only have lived the better by means of them in time past. Such a reimbursement may no doubt be his ruin; but then ,tis the fruit only of his own fraud, and is a necessary reparation of the other party; so that law cannot make any account of it as a hardship.“). 428 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 640, Rn. 24.20, m. w. N., etwa auf Stair, Institutions, I. 7. 11.; Erskine, Institute, II. 1. 25.; Hume, Lectures III, S. 240 ff. 429 The Caledonian Railway Company v. John Harrison & Company (1879) 7 R. 151. 430 Pride v. Saint Anne’s Bleaching Company (1838) 16, S. 1376

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3. Teil: Schottland

geliefert und dann herausverlangt wurden. In beiden Fällen wurde auf Ersatz des Sachwertes entscheiden. Beide Entscheidungen diskutieren die Anspruchsgrundlage nicht näher, werden aber heute als bereicherungsrechtlich eingestuft.431 Ob diese zwei Fälle aus dem 19. Jahrhundert ausreichen, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass auch bloßer (berechtigter) Besitz zum Ersatz des Substanzwertes berechtigt, erscheint fraglich. Ob darüber hinaus auch die unberechtigte ehemalige Besitzerin die Sache über das Bereicherungsrecht herausverlangen kann, ergibt sich aus dem vorhandenen case law nicht. Die Grenze der Bereicherungshaftung ist auch im schottischen Recht grundsätzlich die Entreicherung (defence of loss of enrichment oder change of position); auf Entreicherung kann sich jedoch grundsätzlich nur die gutgläubige Bereicherungsschuldnerin berufen.432

IV. Zusammenfassung Das schottische Recht erlaubt die Herausgabe einer (beweglichen) Sache grundsätzlich in drei Fällen, „property can be recovered from another person on three identifiable grounds: (1) as a punishment or reparation for his having wrongfully obtained it; (2) because it still, as a matter of the law of property, belongs to the pursuer; and (3) because the item, although it belongs in the law of property to the defender, should be made over to the pursuer“.433 Der erste Fall bezieht sich auf spuilzie, der zweite auf die vindicatory restitution und der dritte auf die enrichment restitution (allerdings eben nicht im Rahmen einer condictio possessionis). Über Jahrhunderte wurde den Einzelheiten der restitution, insbesondere in Bezug auf Anspruchsgründe, kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Unter dem undifferenzierten Konzept der restitution und der undifferenzierten Klageform action of delivery verstecken sich nicht nur bereicherungsrechtliche, sondern auch sachenrechtliche Ansprüche, und zwar sowohl auf Herausgabe der Sache als auch auf (Rück-) Übertragung des Eigentums, gegebenenfalls mit Sachherausgabe; die Rechtsnatur des zugrundeliegenden Anspruchs ist somit praktisch irrelevant. Die action of delivery hat damit keinen Bedarf geschaffen, sich ausführlich mit Fällen, die in Deutschland unter condictio possessionis fallen, zu beschäftigen. So kann dann auch bei den oftmals ohne ausführliche Begründung abgedruckten Gerichtsurteilen nicht mehr festgestellt werden, ob der Anspruchsgrund sachenrechtlicher oder bereicherungsrechtlicher Natur war. Problematisch ist in diesem Zusammenhang auch, dass 431 Siehe zu beiden Entscheidungen ausführlich Reid, Unjustified enrichment and property law, in: Juridical Review: The Law Journal of the Scottish Universities, 1994, 167 (192 ff.) und Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 118, Rn. 2.115; Anderson, Recovery of goods by a non-owner, in: Scots Law Times (Vol. 22) 2016, 117. 432 Siehe etwa Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 93 ff., Rn. 4.106 ff. 433 Stewart, The Casebook on Delict, S. 122, Rn. 6.2.1.

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nicht ganz klar ist, wann Eigentum an beweglichen Sachen übergeht und ob die Eigentumsübertragung ein fehlerhaftes Rechtsgeschäft „übersteht“. Dies wäre aber wichtig für die Beantwortung der Frage, ob ein sachenrechtlicher oder bereicherungsrechtlicher Anspruch in Frage kommt. Bereicherungsrechtliche Literatur und case law kümmern sich wenig um enrichment by possession, sondern vorrangig um jene Fälle, in denen auch und insbesondere das Eigentum Bereicherungsgegenstand ist (enrichment by title).

D. Reichweite des Schutzes Wie weit der Rechtsschutz reicht, der der Eigentümerin einer beweglichen Sache zur Verfügung steht, lässt sich auch für das schottische Recht anhand von drei Komponenten feststellen. Die inhaltliche Reichweite wird durch die Ausgestaltung der zur Verfügung stehenden Herausgabe- und Ersatzansprüche bestimmt. Die zeitliche Reichweite erfasst die Frage nach Verjährungs- und Ausschlussfristen. Die Frage nach der Insolvenzfestigkeit prüft, was von den Ansprüchen übrigbleibt, sollte die Anspruchsgegnerin insolvent werden.

I. Inhaltliche Reichweite Das schottische Recht begegnet dem „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“, der Besitzvorenthaltung gegenüber der Berechtigten, mit einem ähnlich zweistufigen System wie das deutsche Recht. Die Sache soll zunächst in specie herausgegeben werden. Erst wenn das nicht möglich ist, kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, anstelle der Sache Ersatz in Geld gefordert werden. Hier zeigt sich die Nähe Schottlands zum civil law. Das englische Recht (genauer das common law) dreht diese Abfolge hingegen um. Sachherausgabe in specie ist dort grundsätzlich nur in Ausnahmefällen vorgesehen (eben in equity). Die Rechtsposition der Eigentümerin wird in Schottland vorrangig über die petitorische restitution geschützt, sei es in der Form der vindicatory restitution oder der enrichment restitution. Possessorischer Besitzschutz über spuilzie ist grundsätzlich möglich, wenngleich dieser Anspruch heutzutage jedoch ein Schattendasein führt. Sowohl restitution als auch spuilzie geben zunächst einen Anspruch auf delivery der Sache, gefolgt von Wertersatzansprüchen und etwaigen, an das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis erinnernden, Nebenansprüchen. 1. Ansprüche aus vindicatory restitution Der sachenrechtliche Eigentumsschutz über die vindicatory restitution richtet sich zunächst auf Herausgabe der Sache. Der Anspruch wird über die action of

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3. Teil: Schottland

delivery durchgesetzt. Wird die Herausgabe unmöglich, so hat die Eigentümerin grundsätzlich einen Anspruch auf Wertersatz (surrogate vindicatio), sowie auf gezogene Nutzungen. Anders als etwa der Herausgabeanspruch des § 985 BGB ist der Anspruch aus vindicatory restitution nicht primär Rechtsverwirklichungsanspruch, sondern folgt aus der Herausgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin. Der Fokus ruht auf der real obligation der Besitzerin ohne Recht zum Besitz, die Sache an die Eigentümerin herauszugeben, und weniger auf der Verwirklichung des Eigentumsrechts. Weil Stair der Herausgabeanspruch aus dem Eigentum (die vindicatio-Klage) zu passiv war („[…] yea, the conclusion of delivery doth not properly arise from vindication, which concludes no such obligation to the haver, but only to be passive, and not to hinder the proprietor to take possession of his own […].“),434 richtet sich der schottische Anspruch auf delivery, also auf die tatsächliche Übergabe oder Aushändigung an die Berechtigte. Dies ist weit mehr als die bloße „Auskehrung“, die das deutsche Recht verlangt. Das schottische Recht geht damit einen Schritt weiter als das BGB, trotz der nahezu identischen Tatbestandsvoraussetzungen. Auf subjektive Merkmale kommt es für den Herausgabeanspruch nicht an; insbesondere ist der gute Glaube an die eigene Berechtigung irrelevant (es sei denn, die Besitzerin erwirbt tatsächlich bona fide Sacheigentum; damit entfällt aber dann auch der gesamte Anspruch). Der Fokus auf die real obligation der unberechtigten Besitzerin ist das Bindeglied zwischen Primär- und Sekundäranspruch in der restitution selbst: ist die Herausgabe in specie nicht möglich, etwa weil die Sache untergegangen ist oder aus einem anderen Grund nicht herausgegeben werden kann, so besteht der Anspruch weiter, jedoch nun gerichtet auf Wertersatz (surrogate vindicatio); „[…] a power in the owner to demand it, not only when it is in the possession of the haver, but if he hath fraudfully put it away […]“.435 Der Wegfall des Herausgabeanspruchs „,reveals‘ the claim in personam with which it is concurrent“.436 Hierin besteht ein wesentlicher Unterschied zum deutschen Recht, das Primär- und Sekundäransprüche „trennt“ und in § 985 BGB bzw. in den Normen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses verortet. Die real obligation der unberechtigten Besitzerin besteht bei Unmöglichkeit der Herausgabe weiter, und zwar über die fictio iuris,437 dass die Beklagte noch im Besitz der Sache sei. Die „Neutralität“ des Herausgabeanspruchs überträgt sich jedoch nicht in den Sekundäranspruch. Die subjektiven Elemente, die beim Primäranspruch irrelevant waren, spielen für den Sekundäranspruch nun eine wesentliche Rolle. Grundsätzlich schuldet nämlich nur die bösgläubige (oder verklagte) Besitzerin Wertersatz. Der Wertersatzanspruch ist gerichtet auf den objektiven Verkehrswert

434 435 436 437

Stair, Institutions, IV. iii. 45. Stair, Institutions, I. 7. 1. Evans-Jones, Unjustified Enrichment, Zweiter Band, S. 72, Rn. 4.36. Stair, Institutions, I. 7. 2.

D. Reichweite des Schutzes

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der Sache. Etwaige Nutzungen und sonstige profits müssen herausgegeben werden, insoweit sie nicht in gutem Glauben an die Besitzberechtigung gezogen wurden. 2. Ansprüche aus spuilzie Die Sache kann unter Umständen auch über die possessorische spuilzie-Klage herausgefordert werden. Der Anspruch richtet sich auch hier zunächst auf Sachherausgabe und, wenn das nicht (mehr) möglich ist, auf Wertersatz. Ob zum vollen Wertersatz die Klägerin nicht nur frühere Besitzerin, sondern auch Eigentümerin oder doch zumindest berechtigte Besitzerin gewesen sein muss, ist nicht ganz eindeutig. Die traditionelle Nähe von Eigentum und Besitz (insbesondere über die presumption of ownership) hat in der Vergangenheit zu etwas Verwirrung bezüglich der Aktivlegitimation als title to sue geführt. In der Folge hat spuilzie eine „tendency to blur with restitution“.438 Auch die Institutional Writers tragen nicht gerade zur Klärung bei; so schreibt etwa Stair: „Spuilzie […] is the taking away of moveables without consent of the owner or order of law […].“439 Aus diesem Grund kann nicht eindeutig festgestellt werden, ob der Wertersatzanspruch auch aus dem bloßen (sogar unberechtigten) Besitz folgt. Diese Unklarheit ist für vorliegende Zwecke, die Darstellung der remedies der Eigentümerin, jedoch nicht von Belang, denn diese ist stets aktivlegitimiert. Neben dem Herausgabe- oder Wertersatzanspruch kann grundsätzlich auch ein Anspruch auf violent profits geltend gemacht werden. Bei der Berechnung der violent profits als hypothetisch maximalen Nutzungsersatz zeigt sich der strafende (punitive) Charakter der spuilzie-Klage. 3. Ansprüche aus enrichment restitution Die Eigentümerin einer Sache kann sich grundsätzlich auch dem Bereicherungsrecht bedienen, um ihre Sache (oder den Wert) und etwaige sonstige Bereicherungen herauszuverlangen. Die enrichment restitution an beweglichen Sachen lässt sich jedoch nur mit Mühen von der vindicatory restitution trennen. Dies liegt insbesondere begründet in der gemeinsamen „Kinderstube“ beider Ansprüche in Stairs naturrechtlich begründeter Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin und dem über Jahrhunderte undifferenzierten Sprachgebrauch (restitution und action of delivery als Überbegriffe). Dies ist interessant, denn, wie gezeigt wurde, ruht auch die vindicatory restitution, zumindest in Stairs Modell, auf der, untechnisch gesprochen „unberechtigten Bereicherung“ der Anspruchsgegnerin, nämlich dem unberechtigten Besitz und der hieraus entspringenden Herausgabeverpflichtung. Ausgangspunkt ist hiernach eben nicht (zumindest nicht unmittelbar) 438

Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 280 ff., Rn. 10.27. Stair, Institutions, I. ix. 16. (Hervorhebung durch Autorin); Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 281, Rn. 10.27: „[…] the very fact that spuilzie is available to an owner – as possessor – may have tended towards an unjustified identification of spuilzie and restitution as tautologous terms.“ 439

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3. Teil: Schottland

das gestörte Eigentum. Diese „Bereicherung“ muss jedoch sachenrechtlich interpretiert werden; der bereicherungsrechtliche (Herausgabe-)Anspruch der Eigentümerin ist unterentwickelt. Grundsätzlich richtet sich der Anspruch zunächst aber auf Herausgabe in specie; bezüglich etwaiger Nebenansprüche kann auf die Ausführungen zur vindicatory restitution verwiesen werden.

II. Zeitliche Reichweite Verjährungsfragen regelt in Schottland vornehmlich der Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973.440 Dieser fasst die bis zu seinem Inkrafttreten gültigen Gesetze zusammen, insbesondere die Prescription Acts aus den Jahren 1469, 1474 und 1617.441 Im modernen Recht verjähren die meisten obligations bzw. rights entweder in 5 Jahren nach s. 6 oder in 20 Jahren nach s. 7 und s. 8.442 Der Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 sieht darüber hinaus auch eine 2- und eine 10jährige Verjährungsfrist vor, die hier jedoch nicht relevant sind.443 Die 5-Jahresfrist wurde erst mit dem Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 eingeführt (vorher verjährten hierunter fallende obligations regelmäßig in 40 Jahren nach dem Prescription Act 1617).444 Diese Frist gilt nur für die in Schedule 1 ausdrücklich aufgeführten Ansprüche. Die 20-Jahrefrist in s. 7 fungiert als Auffangfrist für jene enforceable obligations, die nicht unter die speziellere 5-Jahresfrist in s. 6 fallen. Ebenfalls unter die 20-Jahresfrist fallen „rights relating to property“ nach s. 8.445 Den Verjährungsbeginn regelt s. 14 („Computation of prescriptive periods“).446 Nach 440

Johnston, Prescription and Limitation pf Actions, Rn. 1.05: „It is not too much of an exaggeration to say that the Act amounts in essence to a code of prescription and limitation in Scotland.“ 441 Ausführlich zu den Grundlagen des modernen Verjährungsrechts bei Johnston, Prescription and Limitation of Actions, 1.05 ff.; siehe auch Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 123 ff., Rn. 4.01 ff. 442 Schedule 1 des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 führt abschließend die obligations auf, die unter die 5-jährige Verjährungsfrist nach s. 6 fallen; Schedule 2 enthält hierfür „appropriate dates for certain obligations“; Schedule 3 enthält eine Liste unverjährbarer „rights and obligations“ und gilt sowohl für s. 6 als auch für s. 7 und s. 8. Die Wechselwirkung zwischen s. 7 und s. 8 ist kompliziert, siehe hierzu ausführlich Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 7.09 ff. 443 Siehe s. 8 A („contribution between wrongdoers“) und s. 22 A („product liability“); siehe hierzu Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 139 ff., Rn. 4.25 ff. 444 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.03; siehe zu s. 6 auch Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 131 ff., Rn. 4.15 ff. 445 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 126 ff., Rn. 4.05 ff.; Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 7.01 ff. 446 Für s. 6 siehe zusätzlich auch Schedule 2; siehe hierzu Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 133, Rn. 4.18; Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 4.92 ff.; lesenswert auch Hogg, Unjustified enrichment claims: when does the prescriptive clock begin to run?, in: Edinburgh Law Review (Vol. 17/3) 2013, 405.

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Ablauf der jeweilig einschlägigen Frist erlischt das right bzw. die obligation (das Gesetz spricht hier von „extinction“).447 1. Ansprüche aus vindicatory restitution „[R]ights relating to property“ verjähren (bzw. erlöschen) grundsätzlich nach 20 Jahren (s. 8). Eigentum an beweglichen Gegenständen fällt unter s. 8; nicht jedoch Eigentum an unbeweglichen Gegenständen (Ansprüche hieraus sind nach Schedule 3 (a) „imprescriptible“).448 Ebenfalls imprescriptible ist „any right to recover stolen property from the person by whom it was stolen or from any person privy to the stealing thereof“ (Schedule 3 (g)). Unter solche „rights relating to property“ in s. 8 scheint sowohl etwa ein Feststellungsbegehren (action of declarator) als auch die hier im Zentrum stehende action of delivery zu fallen.449 Die 20-Jahresfrist beginnt, sobald die Eigentümerin Sachbesitz verliert; insbesondere muss sie für den Verjährungsbeginn nach s. 14 nicht wissen, gegen wen sich der Anspruch auf Herausgabe richtet.450 Nach Ablauf der 20 Jahre erlischt das Eigentumsrecht und die (frühere) Eigentümerin kann nicht mehr Herausgabe verlangen. Da unklar ist, ob das schottische Recht Ersitzung an beweglichen Sachen anerkennt (die sogenannte acquisitive prescription),451 wird die Sache nach Ablauf der Frist regelmäßig ownerless und fällt damit an die Krone nach dem alten Grundsatz quod nullius est fit domini regis.452 Diese Interpretation, die den Herausgabeanspruch in 20 Jahren nach s. 8 verjähren lässt, ist jedoch nicht frei von Zweifeln. Das zugrunde liegende Problem ist auch hier der mehrdeutige Begriff der restitution. Der Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 nennt einen Anspruch auf restitution in Schedule 1(b): „any obligation based on redress of unjustified enrichment, including without prejudice to that generality any obligation of restitution, repetition or recompense“ (Schedule 1 führt jene Ansprüche auf, die gemäß s. 6 in 5 Jahren verjähren). Die Scottish Law 447

Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 128, Rn. 4.09, S. 135, Rn. 4.20. Zur Disussion siehe Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 7.08, 7.14 ff.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 247 ff., Rn. 10.13. 449 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 7.08, 6.14 ff.; siehe auch Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 248 ff., Rn. 10.13; i. E. ähnlich Reid, The Law of Property in Scotland, S. 130, Rn. 158, Fn. 7. 450 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 7.08: „To allow the owner 20 years to sue after discovering the whereabouts of the objects is clearly too generous. Had that been the intention of Parliament, it seems likely either that a ,discoverability‘ provision would have been introduced or that the period of prescription would have been reduced.“ 451 Siehe zur Diskussion etwa Reid, The Law of Property in Scotland, S. 565 ff.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 247, Rn. 10.13; Simpson, Positive Prescription of Moveables in Scots Law, in: Edinburgh Law Review (Vol. 13) 2009, S. 445 ff.; Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 20.01 ff.; Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 124, Rn. 4.02; siehe auch ausführlich Scottish Law Commission, Report on Prescription and Title to Moveable Property, No. 228. 452 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 20.04, m. w. N. 448

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3. Teil: Schottland

Commission fasst die Gesetzesänderungen, die durch den Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 an dieser Stelle erfolgten, wie folgt zusammen: „[…] it is expressly provided that […] the obligation of restitution, which in practice justifies a conclusion for delivery of corporeal moveables, now prescribes in 5 years instead of in 20 years as formerly.“453 Carey Miller/Irvine scheinen diese Textstelle dahingehend zu interpretieren, dass die Scottish Law Commission hier auch den sachenrechtlichen Anspruch auf (vindicatory) restitution nach 5 Jahren anstatt nach 20 Jahren verjähren lassen will.454 Dies ist möglicherweise jedoch eine nicht ganz geglückte Interpretation. Nicht nur war die Scottish Law Commission maßgeblich an der Ausarbeitung des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 beteiligt und schlug unter anderem vor, die neue kürzere Verjährungsfrist (5 Jahre) auf „obligations founded upon unjustified enrichment, eg restitution, repetition, recompense […]“ auszuweiten (eben die enrichment restitution und nicht etwa vindicatory restitution);455 eine Textstelle in einem weiteren Memorandum scheint jedenfalls nicht die s. 8-Interpretation in Frage stellen zu wollen: „The Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 now provides for a new short negative prescription of five years to cut off rights arising from unjustified enrichment including restitution, repetition and recompense. Owners of moveables, after their rights correlative to the obligation of restitution have been cut off, might still, however, possibly be entitled to seek vindication in re or declarator of ownership until their real rights are extinguished by the twenty-year prescription of property rights under section 8 of the Act. There may be a gap in the law relating to an owner’s right to recover his moveables if vindication is not competent.“456 Zu der Frage der Verjährbarkeit des Wertersatzanspruchs und etwaiger Folgeansprüche findet sich kaum etwas in der einschlägigen Literatur. Ein Anhaltspunkt für die 5-Jahresfrist mag in den Regelungen zu spuilzie zu finden sein; hier verjähren Wertersatz- und Nebenansprüche nach herrschender Meinung gemäß s. 6 i. V. m. Schedule 1 (d) des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 („any 453 Scottish Law Commission, Memorandum No. 30, „Corporeal Moveables: Usucapion, or Acquisitive Prescription“, S. 3, Rn. 3. 454 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 248, Rn. 10.13; siehe auch Reid, The Law of Property, S. 130, Rn. 158, Fn. 7; Reid schreibt hier, folgend dieser Interpretation der zitierten Textstelle: „But it is thought that nothing turns on this difference, for the obligation of restitution, although extinguished after five years, is continuously renewed by the mere fact of unlawful possession. Thus suppose that B is in unlawful possession of goods belonging to A. If after the expiry of five years B gives the goods to C there can be no doubt that A is entitled to recover from C for C is an unlawful possessor and subject to the obligation of restitution. It is submitted that A cannot be in an inferior position if B, instead of giving the goods to C, retains them for himself. No doubt the obligation of restitution which arose at the moment when B first possessed has now been extinguished by short negative prescription. But the obligation of restitution is constantly renewed by the mere fact of possession. B still possesses and consequently remains subject to the obligation.“ 455 Scottish Law Commission, Report „Reform of the Law Relating to Prescription and Limitation of Actions“, No. 15, S. 25, Rn. 63. 456 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 5 ff., Rn. 7.

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obligation arising from liability (whether arising from any enactment or from any rule of law) to make reparation“). 2. Ansprüche aus spuilzie Die historische Entwicklung der spuilzie-Klage als unmittelbarer Rechtsschutz gegen vitious dispossession (das schottische Äquivalent des Merkmals der verbotenen Eigenmacht in § 858 Abs. 1 BGB) spiegelte sich in der traditionell kurzen prescription von drei Jahren nach c. 21 des Prescription Act 1579, aufgehoben erst durch Schedule 5 des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973.457 Dies steht im starken Kontrast zu den noch im Prescription Act 1579 ebenfalls vorgesehenen 40 Jahren für den Herausgabeanspruch aus vindicatory restitution.458 Heute jedoch verjährt der Sachherausgabeanspruch aus spuilzie nach wohl überwiegender Meinung nach 20 Jahren gemäß s. 7 des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973.459 Carey Miller/Irvine kritisieren diese sehr lange Verjährungsfrist aber vor dem Hintergund des Besitzschutzcharakters des Herausgabeanspruchs aus spuilzie: „Given the nature of the right as a device to obtain immediate restoration of the status, the shorter period of extinctive prescription would seem appropriate […], but it would appear that the better interpretation is that this is the case only in respect of the reparation aspect of the action.“460 Wertersatz- und Nebenansprüche verjähren in 5 Jahren gemäß s. 6 i. V. m. Schedule 1 (d) des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 („any obligation arising from liability (whether arising from any enactment or from any rule of law) to make reparation“).461 Walker scheint spuilzie insgesamt, also sowohl den Herausgabeanspruch als auch den Wertersatz- bzw. die Folgeansprüche unter s. 6 i. V. m. Schedule 1 (d) des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973, also unter reparation, zu subsumieren.462 Diese Ansicht wird aber wohl einheitlich abgelehnt mit dem Hinweis, dass spuilzie eben nicht nur einen Anspruch auf Schadensersatz, also reparation verschafft, sondern auch und vorrangig einen Herausgabeanspruch: „But the action is directed not merely at reparation (in this case, of so-called ,violent profits‘) but also at recovery of the object of which the 457 Nachweise bei Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.29; Carey Miller/ Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 281, Rn. 10.27. 458 Hierzu Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 281, Rn. 10.27, m. w. N. 459 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.29, Rn. 7.14; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 281 ff., Rn. 10.27, S. 286 ff., Rn. 10.31; Anderson, Property, S. 42, Rn. 3.35. 460 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 286 ff., Rn. 10.31. 461 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 281 ff., Rn. 10.27, S. 286 ff., Rn. 10.31; Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.29. 462 Walker, The Law of Prescription and Limitation in Scotland, S. 63; aber siehe ders., The Law of Delict, S. 1005, m. w. N.: „The action prescribes as to the violent profits in five years, but even thereafter an action lies for restitution.“

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3. Teil: Schottland

pursuer has been dispossessed. So far as directed at recovery, the action cannot be said to be directed at enforcement of an obligation to make reparation.“463 3. Ansprüche aus enrichment restitution Ansprüche aus unjustified enrichment bzw. enrichment restitution verjähren gemäß s. 6 i. V. m. Schedule 1 (b) des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 in 5 Jahren. Dies gilt sowohl für Herausgabe- bzw. Wertersatzansprüche als auch für etwaige Nebenansprüche; „any obligation based on redress of unjustified enrichment, including without prejudice to that generality any obligation of restitution, repetition or recompense“.464 Die Verwirrung, die der undifferenzierte Begriff der restitution mit sich bringt, bedarf auch an dieser Stelle kurzer Erwähnung, denn „in principle it might refer either to the owner’s proprietary claim to his property or to his personal right against a person in possession of it“.465 Wie bereits oben dargestellt, wird nach überwiegender Meinung restitution im Sinne von s. 6 des Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 jedoch als bereicherungsrechtlich verstanden. Der Fokus des schottischen Bereicherungsrechts auf die Fälle der enrichment by title findet sich auch bei der Verjährung; so schreibt Johnston, dass „[…] ,restitution‘ is to be taken to mean the remedy in the law of obligations directed at redress of unjustified enrichment by transferring ownership of a thing to the pursuer“.466

III. Insolvenzfestigkeit Auch für das schottische Recht gilt, dass die Rechtsnatur verschiedener Ansprüche Auswirkungen auf ihre insolvenzrechtliche Behandlung hat. Begibt sich eine Schuldnerin in die Insolvenz, so stellt sich die Frage, ob der Vermögenswert der Berechtigten (die Sache bzw. etwaige Ersatzansprüche) Teil des estate der Schuldnerin wird oder aber der Berechtigten zugewiesen bleibt. Das schottische Insolvenzrecht (law of bankruptcy oder auch law of insolvency)467 besteht in weiten Teilen unabhängig vom englischen Recht, denn das Insolvenzrecht gehört zu den devolved areas, jenen (Rechts-)Bereichen, die der Scotland Act 1998 dem damals neu geschaffenen schottischen Parlament zusprach.468 Das schottische Parlament kann in 463 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.29; so auch Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 281 ff., Rn. 10.27, S. 286 ff., Rn. 10.31. 464 Siehe etwa Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.14 ff. 465 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.15. 466 Johnston, Prescription and Limitation of Actions, Rn. 6.15. 467 Goudy, A Treatise on the Law of Bankruptcy in Scotland, S. 15: „Insolvency and Bankruptcy, as general terms in the law of Scotland, do not admit of exact definition.“ 468 Der Scotland Act 1998 definiert in Schedule 5 so genannte reserved matters, also jene Bereiche, in denen Westminster bei der Gesetzgebung Vorrang eingeräumt wird. Schedule 5 Part II C2 führt jene Aspekte des Insolvenzrechts auf, die reserved sind; Nichtgenanntes ist devolved

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diesem Bereich also grundsätzlich unabhängig von Westminster Gesetze erlassen. Das schottische Insolvenzrecht wird hauptsächlich geregelt über den Bankruptcy (Scotland) Act 2016.469 Mit Eintritt der Insolvenz wird die Insolvenzmasse an die Gläubigerinnen verteilt: „The law of Bankruptcy is based upon the principle that, so soon as a man becomes insolvent, his estate becomes the property of his creditors, and ought to be distributed among them according to their several rights and preferences.“470 Das Insolvenzverfahren untersteht der Aufsicht einer öffentlich bestellten Person (Account in Bankruptcy) statt, einer „Government-appointed official who oversees the practice of sequestration in Scotland“.471 Bei der Frage, welche Gegenstände Teil des estate werden, ist auch im schottischen Recht grundsätzlich die Unterscheidung in real rights und personal rights, also dingliche und persönliche (Schuld-)Rechte, relevant.472 Die Unterscheidung in real rights und personal rights ist zentral und wie es in der Leitentscheidung Burnett’s Trustee v. Grainger heißt, grundsätzlich „unbridgeable“.473 Ein real right ist dinglich, „because it respecteth things directly, but persons, as they have meddled with those things.“474 Hierzu im Gegensatz steht das personal right, das gegen eine andere Person directly besteht; die Beziehung zu Sachen ist dagegen indirekt. In materiellrechtlichen Texten wird diese Unterscheidung und ihre Auswirkung auf insolvenzrechtliche Fragen (grundsätzlich gilt: ein real right ist insolvenzfest, ein personal right nicht) regelmäßig zumindest angesprochen.475 In Texten zum Insolvenzrecht sucht man jedoch vergeblich nach einer Erwähnung dieser sachenrechtlichen Unterscheidung und ihrer Auswirkung auf insolvenzrechtliche Fragen.476 Die Lösung mag hier in der Interpretation des Bankruptcy (Scotland) Act 2016 und insbesondere der ss. 78 ff. liegen. Die Grundnorm ist in s. 78 (1) zu finden: „The whole estate of the debtor vests for the benefit of the creditors in the trustee in the sequestration, by virtue of the trustee’s appointment, as at the date of sequestration.“ Die Verwaltung des whole estate (oder auch trust estate) wird wahrgenommen über nach Holyrood (das schottische Parlament). Der Insolvency Act 1986 (ergänzt durch den Corporate Insolvency and Governance Act 2020) etwa enthält UK-weite Regelungen. 469 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 1442 ff., Rn. 49.01; zur historischen Entwicklung etwa Goudy, A Treatise on the Law of Bankruptcy in Scotland, S. 1 ff.; sowie Burns in Stair Memorial Encyclopaedia, Bankruptcy (Reissue), Ziffer 1 ff. 470 Goudy, A Treatise on the Law of Bankruptcy in Scotland, S. 1. 471 Näheres in Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 1442 ff., Rn. 49.01 ff. und 49.05 ff.; siehe auch ss. 199 ff. des Bankruptcy (Scotland) Act 2016. 472 Zur Unterscheidung von real rights und personal rights siehe etwa Anderson, Property, S. 12 ff., Rn. 1.22 ff.; Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 93 ff., Rn. 6.3 ff. 473 Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19, [87] (Lord Rodger of Earlsferry), und [6] (Lord Hoffmann): „strict division in Scots law between real and personal rights“; siehe auch Sharp v. Thomson [1995] S.C.L.R. 683, S. 690 ff. (Lord President Hope). 474 Stair, Institutions, I. 1. 22. 475 Siehe etwa Anderson, Property, S. 11 ff., Rn. 1.22 ff.; Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 232 ff., Rn. 10.04. 476 Siehe etwa Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 1442 ff., Rn. 49.01 ff.

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eine Insolvenzverwalterin (trustee in sequestration).477 Das „whole estate of the debtor“ wird legaldefiniert in s. 79 (1) und beinhaltet insbesondere „any income or estate or estate vesting in the debtor“ sowie „any property of the debtor“.478 Insbesondere werden Gegenstände, die die Insolvenzschuldnerin selbst als trustee unter einer Treuhand für Dritte hält, eben nicht Teil der Insolvenzmasse (s. 88 (1) (c) des Bankruptcy (Scotland) Act 2016).479 Eine Klarstellung in Bezug auf andere massefremde Vermögenswerte macht der Bankruptcy (Scotland) Act 2016 jedoch nicht. Insbesondere sucht man hier vergeblich nach einem Äquivalent zu § 47 InsO. Dass grundsätzlich nur das eigene Vermögen der Schuldnerin zur Befriedigung der Masseforderungen zur Verfügung steht (und eben nicht etwa eine fremde Sache), scheint jedoch unbestritten und das Merkmal des whole estate wird entsprechend interpretiert. Zentral ist hier die bereits erwähnte Entscheidung in Burnett’s Trustee v. Grainger.480 In Bezug auf bewegliche Sachen (moveable estate) im Besitz der Insolvenzschuldnerin werden nur solche Gegenstand der Insolvenzmasse, „under such conditions only as qualify his real right“.481 Oder nach Lord Hobhouse: „There is a fundamental distinction between property rights or secured rights, on the one hand, which must be respected by the trustee and, on the other, contractual rights which can only give rise to a claim provable in the liquidation and the payment of a pro rata dividend (if any).“482 Relevant ist in diesem Zusammenhang grundsätzlich auch die Regel tantum et tale; diese besagt, dass den Gläubigerinnen nicht mehr bzw. kein größeres Recht zusteht als der Insolvenzschuldnerin.483 1. Ansprüche aus vindicatory restitution Solange sich das Eigentum an der Sache noch bei der Klägerin befindet und die Sache nicht zerstört ist, gibt das real right Eigentum ihr eine privilegierte Stellung im Falle der Insolvenz der unberechtigten Besitzerin. Die Sache kann von der trustee in sequestration herausverlangt werden: „Where a possessor […] is sequestrated, an 477

Siehe hierzu ausführlich Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 1442 ff., insb. Rn. 49.01 ff., 49.05 ff. und Rn. 49.21. 478 Einschränkungen in s. 88 Bankcruptcy (Scotland) Act 2016, dazu, was nicht noch in die Insolvenzmasse fällt, siehe Gloag and Henderson, The Law of Scotland, Rn. 49.22, m. w. N. 479 Dies ist aber darüber hinaus auch eine common law-Regel, siehe Heritable Reversionary Co. Ltd. v. Millar (1892) 19 R. (H.L.) 43. 480 Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19; die Entscheidung bezog sich noch auf die nahezu wortgleiche Vorgängernorm des s. 78, nämlich s. 31 des Bankruptcy (Scotland) Act 1985. 481 Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19, [30] (Lord Hope of Craighead). 482 Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19, [53] (Lord Hobhouse of Woodborough). 483 Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19; Heritable Reversionary Co. Ltd. v. Millar (1892) 19 R. (H.L.) 43; siehe auch Anderson, Fraud on Transfer and on Insolvency: ta … ta … tantum et tale?, in: Edinburgh Law Review (Vol. 11/2) 2007, 187.

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action of delivery is available against his […] trustee.“484 Die surrogate vindicatio, also der Wertersatzanspruch, der mit dem Untergang des Herausgabeanspruchs auflebt, hingegen ist ein „personal right“ und damit Teil der Insolvenzmasse. Dies gilt ebenso für etwaige Nebenansprüche (die so genannten ordinary profits). 2. Ansprüche aus spuilzie Nach Burnett’s Trustee v Grainger werden also nur solche beweglichen Sachen (moveable estate) Teil der Insolvenzmasse, soweit sie dem Vermögen der Insolvenzschuldnerin zugeordnet werden können, „under such conditions only as qualify his real right“.485 Steht das real right an der Sache also der in ihrem (berechtigten) Besitz gestörten Person zu, so wird die Sache nicht der Teil des insolvenzrechtlichen estate im Sinne des s. 78 (1) des Bankruptcy (Scotland) Act 2016 und es kann gegen die jetzige (insolvente) Besitzerin, bzw. die trustee in sequestration, Sachherausgabe aus spuilzie geltend gemacht werden. Zwar soll grundsätzlich auch der unberechtigte Besitz ein real right schaffen. Reid etwa schreibt dazu: „The bare fact of possession of property confers the right not to be dispossessed except by consent or by the order of a court. This real right exists independently of ownership or lease or other right giving specific entitlement to the property, and it may be exercised by a person […] whose possession is unlawful.“486 Ob dieses von einer sonstigen Besitzberechtigung unabhängige real right im insolvenzrechtlichen Kontext zu einem anderen Ergebnis führt, erschließt sich aus der vorhandenen Literatur nicht.487 Ist die Klägerin in spuilzie auch Eigentümerin der Sache, so kann die Sache also grundsätzlich entweder über das real right des früheren (berechtigten) Besitzes als auch über das real right Eigentum von der trustee in sequestration herausverlangt werden. Wie gezeigt wurde, gilt der possessorische Rechtsschutz über spuilzie grundsätzlich auch gegen the true owner, sofern der Tatbestand erfüllt ist. Der Anspruch richtet sich eben nicht auf endgültige Güterzuordnung, sondern hat eine Ordnungsfunktion. Ist die störendende Person in spuilzie also zugleich Eigentümerin der Sache und musste sie den Besitz (vorerst) aufgeben, so wird die trustee in sequestration versuchen, diesen über das Eigentum wieder heraus zu verlangen: „The functions of the trustee, in whom the whole of the debtor’s estate vests at the date of sequestration, are to recover, manage and realise the debtor’s estate and to distribute

484

Reid, The Law of Property in Scotland, S. 129, Rn. 158. Burnett’s Trustee v. Grainger 2004 S.C. (HL) 19, [30] (Lord Hope of Craighead). 486 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 10, Rn. 5. 487 Keine Ausführungen zu spuilzie in der Insolvenz in materiellrechtlichen Texten, etwa bei Anderson, Property, S. 37 ff., Rn. 3.25 ff.; Reid, The Law of Property in Scotland, S. 132 ff., Rn. 161 ff.; auch nicht bei Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 1442 ff., Rn. 49.01 ff. 485

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it among the debtor’s creditors according to their entitlements.“488 Der Erfolg wird von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Der Wertersatzanspruch und der Anspruch auf die violent profits sind keine real rights, sondern personal rights und damit grundsätzlich nicht insolvenzprivilegiert. 3. Ansprüche aus enrichment restitution Bereicherungsrechtliche Ansprüche aus dem schottischen unjustified enrichment sind stets personal rights und damit grundsätzlich nicht insolvenzprivilegiert: „[…] enrichment remedies are personal in effect and create no proprietary rights; unjustified enrichment by itself is not a ground for the creation of a constructive trust or any other proprietary right for the pursuer.“489 Dies steht im starken Gegensatz zu der Diskussion in England, wo insolvenzprivilegierte proprietary rights eben unter Umständen auch auf ein unjust enrichment folgen können, denn dort werden (über equity) unter bestimmten Voraussetzungen personal rights (etwa Geldforderungen) zu proprietary rights mit der Folge der privilegierten Behandlung in der Insolvenz. Hier verwischen die Grenzen zwischen personal rights und real rights – oder in der englischen Terminologie, personal rights und proprietary rights bzw. remedies.490 Dies ist im schottischen Recht, das hier einem römischrechtlichen und civil lawAnsatz folgt, nicht möglich: „[i]n Scots law, the topic of unjustified enrichment is based upon a cause of action stemming from the creation of a personal right. Proprietary enrichment remedies therefore simply do not exist in Scots law.“491

E. Fazit Das schottische Recht trennt grundsätzlich strikt in dingliche und persönliche Rechte bzw. Ansprüche. Während rights in rem dem Sachenrecht zugeordnet werden, gehören rights in personam in das Schuldrecht. Vor diesem Hintergrund ist es interessant, dass unter dem Begriff der restitution sowohl dingliche und schuldrechtliche (Primär- sowie Sekundäransprüche) Ansprüche undifferenziert nebeneinander zu stehen scheinen. Die Herausgabeverpflichtung aus restitution folgt, sachenrechtlich und damit dinglich, sowohl aus dem Eigentum (wenn auch über den beschriebenen Umweg der real obligation der unberechtigten Besitzerin) als auch 488

Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 1447, Rn. 49.05 (Hervorhebung durch Autorin). 489 Gloag and Henderson, The Law of Scotland, S. 643, Rn. 24.22. 490 Duggan, Proprietary Remedies in Insolvency, in: 68 WASH. & LEE L. REV. (2011), 1229 (1268): „In common law systems, the distinction between personal and proprietary remedies is blurred by the intervention of equity. Courts of equity, under the rubric of the maxim, ,equity deems as done what ought to be done‘, invest certain personal claims with proprietary status, but the reasons for doing so are rarely articulated with any clarity.“ 491 Hogg, Obligations, S. 21, Rn. 1.44.

E. Fazit

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aus der ungerechtfertigten Bereicherung (enrichment restitution). Die Grenzen zwischen Sachenrecht und Bereicherungsrecht verschwimmen. Auch aufgrund dieser restitution-Problematik ist die „relationship between property law and restitution [is] probably one of the areas of greatest uncertainty in Scots private law“.492 Auch der Anspruch aus spuilzie, eigentlich possessorisch, erfährt die begriffliche „Verschwommenheit“, denn auch hier ist die Frage nach der Aktivlegitimation nicht gänzlich geklärt. Die Überlappung von Sachenrecht und Bereicherungsrecht betrifft nicht nur das materielle Recht (über die restitution), sondern auch die prozessrechtliche Seite: traditionell konzentrierte sich das klägerische Begehren und die gerichtliche Behandlung auf die Rechtsfolge (action of delivery und restitution), und Anspruchsgründe (dinglich-petitorisch, dinglich-possessorisch, bereicherungsrechtlich) schienen weniger wichtig. Stewart schreibt beispielsweise: „[…] no one in Scotland actually raises a condictio indebiti – simply a summons, writ or claim for payment.“493 Dadurch stehen diese Ansprüche undifferentiert nebeneinander; es herrscht ein „[…] complete loss of analytical distinction between the rei vindicatio and its surrogate and a personal restitutionary action based on enrichment“.494 Die neuere Entwicklung, hin zu einer Klassifizierung von Ansprüchen anhand ihrer causa, stößt auf Probleme, denn eine ausführliche Darstellung etwa der hier diskutierten bereicherungsrechtlichen Konstellationen ist kaum zufriedenstellend möglich, wenn der wesentliche Teil des zur Verfügung stehenden case law das undifferenzierte Konzept der restitution verwendet. Edinburghs Emeritus Professor Gretton bringt es auf den Punkt: „Whilst on the one hand the development of the law must not be hindered by obsolete classifications, on the other hand the development of the law can equally be hindered by conceptual confusion.“495 Die „Erben“ der rei vindicatio im schottischen Recht stehen also einerseits dem deutschen Recht sehr nahe; insbesondere die sprachlichen Unklarheiten sowie die teilweise unklare Trennung zwischen Eigentum und Besitz erinnern jedoch an das englische Recht.

492

Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 116, Rn. 6.41. Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 94, Rn. 6.06. 494 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 215 ff., Rn. 12.11. 495 Gretton, Unjust Enrichment in Scotland, in: Journal of Business Law (1992, January), 108 (110). 493

Archetypisches Problem – Individuelle Lösungen? Nachdem die drei unterschiedlichen Lösungswege zum „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ skizziert wurden, soll im Folgenden nun auf einige der Unterschiede und Gemeinsamkeiten im Vergleich näher eingegangen werden. Die „intuitive“ Lösung des Konflikts ist grundsätzlich in allen drei Rechtsordnungen ähnlich: das Recht trägt den Gegenstand bzw. dessen wirtschaftlichen Wert an die berechtigte Person zurück. Auf welchem Wege die drei untersuchten Rechtsordnungen zu diesem Ergebnis kommen und wie die Lösung dann im Ergebnis aussieht, unterscheidet sich jedoch zum Teil erheblich. Während die drei vorangegangenen Kapitel den Versuch machen, das jeweilige Privatrechtssystem „von innen heraus“ zu beleuchten, sollen in einem weiteren Schritt die Ergebnisse gegenübergestellt und „von außen“ betrachtet werden. Der Vergleich orientiert sich an drei Hauptpunkten. Zunächst werden die unterschiedlichen Konzepte davon, was „mein“ ist beleuchtet; hier geht es insbesondere um das jeweilige Eigentumsverständnis. Der zweite Teil fragt nach den jeweils zur Verfügung stehenden Ansprüchen, die „Erben“ der rei vindicatio. Die Rechtsnatur dieser Ansprüche ist eng verbunden mit dem jeweiligen Eigentumsverständnis. Ein dritter Teil beleuchtet mögliche Anspruchsinhalte und insbesondere die Frage, ob das jeweilige Recht die Sache in specie herausgibt oder der Klägerin primär Wert- bzw. Schadensersatz zuspricht. Die Beantwortung dieser Frage hängt ebenfalls stark von dem jeweiligen Eigentumsverständnis ab. Es wird festgestellt werden, dass dem dieser Arbeit zugrundeliegenden archetypischen Problem drei individuelle Lösungswege gegenüberstehen, die dennoch, soweit es im Kontext ihrer jeweiligen Rechtsordnung möglich ist, dasselbe Ziel vor Augen haben: Eingriffe in das Eigentum bzw. ownership werden nicht geduldet; die streitbefangene Sache wird entweder herausgegeben oder ihr Wert der Eigentümerin ersetzt.

I. Eigentum, Besitz und Rechtsobjekte Jede der drei untersuchten Rechtsordnungen erkennt im Grundsatz Eigentum bzw. ownership als das „beste Recht“ an einem Gegenstand an. Der Besitz an körperlichen Sachen nimmt jeweils einen besonderen Platz ein: entweder als komplementäres Konzept (wie im deutschen und schottischen Recht) oder als etwas, das mit ownership untrennbar verwoben zu sein scheint.1 Umfang und Verhältnis von Eigentum und Besitz wird auch von dem Wesen der anerkannten Rechtsobjekte bestimmt, also 1 Hierzu kritisch im Rechtsvergleich Gordley/von Mehren, An Introduction to the Comparative Study of Private Law, S. 152 ff.

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der Frage, ob Eigentum ausschließlich an (beweglichen) Sachen (goods oder corporeal moveables) anerkannt wird oder eben auch an unkörperlichen Gegenständen; für das englische Recht relevant ist hier insbesondere die Unterscheidung in legal ownership und equitable ownership. 1. Deutschland Das deutsche Eigentum ist „Vollrecht“. Die Eigentümerin hat also die ultimative Befugnis zu rechtlichen und tatsächlichen Einwirkungen auf die Sache und die ultimative Ausschließungsmacht gegenüber Dritten. Nach der Konzeption des BGB ist das Eigentum also umfassendes, absolutes Herrschafts- und Ausschließlichkeitsrecht. Insbesondere die Ausschließungswirkung ist es, die der Eigentümerin zum „besten Recht“ über die Sache verhilft: gleichgültig, wo sich die Sache befindet, das Eigentum gibt der berechtigten Person grundsätzlich die Macht, die Sache immer wieder an sich zu holen und Dritte von ihr auszuschließen. Die Herrschaftsmacht ermöglicht es auch, Teilrechte aus der Hand zu geben, etwa durch Gewährung beschränkt dinglicher Rechte oder relativer Rechte: dies zeigt die Abstraktheit des Eigentums. Eigentum ist im BGB nur an Sachen, also ausschließlich körperlichen Gegenständen möglich. Der moderne Eigentumsbegriff des deutschen Rechts wurde von Tettenborn als „germanically abstract“ beschrieben.2 Bis zum Inkrafttreten des BGB blieb dem deutschen Recht aber „die Abstraction des ausgebildeten römischen Rechts fremd, wonach Eigenthümer ist, wem präsumtiv die Totalherrschaft über die Sache zukommt“.3 Die deutschen Rechte in den Jahrhunderten vor Inkrafttreten des BGB verwendeten zumeist einen mehrschichtigen (ein weitestgehend feudal geprägtes Eigentumsverständnis im Sinne von dominium directum und dominium utile nach der Lehre vom geteilten Eigentum) und inhaltlich weiteren Eigentumsbegriff. Auch war solches Eigentum grundsätzlich nicht nur an körperlichen Gegenständen, sondern in der Tat an „alle[n] möglichen Gegenstände[n] des Rechtsverkehrs“4 möglich. Das feudale Eigentumsverständnis und die begriffliche Vermischung von Eigentum und Vermögen wurde in den Kommissionen für ein modernes deutsches Zivilgesetzbuch als eine „unjuristische Vorstellung“ verworfen.5 Man folgte im Ergebnis also dem römischrechtlichen Vorbild und machte das Eigentum des BGB zu dem, was es heute ist, einem „einschichtigen“ Totalrecht (dominium plenum) an ausschließlich körperlichen Gegenständen. Die Vergangenheit des deutschen (vor-BGB) Eigentumskonzepts ist für die Darstellung des modernen deutschen Rechts kaum von prakti-

2 Tettenborn, Book review of English Private Law by Peter Birks, in: Cambridge Law Journal (Vol. 61/1) 2002, 217 (218). 3 Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts, §. 181, S. 373. 4 Johow, Redaktorenvorlage, S. 490. 5 Johow, Redaktorenvorlage, S. 490.

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scher Bedeutung;6 sie lässt jedoch das englische Recht nicht mehr so fremd erscheinen und es drängt sich die Frage auf, inwieweit das deutsche Recht einen ähnlichen Weg wie das englische Recht eingeschlagen hätte, hätte sich die Kommission für ein „feudaleres“ Eigentumskonzept entschieden. Die klare Unterscheidung zwischen dem Eigentum als abstrakt umfassendstem Recht an einer Sache auf der einen und dem Besitz als der tatsächlichen Sachherrschaft über eine Sache auf der anderen Seite liegt dem Rechtsverständnis des BGB zugrunde. So verschieden beide Konzepte auch sein mögen, so sind sie doch auf das Engste miteinander verbunden: zum Eigentum als dem ultimativen Recht über eine Sache gehört regelmäßig der Besitz derselben. Die Absolutheit des Eigentums zieht die Notwendigkeit nach sich, dass dieses von jedermann leicht zu erkennen ist (Publizitätsprinzip). Das Mittel hierzu ist, bei beweglichen Sachen, der Besitz. Dem Besitz kommt also eine Reihe von wichtigen Funktionen zu, insbesondere bei der Eigentumsübertragung (Übertragungswirkung), aber auch in Bezug auf die prozessuale Eigentumsvermutung in § 1006 BGB (Vermutungswirkung) und den gutgläubigen Eigentumserwerb (Gutglaubenswirkung). Die Qualität des Besitzes, über § 1006 BGB prozessual quasi „zum Eigentum zu werden“, spiegelt die Fähigkeit und das Bestreben des Eigentums, wiederum den Besitz immer wieder zu sich zu ziehen. Die faktische Nutzungsmöglichkeit, der tatsächliche Besitz der Sache, ist ein zentraler Bestandteil des zivilrechtlichen Eigentumsverständnisses; die tatsächliche physische Beziehung zu der Sache macht den Besitz und die damit einhergehende Nutzungsmöglichkeit sogar zu dem praktisch wichtigsten Teil des Eigentums. Neben der Verwirklichung des Eigentumsrechts hat diese starke Verbindung von rechtlicher und faktischer Sachherrschaft auch noch einen weiteren Grund: der Schutz der rechtlichen Position der Eigentümerin, denn „[w]o Eigentum und Besitz auseinanderfallen, droht gutgläubiger Erwerb Dritter“.7 Nach § 932 Abs. 1 S. 1 BGB etwa wird die gutgläubige Erwerberin einer Sache in der Regel auch dann Eigentümerin, „wenn die Sache nicht dem Veräußerer gehört“.8 Darüber hinaus erlaubt das Recht etwa auch die Ersitzung einer fremden beweglichen Sache nach 10 Jahren im redlichen Eigenbesitz (§ 937 BGB). Der bloße Besitz, getrennt von seinem rechtlichen Pendant (Eigentum oder hiervon abgeleitete Berechtigung), kann unter bestimmten Voraussetzungen also selbst zum Eigentum werden und die vormals rechtmäßige Eigentümerin aus ihrer Stellung verdrängen. Demnach fungiert der Besitz unter Umständen als „Vehikel“ des Eigentumsrechts. Aus diesem Grunde ist es essenziell, dass Gesetze die Zurückführung des Besitzes zum Eigentum erleichtern und fördern. Eigentum und Besitz gehören zusammen zur Verwirklichung und zum Schutze des Eigentums. Alle diese Funktionen betonen die strukturelle Trennung von (Sach-) 6

Hartley, The Go-Between, S. 5: „The past is a foreign country: they do things differently there.“ 7 MüKo BGB/Baldus, Vorb. § 985, Rn. 31. 8 Hierzu ausführlich etwa Meier/Jocham, Der Eigentumserwerb vom Nichtbesitzer, in: JuS 2017, 1155.

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Eigentum und Besitz; der Besitz hat gegenüber dem Eigentum eine wesentliche, wenn auch „dienende“ Funktion. 2. England Das englische Recht sieht ownership zwar als das „beste Recht“ an einem Gegenstand, jedoch in einem etwas anderen Licht als das BGB. Insbesondere unterscheidet das Recht zwei grundsätzlich verschiedene Eigentumskonzepte: legal proprietary interests des common law und equitable proprietary interests in equity. Dies hat auch Auswirkungen darauf, was Rechtsgegenstand sein kann: grundsätzlich nur körperliche Gegenstände im common law, und grundsätzlich auch unkörperliche Gegenstände in equity.9 Auch das Verhältnis von ownership und Besitz im common law (aber nicht relevant für equitable proprietary interests) hat wenig gemein mit der strikten strukturellen Trennung des BGB. Das common law-Eigentumskonzept kann vor dem Hintergrund des absolut-abstrakten Verständnis des deutschen Rechts verwirren. Ownership an Sachen ist ein schwer greifbares Konzept und „one of the most elusive concepts of English law“.10 Die komplexe Materie sucht zwei grundsätzliche Konzepte zusammenzuführen: einerseits die Idee, dass ownership das beste Recht an einem Gegenstand ist; andererseits die historische gewachsene „Überschneidung“ von ownership und Besitz unter dem Grundsatz der Titelrelativität. Es ist zwar, wie gezeigt wurde, üblich, von the true owner zu sprechen; dies geschieht aber mehr in einer qualitativen Abstufung von (Besitz-)Rechten an der Sache als über eine strikte „germanically abstract“ Trennung in absolute Rechtsposition und bloß faktische Beziehung. Die Feststellung also, wer true owner ist, ist kein absolutes Ergebnis, sondern ein relatives und wird maßgeblich über Besitzpositionen bestimmt. Der wohl deutlichste Unterschied zum deutschen Recht ist die Feststellung, dass das deutsche Recht die eine Person identifizieren kann, der Eigentum zukommt, das common law hingegen fragt, welcher Partei das „bessere“ Eigentumsrecht zusteht, welche Person also, relativ zur Gegenpartei, true owner ist. Es geht hier also um „priority of entitlement“, nicht um „absolute entitlement“.11 Die Rolle des Besitzes für die Eigentumsvermutung bzw. -bestimmung ist hiernach also eine andere als etwa in § 1006 BGB. Zwar ist Besitz auch im englischen Recht ein „Berechtigungsindikator“ und muss aufgegeben werden, wenn eine „besser“ berechtigte Person auftaucht. Besitz gibt aber einen title, der die Besitzerin grundsätzlich zur Eigentümerin macht. Die Qualität der Rechtsposition wird erst im Verhältnis zu anderen Personen relevant. Anders als in § 1006 BGB, der eine prozessuale Vermutung enthält, könnte man also sagen, dass das englische Recht hier eher eine materielle Regel auf- als eine Vermutung anstellt und dass es eigentlich keinen Bedarf für eine presumption of ownership gibt, denn wer Besitz hat, hat title und ist damit bereits 9 Lesenswert hierzu der Beitrag von Pollock, What is a thing?, in: L.Q. Review (Vol. 10) 1894, 318. 10 Goode/McKendrick, Commercial Law, S. 34, Rn. 2.02. 11 Waverley Borough Council v. Fletcher [1996] (3 W.L.R. 772) Q.B. 334, S. 345.

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owner. Die Verwendung des Begriffs presumption wird vor diesem Hintergrund auch kritisiert.12 Besitz hat damit eine wesentlich prominentere Rolle im common law inne als im deutschen Recht. Neben dem Eigentum des common law, das dem deutschen Eigentum in seiner Sachbezogenheit grundsätzlich nahesteht, steht equity mit einem gänzlich eigenen Eigentumskonzept. Equitable ownership kann, und hier unterscheidet es sich wesentlich vom legal ownership, grundsätzlich an allen Rechtspositionen bestehen: „In equity, by contrast, proprietary rights can be established in rights which the defendant holds, whether those rights be legal or equitable, personal or proprietary, with or without a tangible subject matter.“13 Die Eigentumsstellung in equity entsteht über die Treuhand (trust), und zwar durch ein Heraustrennen aus dem „Vollrecht“ des legal ownership. 3. Schottland Das schottische Eigentum gleicht in vielem eher dem deutschen als dem benachbarten englischen Recht. Insbesondere trennt das schottische Recht nicht zwischen common law und equity. Eigentum ist das „quintessential right“,14 das zentrale dingliche (real) Recht an Sachen. Anders als im benachbarten England ist Eigentum nicht relativ (in dem Sinne, dass es mehrere owners gleichzeitig geben kann), sondern unititulär; das schottische Recht anerkennt grundsätzlich nur die eine Eigentümerin. Wer die Sache nur besitzt, ist eben nicht automatisch auch owner. Eigentum und Besitz stehen nicht in einem Relativitätsverhältnis, sondern sich gegenüber, ähnlich wie im deutschen Recht: „[…] while possession is in some sense a matter of fact, and not law, ownership is a matter of law, and not fact.“15 Eine Vermischung beider Konzepte, wie im englischen Recht, findet nicht statt. Der Besitz im schottischen Recht ist ein dingliches Recht, ein real right; dies gilt sowohl für das Besitzrecht, das aus einem dominanten real right (insbesondere Eigentum) fließt, als auch für den bloß faktischen Besitz. Hier steht das schottische Recht zwischen dem deutschen und dem englischen Recht: in Deutschland gewährt die herrschende Meinung dem Besitz lediglich eine Mittelstellung zwischen bloßfaktischem Verhältnis und subjektiv-dinglichem Recht; in England gibt Besitz title und title schafft Eigentum. Besitz und Besitzrecht sind aber, trotz desselben Status als real right (und anders als im englischen Recht), grundsätzlich nicht synonym. Ähnlich wie im deutschen Recht muss der Besitz dem Eigentum aber grundsätzlich Vorrang einräumen: „possession without any claim to ownership remains an inferior right, and this is so regardless of the fact that all the beneficial elements of owner12

Swadling „Property: General Principles“, in: Burrows, English Private Law, S. 277, Rn. 4.426 ff.: „[…] the statement sometimes made that the fact of possession gives rise to a ,presumption‘ of ,ownership‘ is a misnomer.“ 13 Smith, The Law of Tracing, S. 63. 14 Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 11, Rn. 1.12. 15 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 100, Rn. 114, m. w. N.

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ship – use, fruits, and de facto control – are with the possessor“.16 In der Praxis jedoch sind die Grenzen regelmäßig verwischt und oft ist nicht ganz eindeutig, insbesondere in älterem case law, ob im Kern der Anspruch auf Eigentum oder Besitz ruht. Ein Grund hierfür ist die wichtige Rolle, die die Eigentumsvermutung aus dem Sachbesitz spielt(e), wenn auch die Beziehung heutzutage mehr prozessual als materiell ist: „[…] there is a rebuttable presumption that the present possessor is the owner. Whilst this once amounted to equating possession with ownership, it seems that, since the nineteenth century at least, the rebuttable presumption approach has prevailed.“17 Die „Vermischungsproblematik“ in Bezug auf Eigentum und Besitz hat jedoch auch, wie gezeigt wurde, eine wichtige sprachliche Dimension: die Begriffe restitution und action of delivery werden sowohl im Rahmen des possessorischen als auch petitorischen Rechtsschutz verwendet. 4. Fazit Eigentum und das Verhältnis von Eigentum und Besitz variiert in allen drei untersuchten Rechtsordnungen. Das moderne deutsche Recht zeigt die größte Abstraktheit und die strengste Trennung. Das schottische Recht steht dem deutschen Recht sehr nahe und anerkennt ein absolutes Eigentum, das mehr oder weniger strikt zu trennen ist von der tatsächlichen Sachherrschaft über den Besitz. Deutsches und schottisches Recht finden sich in diesem Punkt zusammen auf der civil law-Seite. Schottland ist ein mixed legal system und zumindest das Eigentumsverständnis folgt den kontinentalen, vom römischen Recht geprägten Rechtsordnungen. Das schottische Recht erkennt nicht nur im berechtigten Besitz (etwa aus Eigentum oder lease) ein real right, sondern auch im bloßen faktischen Besitz. Das englische Recht verfolgt im Gegensatz zu Deutschland und Schottland einen grundsätzlich anderen Ansatz: Eigentum und Besitz sind untrennbar miteinander verbunden und bedingen sich gegenseitig. Auch bietet das englische Recht die Möglichkeit eines Eigentumsrechts in equity, das weit über die Sachbezogenheit des deutschen und schottischen Verständnisses hinausgeht. Ob die „Körperlichkeit“ des Eigentumsverständnisses in Deutschland und Schottland oder die eher wirtschaftlichere Betrachtungsweise in England vorzuziehen ist, soll an dieser Stelle nicht diskutiert werden. Beide Herangehensweisen bieten Vorteile, führen aber auch zu Schwierigkeiten.

II. Die Erben der rei vindicatio In einem zweiten Schritt soll untersucht werden, welche (Herausgabe-)Ansprüche die jeweiligen Rechtsordnungen der Eigentümerin einer Sache an die Hand geben 16 17

Carey Miller/Irvine, Corporeal Moveables in Scots Law, S. 18, Rn. 1.18. Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 54.

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und welche Auswirkungen die unterschiedlichen Eigentumskonzepte auf die Rechtsnatur dieser Ansprüche haben. Die Unterschiede in Rechtsnatur und Wirkungsweise der „Erben der rei vindicatio“ sind nur vor dem Hintergrund der historischen Rechtsentwicklung wirklich zu verstehen. 1. Deutschland Für das deutsche Recht untersucht wurden der Herausgabeanspruch in § 985 BGB sowie die Ersatzansprüche der Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 987 ff. BGB); ebenso die Ansprüche und Rechte § 861 ff. und § 1007 BGB sowie die bereicherungsrechtliche condictio possessionis. In der Praxis werden diese Ansprüche, je nach Sachverhaltskonstellation, ergänzt insbesondere durch deliktische Ansprüche (§§ 823 ff. BGB), solche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) sowie über den negatorischen Rechtsschutz aus § 1004 BGB. Bei diesen Ansprüchen liegt der Fokus jedoch nicht auf der „Rückholkraft“ des Eigentums nach erfolgter Störung; diese Ansprüche stehen deshalb außerhalb des Prüfungsumfangs dieser Untersuchung. Die Tatbestandsvoraussetzungen des Herausgabeanspruchs aus § 985 BGB, dieses „simpelste[n] Anspruch[s] des ganzen BGB“18 sind in der Tat simpel und schnell vermittelt. Der Schlichtheit des Tatbestandes steht der enormen Bedeutung des Vindikationsanspruches für die deutsche Privatrechtssystematik gegenüber. Die der Vindikation ureigenen Charakteristika öffnen ein Tor in die innerste Mechanik des deutschen Privatrechtssystems und spiegeln das Eigentumsverständnis des BGB. Die Vindikation steht systemprägend im Zentrum des BGB und hat ihren Ursprung in der dem BGB wesentlichen Unterscheidung zwischen dinglichen und schuldrechtlichen Ansprüchen. Dieses fundamentale Zivilrechtsprinzip hat sich, ebenso wie die Vindikation, aus dem römischen Recht erhalten und folgt der „berühmten Dichotomie der actiones in den Institutionen“ (actio in rem und actio in personam).19 Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist die unterschiedliche Herangehensweise an den Anspruchsinhalt. Während der dingliche Anspruch aus dem Recht selbst entspringt und potenziell gegen „die Welt“ geltend gemacht werden kann (inter omnes), so ist der schuldrechtliche Anspruch das Ergebnis eines Zwei- oder Mehrpersonenverhältnisses und wirkt auch nur innerhalb dieses (inter partes). Der dingliche Anspruch ist gerichtet „auf weiter nichts als die Herstellung des rechtsgemäßen thatsächlichen Zustandes für die Zukunft“.20 Der Vindikationsanspruch als Rechtsverwirklichungsanspruch ist der „Archetyp“ des dinglichen Anspruchs. Das Eigentum des BGB ist das ultimative Recht an einem körperlichen Gegenstand und deshalb kann es kein „besseres“ Recht geben. Der (berechtigte) Besitz oder, kon18

Wilhelm, Sachenrecht, S. 712, Rn. 1194. Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 695; siehe auch MüKo BGB/Baldus, Vorb. § 985 BGB, Rn. 59. 20 Motive BGB III, S. 393. 19

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kreter, das tatsächliche Nutzungsrecht an der Sache, ist Teil des Eigentums. Im Falle einer Trennung von Eigentum und Besitz hat die Vindikation die Aufgabe, diese Trennung wieder zu beseitigen, den Besitz also wieder zum Eigentum zu führen.21 Da der Vindikationsanspruch die Rechtsverwirklichung anstrebt, fordert er über die faktische Trennung von Eigentum und Besitz hinaus keine subjektiven Elemente. Der objektive Charakter der Vindikation folgt aus ihrer Dinglichkeit. Anders als die „derberen Tatbestände“22 etwa des Deliktsrechts braucht es keine subjektiven Elemente. Dies beschreibt Picker als Ausdruck „verfeinerter Jurisprudenz“.23 Anlaß und Grund der Vindikation ist ein „Zustand auf seiten des Gegners“24 und eben nicht ein vom Recht missbilligtes Verhalten. Der Herausgabeanspruch entspringt einem Eigentumsverständnis, das abstrakt ist und sich auf körperliche Gegenstände beschränkt. Der Anspruch ist also Spiegelbild des deutschen Eigentumsverständnisses. Direkte Folge der Körperlichkeit der Vindikation ist die spezifische Begrenztheit des Herausgabeumfangs. Herausgegeben wird nur die Sache selbst. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei der Vindikation um einen Rechtsverwirklichungsanspruch: sie macht das Recht „ganz“ und bietet einen elementaren Schutz. Ist die Gefahr des gutgläubigen Erwerbs, der Ersitzung oder der Verjährung gebannt, indem Eigentum und Besitz wieder in einer Person vereint sind, kann in einem zweiten Schritt über das weitere Vorgehen diskutiert werden, etwa ob Sekundäransprüche bestehen. Bei Zerstörung, Verbrauch oder Veräußerung gibt es keine Vindikation, zumindest nicht zwischen den ursprünglichen Streitparteien. Die Sache existiert entweder nicht mehr oder befindet sich bei einer dritten Person. Im ersten Fall entfällt der Vindikationsanspruch ganz, im zweiten Fall verlagert er sich auf die andere Person. Etwaige Folgeansprüche wie etwa Schadensersatz leiten sich aus anderen Normen ab, insbesondere jenen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses in §§ 987 ff. BGB, nicht mehr jedoch aus § 985 BGB. § 985 BGB ist für die Zuordnung der körperlichen Form zuständig, die Sekundärnormen, in einem zweiten Schritt und in der Regel abhängig von subjektiven Momenten (etwa Verschulden), für Ersatz oder Ausgleich. Die Vindikation in § 985 BGB ist in der Tat eine „Erbin“ der römischrechtlichen rei vindicatio.25 Die ursprüngliche Mechanik dieses Anspruchs, nämlich die Beseitigung der Usurpation des Eigentumsrechts durch eine unberechtigte Besitzerin, hat sich seit der Zeit Roms nicht wesentlich verändert. Die Vindikation scheint zeitlos. Dies stellt

21 Duncker, Die Lehre von den Reallasten, S. 23: „Durch die rei vindicatio wird der Eigenthümer in den Stand gesetzt, seine unbeschränkte Herrschaft über die Sache auszuüben (positiver Bestandtheil des Eigentums) [ … ].“ 22 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 694. 23 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 694. 24 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 702. 25 Wolff/Raiser, Sachenrecht, § 84, S. 319, m. w. N.: „Der Herausgabeanspruch des Eigenümers (§ 985) enspricht der rei vindicatio des gemeinen Rechts.“

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auch Picker fest, wenn er von der „Archaik der modernrechtlichen Vindikation“ und der „Modernität der archaischrechtlichen Vindikation“ spricht.26 Der Vindikationsanspruch wird ergänzt durch die Normen des possessorischen Besitzschutzes in §§ 858 ff. BGB. Dreh- und Angelpunkt des possessorischen Besitzschutzes ist der widerrechtliche Eingriff in eine fremde Besitzposition. Dies ist die so genannte „verbotene Eigenmacht“ (§ 858 Abs. 1 BGB). Liegt verbotene Eigenmacht vor, so stehen der im Besitz gestörten Person Ansprüche auf die Wiederherstellung der früheren, ungestörten Besitzposition zu, sowie Rechte auf (auch gewaltsame) Selbsthilfe. Während § 985 BGB als Rechtsverwirklichungsanspruch fungiert, dient der besondere Schutz der §§ 858 ff. BGB sowohl der allgemeinen Friedenssicherung als auch der enormen wirtschaftlichen Bedeutung der Nutzungsmöglichkeit einer Sache. Die Aufrechterhaltung der äußeren Herrschaftsverhältnisse der Person zur Sache ist das Ziel des possessorischen Besitzschutzes, notfalls über die Gewaltrechte in § 859 BGB. Die Vorschriften des possessorischen Besitzschutzes aus §§ 858 ff. BGB sind, wenn man so will, die Infanterie im Kampf gegen den „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“. Insbesondere die Gewaltrechte in § 859 BGB geben der gestörten Besitzerin die Möglichkeit, einen Zustand der Besitzvorenthaltung gar nicht erst aufkommen zu lassen. Der Anspruch wegen Besitzentziehung durch verbotene Eigenmacht in § 861 BGB gewährleistet zügigen Rechtsschutz. Anders als bei § 985 BGB ist der possessorische Besitzschutz ein vorläufiger. Ziel ist allein der Schutz des Rechtsfriedens; um die materielle Zuordnung der Sache geht es grundsätzlich gerade nicht. Der Rechtsschutz endet, wenn die Gefahr für den Rechtsfrieden beseitigt ist, etwa wenn die Rechtmäßigkeit der veränderten Besitzsituation durch ein Gericht bestätigt wurde. Der Kreis der möglichen aktivlegitimierten Personen ist weiter als bei § 985 BGB: jede Besitzerin kann die §§ 858 ff. BGB in Anspruch nehmen, nicht nur wenn auch ein Recht zum Besitz vorliegt. Die Vorschriften des possessorischen Besitzschutzes kommen sowohl der besitzenden Eigentümerin zugute als auch jeder gestörten Besitzerin, die nicht auch gleichzeitig Eigentümerin ist. Schutz über die Normen des possessorischen Besitzschutzes erfordert weder Verschuldensfähigkeit noch Verschulden oder das Bewusstsein, fremden Besitz zu beeinträchtigen. Der objektive Charakter der verbotenen Eigenmacht steht also „auf halben Weg“ zwischen dem gänzlich wertneutralen Anspruch aus § 985 BGB (hier ist ja gänzlich irrelevant, wie die Sache Hände wechselt) und einer deliktischen Verschuldenshaftung. Dies erinnert an die conversion im englischen Recht, denn dieser Anspruch vereint ebenfalls deliktische Elemente mit einer verschuldensunabhängigen Haftung (strict liability). Neben die §§ 859 ff. BGB tritt der so genannte petitorische Besitzschutz, geregelt in § 1007 BGB. Während § 985 BGB klar dem Eigentum zugeordnet werden kann und die §§ 859 ff. BGB dem Besitz, so lässt sich § 1007 BGB irgendwo dazwischen einordnen. Die Rolle des § 1007 BGB im System des Besitzschutzes ist bis heute 26 Picker, „Der vindikatorische Herausgabeanspruch“, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, S. 693 ff.

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nicht gänzlich geklärt und umstritten. Die Vorschrift spricht der „früheren Besitzerin“ Ansprüche zu (und zwar grundsätzlich sowohl Herausgabe- als auch Ersatzansprüche). Schon die Bezeichnung als petitorischer Besitzschutz (lat.: petitio = Recht) wirft die Frage auf, welches „Recht“ denn Schutzgegenstand ist. Der bloße Besitz ist hier nicht Schutzgegenstand, nicht zuletzt, weil der Normzweck des reinen (possessorischen) Besitzschutzes, die allgemeine Friedenssicherung, mangels unmittelbarer Besitzstörung hier nicht passt. Auch das Eigentum ist nicht unmittelbarer bzw. alleiniger Schutzgegenstand: es muss eben nicht Eigentum an der Sache dargelegt und bewiesen werden. So ist auch die allgemein übliche Bezeichnung als „petitorischer“ Besitzschutz im besten Falle unklar. Die Idee eines „besseren“ Besitzes und eines dementsprechend „schlechteren“ Besitzes ist mit dem modernen deutschen Rechtsverständnis kaum vereinbar: das BGB „lädt den Besitz eben nicht petitorisch auf“.27 Die systematische Zwitterstellung der Norm folgt aus ihrer Entwicklungsgeschichte. § 1007 BGB scheint den sich gegenüberstehenden Ansichten in den vorbereitenden Kommissionen und der „großen Rechtsumwälzung“,28 die das BGB darstellt, zum Opfer gefallen zu sein: einerseits der grundlegend römischrechtlichen Idee, dass Eigentum und Besitz scharf getrennt sind und dass Eigentum ein Vollrecht ist (entweder man hat Eigentum oder nicht; ein „besseres“ Recht, das nicht Eigentum ist, kann es deshalb nicht geben); andererseits die partikularrechtliche Tradition, die Eigentum und Besitz eben nicht mit derselben Schärfe trennt und es durchaus auch Abstufungen, also „besser Berechtigte“ ohne Eigentum geben kann. Das BGB hat als Grundidee die scharfe Trennung übernommen, während § 1007 BGB der Überrest eines mehr partikularrechtlichen, mehr relativen Denkens ist. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass eine reibungslose Einordnung in das BGB nicht möglich ist. Noch 1905 war etwa von Gierke der Überzeugung, „daß mit der Umgestaltung unseres Privatrechts vielmehr die lebendige Kraft unseres ureignen Rechts gewachsen und die Bedeutung germanistischer Durchdringung des geltenden Rechts erhöht ist“.29 Er hielt es für „der germanistischen Rechtswissenschaft hoher, heiliger Beruf“, dass „kerndeutsche“ Rechtsgedanken im BGB bewahrt und von diesen „Gefahr abzuwenden“ sei.30 Es sei „ihre Pflicht gegen die Nation, dem deutschen Recht die Treue zu halten. Denn das ihr anvertraute köstliche Gut ist ein Stück unseres Volkstums“.31 Trotzdem hat § 1007 BGB sich nicht gegen § 985 BGB durchsetzen können. Die Eigentümerin einer Sache kann ihre Rechtsstellung also direkt über das Eigentumsrecht (§ 985 BGB) als auch indirekt über den Besitz (§§ 858 ff. und 27

MüKo BGB/Raff, § 1007, Rn. 18. von Gierke, Deutsches Privatrecht, Zweiter Band: Sachenrecht, Vorwort, S. V. 29 von Gierke, Deutsches Privatrecht, Zweiter Band: Sachenrecht, Vorwort, S. VI. 30 von Gierke, Deutsches Privatrecht, Zweiter Band: Sachenrecht, Vorwort, S. VII, VI. 31 Das Zitat geht weiter mit den Worten: „Und mit dem Volke innerlich verwachsen wird unser kunstvoll gestaltetes neues Recht nur, wenn seine deutsche Seele ihre Schwingen in freiem und mächtigem Flügelschlage entfaltet.“, von Gierke, Deutsches Privatrecht, Zweiter Band: Sachenrecht, Vorwort, S. VII. 28

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§ 1007 BGB) verteidigen. Befindet sich der Sachbesitz „ohne Rechtsgrund“ bei einer dritten Person, so kann die Eigentümerin grundsätzlich auch die bereicherungsrechtliche condictio possessionis bemühen. Zweck der bereicherungsrechtlichen Vorschriften in §§ 812 ff. BGB ist es, Bereicherungen, die ohne Rechtsgrund erfolgen, wieder rückgängig zu machen. Wie auch bei § 1007 BGB ist hier (anders als bei § 985 und §§ 859 ff. BGB) auf den ersten Blick nicht eindeutig, ob die condictio possessionis das Eigentum oder den Besitz schützt. Interessant wird dies bei der Frage, wer über die Besitzkondiktion die Sache (oder Wertersatz für den Fall der Unmöglichkeit der Herausgabe) herausverlangen kann. Die verschiedenen Ansichten hierzu stellen die strikte Unterscheidung des deutschen Rechts in Eigentum und Besitz erneut auf eine Probe. Es wird grundsätzlich im bereicherungsrechtlichen System in Leistungs- und Nichtleistungskondiktion unterteilt. Primäres Ziel der Leistungskondiktion ist die Umkehrung des rechtsgrundlos Geleisteten; das charakteristische Merkmal der Leistungskondiktion ist die zunächst freiwillige Weggabe des Besitzes an die Bereicherungsschuldnerin. Der Anspruch entspringt also nicht etwa aus einem Besitzrecht oder den Grundsätzen des Besitzschutzes, sondern allein aus dem fehlgeschlagenen Rechtsgeschäft. Die condictio possessionis in der Leistungsvariante kann hiernach also auch von der früheren (bloßen) Besitzerin geltend gemacht werden; die Qualität des Besitzes spielt hier keine Rolle. Bei der Nichtleistungs- oder Eingriffskondiktion sieht die Sache anders aus: das charakteristische Merkmal der Eingriffskondiktion ist das Vorliegen eines Eingriffs, also einer „Inanspruchnahme einer fremden Rechtsposition“; dies steht im starken Kontrast zur Freiwilligkeit der Weggabe bei der Leistungskondiktion: die Bereicherte „nimmt“ sich, was eine andere Person behalten wollte (im Gegensatz dazu, etwas geleistet zu bekommen, etwa in der Annahme einer Verbindlichkeitserfüllung). Die Rechtsposition, in die eingegriffen wird, muss eine gewisse Relevanz aufweisen; nur dies rechtfertigt die möglichen Rechtsfolgen (Herausgabe oder Wertersatz). Aus diesem Grund fordert die herrschende Ansicht, dass es sich bei dem erlangten Vorteil um eine Rechtsposition mit Zuweisungsgehalt, im Sinne einer ausschließlichen wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeit, handeln muss. Der bloße (unberechtigte) Besitz beschreibt grundsätzlich eine rein faktische Beziehung zur Sache und trägt im deutschen Recht keine solche Verwertungsmöglichkeit mit sich, so dass sich hier nur die zum Besitz berechtigte Person auf die condictio possessionis berufen kann. Die neuere Ansicht, der sich jüngst auch der BGH in Teilen angeschlossen hat, kommt für die condictio possessionis ohne eine solche Trennung in Leistungs- und Eingriffskondiktion aus. Weder der Besitz noch das Recht zum Besitz ist hiernach ausreichende Grundlage für die condictio possessionis, sondern ausschließlich das Eigentumsinteresse. Liegt die tatsächliche Sachherrschaft über die Sache bei einer dritten Person, die hierzu eben nicht berechtigt ist, ist hiernach stets das Interesse der Eigentümerin betroffen, und zwar für alle Kondiktionsformen gleich. Für die Eigentümerin einer Sache, deren Rechtsposition hier im Zentrum steht, ist dieser Streit freilich von geringer Bedeutung, ist sie doch nach beiden Ansichten regelmäßig aktivlegitimiert. Interessant ist die

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Diskussion jedoch einmal mehr vor dem Hintergrund der Beziehung von Eigentum und Besitz. 2. England Für das englische Recht wurden die Ansprüche aus proprietary restitution, conversion und reversionary injury untersucht. Der Restitutionsanspruch wird vornehmlich in equity relevant; die deliktischen Ansprüche sind ausschließlich im common law zu Hause. Von diesen drei Ansprüchen beinhaltet nur der Anspruch aus proprietary restitution und auch nur in der Vindikationsinterpretation („Cambridge Variante“) eine direkte Antwort auf die Aussage „That cow, Buttercup, is mine“. Nur hier ist grundsätzlich die Darlegung eines property right an einem bei einer unberechtigten Person befindlichen Gegenstand ausreichend, um die Haftung auszulösen. Die Ansprüche aus conversion und reversionary injury sind im Kern deliktischer Natur und erfordern damit das Vorliegen eines Eingriffs in eine Besitzposition bzw. ownership, wenn auch kein Verschulden. Das in seiner jetzigen Form noch sehr junge law of restitution bietet in bestimmten Konstellationen die Möglichkeit der proprietary restitution, also dingliche und damit insolvenzprivilegierte Ansprüche als Antwort auf Eingriffe in ownership. Die Frage nach der Rechtsnatur dieser Ansprüche ist nach wie vor umstritten, obwohl mit Foskett v. McKeown die Ansicht höchstrichterliche Unterstützung erhielt, die in proprietary restitution einen dinglichen Vindikationsanspruch zum Schutze des Eigentums erkennt („Cambridge Variante“). Demgegenüber steht eine bereicherungsrechtliche Interpretation der Ansprüche („Oxford Variante“). Ausgangspunkt beider Ansichten ist eine Sachverhaltskonstellation, in der der Klägerin ein proprietary right (in der Regel in equity) an einem asset zusteht, welches sich nunmehr in den Händen der Beklagten befindet und zurückverlangt wird. Die „Oxford Variante“ sieht hierin einen „Bruch“ in der Eigentumsbeziehung der Klägerin zum asset: Anspruchskern ist hiernach nie ein fortbestehendes „altes“ Eigentumsrecht an dem Streitgegenstand, sondern ein durch das Restitutionsrecht (die ungerechtfertigte Bereicherung) neu erschaffenes Recht, und zwar entweder ein personal right oder auch (in Ausnahmefällen) eben ein proprietary right. Diese ziehen in der Rechtsfolge entweder personal restitutionary remedies oder, wenn auch seltener, proprietary restitutionary remedies nach sich. Nach der „Cambridge Variante“ hat die proprietary restitution nichts mit ungerechtfertigter Bereicherung zu tun, sondern stellt einen selbstständigen Teilbereich des law of restitution dar. Nach dieser Ansicht geht es um den Schutz der Kontinuität der Eigentumsbeziehung; das vor und nach der Störung bestehende Eigentumsrecht ist identisch. Der Anspruch reagiert gerade auf die Störung eines (durchgängig) bestehenden Eigentumsrechts und die Rechtsfolge ist hiernach stets dinglich (proprietary). Nach der „Cambridge Variante“ sind die hier im Mittelpunkt stehenden (insolvenzprivilegierenden) proprietary remedies nur als Folge des Vindikationsanspruchs möglich; ein Anspruch aus unjust enrichment eröffnet der Klägerin hiernach eben nur personal remedies, also schuldrechtliche

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Ansprüche. Der Begriff der vindication of property rights ist mit Blick auf das deutsche Recht missverständlich, denn Anspruchsinhalt ist selten eine Herausgabe wie in § 985 BGB. Weil sich die proprietary restitution vorrangig im Bereich der equity abspielt, die vornehmlich unkörperliche assets zum Gegenstand hat, sind Sicherungsrechte oder die Anerkennung von (insolvenzfestem) beneficial ownership unter einem trust weitaus praxisrelevanter. Es folgt aus dem Eigentumsverständnis der equity, dass grundsätzlich jeder Vermögenswert zu „Eigentum“ werden kann. Burrows schreibt in Bezug auf die Gewährung von proprietary restitutionary remedies im bereicherungsrechtlichen Kontext: „To grant proprietary restitution in that restitution would immediately turn most unsecured creditors into secured creditors and, at a stroke, would destroy the established law of insolvency.“32 Das Eigentumsverständnis des common law mit seinem Sachbezug und in seiner Beziehung zum Besitz ist dem deutschen Rechtsverständnis wesentlich näher als das equitable ownership. Diese Nähe zum deutschen Recht trägt sich jedoch nicht in die einschlägigen Schutzansprüche. Zum Schutz von ownership entwickelte das common law die deliktischen property torts, und zwar insbesondere den Anspruch, der heute als conversion bezeichnet wird. Aktivlegitimiert ist in conversion, wer ein legal proprietary right in dem Streitgegenstand und ein hieraus fließendes right to immediate possession darlegen kann. Wie gezeigt wurde, kennt das common law keine strikte Trennung in Eigentum und Besitz; jeder Besitz gibt grundsätzlich auch ein Recht zum Besitz, eben ein legal proprietary right. Im Vergleich zum deutschen und auch schottischen Recht hat das englische Verständnis eine „unusual notion of possession“.33 Die Diskussion darum, was conversion schützt, (berechtigten) Besitz oder ownership, kann mit Blick auf das englische Eigentumsverständnis also nicht endgültig entschieden werden: Eigentum und Besitz lassen sich nicht voneinander trennen, sie sind, so mag man sagen, eins. Vor diesem Hintergrund scheint die conversion dem Vindikationstatbestand zunächst sehr nahe, „for what is a conversion, but an assuming upon one’s self the property and right of disposing another’s goods […]“.34 Die Vorenthaltung des Sachbesitzes, „[t]he very denial of goods to him that has a right to demand them […]“,35 erfüllt den Tatbestand. Die conversion hat zwar, anders als etwa § 985 BGB, eine deliktische „Färbung“, benötigt also über die bloße Trennung von Eigentum und Besitz hinaus ein „mehr“. Dieses „mehr“ erfasst eine Reihe von Sachverhalten, aber auch die bloße retention, also rechtswidrige Besitzvorenthaltung. Hinzu kommt der für deliktische Ansprüche untypische verschuldensunabhängige Charakter (strict liability). Trotz ihres nahezu sachenrechtlichen Charakters ist die conversion damit weiterhin, zumindest in Form, ein deliktischer Anspruch.

32 33 34 35

Burrows, The Law of Restitution, S. 174. Green/Randall, The Tort of Conversion, S. 53. Baldwin v. Cole (1704) 6 Modern 212; 87 E.R. 964, S. 964 (S. C. Holt). Baldwin v. Cole (1704) 6 Modern 212; 87 E.R. 964, S. 964 (S. C. Holt).

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Conversion schützt diejenige Person mit dem unmittelbarsten Besitzrecht an der Sache, dem immediate right to possession; für all jene Fälle, in denen zwar ein proprietary legal right vorliegt, aber eben kein unmittelbares Besitzrecht, etwa weil die Sache zur Zeit der tatbestandlichen Handlung vermietet war, gibt es den Anspruch aus reversionary injury, ebenfalls ein deliktischer property tort-Anspruch. Conversion und reversionary injury zusammen geben ein vollständiges Bild und bieten Schutz für Berechtigte sowohl in possession als auch out of possession. Der augenfälligste Unterschied zwischen beiden Tatbeständen ist, dass nur bei der reversionary injury ein erlittener Schaden Tatbestandsvoraussetzung ist; die conversion benötigt eben gerade nicht die Darlegung eines Schadens, denn es ist der Eingriff in eine fremde Rechtsposition, der tatbestandsbegründend ist. Diese Zersplitterung des Schutzes in unterschiedliche property torts ist nur vor der historischen Entwicklung nachzuvollziehen und bleibt nicht kritiklos. So schreibt etwa Tettenborn: „Not being a particularly logical system, English law never produced a generalised tort to deal with acts prejudicing the rights of property owners.“36 Wie gezeigt wurde, hat es auch der Torts (Interference with Goods) Act 1977 nicht geschafft, das Recht diesbezüglich zu vereinheitlichen. Während die proprietary restitution noch immer in den Kinderschuhen steckt, verliert sich die Geburt der property torts in grauer Vorzeit. Historische Ursprünge, Form und Begrifflichkeiten dieser deliktischen Ansprüche mögen heute zum Teil seltsam anmuten, sie sind jedoch, ebenso wie die noch taufrische proprietary restitution Teil des modernen englischen Rechts: „It may seem odd that, in the 1960s, the liability of the defendant bank for the part which they were deceived into playing in this transaction should be affected by a series of legal fictions by use of which the lawyers of the 16th century evolved from the ancient real action of detinue sur trover a personal action on the case of trover which, with the abolition of forms of action, became the modern tort of conversion. […] Such, however, is the common law of England […].“37 Das englische Recht steht in einer langen, fast tausendjährigen Tradition und manche der untersuchten Ansprüche (conversion und reversionary injury) sind hunderte von Jahren alt. Doch manchen, wie der vindication of property, liegen Rechtsentwicklungen sehr viel neueren Datums zu Grunde, die erst mit der Jahrtausendwende Fahrt aufgenommen haben. Die „Einführung“ eines Vindikationsanspruches eben aus der Behauptung „That cow, Buttercup, is mine“ scheint diesem einen „Charakter der Universalität“38 zuzusprechen, der vorher Channelübergreifend so nicht existierte. Der Rechtsvergleich wird dadurch erleichtert; das englische Recht rückt etwas näher an die kontinentaleuropäische Rechtstradition bzw. beginnt, eine ähnliche Sprache zu verwenden.39 36

Tettenborn, Reversionary Damage to Chattels, in: Cambridge Law Journal (Vol. 53/2) July 1994, 326. 37 Marfani & Co. Ltd. v. Midland Bank Ltd. [1968] 1 W.L.R. 956, S. 970 (Diplock L.J.). 38 von Jhering, Geist des römischen Rechts, S. 15. 39 Siehe hierzu ausführlich Schäfer, Die Vindikation im englischen Privatrecht – Zehn Jahre Foskett v. McKeown, in: StudZR 2/2010, 275.

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3. Schottland Für das schottische Recht wurden die Ansprüche aus vindicatory restitution, spuilzie und enrichment restitution geprüft. Dieser Dreiklang spiegelt im Grunde den Ansatz des deutschen Rechts wider; dies ist nicht erstaunlich, ist doch das Verständnis von Eigentum und Besitz ein Ähnliches. Eigentumsschutz und Besitzschutz sind zwei grundsätzlich getrennte Anspruchsfamilien; sie stehen grundsätzlich getrennt von bereicherungsrechtlichen Ansprüchen. Anders als im deutschen Recht aber ist diese Trennung in Anspruchsgründe in Schottland in vielerlei Hinsicht fast ein theoretische, denn wie gezeigt wurde, liefen insbesondere die beiden Restitutionsansprüche lange unter ein und derselben Begrifflichkeit (restitution und action of delivery). Die Grenzen zwischen den verschiedenen Ansprüchen sind auch im modernen Recht noch verschwommen. Der Anspruch aus restitution bzw. (und in Abgrenzung zur enrichment restitution des Bereicherungsrechts) vindicatory restitution ruht auf dem Eigentum und richtet sich gegen jede Person, die die Sache unberechtigt besitzt. Die Ansprüche der Eigentümerin aus vindicatory restitution, prozessual durchgesetzt über die action of delivery, ähneln auf den ersten Blick dem Vindikations- und seinen Folgeansprüchen in §§ 985 ff. BGB. Und auch die Grundvoraussetzungen des Anspruchs, Recht (in der Regel Eigentum) und unberechtigter Besitz, gleichen dem deutschen Verständnis. Anders als im deutschen Recht liegt der Fokus traditionell jedoch nicht auf dem Rechtsverwirklichungsaspekt des Herausgabeanspruchs, sondern auf der Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin, einer Verpflichtung „from the authority and command of God“ und damit „written in our hearts“, wie es in dem einleitenden Zitat zum schottischen Kapitel heißt. Restitution ist damit also das Recht der Eigentümerin auf Herausgabe der Sache, folgend aus der naturrechtlichen Verpflichtung der unberechtigten Besitzerin, die Sache herauszugeben; eine Verpflichtung, welche wiederum aus dem dinglichen Recht der Eigentümerin folgt. Dem dinglichen Recht der Eigentümerin steht also eine persönliche Verpflichtung der unberechtigten Besitzerin zur delivery gegenüber. Der Fokus innerhalb des Herausgabeanspruchs verschiebt sich damit auf die Rückgabeobligation der Besitzerin und das dingliche Recht der Eigentümerin auf Herausgabe scheint an Inhalt zu verlieren. Dies ist besonders interessant vor dem Hintergrund des Vergleichs mit dem deutschen Recht. Zwar gleicht sich in beiden Rechtsordnungen das Eigentumsverständnis; in der einen Rechtsordnung wird der Vindikationsanspruch aber aus der Perspektive der gestörten Eigentümerin betrachtet, in der anderen steht die Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin im Vordergrund. Es ist die Feststellungsklage, die nach Stair die wahre „Erbin“ der rei vindicatio ist: „The action for delivery of moveables, is also upon the personal obligation of the haver, which is distinct from the right of property, which is rather a declaratory action, as rei vindicatio in the Roman law did chiefly declare the pursuer’s right of moveables.“40 Eine Interpretation dieser Abkehr von den römischen Wurzeln liegt wohl, wie gezeigt 40

Stair, Institutions, IV. xxi. 5.

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wurde, in dem Versuch, ein selbstständiges schottisches Privatrecht zu etablieren. Und auch die Scottish Law Commission scheint auf dem Standpunkt zu stehen, dass Stairs restitution eben nicht direkt für die vindicatio „einspringt“, sondern die Herausgabe nur ein Folgeanspruch der Feststellung des Eigentums ist: „[…] some institutional writers argued that the action of restitution comes in place of the rei vindicatio. This seems strange. The obligation to restore by delivery of these moveables is logically merely ancillary to the action of declarator […] vindicating the right of ownership.“41 Dies ist interessant im Vergleich zum deutschen Recht, denn das BGB „denkt“ den Vindikationsanspruch in § 985 BGB eben nicht als Folgeanspruch der Feststellung des Eigentums. Die Feststellung des Eigentums allein böte auch, gerade wegen der Gefahren, der das Eigentum ohne Sachbesitz ausgesetzt ist, keinen ausreichenden Rechtsschutz. Die Motive zum BGB sagen hierzu sogar: „Über die Feststellungsklage des Eigenthümers enthält der Entwurf keine Bestimmung. Fallen Besitz und Eigenthum auseinander, so ist ein rechtliches Interesse an der Feststellung so klar vorliegend, daß es einer gesetzlichen Bestimmung, welche den Richter von einer Verkennung dieses Interesses abhalten soll, nicht bedarf. […] Mit dem Anspruche auf Herausgabe der Sache kann das Begehren eines die Eigenthumsfrage unter den Parteien erschöpfenden Feststellungsurtheils verbunden werden.“42 Unter dem „undifferentiated Scots concept of restitution“43 sitzen also sowohl die sachenrechtliche vindicatory restitution als auch die bereicherungsrechtliche enrichment restitution. Jene bereicherungsrechtlichen Ansprüche der Eigentümerin, gerichtet auf die Herausgabe von beweglichen Sachen, sind im schottischen Recht, insbesondere wegen der traditionell dominanten vindicatory restitution, jedoch unterentwickelt und es gibt hierzu kaum Literatur oder case law. Auch bereicherungsrechtliche Ansprüche auf Sachherausgabe von einer Person, die nicht Eigentümerin ist, sind hier eher unterrepräsentiert. Dies mag daran liegen, dass diese Ansprüche traditionell über die generische action of delivery (bzw. restitution) durchgesetzt wurden und sich die Frage nach dem Anspruchsgrund nur selten stellte. Zur Verwirrung beigetragen hat auch die Unsicherheit, die lange in Bezug auf die Details der Eigentumsübertragung bei beweglichen Sachen bestand. Wenn Uneinigkeit dazu herrscht, wie Eigentum übergeht und ob die Fehlerhaftigkeit eines zugrundeliegenden Rechtsgeschäfts Auswirkungen auf die Eigentumsübertragung hat, so muss zwangsläufig folgen, dass nicht immer mit ausreichender Sicherheit gesagt werden kann, ob es sich um eine vindicatory restitution oder enrichment restitution handelt. Die Lösung liegt in der bereits bekannten Undifferenziertheit der

41

Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 115, Rn. 2.110. 42 Motive BGB III, S. 396. 43 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 109, Rn. 2.107.

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restitution bzw. action of delivery und, voilà, „[t]he doubt is concealed“.44 Über Jahrhunderte wurde den Details der restitution, insbesondere in Bezug auf Anspruchsgründe, kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die Folge ist eine „combination of confusion and ignorance“;45 und restitution ist in vielerlei Hinsicht eine, wie Stewart scheibt, „Cinderella obligation“.46 Die Restitutionsansprüche werden ergänzt durch den possessorischen Besitzschutz aus spuilzie. Die Störung des unmittelbaren Besitzes durch vitious dispossession führt grundsätzlich zu einem Herausgabeanspruch; ein Selbsthilferecht besteht ebenso. Der Besitzentzug muss vitiously bzw. wrongfully erfolgen, wenn auch nicht unbedingt gewaltsam; es reicht, wenn die Sache ohne Einverständnis der früheren Besitzerin die Hände wechselt.47 Ein solcher separater Anspruch ist zwar zu erwarten in einem Rechtssystem, das Eigentum und Besitz als separate Konzepte begreift. Spuilzie ist praktisch jedoch kaum relevant und, obwohl „well established in early law“, so doch „almost entirely undeveloped in modern law“.48 Unter Umständen mögen beweisrechtliche Gründe für ein Vorgehen in spuilzie sprechen; ein Vorgehen über vindicatory restitution ist für die Eigentümerin mit Hinblick auf die endgültige Güterzuweisung jedoch oftmals vorzuziehen. Doch auch das Verhältnis von spuilzie und vindicatory restitution (und wegen der unklaren Begrifflichkeit faktisch auch enrichment restitution) ist geprägt von confusion, denn auch hier steht die historische gewachsene Unklarheit in Bezug auf den Tatbestand einer Abgrenzung entgegen. Man nehme nur Stairs spuilzie-Definition, die Eingriff in Eigentum und nicht Besitzstörung zu fordern scheint: „the taking away of moveables without consent of the owner or order of law“.49 Alle diese Schutzansprüche haben gemeinsam, dass sie sowohl den Herausgabeanspruch als auch verschiedene Sekundär- und Nebenansprüche umfassen; was im deutschen Recht die Aufgabe detaillierter Vorschriften, insbesondere des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses (§§ 987 ff. BGB) ist, steht im schottischen Recht undifferenziert neben dem Herausgabeanspruch. Rechtsnatur und Umfang dieser Sekundär- und Folgeansprüche sind zuweilen unklar; entsprechendes case law und Literatur werden sowohl in sachenrechtlichen als auch in bereicherungsrechtlichen 44 Scottish Law Commission, Discussion Paper No. 95, „Recovery of benefits conferred under error of law“, Volume 2 (Background research papers), S. 125, Rn. 2.122. 45 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 4, Rn. 1.3; siehe auch ders., The Law of Restitution in Scotland – Supplement, S. 1, Rn. 1.3: „Confusion and ignorance. I use these strong words to describe the causes for the law of restitution being ill served in Scotland.“ 46 Stewart, The Law of Restitution in Scotland, S. 4, Rn. 1.3. 47 Reid, The Law of Property in Scotland, S. 135, Rn. 164, m. w. N.; Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 131, Rn. 3.1: „unauthorised“, bzw. „without the consent of the dispossessed party“. 48 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 129, Rn. 1. 49 Stair, Institutions, I. ix. 16.

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Abhandlungen zitiert. Diese Situation ist, aus systematischer Sicht, recht unbefriedigend und „stems from a time when the law of civil wrongs was undeveloped and unsophisticated“.50 Ob de lege ferenda ein „dogmatischer Frühjahrsputz“ erwartet werden kann, ist, zumindest in absehbarer Zeit, nicht ersichtlich, nicht zuletzt wegen der geringen Praxisrelevanz. 4. Fazit Ziel dieser Untersuchung ist vorrangig die Suche nach Rechtsbehelfen aus dem Eigentum bzw. ownership als dem „besten“ Recht an einer Sache. Miteinbezogen wurden solche Rechtsbehelfe, die direkt oder auch indirekt dem Schutze des (bereits gestörten) Eigentums bzw. ownership dienen. Je nach Konzeption der jeweiligen Rechtssysteme wurden neben sachenrechtlichen auch deliktische und bereicherungsrechtliche Ansprüche geprüft, soweit „es zu ihrer Begründung nicht [wesentlich]51 mehr bedarf, als darzulegen und nötigenfalls zu beweisen, das ein Übergriff in eine der dem Anspruchssteller durch sein Sachenrecht exklusiv vorbehaltenen Befugnisse […] andauert“.52 Die Ansprüche aus § 985 BGB, proprietary restitution (in der „Cambridge-Variante“) und vindicatory restitution sind Paradebeispiele für „spezifisch sachenrechtliche[n]“53 Rechtsbehelfe, denn sie „knüpfen allein an die Inhaberschaft des jeweiligen Sachenrechts an. Sie reagieren auf Übergriffe […] in die Befugnisse des Rechtsinhabers; sie reagieren dagegen weder auf ein Verschulden oder eine Bereicherung des Anspruchsgegners noch auf einen Schaden oder auf einen bestimmten Status des Anspruchsstellers“.54 Dass an dieser Stelle überhaupt drei Ansprüche genannt werden können, kommt einer kleinen Revolution gleich, denn traditionell sind derartige Ansprüche dem englischen Recht fremd. Die zur Verfügung stehenden bereicherungsrechtlichen Ansprüche der condictio possessionis, proprietary restitution (in der „Oxford-Variante“) sowie enrichment restitution ergänzen die übrigen Ansprüche, sind jedoch nicht sehr praxisrelevant. Das deutsche Recht stellt dem direkten Eigentumsschutz auch den Besitzschutz gegenüber; auch die anderen beiden untersuchten Rechtsordnungen nehmen den Besitz als grundsätzlich getrennt vom Eigentum wahr und vermitteln Schutz. Die Besonderheit hier ist nur, dass die Grenzen verwischen. Wer owner einer Sache ist, ist insbesondere im englischen, aber auch im schottischen Recht (auch) an Besitzverhältnissen zu bestimmen. Dies gilt insbesondere für die englischen property torts, die 50

Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 135, Rn. 4.1. 51 Einfügung durch Autorin. 52 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Zweiter Band, S. 523, Rn. 414. 53 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Zweiter Band, insb. S. 22, Rn. 414. 54 von Bar, Gemeineuropäisches Sachenrecht, Erster Band, S. 23 ff., Rn. 12 ff.

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auf Eingriffe in legal title reagieren, welche schon mit dem bloßen Sachbesitz entstehen. Auch bezüglich des schottischen Anspruchs aus spuilzie ist die Aktivlegitimation nicht gänzlich geklärt. Petitorischer und possessorischer Schutz sind also, je nach Rechtsordnung, nicht immer klar voneinander zu trennen, denn auch Recht und Besitz und „überscheiden“ sich häufig. In Deutschland wirft insbesondere der § 1007 BGB Problem auf. Der petitorische Besitzschutz fordert das deutsche „schwarz-weiß-Denken“ in Bezug auf ein absolutes Eigentumsverständnis (entweder man hat Eigentum oder man hat kein Eigentum) heraus. § 1007 BGB weicht die Grenzen zwischen Eigentum und „Nicht-Eigentum“ auf: die dem Tatbestand zugrundeliegende Idee, dass es eine „besser“ (besitz-)berechtigte Person und eine „schlechter“ (besitz-)berechtigte Person gibt, und zwar losgelöst vom „besten“ Recht des Eigentums, ist dem modernen deutschen Rechtsverständnis eigentlich fremd. Der § 1007 BGB ist deshalb vor dem Hintergrund der englischen Titelrelativität interessant und wäre in England vielleicht von weit größerer praktischer Relevanz als in Deutschland. Dies führt zu einem interessanten Gedankenexperiment: wie ähnlich wären sich deutsches und englisches Recht heute, hätten die BGB-Kommissionen sich für die Beibehaltung des partikularrechtlichen Eigentumsverständnisses entschieden?

III. Anspruchsinhalt Mit Blick auf den Anspruchsinhalt stellt sich die Frage, ob dem „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ auch ein archetypisches Gerechtigkeitsempfinden hinsichtlich der Rechtsfolgen nachfolgt oder ob diese sich so unterscheiden wie die Ansprüche selbst. Diese Frage ist in der Praxis regelmäßig weit wichtiger als die Rechtsnatur des Anspruchs. Die Anspruchsinhaberin, Klägerin bzw. Mandantin will beantwortet wissen, ob sie die Sache in specie wiederbekommt oder nur Wert- bzw. Schadensersatz. Die hier untersuchten Ansprüche zeigen in Form und Inhalt zum Teil wesentliche Unterschiede, denn jeder Anspruch erwächst seiner ganz eigenen, aus der (Rechts-)Geschichte folgenden, „dogmatischen Petrischale“. Insbesondere offenbart sich bei der Frage „Sache oder Geld?“ eine Trennlinie zwischen common law (England) und civil law (Deutschland, und in dieser Hinsicht auch Schottland). 1. Deutschland Das deutsche Recht begegnet der Besitzvorenthaltung gegenüber der Berechtigten mit einem bestimmten Muster: die Sache soll zunächst in specie herausgegeben werden; erst wenn das nicht möglich ist, kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, anstelle der Sache Ersatz in Geld gefordert werden. Dieses Muster zeigt sich eindrücklich beim sachenrechtlichen Eigentumsschutz: der Primäranspruch über § 985 BGB richtet sich auf Herausgabe der Sache; wenn die Herausgabe unmöglich ist, so steht der Eigentümerin unter Umständen ein Anspruch aus

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dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis zu (§§ 987 ff. BGB). Der Primäranspruch ist Rechtsverwirklichungsanspruch und in diesem Sinne „neutral“: die bloße Trennung von Eigentum und Besitz löst Rechtsschutz aus. Etwaige subjektive Elemente in der Person des Besitzers sind irrelevant; es geht hier eben nicht um eine „Schuldzuweisung“. Ist die Herausgabe in specie nicht möglich, etwa weil die Sache untergegangen ist oder aus einem anderen Grund nicht herausgegeben werden kann, so geben die Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnis der Eigentümerin die Möglichkeit, in einem zweiten Schritt Schadensersatz statt Herausgabe zu verlangen. Die Neutralität des Anspruchs aus § 985 BGB überträgt sich jedoch nicht in den Sekundäranspruch. Die subjektiven Elemente, die beim Primäranspruch irrelevant waren, spielen für den Sekundäranspruch, gerichtet auf Geld, nun eine wesentliche Rolle, denn privilegiert ist über das Eigentümer-Besitzer-Verhältnis nur die gutgläubig besitzende Person. Die zum Schadensersatz verpflichtete (bösgläubige oder verklagte) Besitzerin aber schuldet nicht nur den objektiven Verkehrswert der Sache, sondern das volle subjektive Interesse der Eigentümerin an der Wiedererlangung der Sache (also auch etwa entgangenen Gewinn und andere Begleitschäden). Der petitorische Besitzschutz in § 1007 BGB folgt dem sachenrechtlichen Eigentumsschutz in der Weise, dass zunächst Herausgabe in specie geschuldet ist (sowohl von der bösgläubigen (§ 1007 Abs. 1 BGB) als auch unter Umständen von der gutgläubigen (§ 1007 Abs. 2 BGB) gegenwärtigen Besitzerin). Wird die Herausgabe der Sache unmöglich, kann die frühere Besitzerin Schadensersatz nach den Vorschriften des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses verlangen (allerdings nicht, wie beim Eigentumsschutz auf das Eigentumsinteresse, sondern nur auf das Besitzerinteresse). Die Normen des possessorischen Besitzschutzes in §§ 858 ff. BGB geben der Eigentümerin eine weitere Möglichkeit an die Hand, die Sache zurückzuerhalten. Aus dem Besitzschutzcharakter indes folgt eine wesentliche Anspruchskürzung: es geht lediglich um die Wiedereinräumung des Besitzes (zur Not auch über ein Selbsthilferecht). Ist dies nicht möglich, so scheitert auch der Anspruch. Der Besitz nach deutschen Rechtsverständnis ist ein bloßes Faktum und hat eben keinen „petitorischen“ Inhalt, der sich etwa in der Gewährung von Wertersatzansprüchen fortführen würde. Im Hinblick auf den Vergleich mit der schottischen spuilzie, die ja grundsätzlich Wertersatz gewährt, sei aber noch erwähnt, dass auch im deutschem Recht (vor Inkrafttreten des BGB) der possessorische Besitzschutz als Ausdruck des Eigentumsschutzes diskutiert wurde (insbesondere des vermuteten Eigentums, das der Besitz ja in sich trägt) bzw. als notwendige Ergänzung des Eigentumsschutzes.55 Wie oben gezeigt wurde, war die Trennung von Eigentum und Besitz vor Inkrafttreten des BGB nicht ganz so eindeutig wie im modernen Recht, weswegen diese Interpretationen damals wesentlich gefälliger ins System passten.

55 Eine Übersicht der Positionen zum Normzweck findet sich bei Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 32 – 48, m. w. N.

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Über die condictio possessionis kann grundsätzlich (bis an die Grenzen der Entreicherung) „das erlangte Etwas“ herausgefordert werden, also auch Sachbesitz. Der Anspruchsinhalt ist sehr weit: neben der Sachherausgabe können auch Nutzungen und etwaige Surrogate (z. B. Versicherungssummen bei Beschädigung der Sache) herausverlangt werden, sowie unter Umständen Schadensersatz von der bösgläubigen Schuldnerin. Ob im Rahmen der condictio possessionis Wertersatz verlangt werden kann, wenn Herausgabe der Sache nicht möglich ist, wurde zuletzt vom BGH verneint mit der Begründung, dass dem bloßen Besitz kein verbleibender Wert zukommt. Der BGH verweist in diesen Fällen auf § 985 BGB oder § 816 Abs. 1 BGB. Das deutsche Recht geht nach dem Vorgenannten also grundsätzlich zweischrittig an die Frage nach dem Anspruchsinhalt heran: die Sache wird zunächst selbst herauszugeben sein und erst wenn das nicht möglich ist, kommt ein Wertersatzanspruch in Frage. Dem „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ wird also grundsätzlich zunächst mit Anordnung der Herausgabe der streitgegenständlichen Sache begegnet. 2. England Das englische common law dreht die Herangehensweise des deutschen Rechts auf den Kopf. Dem Grundsatz nach spricht das common law der Klägerin zunächst einen Wertersatzanspruch zu. Nur in eng gesteckten Ausnahmefällen wird specific restitution, also Herausgabe in specie, und zwar über die Billigkeitserwägungen der equity, angeordnet. Anders als der Grundsatz im deutschen Recht, wo Wertersatz grundsätzlich erst dann verlangt werden kann, wenn der Herausgabeanspruch gescheitert ist, ist Wertersatz „Standard“ und die Entscheidung zu specific restitution liegt im Ermessen des Gerichts. Dieser Ansatz gilt nicht nur für die hier untersuchten Ansprüche, sondern allgemein und insbesondere auch in Bezug auf das Vertragsrecht; auch die Anordnung der Vertragserfüllung (specific performance), anstelle der üblichen Schadensersatzfolge, liegt im Ermessen des Gerichts und wird nur in Ausnahmefällen und nur über die Grundsätze der equity zugesprochen. So schreibt Webb: „The common law’s preference for money awards over specific relief is systemic.“56 Und „Equitable relief is discretionary and exceptional. […] The leading principle is usually said to be that equitable relief is not available where damages are an adequate remedy. In my view, it would be more accurate to say that equitable relief will be granted where it is appropriate and not otherwise; and that where damages are an adequate remedy it is inappropriate to grant equitable relief. […] It is always necessary to consider the consequence to the defendant of granting such relief as well as the consequence to the plaintiff of leaving him to his remedy in damages. Equitable

56 Webb, Reason and Restitution, S. 179; S. 179 ff. kritisch zu den Gründen für diese Herangehensweise.

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remedies are instruments of justice […].“57 Der Bevorzugung des geldwerten Ersatzes für den Fall, dass eine bewegliche Sache, untechnisch gesprochen „ohne Rechtsgrund“ die Hände wechselt, ist tief im englischen Recht verwurzelt. Wie bereits erwähnt ist traditionell nur in Bezug auf unbewegliche Sachen die Herausgabe in specie unproblematisch anerkannt, hier sogar als Primärrechtsfolge. Die Ansprüche aus den untersuchten property torts, nämlich conversion und reversionary injury, folgen ebenfalls diesem Muster. Der Torts (Interference with Goods) Act 1977 regelt in s. 3 (2) die drei möglichen Rechtsfolgen: „The relief is – (a) an order for delivery of the goods, and for payment of any consequential damages, or (b) an order for delivery of the goods, but giving the defendant the alternative of paying damages by reference to the value of the goods, together in either alternative with payment of any consequential damages, or (c) damages.“ Während die Klägerin grundsätzlich wählen kann zwischen der zweiten und dritten Alternative, liegt die erste Alternative (Herausgabe ohne Wahlmöglichkeit) ausschließlich im Ermessen des Gerichts. So heißt es ausdrücklich in s. 3 (3)(b): „relief under paragraph (a) of subsection (2) is at the discretion of the court, and the claimant may choose between the others“. Der Wert- bzw. Schadensersatz ist noch immer die Standardrechtsfolge; Herausgabe in specie (specific restitution) als Primäranspruch ist selten. In equity ist die Situation wieder umgekehrt. Während specific restitution (bzw. specific performance im Vertragsrecht) im common law nur selten vorkommt, ist es zentraler Bestandteil der equity. So etwa Lord Greene: „Specific relief as distinct from damages (the normal remedy at common law) was confined to a very limited range of claims compared with the extensive uses of specific relief developed by equity.“58 Diese sind zwar proprietary, jedoch nicht dinglich, in dem Sinne, dass sie sich auf körperliche Gegenstände beziehen.59 Und so stellt auch die untersuchte proprietary restitution (in der „Cambridge Variante“), die ja vornehmlich für Eingriffe in equity-Eigentum zur Verfügung steht, wenn auch wegen der (unkörperlichen) Natur der gestörten Rechtspositionen keine Herausgabe in specie (specific restitution), so doch insolvenzfeste proprietary remedies zur Verfügung. Relevant sind hier sowohl der constructive trust als auch ein Sicherungsrecht über die so genannte equitable charge (oder lien). Wie bereits oben dargestellt, beansprucht die „Cambridge Variante“ dingliche remedies allein für den sachenrechtlichen Vindikationsanspruch, während die „Oxford Variante“ diese in Ausnahmefällen auch für den bereicherungsrechtlichen Anspruch vorsieht. In der bereicherungsrechtlichen „Oxford Variante“ folgt die Bestimmung des Anspruchsinhalts wieder der bekannten Regel, nämlich grundsätzlich personal restitutionary remedies und nur in Ausnahmefällen proprietary restitutionary remedies. 57

Co-Operative Insurance Society Ltd. v. Argyll Stores (Holdings) Ltd. [1996] Ch. 286, S. 304 (Millett L.J.). 58 Diplock v. Wintle (and Associated Actions) [1949] Ch. 465, S. 519 (Lord Greene). 59 Hierzu auch Gretton, „Proprietary Issues“, in: Johnston/Zimmermann, Unjustified Enrichment: Key Issues in Comparative Perspective, S. 571.

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Nicht für jede Eigentumsbeeinträchtigung bietet das englische Recht also eine proprietary remedy. Dies hat zum Teil ganz praktische historische Gründe, denn lokale Untergerichte hatten jahrhundertelang nicht die rechtliche Kompetenz, Urteile in equity zu sprechen, dies blieb der Krone bzw. dem Court of Chancery vorbehalten.60 Erst mit Inkrafttreten des Common Law Procedure Act 1854 war Sachherausgabe (eine equitable remedy) auch als Rechtsfolge in common law-Gerichten überhaupt erst denkbar.61 Der Vorzug von personal remedies im common law liegt aber vor allem auch darin begründet, dass das common law-Eigentum keine absolute Rechtsposition ist; es herrscht der Grundsatz der Titelrelativität. Eigentum ist hiernach letztlich eine Abwägung zwischen konkurrierenden Rechtspositionen und die Antwort auf die Frage, welche der beteiligten Personen das „bessere“ Recht an der Sache hat. Es gibt nicht die eine Eigentümerin, der die Sache letztendlich zusteht. Die Sache wird noch verkompliziert dadurch, dass sich zusätzlich an ein und derselben Sache (mindestens) eine Eigentümerin at law und (mindestens) eine Eigentümerin in equity gegenüberstehen können. Equitable ownership kann über den trust an so gut wie allen Vermögensgegenständen begründet werden. Hier sind also proprietary remedies, dingliche (Herausgabe-)Ansprüche also, die der Anspruchstellerin Vorrang in der Insolvenz der Schuldnerin einräumen, die Regel. Die insbesondere in Bezug auf die Rechtsfolge unterschiedliche Behandlung von Eigentum at law und Eigentum in equity kann für Außenstehende das Verständnis des englischen Rechts erschweren und wird auch aus den eigenen Reihen nicht kritiklos akzeptiert. So schreibt etwa Baroness Hale of Richmond in der Entscheidung OBG Ltd. v. Allan: „In a logical world, there would be such a proprietary remedy for the ursurpation for all kinds of property. The relevant question should be, not ,is there a proprietary remedy?‘, but ,is what has been ursurped property?‘ […] Once the law recognizes something as property, the law should extend a proprietary remedy to protect it.“62 3. Schottland Die schottische ähnelt der deutschen Herangehensweise: grundsätzlich ist Herausgabe in specie (specific implement)63 primäres Anspruchsziel. Erst bei Unmöglichkeit der Herausgabe kommt ein Wertersatzanspruch in Frage. Hinzu kommen etwaige (bereicherungsrechtliche) Nutzungsansprüche. Dieses zweistufige Verhältnis beschreibt anschaulich Lord Ardmillan in Scottish Central Railway Co. v. Ferguson & Co.: „Now, vindication of property is quite a different remedy from reparation […]. If, at the railway station in Edinburgh, I demand my portmanteau, which I see on the platform, am I to be told, that I cannot get it till I sue the Great 60

Halsbury’s Laws of England, Equitable Jurisdiction, Rn. 2 ff. Genauer: s. 78 des Common Law Procedure Act 1854; siehe etwa Bridge et al., The Law of Personal Property, S. 4, Rn. 1 – 007. 62 OBG Ltd. v. Allan [2007] UKHL 21, Rn. 309 (Baroness Hale of Richmond). 63 Mackenzie in Stair Memorial Encyclopedia, Remedies (Reissue), Ziffer 12. 61

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Northern Railway in London? It may be that if the portmanteau had been lost or destroyed on the journey, my remedy, by action for reparation, would have been against the Great Northern Railway Company. But when the goods are extant and present, and the demand is, not for damages, but for delivery, the case is different. In Scotland we have a very valuable summary remedy for the vindication of property, which, I agree with your Lordship, it would be a great calamity if we did anything to restrain or impair, and that is really an action for vindication of property I cannot doubt.“64 Trotz der ähnlichen Herangehensweise zum deutschen Recht ergeben sich jedoch einige wesentliche Unterschiede. Der Anspruch aus vindicatory restitution ist eine bipartite remedy, ein zweigeteilter Anspruch; sowohl Herausgabe als auch Wertersatz sind in ihm bereits angelegt, ohne dass es weiterer Anspruchskonstellationen bedarf. Kann die unberechtigte Besitzerin die Sache noch herausgeben, so richtet sich der (dingliche) Anspruch der Eigentümerin zunächst auf delivery; dies meint die tatsächliche Aushändigung der Sache und geht damit weiter als die „Herausgabe“ in § 985 BGB. Wie gezeigt, liegt dies in der auf Stair zurückgehenden Interpretation der schottischen restitution in Abgrenzung von der römischrechtlichen rei vindicatio. Ist die Beklagte nicht mehr im Besitz der Sache, entfällt auch der Herausgabeanspruch aus vindicatory restitution. Wie auch im deutschen Recht endet der Herausgabeanspruch in rem bei Unmöglichkeit der Herausgabe der Sache, „for vindication of the thing, where it is not, cannot take place“.65 Ein Wertersatzanspruch in personam „lebt auf“, sobald der dingliche Herausgabeanspruch wegfällt; sowohl der Herausgabeanspruch als auch die surrogate vindicatio laufen also unter der Überschrift der restitution. Die Störung des Eigentums bildet auch die Grundlage für den Sekundäranspruch, insbesondere ist der Anspruch nicht abhängig von einer weiterhin bestehenden „Bereicherung“ der Anspruchsgegnerin. Dennoch ist die Rechtsnatur des Wertersatzanspruchs nicht zweifelfrei geklärt. Auch spuilzie enthält sowohl den Herausgabe- als auch den Wertersatzanspruch (sowie ein Selbsthilferecht) und bietet damit ebenfalls eine bipartite remedy. Der Anspruch „combines elements of restitution and reparation“.66 Zunächst ist Aushändigung (delivery) der Sache geschuldet. Für den Fall, dass Herausgabe nicht mehr möglich ist, umfasst spuilzie auch Sekundär- und Nebenansprüche: „When a spuilzie is committed, action lies against the delinquent, not only for restoring to the former possessor the goods or their value, but for all the profits he might have made of these goods had it not been for the spuilzie.“67 Hier zeigt sich ein wesentlicher Unterschied etwa zu den Vorschriften zum possessorischen Besitzschutz im BGB: aus dem klaren 64

Scottish Central Railway Co. v. Ferguson & Co. (1863) 1 M. 750, S. 758 (Lord Ardmillan). 65 Stair, Institutions, I. vii. 2. 66 Scottish Law Commission, Memorandum No. 31, „Corporeal Moveables: Remedies“, S. 16, Rn. 19. 67 Erskine, Institute, III. 7. 16.

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Archetypisches Problem – Individuelle Lösungen?

Fokus auf den Besitzschutz folgt dort eine wesentliche Anspruchskürzung, denn es geht lediglich um die Wiedereinräumung des Besitzes (zur Not auch über ein Selbsthilferecht). Ist dies nicht möglich, so scheitert auch der Anspruch. Der Besitz nach deutschen Rechtsverständnis ist ein bloßes Faktum und hat eben keinen „petitorischen“ Inhalt, der sich etwa in der Gewährung von Wertersatzansprüchen fortführen würde. Dies ist auch die Rechtslage etwa in Südafrika, dessen Rechtssystem als mixed legal system regelmäßig zum Vergleich mit Schottland herangezogen wird: die (im Gegensatz zu spuilzie sehr praxisrelevante) mandament van spolie umfasst nur den Herausgabeanspruch „and no further compensatory aspect“.68 Dass spuilzie grundsätzlich sowohl Herausgabe- als auch Wertersatz- und Nutzungsansprüche vermittelt, ist wohl der seit jeher umstrittenen Frage geschuldet, ob der Anspruch im Kern Eigentum oder Besitz schützt. Der bereicherungsrechtliche Anspruch aus enrichment restitution vermittelt zunächst die Herausgabe des Erlangten, in diesem Fall also Sachbesitz. Die Frage, ob bei Unmöglichkeit der Herausgabe auch Wertersatz geschuldet ist, ist nicht in jeder Hinsicht eindeutig. Die bösgläubige (bad faith) Bereicherungsschuldnerin schuldet sowohl Herausgabe als auch Wertersatz im Falle der Unmöglichkeit; bei Gutgläubigkeit (good faith) besteht bei Unmöglichkeit der Herausgabe jedenfalls eine Verpflichtung zum Wertersatz, wenn die Sache zerstört ist oder die Bereicherungsschuldnerin gesetzlich Eigentum an ihr erworben hat. 4. Fazit Während im deutschen und auch schottischen Recht eine klare Zweistufigkeit herrscht – grundsätzlich erst Herausgabe, dann Wert- bzw. Schadensersatz –, so ist das englische common law dem Wertersatz als primäre und idealerweise auch einziger Rechtsfolge wesentlich zugeneigter. Specific restitution wird traditionell nur in equity und nur unter sehr engen Voraussetzungen gewährt. Die besitzberechtigte Eigentümerin bzw. owner einer beweglichen Sache, für die nach wie vor conversion der vorrangig relevante Anspruch ist, hat nur wenig Chancen, die Sache selbst wiederzubekommen, denn diese Rechtsfolge liegt im Ermessen des Gerichts und wird nur sehr selten angeordnet. Der Anspruchsinhalt ist direkte Folge sowohl des Eigentumsverständnisses als auch der Ausgestaltung der einschlägigen Ansprüche. Dass etwa über die schottische spuilzie, deren Tatbestand grundsätzlich nicht mehr als gestörten bloßen Besitz fordert, auch Wertersatz verlangt werden kann, spiegelt die traditionell wichtige Stellung des Besitzes (als vermutetes Eigentum) und die über Jahrhunderte unklare 68 Carey Miller, „Spulzie: Dead, Dormant or Manna from Heaven? Issues concerning protection of possessory interests in Scots law“, in: Waal/Mostert, Essays in Honour of C. G. van der Merwe, S. 133, mit Verweis auf Blackie/Farlam, „Enrichment by Act of the Party Enriched“, in: Zimmermann et al., Mixed Legal Systems in Comparative Perspective, S. 467 ff., S. 487: „the mandament of spolie is, and is only, a means of repossession of property taken without consent“.

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Differenzierung in Anspruchsgrundlagen. Ähnliches gilt für den petitorischen Rechtsschutz über § 1007 BGB. Eine Vermengung von possessorischen und petitorischen Wertungen muss zwangsläufig zu Verwirrung beim Anspruchsinhalt führen. Dies gilt insbesondere für Rechtssysteme in der civil law-Tradition, die Besitz und Recht zum Besitz klar unterscheiden. Für England ist diese Problematik weniger relevant, denn vor dem Hintergrund der relativity of title ergibt eine Unterscheidung in possessorischen und petitorischen Rechtsschutz von vornhinein wenig Sinn.

Zusammenfassung Die (Besitz-)Vorenthaltung gegenüber der Eigentümerin durch eine unberechtigte dritte Person ist der „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“. Wenig erregt die Gemüter so sehr wie ein Eingriff in etwas, das „mein“ ist, sei es in Deutschland, England oder Schottland. Alle drei hier untersuchten Rechtsordnungen haben dasselbe Ziel vor Augen: Eingriffe in das Eigentum bzw. ownership werden nicht geduldet und die streitbefangene Sache wird entweder herausgegeben oder die Eigentümerin in Geld entschädigt. In den hier untersuchten Rechtsordnungen steht dem „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“ zwar keine allgemeingültige „archetypische“ Lösung gegenüber; trotz mehr oder weniger augenfälliger Gemeinsamkeiten begegnen die drei Rechtsordnungen dem Konflikt in der Tat mit ganz individuellen Lösungen. Es soll jedoch hier wie dort sichergestellt werden, dass kein owner und keine Eigentümerin schutzlos bleibt. Hier mag man sich mit Perrott fragen, ob „the various positive laws are the differing surface manifestations of the underlying deep structure of law, the differences being produced by differing environments, and differing optional reactions to environments“ und ob diese „deep structure“ nicht allen Menschen „genetically“ gemein ist.1 Allen Rechtsordnungen ist darüber hinaus die enge Verknüpfung von Recht und Sprache gemein: das Vehikel des Rechts ist stets die Sprache. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass hierauf besonderes Augenmerk gelegt wird. Dies gilt nicht nur in Bezug auf notwendigen gesellschaftlichen Wandel,2 sondern insbesondere auch für relevante termini technici. Wenn zentrale Begriffe wie ownership und owner, vindication und restitution keinen festgelegten Inhalt haben, so ist dies nicht nur wissenschaftlich unbefriedigend, sondern kann leicht zu praktischen Problemen in der Rechtsanwendung führen. Während Inhalt und Grenzen des deutschen Eigentumsbegriffs, trotz fehlender Legaldefinition, nicht wirklich umstritten sind, ist etwa der Begriff property zumindest für das englische Recht „almost meaningless“;3 und in Schottland trägt insbesondere der Begriff der restitution großes Verwirrungspotential in sich. Hier zeigt sich ein Vorteil der Kodifikation: sie bringt nicht nur, idealerweise, systematische Ordnung und Vollständigkeit, sondern auch begriffliche Klarheit durch festgelegte Definitionen. Hinzu kommt, dass Diskussionen über Existenz und 1

Perrott, in: Lasok et al., Fundamental Duties, S. 1, 10. Das Handbuch der Rechtsförmlichkeit, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, enthält etwa eine Reihe von Vorschlägen zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Rechtsvorschriften (Rn. 110 ff.). 3 Merril/Smith, What Happened to Property in Law and Economics?, in: The Yale Law Journal (Vol. 111, No. 2) November 2001, 357 (357). 2

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Umfang einzelner Ansprüche und ganzer Rechtsgebiete gar nicht erst aufkommen; derart grundlegende Diskussionen wie zum law of restitution oder spuilzie gibt es kaum. Statt „schwankender Vieldeutigkeit“ kann man sich hier „des Wesens der Dinge“ weitgehend sicher sein.4 Ein Allheilmittel ist die Kodifikation freilich auch nicht; ein hastig eingeführter Tatbestand (§ 1007 BGB), der nicht ganz in die neue Systematik passt, und schon beschäftigt man ganze Generationen von Studentinnen und Studenten mit in der Praxis kaum relevanten Fragestellungen. Auch kann eine Kodifikation immer nur eine Momentaufnahme sein und bedarf allein aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen steter Nachbesserung und Anpassung.5 Die Frage, die sich damit im Grunde bei jeder rechtlichen Änderung stellt, ist, wie das Recht der Zukunft sein soll; es ist stets vorwärtsgewandt. Fleming schreibt: „The answer is found in a search not for what the law had been thought to be, but what we want it to be.“6 Dieser Prozess wird oft befruchtet durch den Blick auf andere Rechtsordnungen und die dort gelebten Lösungswege. In dem in der Einleitung angeführten Zitat bemitleidet von Jhering die „Landesjurisprudenzen“ ob ihrer räumlichen Beengtheit. Und doch spricht er ihnen große Bedeutung für die Zukunft zu: „Aber es hängt nur von ihr selber ab jene Schranken zu überspringen und den Charakter der Universalität, den sie so lange besaß, in einer anderen Form als vergleichende Jurisprudenz sich für alle Folgezeit zu sichern. Ihre Methode wird eine andere, ihr Blick ein weiterer, ihr Urtheil ein reiferes, ihre Behandlung des Stoffes eine freiere werden, und so wird der scheinbare Verlust in der That zu einem wahren Heile ausschlagen, sie auf eine höhere Stufe der wissenschaftlichen Thätigkeit erheben.“7 Die „Landesjurisprudenzen“ bilden heute, wie von Jhering es vorausgesehen haben mag, die Arbeitsgrundlage für die vergleichende Rechtswissenschaft und bieten Inspiration für die Weiterentwicklung der einzelnen nationalen Rechtsordnungen. Nicht zuletzt sind auch die Versuche einer Rechtsangleichung und -vereinheitlichung in Europa wesentlich von der Rechtsvergleichung inspiriert (z. B. der 2009 veröffentlichte Draft Common Frame of Reference). Die drei Rechtsordnungen Deutschland, England und Schottland bilden für den Untersuchungsgegenstand, den „Archetyp eines Zivilrechtskonflikts“, eine interessante Vergleichsgrundlage. Sie sind sich ähnlich und doch verschieden; sie zeichnen Lösungswege, die weit in die (Rechts-)Geschichte führen und solche, die sich erst um die Jahrtausendwende entwickelten. Die Lösung des hier untersuchten Konflikts, der (Besitz-)Vorenthaltung gegenüber der Eigentümerin, lässt sich über die zur Verfügung stehenden Ansprüche zurückführen auf das jeweilige Eigentumsverständnis der einzelnen Rechtsordnungen; wo dieses voneinander abweicht, wirkt sich das auch auf den Anspruchsinhalt aus. Die „intuitive“ Lösung des Kon4

Arendt, Denktagebuch, Heft II, November 1950 [15], S. 42, 43. Exemplarisch sei an dieser Stelle nur verwiesen auf den nunmehr außer Kraft getretenen § 1300 BGB zum so genannten „Kranzgeld“. 6 Fleming, Property damage – economic loss: a comparative view, in: Law Quarterly Review (Vol. 105, October) 1989, S. 508 (511). 7 von Jhering, Geist des römischen Rechts, S. 14, 15. 5

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flikts, jedenfalls aus deutscher und schottischer Perspektive, ist in einem ersten Schritt die Herausgabe der Sache, eben die Beendigung der Besitzvorenthaltung gegenüber der berechtigten Person. In Schottland und insbesondere in Deutschland (§ 985 BGB ist paradigmatische Rechtsverwirklichung) ist die „Rückholkraft“ im Eigentum selbst angelegt und das Recht ohne die Sache löst ein starkes (rechtliches) Unbehagen aus. Für England konnte eine Revolution aufgezeigt werden, die mit der Entscheidung des damals noch House of Lords in Foskett v. McKeown und insbesondere den (Vor-)Arbeiten Virgos begann. Jahrhundertelang war hier die Herausgabe der streitbefangenen (beweglichen) Sache nicht, bzw. nur in sehr eng begrenzten Ausnahmefällen möglich (wie etwa das Pusey-Horn); damages war und ist in weiten Teilen Standardrechtsfolge. Die proprietary restitution in der Vindikationsinterpretation nach Virgo gibt der Aussage „This cow, Buttercup, is mine“ überhaupt erst seit der Jahrtausendwende rechtliche Relevanz. Es ist dieser ständige Wandel, diese Lebendigkeit, die das Recht zu einem spannenden Forschungsfeld macht. Obwohl der Blick des Rechts immer in die Gegenwart und sogar in die Zukunft gerichtet ist, kann es doch die Vergangenheit nicht vollständig abstreifen, denn wirklich verstanden werden kann das Recht, frei nach Søren Kierkegaard, nur rückwärts. So ist etwa die Problematik des petitorischen Rechtsschutzes in § 1007 BGB nur vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte des BGB zu verstehen und anhand der Entscheidungen, die in diesem Prozess (letztendlich von individuellen Personen) gefällt wurden. Dasselbe gilt auch für die Zweiteilung des englischen Rechts in common law und equity oder den schottischen Blick auf den Vindikationsanspruch eben nicht von der Rechtsverwirklichungsseite her, sondern, zurückgehend auf Stair, von einer Rückgabeverpflichtung der unberechtigten Besitzerin. Ebenso ist es notwendig anzuerkennen, dass es kaum ein „richtig“ oder „falsch“ gibt. Auch vermeintlich rein intuitive Wertungen, etwa zu der Frage, was Eigentum ist, sind keine universellen Wahrheiten und können von Rechtsordnung zu Rechtsordnung stark voneinander abweichen. Recht ist nie „naturgegeben“, es ist stets eine Folge von getroffenen Entscheidungen und Abwägungen in, nach Perrott, „differing environments“. So schreibt auch Dernburg in Bezug auf das deutsche Recht: „Dieser abstracte Eigenthumsbegriff ist nicht, wie man dies anzunehmen geneigt ist, etwas in Folge der Natur des Privatrechts mit Nothwendigkeit Gegebenes, vielmehr beruht derselbe in einer sinnreichen juristischen Construction der römischen Rechtswissenschaft, welche in dieser Auffassung ideell eine Einheit der Herrschaft über die Sache, trotz der realen Zersplitterung der Nutzungsbefugnisse, festzuhalten wußte.“8 Entscheidungen können verändert und rückgängig gemacht werden; Lehrmeinungen finden Eingang in die Rechtsprechung (etwa Virgo und Foskett v. McKeown oder Klinkhammer und der Umfang der Besitzkondiktion) und tragen maßgeblich zur Rechtsentwicklung bei (etwa Birks und gefühlt das gesamte englische Recht); einzelne Ansprüche durchleben Zyklen von Aufstieg und Fall (etwa § 1007 BGB) und sogar Wiederbelebung (möglicherweise die schottische spuilzie-Klage). So befindet sich das Recht zu jedem Zeitpunkt im Umbruch und jede Darstellung kann nur eine 8

Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts, §. 181, S. 372.

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Momentaufnahme darstellen. Und doch ist es nur diese Momentaufnahme, die Auswirkungen auf die vom Recht betroffenen Individuen hat. Es ist nicht etwa das Recht früherer Zeiten (etwa die rei vindicatio), das Konflikte löst und Rechtsschutz bietet. Diese Aufgabe kann nur das kontemporäre Recht erfüllen, vorliegend also nur die „Erben der rei vindicatio“.

Summary This work explores the German, English and Scottish Erben (heirs) of the rei vindicatio, those claims, in the modern private laws of Germany, England and Scotland, which protect (vindicate) ownership against interferences and hence “replicate” this ancient action rei vindicatio based in Roman law. The central question to which this work seeks to find answers is as follows: if I am the owner of a (corporeal, moveable) thing or asset and someone takes it away from me, is the fact that I am the owner enough to retrieve what is mine? Or, in the words of Peter Birks, is the exclamation “That cow, Buttercup, is mine” enough in terms of causa for a claim?1 In order to find an answer, this work examines the private laws of Germany, England and Scotland under three criteria. First, what do these legal systems understand under the concept of ownership, or Eigentum? This scenario, the taking away or not giving back of something that belongs to another, is the “archetype of private law conflicts”.2 Few things disturb us more than an encroachment on something that is “mine”. Private ownership is “sacred” in most peoples’ minds and a very tangible legal concept, even for a layperson. But however intuitive the idea of what “ownership” (and possession) is may feel, the three legal systems do have more or less significantly different conceptions of it. German and Scots law stand on one side as “Scots property law is very much in the civil law camp”,3 making it a point to separate, more or less rigorously, ownership and possession. English law, however, stands opposite with its relativity of title doctrine which is, even without the additional “difficult dimension: equity”,4 challenging from a civil law point of view, as it “confuses” ownership and possession. Reid describes the situation to the point when he writes: “A lawyer trained in Scotland can without difficulty (other than linguistic difficulty) read and understand a book on the law of property in Germany or, indeed, in Japan (where the law is based on German law). But he is likely to be perplexed and bewildered by a book on the law of property in England.”5

1 Birks, Personal Property: Proprietary Rights and Remedies, in: King’s College Law Journal, Vol. 11/1 (2000), 1 (4). 2 Picker, “Der vindikatorische Herausgabeanspruch”, in: Canaris/Heldrich, 50 Jahre Bundesgerichtshof, p. 693 et seq. (“Archetyp eines Zivilrechtskonflikts”). 3 Anderson, Property, p. 6, para. 1.08. 4 Gretton, “Proprietary Issues”, in: Johnston/Zimmermann, Unjustified Enrichment: Key Issues in Comparative Perspective, p. 571. 5 Reid, The Law of Property in Scotland, p. 8, para. 2.

Summary

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Second, having explored the different concepts of ownership (and possession), the different claims available to the owner are examined. This work follows a functional approach to its comparison and looks at claims that either flow from the (infringed) right of ownership itself or are functionally equivalent. For German law, the “ownership claim” in § 985 of the German Civil Code is examined, followed by claims in §§ 858 et seq. and § 1007 of the German Civil Code; claims that are mainly designed to protect possession (and ownership only indirectly). The study of German law is concluded by the so called condictio possessionis, an unjust(-ified) enrichment claim with regards to (corporeal, moveable) things. The chapter on English law starts by examining proprietary claims and remedies in the law of restitution and the two tort law claims “conversion” and “reversionary injury”. For Scots law, we turn to “vindicatory restitution”, the ancient action of “spuilzie” and “enrichment restitution”. For German and Scots law, the “ownership claim” based on the infringed ownership alone (in § 985 German Civil Code and “vindicatory restitution” respectively) is a cornerstone of their law of property. This is not surprising, as both legal systems accept ownership, or Eigentum, as abstract, absolute concepts which are endangered once possession is lost (mainly through the possibility of a bona fide purchase). However, in England, the claim “That cow, Buttercup, is mine” for centuries only resulted in a weary smile: the principal claim was (and probably still is) “conversion”, which, due to its delictual character, requires more than just ownership on the part of the plaintiff. In a system which doesn’t accept ownership to be significantly separate from the notion of possession, one usually cannot identify just the one owner of a thing and hence an “ownership claim” is not obvious. As a consequence, infringements of ownership are usually rectified with an order for damages only. However, English law has come a long way since the turn of the millennium and the then still House of Lords decision in Foskett v. McKeown6 lay the foundation for a claim to vindicate property rights where “[t]he claimant succeeds if at all by virtue of his own title, not to reverse unjust enrichment”.7 This is examined here under the name of “proprietary restitution”. This development is controversial still, of course, but it brings England’s law of restitution much closer to civil law jurisdictions which, from a comparative point of view, is to be welcomed. The relativity of title doctrine in English law is the reason why there are no obvious claims to protect possession as a distinct concept from ownership. German and Scots law, however, provide for the protection of possession in §§ 858 et seq. and § 1007 German Civil Code respectively, as well as the ancient action of “spuilzie”. The relationship between possession and ownership is not always trouble-free and this shows in some doctrinal ambiguities in these claims. Interesting in this respect is the pre-Civil Code German law having a more feudal (English) and less “germanically abstract”8 idea of ownership (and possession). This still shows in § 1007 German 6

Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102. Foskett v. McKeown [2001] 1 A.C. 102, p. 127 (Lord Millett). 8 Tettenborn, Book review of English Private Law by Peter Birks, in: Cambridge Law Journal (Vol. 61/1) 2002, pp. 217 et seq. 7

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Summary

Civil Code, a provision which proves particularly difficult to reconcile with the modern law, as it protects the “previous possessor”. The notion of a “previous possessor” being protected just because of his or her previous possession (and without also having ownership) doesn’t fit well in the German interplay of ownership and possession. For all three legal systems we then turn to enrichment claims. These are the condictio possessionis in German law, “enrichment restitution” in Scots law and, for English law, the opposing interpretation of Foskett v. McKeown. Here, the claim to “proprietary restitution” is seen exclusively as an enrichment claim and the notion of vindication of property rights is rejected. Interestingly, all three enrichment claims lack practical relevance with the ownership and tort claims taking centerstage. Third, the practical results are examined: does the law provide for the actual delivery of the thing (or a surrogate) or is there a preference for the award of damages? Does the “archetype of private law conflicts” result in an equally archetypical consequence for all three legal systems? Here again, German and Scots law stand on one side, English law on the other. In the civil law systems, ownership is the main real right, and possession its “vehicle” in the physical world. Without the vehicle, the right is per definitionem vulnerable. Hence, as a general rule, the claims all seek the return (delivery, or Herausgabe) of the thing to the rightful owner; only if this fails are damages awarded. English law, however, has a strong preference for damages without first having to consider “specific restitution” of the thing. Only when the award of damages seems inappropriate to remedy the wrong does Equity allow for the return of the thing (or, probably more relevant, award a security right). This decision, however, lies in the discretion of the court and is only awarded in a narrow set of circumstances. This approach has historical reasons for one: for a long time, only the Crown and later the Court of Chancery, but not the local courts, had jurisdiction in Equity. Furthermore, a system that, in principle, doesn’t identify the one owner of a thing is much more inclined to order damages instead of returning the thing. The preference for “delivery first” in German and Scots law pushes its limits when it comes to claims where it is not entirely clear whether it is ownership or possession that is protected. As an example, the Scottish “spuilzie” awards not only a claim to delivery (and a right to self-help, if necessary) but also, failing that, to damages. However, if the ratio of spuilzie is the “preservation of peace”9 and lies in “the public interest”10 of a peaceful coexistence without individuals meddling with one another’s possessions, then why does it award the full market value of the thing should delivery not be possible? “Spuilzie” is a remedy that is open to potentially any disturbed possessor, no matter the quality of their possession. Does the market value of the thing not “belong” to the owner, at least in a legal system (like Scotland) that recognises ownership as the ultimate real right? These historically developed ambiguities prove particularly difficult in legal systems that have, at least in theory, a strict divide between ownership and possession. A system which does not recognize 9 Anderson, Property, p. 40, para. 3.30; Reid, The Law of Property in Scotland, p. 134, para. 162: “Its purpose is merely to discourage possession taken vitiously […].” 10 Anderson, Property, p. 38, para. 3.26.

Summary

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ownership to be significantly different to possession (England) has less trouble in this regard. Against the backdrop of the English relativity of title doctrine, differentiating between ownership and possession doesn’t make much sense in the first place anyway. This work comes to the conclusion that, yes, all three legal systems encounter the “archetype of private law conflicts” and provide claims to protect the owner of a thing. How these claims operate, however, depends greatly on the respective ideas of what ownership, or Eigentum, actually is and how much emphasis is put on possession. This also has significant impact on the “practical results” (delivery of the thing or damages or both). Germany, England and Scotland provide a rich and interesting basis on which to conduct a comparative study. The claims examined, the heirs (Erben) of the rei vindicatio, share the same goal of protecting the owner (like in the ancient rei vindicatio), however they reach it on quite different routes.

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Urteils- und Gesetzesverzeichnis

Strand Electric and Engineering Co. Ltd. v. Brisford Entertainment Ltd. [1952] 2 Q.B. 246, [1952] 1 All ER 796 Sturt v. Mellish 26. E.R. 765, (1743) 2 Atk. 610 Swynson Ltd. v. Lowick Rose LLP [2017] UKSC 32, [2018] A.C. 313 Test Claimants in the FII Group Litigation v. Revenue and Customs Commissioners [2014] EWHC 4302 (Ch); [2015] S.T.C. 1471 The Earl of Oxford’s Case in Chancery (1615) 21 E.R. 485 Tinsley v. Milligan [1994] 1 A.C. 340, [1993] UKHL 3 Todd v. Armour (1882) 9 R. 901 Trustee of the Property of FC Jones & Sons (A Firm) v. Jones [1997] Ch. 159, [1997] 1 W.L.R. 51 United Australia Ltd. v. Barclay Bank Ltd. [1940] A.C. 1, [1940] 4 All E. R. 20 Waverley Borough Council v. Fletcher [1996] 3 W.L.R. 772, Q.B. 334 Westdeutsche Landesbank Girozentrale v. Islington LBC [1996] A.C. 669, [1996] 2 W.L.R. 802 Wiltshire v. Powell & others [2005] Q.B. 117, [2004] EWCA Civ 534, [2004] 3 All ER 235, [2004] 3 WLR 666 Wright v. Butchart (1662) Mor. 9112 Wylie and Lochhead v. Mitchel (1870) 8 M. 552 Yearworth v. North Bristol NHS Trust [2009] EWCA Civ 37, [2010] Q.B. 1

II. Gesetzesregister 1. Deutschland Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Grundgesetz (GG) Insolvenzordnung (InsO)

2. Vereinigtes Königreich Abolition of Feudal Tenure etc. (Scotland) Act 2000 Bankruptcy (Scotland) Act 1985 Bankruptcy (Scotland) Act 2016 Civic Government (Scotland) Act 1982 Civil Procedure Rules Common Law Procedure Act 1854 Constitutional Reform Act 2005

Urteils- und Gesetzesverzeichnis Corporate Insolvency and Governance Act 2020 Crown Proceedings Act 1947 Insolvency Act 1986 Limitation Act 1980 Prescription Act 1617 (sowie 1469, 1474) Prescription Act 1579 Prescription and Limitation (Scotland) Act 1973 Recognition of Trusts Act 1987 Sale of Goods Act 1979 Scotland Act 1998 Supreme Court of Judicature Act 1873 Supreme Court of Judicature Act 1875 Torts (Interference with Goods) Act 1977

3. Frankreich Code Civil (Création Loi 1804 – 01 – 27 promulguée le 6 février 1804)

275

Stichwortverzeichnis absence of basis 95 Abstraktionsprinzip 30, 98 actio spolii 177 action – of declarator 144, 146, 211 f., 234 f. – of delivery 19, 123 f., 126 f., 132, 137, 140, 143 ff., 150 f., 158, 163 f., 171 f., 196 f., 202 f., 206 ff., 211, 217, 219, 225, 234 ff., 241, 243, 252 – on the case 110 ff. animus domini 36 Auskehrung 41, 51, 59, 70 f., 163, 208 Aussonderung 75 ff., 136 bad faith 204, 244 bailment 116 beneficiary 101, 135, 155 Besitzer-Besitzer-Verhältnis 59, 71, 74, 77 Besitzerin – bösgläubige 42 ff., 57 f., 64, 70 f., 165 f., 168 ff., 175, 190, 204 f., 208, 239 f., 244 – gutgläubige 43 f., 57, 64 f., 71 f., 166, 169, 187, 204 ff., 239, 244 – verklagte 42, 70, 168, 208, 239 Besitzkehr 46, 49 f., 74 Besitzkondiktion condictio possessionis Besitzwehr 49 Bestimmtheitsgrundsatz 30 BGH 52, 63, 67 f., 71 f., 230, 240 bona fide 101, 105 f., 143, 160, 163, 168 f., 171, 180, 187, 198, 208, 251 bona fide purchase 101, 105 f., 251 brieve of dissasine 182 causa 20, 219, 250 change of position 105 f., 206 chattels 96, 114 choses 114 civil – code 15, 202, 251 f.

– law 14 f., 19, 95, 142 ff., 155, 207, 218, 225, 238, 245, 250 ff. commodum – ex negotione 65 – ex re 65 common law – in Abgrenzung zu equity 81 f., 90 ff., 96 ff., 104, 107, 115 ff., 121, 123, 126, 129 f., 132 ff., 138, 150, 154, 207, 223 f., 231 ff., 240 ff., 248 – in Abgrenzung zum civil law 14, 18 f., 238 – schottisches 154, 157 f., 179, 181, 204 compensation principle 125 composite – remedy 166, 175 – theory 90 compurgators 110 condictio possessionis 22, 60 f., 63 ff., 71, 74, 77 f., 193, 195 f., 203, 205 f., 226, 230, 237, 240, 251 f. consequential loss 164 conversion 45, 82, 93, 98, 108 ff., 133, 135, 137 ff., 165, 174, 231 ff., 241, 244, 251 Court – of Chancery 81, 99 f., 242, 252 – Supreme 81, 86, 100 damages – compensatory 128 – consequential 124 f., 241 – restitutionary 128 f., 133, 137 DCFR 247 defence – of laches 134 – of loss of enrichment siehe change of position de lege – ferenda 53, 124, 237 – lata 73, 128 delivery up siehe specific restitution

Stichwortverzeichnis desuetude 179 detentio 36 detinue 110 ff., 123, 233 devolved areas 214 Dingliches Recht siehe real right dominium – directum 28, 221 – plenum 29, 221 – sine re 73 – utile 28, 221 double – burden 151, 156 – liability 121 f. – recovery 121 f., 169 Eigenmacht, verbotene 45 ff., 70 f., 184, 213, 228 Eigentümer-Besitzer-Verhältnis 24, 33, 41 ff., 57, 59, 64, 69 f., 73, 76, 140, 149, 166, 207 f., 226 f., 236, 239 Eigentumserwerb – gesetzlicher 30, 34 f., 159, 168 f. – gutgläubiger 30, 32 ff., 38, 46, 72, 105, 158 f., 187, 222, 227 Eingriffskondiktion 61 ff., 65, 230 Einheitslehre 61 enrichment – by possession 197 f., 201, 204 ff. – by title 197 f., 204 ff. – revolution 201 entitlement – absolute 116, 154, 223 – priority of 116, 154, 223 Ersitzung 25, 46, 211, 222, 227 equitable charge 97, 107, 133, 241 equity 79 ff., 90 f., 96 ff., 107, 126, 129, 132, 134, 136 ff., 140, 207, 218, 223 ff., 231 f., 240 ff., 244, 248, 250, 252 event and response theory 88, 91, 102 following 19, 94 f., 103 f. forms of action 83 f., 113, 233 Früchte 170 f., 188, 205 fruits siehe Früchte Gewere, verlorene 54 good faith 123, 163, 165, 204, 244 Gutglaubenswirkung 222

House of Lords 248, 251

277 19, 82, 85, 87, 90 ff., 105 f.,

implied contract 83 f. indebitatus assumpsit siehe implied contract Inhabung siehe detentio Institutional Writers 141 ff. ius tertii 122 Landesjurisprudenz 14, 247 Law Reform Committee 111 f. Leistungskondiktion 61 ff., 65, 93, 200 f., 230 licence to possess 162 lien siehe equitable charge mala fide 143, 149, 166, 168, 205 mandament van spolie 179, 192, 244 misappropriation 111, 113 mixed legal system 14 f., 19, 179, 186, 225, 244 Motive 23 f., 30, 32, 36, 39 ff., 45, 226, 235 Naturalrestitution 66, 69 Naturrecht 145, 209, 234 nemo dat quod non habet 117, 158 Nichtleistungskondiktion siehe Eingriffskondiktion Nominalhaftung 86 pari passu 136 Partikularrecht 55, 229 possession – civil 143, 161, 183 – natural 143, 152, 161, 183 f., 196 f., 202 Präklusion 72 prescription 210 ff. presumption of ownership 156, 177, 187, 209, 223 ff. probatio diabolica 25 profits – ordinary 140, 165 f., 170 f., 189 f., 217 – violent 140, 173, 184, 188 ff., 209, 213, 218 property torts 109, 112, 114, 131, 174, 232 f., 237, 241 Proportionalhaftung 86 f., 107

278

Stichwortverzeichnis

proportionate share siehe Proportionalhaftung proprietary – base 95 ff., 101, 103, 105 – connection 94, 103 – restitution 19, 79, 82 ff., 92, 106 f., 109, 115, 129, 132 ff., 138 f., 231 ff., 237, 241, 248, 251 Publizitätsprinzip, -funktion 38, 222

Spezialitätsprinzip 30 spuilzie 19, 45, 140, 162, 172 ff., 202, 206 f., 209, 213, 217, 219, 234, 236, 238 f., 243 f., 247 f., 251 f. strict liability 109, 122 f., 165, 228, 232 substitution, unauthorised 86 Surrogat – dingliches 17, 34, 86 – rechtsgeschäftliches 65

quasi-contract siehe implied contract

title – equitable 86, 115 – legal 86, 98 ff., 105, 117, 119, 121 ff., 125, 131, 135, 238 – to sue 115, 181, 183, 192, 209 tracing 19, 34, 94 f., 103 ff. Traditionsprinzip, -wirkung 30, 38 Trennungslehre 61 Trennungsprinzip 30 trespass to goods 82, 109, 112 f., 121 trover siehe conversion trust – constructive 102, 107, 133, 218, 241 – express 101 f. – resulting 102 trustee 82, 101, 215 ff.

real – obligation 144 ff., 160, 163 f., 172, 208, 218, 234 – right 143, 146, 148, 150 f., 153 ff., 161 ff., 172, 176, 182, 189, 202, 215 ff., 224 f., 252 recompense 169 f., 195, 198 ff., 211 f., 214 Redaktorenvorlage Johow 22 f., 25, 28 f., 35 f., 39, 54, 221 relativity of title 115 ff., 121, 154, 245, 250, 253 restitutionary remedies – personal 88, 106 f., 133, 231, 241 – proprietary 89, 106 f., 133 f., 231 f., 241 reversionary injury 79, 130 f., 133, 135, 137 f., 174, 231, 233, 241, 251 right to immediate possession 115, 119, 130 f. Römisches Recht 13, 14, 16, 24, 28 f., 36, 54 f., 142, 144 f., 153, 160, 218, 221, 225 ff., 234, 243, 248 Sachherrschaft, tatsächliche 36 f., 46 f., 53, 68, 161, 225, 230 Scottish Law Commission 146, 169, 174 f., 195 ff., 212, 235 Selbsthilferecht 38, 45, 49, 70, 186, 190, 192, 228, 236, 239, 243 f. self-help 186, 252 Spätscholastik, spanische 145 specific – implement 147, 242 – performance 81, 126, 137, 240 f. – recovery 81, 137 – restitution 123, 125 ff., 132, 139

Übertragungswirkung 222 unconscionable delay siehe defence of laches unjust factor 90, 94 f. Vermutungswirkung 38, 182, 222 Verwendungen 42, 165 vindicatio – rei 16, 24, 82, 143 f., 146 ff., 195, 219 f., 225 ff., 234 f., 243, 253 – surrogate 166, 208, 217, 243 vindication of property rights 83, 85, 88 ff., 94 ff., 106, 138, 232 f., 252 Vindikationsanspruch 16, 23 ff., 30, 32, 34 f., 38 ff., 42 ff., 55, 69, 76 f., 82, 87, 89, 99, 103, 107 f., 113, 123, 133, 138, 140, 144, 149, 194, 226 ff., 231, 234 f. vitious dispossession 181, 184 ff., 188, 202, 213, 236 vitium reale 187

Stichwortverzeichnis waiver of tort 128 f., 133, 135, 137 writ siehe forms of action wrongful interference with goods 109, 112, 122, 124, 127

Zuweisungsgehalt

279 63, 65, 230