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German Pages 556 [558] Year 2017
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 365 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Helena Charlotte Laugwitz
Die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen Rechtsvergleichende Betrachtung und europäische Regelungsoptionen
Mohr Siebeck
Helena Charlotte Laugwitz, geboren 1984; Studium der Rechtswissenschaften und Begleitstudium des Europäischen Rechts in Würzburg und Genf; 2009 Erste Juristische Prüfung; Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Europäisches Wirtschaftsrecht, Internationales Privat- und Prozessrecht sowie Rechtsvergleichung der Julius-Maximilians-Universität Würzburg; 2012 Magister des Europäischen Rechts, LL.M. Eur. (Würzburg); Referendariat im OLG-Bezirk Frankfurt am Main/LG Darmstadt mit Stationen in Frankfurt am Main und New York; 2013 Zweite Juristische Staatsprüfung; seit 2014 Rechtsanwältin in Frankfurt am Main; 2015 Promotion.
Zugl.: Würzburg, Julius-Maximilians-Universität, Diss., 2015.
e-ISBN PDF 978-3-16-154410-1 ISBN 978-3-16-154409-5 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb. dnb.de abrufbar. © 2016 Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwer tung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck papier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Vorwort Vorwort Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde von der Juristischen Fakultät der JuliusMaximilians-Universität Würzburg im Wintersemester 2014/2015 als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Winter 2014 abgeschlossen. Bei der Drucklegung konnte neben redaktionellen Änderungen die Neufassung der EuGVVO im Januar 2015 berücksichtigt werden. Mein herzlicher Dank gilt zunächst meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Oliver Remien. Er hat nicht nur mein Interesse an dem spannenden Thema der internationalen Urteilsanerkennung geweckt, sondern zudem die Erstellung dieser Arbeit mit wertvollen Anmerkungen gefördert und engagiert betreut. Ich werde die Zeit, die ich als wissenschaftliche Mitarbeiterin an seinem Lehrstuhl verbringen durfte, stets als besonders schöne und lehrreiche Zeit in Erinnerung behalten. Herrn Prof. Dr. Michael Sonnentag danke ich vielmals für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Für die Aufnahme meiner Arbeit in die Schriftenreihe bin ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Jürgen Basedow, LL.M. (Harvard Univ.) zu Dank verpflichtet. Mein Dank gilt zudem der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, die das Entstehen dieser Arbeit mit einem Promotionsstipendium aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert hat. Ebenfalls bedanken möchte ich mich bei der Unterfränkischen Gedenkjahrstiftung für Wissenschaft und der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, die die vorliegende Arbeit mit einem gemeinsamen Promotionspreis ausgezeichnet haben. Das Verfassen dieser Arbeit wäre mir ohne den Rückhalt meiner Familie und Freunde nicht möglich gewesen. Allen zu danken, denen insofern Dank gebührt und die zu dem Gelingen dieser Arbeit in vielfältigster Weise beigetragen haben, ist an dieser Stelle kaum möglich. Herzlich gedankt sei Frau Dr. Caroline Rupp für die Übernahme der Lektüre des ersten Manuskripts. Die anregenden Gespräche mit ihr und ihre Begeisterung für das internationale Zivilprozessrecht haben mich stets aufs Neue motiviert. Ihr und meiner Mutter, Frau Magdalena Noll, gebührt mein herzlichster Dank für die mühevolle Arbeit des Korrekturlesens und ihre vielen hilfreichen Anmerkungen. Für zahllose Aufmunterungen und ihre Unterstützung danke ich Frau AnnaMaria Seubert – die Zeit am Lehrstuhl wäre ohne sie nicht dieselbe gewesen. Von Herzen danke ich zudem meiner Schwester, Frau Dr. Christine Noll, die
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Vorwort
mich während aller Höhen und Tiefen bei der Entstehung dieser Arbeit begleitet und immer wieder ermutigt hat. Ein ganz besonderer Dank gebührt meinem Mann, Herrn Dr. Fabian Laugwitz. Ohne sein Verständnis, seinen liebevollen Zuspruch und die unzähligen aufmunternden Worte im rechten Moment wäre die Erstellung dieser Arbeit kaum vorstellbar gewesen. Mein größter Dank gilt jedoch meinen lieben Eltern. Sie haben mir mit ihrer Unterstützung und Förderung während meiner gesamten Ausbildung die Anfertigung dieser Arbeit erst ermöglicht. Ihnen und Fabian ist diese Arbeit gewidmet.
Frankfurt am Main, im August 2016
Helena Laugwitz
Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht
Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ IX Abkürzungsverzeichnis .............................................................................XIX
Einleitung ................................................................................................... 1 Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts ............................... 7 §1 §2 §3 §4 §5
Europäische und internationale Aspekte der Urteilsanerkennung .......... 7 Das System des deutschen autonomen Rechts ......................................30 Das System des französischen autonomen Rechts ................................ 45 Grundlagen des englischen Rechts .......................................................68 Zusammenfassung ...............................................................................95
Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen ......................................97 §6 §7 §8 §9 § 10 § 11
Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats ................................ 97 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör .......... 186 Keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit .............. 226 Ordre public-Vorbehalt und Rechtsmissbrauch.................................. 243 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit .................................................. 284 Die kollisionsrechtliche Kontrolle...................................................... 301
Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge ...................................... 315 § 12 § 13 § 14 § 15
Die deutschen bilateralen Staatsverträge ............................................ 317 Die bilateralen Staatsverträge Frankreichs ......................................... 353 Die Anerkennung nach dem Statute Law in England ......................... 373 Abschließende Wertung der staatsvertraglichen Regelungen ............. 393
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Inhaltsübersicht
Kapitel IV: Entwicklung eines einheitlichen Anerkennungsrechts ...................................................... 399 § 16 Zusammenfassender Befund der rechtsvergleichenden Analyse ......... 399 § 17 Entwicklung einheitlicher Anerkennungsvoraussetzungen ................. 401
Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen................................... 407 § 18 Perspektiven autonomen Unionsrechts ............................................... 408 § 19 Staatsvertragliche Regelungsoptionen im europäischen Raum ........... 430
Schlussbetrachtung und Ausblick ..................................................... 445 Anhang .................................................................................................... 449 Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands ..................................................................................... 449 Ergänzende Materialien zu den bilateralen Staatsverträgen Deutschlands ..................................................................................... 451 Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs ........................................................................................ 453 The Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 ................. 461 The Administration of Justice Act 1920 (Auszug – Part II) .................... 469 Entscheidungsverzeichnis ........................................................................... 473 Literaturverzeichnis .................................................................................... 491 Sachverzeichnis .......................................................................................... 527
Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis
Vorwort ......................................................................................................... V Inhaltsübersicht .......................................................................................... VII Abkürzungsverzeichnis .............................................................................XIX
Einleitung ................................................................................................... 1 I. II.
Status quo .............................................................................................. 1 Gegenstand der Arbeit und Gang der Untersuchung ............................... 5
Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts ............................... 7 § 1 Europäische und internationale Aspekte der Urteilsanerkennung .......... 7 I.
II.
Die Entwicklungen auf europäischer Ebene ........................................... 8 1. Der Abschluss des EuGVÜ als „Meilenstein“ im Anerkennungsrecht ............................................................................ 8 2. Das Parallelübereinkommen von Lugano ..........................................10 3. Die Entwicklung vom EuGVÜ hin zur EuGVVO ............................. 11 4. Die schrittweise Abschaffung des Exequaturs innerhalb der EU .......14 Ansätze eines internationalen Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts .............................................................................17 1. Historische Grundlagen und Bestrebungen der Haager Konferenz .........................................................................................18 a) Vom Entwurf im Jahr 1925 zum Übereinkommen von 1971 ........18 b) Gründe für das Scheitern der Konvention von 1971 .....................21 aa) Struktur des Übereinkommens als bloßes „Rahmenübereinkommen“ .....................................................21 bb) Zeitpunkt der Ausarbeitung – Konkurrenz durch das EuGVÜ ..................................................................................23 cc) Unterschiede zum NYÜ .........................................................24 c) Der dritte Versuch: Der Übereinkommensentwurf von 1999 und das Haager Gerichtsstandsübereinkommen von 2001 ............25 2. Ein erneuter Anlauf? .........................................................................28
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Inhaltsverzeichnis
§ 2 Das System des deutschen autonomen Rechts ....................................... 30 I. Historische und prozessuale Grundlagen ............................................... 30 II. Der Anerkennungsbegriff im deutschen Recht ...................................... 35 III. Anerkennungs- und vollstreckungsfähige Entscheidungen .................... 38 1. Zivil- und Handelssachen ................................................................. 38 2. Der Urteilsbegriff des § 328 ZPO ..................................................... 40 a) Rechtskrafterfordernis .................................................................. 42 b) Das Verbot der Doppelexequierung .............................................. 44 § 3 Das System des französischen autonomen Rechts .................................. 45 I.
Historische Entwicklungen ................................................................... 45 1. Die Ordonnance von 1629 (Code Michau) ........................................ 45 2. Das Prinzip der révision au fond und ihre Abschaffung .................... 47 II. Entwicklung der heutigen Anerkennungsvoraussetzungen .................... 48 1. Der Arrêt Munzer ............................................................................. 50 2. Der Arrêt Cornelissen ....................................................................... 52 III. Die Systematik der Anerkennung und Vollstreckung im französischen Recht .............................................................................. 53 IV. Die anerkennungsfähigen Entscheidungen und Wirkungen ................... 54 1. Der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen ........................ 54 a) Gerichtlicher oder gleichwertiger Akt .......................................... 55 b) Entscheidung einer ausländischen Obrigkeit ................................ 56 c) Zivilrechtlicher Gegenstand ......................................................... 58 2. Die Unterscheidung zwischen Anerkennung und Vollstreckung ....... 60 a) Historische Entwicklung .............................................................. 60 b) Heutige Unterscheidung zwischen Anerkennung und Vollstreckung ............................................................................... 63 c) Prozessuale Aspekte der Anerkennung und Vollstreckung ........... 64 aa) Die action à titre principal und die inzidente Kontrolle ......... 64 bb) Die action en inopposabilité .................................................. 66 § 4 Grundlagen des englischen Rechts ........................................................ 68 I. II.
Struktur des englischen Anerkennungsrechts ........................................ 68 Historische Grundlagen der Anerkennung nach dem Common Law ....................................................................................... 70 III. Action upon the foreign judgment nach dem Common Law .................. 75 1. Der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen ........................ 76 a) Gerichtsentscheidungen ................................................................ 77 aa) Begriffsklärung ...................................................................... 77 bb) Unterscheidung von Urteilen in personam und in rem ........... 79 b) Zivil- und Handelssachen ............................................................. 81
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c) Endgültigkeit der Entscheidung („final and conclusive on the merits“) ..................................................................................85 2. Beschränkung auf Zahlungsurteile ....................................................90 IV. Doctrine of estoppel per rem iudicatam ................................................92 § 5 Zusammenfassung .................................................................................95
Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen ......................................97 § 6 Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats ................................ 97 I.
II.
Die Anerkennungszuständigkeit nach deutschem Recht ........................97 1. Die historische Entwicklung des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO .................97 a) Die Entwicklungen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts .............97 b) Das Anerkennungsrecht nach 1806 und die Thesen Feuerbachs ...................................................................................99 2. Das Spiegelbildprinzip gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO .................. 104 a) Regelungsgehalt ......................................................................... 104 b) Normativer Schutzzweck ............................................................ 109 aa) Schutz der Jurisdiktionssphäre ............................................. 109 (1) Schutz deutscher Staatsinteressen .................................. 109 (2) Schutz der Interessen dritter Staaten .............................. 111 bb) Schutz des Beklagteninteresses ............................................ 112 c) Problematik einzelner Gerichtsstände ......................................... 114 aa) Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO)............................ 114 bb) Gerichtsstand der Prorogation (§ 38 ZPO) ........................... 118 cc) Gerichtsstand der rügelosen Einlassung (§ 39 ZPO) ............ 119 Die internationale Zuständigkeit in Frankreich ................................... 122 1. Historische Entwicklung der Kriterien für die internationale Zuständigkeit .................................................................................. 123 a) Die Zuständigkeitskontrolle anhand des ausländischen Prozessrechts .............................................................................. 124 b) Die „bilatéralisation“ der französischen Zuständigkeitsnormen ................................................................ 128 c) Ein autonomes Kontrollsystem der Anerkennungszuständigkeit ........................................................ 130 2. Die heutige Zuständigkeitsprüfung nach dem Arrêt Simitch ........... 132 a) Keine ausschließlichen französischen internationalen Zuständigkeiten .......................................................................... 134 aa) Ausschließliche internationale Zuständigkeitsregelungen .................................................... 134
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Inhaltsverzeichnis
bb) Die Regelungen der Artt. 14 und 15 C. civ. ......................... 138 cc) Die Abschaffung des „Jurisdiktionsprivilegs“ und der Arrêt Prieur ......................................................................... 142 b) Charakteristische Inlandsverbindung (lien caractérisé) .............. 146 c) Kein Rechtsmissbrauch bei der Forumswahl .............................. 150 III. Die Anerkennungszuständigkeit im englischen Recht ......................... 154 1. Historische Grundlagen .................................................................. 154 a) Schibsby v Westenholz und Le Mesurier v Le Mesurier .............. 157 b) Rousillon v Rousillon und Emanuel v Symon .............................. 158 c) Die Entwicklungen im englischen Scheidungsrecht .................... 160 aa) Die Spiegelbildlichkeit nach Travers v Holley ..................... 160 bb) Der Übergang zu einer Generalklausel ................................. 161 (1) Die Entscheidung Indyka v Indyka................................. 162 (2) Das Erfordernis einer „real and substantial connection“ ................................................................... 164 2. Die Prüfung im Common Law nach der gegenwärtigen Rechtsprechung .............................................................................. 166 a) Zuständigkeit aufgrund von Anwesenheit ................................... 169 aa) Residence oder presence ...................................................... 170 bb) Die Behandlung juristischer Personen .................................. 173 b) Einlassung auf die ausländische Gerichtsbarkeit (submission) ............................................................................... 176 aa) Einleitung des Verfahrens .................................................... 176 bb) Einlassung durch freiwilliges Erscheinen im Prozess ........... 177 cc) Gerichtsstandsvereinbarung ................................................. 181 IV. Zusammenfassung und vergleichende Wertung .................................. 183 § 7 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör ........... 186 I.
Die deutsche Regelung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ........................... 187 1. Schutzzweck und Rechtsnatur der Norm......................................... 187 2. Der Begriff der Nichteinlassung ..................................................... 189 3. Verteidigungsobliegenheit im Erststaat ........................................... 190 4. Das verfahrenseinleitende Schriftstück ........................................... 192 a) Anerkennungsrechtlich notwendiger Inhalt ................................ 192 b) Ordnungsmäßigkeit und Rechtzeitigkeit der Zustellung ............. 194 aa) Alternative oder kumulative Versagungsgründe ................... 194 bb) Prüfung der Ordnungsmäßigkeit und Rechtzeitigkeit ........... 196 (1) Die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung ......................... 196 (2) Die Heilung von Zustellungsmängeln ............................ 198 (3) Die Rechtzeitigkeit der Zustellung ................................ 201
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II.
Die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung im französischen Recht .................................................................................................. 204 1. Historische Grundlagen .................................................................. 204 2. Einordnung im Rahmen des verfahrensrechtlichen ordre public ..... 207 3. Die Anforderungen nach der Entscheidung Bachir ......................... 208 a) Einleitende Bemerkungen........................................................... 208 b) Die Wahrung des rechtlichen Gehörs bei der Verfahrenseinleitung .................................................................. 209 aa) Das verfahrenseinleitende Dokument ................................... 210 bb) Ordnungsmäßigkeit der Zustellung ...................................... 211 cc) Rechtzeitigkeit der Ladung .................................................. 213 III. Die Verfahrenseinleitung im Common Law ........................................ 214 1. Systematische Einordnung .............................................................. 214 2. Natural justice und substantial justice ............................................ 216 a) Einführende Bemerkungen ......................................................... 216 b) Prüfungsmaßstab für die prozessualen Grundanforderungen ...... 220 c) Ordnungsgemäße Ladung des Beklagten (due notice) ................ 221 d) Gewährung rechtlichen Gehörs (proper opportunity to be heard)......................................................................................... 222 e) Die Ergreifung von Verteidigungsmöglichkeiten im Erststaat ..................................................................................... 224 IV. Zusammenfassende Wertung .............................................................. 225 § 8 Keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit ............... 226 I.
Der deutsche § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ................................................. 226 1. Systematische Einordnung und Begriffsklärung ............................. 226 2. Kollision mit einer inländischen Entscheidung ............................... 229 3. Kollision mit einer früheren ausländischen Entscheidung ............... 230 4. Nichtbeachtung inländischer Rechtshängigkeit durch drittstaatliche Gerichte .................................................................... 231 II. Die Urteilskollision im französischen Recht ....................................... 233 1. Konflikt zwischen zwei ausländischen Entscheidungen .................. 234 2. Konflikt zwischen ausländischer und französischer Entscheidung .................................................................................. 236 3. Entgegenstehende Rechtshängigkeit ............................................... 238 III. „Conflicting judgments“ im Common Law ......................................... 240 1. Die Entscheidung Vervaeke v Smith ................................................ 240 2. Die Kollision ausländischer Entscheidungen nach Showlag v Mansour ......................................................................................... 242 IV. Zusammenfassung............................................................................... 243
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§ 9 Ordre public-Vorbehalt und Rechtsmissbrauch ................................... 243 I.
Der deutsche § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ................................................. 245 1. Der sogenannte effet atténué des ordre public ................................ 246 2. Inhalt und Umfang der ordre public-Prüfung .................................. 247 a) Der materiellrechtliche ordre public ........................................... 249 b) Der verfahrensrechtliche ordre public ........................................ 252 aa) Umfang der verfahrensrechtlichen Prüfung .......................... 252 bb) Rügeobliegenheit im Urteilsstaat? ........................................ 254 II. Der ordre public im französischen Anerkennungsrecht ....................... 255 1. Der materiellrechtliche ordre public ............................................... 258 2. Der verfahrensrechtliche ordre public ............................................ 262 3. Die Prüfung der absence de fraude à la loi ..................................... 266 III. Die Ausprägungen des ordre public-Vorbehalts im Common Law ..................................................................................... 270 1. Systematische Einordnung .............................................................. 270 2. Fraud ............................................................................................. 271 3. Public policy................................................................................... 275 IV. Zusammenfassung und Zwischenbilanz: Ein europäischer ordre public? ................................................................................................ 280 1. Inhaltliche Übereinstimmungen der betrachteten Rechtsordnungen ............................................................................ 280 2. Abgrenzung zum ordre public-Vorbehalt des Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO ................................................................................ 281 § 10 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit .................................................. 284 I.
Das Gegenseitigkeitserfordernis nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ........... 285 1. Begriff und Grundprinzipien der Gegenseitigkeit ........................... 285 2. Partielle Verbürgung der Gegenseitigkeit ....................................... 289 3. Rechtspolitische Erwägungen ......................................................... 290 II. Ablehnung des Reziprozitätserfordernisses im französischen Recht .................................................................................................. 293 III. Die reciprocity im Common Law ........................................................ 294 1. Abkehr von der doctrine of comity .................................................. 294 2. Gegenseitigkeit als Kriterium im Anwendungsbereich des Statute Law .................................................................................... 296 IV. Das Gegenseitigkeitserfordernis – ein zeitgemäßes Anerkennungskriterium? ..................................................................... 297 1. Betrachtung unterschiedlicher Ausprägungen in Europa ................. 297 2. Kritische Wertung der Reziprozität als Anerkennungsvoraussetzung .......................................................... 300
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§ 11 Die kollisionsrechtliche Kontrolle ...................................................... 301 I. II.
Übersicht über das deutsche und europäische Recht ............................ 302 Die „application de la loi compétente“ im französischen Recht .......... 304 1. Historische Entwicklung des Anerkennungskriteriums ................... 304 2. Kritik und Einschränkungen der kollisionsrechtlichen Kontrolle .... 305 3. Die Abschaffung durch den Arrêt Cornelissen ................................ 309 III. Überblick über das Common Law und andere europäische Rechtsordnungen ................................................................................ 311 IV. Zusammenfassende Wertung .............................................................. 312
Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge ...................................... 315 § 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge ........................................... 317 I. II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
Überblick und historische Grundlagen ................................................ 317 Der Anwendungsbereich der bilateralen Verträge ............................... 319 1. Zivil- und Handelssachen ............................................................... 320 a) Problematik der Qualifikation und Auslegung ............................ 321 b) Beurteilungsmaßstab .................................................................. 324 2. Anerkennungsfähige Entscheidungstypen ....................................... 326 Betrachtung ausgewählter Anerkennungsvoraussetzungen .................. 329 1. Die Behandlung der internationalen Zuständigkeit ......................... 329 a) Die Regelung anerkannter Gerichtsstände in Katalogen ............. 329 b) Die Regelung in den Verträgen mit Österreich und Griechenland .............................................................................. 332 2. Der ordre public-Vorbehalt in den bilateralen Verträgen ................ 334 3. Die kollisionsrechtliche Kontrolle .................................................. 337 Die Auswirkungen von EuGVVO und LugÜ auf die bilateralen Verträge .............................................................................................. 338 1. Die nicht von EuGVVO und LugÜ überlagerten Staatsverträge ...... 339 2. Der deutsch-tunesische Staatsvertrag .............................................. 339 3. Der deutsch-israelische Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag ..................................................................... 341 Die Regelungen der Staatsverträge hinsichtlich des Vollstreckungsverfahrens .................................................................... 343 1. Fakultatives und obligatorisches Beschlussverfahren ...................... 344 2. Das AVAG ..................................................................................... 345 Das Verhältnis von Staatsverträgen und Unionsrecht zum autonomen Recht ................................................................................. 347 1. Das Günstigkeitsprinzip der bilateralen Verträge ............................ 347 2. Keine Wahlmöglichkeit im Verhältnis zu EuGVVO und LugÜ ...... 350 Bilanz der deutschen staatsvertraglichen Regelungen ......................... 351
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§ 13 Die bilateralen Staatsverträge Frankreichs ....................................... 353 I. Historische Grundlagen....................................................................... 353 II. Divergierende Anwendungsbereiche ................................................... 355 III. Inhaltliche Besonderheiten und Abweichungen vom autonomen Recht .................................................................................................. 358 1. Die internationale Zuständigkeit ..................................................... 359 a) Kombination aus Gerichtsstandskatalogen und autonomem Recht .......................................................................................... 359 b) Bloßer Verweis auf die autonomen Zuständigkeitsregelungen ........................................................... 362 2. Die kollisionsrechtliche Kontrolle .................................................. 363 3. Der ordre public-Vorbehalt ............................................................ 365 a) Allgemeine Formulierung und Prüfungsumfang ......................... 365 b) Wahrung der Beklagtenrechte und Urteilskollision .................... 367 IV. Rangverhältnisse der Rechtsquellen im französischen Recht .............. 368 1. Das Verhältnis der bilateralen Verträge zu EuGVVO und LugÜ .... 368 2. Möglichkeit des „Rückgriffs“ auf das autonome Recht in Frankreich? ..................................................................................... 369 V. Besonderheiten im Exequaturverfahren............................................... 370 VI. Bewertung der bilateralen Staatsverträge Frankreichs ......................... 372 § 14 Die Anerkennung nach dem Statute Law in England .......................... 373 I.
Grundlagen des englischen Statute Law .............................................. 373 1. Einführende Bemerkungen ............................................................. 373 2. Entstehungsgeschichte .................................................................... 374 3. Inkraftsetzung der Statutes durch „order in council“ ....................... 375 II. Umfang und Reichweite der bilateralen Vereinbarungen .................... 377 1. Der räumliche Anwendungsbereich des AJA 1920 ......................... 377 2. Der räumliche Anwendungsbereich des Foreign Judgments Act von 1933 ......................................................................................... 378 III. Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen des Statute Law ......................................................................................... 379 1. Grundlegende Bestimmungen des AJA 1920 und des FJA 1933 ..... 379 2. Unterschiede zwischen AJA 1920 und FJA 1933 ............................ 382 a) Ermessensspielraum des Registrierungsgerichts ......................... 382 b) Fristen für den Registrierungsantrag ........................................... 383 3. Abweichungen von den Anforderungen des Common Law ............ 384 a) Der Kreis der registrierbaren Entscheidungen ............................ 384 b) Die Regelung der internationalen Zuständigkeit ......................... 386 c) Wahrung der Beklagtenrechte und Verfahrenseinleitung ............ 388 IV. Das Verfahren der Registrierung nach Statute Law ............................. 389 1. Die „bloße“ Anerkennung der Entscheidung .................................. 390
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2. Ausgestaltung der Registrierung ..................................................... 390 Das Verhältnis von „action upon judgment“ und Statute Law ............. 391
§ 15 Abschließende Wertung der staatsvertraglichen Regelungen ............. 393 I. Bewertung der britischen Statutes ....................................................... 393 II. Unterschiedliche Bedeutung bilateraler Staatsverträge ........................ 394 III. Zukünftige Bedeutung der Staatsverträge für die Urteilsanerkennung ............................................................................. 396
Kapitel IV: Entwicklung eines einheitlichen Anerkennungsrechts ...................................................... 399 § 16 Zusammenfassender Befund der rechtsvergleichenden Analyse ......... 399 § 17 Entwicklung einheitlicher Anerkennungsvoraussetzungen .................. 401 I.
II.
Ein einheitlicher Kriterienkatalog ....................................................... 401 1. Zusammenfassende Erwägungen .................................................... 401 2. Art. X: Die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen .............. 403 Die prozessuale Umsetzung von Anerkennung und Vollstreckung...................................................................................... 404
Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen ................................... 407 § 18 Perspektiven autonomen Unionsrechts ............................................... 408 I. Einführende Erwägungen .................................................................... 408 II. Die historische Entwicklung der Unionskompetenzen ......................... 408 III. Der Kompetenztitel des Art. 81 AEUV ............................................... 411 1. Struktur und Anforderungen des Art. 81 AEUV ............................. 412 2. Die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 2 lit. f AEUV...................... 414 a) Grenzüberschreitende Bezüge .................................................... 415 b) Der Binnenmarktbezug ............................................................... 418 aa) Rechtslage unter Art. 65 EG ................................................ 418 bb) Wegfall des Erfordernisses im Vertrag von Lissabon ........... 420 c) Kriterium der reibungslosen Abwicklung von Zivilverfahren ............................................................................ 421 3. Einschränkungen durch das Subsidiaritätsprinzip ........................... 422 4. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 5 Abs. 4 EUV .......... 425 IV. Die Überarbeitung der EuGVVO ........................................................ 427 1. Das Grünbuch vom 21. April 2009 ................................................. 427 2. Der Verordnungsvorschlag vom 14. Dezember 2010 ...................... 428
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Inhaltsverzeichnis
3. Die „neue“ EuGVVO – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 ......................................................................... 429 § 19 Staatsvertragliche Regelungsoptionen im europäischen Raum ........... 430 I.
II.
Der Beitritt zum LugÜ als Integrationsinstrument? ............................. 431 1. Rechtliche Grundlagen und mögliches Aufnahmeverfahren ........... 432 2. Mangelnde Eignung des LugÜ als Integrationsinstrument .............. 433 a) Verfahrensrechtliche Bedenken .................................................. 433 b) Konzipierung für den europäischen Rechtsraum......................... 433 c) Ratifizierungsmechanismus ........................................................ 434 Die EU als künftige Vertragspartei bilateraler Abkommen ................. 435 1. Grundlagen der Außenkompetenzen der Europäischen Union ........ 435 a) Zuständigkeitsbestimmungen des AEUV ................................... 436 b) Die Rechtsprechung des EuGH zu den Außenkompetenzen ....... 437 aa) Historische Grundlagen – Die AETR-Doktrin ...................... 437 bb) Die weitere Rechtsprechung des EuGH bis hin zum Lugano-Gutachten ............................................................... 438 2. Außenkompetenzen im Bereich der Anerkennung drittstaatlicher Urteile ..................................................................... 440 a) Das Lugano-Gutachten des EuGH .............................................. 441 b) Ergebnis ..................................................................................... 444
Schlussbetrachtung und Ausblick ..................................................... 445 Anhang .................................................................................................... 449 Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands ..................................................................................... 449 Ergänzende Materialien zu den bilateralen Staatsverträgen Deutschlands ..................................................................................... 451 Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs ........................................................................................ 453 The Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 ................. 461 The Administration of Justice Act 1920 (Part II) .................................... 469 Entscheidungsverzeichnis ........................................................................... 473 Literaturverzeichnis .................................................................................... 491 Sachverzeichnis .......................................................................................... 527
Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis a. A. Abl. Abs. A. C. AcP AEUV a. F. AJA 1920 All E. R. Alt. amtl. Anm. Art(t). AmJCompL Aufl. AVAG AWD Az. BayObLG BayObLGZ BB B. C. Int’l & Comp. L. Rev Bd. Begr. Berkeley J. Int’l L. BGBl. BGH BGHZ Bing. BT-Dr. Bus LR BVerfG BVerfGE BYIL
andere Ansicht Amtsblatt Absatz Appeal Cases (Law Reports) Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Administration of Justice Act 1920 All England Law Reports Alternative amtlich(e) Anmerkung Artikel American Journal of Comparative Law Auflage Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz Außenwirtschaftsdienst des Betriebs-Beraters (Zeitschrift) Aktenzeichen Bayerisches Oberstes Landesgericht Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Zivilsachen Betriebs-Berater (Zeitschrift) Boston College International and Comparative Law Review Band Begründung Berkeley Journal of International Law Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bingham New Cases Drucksache des Deutschen Bundestags Business Law Reports Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts The British Year Book of International Law
XX
Abkürzungsverzeichnis
c. CA Camp. CarswellOnt Cass. civ. Cass. req. C. B. R. C. civ. CJJA 1982 C.L.J. Colum. J. Transnat’l L. C. org. jud. Ch. Chap. Ch. App. Ch. D. Cie. CMLRev Co. Comp. Law Yearbook of Int’l Business CPR
contra/contre Cour d’appel Campbell Carswell Ontario Cases Cour de cassation Chambre civile Cour de cassation Chambre des requêtes Common Bench Reports Code civil Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982 (The) Cambridge Law Journal Columbia Journal of Transnational Law Code de l’organisation judiciaire Chambre Chapitre / Chapter Chancery Appeals Chancery Division Compagnie Common Market Law Review Company The Comparative Law Yearbook of International Business
DB ders. dies. Dig. d. h. Dr. mar. fr. DtZ
Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe dieselbe(n) Digesten das heißt Droit maritime français Deutsch-Deutsche Rechts-Zeitschrift
East EBLR EFTA EG
East’s Term Reports, King’s Bench European Business Law Review European Free Trade Association Europäische Gemeinschaft/ Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte Einleitung Europäische Menschenrechtskonvention endgültig Exekutionsordnung (Österreich) English Reports European Review of Private Law Europäische Union Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 vom 27. November 2003
EGMR Einl. EMRK endg. EO E. R. ERPL EU EuEheVO
Civil Procedure Review; Civil Procedure Rules
Abkürzungsverzeichnis EuGH EuGVÜ
EuGVVO
EuInsVO EuLF EuR EU-Subsidiaritätsprotokoll EuVTVO
EuZPR EWCA Civ EWHC EWR EWG EWS Ex. Ex. D. f. / ff. FamFG FamFR FamRÄndG FamRZ Fasc. FGG FGG-Reformgesetz FJA 1933 F.L.R. Fn. FS F. S. R. GAJFDIP Gaz. Pal. GG
XXI
Europäischer Gerichtshof Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates über Insolvenzverfahren vom 29. Mai 2000 The European Legal Forum Europarecht (Zeitschrift) Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit vom 13. Dezember 2007 Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen vom 21. April 2004 Europäisches Zivilprozessrecht (Zeitschrift) Court of Appeal Civil Division High Court of England and Wales Europäischer Wirtschaftsraum Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht (Zeitschrift) Court of Exchequer Exchequer Division folgende Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Familienrecht und Familienverfahrensrecht Gesetz zur Vereinheitlichung und Änderung familienrechtlicher Vorschriften Zeitschrift für das Gesamte Familienrecht mit Betreuungsrecht, Erbrecht, Verfahrensrecht, Öffentlichem Recht Fascicule(s) Freiwillige Gerichtsbarkeit Gesetz Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 Family Law Reports Fußnote Festschrift Fleet Street Reports Les grands arrêts de la jurisprudence française de droit international privé Gazette du Palais Grundgesetz
XXII
Abkürzungsverzeichnis
ggf. GPR GS GSZ
gegebenenfalls Zeitschrift für Gemeinschaftsprivatrecht Gedächtnisschrift Großer Senat in Zivilsachen
Hare Harv. L. Rev. H. Bl. Hdb. H. L. h. M. Hrsg. HZÜ
Hare’s Chancery Reports Harvard Law Review H. Blackstone’s Common Pleas Reports Handbuch House of Lords herrschende Meinung Herausgeber Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965
ICLQ I. L. Pr. Inc. InsO IPRax i. V. m. IPR IZPR IZVR
International and Comparative Law Quarterly International Litigation Procedure Incorporated Insolvenzordnung Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts (Zeitschrift) in Verbindung mit Internationales Privatrecht Internationales Zivilprozessrecht Internationales Zivilverfahrensrecht
JBl. JCP G Sem. Jur. JCP N Sem. Jur. JDI JIBLR J.L.C. J.O. J P Int’l L JR JZ JurBüro
Juristische Blätter La Semaine Juridique Édition Générale La Semaine Juridique Notariale et Immobilière Journal du droit international (Clunet) Journal of International Banking Law and Regulation (The) Journal of Law and Commerce Journal Officiel de la République Française Journal of Private International Law Juristische Rundschau Juristenzeitung Das juristische Büro (Zeitschrift)
Kap. K. B. KPC
Kapitel King’s Bench Kodeks postępowania cywilnego (polnisches Zivilverfahrensgesetzbuch)
LEC LG lit. Lloyd’s Rep. LMCLQ
Ley de Enjuiciamiento Civil (spanische Zivilprozessordnung) Landgericht littera Lloyd’s Law Reports Lloyd’s Maritime and Commercial Law Quarterly
Abkürzungsverzeichnis
XXIII
Lofft L. Q. R. L. R. LugÜ
Lofft’s King’s Bench Reports Law Quarterly Review Law Reports Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilund Handelssachen
MDR M. L. R. M. & S. M. & W. m.w.N.
Monatsschrift für Deutsches Recht The Modern Law Review Maule and Selwyn Meeson and Welsby mit weiteren Nachweisen
NCPC NiemeyersZ NILR NJW NJW-RR Nr. N. S. W. L. R. NTIR NVwZ NYÜ
Nouveau Code de procédure civile Niemeyers Zeitschrift für Internationales Recht Netherlands International Law Review Neue Juristische Wochenschrift NJW-Rechtsprechungs-Report Nummer (The) New South Wales Law Reports Nederlands Tijdschrift voor Internationaal Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958
OJLS OLG
Oxford Journal of Legal Studies Oberlandesgericht
P. P. D. PTIA 1980
Probate Probate Division Protection of Trading Interests Act 1980
Q. B. Q. L. R.
Queen’s Bench The Law Quarterly Review
RabelsZ
Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rivista di diritto internazionale privato e processuale Revue des droits et libertés fondamentaux Recueil des cours de l’Académie de droit international de La Haye Recueil Dalloz Reichsgesetzblatt Revue hellénique de droit international Répertoire du droit international Dalloz Revue de droit uniforme; Uniform Law Review Revue critique de droit international privé Reichsgesetzblatt
RDIPP RDLF Rec. Cours La Haye Rec. D. Reichsgesetzbl. Rev. hell. dr. int. Rép. Int. D. Rev. dr. unif. Rev. crit. DIP RGBl.
XXIV RGZ RICO Act RIDC RIW Rn. R. P. C. RSC S. S.C.C. S. C. R. Sec. Slg. S. L. T. Soc. sog. StAZ
Abkürzungsverzeichnis Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen (Entscheidungssammlung) Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act Revue internationale de droit comparé Recht der Internationalen Wirtschaft (Zeitschrift) Randnummer Reports of Patent Cases Rules of the Supreme Court
Sw. & Tr.
Seite Supreme Court of Canada Canada Law Reports, Supreme Court Section Sammlung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes Scots Law Times Société sogenannte(r) Das Standesamt – Zeitschrift für Standesamtwesen, Ehe- und Kindschaftsrecht, Staatsangehörigkeitsrecht Swabey & Tristram
Tel Aviv Univ. Stud. L. TGI T. L. R. Trav. com. fr. dr. int. pr.
Tel Aviv University Studies in Law Tribunal de Grande Instance (The) Times Law Reports Travaux du Comité Français du droit international privé
u. a. UA UKPC U.S. usw.
unter anderem Unterabsatz United Kingdom Privy Council United States Reports und so weiter
v Ves. Jun. Ves. Sen. vgl. Vol. Vorbem. VuR VVE
versus / and Vesey Junior Vesey Senior vergleiche Volume Vorbemerkung Verbraucher und Recht Vertrag über eine Verfassung für Europa
WiRO W. L. R. WVK
Wirtschaft und Recht in Osteuropa (Zeitschrift) (The) Weekly Law Reports Wiener Vertragsrechtskonvention
YPIL
Yearbook of Private International Law
ZEuP
Zeitschrift für Europäisches Privatrecht
Abkürzungsverzeichnis ZfRV zit. ZPO z. T. ZVglRWiss ZZP ZZPInt
XXV
Zeitschrift für Rechtsvergleichung, Internationales Privatrecht und Europarecht zitiert Zivilprozessordnung zum Teil Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozeßrecht Zeitschrift für Zivilprozeßrecht International
Einleitung Einleitung
I.
Status quo
I. Status quo
Die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen spielt eine immer größere Rolle bei der grenzüberschreitenden wirtschaftlichen Betätigung von Unternehmen und Privatpersonen. Gerichtliche Entscheidungen sind staatliche Hoheitsakte und entfalten deshalb grundsätzlich nur dort Wirkung, wo der Staat, in dem sie ergangen sind, Hoheitsgewalt ausüben kann, d. h. innerhalb seiner Staatsgrenzen.1 In jahrhundertelanger Rechtsprechung – zurückreichend auf die Digesten – findet sich die Bestimmung „extra territorium ius dicenti impune non paretur“ und dieses grundlegende Prinzip der Territorialhoheit bildet auch im heutigen Anerkennungsrecht den zentralen Ausgangspunkt.2 Ein Urteil, das in einem Drittstaat ergeht, ist somit nicht zwangsläufig – etwa als Grundlage für eine Vollstreckungshandlung – im Inland verwendbar, sodass es regelmäßig zur grenzüberschreitenden Geltendmachung der jeweiligen Entscheidung der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im Zweitstaat bedarf.3 Welchen Voraussetzungen der jeweilige Staat die Anerkennung und Vollstreckung einer drittstaatlichen Entscheidung unterstellt, ob er beispielsweise eine Anerkennung ausschließlich im Rahmen 1 Statt aller v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 149; Linke/Hau, IZVR, Rn. 412; Schack, IZVR, Rn. 865; Schütze, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland, S. 11. 2 Die vollständige Digestenstelle lautet: „PAULUS libro primo ad edictum Extra territorium ius dicenti impune non paretur. idem est, et si supra iuridictionem suam velit ius dicere.“ („PAULUS im 1. Buch zum Edikt Außerhalb des Gebietes, für das er zuständig ist, wird dem, der Recht spricht, straflos der Gehorsam verweigert. Ebenso ist es auch, wenn er über seine sachliche Zuständigkeit hinaus Recht sprechen will.“); Dig. II, 1, 20; zit. nach und übersetzt von Behrends/Knütel/Kupisch/Seiler, Corpus Iuris Civilis, II, S. 177; vgl. Schütze, in: FS Geimer, 1025 (1025); Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 10; siehe zudem exemplarisch die Ausführungen des englischen House of Lords in der Entscheidung Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote aus dem 19. Jahrhundert: „All jurisdiction is properly territorial, and ‘extra territorium jus dicenti, impune non paretur’.“, Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote [1894] A. C. 670 (683); vgl. Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 127; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 690; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (96). 3 Linke/Hau, IZVR, Rn. 412; Schütze, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland, S. 11.
2
Einleitung
staatsvertraglicher Regelungen – wie es sich etwa in den Niederlanden 4 beobachten lässt – vorsieht oder diese grundsätzlich ablehnt, ist jeweils der einzelnen Rechtsordnung überlassen.5 Trotz des Fehlens einer allgemeinen Verpflichtung zur Anerkennung ausländischer Hoheitsakte 6 erfolgt eine Anerkennung jedoch in (fast) allen Staaten unter bestimmten Voraussetzungen, um die eigene inländische Justiz zu entlasten und den „internationalen Entscheidungseinklang“ zu fördern.7 Zudem spielen bei der Anerkennung dritt4 So normiert Art. 431 des niederländischen Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering: „(1) Behoudens het bepaalde in de artikelen 985–994, kunnen noch beslissingen, door vreemde rechters gegeven, noch buiten Nederland verleden authentieke akten binnen Nederland ten uitvoer worden gelegd. (2) De gedingen kunnen opnieuw bij de Nederlandse rechter worden behandeld en afgedaan.“ Im niederländischen Recht findet folglich eine Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen grundsätzlich nur nach den Regelungen der Artt. 985–994 (welche die Anerkennung nach staatsvertraglichen Regelungen zum Gegenstand haben) statt. Dabei besteht nach Abs. 2 die Möglichkeit, den Rechtsstreit erneut vor einem niederländischen Richter zu verhandeln, vgl. ausführlich Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 12 ff.; Storm, in: Platto/Horton, Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, 158 f.; Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (26 f.). 5 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 1; Kallmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, S. 3; v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 149; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 102; Schack, IZVR, Rn. 865; Schütze, in: FS Geimer, 1025 (1025); siehe ausführlich zu den einzelnen Ansätzen Hou, Comparative Analysis of the Korean Approach to Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 2 ff. Bereits in dem grundlegenden Werk Feuerbachs findet sich diesbezüglich die folgende Aussage: „Freilich bleibt es aber der Regierung jeden Staates überlassen, den Umfang und die Grenzen dieser Verbindlichkeit nach eigener weiser Beurtheilung zu ermessen, denn der völkerrechtliche Verein ist kein Völkerstaat.“, Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 85; vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 65; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 14 f.; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 58; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 233. 6 Die Lehre der comitas gentium oder auch doctrine of comity setzte sich als Prinzip des Anerkennungsrechts im deutschen Recht nicht durch und begründete dementsprechend keine völkerrechtliche Anerkennungspflicht, vgl. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 11; ders., IZPR, Rn. 192b; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1359; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 1; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 1; Schack, IZVR, Rn. 876; v. Hoffmann/ Thorn, IPR, § 3 Rn. 149; Schütze, DIZPR, Rn. 287; zur diesbezüglichen Entwicklung im Common Law siehe ausführlich Kap. I § 4 II. 7 Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1367 f.; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 4; Schack, IZVR, Rn. 876 ff.; Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475 (484); siehe auch v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 149; einen Überblick über unterschiedliche Anerkennungssysteme liefert Nagel, DB 1969, 2323 (2324 ff.); zur „Interessenlage bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung“ sehr instruktiv Becker, Grundrechtsschutz bei der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im europäischen Zivilver-
I. Status quo
3
staatlicher Entscheidungen regelmäßig rechtspolitische Motive bzw. „Gegenseitigkeitserwägungen“ eine nicht zu vernachlässigende Rolle.8 Die konsequente Versagung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer bzw. drittstaatlicher Urteile würde – neben einer gravierenden Hemmung des internationalen Rechtsverkehrs – zu einem massiven Rechtsverlust der jeweiligen Gläubiger der grenzüberschreitend erwirkten Urteile führen.9 Zu diesen Motiven der Urteilsanerkennung führte v. Wächter bereits im Jahr 1842 aus: „Eine rechtliche Nothwendigkeit und Verpflichtung eines Staates, rechtskräftige Erkenntnisse, welche die Richter eines fremden Staates fällten, unbedingt zu vollstrecken, läßt sich nicht nachweisen. Denn an das, was ein fremder Staat für formelles oder materielles Recht erkennt, kann unser Staat nicht gebunden, noch weniger verpflichtet seyn, seine Hand zur Vollstreckung eines Erkenntnisses unbedingt zu bieten, das nach seinen Ansichten und Grundsäzen die gröbste Ungerechtigkeit enthält. Allein das völkerrechtliche Verhältniß und das Interesse der eigenen Unterthanen gebietet hier jedem Staate, nicht auf Dem zu beharren, was sein strenges Recht ist, und hier Einräumungen zu machen. Wie weit er in diesen Einräumungen gehen will, ist lediglich seine Sache.“ 10
Im Hinblick auf die zunehmende Internationalisierung und Europäisierung rechtlicher Beziehungen, die mit der wachsenden grenzüberschreitenden Wirtschaftsbetätigung notwendigerweise einhergehen, wird die Frage, inwieweit die Erstreckung der Wirkungen drittstaatlicher Entscheidungen auf das Inland möglich ist, von immer größerer Bedeutung. 11 Doch trotz der hohen Relevanz der Thematik der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen für den nationalen wie auch innergemeinschaftlichen Rechtsverkehr ist die Regelung dieser Materie in Europa nach wie vor sehr unübersichtlich.12 Es finden sich zahlreiche Rechtsakte unterschiedlichster Rechtsnatur und Herkunft und dies in jeweils unterschiedlichem Umfang. Neben den jeweiligen autonomen nationalen Regelungen, wie etwa in Deutschland den §§ 328, 722, 723 ZPO oder den – wenngleich nur rudimentären – Regelungen der Art. 509 Nouveau Code de procédure civile (NCPC) und Artt. 2123, 2128 fahrensrecht, S. 54 ff.; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 19 ff. 8 Siehe etwa Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (7 ff.); Schütze, in: FS Georgiades, 577 (586 ff.). Zum Gegenseitigkeitsprinzip siehe ausführlich Kap. II § 10; zu den Motiven hinsichtlich der internationalen Urteilsanerkennung siehe auch Shapira, Tel Aviv Univ. Stud. L. 1977, 171 (172 f.). 9 Vgl. Süß, in: FS Rosenberg, 229 (230) und das von ihm genannte Beispiel, in dem einem Gläubiger aufgrund mangelnden Gerichtsstands im Inland und Versagung der Anerkennung der ausländischen Entscheidung faktisch der Rechtsschutz entzogen würde; siehe auch Schütze, DIZPR, Rn. 287; Schack, IZVR, Rn. 877. 10 v. Wächter, AcP 25 (1842), 361 (417); vgl. Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (257). 11 Ebenso statt vieler Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 8; die Bedeutung der (autonomen) Regelungen hinsichtlich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen betont ebenfalls Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (22). 12 Ähnlich bereits Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 8.
4
Einleitung
Code civil (C. civ.) im französischen Recht, bestehen zahlreiche bilaterale Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge, multilaterale Regelungswerke für Spezialgebiete sowie schließlich im letzten Jahrzehnt zunehmend Rechtsakte des sekundären Unionsrechts. Im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen stellen dabei als prominenteste Beispiele die Verordnung über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, die EuGVVO,13 sowie das Luganer Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen im Verhältnis zu den Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) die in der Praxis wichtigsten unions- bzw. staatsvertraglichen Rechtsquellen auf dem Gebiet der Zivil- und Handelssachen dar.14 Das Luganer Übereinkommen ist hierbei ursprünglich als „Parallelabkommen“15 zum Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, dem EuGVÜ, welches den staatsvertraglichen „Vorläufer“ der EuGVVO bildet,16 abgeschlossen worden und erstreckt die Regelungen der EuGVVO über die EU-Mitgliedstaaten hinaus auf den Europäischen Wirtschaftsraum. 17 Es zeigt sich folglich eine sehr diffizile Struktur, die bereits vielfach sehr treffend als „Dschungel“ von Regelungen18 bezeichnet wurde und in der Anwendung zahlreiche Schwierigkeiten und Unsicherheiten mit sich bringt.19 13
Hartley, in: Basedow/Baum/Nishitani, Japanese and European Private International Law in Comparative Perspective, 19 (19) nennt EuGVÜ und EuGVVO „the greatest achievement of EC private international law“. Im Jahr 2012 erfolgte eine umfangreiche Änderung der EuGVVO durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU 2012 Nr. L/351, S. 1 ff., welche am 10. Januar 2015 in den Mitgliedstaaten in Kraft trat, vgl. Art. 81 der Neufassung der EuGVVO. Näher zu den Entwicklungen und Änderungen im Rahmen der EuGVVO-Reform siehe exemplarisch Hess, IPRax 2011, 125 (125 ff.); Pohl, IPRax 2013, 109 (109 ff.) sowie die Ausführung in Kap. V § 18 IV. 14 Statt vieler Brödermann/Rosengarten, IPR/IZVR, Rn. 590; siehe auch Schack, IZVR, Rn. 113. 15 Siehe etwa Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Einl., Rn. 14. 16 Zur Entwicklung der EuGVVO aus dem EuGVÜ bzw. der „Vergemeinschaftung“ des EuGVÜ siehe etwa Geimer, IPRax 2002, 69 (69 ff.); Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325 (325 ff.); Wagner, NJW 2003, 2344 (2344 ff.) sowie Kohler, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht, 63 (65 ff.) und Wagner, IPRax 2002, 75 (75 ff.), die sich zudem mit der weiteren Entwicklung hin zu einem europäischen Vollstreckungstitel befassen. 17 Siehe Kropholler/v. Hein, EuZPR, Einl. EuGVO, Rn. 82; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Einl., Rn. 14. 18 Anhand des Beispiels der Vollstreckbarerklärung ausländischer Unterhaltsentscheidungen Mankowski, IPRax 2000, 188 (188 ff.); auch Hüßtege spricht in Bezug auf die vom Rechtsanwender bei einem internationalen Vollstreckungsverfahren zu beachtenden Vor-
II. Gegenstand der Arbeit und Gang der Untersuchung
5
II. Gegenstand der Arbeit und Gang der Untersuchung II. Gegenstand der Arbeit und Gang der Untersuchung
Das soeben beschriebene komplexe Netz von Regelungsebenen findet sich – in unterschiedlicher Ausprägung – in den in dieser Arbeit zu analysierenden Anerkennungs- und Vollstreckungsregelungen Deutschlands, Englands und Frankreichs wieder. Anhand der rechtsvergleichenden Betrachtung der einzelnen Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen, wie etwa insbesondere der internationalen Zuständigkeit des Urteilsstaats oder der Praxis der jeweiligen Staaten hinsichtlich des Abschlusses bilateraler Staatsverträge, sollen Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede der autonomen Anerkennungs- und Vollstreckungsregime herausgearbeitet werden. Auf Grundlage der hierdurch erlangten Erkenntnisse wird sodann ein Kriterienkatalog für die Anerkennung drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen entwickelt, der einen zweckmäßigen Mechanismus darstellt, um die Urteilsfreizügigkeit mit dem notwendigen Schutz des Beklagten wie auch der jeweiligen inländischen Rechtsordnung in Einklang zu bringen. Die Entwicklung dieses Katalogs mündet schließlich in eine Erörterung der zukünftigen Regelungs- bzw. Vereinheitlichungsoptionen auf europäischer Ebene, die für eine sinnvolle Umsetzung des erarbeiteten Kriterienkatalogs bestehen. Innerhalb des europäischen Rechtsraums sind dabei – wie auch auf Ebene des nationalen autonomen Rechts – im Wesentlichen zwei Rechtssetzungsoptionen für die weitere Entwicklung des Anerkennungsrechts denkbar: Regelungen auf der Ebene des autonomen Prozessrechts sowie die Gestaltung durch Staatsverträge. Es sollen insofern zum einen konkrete bzw. einseitige Rechtssetzungsmaßnahmen seitens der EU unter besonderer Berücksichtigung des im Rahmen der Vertragsrevision von Lissabon geschaffenen Kompetenztitels des Art. 81 AEUV,20 zum anderen zukünftige europäische Maßnahmen auf staatsvertraglicher Ebene – ausgehend von Art. 216 AEUV und dessen Grundlagen bzw. der AETR-Rechtsprechung 21 und den
schriften von einem schwer durchschaubaren Dschungel, vgl. Hüßtege, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in der Europäischen Union, S. 116; Kropholler/Blobel sehen eine „unübersichtliche Gemengelage im IPR durch EGVerordnungen und Staatsverträge“, Kropholler/Blobel, in: FS Sonnenberger, 453 (453); Stone beklagt im Hinblick auf die Regelungsmechnismen im englischen Recht einen „Überfluss“ („superabundance“) an Verfahren, Stone, LMCLQ 1983, 1 (3). 19 Siehe hierzu Niboyet/Sinopoli, die bezüglich der Situation im französischen Recht von einem „Gewirr der prozessualen Wege als Fehlerquelle“ („Le lacis de voies procédurales source d’erreurs“) sprechen, vgl. Niboyet/Sinopoli, Gaz. Pal. 2004, Recueil Mai-Juin 2004, 1739 (1744). 20 Zuvor Art. 65 EG; zu den Divergenzen zwischen den beiden Normen siehe ausführlich Kap. V § 18 II, III. 21 EuGH, 31.3.1971, Rs. C-22/70, Slg. 1971, S. 263; ausführlich hierzu Oppermann/ Classen/Nettesheim, Europarecht, § 38 Rn. 13 ff.
6
Einleitung
Ausführungen des EuGH im sog. Lugano-Gutachten22 – erörtert werden.23 Die vorliegende Arbeit evaluiert schließlich diese europäischen Regelungsoptionen und sucht dabei den besten Ansatz, um die bestehende Gemengelage von Rechtsquellen zu vereinfachen und zukünftig einen größtmöglichen Einklang zwischen den nationalen Zivilprozessordnungen und den europäischen Regelungen herzustellen.
22 23
EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145. Näher hierzu Kap. V § 19 II.
Kapitel I
Grundlagen des Anerkennungsrechts Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
§ 1 Europäische und internationale Aspekte der Urteilsanerkennung § 1 Europäische und internationale Aspekte der Urteilsanerkennung
Dem einzelnen nationalen Gesetzgeber bieten sich für die Regelung der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer bzw. drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen – wie eingangs bereits erwähnt – grundsätzlich zwei Gestaltungsmöglichkeiten: die Regelung durch Staatsverträge sowie die Rechtsetzung im autonomen (Zivilprozess-)Recht. Als autonomes Recht bezeichnet man dabei „jene Vorschriften, welche die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Entscheidungen regeln, ohne dass eine völker- (oder europa-)rechtliche Pflicht zur Anerkennung und Vollstreckbarerkärung besteht, d. h. diejenigen Normen, die gelten, wenn keine staatsvertraglichen (oder unions-)rechtlichen Regelungen zwischen Erst- und Zweitstaat bestehen“.1
Zudem besteht für die einzelnen Staaten die Möglichkeit des Beitritts zu multilateralen Staatsverträgen, die – häufig von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht ausgearbeitet 2 – die Anerkennung und Vollstreckung in bestimmten Spezialbereichen behandeln.3 Neben diese nationalen Regelungsoptionen tritt schließlich für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union seit Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags noch die Regelungsebene des Unionsrechts, welche die innergemeinschaftliche Urteilsanerkennung erfasst und von den Rechtsetzungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene losge1 Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1380. Geimer lässt in der von ihm formulierten Definition die unionsrechtlichen Regelungen – aufgrund des Zeitpunkts des Erscheinens seines grundlegenden Werks – unerwähnt. Die obige Definition wurde insofern ergänzt. 2 Vgl. exemplarisch das Haager Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2.10.1973, BGBl. 1986 II 826; zudem abrufbar auf der Internetpräsenz der Haager Konferenz unter: . 3 Schack, IZVR, Rn. 890 ff.; näher zu den Haager Übereinkommen auf Spezialgebieten siehe Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (289 ff.). Eine Übersicht über die multilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge liefert Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 33 ff.
8
Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
löst zu betrachten ist.4 Dieses wenig übersichtliche Netz von Rechtsquellen aus bi- und multilateralen Staatsverträgen, autonomem nationalen Prozessrecht und sekundärem Unionsrecht bzw. das Zusammenspiel dieser Regelungsebenen lässt sich am besten im Kontext seiner historischen Entwicklung erfassen. I.
Die Entwicklungen auf europäischer Ebene
1. Der Abschluss des EuGVÜ als „Meilenstein“ im Anerkennungsrecht Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge, die von den einzelnen Staaten in unterschiedlichem Umfang abgeschlossen wurden,5 gehen in ihrer Entwicklung bis in das 19. Jahrhundert,6 mitunter sogar noch weiter,7 zurück und bilden zusammen mit den jeweiligen nationalen autonomen Regelungen den Ausgangspunkt für das Anerkennungs- und Vollstreckungsrecht in Europa.8 Gegen Ende des 20. Jahrhunderts traten neben jene Regelungsformen jedoch noch weitere Ebenen und Elemente – zunächst in Gestalt völkerrechtlicher Verträge, gefolgt von umfangreichen Gemeinschafts- bzw. Unionsrechtsakten.9 Einen ersten „Meilenstein“ in der Geschichte des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts und des europäischen internationalen Zivilprozessrechts bildet das Inkrafttreten des EuGVÜ, welches sich als eines der maßgeblichsten völkervertraglichen Regelwerke zur Anerkennung und Vollstreckung auf dem Gebiet der Handels- und Zivilsachen herausstellen sollte.10 Ziel des EuGVÜ war es – ausgehend vom Wortlaut der damaligen Rechtsgrundlage des Art. 220 EWG11 – die „Förmlichkeiten für die gegensei4
Zu den Regelungsmöglichkeiten, die der EU durch den Amsterdamer Vertrag eingeräumt wurden, siehe Kap. I § 1 I 3, Kap. V § 18 II, III. 5 Siehe zum Vorgehen Deutschlands, Englands und Frankreichs Kap. III §§ 12–14. 6 Exemplarisch sei hier etwa das französisch-schweizerische Abkommen aus dem Jahre 1869 erwähnt, welches einen der ältesten nachweisbaren Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge darstellt; siehe Verzeichnis der bilateralen Staatsverträge Frankreichs; vgl. Schack, IZVR, Rn. 894; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 1. 7 Der nach Jellinek älteste nachweisbare Vollstreckungsvertrag zwischen selbständigen Staaten ist der „Bund der eidgenössischen katholischen Orte mit der Krone Frankreich, unterzeichnet und beschworen zu Solothurn am 5. Mai 1715“; vgl. Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über die Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 1; siehe hierzu auch Kap. III § 13 I. 8 Zu den historischen Grundlagen des Abschlusses bilateraler Verträge im kontinentaleuropäischen Raum sehr instruktiv Baumgartner, The Proposed Hague Convention on Jurisdiction and Foreign Judgments, S. 47 ff. 9 Behr, in: Bottke/Möllers/Schmidt, Recht in Europa, 43 (45). 10 Behr, in: Bottke/Möllers/Schmidt, Recht in Europa, 43 (46); Geimer, RIW/AWD 1973, 139 (139). 11 Art. 220 EWG: „Soweit erforderlich, leiten die Mitgliedstaaten untereinander Verhandlungen ein, um zugunsten ihrer Staatsangehörigen folgendes sicherzustellen:
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tige Anerkennung und Vollstreckung richterlicher Entscheidungen zu vereinfachen“.12 So wurde argumentiert, dass „ohne Titelfreizügigkeit ein wirklicher Binnenmarkt unerreichbar sei; denn erststaatliche Titel fungierten ökonomisch gesehen als property rights, deren Funktion nach Exklusivität der ihnen zugrunde liegenden Rechte verlange, die grenzüberschreitend erst durch Urteilsanerkennung hergestellt werde.“ 13
Das EuGVÜ war demnach das „Resultat des Bekenntnisses zu einem gemeinsamen Markt“, der auch die Vereinheitlichung (einzelner) zivilprozessualer Vorschriften mit sich bringt.14 Im weiteren Verlauf wurden zahlreiche Beitrittsübereinkommen und Neufassungen 15 verabschiedet und das EuGVÜ entwickelte sich so zum „tragenden Fundament des internationalen Zivilverfahrensrechts im Binnenmarkt“.16 Diese Entwicklung hatte Habscheid bei Inkrafttreten des EuGVÜ bereits erahnt und gemutmaßt, „man werde den 1.2.1973 [das Datum des Inkrafttretens des EuGVÜ] später einmal als Beginn eines Europäischen Zivilprozeßrechts feiern“. 17 Mag dies vielleicht von Habscheid recht euphorisch formuliert worden sein, ist die hohe Relevanz des Übereinkommens im Bereich des europäischen und internationalen Zivilpro-
– den Schutz der Personen sowie den Genuß und den Schutz der Rechte zu den Bedingungen, die jeder Staat seinen eigenen Angehörigen einräumt; – die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft; – die gegenseitige Anerkennung der Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2, die Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit bei Verlegung des Sitzes von einem Staat in einen anderen und die Möglichkeit der Verschmelzung von Gesellschaften, die den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten unterstehen; – die Vereinfachung der Förmlichkeiten für die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung richterlicher Entscheidungen und Schiedssprüche.“; zwischenzeitlich Art. 293 EG, im Zuge der Vertragsrevision von Lissabon aufgehoben, vgl. Wagner, IPRax 2014, 217 (218). 12 Geimer, in: Geimer/Schütze, EuZVR, A 1 – Einl., Rn. 1 ff.; Geimer/Schütze, EuZVR, Einl., Rn. 1; Klauser, EuGVÜ und EVÜ, S. 24. 13 Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit, S. 349; vgl. Geimer/Schütze, EuZVR, Einl., Rn. 1. 14 Vgl. Grolimund, Drittstaatenproblematik des europäischen Zivilverfahrensrechts, S. 1. 15 Ausführlich zu den einzelnen Neufassungen bzw. Beitrittsübereinkommen Kropholler/v. Hein, EuZPR, Einl. EuGVO, Rn. 17 ff.; Geimer/Schütze, EuZVR, Einl. Rn. 4 ff. 16 So v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 182. Linke/Hau bezeichnen das EuGVÜ als „Keimzelle des heutigen Europäischen IZVR“, vgl. Linke/Hau, IZVR, Rn. 136; Schack nennt es den „Kern des europäischen Zivilprozessrechts“, Schack, IZVR, Rn. 76; Kropholler/Blobel, in: FS Sonnenberger, 453 (454) sprechen vom „Erfolgsmodell EuGVÜ“. 17 Habscheid, ZfRV 1973, 262 (262); vgl. Geimer, RIW/AWD 1976, 139 (139), der ebenfalls auf dieses Zitat Habscheids verweist.
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zessrechts auch heute noch unbestritten. 18 Die Wirkung des EuGVÜ bzw. seine Bestimmungen zur Urteilsanerkennung beschränkten sich allerdings auf die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen der Mitgliedstaaten untereinander. Eine „Ausdehnung“ über den bloß innereuropäischen Bereich sollte erst durch ein späteres Rechtsinstrument bzw. Übereinkommen erfolgen. 2. Das Parallelübereinkommen von Lugano Nach Abschluss des EuGVÜ zwischen den Gründerstaaten der EWG traten dem EuGVÜ in den folgenden Jahrzehnten sämtliche neuen Mitgliedstaaten bei – ob der Natur des EuGVÜ als völkerrechtlicher Vertrag erfolgte dieser Beitritt allerdings nicht automatisch mit ihrem Beitritt zur (damaligen) Gemeinschaft, sondern jeweils in Form separater Beitrittsübereinkommen. 19 Auf diesem Wege wurde durch die Art. 25 ff. EuGVÜ die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, die in den Vertragsstaaten des EuGVÜ ergangen waren, einheitlichen Kriterien unterworfen. Die Anerkennungsvoraussetzungen wurden dabei in Form eines Negativkatalogs bzw. als Versagungsgründe in Art. 27 EuGVÜ normiert. Überdies legte Art. 26 Abs. 1 EuGVÜ fest: „Die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Vertragsstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.“ 20 Entscheidend war dabei, dass sämtliche Mitgliedstaaten grundsätzlich zum Beitritt verpflichtet waren. 21 So bestimmt Art. 63 Abs. 1 EuGVÜ: „Die Vertragsstaaten bekräftigen, daß jeder Staat, der Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wird, verpflichtet ist, sein Einverständnis damit zu erklären, daß dieses Übereinkommen das EuGVÜ den Verhandlungen zwischen den Vertragsstaaten und diesem Staat zugrunde gelegt wird, die erforderlich werden, um die Ausführung des Artikels 220 letzter Absatz des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sicherzustellen.“
Die im EuGVÜ getroffenen Regelungen waren jedoch auch für Nichtvertragsstaaten bzw. Nichtmitgliedstaaten der damaligen Gemeinschaft interessant.22 Aufgrund dessen wurde das Regelungssystem des EuGVÜ mit dem am 16. September 1988 zwischen den damaligen EG- und EFTA-Staaten geschlossenen nahezu wortgleichen Luganer Übereinkommen über seinen ur-
18 So ist laut Juenger etwa das EuGVÜ „[…] zweifelsohne der wichtigste internationalprivatrechtliche Staatsvertrag, der je geschlossen wurde, […]“, vgl. Juenger, in: GS Lüderitz, 329 (329). 19 Vgl. Klauser, EuGVÜ und EVÜ, S. 24 f. 20 Ausführlich zur Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen nach dem EuGVÜ Geimer, RIW/AWD 1976, 139 (139 ff.); ders., JZ 1977, 145 (145 ff.). 21 Geimer/Schütze, EuZVR, Einl., Rn. 4. 22 Kropholler/v. Hein, EuZPR, Einl. EuGVO, Rn. 82; Linke/Hau, IZVR, Rn. 148.
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sprünglichen räumlichen Anwendungsbereich hinaus ausgedehnt.23 Das Luganer Übereinkommen wie auch das EuGVÜ regeln dabei zunächst die Entscheidungszuständigkeit für die Gerichte der Vertragsstaaten (Artt. 1–26 LugÜ24 bzw. Artt. 1–23 EuGVÜ) und sodann die Voraussetzungen für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Entscheidungen unter den Vertragsstaaten (Artt. 25 ff. EuGVÜ bzw. Artt. 32 ff. LugÜ). Bei den beiden Übereinkommen handelt es sich folglich um sog. conventions doubles, welche gleichzeitig die internationale Entscheidungszuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung regeln.25 Die besondere Bedeutung des EuGVÜ und des Luganer Übereinkommens beruht dementsprechend insbesondere darauf, dass durch die Entwicklung eines einheitlichen Systems der internationalen Zuständigkeiten der Verzicht auf zwei der international etablierten, „zentralen“ Vollstreckungshindernisse, das Gegenseitigkeitserfordernis und die Zuständigkeitsprüfung, jenseits spezieller nationaler oder staatsvertraglicher Bestimmungen ermöglicht wurde.26 Vertragsparteien des Luganer Übereinkommens sind dabei zunächst bzw. bislang Staaten, die Mitglied der Europäischen Union oder der EFTA sind, Art. 70 lit. a und b LugÜ.27 Allerdings steht der Beitritt zum Luganer Übereinkommen gemäß Art. 70 lit. c i. V. m. Art. 72 LugÜ auch anderen Staaten offen, was an späterer Stelle bzw. im Zuge der Erörterung der europäischen Regelungsoptionen noch Gegenstand näherer Betrachtung sein wird.28 3. Die Entwicklung vom EuGVÜ hin zur EuGVVO Auf staatsvertraglicher Ebene wurde die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in der EU somit seit dem Inkrafttreten des EuGVÜ und des Luganer Übereinkommens für Entscheidungen, die von einem Gericht eines EU-Mitgliedsstaates getroffen wurden, durch die Art. 25 ff. EuGVÜ und für Entscheidungen, die von einem Gericht eines Vertragsstaats des Luganer Übereinkommens getroffen wurden, durch die Art. 32 ff. LugÜ geregelt. Stellte dies zwar eine wesentliche Vereinheitlichung und sinnvolle Regelung für das Anerkennungsrecht in der EU 23 Klauser, EuGVÜ und EVÜ, S. 24 f.; Kropholler/v. Hein, EuZPR, Einl. EuGVO, Rn. 82. 24 Zugrunde gelegt wird im Folgenden die Nummerierung bzw. die Fassung des überarbeiteten Luganer Übereinkommens von 2007, wenngleich dieses nicht mehr an das EuGVÜ, sondern die EuGGVO angeglichen ist. Näher zur Überarbeitung des Luganer Übereinkommens Kap. V § 19 II 2. 25 Klauser, EuGVÜ und EVÜ, S. 28 f.; Trzeciakowska, WiRO 2000, 404 (404); Schack, IZVR, Rn. 84. 26 Behr, in: Bottke/Möllers/Schmidt, Recht in Europa, 43 (47); Schack, IZVR, Rn. 84. 27 Geimer/Schütze, EuZVR, Einl., Rn. 11. 28 Vgl. die Ausführungen zum möglichen Beitritt von Drittstaaten zum Luganer Übereinkommen als Integrationsinstrument, Kap. V § 19 I.
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dar, so war das entwickelte System nicht in jeder Hinsicht makellos. Insbesondere die Rechtsnatur dieser beiden Übereinkommen als völkerrechtliche Verträge29 und die damit verbundene Notwendigkeit des Beitritts neuer Mitgliedstaaten über den Weg des Abschlusses von Beitrittsübereinkommen gestaltete sich zunehmend bzw. mit wachsender Mitglieder- bzw. Vertragsstaatenzahl als immer „aufwändigerer und zu umständlicher Mechanismus“.30 Die Neufassung des EG-Vertrags in Form des Vertrags von Amsterdam, der am 1. Mai 1999 in Kraft trat, stellte – so umstritten die einzelnen Neuerungen, insbesondere der Kompetenzzuwachs der damaligen Gemeinschaft, auch gewesen sein mögen31 – eine besondere Gelegenheit für den europäischen Gesetzgeber dar, diesen Schwierigkeiten zu begegnen. War ursprüngliche Grundlage der europäischen Vereinheitlichungen in prozessualer Hinsicht Art. 220 EWG, sodann Art. 293 EG gewesen, so wurde dieser (trotz seines förmlichen Fortbestands) durch den im Vertrag von Amsterdam neu eingeführten Art. 65 EG32 inhaltlich bereits weitgehend obsolet und im Rahmen der Vertragsrevision von Lissabon schließlich gestrichen.33 Die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen wurde „von der Dritten in die Erste Säule überführt“ und damit zu einem integralen Bestandteil der Gemeinschafts- bzw. Unionskompetenzen.34 Durch diese „Europäisierung“ oder „Vergemeinschaftung“ des internationalen Zivilprozessrechts bot sich dem europäischen Gesetzgeber fortan die Möglichkeit, statt der bisherigen Rechtsform eines völkerrechtlichen Übereinkommens zwischen den Mitgliedstaaten eine Lösung auf Ebene des europäischen Sekundärrechts zu wählen.35 Diese Gelegenheit nahm er auch umgehend und in großem 29 Die Einordnung des EuGVÜ als völkerrechtlicher Vertrag war dabei umstritten. So argumentiert eine Ansicht, das EuGVÜ sei aus der Funktion des Gemeinsamen Markts heraus erwachsen und in die Organstruktur der EG eingegliedert, weshalb es als primäres, jedenfalls aber als sekundäres Gemeinschaftsrecht (bzw. nach heutiger Rechtslage Unionsrecht) zu qualifizieren sei, so etwa Schlosser, NJW 1975, 2132 (2133); die zustimmungswürdige Gegenansicht sieht in dem EuGVÜ einen gewöhnlichen völkerrechtlichen Vertrag, Kropholler, EuZPR, Einl., Rn. 6 ff., Schack, IZVR, Rn. 83; zum Meinungsstreit ausführlicher Geimer/Schütze, EuZVR, Einl., Rn. 13 ff. Letztere Ansicht wird durch die Auslegungsprotokolle bestätigt, die sonst angesichts Art. 267 AEUV (ex-Art. 234 EG, zuvor Art. 177 EWG) überflüssig gewesen wären. 30 Siehe statt vieler Wagner, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World, 93 (94 f.). 31 Besonders kritisch ist Schack, ZEuP 1999, 805 (805 ff.), der vom „Holzweg von Amsterdam“ spricht. 32 Heute Art. 81 AEUV. 33 Vgl. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Einl., Rn. 17 zur Rolle des Art. 293 EG vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon; zur Streichung von Art. 293 EG im Zuge der Vertragsrevision von Lissabon Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2010, 1 (25); Wagner, IPRax 2014, 217 (218). 34 Statt aller Schack, IZVR, Rn. 113. 35 Zur „Europäisierung“ des internationalen Zivilprozessrechts vgl. Behr, in: Bottke/ Möllers/Schmidt, Recht in Europa, 43 (43 ff.); Hess, IPRax 2001, S. 389 ff.; Gilles, ZZPInt
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Umfang wahr 36 und erließ mehrere Verordnungen auf Grundlage der neu geschaffenen Kompetenznorm des Art. 65 EG.37 Im Rahmen dieser Aktivitäten bzw. Neuerungen durch den Vertrag von Amsterdam wurde auch das EuGVÜ unter Vornahme einiger Änderungen in die EuGVVO – also von einem Staatsvertrag in eine Verordnung – mit deren Inkrafttreten am 1. März 2002.38 „umgewandelt“.39 Das EuGVÜ fand im Verhältnis zu Dänemark zunächst jedoch weiterhin Anwendung. Vor dem Hintergrund verfassungrechtlicher Bestimmungen des dänischen Rechts legte Art. 69 EG i. V. m. Artt. 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks40 fest, dass sich Dänemark nicht bzw. nicht automatisch an den Verordnungen aufgrund des Titels IV des dritten Teils des EG-Vertrags bzw. der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen – und somit auch der EuGVVO – beteiligt.41 Art. 7 des Protokolls gab Dänemark zwar die Möglichkeit, von dem Protokoll keinen Gebrauch zu machen, mit der Konsequenz, dass die EuGVVO auch im Königreich Dänemark anwendbar gewesen wäre, von dieser Option hat Dänemark jedoch keinen Gebrauch gemacht. 42 Indessen wurde die EuGVVO am 1. Juli 2007 durch einen am 19. Oktober 2005 zwischen der damaligen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark geschlossenen Staatsvertrag,43 der die Bestimmungen der EuGVVO faktisch über7 (2002), 3 (3 ff.); Kohler, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht, 63 (65 ff.) sowie die Erläuterungen zur EuGVVO von Pörnbacher, in: Geimer/Schütze, Int. Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. 1, B Vor I 10 b, S. 540–35 ff. 36 Zur Entwicklung des europäischen Zivilprozessrechts bzw. den umfassenden Rechtsetzungsaktivitäten vgl. etwa Stadler, IPRax 2004, 2 (2 f.). Einen Überblick über die Aktivitäten auf europäischer Ebene liefert Wagner, NJW 2013, 3128 (3128 ff.). 37 Schack, IZVR, Rn. 113; ausführlich zur Problematik der mit dem Vertrag von Amsterdam geschaffenen Kompetenzen in Art. 61 und 65 EG Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 1 ff. 38 Vgl. Art. 66 Abs. 1 i.Vm. Art. 76 Abs. 1 EuGVVO a. F. 39 Statt vieler Wagner, IPRax 2001, 533 (534). 40 ABl. EG 1997, C 340/101; siehe hierzu auch Wagner/Janzen, IPRax 2010, 289 (299). Dieses Protokoll stellt heute Protokoll Nr. 22 im Anhang des Vertrags von Lissabon dar. 41 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Einl., Rn. 18a; hierzu heute Erwägungsgrund 41 der EuGVVO: „Gemäß den Artikeln 1 und 2 des dem EUV und dem AEUV beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung und ist weder durch diese Verordnung gebunden noch zu ihrer Anwendung verpflichtet; dabei steht es Dänemark jedoch gemäß Artikel 3 des Abkommens vom 19. Oktober 2005 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen frei, die Änderungen der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 anzuwenden.“ Diese Sonderposition Dänemarks (sowie in anderer Form des Vereinigten Königreichs) wurde in der Literatur als einer der großen Makel des Vertrags von Amsterdam kritisiert, vgl. Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (29 f.); Hess, NJW 2000, 23 (28); Kropholler/Blobel, in: FS Sonnenberger, 453 (472). Schack spricht diesbezüglich von einem „Geburtsfehler“ des Art. 65 EG, vgl. Schack, IZVR, Rn. 114. 42 Kropholler, EuZPR, Einl., Rn. 21.
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nommen hat bzw. nur marginale Abweichungen enthält, in ihrem räumlichen Anwendungsbereich nunmehr auch auf Dänemark ausgeweitet.44 Der Anwendungsbereich des EuGVÜ ist gemäß Art. 66 Abs. 1 i. V. m. Art. 76 Abs. 1 EuGVVO a. F. somit praktisch nur noch auf solche Klagen und öffentliche Urkunden begrenzt, die vor dem 1. März 2002 erhoben bzw. aufgenommen wurden. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen stellt im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen die EuGVVO inzwischen die wichtigste Rechtsquelle für die Mitgliedstaaten der EU dar.45 Die EuGVVO regelt in ihren Artt. 36–45 (vormals Artt. 32–3746) die Anerkennung bzw. stellt in Form eines Negativkatalogs in Art. 45 (vormals Art. 34) EuGVVO die Voraussetzungen für die Anerkennung auf. Vor der Neufassung der EUGVVO mit Wirkung zum 10. Januar 2015 normierte diese zudem in den Artt. 38–52 die Anforderungen für eine Vollstreckbarerklärung gerichtlicher Entscheidungen. 47 Auch die EuGVVO geht dabei von der automatischen Anerkennung mitgliedstaatlicher Entscheidungen ohne „vorgeschaltetes gerichtliches Verfahren“ aus.48 Zu beachten war bei dem in der EuGVVO ursprünglich gewählten System, dass – wie auch in den meisten autonomen prozessualen Rechtssystemen – die bloße Anerkennung für die Vollstreckung im jeweiligen Anerkennungsstaat nicht ausreichte. Der ausländischen Entscheidung wurde vielmehr erst durch eine eigene, weitere Entscheidung des jeweiligen Mitgliedstaats Vollstreckungswirkung verliehen. 49 Dieses Exequaturverfahren wurde im Geltungsbereich der EuGVVO jedoch ab dem 10. Januar 2015 abgeschafft.50 4. Die schrittweise Abschaffung des Exequaturs innerhalb der EU Diese Kontrollmöglichkeiten in einem „zweiten“ bzw. Exequaturverfahren, die für den Gläubiger mitunter nachteilig sein können, wurden vom europäi43
ABl. EG L 299/62. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Einl., Rn. 18a. 45 Statt aller Schack, IZVR, Rn. 113. 46 Zur Neufassung der EuGVVO siehe Hess, IPRax 2011, 125 (125 ff.); Pohl, IPRax 2013, 109 (109 ff.) sowie die Ausführung in Kap. V § 18 IV. 47 Ausführlich zur Vollstreckbarerklärung mitgliedstaatlicher Entscheidungen nach den Art. 38 ff. EuGVVO a. F. Bitter, Vollstreckbarerklärung und Zwangsvollstreckung ausländischer Titel in der Europäischen Union, S. 6 ff.; Pörnbacher, in: Geimer/Schütze, Int. Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. 1, B Vor I 10 b, S. 540–565 ff. Das Exequaturverfahren wurde hingegen in der ab 10.1.2015 gültigen Neufassung der EuGVVO für den innereuropäischen Urteilsverkehr abgeschafft, siehe hierzu exemplarisch Alio, NJW 2014, 2395 (2395 ff.); Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2011, 1 (5 f.). 48 Vgl. Art. 36 Abs. 1 (vormals Art. 33 Abs. 1) EuGVVO; Schack, IZVR, Rn. 971. 49 Kohler, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 147 (148); Heringer, Der europäische Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen, S. 36. 50 Siehe Hess, IPRax 2011, 125 (125 ff.); Pohl, IPRax 2013, 109 (109 ff.). 44
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schen Gesetzgeber durch einen „Systemwechsel im Anerkennungsrecht der mitgliedstaatlichen Entscheidungen“ schrittweise abgebaut.51 Mit der Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, der sog. EuVTVO,52 die am 21. Januar 2005 in Kraft trat,53 schlug der europäische Gesetzgeber den Weg zur schrittweisen Abschaffung des Exequaturverfahrens ein. 54 Dieser Schritt erfolgte – wie bereits die „Umwandlung“ des EuGVÜ in eine Verordnung – in Umsetzung eines „Maßnahmenprogramms“, das die Justiz- und Innenminister der Europäischen Union auf ihrer Ratstagung vom 30. November 2000 beschlossen hatten. 55 In diesem Maßnahmenprogramm wurden die Ziele und Etappen für die Beratungen festgelegt, die in der Europäischen Union in den darauffolgenden Jahren zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung geführt werden sollten. Zentrales Anliegen war es dabei, schrittweise die Zwischenverfahren für die Vollstreckung einer mitgliedstaatlichen Entscheidung56 einzuschränken bzw. abzuschaffen. Die Ziele, die in diesem ursprünglichen Maßnahmenprogramm festgelegt wurden, wurden in den folgenden Jahren von der EU stetig fortgeschrieben und vorangetrieben. Es folgten zahlreiche weitere Maßnahmen – zunächst im Jahr 2004 das Haager Programm und schließlich im Jahr 2010 das Stockholmer Programm des Europäischen Rats mit einem flankierenden Aktionsplan der Europäischen Kommission, die die Ziele der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen und insbesondere die vollständige innereuropäische Abschaf-
51 Ausführlich Kohler, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 147 (153 ff.); auch Stoppenbrink und Adolphsen sprechen von einem „Systemwechsel im internationalen Anerkennungsrecht“, vgl. Stoppenbrink, ERPL 2002, 641 (641); Adolphsen, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 1 (6). 52 ABl. EG 2004, Nr. L 143 S. 15. 53 Vgl. Art. 33 EuVTVO. 54 Hüßtege, in: Gottwald, Perspektiven der justiziellen Zusammenarbeit in der Europäischen Union, 115 (115); Gerling, Die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Vollstreckungstiteln durch die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, S. 36; einen Überblick zur Entwicklung zu einem europäischen Vollstreckungstitel bzw. zur Abschaffung des Exequaturverfahrens liefern etwa Kohler, in: Reichelt/Rechberger, Europäisches Kollisionsrecht, 63 (70 ff.); Kieninger, VuR 2011, 243 (243 f.); Wagner, IPRax 2014, 217 (219 f.) sowie Stoppenbrink, ERPL 2002, 641 (662 ff.). 55 Maßnahmenprogramm zur Umsetzung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. C 12 vom 15.1.2001, S. 1 ff.; näher zum Systemwechsel durch das Maßnahmenprogramm Kohler, in: Baur/ Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 147 (153 ff.). 56 Vgl. etwa das bis zum 10.1.2015 durchzuführende Vollstreckbarerklärungsverfahren nach Art. 38 ff. EuGVVO.
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fung des Exequaturverfahrens betonten und weiter ausarbeiteten.57 Als letzte Etappe dieses Programms folgte schließlich die vollständige Abschaffung des Exequaturverfahrens nicht nur bezüglich unbestrittener Forderungen im Rahmen der EuVTVO, sondern im gesamten Anwendungsbereich der EuGVVO im Zuge der Neufassung der EuGVVO, die seit dem 10. Januar 2015 kein innereuropäisches Exequaturverfahren mehr vorsieht. 58 Auf innereuropäischer Ebene fand mit der Abschaffung des Exequaturverfahrens ein bedeutender Schritt statt. Die Regelung der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen – sei es auf Ebene der autonomen Rechtsetzung oder durch den Abschluss von bilateralen Staatsverträgen – bleibt allerdings nach wie vor den einzelnen Mitgliedstaaten vorbehalten und gestaltet sich in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen dementsprechend unterschiedlich. Hieran hat sich bislang auch nichts durch die rege Gesetzgebungsaktivität des europäischen Gesetzgebers im Bereich des internationalen Zivilprozessrechts geändert, da sich der europäische Gesetzgeber auch im Rahmen der Überarbeitung der EuGVVO des Themenkomplexes der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen nicht annahm.59 Die Regelung dieses durch die Europäische Union bislang unangetasteten Bereichs obliegt somit weiterhin den einzelnen Mitgliedstaaten. Es bleibt insofern abzuwarten, ob und inwiefern dieser Bereich zukünftig auch von der Gesetzgebung auf Unionsebene erfasst werden wird. So hat die Europäische Kommission in ihrem Grünbuch zur Überarbeitung der EuGVVO im Jahr 2009 bereits die Frage aufgeworfen, inwieweit auch die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen bei einer Überarbeitung der EuGVVO zu berücksichtigen sei, diesen Bereich bei der letztendlichen Neufassung der EuGVVO jedoch ausgeklammert.60 Aufgrund des bisher fehlenden europäischen Einflusses auf diesen Rechtskomplex sind die jeweiligen mitgliedstaatlichen Anerkennungs- und Vollstreckungssysteme in ihren Ausprägungen nach wie vor Ausdruck der jeweils unterschiedlichen nationalen Rechtspraxis und liefern mit ihren Voraussetzungen Aufschluss über 57 Einen Überblick liefert Wagner, IPRax 2014, 217 (219 ff.); siehe zudem Mansel/ Thorn/Wagner, IPRax 2011, 1 (1 ff.); Wagner, IPRax 2010, 97 (97 ff.). 58 Stadler, IPRax 2004, 2 (3); Gerling, Die Gleichstellung ausländischer mit inländischen Vollstreckungstiteln durch die Verordnung zur Einführung eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen, S. 36; siehe hierzu auch Kap. V § 18 IV. 59 Näher hierzu Kap. V § 18 IV. 60 Vgl. Grünbuch zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM (2009) 175 endg., S. 4; Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, ABl. EU 2012 Nr. L/351, S. 1 ff.; näher hierzu Kap. V § 18 IV. Zu den Einflüssen der Überarbeitung der EuGVVO auf Drittstaaten siehe sehr instruktiv Takahashi, J P Int’l L 8 2012 (Vol. 8), 1 (1 ff.).
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die grundlegenden Entscheidungen der einzelnen Mitgliedstaaten in historischer und rechtpolitischer Hinsicht. Die folgende rechtsvergleichende Betrachtung des autonomen deutschen, französischen und englischen Rechts61 untersucht diese spezifischen Ausprägungen des jeweiligen Anerkennungsrechts und versucht ausgehend von den Ergebnissen der vergleichenden Betrachtung eine Grundlage für eine zukünftige europäische Regelung zu schaffen. II. Ansätze eines internationalen Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts Anhand der oben dargestellten Entwicklung hin zu einem immer weiteren Abbau der Anforderungen an die gegenseitige Urteilsanerkennung der Mitgliedstaaten untereinander zeigt sich eine interessante Entwicklung im internationalen Zivilprozessrecht. Die heutigen Perspektiven im Bereich der Urteilsanerkennung bzw. die entsprechenden Vereinheitlichungsaktivitäten im internationalen Zivilprozessrecht sind derzeit wesentlich auf den innereuropäischen Bereich fokussiert.62 Für die mit der Anerkennung und Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen verwandte Materie der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche hingegen spielt das New Yorker UNÜbereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (NYÜ), das inzwischen im Verhältnis zu über 150 Staaten in Kraft getreten ist, eine elementare Rolle. 63 Da in zahlreichen Staaten mit dem Beitritt zum NYÜ die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche auf eine sichere Grundlage gestellt werden konnte, stellt sich die Frage, ob nicht ein weltweites Übereinkommen auch in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer staatlicher Gerichtsentscheidungen möglich ist. 64 61
Siehe Kap. II und III. So bereits im Jahr 2000 Hess, IPRax 2000, 342 (343); siehe auch Schütze, DIZPR, Rn. 45 ff. 63 Im März 2016 zählte das Übereinkommen 156 Parteien, vgl. Statusbericht zum NYÜ von UNCITRAL, abrufbar unter: ; siehe auch Brand, Transaction Planning Using Rules on Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Judgments, 9 (134); auch Min weist darauf hin, dass für die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen kein internationales Instrument existiert, während das NYÜ die internationale Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen weitgehend vereinheitlichen konnte, siehe MIN, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Civil and Commercial Matters in the PRC, Hong Kong, Macau and Taiwan, S. 153. 64 Dieselbe Frage wirft auch Gerasimchuk auf, vgl. Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 207 f.; ebenso Zeynalova, 31 Berkeley J. Int’l L. 2013, 150 (150 f.) im Hinblick auf das US-amerikanische Anerkennungsrecht; einen ausführlichen Vergleich der Konzepte von NYÜ und den Haager Konventionen unter dem Stichwort „Litigation versus Arbitration“ liefert Brand, Transaction Planning Using Rules on Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Judgments, 9 (134 ff., 140 ff.). 62
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Die Antwort hierauf fällt in der Literatur nicht einheitlich aus. Wird ein solches Übereinkommen von einigen als begrüßenswert oder unverzichtbar im Zuge der zunehmenden Internationalisierung gesehen,65 so betrachtet die Gegenansicht ein umfassendes internationales Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen als wenig sinnvoll oder nicht realisierbar. 66 Das Anliegen, ein weltweites Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen zu schaffen, besteht seit mehr als 100 Jahren und eine weltweite Vereinheitlichung dieses Bereichs scheint vor dem Hintergrund immer internationaler geprägter Handels- und Rechtsstrukturen äußerst sinnvoll.67 Der Herausforderung der Schaffung eines internationalen Abkommens hat sich – wie in so vielen Bereichen – insbesondere die Haager Konferenz gewidmet.68 Weshalb sie bislang mit diesem Anliegen nicht erfolgreich war und welche konkreten Anläufe sie in der Vergangenheit unternommen hat, soll im Folgenden erläutert werden. 69 1. Historische Grundlagen und Bestrebungen der Haager Konferenz a) Vom Entwurf im Jahr 1925 zum Übereinkommen von 1971 Die Bestrebungen hinsichtlich der Entwicklung eines weltweiten Übereinkommens stellen – wie bereits erwähnt – keine grundlegende Innovation dar, denn seitdem die Haager Konferenz im Jahr 1893 ins Leben gerufen wurde, 65
Grabau/Hennecka, RIW 2001, 569 (572); Walter, in: FS Geimer, 1429 (1430). Den Nutzen eines globalen Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommens bezweifelt Juenger, in: GS Lüderitz, 329 (345); zumindest skeptisch hinsichtlich der Realisierung eines solchen Abkommens ist Hess, der die Regionalisierungstendenzen im internationalen Prozessrecht betont, vgl. Hess, IPRax 2000, 342 (343); ebenfalls zurückhaltend Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 207; sehr kritisch Schütze, DIZPR, Rn. 50. 67 Vgl. Walter, in: FS Geimer, 1429 (1430); Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 201; allgemein zum Bedürfnis nach Vereinheitlichung im internationalen Zivilverfahrensrecht Schack, IZVR, Rn. 16 ff. 68 Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (264 f.). 69 Auf die Erläuterung von Bestrebungen anderer internationaler Institutionen wird an dieser Stelle verzichtet. Exemplarisch für jene anderen Initiativen sei hier auf die Initiative des American Law Institute und UNIDROIT verwiesen, die – ursprünglich von den Wissenschaftlern Geoffrey Hazard und Michele Taruffo initiiert – die Ausarbeitung einheitlicher Regeln des internationalen Zivilprozessrechts zum Ziel hat, vgl. Schütze, DIZPR, Rn. 48. Auf Grundlage dieser Initiative wurden 2004 die „Principles and Rules of Transnational Civil Procedure“ erarbeitet, welche eine Orientierungsmöglichkeit für nationale Reformen und Modernisierungen der Regeln für grenzüberschreitende Handelsstreitigkeiten bieten sollen; vgl. ausführlich Schütze, DIZPR, Rn. 48 m. w. N.; Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 5 Rn. 58 f.; die „Principles of Transnational Civil Procedure“ sind abrufbar unter: ; ausführlich zu den „ALI/UNIDROIT Principles“ Taruffo, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World, 207 (212 ff.). 66
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wird in ihrem Rahmen angestrebt, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen durch Konventionen (in unterschiedlichen Rechtsbereichen) sicherzustellen. 70 Ein erster Schritt in Richtung eines allgemeinen internationalen Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung zivilrechtlicher Entscheidungen lässt sich bereits in Gestalt eines auf der Fünften Konferenz im Jahr 1925 ausgearbeiteten entsprechenden Übereinkommensentwurfs verzeichnen. 71 Dieser Entwurf wies jedoch den Makel auf, dass man sich über die grundlegende Frage der Anerkennungszuständigkeit nicht einigen konnte und diese Frage weiterhin dem nationalen Recht unterstellt wurde.72 Die praktische Bedeutung dieses Entwurfs, der (lediglich) ein Modell für bilaterale Abkommen entwickelte und nicht das Stadium einer konkreten Konvention erreichte, blieb folglich äußerst gering. 73 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde auf der Siebten Tagung der Haager Konferenz im Jahr 1951 ein erneuter Versuch hinsichtlich des Entwurfs von 1925 ins Auge gefasst, man hielt zu diesem Zeitpunkt ein solches Projekt jedoch für verfrüht und erst in den 1960er Jahren wurden die nächsten wirklichen Versuche zur Schaffung einer Konvention unternommen.74 Waren die Anstrengungen im Jahr 1925 über einen Entwurf nicht hinausgekommen, wurden die Bemühungen der Haager Konferenz in Sachen Urteilsanerkennung in Zivil- und Handelssachen in den 1960er Jahren um einiges konkreter. Die Neunte Tagung der Haager Konferenz beschloss schließlich, dass ein internationales Übereinkommen für die Anerkennung und Vollstreckung in vermögensrechtlichen Angelegenheiten ausgearbeitet bzw. die bisherigen Arbeiten fortgesetzt werden sollten, und setzte hierfür eine Sonderkommission ein.75 Nachdem diese Sonderkommission in den Jahren 1962 und 1963 mehrfach getagt hatte, wurde nach einigen Schwierigkeiten auf einer Sondersitzung im Jahr 1966 schließlich ein Entwurf für eine internationale Konvention zur Urteilsanerkennung und -vollstreckung in Zivil- und Handelssachen 70
Vgl. Arnold, AWD 1965, 205 (207); Walter, in: FS Geimer, 1429 (1430). Arnold, AWD 1965, 205 (207); Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (284 f.); Schack, ZEuP 1993, 306 (306 f.). 72 Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 202; Schack, ZEuP 1993, 306 (306 f.). 73 Arnold, AWD 1965, 205 (207); näher Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (284 f.). 74 Vgl. Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (285) m. w. N. 75 Siehe ausführlich hierzu Fragistas, Bericht zu einem Vorentwurf eines (Haager) Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten, S. 1 ff.; Arnold, AWD 1965, 205 (207); Schack, ZEuP 1993, 306 (307). Die Verabschiedung von Konventionen in anderen Teilbereichen auf der Achten Tagung mögen diese erneute Bearbeitung wohl mit angeregt haben, vgl. Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (285). 71
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verabschiedet.76 Ihren Arbeiten hatte die Sonderkommission dabei die unterschiedlichsten Regelwerke, von dem Entwurf von 1925 über das Übereinkommen vom 15. April 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern 77 bis hin zum NYÜ und zahlreichen bilateralen Verträgen, die zum Vergleich herangezogen wurden, zugrunde gelegt.78 Ergebnis dieser Arbeiten war schließlich das Haager Übereinkommen zur Anerkennung und Vollstreckung zivil- und handelsrechtlicher Entscheidungen vom 1. Februar 1971. 79 Allerdings hatte auch bei diesen Bestrebungen die Kommission große Schwierigkeiten, den letztendlichen Inhalt der Konvention auszuarbeiten – nicht umsonst wurde die Haager Konvention von 1971 in der Literatur mitunter als „schwere Geburt“ bezeichnet. 80 Einer der wesentlichsten Punkte der Anerkennungsprüfung nach dieser Haager Konvention – wie in den meisten Anerkennungssystemen – war die Prüfung der indirekten internationalen Zuständigkeit, welche eine besonders große Rolle spielte, da man sich auf keine convention double mit einer Regelung der Entscheidungszuständigkeit hatte einigen können. 81 Zu groß waren die Diskrepanzen zwischen den einzelnen Konferenzteilnehmern und ihren diesbezüglichen Vorstellungen gewesen. 82 Das Haager Übereinkommen von 1971 war folglich als reine convention simple gestaltet, die lediglich die Anerkennungszuständigkeit normierte, aber keine Regelungen zur direkten Zuständigkeit enthielt.83 Art. 10 des Übereinkommens enthält dabei eine Liste mit Gerichtsständen, bei denen grundsätzlich die Zuständigkeit bejaht werden soll,84 76 Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (286); Fragistas, Bericht zu einem Vorentwurf eines (Haager) Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten, S. 1 f.; Schack, ZEuP 1993, 306 (307). 77 Abrufbar unter: . 78 Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (286); Fragistas, Bericht zu einem Vorentwurf eines (Haager) Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von ausländischen Urteilen in vermögensrechtlichen Angelegenheiten, S. 2. 79 Text und Status der Konvention sind abrufbar unter: ; Schack, ZEuP 1993, 306 (307). 80 So etwa Wagner, IPRax 2001, 533 (534); Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (284). 81 Schack, ZEuP 1993, 306 (307). 82 Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (286); Wagner, IPRax 2001, 533 (535). 83 Baumgartner, The Proposed Hague Convention on Jurisdiction and Foreign Judgments, S. 2 f.; Wagner, IPRax 2001, 533 (534). 84 Art. 10 des Haager Übereinkommens von 1971: „The court of the State of origin shall be considered to have jurisdiction for the purposes of this Convention – (1) if the defendant had, at the time when the proceedings were instituted, his habitual residence in the State of origin, or, if the defendant is not a natural person, its seat, its place of incorporation or its principal place of business in that State; (2) if the defendant had, in the State of origin, at the time when the proceedings were instituted, a commercial, industrial or other
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Art. 11 überträgt die Vorgaben von Art. 10 im Wesentlichen auf die Widerklage85 und Art. 1286 regelt, wann die internationale Zuständigkeit verneint wird, was in Fällen der ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte des Anerkennungs- oder eines anderen Staates oder eines Schiedsgerichts der Fall ist. b) Gründe für das Scheitern der Konvention von 1971 aa) Struktur des Übereinkommens als bloßes „Rahmenübereinkommen“ Mit dem Übereinkommen von 1971 schien die Haager Konferenz ihr Ziel, eine umfassende Anerkennungs- und Vollstreckungskonvention für zivil- und handelsrechtliche Entscheidungen zu schaffen, (zunächst) erreicht zu haben, business establishment, or a branch office, and was cited there in proceedings arisi ng from business transacted by such establishment or branch office; (3) if the action had as its object the determination of an issue relating to immovable property situated in the State of origin; (4) in the case of injuries to the person or damage to tangible property, if the facts which occasioned the damage occurred in the territory of the State of origin, and if the author of the injury or damage was present in that territory at the time when those facts occurred; (5) if, by a written agreement or by an oral agreement confirmed in writing within a reasonable time, the parties agreed to submit to the jurisdiction of the court of origin disputes which have arisen or which may arise in respect of a specific legal relationship, unless the law of the State addressed would not permit such an agreement because of the subject-matter of the dispute; (6) if the defendant has argued the merits without challenging the jurisdiction of the court or making reservations thereon; nevertheless such jurisdiction shall not be recognised if the defendant has argued the merits in order to resist the seisure of property or to obtain its release, or if the recognition of this jurisdiction would be contrary to the law of the State addressed because of the subject-matter of the dispute; (7) if the person against whom recognition or enforcement is sought was the plaintiff in the proceedings in the court of origin and was unsuccessful in those proceedings, unless the recognition of this jurisdiction would be contrary to the law of the State addressed because of the subject-matter of the dispute.“ 85 Art. 11 des Haager Übereinkommens von 1971: „The court of the State of origin shall be considered to have jurisdiction for the purposes of this Convention to try a counterclaim – (1) if that court would have had jurisdiction to try the action as a principal claim under sub-paragraphs (1)-(6) of Article 10, or (2) if that court had jurisdiction under Article 10 to try the principal claim and if the counterclaim arose out of the contract or out of the facts on which the principal claim was based.“ 86 Art. 12 des Haager Übereinkommens von 1971: „The jurisdiction of the court of the State of origin need not be recognised by the authority addressed in the following cases – (1) if the law of the State addressed confers upon its courts exclusive jurisdiction, either by reason of the subject-matter of the action or by virtue of an agreement between the parties as to the determination of the claim which gave rise to the foreign decision; (2) if the law of the State addressed recognises a different exclusive jurisdiction by reason of the subjectmatter of the action, or if the authority addressed considers itself bound to recognise such an exclusive jurisdiction by reason of an agreement between the parties; (3) if the authority addressed considers itself bound to recognise an agreement by which exclusive jurisdiction is conferred upon arbitrators.“
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doch dieses Abkommen erlangte nie wirkliche Bedeutung. 87 Es wurde weltweit bis dato nur von fünf Staaten – Albanien, den Niederlanden, Zypern, Portugal und Kuwait – ratifiziert.88 Insbesondere Art. 21, der für das Inkrafttreten der Konvention eine zusätzliche Vereinbarung („Supplemental Agreement“) zwischen den Vertragsstaaten voraussetzt, führte wohl zu einem faktischen Scheitern des Übereinkommens. 89 Im Grunde wurden durch dieses in Art. 21 angelegte, als „Bilateralisierung“ bezeichnete System 90 alle wesentlichen Entscheidungen gemäß Art. 23 des Übereinkommens den Zusatzvereinbarungen im Sinne des Art. 21 überlassen.91 Dieses „Bilateralisierungskonzept“ bzw. der hieraus folgende 87
MIN, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Civil and Commercial Matters in the PRC, Hong Kong, Macau and Taiwan, S. 154; Wagner, IPRax 2001, 533 (534). 88 Vgl. den Status des Übereinkommens, abrufbar auf der Internetpräsenz der Haager Konferenz unter: 89 Art. 21 des Übereinkommens: „Decisions rendered in a Contracting State shall not be recognised or enforced in another Contracting State in accordance with the provisions of the preceding Articles unless the two States, being Parties to this Convention, have concluded a Supplementary Agreement to this effect.“; Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (287); Wagner, IPRax 2001, 533 (534). 90 Siehe etwa Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (287). 91 Siehe den sehr ausführlichen Regelungsgehalt des Art. 23 des Übereinkommens: „In the Supplementary Agreements referred to in Article 21 the Contracting States may agree – (1) to clarify the meaning of the expression ‘civil and commercial matters’, to determine the courts whose decisions shall be recognised and enforced under this Convention, to define the expression ‘social security’ and to define the expression ‘habitual residence’; (2) to clarify the meaning of the term ‘law’ in States with more than one legal system; (3) to include within the scope of this Convention questions relating to damage or injury in nuclear matters; (4) to apply this Convention to decisions ordering provisional or protective measures; (5) not to apply this Convention to decisions rendered in the course of criminal proceedings; (6) to specify the cases under which a decision is no longer subject to ordinary forms of review; (7) to recognise and enforce decisions upon which enforcement could be obtained in the State of origin even if such decisions are still subject to ordinary forms of review and in such a case to define the conditions under which a stay of proceedings for recognition or enforcement is possible; (8) not to apply Article 6 if the decision rendered by default was notified to the defaulting party and the latter had the opportunity to lodge a timely appeal against such a decision; (8 bis) that the Authority addressed shall not be bound by the findings of fact on which the court of the State of origin based its jurisdiction; (9) to consider the courts of the State in which the defendant has his ‘domicile’ as having jurisdiction under Article 10: (10) that the court of origin shall be considered as having jurisdiction under the terms of this Convention in cases where its jurisdiction is admitted by another Convention in force between the State of origin and the State addressed if that other Convention contains no special rules relating to the recognition or enforcement of foreign judgments; (11) that the court of origin shall be considered as having jurisdiction under the terms of this Convention either when its jurisdiction is admitted by the law of the State addressed relating to the recognition or enforcement of foreign judgments, or on grounds additional to those in Article 10; (12) to define, for the purposes
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bloße Charakter als „Rahmenübereinkommen“ nahm dem Übereinkommen faktisch seine Attraktivität, da trotz seiner multilateralen Natur keine umfassende Vereinheitlichung erreicht werden konnte.92 Coester-Waltjen formuliert diesbezüglich sehr treffend: „Das Abkommen stellt das Dach, unter dem die bilateralen Zusatzvereinbarungen getroffen werden.“ 93 Ziel internationaler Übereinkommen auf dem Gebiet der Urteilsanerkennung oder allgemein des internationalen Zivilverfahrensrechts ist es jedoch, die Regeln und entsprechenden Verfahren weitestgehend zu vereinheitlichen und sie nicht lediglich „unter ein bloßes Dach zu stellen“.94 Genau dies konnte in der Haager Konvention von 1971 jedoch nicht realisiert werden, sodass das Übereinkommen unerfreulicherweise fast vollständig bedeutungslos blieb. bb) Zeitpunkt der Ausarbeitung – Konkurrenz durch das EuGVÜ Ein weiterer Grund für das Scheitern des Übereinkommens von 1971 bzw. die geringe Zahl der Unterzeichnerstaaten liegt nach einigen Stimmen in der Literatur neben seiner Struktur auch in dem „unglücklichen Zeitpunkt“ seiner Verabschiedung. 95 Fast parallel zu den Arbeiten der Haager Konferenz war das EuGVÜ auf europäischer Ebene erarbeitet worden und wies – insbesondere durch seine regionale Begrenzung auf den europäischen Raum und seine Konstruktion als convention double – einige Vorteile gegenüber dem Haager of the application of Article 12, the bases of jurisdiction which are exclusive by reason of the subject-matter of the action; (13) to exclude, in cases where jurisdiction is based on an agreement between the parties, the application of sub-paragraph (1) of Article 12 as well as to exclude that of sub-paragraph (3) of Article 12; (14) to regulate the procedure for obtaining recognition or enforcement; (15) to regulate the enforcement of judgments other than those which order the payment of a sum of money; (16) that the enforcement of a foreign judgment may be refused when a specified period has elapsed from its date; (17) to fix the rate of interest payable from the date of the judgment in the State of origin; (18) to adapt to the requirements of their legal systems the list of documents required by Ar ticle 13, but with the sole object of enabling the authority addressed to verify whether the conditions of this Convention have been fulfilled; (19) to subject the documents referred to in Article 13 to legalisation or to a similar formality; (20) to depart from the provisions of Article 17 and to depart from the provisions of Article 18; (21) to make the provisions of the first paragraph of Article 20 obligatory; (22) to include within the scope of this Convention ‘actes authentiques’, including documents upon which immediate enforcement can be obtained, and to specify those documents.“; vgl. Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (287). 92 Vgl. Schack, ZEuP 1993, 306 (307, 313), der in Bezug auf das Übereinkommen von einer „leeren Hülle“ spricht; Wagner, IPRax 2001, 533 (534); Péroz, La réception des jugements étrangers dans l’ordre juridique français, S. 108. 93 Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (287). 94 Ebenso Péroz, La réception des jugements étrangers dans l’ordre juridique français, S. 108. 95 Statt vieler Wagner, IPRax 2001, 533 (534).
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Übereinkommen auf.96 Da die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen unter den Mitgliedstaaten auf dieser Grundlage – ergänzt durch das Luganer Übereinkommen für die EFTA-Staaten und fortgeführt durch die EuGVVO – gesichert war, war wohl der Anreiz, ein internationales Instrument zu schaffen, zumindest für die europäischen Staaten reduziert worden. 97 Hieran zeigt sich eine der grundlegenden Herausforderungen für die Haager Konferenz in Zeiten europäischer Integration: Auf dem Gebiet des internationalen Zivilverfahrensrechts kommt es – speziell seit dem Amsterdamer Vertrag – zunehmend zu einer gewissen „Konkurrenzsituation“ zwischen der Europäischen Union mit ihren umfassenden Rechtssetzungsaktivitäten und anderen Institutionen, welcher sich insbesondere die Haager Konferenz stellen muss.98 cc) Unterschiede zum NYÜ Wie bereits angedeutet, stellt sich bei dem großen Erfolg des NYÜ im Bereich des Schiedsrechts die Frage, weshalb eine entsprechende Regelung für staatliche Entscheidungen sich nicht zu etablieren vermochte. Zu einem sehr großen Teil liegen die Gründe in den bereits beleuchteten unterschiedlichen Grundsätzen der einzelnen Rechtsordnungen und einem entsprechenden wechselseitigen Vertrauensmangel. 99 Dieses Misstrauen und die Bedenken der Staaten finden sich in dieser Form im Schiedsrecht nicht wieder, denn die verfahrensrechtliche Einbettung ist eine völlig andere. Schiedssprüche setzen stets eine Schiedsvereinbarung der Parteien voraus und ergehen in nichtstaatlichen Verfahren, die von den Parteien ganz wesentlich mitgestaltet werden können.100 Sie sind somit eben keine Hoheitsakte des jeweiligen Urteilsstaats, sondern auf vertraglicher Basis zustandegekommene außergerichtliche Entscheidungen. 101 Grundlegender Unterschied ist also, dass die Zuständigkeitsfrage nicht in der gleichen Form wie bei gerichtlichen Entscheidungen – ausgenommen Fälle, in denen eine Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde – relevant ist, da sich die Parteien bereits, die Wirksamkeit der jewei96 Vgl. Bich, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Civil and Commercial Matters: A Proposal for Vietnam, S. 137; Wagner, IPRax 2001, 533 (534); v. Mehren, RabelsZ 57 (1993), 449 (449). 97 Coester-Waltjen, RabelsZ 57 (1993), 263 (289); Juenger, in: GS Lüderitz, 329 (330); Wagner, IPRax 2001, 533 (534). 98 Näher hierzu Jayme, IPRax 2000, 165 (167); Struycken, ZEuP 2004, 276 (284 ff.); Remien, CMLRev 2001, 53 (69); Wagner, RabelsZ 73 (2009), 215 (222 ff.). 99 Vgl. sehr instruktiv v. Mehren, IPRax 2000, 465 (466). 100 Siehe ausführlich Brand, Transaction Planning Using Rules on Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Judgments, 9 (140 ff.), der den Aspekt der Parteiautonomie detailliert betrachtet. 101 Vgl. Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 207 f.; Haeger, Die Vollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen im internationalen Rechtsverkehr, S. 5.
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ligen Schiedsklausel unterstellt, auf eine Institution zur Entscheidung verständigt haben. Darüber hinaus spielen Souveränitätserwägungen bzw. die Ängste des Anerkennungsstaats vor Souveränitätsverlusten, wenngleich diese nicht die zentralen Aspekte bei der internationalen Urteilsanerkennung ausmachen mögen, anders als bei gerichtlichen Entscheidungen bei der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen keine Rolle. Sehr treffend hat Haeger dies bereits im Jahr 1910 – also vor dem Scheitern der einzelnen Haager Versuche – wie folgt zusammen gefasst: „Bei der Exekution eines ausländischen Urteils sieht sich demnach der Vollstreckungsstaat genötigt, einen fremden Staatshoheitsakt in seinem Gebiet zwangsweise durchzuführen, bei der Exekution eines ausländischen Schiedsspruchs wird indessen von ihm nur die Verwirklichung eines Privatvertrags erbeten. Während nun ein jeder Staat wegen seiner Souveränität die Einmischung einer fremden Staatsgewalt auf seinem Gebiet prinzipiell nicht dulden darf, wird er sich viel eher bereit finden lassen, den privaten Vereinbarungen der Vertragschließenden Anerkennung zu verschaffen.“ 102
Dies ist wohl ein weiterer Grund für den Erfolg des NYÜ und zugleich für das Scheitern der bisherigen Haager Bemühungen, ein umfassendes Übereinkommen zur Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen zu schaffen.103 c) Der dritte Versuch: Der Übereinkommensentwurf von 1999 und das Haager Gerichtsstandsübereinkommen von 2001 Nach dem gescheiterten Versuch von 1971 beschloss die 18. Tagung der Haager Konferenz Anfang der 1990er Jahre aufgrund einer Initiative der USA, nochmals eine Spezialkommission zur internationalen Gerichtsbarkeit und den Wirkungen ausländischer Entscheidungen einzusetzen, die über eine Konvention zur Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen verhandeln sollte. 104 Diese Spezialkommission befasste sich ausgehend von diesen Anregungen ab 1997 aufs Neue mit dem Projekt eines internationalen Zuständigkeits- und Vollstreckungsübereinkommens und legte schließlich im Oktober 1999 einen Vorentwurf für ein „Haager Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und auslän-
102 Haeger, Die Vollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen im internationalen Rechtsverkehr, S. 5. 103 Vgl. Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 207 f. 104 Baumgartner, The Proposed Hague Convention on Jurisdiction and Foreign Judgments, S. 1; Bich, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Civil and Commercial Matters: A Proposal for Vietnam, S. 136 f.; v. Mehren, IPRax 2000, 465 (465); Wagner, RabelsZ 73 (2009), 100 (103).
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dische Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“ vor. 105 Dabei wurde den Verhandlungen an vielen Stellen das Modell des EuGVÜ zugrunde gelegt, was insbesondere von den USA sehr kritisch aufgenommen wurde. 106 Urspünglich war für den Entwurf bzw. das Übereinkommen vor diesem Hintergrund eine Struktur als convention double ins Auge gefasst worden, d. h. es sollte nicht nur die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidungen erfasst, sondern auch die Entscheidungszuständigkeit geregelt werden. 107 Doch der Widerstand der USA gegen ein abschließendes Zuständigkeitssystem blieb wie schon bei den vorherigen Anläufen bestehen und da eine Ratifikation des endgültigen Übereinkommens durch die USA eines der Hauptanliegen war, nahm man von diesem umfassenden System Abschied.108 Resultat war eine Ausgestaltung des Entwurfs vom Oktober 1999 als eine sog. mixed convention mit unterschiedlichen Zuständigkeitskategorien: einer weißen Liste allgemein akzeptierter Gerichtsstände, einer schwarzen Liste mit verbotenen Gerichtsständen und einer „Grauzone“, in die die verbliebenen Gerichtsstände eingestuft wurden und bei denen das Übereinkommen keine Anwendung finden sollte und die Beurteilung den nationalen Rechten überlassen wurde. 109 Doch auch dieser endgültige Entwurf, der einen Kompomiss zwischen dem kontinental-europäischen System und dem des Common Law herstellen sollte, wurde von den USA stark kritisiert.110 Die Differenzen zwischen den Rechts105 Grabau/Hennecka, RIW 2001, 569 (569); Walter, in: FS Geimer, 1429 (1429, 1443); Wagner, IPRax 2001, 533 (536). Der Entwurf vom 30.10.1999 ist abgedruckt in YPIL 2 (2000), 223 (223 ff.). 106 Ausführlich Hess, IPRax 2000, 342 (343); v. Mehren, IPRax 2000, 465 (466 ff.); Wagner, IPRax 2001, 533 (536). 107 Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 204; Wagner, RabelsZ 73 (2009), 100 (104); ders., IPRax 2001, 533 (536). 108 Wagner, RabelsZ 73 (2009), 100 (104 f). 109 Baumgartner, The Proposed Hague Convention on Jurisdiction and Foreign Judgments, S. 3; Bich, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in Civil and Commercial Matters: A Proposal for Vietnam, S. 141 ff.; Grabau/Hennecka, RIW 2001, 569 (570); Wagner, RabelsZ 73 (2009), 100 (105). 110 So äußerte sich Jeffrey Kovar, Leiter der US-Delegation, wie folgt: „The project as currently embodied in the October 1999 preliminary draft convention stands no chance of being accepted in the United States. Moreover, our assessment is that the negotiating process so far demonstrates no foreseeable possibility for correcting what for us are fatal defects in the approach, structure, and details of the text. In our view there has not been adequate progress toward creation of a draft convention that would represent a world-wide compromise among extremely different legal systems […]“, zit. nach v. Mehren, IPRax 2000, 465 (466); vgl. Hess, IPRax 2000, 342 (342 f.); sehr kritisch hinsichtlich des Entwurfs von 1999 auch Péroz, La réception des jugements étrangers dans l’ordre juridique français, S. 108, die provokant nach dem Interesse einer internationalen Konvention fragt, die eine „größtmögliche Vereinfachung herbeiführen soll, jedoch lediglich ein einheitliches Verfahren vorsieht“.
§ 1 Europäische und internationale Aspekte der Urteilsanerkennung
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ordnungen waren genauso unüberbrückbar wie bereits bei den Verhandlungen in den 1970er Jahren, sodass auch dieser dritte Versuch der Haager Konferenz, ein von allen Staaten weitgehend akzeptiertes internationales Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen zu entwickeln, nicht sein Ziel erreichte. Um jedoch ein erneutes gänzliches Scheitern zu verhindern, wurden die weiteren Arbeiten in den Jahren 2002 bis 2005 auf den „kleinsten gemeinsamen Nenner“ – auf Regelungen im Zusammenhang mit Gerichtsstandsvereinbarungen – beschränkt.111 Ergebnis dieser Verhandlungsbestrebungen wurde schließlich das Haager Gerichtsstandsübereinkommen (HGÜ) vom 30. Juni 2005.112 Die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen wurde in diesem Übereinkommen nicht wie ursprünglich geplant umfassend geregelt, sondern erfasst nur solche Entscheidungen, die in prorogierten Gerichtsständen ergangen sind. 113 Die zentrale Bestimmung, die den Katalog der Anerkennungskriterien enthält, ist Art. 9 HGÜ.114 Bei Entscheidungen, die von einem von den Parteien bestimmten Gericht erlassen wurden, ist die Frage der umfassenden Regelungen zur direkten internationalen Zuständigkeit, die alle Bestrebungen der Haager Konferenz bislang scheitern ließ, nicht von Bedeutung. Dies ist wohl auch der Grund, weshalb dieses Übereinkommen einen 111
Wagner, RabelsZ 73 (2009), 100 (108). Abrufbar unter: . 113 Näher zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen nach dem HGÜ (unter besonderer Berücksichtigung der deutsch-amerikanischen Handelsbeziehungen) Eichel, RIW 2009, 289 (296). 114 Art. 9 HGÜ: „Die Anerkennung oder Vollstreckung kann versagt werden, wenn a) die Vereinbarung nach dem Recht des Staates des vereinbarten Gerichts ungültig war, es sei denn, das vereinbarte Gericht hat festgestellt, dass die Vereinbarung gültig ist; b) einer Partei nach dem Recht des ersuchten Staates die Fähigkeit fehlte, die Vereinbarung zu schließen; c) das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück, das die wesentlichen Elemente der Klage enthält, i) dem Beklagten nicht so rechtzeitig und nicht in einer Weise übermittelt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat sich auf das Verfahren eingelassen und zur Klage Stellung genommen, ohne die fehlerhafte Übermittlung vor dem Ursprungsgericht zu rügen, sofern es nach dem Recht des Ursprungsstaats zulässig war, eine fehlerhafte Übermittlung zu rügen, oder ii) dem Beklagten im ersuchten Staat in einer Weise übermittelt worden ist, die mit wesentlichen Grundsätzen des ersuchten Staates für die Zustellung von Schriftstücken unvereinbar ist; d) die Entscheidung durch Prozessbetrug erlangt worden ist; e) die Anerkennung oder Vollstreckung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Staates offensichtlich widerspräche, einschließlich der Fälle, in denen das zu der Entscheidung führende Verfahren mit wesentlichen Grundsätzen des fairen Verfahrens dieses Staates unvereinbar war; f) die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Rechtsstreit zwischen denselben Parteien im ersuchten Staat ergangen ist, oder g) die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Staat zwischen denselben Parteien wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die für ihre Anerkennung im ersuchten Staat erforderlichen Voraussetzungen erfüllt.“ 112
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
ersten (Etappen-)Erfolg auf dem Gebiet der Urteilsanerkennung und -vollstreckung in Zivil- und Handelssachen darstellte und sowohl von der EU als auch den USA unterzeichnet wurde. 115 2. Ein erneuter Anlauf? Die obige Betrachtung hat mehrfach und innerhalb der unterschiedlichen Verfahren die großen Schwierigkeiten aufgezeigt, mit denen die Haager Konferenz bei der Ausarbeitung eines globalen Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommens in Zivil- und Handelssachen umzugehen hatte. Alle drei bisherigen Anläufe, ein entsprechendes Abkommen auf den Weg zu bringen, waren – insbesondere aufgrund der elementaren Unterschiede der beteiligten Rechtsordnungen und ihren Auffassungen hinsichtlich der Zuständigkeitsregelungen – wenig von Erfolg gekrönt. Das Übereinkommen von 1971 umfasste zwar die gesamte avisierte Materie der Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, blieb aber wegen seiner Ausgestaltung als bloßes „Rahmenübereinkommen“ nur von untergeordneter Bedeutung. Das HGÜ von 2005 hingegen erfasst nur den sehr limitierten Bereich der Entscheidungen aus prorogierten Gerichtsständen, aufgrund dieser Begrenzung wurde es allerdings insbesondere von der EU und den USA unterzeichnet und stellt insofern eine erfolgreichere Maßnahme dar. Doch kann in diesem Übereinkommen mit seiner engen Begrenzung ein Wegbereiter für einen vierten Anlauf zu einem umfassenderen Regelwerk gesehen werden? Nach dem gegenwärtigen Stand ist hiervon wohl nicht auszugehen. Die durch ein internationales Übereinkommen gewonnene Vorhersehbarkeit der Anerkennungsentscheidung des Zweitstaats würde sicherlich einen deutlichen Zugewinn an Rechtssicherheit bewirken und dem grenzüberschreitenden Handel einige Risiken nehmen. 116 Wünschenswert ist ein umfassenderes Übereinkommen vor diesem Hintergrund zweifelsohne. Sollte trotz der bisherigen negativen Erfahrungen ein weiterer, vierter Versuch hinsichtlich einer weltweiten Konvention angestrengt werden, so sollte dabei in inhaltlicher Hinsicht auf eine Klausel wie die des Art. 21 der Konvention von 1971 und das „Bilateralisierungskonzept“ verzichtet werden.117 Nur so kann ein globales Übereinkommen Rechtssicherheit liefern und eine verlässliche Rechtsgrundlage darstellen, was seinen Hauptzweck im internationalen Rechtsverkehr ausmacht. Gleichwohl erscheint trotz der kontinuierlich an115
Zum Status des HGÜ siehe die Internetpräsenz der Haager Konferenz, abrufbar unter: . 116 Ähnlich Walter, in: FS Geimer, 1429 (1443); Wagner, IPRax 2001, 533 (535); eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Zielen und Vorteilen einer weltweiten Konvention liefert Goddard, YPIL 3 (2001), 27 (28 ff.). 117 Auch Schack lehnt das Konzept der Bilateralisierung ab, vgl. Schack, ZEuP 1993, 306 (332).
§ 1 Europäische und internationale Aspekte der Urteilsanerkennung
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steigenden transnationalen Wirtschaftsbeziehungen und deren Anforderungen an die rechtlichen Strukturen derzeit der Abschluss eines umfassenden multilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags wenig aussichtsreich. Die Differenzen des US-amerikanischen Rechts und der europäischen „Civil Law-Rechtssysteme“ scheinen nach wie vor kaum in Einklang zu bringen zu sein. Wird zwar mitunter das EuGVÜ bzw. die EuGVVO als Beispiel dafür angeführt, dass eine Vereinbarkeit der beiden Rechtssysteme grundsätzlich möglich sei,118 so verkennt diese Argumentation aber die besonderen europäischen Rahmenbedigungen. Zwar konnte das EuGVÜ das englische Common Law und die kontinental-europäischen Rechtsordnungen in gewisser Weise „unter einen Hut bringen“, dies war aber wohl nur mit dem europäischen institutionellen Rahmen und vor dem Hintergrund der Auslegungskompetenz des EuGH möglich. 119 Ein weiterer wichtiger Punkt, weshalb Großbritannien dem EuGVÜ in dieser Form beigetreten ist und so „Common Law“ und „Civil Law“ eine gemeinsame Lösung gefunden haben, wird zudem auch in dem späten Beitrittszeitpunkt des Vereinigten Königreichs zur EU bzw. der EG gesehen.120 Nach Art. 63 EuGVÜ121 war das Abkommen als Teil des „acquis communautaire“ von allen Neumitgliedern der Gemeinschaft zu ratifizieren.122 Vor diesem Hintergrund hatte das Vereinigte Königreich keine wirkliche Alternative zur Ratifizierung des EuGVÜ in seiner bestehenden Form. 118 So etwa Juenger, AmJCompL 45 (1997), 931 (933); näher hierzu Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 207. 119 So auch Gerasimchuk, die diesbezüglich Auszüge des folgenden Zitats Juengers anführt: „This convention, the single most important private international law treaty in history, has managed to bring about both uniformity and law reform in an area vital to transnational dispute resolution. […] The multilateral treaty they the Convention’s drafters produced has managed to bridge the gulf between common law and civil law jurisdictions, and it works well despite national idiosyncracies and linguistic differences.“, Juenger, AmJCompL 45 (1997), 931 (933); Gerasimchuk, Die Urteilsanerkennung im deutsch-russischen Rechtsverkehr, S. 207; zur mangelnden institutionellen Absicherung siehe auch Juenger, in: GS Lüderitz, 329 (344). 120 Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EG, S. 12. 121 Art. 63 EuGVÜ: „(1) Die Vertragsstaaten bekräftigen, daß jeder Staat, der Mitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft wird, verpflichtet ist, sein Einverständnis damit zu erklären, daß dieses Übereinkommen den Verhandlungen zwischen den Vertragsstaaten und diesem Staat zugrunde gelegt wird, die erforderlich werden, um die Ausführung des Artikels 220 letzter Absatz des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sicherzustellen. (2) Die erforderlichen Anpassungen können Gegenstand eines besonderen Übereinkommens zwischen den Vertragsstaaten einerseits und diesem Staat andererseits sein. “ 122 Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EG, S. 12; Grolimund, Drittstaatenproblematik des europäischen Zivilverfahrensrechts, S. 2 f.; Schmidt-Parzefall, Die Auslegung des Parallelübereinkommens von Lugano, S. 10.
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
Das Argument des „Vorbilds des EuGVÜ“ lässt sich demnach wohl nicht auf ein globales Übereinkommen übertragen. Die Ausarbeitung und erfolgreiche Etablierung eines umfassenden Überkommens, das die grundlegenden Differenzen überwindet, die sich hinsichtlich der Entscheidungszuständigkeiten zwischen den Rechtsordnungen zeigen, scheint heute genauso realistisch bzw. unrealistisch wie zum Zeitpunkt der bisherigen Versuche. Die eigentlichen Perspektiven finden sich dementsprechend momentan wohl eher auf europäischer Ebene.123 Man sollte es hier – wie schon Behr zutreffend feststellte – mit dem alten Sprichwort halten: „Lieber einen Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach.“ 124
§ 2 Das System des deutschen autonomen Rechts § 2 Das System des deutschen autonomen Rechts
I.
Historische und prozessuale Grundlagen
Die Anerkennung einer ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung untersteht als eine Art „Aufnahme“ 125 eines ausländischen Hoheitsakts in den eigenen nationalen Rechtsraum gewissen Voraussetzungen.126 Wie bereits erörtert, finden sich hinsichtlich des Umgangs der einzelnen Rechtsordnungen – insbesondere den hier näher zu untersuchenden – mit drittstaatlichen Gerichtsentscheidungen sehr unterschiedliche Ausprägungen in Bezug auf die Anerkennungskriterien bzw. die einzelnen Anforderungen der Rechtssysteme.127 Die deutsche Rechtsordnung hat für die Beurteilung der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen das Rechtsinstitut der Anerkennung nach § 328 ZPO einerseits und der Vollstreckbarerklärung gemäß §§ 722, 723 ZPO andererseits vorgesehen.128 Wenn ein drittstaatliches Urteil die in § 328 ZPO genannten Voraussetzungen erfüllt, wird es anerkannt. Ausgehend vom Wortlaut des § 328 ZPO ist dabei – wie auch im
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Ebenso Behr, in: Bottke/Möllers/Schmidt, Recht in Europa, 43 (54); ähnlich Hess, der einen Trend „von der internationalen Harmonisierung hin zu einer Regionalisierung der Prozessräume“ beobachtet, vgl. Hess, IPRax 2000, 342 (343). 124 Behr, in: Bottke/Möllers/Schmidt, Recht in Europa, 43 (54). 125 Zu den einzelnen Theorien hinsichtlich des Anerkennungsbegriffs siehe sogleich Kap. I § 2 II. 126 Vgl. Kropholler, IPR, S. 659; Schütze, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland, S. 11, ders., DIZPR, Rn. 287; siehe auch Lowenfeld, International Litigation and Arbitration, S. 394 f. 127 Vgl. die einführenden Erläuterungen in der Einleitung. 128 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 1; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (162 f.); Linke/Hau, IZVR, Rn. 499; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 102 ff.; Schack, IZVR, Rn. 1024.
§ 2 Das System des deutschen autonomen Rechts
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Rahmen der EuGVVO 129 – nicht etwa ein gesondertes Verfahren für die Anerkennung durchzuführen, sondern die Anerkennung einer Entscheidung eines drittstaatlichen Gerichts erfolgt unmittelbar kraft Gesetzes, wenn sie nicht durch einen der in § 328 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 ZPO normierten Versagungsgründe ausgeschlossen ist. 130 Dementsprechend sieht die ZPO für die Feststellung der Anerkennungsfähigkeit eines drittstaatlichen Urteils kein besonderes Verfahren vor.131 Die Anerkennungsfähigkeit kann jedoch im Wege der positiven oder negativen Feststellungsklage nach § 256 ZPO festgestellt werden, wobei sich das hierfür erforderliche Feststellungsinteresse aus der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ergibt.132 Ohne die einzelnen Versagungsgründe an dieser Stelle bereits im Detail zu beleuchten, ist anzumerken, dass die in § 328 Abs. 1 ZPO festgeschriebenen Anerkennungskriterien in den letzten Jahrzehnten eine gewisse Liberalisierung erfahren haben. So ist seit dem 1. September 1986, d. h. seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur IPR-Reform,133 die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen in Deutschland erleichtert worden.134 Im Zuge dieser Reform wurde die ursprünglich in § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a. F. enthaltene Beschränkung des Schutzes des rechtlichen Gehörs auf deutsche Staatsangehörige und das in § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. normierte Anerkennungshindernis der Nichtbeachtung deutschen Kollisionsrechts aufgegeben. 135 Die Versagungs129 Vgl. vormals Art. 33 Abs. 1 EuGVVO bzw. Art. 36 Abs. 1 der ab 10.1.2015 gültigen Neufassung der EuGVVO. 130 Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 722 Rn. 1; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 7; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 5; RG, 26.4.1941 IV 313/40, RGZ 166, 367 (376); Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 60 f.; Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, S. 12; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 94; Kropholler, IPR, S. 662; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 106; Schack, IZVR, Rn. 1024. 131 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 5; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 1. 132 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 278; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 14; Kropholler, IPR, S. 662. Schack gibt diesbezüglich zu bedenken, dass ein Rechtsschutzbedürfnis fehlen könne, falls der Kläger zugleich auf Erlass eines Vollstreckungsurteils nach § 722 ZPO klage, vgl. Schack, IZVR, Rn. 978. 133 Gesetz zur Neuregelung des IPR vom 25.7.1986, BGBl. 1986 I 1142. 134 Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (163); Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 120. 135 Vor der IPR-Reform lautete § 328 Abs. 1 ZPO a. F.: „(1) Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: 1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind; 2. wenn der unterlegene Beklagte deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe zugestellt ist; 3. wenn in dem Urteil zum Nachteil einer deutschen Partei von den Vorschriften des Artikels 13 Abs. 1, 3 oder der Artikel 17, 18, 22 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch oder von der Vorschrift des auf den Artikel 13 Abs. 1 bezüglichen Teiles des
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
gründe für die Anerkennung drittstaatlicher Urteile wurden im Zuge der IPRReform zudem neutral bzw. ohne Bezug auf die Staatsangehörigkeit formuliert.136 Überdies wurde seit der Reform auf dem Gebiet der Ehesachen die Anerkennung unabhängig davon gewährt, ob dass ausländische Gericht nach den deutschen Vorschriften zuständig war, wenn ein anderer Heimatstaat die Entscheidung anerkannt hatte.137 Hervorzuheben ist zudem, dass durch die ZPO-Reformierung im Jahr 1986 § 328 Abs. 1 ZPO den Bestimmungen des Art. 27 EuGVÜ (vgl. heute Art. 45 bzw. vormals Art. 34 EuGVVO) über die Anerkennungsvoraussetzungen weitestgehend angepasst wurde.138 Hierin mag u.U. ein erster Trend bzw. ein erstes Bewusstsein des deutschen Gesetzgebers zu erblicken sein, dass eine einheitliche Linie hinsichtlich der Anerkennungskriterien in Bezug auf mitgliedstaatliche wie auch drittstaatliche Gerichtsentscheidungen grundsätzlich erstrebenswert ist. Aufgrund der gewählten Ausgestaltung der Anerkennung, die der drittstaatlichen Entscheidung – soweit nicht besondere völkerrechtliche Verträge oder Abkommen eingreifen – automatische Wirkung zumisst, treten ihre Wirkungen mit ihrem Erlass bzw. Eintritt der Rechtskraft ein.139 Es kommt somit nicht etwa auf den Zeitpunkt an, in dem die Frage der Anerkennung geprüft bzw. eine Beziehung zum deutschen Inland hergestellt wird.140 Allerdings kann die Anerkennung – etwa wenn es zu einer zwischenzeitlichen Artikels 27 desselben Gesetzes oder im Falle des § 12 Abs. 3 des Gesetzes über die Verschollenheit, die Todeserklärung und die Feststellung der Todeszeit vom 4. Juli 1939 (Reichsgesetzbl. I S. 1186) zum Nachteil der Ehefrau eines für tot erklärten Ausländers von der Vorschrift des Artikels 13 Abs. 2 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch abgewichen ist; 4. wenn die Anerkennung des Urteils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde; 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.“; abgedruckt u. a. in Wieczorek, ZPO, Zweiter Band, §§ 253– 510c, 2. Auflage 1976, S. 350 f.; siehe auch Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 120; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (163); näher zur Aufgabe der kollisionsrechtlichen Kontrolle Kap. II § 11 I. 136 Zu beachten ist dabei jedoch, dass zwar § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO a. F. nur deutsche Staatsangehörige schützte, Ausländer aber faktisch im selben Umfang geschützt wurden, da die Ordnungsmäßigkeit des ausländischen Verfahrens über die Prüfung des anerkennungsrechtlichen ordre public nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO berücksichtigt wurde; vgl. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 110; siehe zudem Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 55 ff. 137 Vgl. Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (163), der zudem auf die bis dahin gültigen § 606a i. V. m. § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a. F. und § 606b ZPO a. F. verweist; hierzu ausführlich BT-Dr. 10/504, S. 87 ff.; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 51 ff. 138 Vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 87; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 76. 139 Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 107; Linke/Hau, IZVR, Rn. 451; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 9; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 299. 140 Geimer, IZPR, Rn. 2798; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 299; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 9; Schack, IZVR, Rn. 972.
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Reform der Anerkennungsvoraussetzungen gekommen ist – ihre Wirkungen ggf. auch erst zu einem späteren Zeitpunkt entfalten, wenn sie erst mit Inkrafttreten der neuen Regelung anerkennungsfähig geworden ist.141 Insofern besteht kein „Vertrauensschutz in eine Nichtanerkennungsfähigkeit“ der jeweiligen Entscheidung.142 Aus der Normierung der Anerkennungskriterien als Negativkatalog oder aus der Formulierung des Einleitungssatzes 143 können allerdings keine Rückschlüsse dahingehend gezogen werden, ob die Anerkennung oder die Nichtanerkennung der Regelfall ist bzw. dass eine „Vermutung zugunsten der Anerkennung“ bestehe.144 Die in § 328 ZPO normierten Anerkennungshindernisse stellen grundsätzlich von Amts wegen zu prüfende Tatbestandvoraussetzungen dar.145 Eine Sonderausnahme hiervon bildet nur der Versagungsgrund des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, der entsprechend seiner Formulierung 146 nur auf Einrede geprüft wird. 147 Obwohl die Anerkennung in § 328 ZPO und die Vollstreckbarerklärung in §§ 722 f. ZPO getrennt voneinander behandelt werden, besteht zwischen den einzelnen Rechtsinstituten eine „Wechselwirkung“.148 Die Vollstreckbarerklärung einer drittstaatlichen Entscheidung durch ein entsprechendes Urteil ist gemäß § 723 Abs. 2 S. 2 ZPO nur möglich, wenn § 328 ZPO einer Anerkennung nicht entgegensteht.149 Um ein drittstaatliches Urteil in Deutschland vollstrecken zu können, muss unabhängig von der Anerkennung ein Verfahren zur Erwirkung eines Vollstreckungstitels durchgeführt werden, eine automatische Vollstreckbarkeit tritt 141 Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 107; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 9; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 35; Schack, IZVR, Rn. 973. 142 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 107; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 9; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 35; Schack, IZVR, Rn. 973. 143 § 328 Abs. 1 ZPO: „Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: 1. wenn […].“ 144 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 1; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 273; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 76; ders., ZZP 103 (1990), 257 (269); Linke/Hau, IZVR, Rn. 459 f. 145 Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 157 Rn. 46; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 31; Linke/Hau, IZVR, Rn. 460; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 10; Schack, IZVR, Rn. 974. 146 § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO: „Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: […] wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hierauf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsmäßig oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte.“ (Hervorhebung durch d. Verf.). 147 Roth, in : Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 31, 89; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 10; Schack, IZVR, Rn. 974. 148 Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 102. 149 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 102; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 1.
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
gerade nicht ein.150 Die Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen erfolgt dabei aufgrund von § 723 Abs. 2 S. 2 ZPO regelmäßig inzident im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens, d. h. die Vollstreckbarerklärung setzt faktisch die Anerkennung der betreffenden Entscheidung voraus.151 Die Vollstreckung eines ausländischen Urteils erfordert ein Vollstreckungsurteil gemäß § 722 ZPO, welches an die Stelle der Vollstreckungsklausel tritt, während die Rechtskraft des Urteils und seine sonstigen unmittelbaren Wirkungen grundsätzlich automatisch eintreten.152 Zu beachten ist dabei, dass durch die auf Vollstreckbarerklärung gerichtete Klage nicht etwa eine vorhandene Vollstreckbarkeit festgestellt wird, sondern erst durch rechtsgestaltendes Urteil, das sog. Exequatur, der Entscheidung im Inland die Vollstreckbarkeit verliehen wird.153 Den Vollstreckungstitel bildet somit allein das deutsche Vollstreckungsurteil,154 welches kein Leistungsurteil (wie es etwa im Common Law bei einer action upon the foreign judgment der Fall wäre),155 sondern ein prozessuales Gestaltungsurteil ist.156 Hervorzuheben ist schließlich der Prüfungs- bzw. Entscheidungsspielraum, der dem zweitstaatlichen Richter eingeräumt wird. Letzterer entscheidet im Exequaturverfahren lediglich, ob die Anerkennungs- bzw. Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen und darf gemäß § 723 Abs. 1 ZPO darüber hinaus keinerlei Prüfung der Entscheidung in der Sache durchführen.157 Dieses „Verbot der révision au fond“ stellt eines der zentralen Prinzipien des internationalen Anerkennungsrechts dar.158
150 Statt aller Linke/Hau, IZVR, Rn. 501; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 9; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 8; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 6; Schack, IZVR, Rn. 1024. 151 Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 722 Rn. 1, 11; Caffrey, Die internationale Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, S. 288 ff.; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (165); Lüke, ZPO, Rn. 355; Rosenberg/ Schwab/Gottwald, ZPO, § 157 Rn. 1; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 9. 152 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 6, 13. 153 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 722 Rn. 2 f.; Linke/Hau, IZVR, Rn. 499. 154 Bitter, Vollstreckbarerklärung und Zwangsvollstreckung ausländischer Titel in der Europäischen Union, S. 7 ff.; Münzberg, in: Stein/Jonas, ZPO, § 722 Rn. 3, 26 ff.; Lackmann, in: Musielak, ZPO, § 722 Rn. 1. 155 Siehe zur doctrine of obligation, nach der durch die ausländische Gerichtsentscheidung eine neue Verbindlichkeit entsteht, welche die Grundlage der Anerkennung nach Common Law bildet, ausführlich Hill, The Law Relating to International Commercial Disputes, S. 232 sowie die Ausführungen zu den Grundlagen der Anerkennung nach englischem Common Law, Kap. I § 4. 156 Münzberg, in: Stein/Jonas, § 722 Rn. 3; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 722 Rn. 3; ders., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 163. 157 Statt aller Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 116. 158 Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 723 Rn. 11; zur révision au fond im französischen Recht siehe ausführlich Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (53 ff.).
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II. Der Anerkennungsbegriff im deutschen Recht Obwohl der nationale Gesetzgeber in § 328 ZPO einen recht detaillierten Katalog von Versagungsgründen für die Anerkennung aufgestellt hat, nahm er keine nähere Definition des Anerkennungsbegriffs vor, weshalb diesbezüglich in Literatur und Rechtsprechung einige Unklarheiten herrschen.159 Außer in einigen bilateralen Abkommen wie etwa in Art. 1 Abs. 1 S. 2 des deutschniederländischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags vom 30. August 1962160 finden sich keine näheren Angaben hinsichtlich des Begriffs der Anerkennung.161 In Ermangelung einer konkreten Definition durch den Gesetzgeber oder eindeutiger Rechtsprechung des BGH haben sich unterschiedliche Theorien zum Begriff der Anerkennung herausgebildet. 162 Nach der sog. Theorie der Wirkungserstreckung sind die Wirkungen des drittstaatlichen Urteils Gegenstand der Anerkennung.163 Dies bedeutet, dass „objektiver und subjektiver Inhalt“ der drittstaatlichen Entscheidung auf das Inland erstreckt werden.164 Durch die Anerkennung werden jedoch – schon vor dem Hintergrund des Begriffs der Wirkungserstreckung – nur die Wirkungen der Entscheidung, die ihr auch im Urteilsstaat zukommen, auf das Inland erstreckt, aber keine Wirkungen neu geschaffen.165 Die Wirkungserstreckungslehre ist jedoch nicht unumstritten, da – als Folge der Tatsache, dass nach dieser Theorie die anerkannte drittstaatliche Entscheidung keine anderen Wirkungen als 159 Vgl. Müller, ZZP 79 (1966), 199 (199 f.); Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr.1 ZPO, S. 24 f. Diese „Selbstverständichkeit“, mit der § 328 ZPO den Anerkennungsbegriff unerwähnt lässt, kritisiert zudem Mankowski, in: v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 5 Rn. 112; siehe auch Roth, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7; Schack, IZVR, Rn. 881. 160 Art. 1 Abs. 1 S. 3: „Die Anerkennung hat zur Folge, daß den Entscheidungen die Wirkung beigelegt wird, die ihnen in dem Staat, in dessen Hoheitsgebiet sie ergangen sind, zukommt.“; BGBl. 1965 II, S. 26; abgedruckt zudem u. a. in: Geimer/Schütze, Int. Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. III, Nr. 640; ebenso Art. 1 Abs. 3 des deutschbelgischen Vollstreckungsabkommens vom 30. Juni 1958; ähnlich Art. 1 Abs. 1 des deutsch-italienischen Abkommens; vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7; Schack, IZVR, Rn. 881; siehe zudem die Denkschrift zum Gesetzesentwurf zum deutschösterreichischen Vertrag, BT-Dr. 3/1419, 6 (7). 161 Decker, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen im Zivilprozess, S. 1; Schack, IZVR, Rn. 881; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr.1 ZPO, S. 24 f. 162 Vgl. Bach, EuZW 2013, 56 (56). 163 Zur Wirkungserstreckungstheorie Decker, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen im Zivilprozess, S. 1 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 157 Rn. 8; Schack, IZVR, Rn. 881 ff.; Kegel/Schurig, IPR, S. 1061; sehr ausführlich Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 168 ff. 164 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 112; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 86; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 20 ff. 165 Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 112; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 27; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 4; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 2.
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im Urteilsstaat entfaltet – die dem Urteil im Erststaat zukommenden Wirkungen der deutschen Rechtsordnung unbekannt sein können. 166 Trotz dieses Kritikpunktes bildet die Lehre der Wirkungserstreckung wohl – jedenfalls in ihren grundlegenden Ansätzen 167 bzw. als „gedanklicher Ausgangspunkt“ – die herrschende Meinung hinsichtlich des Anerkennungsbegriffs.168 Eine entgegengesetzte Auffassung lehnt die Wirkungserstreckungstheorie ab und versteht unter dem Begriff der „Anerkennung“ nicht die Wirkungserstreckung des erststaatlichen Urteils auf das deutsche Inland, sondern die Gleichstellung der ausländischen Entscheidung mit einem inländischen Urteil (sog. Gleichstellungstheorie). 169 Nach der Gleichstellungstheorie kann das erststaatliche Urteil im Zweitstaat auch andere, d. h. insbesondere weitergehende, Wirkungen entfalten, als ihm das Recht des Erststaats zumisst, worin mitunter eine „Störung der internationalen Gleichheit“ gesehen werden kann, da die Parteien ggf. mit unvorhersehbaren Rechtsfolgen konfrontiert werden, die für sie im erststaatlichen Erkenntnisverfahren noch nicht ersichtlich waren.170 Diese Theorie scheint zudem nur für die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel zu sachgerechten Ergebnissen zu führen. 171 Es ist jedoch klar zwischen den beiden Rechtsinstituten der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung zu trennen, da bei letzterer gerade keine Erstreckung der erststaatlichen Vollstreckbarkeit auf das Inland stattfindet, sondern der Entscheidung originär die Vollstreckbarkeit nach deutschem Recht verliehen wird.172 Eine scharfe Gegenüberstellung der beiden Theorien ist jedoch wenig zielführend, da beide Theorien gewisse Schwach- bzw. Kritikpunkte aufweisen und sich in der Literatur bisweilen eine uneinheitliche Verwendung der Be-
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Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 2. Zu den Modifizierungen, die eine weitere Ansicht, die sog. Kumulationstheorie, an der Wirkungserstreckungslehre vornimmt, siehe unten. 168 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7 m. w. N.; siehe etwa OLG Hamm, 11.2.1991 – 8 WF 30/91, FamRZ 1993, 213 (214); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 20 ff.; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 157 Rn. 8; Kegel/Schurig, IPR, S. 1061; Kropholler, IPR, S. 659 ff.; Müller, ZZP 79 (1966), 199 (204 f.); Schütze, DIZPR, Rn. 319; Bach, EuZW 2013, 56 (56) weist darauf hin, dass der BGH sich noch nicht explizit auf eine der Theorien festgelegt habe. 169 Insbesondere vertreten von Matscher, in: FS Schima, 265 (277 ff.); ders., ZZP 103 (1990), 294 (306 ff.); zum Streitstand siehe ebenfalls Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 145; ders., ZZP 103 (1990), 257 (260); Müller, ZZP 79 (1966), 199 (203); Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7; siehe auch BGH, 6.10.1982 – IVb ZR 729/80, NJW 1983, 514 (515). 170 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 7. 171 Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 21; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7. 172 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 86; ders., in: Zöller, ZPO, § 722 Rn. 2 f. 167
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griffe der unterschiedlichen Theorien verzeichnen lässt. 173 Problematisch hinsichtlich der Theorie der Wirkungserstreckung ist insbesondere, dass die von den drittstaatlichen Rechtsordnungen vorgesehenen Urteilswirkungen sehr unterschiedlich und vielfältig sind und über die Wirkungen des deutschen Rechts mitunter hinausgehen können.174 Eine „ungebremste“ 175 Anwendung der Theorie der Wirkungserstreckung erscheint vor diesem Hintergrund wenig akzeptabel, insbesondere sollte es dem (deutschen) Anerkennungsstaat nicht versagt sein, die Wirkungen des anzuerkennenden Urteils auf die dem deutschen Recht bekannten Wirkungen zu begrenzen. 176 Der Wirkungserstreckungs- und Gleichstellungstheorie ist folglich eine „Kumulationstheorie“ vorzuziehen, die zwar grundsätzlich von einer Wirkungserstreckung ausgeht, die Wirkungen des drittstaatlichen Urteils aber auf die möglichen Wirkungen eines entsprechenden deutschen Urteils beschneidet. 177 Bei den Wirkungen, die im Zuge der Anerkennung aufs deutsche Inland erstreckt werden, handelt es sich im Wesentlichen um die materielle Rechtskraft, die Feststellungs- und Präklusionswirkung, die Gestaltungswirkung sowie die Streitverkündungs- und Interventionswirkung, d. h. es werden grundsätzlich 173 So verwenden Nagel/Gottwald, IZVR, § 12 Rn. 114 etwa die Begriffe Gleichstellungs- und Kumulationstheorie synonym, während Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7 f. die Kumulationstheorie als einschränkende Auslegung der Wirkungserstreckungstheorie betrachtet. 174 Schack, IZVR, Rn. 882 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 7 f; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 171. 175 Diese Formulierung wählt Schack, IZVR, Rn. 882. 176 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 8; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 22; Schack, IZVR, Rn. 882, welcher warnt, dass „der Anerkennungsstaat nicht die Katze im Sack importieren“ solle.; a. A. Spellenberg, der die Wirkungsbegrenzung oder auch Kumulation als nicht gerechtfertigt und nicht nötig erachtet, da eine „Störung der deutschen Rechtsordnung bei rein quantitativen Überschreitungen im Vergleich zu deutschen Entscheidungen nicht zu befürchten sei“. Dem Schutz der inländischen Rechtsordnung werde hinreichend über die ordre public-Kontrolle Rechnung getragen, vgl. Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO, Rn. 125; ähnlich Nagel/Gottwald, IZVR, § 12 Rn. 113 ff., die eine Begrenzung der Urteilswirkungen – es sei denn, diese sind dem deutschen Recht derart „wesensfremd“, dass sie gegen den deutschen ordre public verstoßen – ablehnen. 177 Vgl. LG Hamburg, 11.7.1991 – 302 O 49/91, IPRax 1992, 251 (254) mit Verweis auf Mankowski, RIW 1991, 181 (182 m. w. N.), der ebenfalls die Anerkennung als eine Wirkungserstreckung „bis zur Obergrenze des Wirkungsumfangs eigener Urteile“ verstanden wissen will. Die „Kumulationstheorie“ wird zudem vertreten von Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 1, der zwar nicht ausdrücklich den Begriff der Kumulationstheorie nennt, die Anerkennung aber als Filter versteht, der die Wirkungserstreckung auf das Inland nur für solche Wirkungen zulässt, die dem deutschen Recht bekannt sind; ebenso Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 22 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 8; Schack, IZVR, Rn. 886; ders., IPRax 1989, 139 (142); Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 11, Fn. 10 m. w. N.; Matscher, ZZP 103 (1990), 294 (294 ff.); Müller, ZZP 79 (1966), 199 (203).
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nur die prozessualen, nicht jedoch rein innerprozessuale oder materiellrechtliche Wirkungen der Entscheidung anerkannt. 178 Von der Anerkennung nicht erfasst werden folglich die Tatbestandswirkungen der drittstaatlichen Entscheidungen. 179 Alle oben genannten Theorien bzw. die Wirkungserstreckung setzen jedoch voraus, dass die jeweilige Entscheidung der Anerkennung nach den Vorgaben des § 328 ZPO überhaupt zugänglich ist. III. Anerkennungs- und vollstreckungsfähige Entscheidungen 1. Zivil- und Handelssachen Die gemäß § 328 ZPO der Anerkennung zugänglichen Urteile bzw. Entscheidungen180 müssen zunächst auf dem Gebiet des Zivilrechts (einschließlich des Handels- und Arbeitsrechts) ergangen sein. 181 Diese Anforderung wird zwar ausdrücklich nur in den bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen182 oder auf Ebene des Unionsrechts durch Art. 1 Abs. 1 EuGVVO festgelegt, die Beschränkung auf Zivil- und Handelssachen gilt jedoch – schon durch seine systematische Stellung im Gesetz – ebenso für § 328 ZPO.183 Was unter diesen Begriff fällt bzw. welchen Umfang der Bereich der Zivilund Handelssachen hat, ist jedoch nicht klar umrissen. Anders als auf Ebene des Unionsrechts, auf welcher der EuGH für Art. 1 EuGVVO eine autonome Auslegung bzw. Definition vornimmt,184 liefert das deutsche autonome Recht keine entsprechende Begriffsdefinition, sodass diesbezüglich einige Unklarheiten bestehen und entsprechend unterschiedliche Auffassungen vertreten werden.185 Umstritten ist dabei insbesondere, wie bezüglich des Begriffs der 178 Geimer, IZPR, Rn. 2799 ff.; ders.; in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 31; ders., in: Geimer/ Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1409 ff.; Schütze, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 328 Rn. 2 ff.; Linke/Hau, IZVR, Rn. 446. 179 Linke/Hau, IZVR, Rn. 450; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1410. 180 Zum Urteilsbegriff des § 328 ZPO siehe sogleich S. 40 ff. 181 Statt aller Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1690; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 80; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 232 ff. 182 So etwa in Art. 1 Abs. 1 des deutsch-belgischen Abkommens, Art. 1 des deutschisraelischen Abkommens oder Art. 1 Abs. 1 des deutsch-norwegischen Abkommens. Das deutsch-belgische Abkommen erfasst neben Gerichtsentscheidungen zwar ebenfalls die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden, der Anwendungsbereich wird jedoch in materieller Hinsicht klar auf Zivil- und Handelssachen beschränkt; vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 235; zu den Fundstellen siehe das Verzeichnis der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands. 183 Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 6; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 17; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1690. 184 Vgl. hierzu ausführlich Kropholler, EuZPR, Art. 1 Rn. 1 ff.; ders., IPR, S. 574 f. 185 Schack, IZVR, Rn. 906.
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Zivil- und Handelssache zu qualifizieren ist.186 Eine Ansicht will die Qualifikation nach der lex fori des Anerkennungsstaats, folglich deutschem Recht vornehmen. 187 Die Gegenansicht bevorzugt eine Doppelqualifikation, bei der nach dem Recht des Anerkennungsstaats, also nach deutschem Recht, wie auch nach dem Recht des Erststaats eine zivilrechtliche Angelegenheit vorliegen muss.188 Eine Doppelqualifikation führt faktisch zu einer Einschränkung hinsichtlich des Kreises der anerkennungsfähigen Entscheidungen, da lediglich jene Entscheidungen erfasst werden, welche die Kriterien beider Rechtsordnungen erfüllen. 189 Grundsätzlich zu begrüßen ist es jedoch, wenn möglichst großzügige Anforderungen an die Entscheidungen gestellt werden. Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Souveränitätserwägungen, die bei der Urteilsanerkennung eine Rolle spielen, erscheint eine Qualifikation nach dem Recht des Zweitstaats sachgerecht, da bei einer Anerkennung nach § 328 ZPO gerade kein besonderes Näheverhältnis zwischen Urteilsund Anerkennungsstaat, wie etwa bei einer europäischen Verordnung oder einem bi- oder multilateralen Staatsvertrag, gegeben ist und nur der Zweitstaat bestimmen kann und sollte, welchen Entscheidungen er Wirkungen auf seinem Territorium verleiht. 190 Maßgeblich ist somit die lex fori des Anerkennungsstaats, also in diesem Fall das deutsche Verständnis, wonach alle zivilrechtlichen Streitigkeiten im Sinne des § 13 GVG191 umfasst werden.192 Ob wiederum eine Sache nach der lex fori, also dem deutschen Recht, als Zivil- und Handelssache einzuordnen ist, ist aufgrund des materiellen Rechts bzw. der Natur des Streitgegenstandes zu beurteilen und nicht anhand des jeweiligen ausländischen Gerichtszweigs, in dem die Entscheidung ergangen 186 Eine Darstellung des Streits liefern Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 232 f.; Schack, IZVR, Rn. 909. 187 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 232 f.; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 80; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1690; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 45; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 60. 188 Schütze, DIZPR, Rn. 327; ders., in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 17. 189 Siehe auch Stadler, die ebenfalls eine weite Auslegung des Begriffs bevorzugt, vgl. Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 6; ebenso Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 80. 190 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 232 f. 191 § 13 GVG: „Vor die ordentlichen Gerichte gehören die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.“ 192 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 80; Gottwald, in: MüKo ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 57; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 144; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 6; zu beachten ist allerdings, dass die Qualifikation nach der lex fori im Bereich der bilateralen Staatsverträge umstritten ist, siehe BGH, 10.10.1977 – VIII ZB 10/76, NJW 1978, 1113 (1113) bezüglich des deutsch-belgischen Abkommens; BGH, 26.11.1975 – VIII ZB 26/75, BGHZ 65, 291 = NJW 1976, 478 (480); näher hierzu Kap. III § 12 II 1 a).
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ist.193 Die Besonderheiten der nationalen Gerichtsorganisation sind oft historisch geprägt bzw. Ausdruck der speziellen nationalen Strukturen, weshalb die Zuordnung zu einem Gerichtszweig nach herrschender Meinung für die Anerkennungsfähigkeit irrelevant ist.194 Ist aus deutscher Sicht eine zivilrechtliche Streitigkeit gegeben, so ist eine Anerkennung auch bei abweichender Qualifikation nach dem Recht des Erststaats möglich. 195 Der Anwendungsbereich des § 328 ZPO erfasst schließlich nur Entscheidungen der streitigen Zivilgerichtsbarkeit, d. h. Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit unterfallen nicht dem § 328 ZPO, sondern ihre Anerkennung wird in den §§ 108, 109 FamFG gesondert geregelt.196 Auch die Anerkennung drittstaatlicher insolvenzrechtlicher Entscheidungen, die nicht von der EuInsVO erfasst werden, erfolgt nicht nach § 328 ZPO, sondern über die spezielleren §§ 343 ff. InsO.197 2. Der Urteilsbegriff des § 328 ZPO § 328 ZPO verlangt nach seinem Wortlaut das Urteil eines ausländischen Gerichts.198 Art. 36 Abs. 1 (vormals Art. 33 Abs. 1) EuGVVO normiert hingegen, dass die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Während Art. 2 lit. a (vormals Art. 32) EuGVVO eine Legaldefintion des Entscheidungsbegriffs enthält, findet sich keine entsprechende ausdrückliche Bestimmung im deutschen autonomen Anerkennungsrecht. Art. 2 lit. a (vormals Art. 32) EuGVVO bezieht sich – anders als § 328 ZPO – ausdrücklich auf „jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung“. 199 Anders als das 193 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 233; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 17. 194 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 45; Schack, IZVR, Rn. 908; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 17; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 60. 195 Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 57. 196 Früher erfolgte die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Grundlage des § 16a FGG, dieser trat jedoch gemäß Art. 112 Abs. 1 des FGG-Reformgesetzes mit Wirkung zum 1. September 2009 außer Kraft, BGBl. I 2008, 2586 (2743); vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 83, 91; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 5; siehe zudem hierzu Wagner, FamRZ 2006, 744 (744 ff.); einen Überblick über die Neuerungen des FamFG im Hinblick auf „Verfahren mit Auslandsbezug“ (Abschnitt 9 des FamFG) liefert Althammer, IPRax 2009, 381 (381 ff.). 197 Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 6. 198 § 328 Abs. 1 ZPO: „Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen: […].“ 199 Art. 2 lit. a EuGVVO: „Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck ‚Entscheidung‘ jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung wie Urteil, Beschluss, Zahlungsbefehl oder Vollstreckungsbescheid, einschließlich des Kostenfestsetzungsbeschlusses eines Gerichtsbediensteten […].“ Die wortgleiche Definition fand sich zuvor in Art. 32 EuGVVO.
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europäische Sekundärrecht gibt der deutsche Gesetzgeber dem Rechtsanwender weniger konkrete Bestimmungen an die Hand und nutzte auch die Überarbeitung des § 328 ZPO im Rahmen der ZPO-Reform von 1986 nicht zu einer diesbezüglichen Klarstellung des Wortlauts. 200 Allerdings besteht weithin Einigkeit darüber, dass der Formulierung bzw. der (scheinbaren) Begrenzung des § 328 ZPO auf „Urteile“ keine Bedeutung zukommt und auch nach autonomem Recht – parallel zur EuGVVO – grundsätzlich jede Art zivilrechtlicher Entscheidung anerkannt werden kann. 201 Entgegen seinem eigentlichen Wortlaut gilt § 328 ZPO somit nicht nur für „Urteile im technischen Sinn“, sondern für alle gerichtlichen Entscheidungen, unabhängig von ihrem Inhalt, die einen Rechtsstreit zwischen Parteien entscheiden.202 Anerkennungsfähig sind zudem nur Entscheidungen staatlicher Gerichte, d. h. es muss ein „mit staatlicher Jurisdiktionsgewalt ausgestatteter Spruchkörper“ entschieden haben.203 Nicht erforderlich ist jedoch, dass die für die deutschen Gerichte geltenden Anforderungen der Artt. 92, 97 GG erfüllt sind. 204 Damit sind Sprüche privater Gerichte, z. B. Entscheidungen von Vereinsgerichten, einer Anerkennung nach § 328 ZPO nicht zugänglich. 205 Für die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche gelten die Sonderregelungen der §§ 1060, 1161 ZPO sowie die Regelungen des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 (NYÜ).206 Maßgebliches Kriterium ist, dass der Rechtsstreit „in einem justizförmigen Verfahren entschieden worden sein muss, in dessen Verlauf beiden Parteien Gelegenheit zu rechtlichem Gehör geboten wurde“.207 Taugliche Entschei200 Zu den Erwägungen des Gesetzgebers im Rahmen der Reformierung des § 328 ZPO siehe BT-Dr. 10/504, S. 87 ff., vgl. Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (264). 201 Vgl. Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (264). 202 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 9; Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 328 Rn. 2; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 66; Linke/Hau, IZVR, Rn. 437; Schack, IZVR, Rn. 900 ff.; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 5. 203 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 10; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 82; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 17; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 142; Schack, IZVR, Rn. 903. 204 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 82; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 142; Schütze, DIZPR, Rn. 325. 205 Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 61; Schütze, DIZPR, Rn. 325. 206 Siehe statt aller Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 59; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 147, S. 573. 207 Vgl., RG, 30.6.1886 I 183/86, RGZ 16 427 (428) zum damaligen § 606 ZPO a. F.; BGH, 9.5.1956 – IV ZR 201/55, BGHZ 20, 323 (329); Schack, IZVR, Rn. 900; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1691; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 68; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 54; Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach § 328 Abs. 1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S. 35.
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dungen für die Anerkennung nach § 328 ZPO sind Sachurteile, Beschlüsse (auch Kostenfestsetzungsbeschlüsse, aber keine Beweisbeschlüsse), nicht jedoch Vollstreckungsakte (wie z. B. Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse) oder bloße Zwischenentscheidungen und Prozessurteile.208 Anerkennungsfähig sind überdies Entscheidungen, die in einem summarischen Verfahren bzw. in einem Verfahren ohne Beweiserhebung erlassen wurden, wie z. B. Vollstreckungsbescheide, Versäumnis- und Anerkenntnisurteile sowie Vorbehaltsurteile, wenn sie rechtskräftig sind.209 Der Anerkennung nach § 328 ZPO grundsätzlich nicht zugänglich sind Urkunden, da es sich bei ihnen zwar um Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 Abs. 1 Nr. 1 und 5 ZPO handelt, sie aber keine gerichtliche Entscheidung im eigentlichen Sinne beinhalten.210 Dies gilt in ähnlicher Form für gerichtliche Vergleiche, allerdings können drittstaatliche Urkunden oder Prozessvergleiche unter anderen Voraussetzungen für vollstreckbar erklärt werden.211 a) Rechtskrafterfordernis Während weitgehend Einigkeit über das weite Verständnis des Urteilsbegriffs bzw. die Erfassung gerichtlicher Entscheidungen besteht, bei denen es sich nicht um „Urteile im technischen Sinn“ 212 handelt, finden sich in Lehre und Literatur unterschiedliche Ansichten, ob eine Entscheidung formell rechtskräftig sein muss, um anerkennungsfähig zu sein. Ausgangspunkt dieses Streits ist die Tatsache, dass für die Vollstreckbarerklärung in § 723 Abs. 2 S. 1 ZPO ausdrücklich die Rechtskraft des drittstaatlichen Urteils gefordert 208
BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263/97, NJW 1999, 3198 (3200); BGH, 27.6.1984 – IVb ZR 2/83, NJW 1985, 552 (553); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 2; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 57 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 121 Rn. 149; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 5.; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 66 f.; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 10; Schack, IZVR, Rn. 900 ff. Detaillierter zu den weiteren Voraussetzungen, die an die Entscheidungen gestellt werden, siehe sogleich Kap. I § 2 III 2 a) und b). 209 RG, 30.6.1886 I 183/86, RGZ 16, 427 (428); Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 56; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1691; ders., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 97. Zum Streit hinsichtlich des Rechtskrafterfordernisses siehe sogleich Kap. I § 2 III 2 a). 210 Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 5; Linke/Hau, IZVR, Rn. 443; Schack, IZVR, Rn. 912. 211 Vgl. Weißmann/Riedel/Wastl, Handbuch der internationalen Zwangsvollstreckung, Bd. 1, Kapitel B I, S. 2, diese Anforderungen sollen hier jedoch nicht Gegenstand näherer Betrachtung sein; siehe hierzu Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 74; a. A. Koch, in: FS Schumann, 267 (267), der insbesondere auch eine Anerkennungsfähigkeit von Prozessvergleichen für den internationalen Rechtsverkehr als notwendig erachtet; auch Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 69 betont insofern, dass „die Grenze zwischen Prozessvergleich und gerichtlicher Entscheidung fließend“ sei. 212 Diese Formulierung wählt etwa Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 66.
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wird, während § 328 ZPO über diesen Punkt keine Aussage trifft.213 Es stellt sich somit die Frage, ob auch für die Anerkennung nach § 328 ZPO eine rechtskräftige Entscheidung erforderlich ist, obwohl die (formelle) Rechtskraft dort nicht explizit als Kriterium genannt wird. Eine Entscheidung ist formell rechtskräftig, wenn nach dem Recht des jeweiligen Drittstaats „innerhalb des Ausgangsverfahrens kein Rechtsbehelf mehr zulässig ist“. 214 Während eine Ansicht auch für die Anerkennung die formelle Rechtskraft der Entscheidung fordert,215 will die Gegenansicht – im Gegensatz zur Vollstreckbarerklärung – für die Anerkennung keine formelle Rechtskraft verlangen. 216 Nach einer Ansicht sind vorläufig vollstreckbare Urteile sowie einstweilige Verfügungen und Arreste der Anerkennung deshalb nicht fähig, da sie keine streitbeendende Funktion aufweisen.217 Die Gegenansicht erachtet die formelle Rechtskraft als nicht erforderlich und will auch nicht formell rechtskräftige Entscheidungen anerkennen.218 Die Anforderung der Endgültigkeit bzw. der formellen Rechtskraft ist zwar – wie bereits erwähnt – ausdrücklich nur in § 723 Abs. 2 S. 1 ZPO für die Vollstreckbarerklärung normiert, sie lässt sich jedoch vor dem Hintergrund ihres Schutzzwecks auch auf § 328 ZPO übertragen. Es erscheint zwar – wie von der Gegenansicht vorgebracht – nachvollziehbar, dass die konsequente Umsetzung der automatischen Anerkennung bzw. der Wirkungserstreckungstheorie auch beinhaltet, dass die Wirkungen des Urteils, die bereits vor formeller Rechtskraft eintreten, auch schon ihre Wirkungen im Anerkennungs213
Vgl. Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (164); Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 66. 214 Statt aller BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263-97, NJW 1999, 3198 (3200); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 3. Entsprechend bestimmt § 705 ZPO auf nationaler Ebene, dass die Rechtskraft eines Urteils nicht vor Ablauf der für die Einlegung des zulässigen Rechtsmittels oder des zulässigen Einspruchs bestimmten Frist eintritt. 215 So die h. M., vgl. RG, 22.11.1895 II 210/95, RGZ 36, 381 (384); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 97; Schütze, DIZPR, Rn. 328; Nagel/ Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 137 ff.; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 9; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 5; zum Streit vgl. auch Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (163) sowie ausführlich Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach § 328 Abs. 1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S. 328 ff. 216 So etwa Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 1; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 69; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (164); ebenso Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (32, 54). 217 Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 138 f.; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 55 f.; Schack, IZVR, Rn. 914 ff.; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 39, allerdings weist Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 70 darauf hin, dass er bei Entscheidungen im Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes danach differenzieren will, ob sie „nach dem Recht des Ur teilsstaats ausnahmsweise geeignet sind, die Streitsache (de facto) endgültig zu erledigen“. 218 Vgl. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 1; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (164); Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (32, 54).
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staat entfalten. 219 Allerdings würde dies zu einer gravierenden Einschränkung des Schuldnerschutzes führen. Diese Auffassung verkennt, dass das Rechtskrafterfordernis (im Rahmen der Vollstreckbarerklärung) auf der Erwägung beruht, dass eine Vollstreckung aus einem Urteil, das im Urteilsstaat noch aufgehoben werden kann, dem Schuldner gegenüber eine unbillige Belastung wäre.220 Diese Überlegung lässt sich auch auf die Anerkennung übertragen, da auch aus der Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung, die ggf. später wieder aufgehoben wird, ebenfalls negative Konsequenzen für die Parteien entstehen können.221 Hieraus ergibt sich faktisch, dass die Anerkennung drittstaatlicher Urteile deren formelle Rechtskraft voraussetzt.222 b) Das Verbot der Doppelexequierung Ein Sonderproblem hinsichtlich des Kreises der anerkennungsfähigen Entscheidungen besteht schließlich in Gestalt des sog. Doppelexequaturs, d. h. der Vollstreckbarerklärung von drittstaatlichen Exequaturentscheidungen. Diese Möglichkeit wird von der ganz h. M. zu Recht abgelehnt. 223 Die Ent219
So vertreten von Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (164); ebenso Kropholler, IPR, S. 645. Der BGH äußerte sich zu dieser Frage in einem Urteil bezüglich der Anerkennung eines amerikanischen Urteils im Jahr 1992 und befand, dass die „Wirkungen eines ausländischen Urteils nur dann auf das Inland erstreckt werden, wenn sie nach der Rechtsordnung des Staates, in dem das Urteil ergangen ist, überhaupt eintreten. Urteile, die nach der Rechtsordnung des Entscheidungsstaats schlechthin nichtig oder unwirksam (ungültig) sind, sind deshalb nicht gemäß §§ 722, 723 ZPO für vollstreckbar zu erklären […]. Ist das Urteil nach dem Recht des Erststaates hingegen lediglich anfechtbar, so schließt dies seine Anerkennung nicht aus, solange es nicht aufgehoben ist.“, BGH, 4.6.1992, IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3098); siehe auch Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach § 328 Abs. 1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S. 328 ff. 220 Vgl. Kropholler, IPR, S. 645. 221 So auch Kropholler, IPR, S. 645; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1697 ff.; zustimmungswürdig Schönau, die diesbezüglich auf prozessökonomische Erwägungen hinweist, vgl. Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach § 328 Abs. 1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S. 331 f. 222 Statt vieler Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach § 328 Abs. 1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S. 331 f. 223 Statt vieler Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 87, 171; ders., in: FS Georgiades, 489 (501); Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 58; Linke/Hau, IZVR, Rn. 441. Die Gegenauffassung – im Wesentlichen vertreten von Schütze und Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann – will eine solche Doppelexequierung zugunsten des Urteilsgläubigers zulassen. So führt Schütze an, dass, wenn zwischen Urteilsstaat und Drittstaat und zwischen Deutschland und dem Drittstaat ein (bilateraler) Anerkennungsvertrag vorliege, es möglich sein solle, das Urteil auch über den „Umweg des Drittstaats“ für vollstreckbar erklären zu lassen, vgl. Schütze, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Urteile im Ausland, S. 21; ders., DIZPR, Rn. 320; ebenso wohl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 10.
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scheidung eines Drittstaats gibt lediglich Auskunft über die Erfüllung der Anerkennungs- und/oder Vollstreckungsvoraussetzungen in dem jeweiligen Drittstaat, hierdurch wird die Entscheidung jedoch nicht in eine eigene Entscheidung des „zwischengeschalteten“ Drittstaats „umgewandelt“.224 Den Gegenstand einer erneuten Anerkennung in Deutschland – nach ursprünglicher Ablehnung der Anerkennung – würde somit lediglich das drittstaatliche Urteil bilden, das die Anerkennung bzw. Vollstreckung für den anderen Staat regelt. Die „Vollstreckbarerklärung der Vollstreckbarerklärung“ führt jedoch nicht zum Exequatur der ursprünglichen Entscheidung.225 Vor diesem Hintergrund bilden drittstaatliche Vollstreckbarkeitsentscheidungen grundsätzlich keinen tauglichen Gegenstand einer Urteilsanerkennung und -vollstreckung nach deutschem autonomen Recht.
§ 3 Das System des französischen autonomen Rechts § 3 Das System des französischen autonomen Rechts
I.
Historische Entwicklungen
1. Die Ordonnance von 1629 (Code Michau) Das französische Recht als Teil des kontinentaleuropäischen Rechtskreises 226 weist hinsichtlich der Anerkennung drittstattlicher Entscheidungen einige Besonderheiten gegenüber der deutschen Rechtsordnung auf. Wie auch im deutschen Recht ist in Frankreich die Anerkennung drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen möglich. Bereits im 17. Jahrhundert finden sich in Frankreich erste Ansätze bezüglich der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile.227 So wurde der französische Gesetzgeber bereits im Jahre 1629 durch eine königliche Ordonnanz, die auch unter dem Namen Code Michau bekannt wurde,228 tätig.229 In Art. 121 dieser Ordonnance heißt es: 224
Siehe auch Kropholler, IPR, S. 644; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 58. A.A. wohl Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 10, der allein darauf abstellen will, ob „die Entscheidung von einer mit staatlichen Authorität bekleideten Stelle stammt“ und hierunter auch drittstaatliche Entscheidungen über die Anerkennung eines Urteils aus einem anderen Staat fassen will, weshalb eine Doppelexequierung nach dieser Auffassung möglich wäre. 226 Inwiefern von einem einheitlichen „kontinentaleuropäischen“ Rechtskreis gesprochen werden kann, ist in der Lehre stark umstritten, da für die Einteilung von nationalen Rechtskreisen unterschiedliche Faktoren, insbesondere der Stil maßgeblich seien, weshalb mitunter eine Unterteilung in einen germanischen und romanischen Rechtskreis bevorzugt wird, vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, § 5 III, S. 68. 227 Vgl. Fricke, IPRax 1989, 202 (202); siehe auch Clavel, Droit international privé, S. 246; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 245. 228 Diese Bezeichnung der Ordonnance von 1629 basiert auf dem Namen des Kanzlers dieser Epoche, vgl. Foussard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1996–1997, 175 (176, 192). Hin225
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„Les jugements rendus, contrats ou obligations reçues ès royaumes et souverainetés étrangères, pour quelque cause que ce soit, n’auront aucune hypothèque ni exécution en notre dit royaume, ains tiendront les contrats lieu de simples promesses, et nonobstant les jugements nos sujets contre lesquels ils auront été rendus pourront de nouveau débattre leurs droits comme entiers par devant nos officiers“.230
Es lassen sich somit bereits in dieser Ordonnance aus dem 17. Jahrhundert überraschend detaillierte Regelungen im geschriebenen (positiven) Recht finden. Die Anerkennungspraxis nach dem Code Michau war jedoch sehr anerkennungsfeindlich, da sie eine erneute Verhandlung der eigentlich bereits entschiedenen Sache in Frankreich ermöglichte und somit faktisch zur Nichtanerkennung ausländischer Urteile führte.231 Allerdings waren die Bestimmungen der Ordonnance im Zusammenhang mit der doctrine du juge naturel zu betrachten, welche die Reichweite der Regelung der Ordonnance erheblich abschwächte.232 Hiernach entfaltete eine ausländische Entscheidung grundsätzlich dann Wirkungen in Frankreich, wenn sie vom gesetzlichen Richter (juge naturel) der jeweiligen Prozessparteien erlassen und keine Franzosen von der Entscheidung betroffen wurden.233
sichtlich der Schreibweise findet sich die Bezeichnung Code Michau gleichermaßen wie Code Michaut, siehe etwa Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 734 f. 229 Vgl. Fricke, IPRax 1989, 202 (202); Clavel, Droit international privé, S. 246; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 272; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 16; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 245; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 548 f.; Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (6 f.); Lachau/Daguin, De l’exécution des jugements étrangers d’après la jurisprudence française avec le texte des principaux arrêts et jugements, S. IX; sowie die Ausführungen im Arrêt Parker, in dem die Cour de cassation auf diese Ordonnance Bezug nimmt, Cass. civ. 19.4.1819, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11 (12). 230 Zit. nach Cass. civ. 19.4.1819, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11 (13); abgedruckt zudem in Lachau/Daguin, De l’exécution des jugements étrangers d’après la jurisprudence française avec le texte des principaux arrêts et jugements, S. IX; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 225. 231 Mittermaier, AcP 14 (1831), 84 (88 ff.); Clavel, Droit international privé, S. 246; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 245; Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 272; Lachau/Daguin, De l’exécution des jugements étrangers d’après la jurisprudence française avec le texte des principaux arrêts et jugements, S. IX ff. mit sehr ausführlicher Darstellung der Gegebenheiten des französischen Anerkennungsrechts im 19. Jahrhundert; siehe auch Graupner, in: FS Ferid, 183 (191). 232 Vgl. Clavel, Droit international privé, S. 246; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 272. 233 Vgl. Clavel, Droit international privé, S. 246; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 272.
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2. Das Prinzip der révision au fond und ihre Abschaffung Auf diese Handhabung der Anerkennung ausländischer Entscheidungen folgte ab Beginn des 19. Jahrhunderts mit dem Übergang auf das System der „révision“ eine neue Ausrichtung der französischen Anerkennungspraxis. 234 Nach Inkrafttreten der sog. codifications napoléoniennes, dem Code civil (im Jahr 1804) und dem damaligen Code de procédure civile, mussten die Unsicherheiten, die aufgrund der rudimentären französischen Gesetzgebung bestanden, durch die Rechtsprechung beseitigt werden.235 Erster Schritt in der Präzisierung des Anerkennungsregimes war dabei der Arrêt Parker aus dem Jahr 1819,236 mit dem das Exequaturverfahren eingeführt und in dem festgelegt wurde, dass ein ausländisches Urteil nur dann für vollstreckbar erklärt werden kann, wenn dieses einem „examen“ durch den französischen Richter, d. h. einer erneuten Prüfung, unterzogen wurde.237 Gelangte der zur Anerkennung angerufene Richter bei Überprüfung des Urteils zu der Erkenntnis, dass aus seiner Sicht (in der Sache) falsch entschieden worden war, so wurde die Erteilung des Exequaturs versagt.238 Diese Überprüfung wurde von den Richtern zunehmend strenger ausgeübt, d. h. jede Divergenz zwischen ausländischem Urteil und französischer Rechtspraxis führte schließlich zu einer Versagung der Anerkennung, sodass sich das System der révision au fond zunehmend als ungeeigneter Mechanismus herausstellte.239 Die Systematik der révision au fond wurde vor diesem Hintergrund im Jahre 1964 schließlich mit einer Ent234
Vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 272. Sehr ausführlich zum französischen Anerkennungsrecht dieser Epoche, insbesondere zum (zunächst) umstrittenen Verhältnis von Art. 121 der Ordonnance von 1629 und den Bestimmungen des Code civil sowie des Code de procédure Lachau/Daguin, De l’exécution des jugements étrangers d’après la jurisprudence française avec le texte des principaux arrêts et jugements, S. IX ff., 1 ff. 235 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 733; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 227. Sehr instruktiv zur Rolle des französischen Rechts bzw. dessen Übernahme in den linksrheinischen Gebieten im 19. Jahrhundert Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 57 ff. 236 Cass. civ. 19.4.1819, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11 (11 ff.). 237 Cass. civ. 19.4.1819, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11 (11 ff.); Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 733; Muir Watt, in: JurisClasseur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 2; Clavel, Droit international privé, S. 246 f.; Courbe, Droit international privé, S. 169; Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (54). 238 Vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 272; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 733; Courbe, Droit international privé, S. 169; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 593; Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (54). 239 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 733; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 273.
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scheidung der französischen Cour de cassation, dem berühmten Arrêt Munzer,240 welcher die Grundlagen für das heutige autonome französischen Anerkennungsrecht schuf, für sämtliche anzuerkennende Entscheidungen aufgegeben.241 Dies war von weiten Teilen der Lehre und der Rechtsprechung zu diesem Zeitpunkt bereits seit einigen Jahren lautstark gefordert worden.242 II. Entwicklung der heutigen Anerkennungsvoraussetzungen Trotz der bereits erörterten Ansätze im geschriebenen Recht in Form der Ordonnance von 1629 basiert die Anerkennung drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen in Frankreich – anders als im deutschen Recht – auch heute noch im Wesentlichen auf Richterrecht. 243 Obwohl das französische Recht traditionell auf umfassenden Rechtskodifikationen fußt, hat der französische Gesetz240
Arrêt Munzer Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344 f.). Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 9; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 173 f.; Conseil de l’Europe, Guide pratique de la reconnaissance et de l’exécution des décisions judiciaires étrangères dans les matières civiles et commerciales, Kapitel 6, S. 61; Loussouarn/Bourel/ de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 734; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 268; Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (55); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 230 f. Zuvor war die révision au fond für den Bereich des Personenstands im Jahr 1900 bereits durch die de Wrède-Entscheidung abgeschafft worden, Arrêt de Wrède Cass. civ. 9.5.1900, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 10, 79 (79 ff.); vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 273; Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (116); Monéger, Droit international privé, Rn. 581. 242 So konstatierte die Cour d’Appel Paris in der Rechtssache Charr bereits im Jahr 1955: „Mais considérant qu’en dépit des errements d’une jurisprudence abondante, un semblable pouvoir de révision unanimement critiqué par la doctrine, et qu’aucun texte de loi ne confère au juge français, lequel serait, au surplus, ainsi qu’il convient de souligner, seul avec les Tribunaux de Beligique, à se l’arroger parmi les juridictions des Etats civilisés, ne saurait être regardé comme lui appartenant légitimement; […]“; siehe zudem die freie Übersetzung von Mezger, RabelsZ 22 (1957), 535: „Aber entgegen dem üblichen Vorgehen einer überreichen Rechtsprechung kann eine solche Nachprüfungsbefugnis, die von der Lehre einstimmig bekämpft wird und die kein Gesetz dem französischen Richter verleiht – der sie sich überdies, was betont werden muss, neben den belgischen Gerichten als einziger in der Rechtsprechung der zivilisierten Staaten anmaßen würde –, nicht als von Rechts wegen ihm zustehend anerkannt werden.“, Cour d’Appel Paris 21.10.1955, Rev. crit. DIP 1955, 769 (770 f.); vgl. Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (116); ausführlich Anm. Mezger, RabelsZ 22 (1957), 538 (538 ff.); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 229; Batiffol/ Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 593. 243 Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.001; Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (931); Fricke, IPRax 1989, 202 (202); ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 31 f.; Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, S. 58 f. 241
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geber die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen nur sehr kursorisch behandelt. 244 Eine gesetzliche Vorschrift, die wie § 328 ZPO konkret die Anerkennungsvoraussetzungen normiert, existiert im französischen Verfahrensrecht nicht.245 Zentraler Ausgangspunkt des autonomen französischen Rechts ist Art. 509 NCPC in Verbindung mit den Artt. 2123, 2128 C. civ., die eine gesonderte Regelung für Hypotheken beinhalten, wobei jene Normen jedoch nur sehr wenige konkrete Vorschriften aufstellen.246 Gemäß Art. 509 NCPC sind „Urteile ausländischer Gerichte und von ausländischen Amtspersonen erstellte Urkunden auf dem Territorium der französischen Republik in der Art und den Fällen vollstreckbar, in denen dies vom Gesetz vorgesehen ist.“247 Die erwähnten gesetzlich vorgesehenen Regelungen, auf die Art. 509 NCPC verweist – hierbei handelt es sich im autonomen Recht um die bereits erwähnten Artt. 2123, 2128 C. civ. – sind wiederum wenig gehaltvoll. Während Art. 2123 C. civ. lediglich das Entstehen einer gesetzlichen Hypothek regelt,248 normiert Art. 2128 C. civ., dass „im Ausland geschlossene Verträge außer im Falle entgegenstehender Vorschriften in politischen Gesetzen oder Übereinkommen zu keiner Hypothek an französi244 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 31; ders., IPRax 1989, 202 (202); Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (115); dies empfindet Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 3 zutreffenderweise als überraschend. 245 Vgl. Schulze, IPRax 2009, 364 (365); Bach, Grenzüberschreitende Vollstreckung in Europa, S. 59; Conseil de l’Europe, Guide pratique de la reconnaissance et de l’exécution des décisions judiciaires étrangères dans les matières civiles et commerciales, Kapitel 6, S. 1; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 31. 246 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 731; Gutmann, Droit international privé, S. 271; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 31; Beardsley, in: Newman, Enforcement of Mones Judgments, Vol. 1, France, S. 3 f.; Schütze, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1821 f. 247 Freie Übersetzung des Art. 509 NCPC: „Les jugements rendus par les tribunaux étrangers et les actes reçus par les officiers étrangers sont exécutoires sur le territoire de la République de la manière et dans les cas prévus par la loi.“ 248 Art. 2123 C. civ: „(1) L’hypothèque judiciaire résulte des jugements soit contradictoires, soit par défaut, définitifs ou provisoires, en faveur de celui qui les a obtenus. (2) Elle résulte également des décisions arbitrales revêtues de l’ordonnance judiciaire d’exécution ainsi que des décisions judiciaires rendues en pays étrangers et déclarées exécutoires par un tribunal français. (3) Sous réserve du droit pour le débiteur de se prévaloir, soit en cours d’instance, soit à tout autre moment, des dispositions des articles 2161 et suivants, le créancier qui bénéficie d’une hypothèque judiciaire peut inscrire son droit sur tous les immeubles appartenant actuellement à son débiteur, sauf à se conformer aux dispositions de l’article 2146. Il peut, sous les mêmes réserves, prendre des inscriptions complémentaires sur les immeubles entrés par la suite dans le patrimoinen de son débiteur.“; relevant ist hier insbesondere Absatz 2.
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schen Gütern führen können“.249 Die Regelung des Art. 509 NCPC mit seinen Verweisen ist für den Rechtsanwender somit nur wenig aufschlussreich und liefert nicht etwa einen Katalog für die Anerkennung notwendiger Kriterien.250 Die für das Exequatur bzw. die Anerkennung erforderlichen Anforderungen wurden vielmehr von Rechtsprechung, Lehre und Wissenschaft über einen langen Zeitraum schrittweise entwickelt. 251 1. Der Arrêt Munzer Den Ausgangspunkt für die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Gerichtsentscheidungen in Frankreich bildet nach wie vor die oben erwähnte Grundsatzentscheidung der Cour de cassation aus dem Jahr 1964, der Arrêt Munzer, in welcher der französische Kassationshof enumerativ die Anerkennungsvoraussetzungen nach autonomem französischen Recht benannte und festlegte, wann die Ordnungmäßigkeit einer ausländischen Entscheidung (régularité du jugement étranger), die grundlegende Voraussetzung für die Anerkennung, gegeben ist.252 Diese für die Anerkennung erforderliche Ordnungsmäßigkeit setzte wiederum die Erfüllung der folgenden fünf Kriterien voraus: die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts (compétence du tribunal étranger), die Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens (régularité de la procédure), die Anwendung des aus der Sicht des französischen Kollisionsrechts „richtigen“ Rechts (application de la loi compétente),253 die Wahrung des ordre public (conformité à l’ordre public international français) und das Fehlen jeglicher Gesetzesumgehung (absence de la fraude à loi).254 Überdies 249
Freie Übersetzung des Art. 2128 C. civ.: „Les contrats passés en pays étranger ne peuvent donner d’hypothèque sur les biens de France, s’il n’y a des dispositions contraires à ce principe dans les lois politiques ou dans les traités.“; Beardsley, in: Newman, Enforcement of Mones Judgments, Vol. 1, France, S. 3 f. 250 Ebenso statt vieler Bach, Grenzüberschreitende Vollsteckung in Europa, S. 59; Georganti, Die Zukunft des ordre public-Vorbehaltes im Europäischen Zivilprozessrecht, S. 75; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 731; Schulze, IPRax 2009, 364 (365). 251 Vgl. Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (115 f.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 31 f.; Schulze, IPRax 2009, 364 (365); Courbe, Droit international privé, S. 169; Gutmann, Droit international privé, S. 271; Audit, Droit international privé, S. 383. 252 Statt aller Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 174 f. 253 Zur Abschaffung der kollisionsrechtlichen Kontrolle als Anerkennungskriterium siehe Kap. II § 11 II 3. 254 Arrêt Munzer Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344 f.); de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 14; Muir-Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 2; MeyzeaudGaraud, Droit international privé, S. 175; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 231 f.; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 268; Kitic, Droit International privé,
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wurde in dieser Entscheidung, wie bereits dargestellt, das Prinzip des Verbots der révision au fond festgeschrieben.255 Darüber hinaus ist zu prüfen, ob dem anzuerkennenden Urteil keine andere Entscheidung entgegensteht. 256 Diese Voraussetzung ist zwar nicht der Munzer-Entscheidung zu entnehmen, sie wurde jedoch durch die Cour de Cassation in ihrem Arrêt Patiño 257 im Jahre 1963 festgelegt und ist somit ebenfalls als Anforderung für die Anerkennung einer ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung zu sehen. 258 Ein Gegenseitigkeitserfordernis – wie etwa im deutschen Recht in Gestalt des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO – besteht im französischen Recht hingegen nicht. 259 Im Jahr 1967 prüfte die Cour de cassation in ihrem Arrêt Bachir 260 zwar nur noch vier Voraussetzungen,261 dies beruht jedoch darauf, dass in dieser Entscheidung die Cour de cassation festlegte, dass die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens nicht mehr als eigener Prüfungspunkt zu behandeln, sondern diese Anerkennungsvoraussetzung nunmehr ausschließlich im Rahmen des ordre public-Vorbehaltes zu berücksichtigen sei. 262 Die Voraussetzungen der WahS. 120 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 74 ff.; Agostini, Rec. D. 2008, 1110 (1110); Bellet, Trav com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (251); Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (490 f.). 255 „Cette vérification, qui suffit à assurer la protection de l’ordre juridique et des intérêts français, objet même de l’institution de l’exequatur, constitue en toute matière à la fois l’expression et la limite du pouvoir de contrôle du juge chargé de rendre exécutoire en France une décision étrangère, sans que ce juge doive procéder à une révision au fond de la décision.“; siehe auch Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 174. 256 Statt aller Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 62; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 204 f. 257 “L’existence d’un jugement français portant sur le même objet entre les mêmes parties fait obstacle à toute reconnaissance en France de l’autorité d’une décision étrangère incompatible avec lui. […].“; Arrêt Patiño Cass. civ. 15.5.1963, Rev. crit. DIP 1964, 532 (532 f.). In dieser Entscheidung bezieht sich der Kassationshof (lediglich) auf eine entgegenstehende französische Entscheidung; siehe näher zur Urteilskollision im französischen Recht Kap. II § 8 II. 258 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 766; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 231 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 204 f.; Cuniberti/ Normand/Cornette, Droit de l’exécution, S. 73, die – da dieses Kriterium weder im Arrêt Munzer noch im Arrêt Cornelissen genannt wurde – insofern von einer „vergessenen Voraussetzung“ („condition oubliée“) sprechen. 259 Byrd, in: Platto/Horton, Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, S. 176; Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, 3487 (3489); siehe auch Kap. II § 10 II. 260 Arrêt Bachir Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. DIP 1968, 98 (98 ff.). 261 Auch die Cour d’appel Paris benennt etwa in ihrer Entscheidung in der Sache Pharaon nur vier Anerkennungskriterien: „Pour s’accorder l’exequatur, le juge français doit s’assurer que quatre conditions sont remplies […]“, Cour d’appel Paris 25.3.1994, Rev. crit. DIP 1996, 119 (119). 262 „La régularité du déroulement du procès devant la juridiction étrangère s’apprécie uniquement par rapport à l’ordre public international français et au respect des droits de la
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rung des ordre public (conformité à l’ordre public international) und der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens (régularité de la procédure), die in der Munzer-Entscheidung eingeführt wurden, werden mithin lediglich unter dem übergeordneten Prüfungspunkt des ordre public gemeinsam behandelt, sodass eine Modifizierung bzw. Einschränkung des ursprünglichen Prüfungsumfangs durch den Arrêt Bachir de facto nicht erfolgte.263 2. Der Arrêt Cornelissen Über Jahrzehnte hinweg hatte sich an dem in der Munzer-Entscheidung entwickelten Kriterienkatalog im französischen Recht keine Änderung vollzogen bis im Februar 2007 die Cour de cassation mit dem Arrêt Cornelissen264 eine Reformierung des französischen Anerkennungsrechts beschloss. 265 Maßgeblich für die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung sollten nunmehr drei statt der im Arrêt Munzer festgelegten fünf Kriterien 266 sein. 267 Nach dieser grundlegenden Entscheidung des französischen Kassationshofs muss das drittstaatliche Gericht aus französischer Sicht international zuständig sein, die ausländische Entscheidung darf nicht gegen den ordre public international – hierunter werden sowohl der materielle als auch der verfahrensrechtliche ordre public (de fond et de procédure) gefasst – verstoßen und es darf kein Rechtsmissbrauch vorliegen. 268 Die Cour de cassation stellte in dieser Entscheidung folglich die Aufgabe des Kriteriums der Rechtsanwendungsgleichheit sowie die „Neugruppierung“ bzw. Zusammenfassung der Anerkennungskriterien im Arrêt Bachir fest.269 Mit dieser grundlegenden
défense.“, Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. DIP 1968, 98 (98); vgl. Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 175. 263 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 6; Laborde, Droit international privé, S. 114 f.; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 175; Niboyet, Gaz. Pal. 2007, N° 123, 2 (2); Job/Franciscis, Dr. mar. fr. 2007, N° 687, 988 (988); Cuniberti, (2007) 56 ICLQ, 931 (932). 264 Arrêt Cornelissen Cass. civ. 20.2.2007, Gaz. Pal. 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (420 ff.). 265 Statt aller Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 175. 266 Bzw. der nach dem Arrêt Bachir zusammengefassten vier Kriterien. 267 Statt aller Mélin, Droit internationale privé, S. 64 f.; Cachard, Droit international privé, S. 296 f.; Clavel, Droit international privé, S. 249. 268 „Pour accorder l’exequatur hors de toute convention internationale, le juge français doit s’assurer que trois conditions sont remplies, à savoir la compétence indirecte du juge étranger, fondée sur le rattachement du litige au pays saisi, la conformité à l’ordre public de fond et de procédure et l’absence de fraude à la loi.“, Cass. civ. 20.2.2007, Gaz. Pal. 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (420 ff.); Schulze, IPRax 2009, 364 (365). 269 Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 175; Audit, Droit international privé, S. 385; Niboyet, Gaz. Pal. 2007, N° 123, 2 (2 ff.); d’Avout/Bollée, Rec. D. 2007, 1115 (1115 ff.); Train, JDI 2007, 1195 (1195 ff.).
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Entscheidung kam der Kassationshof den geäußerten Bedenken der Lehre bezüglich des Kriteriums der kollisionsrechtlichen Kontrolle nach.270 Mit Blick auf die kontinuierliche Reduzierung der Anerkennungsvoraussetzungen lässt sich dem französischen Recht somit eine klare Tendenz zur Liberalisierung der Urteilsanerkennung attestieren.271 III. Die Systematik der Anerkennung und Vollstreckung im französischen Recht Auch in Frankreich wird zwischen der Anerkennung und der Vollstreckbarerklärung unterschieden, wobei die Zwangsvollstreckung aus dem drittstaatlichen Urteil grundsätzlich die Erteilung des Exequaturs voraussetzt.272 Wenn aufgrund einer ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung Zwangswirkungen bezüglich Personen oder Gütern (effets coercitifs sur les personnes ou sur les biens) herbeigeführt werden sollen, so ist die Durchführung eines Exequaturverfahrens notwendig, wobei eine (inzidente) Prüfung der Anerkennungsvoraussetzungen durch den französischen Richter erfolgt.273 Es besteht somit auch nach französischem Recht die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit, eine Entscheidung lediglich (inzident) anerkennen oder (auch) im Exequaturverfahren für vollstreckbar erklären zu lassen.
270 Vgl. Courbe/Jault-Seseke, Rec. D. 2007, 1751 (1751 ff.); Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 274 f., die de lege ferenda eine weitgehende Liberalisierung der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen fordern. 271 So auch Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, France, S. 3; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 175; ausführlich hierzu Cuniberti, (2007) 56 ICLQ, 931 (931 ff.); siehe auch Courbe/Jault-Seseke, Rec. D. 2007, 1751 (1751 ff.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 215; Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (37); diese Liberalisierungsentwicklung vorhergesehen hatte Pluyette bereits im Jahr 1998, vgl. Pluyette, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1988–1989, 27 (47); a. A. Regan, (4) B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (152), der dem französischen Recht im Jahr 1981 eine traditionell ablehnende Haltung und „nationalistische Geringschätzung“ vorwirft („Current French practice still reflects a degree of, apparently nationalistic, disdain towards foreign judgments.“). 272 Vgl. Péroz, JCP N Sem. Jur. 2004, N° 44, 1525 (1525); Monéger, Droit international privé, Rn. 580; Fricke, IPRax 1989, 202 (203); ausführlich zur Unterscheidung von Anerkennung und Vollstreckung nach französischem Recht siehe Kitic, Droit international privé, S. 131 ff.; Niboyet/ de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 604 ff.; siehe auch Mezger, RabelsZ 22 (1957), 538 (538 ff.). 273 Vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 606; so ausdrücklich die Cour de cassation in Arrêt Barney’s, Cass. civ. 17.10.2000, Gaz. Pal. 10– 12.6.2001, S. 50, Anm. Niboyet sowie Arrêt Rivière, Cass. civ. 17.4.1953, RabelsZ 20 (1955), 519 (519 f.).
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IV. Die anerkennungsfähigen Entscheidungen und Wirkungen Bezüglich der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen steht das französische Recht vor einigen Problemstellungen. Dabei gilt es nicht etwa allein, die Kriterien für die Anerkennung festzulegen, vielmehr ist zunächst der Kreis der Entscheidungen, die einer Anerkennung überhaupt zugänglich sind oder bedürfen, und welche Wirkungen eine anerkannte oder für vollstreckbar erklärte Entscheidung in Frankreich entfalten kann, zu bestimmen. 1. Der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen Wie bereits anhand der historischen Entwicklung der Anerkennungsvoraussetzungen gesehen, bildet die ganz wesentliche Grundlage für die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen nach französischem Recht die Rechtsprechung. 274 So findet sich auch hinsichtlich des Kreises der anerkennungsfähigen Entscheidungen keine exakte Normierung im Gesetz, sondern die Bestimmung der anerkennungsfähigen Entscheidungen stellt sich abermals als Resultat einer stetigen Entwicklung der Rechtsprechung dar. Bei der Anerkennung ausländischer bzw. drittstaatlicher Entscheidungen findet sich in der französischen Literatur stets der Begriff des „jugement étranger“. Diesen Begriff gilt es zunächst zu präzisieren und in diesem Zusammenhang die weiteren Anforderungen, die das französische Recht für die Anerkennung aufstellt, herauszuarbeiten. Die französische Rechtsprechung hat im Jahre 1934 das „jugement étranger“ als eine „von einer ausländischen Souveränität ausgehende gerichtliche Entscheidung“ definiert.275 Aus dieser Definition lassen sich folglich die wesentlichen Anforderungen an die anzuerkennenden Entscheidungen ableiten: Es muss sich um einen gerichtlichen (oder gleichwertigen) Akt handeln (acte juridictionnel ou assimilé), dieser muss von einer ausländischen Obrigkeit erlassen worden und – als zusätzliche Voraussetzung – im Bereich des Zivilrechts ergangen sein. 276
274 Statt vieler Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 31; ders., IPRax 1989, 202 (202). 275 „Il faut entendre, en effet, par jugement étranger une décision judiciaire émanée d’une souveraineté étrangère“, Tribunal civil de la Seine, 6.12.1934, JDI 1935, 106 (109); vgl. Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 223; Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, S. 3487 (3487). 276 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 187 f.; Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 734; Kitic, Droit international privé, S. 121; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 171 f.; Cachard, Droit international privé, S. 268 ff.; Niboyet/ de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 466 ff.
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a) Gerichtlicher oder gleichwertiger Akt Wie auch im deutschen autonomen Recht muss es sich bei dem anzuerkennenden „jugement“ nicht um ein Urteil im eigentlichen bzw. „technischen Sinne“ handeln. 277 Im Rahmen der Entscheidung Barney’s aus dem Jahr 2000 bestimmte die Cour de cassation dies ausdrücklich mit ihrem Ausspruch, dass jede Entscheidung der Anerkennung bzw. des Exequaturs fähig sei, bei der es sich um eine „richterliche Handlung handelt, die eine Wirkung in Bezug auf Personen, Güter, Rechte oder Verbindlichkeiten entfaltet“.278 Erforderlich ist somit (lediglich) ein gerichtlicher oder entscheidender Charakter (caractère juridictionnel ou décisionnel), eine Beschränkung auf Urteile im engeren Sinne findet sich im französischen autonomen Recht jedoch nicht. 279 Die Einordnung kann in solchen Fällen und Sachverhalten nicht ganz eindeutig sein, in denen nach französischem Recht eine richterliche Handlung erfolgt bzw. durch Urteil entschieden wird, nach ausländischem Recht aber eine richterliche Entscheidung nicht erforderlich ist.280 Die Konsequenzen dieser Einteilung zeigen sich z.B. bei der Anerkennung einer Scheidung, die von einer religiösen oder der Verwaltung zuzuordnenden Einrichtung ausgesprochen wurde. 281 Es stellt sich somit die Frage, aus welcher Sicht bzw. nach welcher Rechtsordnung sich der richterliche Charakter einer Entscheidung beurteilt.282 Diese Problematik löst die französische Rechtsordnung damit, dass sie zwar für die Einordnung der Entscheidung die Perspektive des französischen Rechts anlegt, dabei allerdings für die Beurteilung auf die konkrete Funktion, die dem Rechtsakt in der Rechtsordnung des Ursprungsstaats inne-
277 Statt vieler Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 187; zum Urteilsbegriff des deutschen Rechts siehe Kap. I § 2 III 2. 278 „[…] constitue une décision pouvant recevoir exequatur toute intervention du juge qui produit des effets à l’égard des personnes ou sur les biens, droits ou obligations.“, Arrêt Barney’s Cass. civ. 17.10.2000, Gaz. Pal. 10–12.6.2001, S. 50, Anm. Niboyet; JDI 2001, S. 859, Anm. Cuniberti; vgl. Audit, Droit international privé, S. 378; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 616; Gutmann, Droit international privé, S. 271 f.; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 735. 279 Vgl. Audit, Droit international privé, S. 378; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 187 f.; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 735; Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, 3487 (3487). 280 Dies gibt Audit, Droit international privé, S. 378 zu bedenken; ausführlich zu diesem Problemfeld, das aus den unterschiedlichen Strukturen der jeweiligen nationalen Justizsysteme resultiert, Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 616 f. 281 Dieses Beispiel nennen Kitic, Droit international privé, S. 121; Audit, Droit international privé, S. 378; Bureau/Muir Watt, Le droit international privé, S. 108; Gutmann, Droit international privé, S. 272; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 171. 282 Diese Frage wirft u. a. Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 171 auf.
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
wohnt, abstellt.283 Somit können beispielsweise auch ausländische öffentliche Urkunden im Exequaturverfahren anerkannt bzw. für vollstreckbar erklärt werden,284 worin etwa ein Unterschied zum deutschen autonomen Anerkennungsrecht liegt, welches öffentliche Urkunden vom Kreis der nach § 328 ZPO anerkennungsfähigen Entscheidungen ausnimmt.285 Für den „gerichtlichen Charakter“ einer Entscheidung ist es jedoch nicht ausreichend, wenn ein privatschriftlicher Akt lediglich bei Gericht hinterlegt wurde. 286 Parallelen zum deutschen Recht finden sich hingegen hinsichtlich des Rechtskrafterfordernisses und des Doppelexequaturs. So setzt auch das französische Recht voraus, dass die erststaatliche Entscheidung „endgültig“ (définitive) ist bzw. dass keine Rechtsmittel oder -behelfe im Urteilsstaat mehr zur Verfügung stehen. 287 Wie auch im deutschen Recht gilt in Frankreich überdies das Verbot der Doppelexequierung, d. h. nur die ursprüngliche (erststaatliche) Entscheidung, nicht jedoch ein drittstaatliches Anerkennungsurteil kann Gegenstand des Exequaturverfahrens in Frankreich sein.288 b) Entscheidung einer ausländischen Obrigkeit Bezüglich des Kriteriums der Herkunft und des Ursprungs einer anzuerkennenden Entscheidung sind zwei charakteristische Elemente für das Exequatur von Bedeutung: zum einen der staatliche Ursprung der Entscheidung und zum anderen die Zuordnung der Entscheidung zu einem anderen Staat als Frankreich (sog. extranéité).289 Wenn die Anerkennung einer Entscheidung begehrt wird, so bereitet die Zuordnung der anzuerkennenden Entscheidung zu einem ausländischen Staat 283 Vgl. Audit, Droit international privé, S. 378; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 171; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 735. 284 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 735 m. w. N., die u. a. das Beispiel eines gerichtlich beurkundeten Protokolls eines Schlichtungsverfahrens („procès-verbal de conciliation homologuée judiciairement“) nennen, das durch den Präsidenten des „tribunal de première instance“ von Lomé (Togo) beurkundet worden und in Frankreich für vollstreckbar erklärt worden war, Cass. civ. 4.10.2005, Rev. crit. DIP 2006, 422 Anm. Callé; siehe auch Derruppé, Droit international privé, S. 117; Courbe, Droit international privé, S. 168. 285 Siehe hierzu bereits Kap. I § 2 III 2. 286 So das Tribunal de grande instance von Paris im Falle eines privatschriftlich verfassten Ehevertrags, der bei einem Gericht in Stockholm hinterlegt worden war und in Frankreich anerkannt werden sollte. „La loi française (art. 509 N.C.P.C.) ne prévoit que l’exequatur des jugements rendus par les tribunaux étrangers et des actes reçus par les officiers étrangers, excluant ainsi de son domaine d’application les actes rédigés en la forme olographe.“, TGI Paris 12.1.1978, Rev. crit. DIP 1979, 102 Anm. Holleaux; vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 735 f. 287 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 190. 288 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 188; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 738.
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in der Regel wenig Schwierigkeiten, es kann jedoch der Fall auftreten, dass die Verbindung einer Entscheidung zu einem Staat nicht klar ist bzw. sich der Rechtsakt einer Rechtsordnung nicht eindeutig zuordnen lässt.290 Eine solche Problemstellung, die häufig aus einem besonderen Näheverhältnis zu Frankreich resultiert, findet sich etwa im Fall des Fürstentums Andorra, da dieses u. a. der französischen Republik untersteht. 291 Vor diesem Hintergrund sind nach Rechtsprechung der Cour de cassation 292 andorranische Urteile nicht als von einer ausländischen Obrigkeit ausgehende Entscheidungen anzusehen, sodass die Voraussetzung der extranéité nicht erfüllt ist. 293 Auch die Entscheidungen, die in den unterschiedlichen Territorien des französischen Staats, d. h. insbesondere den „Départements“ oder „Territoires d’outre-mer“, ergehen, sind keine ausländischen Entscheidungen im Sinne der französischen Anerkennungspraxis. 294 Die Einordnung einer Entscheidung als „ausländisch“ – oder besser „drittstaatlich“ – vollzieht sich dabei nicht mit Blick auf den Sitz der Gerichtsbarkeit, die die Entscheidung erlassen hat, sondern auf Grundlage der Hoheitsgewalt, in deren Namen die Entscheidung ergangen ist. 295 Entscheidend ist, dass das Urteil aus einer „hierzu bevollmächtigten souveränen Institution hervorgeht, die von dem jeweiligen Staat hierfür eingerichtet bzw. mit entsprechenden Befugnissen ausgestattet wurde und in seinem Namen Recht spricht“.296 Vor diesem Hintergrund sind auch solche Entscheidungen der Anerkennung fähig, die von einer religiösen Einrichtung erlassen wurden, sofern diese von einem Staat mit richterlichen Befugnissen ausgestattet wur289 Vgl. Niboyet/ de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 466 f.; diese Zweiteilung nehmen zudem Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 736 ff. vor. 290 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 737. 291 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 737; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 551. 292 Siehe exemplarisch Cass. civ. 6.1.1971, Rev crit. DIP 1971, 553 (553) Anm. SimonDepitre: „Les décisions judiciaires rendues sur le territoire des Vallées d’Andorre ne peuvent être considérées comme ayant été prononcées au nom d’une souveraineté étrangère.“; vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 551 m. w. N. 293 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 737; siehe exemplarisch Cass. civ. 6.1.1971, Rev crit. DIP 1971, 553 (553) Anm. Simon-Depitre: „Les décisions judiciaires rendues sur le territoire des Vallées d’Andorre ne peuvent être considérées comme ayant été prononcées au nom d’une souveraineté étrangère.“; vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 551 m. w. N. 294 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 188. 295 Tribunal civil de la Seine 6.12.1934, JDI 1935, 106 (109 f.); vgl. Niboyet/ de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 467; Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 736; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 552 f. 296 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 737; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 188.
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de.297 Schließlich unterliegen auch Schiedssprüche nicht dem hier dargestellten, von der französischen Rechtsprechung entwickelten Anerkennungsregime, sondern ihre Wirksamkeit richtet sich in Frankreich nach dem NYÜ bzw. dem vierten Buch (Artt. 1442 bis 1527) des NCPC, wobei für die Anerkennung insbesondere die Artt. 1514 bis 1517 NCPC298 relevant sind.299 c) Zivilrechtlicher Gegenstand Nach dem französischen autonomen Recht sind grundsätzlich nur Entscheidungen zivilrechtlicher Natur anerkennungsfähig, d. h. Entscheidungen, die beispielsweise einen strafrechtlichen, steuerrechtlichen oder administrativen Gegenstand 300 aufweisen, können in Frankreich nicht Gegenstand der Anerkennung bzw. einer Vollstreckbarerklärung sein.301 Der Begriff des Zivilrechts wird dabei weit verstanden und umfasst auch Entscheidungen auf dem Gebiet des Handels- und Arbeitsrechts. 302 Die maßgebliche Erwägung bei der Beschränkung auf zivilrechtliche Gegenstände soll dabei (nach der Literatur) sein, dass „die französischen Gerichte nicht den ausländischen Gerichten bei der Durchsetzung repressiver Maßnahmen und der Vollstreckung bzw. Ausübung ihrer hoheitlichen Gewalt zur Hand gehen sollen“.303 Die Bestimmung des zivilrechtlichen Gegenstands ist dabei von dem Gerichtszweig bzw. der „formellen Funktion des erkennenden erststaatlichen Organs im Urteilsstaat“ unabhängig.304 Entscheidend ist – wie auch im deutschen Recht – allein der 297
Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 737; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 188. 298 Die Bestimmungen des NCPC zum Schiedsrecht wurden im Jahr 2011 umfassend reformiert. Die Artt. 1514 bis 1517 behandeln „La reconnaissance et l’exécution des sentences arbitrales rendues à l’étranger ou en matière d’arbitrage international“. 299 Audit, Droit international privé, S. 379; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 247 f.; Monéger, Droit international privé, Rn. 583; Courbe, Droit international privé, S. 168. 300 Diese Bereiche benennt Audit, Droit international privé, S. 379 f. m. w. N.; eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Einstufung einer Maßnahme als öffentlich-rechtlich liefert Pamboukis, L’acte public étranger en droit international privé, Chap. I, Sec. I und II, S. 13 ff. 301 Vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 270; Audit, Droit international privé, S. 379 f.; Monéger, Droit international privé, Rn. 584; Kitic, Droit international privé, S. 121; Fricke, IPRax 1989, 202 (203); Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 554; Bureau/Muir Watt, Droit International privé, Bd. I, S. 241 f.; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 738. 302 Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 172; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 615. 303 Vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 615. 304 Vgl. Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 239; Audit, Droit international privé, S. 378; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 738; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 270; Fricke, IPRax 1989, 202 (203).
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Gegenstand der Entscheidung. 305 Somit können beispielsweise auch solche Entscheidungen anerkannt werden, in denen einem Gläubiger (zivilrechtliche) Schadensersatzansprüche von einem ausländischen Strafgericht, etwa im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens,306 zugesprochen werden.307 Problematisch kann die Beschränkung auf zivilrechtliche Entscheidungen in solchen Fällen werden, in denen die jeweilige Entscheidung einem Rechtsgebiet nicht klar zugeordnet werden kann. 308 In solchen Fällen scheint die Bewertung im Einzelfall weitgehend der Rechtsprechung zu obliegen.309 Schließlich sind nicht nur Entscheidungen aus einem streitigen Verfahren (de nature contentieuse) der Anerkennung zugänglich, sondern auch Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit (de nature gracieuse) unterliegen dem von der französischen Rechtsprechung entwickelten Anerkennungsregime. 310 Abschließend sei zudem darauf hingewiesen, dass grundsätzlich zwar nur Urteile 305 Statt aller Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 270; Cachard, Droit international privé, S. 270; Fricke, IPRax 1989, 202 (203). 306 Eine derartige Kompetenz der Strafgerichte findet sich z. B. auch in Frankreich selber in Gestalt der sog. action civile. So normiert Art. 2 Abs. 1 des Code de procédure pénale: „L’action civile en réparation du dommage causé par un crime, un délit ou une contravention appartient à tous ceux qui ont personnellement souffert du dommage directement causé par l’infraction.“, ausführlich hierzu siehe etwa Weber, Produkthaftung und strafprozessuales Adhäsionsverfahren, S. 6 ff. Auch das deutsche Recht sieht in Form der §§ 403 ff. StPO ein Adhäsionsverfahren vor. 307 Audit, Droit international privé, S. 380; Cachard, Droit international privé, S. 270; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 555; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 270; Fricke, IPRax 1989, 202 (203); Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 738. 308 Dieses Problem sehen Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 615. 309 So hat der französische Kassationshof beispielsweise festgelegt, dass ein Urteil, das einem Gläubiger eine private Strafe („peine privée“) aufgrund von betrügerischen Handlungen bei der Erbschaftsauseinandersetzung („recel successoral“) zuspricht, in Frankreich für vollstreckbar erklärt werden kann, Cass. civ. 6.10.1971, Rev. crit. DIP 1972, 488 (490 ff.) Anm. Batiffol; vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 615; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 556. Auch entschied er in seiner Stolzenberg-Entscheidung, dass eine englische „freezing order“ der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerkärung zugänglich sei, da dieses Rechtsinstitut (teilweise) einen zivilrechtlicher Charakter aufweise. („L’injonction litigieuse, mesure conservatoire et provisoire de nature civile comportant une interdiction faite à la personne du débiteur de disposer en tout lieu de ses biens, […] doit être examinée indépendamment de la sanction pénale […]“, Cass. civ. 30.6.2004, Rev. crit. DIP 2004, 815 (815); vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 615. Letztere Entscheidung erging zwar in Bezug auf eine Anerkennung nach EuGVÜ, sie lässt sich aber wohl allgemein auf das französische autonome Recht übertragen. 310 Monéger, Droit international privé, Rn. 585; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 188; Audit, Droit international privé, S. 379; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 560.
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zivilrechtlicher Natur Gegenstand eines Anerkennungs- oder Vollstreckungsverfahrens sein können, der sachliche Anwendungsbereich einiger bilateraler Staatsverträge jedoch weiter gefasst ist und sich beispielsweise auch auf verwaltungsrechtliche Entscheidungen erstreckt, was an anderer Stelle noch Gegenstand näherer Betrachtung sein soll.311 2. Die Unterscheidung zwischen Anerkennung und Vollstreckung Um die Wirkungen, die einem ausländischen Urteil in Frankreich zukommen, bestimmen zu können, ist zunächst festzustellen, dass sich die Unterscheidung von Anerkennung und Vollstreckung vor dem Hintergrund der historischen Entwicklungen des französischen Rechts vollzieht.312 Maßgeblich für das Erfordernis der vorigen Durchführung eines (Exequatur-)Verfahrens ist dabei die Frage, welche Wirkungen auf das französische Inland erstreckt werden sollen.313 a) Historische Entwicklung Für eine Wirkungserstreckung in Frankreich war nach autonomem Recht, wie bereits dargelegt, zunächst grundsätzlich ein Exequaturverfahren bezüglich der ausländischen Entscheidung erforderlich, was die Cour de cassation mit dem Arrêt Parker im Jahr 1819 („l’action en exequatur“) festlegte.314 Zu diesem frühen Zeitpunkt bzw. nach dieser ersten Entscheidung der Cour de cassation hinsichtlich des Exequaturs mussten alle Entscheidungen unterschiedslos durch ein erneutes Verfahren anerkannt werden, um in Frankreich Wirkungen entfalten zu können. 315 Später änderte die Cour de cassation in ihren 311 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 188, die auf das französisch-mauretanische Übereinkommen von 1961 („Accord en matière de justice entre la République française et la République Islamique de Mauritanie“) und das französisch-senegalesische Abkommen von 1974 („Convention de coopération en matière judiciaire entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République du Sénégal“) hinweist; siehe auch Audit, Droit international privé, S. 379 f.; näher zur Reichweite der unterschiedlichen bilateralen Übereinkommen Kap. III § 13 II. 312 Sehr instruktiv und ausführlich hierzu Mezger, RabelsZ 22 (1957), 538 (538 ff.); siehe auch Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302 ff. 313 Statt aller Audit, Droit international privé, S. 371; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302 f.; Monéger, Droit international privé, Rn. 581 f. 314 Cass. civ. 19.4.1819, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11 (11 ff.); Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 769; Péroz, JCP N Sem. Jur. 2004, N° 44, 1525 (1525); Monéger, Droit international privé, Rn. 580; Fricke, IPRax 1989, 202 (203); Kitic, Droit international privé, S. 132; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 458 ff. 315 „Ne faisant aucune distinction entre les divers jugements rendus en pays étranger, les articles 2123 et 2128 du Code civil et 546 du Code de procédure premettent aux juges de les déclarer tous exécutoires en France et n’autorisent pas à en déclarer aucuns exécuto-
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Entscheidungen Bulkley 316 und de Wrède 317 jedoch ihre Rechtsprechung dahingehend, dass Entscheidungen im Bereich des Personenstands auch ohne Exequaturverfahren Wirkungen auf dem französischen Territorium entfalten konnten. 318 Hintergrund dieser Änderung bildete die Erwägung, dass das Erfordernis eines Exequaturverfahrens in solchen Fällen sinnvoll war, in denen aus der Entscheidung auf französischem Gebiet die Zwangsvollstreckung betrieben werden sollte, es sich jedoch in Fällen, in denen dies nicht der Fall war, mitunter als problematisch bzw. überflüssig darstellte.319 In seiner Bulkley-Entscheidung von 1860 bestimmte der französische Kassationshof vor diesem Hintergrund schließlich, dass außer in den Fällen, in denen eine Vollstreckung auf Grundlage des ausländischen Urteils durchgeführt werden soll, den Entscheidungen auch ohne Vollstreckbarerklärung Rechtskraftwirkung in Frankreich zukommt bzw. in diesen Fällen das Exequaturverfahren durch eine automatische Anerkennung (reconnaissance de plein droit oder auch reconnaissance de plano) ersetzt werden sollte.320 Ausgehend von dieser Entscheidung bestimmte die Cour de cassation in mehreren weiteren Urteilen, dass Entscheidungen, die den – auch heute von EuGVVO und EuEheVO nicht erfassten321 – Bereichen des Personenstands und der Geschäftsfähigkeit von Personen zuzuordnen sind, in Frankreich ohne besonderes Verfahren anerires sans examen et autrement qu’en connaissance de cause […]“, Arrêt Parker Cass. civ. 19.4.1819, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11 (11); Clavel, Droit international privé, S. 246; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302. 316 Cass. civ. 28.2.1860, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 4, 30 (30 ff.). Im Fall Bulkley hatte eine Engländerin in Holland einen Holländer geheiratet und die holländische Staatsbürgerschaft angenommen. Im Jahr 1858 schied das Tribunal de La Haye in Den Haag die Ehe. Als die geschiedene Frau daraufhin in Frankreich einen Franzosen ehelichen wollte, wurde ihr dies versagt, da sie nicht ordnungsgemäß geschieden worden sei. Die Cour de cassation stellte daraufhin klar, dass Entscheidungen in Sachen des Personenstands keines Exequaturs bedürften, um in Frankreich Wirkungen zu entfalten; vgl. Cass. civ. 28.2.1860, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 4, 30 (30). 317 Cass. civ. 9.5.1900, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 10, 79 (79 ff.). 318 Péroz, JCP N Sem. Jur. 2004, N° 44, 1525 (1525); Kitic, Droit international privé, S. 132; Audit, Droit international privé, S. 399 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302; Monéger, Droit international privé, Rn. 581. 319 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 733; Clavel, Droit international privé, S. 247 f.; siehe auch Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302 ff. 320 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 733; Kitic, Droit international privé, S. 132; Audit, Droit international privé, S. 399; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 617. 321 Siehe Art. 1 Abs. 2 lit. a EuGVVO sowie Art. 1 Abs. 1 lit. a und b EuEheVO, die den Anwendungsbereich der jeweiligen Verordnung bestimmen und den Personenstand und die Rechts- und Handlungsfähigkeit ausdrücklich ausnehmen (Art. 1 Abs. 2 lit. a EuGVVO) oder sie nicht in den Anwendungsbereich mit einschließen (Art. 1 Abs. 1 EuEheVO).
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kannt werden.322 So bestätigte die Cour de cassation ihren mit der BulkleyEntscheidung eingeschlagenen Kurs im Jahr 1900 mit der Entscheidung de Wrède, in der sie ihre Position mit der Begründung bekräftigte, dass der Stand von Personen nicht unklar bleiben dürfe, weil dies eine schwere Rechtsunsicherheit für die Familien und eine gravierende Beeinträchtigung der sozialen Ordnung darstelle.323 In seiner Entscheidung Rivière von 1953 betonte der Kassationshof schließlich erneut, dass es (ehemaligen) Ehegatten möglich sei, sich in Frankreich ohne Exequatur des Scheidungsurteils wieder zu verheiraten, und präzisierte den Umfang, in dem Urteile auf den besagten Gebieten keines Exequaturs bedürfen.324 Die auf dem Gebiet des Personenstands oder der Geschäftsfähigkeit von Personen erlassenen ausländischen Entscheidungen entfalten demnach ihre Wirkungen unabhängig von jeglicher Vollstreckbarerklärung, soweit sie „keinen Zwang gegen Personen oder keine Vollstreckung in Vermögen zum Gegenstand haben“.325 Die eben erörterten Entschei-
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Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 73; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302 f.; Clavel, Droit international privé, S. 247 f.; Kitic, Droit international privé, S. 132; Mélin, Droit international privé, S. 62 f. 323 „Attendu, à ce point de vue, que l’annulation d’un marriage, légalement et définitivement prononcée, doit être à l’abri de toute attaque, […] parce que l’état des personnes ne peut demeurer incertain, sans qu’il en résulte un trouble profond dans les familles et une atteinte grave à l’ordre social; […].“, Cass. civ. 9.5.1900, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 10, 79 (80); vgl. Audit, Droit international privé, S. 400; Kitic, Droit international privé, S. 132; Gutmann, Droit international privé, S. 278 f.; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 182. 324 So legte die Cour de cassation in der Entscheidung Rivière fest: „Les décisions étrangères rendues en matière d`état et de capacité soit entre étrangers soit entre Français et étrangers, produisent en France tous les effets autres que ceux qui comportent coercition sur les personnes ou exécution sur les biens, sous réserve, toutefois, de l’appréciation, par la juridiction française saisie, de leur conformité avec les règles françaises de solution de conflits de lois.“, Cass. civ. 17.4.1953, RabelsZ 20 (1955), 519 (519 f.), Anm. Francescakis, 524; zum Arrêt Rivière siehe zudem Kitic, Droit international privé, S. 129; Monéger, Droit international privé, Rn. 603. 325 Dies hatte die Cour de cassation in ihrer Entscheidung Hainard aus dem Jahr 1930 bereits ausdrücklich festgelegt: „Les jugements rendus par un tribunal étranger relativement à l’état et à la capacité des personnes produisent leurs effets en France indépendamment de toute déclaration d’exequatur, sauf le cas où ces jugements doivent donner lieu à des actes d’exécution matérielle sur les biens ou de coercition sur les personnes.“, Cass. req. 3.3.1930, Rev. crit. DIP 1931, 329 (329); vgl. Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 182; Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 192; Audit, Droit international privé, S. 400; Kitic, Droit international privé, S. 133; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 769; Laborde, Droit international privé, S. 114; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302; Mélin, Droit international privé, S. 62 f. Diese Linie bestätigte der französische Kassationshof im Jahr 1953 mit der Entscheidung Rivière, Cass. civ. 17.4.1953, RabelsZ 20 (1955), 519 (520); Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 26, 232 (232 ff.); siehe auch Clavel, Droit international
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dungen werden in der Literatur mitunter dazu herangezogen, um den Fortfall des Exequaturerfordernisses (lediglich) für Entscheidungen auf dem Gebiet des Personenstands und der Rechts- und Handlungsfähigkeit zu begründen.326 Entscheidend war in den jeweiligen Urteilen jedoch nicht etwa das Rechtsgebiet, auf das sie sich bezogen, sondern die Wirkungen, die von den jeweiligen Urteilen ausgingen. 327 Es kommt nicht etwa auf das betroffene Rechtsgebiet einer ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung an, sondern darauf, ob es sich um ein gestaltendes bzw. feststellendes Urteil oder um ein solches handelt, das noch einer Vollstreckungshandlung bedarf.328 Insofern unterscheidet das französische Anerkennungsrecht zwischen „jugements constitutifs“ und „jugements déclaratifs“.329 b) Heutige Unterscheidung zwischen Anerkennung und Vollstreckung Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen der Rechtsprechung findet sich noch heute im französischen Recht eine „Teilung“ des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts auf Grundlage der begehrten Wirkungen der anzuerkennenden Entscheidung. Wird die anzuerkennende Entscheidung als Grundlage für eine Zwangsvollstreckung auf französischem Gebiet benötigt, so ist – wie oben dargestellt – ein Durchlaufen des Exequaturverfahrens zwingend notwendig. Wird jedoch allein die Erstreckung der Wirkungen des Urteils begehrt, so ist die Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht vonnöten.330 Da die Trennlinie, wann eine Anerkennung ausreicht und wann ein Exequaturverfahren durchzuführen ist, sich jedoch häufig nicht klar ziehen lässt, geht die Haltung vor den französischen Gerichten dahin, ein Exequaturverfahren „für alle sinnvollen Zwecke“ („à toutes fins utiles“) durchzuführen, solange es die Parteiinteressen der antragstellenden Partei unterstützt. 331 Die Grundlage für diese Praxis vor französischen Gerichten
privé, S. 247 f.; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.012. 326 Gutmann, Droit international privé, S. 278 f. 327 So ausdrücklich auch Gutmann, Droit international privé, S. 278 f.; siehe zudem Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302 f. 328 Vgl. Gutmann, Droit international privé, S. 278 f.; Clavel, Droit international privé, S. 247 f.; ausführlich Mayer/Heuzé, Droit international privé, S 302 f.; Loussouarn/Bourel/ de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 768 ff. 329 Gutmann, Droit international privé, S. 278 f.; Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 777 f.; Audit, Droit international privé, S. 401 f. 330 Ebenso statt aller Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 768; Gutmann, Droit international privé, S. 272 f., 278 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 302 ff.; Fricke, IPRax 1989, 202 (203). 331 Arrêt Garino Cass. civ. 3.1.1980, Rev. crit. DIP 1980, 597 (597 ff.); Monéger, Droit international privé, Rn. 590 f.; Cachard, Droit international privé, S. 283.
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bildet die Entscheidung Garino der Cour de cassation aus dem Jahr 1980. 332 Im Rahmen dieser Entscheidung betonte der Kassationshof, dass es der Hauptgegenstand bzw. das eigentliche Motiv eines Exequaturverfahrens sei, eine Zwangsvollstreckung auf Grundlage einer ausländischen Entscheidung zu ermöglichen und nicht deren Anerkennungsfähigkeit festzustellen, da eine Erstreckung der Wirkungen des ausländischen Urteils kraft Gesetzes bzw. de plein droit bei Vorliegen der Anerkennungsvoraussetzungen erfolge. So sei zwar grundsätzlich der Antrag auf Durchführung eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens dem Gläubiger des betreffenden ausländischen Urteils vorbehalten, es sei jedoch auch dem Schuldner (oder ggf. auch Dritten) nicht untersagt, ein Exequaturverfahren anzustrengen, wenn ein berechtigtes Interesse daran bestehe.333 c) Prozessuale Aspekte der Anerkennung und Vollstreckung aa) Die action à titre principal und die inzidente Kontrolle Das französische Exequatururteil verleiht der drittstaatlichen Entscheidung die Wirkung eines inländischen Vollstreckungstitels. 334 Die Vollstreckbarerklärung der drittstaatlichen Entscheidung kann dabei im Rahmen eines eigenständigen Verfahrens (à titre principal) oder die Anerkennungsfähigkeit inzident im Zuge eines anderen Prozesses überprüft werden.335 Sachlich zuständiger Richter für das Verfahren à titre principal bzw. das eigentliche Exequaturverfahren ist gemäß Art. R 212-8 Abs. 2 C. org. jud. das „Tribunal de 332 Cass. civ. 3.1.1980, Rev. crit. DIP 1980, 599 (600 ff.); Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 779. Im Fall Garino waren ein Herr Garino und eine marokkanische Bank gemeinsam in Marokko verurteilt worden, eine bestimmte Summe an die „Société Shell“ zu zahlen. Daraufhin begehrte die Bank das Exequatur der marokkanischen Entscheidung vor einem französischen Gericht um die internationale Wirksamkeit (régularité internationale) bzw. die Anerkennungsfähigkeit feststellen zu lassen. 333 „Si l’objet principal de l’instance en exequatur est de permettre l’exécution forcée en France du jugement étranger, il n’est pas interdit de recourir à cette procédure en vue de faire établir, même préalablement à une autre instance, la régularité du jugement étranger, dès lors que le demandeur en exequatur y a intérêt et quelle qu’ait été la position procédurale de ce demandeur dans l’instance devant la juridiction étrangère. […]“, Cass. civ. 3.1.1980, Rev. crit. DIP 1980, 597 (597). Aufgrund dieser Rechtsprechung des Kassationshofs wurde von Teilen der Literatur eine „Banalisierung des Exequaturverfahrens“ befürchtet, vgl. hierzu ausführlich Cass. civ. 3.1.1980, Rev. crit. DIP 1980, 599 (600 ff.) Anm. Holleaux; zur Zulässigkeit des Antrags auf Vollstreckbarerklärung bzw. zum Begriff und den Anforderungen des benötigten „Interesses“ siehe ausführlich Loussouarn/Bourel/ de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 779 ff. 334 Vgl. Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 16. 335 Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 193; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 605 f.
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Grande Instance“ (TGI), wobei die Entscheidung dem Einzelrichter übertragen ist.336 Das TGI ist dabei auch in solchen Fällen zuständig, in denen bestimmte Spezialbereiche – wie etwa das Arbeitsrecht – betroffen sind, die normalerweise vor einem anderen Gericht verhandelt würden.337 Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach den allgemeinen Zuständigkeitsregelungen des französischen Prozessrechts bzw. in der Regel nach dem allgemeinen Grundsatz actor sequitur forum rei.338 Örtlich zuständiges Gericht ist somit nach Artt. 42, 43 NCPC grundsätzlich das Gericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Wohnsitz hat. 339 Sollte der Beklagte, also in der Regel der Vollstreckungssschuldner, keinen Wohnsitz in Frankreich haben, so wird von dieser Grundsatzregelung abgewichen und der Antragsteller kann das Exequatur bei einem Gericht seiner Wahl beantragen, vorausgesetzt, dieses „befolgt die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verwaltung der Justiz“ („une bonne administration de justice“).340 Dabei wird in der Regel maßgeblich sein, wo der Gläubiger in das Schuldnervermögen vollstrecken möchte. 341 336
Art. R 212-8 Abs. 2 C. org. jud.: „Le tribunal de grande instance connaît à juge unique:
1° […];
2° Des demandes en reconnaissance et en exequatur des décisions judiciaires et actes publics étrangers ainsi que des sentences arbitrales françaises ou étrangères; […].“; Audit, Droit international privé, S. 405; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 211; Beardsley, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 1, France, S. 12; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 595; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 179. 337 Vgl. Beardsley, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 1, France, S. 12. 338 Beardsley, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 1, France, S. 12; Audit, Droit international privé, S. 405; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 771; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 211; Rosner, CrossBorder Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 237; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 312 f. 339 Art. 42 NCPC: „La juridiction territorialement compétente est, sauf disposition contraire, celle du lieu où demeure le défendeur. […]“; Art. 43 NCPC: „Le lieu où demeure le défendeur s’entend: – s’il s’agit d’une personne physique, du lieu où celle-ci a son domicile ou, à défaut, sa résidence,
– s’il s’agit d’une personne morale, du lieu où celle-ci est établie.“; vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 211; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 237; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 597. 340 Diese Anforderungen bestimmte etwa die Cour d’appel Paris im Falle der Anerkennung eines tunesischen Scheidungsurteils im Jahr 1973: „Dès lors que le demandeur à l’exequatur ignorait, malgré des investigations sérieuses, l’existence en France d’un domicile de la défendresse, c’est à bon droit qu’il a pu assigner celle-ci devant le Tribunal de grande instance de Paris qui était à la fois celui de son domicile et de celui des parents de la défendresse, le choix de ce tribunal étant, en raison de ces éléments de rattachement, conforme à une bonne administration de la justice.“, Cour d’appel Paris 18.12.1973, Rev. crit. DIP 1974, 530 (530); vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 313; Mezger, in:
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
Eine Ausnahme von der Zuständigkeit des TGI besteht jedoch im Falle der inzidenten Prüfung. Wird die Kontrolle einer drittstaatlichen Entscheidung inzident im Rahmen eines anderen Verfahrens vorgenommen bzw. notwendig – sei es beispielsweise zu Beweiszwecken – so ist der jeweilige erkennende Richter zur Prüfung der Wirksamkeit bzw. Anerkennungsfähigkeit des drittstaatlichen Urteils befugt, auch wenn es sich nicht um einen Richter des Tribunal de Grande Instance handelt.342 Gegen die Exequaturentscheidung besteht schließlich die Möglichkeit gemäß Art. 538 NCPC343 binnen eines Monats Rechtsmittel zur Cour d’appel einzulegen, wobei sich im Fall eines ausländischen Beklagten die Rechtsmittelfrist nach Art. 643 NCPC344 verlängert.345 bb) Die action en inopposabilité Neben der Anerkennung de plein droit und der Möglichkeit, ein Exequaturverfahren einzuleiten oder die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung im Rahmen eines anderen Verfahrens inzident überprüfen zu lassen, hat die französische Rechtsprechung eine dritte Verfahrensform ins Leben gerufen, in deren Rahmen über eine Anerkennung einer ausländischen Entscheidung – allerdings negativ – befunden werden kann, die action en inopposabiFS Nagel, 246 (248); siehe auch vgl. Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 309, Fasc. 10, S. 23. 341 So steht es dem Urteilsgläubiger offen, ohne vorherige Angabe von Gründen und ohne die Güter, in die er zur Befriedigung seines Anspruchs vollstrecken möchte, zu benennen, das Gericht anzurufen, in dessen Bezirk die Vollstreckung stattfinden soll („L’effet strictement et exclusivement territorial que le demandeur en exequatur cherche à faire produire aux décisions étrangères dont il est le bénéficiaire l’autorise à saisir de sa prétention le tribunal du lieu où l’exécution doit être poursuivie sans qu’il puisse au préalable lui être imposé de justifier les raisons de son choix ou d’indiquer les biens s ur lesquels il entend se faire payer sa créance.“, TGI Paris 11.7.1979, Rev. crit. DIP 1981, 102 (102); vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 313; siehe zudem Beardsley, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 1, France, S. 12; Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 211; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 597. 342 Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 195; Laborde, Droit international privé, S. 117; Clavel, Droit international privé, S. 257. 343 Art. 538 NCPC: „Le délai de recours par une voie ordinaire est d’un mois en matière contentieuse; il est de quinze jours en matière gracieuse.“ 344 Art. 643 NCPC: „Lorsque la demande est portée devant une juridiction qui a son siège en France métropolitaine, les délais de comparution, d’appel, d’opposition, de recours en révision et de pourvoi en cassation sont augmentés de: 1. Un mois pour les personnes qui demeurent en Guadeloupe, en Guyane, à la Martinique, à La Réunion, à Mayotte, à Saint-Barthélemy, à Saint-Martin, à Saint-Pierre-et-Miquelon, en Polynésie française, dans les îles Wallis et Futuna, en Nouvelle-Calédonie et dans les Terres australes et antarctiques françaises; 2. Deux mois pour celles qui demeurent à l’étranger.“ 345 Vgl. Beardsley, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 1, France, S. 14; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.004.
§ 3 Das System des französischen autonomen Rechts
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lité.346 Diese Verfahrensoption ist im geschriebenen französischen Recht nicht vorgesehen und wurde im Jahr 1951 von der Cour de cassation in der Rechtssache Weiller347 entwickelt.348 Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Eheleute Weiller/Diplarakos hatten sich von einem Gericht in Reno im US-Staat Nevada scheiden lassen. Der Ehemann begehrte daraufhin von den französischen Gerichten die Feststellung, dass ihm das US-amerikanische Scheidungsurteil in Frankreich nicht entgegengehalten werden könne („inopposabilité“). 349 Die Cour de cassation bejahte diese Feststellung und etablierte mit dieser Entscheidung eine dritte Verfahrensmöglichkeit, die für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Urteile relevant ist. Demnach kann bezüglich einer ausländischen Entscheidung eine action en inopposabilité eingeleitet werden, um feststellen zu lassen, dass ein ausländisches Urteil, welches ggf. in Frankreich automatisch bzw. de plano anerkannt würde, mangels Erfüllung der Anerkennungsvoraussetzungen in Frankreich keinerlei Wirkungen entfaltet. 350 Es handelt sich also um eine Art negative oder präventive Feststellungsklage. 351 Diese Klageform beschränkt sich dabei nicht nur auf Urteile mit status- oder familienrechtlichem Hintergrund (wie im ursprünglich entschiedenen Fall), sondern kann in Bezug auf alle Urteile angestrengt werden. 352 Überdies steht sie nicht nur den ursprünglichen Parteien des Verfahrens im Erststaat offen, sondern kann auch von Dritten vor dem französischen Anerkennungsgericht 346 Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 194 f.; Laborde, Droit international privé, S. 117; Monéger, Droit international privé, Rn. 592; Derruppé, Droit international privé, S. 120. 347 „C’est à bon droit que les juges d’appel ont décidé que la demande en inopposabilité d’un jugement de divorce étranger et en nullité consécutive d’un second mariage contracté depuis à l’étranger ‘relève du droit international privé et n’échappe pas à la rè gle impérative des débats’, laquelle est le droit commun des instances. 2° Si les jugements étrangers, rendus en matière d’état ou de capacité, produisent en France, sans exequatur, tous les effets autres que ceux qui comportent coercition sur les personnes ou exécution sur les biens, c’est sous réserve de l’appréciation par la juridiction française, saisie d’une demande en inopposabilité d’un pareil jugement, de sa conformité aux règles françaises de solution des conflits de loi.“, Arrêt Weiller Cass. civ. 22.1.1951, Rev. crit. DIP 1951, 167 (167 ff.). 348 Courbe, Droit international privé, S. 191; Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 194; Kitic, Droit international privé, S. 138; Laborde, Droit international privé, S. 117; Monéger, Droit international privé, Rn. 592; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 307. 349 Monéger, Droit international privé, Rn. 592; Cachard, Droit international privé, S. 282. 350 Vgl. Clavel, Droit international privé, S. 256; Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 194; Derruppé, Droit international privé, S. 120; Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 307 f. 351 Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 194. 352 Monéger, Droit international privé, Rn. 592; Kitic, Droit international privé, S. 138.
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
erhoben werden, sofern diese ein entsprechendes Feststellungsinteresse aufweisen.353 Interessant ist diesbezüglich die Entscheidung Conlon 354 der Cour de cassation aus dem Jahr 1983. In diesem Fall wollte eine Frau in Bezug auf ein von ihr selbst im Ausland erwirktes Scheidungsurteil die mangelnde Anerkennungsfähigkeit bzw. die „inopposabilité“ dieser Entscheidung ihr gegenüber von den französischen Gerichten festgestellt wissen, da ihr geschiedener Ehegatte in der Zwischenzeit verstorben war und sie von ihrem Witwenstatus in Frankreich profitieren wollte. Der Kassationshof lehnte diese Anfrage jedoch mangels berechtigten Interesses ab. 355 Das Verfahren unterliegt dabei im Wesentlichen denselben prozessualen Anforderungen wie das Exequaturverfahren und hat – im Falle einer positiven Entscheidung durch das französische Gericht – zur Folge, dass das rechtskräftige Urteil einem im Folgenden angestrengten Exequaturverfahren entgegensteht und somit die Anerkennung und insbesondere die Vollstreckung aus dem ausländischen Urteil in Frankreich verhindert. 356
§ 4 Grundlagen des englischen Rechts § 4 Grundlagen des englischen Rechts
I.
Struktur des englischen Anerkennungsrechts
Das englische Recht weicht in seiner Systematik deutlich von den beiden erläuterten Systemen des deutschen und französischen Zivilrechts ab. Dies ist maßgeblich dadurch bedingt, dass das englische Recht ganz wesentlich auf Fallrecht, dem sog. Case Law, aufbaut und die Verabschiedung von Gesetzestexten eine weniger prominente Rolle einnimmt bzw. nicht in dem Umfang erfolgt, wie es etwa in Deutschland, Frankreich oder anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen üblich ist.357 Dementsprechend weicht auch die Systematik der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung drittstaatlicher Urteile von den bereits betrachteten deutschen und französischen Regelungen ab. Im Hinblick auf die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen als Bestandteil der verfahrensrechtlichen Vorschriften der ein353
Courbe, Droit international privé, S. 192; Kitic, Droit international privé, S. 138. Cass. civ. 19.1.1983, Rev. crit. DIP 1984, 492 (492 f.); siehe auch Audit, Droit international privé, S. 408. 355 „Une personne est irrecevable, faute d’intérêt, à contester devant les juges français la régularité de la décision de divorce qu’elle a obtenue à l’étranger sur sa propre demande.“, Cass. civ. 19.1.1983, Rev. crit. DIP 1984, 492 (492); Audit, Droit international privé, S. 408; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 308. 356 Courbe, Droit international privé, S. 192; Cachard, Droit international privé, S. 282 f.; Audit, Droit international privé, S. 408; Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 194 f.; Derruppé, Droit international privé, S. 120. 357 Vgl. Graf v. Bernstorff, Einführung in das englische Recht, S. 1; Müller/Hök/ Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Großbritannien, S. 6 f. 354
§ 4 Grundlagen des englischen Rechts
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zelnen Teilstaaten ist dabei überdies die territoriale Zusammensetzung bzw. die Vielfalt der Rechtssysteme Großbritanniens zu berücksichtigen. Das Vereinigte Königreich setzt sich im Wesentlichen aus England, Wales, Schottland und Nordirland zusammen, wobei sich die einzelnen Teile des Vereinigten Königreichs in drei verschiedene Rechtssysteme – das englisch-walisische, das nordirische und das schottische – unterteilen lassen, die jeweils wiederum unterschiedliche Rechtstraditionen und -systematiken aufweisen.358 Während England, Wales und Nordirland traditionell dem Common Law zuzuordnen sind, weist das schottische Recht starke Einflüsse des römischen Rechts auf.359 Im Folgenden soll hier nur auf den englisch-walisischen Rechtskreis eingegangen werden. 360 Zu beachten ist allerdings, dass die vom Vereinigten Königreich abgeschlossenen internationalen Übereinkommen (auf dem Gebiet des Zivilprozessrechts) regelmäßig für das gesamte Vereinigte Königreich gelten.361 Auch in England stellt sich das Problem der Vielfalt der Rechtsquellen, wobei – zumindest für einen dem kontinentaleuropäischen Rechtskreis zugehörigen Juristen – erschwerend wirkt, dass die Struktur des Anerkennungsund Vollstreckungsrechts in England auf den ersten Blick etwas diffiziler als in Deutschland oder Frankreich ausgestaltet erscheint. So findet sich in England ein Konglomerat unterschiedlicher Regelungen. Entscheidungen, die in einem Mitgliedstaat der EU oder im EWR ergangen sind, werden auf Grundlage der „Civil Jurisdiction and Judgments Acts 1982 and 1991“ anerkannt, welche die EuGVVO und das Luganer Übereinkommen umsetzen, und sollen hier nicht Gegenstand näherer Betrachtung sein. 362 Hinsichtlich drittstaatli358 Kaye, in: Kaye, Methods of Execution of Orders and Judgments in Europe, Kap. 4, S. 51; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-3; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 131; zum „Aufbau“ des Vereinigten Königreichs und den unterschiedlichen Gebieten Großbritanniens siehe Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 4 f. 359 Vgl. Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (414); Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Großbritannien, S. 4 f. 360 Dieselbe Perspektive legt auch Millar zugrunde, wobei dieser zudem darauf hinweist, dass hinsichtich der Bestimmungen der gegenseitigen Anerkennung („reciprocal enforcement“) die Kanalinseln nicht als Teil des Vereinigten Königreichs anzusehen sind, vgl. Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-3. 361 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 131; näher hierzu Kap. III § 14. 362 Vgl. Hayward, Conflict of Laws, S. 87; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 87. Zur Umsetzung der EuGVVO und des LugÜ durch die entsprechenden Acts von 1991 und 1992 ausführlicher Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-4 f.; Briggs, The Conflict of Laws, S. 121 ff.; siehe auch Gärtner, Probleme der Auslandsvollstreckung von Nichtgeldleistungsentscheidungen im Bereich der EG, S. 101 ff.; Buchhold, NJW 2007, 2734 (2736 ff.), die insbesondere die prozessualen Aspekte des englischen und schottischen Rechts erläutert.
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
cher Entscheidungen bestehen im englischen Recht wiederum im Wesentlichen zwei Mechanismen, die jeweilige Entscheidung in England anerkennen zu lassen bzw. aus dieser zu vollstrecken: zum einen durch eine action upon the foreign judgment nach dem Common Law,363 wobei der Urteilsgläubiger aufgrund des ausländischen Urteils erneut in England Klage erheben muss, zum anderen durch eine Registrierung der Entscheidung nach den Statutes bzw. betreffenden gesetzlichen Regelungen, soweit deren Anwendungsbereich eröffnet ist.364 Die hierbei einschlägigen Statutes sind der „Administration of Justice Act 1920“ (AJA 1920), welcher ein Regelwerk für die Anerkennung von Entscheidungen aus über 40 Ländern des Commonwealth liefert, und der „Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933“ (FJA 1933), welcher ebenfalls auf Entscheidungen aus einigen CommonwealthLändern – wie etwa Indien, Pakistan oder Bangladesch – anwendbar ist, aber insbesondere auf drittstaatliche Länder – unter der Voraussetzung des Abschlusses eines bilateralen Staatsvertrags – Anwendung findet.365 II. Historische Grundlagen der Anerkennung nach dem Common Law Unter dem Common-Law-Regime werden seit dem 17. Jahrhundert ausländische Urteile anerkannt und für vollstreckbar erklärt. 366 Die Urteilsanerken363
Unter Common Law ist „die Gesamtheit aller Regeln, die nicht auf Gesetzgebung beruhen und nicht zu dem Bereich des Billigkeitsrechts (‚equity law‘) gehören, zu verstehen. Es handelt sich um ungeschriebenes Recht, das ursprünglich von den Common Law Courts gesprochen und entwickelt wurde.“; vgl. ausführlich zum Begriff des Common Law und der Entwicklung der englischen Gerichtsorganisation Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Großbritannien, S. 5 ff. 364 Caffrey, Die internationale Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, S. 306 ff.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 131 ff.; Halsbury’s Laws of England, Vol. 8 (3), Rn. 140; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 3; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.003; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 170 ff.; Gärtner, Probleme der Auslandsvollstreckung von Nichtgeldleistungsentscheidungen im Bereich der EG, S. 99; Andenas, EBLR 2006, 619 (624). 365 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 132; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 13 ff.; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-53 ff.; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 88; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 170 f.; Briggs, The Conflict of Laws, S. 151 f.; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (94); Stone, LMCLQ 1983, 1 (4); ausführlich zu AJA 1920 und FJA 1933 Kap. III § 14. 366 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 88; Hayward, Conflict of Laws, S. 88; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 37; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424); McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 168; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws,
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nung wurde ursprünglich auf die Grundlage der doctrine of comity gestützt, welche jedoch mittlerweile nicht mehr für die Anerkennung ausländischer Urteile herangezogen wird. 367 Ausgangspunkt dieser Theorie war – wie auch bei § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO im deutschen Recht – der Gedanke der Gegenseitigkeit, weshalb man mitunter auch die Bezeichnung der doctrine of comity als doctrine of reciprocity vorfindet.368 Als eine der wesentlichen Erwägungen im Rahmen der Reziprozität, die in der Literatur mehrfach betont wird, erscheint dabei die (damalige) Befürchtung der englischen Gerichte, die Ablehnung der Anerkennung und Vollstreckung von Auslandsentscheidungen könnte zu einer Versagung der Anerkennung und Vollstreckung englischer Urteile in den betreffenden Urteilsstaaten führen. 369 Im 19. Jahrhundert wurde diese Theorie jedoch schrittweise durch die sog. theory of obligation als vorherrschende Theorie im Bereich des AnerkenS. 666; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 4. 367 In der Entscheidung Alves v Bunbury etwa wird die doctrine of comity noch ausdrücklich als Grundlage der Anerkennung benannt: „By the comitas gentium, the Courts of different countries will recognise and enforce the judgments of each other; […]“ Alves v Bunbury (1814) 4 Camp. 28; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 88; Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 3; siehe auch Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 514; ausführlich zur historischen Entwicklung der Anerkennungstheorien Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 52 ff.; Briggs, (1987) 36 ICLQ 240 (240 ff.). 368 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 163 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 370; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 168 f.; siehe auch Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 93. Sehr instruktiv zur „Comitas-Doktrin“ Hepting, Die Gegenseitigkeit im internationalen Privatrecht und internationalen Zivilprozessrecht, S. 150 ff.; Mann, Foreign Affairs in English Courts, S. 134 ff. 369 Vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 666; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 37; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung USamerikanischer Urteile in England, S. 4; sowie McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 168 f. und Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 219, Letztere jeweils mit Verweisen auf Roach v Garvan (1748) 1 Ves. Sen. 157 (159); Wright v Simpson (1802) 6 Ves. 714 (730) und Alves v Bunbury (1814) 4 Camp. 28, in denen die jeweiligen Gerichte eine zwischenstaatliche Anerkennung als Erfordernis des Völkerrechts („law of nations“) bzw. des natürlichen Rechts betonten, vgl. etwa die Äußerung des Lord Chancellor in der Sache Roach v Garvan: „[…] that natural law requires the Courts of this country to give credit to those of another for the inclination and power to do justice.“, Roach v Garvan (1748) 1 Ves. Sen. 157 (159); ausführlich zur doctrine of comity als Grundlage der Anerkennung und Vollstreckung Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 52 ff.; Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (9).
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nungsrechts abgelöst.370 Letztere Theorie wurde erstmals im Jahr 1842 in der Entscheidung Russell v Smyth dargelegt.371 In der im Jahr 1845 folgenden Entscheidung Williams v Jones beschrieb Baron Parke die „Obligationstheorie“ wie folgt: „The principle on which this action is founded is, that, where a court of competent jurisdiction has adjudicated a certain sum to be due from one person to another, a legal obligation arises to pay that sum, on which an action of debt to enforce the judgment may be maintained. It is in this way that the judgments of foreign and colonial courts are supported and enforced, ….“372
Nach der theory of obligation begründet das Urteil eines ausländischen Gerichts eine rechtliche Verbindlichkeit zwischen den Parteien, welche von den englischen Gerichten anerkannt und – wenn erforderlich – vollstreckt werden soll.373 Zentraler Punkt dieser Theorie ist, abweichend etwa von den deutschen oder französischen Regelungen, dass nicht etwa das ausländische Urteil 370 Siehe etwa die Ausführungen in der Entscheidung Russell v Smyth: „Where the Court of a foreign country imposes a duty to pay a sum certain, there arises an obligation to pay, which may be enforced in this country.“, Russell v Smyth (1842) 9 M. & W. 810 (819); Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 93; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 169; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 37; Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 3; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 514; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 163; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 618; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 4 f. 371 Russell v Smyth (1842) 9 M. & W. 810 (819); Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 163; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 618; Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (10); Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (448). Graupner führt insofern aus, durch die doctrine of obligation sei „die Anerkennung auf eine logische zwar etwas gekünstelte, aber dennoch sichere Grundlage gestellt“ worden, vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (195). 372 Williams v Jones (1845) 13 M. & W. 628 (633); vgl. Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 618; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 695; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 169; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 37; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 666. Dieses Zitat findet sich in weiten Teilen der englischen (und internationalen) Literatur und wird stets als Grundlage der theory of obligation angeführt; siehe bereits Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 60. 373 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 163; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 618; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung USamerikanischer Urteile in England, S. 5; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 37; kritisch hinsichtlich der „Obligationentheorie“ Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 219; Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (449).
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an sich Gegenstand der Anerkennung ist, sondern vielmehr eine eigene Verbindlichkeit zwischen den Parteien anerkannt wird, die durch den ausländischen Richterspruch neu entstanden ist. 374 Anders als bei englischen Urteilen galt dabei zunächst nicht etwa die ursprüngliche Anspruchsgrundlage als in dem Urteil aufgegangen (sog. doctrine of merger), sondern die ursprüngliche Verbindlichkeit zwischen Gläubiger und Schuldner und das im Ausland erwirkte Urteil wurden getrennt voneinander betrachtet bzw. blieben nebeneinander bestehen (non-merger rule).375 Dies räumte dem Urteilsgläubiger die Möglichkeit ein, in England entweder das erwirkte Urteil anerkennen und für vollstreckbar erklären zu lassen oder eine erneute Klage auf Grundlage der ursprünglichen Anspruchsgrundlage vor englischen Gerichten anzustrengen.376 Diese Auffassung wurde jedoch mit dem Civil Jurisdiction and Judgments Act (CJJA) 1982 aufgegeben, sodass heute dem Urteilsgläubiger im Falle der Erfüllung der Anerkennungs- bzw. Vollstreckungskriterien keine erneute Klagemöglichkeit mehr zusteht.377 374
Statt vieler Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 37 f. Siehe zur ursprünglichen Ablehnung der doctrine of merger für ausländische Entscheidungen die Entscheidung Bank of Australasia v Harding (1850) 9 C. B. R. 661 (677); ausführlich hierzu Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 617 f.; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 458 ff., 473; Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 148 f.; siehe zudem Haeger, Die Vollstreckung von Urteilen und Schiedssprüchen im internationalen Rechtsverkehr, S. 118 f.; den Begriff „non-merger rule“ verwenden u. a. Brown, Conflict of Laws, S. 218; Moloney, Conflict of Laws, S. 214. 376 Vgl. Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 88; Hayward, Conflict of Laws, S. 88; Moloney, Conflict of Laws, S. 214; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 617; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 383; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 169; Molony, Conflict of Laws, S. 214 f.; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 38; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424). 377 Sec. 34 CJJA1982: „Certain judgments a bar to further proceedings on the same cause of action – No proceedings may be brought by a person in England and Wales or Northern Ireland on a cause of action in respect of which a judgment has been given in his favour in proceedings between the same parties, or their privies, in a court in another part of the United Kingdom or in a court of an overseas country, unless that judgment is not enforceable or entitled to recognition in England and Wales or, as the case may be, in Northern Ireland.“; vgl. Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 88; Hayward, Conflict of Laws, S. 88; Moloney, Conflict of Laws, S. 214 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 217 f.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 148 f.; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 376 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 383; Brown, Conflict of Laws, S. 218 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 722; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 38; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424); Hill, The Law Relating to International Commercial Disputes, S. 233 f.; siehe auch Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 21, 533; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3. Zum hieraus folgenden sog. cause of action estoppel siehe sogleich Kap. I § 4 IV. 375
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Die theory of obligation wurde durch die englischen Gerichte schließlich mit der Entscheidung Schibsby v Westenholz378 aus dem Jahr 1870 endgültig etabliert und bildet noch heute die Grundlage für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer bzw. drittstaatlicher Entscheidungen nach dem Common Law. 379 Die dabei bereits skizzierte Entwicklung der Obligationstheorie wurde in zahlreichen weiteren Entscheidungen von der englischen Rechtsprechung weiter vertieft und verfeinert.380 Besonders deutlich zeigen sich die Grundlagen dieser Theorie jedoch am berühmten Zitat des Richters Blackburn in der Entscheidung Schibsby v Westenholz: „[…] the true principle on which the judgments of foreign tribunals are enforced in England is that … the judgment of a court of competent jurisdiction over the defendant imposes a duty or obligation on the defendant to pay the sum for which judgment is given, which the courts in this country are bound to enforce; […]“.381
Es zeigt sich hiermit eine klare Abweichung vom deutschen oder französischen Recht, welche nicht etwa eine neue Verbindlichkeit in dem Richterspruch sehen, die die Grundlage für eine erneute inländische Klage bildet, sondern für die Anerkennung und Vollstreckung direkt auf die drittstaatliche Entscheidung zurückgreifen und mit der Vollstreckbarerklärung dem Gläubiger einen Vollstreckungstitel verschaffen. Im Vergleich zu den bereits beleuchteten deutschen und französischen Anerkennungsmechanismen erscheint dies als verhältnismäßig aufwändig für den Urteilsgläubiger. Eine „Entlastung“ erfährt Letzterer in prozessualer Hinsicht jedoch dahingehend, dass er zur Vereinfachung des Verfahrens ein Urteil im beschleunigten bzw. summarischen Verfahren (summary judgment) nach Rule 24 CPR beantragen kann, wenn sich der Beklagte voraussichtlich nicht erfolgreich gegen die Klage wird verteidigen können.382 In dem hierauf durchgeführten Verfahren vor 378
Schibsby v Westenholz (1870) L.R. 6 Q. B. 155 (155 ff.). Statt aller Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 163 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 370; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 460 f.; siehe auch Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 37; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 5. 380 Siehe exemplarisch hierzu die Entscheidungen Nouvion v Freeman (1889) Ch. D. 244 (244 ff.) sowie East India Trading Co. Inc. v Carmel Exporters and Importers Ltd. [1952] 2 Q. B. 439 (439 ff.); vgl. ausführlich Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 460 f.; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 618 f. 381 Schibsby v Westenholz (1870) L.R. 6 Q. B. 155 (159); vgl. Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 460; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 666; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 163 f.; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 88; Hayward, Conflict of Laws, S. 88. 382 Rule 24.2. CPR Grounds for Summary Judgment: „The court may give summary judgment against a claimant or defendant on the whole of a claim or on a particular issue if – (a) it considers that – (i) that claimant has no real prospect of succeeding on the claim or issue; or (ii) that defendant has no real prospect of successfully defending the claim or issue; and (b) there is no other compelling reason why the case or issue should be disposed 379
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dem englischen Gericht wird der Beklagte bzw. Urteilsschuldner mit keinem Verteidigungsmittel 383 gehört.384 III. Action upon the foreign judgment nach dem Common Law Bei dem englischen Anerkennungs- und Vollstreckungsrecht handelt es sich, wie eingangs erörtert, ganz wesentlich um Richterrecht, welches dann anzuwenden ist, wenn die jeweiligen Entscheidungen nicht in den Geltungsbereich der einschlägigen Staatsverträge bzw. „Acts“ fallen. 385 Eine Entscheidung, die im Ausland bzw. in einem Drittstaat ergangen ist, stellt dem Common Law nach eine rechtskräftige Sache dar.386 Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die jeweilige Entscheidung die Kriterien des Common Law für eine of at a trial.“, Rule 24.3 CPR Types of proceedings in which summary judgment is available: „(1) The court may give summary judgment against a claimant in any type of proceedings. (2) The court may give summary judgment against a defendant in any type of proceedings except – (a) proceedings for possession of residential premises against – (i) a mortgagor; or (ii) a tenant or a person holding over after the end of his tenancy whose occupancy is protected within the meaning of the Rent Act 19772 or the Housing Act 19883 and; (b) proceedings for an admiralty claim in rem. (c) […].“ Früher galt diesbezüglich Order 14 RSC, der bestimmte: „(1) Where a statement of claim has been served on a defendant and that defendant has served a defence to the statement of claim, the plaintiff may, on the ground that that defendant has no defence to a claim included in the writ, or to a particular part of such a claim, or has no defence to such a claim or part except as to the amount of any damages claimed, apply to the Court for judgment against that defendant.“, Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 668 f.; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 265; Brown, Conflict of Laws, S. 231; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.016; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 89; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 151 f.; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 695; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung USamerikanischer Urteile in England, S. 46 f.; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 170; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 38; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424). 383 Ausführlich zu den einzelnen Verteidigungsmitteln bzw. defences siehe Kap. II §§ 6 ff. 384 Vgl. Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 668 f. 385 Vgl. Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 160, 131 ff.; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 3; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171 ff.; Andenas, EBLR 2006, 619 (624). 386 Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 12; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 162; Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (466); Sonderkötter, RIW/AWD 1975, 370 (372); Briggs, The Conflict of Laws, S. 119 f.; zur Reichweite der Beweiskraft Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 39 f., 49 f.; sehr ausführlich zur estoppel-Lehre Barnett, Res Judicata, Estoppel, and Foreign Judgments, S. 8 ff.; Cohn, in: FS Nipperdey, 875 (875 ff.); näher zum estoppel zudem Kap. I § 4 IV.
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Anerkennung und Vollstreckung erfüllt.387 Um unter dem Common LawRegime anerkannt bzw. für vollstreckbar erklärt werden zu können, müssen einige grundlegende Anforderungen erfüllt sein: das drittstaatliche Urteil muss von einem zuständigen Gericht erlassen worden sein (competence of the foreign court); der verurteilten Partei muss ausdrücklich rechtliches Gehör gewährt worden sein, d. h. insbesondere auch, dass die Klageschrift ordnungsgemäß zugestellt worden sein muss; es darf keinem früheren englischen Urteil widersprechen und das Urteil darf nicht den fundamentalen Anforderungen prozessualer oder materieller Gerechtigkeit – also im weiteren Sinne der öffentlichen Ordnung (public policy) des englischen Rechts – entgegenstehen und schließlich nicht auf fraud beruhen.388 Das Common Law fordert jedoch – wie auch das französische Recht – grundsätzlich nicht die Verbürgung der Gegenseitigkeit (reciprocity).389 Eine Parallele zum französischen und deutschen Recht besteht zudem in der Ablehnung des Doppelexequaturs 390 und im Verbot der révision au fond bzw. der Entscheidung ohne Nachprüfung des drittstaatlichen Urteils in der Sache, was in der grundlegenden Entscheidung Godard v Gray vom Court of Queen’s Bench festgelegt wurde.391 1. Der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen Nach dem Common Law ist die Wirkungserstreckung durch eine action upon the foreign judgment nicht sämtlichen drittstaatlichen Entscheidungen zugänglich. Wie auch in der deutschen und französischen Rechtsordnung finden sich einige Einschränkungen hinsichtlich der Kriterien, die ein Urteil erfüllen muss, um in England anerkannt bzw. vollstreckbar erklärt werden zu können. So erfordert auch das Common Law zunächst eine nähere Auseinanderset-
387
Statt vieler Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 382. Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 3 ff.; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 164 ff.; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 264 ff.; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 695 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 41 ff.; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424 f.); Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 39; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (95). 389 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533, 605; Philippsohn, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, England and Wales, S. 5; Schütze, in: Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V, Nr. 1156, S. 15. 390 Siehe Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 721 f. 391 Godard v Gray (1870) L. R. 6 Q. B. 139 (139 ff.); Briggs, The Conflict of Laws, S. 143; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 148; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 472 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 605; Müller, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen im Bereich des Schuldrechts, S. 99; Müller/Hök/ Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 38; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (424). 388
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zung mit der Frage, welche Urteile bzw. Entscheidungsarten der Anerkennung und Vollstreckung zugänglich sind. Eine Anerkennung nach dem Mechanismus des Common Law ist lediglich unter den folgenden Voraussetzungen bzw. nur für die folgenden Entscheidungstypen möglich: Die Entscheidung muss eine Zivil- und Handelssache zum Gegenstand haben,392 sie muss eine endgültige Sachentscheidung („final and conclusive on the merits“) darstellen393 und die Entscheidung muss zur Zahlung eines bestimmten Geldbetrags verurteilen. 394 Insofern lässt sich bereits auf den ersten Blick ein Unterschied zur deutschen und französischen Rechtsordnung feststellen, denn nach dem Common Law ist der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen wesentlich enger. a) Gerichtsentscheidungen aa) Begriffsklärung Nach Sec. 11 des FJA 1933, der Interpretationen für die wesentlichsten in diesem Act verwendeten Begriffe liefert, ist ein „judgment“ bzw. Urteil im Sinne des Acts ein „Urteil oder eine gerichtliche Verfügung in jeglichem zivilrechtlichen Verfahren oder ein Urteil oder eine gerichtliche Verfügung in jeglicher strafrechtlicher Sache für die Zahlung einer Geldsumme hinsichtlich der Abfindung oder Entschädigung der geschädigten Partei.“ 395
Obwohl die Kriterien, die in den betreffenden Acts für die Anerkennung und Vollstreckung niedergelegt sind, von denen des Common Law freilich zu
392 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 137; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 696. 393 Nouvion v Freeman (1889) Ch. D. 244 (244 ff.); Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 626 ff.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 249 f.; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 463 f., 469 f.; Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (445 f.). 394 Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 94; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-12; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 628 ff.; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 471; Schütze, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1836; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 29 ff. Dies betrifft freilich nur die Anforderungen, die an die Natur der Entscheidung bzw. den Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen gestellt werden. Die übrigen Voraussetzungen, die für eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach Common Law zu erfüllen sind, werden im Folgenden noch detailliert beleuchtet. 395 Sec. 11 FJA 1933: „‘Judgment’ means a judgment or order given or made by a court in any civil proceedings, or a judgment or order given or made by a court in any criminal proceedings for the payment of a sum of money in respect of compensation or damages to an injured party.“
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unterscheiden sind,396 so stellen sie doch im Wesentlichen eine schriftliche Niederlegung der Grundsätze für die Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach dem Common Law dar.397 Bis auf einige wenige Unterscheidungen finden sich dementsprechend auf materieller Ebene wenige Unterschiede zum Common Law, weshalb die Interpretation durch die Acts für das Common Law – zumindest an dieser Stelle – zur Orientierung herangezogen werden kann. 398 Die englischen Gerichte anerkennen und vollstrecken nach der oben genannten Definition nur Urteile oder gerichtliche Verfügungen ausländischer bzw. drittstaatlicher Gerichte.399 Die Bezeichnung der Entscheidung als „Urteil“ im wörtlichen bzw. technischen Sinn ist dabei in der englischen – wie auch der deutschen und französischen – Rechtsordnung nicht entscheidend.400 Wie auch im französischen Recht sind dabei auch Urteile kirchlicher Gerichte anerkennungsfähig.401 Zudem sind nach dem Common Law Vergleiche der Anerkennung zugänglich,402 worin etwa ein Unterschied zur deutschen Rechtsordnung liegt.403 Allerdings besteht bei der Anerkennung nach dem Common Law – anders als im Bereich des Statute Law nach dem AJA 1920 oder dem FJA 1993 404 – nicht das Erfordernis, dass es sich bei den anzuerkennenden Entscheidungen um Urteile eines „höchsten Gerichts“ oder
396 Diese sind Gegenstand ausführlicher Betrachtung in Kap. III § 14. Es sei jedoch bereits darauf hingewiesen, dass die Acts nur einen bestimmten Kreis von Entscheidungen umfassen und als vom Common Law getrennt zu betrachten sind. 397 Statt vieler Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 133 f.; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 462; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171; Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (465 f.). Allerdings ist bei dem Vergleich von Common Law und den Statutes stets eine gewisse Vorsicht geboten, so verweisen McClean/Ruiz Abou-Nigm diesbezüglich sehr anschaulich auf die Ausführungen in der Entscheidung Henry v Geoprosco International Ltd.: „[…] one cannot ascertain what the common law is by arguing backwards from the provisions of the Act.“, Henry v Geoprosco International Ltd. [1976] Q. B. 726 (751); vgl. McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171. 398 Siehe auch Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (465 f.). In prozessualer Hinsicht sind die Unterschiede zwischen „action upon the foreign judgment“ nach dem Common Law und Registrierung der Entscheidung nach den „Acts“ hingegen gravierend; siehe hierzu Kap. III § 14. 399 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 160. 400 Stone, LMCLQ 1983, 1 (1). 401 Vgl. Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 136, der als Beispiel einer anerkennungsfähigen Entscheidung etwa ein Scheidungsurteil durch ein israelisches Rabbinergericht nennt. 402 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 160. 403 Zur (umstrittenen) Frage nach der Anerkennungsfähigkeit drittstaatlicher Vergleiche im deutschen autonomen Recht siehe Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (267 f.). 404 Siehe Sec. 9 (1) AJA 1920 und Sec. 1 (1) lit. b und c FJA 1933.
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eines „registered court“– handeln muss.405 Insofern ist bemerkenswert, dass Urteile, die aus Staaten stammen, für welche der AJA 1920 oder der FJA 1933 grundsätzlich bzw. in räumlicher Hinsicht Anwendung findet, gegebenenfalls (nur) nach dem Common Law anerkennungs- und vollstreckungsfähig sind, wenn sie nicht von einem „superior oder registered court“ erlassen wurden. 406 Tatsächlich scheint die Definition des Urteilsbegriffs bzw. eine entsprechende Begriffsklärung in der englischen Literatur und Rechtsprechung jedoch deutlich weniger Aufmerksamkeit als im deutschen oder französischen Recht zu erfahren. bb) Unterscheidung von Urteilen in personam und in rem Im englischen Prozessrecht findet sich eine Unterscheidung zwischen sog. Urteilen in personam und Urteilen in rem.407 Bei den actions in personam handelt es sich um Klagen, die auf die Bestimmung bzw. Feststellung von Rechten gegenüber einer Person bzw. auf eine Verurteilung des Beklagten zu einer Handlung, Zahlung, etc. gerichtet sind.408 Dem gegenüber stehen die sog. Urteile in rem. Eine Definition des Begriffs Urteil in rem liefert die Entscheidung Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd.409 Hiernach handelt es sich bei Urteilen in rem um „Urteile eines zuständigen Gerichts betreffend den Stand von Personen oder Sachen oder den Zustand von Sachen (in Abgrenzung zu einem bestimmten Interesse einer Partei des Rechtsstreits an der Sache)“.410 Klagen bzw. Urteile in rem betreffen also anders als die Urteile in personam einen wesentlich enger umrissenen Bereich. Sie haben entweder 405
Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-15 f.; siehe hierzu zudem Kap. III § 14 III 3. 406 Vgl. statt vieler Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 3. 407 Briggs, The Conflict of Laws, S. 119; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 162; Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 132 ff.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 716 ff. 408 Vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 516; siehe auch Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 162. 409 Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd. [1949] 2 K. B. 465 (465 ff.); vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 532; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 97. 410 „The term ‘judgment in rem’ is one clearly understood by the law and has been defined as meaning ‘a judgment of a court of competent jurisdiction determining the status of a person or thing, or the disposition of a thing (as distinct from the particular interest in it of a party to the litigation)’; […]“, Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd [1949] 2 K. B. 465 (475); vgl. Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 97; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 162; eine ähnliche Definition liefert Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 133.
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den Personenstand oder den Besitz und das Eigentum an Sachen zum Gegenstand, wobei letztere im zivil- und handelsrechtlichen Kontext wohl deutlich relevanter sein dürften.411 Eine sehr klare und anschauliche Abgrenzung der einzelnen Urteilstypen liefert die Entscheidung Cambridge Gas Transportation Corp. v Official Committee of Unsecured Creditors of Navigator Holdings plc.412 aus dem Jahr 2006. Hiernach handelt es sich bei Urteilen in rem wie auch in personam um „die juristische Bestimmung von Rechten: im einen Fall von Eigentumsrechten, in dem anderen Fall von Rechten gegen eine Person“.413 Einen weiteren wichtigen Unterschied zwischen den Urteilen in rem und in personam bildet ihre Wirkung. 414 Ein Urteil in personam wirkt (nur) inter partes zwischen den jeweiligen Parteien des Rechtsstreits.415 Demgegenüber wirken Urteile in rem nicht nur zwischen den Parteien, sondern inter omnes bzw. auch gegenüber Dritten.416 Dies lässt sich u. a. ausdrücklich der bereits erwähnten Entscheidung Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd. entnehmen. So führte der urteilende Richter Evershed in dieser Entscheidung zur Urteilswirkung weiter aus: „[…] and such a judgment in rem is conclusive evidence for and against all persons whether parties, privies or strangers of the matters actually decided.“417 Er betonte somit ausdrücklich den allgemeingültigen Charakter der Entscheidungen in rem im Kontrast zu der Wirkung inter partes bei Urteilen in personam. Aufgrund des eingeschränkten Bereichs der Entscheidungen in rem sollen im Folgenden nur die Klagen in personam Gegenstand der Betrachtung sein. Die Anerkennung von Urteilen in rem erfolgt jedoch im We411 Vgl. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 401.; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 716. 412 Cambridge Gas Transportation Corp. v Official Committee of Unsecured Creditors of Navigator Holdings plc. (2006) UKPC 26; (2006) 3 W. L. R. 689 (689 ff). 413 „Judgments in rem and in personam are judicial determinations of the existence of rights: in the one case, rights over property and in the other, rights against a person.“ Cambridge Gas Transportation Corp. v Official Committee of Unsecured Creditors of Navigator Holdings plc. (2006) UKPC 26; (2006) 3 W. L. R. 689 (694); siehe auch Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 237; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 516. 414 Briggs, The Conflict of Laws, S. 119. 415 Briggs, The Conflict of Laws, S. 119; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 162; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 353; Cube, Die internationale Zuständigkeit der englischen Zivilgerichte, S. 27; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 721. 416 Briggs, The Conflict of Laws, S. 119; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 162; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 721. 417 Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd (1949) 2 K. B. 465 (475); vgl. Fawcett/ Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 532; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 97.
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sentlichen nach derselben Grundstruktur mit kleineren Abweichungen, weshalb eine nähere Betrachtung in diesem Zusammenhang dahinstehen kann.418 b) Zivil- und Handelssachen Um in England anerkannt werden zu können, darf die Entscheidung keine ausländischen Abgaben („foreign revenue“) sowie keine strafrechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Belange zum Gegenstand haben. 419 Die grundsätzliche Ausnahme strafrechtlicher Entscheidungen aus dem Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen wurde zuerst im Jahr 1789 in der Entscheidung Folliott v Ogden 420 eingeführt.421 Auf diese grundlegende Entscheidung des Court of Common Pleas folgte im Jahr 1817 die ähnlich gelagerte Entscheidung Wolff v Oxholm, in der das Gericht die Leitlinie der Entscheidung Folliott v Odgen bestätigte.422 Beide Urteile basierten dabei auf der grundsätzlichen Erwägung, dass „Strafnormen strikt territorial bzw. lokal begrenzt gültig sind und nur im Rahmen ihrer Reichweite bzw. der jeweiligen Autorität Wirkung entfalten können“.423 Neben strafrechtlichen Entscheidungen sind Urteile, die zur Zahlung von Steuern oder Strafzahlungen verurteilen, der Anerkennung in England nicht 418
Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 162; ausführlich zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in rem in England und Wales siehe Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 401 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 532 ff. 419 Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 96; Hayward, Conflict of Laws, S. 95; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 30 ff.; ausführlich hierzu Stoel, (1967) 16 ICLQ, 663 (663 ff.) sowie Dutta, Die Durchsetzung öffentlichrechtlicher Forderungen ausländischer Staaten durch deutsche Gerichte, S. 17 ff., der ein grundlegendes Werk zur Vollstreckung öffentlich-rechtlicher Forderungen liefert. 420 Folliott v Ogden 126 E. R. 75, (1789) 1 H. Bl. 124 (124 ff.). 421 Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 31; Stoel, (1967) 16 ICLQ, 663 (664). In dieser Entscheidung hatte ein englisches Gericht die Anerkennung und Vollstreckung eines amerikanischen „American Revolutionary War decree“ versagt, das die Konfiszierung von Eigentum zum Gegenstand hatte, Folliott v Ogden 126 E. R. 75, (1789) 1 H. Bl. 124 (124 ff.). 422 Auch in dieser Entscheidung ging es um die Anerkennung einer Konfiszierungsentscheidung („confiscation decree“), in diesem Fall einer dänischen Entscheidung aus der Zeit der napoleonischen Kriege, Wolff v Oxholm 105 E. R. 1177, (1817) 6 M. & S. 92 (92 ff.); vgl. Stoel, (1967) 16 ICLQ, 663 (664); Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 31. 423 „The penal laws of foreign countries are strictly local, and affect nothing more than they can reach and can be seized by virtue of their authority.“, Folliott v Ogden 126 E. R. 75, (1789) 1 H. Bl. 124 (135); vgl. Stoel, (1967) 16 ICLQ, 663 (664); ausführlich zu beiden Entscheidungen Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 31.
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zugänglich. 424 Der Begriff der Strafzahlung („penalty“) wurde dabei von Lord Denning in der Entscheidung SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd. als „eine an den Staat zu Strafzwecken zahlbare Summe, jedoch keine an eine Privatperson zahlbare Summe, auch wenn diese Summe aufgrund von Schadensersatz zu Strafzwecken (‚exemplary damages‘) zahlbar ist“ definiert.425 Bereits in dem Urteil Raulin v Fischer 426 aus dem Jahr 1991 hatte die King’s Bench Division eine insofern grundlegende Entscheidung getroffen und entschieden, dass zwar grundsätzlich ein Akt, welcher der Ausübung hoheitlicher Gewalt eines anderen Staats dient, nicht anerkennungsfähig ist, das Urteil eines ausländischen Strafgerichts, das den Beklagten zu Ausgleichs- bzw. Schadensersatzzahlungen an den Geschädigten bzw. Kläger verurteilt – obwohl es sich um die Ausübung hoheitlicher Befugnisse handelt – der Anerkennung in England jedoch fähig sei.427 Diese Rechtsprechung 424 Siehe die Entscheidungen Huntington v Attrill [1893] A. C. 150 (154 ff.) und Rossano v Manufacturers’ Life Insurance Co. Ltd. [1963] 2 Q. B. 352 (352 ff.); Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 370; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 30 ff.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 673, 675; Stoel, (1967) 16 ICLQ, 663 (671 ff.); Stone, LMCLQ 1983, 1 (14). 425 „[…] a sum payable to the state by way of punishment and not a sum payable to a private individual, even though it is payable by way of exemplary damages.“, SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd. [1978] Q. B. 279 (299 f.); vgl. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 381; Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 154; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 383; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 675. Diese Entscheidung des Court of Appeal erging zwar im Zusammenhang mit der Auslegung des Bußgeldbegriffs im FJA 1933, aufgrund der Parallelität der Kriterien nach Common Law und den Acts lässt sich diese Definition jedoch auch für das Common Law heranziehen. 426 Raulin v Fischer [1911] 2 K. B. 93 (93 ff.). 427 „By the French law, where an offender is prosecuted for a crime, a person who was injured by the crime may intervene in the prosecution and put in a claim for damages, which claim is tried along with the criminal charge, and upon conviction punishment for the offence and damages for the injury may be awarded by the same judgment:— Held, that in such a case the judgment is severable, and that the portion of it awarding damages to the injured person is not within the rule of international law which prohibits Courts of justice from executing the penal judgments of a foreign Court, but may be enforced by action in this country.“, Raulin v Fischer [1911] 2 K. B. 93 (93). Im Fall Raulin v Fischer hatte eine Französin einen Amerikaner fahrlässigerweise durch einen rücksichtslosen Ritt mit ihrem Pferd („[…] recklessly galopping her horse […]“) auf der Avenue de Bois de Boulogne in Paris verletzt. Die Amerikanerin wurde aufgrund dieser fahrlässigen Handlung von einem französischen Gericht im Wege der action civile zur Zahlung von Schadensersatz verurteilt. Als der Geschädigte die Anerkennung und Vollstreckung des französischen Urteils vor einem englischen Gericht begehrte, urteilte dieses, dass das Urteil anerkannt werden könne, da sich zivilrechtlicher und strafrechtlicher Bestandteil des Urteils trennen ließen, siehe Hayward, Conflict of Laws, S. 95; Mapesbury, Dicey, Morris
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findet sich ausdrücklich auch in der bereits erwähnten Urteilsdefinition von Sec. 11 FJA 1933 wieder, woran sich abermals die Parallelen von Common Law und Statute Law zeigen. Es zeigt sich in England somit eine vergleichbare Situation wie in Deutschland und Frankreich, wo ebenfalls entsprechende zivilrechtliche Entscheidungen der Strafgerichte bzw. Adhäsionsurteile als Zivil- und Handelssache eingestuft werden.428 In diesem Zusammenhang lässt sich auch die Entscheidung United States of America v Inkley 429 von 1988 sehen. In dieser Entscheidung betonte der Court of Appeal noch einmal ausdrücklich, dass ausländische Strafregelungen nicht der Anerkennung und Vollstreckung zugänglich sind.430 Hier war jedoch genau der umgekehrte Fall im Vergleich zu Raulin v Fischer gegeben, d. h. das englische Gericht versagte die Anerkennung eines US-amerikanischen Zivilgerichtsurteils, weil es eine strafrechtliche Sache zum Gegenstand hatte.431 Anhand dieser beiden Entscheidungen zeigt sich sehr anschaulich, dass das Common Law – wie auch die deutsche oder französische Rechtsordnung – grundlegend auf die tatsächliche Rechtsnatur der Entscheidung bzw. den Streitgegenstand abstellt.432 Die Einstufung, ob der jeweiligen Entscheidung zivil- oder straf- bzw. öffentlich-rechtlicher Charakter zukommt, vollzieht sich dabei nach englischem Recht. 433 and Collins on The Conflict of Laws, S. 676; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 251; Stoel, (1967) 16 ICLQ, 663 (665); Stone, LMCLQ 1983, 1 (15); siehe auch Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 32 f.; Mayss/ Reed, European Business Litigation, S. 379. 428 Vgl. Kap. I § 2 III zum deutschen und Kap. I § 3 IV 1 c) zum französischen Recht. 429 United States of America v Inkley [1989] Q. B. 255 (255 ff.); eine nähere Besprechung der Entscheidung liefert etwa Carter, BYIL 59 (1988), 342 (347 ff.). 430 United States of America v Inkley [1989] Q. B. 255 (255 ff.); vgl. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 381; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 379; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-21; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung USamerikanischer Urteile in England, S. 30. 431 „Held, allowing the appeal, that an action by a foreign state to enforce in the English courts the execution of its own penal laws was not within the courts’ jurisdiction; that, notwithstanding its civil form, the purpose of the plaintiffs’ action was the execution of their public law process to ensure attendance of those charged with criminal offences before their criminal courts; and that, accordingly the High Court had no jurisdiction to entertain the plaintiffs’ action and it should be struck out.“, United States of America v Inkley [1989] Q. B. 255 (256); vgl. Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 154. 432 Ebenso Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 29; siehe auch Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 379. 433 So ausdrücklich Richter Purchas in der Entscheidung United States of America v Inkley: „From these authorities the following propositions seem to emerge which are relevant to the present appeal: (1) the consideration of whether the claim sought to be enforced in the English courts is one which involves the assertion of foreign sovereignty, whether it be penal, revenue or other public law, is to be determined according to the criteria of English
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Die recht weite Definition des Urteilsbegriffs findet im Common Law jedoch einige besondere Einschränkungen. So ist – obwohl dies grundsätzlich eine zivilrechtliche Materie betrifft – eine drittstaatliche Entscheidung über Eigentumsfragen oder sonstige dingliche Recht hinsichtlich einer außerhalb des Vereinigten Königreichs belegenen Immobilie oder bezüglich englischer Immobiliarfragen nicht der Anerkennung und Vollstreckung nach dem Common Law zugänglich.434 Überdies findet sich im englischen Recht eine besondere Regelung hinsichtlich sog. multipler Schadensersatzansprüche (multiple damages). So sind gemäß Sec. 5 des Protection of Trading Interests Act 1980 (PTIA 1980) multiple damages in England weder nach dem Common Law noch nach den statutorischen Mechanismen vollstreckbar.435 Des weiteren können auch solche Entscheidungen in England nicht für vollstreckbar erklärt werden, die das „Verbot restriktiver Handelspraktiken betreffen bzw. beeinträchtigen würden“.436 Nach dem Wortlaut der Präambel des PTIA 1980 ist dieser Act zwar law; […]“, United States of America v Inkley [1989] Q. B. 255 (265); Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 33. 434 Vgl. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 379; Clarkson/ Hill, The Conflict of Laws, S. 172; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 98. 435 Statt vieler Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 370 f.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 104; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 696 f. 436 Sec. 5 PTIA 1980: „(1) A judgment to which this section applies shall not be registered under Part II of the Administration of Justice Act 1920 or Part I of the Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 and no court in the United Kingdom shall entertain proceedings at common law for the recovery of any sum payable under such a judgment. (2) This section applies to any judgment given by a court of an overseas country, being- (a) a judgment for multiple damages within the meaning of subsection (3) below; (b) a judgment based on a provision or rule of law specified or described in an order under subsection (4) below and given after the coming into force of the order; or (c) a judgment on a claim for contribution in respect of damages awarded by a judgment falling within paragraph (a) or (b) above. (3) In subsection (2)(a) above a judgment for multiple damages means a judgment for an amount arrived at by doubling, trebling or otherwise multiplying a sum assessed as compensation for the loss or damage sustained by the person in whose favour the judgment is given. (4) The Secretary of State may for the purposes of subsection (2)(b) above make an order in respect of any provision or rule of law which appears to him to be concerned with the prohibition or regulation of agreements, arrangements or practices designed to restrain, distort or restrict competition in the carrying on of business of any description or to, be otherwise concerned with the promotion of such competition as aforesaid. (5) The power of the Secretary of State to make orders under subsection (4) above shall be exercisable by statutory instrument subject to annulment in pursuance of a resolution of either House of Parliament. (6) Subsection (2)(a) above applies to a judgment given before the date of the passing of this Act as well as to a judgment given on or after that date but this section does not affect any judgment which has been registered before that date under the provisions mentioned in subsection (1) above or in respect of which such
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von seinem Anwendungsbereich grundsätzlich neutral gehalten,437 faktisch soll er jedoch verhindern, dass die USA „ihr Wirtschafts- bzw. Wettbewerbsrecht gegenüber Großbritannien extraterritorial durchsetzen“.438 Hieran zeigt sich sehr anschaulich die rechtspolitische Dimension des Anerkennungsrechts in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen. c) Endgültigkeit der Entscheidung („final and conclusive on the merits“) Damit ein drittstaatliches Urteil in England anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden kann, muss das Urteil endgültig bzw. „final and conclusive on the merits“ sein, d. h. es muss alle relevanten streitigen Punkte zwischen den Parteien entschieden haben und es darf keine Möglichkeit mehr bestehen, vor dem Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, eine Abänderung des Urteils zu erwirken. 439 Dieses Erfordernis des Common Law wurde durch die Entscheidung Nouvion v Freeman durch das House of Lords im Jahr 1889 etabproceedings as are there mentioned have been finally determined before that date.“, abrufbar unter: ; Hayward, Conflict of Laws, S. 97; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 795; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-24; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 104. 437 „An Act to provide protection from requirements, prohibitions and judgments imposed or given under the laws of countries outside the United Kingdom and affecting the trading or other interests of persons in the United Kingdom.“, siehe Präambel des PTIA 1980. 438 Sehr umfänglich zu diesem Aspekt und der Natur des PTIA 1980 als „Abwehrgesetz“ gegen das US-amerikanische Wirtschaftsrecht vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 120 ff.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 104 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 795; Stone, LMCLQ 1983, 1 (16); sehr kritisch Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 370, die insofern ausführen: „This Act was precipitated by concern over the extraterritorial application of anti-trust laws of the United States of America. Diplomacy failed and this draconian legislation was used as a panacea, allowing wide powers to the Secretary of State to thwart foreign measures for international trade regulation perceived as negatively impacting upon the actual trading interests of persons in the United Kingdom.“ 439 Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 95; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 383 f., Fentiman, International Commercial Litigation, S. 695; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 142; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 626; Hayward, Conflict of Laws, S. 94; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 676; Brown, Conflict of Laws, S. 226; Moloney, Conflict of Laws, S. 222; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.12; Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Großbritannien, S. 39; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 98; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (426); Stone, LMCLQ 1983, 1 (8).
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liert.440 In diesem Fall hatte ein Kläger ein Urteil in einem summarischen Verfahren vor einem spanischen Gericht erwirkt. Dem Beklagten war es jedoch nach spanischem Prozessrecht möglich, ein erneutes Verfahren vor demselben Gericht, indem er erneut Verteidigungsmittel vorbringen konnte, anzustrengen. Hier urteilte das House of Lords: „An action cannot be brought in this country upon a foreign judgment for the recovery of a debt, if the judgment does not finally and conclusively (subject to an appeal to a higher Court) settle the existence of the debt so as to become res iudicata between the parties“. 441
Das grundlegende Erfordernis für die Anerkennung und Vollstreckung in England ist nach dieser Entscheidung ausdrücklich, dass dem drittstaatlichen Urteil im Urteilsstaat bzw. zwischen den Parteien Rechtskraftwirkung zukommt. Die Haupterwägung, die hinter diesem Erfordernis steht, ist, dass es widersprüchlich bzw. „absurd“ sei, einem ausländischen bzw. drittstaatlichen Urteil in England weitergehende Wirkungen zuzumessen als im Urteilsstaat.442 Zu beachten ist hierbei jedoch, dass eine Entscheidung, gegen die 440 Nouvion v Freeman (1889) Ch. D. 244 (244); Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 64 ff.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 676; Hayward, Conflict of Laws, S. 94; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 383 f.; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 27; Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (445 ff.); Stone, LMCLQ 1983, 1 (8); siehe zu diesem Aspekt auch die Entscheidungen Beatty v Beatty [1924] 1 K. B. 807 (811) und Blohn v Desser [1962] 2 Q.B. 116 (119); Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 98. 441 Nouvion v Freeman (1889) Ch. D. 244 (244); vgl. Hayward, Conflict of Laws, S. 94; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 98; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 626 f. 442 Dies betonte die Rechtsprechung ausdrücklich in den Entscheidungen Carl Zeiss Stiftung v Rayner & Keeler Ltd. (No. 2) (1967) 1 A. C. 853 (919) und Kirin-Amgen Inc. v Boehringer Mannheim GmbH [1997] F. S. R. 289 (311 f.). So sagte Lord Reid in der Sache Carl Zeiss Stiftung v Rayner & Keeler Ltd. (No. 2) sehr deutlich: „[…] but it seems to me to verge on absurdity that we should regard as conclusive something in a German judgment which the German courts themselves would not regard as conclusive.“, Carl Zeiss Stiftung v Rayner & Keeler Ltd. (No. 2) (1967) 1 A. C. 853 (919); auch in der Entscheidung KirinAmgen Inc. v Boehringer Mannheim GmbH [1997] F. S. R. 289 (289 ff.) führte der Court of Appeal wortgleich erneut aus: „It is clear that there can be no estoppel of this character unless the former judgment was a final judgment on the merits. But what does that mean in connection with issue estoppel? When we are dealing with cause of action estoppel it means that the merits of the cause of action must be finally disposed of so that the matter cannot be raised again in the foreign country. […] When we come to issue estoppel I think that, by parity of reasoning, we should have to be satisfied that the issues in question cannot be re-litigated in a foreign country. […], but it seems to me to verge on absurdity that we should regard as conclusive something in a German judgment which the German courts themselves would not regard as conclusive. It is quite true that estoppel is a matter for the lex fori, but the lex fori ought to be developed in a manner consistent with good sense.“,
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noch Rechtsmittel eingelegt werden können, trotz dieser Rechtsprechung in England anerkannt und für vollstreckbar erklärt werden kann. 443 Auf die formelle Rechtskraft im strikten Sinne wird folglich nicht abgestellt, das Urteil muss vielmehr (lediglich) „endgültig“ im Sinne des englischen Anerkennungsrecht sein, d. h. das Gericht, das ursprünglich die Entscheidung erlassen hat, darf eine Urteilsänderung nicht mehr vornehmen können, die Möglichkeit der Einlegung eines Rechtsmittels (zu einer höheren Instanz) steht einer Anerkennung und Vollstreckung nach dem Common Law jedoch grundsätzlich nicht entgegen. 444 Selbst ein Urteil, gegen das im Urteilsstaat bereits ein Rechtsmittel eingelegt wurde bzw. gegen das gegenwärtig noch ein Rechtsmittelverfahren im Erststaat möglich ist, ist der Anerkennung und Vollstreckung nach dem Common Law zugänglich. 445 Im Falle der Einlegung eines Rechtsmittels gegen die ursprüngliche Entscheidung im Urteilsstaat wird jedoch in der Regel das Exequaturverfahren vor den englischen Gerichten bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel ausgesetzt werden. 446 In diesem Zusammenhang lässt sich eine weitere Einschränkung der Entscheidung Nouvion v Freeman entnehmen. Darin äußerte Lord Herschell ausdrücklich: „It is obvious, therefore, that the mere fact that the judgment puts an end to and finally settles the controversy which arose in the particular proceedings, is not of itself sufficient to make it a final and conclusive judgment upon which an action may be maintained in the Courts of this country […].“447
Kirin-Amgen Inc. v Boehringer Mannheim GmbH [1997] F. S. R. 289 (311 f.); siehe Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (442 f); Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380. 443 Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 98; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 677 f.; Müller/Hök/ Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Großbritannien, S. 39; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 695. 444 So ausdrücklich der Court of Appeal in der Entscheidung Colt Industries Inc. v Sarlie No. 2, in der er betonte: „It is well established that, even though a judgment is subject to appeal, or under appeal, it is still final and conclusive so as to enable an action to be brought upon it.“, Colt Industries Inc. v Sarlie No. 2 [1966] 1 W. L. R. 1287 (1291); siehe auch Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 142 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 677 f.; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 695; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 250; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 174; Sonderkötter, RIW/AWD 1975, 370 (371 f.). 445 Statt vieler Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 676 ff. 446 Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 676; Brown, Conflict of Laws, S. 226; Hayward, Conflict of Laws, S. 94; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-17.
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Bloß einstweilige Entscheidungen bzw. „Zwischenentscheidungen“ (interlocutory decisions) gelten vor diesem Hintergrund nicht als endgültig in diesem Sinne und sind somit nicht anerkennungsfähig. 448 Mit der Frage, wann eine Entscheidung endgültig bzw. final and conclusive ist, befassten sich (wenn auch nur am Rande) schließlich auch die Richter in der neueren, vor einigen Jahren ergangenen Entscheidung Lewis v Eliades (No. 2), welche großes Interesse der Medien wie auch der Literatur auf sich zog.449 Der Court of Appeal bestätigte in dieser Entscheidung die Grundregel, dass ein Urteil dann als endgültig im Sinne des Anerkennungsrechts anzusehen sei, wenn eine Wiedereröffnung des Falls vor dem Ursprungsgericht nicht möglich sei, und führte aus, dass diese Anforderungen im Fall Lewis v Eliades (No. 2) erfüllt seien, da das Urteil alle für die Entscheidung relevanten Fakten berücksichtigt habe und die Verurteilung zum Schadensersatz nicht erneut verhandelt werden könne. 450 447 Nouvion v Freeman (1889) Ch. D. 244 (244). Diese Erwägung griff auch der Richter in der Entscheidung Buehler AG v Chronos Richardson Ltd. auf, in der es um die Endgültigkeit einer Entscheidung in Patentsachen ging, Buehler AG v Chronos Richardson Ltd. [1998] R. P. C. 609 (620); siehe Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 174; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380. 448 Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 250; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 99. 449 Vgl. Hayward, Conflict of Laws, S. 94 f. Der Boxer Lennox Lewis hatte vor einem Gericht in New York ein Urteil auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von über US-$ 7.000.000 gegen seine Manager bzw. Promoter erwirkt. Als Lewis aus dem Urteil in England im Wege des „summary judgment“ nach Rule 24 CPR vollstrecken wollte, führte die Beklagtenseite u. a. an, dies sei mangels Endgültigkeit des Urteils nicht möglich. Dies stützte sie auf die Erwägung, dass in diesem besonderen Fall, das Urteil u. a. auf einem Ausgleichsanspruch aufgrund des Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act (RICO) beruhe, der dem Kläger bzw. Gläubiger die Möglichkeit einräume, mittels eines entsprechenden Antrags den dreifachen Schadensersatz („treble damages“) zu fordern. Da zum Zeitpunkt der begehrten Anerkennung ein solcher Antrag gerade anhängig war, sei das Urteil aus Beklagtensicht nicht „final and conclusive“, Lewis v Eliades (No. 2) (2003) EWCA Civ 1758, [2004] 1 W. L. R. 692 (692 ff.); vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 562 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 400; McKnight, JIBLR 2004, 19 (5), 151 (156). 450 „In those circumstances, the judge found that, contrary to the defendant’s contention, the judgment was final and conclusive, there being essentially no dispute that the decision of the New York court could be relied upon as res judicata and that it was not possible to contend that the hearing was not a full hearing on the merits, descided upon by the jury. Subject to any appeal, the existence of which was not itself a matter rendering the judgment other than final and conclusive for the purposes of execution, the existence of the judgment debt could not be contested between the parties, nor could it be abrogated or varied save by the way of increase should the claimant proceed to obtain a separate judgment for the multiple element of the RICO award to which the claimant was entitled: […].“, Lewis v Eliades (No. 2) (2003) EWCA Civ 1758, [2004] 1 W. L. R. 692 (697); vgl.
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Um in England anerkannt werden zu können, muss die Entscheidung zudem „on the merits“ ergangen sein, d. h. es muss sich um eine Sachentscheidung handeln.451 Das englische Recht weist diesbezüglich einige Besonderheiten bzw. Abweichungen im Vergleich zum deutschen Anerkennungsrecht auf. So liegt nach dem Common Law insbesondere auch dann eine Sachentscheidung vor, wenn das drittstaatliche Gericht eine Klage aufgrund der eigenen Unzuständigkeit abweist. 452 Nach deutschem Recht würde es sich in diesem Fall um ein reines Prozessurteil handeln, das einer Anerkennung nicht zugänglich ist. 453 Die englischen Gerichte haben zur Begrifflichkeit der Sachentscheidung im Wesentlichen in zwei Entscheidungen Stellung bezogen. In der Entscheidung The Sennar No. 2 präzisierte Lord Brandon of Oakbrook im Jahr 1985 in seiner Urteilsbegründung die Anforderungen, die von einer Entscheidung erfüllt werden müssen, um als Sachurteil angesehen zu werden, wie folgt: „Looking at the matter negatively a decision on procedure alone is not a decision on the merits. Looking at the matter positively a decision on the merits is a decision which establishes certain facts as proved or not in dispute; states what are the relevant principles of law applicable to such facts; and expresses a conclusion with regard to the effect of applying those principles to the factual situation concerned.“454
Es muss sich demnach um eine Sachentscheidung handeln, die „gewisse Tatsachen als bewiesen oder unterstreitig“ niederlegt, die die jeweils relevanten anwendbaren Rechtsgrundsätze festlegt und die schließlich ein Ergebnis ausdrückt, das den Effekt der Anwendung dieser Rechtsprinzipien in der tatsächlichen betreffenden Situation bestimmt.455
Hayward, Conflict of Laws, S. 94 f.; ausführlich zur Problematik der Anerkennung von „treble damages“ (insbesondere auf Grundlage des RICO) in England siehe Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 81 ff. 451 Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 95; Hayward, Conflict of Laws, S. 95; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 682; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 177. 452 The Sennar No. 2 [1985] 1 W. L. R. 490 (490 ff.); vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 177. 453 Ist ein Gericht unzuständig, dann fehlt eine Sachurteilsvoraussetzung und das Gericht weist, ohne auf die Begründetheit der Klage einzugehen, die Klage durch Prozessurteil ab, siehe Musielak, Grundkurs ZPO, Rn. 56 ff., 116; zur fehlenden Anerkennungsfähigkeit von Prozessurteilen nach deutschem autonomem Recht siehe statt vieler Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 10. 454 The Sennar No. 2 [1985] 1 W. L. R. 490 (499); vgl. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 385; Hayward, Conflict of Laws, S. 95; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 385; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 682; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 177. 455 Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 28 mit Verweis auf The Sennar No. 2 [1985] 1 W. L. R. 490 (499).
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Auch in der Entscheidung Desert Sun Loan Corporation v Hill 456 entschied der Court of Appeal, dass die Entscheidung eines ausländischen Gerichts über seine Zuständigkeit bzw. rein prozessuale Fragen als Entscheidung „on the merits“ von den englischen Gerichten zu betrachten und somit der Anerkennung nach dem Common Law zugänglich sei. 457 An diesen beiden grundlegenden Entscheidungen zeigt sich, dass obwohl das Urteilsgericht in beiden Fällen keine materielle streitige Frage zwischen den Parteien entschieden hat, dies nicht zwangsläufig bedeutet, dass es sich nicht um eine Entscheidung on the merits im Sinne des englischen Anerkennungsrechts handeln kann. Vielmehr kann auch ein drittstaatliches Urteil, das eine rein prozessuale Frage wie insbesondere die Frage der Zuständigkeit entscheidet, eine Sachentscheidung in diesem Sinne darstellen, sofern die Klärung eben dieser prozessualen Frage Gegenstand des drittstaatlichen Verfahrens und der gerichtlichen Entscheidung war. 458 Insofern zeigen sich einige feine Unterschiede zum deutschen oder französischen Recht, die eine derartige Nuancierung nicht vornehmen. 2. Beschränkung auf Zahlungsurteile Eine weitere Eigenheit des englischen Rechts besteht schließlich darin, dass englische Gerichte zwar jede Art von Urteil in Zivil- und Handelssachen anerkennen, vollstreckbar sind jedoch nur Urteile im Zusammenhang mit festen Geldbeträgen, sog. money judgments.459 Vor diesem Hintergrund sind nach dem Common Law ausländische Unterlassungsverfügungen (foreign injunctions) oder Urteile auf Vertragserfüllung (specific performance) nicht vollstreckbar.460 Allerdings sind nicht alle Entscheidungen, die die Zahlung einer Geldsumme zum Gegenstand haben, der Anerkennung fähig. So sind – wie bereits 456
Desert Sun Loan Corporation v Hill [1996] 2 All E. R. 847 (847 ff.). Vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 682; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 386; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 385; siehe auch Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 177. 458 Vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 682 f.; Desert Sun Loan Corporation v Hill [1996] 2 All E. R. 847 (847 ff.). 459 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 137, 160; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 250; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380 f.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 99; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 29; Stone, LMCLQ 1983, 1 (7 f.). 460 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 538; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 378; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 695; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 99; sehr ausführlich zur Problematik der Anerkennung und Vollstreckung von sog. non-money judgments Kennett, The Enforcement of Judgments in Europe, S. 287 ff. 457
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erwähnt – Urteile, die den Beklagten zur Zahlung von Steuern bzw. Abgaben oder Strafzahlungen verurteilen, der Anerkennung nach dem Common Law nicht zugänglich. 461 Problematisch kann bezüglich der Beschränkung auf Zahlungsurteile sein, inwiefern der jeweilige Betrag bestimmt sein muss. Erforderlich ist für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach dem Common Law, dass die Summe ausdrücklich festgelegt ist und der Betrag nicht zu einem zukünftigen Zeitpunkt noch abgeändert werden kann.462 So entschied ein englisches Gericht in der Sache Sadler v Robins aus dem Jahr 1808, dass ein Urteil, das zwar eine bestimmte Geldsumme nennt, diese aber noch der Besteuerung unterstellt, nicht als fixe Geldsumme im Sinne des englischen Anerkennungsrechts anzusehen sei, da bis zur Besteuerung die endgültig zu zahlende Summe unbestimmt bleibe.463 Dieselbe Argumentation findet sich in der Entscheidung Beatty v Beatty 464 des Court of Appeal aus dem Jahr 1924, in welcher Richter Scrutton festlegte, dass eine Geldsumme dann hinreichend bestimmt sei, wenn sich die zu zahlende Summe „leicht durch einen arithmethischen Prozess bestimmen lässt“.465 Anders als es nach der Entscheidung Sadler v Robins scheint, reicht somit die Bestimmbarkeit der geschuldeten Summe für eine Anerkennung und Vollstreckung in England aus. 466 Allerdings wird an dieser Beschränkung auf Zahlungsurteile einige Kritik geübt. So forderte der Supreme Court of Canada in seiner Entscheidung Pro Swing Inc. v Elta Golf Inc., dass die traditionelle Beschränkung auf Zahlungsurteile überarbeitet werden müsse und auch sog. equitable orders der 461 Vgl. Huntington v Attrill [1893] A. C. 150 (154 ff.); Rossano v Manufacturers’ Life Insurance Co. Ltd. [1963] 2 Q. B. 352 (352 ff.); vgl. Hayward, Conflict of Laws, S. 95; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 370, 380. 462 Siehe Beatty v Beatty [1924] 1 K. B. 807 (807); Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 250; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 628; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-17; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 250; Stone, LMCLQ 1983, 1 (8). 463 Lord Ellenborough betonte in diesem Fall erneut: „But the law implies a promise to pay a definite, not an indefinite sum.“, Sadler v Robins (1808) 1 Camp 253 (256); vgl. Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 378 f.; Hayward, Conflict of Laws, S. 94; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 675; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 250. 464 Beatty v Beatty [1924] 1 K. B. 807 (807 ff.). 465 „No doubt a judgment to be final must be for a sum certain. But a sum is sufficiently certain for that purpose if it can be ascertained by a simple arithmetical process.“ Beatty v Beatty [1924] 1 K. B. 807 (816); Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 628; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 94 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 675; Moloney, Conflict of Laws, S. 222; Hayward, Conflict of Laws, S. 94; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 250; Stone, LMCLQ 1983, 1 (8). 466 Näher zur Entscheidung Sadler v Robins Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 94.
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
Anerkennung zugänglich gemacht werden sollten, um den Anforderungen des modernen Wirtschafts- und Rechtsverkehrs gerecht werden zu können.467 Dabei müsse zwar vorsichtig vorgegangen werden bzw. die entscheidenden Gerichte sollten ermächtigt werden, alle relevanten Faktoren flexibel zu handhaben, um eine Störung der Rechtsordnung zu vermeiden, jedoch werde sich die Aufgabe der Beschränkung auf grenzüberschreitenden Handel und Rechtsstreite (positiv) auswirken. 468 Dieser Kritik des kanadischen Gerichts ist zuzustimmen, da eine derartige Einschränkung des Kreises der anerkennungsfähigen Entscheidungen zum einen wenig zeitgemäß erscheint und zum anderen eine Ausklammerung – insbesondere von Unterlassungsverfügungen oder Nacherfüllungsansprüchen – eine deutliche Beeinträchtigung des grenzüberschreitenden Handels darstellt. 469 Eine Aufgabe dieser Beschränkung erscheint dementsprechend de lege ferenda wünschenswert. IV. Doctrine of estoppel per rem iudicatam Wie in der deutschen und in der französischen Anerkennungs- und Vollstreckungspraxis wird auch im englischen Recht zwischen Anerkennung und Vollstreckung unterschieden. 470 Auch hier findet sich das Prinzip wieder, dass eine Vollstreckbarerklärung ohne Anerkennung nicht möglich ist, während die Möglichkeit der Anerkennung ohne darauf folgende Vollstreckbarerklärung besteht. 471 Obwohl in der Regel wohl die Vollstreckung eines drittstaat467
Pro Swing Inc. v Elta Golf Inc (2006) S.C.C. 52, (2006) CarswellOnt 7203; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 539; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 249. 468 „Although the time is ripe to revise the traditional common law rule preventing the enforcement of foreign non-money judgments, the change must be made cautiously and be accompanied by judicial discretion enabling the domestic court to consider relevant factors to ensure that the orders do not disturb the structure and integrity of the Canadian legal system. Departing from the rule will affect both commercial activity and judicial assistance in an era of large-scale cross-border commerce, e-commerce, and cross-border litigation. There must be flexible factors reflecting the specific and varied nature of equitable orders. Judicial assistance under a new rule would move beyond triggering mechanisms necessary to collect a debt to the possibility of interpreting and applying the law of another jurisdiction. It would alter the separation of judicial systems and would open the door to equitable orders.“, Pro Swing Inc. v Elta Golf Inc (2006) S.C.C. 52, (2006) CarswellOnt 7203. 469 Ebenso etwa Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 628. 470 Siehe etwa Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 161; ausführlich Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 664 f. 471 „There can be no enforcement of a judgment without recognition; but there may be recognition without enforcement.“, vgl. Wolff, Private International Law, S. 253; so auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 664; Stone, LMCLQ 1983, 1 (2); siehe auch Schütze, NJW 1973, 2143 (2145), der für das deutsche Recht feststellt: „Eine Vollstreckbarerklärung ohne Anerkennung ist nicht möglich, wohl aber eine Anerkennung ohne Vollstreckbarerklärung“.
§ 4 Grundlagen des englischen Rechts
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lichen Urteils im Inland begehrt wird, gibt es einige Situationen, in denen die betroffene Partei nur die Anerkennung und nicht die Vollstreckung beantragt. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn das Urteil als Hindernis für ein anschließendes Verfahren vor englischen Gerichten dienen soll.472 Wann ein ausländisches bzw. drittstaatliches Urteil als Prozesshindernis angeführt werden kann, hängt von der sog. doctrine of estoppel per rem iudicatam ab.473 Sind die Voraussetzungen, die das Common Law für die Vollstreckbarerklärung einer drittstaatlichen Entscheidung aufstellt, erfüllt, so stellt diese – wie bereits dargelegt – ein wirksames Hindernis für ein Verfahren dar bzw. wird als res iudicata betrachtet. Das bedeutet, dass der Entscheidung zum einen die Wirkung eines sog. cause of action estoppel und zum anderen die Wirkung eines sog. issue estoppel zukommt.474 Der cause of action estoppel bewirkt, dass „eine Partei gegenüber der anderen Partei die Existenz einer bestimmten Anspruchsgrundlage oder die Existenz oder Nicht-Existenz dessen, was zwischen den Parteien von einem zuständigen Gericht festgestellt worden ist, geltend machen oder bestreiten kann“.475
Der Begriff des issue estoppel ist hingegen enger gefasst. 476 So ist unter issue estoppel die Wirkung zu verstehen, dass eine bestimmte Tatsache oder 472
Vgl. statt vieler Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 382. Sehr ausführlich zu sämtlichen Aspekten des estoppel per rem iudicatam und den von ausländischen Urteilen ausgehenden Wirkungen Barnett, Res Judicata, Estoppel, and Foreign Judgments, S. 8 ff.; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 722; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 382; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.001. 474 Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.001; Hayward, Conflict of Laws, S. 95; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 722; Clarkson/ Hill, The Conflict of Laws, S. 178; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 101, Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (441). 475 Diese Definition liefert Richter Diplock in der Entscheidung Thoday v Thoday: „[…] ‘cause of action estoppel’ is that which prevents a party to an action from asserting or denying, as against the other party, the existence of a particular cause of action, the nonexistence or existence of which has been determined by a court of competent jurisdiction in previous litigation between the same parties.“, Thoday v Thoday [1964] 2 W. L. R. 371, [1964] P. 181 (197); vgl. Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 384 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 382; siehe auch Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 14. Insofern sei zudem auf die obigen Ausführungen zur doctrine of merger und der Aufhebung der erneuten Klagemöglichkeit durch Sec. 34 CJJA 1982 verwiesen, vgl. Kap. I § 4 II, III; ausführlich zu cause of action estoppel siehe Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 382 f., 388 ff.; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.002 weist darauf hin, dass die doctrine of merger und das Rechtsinstitut des estoppel zwar verwandt, aber nicht identisch seien. 473
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Kapitel I: Grundlagen des Anerkennungsrechts
Rechtsfrage, die in einem drittstaatlichen Verfahren festgestellt wurde, in einem Verfahren vor einem englischen Gericht nicht erneut verhandelt bzw. bestritten werden kann. 477 Die jeweilige Entscheidung stellt folglich zum einen ein Prozesshindernis aufgrund entgegenstehender Rechtskraft dar und entfaltet zum anderen präjudizielle Wirkung. Voraussetzung ist jedoch jeweils, dass Parteiidentität zwischen den Parteien des erst- und zweistaatlichen Verfahrens besteht.478 Die doctrine of estoppel per rem iudicatam wurde laut Hill im Wesentlichen aufgrund zweier Aspekte entwickelt: zum einen liege es im öffentlichen Interesse, dass mit der drittstaatlichen Entscheidung die Sache endgültig beigelegt wurde, zum anderen sei es vor dem Hintergrund der Rechtssicherheit dem Einzelnen nicht zumutbar, in derselben Sache zweimal bzw. mehrere Male einen Prozess führen zu müssen. 479 Dementsprechend werden, wenn ein Urteil „estoppel-Wirkung“ aufweist, grundsätzlich nicht nur solche Einwände „blockiert“, über die das Gericht ausdrücklich in dem Verfahren entschieden hat, sondern auch solche Verteidigungsmittel, die von den Parteien schon im erststaatlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können bzw. müssen. 480 Die Unterscheidung zwischen Anerkennung und Vollstreckung ist somit vor dem Hintergrund der obigen Ausführung insbesondere dann relevant, wenn (lediglich) das drittstaatliche Urteil als Prozesshindernis angeführt wird, jedoch nicht auf Grundlage des Urteils die Zwangsvollstreckung in England betrieben werden soll. Insofern zeigen sich Parallelen zum deutschen und französischen Recht, die mit der bloßen bzw. inzidenten Anerkennung und 476
Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 385. Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.001.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 722; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 14; Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (441). 478 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 178. 479 Vgl. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 382 mit Verweis auf die Entscheidung Charm Maritime Inc. v Kyriakou [1987] 1 Lloyd’s Rep. 433 (440); siehe auch Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (442). Diese Aspekte betont zudem Hou, Comparative Analysis of the Korean Approach to Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 17 f. 480 Vgl. Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 380 mit Verweis u. a. auf die Entscheidung Henderson v Henderson. Die beschriebene weitreichende Wirkung des estoppel hatte Sir James Wigram in dieser Entscheidung ausdrücklich betont: „The plea of res judicata applies, except in special cases, not only to points upon which the Court was actually required by the parties to form an opinion and pronounce a judgment, but to every point which properly belonged to the subject of litigation, and which the parties, exercising reasonable diligence, might have brought forward at the time.“, Henderson v Henderson 67 E. R. 313, (1843) 3 Hare 100 (115); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 723; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 218; ausführlich zu dieser Entscheidung Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (441 ff). 477
§ 5 Zusammenfassung
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der „action en (in)opposabilité“ dem Urteilsgläubiger ebenfalls eine Möglichkeit einräumen, die Wirkungen der drittstaatlichen Entscheidung ohne aufwändiges Exequaturverfahren auf das Inland zu erstrecken.
§ 5 Zusammenfassung § 5 Zusammenfassung
Die Betrachtung der grundlegenden Theorien und Anerkennungssysteme, welche die deutsche, französische und englische Rechtsordnung für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung drittstaatlicher Entscheidungen gewählt haben, liefert bereits eine (erste) grundlegende Erkenntnis: Alle Rechtsordnungen treffen – wenn auch in unterschiedlicher Ausgestaltung – eine Unterscheidung zwischen den Rechtsinstituten der Anerkennung und Vollstreckung und weisen auch hinsichtlich des Kreises der Entscheidungen, deren Wirkungen sie auf ihr jeweiliges Hoheitsgebiet erstrecken wollen, einige Übereinstimmungen auf. Während Deutschland mit seiner Tradition des geschriebenen Rechts Anerkennung und Vollstreckung in den §§ 328, 722 und 723 ZPO behandelt bzw. in unterschiedlichen Abschnitten der ZPO deutlich erkennbar trennt, nehmen das Common Law und das französische Recht eine ähnliche, wenngleich nicht durch geschriebene Rechtssätze erkennbare Trennung vor. Auch diese beiden Rechtsordnungen haben über die Rechtsprechung Urteilstypen bzw. Konstellationen herausgearbeitet, in denen ein Vollstreckbarerklärungsverfahren unpraktikabel bzw. überflüssig ist und somit nach der jeweiligen Rechtsordnung nicht mehr durchgeführt werden muss. Alle drei Rechtsordnungen zeigen insofern deutlich, dass sie zwischen der (bloßen) Wirkungserstreckung im Wege der Anerkennung und der Gewährung der Vollstreckungsmöglichkeit auf Grundlage des drittstaatlichen Urteils differenzieren. Hinsichtlich der erfassten Entscheidungstypen finden sich ebenfalls einige Übereinstimmungen, so wird in allen Rechtsordnungen die Beurteilung, ob es sich um eine „Zivil- und/oder Handelssache“ handelt, anhand des Streitgegenstands vorgenommen, weshalb beispielsweise alle drei Rechtsordnungen auch Adhäsionsentscheidungen anerkennen. Das Common Law nimmt mit seinem Erfordernis eines Zahlungsurteils zwar eine wenig zustimmungswürdige Eingrenzung der vollstreckbaren Entscheidungen vor, diese einzelnen Nuancen sollten jedoch nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sich in den untersuchten Rechtsordnungen hinsichtlich der grundlegenden Wertungen, insbesondere der Ablehnung straf- oder steuerrechtlicher Entscheidungen, bemerkenswerte Übereinstimmungen finden.
Kapitel II
Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Wie bereits anhand der Einführungen in die einzelnen Rechtssysteme in Ansätzen zu erkennen ist, haben die drei untersuchten Rechtsordnungen des deutschen, französischen und englischen Rechts nicht etwa eine extreme bzw. ablehnende Position bezogen und die Anerkennung von drittstaatlichen Gerichtsentscheidungen grundsätzlich abgelehnt, sondern jedes der drei nationalen Anerkennungsregime lässt die Wirkungserstreckung und Vollstreckung drittstaatlicher Urteile – unter gewissen Voraussetzungen – zu. Im folgenden Kapitel sollen diese Anforderungen und Voraussetzungen, die die einzelnen Rechtsordnungen für die Wirkungserstreckung bzw. die Urteilsanerkennung und -vollstreckbarerklärung aufgestellt haben, detailliert und vergleichend betrachtet werden.
§ 6 Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats § 6 Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats
I.
Die Anerkennungszuständigkeit nach deutschem Recht
1. Die historische Entwicklung des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a) Die Entwicklungen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts Das zentrale und (neben der ordre public-Kontrolle) wichtigste Anerkennungskriterium fast aller Rechtsordnungen bildet die Überprüfung der Anerkennungszuständigkeit – oder auch (indirekten) internationalen Zuständigkeit1 – des Urteilsgerichts, wodurch die Zuständigkeit drittstaatlicher Gerichte mittelbar bzw. indirekt durch den Anerkennungsstaat überprüft wird. 2 Auch im deutschen Recht bildet die Prüfung der internationalen Zuständigkeit das „Herzstück“ der autonomen Anerkennungsvoraussetzungen und lässt sich in 1 Häufig findet sich auch die Bezeichnung der Anerkennungszuständigkeit als indirekte Zuständigkeit, zur Begriffsklärung siehe statt vieler Pichler, Internationale Zuständigkeit im Zeitalter globaler Vernetzung, S. 223 f.; Basedow, IPRax 1994, 183 (183). 2 Dieser Ansicht hinsichtlich des Stellenwerts der Anerkennungszuständigkeit sind ebenfalls (statt vieler) Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 1; Mankowski, in: v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 5 Rn. 122; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 290; v. Mehren/Trautman, Harv L. Rev 81 (1968), 1601 (1610).
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
ihren ersten Ansätzen über viele Jahrhunderte zurückverfolgen. 3 So finden sich bereits im römischen Recht Quellen, die schon im Mittelalter als Grundlage der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer bzw. fremder Entscheidungen dienten.4 Auch im Sachsenspiegel vom Anfang des 13. Jahrhunderts finden sich Schilderungen zum Verfahren bei der Anerkennung fremder Urteile.5 Allerdings erlangte die Thematik der Urteilsanerkennung erst mit Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation im Jahr 1806 größere Bedeutung.6 Dies wird in der Literatur mitunter damit begründet, dass bis zu diesem Zeitpunkt auf der Grundlage des in Kontinentaleuropa dominierenden Einflusses des römischen Rechts ein weitgehendes Einverständnis über die angemessenen Gerichtsstände und somit relativ gleichgelagerte Zuständigkeitsbestimmungen bestanden habe.7 Hieraus wurde gefolgert, dass für die einzelnen Staaten wenig Anlass bestanden habe, sich mit einer „möglicherweise unangemessenen Inanspruchnahme von Jurisdikti3 Vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (184); Spiecker genannt Döhmann, Die Anerkennung von Rechtskraftwirkungen ausländischer Urteile, S. 37; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 10 ff. sowie ausführlich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel S. 63 ff., der ein grundlegendes Werk zur Prüfung der Anerkennungszuständigkeit nach deutschem Recht und den historischen Grundlagen liefert. 4 So regelt ein „Ulpian-Fragment“ die Anerkennung von in Rom gefällten Entscheidungen in den – zu diesem Zeitpunkt als Ausland geltenden – Provinzen. So heißt es in der betreffenden Digestenstelle D. 42, 1, 15, 1 (Ulpian): „Sententiam Romae dictam etiam in provinciis posse praesides, si hoc iussi fuerint, ad finem persequi imperator noster (Caracalla) cum patre (Septimius Severus) rescripsit.“, zit. nach Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 736 f.; laut Fricke zu übersetzen in etwa mit: „[…] dass die Statthalter auch in den Provinzen ein zu Rom gesprochenes Urteil vollstrecken können (hat unser Kaiser mit seinem Vater reskribiert)“, vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 64; siehe auch Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 52 f. 5 So bestimmt Art. 82 Abs. 1 im dritten Buch des Sachsenspiegels: „Wer sein Recht vor Gericht an einem Ort verliert, der hat es überall verloren, wenn man ihm dies vor Gericht nachweisen kann. Es ist aber niemand verpflichtet, das Gerichtszeugnis in ein anderes Gericht zu bringen. Sondern jener Richter, vor dem seine Rechtlosigkeit behauptet wird, soll zwei Boten zu dem Richter senden, wo er sein Recht verloren hat, damit sie hören, ob man es ihnen mit Zeugen beweisen kann. Und dafür sollen dann sie Zeugen sein.“, Repgow, Der Sachsenspiegel, S. 229; vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (184); Spiecker genannt Döhmann, Die Anerkennung von Rechtskraftwirkungen ausländischer Urteile, S. 37; siehe auch Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 738 m. w. N. 6 Vgl. Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 5; ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 64; siehe auch Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 233. 7 Vgl. Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 9; ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 7 ff.; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 56.
§ 6 Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats
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onsgewalt durch fremde Richter“ und mit der Anerkennung ihrer Urteile zu befassen.8 b) Das Anerkennungsrecht nach 1806 und die Thesen Feuerbachs Vor dem Hintergrund der soeben dargestellten, weitgehenden Einigkeit auf Grundlage des römischen Rechts war mit dem Zerfall des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation eine Zäsur im Anerkennungsrecht zu verzeichnen.9 So erfolgte mit Beginn des 19. Jahrhunderts im Zuge der Erlangung der Souveränität durch die Länder eine ausführlichere Befassung mit der Regelung der Anerkennung ausländischer Entscheidungen bzw. insbesondere mit den Regelungen zur internationalen Zuständigkeit. 10 Vor dem Hintergrund der neuen Souveränität der einzelnen Länder zeigte sich dabei häufig eine Tendenz zur Abkehr von der bislang großzügigeren Anerkennung ausländischer Entscheidungen und eine Entwicklung hin zur Nichtanerkennung. 11 Als Beispiel für diese (neue) ablehnende Haltung wird in der einschlägigen Literatur etwa die Verordnung des bayerischen Gesetzgebers vom 9. Oktober 1807 genannt, welche bestimmte: „Bei allgemeiner Betrachtung der Geseze fremder Staaten […], haben wir erwogen, daß kein Staat berechtigt sey, […] wenn es nicht in besonderen Verträgen zugestanden ist, zu
8 Vgl. Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 5, 9; diesbezüglich merkt jedoch Graupner an, dass für die damalige Anerkennungspraxis ganz wesentlich (gewesen) sei, ob die anzuerkennende Entscheidung innerhalb des Reichsverbands durchgesetzt werden sollte oder ob auch Entscheidungen anderer Territorialstaaten außerhalb des Reichsverbands der Anerkennung zugänglich waren. Dies sei eine ganz wesentliche Unterscheidung, die in der einschlägigen Literatur nicht hinreichend klar vorgenommen werde, vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (185, 189). 9 Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 11; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 738 f. m. w. N.; Graupner, in: FS Ferid, 183 (190). 10 Vgl. Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 11; ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 64 f.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 16; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 54 ff.; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 739 ff.; Süß, in: FS Rosenberg, 227 (242, Fn. 23). 11 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 65; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 11 f.; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 55; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 233. Diese Haltung kritisiert Mittermaier scharf und bezeichnet „die Meinung, daß jeder Staat wie mit einer chinesischen Mauer umschlossen sey“ als missverstandenes Souveränitätsstreben, Mittermaier, AcP 14 (1831), 84 (85); vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 17.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
fordern, daß ein von seinen Gerichtsstellen ausgesprochenes Urtheil an den in dem Gebiet eines anderen Staates befindlichen Personen oder Gütern vollzogen werde […]“.12
Dieser Rechtszustand, der sich selbst heute noch in einigen Rechtsordnungen findet,13 stellte sich jedoch als wenig sinnvoll und praktikabel heraus, da die Neugestaltung Deutschlands durch die hiermit verbundene „erhöhte Binnenwanderung“ eine grundlegende Regelung der Anerkennungskriterien erforderte.14 Insbesondere die Einführung des französischen Code Napoléon bzw. Code civil mit dem Jurisdiktionsprivileg seines Art. 1415 und des Code de procédure civile in den linksrheinischen Gebieten machten eine Auseinandersetzung mit der Anerkennungszuständigkeit notwendig.16 Vor dem Hintergrund dieser Erfordernisse entbrannte eine Diskussion darüber, wie die künftige Regelung des Anerkennungsrechts gestaltet werden sollte. Die wohl bedeutendste Rolle in den folgenden Entwicklungen hinsichtlich der Zuständigkeitsregelung nahm hierbei der bayerische Jurist Paul Johann Anselm von Feuerbach ein.17 Feuerbach unterschied (aufgrund einer „Interessenanalyse“ 18) hinsichtlich der Urteilsanerkennung drei Szenarien mit unterschiedlichen Anerkennungsregelungen: die Anerkennung von Urteilen, die im Rechtsstreit zwischen „Fremden und Fremden“ im Ausland ergangen sind, die Anerkennung von ausländischen Urteilen, die aufgrund einer Klage ergangen sind, die ein (bayerischer) Inländer im Ausland erhoben hat, und schließlich die Anerkennung 12 Königlich-Baierisches Regierungsblatt vom 24. October 1807; wiedergegeben in Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 79; vgl. Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 12; ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 65; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 233. 13 Siehe hierzu insbesondere Kap. II § 10 IV sowie die einführenden Bemerkungen zu den Niederlanden in der Einleitung. 14 Vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (191). 15 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 17; zum Jurisdiktionsprivileg in der französischen Rechtsordnung und der Abschaffung dieser Zuständigkeitsregelung durch den Arrêt Prieur im Jahr 2007 siehe die Ausführungen zur Überprüfung der Anerkennungszuständigkeit nach französischem autonomen Recht, Kap. II § 6 II 2 a) cc). 16 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 17, 280; siehe auch Graupner, in: FS Ferid, 183 (191); näher hierzu Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 57 ff. 17 Vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (192); siehe auch Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 17. Zu den Grundlagen und Entwicklungen der Thesen Feuerbachs siehe Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 79 ff.; ausführlich zur Diskussion, wie das Anerkennungsrecht ausgestaltet werden sollte bzw. zu den einzelnen Ansichten Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 65 ff.; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 14 ff. 18 Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 746.
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von ausländischen Urteilen, bei denen ein Inländer von einem Ausländer vor einem ausländischen Gericht verklagt worden ist. 19 Während in den ersten beiden Konstellationen eine Anerkennung ohne weiteres möglich war, da laut Feuerbach weder politische noch rechtliche Gründe einer Anerkennung entgegenstanden,20 fand nach Feuerbach im letzteren Fall das sog. Spiegelbildprinzip Anwendung. 21 So führte er in seinem berühmten Grundsatzwerk „Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung“ aus, dass „unter denselben rechtlichen Voraussezungen, unter welchen nach baierischen Gesezen ein Baierisches Gericht gegen einen Ausländer zuständig ist, unter denselben Voraussezungen muß von von Baierischer Seite den Gerichten ausländischer Staaten gegen Baierische Unterthanen die Zuständigkeit eingeräumt werden. Und da eine Gerichtszuständigkeit ohne Geltendmachung des Urtheils ein gehaltloser Name ist, und da Baiern ein durch seine eigenen Geseze begründetes Interesse hat, daß seine gegen Ausländer gesprochenen rechtskräftigen Erkenntnisse auch im Auslande vollstreckt werden; so muß Baiern ‚den (nach unserm Princip) competent gesprochenen Erkenntnissen auswärtiger Gerichte dieselbe Vollstreckbarkeit zugestehen, die es im gleichen Fall für seine gegen Ausländer competent gesprochenen Erkenntnisse von auswärtigen Staaten zu fordern ein Interesse hat‘.“22
Mit diesen Ausführungen etablierte Feuerbach das Spiegelbildprinzip, welches noch heute in Deutschland den Grundsatz für die Überprüfung der Anerkennungszuständigkeit bildet. 23 In den folgenden Jahrzehnten zeigte sich eine große Wirkung der Thesen Feuerbachs auf die Gesetzgebung, die sich in der Regelung der Anerkennungszuständigkeit in den Gesetzestexten einiger Länder niederschlug. 24 So blieben etwa in Bayern zwar grundsätzlich recht ablehnende Tendenzen bestehen, die Verordnung vom 9. Oktober 1807 wurde im Juni 1811 jedoch durch eine neue Verordnung ersetzt, welche die von Feuerbach aufgestellten 19
Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 745 f. Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 97 f. 21 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 280 f. 22 Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 103; vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (192); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 67; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 16; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 60. 23 Ebenso Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 67; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 16; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 60. 24 Graupner, in: FS Ferid, 183 (192 f.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 69 ff.; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 17; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 746; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 60 ff.; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 234. 20
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Grundsätze umsetzte.25 Die Regelungen der einzelnen Staaten des Deutschen Bundes blieben jedoch weiterhin unterschiedlich – nach wie vor standen sich anerkennungskritischere Gesetzgebungen wie zunächst in Bayern und recht offene Regelungen wie etwa in Preußen26 gegenüber.27 Es fanden sich jedoch in einzelnen Gesetzestexten – etwa der „kurhessischen Verordnung vom 25. April 1826, die von ausländischen Behörden begehrte Rechtshülfe betreffend“28 – zunehmend die Regelungen des Spiegelbildprinzips wieder bzw. das Spiegelbildprinzip wurde bei weniger eindeutigen Formulierungen zur Anerkennungszuständigkeit als Prüfungsmaßstab herangezogen.29 Um die nach wie vor bestehende „Rechtszersplitterung“ auf dem Gebiet des Zivilprozessrechts zu beseitigen, trat schließlich im September 1862 die sog. Hannoversche Kommission von Vertretern deutscher Regierungen im Auftrag der Bundesversammlung des Deutschen Bundes zusammen, um eine
25 Vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (193). So normiert § 1 der Verordnung von 1811: „Oben erwähnte Verordnung vom 9. October 1807 beschränkt sich blos auf diejenigen Fälle, wo von einem nach staatsrechtlichen Grundsäzen incompetenten auswärtigen Gerichte wider einen diesseitigen Unterthan erkannt worden ist; erstreckt sich daher nicht auf den Fall, wenn bei dem Gerichte des auswärtigen Staats entweder der allgemeine Gerichtsstand des Wohnorts, oder einer der besondern Gerichtsstände der gelegenen Sache, des Arrestes, des Contracts, oder der geführten Verwaltung begründet war.“, abgedruckt in Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 128 f.; Mittermaier, AcP 14 (1831), 84 (86 f.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 69; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 23; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 746. 26 Zu den Bestimmungen der Allgemeinen Gerichtsordnung siehe näher Graupner, in: FS Ferid, 183 (186 ff.). Eine ausführliche Darstellung des preußischen Rechts liefert Fricke, auf dessen umfassende Werke insofern verwiesen sei. Überblicksartig sei jedoch erwähnt, dass sich – laut Fricke – im Projekt des Codex Fridericiani Marchici von 1784 keine Normierung eines Zuständigkeitserfordernisses fand, nach dem Corpus Juris Fridericianum von 1781 und der Allgemeinen Gerichtsordnung für die preußischen Staaten von 1793 aber eine Überprüfung der Anerkennungszuständigkeit stattgefunden habe, vgl. Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 39 ff.; ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 69 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 281; Graupner, in: FS Ferid, 183 (193 ff.). 27 Graupner, in: FS Ferid, 183 (193 f.); Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 39 ff.; ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 69 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 281. 28 Siehe näher hierzu Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 31 f. 29 Ausführlich zu den Partikularrechten und den Gesetzesentwürfen, die auf die Thesen Feuerbachs folgten, siehe Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 69 ff.; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 60.
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einheitliche Zivilprozessordnung zu erarbeiten.30 Auf diesen ersten Kommissionsentwurf folgten einzelne abändernde Entwürfe wie z.B. ein Entwurf allein für den Norddeutschen Bund im Jahr 1870 oder der auch die süddeutschen Staaten einbeziehende „Entwurf II“ im Jahr 1872 – bevor schließlich im Jahr 1877 die Civilprozessordnung (CPO) entwickelt wurde.31 In dieser CPO von 1877 wurde das Spiegelbildprinzip schließlich vom Gesetzgeber des Deutschen Reichs in die Bestimmungen über die Vollstreckung ausländischer Urteile gemäß § 661 Abs. 2 Nr. 3 CPO übernommen. 32 Als im Jahr 1898 die CPO überarbeitet wurde, blieb – unter geringen Veränderungen – das Spiegelbildprinzip erhalten. 33 Auch im Rahmen der letzten umfassenden 30
Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 71; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 71; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 5 Rn. 1; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 234; Graupner, in: FS Ferid, 183 (199). Dies ist sicherlich auch vor dem historischen Hintergrund der zunehmenden Einigungsbestrebungen im Zusammenhang mit der Revolution von 1848 zu sehen, vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (198). 31 Vgl. Graupner, in: FS Ferid, 183 (199); sowie ausführlich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 72 ff.; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 71 ff. Die Civilprozessordnung vom 30.1.1877 trat zusammen mit den anderen Reichsjustizgesetzen – dem Gerichtsverfassungsgesetz vom 27.1.1877, der Strafprozessordnung vom 1.2.1877 und der Konkursordnung vom 10.2.1877 sowie den jeweiligen Einführungsgesetzen – am 1.10.1879 in Kraft, vgl. Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 5 Rn. 1 ff., 5. 32 § 661 der CPO von 1877 lautet: „(1) Das Vollstreckungsurtheil ist ohne Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Entscheidung zu erlassen. (2) Dasselbe ist nicht zu erlassen: 1. wenn das Urtheil des ausländischen Gerichts nach dem für dieses Gericht geltenden Rechte die Rechtskraft noch nicht erlangt hat; 2. wenn durch die Vollstreckung eine Handlung erzwungen werden würde, welche nach dem Rechte des über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung urtheilenden deutschen Richters nicht erzwungen werden darf; 3. wenn nach dem Rechte des über die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung urtheilenden deutschen Richters die Gerichte desjenigen Staates nicht zuständig waren, welchem das ausländische Gericht angehört; 4. wenn der verurtheilte Schuldner ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichts in Person noch durch Gewährung der Rechtshülfe im Deutschen Reiche zugestellt ist; 5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.“, zit. nach Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 21 f. Hierbei fällt auf, dass in der CPO von 1877 noch nicht zwischen Anerkennung und Vollstreckung unterschieden wird, vgl. Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 71 ff.; Hoffmann/Hau, RIW 1998, 344 (345). Zur Entwicklung des § 661 CPO bzw. des zugrunde liegenden Entwurfs sehr instruktiv Graupner, in: FS Ferid, 183 (199 ff.). 33 Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Spiegelbildprinzips, S. 42; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 74; ders., Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 79 f.; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 63.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
ZPO-Reform des internationalen Privat- und Verfahrensrechts im Jahr 1986 erfolgte keine Änderung hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit, sodass die Regelung des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO seit der ZPO-Novelle von 189834 faktisch unwesentlich verändert besteht.35 Das Spiegelbildprinzip bildet somit in fast unveränderter Form seit über 100 Jahren die Basis der internationalen Zuständigkeitsprüfung im deutschen autonomen Recht. 36 Inwiefern nach den heutigen politischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten allerdings vielleicht trotz der Bewährung der Norm im letzten Jahrhundert eine Reform angezeigt ist, wird die Rechtsvergleichung mit der französischen und englischen Rechtsordnung zeigen. 2. Das Spiegelbildprinzip gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO a) Regelungsgehalt Nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist die Anerkennung des Urteils eines ausländischen bzw. drittstaatlichen Gerichts in Deutschland ausgeschlossen, „wenn die Gerichte des Staates, dem das urteilende Gericht angehört, nach den deutschen Gesetzen nicht zuständig sind“.37 Wann dies der Fall ist, normiert das deutsche Recht jedoch nicht ausdrücklich, sondern es verweist für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit des jeweiligen Urteilsstaats auf die „für die deutschen Gerichte geltenden Vorschriften“.38 Geprüft wird dabei nach deutschem 34
Siehe ausführlich hierzu Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 24 ff. Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 74; BT-Dr. 10/504, S. 88, in der im Wesentlichen angeführt wird, dass eine Angleichung an die EuGVÜ in diesem Punkt nicht möglich sei, aber auf die nähere Ausgestaltung der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit nicht eingegangen wurde. Gottwald führt insofern aus, der deutsche Gesetzgeber habe bei der IPR-Reform am Spiegelbildprinzip festgehalten, weil es für den Anerkennungsrichter relativ einfach zu handhaben sei und sich ein abschließender internationaler Standard für die Ausübung der internationalen Zuständigkeit bisher nicht entwickelt habe, vgl. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 82; siehe auch Hoffmann/Hau, RIW 1998, 344 (345); ausführlich zur ZPO-Novelle von 1898 Fricke, Die autonome Anerkennungszuständigkeitsregel im deutschen Recht des 19. Jahrhunderts, S. 79 f.; ders., Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 73 f. 36 Ähnlich Hoffmann/Hau, RIW 1998, 344 (345). 37 Statt aller Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 95 ff.; Kern, ZZP (120) 2007, 31 (43); Nagel/Gottwald, IZPR, § 11 Rn. 150; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO, S. 27; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 26; Schütze, DIZPR, Rn. 330 ff.; Makarov, RabelsZ 34 (1970), 703 (703). 38 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 74; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 102; ders., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 114; ders., in: FS Nakamura, 169 (174); Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO, S. 2 f., 45; Schindler, Durchbrechungen des 35
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autonomen Recht, ob bei hypothetischer39 Anwendung deutscher Zuständigkeitsnormen auf das Verfahren im Urteilsstaat die internationale Zuständigkeit des erkennenden drittstaatlichen Gerichts gegeben wäre – das in dieser Form bereits von Feuerbach entwickelte, soeben dargestellte „Spiegelbildprinzip“.40 § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO regelt somit auf „nachgelagerter Ebene der Anerkennung“ bzw. auf indirekte Weise, wann aus deutscher Sicht ein drittstaatliches Gericht zur Entscheidung berufen bzw. befugt ist.41 Bei der Regelung von Zuständigkeiten ist zu beachten, dass jeder Staat selbst unmittelbar nur berechtigt ist, die Zuständigkeit seiner eigenen Gerichte festzulegen, was bereits aus dem mehrfach erörterten Prinzip der Territorialhoheit folgt.42 Hinsichtlich der Zuständigkeit drittstaatlicher Gerichte kann er jedoch mittelbar Regelungen treffen, indem er die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der Entscheidungen drittstaatlicher Spruchkörper einer Prüfung der Anerkennungszuständigkeit unterwirft.43 Wie bereits erläutert, hat sich im autonomen deutschen Recht für diese Überprüfung das SpiegelSpiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 22; Kern, ZZP (120) 2007, 31 (43 f.). 39 Die Begrifflichkeit der „hypothetischen Anwendung“ der örtlichen Zuständigkeitsnormen kritisiert Geimer, da die §§ 12 ff. ZPO nicht bloß „hypothetisch“ anwendbar seien, sondern grundsätzlich unmittelbar auch die internationale Zuständigkeit fremder Staaten regelten, vgl. Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 113 f. Wenn im Folgenden von „hypothetischer Zuständigkeit“ gesprochen wird, so beruht die Verwendung dieses Terminus darauf, dass im Erkenntnisverfahren nicht die §§ 12 ff. ZPO, sondern die eigenen Zuständigkeitsnormen des Entscheidungsstaats für die Begründung der Zuständigkeit herangezogen werden. 40 OLG Düsseldorf, 25.4.1995 – 21 U 244/90, RIW 1995, 947 (947); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 101 ff.; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 63; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 73; Linke/Hau, IZVR, Rn. 466; Nagel/Gottwald, IZPR, § 11 Rn. 152; Schütze, DIZPR, Rn. 330; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 22 ff. 41 Vgl. Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 17, 22; BGH, 26.3.1969 – VIII ZR 194/68, BGHZ 52, 30 (37); BGH, 3.2.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 (337 f.); BGH, 25.11.1993 – IX ZR 32/93, NJW 1994, 1413 (1413); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 101 ff.; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 58 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 73 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 290. 42 Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1495; ders., Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 105; Mankowski, in: v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 5 Rn. 123; Makarov, RabelsZ 34 (1970), 703 (704); Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach § 328 Abs. 1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S. 110; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 83, 777 ff.; Hoffmann, IPRax 1982, 217 (217); siehe bereits Wächter, AcP 25 (1842), 361 (417); vgl. Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (257).
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
bildprinzip durchgesetzt. In technischer Hinsicht bedeutet dies eine Überprüfung, ob nach den Bestimmungen des deutschen Prozessrechts zur örtlichen Zuständigkeit, d. h. insbesondere den §§ 12 ff. ZPO, ein Anknüpfungspunkt (im erststaatlichen Verfahren) für die Begründung der internationalen Zuständigkeit gegeben ist. 44 Es werden also die deutschen Regelungen, die eine Entscheidungszuständigkeit deutscher Gerichte begründen können, auf das Verfahren im Urteilsstaat „projiziert“.45 Die internationale ergibt sich somit grundsätzlich aus der örtlichen Zuständigkeit, weshalb man insofern auch von der „Doppelfunktionalität“ der deutschen Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit spricht.46 Zu beachten ist dabei, dass es nicht darauf ankommt, ob das jeweilige drittstaatliche Urteilsgericht nach Anwendung seiner eigenen Zuständigkeitsregelungen örtlich oder sachlich zuständig war, sondern nur darauf, dass nach den deutschen Vorschriften der jeweilige Drittstaat als Ganzes, d. h. „irgendein Gericht des jeweiligen Staats“ zuständig war.47 Auch bei Zugrundelegung eines der deutschen Rechtsordnung nicht bekannten Ge43
Statt vieler Hoffmann, IPRax 1982, 217 (217); Makarov, RabelsZ 34 (1970), 703 (704); Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 22 f. 44 Statt vieler Geimer, IPRax 1987, 143 (144); ders., in: FS Nakamura, 169 (174). 45 Diese Formulierung des Projizierens wählt etwa Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 26 f. 46 BGH, 3.2.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 = NJW 1993, 1073 (1073); BGH, 14.6.1965 – GSZ 1/65, BGHZ 44, 46 = NJW 1965, 1665 (1665); BGH, 18.4.1985 – VII ZR 359/83, BGHZ 94, 156 = NJW 1985, 2090 (2090); BGH, 7.4.1976 – IV ZR 70/74, NJW 1976, 1590 (1590); BGH, 22.11.1988 – VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154 (1155); BGH, 12.11.1990 – II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423 (424), ebenso OLG Düsseldorf, 25.4.1995 – 21 U 244/90, RIW 1995, 947 (947); jeweils m. w. N.; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 64. 47 Grundlegend RG, 21.3.1902 VII 29/02, RGZ 51, 135 (137 ff.); ebenso RG, 19.1.1911 VII 583/10, RGZ 75, 147 (148); LG Heilbronn, 6.2.1991 – 1 b O 2122/89 III, IPRax 1991, 262 (262); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 16; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 103, 106; ders., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 114 f.; ders., Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 96; ders., IZPR, Rn. 2898; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 81; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 8; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 76; Mankowski, in: v. Bar/Mankowski, IPR, Bd. 1, § 5 Rn. 122 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 292 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 152; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 157 Rn. 30; Hoffmann/Hau, RIW 1994, 344 (346). Dementsprechend urteilte auch der BGH, der anführte, dass vor dem Hintergrund des Schutzzwecks des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine Überprüfung der örtlichen und sachlichen Zuständigkeit nach dem Recht des Erststaats nicht angezeigt sei, da sich die einzelnen Schutzwirkungen, d. h. insbesondere der Schutz des Beklagten vor den Folgen eines für ihn unzumutbaren Verfahrens im Ausland, auf die Gerichtsbarkeit des Urteilsstaats insgesamt beschränkten. Den Schutz des Beklagten vor der Anwendung bestimmten ausländischen Rechts übernehme allein § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, vgl. BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263-97, NJW 1999, 3198 (3199).
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richtsstands,48 ist die Zuständigkeit des Erstgerichts gegeben, solange auch nach deutschem Prozessrecht ein Anknüpfungspunkt für eine Zuständigkeit gegeben gewesen wäre.49 Die tatsächlich vom Urteilsgericht angewendeten Normen der lex fori bzw. des drittstaatlichen Verfahrensrechts sind dabei auch in solchen Fällen irrelevant, in denen der Erstrichter seine „eigenen“ Zuständigkeitsnormen nicht richtig angewandt hat und so – unter richtiger Anwendung der lex fori – eigentlich gar keine Zuständigkeit des Erststaats gegeben war.50 Ist das Gericht des Erststaats international zuständig, so wird es – unabhängig von einer ggf. erfolgten Falschanwendung des internen Zuständigkeitsrechts – grundsätzlich als dem Beklagten zumutbar erachtet, sich vor diesem Gericht zu verteidigen.51 Eine Sonderproblematik stellt insofern dar, wann es sich um einen „Staat“ im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO handelt.52 Dies ist insbesondere relevant in solchen Fällen, in denen das Urteil in einem sog. Mehrrechtsstaat, also einem Staat, der unterschiedliche Rechtsordnungen umfasst, ergangen ist.53 So wird mitunter gefordert, dass es für die Anerkennungszuständigkeit nicht lediglich auf die internationale Zuständigkeit des „Gesamtstaats“ ankomme, sondern auch der jeweilige Einzel- bzw. „Gliedstaat“ zuständig gewesen sein müsse.54 Nach der vorzugswürdigen Gegenansicht ist bei Mehr48
Schütze erwähnt diesbezüglich z. B. die „transient jurisdiction“ bzw. „transient rule“ des anglo-amerikanischen Rechts, vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 20. 49 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 20; Nagel/Gottwald, IZPR, § 11 Rn. 156. 50 Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 106; ders., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 116, ders., IZPR, Rn. 2898, der nur in einem Verstoß gegen das grundlegende „erststaatliche Kompetenzrecht“ einen Fall sieht, in dem die Nichtanerkennung der Entscheidung die Konsequenz wäre; siehe auch Roth, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 328 Rn. 73, 76; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 291. 51 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 292 f., der diesbezüglich von einer „internationalen Gerichtspflichtigkeit“ des Beklagten spricht. 52 Zum Staatsbegriff des § 328 Abs. 1 ZPO grundlegend Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 35 ff., siehe auch Schütze, JZ 1982, 636 (636 f.). 53 Vgl. Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 35; Hoffmann/Hau, RIW 1994, 344 (347); siehe zudem Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 107. 54 Ausführlich hierzu Hoffmann/Hau, RIW 1994, 344 (347); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 107 jeweils m. w. N. Diese Ansicht wird etwa vertreten von Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 16; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 77; Spellenberg, in: Staudinger, BGB, § 328 ZPO, Rn. 321 f., BayObLG, 11.1.1990 – Breg. 3 Z 150/89, NJW 1990, 3099 (3099); 4.6.1997 – 1 U 2/96, RIW 1997, 960 (961). Letzteres begründet seine Ansicht mit dem Hinweis darauf, dass der Begriff „Staat“ vor dem Hintergrund von Art. 4 Abs. 3 EGBGB nicht notwendigerweise deckungsgleich mit dem Gesamtstaat als Völkerrechtssubjekt sei. Diese Ansicht hat jedoch der BGH, der im weiteren Verlauf des Verfahrens die Sache behandelt hat, verneint und ist von einer „ein-
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rechtsstaaten jedoch nicht auf den einzelnen „Gliedstaat“, sondern auf den „Gesamtstaat“ abzustellen. 55 Diesbezüglich überzeugend argumentiert etwa Spellenberg vor dem Hintergrund der allgemein anerkannten Regel, dass es bei der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit nicht auf die Einhaltung der örtlichen oder sachlichen und Zuständigkeitsbestimmungen des Drittstaats ankomme.56 Solange die Gerichtsbarkeiten der Einzelstaaten in eine bundesstaatliche eingegliedert seien, seien die interlokalen Zuständigkeitsregeln den Vorschriften über die örtliche und sachliche Zuständigkeit faktisch gleichgestellt und hinderten somit die Anerkennung nach deutschem autonomen Recht nicht.57 Kriterium für eine Bejahung der internationalen Zuständigkeit soll dementsprechend eine „die Einzelstaaten übergreifende Gerichtsorganisation“ sein.58 Ist die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats unter „gespiegelter“ Anwendung der deutschen Kompetenznormen schließlich gegeben, so kann die Zuständigkeit nicht aufgrund von „forum non conveniens-Erwägungen“59 abgelehnt werden, da dieses Rechtsinstitut nicht Teil des deutschen Prozessrechts ist.60
heitlichen, die Einzelstaaten überwölbenden bundesstaatlichen Gerichtsgewalt“ ausgegangen und hat dementsprechend die Anerkennungszuständigkeit bejaht, BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263/97, NJW 1999, 3198 (3198 ff.); vgl. Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (81); CoesterWaltjen, in: FS Buxbaum, 101 (104 f. m. w. N.). 55 Ebenso etwa Geimer, IZPR, Rn. 2900; Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (40 f.); ausführlich zur Problematik der Anwendung des Spiegelbildprinzips bei Mehrrechtsstaaaten grundlegend Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 35 ff.; Coester-Waltjen, in: FS Buxbaum, 101 (103 ff.); Hoffmann/Hau, RIW 1998, 344 (347 ff). 56 Spellenberg, in: Staudinger, BGB, § 328 ZPO, Rn. 321 f., siehe auch Hoffmann/Hau, RIW 1998, 344 (348). 57 Vgl. Spellenberg, in: Staudinger, BGB, § 328 ZPO, Rn. 321 f.; siehe auch BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263/97, NJW 1999, 3198 (3199); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 117; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 264 ff.; Haas, IPRax 2001, 195 (198); Hoffmann/Hau, RIW 1998, 344 (347 ff.); ein interessantes Gegenbeispiel nennt diesbezüglich Jayme, so greifen die obigen Erwägungen zum Beispiel nicht im Fall von Entscheidungen aus Puerto Rico, da es sich hierbei nicht um einen Gliedstaat, sondern ein „Commonwealth“ der USA mit eigener Gerichtsorganisation handele, Jayme, IPRax 1991, 262 (262); a. A. wohl Coester-Waltjen, in: FS Buxbaum, 101 (111 f.), die keine allgemeine Aussage zur Behandlung von Mehrrechtsstaaten treffen, sondern anhand der „kollisionsrechtlichen Regelungskompetenz“ des jeweiligen Mehrrechtsstaats unterscheiden will. 58 Spellenberg, in: Staudinger, BGB, § 328 ZPO, Rn. 321 f. 59 Siehe zur forum non conveniens-Lehre ausführlich Dorsel, Forum non conveniens, richterliche Beschränkung der Wahl des Gerichtsstandes im deutschen und amerikanischen Recht, S. 1 ff.; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 487 ff.; Wahl, Die verfehlte internationale Zuständigkeit, S. 38 ff.; Berger, RabelsZ 41 (1977), 39 (39 ff.).
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b) Normativer Schutzzweck In den obigen Ausführungen wurde auf den Regelungsgehalt und einzelne Anwendungsfragen des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eingegangen. Nun soll der rechtspolitische Zweck der Vorschrift untersucht werden, um die maßgeblichen Schutzinteressen zu ergründen und so weitere Erkenntnisse für eine zukünftige Entwicklung der Anerkennungszuständigkeit de lege ferenda zu erlangen. aa) Schutz der Jurisdiktionssphäre (1) Schutz deutscher Staatsinteressen Anders als bei der örtlichen oder sachlichen Zuständigkeit, die allein die interne Arbeitsteilung in der innerstaatlichen Gerichtsorganisation betrifft, geht es bei der internationalen Zuständigkeit 61 – unter anderem – um „die grundlegende Verteilung zwischen in- und ausländischer Souveränität“.62 Inländische Staatsinteressen spielen bei den eigenen Gerichten bzw. der internen Zuständigkeitsverteilung regelmäßig keine wirkliche Rolle, ist die Entscheidung jedoch in einem Drittstaat ergangen, kommt dem Souveränitätsgedanken bzw. dem Schutz der inländischen staatlichen Interessen eine größere Bedeutung zu.63 Ausgehend von diesen Souveränitätserwägungen, die sich bereits in den Thesen Feuerbachs finden,64 ist es eine der Aufgaben der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit, die Interessen des deutschen
60 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 28 f.; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 131; allerdings machen sich in der Lehre einige Befürworter für eine Einführung der forum non conveniens-Lehre ins deutsche internationale Zivilprozessrecht stark, so etwa Jayme, IPRax 1984, 303 (303); ders., StAZ 1975, 91 (91 ff.); ebenso wohl Hoffmann, IPRax 1982, 217 (222); siehe hierzu auch Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 117. 61 Sei es in der Form der Entscheidungszuständigkeit oder auch als Anerkennungskriterium in Gestalt der Anerkennungszuständigkeit. 62 Hoffmann, IPRax 1982, 217 (217 f.); Heldrich, in: FS Ficker, 205 (206). 63 Vgl. Hoffmann, IPRax 1982, 217 (218); Heldrich, in: FS Ficker, 205 (206). 64 „Denn keine Regierung darf gütig und großmütig seyn auf Kosten der Nation. Würde nun einem fremdrichterlichen Erkenntnisse die Vollstreckbarkeit schon alsdann zugestanden, wenn nur dasselbe von einem nach den Gesezen des auswärtigen Staates zuständigen Gerichte erkannt worden ist; so würde wenn der auswärtige Staat die Zuständigkeit seiner Gerichte weiter ausgedehnt hätte als wir die Zuständigkeit der eigenen, diesem fremden Staat eingeräumt, was wir niemals in den Fall kommen könnten, von ihm für uns zu verlangen. Ja es könnte der Fall eintreten, daß nach solchem Princip durch ein fremdes Gesez ein einheimisches als aufgehoben betrachtet werden müßte […].“, Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 96; vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 90.
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bzw. eines jeden Anerkennungsstaats abzusichern.65 So formulierte Schütze diesen Schutzzweck provokant: „Der Staat kann sich nicht seine eigene Zuständigkeit durch die ausländische Staatsgewalt entreißen lassen und diesem Akt dann durch die Anerkennung auch noch Wirkung im Inland verleihen.“ 66
Diese Empörung ist jedoch nur in wenigen Fällen angebracht, denn tatsächtlich wird die „Wahrung der deutschen Jurisdiktionssphäre“ wohl nur in solchen Fällen beeinträchtigt, in denen eine ausschließliche internationale Zuständigkeit des deutschen Staats besteht.67 Selbst dann gilt es jedoch zwischen den einzelnen von Deutschland beanspruchten ausschließlichen internationalen Zuständigkeiten zu differenzieren, denn eine Verletzung deutscher Souveränitätsinteressen kann wohl nur dann angenommen werden, wenn die Entscheidung durch die eigenen Gerichte unmittelbar im staatlichen Interesse liegt.68 So betrifft z.B. die durch eine Prorogation durch die Parteien begründete ausschließliche internationale Zuständigkeit keine staatlichen Interessen, da sie allein auf dem Parteiwillen beruht, während etwa eine ausschließliche internationale Zuständigkeit für Immobiliarklagen nach § 24 ZPO im unmittelbaren staatlichen Interesse liegt. 69 Der Schutz der deutschen Souveränität bzw. Jurisdiktionssphäre allein stellt folglich keine hinreichende Begründung für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit nach dem Spiegelbildprinzip dar.70 Wäre die (bloße) Wahrung der eigenen Souveränität der Schutzzweck der Zuständigkeitsprüfung, könnte man es bei einer Prüfung der Verletzung ausschließlicher internationaler Zuständigkeiten deutscher Gerichte belassen.71 Überdies ist schließlich zu bedenken, dass die Regelungen des 65 Vgl. Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 118 ff., 122 f. 66 Schütze, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile in der Bundesrepublik Deutschland als verfahrensrechtliches Problem, S. 30; vgl. Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 118, Fn. 101. 67 Vgl. Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 118 f.; ders., in: FS Nakamura, 169 (171 f.). 68 Vgl. Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 119; ders., in: FS Nakamura, 169 (171 f.). 69 Siehe ausführlich Kropholler, in: Hdb. IZVR I, S. 365 f.; Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 119; zum diesbezüglich auch relevanten Fragenkomplex der Anerkennung von Personenstandssachen siehe ausführlich Matscher, JBl. 1954, 605 (605 ff.). Dieser erörtert zwar den österreichischen § 81, Z. 3, EO, dabei behandelt er jedoch dieselbe Problematik, die sich im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO stellt. 70 Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 120; ders., in: FS Nakamura, 169 (172 f.). 71 Vgl. Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 119; ders., IZPR, Rn. 2896 ff. Eine entspre-
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deutschen Gesetzgebers erst auf Ebene der Anerkennung eingreifen, d. h. aufgrund der Staatensouveränität ist es nicht möglich, eine der deutschen Rechtsordnung widersprechende Entscheidung zu verhindern, sondern lediglich (nachträglich) deren Wirkungserstreckung auf das deutsche Inland zu versagen.72 Eine entsprechende Schutzwirkung der Anerkennungszuständigkeit zugunsten der deutschen Staatsinteressen ist insofern wohl nur sehr begrenzt gegeben.73 (2) Schutz der Interessen dritter Staaten Vor dem Hintergrund der oben erörterten begrenzten Wirkung wurde mitunter angeführt, dass das Spiegelbildprinzip nicht nur die inländische Jurisdiktion schützen solle, sondern auch der Wahrung der Souveränität des Erst- bzw. Urteilsstaats diene.74 Eine der grundsätzlichen Erwägungen, auf welcher die deutsche Prüfung der Anerkennungszuständigkeit in Gestalt des Spiegelbildprinzips fußt, ist ein möglichst weitgehender „Gleichbehandlungsansatz zwischen In- und Ausland“.75 Indem das deutsche Recht auf Ebene der (internachende Beschränkung der Zuständigkeitskontrolle auf eine „negative Feststellung“, dass keine ausschließlichen Zuständigkeiten verletzt wurden findet sich etwa im autonomen polnischen Prozessrecht, vgl. Weyde, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Polen, S. 95. Überzeugender ist diesbezüglich jedoch Hoffmann, der auch eine Inanspruchnahme ausschließlicher internationaler Zuständigkeiten für ungeeignet zur Durchsetzung öffentlicher Staatsinteressen erachtet, da die Wirkung der ausschließlichen internationalen Zuständigkeitsregelungen auf das Inland beschränkt sei. Zudem führt er an, dass eine Verwirklichung der innerstaatlichen Interessen auch auf dem Wege erfolgen könne, dass die Berücksichtigung der staatlichen Interessen bei einer dahingehenden Untersuchung der anzuerkennenden Entscheidungen überprüft werde, vgl. Hoffmann, IPRax 1982, 217 (218). 72 Basedow führt insofern zutreffend aus, die ausländische Entscheidung sei „stets schon fait accompli “, bei dem sich die Zuständigkeitskontrolle auf eine reine Prüfung ex post beschränke, vgl. Basedow, IPRax 1994, 183 (184). 73 Zwar kann auf diesem Wege die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidung in Deutschland verhindert werden, die Überprüfung bleibt jedoch auf das deutsche Inland begrenzt. Die mögliche Versagung der Anerkennung aufgrund der Ablehnung der Anerkennungszuständigkeit wird aber – nach Schärtl – gegebenenfalls den Gläubiger dazu zu veranlassen bereits das Erkenntnisverfahren in Deutschland durchzuführen und kann zudem als Druckmittel für ausländische Staaten wirken, mit Deutschland Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen zu schließen, vgl. Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 22 f. 74 Vgl. ausführlich Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 120 ff.; siehe auch Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr.1 ZPO, S. 26 f.; Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 96. 75 Vgl. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 82; ders., ZZP 95 (1982) 3 (10 f.); ders., ZZP 103 (1990), 257 (272); Neuner, Internationale Zuständigkeit, S. 14; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 30 f.;
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tionalen) Entscheidungs- wie auch Anerkennungszuständigkeit dieselben Normen zugrunde legt, zeigt sich der Grundgedanken des Spiegelbildprinzips, nämlich Drittstaaten den gleichen Jurisdiktionsbereich einzuräumen, wie ihn deutsche Gerichte für sich reklamieren.76 Dementsprechend gibt Geimer zu bedenken, es könne der Eindruck entstehen, die deutschen Normen zur Anerkennungszuständigkeit wollten auch dritten Staaten zur Verwirklichung ihrer Jurisdiktionsinteressen verhelfen. 77 Dieser Ansatz ist jedoch – wie Geimer zutreffend ausführt – abzulehnen, denn es ist nicht die Aufgabe des Anerkennungsstaats die Interessen fremder Staaten zu schützen. 78 Die Schutzinteressen fremder, wie auch eigener Jurisdiktionsphären sind demnach als zweitrangig zu betrachten. 79 bb) Schutz des Beklagteninteresses Um die vom deutschen Gesetzgeber konkret gewählte Ausgestaltung der Anerkennungszuständigkeit hinreichend zu begründen, ist der Schutz bloßer Jurisdiktionsinteressen wie bereits erörtert nicht ausreichend. Zentraler Zweck des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. §§ 12 ff. ZPO ist es, den Beklagten davor zu schützen, sich vor drittstaatlichen Gerichten verteidigen zu müssen, die nach inländischen bzw. deutschen Vorstellungen keinen hinreichenSchindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 27 f.; siehe auch Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 73. 76 So ausdrücklich OLG Düsseldorf, 25.4.1995 – 21 U 244/90, RIW 1995, 947 (947); v. Hoffmann/Thorn, IPR, § 3 Rn. 160; Hinsichtlich der Regelung der internationalen Zuständigkeit gibt Neuner bereits vor fast 100 Jahren zu bedenken, dass der nationale Gesetzgeber zwar in seiner Gesetzgebung frei sei, die berechtigten Jurisdiktionsinteressen anderer Staaten aber zu berücksichtigen habe. So äußerte er: „Wenn auch der einzelne Staat selbständig die Grenzen der internationalen Zuständigkeit festsetzt, so erfüllt er doch damit eine Aufgabe, die eigentlich der internationale Gesetzgeber erfüllen sollte, und er wird sie so erfüllen müssen, daß, kantisch gesprochen, die Maxime seiner Zuständigkeitsordnung als Prinzip einer völkerrechtlichen Gesetzgebung dienen könnte.“, Neuner, Internationale Zuständigkeit, S. 14; vgl. Hoffmann, IPRax 1982, 217 (217); Heldrich, in: FS Ficker, 205 (222); Schindler spricht diesbezüglich von der „zuständigkeitsrechtlichen Pädagogik“ und „Zuständigkeitsgleichheit“, vgl. Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 27; eine solche „internationalpädagogische Tätigkeit“ des Anerkennungsstaats lehnt Geimer als zu idealistisch ab, vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 138; ders., in: FS Nakamura, 169 (172). 77 Grundlegend Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 120 ff. 78 Ebenso Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1549. 79 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 90 f.; Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 120; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 26 f.
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den Bezug zum jeweiligen Streitgegenstand aufweisen.80 Durch die Spiegelung der eigenen bzw. deutschen Zuständigkeitsnormen und somit der zumindest mittelbaren Übertragung der inländischen Vorstellungen, wann es dem Beklagten zuzumuten ist, seine Rechte vor dem ausländischen Gericht wahrzunehmen, soll gewährleistet werden, dass die Schutzgedanken, auf denen die einzelnen Zuständigkeitsvorschriften auf inländischer Ebene basieren, auch für den Beklagten in einem drittstaatlichen Prozess bestmöglich umgesetzt werden.81 Dabei überprüft der deutsche Zweitrichter neben der Verletzung ausschließlicher deutscher internationaler Zuständigkeitsbestimmungen weitere Prüfungspunkte zum Schutz des Beklagten, denn mit der Anerkennungszuständigkeit „akzeptiert ein Staat die internationale Gerichtspflichtigkeit des Beklagten“.82 Über die Prüfung der indirekten internationalen Zuständigkeit des Erststaats werden somit – wie bereits erwähnt – die deutschen bzw. zweitstaatlichen Vorstellungen über die internationale Gerichtspflichtigkeit des Beklagten mittelbar durchgesetzt.83 Zentraler Zweck der deutschen Regelungen ist vor diesem Hintergrund insbesondere der Schutz vor sog. exorbitanten Gerichtsständen, um die „von der deutschen Rechtsordnung getroffenen Wertentscheidungen auch auf internationaler Ebene zu verteidigen“.84 Im Rahmen der Beurteilung der Anerkennungszuständigkeit ist das deutsche Gericht bei der Prüfung, ob die internationale Zuständigkeit gegeben war oder nicht, schließlich nicht an die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen gebunden. 85 Eine Ausnahme hiervon gilt nur dann, wenn eine solche 80 Vgl. BGH, 3.2.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 = NJW 1993, 1073 (1074); Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 73; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 138; ders., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 113 f.; ders., Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 122 ff.; ders., in: FS Nakamura, 169 (173 f.); ders., IZPR, Rn. 2901; Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (24). 81 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 87 f.; Schindler, Durchbrechungen des Spiegelbildprinzips bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen, S. 28. 82 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 48; Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (274). 83 Statt vieler Geimer, in: FS Nakamura, 169 (173). 84 Vgl. Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 22. 85 BGH, 24.1.1968 – VIII ZR 174/65, MDR 1968, 407 (407); BGH, 15.10.1969 – VIII ZR 122/68, NJW 1970, 387 (387 ff.); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 8 a; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 91; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 80; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 10; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 159. Anders ist dies zumeist im Anwendungsbereich der bilateralen Anerkennungsund Vollstreckungsverträge, vgl. zum deutsch-österreichischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag BGH, 24.1.1968 – VIII ZR 174/65, MDR 1968, 407 (407) sowie Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 145; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO,
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Bindung ausdrücklich vorgeschrieben ist, was beispielsweise bei den bilateralen Staatsverträgen Deutschlands mit Griechenland, den Niederlanden und Israel der Fall ist.86 c) Problematik einzelner Gerichtsstände Die vom deutschen Gesetzgeber getroffene Regelung des Spiegelbildprinzips ist – trotz des positiv zu bewertenden Grundgedankens der „internationalen Jurisdiktions- bzw. Zuständigkeitsgleichheit“87 – jedoch nicht unproblematisch.88 Eine Anerkennungszuständigkeit der drittstaatlichen Gerichte wird bei Anwendung des Spiegelbildprinzips zwar grundsätzlich durch jede deutsche Entscheidungszuständigkeit begründet,89 in einzelnen Konstellationen bzw. bei Begründung der Zuständigkeit aufgrund einzelner Gerichtsstände90 stellen sich jedoch einige Sonderprobleme für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit. aa) Gerichtsstand des Vermögens (§ 23 ZPO) Die internationale Zuständigkeit kann allgemein auch aufgrund des § 23 ZPO91 gegeben sein.92 Vor dem Hintergrund der spiegelbildlichen Anwen-
§ 328 Rn. 10; a. A. Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475 (486 f.), der sich für eine Bindung an die erststaatlichen Feststellungen ausspricht. 86 Vgl. Art. 5 Abs. 2 des deutsch-griechischen, Art. 5 Abs. 1 S. 2 des deutschniederländischen und Art. 8 Abs. 2 des deutsch-israelischen Staatsvertrags, welcher von den drei genannten Verträgen das einzige heute noch (außer für Altfälle) relevante Abkommen ist; vgl. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 145; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 92; siehe auch Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 10; näher zu den deutschen bilateralen Anerkennungsund Vollstreckungsverträgen Kap. III § 12. 87 Diesen Grundsatz betont insbesondere Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 73. 88 A. A. ist wohl Roth, der das Spiegelbildprinzip wegen des Gleichheitsgedankens für „rechtpolitisch beifallswert“ hält, vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 73. 89 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 21; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 153; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 88; Schönau, Die Anerkennung von Urteilen aus Mehrrechtsstaaten nach § 328 Abs. 1 ZPO am Beispiel der USA und Kanadas, S. 37. 90 Problematisch sind in diesem Zusammenhang insbesondere sog. exorbitante Gerichtsstände oder Fälle, in denen international übliche bzw. anerkannte Gerichtsstände dem deutschen Recht unbekannt sind, vgl. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 82. 91 § 23 ZPO: „Für Klagen wegen vermögensrechtlicher Ansprüche gegen eine Person, die im Inland keinen Wohnsitz hat, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen derselben oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet. Bei Forderungen gilt als der Ort, wo das Vermögen sich befindet, der Wohnsitz des Schuldners und, wenn für die Forderungen eine Sache zur Sicherheit haftet, auch der Ort, wo die Sache sich befindet.“
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dung des Vermögensgerichtsstands bedeutet dies für die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit, dass es für die Begründung der internationalen Zuständigkeit des Erststaats ausreichend ist, wenn der Beklagte im Entscheidungsstaat entweder Vermögen hat oder sich der mit der Klage beanspruchte Gegenstand dort befindet.93 Bezüglich des Vermögensbegriffs ist dabei grundsätzlich von einer recht weiten Begriffsdefinition auszugehen, wenngleich mitunter vertreten wird, dass eine Einschränkung dahingehend gemacht werden solle, dass der Vermögensbestand die jeweiligen Verfahrensund Vollstreckungskosten übersteigen müsse.94 Die Zulassung des besonderen Gerichtsstands des Vermögens und des Gegenstands gemäß § 23 ZPO wurde jedoch aufgrund des sehr weiten Anwendungsbereichs der Norm häufig als „beziehungsarmer Gerichtsstand“,95 der keine hinreichende Verbindung zu Beklagtem oder Streitgegenstand aufweise und so eine erhebliche, mitunter bedenkliche, Ausdehnung der Anerkennungszuständigkeit zur Folge habe, kritisiert.96 Zwar ermöglicht der weite Anwendungsbereich der Norm in vielen Fällen erst die Anerkennung und ist so einer gesteigerten „Urteilsfreizügigkeit“
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BGH, 18.4.1985 – VII ZR 359/83, BGHZ 94, 156 (157 f., 160) = NJW 1985, 2090 (2090 ff.), hier wird zwar lediglich die Anwendbarkeit des § 23 ZPO im Rahmen der Entscheidungszuständigkeit entschieden, die Ausführungen sind aber wohl auf die Anerkennungszuständigkeit übertragbar; siehe zudem Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 88; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 13; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 308 f.; siehe grundlegend bzw. weiterführend zur gesamten mit § 23 ZPO verbundenen Problematik Bittighofer, Der internationale Gerichtsstand des Vermögens, S. 13 ff. 93 Statt aller Heinrich, in: Musielak, ZPO, § 23 Rn. 1; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 308. 94 So vertreten von Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 13; a. A. Lange, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 23 Rn. 3. 95 Vgl. Zweigert, RabelsZ 14 (1942), 283 (289); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 279. 96 Vgl. Heinrich, in: Musielak, ZPO, § 23 Rn. 2; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 21; Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 23 Rn. 47; Kropholler, in: Hdb. IZVR I, S. 327. Heftig kritisiert wird die Zuständigkeit aufgrund der Vermögensbelegenheit von Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 372 ff.; v. Mehren/Trautman sprechen bezüglich des Vermögensgerichtsstands sogar von „the absurd excess of section 23 of the German Code of Civil Procedure“, v. Mehren/Trautman, Harv L. Rev 79 (1966), 1121 (1141); a. A. wohl Wahl, Die verfehlte internationale Zuständigkeit, S. 23. Etwas zurückhaltender aber auch kritisch äußert sich der BGH, der in dem Gerichtsstand des § 23 ZPO einen „im internationalen Rechtsverkehr unerwünschten Gerichtsstand“ sieht, BGH, 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 (199 f.) = NJW 1964, 2350 (2352); BGH, 9.7.1969 – VIII ZR 185/67, BGHZ 52, 251 (256); das wohl schärfste Urteil fällt Schröder, der den Vermögensgerichtsstand als „eine der schlimmsten Fehlleistungen, die im zwischenstaatlichen Privatrechtsverkehr überhaupt vorstellbar sind“ bezeichnet, Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 375.
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zuträglich,97 gleichwohl erscheint die Anwendung des § 23 ZPO im Rahmen des Anerkennungsrechts als ungeeignet. Auch wenn nur geringes Vermögen in dem jeweiligen Entscheidungsstaat belegen ist, sind die Voraussetzungen des § 23 ZPO erfüllt und der Beklagte muss sich gegen eine vermögensrechtliche Klage im Ausland verteidigen.98 Zwar hat die Rechtsprechung vor diesem Hintergrund als Korrektiv einen hinreichenden Inlandsbezug des Rechtsstreits für eine Bejahung der internationalen Zuständigkeit gefordert,99 trotz dessen ebbt die Kritik an § 23 ZPO nicht ab.100 Immer wieder äußern sich Stimmen aus Lehre und Literatur, deren Forderungen von einer ersatzlosen Streichung des § 23 ZPO101 – zumindest als Zuständigkeitsnorm für die internationale Zuständigkeit – bis zu einer „Minimalreform“ des § 23 ZPO, die seine Umformung in einen Arrestgerichtsstand vorschlägt, reichen.102 Wesentlicher Regelungszweck des § 23 ZPO soll es (insbesondere aus Gründen der Prozessökonomie) sein, dem Gläubiger eine „Verfolgung seiner Rechtspositionen bis zur Vollstreckung im deutschen Inland zu ermöglichen“.103 Dieses Motiv lässt sich jedoch nicht uneingeschränkt auf die internationale Zuständigkeit übertragen. In diesem Kontext erscheint – statt diverser möglicher Reformansätze – eine Aufgabe des Vermögensgerichtsstands auf internationaler Ebene als beste Lösung. Von der Gegenansicht wird häufig als Argument für die Beibehaltung des § 23 ZPO als anwendbare Norm des Anerkennungsrechts angeführt, dass sich in zahlreichen anderen ausländischen Gerichtsordnungen ebenfalls exorbitante Gerichtsstände fänden und deshalb für Deutschland keine Veranlassung bestehe, den Gerichtsstand des 97 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 154; siehe auch Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 103. 98 Als extremste Beispiele für die „Ausuferung“ des § 23 ZPO werden in der Literatur etwa Fälle angeführt, in denen die Zuständigkeit des Gerichts aufgrund eines von dem Beklagten zurückgelassenen Handelsbuchs, siehe RG, 7.4.1902 VI 20/02, RGZ 51, 163 (164 ff.), oder wegen vier zurückgelassener Obstkörbe, siehe RG, 19.1.1911 VII 583/10, RGZ 75, 147 (147 ff., 152), bejaht wurde, vgl. etwa Pfeiffer, Internationale Zuständigkeit und prozessuale Gerechtigkeit, S. 530; Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 23 Rn. 47. 99 BGH, 2.7.1991 – XI ZR 206/90, BGHZ 115, 90 (94 ff.) = NJW 1991, 3092; Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 23 Rn. 48 ff.; Heinrich, in: Musielak, ZPO, § 23 Rn. 2; Lange, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 23 Rn. 5; Lüke, ZZP 105 (1992), 321 (321). 100 Ablehnend in Bezug auf diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 23 ZPO Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 74; Basedow, IPRax 1994, 183 (186); Haas, IPRax 2001, 195 (197); a. A. etwa Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 21, der auch im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit einen hinreichenden Inlandsbezug fordert. 101 So etwa sehr vehement vertreten von Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 376, 403 ff. sowie v. Mehren/Trautman, Harv L. Rev 79 (1966), 1121 (1177 f.). 102 Eine Übersicht über die diversen Reformansätze liefert Kropholler, in: Hdb. IZVR I, S. 329 ff. 103 Vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 23 Rn. 2; Lange, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 23 Rn. 3.
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§ 23 ZPO „aufzugeben“. 104 Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen. Wenngleich stets der Blick auf andere Rechtsordnung zur Optimierung eigener Standards geboten ist, sollte Maßstab nicht allein die Regelungen anderer Rechtsordnungen sein. Vielmehr sollte der deutsche Gesetzgeber mit der Aufgabe des Vermögensgerichtsstands versuchen, als Vorbild für andere Rechtsordnungen diese zu einer Abkehr von den eigenen exorbitanten Gerichtsständen anzuregen. Dies gilt umso mehr als die französische Rechsordnung inzwischen mit der Aufgabe des Jurisdiktionsprivilegs nach Artt. 14, 15 C. civ. nach etwa 200 Jahren bereits einen entscheidenden Schritt in die richtige Richtung getan hat. 105 Diese Ansicht wird schließlich dadurch bestärkt, dass die Regelungen auf Unionsrechtsebene exorbitante Gerichtsstände weitgehend ausklammern und sich auch in den von Deutschland abgeschlossenen Staatsverträgen zumeist eine ablehnende Haltung gegenüber dem Vermögensgerichtsstand findet.106 So normierte vormals Art. 3 Abs. 2 EuGVVO i. V. m. Anhang I zur EuGVVO, dass § 23 ZPO zur Begründung der internationalen Zuständigkeit nicht geltend gemacht werden konnte107 und auch in den bilateralen Verträgen Deutschlands wird dieser Gerichtsstand häufig ausgenommen.108 Die Abschaffung des exorbitanten Gerichtsstands der Vermögensbelegenheit de lege ferenda würde somit nicht nur einen Missstand auf der Ebene der internationalen Zuständigkeitsregelungen beseitigen, sondern die Kohärenz zwischen staatsvertraglichen und autonomen Regelungen sowie eine internationale Entwicklung hin zur Eindämmung exorbitanter Gerichtsstände fördern.109 104 Zu der Kritik an den unterschiedlichen exorbitanten Gerichtsständen siehe Nadelmann, in: FS Yntema, 321 (321 ff.). 105 Siehe ausführlich zur Aufgabe dieses Jurisdiktionsprivilegs Kap. II § 6 II 2 a) cc). 106 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 309, dessen Ausführungen sich zwar auf das EuGVÜ beziehen, sich auf die EuGVVO aber übertragen lassen. 107 Siehe Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 309. Seit dem 10. Januar 2015 gelten insofern Art. 5 Abs. 2 i. V. m. Art. 76 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 EuGVVO, die eine Erstellung der Liste exorbitanter Gerichtsstände auf Grundlage von Notifizierung durch die Mitgliedstaaten vorsehen. Zu beachten ist dabei jedoch, dass nach Art. 6 Abs. 2 (vormals Art. 4 Abs. 2) EuGVVO (zumindest noch) der „Schutz“ vor der Anwendung der exorbitanten Gerichtsstände auf Beklagte beschränkt ist, die ihren Wohnsitz innerhalb der Union haben. 108 Vgl. etwa den deutsch-italienischen, den deutsch-schweizerischen und den deutschtunesischen Staatsvertrag. Art. 20 Abs. 1 des deutsch-norwegischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags normiert diesbezüglich ausdrücklich: „Eine Person, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder, falls es sich um eine juristische Person oder eine Gesellschaft handelt, ihren Sitz oder ihre Hauptniederlassung in dem einen Staat hat, kann vor den Gerichten des anderen Staates nicht allein deshalb verklagt werden, weil sie Vermögen im Hoheitgebiet des anderen Staats hat.“ Einen Überblick über die Regelung des Vermögensgerichtsstands in den Staatsverträgen liefert Kropholler, in: Hdb. IZVR I, S. 329 ff. 109 Siehe grundlegend bzw. weiterführend zur gesamten mit § 23 ZPO verbundenen Problematik Bittighofer, Der internationale Gerichtsstand des Vermögens, S. 13 ff.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
bb) Gerichtsstand der Prorogation (§ 38 ZPO) Auch die spiegelbildliche Anwendung des Gerichtsstands der Prorogation gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. § 38 ZPO kann die internationale Anerkennungszuständigkeit begründen. 110 Auf die Wirksamkeit einer zwischen den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung wird es – wie Martiny zutreffend herausstellt – insbesondere dann ankommen, wenn die Zuständigkeit des Erstgerichts auf keinen anderen Zuständigkeitsgrund bzw. Gerichtsstand gestützt werden kann als auf die jeweilige Gerichtsstandsvereinbarung.111 Für die Frage, ob eine Prorogation wirksam vereinbart worden ist, gelten dabei die Vorschriften der ZPO (§§ 38 ff. ZPO) entsprechend.112 Über die Frage nach dem für die Beurteilung der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung maßgeblichen Rechts herrschte jedoch ursprünglich Uneinigkeit.113 Eine Ansicht sah in der Gerichtsstandvereinbarung eine nach dem Recht des angerufenen Gerichts zu beurteilende Prozesshandlung,114 während die Gegenansicht die Auffassung vertrat, dass es sich bei der Gerichtsstandsvereinbarung um einen materiellrechtlichen Vertrag handele.115 Der BGH entschied diesen Streit im Jahre 1968 schließlich zugunsten letzterer Meinung. 116 Die Wirksamkeit einer internationalen Gerichtsstandsvereinbarung beurteilt sich im deutschen Anerkennungsrecht somit nach deutschem Prozessrecht, während das Zustandekommen der Gerichtsstandsvereinbarung nach dem allgemeinen Vertragsrecht derjenigen Rechtsordnung zu beurteilen 110
BGH, 26.1.1979 – V ZR 75/76, NJW 1979, 1104 (1104); Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 18; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 8a; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 88; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 83; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 23; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 14b; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 108; ders., IZPR, Rn. 2899; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 23; Martiny, in: Hdb. IZVR I, S. 321 ff.; Basedow, IPRax 1994, 183 (185). 111 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 321. 112 Vgl. BGH, 29.2.1968 – VII ZR 102/65, BGHZ 49, 384 (384 ff.) = NJW 1968, 1233 (1233); BGH, 17.5.1972 – VII ZR 76/71, BGHZ 59, 23 (29) = NJW 1972, 1622 (1622 ff.); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 108; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 23. 113 Kropholler, in: Hdb. IZVR I, S. 412 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 323. 114 Vgl. RG, 16.2.1939 IV 201/38, RGZ 159, 254 (255 f.). 115 Zu dieser Ansicht siehe etwa Walsmann, AcP 102 (1907), 1 (207); im Ergebnis ebenso wohl Baumgärtel, Wesen und Begriff der Prozeßhandlung einer Partei im Zivilprozeß, S. 218 ff., S. 276 ff. 116 „Eine vor dem Prozeß getroffene Gerichtsstandvereinbarung ist ein Vertrag über prozeßrechtliche Beziehungen, dessen Zustandekommen sich nach bürgerlichem Recht richtet.“, BGH, 29.2.1968 – VII ZR 102/65, BGHZ 49, 384 (384) = NJW 1968, 1233 (1233); vgl. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 116 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 321 ff.; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 23.
§ 6 Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats
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ist, der das zugehörige materielle Rechtsverhältnis der Parteien unterstellt ist.117 Begründet das Erstgericht seine Entscheidungszuständigkeit mit einer (auch nach deutschem Recht) wirksamen Prorogation, so ist die internationale Zuständigkeit auch dann als gegeben zu betrachten, wenn nach deutschem Recht, ein anderes Gericht des Urteilsstaats als das Erstgericht prorogiert worden war.118 cc) Gerichtsstand der rügelosen Einlassung (§ 39 ZPO) Wie bereits erörtert, ist allgemein anerkannt, dass die internationale Zuständigkeit auf sämtliche Normen der örtlichen Zuständigkeit in ihrer spiegelbildlichen Anwendung gestützt werden kann, wobei ausdrücklich anerkannt ist, dass die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte auch aufgrund des § 39 ZPO119 begründet werden kann.120 Der Beklagte kann sich durch ausdrückliche Erklärung wie auch konkudent der drittstaatlichen Gerichtsbarkeit unterwerfen.121 Überdies ist das Unterbleiben der bei nationalen Prozessen grundsätzlich erforderlichen Belehrung gemäß §§ 39 S. 2, 504 ZPO122 bzw.
117 Diese Unterscheidung zwischen der Beurteilung der Wirksamkeit und dem Zustandekommen der Prorogation betonte ausdrücklich das OLG Saarbrücken, vgl. OLG Saarbrücken, 13.10.1999 – 1 U 190/99-37, NJW 2000, 670 (671). 118 Geimer, Zur Prüfung der Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit bei der Anerkennung ausländischer Urteile, S. 117; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I/2, S. 1538; ders., IZPR, Rn. 2899; eine vor diesem Hintergrund unzulässige Prüfung der Zuständigkeit des örtlichen prorogierten Gerichts – in der betreffenden Entscheidung des Stadtgerichts New York – in einer Entscheidung des BGH aus dem Jahr 1969 hätte demnach nicht erfolgen dürfen, siehe BGH, 26.3.1969 – VIII ZR 194/ 68, BGHZ 52, 30 = NJW 1969, 1536 (1537 f.); vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 108. 119 § 39 ZPO: „Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.“ 120 BGH, 19.3.1976 – I ZR 75/74, NJW 1976, 1583 (1583); BGH, 13.7.1987 – II ZR 280/86, BGHZ 101, 296 (301) = NJW 1987, 3181 (3182); BGH, 30.3.1976 – VI ZR 143/ 74, NJW 1976, 1581 (1581); BGH, 26.1.1979 – V ZR 75/76, NJW 1979, 1104 (1104); BGH, 23.10.1979 – KZR 21/78, NJW 1980, 1224 (1224); Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 16; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 109; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 88; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 84; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 11; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 14b; siehe ausführlich hierzu Schack, ZZP 107 (1994), 75 (76 ff.). 121 Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 111; ders., RIW/AWD 1979, 640 (641). 122 § 504 ZPO: „Ist das Amtsgericht sachlich oder örtlich unzuständig, so hat es den Beklagten vor der Verhandlung zur Hauptsache darauf und auf die Folgen einer rügelosen Einlassung zur Hauptsache hinzuweisen.“
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
ein Hinweis auf die Folgen der Einlassung kein Hindernis für die Annahme der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts. 123 In einer grundlegenden Entscheidung betonte der BGH, dass mit der spiegelbildlichen Anwendung des § 39 ZPO die internationale Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts nur dann begründet werden könne, wenn der Urteilsstaat keine Zuständigkeit unabhängig davon in Anspruch nehme.124 Konsequenz dieser Entscheidung des BGH ist, dass eine Überprüfung des erststaatlichen Rechts dahingehend erfolgen muss, ob neben dem Gerichtsstand der rügelosen Einlassung nach nationalem Prozessrecht ein weiterer zuständigkeitsbegründender Gerichtsstand einschlägig war. Diese Einschränkung wird als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Gestalt einer Vorfrage im Rahmen des § 39 ZPO geprüft.125 Die hypothetische Anwendung der deutschen Normen erstreckt sich dabei nicht auf diese Vorfrage,126 sondern es kommt nach der Entscheidung des BGH allein darauf an, ob nach der lex fori des Erstgerichts eine Entscheidungszuständigkeit – unabhängig von der rügelosen Einlassung – bestand.127 Es findet sich insofern eine Art „Fremdkörper“ im Rahmen der Anerkennungsprüfung, die sich grundsätzlich durch hypothetische Anwendung der deutschen Zuständigkeitsvorschriften vollzieht, an dieser Stelle aber eine Prüfung des drittstaatlichen Prozessrechts erfordert. Genau dies erscheint jedoch als verfehlt, führt es doch zu einer unnötigen „Verkomplizierung der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit und einer Verschleppung des Zuständigkeitsstreits ins Vollstreckbarerklärungsverfahren“, die sich mit einer konsequenten Anwendung des Spiegelbildgrundsatzes 123 So ausdrücklich OLG Frankfurt a. M., 13.12.1978 – 17 U 103/78, RIW/AWD 1979, 640 (640); Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 84; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 89; zustimmend Geimer, RIW/AWD 1979, 640 (641), der die Ausführungen des OLG insofern ergänzt als er erläutert, dass die mangelnde „Internationalisierungsfähigkeit“ der Belehrung nach § 504 ZPO, eine Konsequenz davon sei, dass die Belehrungspflicht eine Eigenart der deutschen lex fori sei, deren Einhaltung von ausländischen Gerichten nicht erwartet werden könne. 124 „Rügeloses Verhandeln vor einem ausländischen Gericht begründet dann nicht selbständig die internationale (Anerkennungs-) Zuständigkeit, wenn der fremde Staat nach seinem eigenen Recht unabhängig davon international zuständig ist.“, BGH, 3.2.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 = NJW 1993, 1073 (1073); ebenso OLG Düsseldorf, 25.4.1995 – 21 U 244/90, RIW 1995, 947 (948); vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 24; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 16; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 120.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 153. Es darf nach dieser Ansicht also keine weiteren Gerichtsstände nach dem ausländischen Prozessrecht geben, die in dem jeweiligen Fall als Grundlage für die internationale Zuständigkeit herangezogen werden können. 125 Vgl. Basedow, IPRax 1994, 183 (185). 126 Es wird also nicht nach deutschem Recht geprüft, ob die internationale Zuständigkeit auf eine andere einschlägige Norm neben § 39 ZPO gestützt werden könnte. 127 BGH, 3.12.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 = NJW 1993, 1073 (1073 ff.); Basedow, IPRax 1994, 183 (185).
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– also einer konsequenten Beurteilung allein nach hypothetisch angewendetem deutschem Prozessrecht – vermeiden ließe.128 Im Rahmen der Anwendung des § 39 ZPO als Norm zur Bestimmung der Anerkennungszuständigkeit ist zudem umstritten, ob der Beklagte die Rüge der Unzuständigkeit im Erstprozess auch dann erheben muss, wenn eine solche Rüge nur nach deutschem Recht, nicht aber nach der ausländischen lex fori begründet gewesen wäre. 129 Diesbezüglich wird von den Kritikern angeführt, dass zum Zeitpunkt des drittstaatlichen Erkenntnisverfahrens häufig noch nicht feststehe, ob und wo es ggf. zu einem Vollstreckungsverfahren komme. Insofern sei es dem Beklagten nicht zumutbar, sich bereits im Erstprozess auf unterschiedliche eventuell einschlägige ausländische Prozessrechte und deren Anforderungen einzustellen. 130 Besonders zu berücksichtigen ist bei der rügelosen Einlassung der maßgebliche Schutzzweck der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit, nämlich der Beklagtenschutz. Die Normen über die internationale Zuständigkeit – § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i. V. m. §§ 12 ff. ZPO – legen wie bereits erörtert fest, unter welchen Voraussetzungen es aus deutscher Sicht dem Beklagten zugemutet werden kann, seine Rechte vor einem ausländischen Gericht wahrzunehmen und zu verteidigen. Hat sich der Beklagte bzw. Urteilsschuldner ausdrücklich der fremden Jurisdiktion unterworfen, ist er somit diesbezüglich auch nicht schutzwürdig.131 Geimer kontastiert diesbezüglich zutreffend: Würde der Beklagte im deutschen Anerkennungsprozess geltend machen, das Erstgericht sei nicht international zuständig gewesen, während er sich im Erstprozess auf das Verfahren einlässt, so würde er gegen das Verbot des venire contra factum proprium verstoßen.132 128 Zustimmungswürdig Schack, der die prozessrechtliche Funktion des § 39 ZPO – nämlich sicherzustellen, dass ab einem gewissen Zeitpunkt im Prozess über die sachliche, örtliche und doppelfunktional auch die internationaler Zuständigkeit nicht mehr gestritten wird – betont, vgl. Schack, ZZP 107 (1994), 75 (77); so ebenfalls vertreten von OLG Frankfurt, 13.12.1978 – 17 U 103/78, RIW/AWD 1979, 640 (640). 129 Siehe Linke/ Hau, IZVR, R. 467; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 84. 130 Vgl. ausführlich zu diesen Erwägungen Basedow, IPRax 1994, 183 (185). 131 Ebenso Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 119; ders., RIW/AWD 1979, 640 (641). 132 Vgl. Geimer, RIW/AWD 1979, 640 (641); ders., IPRax 1994, 187 (187). Diesbezüglich führt Schack sehr überzeugend an, dass es auf einen Willen des Beklagten, sich dem ausländischen Verfahren zu unterwerfen oder nicht, überhaupt nicht ankomme, da es sich bei der rügelosen Einlassung nicht um einen willentlichen Rügeverzicht des Beklagten handele, sondern § 39 ZPO vielmehr eine von Gesetzes wegen eintretende Rechtsfolge der Versäumung einer Prozesshandlung regele. Überdies sei Geltungsgrund für die (internationale) Zuständigkeit kraft rügeloser Einlassung – seit der Gerichtsstandsnovelle von 1974 – gerade nicht mehr eine stillschweigende Vereinbarung der Parteien sondern die Einlassung sei ein von § 38 ZPO losgelöster Realakt, sodass die Anforderungen an eine Gerichtsstandsvereinbarung nicht vorliegen müssten, Schack, ZZP 107 (1994), 75 (76 ff.); a. A. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 24.
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Einem Beklagten ist es vor diesem Hintergrund zuzumuten, die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts auch dann zu rügen, wenn es nach der lex fori aus anderen Gründen international zuständig ist. 133 II. Die internationale Zuständigkeit in Frankreich Die erste Voraussetzung, die der französische Anerkennungsrichter nach dem Arrêt Munzer134 zu überprüfen hat, ist das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit des Erststaats. 135 Obwohl in Frankreich die Anerkennungszuständigkeit im autonomen Recht nicht gesetzlich normiert ist, d. h. das französische Recht keinen speziellen enumerativen Katalog von Gerichtsständen, die die internationale Zuständigkeit begründen, kennt, nimmt die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts wie auch im deutschen Recht eine zentrale Rolle bei der Überprüfung der Anerkennungsvoraussetzungen ein.136 Trotz der bereits dargestellten besonderen Rolle der internationalen Zuständigkeit als Anerkennungskriterium hat die Cour de cassation erst sehr spät konkrete Äußerungen zu diesem Themenkomplex getätigt.137 So legte der Kassationshof in seinem Arrêt de Wrède bereits im Jahr 1900 (erstmals explizit) fest, dass auch nach französischem Recht ein ausländisches bzw. heute drittstaatliches Urteil nur anerkennungsfähig ist, wenn das fremde bzw. ausländische Gericht für die Entscheidung international zuständig war, wann dies der Fall sein soll, lies er indes offen.138 In dieser Entscheidung, die die Anerkennung der Annulierung einer Ehe zum Gegenstand hatte, hatte der französische Kassationshof die internationale Zuständigkeit nach der Staatsangehörigkeit der Ehegatten bestimmt, er hatte sich jedoch nicht dahingehend 133 Sehr überzeugend Schack, ZZP 107 (1994), 75 (78); ebenso Geimer, RIW/AWD 1979, 640 (641); a. A. Basedow, IPRax 1994, 183 (183 ff.); Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 84. 134 Arrêt Munzer Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344 f.). 135 Statt aller Cachard, Droit international privé, S. 296 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 275; Fricke, IPRax 1989, 202 (203); Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (490). 136 Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 275 ff.; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 64; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 231; Mezger, in: FS Nagel, 246 (247); Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (273). 137 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32. 138 „Cependant il ne peut en être ainsi que si le jugement étranger émane d’une juridiction compétente, s’il a été rendu dans les formes prescrites par les lois du pays, et s’ il a acquis l’autorité de la chose jugée.“, Arrêt de Wrède Cass. civ. 9.5.1900, in: Ancel/ Lequette, GAJFDIP, N° 10, 79 (79); vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32; Kitic, Droit international privé, S. 122; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 743 ff.
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geäußert, nach welchen allgemeinen Kriterien die Prüfung der internationalen Zuständigkeit erfolgen solle.139 Auch im Arrêt Munzer im Jahr 1964 betonte die Cour de cassation erneut, dass das urteilende erststaatliche Gericht für eine Anerkennung der Entscheidung in Frankreich international zuständig gewesen sein müsse und stellte die internationale Zuständigkeit „an die Spitze der Exequaturbedingungen“,140 aber auch hier nannte er (unglücklicherweise) keine Kriterien, nach denen die internationale Zuständigkeit zu beurteilen sei.141 Die französische Rechtsprechung stand somit über fast ein gesamtes Jahrhundert vor dem Problem, dass das Erfordernis einer Prüfung der Zuständigkeitskontrolle ausdrücklich festgelegt worden und für sie bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen obligatorisch war, sie hatte jedoch keine konkreten Anhaltspunkte, wie und wonach die Anerkennungszuständigkeit zu bestimmen sei. Aufgabe von Lehre und Rechtsprechung war es folglich, einen angemessenen Prüfungsmechanismus und -umfang zu erarbeiten.142 1. Historische Entwicklung der Kriterien für die internationale Zuständigkeit Aufgrund der mangelnden Vorgaben der Cour de cassation herrschte lange Zeit Uneinigkeit über die Kriterien, nach denen die Anerkennungszuständigkeit beurteilt werden sollte.143 Vor diesem Hintergrund fand im letzten Jahr139 In seinem Urteil hatte das französische Gericht entschieden, dass das russische Erstgericht international zuständig war, da beide Ehegatten die russische Staatsbürgerschaft besaßen. Die Anerkennung der Annulierungsentscheidung des russischen Gerichts in Frankreich begehrte die Ehefrau deshalb, weil sie in Frankreich den Prinzen de Wrède ehelichen wollte, was nur unter der Voraussetzung möglich war, dass sie auch in Frankreich als unverheiratet galt bzw. die Annullierung der Ehe auch in Frankreich anerkannt wurde, vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276. 140 Mezger, in: FS Nagel, 246 (247). 141 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32; Audit, Droit international privé, S. 386; Ponsard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1985–86, 47 (48); dieses Versäumnis des französischen Kassationshofs bedauert ebenfalls Bellet, Trav com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (278); siehe auch Alexandre, Les Pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 171 ff.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 15 f.; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 432; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 6; Kitic, Droit International privé, S. 122; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 756; Mezger, in: FS Nagel, 246 (247). 142 Eine detaillierte Betrachtung der Entwicklung der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit bzw. der unterschiedlichen Ansätze im autonomen französischen Recht liefert Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32 ff.; siehe auch Audit, Droit international privé, S. 386 ff.; Ponsard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1985–86, 47 (48 ff.). 143 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 745 ff.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
hundert eine kontiuierliche Entwicklung unterschiedlicher Prüfungsansätze zur Kontrolle der Anerkennungszuständigkeit statt. 144 Seit dem Arrêt de Wrède hat die französische Gerichtsbarkeit und Lehre so – in Ermangelung höchstrichterlicher Rechtsprechung – bei der Suche nach der adäquaten Bestimmung der internationalen Zuständigkeit im Wesentlichen drei unterschiedliche Prinzipien herausgearbeitet, auf die sich die Regelungen der Anerkennungszuständigkeit stützen können: die Prüfung der internationalen Zuständigkeit anhand des erst- bzw. drittstaatlichen Prozessrechts, die – der deutschen „Spiegelbildlichkeit“ entsprechende – Übertragung der französischen Zuständigkeitsnormen auf den drittstaatlichen Rechtsstreit bzw. deren entsprechende Anwendung (das sog. Prinzip der „bilatéralisation“) und schließlich ein System, das die Anerkennungszuständigkeit unabhängig von der in- oder ausländischen Entscheidungszuständigkeit normiert.145 a) Die Zuständigkeitskontrolle anhand des ausländischen Prozessrechts Eine Ansicht wollte die internationale Zuständigkeitsprüfung anhand der Prüfung der Zuständigkeitsregelungen des Erststaats vornehmen. 146 So be-
and Commercial Matters, S. 231 f.; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO, S. 134; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 433; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 16. Die Ungleichheiten bei der Beurteilung der internationalen Zuständigkeit in der französischen Rechtsprechung zeigen sich sehr anschaulich an den Ausführungen Bellets zu den unterschiedlichen Prüfungsansätzen des Tribunal de la Seine, vgl. Bellet, Trav com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (277 f.); siehe zudem sehr instruktiv Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (490 ff.). 144 Vgl. Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 269; Muir Watt, in: JurisClasseur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 6; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277 ff.; sehr ausführlich und instruktiv Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32 ff. 145 Diese drei Ansätze nennen Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276 f.; Audit, Droit international privé, S. 386 ff.; Derruppé, Droit international privé, S. 119; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 16 ff.; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (490 f.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32 ff.; Laborde, Droit international privé, S. 116; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 745; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr.1 ZPO, S. 134 ff.; siehe auch Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 256. 146 Dieser Ansatz der Zuständigkeitsprüfung findet sich etwa bei Alexandre, Les Pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 174; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 567; siehe hierzu Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 39 ff.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278.
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stimmte etwa die Cour d‘appel Montpellier in ihrer Entscheidung in Sachen Lasserre aus dem Jahr 1949: „Attendu que la juridiction française, appelée à se prononcer sur l’exequatur, ne doit se référer qu’à la loi étrangère pour apprécier si le jugement a été rendu par un tribunal compétent, à moins que la décision qui lui est soumise n’implique la violation d’une règle fondamentale de notre droit en matière de compétence.“ 147
Das Gericht von Montpellier äußerte folglich die Auffassung, die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit habe ausschließlich nach dem Recht des Erststaats zu erfolgen, dies allerdings unter der Einschränkung, dass keine fundamentalen Grundsätze der französischen Zuständigkeitsregeln verletzt seien.148 Diesbezüglich wurde mitunter vertreten, bei diesem Prinzip zur Zuständigkeitsprüfung handele es sich faktisch um eine – seit dem Arrêt Munzer ausdrücklich verbotene149 – révision au fond.150 Dieses Argument vermag jedoch nicht zu überzeugen, denn bei der Überprüfung der erststaatlichen Zuständigkeitsnormen handelt es sich nicht um eine Nachprüfung der Entscheidung in materieller Hinsicht, sondern das französische Recht macht sich lediglich – in Ermangelung eigener französischer Normen betreffend die Anerkennungszuständigkeit – im Rahmen der Anerkennungsprüfung die Bestimmungen des ausländischen bzw. drittstaatlichen Prozessrechts „zu eigen“.151 Diese sehr anerkennungsfreundliche Ansicht152 der Cour d’appel Montpellier wurde von einigen Gerichten geteilt und insbesondere von der Cour d’ap147
Cour d’appel Montpellier 17.3.1949, Rev. crit. DIP 1950, 228 (228 f.); Audit, Droit international privé, S. 387; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 16; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 40; eine ausführliche Besprechung dieses Urteils liefert Francescakis, Rev. crit. DIP 1953, 1 (1 ff.). 148 Siehe auch Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 40. 149 „Cette vérification […] constitue en toute manière à la fois l’expression et la limite du pouvoir de contrôle du juge chargé de rendre exécutoire en France une décision étrangère, sans que ce juge doive procéder à une révision au fond de la décision.“, Cass. civ. 7.1.1964, Rev crit. DIP 1964, 344 (344). 150 So etwa vertreten von Francescakis, Rev. crit. DIP 1969, 601 (632 f.); Bellet, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (271); vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 43 f.; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 7; Audit, Droit international privé, S. 386 f.; Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 277. 151 Ebenso Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 44; Audit, Droit international privé, S. 386 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277. 152 Zur Begründung der Anerkennungsfreundlichkeit dieser These führt Huet sehr überzeugend aus, dass diese daraus resultiere, dass wenn die Prüfung der internationalen Zuständigkeit auf die (erneute) Prüfung der Zuständigkeit beschränkt werde, diese Prüfung in der Regel positiv ausfalle, da eine Falschanwendung der eigenen Zuständigkeitsnormen
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
pel Paris angewendet.153 Prominentestes und zugleich wohl deutlichstes Beispiel für diese Praxis bildet die Entscheidung Lundwall aus dem Jahr 1958.154 In dieser Entscheidung betonte die Cour d’appel Paris, dass für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit allein die ausländischen Regelungen maßgeblich seien, sofern nicht die Entscheidung der ausschließlichen Zuständigkeit französischer Gerichte vorbehalten sei, womit sie die von der Cour d’appel Montpellier eingeschlagene Linie aufgriff.155 Selbst die Cour de cassation legte dieses Prinzip der Zuständigkeitsbestimmung wenige Jahre später bzw. im Jahr 1963 ihrem Arrêt Hohenzollern zugrunde.156 Gestützt wurde die Ansicht, dass die internationale Zuständigkeit nach der lex fori des Erststaats zu beurteilen sei, grundsätzlich darauf, dass allein der Staat, in dessen Namen die Entscheidung erlassen wurde, die Voraussetzungen für seine Zuständigkeit festlegen könne; im Umkehrschluss sei auch allein das Recht dieses Staats in der Lage eine Aussage darüber zu treffen, ob der Erstrichter zum Entscheidungserlass zuständig war oder nicht.157 Eine Überprüfung der „richtigen Anwendung“ der ausländischen Zuständigkeitsnormen durch den französischen Anerkennungsrichter, der in dem jeweiligen Prozessrecht wohl deutlich weniger orientiert sei als der erkennende Richter im Erststaat, könne zudem wohl kaum besser als durch Letzteren selbst vor-
durch den Erstrichter verhältnismäßig unwahrscheinlich sei, vgl. Huet, JDI 1985, 462 (463); siehe auch Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277. 153 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 40; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277. 154 Cour d’appel Paris 4.2.1958, Rev. crit. DIP 1958, 389 (389 ff.). In diesem Fall hatte ein Österreicher eine Kubanerin in Frankreich geheiratet. Der gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten war in Österreich. Bei einem Aufenthalt in Kuba erwirkte die Ehegattin die Scheidung vor einem kubanischen Gericht und begehrte daraufhin die Anerkennung des Scheidungsurteils und die Änderung des Personenstandsregisters in Frankreich, vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277; siehe auch Audit, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 19. 155 „En matière d’exequatur, si le litige ne relève à aucun titre de la compétence des tribunaux français, la compétence internationale du juge étranger s’apprécie non d’après la loi française mais d’après la loi étrangère.“, Cour d’appel Paris 4.2.1958, Rev. crit. DIP 1958, 389 (389); Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (490 f.). 156 Cass. civ. 8.1.1963, Rev. crit. 1963, 109 (109 f.); de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 16. Dieses Vorgehen des Kassationshofs kritisiert der Kommentator G. H. (wohl Georges Holleaux) des Urteils stark, da für ihn eine spiegelbildliche Anwendung der französischen Zuständigkeitsnormen klar die adäquate Form der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit war, vgl. G. H., Rev. crit. DIP 1963, 111 (114). 157 Vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 16; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 746; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277.
§ 6 Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats
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genommen werden. 158 Diese Ansicht verkennt jedoch, dass es bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit im Rahmen des Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahrens nicht um die (direkte) Entscheidungszuständigkeit, sondern um die (indirekte) Anerkennungszuständigkeit geht und somit nicht in die Souveränität bzw. Entscheidungsfreiheit der jeweiligen Erststaaten eingegriffen wird.159 Die Argumentation, dass nur das ausländische bzw. drittstaatliche Prozessrecht für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblich sein könne, überzeugt somit nicht, denn es geht nicht um die Bestimmung der (direkten) Entscheidungszuständigkeit des Urteilsstaats, sondern um eine Bestimmung der Anerkennungsvoraussetzungen im französischen Recht, sodass eine Bestimmung nach französischem Recht legitim ist. 160 Eine bloße wiederholte Prüfung der erststaatlichen Zuständigkeitsnormen ließe im Endeffekt die Kontrolle der internationalen Zuständigkeit leerlaufen, denn eine zweimalige Prüfung derselben, von einem Drittstaat aufgestellten Zuständigkeitsvoraussetzungen vermag eben nicht sicherzustellen, dass gerade diese Voraussetzungen den französischen Anforderungen an eine Zuständigkeit des Erststaats genügen.161 Die Cour de cassation hatte in der Munzer-Entscheidung jedoch betont, dass die Prüfung der internationalen Zuständigkeit gerade diesen Schutzzweck verfolge.162 Die Ansicht, die internationale Zuständigkeit müsse zwingend unter (erneuter) Anwendung der erststaatlichen Zuständigkeitsnormen erfolgen, ist somit verfehlt. 163 158 Mélin, Droit international privé, S. 65; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277; Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (365); ähnlich Mezger, in: FS Nagel, 246 (251). 159 Ebenso statt vieler Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278. 160 Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 562 ff.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 277; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S.16 f. Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 433. 161 Ebenso Ponsard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1985–86, 47 (56); Audit, Droit international privé, S. 386 f.; Bellet, Trav com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (277 f.); MeyzeaudGaraud, Droit international privé, S. 176; a. A. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 43. 162 So legte der französische Kassationshof in der Munzer-Entscheidung ausdrücklich nieder, Zweck der Kontrolle des erststaatlichen Urteils sei es zu „assurer la protection de l’ordre juridique et des intérêts français, objet même de l’institution de l’exequatur.“, Arrêt Munzer Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344); hierauf verweist auch Kitic, Droit international privé, S. 123; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 743; Ponsard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1985–86, 47 (56). 163 Ebenso Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 746 f.; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 176; Monéger, Droit international privé, Rn. 597, der diesen Prüfungsansatz als „zu lax“ kritisiert; auch Schack, IVZR, Rn. 1003 hält diese Prüfungsform „ersichtlich für keinen tauglichen Filter zur Abwehr exorbitanter Zuständigkeiten“.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
b) Die „bilatéralisation“ der französischen Zuständigkeitsnormen Vor dem Hintergrund der oben genannten Bedenken gegenüber einer Zuständigkeitsprüfung nach den Normen des ausländischen Rechts forderten bereits früh Stimmen in Literatur und Rechtsprechung eine Prüfung der internationalen Zuständigkeit anhand von französischen Regelungen. 164 So äußerte etwa die Cour de Colmar bereits im Jahr 1933, dass die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit nach „den Regeln des französischen internationalen Privatrechts“ (und nicht nach der erststaatlichen lex fori ) erfolgen solle. 165 Wie diese „Regeln des französischen internationalen Privatrechts“ jedoch ausgestaltet sein sollten, war auch hier umstritten. Die französische Jurisprudenz stand, wie bereits erörtert, aufgrund des langen Schweigens des Kassationshofs vor der Aufgabe, angemessene Regelungen für die Anerkennungszuständigkeit zu schaffen. Einer der Hauptakteure bei dieser Regelungssuche war der bedeutende Rechtswissenschaftler Étienne Bartin.166 Dieser verfasste zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine ausführliche Abhandlung zur Frage der Anerkennungszuständigkeit 167 und stellte in dieser das System der „bilatéralisation“ der französischen Zuständigkeitsnormen als Modell für die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit vor.168 Wie auch nach dem deutschen Spiegelbildprinzip ist das Erstgericht hiernach als zuständig zu betrachten, wenn 164
Vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, S. 567 f.; Niboyet, Cours de droit international privé français, S. 657 ff.; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 6 f. 165 „Un jugement suisse ne peut obtenir l’exequatur s’il n’émane pas d’un tribunal compétent d’après les dispositions du traité, là où il en existe et, dans le cas contraire, d’après les règles du droit international privé français.“, Cour de Colmar 4 .7.1933, Rev. crit. DIP 1934, 492 (492); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 33; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 6 f. m. w. N. 166 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32 f.; Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (121 f.); ausführlich zu den Ansätzen Bartins Francescakis, Rev. crit. DIP 1953, 1 (6 ff.); siehe auch Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 232. Zu Person und Werk Bartins sehr informativ Weber, Die Theorie der Qualifikation, S. 38 ff. 167 Bartin, Études sur les effets internationaux des jugements, S. 1 ff. 168 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 32 f.; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO, S. 134; Francescakis, Rev. crit. DIP 1953, 1 (8 f.); siehe auch Gutmann, Droit international privé, S. 236. Auf den ersten Blick scheint eine gewisse Parallele zwischen der Rolle Bartins in der französischen Rechtsordnung und der Feuerbachs für die deutsche internationale Zuständigkeitsprüfung erkennbar, da beide Wissenschaftler mit ihren ausführlichen Studien einen maßgeblichen Einfluss auf die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit ausübten und beide in den jeweiligen Rechtsordnungen als „geistige Väter“ der Spiegelbildlichkeit gelten.
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nach hypothetischer bzw. spiegelbildlicher Anwendung der französischen Zuständigkeitsnormen eine entsprechende internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats besteht. Dieses Prinzip wurde jedoch dahingehend beschränkt, dass die exorbitanten Gerichtsstände der Art. 14, 15 C. civ. nicht auf das Erkenntnisverfahren im Urteilsstaat gespiegelt werden konnten. 169 Die „bilatéralisation“ wurde ausgehend von den Arbeiten Bartins über lange Zeit zur gängigen Praxis in der französischen Rechtsprechung. 170 Diese Abkehr vom Prinzip der Überprüfung nach erststaatlichem Prozessrecht zeigte sich besonders deutlich an der Entscheidung de Gunzbourg 171 des Appellationsgerichts Paris aus dem Jahr 1964.172 Auch in dieser Entscheidung nimmt die Cour d’appel Paris – wie bereits zuvor die Cour de Colmar – nicht ausdrücklich Bezug auf die Bilateralisationsmethode, sie bestimmt jedoch, dass der französische Richter die Kontrolle der Anerkennungszuständigkeit nach den „vom französischen internationalen Privatrecht zugelassenen Prinzipien ausübe und die Prüfung der erstrichterlichen Kompetenz nicht dem Recht des Urteilsstaats überlasse“.173 Vor diesem Hintergrund wurde die Entscheidung, obwohl sie nicht ausdrücklich auf eine spiegelbildliche Anwendung Bezug nimmt, als Hinwendung der Rechtsprechung zur Bilaterlisation gedeutet.174 169 Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (491); Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278; Mayer, La distinction entre règles et décisions et le droit international privé, S. 175; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 6, 8; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 36; Herzfelder, ZVglRWiss 86 (1987), 49 (51); siehe auch Schütze, JR 1967, 212 (213). Dies ist insbesondere insofern bemerkenswert als die Anwendung von exorbitanten Gerichtsständen einer der Hauptkritikpunkte an der „bilatéralisation“ bzw. dem Spiegelbildprinzip im deutschen Recht ist, vgl. hierzu die obigen Ausführungen zu § 23 ZPO, Kap. II § 6 I 2 c) aa); ebenfalls kritisch bezüglich dieser Einschränkung Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278. 170 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 7 f. mit Hinweis auf umfangreiche Rechtsprechung; Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (121 f.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 33 f. 171 Cour d’appel Paris 18.6.1964, Rev. crit. DIP 1967, 340 (340 ff.). 172 Vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278; siehe auch de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 747. 173 „Dans les hypothèses où la compétence directe des tribunaux français n’est pas en cause, le juge français de l’exequatur n’abandonne pas pour autant la détermination de la compétence internationale du juge étranger à la loi du for effectivement saisi, mais conserve sur cette compétence un contrôle suivant les principes admis par le droit international privé français.“, Cour d’appel Paris 18.6.1964, Rev. crit. DIP 1967, 340 (340); Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 278. 174 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 40; Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 762 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278; siehe auch Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (175).
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Auch die Cour de cassation legte das Bilateralisationsprinzip schließlich ihren Entscheidungen zugrunde, so etwa in ihren Entscheidungen Pelassa175 und Ranft176 aus dem Jahr 1959.177 Doch auch gegen die Bilateralisationsmethode bzw. die Anwendung des Spiegelbildprinzips mehrten sich zunehmend kritische Stimmen.178 Hauptkritikpunkt an diesem System der Anerkennungszuständigkeit war – ebenso wie auch im Hinblick auf das deutsche Spiegelbildprinzip – dass es zu restriktiv und somit zu anerkennungsfeindlich sei.179 So sei es durchaus möglich, dass ein ausländisches Gericht seine Entscheidungszuständigkeit auf eine Regelung stütze, die das französische Recht nicht kenne, die aber absolut legitim sei.180 Auch die Methode der „bilatéralisation“ war somit einiger Kritik ausgesetzt und stellte nicht den Endpunkt der Entwicklungen hinsichtlich der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit im französischen autonomen Recht dar. c) Ein autonomes Kontrollsystem der Anerkennungszuständigkeit Einen „Meilenstein“ in der Kritik am Bilateralisationsprinzip bildete das Erscheinen der Dissertation der Rechtswissenschaftlerin Dominique Holleaux, die in ihrem Grundsatzwerk das Prinzip der „bilatéralisation“ heftig kritisierte und hiermit erheblichen Einfluss auf Lehre und Rechtsprechung ausübte, wodurch wohl die erneute Abkehr von den bisherigen Prinzipien der Zuständigkeitsprüfung eingeläutet wurde.181 So entwickelte sich schließlich
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Cass. civ. 19.10.1959, Rev. crit. DIP 1960, 215 (215 f.). Cass. civ. 19.10.1959, Rev. crit. DIP 1960, 216 (216 f.). 177 Vgl. Derruppé, Droit international privé, S. 111; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 402. 178 Siehe näher hierzu Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 38 f. 179 Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278; Monéger, Droit international privé, Rn. 597, der insofern von einem „zu nationalistischen“ System spricht; a. A. Pillet, Traité Pratique de Droit International Privé, Bd. II, S. 652 ff. und Francescakis, Rev. crit. DIP 1953, 1 (31 ff.), die für die Bilateralisierungsmethode eintraten, vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 33 f., 38. 180 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 38; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 232; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 278; Mayer, Rev. crit. DIP 1979, 1 (18 f.). Dies stellt auch einen der zentralen Kritikpunkte am heutigen deutschen Spiegelbildprinzip dar, siehe exemplarisch Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (25 f.). 181 Siehe ausführlich Holleaux, Compétence du juge étranger et reconnaissance des jugements, S. 121 ff.; vgl. Herzfelder, ZVglRWiss 86 (1987), 49 (51); Courbe, Droit international privé, S. 172; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 8; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, 176
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ein dritter Ansatz der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit, der die Anerkennungszuständigkeit von den Regelungen der Entscheidungszuständigkeit abkoppelte.182 Dementsprechend wurde eine alternative Methode zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit in Anerkennungsfragen entworfen, die auf der einen Seite ebenfalls eigene französische Regelungen für die Anerkennungszuständigkeit anwenden wollte, auf der anderen Seite die „bilatéralisation“ aber als nicht sachgerecht erachtete. 183 Hierbei wurde betont, dass sich die Zuständigkeitsprüfung auf die Prüfung der internationalen Zuständigkeit beschränke und die interne nationale Zuständigkeitsverteilung – also die örtliche Zuständigkeit des konkreten Urteilsgerichts – innerhalb des Urteilsstaats für die Prüfung irrelevant sei. 184 Dieser Ansatz basierte insbesondere auf dem Arrêt Bachir, der festlegte, dass sämtliche Verfahrensfragen des erststaatlichen Prozesses allein im Rahmen der ordre public-Prüfung behandelt werden (dürften) und so die interne Kompetenz des Erstgerichts faktisch von der internationalen Zuständigkeitskontrolle ausnahm. 185 Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung ergingen erste Entscheidungen, die für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit die französischen Normen nicht spiegelbildlich heranzogen, sondern einen autonomen Prüfungsansatz verfolgten. Richtungsweisend waren diesbezüglich insbesondere die Entscheidungen der Cour d’appel Paris in Sachen Mack Trucks186 im Jahr 1971 und Giroux187 im Jahr 1976, die eine Abkehr der Rechtsprechung von S. 747 f.; sehr ausführlich zu dieser Entwicklung Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 46 ff. 182 Statt aller Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 8 f.; Monéger, Droit international privé, Rn. 597. 183 Statt vieler de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Monéger, Droit international privé, Rn. 597. 184 Audit, Droit international privé, S. 386; ausführlich zur Herleitung der Ausnahme der örtlichen Zuständigkeit aus dem Prüfungskatalog siehe de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 16. 185 „La régularité du déroulement du procès devant la juridiction étrangère s’apprécie uniquement par rapport à l’ordre public international français et au respect des droits de la défense“, Arrêt Bachir Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. DIP 1968, 98 (98); Derruppé, Droit international privé, S. 118; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 16; Laborde, Droit international privé, S. 115; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (492); siehe auch Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 9; Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (248). 186 Mack Trucks Cour d’appel Paris 10.11.1971, JDI 1973, 239 (239 ff.). 187 So bestimmte das Pariser Appelationsgericht in der Entscheidung Giroux: „Pour contrôler la compétence internationale de la juridiction étrangère, le juge de l’exequatur doit utiliser, non pas les règles françaises de compétence interne, mais les principes plus libéraux du droit international privé français en ce domaine, desquels il résulte que toutes les fois que la règle française de solution des conflits de juridictions n’attribue pas compétence exclusive aux tribunaux français, il suffit, pour qu’un tribunal étranger soit reconnu compétent, que le litige se rattache d’une manière suffisante au pays dont le juge a été
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der Bilateralisationsmethode deutlich aufzeigten.188 In diesen beiden grundlegenden Entscheidungen wurden ausdrücklich neue Kriterien für die Ermittlung der internationalen indirekten Zuständigkeit aufgestellt. So sollte die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts in solchen Fällen angenommen werden, in denen „eine tatsächliche, objektive und nicht künstliche oder fraudulös geschaffene Verknüpfung des Verfahrens mit dem Urteilsstaat bestand und in denen nach französischem internationalen Zivilprozessrecht keine ausschließliche internationale Zuständigkeit französischer Gerichte gegeben war“.189
Diese beiden Entscheidungen bildeten mit ihrem neuen autonomen Ansatz die Grundlage für die noch heute praktizierte Prüfung der Anerkennungszuständigkeit im französischen Recht. 2. Die heutige Zuständigkeitsprüfung nach dem Arrêt Simitch Mit den Entscheidungen Mack Trucks und Giroux der Pariser Cour d’appel hatte sich, wie soeben dargestellt, eine gravierende Veränderung des französischen Rechts in Bezug auf die Anerkennungszuständigkeit angekündigt. 190 Diese neue Linie der französischen Rechtsprechung griff die Cour de cassation im Jahr 1985 auf und schuf schließlich nach fast 100 Jahren Kontroverse in Lehre und Rechtsprechung Klarheit hinsichtlich der Prüfung der internationalen Anerkennungszuständigkeit. 191 Mit ihrem Arrêt Simitch192 von 1985, saisi, c’est-à-dire que le choix de la juridiction ne soit ni arbitraire, ni artificiel, ni frauduleux.“, Cour d’appel Paris 5.3.1976, Rev. crit. DIP 1978, 149 (149 f.); siehe auch Mezger, in: FS Nagel, 246 (251); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 233. 188 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 9; Audit, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 19; ders., Droit international privé, S. 388; Mezger, in: FS Nagel, 246 (250 f.); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 233; Fricke, IPRax 1989, 202 (205); GaudemetTallon, RIDC (2) 1986, 487 (491); Herzfelder, ZVglRWiss 86 (1987), 49 (51 ff.); sehr ausführlich Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (244 ff.); siehe auch Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 256. 189 Vgl. Herzfelder, ZVglRWiss 86 (1987), 49 (51); siehe auch de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; GaudemetTallon, RIDC (2) 1986, 487 (491). 190 Ebenso Mezger, in: FS Nagel, 246 (249 f.); de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Herzfelder, ZVglRWiss 86 (1987), 49 (51 ff.); Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 5843, S. 9; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 233. 191 Statt aller Audit, Droit international privé, S. 388; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 65; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 192;
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welcher die Anerkennung eines englischen Scheidungsurteils zum Gegenstand hatte,193 brach die Cour de cassation schließlich ihr Schweigen und schloss sich in Bezug auf die Überprüfung der internationalen Zuständigkeit der oben erörterten Rechtsprechung der Cour d’appel Paris an, wonach die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit nach einer neuen eigenen Regelung erfolgen sollte.194 Wie auch in den Entscheidungen der Cour d’appel Paris wird nach dem Arrêt Simitch zur Zuständigkeitsprüfung eine „Generalklausel“ verwendet, nach der für die internationale Zuständigkeit eine hinreichende bzw. charakteristische Beziehung zum Forumstaat bestehen muss und die Zuständigkeitsbegründung nicht willkürlich, gekünstelt oder betrügerisch sein darf. 195 Zudem ist auch nach der Rechtsprechung des Kassationshofs eine Anerkennungszuständigkeit in solchen Fällen ausgeschlossen, in denen eine ausschließliche internationale Zuständigkeit gegeben war. 196 Die Cour de cassation entschied sich mit dieser Entscheidung ausdrücklich gegen das Mezger, in: FS Nagel, 246 (250 f.); sehr ausführlich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 53; ders., IPRax 1989, 202 (205); sehr instruktiv zur Entwicklung von Mack Trucks zum Arrêt Simitch Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (244 ff.). 192 Arrêt Simitch Cass. civ. 6.2.1985, Rev. crit. DIP 1985, 369 (369). 193 Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine britische Staatsangehörige ließ sich vor einem englischen Gericht von ihrem Ehemann, der die US-amerikanische Staatsangehörigkeit besaß und seinen Wohnsitz in Frankreich hatte, scheiden. Im Laufe dieses Verfahrens erwirkt sie vor einem englischen Gericht eine einstweilige Entscheidung hinsichtlich ihrer Unterhaltszahlungen während des Scheidungsverfahrens. Die Ehefrau begehrte die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der englischen Entscheidung in Frankreich. Die Cour de cassation bejahte in diesem Fall die internationale Zuständigkeit der englischen Gerichte, da – nach den in der Entscheidung aufgestellten Kriterien – aufgrund des Wohnsitzes und der Staatsangehörigkeit der Ehefrau eine hinreichende Verbindung Englands zum Rechtsstreit bestand. 194 Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. 1, S. 269 f.; Muir Watt, in: JurisClasseur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 9; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 233; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Spiegelbildprinzips, S. 135 f.; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 176; Monéger, Droit international privé, Rn. 598; Mezger, in: FS Nagel, 246 (250 f.). 195 „[…] en se référant aux principes plus libéraux du droit international privé français en ce domaine […] il suffit pour qu’un tribunal étranger soit reconnu compétent que le litige se rattache de manière suffisante au pays dont le juge a été saisi, c’est-à-dire que le choix de la juridiction ne soit ni arbitraire, ni artificiel, ni frauduleux.“, Cass. civ. 6.2.1985, Rev. crit. DIP 1985, 369 (369); statt aller Kitic, Droit international privé, S. 123 ff.; Mélin, Droit international privé, S. 65; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 74; Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (25). 196 Cachard, Droit international privé, S. 297; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 66; Kitic, Droit international privé, S. 123 ff.; Nagel/ Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 74.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Spiegelbildprinzip (wie auch gegen die zuvor diskutierte Prüfung anhand der erststaatlichen Normen) und ersetzte dieses durch eine einzelfallbezogene Überprüfung, ob eine hinreichende Verbindung des Streitgegenstands zum ausländischen Erstgericht besteht.197 In der Entscheidung Simitch stellte sie für diese Prüfung im Wesentlichen drei Kriterien auf, die für das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts erfüllt sein müssen.198 a) Keine ausschließlichen französischen internationalen Zuständigkeiten Zunächst darf für das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts keine ausschließliche französische internationale Zuständigkeit gegeben sein.199 Als erster Schritt ist somit zu bestimmen, in welchen Fällen das französische Recht eine solche ausschließliche Zuständigkeit für sich in Anspruch nimmt.200 aa) Ausschließliche internationale Zuständigkeitsregelungen Die Bestimmung, wann eine ausschließliche internationale Zuständigkeit nach französischem Recht gegeben ist, ist nicht ohne gewisse Schwierigkeiten möglich, denn die Cour de cassation hat diesbezüglich keine klaren Äußerungen in ihrer Entscheidung getroffen.201 So wurde mitunter vertreten, sämt197
Vgl. statt vieler Courbe, Droit international privé, S. 172. Statt aller Kitic, Droit international privé, S. 123; Monéger, Droit international privé, Rn. 598 f.; Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (255); Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, 3487 (3488). 199 Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. 1, S. 269; Cachard, Droit international privé, S. 297; Kitic, Droit international privé, S. 124; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 66; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 748; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276 ff.; Mélin, Droit international privé, S. 65; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 176; Monéger, Droit international privé, Rn. 599; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 10; vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 74; Audit, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 19; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Spiegelbildprinzips, S. 137; Schütze, in: Internationaler Rechtsverkehr in Zivilund Handelssachen, Bd. V, Nr. 1039, S. 10; Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (246); Fricke, IPRax 1989, 202 (203). 200 Vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 563 f.; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 176 f.; Laborde, Droit international privé, S. 115 f.; die bestehenden Unklarheiten bei der Bestimmung ausschließlicher Zuständigkeiten betonen Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 74; Audit, Droit international privé, S. 388; Courbe, Droit international privé, S. 173; Mélin, Droit international privé, S. 66. 201 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 56; Monéger, Droit international privé, Rn. 599; Audit, Droit international privé, S. 388; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 283; Muir Watt, in: Juris-Classeur 198
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liche französische Zuständigkeiten seien als ausschließliche internationale Zuständigkeiten zu sehen. 202 Dementsprechend bestimmte auch die Cour de cassation in ihrer Entscheidung Zins c. Verdier im Jahr 1962, dass die Zuständigkeit des französischen Richters aufgrund des Wohnsitzes des Beklagten in Frankreich „nach den Regeln des französischen Kollisionsrechts jede konkurrierende ausländische Zuständigkeit ausschließe“.203 In dem Arrêt Simitch urteilte die Cour de cassation jedoch, dass sich aus dem Wohnsitz des Beklagten in Frankreich bei Ehe- bzw. Scheidungssachen bzw. im Falle des Art. 1070 NCPC204 keine ausschließliche internationale Zuständigkeit französischer Gerichte ergebe.205 Aus der Bestimmung, dass der bloße Wohnsitz des Beklagten in Frankreich – und somit das bloße Vorliegen einer „einfachen“ französischen Entscheidungszuständigkeit – für die de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 9 f.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 17; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Spiegelbildprinzips, S. 138. 202 Vgl. Fricke, IPRax 1989, 202 (203); Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 281. 203 „[…], et que cette juridiction avait été jugée compétente pour en connaitre en vertu de sa compétence normale, exclusive, selon les règles françaises de conflits de juridictions, de toute compétence concurrente étrangère, ce qui écartait toute possibilité d’une renonciation à la compétence française.“, Cass. civ. 5.5.1962, Rev. crit. DIP 1963, 99 (99); vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 281; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 18. 204 Der aktuelle Art. 1070 NCPC lautet: „Le juge aux affaires familiales territorialement compétent est: – le juge du lieu où se trouve la résidence de la famille; – si les parents vivent séparément, le juge du lieu de résidence du parent avec lequel résident habituellement les enfants mineurs en cas d’exercice en commun de l’autorité parentale, ou du lieu de résidence du parent qui exerce seul cette autorité; – dans les autres cas, le juge du lieu où réside celui qui n’a pas pris l’initiative de la procédure. En cas de demande conjointe, le juge compétent est, selon le choix des parties, celui du lieu où réside l’une ou l’autre. Toutefois, lorsque le litige porte seulement sur la pension alimentaire, la contribution à l’entretien et l’éducation de l’enfant, la contribution aux charges du mariage ou la prestation compensatoire, le juge compétent peut être celui du lieu où réside l’époux créancier ou le parent qui assume à titre principal la charge des enfants, même majeurs. La compétence territoriale est déterminée par la résidence au jour de la demande ou, en matière de divorce, au jour où la requête initiale est présentée.“ 205 Vgl. Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 15 f.; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 56; ders., IPRax 1989, 202 (204); Audit, Droit international privé, S. 391; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 18; Kitic, Droit international privé, S. 124; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 282; Mélin, Droit international privé, S. 66; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Spiegelbildprinzips, S. 138; ausführlich Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (255 ff.).
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Annahme einer ausschließlichen Zuständigkeit nicht ausreichend war, ergibt sich im Umkehrschluss, dass für das Vorliegen einer ausschließlichen französischen Zuständigkeit über die bloße einfache Entscheidungszuständigkeit hinausgehende Verbindungen des Rechtsstreits zu Frankreich bestehen müssen.206 Eine solche ausufernde Annahme der ausschließlichen französischen Zuständigkeit erschiene vor dem Hintergrund der heutigen Anforderungen des internationalen Rechts- und Wirtschaftsverkehrs auch als unhaltbar. Insofern muss für jede einzelne Zuständigkeitsnorm gesondert anhand des von ihr verfolgten Schutzzwecks bestimmt werden, ob sie eine ausschließliche Zuständigkeit begründet. 207 Ausgehend von den mit der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit zusammenhängenden Souveränitätserwägungen wird eine ausschließliche internationale Zuständigkeit zunächst für solche Zuständigkeitsnormen anzunehmen sein, die den Schutz der französischen Jurisdiktionssphäre betreffen. 208 Die Ausschließlichkeit der französischen Zuständigkeit soll sich dabei nach Mayer nicht aus der bloßen Zuständigkeit bzw. Entscheidungskompetenz der französischen Gerichte ergeben, sondern daraus, dass eine „Obligation zum Einschreiten vor dem Hintergrund des öffentlichen französischen Interesses“ bestehe.209 Des Weiteren kann sich eine ausschließliche internationale Zuständigkeit aus der Rechtsnatur des Verfahrens bzw. des Gegenstands ergeben.210 Diesbezüglich werden in der Literatur insbesondere die ausschließliche internati206
Vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 18; Fricke, IPRax 1989, 202 (204); siehe auch Kitic, Droit international privé, S. 124. 207 Ausführlich de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 18 f.; Pataut, Principe de Souveraineté et Conflits de Juridictions, S. 239 f. 208 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 10; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 18 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 282. Siehe hierzu bereits die Ausführungen zum Schutzzweck der Prüfung der internationalen Zuständigkeit im Rahmen der Behandlung des deutschen autonomen Rechts, Kap. II § 6 I 2 b) aa). 209 Von dieser „obligation d’intervention dans l’intérêt public“ spricht Mayer, La distinction entre règles et décisions et le droit international privé, S. 187; siehe auch de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 18 f. 210 Statt vieler de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 18. So nennen z. B. Mayer/Heuzé als Beispiele für eine auschließliche französische Zuständigkeit Fälle, in denen es um die Nichtigerklärung französischer Zeugnisse oder in Frankreich gegründeter Gesellschaften oder um die Eintragung in die französischen Register geht, vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 282; siehe auch Courbe, Droit international privé, S. 174; Kitic, Droit international privé, S. 125; sehr ausführlich (mit weiteren Beispielen) zu diesem Problemkreis Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 14 f.
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onale Zuständigkeit in Immobiliarsachen und in manchen erbrechtlichen Sachverhalten als Beispiele genannt.211 So entschied der französische Kassationshof in der Entscheidung de Goyeneche im Jahr 1961, dass „die Erbfolge hinsichtlich in Frankreich belegener Immobilien, auch wenn diese im Eigentum von Ausländern stehen, allein dem französischen Recht untersteht und folglich die französischen Gerichte für die sie betreffenden Realklagen ausschließlich zuständig sind“.212
In dieselbe Richtung geht eine weitere Entscheidung der Cour de cassation aus dem Jahr 1983, die für die Anerkennung ausdrücklich festlegt, dass „einer ausländischen Entscheidung, die eine erbrechtliche Frage entscheidet, welche der ausschließlichen Zuständigkeit französischer Gerichte untersteht, in Frankreich keine Wirkung verliehen werden kann, wenn der Erblasser seinen Wohnsitz in Frankreich hatte und die beanspruchten Immobilien in Frankreich belegen sind“.213
Als weiterer bzw. dritter Komplex, aus dem nach französischem Recht eine ausschließliche internationale Zuständigkeit resultieren kann, werden schließlich solche Zuständigkeitsnormen genannt, die nicht lediglich dem Schutz der französischen Rechtsordnung sondern vielmehr privaten Interessen dienen. 214 Diesbezüglich ist – wie auch im deutschen Recht – allgemein anerkannt, dass insbesondere eine entsprechende Zuständigkeitsvereinbarung der Parteien
211 Courbe, Droit international privé, S. 174; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 193; Laborde, Droit international privé, S. 115 f.; Mélin, Droit international privé, S. 66; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 19; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 14 f.; sehr ausführlich und aufschlussreich zu den ausschließlichen Zuständigkeitsregelungen in Immobiliarsachen Pataut, Principe de Souveraineté et Conflits de Juridictions, S. 243 ff. 212 „La dévolution des immeubles successoraux sis en France, même lorsque ceux-ci appartiennent à des étrangers, étant régie par la loi française, les tribunaux français sont seuls compétents pour connaître des actions réelles s’y rapportant.“, Cass. civ. 14.3.1961, Rev. crit. DIP 1961, 774 (774); vgl. Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 15; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 19. 213 „Il ne peut être reconnu effet en France à une décision étrangère qui tranche une question de nature successorale ressortissant à la compétence exclusive des tribunaux français, puisque le défunt avait son dernier domicile en France où sont situés les immeubles revendiqués.“, Cass. civ. 14.6.1983, Rev. crit. DIP 1984, 316 (316); diese Entscheidung wie auch die Entscheidung de Goyeneche benennt de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 19 als Beispiele für eine ausschließliche internationale Zuständigkeit Frankreichs aufgrund ihres jeweiligen (erbbzw. sachenrechtlichen) Gegenstands. 214 Siehe etwa Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 748 f.; ausführlich mit den ausschließlichen Zuständigkeiten zum Schutz privater Interessen befasst sich de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 19; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 15 f.
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eine ausschließliche internationale Zuständigkeit begründet. 215 Auch die Zuständigkeiten, die in arbeitsrechtlichen oder versicherungsrechtlichen Streitigkeiten durch den Code du travail und den Code des assurances festgelegt sind, werden vor dem Hintergrund ihres Schutzzwecks (zugunsten naturgemäß eher schwächeren Parteien) von der französischen Rechtsordnung als ausschließliche internationale Zuständigkeiten bewertet. 216 bb) Die Regelungen der Artt. 14 und 15 C. civ. Besondere Beachtung bei den diversen Gerichtsständen, die nach französischem Recht eine ausschließliche Zuständigkeit französischer Gerichte begründen bzw. begründeten, verdient jedoch das sog. Jurisdiktionsprivileg (oder auch „Franzosenprivileg“) der Artt. 14, 15 C. civ., welches (bis zu seiner Abschaffung bzw. Aufgabe) 217 eines der meistdiskutierten Institute des französischen internationalen Prozessrechts darstellte.218 Art. 14 C. civ. bestimmt, dass „ein Ausländer, auch wenn er seinen Wohnsitz nicht in Frankreich hat, für die Ausführung von ihm in Frankreich gegenüber einem Franzosen eingegangener Verbindlichkeiten vor den französischen Gerichten belangt werden kann“.219
Grundsätzlich sollte diese Regelung ihrem Wortlaut nach einem französischen Kläger die Möglichkeit eröffnen, in den von Art. 14 C. civ. normierten Fällen seine Rechte vor den französischen Gerichten einzuklagen, diese Möglichkeit wurde von der Rechtsprechung jedoch weit über den eigentlich geregelten Fall der in Frankreich eingegangenen Verbindlichkeiten hinaus auf sämtliche Klagen erstreckt.220 Ergänzt wird diese Regelung durch Art. 15 215 Courbe, Droit international privé, S. 174; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 67; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 193 f.; Kitic, Droit international privé, S. 124; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 280; MeyzeaudGaraud, Droit international privé, S. 177; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 10, 15 f.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 19 f. 216 Courbe, Droit international privé, S. 174; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 67; Laborde, Droit international privé, S. 116; MeyzeaudGaraud, Droit international privé, S. 177; Monéger, Droit international privé, Rn. 599. 217 Hierzu sogleich Kap. II § 6 II 2 a) cc). 218 Siehe exemplarisch Audit, Droit international privé, S. 389 f.; de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 19; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 16. 219 Art. 14 C. civ.: „L’étranger, même non résidant en France, pourra être cité devant les tribunaux français, pour l’exécution des obligations par lui contractées en France avec un Français; il pourra être traduit devant les tribunaux de France, pour les obligations par lui contractées en pays étranger envers des Français.“ 220 Audit, Droit international privé, S. 389; ders., Rec. D. 2006, 1846 (1846); Derruppé, Droit international privé, S. 112; Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 309,
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C. civ., welcher normiert, dass „ein Franzose für Verbindlichkeiten, die von ihm im Ausland eingegangen wurden, auch mit einem Ausländer, vor einem Gericht Frankreichs verklagt werden kann.“ 221 Doch wie auch bei Art. 14 C. civ. hat die französische Rechtsprechung nicht am Wortlaut des Art. 15 C. civ. festgehalten. War Art. 15 C. civ. ursprünglich als Pendant zu Art. 14 C. civ. vorgesehen,222 so wurde auch Art. 15 C. civ. über seinen eigentlichen Anwendungsbereich, d. h. über die eigentlich geregelten Fälle hinaus, ausgedehnt.223 Hätte der Gesetzgeber eine derart umfassende Reichweite des Artikels beim Normerlass erreichen wollen, so hätte er wohl auch eine entsprechend konkrete Formulierung gewählt. 224 Dennoch verlieh die Cour de cassation den beiden Artikeln die soeben beschriebene extensive Reichweite in zahlreichen Entscheidungen, nahm jedoch einzelne Bereiche wie etwa Immobiliarklagen, bestimmte erbrechtliche Fragen und Anliegen betreffend die Vollstreckung im Ausland vom Anwendungsbereich der Privilegierung aus.225 Obwohl der Wortlaut der Artt. 14 und 15 C. civ. eine bloße Fasc. 10, S. 21; dies., Recherches sur les origines de l’article 14 du Code civil, S. 1; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 407; Mezger, in: FS Nagel, 246 (247 f.); Francescakis, Rev. crit. DIP 1953, 1 (16 ff.); ausführlich zur personellen und materiellen Reichweite der Art. 14 und 15 C. civ. Gutmann, Droit international privé, S. 240 ff. 221 Art. 15 C. civ.: „Un Français pourra être traduit devant un tribunal de France, pour des obligations par lui contractées en pays étranger, même avec un étranger.“; statt vieler Gutmann, Droit international privé, S. 240; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 193. 222 Art. 14 C. civ. eröffnete französischen Staatsangehörigen die Möglichkeit, Ausländer vor französischen Gerichten zu verklagen, Art. 15 C. civ. räumte im Gegenzug Ausländern das Recht ein, Franzosen vor den französischen Gerichten zu belangen, vgl. Audit, Rec. D. 2006, 1846 (1846 f.); Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (173). 223 Gutmann, Droit international privé, S. 242; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 407; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 283; Schack, IVZR, Rn. 1002; Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (119). 224 Diese Ansicht teilen Audit wie auch Mayer/Heuzé, die hervorheben, dass der Wortlaut des Artikels um mit dessen Auslegung übereinzustimmen nicht „Un Français pourra être traduit devant un tribunal de France […]“, sondern „Un Français devra être traduit devant un tribunal de France […]“ lauten müsste, vgl. Audit, Rec. D. 2006, 1846 (1846); Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 282; ebenso Callé, JCP G Sem. Jur. 2006, N° 30, 1522 (1523); Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2006, 871 (872), die auf eine entsprechende Umdeutung des Wortlauts durch den Kassationshof eingeht, sowie Agostini, der sich ob der eklatanten Diskrepanz zwischen Wortlaut und Auslegung der Artikel fragt, warum die Cour de cassation ihre Linie derart lange aufrecht erhielt, vgl. Agostini, Rec. D. 2008, 1110 (1110 f.). 225 So entschied die Cour de cassation beispielsweise in ihrer Entscheidung Weiss im Jahr 1970: „L’article 14 du Code civil qui permet au plaideur français d’attraire un étranger devant les juridictions françaises a une portée générale s’étandant à toutes matières, à l’exclusion des actions réelles immobilières […], ainsi que des demandes relatives à des voies d’exécution pratiquées hors de France, et s’applique notamment à tous litiges ayant pour fondement la responsabilité extracontractuelle.“, Cass. civ. 27.5.1970, Rev. crit. DIP
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Möglichkeit der Einleitung eines Verfahrens vor französischen Gerichten normiert und somit (lediglich) Bestimmungen zur direkten internationalen Zuständigkeit enthält, wurden die Normen über lange Zeit als „Jurisdiktionsbzw. Franzosenprivileg“ dahingehend ausgelegt, dass französische Staatsbürger sich faktisch ausschließlich in Frankreich verklagen lassen mussten.226 Die Einleitung eines Verfahrens vor den französischen Gerichten wurde nach dieser Auffassung der Rechtsprechung für einen ausländischen Kläger unumgänglich, wenn er eine in Frankreich anerkennbare und vollstreckbare Entscheidung erwirken wollte. 227 Die einzige Möglichkeit, ein Verfahren gegen einen Franzosen im Ausland zu führen und (trotzdem) eine in Frankreich wirksame Entscheidung zu erstreiten, bestand fortan nur noch dann, wenn der Franzose auf die ausschließliche Zuständigkeit der französischen Gerichte verzichtet hatte. 228 Diese Verzichtsmöglichkeit bezüglich des Jurisdiktionsprivilegs hatte der französische Kassationshof mit dem Argument, dass die Art. 14 und 15 C. civ. nicht Bestandteil des französischen ordre public seien, etabliert, indem er festlegte, dass der französische Richter die beiden Artikel nicht von Amts wegen berücksichtigen dürfe, er die Berücksichtigung also vom Parteiverhalten abhängig machen müsse.229 1971, 113 (113 f.); vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 411. Diese Linie bekräftigte sie erneut im Jahr 1981 mit der Entscheidung Fries, in der sie fast exakt denselben Wortlaut wählte, Cass. civ. 17.11.1981, JDI 1982, 926 (927); a. A. Cour d’appel Paris, die in einer Entscheidung aus dem Jahr 1985 die Anwendung der Artt. 14 und 15 C. civ. in Personenstandssachen ablehnte und für eine einschränkendere Anwendung der Artikel eintrat, vgl. Cour d’appel Paris 20.12.1985, JDI 1986, 366 (366 f.); vgl. Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 309, Fasc. 10, S. 21 f. 226 Vgl. Schack, IVZR, Rn. 1002; Pataut, Principe de Souveraineté et Conflits de Juridictions, S. 296 ff.; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 407; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 282 f.; Mezger, in: FS Nagel, 246 (248); Devers, JCP G Sem. Jur. 2010 N° 8, 406 (406); Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (260 ff.). 227 Audit, Droit international privé, S. 389; ders., Rec. D. 2006, 1846 (1846 f.); Courbe, Droit international privé, S. 173; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 66; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 407 f.; Callé, JCP G Sem. Jur. 2006, N° 30, 1522 (1522); Schack, IVZR, Rn. 1002. 228 Audit, Rec. D. 2006, 1846 (1846); ders., in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 20; Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (119 f.); Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 193; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 11 f.; Fricke, IPRax, 1989, 202 (204); Mezger, in: FS Nagel, 246 (248); Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (173); Francescakis, Rev. crit. DIP 1985, 243 (261). 229 „L’article 14 du Code civil, qui autorise les Français à citer devant les tribunaux français les étrangers pour l’exécution des obligations que ces derniers ont contractées envers eux, n’est pas d’ordre public; au cas où ceux qui bénéficient du privilège de juridiction qu’il institue ne l’auraient pas invoqué, il n’appartient pas aux juges de le faire jouer d’office.“, Cass. civ. 21.5.1963, Rev. crit. DIP 1964, 340 (340); vgl. Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 309, Fasc. 10, S. 22; siehe auch Ponsard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1985–86, 47 (51).
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Es handelt sich gemäß der durch die Cour de cassation erfolgten Ausgestaltung dieses Rechts bei dem Jurisdiktionsprivileg also – unter Anwendung der deutschen Rechtsterminologie – nicht etwa um eine Einwendung sondern um eine Einrede.230 Der Verzicht auf das Jurisdiktionsprivileg konnte dabei ausdrücklich oder konkludent erfolgen. 231 Ob die Voraussetzungen für einen entsprechenden Verzicht erfüllt waren, war jedoch häufig schwer zu beantworten.232 Zudem zeigten die französischen Gerichte bei der Annahme eines Verzichts im Zweifelsfall eine eher zurückhaltende Tendenz.233 Demnach konnte zwar das bloße Verhandeln des französischen Beklagten vor dem ausländischen Gericht, ohne sich auf das Jurisdiktionsprivileg zu berufen, unter Umständen als konkludenter Verzicht interpretiert werden, die Cour de cassation hat dies jedoch für solche Fälle abgelehnt, in denen das Nichtvorbringen des Jurisdiktionsprivilegs aus dem Grund unterblieben war, dass eine Berufung hierauf vor dem Erstgericht sinnlos gewesen wäre oder in denen das Verhandeln vor dem Erstgericht notwendig war, um beispielsweise eine Vollstreckung in Güter, die in dem Urteilsstaat belegen waren, zu verhindern.234 Obwohl die Beurteilung jeweils anhand des Einzelfalls erfolgen 230
Bis zu der Entscheidung der Cour de cassation im Jahr 1963 war die Frage, ob das Jurisdiktionsprivileg im Prozess von Amts wegen zu berücksichtigen sei, in der Jurisprudenz umstritten, siehe ausführlich Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 12; Ponsard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1985–86, 47 (50 f.). 231 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 12; Audit, Droit international privé, S. 389; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 10; Fricke, IPRax 1989, 202 (204); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 234 f. 232 So bereits die Cour de cassation in ihrer Entscheidung Banque d’Italie aus dem Jahr 1928, Cass. civ. 2.5.1928, JDI 1929, 76 (76); vgl. Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 749; Audit, Droit international privé, S. 389 m.W.N.; Derruppé, Droit international privé, S. 113; Francescakis, Rev. crit. DIP 1953, 1 (21 f.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 193; sehr instruktiv zu den diversen Szenarien, die einen konkludenten Verzicht darstellen können, Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 11. 233 Siehe etwa die Entscheidung Duport der Cour de cassation aus dem Jahr 1976, in der der Kassationshof betonte, dass auch für einen konkludenten Verzicht auf das Jurisdiktionsprivileg eine entsprechende Willensbetätigung erforderlich sei, und hieran einen strengen Maßstab anlegte („Si les parties peuvent renoncer, même tacitement, à l’article 15 du Code civil, encore faut-t-il que cette reonciation soit établie.“), Cass. civ. 5.5.1976, Rev. crit. DIP 1977, 137 (137 f.); vgl. Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 11 f.; Audit, Droit international privé, S. 389; Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (174); Ponsard, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1985–86, 47 (51). 234 Siehe beispielsweise die Entscheidung Nolan der Cour de cassation, in der ein Verhandeln in einer familienrechtlichen Streitigkeit vor einem englischen Gericht nicht als Verzicht auf das Jurisdiktionsprivileg gedeutet wurde, Cass. civ. 23.6.1982, Rev. crit. DIP 1983, 314 (314 f.); vgl. Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 11 f.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
musste, war ein Verzicht jedenfalls dann grundsätzlich anerkannt, wenn die französische Partei der Vereinbarung eines ausländischen Gerichtsstands oder einer Schiedsvereinbarung zugestimmt hatte 235 oder wenn sie (als Kläger) ein Verfahren vor einem ausländischen Gericht eingeleitet hatte. 236 Die Beweislast trug diesbezüglich grundsätzlich die Partei, die das ausländische Urteil in Frankreich geltend machte. 237 Neben der oben erläuterten Verzichtsmöglichkeit schränkte die Cour de cassation die Reichweite des Jurisdiktionsprivilegs in ihrer Entscheidung Société Cognac and Brandies from France im Jahr 1985 zudem dahingehend ein, dass die Art. 14 und 15 C. civ. nur noch subsidiär eingreifen sollten, d. h. die Artikel durften nur noch herangezogen wurden, wenn „eine Zuständigkeit französischer Gerichte nicht auf die gewöhnlichen örtlichen Zuständigkeitsregelungen gestützt werden konnte“.238 Diese Einschränkung limitierte zwar den Anwendungsbereich der Normen und reduzierte somit die Zahl der Fälle, in denen die Artt. 14 und 15 C. civ. zum Zuge kamen, sie änderte jedoch nichts an dem exorbitanten Charakter der Norm und vermochte nicht, die Problematik, die mit der Reichweite der Norm einherging, zu „entschärfen“. cc) Die Abschaffung des „Jurisdiktionsprivilegs“ und der Arrêt Prieur Die ausufernde Interpretation durch die französische Rechtsprechung war stets Gegenstand scharfer Kritik in Literatur und Lehre.239 Hauptkritikpunkt an dem vom Kassationshof etablierten Jurisdiktionsprivileg war dabei, dass es 235 Statt vieler Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 11; Fricke, IPRax 1989, 202 (204); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 193. 236 Derruppé, Droit international privé, S. 113; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 193; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr.1 ZPO, S. 138; Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (173). 237 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 11; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 235. 238 Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 309, Fasc. 10, S. 21 f.; dies., Rev. crit. DIP 2007, 611 (613); so stellte der Kassationshof in der Entscheidung Société Cognac and Brandies from France ausdrücklich fest: „L’article 14 du code civil qui donne compétence à la juridiction française en raison de la nationalité française du demandeur, n’a lieu de s’appliquer que lorsqu’aucun critère ordinaire de compétence territoriale n’est réalisé en France.“ Cass. civ. 19.11.1985, Rev. crit. DIP 1986, 712 (713); Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 412. 239 So spricht Audit bezüglich des Jurisdiktionsprivilegs etwa von einer „deformierenden Interpretation“ von Art. 15 C. civ. und einer „Anomalie der Jurisprudenz“, siehe Audit, Rec. D. 2006, 1846 (1846); Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 283; sehr ausführlich zur Diskussion hinsichtlich der Art. 14 und 15 C. civ. Pataut, Principe de Souveraineté et Conflits de Juridictions, S. 296 ff.; Gaudemet-Tallon, Recherches sur les origines de l’article 14 du Code civil, S. 1 ff.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement
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„allein aufgrund seiner Exzessivität und der unbilligen Bevorzugung französischer Parteien die Anerkennung von Entscheidungen verhindere, die auf Grundlage einer vollkommen legitimen Gerichtsstandsregelung im Ausland ergangen seien und die auch die sonstigen Voraussetzungen der Anerkennung in Frankreich erfüllten“.240
Einige Kritiker, die noch einen Schritt weiter gingen, warfen zudem die Frage auf, ob die Art. 14 und 15 C. civ. mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar seien, welche in Art. 6241 das Recht auf ein unparteiisches Gericht und ein faires Verfahren normiert, da in dem Jurisdiktionsprivileg ein Verstoß gegen den „Grundsatz der Waffengleichheit“ liegen könne.242 Auch von Seiten der französischen Rechtsprechung wurde die Linie des Kassationshofs schließlich nicht mehr ohne weiteres angewandt. So erfuhr die Lösung der Cour de cassation im Jahr 1989 erstmals Kritik von der Cour d’appel Paris.243 Diese urteilte ausdrücklich, dass Art. 15 C. civ. nicht – wie seit über 60 Jahren von der Cour de cassation vertreten – eine ausschließliche Zuständigkeit der französischen Gerichte begründe, sondern dass dieser Artikel lediglich „eine optionale bzw. unverbindliche Zuständigkeitsnorm der französischen Gerichte sei, die eine Zuständigkeit ausländischer Gerichte nicht ausschließen könne“.244 Gleichwohl hielt die Cour de cassation zunächst noch an dem Jurisdiktionsprivileg fest. 245 Étranger (Matières civile et commerciale), 19; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 407 f. 240 Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2006, 871 (872). 241 Auszug aus Art. 6 EMRK: „(1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. […]“. 242 Siehe etwa vgl. Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 309, Fasc. 10, S. 21; Audit, Droit international privé, S. 390; Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (936); sehr instruktiv Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 414 ff. m. w. N.; Cohen, Rev. crit. DIP 1989, 451 (454 ff.); siehe zudem weiterführend Puljak, Le droit international privé à l’épreuve du principe communautaire de non-discrimination en raison de la nationalité, S. 1 ff.; Sinopoli, Le droit au procès équitable dans les rapports privés internationaux, S. 1 ff. 243 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 19; zur Kritik des Pariser Appellationsgerichts an der Rechtsprechung der Cour de cassation siehe ausführlich Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2006, 871 (873). 244 „L’article 15 du Code civil ne consacre qu’une compétence facultative de la juridiction française, impropre à exclure la compétence indirecte d’une juridiction étrangère.“, Cour d’appel Paris 16.11.1989, JDI 1990, 127 (127); de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), 19. 245 „L’art. 15 C. civ. édicte une règle de compétence qui, dans la mesure où son bénéficiaire n’y a pas renoncé, est exclusive de toute compétence concurrente de la juridiction étrangère dont la décision ne saurait, dès lors, être reconnue en France; il s’ensuit que viole les art. 15 C. civ. […] la cour d’appel […].“, Cass. civ. 21.1.1992, Rec. D. 1993, 351
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Erst in ihrer berühmten Entscheidung Prieur 246 aus dem Jahr 2006 erteilte die Cour de cassation schließlich der weitreichenden Auslegung des Art. 15 C. civ. eine von weiten Teilen der Literatur bereits lang geforderte Absage.247 In dieser Scheidungsssache hatte der französische Ehegatte sich gegen die Anerkennung eines schweizerischen Urteils in Frankreich gewandt, welches die Annullierung seiner Ehe zum Gegenstand hatte. Dabei machte er insbesondere geltend, die schweizerischen Gerichte seien international unzuständig gewesen, da er als Franzose nicht auf das zu seinen Gunsten bestehende Jurisdiktionsprivileg aus Art. 15 C. civ. verzichtet habe. Diese Ansicht lehnte die Cour de cassation jedoch ab, indem sie betonte, dass Art. 15 C. civ. unter der Voraussetzung, dass eine hinreichende Verbindung des Urteilsgerichts zum Rechtsstreit bestehe und die Wahl des Gerichts nicht rechtsmissbräuchlich war, die internationale Zuständigkeit ausländischer Gerichte nicht ausschließen könne und einen bloß fakultativen Gerichtsstand darstelle. 248 Doch was bewegte die Cour de cassation gerade in diesem Fall und nach jahrzehntelanger Ablehnung einer Reform ihrer Rechtsprechung, die Auslegung der Artt. 14 und 15 C. civ. endlich zu überdenken? Sicherlich lässt sich diese Frage nicht einfach beantworten, aber ein Faktor dürfte gewesen sein, dass die Art. 14 und 15 C. civ. auf Ebene der internationalen Staatsverträge und des Unionsrechts ohnehin wenig Relevanz besaßen, denn ihre Anwendung wurde nicht nur in vielen von Frankreich abgeschlossenen bilateralen
(351); de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), 19; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 283; siehe zudem die zuvor in anderer Sache ergangene Entscheidung Société Intercomi, in der die Cour de cassation ebenfalls die Möglichkeit gehabt hätte, ihren Kurs in Bezug auf – in diesem Falle Art. 14 C. civ. – zu ändern, dies aber nicht tat, Cass. civ. 18.12.1990, Rev. crit. DIP 1991, 759 (759 f.); Audit, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 20; Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2007, 611 (613). 246 Arrêt Prieur Cass. civ. 23.5.2006, Rev. crit. DIP 2006, 870 (870 f.); JDI 2006, 1377 (1377). 247 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 19; Laborde, Droit international privé, S. 116; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 283; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177; Bureau/Muir Watt, Le droit international privé, S. 111; Monéger, Droit international privé, Rn. 599; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 408; Agostini, Rec. D. 2008, 1110 (1110); Audit, Droit international privé, S. 390; ders., Rec. D. 2006, 1846 (1846); Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 66 f.; Devers, JCP G Sem. Jur. 2010 N° 8, 406 (406); Gaudemet-Tallon, Rev crit. DIP 2007, 611 (611). 248 „L’article 15 du Code civil ne consacre qu’une compétence facultative de la juridiction française, impropre à exclure la compétence indirecte d’une juridiction étrangère, dès lors que le litige se rattache de manière caractérisée à l’État dont la juridiction est saisie et que le choix de la juridiction n’est pas frauduleux.“, Cass. civ. 23.5.2006, Rev. crit. DIP 2006, 870 (870 f.); JDI 2006, 1377 (1377).
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Staatsverträgen ausgeschlossen,249 sondern insbesondere auch die unionsrechtlichen Regelungen klammerten das Jurisdiktionsprivileg weitgehend aus.250 Eines der Hauptargumente, das von Befürwortern des Jurisdiktionsprivilegs häufig angeführt worden war, nämlich, dass die Regelungen der Artt. 14 und 15 C. civ. ein wirksames Verhandlungsmittel („moyen ou monnaie d’échange“) bei der Verhandlung internationaler Verträge seien,251 ist somit nicht überzeugend. Vor diesem Hintergrund schien wohl der Cour de cassation mit Blick auf die Entwicklungen des internationalen Privatrechts der Zeitpunkt günstig, um mit diesem französischen Exotikum endgültig zu brechen.252 Hatte sich der Kassationshof in der Prieur-Entscheidung „lediglich“ mit der Ausschließlichkeit des Art. 15 C. civ. befasst, setzte er seine Linie ein Jahr später in Bezug auf Art. 14 C. civ. fort.253 So betonte die Cour de Cassation fast genau ein Jahr nach ihrer berühmten Prieur-Entscheidung vom 23. Mai 2006 in ihrem Urteil Fercométal vom 22. Mai 2007, dass auch Art. 14 C. civ. dem französischen Kläger nur eine bloß fakultative, d. h. unverbindliche und 249 Siehe u. a. das französisch-österreichische Abkommen von 1966, das französischivorische Abkommen von 1961 oder das französisch-tunesische Abkommen von 1972; vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 19; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 11; Audit, Droit international privé, S. 390; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 193; Francescakis, Rev. crit. DIP 1953, 1 (23 f.). 250 Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 67; Gutmann, Droit international privé, S. 244; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 410 f.; siehe vormals Art. 3 Abs. 2 EuGVVO i. V. m. Anhang I der EuGVVO; zur seit dem 10.1.2015 gültigen Neufassung der EuGVVO siehe Art. 5 Abs. 2 i. V. m. Art. 76 Abs. 1 lit. a, Abs. 2 der Neufassung der EuGVVO, die eine Erstellung der Liste exorbitanter Gerichtsstände auf Grundlage von Notifizierung durch die Mitgliedstaaten vorsehen. 251 Vgl. Audit, Droit international privé, S. 390. 252 Zu den weiteren unterschiedlichen Einflüssen auf den Kassationshof bei der Abkehr vom Jurisdiktionsprivileg siehe sehr instruktiv Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2006, 871 (873 f.). So führt sie etwa an, dass der Arrêt Prieur während der Präsidentschaft Ancels an der Cour de cassation ergangen sei, welcher bereits den Vorsitz an der Pariser Cour d’appel innegehabt habe als diese in den neunziger Jahren das Jurisdiktionsprivileg in ihren Entscheidungen scharf attackiert habe. Dies sei zwar kein zwingender Grund für die Abkehr von der Rechtsprechung gewesen, habe aber nach ihrer Ansicht sicherlich eine Rolle bei der Wende hinsichtlich der Artt. 14 und 15 C. civ. gespielt. Überdies betont Gaudemet-Tallon, dass der Sachverhalt des Falls Prieur für eine Rechtsprechungsänderung sehr günstig gewesen sei, da der Ehemann, der sich auf das Jurisdiktionsprivileg berufen habe, die französisch-kanadische Staatsbürgerschaft besessen habe. Dies hindere ihn zwar nicht an der Berufung auf die Artt. 14 und 15 C. civ., da der Ehemann aber kaum Verbindungen zum französischen Staat aufwies, sei es dem Kassationshof in diesem Fall jedoch wohl entsprechend leichter gefallen, dem Kläger das Privileg zu versagen. 253 Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 309, Fasc. 10, S. 22; dies., Rev. crit. DIP 2007, 611 (614); Laborde, Droit international privé, S. 116; Niboyet, Gaz. Pal. 2.6.2007, 12 (12).
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nicht etwa eine ausschließliche Klagemöglichkeit in Frankreich einräume.254 Mit diesen beiden Entscheidungen war das Jurisdiktionsprivileg der französischen Partei endgültig einer bloß fakultativen Klagemöglichkeit vor den französischen Gerichten gewichen.255 Im Jahr 2009 setzte sich diese Entwicklung der Rechtsprechung des Kassationshofs schließlich mit einer weiteren Entscheidung fort.256 Es zeigt sich somit in den letzten Jahren eine deutliche und bewusste Abkehr von dem Jurisdiktionsprivileg.257 Diese Entwicklung ist vor dem Hintergrund der heutigen Anforderungen des internationalen Wirtschaftsverkehrs an die nationalen Prozessrechte sehr zu begrüßen, da mit diesen grundlegenden Entscheidungen des Kassationshofs das Eingehen von Verträgen oder Handelsbeziehungen mit französischen Handelspartnern für den Gegenpart weniger riskant ist und somit das Unterhalten grenzüberschreitender Handelsbeziehungen erleichtert und gefördert wird. b) Charakteristische Inlandsverbindung (lien caractérisé) Als zweites wesentliches Kriterium – neben dem Nichtvorliegen einer ausschließlichen Zuständigkeit französischer Gerichte – legte der Kassationshof in seinem Arrêt Simitch fest, dass eine hinreichende bzw. charakteristische Verbindung (lien caractérisé) zwischen Urteilsstaat und Rechtsstreit bestehen müsse.258 Obwohl dieses Kriterium in seiner Formulierung sehr unbestimmt 254 „L’article 14 du Code civil n’ouvre au demandeur français qu’une simple faculté et n’édicte pas à son profit une compétence impérative, exclusive de la compétence indirecte d’un tribunal étranger déjà saisi et dont le choix n’est pas frauduleux.“, Arrêt Fercométal Cass. civ. 22.5.2007, Rev. crit. DIP 2007, 610 (610); Gaz. Pal. 2.6.2007, 11 (11); vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 19; Laborde, Droit international privé, S. 116; näher hierzu Audit, Rec. D. 2007, 2548 (2548); Devers, JCP G Sem. Jur. 2010 N° 8, 406 (406 f.); eine ausführliche Urteilsbesprechung liefert Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2007, 611 (611 ff.). 255 Vgl. statt vieler Niboyet, Gaz. Pal. 2.6.2007, 12 (12); Devers, JCP G Sem. Jur. 2010 N° 8, 406 (406 f.). 256 Ausführlich hierzu Devers, JCP G Sem. Jur. 2010 N° 8, 406 (406) m. w. N. 257 Deutschland hatte z. B. bereits im Jahr 1986 im Zuge der IPR-Reform die ausschließliche deutsche Zuständigkeit in Ehesachen aufgrund der deutschen Staatsbürgerschaft abgeschafft, vgl. Basedow, Rev. crit. DIP 1987, 77 (85 ff.); Gaudemet-Tallon, Rev. crit. DIP 2006, 871 (872). 258 Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. 1, S. 270; dies., Le droit international privé, S. 111; Clavel, Droit international privé, S. 249; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 20 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 194; Kitic, Droit international privé, S. 125; Gutmann, Droit international privé, S. 275; Laborde, Droit international privé, S. 116; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 750; Mélin, Droit international privé, S. 66; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177; Monéger, Droit international privé, Rn. 600; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr.1 ZPO, S. 138.
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ist, sah die Cour de cassation auch diesbezüglich davon ab, eine konkrete Definition einzuführen, sondern entschied sich für eine Kontrolle über eine Generalklausel, um in jedem Fall gesondert bestimmen zu können, ob eine Entscheidung durch die ausländischen Gerichte in dem jeweiligen Fall aus französischer Sicht gerechtfertigt war.259 Die Bewertung, wann die Verbindung zwischen dem ausländischen Richter und dem Rechtsstreit hinreichend ist, obliegt dabei dem Anerkennungsrichter, sie untersteht jedoch letztlich der Kontrolle der Cour de cassation. 260 In der Flexibilität dieser Generalklausel können sowohl Vorteile als auch Nachteile gesehen werden. Auf der einen Seite kann man eine gewisse Unvorhersehbarkeit hinsichtlich der Anerkennungsfähigkeit einzelner Entscheidungen befürchten,261 auf der anderen Seite erlaubt es gerade diese Flexibilität, im Einzelfall zu angemessenen Ergebnissen zu gelangen.262 Wie bereits erwähnt, lässt sich die Bestimmung, wann eine hinreichende Verbindung vorgelegen hat, der Rechtsprechung des Kassationshofs nicht ausdrücklich entnehmen. 263 Allerdings ist in den letzten knapp 30 Jahren eine Fülle an Rechtsprechung zur Verbindung zwischen Rechtsstreit und Forum in Frankreich ergangen, die gewisse „klassische“ Verbindungsfaktoren herausgebildet hat.264 Ansatzpunkt für die Bestimmung einer hinreichenden Verbindung ist 259
Courbe, Droit international privé, S. 172; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 750; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177; Monéger, Droit international privé, Rn. 600. 260 Statt aller Kitic, Droit international privé, S. 125; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 10; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 256; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 750; Cachard, Droit international privé, S. 298. Ein anschauliches Beispiel hierfür bildet die Entscheidung des Kassationshofs in Sachen Lemaire, in der die Cour de cassation urteilte, dass ein haitianisches Scheidungsurteil, durch das zwei französische Staatsbürger, die ihren Wohnsitz in Frankreich hatten, geschieden wurden, in Frankreich nicht anerkannt werden konnte, da die einzige Verbindung der Ehegatten zu Haiti bloß gelegentliche Aufenthalte in diesem Staat waren, was keine hinreichende Verbindung zum Urteilsstaat begründen könne. Siehe Cass. civ. 22.4.1986 und 6.7.1988, Rev. crit. DIP 1989, 89 (89 ff.); vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 10. 261 Diese Bedenken äußert z. B. Mélin, Droit international privé, S. 66; ebenso Schack, IZVR, Rn. 1003. 262 Diese Flexibilität der Klausel bezeichnet Gutmann als unvermeidbar, die negativen Aspekte der Unvorhersehbarkeit hält er dabei für zu weiten Teilen durch die richterliche Erfahrung kompensierbar, siehe Gutmann, Droit international privé, S. 275. 263 Statt aller Monéger, Droit international privé, Rn. 600; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 750. 264 Dies hatte Fricke bereits wenige Jahre nach dem Arrêt Simitch zutreffend prognostiziert, siehe Fricke, IPRax, 1989, 202 (205).
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dabei regelmäßig eine Zusammenschau aller Faktoren und Umstände des konkreten Falls bzw. der jeweiligen Verbindungspunkte zwischen Rechtsstreit und Urteilsstaat.265 So wird z.B. in Scheidungssachen der Ort der Eheschließung, die Staatsangehörigkeit der Ehegatten266 oder der gemeinsame Wohnsitz der Ehegatten als hinreichende Verbindung erachtet. 267 Das Kriterium der hinreichenden Verbindung ist stets anhand der konkreten Kombination aus den jeweiligen Berührungspunkte und der Nähe, die diese einzelnen Faktoren jeweils zwischen Rechtsstreit und Urteilsstaat herstellen, zu bestimmen ist.268 Auch ein einzelner Kontaktpunkt, der eine besondere Nähebeziehung zum Urteilsstaat herstellt, könnte nach der überzeugenden Ansicht Frickes vor diesem Hintergrund als ausreichend betrachtet werden.269 Des Weiteren wird von einzelnen Stimmen in der Literatur in Erwägung gezogen, die Bestimmungen des Art. 24 (vormals Art. 22) EuGVVO zur Orientierung heranzuziehen. 270 Einen interessanten Ansatz für die Bestimmung der Faktoren, die (allein) eine hinreichende Verbindung zum Urteilsstaat herstellen können, liefern etwa Huet und Mezger. Diese erwähnen die Möglichkeit, die französischen Gerichtsstände, die eine örtliche Zuständigkeit begründen können,271 bei der Prüfung heranzuziehen – ähnlich wie dies etwa bereits hinsichtlich der Bestimmungen des Art. 24 (vormals Art. 22 EuGVVO in Betracht gezogen wur-
265 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 750; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276; Monéger, Droit international privé, Rn. 600. 266 Diesbezüglich bemerkenswert ist ein Urteil des Kassationshofs aus dem Jahr 2004, auf das Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières hinweisen. In dieser Entscheidung wurde einem algerischen Urteil die Anerkennung in Frankreich versagt wurde, weil die (bloße) algerische Staatsbürgerschaft der Ehegatten, die ihren Wohnsitz in Frankreich hatten, in diesem Fall als unzureichend für eine hinreichende Verbindung des Rechtsstreits zu dem algerischen Forum betrachtet wurde, vgl. Cass. civ. 17.2.2004, Rev. crit. DIP 2004, 423 (424 f.); Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 750. Diese Entscheidung des Kassationshofs warf die Frage auf, ob die Staatsbürgerschaft der Ehegatten (noch) als adäquates Verbindungsmoment herangezogen werden kann oder nicht, vgl. Cuniberti, JDI 2004, 868 (868 ff.). 267 Zu den Verbindungspunkten hinsichtlich zahlreicher Rechtsgebiete und der diesbezüglichen Rechtsprechung siehe ausführlich de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21. 268 Clavel, Droit international privé, S. 249 f.; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 57. 269 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 57; ders., IPRax, 1989, 202 (205). 270 So etwa Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 67. 271 Diesbezüglich erwähnen sie insbesondere den Wohnsitz des Beklagten, den Belegenheitsort der Immobilie in Immobiliarsachen, den vereinbarten Lieferort bzw. Erfüllungsort in vertraglichen Streitigkeiten oder den Ort des Schadenseintritts in Schadensersatzprozessen als mögliche Ansatzpunkte.
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de.272 Diese Überlegung erscheint grundsätzlich denkbar und sinnvoll, allerdings gilt es hierbei, die historische Entwicklung der Kriterien für die Anerkennungszuständigkeit im französischen Recht zu berücksichtigen. Die Cour de cassation hat sich in ihrem Arrêt Simitch bewusst gegen die bislang häufig praktizierte „bilatéralisation“ der französischen Normen für die Entscheidungszuständigkeit entschieden.273 Würde man ausschließlich die Normen der direkten Zuständigkeit für die Bestimmung der Verbindung zum Urteilsstaat heranziehen, würde man die Entscheidung des Kassationshofs gegen eine spiegelbildliche Anwendung quasi umgehen. 274 Überdies würde sich auch hier die Hauptproblematik des Bilateralisationsprinzips stellen, nämlich die Bindung an die eigenen direkten Zuständigkeitsnormen und das Außerachtlassen legitimer ausländischer Gerichtsstände, was eine wenig anerkennungsfreundliche Praxis zur Folge hätte. Gleichwohl erscheinen die Kriterien für die Entscheidungszuständigkeit, wenn man ihnen einen bloßen Regelbeispielcharakter zumisst, als hilfreiche Indizien für den Anerkennungsrichter. Es ist somit festzustellen, dass das Kriterium der hinreichenden Verbindung zwischen Rechtsstreit und Forum noch keine konkrete Definition durch die Cour de cassation oder untere Gerichte erfahren hat und die Regeln über inländische Gerichtsstände für die Bestimmung einer hinreichenden Verbindung zwar grundsätzlich geeignet sind, aber keinen enumerativen Katalog von Verbindungsmomenten darstellen. Eine konkrete Ausformung des Merkmals lien caractérisé durch den Kassationshof in der Zukunft erscheint vor diesem Hintergrund wohl als unwahrscheinlich und auch nicht wünschenswert, da die Flexibilität und Offenheit dieses Begriffs gerade einer der Hauptbeweggründe für die Entscheidung für eine Generalklausel und gegen einen geschlossenen Katalog war. Die von der Rechtsprechung geschaffenen Grundlagen bzw. die Herausbildung gewisser Fallgruppen – ggf. unter Heranziehung der Normen der direkten internationalen Zuständigkeit zur Oriertierung – bieten eine hinreichende Basis an Vorhersehbarkeit für die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen. Ein konkreterer bzw. insbesondere ein abschließender Katalog würde gerade das Anliegen der Cour de cassation, 272
Huet, JDI 1985, 462 (468); Mezger, in: FS Nagel, 246 (255); vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 57; siehe auch Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 9; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 234. 273 Dies betont auch Mezger, der den Arrêt Simitch als „bewussten Bruch mit der Vergangenheit“ bezeichnet, Mezger, in: FS Nagel, 246 (250 f., 255); siehe ebenfalls Herzfelder, ZVglRWiss 86 (1987), 49 (53). 274 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 57 f.; Huet, JDI 1985, 462 (468); a. A. wohl Mezger, der die französischen Regeln über die örtliche Zuständigkeit als Muster für die Bestimmung, ob eine charakteristische Beziehung zwischen Rechtsstreit und Urteilsstaat gegeben ist, für weiterhin beachtlich ansieht, vgl. Mezger, in: FS Nagel, 246 (255).
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einen liberalen und flexiblen Anerkennungsmaßstab zu schaffen, aushöhlen.275 Der von der Cour de cassation eingeschlagene Weg ist somit zwar nicht ohne Einschränkungen zu befürworten, im Zusammenspiel mit den ausformenden Kräften der Rechtsprechung (und auch der Lehre) erscheint die generalklauselartige Lösung des Kassationshofs jedoch als adäquate Lösung im Rahmen der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit. 276 In statistischer Hinsicht sei als abschließende Bemerkung erwähnt, dass die Versagung der Anerkennung aufgrund des Nichtvorliegens einer hinreichenden Verbindung zum Urteilsstaat sehr selten ist. 277 Allerdings wird von Teilen der Literatur vor dem Hintergrund der Aufgabe der Kontrolle des „richtigen Rechts“ aus Sicht des französischen Kollisionsrechts (contrôle de la loi appliquée au fond) seit der Cornelissen-Entscheidung 278 der Überprüfung der hinreichenden Verbindung zum Urteilsstaat wieder größere Bedeutung zugemessen. 279 c) Kein Rechtsmissbrauch bei der Forumswahl Es folgt als letzte Voraussetzung für die Anerkennungszuständigkeit aus der vom Kassationshof im Arrêt Simitch gewählten Formulierung, dass der Urteilsstaat trotz einer charakteristischen Verbindung zum Rechtsstreit als international unzuständig betrachtet werden muss, wenn die Anrufung der dritt-
275
Im Jahr 1986 – also unmittelbar nachdem die Entscheidung Simitch ergangen war – forderte bereits Lagarde, dass ein nicht abschließender Katalog von speziellen Gerichtsständen der direkten Zuständigkeit als Anhaltspunkt für Verbindungsmomente, die in jedem Fall eine hinreichende Verbindung zwischen Rechtsstreit und Forum begründen, entwickelt werden müsse. Dabei nannte er neben den Normen der direkten Zuständigkeit des nationalen Rechts auch Regelungen in internationalen Konventionen als mögliche Anhaltspunkte. Auch wenn sich bislang kein dementsprechender positiver Katalog im französischen Recht findet, so entsprechen die Entwicklungen der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit durch die Kasuistik den Forderungen Lagardes weitgehend, da sich die Vorhersehbarkeit der Anerkennung aus der Rechtsprechung der französischen Gerichte in der Regel ergibt, siehe hierzu ausführlich Lagarde, Rec. cours La Haye 1986 (Vol. 196), 25 (178). 276 Kritischer ist diesbezüglich Fricke, der in der französischen Lösung des Kassationshofs zum „lien caratérisé“ bei Fällen, die sich nicht in entsprechende Fallgruppen einordnen lassen, von einer „völligen Unsicherheit“ spricht, siehe Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 58. 277 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 750. 278 Cass. civ. 20.2.2007, Gaz. Pal 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (420 ff.); ausführlich zur Abschaffung der kollisionsrechtlichen Kontrolle im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung durch den Arrêt Cornelissen siehe Kap. II § 11 II. 279 Vgl. etwa Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 276. Schulze verweist wiederum auf eine „strengere Handhabung des verfahrensrechtlichen ordre public“ seit der Aufgabe des Jurisdiktionsprivilegs, vgl. Schulze, IPRax 2009, 364 (365).
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staatlichen Gerichte rechtsmissbräuchlich (frauduleuse) war.280 Dabei mag es auf den ersten Blick eigentümlich oder überflüssig erscheinen, dass die Rechtsmissbräuchlichkeit für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit von der Cour de cassation in der Entscheidung Simitch angeführt wird, da von ihr das Nichtvorliegen der Rechtsmissbräuchlichkeit bereits in der Munzer-Entscheidung als ein eigenes Anerkennungskriterium formuliert worden war.281 Dementsprechend sehen Teile der Literatur in dieser Anforderung im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit eine bloße Wiederholung – und somit wohl auch erneute Betonung – dieses Merkmals durch den Kassationshof.282 Die erneute Benennung der absence de fraude im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit im Arrêt Simitch – obwohl dieses Kriterium bereits in der Entscheidung Munzer genannt wurde – geht dabei bereits auf die Entscheidung Mack Trucks der Cour d’appel Paris von 1971 zurück.283 Eine hinreichende Verbindung zwischen Rechtsstreit und Forum sollte hiernach nur dann nicht vorliegen, wenn die Forumswahl künstlich oder rechtsmissbräuchlich war, wobei nach dem Wortlaut der Entscheidung eine inzidente Kontrolle der Rechtsmissbräuchlichkeit im Rahmen der Prüfung der hinreichenden Verbindung erfolgte.284 Diese Kriterien behielt die Cour de cassation in ihren Grundzügen in der Simitch-Entscheidung bei, sie wandelte sie jedoch dahingehend ab, dass die absence de fraude als zusätzliche Voraussetzung
280
Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. 1, S. 270 f; Clavel, Droit international privé, S. 250; Courbe, Droit international privé, S. 172 f.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21; Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751; Mélin, Droit international privé, S. 66; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 233 f. 281 Kitic, Droit international privé, S. 125; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751; auch Fricke merkt an, dass das Fehlen von fraude à la loi im Arrêt Munzer als separates Kriterium genannt wurde, vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 59. 282 So vertreten etwa von Gutmann, Droit international privé, S. 277; MeyzeaudGaraud, Droit international privé, S. 177; ebenso Mayer/Heuzé, die diese Ansicht zwar nicht ausdrücklich äußern, auf die absence de fraude im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit aber gar nicht eingehen und diese als gesonderten Prüfungspunkt bearbeiten, vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 295 ff. 283 Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. 1, S. 271; Audit, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 20; Cornut, JDI 2007, 27 (54); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 58; ders., IPRax 1989, 202 (205). 284 Cornut, JDI 2007, 27 (54 f.); Audit weist diesbezüglich auf die Schwierigkeiten bei der Abgrenzung zwischen den Kriterien des „hinreichenden Bezugs“ und des Rechtsmißbrauchs hin vgl. Audit, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 20 f.
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zur hinreichenden Verbindung zwischen Urteilsstaat und Rechtsstreit im Rahmen der Anerkennungszuständigkeit (separat) behandelt wurde. 285 Mögen sich die Prüfungspunkte – zum einen im Rahmen der indirekten Zuständigkeit, zum anderen als eigenständiger Prüfungspunkt – zwar auf den ersten Blick entsprechen, so sind doch feine Nuancierungen hinsichtlich der Prüfung zu beachten. 286 Denn im Rahmen der internationalen Zuständigkeit bezieht sich die Prüfung der Rechtsmissbräuchlichkeit wohl (lediglich) darauf, dass die Wahl bzw. Anrufung des jeweiligen Urteilsgerichts (choix de la juridiction) nicht aus einer rechtsmissbräuchlichen bzw. gesetzesumgehenden Intention heraus erfolgen darf. 287 Dementsprechend erfasst die Prüfung der absence de fraude im Zuge der Anerkennungszuständigkeit wohl den speziellen Fall der sog. fraude à la juridiction.288 In der Munzer-Entscheidung hingegen stellt der Kassationshof fest, dass für die Anerkennung der ausländischen Entscheidung keinerlei Rechtsmissbrauch und zwar in der Form des fraude à la loi vorliegen darf.289 Die Formulierung weicht somit von der Entscheidung Simitch ab, in der sich der Kassationshof auf die Rechtsmissbräuchlichkeit bei Anrufung des Urteilsgerichts beschränkt, und betrifft andere Fälle des Rechtsmissbrauchs,290 sodass sich der Prüfungsumfang bei den einzelnen Punkten nicht (vollständig) deckt.291 285
Stellte die Cour d’appel in ihrer Entscheidung Mack Trucks noch die Anforderung auf, „que le litige se rattache de manière suffisante au pays dont le juge a été saisi, c’est-àdire que le choix de la juridiction ne soit ni arbitraire, ni artificiel, ni frauduleux“, unterschied die Cour de cassation in der Simitch-Entscheidung zwischen den beiden Aspekten: „[…], si le litige se rattache d’une manière caractérisée au pays dont le juge a été saisi et si le choix de la juridiction n’a pas été frauduleux.“, vgl. Audit, Droit international privé, S. 398; ders., in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 20; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. 1, S. 271; siehe auch Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 59. 286 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21. 287 Siehe etwa Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 59 ff., ders., IPRax 1989, 202 (205 f.), der die Unklarheiten in Bezug auf den Inhalt bzw. den Umfang dieses Kriteriums betont; Kitic, Droit international privé, S. 125; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 258. 288 Vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21; Cornut, JDI 2007, 27 (53); ebenso wohl Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 196, die jedoch den Begriff „fraude à la compétence“ wählt. 289 „Pour accorder l’exequatur, le juge français doit s’assurer que cinq conditions de trouvent remplies, […] et l’absence de toute fraude à la loi.“, Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344). 290 Zur Unterscheidung der einzelnen Begriffe siehe etwa Audit, Droit international privé, S. 397 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 295 ff. 291 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751; siehe auch Clavel, Droit international privé, S. 250 f.; auch Klunker und Fricke unterscheiden
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Im Rahmen der Prüfung der rechtsmissbräuchlichen Forumswahl bzw. der fraude à la juridiction müssen zwei Elemente erfüllt sein: ein „materielles Element“ und ein „subjektives bzw. intentionelles Element“.292 Das materielle Element bildet dabei die Tatsachenebene bzw. die faktische Handlung, durch welche die Voraussetzungen für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts geschaffen werden; das intentionelle bzw. subjektive Element besteht in dem Anliegen, den Rechtsstreit dem normalerweise zuständigen Gericht vorzuenthalten, wobei beide Voraussetzungen für eine Ablehnung der Anerkennung aufgrund von Rechtsmissbrauch kumulativ vorliegen müssen.293 Eine Rechtsmissbräuchlichkeit bei der Wahl des Urteilsgerichts liegt folglich nicht bereits bei der bloßen Anrufung eines ausländischen bzw. drittstaatlichen Gerichts vor, wenn auch ein französisches Gericht in dem betreffenden Rechtsstreit international zuständig gewesen wäre, da es sich insofern um einen legitimen Fall des sog. forum shopping bonus handelt.294 Die Wahl des Forums darf aber nicht lediglich von der Erwägung geleitet sein, der französischen Rechtsordnung bzw. den Konsequenzen eines französischen Urteils entgehen zu wollen. 295 Wann dies der Fall ist, ist im Einzelfall häufig schwer zu bestimmen. 296 Insbesondere hinsichtlich der Anerkennung von Scheidungen bzw. „Verstoßungen“ („répudiations“) nach islamischem Recht findet sich diesbezüglich eine Fülle von Entscheidungen im französischen Recht.297 Folgender Sachverhalt, der vom französischen Kassationshof im Jahr 1990 entschieden wurde, bildet hierbei ein sehr anschauliches (und typizwischen den einzelnen Ausprägungen des Rechtsmißbrauchs bzw. insbesondere zwischen fraude à la loi und fraude au jugement bzw. dem jeweiligen Prüfungsumfang, vgl. Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 245; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 59 ff., ders., IPRax 1989, 202 (206). 292 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751. 293 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21. 294 Clavel, Droit international privé, S. 250 f.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 21; Cornut, JDI 2007, 27 (28 f.). 295 Arrêt Akla Cass. civ. 6 et 26.6.1990, Rev. crit. DIP 1991, 593 (593 f.); Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751. 296 Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. 1, S. 271; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751; Monéger, Droit international privé, Rn. 601. 297 Vgl. Courbe, Droit international privé, S. 173; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 284; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 21; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 298; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 751; Monéger, Droit international privé, Rn. 601; Bureau/Muir Watt, Le droit international privé, S. 111 f.
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sches) Beispiel für eine Ablehnung der internationalen Zuständigkeit der Erstgerichte aufgrund von Rechtsmissbräuchlichkeit: Die Eheleute hatten ihren gemeinsamen Wohnsitz in Frankreich, der Ehemann begehrte jedoch vor den Gerichten des (marokkanischen) Staates, dessen Staatsangehörigkeit die beiden Ehegatten besaßen, die Scheidung bzw. die „Verstoßung“ seiner Ehefrau. In diesem Fall hatte die Cour de cassation die Anerkennung des Urteils abgelehnt, da die Anrufung des ausländischen Gerichts nur erfolgt sei, um den Folgen eines französischen Urteils hinsichtlich der zu entrichtenden Zahlungen zu entgehen. 298 III. Die Anerkennungszuständigkeit im englischen Recht Erste und zugleich wohl auch wichtigste Anerkennungsvoraussetzungen ist nach dem Common Law wie auch im deutschen und französischen Recht die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts (jurisdiction of the foreign court oder auch international jurisdiction).299 Die internationale Zuständigkeit ist im Common Law, anders als im deutschen Recht aber ähnlich wie in der französischen Rechtsordnung, nicht umfassend geregelt, sodass es der englischen Rechtsprechung oblag und noch heute obliegt, die Kriterien für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit herauszuarbeiten. 1. Historische Grundlagen Wie bereits erörtert, hat das Anerkennungsrecht in England – nicht zuletzt wohl aufgrund der politischen und wirtschaftlichen Position des Vereinigten 298 „Si, […], les juridictions de l’État dont les époux ont tous deux la nationalité peuvent être compétentes pour prononcer la dissolution du mariage quel que soit le domicile des époux au moment de l’introduction de l’instance, c’est à la condition que le choix de ces juridictions n’ait pas été fait dans un but frauduleux.“, Arrêt Akla Cass. civ. 6 et 26.6.1990, Rev. crit. DIP 1991, 593 (593 f.), vgl. Courbe, Droit international privé, S. 172 f.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement étranger (Matières civile et commerciale), S. 22; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 298; Monéger, Droit international privé, Rn. 601; siehe auch Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 296; ausführlich zur Rechtsprechung hinsichtlich Verstoßungen (insbesondere im Hinblick auf marokkanische Entscheidungen) und fraude à la loi Audit, in: Juris-Classeur Civil Code, Art. 3, Fasc. 50, S. 20 f.; Schack merkt im Hinblick auf diesen Themenkomplex bzw. hinsichtlich einer ähnlichen Entscheidung an, er halte es für erstaunlich, dass die gemeinsame Staatsangehörigkeit der Ehegatten nicht für die Begründung der Anerkennungszuständigkeit ausreiche, vgl. Schack, IZVR, Rn. 1003. 299 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 516; Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3; Hayward, Conflict of Laws, S. 89 f.; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO, S. 140; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (665).
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Königreichs 300 – eine lange Tradition. Eine der ersten und wohl prominentesten Entscheidungen der englischen Gerichtsbarkeit, die sich zum Problemkreis der Anerkennungszuständigkeit findet, ist die Entscheidung Buchanan v Rucker des Court of King’s Bench aus dem Jahr 1808.301 In diesem viel zitierten Fall begehrte ein Kläger in England die Anerkennung eines im Inselstaat Tobago ergangenen Urteils. 302 Der Court of King’s Bench bzw. der urteilende Richter Lord Ellenborough lehnte die Anerkennung der Entscheidung in England jedoch aufgrund mangelnder internationaler Zuständigkeit der Gerichte von Tobago ab und echauffierte sich mit seinem berühmten Ausspruch: „Can the island of Tobago pass a law to bind the rights of the whole world? Would the world submit to such an assumed jurisdiction?“303 Dieses Urteil und besonders die Äußerung Lord Ellenboroughs zeigten, dass in der englischen – wie auch bereits in der deutschen und französischen – Rechtsordnung die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit als Voraussetzung für die Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung in England klar gefordert wurde. Doch das Urteil lässt über die Ablehnung der internationalen Zuständigkeit im oben erläuterten Fall hinaus keine Anhaltspunkte erkennen, nach welchen Kriterien die internationale Zuständigkeit denn zu beurteilen sei. Die Frage der internationalen Zuständigkeit blieb also zunächst offen und es entwickelten sich unterschiedliche Ansätze in der Rechtspre-
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In der Rolle Großbritanniens als Kolonialmacht sieht beispielsweise auch Sikora einen der Gründe für die Entwicklung des englischen Anerkennungsrechts, vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 4. 301 Buchanan v Rucker (1808) 9 East 192 (192 ff.); siehe auch McClean/Ruiz AbouNigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 266; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 15. 302 Der Beklagte des Verfahrens im Urteilsstaat bzw. in Tobago hatte sich dort jedoch nie aufgehalten oder anderweitig (etwa durch entsprechende Zuständigkeitsvereinbarungen) die Zuständigkeit Tobagos begründet. Um seine internationale Zuständigkeit dennoch zu begründen, ließ das Gericht die Klageschrift an die Tür des Gerichtsgebäudes nageln, was nach dem Recht von Tobago in diesem Fall eine ordnungsgemäße Zustellung darstellte, sodass der Island Court of Tobago nach seinem Recht für den Rechtsstreit zuständig war. Für eine entsprechende Zusammenfassung des Sachverhalts siehe ebenfalls (statt vieler) Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 691; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 15; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 138; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172. 303 Buchanan v Rucker (1808) 9 East 192 (194); vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 15 f.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 138; Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 127; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 691; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (96).
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chung. 304 So wurden zunächst unterschiedliche Ansatzpunkte wie etwa die Staatsangehörigkeit des Beklagten diskutiert.305 Allmählich entwickelte sich jedoch eine Ansicht, die für die internationale Zuständigkeit auf den Aufenthalt bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt (domicile) abstellte.306 So urteilte das House of Lords in der Entscheidung Shaw v Gould im Jahr 1868, dass in Scheidungssachen der Staat international zuständig sei, in dem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Scheidung ihren „redlichen gewöhnlichen Aufenthalt“ hatten.307 In der Entscheidung Le Sueur v Le Sueur griff die Probate Division diese Regelung auf und präsizierte sie dahingehend, dass ein nach einer Trennung im Ausland begründeter gewöhnlicher Aufenthalt eines Ehegatten die Zuständigkeit des Gerichts in diesem Staat nicht begründen könne, wenn der andere Ehegatte keine (ausreichende) Verbindung zu dem Urteilsstaat
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Sehr ausführlich zur historischen Entwicklung der englischen Rechtsprechung zur Anerkennungszuständigkeit, insbesondere in Bezug auf Scheidungssachen Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3 ff. 305 Siehe etwa die Entscheidung Deck v Deck des High Court of Admiralty aus dem Jahr 1860. In diesem Fall begehrte eine englische Frau von den englischen Gerichten die Auflösung ihrer Ehe („dissolution of marriage“), die sie mit einem englischen Staatsbürger eingegangen war. Dieser war zwischenzeitlich in die USA ausgewandert. Der Wohnsitz des Beklagten in den USA stand nach dem High Court of Admiralty der Zuständigkeit der englischen Gerichte nicht entgegen, da sich der Beklagte als gebürtiger Engländer (durch seinen Wegzug) nicht der Authorität der Gesetze seines Heimatlandes entziehen könne und eine Zuständigkeit englischer Gerichte somit gegeben sei („being a natural-born English subject, [the respondent] could not shake off his liability to the authority of the laws of his native country, […]“), Deck v Deck (1860) 2 Sw. & Tr. 90 (90 f.); vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 4; zu dieser Entscheidung siehe auch Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 54 f. Diese Ansicht wird inzwischen von der h. M. abgelehnt siehe etwa Briggs, The Conflict of Laws, S. 138; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 355; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 379; a. A. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 24. 306 Ausführlich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 4; siehe auch Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung USamerikanischer Urteile in England, S. 16 ff. 307 „A foreign tribunal has no authority, so far as any consequences in England are concerned, to pronounce a decree of divorce à vinculo in the case of an English marriage between English subjects, unless such subjects are, at the time of such decree pronounced, bonâ fide domiciled in the country where that tribunal has jurisdiction, and the suit is prosecuted without collusion.“, Shaw v Gould (1868) L. R. 3 H. L. 55 (55 ff.). Eine ausführlichere Besprechung dieser Entscheidung liefert Kennedy, (1955) 4 ICLQ 1955, 389 (389 ff.); siehe auch Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 5; Blackburn, (1954) 17 M. L. R. 471, (472 f.).
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aufweise.308 Eine klare Linie ließ sich trotz dieser Entwicklungen jedoch zunächst nicht erkennen. a) Schibsby v Westenholz und Le Mesurier v Le Mesurier Mehr Klarheit zum Problemkreis der indirekten Zuständigkeitsregelungen brachte erst die Rechtsprechung gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1870 erging mit der Entscheidung Schibsby v Westenholz309 erstmals ein Urteil, in dem sich eine deutliche Aussage zu den Kriterien der Anerkennungszuständigkeit fand. 310 Hiernach sollte die internationale Zuständigkeit des Erststaats dann gegeben sein, wenn der Beklagte die Staatsbürgerschaft des Urteilsstaats aufwies (subject of the country) oder er dort seinen Aufenthalt (residence) hatte.311 In familien- bzw. scheidungsrechtlichen Fragen ließ eine klare Rechtsprechung noch etwas länger auf sich warten, doch im Jahr 1895 brachte die Entscheidung Le Mesurier v Le Mesurier312 schließlich auch auf diesem Gebiet Klarheit in Bezug auf die Frage der Anerkennungszuständigkeit.313 In dieser Scheidungssache urteilte der Privy Council, dass für die internationale Zuständigkeit des Urteilsgerichts der gewöhnliche Aufenthalt (domicile) der Ehegatten im Urteilsstaat gegeben sein müsse.314 Diese beiden 308 „In the case before me the wife is suing her husband, not in the tribunal of the place of his original domicil, or of the marriage (according to the law of which, it is not immaterial to remark, the bond was indissoluble), or of the delictum, or of his residence, or of his acquired domicil, but in a tribunal to which he has never been subjected by any act of his own. I think that, […], this Court has no jurisdiction over the husband in this suit, and I must, therefore, dismiss it.“, Le Sueur v Le Sueur (1875–1876) L. R. 1 P. D. 139 (147). 309 Schibsby v Westenholz (1870) L. R. 6 Q. B. 155 (155 ff.). 310 Statt vieler Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 164. 311 „A judgment of a foreign court, obtained in default of appearance against a defendant, cannot be enforced in an English court, where the defendant, at the time the suit commenced, was not a subject of nor resident in the country in which the judgment was obtained: for there existed nothing imposing on the defendant any duty to obey the judgment.“, Schibsby v Westenholz (1870) L. R. 6 Q. B. 155 (155); Brown, Conflict of Laws, S. 220; Moloney, Conflict of Laws, S. 214. 312 Le Mesurier v Le Mesurier (1895) A. C. 517 (517 ff.). 313 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 5; Schurig, FamRZ 1972, 288 (288); Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 103; siehe auch Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (40); ausführlich Griswold, Harv L. Rev 65 (1951), 193 (194 ff.). 314 „Held, further, that the permanent domicil of the spouses within the territory is necessary to give to its Courts jurisdiction so to divorce a vinculo as that its decree to that effect shall by the general law of nations possess extra-territorial authority. A so-called ‘matrimonial domicil’, said to be created by a bonft fide residence of the spouses within the territory, of a less degree of permanence than is required to fix their true domicil, cannot be recognised as creating such jurisdiction.“, Le Mesurier v Le Mesurier [1895] A. C. 517 (517); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 5; Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 103; Gris-
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Entscheidungen stellten die ersten Orientierungspunkte in der Rechtsprechung der englischen Gerichte dar und liefern auch heute noch wichtige Anhaltspunkte für die Rechtsprechung zur indirekten internationalen Zuständigkeit in den jeweiligen Rechtsgebieten. Allerdings deutete sich zunehmend an, dass insbesondere die Bestimmung der Anerkennungszuständigkeit anhand des domicile nicht uneingeschränkt als Kriterium für die Anerkennungszuständigkeit geeignet war.315 Als problematisch stellte sich die Behandlung der internationalen Zuständigkeit nach dieser Regel insbesondere in solchen Fällen dar, in denen die Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt bzw. ihr domicile in unterschiedlichen Staaten hatten.316 Besonders brisant bei dieser Konstellation war nach Angaben der Literatur die damalige englische Regelung, dass das domicile einer Frau stets bei ihrem Ehegatten war, auch wenn die Ehegatten getrennt waren bzw. sich seit längerer Zeit außerhalb Englands aufhielt.317 Insbesondere vor dem Hintergrund dieser Benachteiligung der Frauen wurden die Stimmen, die eine Reform der Regelungen der Anerkennungszuständigkeit bzw. eine Abkehr von der domicile-Regelung in der englischen Rechtsordnung forderten, lauter.318 b) Rousillon v Rousillon und Emanuel v Symon Hinsichtlich der in Schibsby v Westenholz getroffenen Regelungen bzw. jenseits des scheidungsrechtlichen Zusammenhangs wich die Situation jedoch von der oben geschilderten Entwicklung ab.319 So wurde in den auf die Entscheidung folgenden Jahren und Jahrzehnten anders als bei der Rechtsprechung in Bezug auf Scheidungssachen keine deutliche Abkehr von den in Schibsby v Westenholz aufgestellten Regeln, die für die Anerkennungzuständigkeit auf die Nationalität und die residence im Urteilsstaat abstellten, gefordert, sondern die Kriterien (lediglich) von der Rechtsprechung weiter auswold, Harv L. Rev 65 (1951), 193 (194 ff.); ders., Harv. L. Rev. 67 (1954), 823 (824); Schurig, FamRZ 1972, 288 (288); Mann, (1954) 17 M. L. R., 79 (80); siehe auch Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (40). 315 Ausführlich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 6 f. 316 Diese Problematiken nennen ausdrücklich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 5 ff.; Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 103 ff.; sowie Griswold, Harv L. Rev 65 (1951), 193 (195 f.). 317 Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 7 f.; Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 104 f.; siehe auch Schurig, FamRZ 1972, 288 (288). Dies ergab sich zudem aus der Entscheidung des House of Lords in Sachen Mackinnon’s Trustees v The Lord Advocate (1920) 2 S. L. T. 240 (240 f.), vgl. Griswold, Harv L. Rev 65 (1951), 193 (196). 318 Ausführlich zu dieser Entwicklung Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 6 ff. m.w.M. 319 Moloney, Conflict of Laws, S. 214.
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geformt. Eine ganz wesentliche Entscheidung stellte hier die Entscheidung Rousillon v Rousillon320 der Chancery Division aus dem Jahr 1880 dar. 321 In dieser Entscheidung wurde die Rechtsprechung nach Schibsby v Westenholz dahingehend ergänzt, dass bei actions in personam die internationale Zuständigkeit neben den in Schibsby v Westenholz aufgestellten Kriterien der Nationalität und residence im Urteilsstaat auch dann gegeben sein sollte, wenn der Beklagte das Forum zuvor (als Kläger) bereits gewählt hatte, wenn er freiwillig im Verfahren erschienen war oder bei vertraglicher Unterwerfung des Beklagten unter die ausländische Gerichtsbarkeit; zudem warf der urteilende Richter die Möglichkeit auf, die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts auf die Belegenheit von Immobilien im Urteilsstaat zu stützen, wenn der Rechtsstreit diese Immobilien betraf und der Beklagte sich innerhalb der Gerichtsbarkeit befand.322 Dieses Urteil griff die King’s Bench Division im Jahr 1908 in ihrer berühmten und viel zitierten Entscheidung Emanuel v Symon auf und bestätigte die in Rousillon v Rousillon entwickelten Kriterien mit Ausnahme des Kriteriums der Belegenheit von Immobilien im Urteilsstaat.323 Dieser in der Entscheidung Emanuel v Symon aufgestellte Kriterienkatalog bildet noch heute den Ausgangspunkt für die Anerkennungzuständigkeit im Common Law bzw. dem in dieser Arbeit beleuchteten Bereich der Zivil- und Handelssachen und soll sogleich Gegenstand näherer Betrachtung sein.324 Gleichwohl erscheint ein kurzer Überblick über die Entwicklung der Zuständigkeitsbestimmungen, die sich im Bereich des Scheidungsrechts vollzogen, als angezeigt, da die Rechtsprechung auf diesem Gebiet sehr anschaulich unterschiedliche Prüfungsansätze diskutierte.325
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Rousillon v Rousillon (1880) L. R. 14 Ch. D. 351 (351 ff.). Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 689, 691. 322 „The Courts of this country consider the defendant bound where he is a subject of the foreign country in which the judgment has been obtained; where he was resident in the foreign country when the action began; where the defendant in the character of plaintiff has selected the forum in which he is afterwards sued; where he has voluntarily appeared; where he has contracted to submit himself to the forum in which the judgment was obtained, and, possibly, […], where the defendant has real estate within the foreign jurisdiction, in respect of which the cause of action arose whilst he was within that jurisdiction.“, Rousillon v Rousillon (1880) L. R. 14 Ch. D. 351 (371). 323 Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 691; Mayss/ Reed, European Business Litigation, S. 355. Zu Emanuel v Symon siehe auch Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 371; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 139; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (426). 324 Statt aller Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 139; siehe ausführlich zu den Kriterien nach Emanuel v Symon bzw. der gegenwärtigen Prüfung der Anerkennungszuständigkeit im englischem Recht sogleich Kap. II § 6 III 2. 325 Ein grundlegendes Werk zu diesem Themenbereich liefert Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 3 ff. 321
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
c) Die Entwicklungen im englischen Scheidungsrecht aa) Die Spiegelbildlichkeit nach Travers v Holley Hatte sich mit den Entscheidungen Schibsby v Westenholz bis Emanuel v Symon eine recht klare Richtung in Bezug auf die (allgemeine) Anerkennungszuständigkeit im Common Law herausgebildet, war die Behandlung der internationalen Zuständigkeit in Scheidungssachen nach wie vor weniger einheitlich.326 Eine Wende im englischen Anerkennungsrecht in Bezug auf Ehescheidungen kam schließlich mit der Entscheidung Travers v Holley im Jahr 1953.327 In dieser Entscheidung begründeten die urteilenden Richter die internationale Zuständigkeit der (australischen) Erstgerichte damit, dass diese Gerichte ihre Entscheidungszuständigkeit aufgrund einer parallelen Regelung zum englischen Recht angenommen hatten 328 und bestimmten, dass eine Ent326 Eine ausführliche Darstellung der historischen Entwicklung der Anerkennungszuständigkeit in Ehesachen liefert Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 101 ff. 327 Travers v Holley (1953) P. 246 (246 ff.); ausführlich hierzu Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 8 f. m. w. N.; Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 105 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 707; Blackburn, (1954) 17 M. L. R. 471, (471 ff.); Kennedy, (1955) 4 ICLQ 1955, 389 (389); Mann, (1954) 17 M. L. R., 79 (79 ff.) sowie Griswold, Harv L. Rev 67 (1954), 823 (823), der die Bedeutung der Entscheidung in den folgenden Worten zutreffend betonte: „The recent decision of the Court of Appeal in England in Travers v. Holley represents not only an interesting and useful development in the conflict of laws rules about the recognition of foreign divorce decrees but also an illustration of the effect of reciprocity in the growth of conflicts rules.“ 328 Relevante Zuständigkeitsnorm war in diesem Fall Sect. 16 lit. a New South Wales Matrimonial Causes Act, No. 14, 1899 gewesen, während englische Gerichte in einem entsprechenden Fall Sect. 13 des Matrimonial Causes Act 1937 angewendet hätten. Sect. 16 lit. a New South Wales Matrimonial Causes Act, No. 14, 1899 lautet: „Any wife who at the time of the institution of the suit has been domiciled in New South Wales for three years and upwards (provided she did not resort to New South Wales for the purpose of such institution) may present a petition to the court praying that her marriage may be dissolved on one or more of the grounds following – (a) that her husband has without just cause or excuse wilfully deserted the petitioner and without any such cause or excuse left her continuously so deserted during three years and upwards and no wife who was domiciled in New South Wales when the desertion commenced shall be deemed to have lost her domicile by reason only of her husband having thereafter acquired a foreign domicile.“; Sect. 13 des Matrimonial Causes Act 1937 lautet: „Where a wife has been deserted by her husband, or where her husband has been deported from the United Kingdom under any law for the time being in force relating to the deportation of aliens, and the husband was immediately before the desertion or deportation domiciled in England and Wales, the court shall have jurisdiction for the purpose of any proceedings under Part VIII of the principal Act notwithstanding that the husband has changed his domicile since the desertion or deportation.“; vgl. Travers v Holley (1953) P. 246 (249 ff.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 8.
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scheidung dann anerkannt werde, wenn Erst- und Zweitstaat bzw. in diesem Fall England und New South Wales/Australien dieselbe Regelung für die Entscheidungszuständigkeit vorsähen, da eine andere Lösung mit dem Prinzip der comity329 nicht vereinbar sei.330 Durch diese Entscheidung wurde faktisch das Prinzip der Spiegelbildlichkeit maßgeblich für die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit des Urteilsstaats im englischen Scheidungsrecht, auf die allgemeinen Bestimmungen des Common Law zur Anerkennungszuständigkeit wurde dies jedoch nicht übertragen. 331 bb) Der Übergang zu einer Generalklausel Diese Neuregelung hinsichtlich der Anerkennungszuständigkeit erfuhr in der englischen Lehre und Rechtsprechung jedoch wenig Zustimmung.332 Zwar wurde die in Travers v Holley aufgestellte Regel in weiteren Entscheidungen konkretisiert,333 doch die Kritik ebbte auch einige Jahre nach Erlass des Ur329
Beachte Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 9, der den Begriff der comity in diesem konkreten Fall als „Spiegelbildlichkeit der Zuständigkeitsgründe“ versteht; ebenso Kennedy, (1955) 4 ICLQ 1955, 389 (391 f.); zur doctrine of comity und den historischen Grundlagen für die Anerkennung nach Common Law siehe Kap. I § 4 II. 330 „Held, further (per totam curiam) that the courts of New South Wales […] and the English courts […] claimed the same jurisdiction, and it would be contrary to principle and inconsistent with comity if the courts of this country refused to recognize a jurisdiction which mutatis mutandis they claimed for themselves; […]“, Travers v Holley (1953) P. 246 (247); siehe auch Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (41); vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 9; Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 105 f.; Moloney, Conflict of Laws, S. 214; Mann, (1954) 17 M. L. R., 79 (81); North, (1968) 31 M. L. R., 257 (259, 265); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 707; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 616. 331 Moloney, Conflict of Laws, S. 214; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 707. 332 Befürwortet wurde die Entscheidung jedoch von Mann, (1954) 17 M. L. R., 79 (81), der die Entscheidung als „zutreffendes und befriedigendes“ Urteil („sound and satisfactory law“) ansah, für das er sich allgemeine Zustimmung erhoffte; zu Kritik an der Entscheidung ausführlich Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (41 ff.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 10 ff. m. w. N. 333 Siehe etwa die Entscheidungen Arnold v Arnold [1957] P. 237 (237 ff.) und Robinson-Scott v Robinson-Scott [1958] P. 71 (71 ff.), in welcher die Probate Division herausstellte, dass es für die Anerkennung der erststaatlichen Zuständigkeit nicht erforderlic h sei, dass eine wortgleiche gesetzliche Regelung existiere: („I believe that the true question to be answered in this case is whether the courts of this country can recognize a foreign decree where, in fact, the wife was resident in the territory of the foreign court for three years immediately preceding the commencement of the proceedings there, even though the jurisdiction of the foreign court was based on different grounds. […]. In my view the correct answer to the question which I have asked myself is this: where, in fact, there has
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teils nicht ab und so wurde im englischen Recht – wie auch in der deutschen und französischen Rechtsordnung – der Ruf nach Alternativen zum Prinzip der Spiegelbildlichkeit lauter. (1) Die Entscheidung Indyka v Indyka Die Kritik an Travers v Holley schlug sich im Jahr 1969 schließlich in der Rechtsprechung der englischen Gerichte nieder und das House of Lords beschritt mit seiner berühmten Entscheidung Indyka v Indyka neue Pfade.334 In dieser Entscheidung kritisierte das House of Lords Travers v Holley scharf,335 was besonders in den Worten Lord Morris’ zum Ausdruck kam: „There is peril in assuming that only our rules are rational and justifiable. Looking back upon the course of judicial decisions it is readily seen that though doctrine evolved one way it might quite easily have evolved another way. This leads me to the view that no essential or fundamental superiority of our basis for jurisdiction can be claimed over all others.“336
Dieser Ausspruch zeigt sehr anschaulich, was bereits insbesondere im französischen Recht einen der Hauptkritikpunkte an der Spiegelbildlichkeit bildete, und zwar dass ausländische bzw. drittstaatliche Zuständigkeitsregelungen sehr wohl als legitim und somit anerkennungsfähig betrachtet werden könnten, auch wenn sich kein Pendant in der eigenen bzw. englischen Rechtsordnung findet.337 Trotz der umfangreichen Kritik lieferte das House of Lords jedoch keine konkrete Formulierung, wann die Anerkennungszuständigkeit als gegeben zu betrachten sein sollte. Zwar wurden von den einzelnen Richtern unterschiedliche Ansätze erörtert, die die Grundlage der Anerkennungszuständigkeit bilden könnten, eine konkrete Alternative zu Travers v Holley been three years’ residence by a wife in the territory of the foreign court assuming jurisdiction in a suit for dissolution, the English court should accept that as a ground for exercising jurisdiction, because it would itself accept jurisdiction on proof of similar residence in England. It is not essential for recognition by this court that the foreign court should assume jurisdiction on the grounds laid down by section 18 of the Matrimonial Causes Act, 1950. It is sufficient that facts exist which would enable the English courts to assume jurisdiction.“, Robinson-Scott v Robinson-Scott [1958] P. 71 (87 f.); hierauf verweist Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (57); siehe Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 9; North, (1968) 31 M. L. R., 257 (259). 334 Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (33 ff.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 14; Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 106; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 708; Schurig, FamRZ 1972, 288 (288). Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Entscheidung liefern North, (1968) 31 M. L. R., 257 (257 ff.); Moloney, Conflict of Laws, S. 214. 335 Siehe die Ausführung in Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (41 ff.). 336 Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (76); vgl. North, (1968) 31 M. L. R. 257 (265 f.). 337 Siehe hierzu bereits Kap. II § 6 II 1 a), b) zum französischen Recht.
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lieferte diese Diskussion jedoch nicht. 338 So blieb es weiter Aufgabe der Rechtsprechung eine neue Richtung für die Anerkennungzuständigkeit aus der Entscheidung abzuleiten, wobei sich jedoch ein wichtiger Ausgangspunkt für diese Arbeiten in den Ausführungen der Richter Lord Morris of Borth-yGest und Lord Wilberforce fand, die in Indyka v Indyka erstmals das Kriterium einer „tatsächlichen und substanziellen Verbindung“ („real and substantial connection“) erwähnten.339 Doch auch diese Äußerungen trugen zunächst wenig Klarheit zu den zu entwickelnden Kriterien für eine internationale Zuständigkeit des Erststaats (in Scheidungssachen) bei, denn die Ausführungen der Richter konnten zum einen so ausgelegt werden, dass über den eigentlichen Ansatzpunkt für die internationale Zuständigkeit – wie etwa das domicile oder die Staatsangehörigkeit – hinaus eine zusätzliche Verbindung zum Urteilsstaat bestehen musste oder dahingehend dass die „real and substantial connection“ das eigentliche bzw. einzige Kriterium für die Anerkennungszuständigkeit darstellte.340 Diese Unsicherheit der Rechtsprechung, wie mit den Aussagen von Indyka v Indyka umzugehen sei, zeigte sich deutlich in den folgenden Entscheidungen,341 die Äußerungen der Lords in Indyka v Indyka wurden schließlich aber zunehmend dahingehend interpretiert, dass das (alleinige) Kriterium für die
338 North, (1968) 31 M. L. R. 257 (266); Schurig, FamRZ 1972, 288 (288 f.); vgl. die Diskussion der Richter in Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (53 ff.); einen sehr guten Eindruck über die Unsicherheit der Rechtsprechung nach Indyka v Indyka liefert Richter Ormrod in der Entscheidung Messina v Smith [1971] P. 322 (331); vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 15 ff. 339 Lord Wilberforce: „In my opinion, it would be in accordance with developments and with the trend of legislation to recognise divorces given to wives by the courts of their residence wherever a real and substantial connection is shown between the petitioner and the country, or territory, exercising jurisdiction. I use these expressions so as to enable the courts, who must decide each case, to consider both the length and quality of the residence and to take into account such other factors as nationality which may reinforce the connection.“, Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (35); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 17. 340 Vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 18; zu den Auslegungsschwierigkeiten hinsichtlich der „real and substantial connection“ siehe ebenfalls North, (1968) 31 M. L. R. 257 (276); Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 107. 341 Vgl. etwa die Ausführungen des Richter Ormrod in der Entscheidung Angelo v Angelo: „All that I must do is to ascertain, if I can, with counsel’s assistance, what the ratio decidendi of that case Indyka v Indyka is. Each of their lordships expresses much the same broad view of what should be the new recognition rule, although stating it in quite different terms.“, Angelo v Angelo [1968] 1 W. L. R. 401 (403); sehr instruktiv zur Bedeutung der Entscheidung North, (1968) 31 M. L. R. 257 (278 f.); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 20.
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erststaatliche Zuständigkeit das Vorliegen einer „real and substantial connection“ sei.342 (2) Das Erfordernis einer „real and substantial connection“ Fortan sollte somit die „tatsächliche und substanzielle Verbindung“ des Rechtsstreits zum Urteilsstaat das eigentliche Kriterium für die internationale Zuständigkeit des Erststaats bilden.343 Wann eine solche Verbindung vorlag, war wiederum durch die Rechtsprechung herauszuarbeiten. Die ursprünglich als Anerkennungskriterien in Betracht gezogenen Verbindungsmomente wie Staatsangehörigkeit oder domicile wurden dabei als Indizien für die Begründung einer „real and substantial connection“ (inzident) herangezogen.344 Ein konkreter Katalog mit Kriterien, die in jedem Fall eine tatsächliche und substanzielle Verbindung zum Urteilsstaat herstellten, wurde jedoch – wie auch im französischen Recht zum erforderlichen „lien caracterisé“ – nicht aufgestellt.345 Aus der Entscheidung Peters v Peters346 ergab sich allerdings, dass 342 Siehe exemplarisch die Entscheidung Blair v Blair [1969] 1 W. L. R. 221 (221), in welcher der Court of Appeal urteilte: „Held, that it was now open to an English court to determine whether a decree of divorce granted either to a husband or a wife by a foreign court which was not the court of the parties’ domicile should be recognised and that, since the husband had had a real and substantial connection with Norway from the date of the marriage until the date of the revival of his English domicile in the month before he instituted the divorce proceedings in Norway, it was appropriate and just to recognise his decree and the court would accordingly do so.“; siehe auch Mayfield v Mayfield [1969] P 119 (120); Welsby v Welsby 1 W. L. R. 877 (877 ff.); vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 20 m. w. N.; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 708. 343 Besonders deutlich wird die von der Rechtsprechung neu eingeschlagene Richtung in der Entscheidung Welsby v Welsby, in der der urteilende Richter betonte: „Putting it very briefly, the actual decision in Indyka v. lndyka […] was that a divorce could be recognized by our courts if the petitioner had a real and substantial connection with the country whose court granted the divorce.“, Welsby v Welsby 1 W. L. R. 877 (878); eine ausführliche Besprechung der Entscheidung liefert Webb, (1970) 19 ICLQ, 697 (697 f.); siehe auch Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 19 f. 344 Vgl. North, (1968) 31 M. L. R., 257 (276); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 19 f. Für die Staatsangehörigkeit und den gewöhnlichen Aufenthalt als Grundlage für eine hinreichende Verbindung zum Forum siehe Angelo v Angelo [1968] 1 W. L. R. 401 (401 ff.) und Mayfield v Mayfield [1969] P. 119 (119 ff.); sehr instruktiv zu einzelnen möglichen Ansätzen Richter Ormrod in der Entscheidung Messina v Smith [1971] P. 322 (331); ausführlich zu den Entscheidungen und jeweiligen Anknüpfungsmomenten North, (1968) 31 M. L. R., 257 (269 ff.; 278 f.); Mann, (1968) 84 Q. L. R. 18 (21). 345 Auch North, (1968) 31 M. L. R., 257 (276, 283) kritisiert die bloß „vage Definition“ des Begriffs der „real and substantial connection“ und die hieraus resultierenden Unsicherheiten. Insofern lassen sich Parallelen zum französischen Recht erkennen, welches ca. 15
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der Ort der Eheschließung keine (allein) ausreichende Verbindung zwischen Rechtsstreit und Forum für eine Anerkennung der Entscheidung in England darstellte.347 Darüber hinaus erforderte die Voraussetzung der „real and substantial connection“ eine Abwägung im Einzelfall, ob das jeweilige Erstgericht nach englischen Maßstäben seine Zuständigkeit auf eine angemessene Grundlage gestützt hatte, wobei insbesondere die „Dauer und die Qualität“ der Verbindungsmomente maßgeblich sein sollten.348 Doch auch die Lösung in Form einer Generalklausel stieß auf Kritik in der englischen Rechtsordnung. So taten sich die englischen Richter – ähnlich wie es sich auch in Frankreich zunächst beobachten ließ – in der Praxis sichtlich schwer im Umgang mit der wenig greifbaren und flexiblen Formel der real and substantial connection. Einige Gerichte zogen vor diesem Hintergrund weiterhin das Spiegelbildpinzip nach Travers v Holley für die Bestimmung der Anerkennungszuständigkeit heran, obwohl sich ihnen mit der Generalklausel, die aus Indyka v Indyka entwickelt worden war, ein wesentlich flexibleres Instrument bot. 349 Und auch in der Literatur erhoben sich Stimmen, die sich ablehnend gegenüber der Generalklausel zeigten. Dabei wurde die Klausel insbesondere als zu unbestimmt betrachtet und man fürchtete eine zu
Jahre später durch den Arrêt Simitch mit der Prüfung des „lien caracterisé“ die Generalklausel für die Anerkennungzuständigkeit einführte aber ebenfalls keinen entsprechenden Katalog aufstellte. 346 Peters v Peters [1968] P. 275 (275 ff.). 347 „Held, that the mere fact that a marriage had been celebrated within a particular jurisdiction was not enough to establish a real and substantial connection between the petitioner and a court of that jurisdiction so as to vest in that court power to dissolve the marriage.“, Peters v Peters [1968] P. 275 (275); Mann, (1968) 84 Q. L. R. 18 (21); North, (1968) 31 M. L. R., 257 (274 f.). 348 „This is a question of fact in each case to be determined in the light of the length and quality of that connection.“, Messina v Smith [1971] P. 322 (336). 349 Siehe etwa die Entscheidungen Tijanic v Tijanic [1968] P. 181 (181 ff.) und Brown v Brown [1968] P. 518 (522), in denen das Gericht zwar auf die „real and substantial connection“ eingeht, aber trotzdem auf die spiegelbildliche Anwendung der englischen Regelungen zurückgreift; vgl. Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 21; North, (1968) 31 M. L. R. 257 (268). Hatte sich Lord Wilberforce in Indyka v Indyka noch äußerst optimistisch hinsichtlich des Umgangs der Rechtsprechung mit einer allgemeineren Generalklausel gezeigt, so schien sich diese Hoffnung nicht zu erfüllen: „If the principles of recognition of foreign decrees of divorce are placed on the more general basis which I have suggested (rather than being governed by the quasi-mathematical application in reverse of domestic legislation) I have no fears that uncertainty will be introduced into the law. The courts are well able to perform the task of examining the reality of the connection between the resident petitioner wife and the jurisdiction invoked, bearing in mind, but not being rigidly bound by, the developments of domestic jurisdiction. In so acting, I am convinced that they are more likely to reach just, and to avoid artificial, results.“, Indyka v Indyka [1969)] 1 A. C. 33 (106 f.).
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große Rechtsunsicherheit.350 Eine gewisse Unvorhersehbarkeit und Unbestimmtheit ist einer flexiblen Generalklausel jedoch immanent. Da man sich in England jedoch mit diesen Unsicherheiten nicht versöhnen konnte, wurde schließlich auch die Generalklausel in Form der real and substantial connection-Formel aufgegeben. 351 2. Die Prüfung im Common Law nach der gegenwärtigen Rechtsprechung Anders als im Bereich der Ehescheidungen entwickelte sich allgemein im Common Law die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit anhand der Rechtsprechung der englischen Gerichte fort. Grundsätzlich wird gemäß den Common-Law-Grundsätzen auch bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit nach der Klageart (actions in personam oder actions in rem) unterschieden. 352 Den Schwerpunkt der Betrachtung sollen hier die Voraussetzungen an die internationale Zuständigkeit bei den judgments in personam bilden.353 Wie bereits erörtert,354 bilden für die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit die in der Entscheidung Emanuel v Symon benannten Kriterien noch heute den Ausgangspunkt für die Bestimmung der erststaatlichen internationalen Zuständigkeit. 355 In dieser Entscheidung formulierte der urteilende Richter Buckley folgende Anforderungen an die internationale Zuständigkeit des Erststaats:
350 Mann, (1968) 84 Q. L. R. 18 (18 f.); North, (1968) 31 M. L. R. 257 (283); Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 22. 351 Als Anlass für die Aufgabe der Generalklausel nennt Fricke insbesondere die Implementierung des Haager Übereinkommens vom 1. Juni 1970 über die Anerkennung von Ehescheidungen und Ehetrennungen (Convention of 1 June 1970 on the Recognition of Divorces and Legal Separations), abrufbar unter: ; vgl. ausführlich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 25 ff. 352 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 516 ff.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 131; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 621; Schütze, in: Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V, Nr. 1156, S. 4; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 93 ff., 97 ff. 353 Näher zur internationalen Zuständigkeit bei actions in rem Barnett, Res Judicata, Estoppel and Foreign Judgments, S. 44 ff.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 97 f.; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 716 f. 354 Siehe Kap. II § 6 III 1 b). 355 Statt aller Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 237 f.; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 698; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 371; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 15 ff.
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„In actions in personam there are five cases in which the courts of this country will enforce a foreign judgment: (1) Where the defendant is a subject of the foreign country in which the judgment has been obtained; (2) where he was resident in the foreign country when the action began; (3) where the defendant in the character of plaintiff has selected the forum in which he is afterwards sued; (4) where he has voluntarily appeared; and (5) where he has contracted to submit himself to the forum in which the judgment was obtained.“356
Die erste dieser fünf Voraussetzungen, die Annahme der internationalen Zuständigkeit des Erststaats aufgrund der Nationalität des Beklagten, wird heute nach ganz h. M. nicht mehr als Grundlage für die Anerkennungszuständigkeit herangezogen.357 Bemerkenswert ist diesbezüglich insofern, dass sich der Vorschlag, die internationale Zuständigkeit auf die Nationalität zu stützen, in diversen Entscheidungen 358 findet, jedoch tatsächlich keine Entscheidung erlassen wurde, in der die internationale Zuständigkeit tatsächlich allein auf Grundlage der Nationalität des Beklagten angenommen wurde. 359 Eine Annahme der Anerkennungszuständigkeit allein ausgehend von der Nationalität
356 Emanuel v Symon [1908] 1 K. B. 302 (309); vgl. Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 355; Hayward, Conflict of Laws, S. 90; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 139; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 698; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 691 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 237 f. 357 Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 692; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 3565; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 142; Hayward, Conflict of Laws, S. 90; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 371, 379; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 176; Brown, Conflict of Laws, S. 220; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 6. 358 Vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 705; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 176; Briggs, (1987) 36 ICLQ, 240 (243) Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 621 f.; mit Verweisen u. a. auf Schibsby v Westenholz (1870) L. R. 6 Q. B. 155 (161); Rousillon v Rousillon (1880) 14 Ch. D. 351 (371); Emanuel v Symon [1908] 1 K. B. 302 (309). 359 Vgl. McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 176; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 705; Brown, Conflict of Laws, S. 220. In der Entscheidung Douglas v Forrest geht das Gericht hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit zwar auf die Nationalität des Beklagten ein, allerdings reicht dem Gericht die Nationalität allein für die Anerkennungszuständigkeit nicht aus. Damit das Urteilsgericht aus englischer Sicht zuständig war, musste der Beklagte überdies über Eigentum im Urteilsstaat verfügen. Insofern kann auch diese Entscheidung nicht als Grundlage für eine Begründung der internationalen Zuständigkeit auf Basis der Nationalität des Beklagten betrachtet werden. „A natural-born subject of any country, quitting that country, but leaving property under the protection of its law, even during his absence, owes obedience to those laws, particularly when those laws enforce a moral obligation.“, Douglas v Forrest (1828) 4 Bing. 686 (702); McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 176; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 705.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
ist somit nicht mehr möglich, was auch sachgerecht erscheint.360 Die übrigen vier Voraussetzungen stellen jedoch auch heute noch gültige Anknüpfungspunkte für die Anerkennungszuständigkeit im Common Law dar. 361 Zuletzt bekräftigte dies die englische Rechtsprechung in dem grundlegenden Urteil Adams v Cape Industries362 im Jahr 1989. In systematischer Hinsicht lassen sich diese vier Kriterien in zwei unterschiedliche Konstellationen untergliedern: die internationale Zuständigkeit aufgrund von Anwesenheit im Urteilsstaat einerseits und die Einlassung auf die ausländische Gerichtsbarkeit durch Wahl des ausländischen Forums, durch Erscheinen im Prozess oder durch die vertragliche Unterwerfung des Beklagten unter die ausländische bzw. drittstaatliche Jurisdiktion andererseits.363 Grundsätzlich überpüft das englische Gericht, das für die Anerkennung des drittstaatlichen Urteils angerufen wurde, nicht die örtliche Zuständigkeit des Erstgerichts, sondern – wie auch die deutsche und französische Rechtsordnung – lediglich, ob überhaupt ein Gericht des Urteilsstaats die internationale Zuständigkeit besessen hat. 364 Ausdrücklich formulierte dies der urteilende Richter Lord Linley in Pemberton v Hughes: „There is no doubt that the courts of this country will not enforce the decisions of foreign courts which have no jurisdiction in the sense above explained – i.e., over the subject matter or over the persons brought before them […]. But the jurisdiction which alone is important in these matters is the competence of the court in an international sense – i.e., its
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Ebenso Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 705; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 176; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 622; ebenfalls ablehnend Blohn v Desser [1962] 2 Q.B. 116 (123); Rossano v Manufacturers’ Life Insurance Co. Ltd. [1963] 2 Q. B. 352 (382 f.); Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (515); Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90; Hayward, Conflict of Laws, S. 90; a. A. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 24. 361 Vgl. etwa Blohn v Desser [1962] 2 Q.B. 116 (123). 362 Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (433 ff.). 363 Vgl. Briggs, The Conflict of Laws, S. 137 ff.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 238; Hayward, Conflict of Laws, S. 90; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 4 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 371; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 355; Moloney, Conflict of Laws, S. 214; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 16 ff.; Mapesbury untergliedert die Kriterien hingegen in vier verschiedene Anknüpfungspunkte, vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 689 ff. Die konkrete Einteilung – ob in zwei oder vier Anknüpfungen – ist jedoch nicht entscheidend, da für sämtliche Aufteilungen auf die in Emanuel v Symon benannten Kriterien zurückgegriffen wird. 364 Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 619; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 463 f.; Brown, Conflict of Laws, S. 227; Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (467).
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territorial competence over the subject matter and over the defendant. Its competence or jurisdiction in any other sense is not regarded as material by the courts of this country.“ 365
Die ausländischen bzw. drittstaatlichen Normen und Regelungen der direkten internationalen Zuständigkeit, auf die das Erstgericht seine Zuständigkeit gestützt hat, spielen für die Beurteilung der Anerkennungszuständigkeit im englischen Recht keine Rolle, maßgeblich sind allein die Regelungen zur indirekten Zuständigkeit, die das Common Law aufstellt.366 Die Beweislast, ob die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats gegeben war, trägt dabei stets derjenige, der die Anerkennung bzw. Vollstreckung der Entscheidung in England begehrt. 367 a) Zuständigkeit aufgrund von Anwesenheit Bereits vor 144 Jahren nannte der Court of Queen’s Bench die residence des Beklagten im Urteilsstaat als zulässige Grundlage für dessen internationale Zuständigkeit 368 und auch in Emanuel v Symon benannte die King’s Bench Division 28 Jahre später die residence ausdrücklich als Grundlage für die internationale Zuständigkeit des Erststaats.369 Allerdings erwies sich die Handhabung dieses Kriteriums in der Praxis als nicht unproblematisch, denn was genau ist unter residence im anerkennungsrechtlichen Sinne zu verstehen? Obwohl der Begriff in zahlreichen Rechtsquellen Verwendung findet,370 liefert keine dieser Quellen eine präzise Definition. 371 Die Annahme der residence ist wohl recht eindeutig bei körperlicher Anwesenheit (physical presence) des Beklagten im Urteilsstaat gegeben, es stellt sich jedoch die Frage, ob auch die bloße (ggf. nur vorübergehende) Anwesenheit allein für die Bejahung der internationalen Zuständigkeit ausreicht. 372 365 Pemberton v Hughes [1899] 1 Ch. 781 (791); vgl. Brown, Conflict of Laws, S. 227; Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 93 f.; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 464; siehe auch Barnett, Res Judicata, Estoppel, and Foreign Judgments, S. 42 f. 366 Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 15; Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (467). 367 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 517; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 90. 368 Schibsby v Westenholz (1870) L. R. 6 Q. B. 155 (161). 369 Emanuel v Symon [1908] 1 K. B. 302 (309); siehe Brown, Conflict of Laws, S. 220; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 16 ff. 370 Siehe unter anderem die statutorischen Regelungen des FJA 1933 in Sec. 4 (2) (a) (iv) und des AJA 1920 in Sec. 9 (2) (b); vgl. McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172. 371 Den Mangel einer konkreten Definition betonen auch McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172. 372 So fragten sich auch die urteilenden Richter in Adams v Cape Industries: „Does the temporary presence of a defendant in a foreign country render the court of that country
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
aa) Residence oder presence Ursprünglich bzw. in älteren englischen Urteilen findet sich in der Regel die Voraussetzung der residence,373 also wohl zunächst des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts, für die Anerkennungszuständigkeit, allerdings wurde bereits früh der Gedanke aufgeworfen, die bloße Anwesenheit des Beklagten (presence) für die erststaatliche Zuständigkeit heranzuziehen.374 Das prominenteste Beispiel für diesen Ansatz ist die Entscheidung Carrick v Hancock aus dem Jahr 1895.375 In dieser Entscheidung war dem Beklagten während eines kurzen Aufenthalts in Schweden die Klageschrift zugestellt und daraufhin das Verfahren in Schweden eingeleitet worden. Obwohl der Beklagte in diesem Fall in dem Verfahren erschienen war und somit eigentlich ein Fall der Unterwerfung unter die ausländische Gerichtsbarkeit gegeben war,376 stellte Lord Russell of Killowen, C.J. in seiner Entscheidung auf die territoriale Beziehung des Beklagten zum Urteilsstaat ab und betonte: „the jurisdiction of a Court was based upon the principle of territorial dominion, and that all persons within any territorial dominion owe their allegiance to its sovereign power and obedience to all its laws and to the lawful jurisdiction of its Courts.“ 377
Gestützt wurde die Erwägung bezüglich der bloßen presence im Urteilsstaat folglich insbesondere auf den Gedanken der Territorialhoheit des jeweiligen competent (in the private international law sense) to assume jurisdiction over him?“, Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (515); ebenso Hayward, Conflict of Laws, S. 90; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 91; Moloney, Conflict of Laws, S. 216. 373 Vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 692 f.; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 16; Schibsby v Westenholz (1870) L. R. 6 Q. B. 155 (161); Rousillon v Rousillon (1880) 14 Ch. D. 351 (371); Emanuel v Symon [1908] 1 K. B. 302 (309). 374 Vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 693. 375 „A defendant duly served with process while temporarily present in a foreign country is amenable to the jurisdiction of its Courts so as to be bound by their judgment. The Courts of this country will therefore enforce a judgment so obtained.“, Carrick v Hancock (1895) 12 T. L. R. 59 (59); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 517 f.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 139; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 693 f.; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 356; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 93; Stone, LMCLQ 1983, 1 (11). 376 Vor diesem Hintergrund findet sich in der Literatur vielfach die Kritik, die Entscheidung stelle keine taugliche Grundlage für die Begründung der Anerkennungszuständigkeit aufgrund der bloßen Anwesenheit („mere presence“) dar, da jedenfalls eine zuständigkeitsbegründende submission vorgelesen habe, siehe exemplarisch McClean/Ruiz AbouNigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 139 f. 377 Carrick v Hancock (1895) 12 T. L. R. 59 (60); siehe Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 375; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 356; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 266.
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Urteilsstaats. Wenn sich der Beklagte auf dem Hoheitsgebiet des Erststaats aufhalte, so habe er sich auch der Ausübung der Souveränität des Staates – insbesondere auch der Jurisdiktionsgewalt seiner Gerichte – zu unterwerfen. 378 Dies hob auch der Court of Appeal in seiner Entscheidung Adams v Cape Industries hervor, in der er feststellte: „By making himself the Foreigner present he contracts-in to a network of obligations, created by the local law and by the local courts.“ 379 Neben der Territorialhoheit spielten für das Kriterium der presence zudem die direkten Zuständigkeitsregelungen, die nach dem Common Law die internationale Zuständigkeit der englischen Gerichte begründen können, eine maßgebliche Rolle. So mag die Annahme der Anerkennungzuständigkeit in Fällen, in denen der Beklagte sich auch nur kurzzeitig im Urteilsstaat aufhielt, mit Blick auf die direkten Zuständigkeitsregelungen des Common Law zunächst naheliegend erscheinen,380 denn nach den Regelungen der direkten (Entscheidungs-)Zuständigkeit des Common Law sind die englischen Gerichte für actions in personam auch dann international zuständig, wenn sich der Beklagte nur kurz auf englischem Staatsgebiet aufgehalten hat, sog. transient rule.381 Ein extremes Beispiel für diese Regelung liefert der berühmte Fall Maharanee of Baroda v Wildenstein aus dem Jahr 1972. Hier wurde dem Beklagten, der die französische Staatsbürgerschaft hatte, die Klageschrift zugestellt, während er die Pferderennen in Ascot besuchte. Die englischen Gerichte waren aufgrund dieser Klagezustellung international zuständig, obwohl der Fall sonst keine Verbindung zu England aufwies. 382 Obwohl die transient rule als Grundlage für die direkte wie auch die indirekte internationale Zuständigkeit häufig als exorbitant kritisiert wurde und Gegner der Regelung flexiblere Kriterien für die Zuständigkeitsprüfung als sachgerechter
378 Carrick v Hancock (1895) 12 T. L. R. 59 (60); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 517; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 693 ff.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 375; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 356; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 266. 379 Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (553); siehe auch Brown, Conflict of Laws, S. 220, der die Entscheidung des Court of Appeal diesbezüglich als „unwillkommene Entwicklung“ bezeichnet. 380 So auch Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 375. 381 Colt Industries Inc. v Sarlie No. 1 [1966] 1 W. L. R. 440 (440); Maharanee of Baroda v Wildenstein [1972] 2 Q. B. 283 (283 ff.); Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (518); Brown, Conflict of Laws, S. 220; Bunge, Zivilprozeß und Zwangsvollstreckung in England, S. 218; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 239; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 17. 382 Maharanee of Baroda v Wildenstein [1972] 2 Q. B. 283 (283 ff.); siehe auch Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 17; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 169.
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erachteten,383 bildet die bloße Anwesenheit (presence) – vor dem Hintergrund der Entscheidung Adams v Cape Industries – noch heute eine gültige Grundlage für die direkte sowie die Anerkennungszuständigkeit im Common Law. Die einzige Einschränkung, die die Gerichte diesbezüglich anführten war, dass die Anwesenheit im Urteilsstaat nicht durch Zwang, Betrug oder Nötigung herbeigeführt worden sein durfte. 384 Zwar führen Befürworter zutreffend an, dass die einfache Handhabung der Regelung und die mit ihr einhergehende Rechtssicherheit für dieses Zuständigkeitskriterium spricht,385 die Übertragung der transient rule auf die indirekte Zuständigkeitsprüfung verkennt jedoch einen gravierenden Aspekt. Während die hohe Reichweite der Begründung der Entscheidungszuständigkeit englischer Gerichte auf die bloße Anwesenheit ein Korrektiv in der forum non conveniens-Regel findet, existiert eine solche Korrekturmöglichkeit auf Ebene der Anerkennungszuständigkeit gerade nicht.386 Nur im Zusammenspiel mit der Möglichkeit der englischen Gerichte, das Verfahren aufgrund der forum non conveniens-Regel auszusetzen, stellt jedoch die Begründung der internationalen Zuständigkeit auf die bloße Anwesenheit des Beklagten im Urteilsstaat eine ggf. legitime Zuständigkeitsgrundlage dar. 387 Mag die transient rule vor diesem Hintergrund für die direkte Zuständigkeit eventuell noch hinnehmbar erscheinen, ist sie doch für die Anerkennungszuständigkeit als viel zu weitreichend zu betrachten. 388 Diese Bedenken sah zwar auch der Court of Appeal in der Entscheidung Adams v Cape Industries, er argumentiert jedoch, dass der Beklagte eine Begründung der internationa-
383 Sehr ausführlich zur Kritik an der presence-Regelung, aber auch in Bezug auf die Heranziehung der residence für die internationale Zuständigkeit Briggs, (1987) 36 ICLQ, 240 (242 ff.); ebenfalls ablehnend Brown, Conflict of Laws, S. 220; für eine flexiblere Prüfung der Zuständigkeit anhand der Umstände des Einzelfalls Harris, (1997) 17 OJLS, 477 (477 f.). Betont sei diesbezüglich zudem, dass die bloße Anwesenheit im Urteilsstaat – ähnlich wie auch bereits das frühere „Jurisdiktionsprivileg“ nach französischem Recht – auf Unionsebene als Zuständigkeitsgrundlage ausdrücklich ausgeschlossen ist, vgl. etwa vormals Art. 3 Abs. 2 i. V m. Anhang I der EuGVVO a. F. 384 Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (517); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 518. 385 Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 239; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 357. 386 Vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 172 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 238; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 357; Briggs, The Conflict of Laws, S. 141 f. 387 Siehe Briggs, The Conflict of Laws, S. 141 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 518.; Hayward, Conflict of Laws, S. 90; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 91; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 357; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 172 f. 388 Ebenso statt vieler Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 357.
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len Zuständigkeit aufgrund seiner bloßen Anwesenheit hinnehmen müsse, solange er sich im Hoheitsgebiet aufhalte. So führt das Urteil aus: „So long as he remains physically present in that country, he has the benefit of its laws, and must take the rough with the smooth, by accepting his amenability to the process of its courts. In the absence of authority compelling a contrary conclusion, we would conclude that the voluntary presence of an individual in a foreign country, whether permanent or temporary and whether or not accompanied by residence, is sufficient to give the courts of that country territorial jurisdiction over him under our rules of private international law.“ 389
Für die Begründung der Anerkennungszuständigkeit aufgrund räumlicher Beziehungen des Beklagten zum Urteilsstaat reicht es somit auch nach aktuell gültigem englischen Recht aus, dass der Beklagte sich lediglich bei der Verfahrenseinleitung in dem Urteilsstaat befand. 390 Dies stellt eine der bemerkens-, jedoch wenig begrüßenswerten Besonderheiten des englischen (Anerkennungs-)Rechts dar.391 bb) Die Behandlung juristischer Personen Während sich bei einer natürlichen Person die Bestimmung, ob sie ihre residence im Urteilsstaat hatte oder in diesem bei Verfahrenseinleitung körperlich anwesend (present) war, verhältnismäßig leicht vornehmen lässt, ist dies in Bezug auf juristische Personen nicht ohne nähere Präzisierung bzw. die Aufstellung entsprechender Anforderungen möglich, da „eine juristische Person keine körperliche Identität besitzt“.392 Vor dem Hintergrund dieser 389 Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (519); vgl. Brown, Conflict of Laws, S. 220 f.; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 173; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 356; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 239. 390 Briggs, The Conflict of Laws, S. 141; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 621; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 375 f.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 94 f.; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 17. Umstritten war hierbei auch, welcher der relevante Zeitpunkt sein sollte, in dem der Beklagte im Urteilsstaat anwesend sein musste. Obwohl sich der Court of Appeal in Adams v Cape Industries einer ausdrücklichen diesbezüglichen Entscheidung enthält, erwähnt das Gericht, dass es den Zeitpunkt der Zustellung der Klageschrift und nicht den der Verfahrenseröffnung als maßgeblich erachtet: „it would appear that the date of service of process rather than the date of issue of proceedings is to be treated as ‘the time of suit’ for these purposes. But nothing turns on this point in the present case and we express no final view on it.“, Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (518); siehe Barnett, Res Judicata, Estoppel and Foreign Judgments, S. 46. 391 Auch Moloney kritisiert diesen Rechtszustand und ist der Ansicht, dass die bloße Anwesenheit im Urteilsstaat als Grundlage für die internationale Zuständigkeit nicht ausreichen solle, vgl. Moloney, Conflict of Laws, S. 216. 392 Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 18; siehe auch Briggs, The Conflict of Laws, S. 142; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 357; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 169.
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Problematik wurden anhand einzelner Problemstellungen Situationen herausgearbeitet, in denen die presence einer juristischen Person bzw. einer Gesellschaft im Urteilsstaat gegeben ist.393 Die Frage nach der presence juristischer Personen bzw. Gesellschaften wurde grundlegend in der viel zitierten Entscheidung Adams v Cape Industries behandelt. In dieser erläuterte der Court of Appeal zwei Situationen, in denen die presence einer juristischen Person im Urteilsstaat gegeben sein soll: zum einen, wenn die juristische Person auf eigene Kosten eine Niederlassung im Urteilsstaat unterhalten hatte (direct presence), die sog. branch office cases, und zum anderen, wenn über einen längeren Zeitraum Geschäfte für sie durch einen Respräsentanten im Urteilsstaat von einem festen Geschäftssitz aus abgewickelt wurden (indirect presence).394 Damit die Anforderungen der ersten Konstellation erfüllt sind, muss die Gesellschaft an einem bestimmten und in gewissem Maße permanenten Ort im Urteilsstaat ihrer Geschäftstätigkeit nachgehen. 395 Diesbezüglich urteilte der Court of Appeal in seiner Entscheidung Lucasfilm Ltd. v Ainsworth aus dem Jahr 2008, dass es hierfür nicht ausreiche, dass die Gesellschaft eine in dem Urteilsstaat zugängliche Website unterhalte, auf der sie ihre Produkte
393
Siehe ausführlich Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 240 ff. m. w. N. „The English courts will be likely to treat a trading corporation incorporated under the law of one country (‘an overseas corporation’) as present within the jurisdiction of the courts of nother country only if either (i) it has established and maintained at its own expense (whether as owner or lessee) a fixed place of business of its own in the other country and for more than a minimal period of time has carried on its own business at or from such premises by its servants or agents (a ‘branch office’ case), or (ii) a representative of the overseas corporation has for more than a minimal period of time been carrying on the overseas corporations fixed place of business.“, Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (530); Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 169; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 6 ff.; Hayward, Conflict of Laws, S. 90 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 376; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (96 f.); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 695; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 91; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 359; Moloney, Conflict of Laws, S. 218; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 240 f.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 94. 395 „To constitute residence by a British company in a foreign State so as to render the company subject to the jurisdiction of the Courts of that State, the company must to some extent carry on business in that State at a definite and reasonably permanent place.“, vgl. Littauer Glove Corporation v F. W. Millington (1920) Ltd. (1928) 44 T. L. R. 746 (746); näher hierzu Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (530 f.); Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 169 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 376.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 140; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (96); Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 18 f. 394
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bewerbe und über die ihre Produkte bestellt werden könnten.396 Während sich die erste benannte Situation noch relativ leicht bestimmen lässt, sind die Anforderungen der zweiten Konstellation schwerer zu eruieren, da in diesem Fall nicht die Gesellschaft selbst in Form einer Zweigniederlassung (branch office) agiert, sondern sie sich eines Dritten bedient, der ihre Geschäfte für sie im Urteilsstaat betreibt. Es muss folglich bestimmt werden, ob die Gesellschaft im Urteilstaat als Repräsentant für den Beklagten tätig war oder ob sie ihrer eigenen Geschäftstätigkeit nachging. 397 Diese Abgrenzung ist im Einzelfall jedoch schwer vorzunehmen. 398 In der Entscheidung Vogel v R. & A. Kohnstamm Ltd. urteilte die Queen’s Bench Division, dass es für ein Bejahen der indirekten Anwesenheit der Beklagten nicht ausreiche, dass der Repräsentant im Urteilsstaat Kunden angeworben und als Kommunikationsplattform fungiert habe.399 Im übrigen muss diese Abgrenzung im Einzelfall vorgenommen werden, wobei nach Adams v Cape Industries unterschiedliche Nähekriterien wie z.B. Eigentumsfragen hinsichtlich der Geschäftsräume, das Maß der Kontrollmöglichkeiten über die Gesellschaft im Urteilsstaat, der Außenauftritt oder der Umfang der Vertretungsmacht, zur Beurteilung herangezogen werden sollen.400 396 Lucasfilm Ltd. v Ainsworth [2009] EWCA Civ 1328; Bus LR, 904 (953); Clarkson/ Hill, The Conflict of Laws, S. 170; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 240; McClean/ Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 173; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 699; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 696. 397 Hayward, Conflict of Laws, S. 91; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 94 f.; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 7; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 19. 398 Diese Schwierigkeiten sieht auch Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 7 f. 399 Vogel v R. & A. Kohnstamm Ltd. [1973] Q. B. 133 (133); zudem stellte Richter Ashworth bezüglich der qualitativen Anforderungen an die Betätigung der Unternehmen folgende Frage: „At the end of the day there is a test which the courts have used as part of the material on which to reach a conclusion, namely, is the person in question doing his business or doing the absent corporation’s business? Conversely, are they doing business through him or by him?“, [1973] Q. B. 133 (143); siehe auch Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 140; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 170; Hayward, Conflict of Laws, S. 90. 400 Siehe den folgenden nicht abschließenden Kriterienkatalog in Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (530 f.): „In particular, but without prejudice to the generality of the foregoing, the following questions are likely to be relevant on such investigation: (a) whether or not the fixed place of business from which the representative operates was originally acquired for the purpose of enabling him to act on behalf of the overseas corporation; (b) whether the overseas corporation has directly reimbursed him for (i) the cost of his accommodation at the fixed place of business; (ii) the cost of his staff; (c) what other contributions, if any, the overseas corporation makes to the financing of the business car-
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b) Einlassung auf die ausländische Gerichtsbarkeit (submission) Die internationale Zuständigkeit eines drittstaatlichen Gerichts kann sich nach dem Common Law schließlich – als zweiter großer Komplex – aus der Einlassung der Partei auf die Zuständigkeit der ausländischen bzw. drittstaatlichen Gerichte ergeben.401 Die Unterwerfung des Beklagten kann dabei, wie bereits erwähnt, im Wesentlichen in drei Formen erfolgen, die durch die umfangreiche Rechtsprechung auf diesem Gebiet herausgearbeitet wurden.402 aa) Einleitung des Verfahrens Die erste Möglichkeit, durch die sich der Beklagte der drittstaatlichen Gerichtsbarkeit unterwerfen kann, ist durch Initiierung des Verfahrens vor dem ausländischen Gericht, entweder als Kläger oder als Widerkläger.403 Den ried on by the representative; (d) whether the representative is remunerated by reference to transactions, e.g. by commission, or by fixed regular payments or in some other way; (e) what degree of control the overseas corporation exercises over the running of the business conducted by the representative; (f) whether the representative reserves (i) part of his accommodation, (ii) part of his staff for conducting business related to the overseas corporation; (g) whether the representative displays the overseas corporation’s name at his premises or on his stationery, and if so, whether he does so in such a way as to indicate that he is a representative of the overseas corporation; (h) what business, if any, the representative transacts as principal exclusively on his own behalf; (i) whether the representative makes contracts with customers or other third parties in the name of the overseas corporation, or otherwise in such manner as to bind it; (j) if so, whether the representative requires specific authority in advance before binding the overseas corporation to contractual obligations. This list of questions is not exhaustive, and the answer to none of them is necessarily conclusive.“; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 19; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 7 f.; Hayward, Conflict of Laws, S. 91; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 94 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 243 f.; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (96 f.). 401 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 700 f.; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 361; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 21 ff. 402 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 140; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 10; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 372; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 94 f.; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 21 ff. 403 Schibsby v Westenholz (1870) L.R. 6 Q. B. 155 (161); Brown, Conflict of Laws, S. 223; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 520; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 168; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 140; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 700; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 622; Gwynne, in: Campbell, International Execution
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Gedanken, der dieser Zuständigkeitsbasis zugrunde liegt, äußerte Richter Blackburn bereits im Jahr 1870 in der berühmten Entscheidung Schibsby v Westenholz, in der er betonte: „Again, we think it clear, upon principle, that if a person selected, as plaintiff, the tribunal of a foreign country as the one in which he would sue, he could not afterwards say that the judgment of that tribunal was not binding upon him.“ 404
Der Ausgangspunkt für die Begründung der internationalen Zuständigkeit durch Klageerhebung oder Widerklage ist somit der Rechtsgedanke des venire contra factum proprium – wer ein Gericht in einem Verfahren als zuständig und angemessen erachtet, kann nicht später geltend machen, die Verfahrensführung vor dem Gericht sei ihm nicht zumutbar gewesen.405 Eine ganz ähnliche Erwägung hatte Geimer bereits im deutschen Recht angestellt.406 bb) Einlassung durch freiwilliges Erscheinen im Prozess Eine weitere Möglichkeit der Zuständigkeitsbegründung eines drittstaatlichen Gerichts ist die Einlassung des Beklagten auf das erstsstaatliche Verfahren bzw. sein freiwilliges Erscheinen im Prozess.407 Der Beklagte hat sich dabei dann ausdrücklich der Gerichtsbarkeit unterworfen, wenn er im Prozess erschienen ist und in der Sache (on the merits) verhandelt hat, er also die Mögagainst Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 10; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 372; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (99); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 696; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 92; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 174; Moloney, Conflict of Laws, S. 219; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 269; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 22; Stone, LMCLQ 1983, 1 (12). 404 Schibsby v Westenholz (1870) L.R. 6 Q. B. 155 (161); Brown, Conflict of Laws, S. 223; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 696; McClean/ Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 174. 405 Vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 520; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 92; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 696. 406 Geimer, RIW/AWD 1979, 640 (641); vgl. Kap. II § 6 I 2 c) cc). 407 Schibsby v Westenholz (1870) L.R. 6 Q. B. 155 (161); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 521; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 166; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 141; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 372; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 92; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 697; McClean/Ruiz AbouNigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 174; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 269; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 465 f.; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 23; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (665).
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lichkeit hatte, ein ihn begünstigendes Urteil zu erstreiten. 408 Auch wenn der Beklagte zunächst nur im Verfahren erschienen ist, um die Zuständigkeit des Gerichts zu rügen, im weiteren Verlauf aber doch am Prozess teilnimmt und zur Sache verhandelt, ist eine Unterwerfung unter die ausländische Gerichtsbarkeit gegeben, denn in beiden Fällen fand eine Verhandlung on the merits statt und der Beklagte hatte die Möglichkeit, eine Entscheidung zu seinen Gunsten zu erwirken.409 Der urteilende Richter Evershed führte den hier zugrunde liegenden Gedanken in der Entscheidung Re Dulles Settlement No. 2 wie folgt aus: „It is, of course, plain that where a question of jurisdiction arises a man cannot both have his cake and eat it. He cannot fight the issue on the merits, and at the same time preserve the right to say, if the worst comes to the worst, that the court has no jurisdiction to decide against him.“ 410
Diese Auführungen erscheinen – wenngleich recht provokant formuliert – als zutreffend: Hatte der Beklagte die Gelegenheit, ein Urteil in seinem Sinne zu erstreiten, ist es ihm im Allgemeinen auch zuzumuten, durch sein Verhandeln in der Sache die internationale Zuständigkeit des Gerichts zu begründen. Doch wie ist die Situation zu behandeln, wenn der Beklagte zwar vor Gericht erscheint, er jedoch nicht in der Sache verhandelt, sondern lediglich im Prozess erscheint, um die gerichtliche Zuständigkeit zu rügen? 411 Die Behandlung dieser Situation war in England über lange Zeit umstritten. 412 Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist die Entscheidung Harris v
408
„The proposition of law that it must be a voluntary appearance in order that the party should be bound by a foreign judgment is clearly a good one where he owes no allegiance to, and was not present within, the country of the Court, so that his appearance is the thing which causes him to have the duty to submit to the foreign judgment. According to English law he has such a duty if he voluntarily submits to the jurisdiction and takes his chance of getting a judgment in his favour.“, Guiard v De Clermont and Donner [1914] 3 K. B. 145 (153); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 521; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 697; Moloney, Conflict of Laws, S. 220 f.; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 465 ff.; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (665). 409 Brown, Conflict of Laws, S. 224 f. m. w. N.; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 92; Moloney, Conflict of Laws, S. 220; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (665); Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (467 f.). Diese Erwägungen entsprechen weitgehend wohl den Erwägungen, die das deutsche Recht bezüglich der Rechtsfigur der rügelosen Einlassung gemäß § 39 ZPO anstellt. 410 Re Dulles Settlement No. 2 (1951) Ch. 842 (847); vgl. Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 466. 411 Dieselbe Frage stellen sich auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 697; Moloney, Conflict of Laws, S. 220 f. 412 Näher hierzu McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 174 f.; Moloney, Conflict of Laws, S. 220 f.; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 466 ff.
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Taylor der King’s Bench Division aus dem Jahr 1915. 413 In diesem Fall hatte der Kläger den Beklagten vor dem High Court der Isle of Man verklagt, wo der Beklagte weder sein domicile noch seine residence hatte. Nachdem der Kläger dem Beklagten in England die Klageschrift und eine Vorladung (writ of summons) zustellen ließ, erschien dieser unter Vorbehalt vor dem High Court der Isle of Man und begehrte die Aufhebung der Klageschrift, was von dem Gericht jedoch abgelehnt wurde. Obwohl er am weiteren Prozess nicht teilnahm, urteilte der Court of Appeal, dass die in diesem Prozess ergangene Entscheidung in England anerkannt werden könne, da sich der Beklagte durch sein Erscheinen der Gerichtsbarkeit unterworfen habe.414 Diese recht harte – und wenig beklagtenfreundliche – Linie wurde in den hierauf folgenden Entscheidungen jedoch stark kritisiert. 415 In der Entscheidung Re Dulles Settlement No. 2 stellte sich die Chancery Division in ihrem Urteil klar der Entscheidung Harris v Taylor entgegen.416 Insbesondere führte der urteilende Richter Lord Denning aus, er sehe keinen Unterschied zwischen dem Erscheinen vor Gericht zum Bestreiten der Zuständigkeit und dem Fernbleiben des Prozesses mit der Folge des Erlasses eines Versäumnisurteils, was ein-
413 Harris v Taylor [1915] 2 K. B. 580 (580 ff.); Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 623 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 698; Moloney, Conflict of Laws, S. 221; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (667 f.); Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (468). 414 Diesbezüglich findet Richter Buckley in seinem Urteil recht harte Worte: „When the defendant was served with the process he had the alternative of doing nothing. He was not subject to the jurisdiction of the Court, and if he had done nothing, although the Court might have given judgment against him, the judgment could not have been enforced against him unless he had some property within the jurisdiction of the Court. But the defendant was not content to do nothing; he did something which he was not obliged to do, but which, I take it, he thought it was in his interest to do. He went to the Court and contended that the Court had no jurisdiction over him. The Court, however, decided against this contention and held that the defendant was amenable to its jurisdiction. In my opinion there was a voluntary appearance by the defendant in the Isle of Man Court and a submission by him to the jurisdiction of that Court. If the decision of the Court on that occasion had been in his favour he would have taken advantage of it; as the decision was against him, he was bound by it and it became his duty to appear in the action, and as he chose not to appear and to defend the action he must abide by the consequences which follow from his not having done so.“, Harris v Taylor [1915] 2 K. B. 580 (587 f.); Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 467; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (667 f.). 415 O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 269; sehr ausführlich zu den auf Harris v Taylor folgenden Entscheidungen bzw. der Kritik an Harris v Taylor Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (665 ff.). 416 Re Dulles Settlement No. 2 (1951) Ch. 842 (842 ff.); Moloney, Conflict of Laws, S. 221; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 624; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (668); Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 466 f.; Magnus, RIW/ AWD 1975, 465 (468).
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deutig nicht als Unterwerfung gedeutet werden könne.417 Trotz der Ablehnung, auf die die Entscheidung Harris v Taylor stieß, bestätigte der Court of Appeal im Jahr 1975 die in Harris v Taylor eingeschlagene Linie mit seiner Entscheidung Henry v Geoprosco International Ltd.418 Diese Lösung ist jedoch – insbesondere im Hinblick auf den zentralen Zweck des Beklagtenschutzes – wenig zufriedenstellend. Es erscheint wenig nachvollziehbar bzw. sachgerecht, dass das Erscheinen eines Beklagten im Prozess, der lediglich vor Gericht tritt, um die mangelnde Zuständigkeit des Gerichts zu rügen, später als „freiwilliges Erscheinen“ und somit als freiwillige Unterwerfung unter die ausländische Gerichtsbarkeit bewertet wird.419 Untermauert wird diese Ansicht schließlich durch die Regelungen, die der englische Gesetzgeber im Rahmen des Civil Jurisdiction and Judgment Act 1982 getroffen und somit Henry v Geoprosco International Ltd. eine Absage erteilt hat.420 In Sec. 33 des CJJA 1982 regelt dieser nunmehr ausdrücklich, dass das Erscheinen vor Gericht zum Bestreiten der Zuständigkeit (Sec. 33 (1) lit. a CJJA 417
„I cannot see how anyone can fairly say that a man has voluntarily submitted to the jurisdiction of a court, when he has all the time been vigorously protesting that it has no jurisdiction. If he does nothing and lets judgment go against him in default of appearance, he clearly does not submit to the jurisdiction. What difference in principle does it make, if he does not merely do nothing, but actually goes to the court and protests that it has no jurisdiction? I can see no distinction at all.“, Re Dulles Settlement No. 2 (1951) Ch. 842 (850); vgl. Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 467; auch in der Entscheidung NV Daarnhouwer and Co., Handelmaatschappij v Boulos lehnte die Queen’s Bench die Unterwerfung des Beklagten unter die ausländische Gerichtsbarkeit bei reinem Bestreiten der Zuständigkeit ab, NV Daarnhouwer and Co., Handelmaatschappij v Boulos (1968) 2 Lloyd’s Rep 259 (259); vgl. zu beiden Entscheidungen Brown, Conflict of Laws, S. 225; Moloney, Conflict of Laws, S. 221; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (669 ff.). 418 „Held, allowing the Appeal, that since the defendants had voluntarily appeared before the Canadian court to invite it not to exercise the discretion which it possessed under its own law to allow service out of the jurisdiction they had submitted to the jurisdiction of the Supreme Court of Alberta and were, accordingly, bound by the judgment […].“, Henry v Geoprosco International Ltd. [(1976] Q. B. 726 (726); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 698; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 361; Moloney, Conflict of Laws, S. 221; ausführlich hierzu Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (665 ff.); Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (467 f.). 419 Ebenso Re Dulles Settlement No. 2 (1951) Ch. 842 (850); vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung rät Schmitthoff davon ab, im erststaatlichen Verfahren die mangelnde Zuständigkeit des Erststaats zu rügen und empfiehlt, diesen Einwand erst im Anerkennungsverfahren geltend zu machen, vgl. Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 468. 420 Vgl. etwa Briggs, The Conflict of Laws, S. 139; ders., (1987) 36 ICLQ 240 (242); Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 141; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 701; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 361 f.; Moloney, Conflict of Laws, S. 221; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 245; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 95 f., Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 23, die auf diese Bestimmungen hinweisen.
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1982), zur Beantragung der Aussetzung des Verfahrens aufgrund der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts oder des Gerichts eines anderen Staates (Sec. 33 (1) lit. b CJJA 1982) sowie das Erscheinen zum Schutz oder zur Freigabe von beschlagnahmtem Eigentum oder Eigentum, dem die Beschlagnahme droht (Sec. 33 (1) lit. c CJJA 1982), nicht als Unterwerfung unter die Gerichtsbarkeit betrachtet werden kann. 421 cc) Gerichtsstandsvereinbarung Die internationale Zuständigkeit des ausländischen Gerichts kann sich schließlich aus einer Vereinbarung zwischen den Parteien ergeben, die besagt, dass das Urteilsgericht in dem betreffenden Fall bzw. in dem zwischen ihnen entstandenen Rechtsstreit zuständig sein soll.422 Die Möglichkeit, die internationale Zuständigkeit eines drittstaatlichen Gerichts durch Gerichtsstandsvereinbarung zu begründen, existiert bereits seit dem 19. Jahrhundert im Common Law. So erkannte der urteilende Richter Lord Cairns in der Entscheidung Copin v Adamson die Möglichkeit einer zuständigkeitsbegründenden Klausel bereits im Jahr 1875 an423 und auch die Entscheidung Emanuel v Symon, die noch heute mit ihrem Zuständigkeitskatalog den Ausgangspunkt 421 Sec. 33 CJJA 1982: „Certain steps not to amount to submission to jurisdiction of overseas court (1) For the purposes of determining whether a judgment given by a court of an overseas country should be recognised or enforced in England and Wales or Northern Ireland, the person against whom the judgment was given shall not be regarded as having submitted to the jurisdiction of the court by reason only of the fact that he appeared (conditionally or otherwise) in the proceedings for all or any one or more of the following purposes, namely – (a) to contest the jurisdiction of the court; (b) to ask the court to dismiss or stay the proceedings on the ground that the dispute in question should be submitted to arbitration or to the determination of the courts of another country; (c) to protect, or obtain the release of, property seized or threatened with seizure in the proceedings.“; vgl. Fentiman, International Commercial Litigation, S. 701; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (100); Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 361 f.; Moloney, Conflict of Laws, S. 221; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 174; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 23; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 141; Briggs, (1987) 36 ICLQ 240 (242); siehe auch Nagel/ Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 41. 422 Briggs, The Conflict of Laws, S. 140; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 141; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 372; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 622; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 702; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 94; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 175; Moloney, Conflict of Laws, S. 219; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 269; Stone, LMCLQ 1983, 1 (11). 423 Copin v Adamson (1875–1876) L. R. 1 Ex. D. 17 (18 f.); Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 141; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 362; Moloney, Conflict of Laws, S. 219; Stone, LMCLQ 1983, 1 (11 f.).
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für die Anerkennungszuständigkeit im Common Law bildet, sah diese Möglichkeit der Zuständigkeitsbegründung ausdrücklich vor. 424 Regelmäßig erfolgt eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien dergestalt, dass in ein Vertragswerk eine entsprechende Klausel integriert wird, welche dem jeweils prorogierten Gericht die (ausschließliche) Zuständigkeit überträgt.425 Während in einem solchen Fall – unter Voraussetzung der Wirksamkeit der betreffenden Klausel – die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts unproblematisch gegeben ist, ist umstritten, ob auch der implizite bzw. konkludente Abschluss einer solchen Vereinbarung mit der Folge der Unterwerfung unter die ausländische Gerichtsbarkeit möglich ist. 426 War in der Entscheidung Copin v Adamson noch eine ausdrückliche Vereinbarung Gegenstand des Urteils gewesen, bejahte Richter Diplock in der Entscheidung Blohn v Desser entgegen der bisherigen Tendenz der Rechtsprechung die Möglichkeit einer konkludenten Vereinbarung.427 In später folgenden Entscheidungen zeigte sich die englische Rechtsprechung diesbezüglich jedoch gespalten. Während der urteilende Richter Mocatta in Sfeir & Co. v National Insurance Co. of New Zealand Ltd. im Jahr 1964 die Möglichkeit sah, sich auch durch eine konkludente Vereinbarung der ausländischen Gerichtsbarkeit zu unterwerfen,428 urteilte die Queen’s Bench Division in der Entscheidung Vogel v R. & A. Kohnstamm Ltd. im Jahr 1973 – anknüpfend an eine richterliche Bemerkung in einem früheren Fall,429 dass die Vereinbarung explizit erfolgen müsse.430 Schließlich wurde auch diese Frage im Jahr 1990 in Adams v Cape 424
Emanuel v Symon [1908] 1 K. B. 302 (309). Vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165. 426 Moloney, Conflict of Laws, S. 219; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 703 f. 427 Blohn v Desser [1962] 2 Q.B. 116 (123): „It seems to me that, where a person becomes a partner in a foreign firm with a place of business within the jurisdiction of a foreign court, and appoints an agent resident in that jurisdiction to conduct business on behalf of the partnership at that place of, business, and causes or permits, as in the present case, these matters to be notified to persons dealing with that firm by registration in a public register, he does impliedly agree with all persons to whom such a notification is made – that is to say, the public – to submit to the jurisdiction of the court of the country in which the business is carried on in respect of transactions conducted at that place of business by that agent.“; vgl. Moloney, Conflict of Laws, S. 220; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 623; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 362. 428 Sfeir & Co. v National Insurance Co. of New Zealand Ltd. [1964] 1 Lloyd’s Rep 330 (330 ff.); Moloney, Conflict of Laws, S. 219; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; Moloney, Conflict of Laws, S. 220; siehe auch McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 175. 429 Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote [1894] A. C. 670 (670 ff.). 430 In dieser Entscheidung führte der Richter mit Hinweis auf die Ausführungen Lord Selbornes in Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote aus: „In that single sentence there is, as I see it, a firm declaration that this contractual submission to the jurisdiction of an425
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Industries erörtert. Hier hielt sich der urteilende Richter relativ bedeckt, was eine klare Aussage bezüglich der Anforderungen an eine Gerichtsstandsvereinbarung betrifft. Er führte jedoch aus: „But, accepting that an implied agreement to submit might suffice, nonetheless it is, in my judgment, a clear indication of consent to the exercise by the foreign court of jurisdiction that is required.“431
Hiernach ist – wenn auch eingeschränkt – eine konkludente Vereinbarung eines Gerichtsstands wohl möglich, allerdings müssen klare Hinweise für die Zustimmung („clear indication of consent“) zur ausländischen Gerichtsbarkeit vorliegen. 432 IV. Zusammenfassung und vergleichende Wertung Die vergleichende Betrachtung der jeweiligen Bestimmungen des nationalen autonomen Rechts und deren historische Entwicklung zeigen, dass keine der dargestellten Regelungssysteme hinsichtlich der indirekten internationalen Zuständigkeit in den einzelnen Rechtsordnungen „in Stein gemeißelt“ sind bzw. unterschiedliche Regelungsmodelle möglich sind und umfangreich in den einzelnen Rechtsordnungen diskutiert wurden.433 Wie die Ausführungen zur Anerkennungszuständigkeit in Frankreich434 und England 435 zeigen ist die Anwendung des Spiegelbildprinzips, die der deutsche Gesetzgeber gewählt other country’s courts must, if it is to be effective, be expressed and cannot be implied.“, Vogel v R. & A. Kohnstamm Ltd. [1973] Q. B. 133 (144). Die relevante Passage aus Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote, auf die der Richter Bezug nimmt, lautet: „[…] and their Lordships do not doubt that, if he had heard argument upon the question, whether an obligation to accept the forum loci contractus, as having, by reason of the contract, a conventional jurisdiction against the parties in a suit founded upon that contract for all future time, wherever they might be domiciled or resident, was generally to be implied, he would have come (as their Lordships do) to the conclusion, that such obligation, unless expressed, could not be implied.“, Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote [1894] A. C. 670 (686); Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; Briggs, The Conflict of Laws, S. 141; Mayss/ Reed, European Business Litigation, S. 362; Moloney, Conflict of Laws, S. 220; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 703; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 623; Brown, Conflict of Laws, S. 221. 431 Adams v Cape Industries [1990] Ch. D. 433 (465 f.); auch Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165 empfinden diesen Ausspruch als unklar. 432 Ähnlich wohl Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 165; zurückhaltend Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 703 f.; für die Möglichkeit einer impliziten Einlassung in eindeutigen Fällen Briggs, The Conflict of Laws, S. 141; a. A. McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 176, die ein implizite bzw. konkludente Vereinbarung ablehnen. 433 Ebenso Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 88 ff. 434 Siehe Kap. II § 6 II. 435 Siehe Kap. II § 6 III.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
und bis heute beibehalten hat, keineswegs die einzige Regelungsoption, denn beide Rechtsordnungen praktizierten einst diese Form der Anerkennungszuständigkeit – auf Basis der Entscheidung Travers v Holley 436 bzw. de Gunzbourg437 und den Lehren Bartins – entschieden sich jedoch im Rahmen der weiteren Entwicklung gegen dieses Prüfungsssystem. Wie bereits erörtert, ist eine Nachbildung der Bestimmungen der direkten internationalen Zuständigkeit auf Ebene der Anerkennungszuständigkeit somit zwar eine Option, aber keinesfalls zwingend.438 Auch die bloße erneute Nachprüfung der erststaatlichen Zuständigkeitsnormen, wie sie etwa zwischenzeitlich von Teilen der französischen Rechtsordnung angewendet wurde,439 stellt einen möglichen, wenngleich wenig sinnvollen, Ansatz dar. Dem (deutschen) Prinzip der Spiegelbildlichkeit steht somit grundsätzlich das (französische) System der Generalklausel gegenüber, das in Frankreich seit der Simitch-Entscheidung angewendet wird und eine Anerkennungszuständigkeit dann als gegeben erachtet, wenn der Urteilsstaat über eine „hinreichende Beziehung“ – in der französischen Terminologie „lien caracterisé“ – zum Rechtsstreit verfügt. 440 Letzteres wurde wiederum auch von Teilen der englischen Rechtsprechung bzw. im Bereich des Scheidungsrechts nach der Entscheidung Indyka v Indyka 441 praktiztiert.442 Das englische Recht hat sich von diesem System jedoch abgewandt und in umfangreicher Rechtsprechung – insbesondere den Entscheidungen Emanuel v Symon und Adams v Cape Industries zwei konkrete Anforderungen für die Bejahung der Anerkennungszuständigkeit, die Anwesenheit des Beklagten im Urteilsstaat oder dessen Einlassung auf die ausländische bzw. drittstaatliche Gerichtsbarkeit – herausgearbeitet. Vom Spiegelbildgrundsatz über eine Regelung durch Generalklausel bis zu einem Zuständigkeitskatalog, wie ihn etwa das Common Law und auch eine Vielzahl der bilateralen Staatsverträge enthalten,443 finden sich also die unterschiedlichsten Varianten.444 Doch in welcher Form soll die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit idealerweise erfolgen? Einige Stimmen in der Literatur argumentieren, wie 436
[1953] P. 246 (246 ff.). Cour d’appel Paris 18.6.1964, Rev. crit. DIP 1967, 340 (340 ff.). 438 Ausführlich Fricke, Anerkennungszuständigkeit zwischen Spiegelbildgrundsatz und Generalklausel, S. 88 ff.; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO unter besonderer Berücksichtigung des Spiegelbildprinzips, S. 166; sehr instruktiv und umfassend Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (13 ff.). 439 Siehe hierzu Kap. II § 6 II 1 a). 440 Cass. civ. 6.2.1985, Rev. crit. DIP 1985, 369 (369). 441 (1969) 1 A. C. 33 (33 ff.). 442 Näher hierzu Kap. II § 6 III 1 c) bb). 443 Vgl. hierzu insbesondere die Ausführungen zu den deutschen und französischen bilateralen Verträgen in Kap. III § 12 und 13; siehe auch Schack, IZVR, Rn. 921. 444 Zu unterschiedlichen Prüfungsansätzen bzw. Alternativen zum Spiegelbildprinzip siehe auch Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (25 ff.). 437
§ 6 Die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats
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bereits dargestellt, dass in der Regelungsform der Generalklausel eine große Rechtsunsicherheit drohe, da man sich auf eine „Vielzahl möglicher und unpräziser Anknüpfungspunkte einlassen müsse, die als Basis für die Anerkennungszuständigkeit untauglich seien“.445 Diese Ansicht ist insofern nachvollziehbar als es in der Natur jeder Generalklausel liegt, eine gewisse Unbestimmtheit, gerade deshalb aber auch die nötige Flexibilität, aufzuweisen. Demgegenüber wird hinsichtlich des Spiegelbildprinzips mangelnde Offenheit bzw. Einzelfallgerechtigkeit moniert. Sehr treffend kritisiert insofern Gottwald das Spiegelbildprinzip mit den folgenden Worten: „Während man im materiellen Recht ohne weiteres bereit ist, erheblichste Abweichungen vom inländischen Recht zu akzeptieren, erhalten die Regeln über die internationale Zuständigkeit auf diese Weise einen absolut zwingenden Charakter, obgleich sie selbst im Einzelfall nicht über jeden Zweifel erhaben sind.“ 446
Auch Stimmen in der englischen Literatur sprechen sich gegen die – im Vergleich etwa zum französischen Recht – engeren Kriterien des Common Law zur Zuständigkeitsbestimmung und für eine Prüfung dahingehend aus, ob das Erstgericht angemessenerweise seine Zuständigkeit annehmen durfte. 447 In der Tat ist es nur wenig einleuchtend, warum auf Ebene des materiellen Rechts bzw. des ordre public-Vorbehalts nur ein offensichtlich den Grundwertungen des deutschen Rechts zuwiderlaufende Anerkennungsergebnisse der Anerkennung und Vollstreckung nicht fähig sein sollen, während auf Ebene der Zuständigkeitsprüfung bereits eine Abweichung von den konkreten Zuständigkeitsnormen eine Anerkennung verhindert. Dies gilt umso mehr, als in allen Rechtsordnungen die einzelnen Kriterien ohnehin sehr maßgeblich von der Auslegung durch die Rechtsprechung geprägt sind. 448 Vor diesem Hintergrund erscheint eine flexible Generalklausel nach der ausführlichen Betrachtung der deutschen, englischen und französischen Regelungsformen und mit Blick auf die Erfordernisse des aktuellen und zukünftigen Handels- und Rechtsverkehrs als das probate Mittel zur Prüfung der Anerkennungszuständigkeit. 449 Allerdings hat die Betrachtung auch gezeigt, dass
445 So etwa vertreten von Geimer, in: FS Nakamura, 169 (175 f.); Schack, IZVR, Rn. 924; Schärtl, Das Spiegelbildprinzip im Rechtsverkehr mit ausländischen Staatenverbindungen, S. 33. 446 Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (272). 447 Vgl. Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 357 mit Verweis auf Briggs, (1987) 36 ICLQ, 240: „[…], it would be beneficial and preferable to apply a test based exclusively on approriateness of forum, rather than inflexible standards based on presence or submission.“; für eine flexible, einzelfallbezogene Prüfung zudem Harris, (1997) 17 OJLS, 477 (477 f.). 448 Hierzu sogleich näher Kap. IV § 16. 449 Ablehnend hinsichtlich des Spiegelbildprinzips ebenfalls Sonnentag, ZVglRWiss 113 (2014), 83 (87 ff.); a. A. Schack, IZVR, Rn. 924.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
ein gewisses Bedürfnis nach Orientierung seitens der Rechtsprechung besteht. Um den befürchteten Rechtsunsicherheiten entgegenzuwirken und die Behandlung der häufigsten Fallgruppen zu vereinfachen, sollte eine Generalklauselregelung deshalb durch einen Gerichtsstandskatalog ergänzt werden, der Regelbeispiele enthält, wann eine internationale Zuständigkeit regelmäßig als gegeben betrachtet werden kann. 450 Hierdurch können die positiven Aspekte der einzelnen Konzepte – Flexibilität der Generalklausel einerseits und Rechtssicherheit und Anwenderfreundlichkeit des Spiegelbildprinzips andererseits – in bestmöglichen Einklang gebracht werden. 451
§ 7 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör § 7 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör
Bei der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen bildet der Beklagtenschutz – wie bereits im Rahmen der internationalen Zuständigkeit gesehen – einen zentralen Leitgedanken in den behandelten Rechtsordnungen. 452 Korrespondierend mit der Überprüfung der Anerkennungszuständigkeit bzw. der „internationalen Gerichtspflichtigkeit“453 des Beklagten ist das Anerkennungskriterium der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung im Erststaat ein wesentliches Schutzelement, um die Wahrung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs – zumindest im Stadium der Anerkennung – durchzusetzen.454 Wie dieser Schutz des Beklagten in den jeweiligen Rechtsordnungen gewährleistet wird und auf welche rechtlichen Grundlagen das Anerkennungsgericht sich dabei stützt, soll im Folgenden näher betrachtet werden.455
450
Diesen Ansatz findet man ebenfalls im französischen Recht siehe hierzu Huet, JDI 1985, 462 (468); Mezger, in: FS Nagel, 246 (255) sowie bereits Kap. II § 6 II 2 b). 451 In welcher Form die Umsetzung konkret erfolgen könnte bzw. zu einem möglichen Wortlaut und Inhalt von Generalklausel und Gerichtsstandskatalog siehe Kap. IV § 17. 452 Zu den Erwägungen des Beklagtenschutzes im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung sowie hinsichtlich des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO siehe statt vieler Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 138; 156; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 161 ff. 453 Diesen Begriff verwendet etwa Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (274). 454 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 156; ders., NJW 1973, 2138 (2138); ders., IPRax 1985, 5 (7); Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 14. 455 Einen knappen Überblick über die Prüfung der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung in diversen auch nicht europäischen Rechtsordnungen liefert Martiny, in: Hdb. IZVR III/I, S. 370 ff.
§ 7 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör
I.
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Die deutsche Regelung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO
1. Schutzzweck und Rechtsnatur der Norm Der Schutz des rechtlichen Gehörs des Beklagten findet in der deutschen Rechtsordnung seinen Ausgangspunkt in § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.456 Hiernach ist eine Anerkennung eines ausländischen Urteils ausgeschlossen, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat und sich hieruf beruft, das verfahrenseinleitende Dokument nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Dieser Versagungsgrund des deutschen autonomen Rechts, der im Rahmen der IPR-Reform von 1986 weitgehend an Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ angepasst wurde,457 soll die Anerkennung von Entscheidungen verhindern, auf deren Zustandekommen der Beklagte mangels rechtzeitiger bzw. ordnungsgemäßer Information nicht (genügend) einwirken konnte.458 Aufgrund dieser Orientierung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an dem Vorbild des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ kann die in Bezug auf Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ ergangene Rechtsprechung des EuGH weitgehend auf das deutsche autonome Recht übertragen werden. 459 Das Anerkennungshindernis der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung bzw. der Nichteinlassung des Beklagten beruht auf dem Grundsatz des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 GG.460 Zweck der Norm ist es dementsprechend, wie bereits einleitend erwähnt, diesem Grundsatz, der auch in Art. 6 Abs. 1 EMRK niedergelegt ist, sowie den verfahrensmäßi-
456 Siehe statt aller Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86 ff.; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 17; Linke/Hau, IZVR, Rn. 471 f.; Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (276); Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (85). 457 Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ lautet: „Eine Entscheidung wird nicht anerkannt: 2. wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte.“; zur Anpassung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ vgl. BT-Dr. 10/504, S. 88; siehe Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 155; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 95; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 29; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 365; Schack, IZVR, Rn. 933. 458 Vgl. Linke/Hau, IZVR, Rn. 471; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 20; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 78; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86 f.; Zimmermann, ZPO, § 328 Rn. 16; Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (85 f.). 459 Statt vieler Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 155; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86 f.; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 31; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 365. 460 Art. 103 Abs. 1 GG: „Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.“; vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 162; siehe auch Schack, IZVR, Rn. 933; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 17.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
gen Rechten des Beklagten Geltung zu verschaffen, wobei die Staatsangehörigkeit des Beklagten irrelevant ist.461 Da diese Vorschrift dem Schutz des Beklagten dient, wird das Anerkennungshindernis nur dann beachtet, wenn sich der Beklagte darauf beruft.462 Im Gegensatz zu den anderen in § 328 Abs. 1 ZPO normierten Anerkennungskriterien handelt es sich bei diesem Versagungsgrund somit nicht um eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung, sondern um eine Einrede.463 Wird im Anerkennungsverfahren vom Beklagten die Einrede nicht rechtzeitig erhoben, ist er nach §§ 295, 532, 556 ZPO analog mit diesem Einwand präkludiert.464 Obwohl der Anspruch auf rechtliches Gehör einen elementaren Bestandteil des deutschen Rechts und somit des ordre public darstellt, soll die Prüfung der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung (seit der IPR-Reform) nicht im Rahmen der ordre public-Prüfung nach § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO, sondern in Gestalt eines eigenen Versagungsgrund erfolgen, worin mitunter eine „Aufwertung“ dieses Anerkennungskriteriums gesehen wird.465 § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO bildet somit einen „verselbständigten Spezialfall des ordre public“466, der dem allgemeinen ordre public-Vorbehalt des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO für die Beurteilung der Wahrung der Beklagtenrechte hinsichtlich der
461 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 20; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 96; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86; Schack, IZVR, Rn. 933. Dies ist jedoch erst seit der IPR-Reform von 1986 der Fall. Vor dem 1. September 1986 war die Vorschrift des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO als „Inländerprivileg“ nur anwendbar, wenn es sich bei der im Ausland unterlegenen Partei um einen Deutschen handelte, vgl. Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 366; sehr kritisch bezüglich der Privilegierung deutscher Beklagter bereits vor der IPR-Reform Geimer, NJW 1973, 2138 (2139). 462 Statt aller Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 153; Schack, IZVR, Rn. 934; Nagel/ Gottwald, § 12 Rn. 161. 463 Erkennbar bereits aus dem Wortlaut des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO „[…] und sich hierauf beruft, […]“; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 22; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 153; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 96; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 11; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 89; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 370; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 14; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 17; Linke/Hau, IZVR, Rn. 476; Schack, IZVR, Rn. 934; Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (278). 464 Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 153; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 89; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 14; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 17. 465 Vgl. Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 365; zur Abgrenzung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO von der ordre public-Klausel in § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und den Fällen, in denen die Normierung der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung als eigener Versagungsgrund relevant wird, siehe ausführlich Linke, Die Versäumnisentscheidungen im deutschen, österreichischen, belgischen und englischen Recht, S. 114 ff. 466 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86.
§ 7 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör
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Verfahrenseröffnung als speziellere Norm vorgeht.467 Für das weitere Verfahren unterfallen Verstöße gegen das Recht auf rechtliches Gehör – z.B. bei Klageerweiterungen oder Klageänderungen – allerdings der Prüfung des verfahrensrechtlichen ordre public gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO.468 2. Der Begriff der Nichteinlassung Eine drittstaatliche Entscheidung ist einer Anerkennung grundsätzlich nicht zugänglich, wenn sich der Beklagte auf das Verfahren im Urteilsstaat nicht eingelassen hat und dem Beklagten das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich (sachgerecht) verteidigen konnte. 469 Den typischen Fall, der im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO relevant wird, bilden demgemäß Versäumnisurteile.470 Die den Versagungsgrund ausschließende Einlassung ist aufgrund der unterschiedlichen Schutzrichtungen nicht identisch mit dem Begriff der rügelosen Einlassung im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nach § 39 ZPO.471 Im Fall des § 328 Abs. I Nr. 2 ZPO genügt für eine Einlassung „jedes Verhandeln, aus dem sich ergibt, dass der Beklagte Kenntnis vom Verfahren hat und mit dem er nicht lediglich zum Ausdruck bringen will, dass er wegen der unzulänglichen,
467
Vgl. Roth, in Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86; ders., ZZPInt 2 (1997), 140 (140 f.); Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 365; a. A. wohl Martiny, der diese Einordnung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO anzweifelt, da die Vorschrift vorwiegend dem Schutz des Beklagten diene und auf die Einhaltung ihrer Erfordernisse (durch Einlassung) verzichtet werden könne, was sich nur schwer mit der verfassungsrechtlichen Struktur des ordre public vereinbaren lasse, vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/I, S. 375. 468 BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263/97, NJW 1999, 3198 (3200); zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ BGH, 21.3.1990 – XII ZB 71/89, NJW 1990, 2201 (2202); Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 20; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 172 f.; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 12; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86, 92; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 365; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 14; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 18; Schack, IZVR, Rn. 942 m. w. N.; Haas, IPRax 2001, 195 (198); Kissner, StAZ 2004, 117 (117); diesbezüglich kritisch ist Gottwald, der eine Zusammenfassung in einen einzigen Versagungsgrundsatz präferiert, da eine Aufteilung der Prüfung der Verfahrensfehler zwischen Rüge nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und Einwendung des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO nicht sachgerecht sei, vgl. Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (279). 469 Vgl. Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 95; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 14; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 17. 470 Statt aller Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 153; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 34; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 31. 471 Statt vieler Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 35; Linke/Hau, IZVR, Rn. 474; Schack, IZVR, Rn. 933.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
vor allem verspäteten Benachrichtigung von der Verfahrenseinleitung sich am Verfahren nicht beteiligen will“.472
Insbesondere auch eine Zuständigkeitsrüge kann eine Einlassung im Sinne des § 328 Abs. I Nr. 2 ZPO darstellen, obwohl sie eine internationale Zuständigkeit des Gerichts nach § 39 ZPO nicht begründen kann. 473 3. Verteidigungsobliegenheit im Erststaat Umstritten ist, ob eine darüber hinausgehende Mitwirkungspflicht des Beklagten im drittstaatlichen (Erkenntnis-)Verfahren besteht. Diese Frage stellt sich insbesondere mit Blick auf Art. 45 Abs. 1 lit. b (vormals Art. 34 Nr. 2) EuGVVO, der weitergehende Pflichten bzw. die Obliegenheit vorsieht, gegen die Entscheidung im Urteilsstaat einen Rechtsbehelf einzulegen.474 Zwar wird eine solche Mitwirkungspflicht von einer Minderheit in der Lehre gefordert,475 nach richtiger Ansicht ist jedoch eine derartige Obliegenheit zu verneinen.476 Die Begründung, eine Rügepflicht müsse als „allgemeines Rechts472 Diese Definition liefern Linke/Hau, IZVR, Rn. 474; für eine weite Begriffsauslegung bzw. ähnliche Definitionen siehe BGH, 5.3.2009 – IX ZB 192/07, NJW-RR 2009, 1292 (1292); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 21; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 176; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 108; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 10; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 35; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 18; Nagel/Gottwald, § 12 Rn. 168; Schack, IZVR, Rn. 933. 473 BGH, 7.3.1979 – IV ZR 30/78, BGHZ 73, 378 (381) = NJW 1979, 1105 (1105); ebenso in Bezug auf Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, wobei sich die Rechtsprechung auf § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO übertragen lässt, OLG Hamm, 28.12.1993 – 20 W 19/93, NJW-RR 1995, 189 (190); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 21; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 10; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 90; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 35; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 19; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 18. 474 Vgl. den Wortlaut des Art. 45 Abs. 1 lit. b (vormals Art. 34 Nr. 2) EuGVVO: „Die Anerkennung einer Entscheidung wird auf Antrag eines Berechtigten versagt, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelfeingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte.“; Schack, IZVR, Rn. 934, 941; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 104; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 16. 475 So bereits Bülow, der eine Rügepflicht aus Art. 38 EuGVÜ ableitete, vgl. Bülow, RabelsZ 38 (1974), 262 (272 f.); eine Anpassung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an Art. 34 Nr. 2 EuGVVO a. F. bzw. Art. 45 Abs. 1 lit. b bzw. eine parallele Auslegung der Normen fordern Gottwald, in: FS Schumann, 149 (157 f.); Geimer, IZPR, Rn. 2921 ff.; ders., NJW 1973, 2138 (2139); siehe hierzu Schack, IZVR, Rn. 934, 941; für eine Rügeobliegenheit de lege ferenda Linke/Hau, IZVR, Rn. 475. 476 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 22; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 104 f.; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 16; Schütze, ZZP 106
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prinzip der internationalen Urteilsanerkennung“ auch im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO eingreifen, da sonst die Regeln über die internationale Zuständigkeit entwertet würden und „dem Grundanliegen der Förderung der internationalen Urteilsanerkennung widersprochen würde“477, vermag nicht zu überzeugen. 478 Zwar gibt Geimer zutreffend zu bedenken, dass im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO die widerstreitenden Parteiinteressen abzuwägen seien, wobei insbesondere auch das Interesse des Klägers berücksichtigt werden müsse, der aufgrund eines Fehlers im erststaatlichen Verfahren die von ihm erstrittene Entscheidung in Deutschland nicht anerkennen und für vollstreckbar erklären lassen könne,479 doch kann dies nicht eine „Rügepflicht“ im drittstaatlichen Verfahren rechtfertigen, die den Beklagten faktisch zu einer aufwändigen und ihm nicht zumutbaren Prüfung des erststaatlichen Prozessrechts zwänge.480 Die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die drittstaatliche Entscheidung im Urteilsstaat ist somit nicht für den Erhalt der Einrede nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO notwendig.481 Diese Haltung hat ausdrücklich auch der EuGH in der Entscheidung Minalmet ./. Brandeis in Bezug auf Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ bestätigt, wobei sich diese Rechtsprechung, wie eingangs bereits erörtert, auf § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO übertragen lässt.482 Bereits vor dieser Entscheidung hatten EuGH und BGH geurteilt, dass der Zeitpunkt, in dem die Verteidigungsmöglichkeit gegeben sein muss, der Zeitpunkt der Verfahrenseinleitung sei, da die Möglichkeit, später im Verfahren einen Rechtsbehelf gegen eine für vollstreckbar erklärte Entscheidung einzulegen, (1993), 396 (399); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 11; Schack, IZVR, Rn. 941; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 405 f. m. w. N. 477 So vertreten von Geimer, IZPR, Rn. 2921; ders. JZ 1969, 12 (15); ders., IPRax 1985, 5 (7). 478 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 86, der betont, dass es eben kein allgemeines Rechtsprinzip gebe, dass den Beklagten verpflichte, Rechtsmittel im Erststaat zu ergreifen; ebenfalls ablehnend BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (310) m. w. N. 479 Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 157; ders., IPRax 1985, 5 (7). 480 Vgl. zutreffend Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (399); ders., in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 36; ebenso Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 87 f. 481 Siehe BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (305); BayObLG, 11.10.1999 – 1 Z BR 44/99, FamRZ 2000, 1170 (1172); Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 22; Zimmermann, ZPO, § 328 Rn. 16; Fahl, Die Stellung des Gläubigers und des Schuldners bei der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen nach dem EuGVÜ, S. 59 ff., Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (399). 482 EuGH, 12.11.1992, Rs. C-123/91, Slg. 1992, S. I-5661; siehe hierzu auch die Entscheidung des BGH, nach deren Leitsatz der BGH ausdrücklich ausführt: „Liegen die Voraussetzungen des Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ vor, so kann die ausländische Entscheidung auch dann nicht anerkannt werden, wenn der Beklagte von ihr nach ihrem Erlaß Kenntnis erhalten und dagegen keinen – an sich zulässigen – Rechtsbehelf eingelegt hat.“, BGH, 3.12.1992 – IX ZR 229/91, NJW 1993, 2688 (2688) = IPRax 1993, 396 (396); siehe Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 406.
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der Verteidigung vor Erlass der Entscheidung nicht gleichwertig sei.483 Eine bemerkenswerte Ausnahme von dieser ablehnenden Haltung gegenüber der Präklusion des Beklagten bildet der deutsch-niederländische Staatsvertrag, der in Art. 2 lit. c Nr. 2 den Einwand der nicht rechtzeitigen Ladung dann als unbeachtlich wertet, wenn vom Kläger nachgewiesen wird, dass der Beklagte trotz Kenntnis keinen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eingelegt hat. 484 Diese Regelung ist jedoch, wie Schütze zutreffend ausführt, nicht auf § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO übertragbar, da aufgrund diverser Faktoren – etwa „der räumlichen Nähe der Staaten, der ähnlich funktionierenden Gerichtssysteme und angemessener Kostenregelungen im deutsch-niederländischen Rechtsverkehr“485 – in diesem konkreten Fall die Verteidigung im Erstverfahren dem Beklagten zumutbar erscheint und zum anderen berücksichtigt werden muss, dass bilaterale Staatsverträge Ausdruck der besonderen Nähe zwischen den kontrahierenden Staaten sind, die sich in der Regel nicht auf andere Situationen übertragen lässt. 486 4. Das verfahrenseinleitende Schriftstück a) Anerkennungsrechtlich notwendiger Inhalt Hat sich der Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen und beruft er sich im Rahmen des deutschen Anerkennungsverfahrens später auf die Nichteinlassung, so ist gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu prüfen, ob ihm das verfahrenseinleitende Dokument so ordnungsgemäß oder rechtzeitig zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Das verfahrenseinleitende Schriftstück ist dabei die „Urkunde, durch deren Zustellung der Beklagte erstmals Kenntnis von dem Verfahren erlangt, damit er sein Recht im Erkenntnisver483
EuGH, 3.7.1990, Rs. C-305/88, Slg. 1990, I-2725, IPRax 1991, 177 (178); BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (310) m. w. N.; BGH, 20.9.1990 – IX ZB 1/88, NJW 1991, 641 (642); Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 16; Dörner, in: Saenger, HkZPO, § 328 Rn. 34. 484 Art. 2 lit. c Nr. 2 deutsch-niederländischer Staatsvertrag: „Die Anerkennung darf nur versagt werden, wenn der Beklagte sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, sofern er nachweist, er habe sich nicht verteidigen können, weil ihm die Ladung oder Verfügung nicht oder nicht zeitig genug zugegangen sei; dies gilt jedoch nicht, wenn der Kläger nachweist, daß der Beklagte gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, obwohl er von ihr Kenntnis erhalten hat.“; siehe Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (399). 485 Diese Aspekte werden ausdrücklich benannt von Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (399). 486 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/2, S. 62; Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (399); Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 207; ebenfalls ausdrücklich ablehnend vgl. BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (312) m. w. N.; a. A. Geimer, der in Art. 2 lit. c Nr. 2 des deutsch-niederländischen Staatsvertrags den Ausdruck eines „allgemeinen Rechtsprinzips der internationalen Urteilsanerkennung“ sieht, vgl. Geimer, IPRax 1985, 5 (7).
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fahren des Erstgerichts geltend machen kann“.487 Die konkrete Art des Dokuments bestimmt sich nach dem drittstaatlichen Prozessrecht.488 Die in einer deutschen Klageschrift enthaltenen Angaben, die insbesondere § 253 Abs. 2 ZPO zu entnehmen sind, muss das Schriftstück dabei nicht zwingend enthalten.489 Verfahrenseinleitendes Schriftstück im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist vielmehr jedes Dokument, das den Beklagten (nach erststaatlichem Recht) von der Einleitung des Verfahrens in Kenntnis setzen soll. 490 Das zuzustellende Schriftstück kann somit in den einzelnen (Dritt-)Staaten unterschiedlich aussehen. Allerdings kann sich der nach autonomem Anerkennungsrecht notwendige Inhalt des Dokuments nicht ausschließlich an der erststaatlichen lex fori orientieren, um den Schutz des Beklagten zu gewährleisten,491 denn wie etwa bereits bezüglich der Entwicklungen des französischen Anerkennungsrechts festgestellt, vermag die bloße erneute Überprüfung der erststaatlichen Vorschriften eben nicht sicherzustellen, dass diese Bestimmungen einen hinreichenden Beklagtenschutz darstellen.492 Es müssen darüber hinaus einige grundlegende Anforderungen an das Schriftstück erfüllt sein, um den Schutz des rechtlichen Gehörs sicherzustellen. Dementsprechend hat der EuGH gewisse Mindestanforderungen für den Inhalt des verfahrenseinleitenden Schriftstücks i.S.d. Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ aufgestellt, die sich auf § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO übertragen lassen.493 Hiernach muss das verfahrenseinleitende Schriftstück so bestimmt sein, dass der Beklagte „über die wesentlichen Elemente des Rechtsstreits in Kenntnis gesetzt und er so umfassend informiert wird, dass er die von ihm erwarteten prozessual bedeutsamen Stellungnahmen auf 487 BayObLG, 11.10.1999 – 1 Z BR 44/99, FamRZ 2000, 1170 (1170); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 168; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 92; Schütze, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 328, Rn. 31; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 378; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 14; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 19; Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 63; Haas, IPRax 2001, 195 (198); Hüßtege, IPRax 2000, 289 (290); Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (85). 488 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 98; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 168; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 92; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 378; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 19. 489 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 171; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 98; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 92; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 31; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 19; Haas, IPRax 2001, 195 (198); Hüßtege, IPRax 2000, 289 (290); Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (85). 490 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 98; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 32; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 31; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 14. 491 Ebenso Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 92. 492 Siehe bereits Kap. II § 6 II 1 a), IV. 493 Statt vieler Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 169; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 31.
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der Grundlage des gesamten klägerischen Vorbringens bzw. bezüglich des gesamten Streitgegenstands abgeben kann“.494
Nicht schädlich für die Anerkennung nach deutschem autonomem Recht ist hingegen, wenn lediglich das bereits ergangene Urteil dem Beklagten nicht zugestellt wurde.495 b) Ordnungsmäßigkeit und Rechtzeitigkeit der Zustellung aa) Alternative oder kumulative Versagungsgründe Um einer Anerkennung in Deutschland zugänglich zu sein, muss das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Beklagten nach dem Wortlaut des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zudem so ordnungsgemäß oder rechtzeitig zugestellt worden sein, dass er sich verteidigen konnte. Vor dem Hintergrund dieser etwas unklaren Formulierung ist der Umfang der Prüfung, welcher das verfahrenseinleitende Dokument unterworfen werden soll, umstritten. So ist zweifelhaft, ob die Anerkennung zu versagen ist, wenn entweder nicht ordnungsgemäß oder nicht rechtzeitig zugestellt worden ist, oder ob die Anerkennung nur dann versagt werden muss, wenn sowohl nicht ordnungsgemäß als auch nicht rechtzeitig zugestellt worden ist. 496 Fraglich ist folglich, ob es sich um alternative oder kumulative Versagungsgründe handelt. 497 Der parallele Streit herrschte in Bezug auf den fast wortgleichen Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, der EuGH entschied jedoch im Jahr 1990 in der Sache Lancray ./. Peters, dass es sich um kumulative Kriterien handele und die Klage sowohl ordnungsgemäß 494
Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 168 f.; Haas, IPRax 2001, 195 (199); Hüßtege, IPRax 2000, 289 (290); Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 31. Siehe hierzu insbesondere die Entscheidungen des EuGH in Sachen Sonntag ./. Waidmann und Ingenieurbüro Weiss ./. IHK Berlin. In Sonntag ./. Waidmann bestimmt der EuGH lediglich, dass der Beklagte durch das verfahreneinleitende Schriftstück über die Elemente des Rechtsstreits in Kenntnis gesetzt werden müsse, EuGH, 21.4.1993, Rs. C-172/91, Slg. 1993, S. I1963, NJW 1993, 2091 (2092); vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 169; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 31 Weiterentwickelt wurde der autonome unionsrechtliche Begriff des verfahrenseinleitenden Schriftstücks vom EuGH in der Sache Ingenieurbüro Weiss ./. IHK Berlin, in welcher der EuGH präzisierte, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück jene Unterlagen enthalten muss, die es dem Antragsgegner (bzw. Beklagten) erlauben, den Gegenstand und die Begründung des Rechtsbehelfs des Antragstellers (bzw. Klägers) zu verstehen und zu erkennen, dass ein gerichtliches Verfahren besteht, in dessen Verlauf er seine Rechte dadurch geltend machen kann, dass er sich in einem laufenden Verfahren verteidigt, oder dass er gegen eine auf einen einseitigen Antrag hin ergangene Entscheidung einen Rechtsbehelf einlegt, vgl. EuGH, 8.5.2008, Rs. C-14/07, Slg. 2008, S. I-3367, IPRax 2008, 419 (424); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 169. 495 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 197. 496 Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 380 f.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 87. 497 Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 380 f.
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als auch rechtzeitig zugestellt sein müsse.498 Diese vom EuGH vorgenommene Auslegung des EuGVÜ bzw. die Kumulation der Kriterien ist mit Blick auf den Schutzzweck auch im Rahmen des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO äußerst sinnvoll, denn nur durch die Kumulation der Kriterien ist ein umfassender Schutz des Beklagten zu realisieren.499 Um der Anerkennung in Deutschland nicht entgegenzustehen, muss das verfahrenseinleitende Schriftstück somit kumulativ ordnungsgemäß und rechtzeitig zugestellt worden sein. 500 Die mehrfach beschriebene Parallelität in der Auslegung501 von autonomem Recht und EuGVÜ bzw. europäischem Recht stößt inzwischen allerdings aufgrund der Abweichung von Art. 45 Abs. 1 lit. b (vormals Art. 34 Nr. 2) EuGVVO und § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO an ihre Grenzen, denn in Art. 45 Abs. 1 lit. b (vormals Art. 34 Nr. 2) EuGVVO ist die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung nach dem Recht des Erststaats ausdrücklich keine Anerkennungsvoraussetzung mehr.502 Fraglich ist nun, ob diese Einschränkung des Prüfungsumfangs auf innereuropäischer Ebene auch auf die Prüfung nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO übertragen werden kann bzw. sollte. Während Befürworter der Einschränkung 498 EuGH, 3.7.1990, Rs. C-305/88, Slg. 1990, I-2725, IPRax 1991, 177; siehe Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 134 ff.; Fahl, Die Stellung des Gläubigers und des Schuldners bei der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen nach dem EuGVÜ, S. 59 ff.; Rauscher, IPRax 1991, 155 (155 ff.); Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (396 f.); Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 20 Zuvor hatte der EuGH bereits in den Entscheidungen Klomps ./. Michel und Debaecker, Plouwier ./. Bouwman diese Haltung erkennen lassen, vgl. EuGH, 16.6.1981, Rs. 166/80, Slg. 1981, S. 1593 (1607, Nr. 15 der Gründe) (Klomps ./. Michel) und EuGH, 11.6.1984, Rs. 49/84, Slg. 1985, S. 1779 (1798, Nr. 19 der Gründe) (Debaecker, Plouwier ./. Bouwman); vgl. ausführlich Rauscher, IPRax 1991, 155 (155 ff.); Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 380 f. jeweils m. w. N. 499 Ebenso statt vieler Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (397). 500 BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263/97, NJW 1999, 3198 (3200); Roth, in Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 87; Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 134 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 11 Rn. 167; a. A. Schack, IZVR, Rn. 935. 501 Siehe hierzu BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (310) = NJW 1993, 598 (598 ff.); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 155. Einzig gravierender Unterschied der beiden Normen ist jedoch, dass es sich bei § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO um eine Einrede handelt, während Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ nach h. M.von Amts wegen zu prüfen ist, vgl. OLG Koblenz, 10.6.1991 – 2 U 123/91, RIW 1991, 667 (668); Roth, ZZPInt 2 (1997), 140 (141); a. A. Geimer, der – entgegen dem Wortlaut der Norm – auch in Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ eine Einrede sieht, vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 155. 502 Art. 45 Abs. 1 lit. b (vormals Art. 34 Nr. 2) EuGVVO: „Die Anerkennung einer Entscheidung wird auf Antrag eines Berechtigten versagt, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelfeingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte.“; siehe hierzu Linke/ Hau, IZVR, Rn. 472; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 87; ausführlich Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 155.
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im Rahmen der EuGVVO diese als großen Fortschritt loben, der unnötige „Feinheiten in der Zustellungstechnik“ außer Acht lasse,503 ist eine derartige Interpretation des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nicht ohne weiteres anzunehmen.504 § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist gerade Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ nachgebildet und nicht Art. 45 Abs. 1 lit. b (vormals Art. 34 Nr. 2) EuGVVO. Es gilt somit die Frage zu beantworten, ob eine entsprechende Anpassung de lege ferenda sinnvoll wäre bzw. ob der Prüfungsumfang des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO – wie bereits vor Inkrafttreten der EuGVVO diskutiert – teleologisch reduziert werden sollte.505 Vor dem Hintergrund der obigen Erwägungen bezüglich eines umfassenden Beklagtenschutzes ist eine teleologische Reduzierung des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO jedoch abzulehnen. Insbesondere würden mit Aufgabe der Ordnungsmäßigkeitskomponente möglicherweise die Vorgaben der Zustellungsübereinkommen hinfällig, welche die – mitunter als „überflüssige Förmelei“ kritisierten506 – formalen Fragen, z.B. hinsichtlich der Übersetzungsanforderungen, näher regeln.507 Eine entsprechende Angleichung an Art. 45 Abs. 1 lit. b (vormals Art. 34 Nr. 2) EuGVVO bzw. eine Einschränkung des Prüfungskatalogs erscheint somit nicht sachgerecht. bb) Prüfung der Ordnungsmäßigkeit und Rechtzeitigkeit (1) Die Ordnungsmäßigkeit der Zustellung Die ordnungsmäßige Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks dient, wie Rauscher zutreffend feststellt, als Indiz für die Wahrung des recht503 So etwa Schack, IZVR, Rn. 935; ebenso wohl auch Schlosser, der bezüglich Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ die Versagung der Anerkennung von Urteilen wegen einer „sehr formalistischen Überprüfung der Korrektheit der Zustellung der Klageschrift“ kritisiert, vgl. Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 34–36 EuGVVO, Rn. 8. 504 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 87; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 16. 505 Einen Überblick über diese Diskussion liefert Bischof, Die Zustellung im internationalen Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, S. 394 ff.; für eine teleologische Reduktion insbesondere Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 158; ders., IZPR, Rn. 2915. 506 Geimer, IPRax 1985, 6 (7); ablehnend Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 37. 507 Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 145. Siehe diesbezüglich auch die Argumentation des EuGH in der Sache Lancray ./. Peters: „Zum anderen ist sie [eine einschränkende Auslegung des Wortlauts] geeignet, das Erfordernis einer ordnungsgemässen Zustellung völlig auszuhöhlen. Käme es nämlich nur auf die rechtzeitige Kenntnis an, so wären die Kläger versucht, die für eine ordnungsgemäße Zustellung vorgesehenen Bahnen zu verlassen, für die die Anforderungen im übrigen durch völkerrechtliche Verträge stark verringert worden sind. Dies würde zu erheblicher Unsicherheit darüber führen, ob die Schriftstücke überhaupt zugestellt worden sind, […]. Schließlich könnte der Beklagte nicht mit Sicherheit wissen, ob ein Verfahren, das zu einer Verurteilung führen kann, ordnungsgemäß eingeleitet worden ist und ob es deshalb erforderlich ist, eine Verteidigung vorzubereiten […].“, EuGH, 3.7.1990, Rs. C-305/88, Slg. 1990, I-2725, IPRax 1991, 177.
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lichen Gehörs, wobei Zustellungsmängeln eine Indizfunktion in Bezug auf die Verletzung dieses grundsätzlichen Anspruchs zukommen soll.508 Ob die Zustellung des Schriftstücks ordnungsgemäß erfolgt ist, beurteilt sich nach den Vorschriften des Erststaats einschließlich der jeweils gültigen Staatsverträge.509 Bei der Beurteilung dieser Frage bzw. der Nachprüfung der Zustellungsanforderungen sind die deutschen Gerichte im Anerkennungsverfahren nicht an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des drittstaatlichen Gerichts gebunden.510 Für eine ordnungsgemäße Zustellung i.S.d. § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ist – wie bei Zustellungen durch die deutschen Gerichte nach §§ 166 ff. ZPO – keine Zustellung im Sinne einer körperlichen Übergabe an den Beklagten persönlich zwingend erforderlich, d. h. etwa die Zustellung an einen Bevollmächtigten oder die Ersatzzustellung, ist für § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO ausreichend, wenn das jeweils anwendbare erststaatliche Recht eine entsprechend andere Zustellungsart ausreichen lässt.511 Relevant ist bei der Bestimmung der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung in drittstaatlichen Sachverhalten insbesondere das Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965 (HZÜ), nach dem sich die Zustellung im Verhältnis zu zahlreichen Drittstaaten beurteilt.512 Zentrale Norm für die Zustellung im 508 Vgl. Rauscher, IPRax 1991, 155 (157); Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 205. 509 BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (305); OLG Düsseldorf, 19.10.1984 – 3 W 319/84, IPRax 1985, 289 (289); OLG Koblenz RIW 1991, 677 (678); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 23; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 159; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO § 328 Rn. 12; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 92; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 32; Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 90 (für Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ); Nagel/Gottwald, § 12 Rn. 163; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 157 Rn. 34; Schack, IZVR, Rn. 936; Hüßtege, IPRax 2000, 289 (290); Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (86); a. A. Spellenberg, der nicht auf die lex fori abstellen, sondern die „deutschen Mindestanforderungen an die Wahrung des rechtlichen Gehörs“ als Maßstab anlegen will, vgl. Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 383 ff. Ebenfalls kritisch bezüglich der Kontrolle anhand des erststaatlichen Rechts Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 128 f. 510 BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (311); BayObLG, 11.10.1999 – 1 Z BR 44/99, FamRZ 2000, 1170 (1170 f.); Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 35; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 159; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 99, 110; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO § 328 Rn. 12; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 33; Schack, IZVR, Rn. 936. 511 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 23; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 161 f.; ders., IZPR, Rn. 2919; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 92. 512 Näher hierzu Rauscher, IPRax 1991, 155 (157 f.). Derzeit zählt die Konvention 71 Vertragsstaaten, der Status des Übereinkommens ist abrufbar unter: .
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zwischenstaatlichen Rechtsverkehr ist dabei Art. 5 HZÜ.513 Erfolgt die Zustellung nach den Bestimmungen des HZÜ, so ist gemäß Art. 5 Abs. 3 HZÜ i. V. m. § 3 des deutschen Ausführungsgesetzes eine Übersetzung der Klageschrift für eine ordnungsgemäße Zustellung bzw. Information des Beklagten grundsätzlich notwendig.514 (2) Die Heilung von Zustellungsmängeln Neben der viel diskutierten teleologischen Reduktion des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO können die Auswirkungen des Ordnungsmäßigkeitskriteriums zudem durch die Heilung von Zustellungsmängeln begrenzt werden.515 In Betracht kommt eine solche Heilung jedoch (lediglich) in Fällen, in denen nicht ordnungsgemäß zugestellt wurde, da bei einer zu kurz bemessenen Zustellung bzw. Fristsetzung das rechtliche Gehör regelmäßig nicht gewahrt wurde, denn eine zu kurze Vorbereitungszeit auf ein Verfahren kann regelmäßig nicht durch andere Faktoren kompensiert werden.516 Doch auch in Bezug auf die Heilung von Mängeln bei der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung sind einige wichtige Aspekte umstritten. Zustellungsmängel werden vom Anerkennungsrichter grundsätzlich nach dem Recht des Zustellungs- bzw. Urteilsstaats einschließlich der für ihn geltenden völkerrechtlichen Verträge beurteilt.517 Eine Zustellung ist somit dann 513 Art. 5 HZÜ: „(1) Die Zustellung des Schriftstücks wird von der Zentralen Behörde des ersuchten Staates bewirkt oder veranlasst, und zwar a) entweder in einer der Formen, die das Recht des ersuchten Staates für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt, b) oder in einer besonderen von der ersuchenden Stelle gewünschten Form, es sei denn, dass diese Form mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar ist. (2) Von dem Fall des Absatzes 1 Buchstabe b abgesehen, darf die Zustellung stets durch einfache Übergabe des Schriftstücks an den Empfänger bewirkt werden, wenn er zur Annahme bereit ist. (3) Ist das Schriftstück nach Absatz 1 zuzustellen, so kann die Zentrale Behörde verlangen, dass das Schriftstück in der Amtssprache oder einer der Amtssprachen des ersuchten Staates abgefasst oder in diese übersetzt ist. (4) Der Teil des Antrags, der entsprechend dem diesem Übereinkommen als Anlage beigefügten Muster den wesentlichen Inhalt des Schriftstücks wiedergibt, ist dem Empfänger auszuhändigen.“ 514 Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (87); Rauscher, IPRax 1991, 155 (158); Nagel/ Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 166; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 106; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 17; ablehnend Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 164 f. 515 Vgl. Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 159; Rauscher, IPRax 1991, 155 (159); ein grundlegendes Werk zu diesem Problemfeld liefert Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 25 ff., 303 ff. 516 Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 205. 517 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 169; so ausdrücklich der EuGH in Lancray ./. Peters in Bezug auf Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, diese Rechtsprechung lässt sich aufgrund des fast identischen Wortlauts auf § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO übertragen, vgl. EuGH, 3.7.1990, Rs. C-305/88, IPRax 1991, 177 (177); ebenso BGH, 18.2.1993 – IX ZB 87/90, NJW 1993,
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als ordnungsgemäß bzw. eventuelle Mängel als geheilt anzusehen, wenn der jeweilige Zustellungsmangel nach dem erststaatlichen Prozessrecht als geheilt gilt.518 Problematischer gestaltet sich die Anerkennung jedoch in Fällen, in denen Fehler bei der Verfahrenseröffnung unterlaufen sind, die erststaatliche Rechtsordnung jedoch keine Heilungsnormen vorsieht. Sollen in solchen Fällen zweitstaatliche Heilungsnormen (analog) anwendbar sein? Diese Frage hat der EuGH in der Rechtsache Lancray ./. Peters für Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ klar verneint519 und auch der BGH folgt dieser Linie und lehnt eine Heilung nach dem zweitstaatlichen Recht bei Verstößen gegen das Zustellungsrecht ab.520 Dementsprechend führen derzeit auch nach autonomem deutschen Prozessrecht Zustellungsfehler zur Versagung der Anerkennung der Entscheidung in Deutschland, wenn die Rechtsordnung des Urteilsstaats keine Heilungsvorschriften vorsieht. 521 Nach dieser Ansicht ist insbesondere eine Heilung bei Mängeln der (in der Praxis recht häufigen) Zustellung nach dem HZÜ ausgeschlossen, da das Übereinkommen keine entsprechenden Heilungsvorschriften normiert. 522
2688 (2688) = IPRax 1993, 396 (397); siehe Braun, der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 161; Hüßtege, IPRax 2000, 289 (290). 518 BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (312); Braun, der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 161; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 128; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 159; Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 301 f.; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 102; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 15; Schack, IZVR, Rn. 938. 519 „Da die Vorschriften über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks Teil des Verfahrens vor dem Gericht des Urteilsstaats sind, kann die Frage nach der Ordnungsmässigkeit dieser Zustellung nur aufgrund des vor dem Gericht des Urteilsstaats anwendbaren Rechts einschließlich der einschlägigen völkerrechtlichen Verträge beantwortet werden. Die Frage der Heilung von Zustellungsmängeln bestimmt sich somit nach diesem Recht.“, EuGH, 3.7.1990, Rs. C-305/88, Slg. 1990, S. I-2725, IPRax 1991, 177; vgl. Braun, der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 161; Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 302; eine ausführliche Besprechung der Entscheidung liefert Rauscher, IPRax 1991, 155 (155 ff.). 520 BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (312); siehe ausführlich Braun, der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 161 ff.; Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 303 ff.; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 20; diesbezüglich kritisch Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 128. 521 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 159; Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 303 ff. 522 Rauscher, IPRax 1991, 155 (159); siehe auch Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 162; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 40; Nagel/ Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 169; Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (398); a. A. Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 102.
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Gleichwohl ist bis heute umstritten, ob auch eine Heilung durch tatsächlichen Zugang entsprechend § 189 ZPO,523 also nach deutschem Recht, erfolgen kann, falls nicht bereits eine Heilung nach erststaatlichem Recht erfolgt ist.524 Kernargument einer solchen Ansicht ist, dass § 189 S. 1 ZPO Ausdruck eines „allgemeinen Rechtsgedankens des Verfahrensrechts“ sei, nach dem mit tatsächlichem Zugang generell eine Heilung des Zustellungsmangels eintrete.525 Dieser Auffassung liegt wiederum die Erwägung zugrunde, dass es unbillig wäre, den Kläger einem Verfahrensverstoß, der den zuständigen Behörden unterlaufen könne und der folglich nicht in seiner Macht stehe, ungeschützt auszuliefern. 526 Hierfür spreche zudem die systematische Einordnung und der Normzweck des § 328 I Nr. 2 ZPO, der als besondere Ausformung des ordre public dem Beklagten rechtliches Gehör verleihen wolle, aber nicht die „Einhaltung einer Form um ihrer selbst willen“ verlange.527 Die Gegenansicht bringt der BGH auf den Punkt, indem er argumentiert, dass „die Zulassung einer Heilung bedeute, dass ein Verstoß gegen wesentliche Förmlichkeiten des internationalen Rechtsverkehrs sanktionslos bliebe, wenn das zuzustellende Schriftstück den Beklagten nur auf irgendeine Weise erreiche, was wiederum einer erwünschten einheitlichen Anwendung des HZÜ zuwiderlaufe“.528
Ein Teil der Literatur will mit Blick auf diese Souveränitätserwägungen Fehler, die im Bereich nationaler Zustellungsvorschriften unterlaufen sind, und solche, die gegen staatsvertragliche Zustellungsregelungen verstoßen, unter-
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§ 189 ZPO: „Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.“ 524 Sehr differenziert zu dieser Problematik Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 303 ff.; siehe auch Braun, der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 161 ff.; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 15. 525 Vgl. ausführlich BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (312); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 129; ders., IZPR, Rn. 2916; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 383; siehe auch Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 15; Rauscher, IPRax 1991, 155 (159). 526 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 383 f.; Schack, IZVR, Rn. 938 f. Insofern lassen sich Parallelen zu den Erwägungen ziehen, welche die Befürworter der teleologischen Reduktion des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO in Bezug auf das Ordnungsmäßigkeitserfordernis angeführt haben. 527 Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 162; Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 301; 313 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 384. 528 Vgl. BGH, 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 (310 ff.); ablehnend Schütze, ZZP 106 (1993), 396 (397 f.).
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schiedlich behandeln.529 Diese Ansicht vernachlässigt jedoch einen zentralen Aspekt des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, nämlich dessen Ausgestaltung als Einrede. So vermag der Hinweis auf den Schutz der staatlichen Souveränität nicht zu überzeugen, wenn man deren Wahrung zur (nachträglichen) Disposition des Beklagten stellt, dem es ja gerade offen steht, die jeweiligen Mängel zu rügen oder nicht.530 Bei der Beantwortung der Frage, ob eine Heilung von Zustellungsmängeln nach § 189 ZPO analog zugelassen werden sollte, können also lediglich der Justizgewährungsanspruch des Klägers und der Schutz des rechtlichen Gehörs des Beklagten maßgeblich sein. 531 Souveränitätserwägungen oder – wie Schack sich ausdrückt – „künstliche völkerrechtliche Hindernisse sind fehl am Platz“ und eine Differenzierung nach autonomem nationalen Prozessrecht und staatsvertraglichem Zustellungsrecht nicht angezeigt.532 Darüber hinaus würde eine Heilungsmöglichkeit nach dem Recht des Anerkennungsstaats vom Prinzip der Beurteilung der Zustellung anhand des erststaatlichen Prozessrechts abweichen und so zu einer unerwünschten Vermischung oder „Kumulation der Rechtsordnungen“ führen. 533 Um völkerrechtliche Erwägungen nicht völlig außer Acht zu lassen, erscheint es jedoch sinnvoll, dem Beklagten eine Berufung auf die Einrede des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO nach Treu und Glauben534 in solchen Fällen zu versagen, in denen trotz fehlerhafter Zustellung das rechtliche Gehör des Beklagten im konkreten Fall zweifels- und einschränkungsfrei gewahrt wurde. 535 In anderen Fällen erscheint jedoch eine Begrenzung auf die Heilungsmöglichkeiten des Erststaats als sachgerecht. (3) Die Rechtzeitigkeit der Zustellung Rechtzeitig erfolgt eine Zustellung dann, wenn dem Beklagten ein ausreichend großer Zeitraum eingeräumt wird, um den Erlass eines Versäumnisurteils zu verhindern bzw. um nicht nur seine Verteidigungsbereitschaft zu 529
Vgl. Haas, IPRax 2001, 195 (199); Stadler, IPRax 2002, 282 (283); siehe auch Stürner, in: FS Nagel, 446 (454 f.); zum staatlichen Souveränitätsanspruch bei der Zustellung Schlosser, in: FS Matscher, 386 (386 ff.). 530 Vgl. zutreffend Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 316. 531 Schack, IZVR, Rn. 939; siehe auch Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 316. 532 Schack, IZVR, Rn. 939; eine ausführliche Auseinandersetzung mit dieser Problematik liefert Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 316 ff. 533 Rauscher, IPRax 1991, 155 (159). 534 Vgl. etwa Bittmann, ZZP 97 (1984), 32 (39); Weber, JuS 1992, 631 (635) m. w. N.; siehe hierzu ausführlich Vollkommer, Formstrenge und prozessuale Billigkeit, S. 33. 535 Diese Lösung entwickelt Kondring, Die Heilung von Zustellungsfehlern im internationalen Zivilrechtsverkehr, S. 318.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
erklären und im Termin erscheinen, sondern um seine Verteidigung effektiv vorbereiten zu können.536 Zu beachten ist dabei, dass anders als die Ordnungsmäßigkeit der Verfahrenseinleitung, die Rechtzeitigkeit der Zustellung nicht durch die Rechtsordnung des Erststaats konkretisiert wird. 537 Es fehlt insofern an einem klaren Prüfungsmaßstab für den Anerkennungsrichter. In der Entscheidung Klomps ./. Michel 538 legte der EuGH hinsichtlich des Fristbeginns fest, dass ein Nachweis, dass der Beklagte tatsächliche Kenntnis von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück genommen hat, nicht erforderlich sei.539 Maßgeblich für den Beginn der Frist ist somit der Zeitpunkt, in dem der Beklagte vom Schriftstück Kenntnis nehmen konnte. 540 Dies liefert jedoch wenig Klarheit in Bezug auf die erforderliche Zeitspanne zwischen Zustellung und Verfahrensbeginn für eine Anerkennungsfähigkeit der drittstaalichen Entscheidung nach deutschem Recht. Von weiten Teilen der Literatur wird in Anlehnung an die Einlassungsfrist des § 274 Abs. 3 S. 1 ZPO eine Frist von zwei Wochen ab ordnungsgemäßer Zustellung als Mindestmaßstab bzw. zur Orientierung herangezogen.541 Allerdings können die Stan536 BGH, 6.10.2005 – IX ZB 360/02, NJW 2006, 701 (701); Schack, IZVR, Rn. 940; Linke/Hau, IZVR, Rn. 473; Haas, IPRax 2001, 195 (199); Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 37; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 103; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 12a; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 37; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 18. 537 Braun, Der Beklagtenschutz nach Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ, S. 113; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 37; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 393; siehe hierzu auch Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 214; a. A. Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 21, die für die Bestimmung der Rechtzeitigkeit der Zustellung auf die lex fori abstellt. 538 EuGH, 16.6.1981, Rs. 166/80, Slg. 1981, S. 1593. 539 Siehe Leitsatz 5 der Entscheidung: „Artikel 27 Nr. 2 des Übereinkommens verlangt nicht den Nachweis, dass der Beklagte tatsächlich von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück Kenntnis genommen hat. Das Gericht des Vollstreckungsstaats kann sich im allgemeinen auf die Prüfung der Frage beschränken, ob der von dem Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Zustellung an zu berechnende Zeitraum dem Beklagten ausreichend Zeit für seine Verteidigung gelassen hat. Es hat jedoch im Einzelfall zu prüfen, ob so außergewöhnliche Umstände vorliegen, dass die Zustellung, obgleich ordnungsgemäß erfolgt, dennoch nicht genügte, einen solchen Zeitraum beginnen zu lassen.“, EuGH, 16.6.1981, Rs. 166/80, Slg. 1981, S. 1593. 540 Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 12a; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 93; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 18. 541 So etwa vertreten von BGH, 23.1.1986 – IX ZB 38/85, NJW 1986, 2197 (2197); Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 37; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 18; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 103; für eine Indizwirkung der Einlassungsfrist des § 274 Abs. 3 S. 1 ZPO ebenfalls Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 37; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 93; a. A. ist das OLG Düsseldorf, welches im Eilverfahren eine Frist von 11 Tagen als ausreichend erachtet, OLG Düsseldorf, 19.10.1984 – 3 W 319/84, IPRax 1985, 289 (290); siehe auch Schack, IZVR, Rn. 940.
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dards des deutschen Erkenntnisverfahrens wohl nur bedingt Aufschluss darüber liefern, wann dem Beklagten eine hinreichende Vorbereitungszeit in einem drittstaatlichen Verfahren eingeräumt wurde. 542 Ob eine Zustellung rechtzeitig erfolgt ist bzw. der Beklagte sich ausreichend vorbereiten konnte, hängt dementsprechend nicht von starren Fristen, sondern der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ab.543 Zu berücksichtigen sind dabei sowohl Umstände, die vor der Zustellung liegen, als auch solche Umstände, die erst nach der Zustellung bekannt geworden sind. 544 Überdies ist bei der Würdigung der Umstände zu beachten, ob sich sowohl Kläger als auch Beklagter so verhalten haben, dass die Bedingungen für eine rechtzeitige Zustellung geschaffen bzw. gefördert wurden.545 Schließlich ist in diese Gesamtwürdigung maßgeblich einzubeziehen, dass eine Prozessführung im Ausland für den Beklagten in der Regel schwieriger sein wird als die Verteidigung im Rahmen eines inländischen Prozesses. 546 Eine allein nach dem Prozessrecht des Anerkennungsstaats festgelegte Mindestregelung hinsichtlich der zu wahrenden Frist vermag den flexiblen Anforderungen im grenzüberschreitenden Zustellungsrecht nicht vollständig gerecht zu werden. Die erheblichen zusätzlichen Belastungen, die den Beklagten bei einem ausländischen bzw. drittstaatlichen Verfahren treffen, müssen sich auch auf Anerkennungsebene widerspiegeln, weshalb eine Orientierung an den Mindestanforderungen des deutschen Prozessrechts zwar grundsätzlich sinnvoll erscheint, im Einzelfall aber ein eher großzügig bemessener Zeitraum, der auch über die inländischen Vorschriften hinausgehenden kann, für die Vorbereitung der Verteidigung zugrunde gelegt werden sollte.547 542
Vgl. OLG Hamm, 18.6.1993 – 20 W 28/92, RIW 1993, 764 (764); Schack, IZVR, Rn. 940. 543 OLG Koblenz 10.6.1991 – 2 U 123/91, RIW 1991, 667 (668 f.); Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 37; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328 Rn. 103; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 12a; Linke/Hau, IZVR, Rn. 473; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 93; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 393; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 18; insofern nicht ganz eindeutig, Nagel/Gottwald, § 12 Rn. 167, die eine Einhaltung der inländischen Einlassungsfrist wohl regelmäßig ausreichen lassen wollen. 544 BayObLG, 22.9.2004 – 3 Z BR 49/04, FamRZ 2005, 923 (924); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 12a; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 93. 545 Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 12a; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 18; auf Klägerseite kann diesbezüglich z. B. von Bedeutung sein, wie leicht oder schwer der Aufenthaltsort des Beklagten zu ermitteln war, vgl. BGH, 2.10.1991 – IX ZB 5/ 91, IPRax 1993, 324 (326); siehe auch BayObLG, 22.9.2004 – 3 Z BR 49/04, FamRZ 2005, 923 (924). 546 Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 12a; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 21. 547 Ebenso Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 214 f.; Rauscher, IPRax 1991, 155 (156); a. A. Nagel/Gottwald, die auch eine kurze Frist genügen lassen wollen, wenn diese auf Antrag verlängert werden kann, Nagel/Gottwald, § 12 Rn. 167.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
II. Die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung im französischen Recht 1. Historische Grundlagen Bereits im Jahr 1860 hatte die Cour de cassation in ihrer Entscheidung Bulkley die Anerkennung ausländischer Entscheidungen unter die Bedingung der Wahrung der erststaatlichen Verfahrensvorschriften gestellt 548 und auch im Jahr 1990 in ihrer Entscheidung de Wrède bestimmte der Kassationshof, dass ein ausländisches Urteil für eine Anerkennung in Frankreich in der „von den ausländischen Bestimmungen vorgeschriebenen Form“ ergangen sein müsse.549 Diese frühen Entscheidungen griff die Cour de cassation schließlich im Arrêt Munzer auf und legte als Voraussetzung für die Anerkennung ausländischer bzw. drittstaatlicher Entscheidungen in Frankreich die Ordnungsmäßigkeit des erststaatlichen Verfahrens (régularité de la procédure) fest.550 Die Formulierung dieses Kriteriums in der Munzer-Entscheidung liefert jedoch wenig Aufschluss darüber, wie die Prüfung dieses Anerkennungskriteriums konkret erfolgen soll. So wurde der vom Kassationshof gewählte Begriff bzw. der Wortlaut des Urteils zunächst dahingehend verstanden, dass sämtliche Voraussetzungen des Erstprozesses (nach der lex fori ) im Rahmen des Anerkennungsverfahrens detailliert überprüft wurden, was im Grunde dazu führte, dass die Prüfung prozessrechtlicher Fragen der Überprüfung der Wirksamkeit der Entscheidung nach erststaatlichem Recht gleichkam.551 548
Arrêt Bulkley Cass. civ. 28.2.1860, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 4, 30 (30 ff.). Hier urteilte der Kassationshof, dass eine Ehe nach ausländischem Recht unter anderem in der vom Erststaat vorgeschriebenen Form annuliert worden sein muss, damit die Annulierungsentscheidung in Frankreich anerkannt wird: „Attendu, il est vrai, qu’il n’en peut être ainsi que si le jugement étranger, qui a annulé le mariage, émane d’une juridiction compétente, s’il a été rendu dans les formes prescrites par les lois du pays et s’il a acquis l’autorité de la chose jugée.“, Cass. civ. 9.5.1900, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 10, 79 (80 f.); zu den historischen Hintergründen vgl. Alexandre, Les pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 194; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 6 f.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 239; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 196; Kitic, Droit international privé, S. 126; die Anmerkungen zum Arrêt Bachir in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 45, 403 (404 f.). 550 Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344); Alexandre, Les pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 193 ff.; Audit, Droit international privé, S. 394; Clavel, Droit international privé, S. 253; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 239; Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 205. 551 Vgl. Audit, Droit international privé, S. 394; siehe hierzu die Anmerkungen zum Arrêt Munzer in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 41, 357 (360); de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 13; 549
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Diese Prüfung, die bereits hinsichtlich der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit diskutiert wurde,552 legt dem Anerkennungsrichter eine „vertiefte Auseinandersetzung“ mit dem erststaatlichen Prozessrecht auf.553 Dennoch war es bis zum Jahr 1967 gängige Praxis, dass im Rahmen des Anerkennungsverfahrens vollumfänglich die erststaatlichen Verfahrensregelungen überprüft wurden. 554 Allerdings präzisierte die Cour de Cassation in ihrem Arrêt Bachir555 dieses Kriterium bereits kurz nachdem die Munzer-Entscheidung ergangen war und brach so mit der bisherigen Auffassung des weiten Prüfungsumfangs.556 Nur drei Jahre nach dem Meilenstein Arrêt Munzer im französischen Anerkennungsrecht bestimmte der Kassationshof mit dieser Entscheidung, dass die Prüfung des erststaatlichen Verfahrensrechts nicht dahingehend verstanden werden solle, dass sämtliche prozessrechtlichen Vorschriften des Erststaats durch den Anerkennungsrichter zu überprüfen seien, sondern er schränkte den Prüfungsumfang dahingehend ein, dass dieser künftig lediglich die ordre public-relevanten Verfahrensfragen und die des rechtlichen Gehörs des Beklagten und nicht die Prüfung jeglicher erststaatlicher Verfahrensregularien umfasste.557 Im Rahmen dieses eingeschränkten Prüfungsprogramms Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 205; MeyzeaudGaraud, Droit international privé, S. 177. 552 Siehe hierzu Kap. II § 6 II 1 a). 553 Kitic, Droit international privé, S. 126; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22. 554 Vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 573 f.; Kitic, Droit international privé, S. 126; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 240; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 13; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177 f. 555 Arrêt Bachir Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. 1968, 98 (98 f.). 556 Audit, Droit international privé, S. 394; Kitic, Droit international privé, S. 126; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 761; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 286; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177; Monéger, Droit international privé, Rn. 604; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 7; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 239; Guimezanes, in: Loussouarn/Lagarde, L’information en droit privé, 89 (122); Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 13. 557 „La régularité du déroulement du procès devant la juridiction étrangère s’apprécie uniquement par rapport à l’ordre public international français et au respect des droits de la défense.“, Arrêt Bachir, Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. DIP 1968, 98 (98); sehr ausführlich zur evolutiven Entwicklung dieses Anerkennungskriteriums Alexandre, Les pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 193 ff.; siehe ebenfalls Audit, Droit international privé, S. 394; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22 f.; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 761;
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wird insbesondere relevant, ob vom Erstgericht die Anforderungen an einen fairen Prozess im Sinne des Art. 6 EMRK eingehalten wurden. 558 In Frankreich, wie auch im deutschen Anerkennungsrecht und im Common Law, beurteilt sich der Inhalt des Kriteriums der Wahrung der fundamentalen Verfahrensprinzipien somit ganz maßgeblich nach den Vorgaben des EGMR.559 Die in der Entscheidung Bachir vorgenommene Einschränkung ist zu begrüßen, denn eine vollständige Überprüfung des erststaatlichen Prozessrechts birgt dieselbe Problematik in sich wie etwa die Prüfung der internationalen Zuständigkeit nach den direkten Zuständigkeitsnormen des Erststaats: das Erstverfahren erfolgt nach der lex fori des Urteilsgerichts, weshalb eine Überprüfung, ob der entscheidende Richter sein „eigenes“ Recht korrekt angewandt hat, dem Anerkennungsrichter zum einen nur sehr schwer und mit großem Aufwand möglich ist und dies zum anderen den Eindruck erwecken könnte, man wolle dem Richter „eine Lektion über die Anwendung seines Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 7; Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 281 f.; Monéger, Droit international privé, Rn. 604; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 240; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 13 f.; Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 189; Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (364); Fricke, IPRax 1989, 202 (206); Guimezanes, in: Loussouarn/Lagarde, L’information en droit privé, 89 (122); Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 288. 558 Zum Einfluss des Art. 6 EMRK im Anerkennungsverfahren sehr ausführlich Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 289 ff. m. w. N.; siehe auch Audit, Droit international privé, S. 395; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 288; Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 205; Laborde, Droit international privé, S. 116; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177 f. 559 Audit, Droit international privé, S. 394 f.; Clavel, Droit international privé, S. 252; Courbe, Droit international privé, S. 176; Laborde, Droit international privé, S. 116; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 762 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 285 f.; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 177 f.; bemerkenswert ist diesbezüglich die Entscheidung Pellegrini ./. Italie aus dem Jahr 2001, die von den vorgenannten Autoren vielfach zitiert wird und in welcher der EGMR den Staat Italien für eine Verletzung der aus der EMRK resultierenden Vorgaben verur teilte, weil er eine Entscheidung des Vatikans anerkannt hatte, in der die Anforderungen an ein faires Verfahren nicht erfüllt worden waren. In diesem Fall hatte der Vatikan eine Ehe (aufgrund von „Blutsverwandtschaft“) in einem Verfahren nach kanonischem Recht annulliert ohne den Anforderungen der EMRK hinsichtlich eines fairen Verfahrens zu genügen, indem z. B. die Ehefrau vor ihrer Vorladung nicht über die Hintergründe des Annullierungsantrags oder die Möglichkeit der Hinzuziehung eines Anwalts informiert worden war. Italien hatte diese Entscheidung des Vatikans, der kein Unterzeichnerstaat der EMRK ist, anerkannt und wurde hierfür vom EGMR verurteilt.; vgl. EGMR, 20.7.2001, Rev. crit. DIP 2004, 106 (106 ff.); eine ausführliche Besprechung der Entscheidung liefert Sinopoli, Gaz. Pal. 2002, doct. 1157 (1157 ff.).
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eigenen Rechts erteilen“.560 Vor allem ist die vollumfängliche Überprüfung des erststaatlichen Verfahrensrechts nach der bezweckten Schutzwirkung aber auch nicht zielführend, denn für die französische Rechtsordnung ist eben nicht die exakte Befolgung drittstaatlicher Verfahrensregularien entscheidend, sondern allein die Frage, ob die aus französischer Sicht grundsätzlich zu befolgenden Verfahrensgrundsätze beachtet wurden und dem Beklagten rechtliches Gehör gewährt wurde.561 Auch wenn die erststaatlichen Verfahrensnormen befolgt wurden, so besteht nach wie vor das Risiko der Anerkennung einer Entscheidung, die den aus französischer Sicht grundlegend zu erfüllenden Verfahrensstandards nicht gerecht wird. 562 2. Einordnung im Rahmen des verfahrensrechtlichen ordre public Die Prüfung der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung bildet in formeller Hinsicht einen Bestandteil der nach dem Arrêt Bachir zu prüfenden Wahrung des rechtlichen Gehörs und der Vereinbarkeit mit dem französischen verfahrensrechtlichen ordre public.563 Es findet sich im französischen internationalen Prozessrecht in Abweichung zum deutschen Recht also nicht die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung als eigenständige Anerkennungsvoraussetzung, 560 Provokant formuliert von Alexandre, Les pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 198; siehe ebenfalls die Anmerkungen zum Arrêt Munzer in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 41, 357 (360) sowie ausführlich Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (364 f.). Manche Stimmen in der Literatur gingen sogar soweit, die Überprüfung der Anwendung der erststaatlichen Prozessnormen in einem Atemzug mit der durch den Arrêt Munzer abgeschafften révision au fond zu nennen und forderten eine völlige Aufgabe des Kriteriums, vgl. etwa Bellet, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (271); siehe auch Audit, Droit international privé, S. 394; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 6; Monéger, Droit international privé, Rn. 604; die Anmerkungen zum Arrêt Bachir in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 45, 403 (405); zu den parallelen Erwägungen, die hinsichtlich der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit angestellt wurden, siehe bereits Kap. II § 6 1 a). 561 Audit, Droit international privé, S. 394; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 6; Clavel, Droit international privé, S. 253, die diesbezüglich die grundlegende Frage auf den Punkt bringt: „Importe-t-il que le juge étranger ait bien appliqué ses règles de procédure si celles-ci sont, sur le fond, inadmissible?“; siehe auch Kitic, Droit international privé, S. 126; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 286; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 761 f., die eine Prüfung anhand des erststaatlichen Rechts zutreffend als „redundant und unzureichend“ bezeichnen. 562 Dieselbe Gefahr sehen Audit, Droit international privé, S. 394; de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22; Clavel, Droit international privé, S. 253. 563 Statt aller Audit, Droit international privé, S. 394 f.; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 14; Gutmann, Droit international privé, S. 277.
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sondern ihre Überprüfung erfolgt als Unterpunkt des ordre publicVorbehalts.564 Die beiden zu prüfenden Elemente der Wahrung des rechtlichen Gehörs einerseits und der Beachtung grundlegender verfahrensrechtlicher Prinzipien andererseits können nicht klar voneinander abgegrenzt werden. 565 Insofern findet sich die Betonung der Wahrung der Beklagtenrechte bei der Verfahrenseinleitung im französischen Recht zwar in einer anderen Form wieder als im deutschen Recht, das mit § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO einen eigenen Versagungsgrund geschaffen hat, es zeigt sich aber auch im französischen Recht eine klare Betonung der verfahrensmäßigen Rechte und der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Beklagten.566 Diese unterschiedlichen Wege sind deshalb wohl weniger Ausdruck einer unterschiedlichen Gewichtung dieses Anerkennungskritieriums, sondern verdeutlichen erneut, wie die unterschiedlichen Gepflogenheiten der einzelen Rechtsordnungen zum Ausdruck kommen, während in substanzieller Hinsicht weitgehend Einigkeit besteht. 3. Die Anforderungen nach der Entscheidung Bachir a) Einleitende Bemerkungen Seit dem Arrêt Bachir der Cour de cassation aus dem Jahre 1967 zerfällt die Überprüfung des ordre public – wie auch im deutschen autonomen Recht – in die Prüfung der Vereinbarkeit mit dem materiell-rechtlichen ordre public und die Prüfung des verfahrensrechtlichen ordre public.567 Der ordre public, der in diesem Zusammenhang Gegenstand der Untersuchung ist, ist der sog. ordre public international français.568 Unter dem internationalen verfahrensrechtlichen ordre public versteht man dabei die „Gesamtheit aller Verfahrensprinzipien, die aus Perspektive des französischen Rechts derart fundamental sind, dass es unmöglich wäre, einer Entscheidung, die diese Grundsätze nicht beachtet, in der französischen Rechtsordnung Wirkung beizumessen“.569 564 Dieser Ansatz wurde – wie bereits im Rahmen der Kontrolle der verfahrensrechtlichen Ordnungsmäßigkeit nach deutschem Recht erörtert – auch in der deutschen Rechtsordnung von einigen Teilen der Literatur gefordert. Man entschied sich im deutschen Recht jedoch zur Hervorhebung für einen eigenständigen Versagungsgrund, vgl. Kap. II § 7 I 1. 565 Zu den Abgrenzungsschwierigkeiten hinsichtlich des ordre public siehe exemplarisch Kitic, Droit international privé, S. 130. 566 Siehe etwa Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 762; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23; Muir Watt, in: JurisClasseur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 7; Regan, (4) B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (179); ausführlich Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (364 ff.). 567 Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. 1968, 98 (98); vgl. Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 196; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 239 f. 568 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 196; Kitic, Droit international privé, S. 127; Mélin, Droit international privé, S. 66.
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Eine trennscharfe Untergliederung ist ob der wenig konkreten Definition bzw. der nur groben Konturen des ordre public-Begriffs schwer vorzunehmen und soll hier nicht erfolgen. Vielmehr sollen an dieser Stelle nur solche Aspekte betrachtet werden, die sich auf die Verfahrenseinleitung beziehen bzw. die die Wahrung des rechtlichen Gehörs des Beklagten („les droits de défense“) betreffen.570 b) Die Wahrung des rechtlichen Gehörs bei der Verfahrenseinleitung Die Einleitung des Verfahrens ist einer der zentralen Momente – mit den Worten von Muir Watt der „elementare, harte Kern“, der „noyau dur“571 – des Prozesses und so spielt auch die Prüfung der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung im französischen Anerkennungsverfahren eine wesentliche Rolle.572 Voraussetzung für die Wahrung der grundlegenden verfahrensrechtlichen Anforderungen der französischen Rechtsordnung im Zuge der Verfahrenseinleitung ist zunächst – wie auch im deutschen und englischen Recht – die Information des Beklagten durch ein verfahrenseröffnendes Schriftstück oder einen gleichwertigen Akt, wodurch ihm eine angemessene Vorbereitung seiner Verteidigung ermöglicht wird.573 Auch Entscheidungen aus einseitigen Verfahren bzw. Versäumnisurteile sind der Anerkennung in Frankreich dabei 569
Siehe statt aller Clavel, die ausführt: „L’ordre public international procédural intègre l’ensemble des principes de procédure jugés si fondamentaux qu’il serait impossible d’admettre qu’une décision de justice ne les ayant pas respectés puisse produire effet dans notre ordre juridique français.“, Clavel, Droit international privé, S. 252. 570 Eine nähere Auseinandersetzung mit dem ordre public-Vorbehalt im französischen Anerkennungsrecht erfolgt in Kap. II § 9 II. 571 Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 273; Muir Watt, in: JurisClasseur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 7; ebenso Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (366). 572 Siehe statt aller de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200; Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 762; Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (365 f.). 573 Siehe hierzu die Entscheidung TGI Paris, 10.2.1993, Rev. crit. DIP 1993, 664 (664 ff.): „Le défendeut doit avoir été informé par un acte introductif d’instance ou par un acte équivalent, de la procédure engagée contre lui, et mis à même organiser utilement sa défense.“; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 22 f.; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 8; Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 190; Beardsley, in: Newman, Enforcement of Mones Judgments, Vol. 1, France, S. 17; Kitic, Droit international privé, S. 126; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 14 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 286; Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (366); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 241; GaudemetTallon, RIDC (2) 1986, 487 (494).
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zugänglich, sofern der unterlegenen Partei hinreichend Gelegenheit zur Ergreifung von Rechtsmitteln gewährt wurde. 574 Interessant ist hier abermals die französische Kasuistik zu den Scheidungen nach islamischem Recht (répudiations), denen von der französischen Literatur im Rahmen der ordre public-Prüfung ein bemerkenswertes Gewicht beigemessen wird.575 So wird – anders als zumeist bzw. in den meisten europäischen Rechtsordnungen – eine Anerkennung nicht lediglich mit Blick auf bzw. Betonung der Verletzung des materiell-rechtlichen ordre public versagt, sondern eine Anerkennung scheidet in der Regel bereits aufgrund der mangelnden Wahrung des rechtlichen Gehörs der Ehefrau aus, da sie im Scheidungsverfahren nicht angehört wurde oder sich nicht adäquat verteidigen konnte. 576 aa) Das verfahrenseinleitende Dokument Wie auch im deutschen Recht ist die Anerkennung nach französischem autonomen Recht ausgeschlossen, wenn dem Beklagten das verfahrenseinleitende Dokument (l’acte introductif de l’instance) nicht ordnungsgemäß zugestellt worden ist.577 Die Information des Beklagten über das gegen ihn eingeleitete Verfahren muss durch das verfahrenseröffnende Schriftstück oder einen gleichwertigen Akt erfolgen. 578 Dieses Schriftstück muss die Beteiligten des Verfahrens angeben und ausreichende Angaben bezüglich des Streitgegenstands enthalten, sodass der Adressat bzw. Beklagte nicht gezwungen ist, eigene Nachforschungen beim angerufenen Gericht anzustellen. 579 Überdies darf die Klageerhebung nicht rechtsmißbräuchlich erfolgt sein, d. h. der Kläger darf keine missbräuchliche Handlung vorgenommen haben, die den Beklagten in der Ausübung seiner Verteidigung bzw. der Wahrnehmung seines rechtlichen Gehörs beeinträchtigt. 580 574
Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 8; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 241; Fricke, IPRax 1989, 202 (206). 575 Siehe näher hierzu Kap. II § 9 II 1. 576 Vgl. sehr ausführlich de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23 m. w. N. 577 Statt aller de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 8; Beardsley, in: Newman, Enforcement of Mones Judgments, Vol. 1, France, S. 17; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 241; Fricke, IPRax 1989, 202 (206). 578 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 8. 579 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23. 580 Siehe hierzu bereits ausdrücklich die Entscheidung Le Goaster der Cour de cassation aus dem Jahr 1908: „Si la décision d’un tribunal étranger intervenue entre étrangers
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bb) Ordnungsmäßigkeit der Zustellung Auch im französischen Recht stellt sich die Frage: Nach welchem Recht ist die Ordnungsmäßigkeit zu beurteilen? Anders als in einigen staatsvertraglichen Regelungen 581 lässt sich die Antwort im französischen Recht nicht einfach einem Gesetzestext entnehmen. Mag es mit Blick auf die Abkehr von den Voraussetzungen des erststaatlichen Prozessrechts durch den Arrêt Bachir sinnvoll erscheinen, auch für die Bestimmung der Ordnungsmäßigkeit der Zustellung nicht mehr auf die erstaatlichen Normen zurückzugreifen, findet sich gleichwohl genau diese Tendenz in der französischen Rechtsprechung. So will die herrschende Meinung für die Bestimmung der Ordnungsmäßigkeit auf die Verfahrensregelungen des Urteilsstaats Bezug nehmen.582 Deutlich wird dies in der Entscheidung Lestrade de Kyvon des Tribunal civil de la Seine aus dem Jahr 1959, in der das Gericht ausdrücklich feststellte, dass für die prozessualen Fragen im Erstprozess – insbesondere die Zustellung und den Fristbeginn für Rechtsmittel – die Regeln des Erstgerichts maßgeblich seien.583 Das französische Recht fordert dabei – ähnlich wie das deutdans un litige sur l’état des personnes peut avoir, en France, la même autorité que dans le pays où elle a été rendue sans qu’il soit nécessaire de la faire, au préalable, déclarer exécutoire, le juge français doit néanmoins lui refuser toute autorité lorsqu’elle a été rendue en violation des droits de la défense, sans que le défendeur ait été régulièrement cité, appelé à se défendre et entendu, c’est-à-dire en violation d’un principe d’ordre public international.“, Cass. req. 11.11.1908, Rev. crit. DIP 1909, 227 (228); Audit, Droit international privé, S. 394; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 762; siehe auch Fricke, IPRax 1989, 202 (206). 581 Vgl. etwa Art. 6 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Unterhaltsentscheidungen vom 2. Oktober 1973, der ausdrücklich bestimmt: „Eine Versäumnisentscheidung wird nur anerkannt oder für vollstreckbar erklärt/ vollstreckt, wenn das das Verfahren einleitende Schriftstück mit den wesentlichen Klagegründen der säumigen Partei nach dem Recht des Ursprungsstaats zugestellt worden ist und wenn diese Partei eine nach den Umständen ausreichende Frist zu ihrer Verteidigung hatte; […].“; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 7 m. w. N.; siehe auch Stürner/Bormann, JZ 2000, 81 (86). 582 So etwa Cour d’appel Reims 24.11.1977, JDI 1979, 380 (382 f.); Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 7; Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 200; völlig eindeutig ist der Bezug auf die erststaatlichen Normen für Bredin, der ausführt: „Elle la régularité de la procédure suivie s’apprécie évidamment par référence à la loi étrangère, […].“, Bredin, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1964–66, 19 (27); sehr deutlich auch Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 573. 583 „Les règles de procédure applicables devant une juridiction saisie d’un litige et notamment celles relatives à la notification d’une décision judiciaire ainsi qu’aux conditions dans lesquelles cette notification fait courir le délai d’exercice de voies de recours sont celles du for, telles qu’elles résultent des textes législatifs et de l’interprétation qui en est donnée en fait, par les autorités judiciaires compétentes du pays.“, Tribunal civil de la Seine 29.9.1959, Rev. crit. DIP 1960, 591 (591); siehe Bellet, Trav. com. fr. dr. int. pr.
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sche Recht – nicht, dass das Schriftstück dem Beklagten persönlich zugestellt wird, sondern es wird den Anforderungen des französischen verfahrensrechtlichen ordre public Genüge getan, wenn der Beklagte die hinreichende Möglichkeit der Kenntnisnahme hatte. 584 Eine Besonderheit in der französischen Rechtsordnung stellt die Behandlung fehlender Übersetzungen des verfahrenseinleitenden Schriftsstücks dar , denn hier liegt – anders etwa als nach der deutschen Rechtsordnung – kein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public vor, wenn die Klageschrift dem Beklagten in einer fremden Sprache zugestellt wurde. 585 Die französische Rechtsprechung hat insofern die diesbezüglich ergangene Rechtsprechung zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ 586 auf das autonome Recht übertragen. 587 Die Möglichkeit der Berufung des Beklagten auf die Verletzung seines rechtlichen Gehörs findet schließlich im französischen Anerkennungsrecht eine Einschränkung. Die verurteilte Partei kann sich nicht auf die Verletzung der erststaatlichen Verfahrensregeln berufen, wenn sie in einer Form geladen wurde, die „gleichwertig zu den in Frankreich üblichen Zustellungsformen im Ausland ist“.588 So wird beispielsweise eine Ladung allein durch Veröffentlichung in einer Zeitung den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung nicht gerecht, da das französische Recht diese Form der Auslandszustellung nicht kennt.589 1962–64, 251 (271) sowie die Anmerkungen zum Arrêt Bachir in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 45, 403 (405). 584 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 763. 585 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 9; Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 190. 586 Vgl. etwa die Entscheidung Vanclef aus dem Jahr 1978: „L’article 27-2° de la Convention de Bruxelles du 27.9.1968 n’exige pas, pour la notification de l’acte introductif d’instance soit régulière, qu’elle ait été rédigée ou traduite dans la langue du destinataire.“, Cass. civ. 17.5.1978, JDI 1979, 380 (308); Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 9. 587 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 9 f.; zur Anwendung der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ siehe auch Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 288. 588 „[…] quand elle la partie a été citée selon des modes équivalent aux formes observées en France de significations hors du territoire […].“, Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 9; Guimezanes, Rev. crit. DIP 1983, 494 (498 f.). 589 Dieses Beispiel nennen de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 9. Zu den in Frankreich üblichen Formen der Zustellung ins Ausland siehe sehr instruktiv Bischof, Die Zustellung im internationalen Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, S. 89 ff.
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cc) Rechtzeitigkeit der Ladung Wie auch im deutschen Recht ist in der französischen Rechtsordnung nicht klar definiert, wann von einer angemessenen Ladungsfrist auszugehen ist. Eine nicht angemessene Vorbereitungsfrist wird nach einer Ansicht etwa dann angenommen, wenn die sechsmonatige Frist des Art. 15 Abs. 2 HZÜ590 nicht eingehalten wurde. 591 Hiernach wird somit ein deutlich längerer Zeitraum als im deutschen Recht zugrunde gelegt. Mit Blick darauf, dass man sich in der Entscheidung Bachir für die Überprüfung der Anerkennungsfähigkeit von den Vorgaben des erstsstaatlichen Prozessrechts verabschiedet hat, spielt für die Bestimmung eines angemessenen Zeitraums für die Verteidigung des Beklagten die Einhaltung der erststaatlichen Fristen nur eine untergeordnete Rolle.592 Der Kassationshof urteilte in einer Entscheidung aus dem Jahr 1994 ausdrücklich, dass das französische Anerkennungsgericht nicht überprüfen müsse, ob die vom ausländischen bzw. drittstaatlichen Recht vorgesehenen Fristen eingehalten wurden, sondern dass es (allein) darauf ankomme, ob dem Beklagten ein hinreichender Zeitraum zur Verteidigung eingeräumt wurde.593 Eine Orientierung an innerstaatlich geltenden Fristen für die Bestimmung der Rechtzeitigkeit ist im deutschen Recht die weitgehend vertretene Position.594 Allerdings hat die französische Rechtsprechung einen anderen Weg eingeschlagen. So wird von den französischen Richtern für die Bestimmung eines hinreichenden Ladungszeitraums eine Kombination aus den Regelungen herangezogen, die hinsichtlich der internationalen Zustellung im französischen Recht anerkannt sind, und den Bestimmungen, die 590
Art. 15 Abs. 2 HZÜ: „Jedem Vertragsstaat steht es frei zu erklären, dass seine Richter ungeachtet des Absatzes 1 den Rechtsstreit entscheiden können, auch wenn ein Zeugnis über die Zustellung oder die Übergabe nicht eingegangen ist, vorausgesetzt, a) dass das Schriftstück nach einem in diesem Übereinkommen vorgesehenen Verfahren übermittelt worden ist, b) dass seit der Absendung des Schriftstücks eine Frist verstrichen is t, die der Richter nach den Umständen des Falles als angemessen erachtet und die mindestens sechs Monate betragen muss, und c) dass trotz aller zumutbaren Schritte bei den zuständigen Behörden des ersuchten Staates ein Zeugnis nicht zu erlangen war.“ 591 Siehe hierzu die Entscheidungen Faillite Breyer Cass. civ. 16.12.1980, Rev. crit. DIP 1981, 708 (708) sowie Cristal France zum französisch-belgischen Staatsvertrag und dem HZÜ, Cass. civ. 16.12.1980, Rev. crit. DIP 1981, 714 (714); Wiehe, Zustellungen, Zustellungsmängel und Urteilsanerkennung am Beispiel fiktiver Inlandszustellungen in Deutschland, Frankreich und den USA, S. 190. 592 Vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 282. 593 „La cour d’appel, qui n’avait pas à examiner si les délais de procédure prévus par la loi étrangère avaient été respectés, ni à apprécier les motifs de la non-comparution du défendeur, a légalement justifié sa décision dès lors que le défendeur a été assigné en temps utile pour qu’il puisse se défendre.“, Arrêt Bettan Cass. civ. 29.11.1994, Rev. crit. DIP 1995, 362 (362); ausführlich hierzu die Anmerkung von Cohen, Rev. crit. DIP 1995, 363 (363 ff.). 594 Siehe hierzu bereits Kap. II § 7 I 4 b) bb) (3).
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
das erststaatliche Recht diesbezüglich enthält.595 Die Bestimmung des jeweils angemessenen Zeitraums erfolgt dabei nach dem Ermessen des Anerkennungsrichters unter den konkreten Anforderungen des Einzelfalls. 596 Sehr kurze Ladungszeiträume führen jedoch ganz regelmäßig zu einer Versagung der Anerkennung. 597 Extreme Beispiele liefern hier eine Entscheidung des Kassationshofs aus dem Jahr 1928, in der einem Schweizer Versäumnisurteil die Anerkennung in Frankreich versagt wurde, da zwischen Ladung und Urteil lediglich ein Tag verstrichen war, sowie eine Entscheidung des TGI de la Seine aus dem Jahr 1962, in der die Anerkennung einer griechischen Entscheidung abgelehnt wurde, weil die Ladung der Ehefrau nur zwei Tage bevor sie vor dem Magistrat in Athen erscheinen sollte, in Paris zugestellt wurde.598 Dies sind freilich Extremfälle, in denen die Verletzung der Beklagtenrechte auf der Hand liegt, darüber hinaus lassen sich jedoch keine verallgemeinerungsfähige Aussagen über den als adäquat erachteten Zeitraum vornehmen. III. Die Verfahrenseinleitung im Common Law 1. Systematische Einordnung Die ordnungsgemäße Einleitung des Verfahrens gegen den Beklagten spielt auch im Rahmen der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen nach dem Common Law eine zentrale Rolle,599 allerdings erfolgt die dogmatische Einbettung dieser Prüfungskomponente anders als in anderen Rechtsordnungen. Das Common Law wählt für die Strukturierung der Anerkennungsvoraussetzungen eine andere Systematik als etwa das deutsche oder französische autonome Recht. Im autonomen englischen Recht finden sich nicht einzelne klar voneinander abgrenzbare Versagungsgründe – wie sie etwa § 328 Abs. 1 ZPO enthält – sondern die einzelnen Anerkennungsanforderungen werden weitge595 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 241; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 288 f. 596 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 10; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 242. 597 Ausführlich Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 5844, S. 10 m. w. N.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 201. 598 Cass. req. 10.1.1928, JDI 1928, 975 (975 f.); TGI de la Seine 10.4.1962, JDI 1963, 1080 (1080); diese beiden anschaulichen Entscheidungen nennen Fricke, IPRax 1989, 202 (206); Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 10; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200. 599 Siehe Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 257; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 34 f.; Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 146 f.; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013.
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hend600 im Rahmen der ordre public-Prüfung behandelt.601 War das Urteilsgericht aus englischer Sicht international zuständig und handelt es sich um eine Entscheidung, die dem Kreis der in England anerkennungsfähigen Entscheidungen zugeordnet werden kann,602 so scheidet eine Anerkennung nach englischem Recht im Wesentlichen nur dann aus, wenn ein Verstoß gegen den ordre public-Vorbehalt gegeben ist, den der Urteilsgegner in Form der dem Common Law bekannten sog. defences im Anerkennungsverfahren geltend machen kann.603 Insofern stellt sich hinsichtlich der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung – wie auch in der französischen Rechtsordnung – das Problem des „Herausfilterns“ der bezüglich der Verfahrenseinleitung und des rechtlichen Gehörs relevanten Aspekte, zumal das englische Recht keine klare Unterscheidung zwischen prozessualem und materiell-rechtlichem ordre public vornimmt. 604 Statt dessen erfolgt eine Unterscheidung zwischen Verstößen gegen den ordre public in Form von Rechtsmißbrauch (fraud), Verstößen gegen die „natürliche Gerechtigkeit“ (natural justice und substantial justice) und schließlich gegen die public policy im engeren Sinne.605 Der für die prozessualen Fragen relevante Teilbereich des englischen ordre public bildet die natural and substantial justice,606 welche im Rahmen der Verfah600 Eine Ausnahme hiervon bildet etwa die Prüfung der internationalen Zuständigkeit, die einen in sich geschlossenen Prüfungspunkt darstellt. 601 Anschaulich zeigt dies etwa die Formulierung des Richters Scott J. in der Entscheidung Adams v Cape Industries: „It is well settled also that a foreign judgment given by a court of competent jurisdiction will not be enforced in this country if the judgment can be shown to have been obtained by fraud or if its enforcement would offend natural justice or public policy.“ Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (443); siehe auch Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 253; ebenso Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 144, der fraud und natural justice als Unterfälle des ordre public darstellt und seinen Überblick über die einzelnen defences in diesem Zusammenhang mit dem Satz schließt: „ […], it is arguable that public policy is the only real ground of refusal to recognise.“ 602 Zum Kreis der nach Common Law anerkennungsfähigen Entscheidungen siehe Kap. I § 4 III 1 a). 603 Statt aller Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 253; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 180 f. 604 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 144; ausführlich zur Struktur des ordre public im Common Law siehe Kap. II § 9 III. 605 Vgl. Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 144 ff.; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 181 ff.; Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, S. 72; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 10 ff.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 253 ff.; Linke, Die Versäumnisentscheidungen im deutschen, österreichischen, belgischen und englischen Recht, S. 147; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 34 ff.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 102 f. 606 Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 34; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 146 f.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
renseinleitung und der Gewährung rechtlichen Gehörs Gegenstand näherer Betrachtung sein soll. 2. Natural justice und substantial justice a) Einführende Bemerkungen Wie bereits erwähnt, werden die verfahrensrechtlichen Fragen des Erstprozesses grundsätzlich am englischen Begriff der natural justice gemessen.607 Doch was ist unter dem Begriff der „natürlichen Gerechtigkeit“ zu verstehen und in welchen konkreten Fällen ist ein Verstoß gegen die natural justice gegeben?608 Die Schwierigkeiten, die selbst die englische Rechtsprechung im Umgang mit dieser Begrifflichkeit hat, zeigen sich deutlich an den Ausführungen von Richter Atkin in der Entscheidung Jacobson v Frachon: „It the foreign judgment could only be impeached if the proceedings, the method by which the court came to its final decision, were contrary to the principles of ‘natural justice’ – principles which were not always easy to define, or to invite everybody to agree about.“609
Über weite Strecken wurde die natural justice (lediglich) dahingehend verstanden, dass der Beklagte über das gegen ihn eingeleitete Verfahren ordnungsgemäß informiert (due notice) und ihm hinreichend Gelegenheit im Prozess gegeben werden musste, sich zu verteidigen (proper opportunity to be heard).610 Die Hauptfälle, in denen dieses Kriterium zur Versagung der 607 Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 256 ff.; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 34. 608 Zu den Schwierigkeiten, diesem Begriff Kontur zu verleihen, siehe statt vieler Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 563 f.; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 633. 609 Jacobson v Frachon (1928) 44 T. L. R. 103 C. A. (105); siehe auch Macalpine v Macalpine [1958] P. 35 (44), in der der urteilende Richter Sachs sich auf Jacobson v Frachon bezieht. Zu den Schwierigkeiten bezüglich der genauen Begriffsklärung siehe Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 563; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 633; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 366; Brown, Conflict of Laws, S. 230; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 180; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 103; Wolff, Private International Law, S. 266. 610 Siehe hierzu etwa die Ausführungen des Richters Mellish L.J. in Ochsenbein v Papelier: „It was always held that a foreign judgment could be impeached at law as contrary to the principles of natural justice, as, for instance, on the ground of the Defendant having had no notice of the foreign action, or not having been summoned, or of want of jurisdiction, or that the judgment was fraudulently obtained.“, Ochsenbein v Papelier (1873) L.R. 8 Ch. App. 695 (700); Macalpine v Macalpine [1958] P. 35 (44): „Those principles seemed to him (his Lordship) to involve, first, that the court, being a court of competent jurisdiction, had given notice to the litigant that they were about to proceed to
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Anerkennung führte, betrafen dementsprechend, wie auch im englischen und französischen Recht, weitgehend Fälle, in denen die Entscheidung (in Gestalt eines Versäumnisurteils) ohne Mitwirkung des Beklagten ergangen war, weil dieser nicht ordnungsgemäß geladen worden war.611 Die Prüfung der Vereinbarkeit mit der natural justice umfasste somit im Wesentlichen bzw. allgemein formuliert die Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.612 Eine entsprechende Regel findet sich ebenfalls in Sec. 4 (1) (a) (iii) des Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act von 1933, welcher zwar die Anerkennung nicht ausdrücklich unter den Vorbehalt der natural oder substantial justice stellt, die Anerkennung eines Versäumnisurteils aber nur dann zulässt, wenn eine so rechtzeitige Ladung des Beklagten erfolgt ist, dass er sich verteidigen konnte. 613 Auch der Administration of Judgments Act 1920 lehnt eine Anerkennung im Falle mangelhafter Ladung und nicht ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs in Sec. 9 (2) (c) ab.614
determine the case, and, secondly, that he should be afforded an opportunity of substantially presenting his case before the court.“; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 181; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 12; Hayward, Conflict of Laws, S. 99; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 392; Briggs, The Conflict of Laws, S. 147; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 741; Stone, LMCLQ 1983, 1 (17); Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 42. 611 Vgl. Linke, Die Versäumnisentscheidungen im deutschen, österreichischen, belgischen und englischen Recht, S. 148. 612 Wolff, Private International Law, S. 266; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 257 f.; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 366 f. 613 Sec. 4 (1) (a) (iii) FJA 1933: „On an application in that behalf duly made by any party against whom a registered judgment may be enforced, the registration of the judgment – (a) shall be set aside if the registering court is satisfied – […] (iii) that the judgment debtor, being the defendant in the proceedings in the original court, did not (notwithstanding that process may have been duly served on him in accordance with the law of the country of the original court) receive notice of those proceedings in sufficient time to enable him to defend the proceedings and did not appear.“; siehe McClean/Ruiz AbouNigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 181; Moloney, Conflict of Laws, S. 230; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013 f. 614 Sec. 9 (2) (c) AJA 1920: „No judgment shall be ordered to be registered under this section if – […] the judgment debtor, being the defendant in the proceedings, was not duly served with the process of the original court and did not appear, notwithstanding that he was ordinarily resident or was carrying on business within the jurisdiction of that court or agreed to submit to the jurisdiction of that court.“; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 743; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 181; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013 f.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Diese enge Auffassung der verfahrensrechtlichen Prüfung hat der Court of Appeal in seiner berühmten Entscheidung Adams v Cape Industries aus dem Jahr 1990 jedoch erheblich erweitert.615 Hiernach sollen sämtliche Verfahrensverstöße, die gegen die grundlegenden englischen Gerechtigkeitsvorstellungen im Prozess bzw. die sog. substantial justice verstoßen, von der verfahrensrechtlichen Prüfung im Anerkennungsverfahren erfasst sein.616 Mit dieser Entscheidung brach der Court of Appeal mit dem traditionellen Verständnis der natural justice und ergänzte die verfahrensrechtliche Überprüfung im Anerkennungsverfahren am Begriff der natural justice durch die Messung des erststaatlichen Verfahrens an dem weiteren Begriff der substantial justice.617 War die Kontrolle des erststaatlichen Verfahrens – in prozessualer 615 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 566; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 258; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 13; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 103; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 741; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 180; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 393; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 36. 616 Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (496 ff.); Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 741 f.; Hayward, Conflict of Laws, S. 99; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 393; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 180; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 103; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 36. In dem ursprünglichen Verfahren in diesem Fall ging es um eine Produkthaftungsklage aufgrund von Asbestschädigung von 206 Personen bzw. Klägern in Texas. Das texanische Gericht erließ ein Versäumnisurteil (default judgment), in dem es jedem der Kläger durchschnittlich einen Anspruch in Höhe von US-$ 75.000 zusprach, aber nicht festlegte, welchen konkreten Betrag jeder einzelne Kläger erhalten sollte. Diese Art der Schadensfestsetzung wurde als der englischen substantial justice widersprechend betrachtet. Eine derartige Schadensbemessung, die ohne „judicial assessment“ erfolgte und nicht auf die individuellen medizinischen Erfordernisse der einzelnen Kläger einging, sei nicht mit der englischen Rechtsordnung in Einklang zu bringen, vgl. Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (499 ff.); Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 13; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 393; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 36; näher hierzu James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (101 f.). 617 Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 258; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 566. Carter will diesbezüglich eine klare Unterscheidung zwischen natural und substantial justice treffen: Die ordnungsgemäße Ladung und die Gewährung rechtlichen Gehörs sollen hiernach unter den Begriff der natural justice fallen, während er die substantial justice als „ultimate discretion to withhold recognition simply because in the eyes of the English forum justice was palpably not
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Hinsicht – bislang weitgehend auf die zwei oben benannten konkreten Szenarien der natural justice limitiert, so entspricht die Prüfung der Vereinbarkeit mit der substantial justice nach dem erweiterten Prüfungsprogramm durch Adams v Cape Industries im Wesentlichen der Prüfung anhand des verfahrensrechtlichen ordre public im deutschen und französischen Recht. 618 Im Common Law spielen dabei – wie auch in der deutschen und französischen Rechtsordnung 619 – für die Bestimmung der aus englischer Sicht grundlegenden Prozessanforderungen Art. 6 EMRK bzw. die Vorgaben des EGMR eine nicht zu vernachlässigende Rolle. 620 Auch im englischen Recht sind die vom EGMR aufgestellten Anforderungen an einen fairen Prozess Leitlinie bei der Ausfüllung des auslegungsbedürftigen Begriffs der substantial justice.621 Zu beachten ist allerdings, dass allein daraus, dass dem erststaatlichen Gericht bei der Rechtsanwendung ein Fehler unterlaufen ist, kein Verstoß gegen
done“ betrachtet, vgl. Carter, BYIL 59 (1988), 342 (362 f.); siehe auch Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 368. Clarkson/Hill sehen keine klare Abgrenzung von natural und substantial justice, vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 182. Interessant ist hier, dass auch in der frühen englischen Rechtsprechung bereits erste Tendenzen erkennbar waren, die die Kontrolle des erststaatlichen Verfahrens nicht lediglich auf die Prüfung der Ladung oder die Gewährung rechtlichen Gehörs beschränken wollten, vgl. etwa die Äußerungen von Channell J. in Robinson v Fenner: „So far as I can see, all the instances given of what is ‘contrary to natural justice’ for the purpose of preventing a foreign judgment being sued on here are instances of injustice in the mode of arriving at the result, such as deciding against a man without hearing him or without having given him any notice or the like.“, Robinson v Fenner [1913] 3 K. B. 835 (842 f.); a. A. wohl Schmitthoff, der in diesem Zitat einen Beleg für die restriktive Auslegung des Begriffs der natural justice sieht, vgl. Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 462 f. 618 Diesen Vergleich ziehen auch Balthasar, IPRax 2007, 475 (477); Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 34. Sehr kritisch sind diesbezüglich Fawcett/Carruthers/North, die eine mangelnde Trennschärfe zwischen substantial justice und public policy monieren, Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 566; ebenfalls kritisch Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 367, die eine zu ungenaue Definition bemängeln und Rechtsunsicherheiten befürchten. 619 Siehe exemplarisch bereits die Ausführungen zum französischen Recht Kap. II § 7 II 1. 620 Interessant ist diesbezüglich der Fall United States v Barnette, in dem u. a. vorgebracht worden war, dass das Vereinigte Königreich Art. 6 EMRK verletze, wenn es die Beschlagnahmeverfügung (confiscation order) eines US-amerikanischen Gericht anerkenne, vgl. United States v Barnette (2004) 1 W. L. R. 2241 (2241 ff.); siehe hierzu Fawcett/ Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 559 f.; Briggs, The Conflict of Laws, S. 147; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 704 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 257, 259; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 738 f., 744. 621 Fentiman, International Commercial Litigation, S. 704 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 257; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 181.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
die natural justice resultiert.622 Dies wäre – wie die Literatur zutreffend anführt – mit dem grundsätzlichen Verbot der révision au fond nicht vereinbar.623 b) Prüfungsmaßstab für die prozessualen Grundanforderungen Doch wie vollzieht sich konkret im Common Law die Prüfung, ob den englischen Vorstellungen eines fairen Verfahrens genüge getan wurde? War – wie oben erörtert – in der französischen Rechtsordnung bis zum Arrêt Bachir die Überprüfung der erststaatlichen Verfahrensnormen das übliche Vorgehen, findet sich im Common Law bereits in der frühen Entscheidung Pemberton v Hughes aus dem Jahr 1899 im Hinblick auf die Prüfung der Prozessnormen des Urteilsstaats eine klar ablehnende Haltung. 624 Hier stellte das Gericht fest, dass hinsichtlich des Urteils eines ausländischen Gerichts, das in Bezug auf ihrer Jurisdiktion unterstehende Personen in einer ihrem Zuständigkeitsbereich zugehörigen Sache ergangen ist, die englischen Gerichte nie die Korrektheit des ausländischen Verfahrens an sich untersuchen, sofern sie nicht die „grundlegenden Gerechtigkeitsvorstellungen“ (substantial justice) aus englischer Sicht verletzen. 625 Über 80 Jahre später bestätigte im Jahr 1983 ein englischer Divisional Court diese Linie in der Entscheidung Armitage v Nanchen, in der er darauf hinwies, dass – sofern kein Rechtsmissbrauch oder eine ähnliche Verfehlung gegeben sei – die Versagung der Anerkennung nur im Falle eines Verstoßes gegen die natural justice erfolge.626 Statt der Prüfung der konkreten Anwendung des erststaatlichen Prozessrechts findet sich demnach – wie auch in der deutschen und französischen Rechtsordnung – eine
622 McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 182; Brown, Conflict of Laws, S. 227; Moloney, Conflict of Laws, S. 226; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 103; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 37; Wolff, Private International Law, S. 266. 623 Brown, Conflict of Laws, S. 230; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 738 f., 744 m. w. N.; Moloney, Conflict of Laws, S. 226; McClean/ Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 182; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 37. 624 Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 740; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 145; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 702. 625 „If a judgment is pronounced by a foreign Court over persons within its jurisdiction and in a matter with which it is competent to deal, English Courts never investigate the propriety of the proceedings in the foreign Court, unless they offend against English views of substantial justice.“, Pemberton v Hughes [1899] 1 Ch. 781 (790); vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 740; Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 145; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 702. 626 Armitage v Nanchen (1983) 4 F.L.R. 293 (293); vgl. Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 144.
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konkrete Einzelfallkontrolle der anzuerkennenden Entscheidung.627 Da sich bezüglich der Verfahrenseinleitung nach wie vor die hinsichtlich der natural justice etablierten Anforderungen der ordnungsgemäßen Ladung (due notive) und der Gewährung rechtlichen Gehörs (proper opportunity to be heard oder auch proper opportunity to present the case) als zentrale Kriterien darstellen, sollen diese kurz näher beleuchtet werden. c) Ordnungsgemäße Ladung des Beklagten (due notice) Wurde der Beklagte nicht hinreichend über das gegen ihn angestrengte Verfahren vor dem drittstaatlichen Gericht informiert, so liegt, wie bereits eingangs dargelegt, regelmäßig ein Verstoß gegen die natural justice vor.628 Die Einhaltung der erststaatlichen Normen sagt dabei nichts über einen ggf. vorliegenden Verstoß gegen die natural justice aus.629 Die englischen Gerichte lehnen allerdings nicht jede dem englischen Recht nicht geläufige Zustellungsbzw. Unterrichtungsform ab, sondern gehen (lediglich) dann von einer nicht ordnungsgemäßen Inkenntnissetzung des Beklagten aus, wenn – wie Fawcett, Carruthers und North dies sehr plastisch formuliert haben – „the mode of citation has been manifestly insufficient as judged by any civilised standard“.630 Eine minimale „Unregelmäßigkeit“ im Erstprozess wird hiernach in der Regel nicht zur Versagung der Anerkennung in England führen.631 627 Siehe Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 180 f.; Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 144. 628 Robinson v Fenner [1913] 3 K.B. 835 (840 ff.); Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 145; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 12; Moloney, Conflict of Laws, S. 226; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 34 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 257; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 34; Stone, LMCLQ 1983, 1 (17). 629 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 181; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 564. Im Statute Law findet sich diesbezüglich eine klare Aussage. So stellt etwa der FJA 1933 ausdrücklich fest, dass das Recht des Urteilsstaats im Rahmen der Überprüfung der Ladung des Beklagten unbeachtlich sind, vgl. Sec. 4 (1) (a) (iii) FJA 1933: „On an application in that behalf duly made by any party against whom a registered judgment may be enforced, the registration of the judgment – (a) shall be set aside if the registering court is satisfied – […] (iii) that the judgment debtor, being the defendant in the proceedings in the original court, did not (notwithstanding that process may have been duly served on him in accordance with the law of the country of the original court) receive notice of those proceedings in sufficient time to enable him to defend the proceedings and did not appear.“; Stone, LMCLQ 1983, 1 (18). 630 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 564.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Hinsichtlich der Ladungsform wird zudem vertreten, dass, wenn sich der Beklagte zuvor – also etwa typischerweise durch eine Gerichtsstandsvereinbarung mit dem Kläger – der Zuständigkeit des Erstgerichts unterworfen hat, er sich gleichzeitig auch den prozessualen Vorschriften des Urteilsstaats unterworfen habe.632 Hat nach dieser Auffassung die Anwendung dieser Prozessvorschriften eine – aus englischer Sicht – unzureichende Kenntniserlangung zur Folge, so kann der Beklagte dies nicht als defence geltend machen.633 Vereinbaren die Parteien zudem eine bestimmte Zustellungsart und erlangt der Beklagte bei vereinbarungskonformer Zustellung dennoch keine tatsächliche Kenntnis von der Verfahrenseinleitung, so kann er ebenfalls keine Verletzung der substantial justice geltend machen. 634 Das Vorbringen dieser defence ist ihm überdies dann nicht möglich, wenn er – trotz mangelnder Ordnungsmäßigkeit oder Rechtzeitigkeit der Ladung – Kenntnis von dem Verfahren erlangt hat. 635 Insofern scheint eine Heilung von Verfahrensmängeln bei der Zustellung grundsätzlich recht unproblematisch im Common Law möglich zu sein. d) Gewährung rechtlichen Gehörs (proper opportunity to be heard) Ein Verstoß gegen die natural justice ist zudem gegeben, wenn der Beklagte im erststaatlichen Verfahren kein rechtliches Gehör gewährt wurde bzw. er nicht hinreichend vortragen durfte (proper opportunity to present the case).636 631
Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 741; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 145; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 634. 632 Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 35 m. w. N. 633 Vgl. die Ausführungen des Court of Exchequer in Vallée v Dumergue: „[…]; for that it is not contrary to natural justice that a man who has agreed to receive a particular mode of notification of legal proceedings should be bound by a judgment in which that particular mode of notification has been followed, even though he may not have had actual notice of them.“, Vallée v Dumergue (1849) 4 Ex. 290 (303); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 742; Moloney, Conflict of Laws, S. 226; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 35. 634 Vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 181; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 12; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 35. 635 Siehe etwa Commercial Innovation Bank Alfa Bank v Kozeny [2002] UKPC 66, 2002 WL 3194765; vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 565; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 729; ausführlich McKnight, JIBLR 2004, 19 (5), 151 (155 f.); Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 35. 636 Robinson v Fenner [1913] 3 K.B. 835 (840 ff.); Moloney, Conflict of Laws, S. 226; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 35; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 257 f.; Stone, LMCLQ 1983, 1 (17).
§ 7 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör
223
Eine Verletzung des Beklagtengehörs ist in der Regel dann gegeben, wenn dem Beklagten die Gelegenheit der Darstellung des Falls aus seiner Sicht versagt wurde.637 Bezüglich der Annahme eines Verstoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs ist den englischen Gerichten jedoch eine große Zurückhaltung zu attestieren. So soll es für einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör des Beklagten in der Regel nicht ausreichen, wenn ein von ihm im Erstprozess vorgebrachtes Beweismittel von dem Urteilsgericht nicht zugelassen wurde, sofern dies in Übereinstimmung mit dem ausländischen bzw. drittstaatlichen Prozessrecht erfolgt ist.638 Der viel diskutierte Fall Krombach ./. Bamberski, der sowohl von EuGH639 als auch vom EGMR640 entschieden wurde, bildet dabei wohl ein klassisches Beispiel für einen Fall, in dem die Entscheidung wegen Verstoßes gegen die natural justice einer Anerkennung oder Vollstreckung in England nicht zugänglich gewesen wäre.641
637
Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 35 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 565; Moloney, Conflict of Laws, S. 226. 638 So ausdrücklich Channell J. in Robinson v Fenner: „There is, however, the recent decision of my brother A. T. Lawrence J. in Scarpetta v. Lowenfeld, that rules of evidence are for the foreign tribunal, and that the fact that it acted on rules which we do not now think just is not ground for saying that the judgment cannot be sued on here.“, Robinson v Fenner [1913] 3 K.B. 835 (843); vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 181; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 180; siehe auch Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 103; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 37. 639 EuGH, 28.3.2000, Rs. C-7/98, Slg. 2000, I-1935, NJW 2000, 1853 (1853 ff.); vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 739. 640 EGMR, 13.2.2001 – 29731/96 (Krombach ./. Frankreich) = NJW 2001, 2387 (2387 ff.). 641 Siehe hierzu Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 739. In diesem berühmten Fall erhob der in Frankreich ansässige Bamberski gegen den in Deutschland wohnhaften Krombach vor der Cour d’assises Paris im Rahmen eines Adhäsionsverfahrens eine Zivilklage. Die Anklageschrift und die vor dem Strafgericht erhobene Zivilklage wurden auch zugestellt. Obwohl das persönliche Erscheinen des Beklagten angeordnet worden war, blieb er der Hauptverhandlung fern. Die Cour d’assises Paris wandte daraufhin ein Abwesenheitsverfahren an, in dem nach den Normen des französischen Strafprozessrechts für den abwesenden Angeklagten kein Verteidiger auftreten darf. Die im Jahr 1995 aus diesem Verfahren hervorgegangene zivilrechtliche Entscheidung wollte Bamberski in Deutschland anerkennen und für vollstreckbar erklären lassen. Dies wurde ihm schließlich nach jahrelangem Prozessieren durch alle Instanzen bis hin zu EuGH und EGMR wegen eines Vestoßes gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs versagt. Diese Entscheidung wurde in der Literatur umfassend analysiert und kommentiert, eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Urteil des EuGH liefern beispielsweise Jayme, in: Jayme, Wiener Vorträge, 265 (266 ff.) und Jüngst, Der europäische verfahrensrechtliche ordre public, S. 23 ff.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
e) Die Ergreifung von Verteidigungsmöglichkeiten im Erststaat Die defence der Verletzung der natural oder substantial justice kann allerdings nicht uneingeschränkt von dem Beklagten im englischen Prozess vorgebracht werden. So kommt die Geltendmachung einer entsprechenden Verletzung dieser Grundprinzipien des Common Law in der Regel nicht in Betracht, wenn dem Beklagten im Erststaat ein Verteidigungs- bzw. Rechtsmittel (remedy) zu seiner Verteidigung zur Verfügung stand. 642 Die einschlägige Literatur verweist in diesem Zusammenhang zunächst auf die Entscheidung Jet Holdings Inc. v Patel, in der grundlegend festgestellt wurde, dass die Aussagen des Erstgerichts hinsichtlich der Befolgung seiner eigenen Verfahrensnormen für das englische Anerkennungsgericht irrelevant seien.643 Trotzdem will das englische Recht bzw. Common Law dem Beklagten die Pflicht zur Ergreifung von Rechtsmitteln unter bestimmten Voraussetzungen auferlegen.644 So soll die Versagung der Anerkennung grundsätzlich nicht angebracht sein, wenn dem Beklagten die Unregelmäßigkeiten im erststaatlichen Prozess bekannt waren und er eine ihm zumutbare Möglichkeit hatte, in diesem Verfahren seine Rechte zu wahren.645 Das Ergreifen von Rechtsmitteln im Erststaat kann nur dann nicht erwartet werden, wenn dem Beklagten der Fehler im Prozess nicht rechtzeitig bekannt war und die äußeren Faktoren eine Rüge im Urteilsstaat als nicht zumutbar erscheinen lassen.646 642
Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 393 f. „Once again one would expect that the foreign court’s views would logically be neither conclusive nor relevant as to the propriety of its own proceedings. If the English court considers that the foreign court did not observe the rules of natural justice – for example, the rule audi alteram partem or nemo judex in rem suam – why should it make any difference that the foreign court thought it was observing the rules of natural justice?“, Jet Holdings Inc. v Patel [1990] 1 Q. B. 335 (345); vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 741 f.; Brown, Conflict of Laws, S. 228; Collier, in: Walter/ Baumgartner, S. 146; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 367; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-5.; Moloney, Conflict of Laws, S. 224.; näher zu dieser Entscheidung siehe Carter, BYIL 59 (1988), 342 (360 ff.). 644 Statt vieler Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 742 f. 645 Vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 564 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 394 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 743. 646 „Although when a procedural defect is apparent to a defendant, he should use the local remedy of appeal before resorting to the contention in England that the assessment of his liability was not in accordance with the principles of substantial justice, the exhaustion of appeal procedures cannot be a prerequisite in cases where the possible ground of appeal was not apparent to the defendant in adequate time to pursue this course.“, Masters v Leaver [2000] I. L. Pr. 387 (387); Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 395; ausführlich McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 180 f. 643
§ 7 Ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und rechtliches Gehör
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Abschließend ist anzumerken, dass die Fälle, in denen die defence der Verletzung der natural oder substantial justice angestrengt wurde, laut Literatur äußerst selten sind.647 Gleichwohl kann der Wert dieses Anerkennungskriteriums nicht überschätzt werden, schützt es doch den Beklagten und seine grundlegenden Rechte in umfassender Form im Anerkennungsverfahren. Hierdurch liefert diese defence als Ausprägung des ordre public-Vorbehalts nicht nur eine „Notbremse“ in den – wenn auch seltenen – Fällen der Verletzung der elementaren Verfahrensgrundsätze, sondern stärkt zugleich das Vertrauen des Beklagten in den Schutz vor unrechtmäßig ergangenen Entscheidungen. IV. Zusammenfassende Wertung Hat die bisherige Betrachtung der unterschiedlichen Rechtsordnungen bzw. insbesondere die Untersuchung der Anerkennungszuständigkeit noch den Eindruck erweckt, die einzelnen Anerkennungssysteme seien in weiten Teilen unterschiedlich, so finden sich mit Blick auf die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung und die Wahrung des rechtlichen Gehörs vielfach große Übereinstimmungen. Alle behandelten Rechtsordnungen verlangen regelmäßig, dass der Beklagte Kenntnis von dem gegen ihn eingeleiteten Ausgangsverfahren erhalten hat bzw. ihm die Klage ordnungsgemäß zugestellt und sein rechtliches Gehör gewahrt wurde. Ob dabei dieses Erfordernis als eigenes geschriebenes Kriterium wie in § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO formuliert wird, sich als Teil der Prüfung des verfahrensrechtlichen ordre public wie in Frankreich oder in Gestalt der natural justice wie in England vollzieht, kann dahinstehen. In allen drei Rechtsordnungen findet nicht etwa eine exakte Nachprüfung der erststaatlichen Verfahrensvorschriften statt, sondern es werden die jeweiligen inländischen Maßstäbe des Anerkennungsstaats angelegt, um die grundlegenden verfahrensmäßigen Anforderungen zu bestimmen. Ein Beispiel hierfür bildet etwa die Prüfung der Rechtzeitigkeit der Ladung bzw. des notwendigen Vorbereitungszeitraums, der sich in allen drei Anerkennungssystemen nicht in einer Überprüfung der erststaatlichen Ladungsfristen erschöpft, sondern im Hinblick auf die Wahrung des rechtlichen Gehörs des Beklagten diese hiervon unabhängig bestimmt.
647
Briggs, The Conflict of Laws, S. 147; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 181; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 146.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
§ 8 Keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit § 8 Keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit
Die dritte Anerkennungsvoraussetzung, die sich in allen drei behandelten Rechtsordnungen findet, ist das Nichtvorliegen von entgegenstehender Rechtskraft oder Rechtshängigkeit bzw. der Ausschluss von Urteilskollisionen. Auch wenn die einzelnen Staaten in der Regel um einen internationalen Entscheidungseinklang bemüht sind, lassen sich Situationen, in denen Entscheidungen international kollidieren können – häufig aufgrund schlichter Unkenntnis vom drittstaatlichen Verfahren – bei der Vielzahl der von einander unabhängigen Rechtssysteme nicht generell vermeiden.648 Vor diesem Hintergrund existiert der Versagungsgrund der Urteilskollision, um das Entstehen widersprüchlicher Entscheidungen und die hieraus resultierende „Störung der internationalen Rechtspflege“ zu verhindern. 649 Zu unterscheiden sind bei diesem Problemfeld des Anerkennungsrechts grundsätzlich drei unterschiedliche Szenarien: Die Kollision der anzuerkennenden oder für vollstreckbar zu erklärenden Entscheidung mit einem vorher ergangenen inländischen Urteil, mit einem nach ihr ergangenen inländischen Urteil und schließlich die Kollision von zwei (oder ggf. auch mehrereren) bestehenden drittstaatlichen Urteilen.650 Hinsichtlich der Urteilskollision gilt es dabei das Ziel des internationalen Entscheidungseinklangs wie auch die Rechte und Bedürfnisse der Parteien und des jeweiligen Anerkennungsstaats in Ausgleich zu bringen.651 Die folgende Betrachtung untersucht die spezifischen Lösungen, die die unterschiedlichen Rechtsordnungen für diese Konflikte gefunden haben. I.
Der deutsche § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO
1. Systematische Einordnung und Begriffsklärung Nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist die Anerkennung eines ausländischen Urteils ausgeschlossen, wenn das Urteil mit einem im deutschen Inland erlassenen oder einem anzuerkennenden früheren ausländischen Urteil kollidiert, oder wenn das ihm zugrunde liegende Verfahren mit einem früher hier rechtshängig gewordenen Verfahren unvereinbar ist. Mit § 328 Abs. 1 Nr. 3 648 Moissinac Massénat, Les conflits de procédures et de décisions en droit international privé, S. 1; Schack, IZVR, Rn. 944; Kitic, Droit international privé, S. 139. 649 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 503; ebenso Koch, Unvereinbare Entscheidungen i. S. d. Art. 27 Nr. 3 und 5 EuGVÜ und ihre Vermeidung, S. 11 f.; siehe auch Schack, IZVR, Rn. 944; ders., IPRax 1989, 139 (139), der es diesbezüglich auf den Punkt bringt: „Vorbeugen ist besser als Heilen“; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 323 sprechen bei dem notwendigen Zurücktreten einer der kollidierenden Entscheidungen von einem „bedauerlichen, gar desaströsen Mangel des internationalen Entscheidungseinklangs“. 650 Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 38; Linke/Hau, IZVR, Rn. 478. 651 Vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 640
§ 8 Keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit
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ZPO in der heutigen, aus dem Jahr 1986 stammenden Fassung wurde die Urteilskollision folglich als eigenständiges Anerkennungskriterium normiert und nicht etwa als „bloßer Unterfall“ der ordre public-Kontrolle behandelt.652 Früher wurde die Frage des Vorrangs kollidierender Entscheidungen als Teil des ordre public betrachtet.653 Seit der IPR-Reform im Jahr 1986 ist die Urteilskollision jedoch (parallel zu Art. 27 Nr. 3 und 5 EuGVÜ bzw. Art. 45 Abs. 1 lit. c (vormals 34 Nr. 3 u. 4) EuGVVO) als eigener Versagungsgrund geregelt.654 Da, wie eingangs bereits dargelegt,655 dem Urteilsbegriff des § 328 Abs. 1 ZPO nicht die Definition des Begriffs „Urteil“ im engeren Sinne zugrunde gelegt wird, genügt für die Versagung der Anerkennung jede deutsche richterliche Entscheidung, z.B. auch ein Beschluss.656 Ein vorher geschlossener Prozessvergleich hindert eine Anerkennung hingegen nicht.657 Zudem soll es der Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung nicht entgegenstehen, wenn in derselben Sache einer Partei von einem deutschen Gericht Prozesskostenhilfe (wegen fehlender Erfolgsaussicht) versagt wurde.658 Der Norm lässt sich allerdings nicht näher entnehmen, wann die „Unvereinbarkeit“ einzelner Entscheidungen gegeben sein soll.659 Der EuGH hat für 652 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 38; ders., IZPR in der ZPO, S. 100; eine entsprechende Lösung in Form einer Spezialvorschrift findet sich auch auf europäischer Ebene in Art. 34 Nr. 3 und 4 EuGVVO, vgl. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 94; Schack, IZVR, Rn. 944. Zur Abgrenzung von § 328 Abs.1 Nr. 3 und Nr. 4 ZPO siehe Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 26. 653 Vgl. etwa BayObLG, 28.1.1983 – Breg. 1 Z 48/82, BayObLGZ 1983, 21 (21 ff.); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 14; Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475 (485); eine Behandlung der Kollision unvereinbarer Entscheidungen im Rahmen des ordre public-Vorbehalts liefert (aufgrund der damaligen Rechtslage) Martiny, in: Hdb. IZVR III/ 1, S. 503 ff. 654 Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 111; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 94; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 417; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO, § 157 Rn. 35; Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 200. 655 Siehe Kap. I § 2 III 1 b). 656 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 27; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 99; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 428; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 21. 657 So ausdrücklich der EuGH in seiner Entscheidung Solo Kleinmotoren GmbH ./. Boch für Art. 27 Nr. 3 EuGVÜ, die sich aber in dieser Frage auch für das autonome Recht heranziehen lässt, EuGH, 2.6.1994, Rs. C-414/92, Slg. 1994, S. I-2237; vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 207; Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 115; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 99; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 21. 658 BGH, 22.6.1983 – VIII ZB 14/82, BGHZ 88, 17 (20); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 204; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 115; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 14; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 96; Schack, IZVR, Rn. 949. 659 Ebenso Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 96.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
das EuGVÜ entschieden, dass Entscheidungen dann als unvereinbar zu betrachten sind, wenn sie „Rechtsfolgen haben, die sich gegenseitig ausschließen“.660 Der EuGH geht dabei von einem sehr weiten autonomen Unvereinbarkeitsbegriff bezüglich Art. 27 Nr. 3 EuGVÜ (heute Art. 45 Abs. 1 lit. c, vormals Art. 34 Nr. 3 EuGVVO) aus.661 Diese Rechtsprechung des EuGH lässt sich weitestgehend auf das nationale autonome Prozessrecht übertragen.662 Unvereinbarkeit im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist somit stets zu bejahen, wenn die kollidierenden Urteile denselben Streitgegenstand betreffen und sich die „Kernpunkte“ der jeweiligen Verfahren überschneiden (sog. Kernpunkttheorie des EuGH).663 Dies umfasst nach herrschender Meinung auch die im Verfahren entschiedenen präjudiziellen Rechtsfragen. 664 Nach der amtlichen Begründung der Bundesregierung ist jedoch ausdrücklich die Identität der Parteien nicht zwingend erforderlich, da „Unvereinbarkeit nach dem deutschen Prozessrecht auch über die unmittelbare Beteiligung hinaus in Frage kommt“. 665 660 EuGH, 4.2.1988, Rs. 145/86, Slg. 1988, S. 645, Rn. 22 (Hoffmann ./. Krieg); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 201; Linke/Hau, IZVR, Rn. 481; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 96; eine ausführliche Besprechung der Entscheidung liefern Schack, IPRax 1989, 139 (141 f.) und Martel, JCP G Sem. Jur. 2006 N° 14 II 10052. 661 Schack, IZVR, Rn. 948; ders., IPRax 1989, 139 (141); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 201; gegen eine autonome Auslegung und für eine Auslegung der Unvereinbarkeit i. S. d. großzügigsten Rechtsordnung spricht sich Wolf aus, da eine abweichende autonome Auslegung eine Erschwerung der Anerkennung in der günstigsten Rechtsordnung zur Folge habe, vgl. Wolf, in: FS Schwab, 561 (567). 662 OLG Hamm, 30.10.2000 – 1 U 1/00, FamRZ 2001, 1015 (1015); Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 115; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 44; Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 204 f. 663 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 27; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 20; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 44; Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 328 Rn. 14; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 507; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 98; Linke/Hau, IZVR, Rn. 481. 664 Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 115; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 13; Rosenberg/Schwab/Gottwald, ZPO; § 157 Rn. 36; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 20; Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 204; Linke/ Hau, IZVR, Rn. 481; a. A. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 98; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 44. 665 Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; vgl. Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 206; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 44; den Wortlaut als missverständlich kritisiert Geimer, der betont, dass „die subjektiven Grenzen der Urteilswirkungen“ nach dem jeweiligen Recht des Erlassstaates zu prüfen seien, vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 202; a. A. Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 328 Rn. 14, der Parteienidentität fordert.
§ 8 Keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit
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2. Kollision mit einer inländischen Entscheidung Im deutschen Recht findet sich – wie auch im französischen und englischen Recht –666 eine besondere Differenzierung zwischen einer Kollision der anzuerkennenden Entscheidung mit einer deutschen Entscheidung einerseits (1. Alt.) und der Kollision mit einer anerkannten oder anzuerkennenden ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung (2. Alt.) andererseits. Kollidiert die anzuerkennende Entscheidung mit einem deutschen Urteil, so geht das deutsche Urteil nach dem sog. Nationalitätsprinzip dem ausländischen stets vor, auch wenn die drittstaatliche Entscheidung später als die ausländische ergangen ist, § 328 I Nr. 3 1. Alt. ZPO. 667 Lenenbach stellt diebezüglich anschaulich folgende Problematik dar: Da bis zum Erlass der inländischen Entscheidung für die Anerkennung der drittstaatlichen Entscheidung kein Hindernis bestand, ist zu bestimmen, ab welchem Zeitpunkt die Wirkungen des ausländischen Urteils in Deutschland entfallen.668 Diesbezüglich erscheint die folgende, von Lenenbach vorgeschlagene Lösung sachgerecht: Die Anerkennung bzw. die Wirkungserstreckung entfällt nicht etwa ex tunc, sondern ex nunc ab Rechtskrafteintritt der deutschen Entscheidung, da ansonsten das Prinzip der automatischen Anerkennung ausgehebelt würde und schutzwürdige Dritte, die in der „Zwischenphase“ auf die Anerkennung vertraut hatten, in ihrem Vertrauen verletzt würden.669 Grundsätzlich erscheint die Privilegierung inländischer Entscheidungen unangemessen und mit den Erfordernissen des heutigen Rechts- und Wirtschaftsverkehrs wohl nur schwer vereinbar.670 Die bestehende Regelung verstößt gegen die allgemeinen Grundsätze der Rechtskraftlehre, nach welchen die Rechtskraft des drittstaatlichen Urteils als Prozesshindernis bereits die 666
Siehe hierzu sogleich Kap. II § 8 II und III. Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 41; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 113; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 425; Stadler, in: Musielak, § 328 Rn. 22; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 38; Linke/Hau, IZVR, Rn. 480; sehr kritisch Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 199; ders., IZPR, Rn. 2891. 668 Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 208. 669 Vgl. Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 208; ebenso wohl Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 425. 670 Ebenfalls ablehnend Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 113; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 199; ders., IZPR, Rn. 2891; auch Schack äußert sich kritisch und spricht diesbezüglich von einem „egoistischen Prinzip“, vgl. Schack, IZVR, Rn. 944. Lenenbach sieht in der bestehenden Regelung einen „gesetzgeberischen Fehlgriff“, vgl. Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 208; ebenso Huber, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World, 291 (301 f.), der insofern zudem die europäischen Regelungen der EuGVVO kritisiert, welche – auch nach der Neufassung – dasselbe Prinzip verfolgt. 667
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Durchführung des inländischen Verfahrens hätte verhindern bzw. diesem entgegenstehen müssen.671 Bevorzugt man im Anerkennungsverfahren ein inländisches Urteil, das diesen allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz missachtet, schafft man eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von drittstaatlichen und inländischen Entscheidungen und schafft faktisch Anreize einen in einem drittstaatlichen Verfahren entschiedenen Gegenstand im Inland erneut anhängig zu machen.672 Zwar wird mitunter die Ansicht vertreten, es könnte dem drittstaatlichen Urteil im Wege der Restitutionsklage nach § 580 Nr. 7 lit. a ZPO673 noch Geltung verschafft werden,674 dieser Auffassung ist jedoch nicht zuzustimmen, da im Anerkennungsverfahren § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 ZPO im Verhältnis zu § 580 Nr. 7 lit. a ZPO lex specialis ist.675 Vor dem Hintergrund dieser Kritikpunkte erscheint es de lege ferenda sinnvoll, von den bestehenden Grundsätzen abzuweichen und bei der Kollision mit inländischen wie auch drittstaatlichen Entscheidungen nach dem Prioritätsprinzip zu verfahren.676 3. Kollision mit einer früheren ausländischen Entscheidung Die Anerkennung wird einem drittstaatlichen Urteil gemäß § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 ZPO versagt, wenn die gerichtliche ausländische Entscheidung, deren Anerkennung begehrt wird, mit einem bereits anerkannten oder anzuerkennenden früheren drittstaatlichen Urteil unvereinbar ist. Dies bedeutet, dass bei einer Kollision ausländischer Urteile grundsätzlich das Prioritätsprinzip gilt, welches auch bei der Kollision inländischer deutscher Entscheidungen miteinander Anwendung findet.677 Steht eine anerkannte drittstaatliche Ent-
671 Gottwald, IPRax 1984, 57 (60); siehe auch Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 22. 672 Ebenso Geimer, der eine Lösung der Kollision mit in- und ausländischen Urteilen nach den gleichen Grundsätzen fordert, die gemäß § 580 Nr. 7 ZPO bei Vorliegen zweier inländischer Entscheidungen über den gleichen Streitgegenstand gelten, vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 199. 673 § 580 Nr. 7 lit. a ZPO: „Die Restitutionsklage findet statt, wenn die Partei ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.“ 674 Siehe insbesondere Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 113; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 199; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 426; ebenso Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (32). 675 Lenenbach, Die Behandlung von Unvereinbarkeiten zwischen rechtskräftigen Zivilurteilen nach deutschem und europäischem Zivilprozeßrecht, S. 208. 676 Ähnlich statt vieler Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (32); Linke/Hau, IZVR, Rn. 480, die hinsichtlich des Nationalitätsprinzips von einer ungerechten Lösung sprechen. 677 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 42; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 199; Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 94; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328
§ 8 Keine entgegenstehende Rechtskraft oder Rechtshängigkeit
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scheidung der Anerkennung einer späteren drittstaatlichen Entscheidung mit gleichem Streitgegenstand entgegen, kommt dem zweiten Urteil die an sich vorgesehene automatische Anerkennung im deutschen Inland nicht zu, d. h. bei den beiden drittstaatlichen Parallelverfahren kommt es nicht darauf an, wann die Rechtshängigkeit eingetreten, sondern allein, wann die jeweilige Entscheidung in Rechtskraft erwachsen ist.678 4. Nichtbeachtung inländischer Rechtshängigkeit durch drittstaatliche Gerichte § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 ZPO schließt die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung schließlich aus, wenn das drittstaatliche mit einem früher in Deutschland rechtshängig gewordenenen Verfahren unvereinbar ist. Einer Anerkennung entgegensteht demnach bzw. dem insoweit eindeutigen Wortlaut entsprechend nur eine frühere, nicht aber eine spätere deutsche Rechtshängigkeit. 679 Auch ist für das deutsche Anerkennungsrecht unerheblich, ob ein drittstaatliches Verfahren bzw. eine andere drittstaatliche Rechtshängigkeit gegeben war, die nicht berücksichtigt wurde.680 Zweck dieser Vorschrift soll es einerseits sein, „die Missachtung des bereits laufenden inländischen Verfahrens zu sanktionieren“ und andererseits die „Präjudizierung oder Blockierung der inländischen Entscheidung durch den Einwand der res iudicata zu verhindern“.681 Im Rahmen der Prüfung des § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bzw. für die Anerkennungsprüfung ist es nicht relevant, ob die deutsche Rechtshängigkeit dem drittstaatlichen Gericht bekannt war. 682 § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 ZPO soll auch dann eine Anerkennung verhindern, wenn es dem erststaatlichen Richter nicht möglich war, die deutsche Rechtshängigkeit zu be-
Rn. 97; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 421; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 22. 678 Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 112; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 423; Geimer, IZPR, Rn. 2736; 2798. 679 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 43; Gottwald, in: MüKO ZPO, Bd. 1, § 328 Rn. 114; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 429; Roth, Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, S. 115; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 39; Habscheid, RabelsZ 31 (1967), 254 (255 f.). 680 Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 199. 681 Vgl. Linke, IZPR, 4. Aufl., Rn. 415; kritisch Roth, Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, S. 116 f. 682 BayObLG, 28.1.1983 – Breg. 1 Z 48/82, BayObLGZ 1983, 21 (25); Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 114; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 29; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 43; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 98; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 40; ders., IZPR in der ZPO, S. 101; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO, Rn. 429; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 22.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
achten.683 Ob und wann Rechtshängigkeit eingetreten ist, wird nach der lex fori des jeweiligen Urteilsgerichts bestimmt.684 Die Nichtbeachtung der deutschen Rechtshängigkeit nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 ZPO ist als Anerkennungshindernis dabei nur bis zu jenem Zeitpunkt einschlägig, zu dem eine Entscheidung in der Sache ergangen ist, ab diesem Zeitpunkt wird sie von § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 ZPO verdrängt.685 Wenngleich § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO an sich Art. 27 Nr. 3 EuGVÜ nachgebildet wurde, ist bemerkenswert, dass sich keine entsprechende Parallelvorschrift zu § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 3 ZPO in der EuGVVO (oder ursprünglich dem EuGVÜ) findet.686 Für eine solche Regelung bestand in diesen Rechtsakten allerdings aufgrund ihrer Struktur keine Notwendigkeit, da diese in Artt. 21 bis 23 EuGVÜ bzw. Artt. 29 ff. (vormals Artt. 27 bis 30) EuGVVO die internationale Rechtshängigkeit unmittelbar regeln, sodass es in ihrem Anwendungsbereich regelmäßig nicht zu Kollisionen kommen kann.687 Allerdings besteht nach der hier vertretenen Ansicht auch im deutschen autonomen Recht keine Notwendigkeit für eine derartige Privilegierung des deutschen Verfahrens. Zwar erscheint es äußerst sinnvoll, die Rechtshängigkeit desselben Streitgegenstands als Anerkennungshindernis zu berücksichtigen. Dies kann jedoch nur gelten, wenn auch die deutsche Rechtsordnung die drittstaatliche Rechtshängigkeit berücksichtigt und nicht im Anerkennungsverfahren außer Acht lässt und hierdurch die inländischen Entscheidungen privilegiert. In seiner gegenwärtigen Ausgestaltung ist § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO mit seiner Unterscheidung von Nationalitätsprinzip und Prioritätsprinzip bei der Urteilskollision als wenig gelungen zu bewerten. Eine derartige Ungleichbehandlung von inländischer und ausländischer Rechtshängigkeit und Entscheidungen kann gravierende Folgen für den angestrebten Rechtsfrieden haben. Die bestehende Regelung animiert faktisch die unterlegene Partei dazu, ein erneutes Verfahren in Deutschland in derselben Sache anhängig zu
683
Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 40; ders., IZPR in der ZPO, S. 101. 684 BGH, 12.2.1992 – XII ZR 25/91, IPRax 1994, 40 (40); BGH, 18.3.1987 – IV b ZR 24/86, NJW 1987, 3083 (3083) = IPRax 1989, 104 (104); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 14; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 98; Schütze, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 328 Rn. 39; ders., IZPR in der ZPO, S. 101. 685 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 40. 686 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO; § 328 Rn. 98. Art. 27 Nr. 3 EuGVÜ versagt einer Entscheidung nur dann die Anerkennung, wenn „die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Staat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist“ und auch Art. 45 Abs. 1 lit c (vormals Art. 34 Nr. 3) EuGVVO, der Art. 27 Nr. 3 EuGVÜ im Grunde wortgleich übernommen hat, geht nicht auf eine vorherige Rechtshängigkeit ein. 687 Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; Linke/Hau, IZVR, Rn. 479; Kropholler, IPR, S. 671.
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machen, um doch noch ein vorteilhafteres Ergebnis zu erstreiten. 688 Eine Beseitigung dieser Missstände durch die Gleichstellung von inländischen und drittstaatlichen Entscheidungen ist deshalb angezeigt. II. Die Urteilskollision im französischen Recht Eine weitere, wenngleich nicht im Arrêt Munzer ausdrücklich genannte, Anerkennungsvoraussetzung bildet im autonomem französischen Recht die Vereinbarkeit der anzuerkennenden Entscheidung mit früheren Urteilen.689 Auch in der französischen Rechtsordnung findet sich – wie bereits im deutschen autonomen Recht herausgearbeitet – eine Unterscheidung zwischen einer Kollision bzw. einem Konflikt der anzuerkennenden Entscheidung mit einer französischen Entscheidung und einer Kollision mit einer anderen drittstaatlichen Entscheidung.690 Allerdings existiert im französischen Recht keine Parallelvorschrift zu § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, sondern die Prüfung der Urteilskollision vollzieht sich als Bestandteil der ordre public-Kontrolle.691 An dieser Stelle ist der Vergleich mit der deutschen Rechtsordnung interessant, denn wie schon bereits in Bezug auf die Prüfung der Wahrung der Beklagtenrechte bei der Verfahrenseinleitung gesehen, zeigt sich, dass der deutsche Gesetzgeber im Rahmen der IPR-Reform 1986 dazu tendierte, einzelne Spezialfragen, die zuvor im Rahmen des ordre public-Vorbehalts behandelt wurden, als
688 Roth, Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, S. 116; Habscheid, RabelsZ 31 (1967), 254 (258). 689 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 204; Laborde, Droit international privé, S. 116; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.032; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 766; Moissinac Massénat, Les conflits de procédures et de décisions en droit international privé, S. 6 f.; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 2; Kitic, Droit international privé, S. 139 ff.; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (495); Fricke, IPRax 1989, 202 (207); Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 294 ff.; sehr instruktiv zur Urteilskollision bei Scheidungsurteilen Alexandre, Rev. crit. DIP 1983, 597 (597 ff.). 690 Siehe Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 2 ff.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 250 f.; ausführlich Kitic, Droit international privé, S. 139 ff. 691 Audit, Droit international privé, S. 395 f.; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 589; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.031 ff.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 28; Derruppé, Droit international privé, S. 120; Laborde, Droit international privé, S. 116; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 766; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 178.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
eigenständige Anerkennungsvoraussetzungen auszugliedern,692 während die französische Rechtsordnung diese Teilfragen weiterhin als Unterpunkte der ordre public-Prüfung behandelt.693 „Unvereinbarkeit“ („incompatibilité“ oder auch „inconciliabilité“) von Entscheidungen ist nach französischem Recht grundsätzlich gegeben, wenn zwei Entscheidungen einer gleichzeitigen Vollstreckung nicht zugänglich sind. 694 Insofern scheint auch das französische Recht auf die Wertung der obig bereits beschriebenen „Kernpunkttheorie“ des EuGH zurückzugreifen. 695 Der Versagungsgrund der Unvereinbarkeit erfasst auch im französischen Recht nicht nur Entscheidungen, die denselben Streitgegenstand betreffen, sondern auch die präjudiziellen Rechtsfragen, die im erststaatlichen Verfahren festgestellt wurden. 696 Insofern lassen sich Parallelen zum deutschen Prozessrecht feststellen, allerdings ist im französischen Recht anders als nach deutschem autonomen Recht für eine Versagung aufgrund von Unvereinbarkeit erforderlich, dass die kollidierenden Entscheidungen zwischen denselben Parteien ergangen sein müssen. 697 1. Konflikt zwischen zwei ausländischen Entscheidungen Liegen einem französischen Gericht zwei drittstaatliche Entscheidungen vor, die gleichermaßen anerkennungsfähig sind, so soll die Kollision dieser Entscheidungen nach der Maxime prior tempore potior iure bzw. dem hieraus resultierenden Prinzip der wohlerworbenen Rechte (principe du respect des droits acquis) zugunsten der zuerst ergangenen Entscheidung gelöst wer-
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Siehe die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504,
S. 88. 693 Im Zusammenhang mit der Prüfung der Urteilskollision zeigt sich Audit hinsichtlich der „Zusammenfassung“ der Kriterien unter die ordre public-Kontrolle kritisch und äußert, dass er eine Ausgestaltung der Urteilskollision als eigenständige Voraussetzung für vorzugswürdig hält, vgl. Audit, Droit international privé, S. 396. Auch Holleaux bevorzugt wohl eine Behandlung der Urteilskollision als autonomes Anerkennungskriterium, vgl. Holleaux, Compétence du juge étranger et reconnaissance des jugements, S. 68 ff.; ähnlich wohl auch de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 28, der die Einordnung im Rahmen des ordre public-Vorbehalts als „etwas künstlich“ bezeichnet, da dieses Anerkennungskriterium schwerpunktmäßig die privaten Interessen der Parteien betreffe. 694 Vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 642. 695 Siehe hierzu bereits Kap. II § 8 I. 696 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 204; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 298. 697 So etwa zum LugÜ die Cour de cassation, was sich wohl auch auf das autonome Recht übertragen lässt: „[…] la décision n’est pas reconnue si elle est inconciliable avec une décision rendue entre les mêmes parties dans l’État requis, […]“, Cass. civ. 28.2.2006, Rev. crit. DIP 2006, 848 (848); siehe auch Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 297.
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den.698 Auch in der französischen Rechtsordnung hat man sich also diesbezüglich für die Anwendung des Prioritätsprinzips entschieden. Zugrunde liegt dieser Lösung die überzeugende Erwägung, Wiederholungsprozesse vermeiden bzw. für die jeweils unterlegene Partei keine Anreize schaffen zu wollen, ein erneutes Verfahren anzustrengen. 699 Allerdings gilt es bei der Anwendung des Prioritätsprinzips zu berücksichtigen, dass in Frankreich nur bestimmten Entscheidungen automatisch bzw. (nach der in der französischen Literatur schwerpunktmäßig verwendeten Terminologie) de plano Wirkungen zugemessen werden.700 Für die Bestimmung, welche Entscheidung anzuerkennen ist, bzw. welche als vorrangig zu betrachten ist, kommt es entscheidend auf den Zeitpunkt an, in dem die jeweiligen Entscheidungen ihre Wirkungen auf französischem Gebiet entfalten würden. 701 Dementsprechend lassen sich – nach Kessedjian – drei unterschiedliche Konstellationen der Urteilskollision drittstaatlicher Entscheidungen unterscheiden: Wenn beide ausländischen Entscheidungen de plano in Frankreich anerkannt werden, so kommt es auf den Eintritt der Rechtskraft der beiden Entscheidungen an; entfalten beide Entscheidungen keine automatische Wirkungen nach französischem Recht, bedürfen also der Exequatur, so kommt es auf den Zeitpunkt der Vollstreck698 Dieses Prinzip lässt sich besonders deutlich dem Arrêt Hohenzollern (mitunter auch nach der anderen Partei als Arrêt Lambrino bekannt) der Cour de cassation aus dem Jahr 1963 entnehmen, in dem Letztere feststellte: „Le juge français, dans les limites du contrôle qu’il doit, préalablement à l’octroi de l’exequatur, exercer sur la décision pour laquelle celui-ci est demandé, a, en dehors de toute révision au fond toujours exclue, le devoir de vérifier si cette décision ne heurte pas la chose jugée par un jugement étranger dont l’autorité a été reconnue en France.“, Cass. civ. 8.1.1963, Rev. crit. DIP 1963, 109 (109); vgl. Holleaux/Foyer/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, S. 451; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 204; Kitic, Droit international privé, S. 140; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 767; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 331; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 4; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.033; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 297; eine sehr ausführliche Herleitung des Prioritätsprinzips im französischen Recht liefert Moissinac Massénat, Les conflits de procédures et de décisions en droit international privé, S. 153 ff. 699 Vgl. Kitic, Droit international privé, S. 140; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 331. 700 Siehe hierzu die einführenden Bemerkungen zur Differenzierung zwischen Anerkennung und Vollstreckbarerklärung im französischen Recht, Kap. I § 3 IV 2; zur Unterscheidung der Urteilstypen im Rahmen der Urteilskollision siehe Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 250 f.; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 295 f.; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.032 f. 701 Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 250 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 205.
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barerklärung an; kollidiert schließlich ein de plano anzuerkennendes Urteil mit einer Entscheidung, die für vollstreckbar erklärt werden muss, so ist für die erstere Entscheidung auf den Zeitpunkt des Rechtskraftseintritts und für die zweite auf das Datum der Exequierung abzustellen. 702 Dies kann mitunter zu wenig befriedigenden Ergebnissen führen, da der jeweilige Urteilsgläubiger nur wenig Einfluss auf den zeitlichen Ablauf eines Exequaturverfahrens in Frankreich hat und so die Gefahr droht, dass die von ihm erwirkte Entscheidung zwischenzeitlich von einer anderen drittstaatlichen Entscheidung verdrängt wird.703 So unbefriedigend dieses Ergebnis sein mag, so stimmt es doch mit den aktuellen Regelungen des französischen Rechts überein. Hieran zeigt sich, dass die Unterscheidung zwischen de plano anerkannten Entscheidungen und solchen, die zur Wirkungserstreckung der Exequatur bedürfen, nicht nur zu einer für den Rechtsanwender unübersichtlichen Lage, sondern auch im Einzelfall zu ungerechten Ergebnissen bei der Behandlung der Urteilskollision und der Rechtshängigkeit führen können. Eine Aufhebung dieser Unterscheidung bzw. eine Ausdehnung der automatischen Anerkennung auf alle Urteilstypen erscheint somit de lege ferenda wünschenswert.704 2. Konflikt zwischen ausländischer und französischer Entscheidung Anders erfolgt jedoch die Lösung des Konflikts zwischen zwei Entscheidungen, wenn eine dieser Entscheidungen eine französische ist. In einem solchen Fall geht im französischen Recht immer die französische Entscheidung der drittstaatlichen Entscheidung vor, egal ob die drittstaatliche Entscheidung vorher in Rechtskraft erwachsen ist oder nicht.705 Hier findet sich also – wie auch in der deutschen Regelung des § 328 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1 ZPO – das Nationalitätsprinzip, das die inländische Entscheidung privilegiert. Grundlage dieser Auffassung ist die Entscheidung Patiño 706 des Kassationshofs aus dem 702 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 205; ebenso Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 250 f.; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 298; Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, 3487 (3489). 703 Dieses Risiko nennt Moissinac Massénat, Les conflits de procédures et de décisions en droit international privé, S. 160. 704 Siehe hierzu Holleaux/Foyer/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, S. 452; zu weiteren möglichen Ansätzen siehe Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 295 f. 705 Audit, Droit international privé, S. 395 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 205; Kitic, Droit international privé, S. 140; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 18; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 767; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 331; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 297. 706 Cass. civ. 15.5.1963, Rev. crit. DIP 1964, 532 (532 ff.).
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Jahr 1963.707 In diesem Urteil legte die Cour de Cassation ausdrücklich fest, dass die Existenz eines rechtskräftigen französischen Urteils, das denselben Streitgegenstand zwischen denselben Parteien betrifft, „ein Hindernis für jede Anerkennung der Wirkung einer ausländischen Entscheidung ist, die mit ihr unvereinbar ist“.708 Eine interessante Begründung für diese Privilegierung französischer Entscheidungen liefern Loussouarn, Bourel und de Vareilles-Sommières709 auf Grundlage von Art. 617 NCPC:710 War die drittstaatliche Entscheidung bei Erlass der französischen Entscheidung bereits in Rechtskraft erwachsen, so erkläre sich der Vorrang des französischen Urteils aus der allgemeinen Lehre zur Rechtskraft (autorité de la chose jugée). Der Gläubiger der drittstaatlichen Entscheidung habe auf Grundlage des bereits ergangenen Urteils im französischen Prozess die Einrede der Rechtshängigkeit (l’exception de chose jugée) als Prozesshindernis geltend machen müssen. Habe er dies nicht getan, oder wurde seine Einrede zu Unrecht vom französischen Richter abgewiesen und habe er sich nicht des Rechtsbehelfs des Art. 617 NCPC bedient, so sei es ihm zumutbar und „als sein Verschulden“ zu betrachten, dass die später ergangene französische Entscheidung dem ausländischen Urteil vorgehe.711 Durch diese Mechansimen erachtet man den Urteilsschuldner als hinreichend geschützt. Führt man diesen „Gedanken der Eigenverantwortlichkeit“ des Gläubigers für die Geltendmachung der Einrede fort, so kann sich zudem auch in umgekehrter Konstellation der Vorrang einer drittstaatlichen Entscheidung vor einem französischen Urteil ergeben. 712 707 Audit, Droit international privé, S. 396; Kitic, Droit international privé, S. 140; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 331; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 297. 708 „L’existence d’un jugement français passé en force de chose jugée, […], fait obstacle à toute reconnaissance en France de l’autorité d’une décision étrangère incompatible avec lui, […]“, Arrêt Patiño Cass. civ. 15.5.1964, Rev. crit. DIP 1964, 532 (533); Kitic, Droit international privé, S. 140; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 331. 709 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 767. 710 Art. 617 NCPC: „La contrariété de jugements peut être invoquée lorsque la fin de non-recevoir tirée de l’autorité de la chose jugée a en vain été opposée devant les juges du fond.
En ce cas, le pourvoi en cassation est dirigé contre le jugement second en date; lorsque la contrariété est constatée, elle se résout au profit du premier.“ Hat demnach eine Partei die Unvereinbarkeit von (zwei) Entscheidungen bzw. die Einrede der Rechtskraft vergeblich zur Klageabweisung („fin de non-recevoir“) im Erkenntnisverfahren geltend gemacht, so kann gegen die zweite Entscheidung Beschwerde eingelegt werden. Wird die Unvereinbarkeit festgestellt, so geht die zuerst ergangene Entscheidung vor. 711 Diese recht drastische Auffassung vertreten Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 767. 712 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 767 nennen diesbezüglich eine Entscheidung des Kassationshofs aus dem Jahr 1996 als äußerst interessantes Beispiel. In diesem Fall hatte ein Mann vor einem algerischen Gericht eine Scheidungs- und Unterhaltsentscheidung erwirkt und später die Vollstreckbarerklärung
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Daneben soll nach einigen Stimmen in der Literatur dem Urteilsgläubiger (neben dem soeben angesprochenen Verfahren nach Art. 617 NCPC) die Möglichkeit eines speziellen Verfahrens gemäß Art. 618 NCPC,713 der grundsätzlich die Unvereinbarkeit von zwei französischen Entscheidungen betrifft, eröffnet sein, um die unerwünschte Privilegierung zu beseitigen. 714 Allerdings ist auch in der französischen Rechtsordnung diese umfassende Privilegierung nicht unumstritten bzw. wird von einigen Stimmen in der Literatur als nicht mehr zeitgemäß kritisiert. 715 3. Entgegenstehende Rechtshängigkeit Die Behandlung der entgegenstehenden Rechtshängigkeit wird im französischen Recht in der Regel weniger auf Ebene der Urteilsanerkennung als vielmehr im Rahmen der Prüfung der direkten Zuständigkeit diskutiert. Es lässt sich allgemein festhalten, dass sich ein französisches Gericht, das in einer internationalen Streitigkeit angerufen wird, die bereits vor einem drittstaatlichen Gericht rechtshängig gemacht wurde, wegen internationaler Rechtshängigkeit (exception de litispendance internationale) für unzuständig erklären wird.717 Doch auch bei der Urteilsanerkennung kann die Problematik
dieser Entscheidung vor den französischen Gerichten begehrt. Zwischen Erlass der Entscheidung in Algerien und der Vollstreckbarerklärung in Frankreich hatte wiederum die Ehefrau ein Scheidungs- und Unterhaltsurteil in Frankreich erwirkt, dass sie jedoch im Exequaturverfahren nicht als Einrede geltend machte. Im Exequaturverfahren wurde dem algerischen Urteil daraufhin der Vorrang vor dem französischen Scheidungsurteil eingeräumt, da es der Ehefrau zumutbar gewesen sei, die Einrede der Rechtskraft im Exequaturverfahren geltend zu machen, Cass. civ. 9.1.1996, Rev. crit. DIP 1996, 719 (719 ff.); vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 767; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 297; siehe sehr instruktiv die Anmerkungen zur Entscheidung von Muir Watt, Rev. crit. DIP 1996, 721 (721 ff.). 713 Art. 618 NCPC: „La contrariété de jugements peut aussi, par dérogation aux dispositions de l’article 605, être invoquée lorsque deux décisions, même non rendues en dernier ressort, sont inconciliables et qu’aucune d’elles n’est susceptible d’un recours ordinaire; le pourvoi en cassation est alors recevable, même si l’une des décisions avait déjà été frappée d’un pourvoi en cassation et que celui-ci avait été rejeté.
En ce cas, le pourvoi peut être formé même après l’expiration du délai prévu à l’article 612 délai de deux mois. Il doit être dirigé contre les deux décisions; lorsque la contrariété est constatée, la Cour de cassation annule l’une des décisions ou, s’il y a lieu, les deux.“ 714 Vgl. Cachard, Droit international privé, S. 302; Holleaux/Foyer/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, S. 451; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 767; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 2; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 642 f.; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 297 f. 715 Vgl. Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 643 ff.
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der entgegenstehenden Rechtshängigkeit durchaus von Bedeutung sein. So stellt sich die Frage: Wie verfährt ein französisches Gericht in dem Fall, in dem die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung begehrt wird, die trotz einer französischen Rechtshängigkeit ergangen ist? Auch hier wird die Unterscheidung zwischen Urteilen, die de plano anerkannt werden, und solchen, die eines gesonderten Verfahrens bedürfen, deutlich. Bedarf eine drittstaatliche Entscheidung der Vollstreckbarerklärung, um ihre Wirkungen in Frankreich zu entfalten, so steht die Einleitung eines französischen Erkenntnisverfahrens der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung der drittstaatlichen Entscheidung selbst dann entgegen, wenn die drittstaatliche Entscheidung ergangen ist, bevor das französische Verfahren eingeleitet wurde.717 Ausgangspunkt hierfür bildet die Entscheidung Negrotto der Cour de cassation aus dem Jahr 1914.718 Diese Haltung des französischen Rechts, die abermals die inländische Entscheidung privilegiert, ist wenig zu begrüßen. Nach dieser Regelung wird das französische Verfahren für die Partei, für die das drittstaatliche Urteil wenig vorteilhaft ist, de facto zu einem „Mittel, die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung verhindern zu können“, obwohl diese allen sonstigen Anerkennungserfordernissen gerecht wird. 719
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Kitic, Droit international privé, S. 142; sehr instruktiv Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 320 ff.; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 294 f. 717 Holleaux/Foyer/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, S. 452; Moissinac Massénat, Les conflits de procédures et de décisions en droit international privé, S. 157; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 42 f.; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 3; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 294 f.; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.032. 718 „[…] la partie contre laquelle un jugement étranger a été rendu, conserve la faculté de porter devant une juridiction française le litige tranché par la juridiction étrangère, sans que l’autre partie puisse soit s’opposer à un nouvel examen de l’affaire, en invoquant l’article 1351 du Code civil, soit faire échec à la juridiction de la justice française en introduisant, dans ce but, une demande d’exequatur de la sentence obtenue par elle hors de notre territoire.“, Cass. civ. 10.3.1914, Rev. crit. DIP 1914, 449 (449 f.); Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 3; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 644 f.; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 294; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.032. 719 Holleaux/Foyer/de Geouffre de la Pradelle sprechen diesbezüglich zurecht vom später eingeleiteten französischen Verfahren als „véritable action contre la décision étrangère“, vgl. Holleaux/Foyer/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, S. 452; ebenso Moissinac Massénat, Les conflits de procédures et de décisions en droit international privé, S. 159; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 3; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 644 f.;
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Zwar soll die drittstaatliche Entscheidung dann vorgehen, wenn das französische Erkenntnisverfahren erst nach der Einreichung des Exequaturbegehrens rechtshängig wurde,720 gleichwohl lässt sich dem französischen Recht hier jedoch erneut eine unangebrachte Bevorzugung der eigenen Entscheidungen attestieren. Anzumerken ist abschließend, dass die Linie des Kassationshofs in dem Arrêt Negrotto von der Jurisprudenz in keiner weiteren Entscheidung eindeutig bestätigt wurde.721 Es bleibt somit zu hoffen, dass in Zukunft die französischen Gerichte in entsprechenden Fällen das drittstaatliche Urteil nicht gänzlich unberücksichtigt lassen. 722 Dessen ungeachtet sollte diese Privilegierung – wie bereits im Rahmen des autonomen deutschen Rechts gefordert – auch in Frankreich zugunsten einer konsequenten Durchsetzung des Prioritätsprinzips und der allgemeinen Grundsätze der Rechtshängigkeit auf internationaler Ebene aufgegeben werden. Eine klare Absage der französischen Rechtsprechung an die gegenwärtigen Bevorzugungen wäre dementsprechend sehr zu begrüßen. III. „Conflicting judgments“ im Common Law 1. Die Entscheidung Vervaeke v Smith Schließlich findet sich auch im Common Law das Anerkennungserfordernis des Nichtvorliegens einer Kollision von Urteilen bzw. einer entgegenstehenden Rechtshängigkeit. Dies legte das House of Lords in seiner Entscheidung Vervaeke v Smith aus dem Jahr 1982 ausdrücklich fest.723 Das Gericht arguRosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 251. 720 Cass. civ. 13.4.1976, JDI 1977, 99 (99); Moissinac Massénat, Les conflits de procédures et de décisions en droit international privé, S. 160; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 251. 721 Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-5, S. 3; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.032; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 251. 722 Ebenso Holleaux/Foyer/de Geouffre de la Pradelle, Droit international privé, S. 453; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 251. 723 Vervaeke v Smith [1983] 1 A. C. 145 (145 ff.); Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 184 f., Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 567; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 282; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 103; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 696 Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Entscheidung liefert Jaffey, (1983) 32 ICLQ, 500 (500 ff.). Jenem Urteil lag ein relativ komplizierter Sachverhalt zugrunde: Eine Frau begehrte in England die Annullierung einer einst eingegangenen Scheinehe, dieses Ersuchen wurde jedoch vom
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mentierte hierbei, das Rechtskraftprinzip sei ein Bestandteil der englischen public policy, sodass diese verletzt sei, wenn eine mit der Rechtskraft eines englischen Urteils unvereinbare ausländische Entscheidung anerkannt würde.724 War die Urteilskollision in diesem Fall nur in Bezug auf eine familienbzw. scheidungsrechtliche Streitigkeit behandelt worden, so wurde diese Linie im Jahr 1990 durch den Court of Appeal in der Entscheidung E D & F Man (Sugar) Ltd v Haryanto (No. 2) für sämtliche ausländische bzw. drittstaatliche Entscheidungen in personam ausdrücklich bestätigt. 725 Zwar liefern diese beiden Entscheidungen die grundsätzliche Information, dass die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung bei entgegenstehender Rechtskraft einer früher ergangenen englischen Entscheidung zu versagen sei, sie lässt jedoch offen, welchem Urteil der Vorrang eingeräumt werden soll, wenn die englische Entscheidung nach der drittstaatlichen Entscheidung ergangen ist oder, wenn zwei drittstaatliche Entscheidungen miteinander unvereinbar sind. 726 Unter Zugrundelegung der Erwägungen des englischen Gericht – in der Entscheidung Messina v Smith [1971] P. 322 (322 ff.) – abgewiesen. Daraufhin begehrte sie erfolgreich in Belgien die Annullierung der Scheinehe und wollte das Annullierungsurteil in England anerkennen lassen. Die Anerkennung der belgischen Entscheidung wurde ihr jedoch vom House of Lords versagt, da die Rechtskraft der englischen Entscheidung die Anerkennung der belgischen Entscheidung bzw. die Erhebung der Klage vor englischen Gerichten wegen cause of action estoppel verhindere, vgl. die ausführliche Darstellung bzw. Zusammenfassung des Sachverhalts von Fawcett/ Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 567 f. 724 „My Lords, the Ormrod judgment, which was previous in date to the Belgian judgment, made it res judicata that the English marriage was not rendered invalid on the ground of absence of consent. So far as any subsequent claim that the English marriage was a nullity on that ground, a party to the High Court proceedings in which the Ormrod judgment was given that party would be debarred from asserting it in any English court by what, since Thoday v. Thoday [1964] P. 181, has come to be known as ‘cause of action’ estoppel; and such estoppel, as I pointed out in Thoday v. Thoday (at p. 198), is itself an application of a rule of public policy allowed by the courts in England and expressed in the latin maxim ‘Nemo debet bis vexari pro una et eadem causa’.“, Vervaeke v Smith [1983] 1 A. C. 145 (159 f.); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 737; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 568; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 375. 725 „Furthermore, it is to be emphasised that an English court will not recognise a foreign judgment, even if otherwise unimpeachable, if it is inconsistent with a previous decision of a competent English court.“, E D & F Man (Sugar) Ltd v Haryanto (No. 2) [1991] I. L. Pr. 393 (403); vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 568; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 737; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 103; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 375; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-16. 726 Vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 568.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
House of Lords wird für die Kollision inländischer und drittstaatlicher Entscheidungen weitgehend das Prioritätsprinzip vertreten.727 In der Entscheidung Vervaeke v Smith war das zentrale Argument für die Versagung der Anerkennung gewesen, dass die vorher ergangene englische Entscheidung res iudicata-Wirkung besitze und diese Rechtskraft der Anerkennung entgegenstehe.728 Aufgrund der Betonung der Rechtskraftwirkung erscheint auch bei einer Kollision von englischen und drittstaatlichen Urteilen die Anwendung des Prioritätsprinzips als angebracht, da nur so die Rechtskraft der jeweils früher ergangenen Entscheidung umfassend berücksichtigt wird. 729 Hierin findet sich im englischen Recht eine abweichende Regelung zum einen im Vergleich zu den behandelten deutschen und französischen autonomen Bestimmungen, zum anderen aber auch zu den Regelungen der EuGVVO und des LugÜ, die ebenfalls das Nationalitätsprinzip angewandt wissen wollen. 730 2. Die Kollision ausländischer Entscheidungen nach Showlag v Mansour Die Frage nach dem Umgang mit der Kollision ausländischer Entscheidungen wurde schließlich vom Privy Council in der Entscheidung Showlag v Mansour behandelt.731 Hiernach soll – wie schon im Rahmen von Vervaeke v Smith für die Unvereinbarkeit von einer ausländischen bzw. drittstaatlichen mit einer englischen Entscheidung bestimmt – der Urteilskonflikt zugunsten der früher ergangenen Entscheidung aufgelöst werden. 732 Es zeigt sich somit im Common Law eine konsequente Lösung der Urteilskonflikte anhand des Prioritätsprinzips, die keine Ausnahme für inländische Entscheidungen macht. Diese Haltung ist sehr zu begrüßen, verhindert sie doch die ungerechtfertigte Privilegierung der Entscheidungen des Anerkennungsstaats und stellt 727 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 568; ebenso Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 15; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 103 f.; a. A. Stone, LMCLQ 1983, 1 (22), der auch einer nachträglich ergangenen englischen Entscheidung den Vorrang einräumen will. 728 „Held, […] that the present proceedings came within the rules governing res judicata in that the decision of Ormrod J. was a decision on the very point at issue in the Belgian courts and therefore in the circumstances the Belgian decree of nullity was not entitled t o recognition.“, Vervaeke v Smith [1983] 1 A. C. 145 (146); vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 737; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 260. 729 Dieselbe Auffassung vertritt Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 145. 730 Ebenso Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 145. 731 Showlag v Mansour [1995] 1 A. C. 431 (431 ff.); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 568 f.; Briggs, The Conflict of Laws, S. 148; für eine ausführliche Darstellung des zugrunde liegenden Sachverhalts siehe Moloney, Conflict of Laws, S. 226. 732 Brown, Conflict of Laws, S. 230; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 184 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 260; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 102; Moloney, Conflict of Laws, S. 226.
§ 9 Ordre public-Vorbehalt und Rechtsmissbrauch
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zudem die Lösung dar, die mit einer klaren Regelung anhand der grundlegenden Prinzipien der Rechtskraft die größtmögliche Rechtssicherheit schafft. IV. Zusammenfassung Die Betrachtung der unterschiedlichen Anerkennungssysteme in diesem § 8 hat gezeigt, dass in allen drei behandelten Rechtsordnungen Einigkeit über das Erfordernis der Vereinbarkeit der drittstaatlichen Entscheidungen mit vorher ergangenen Entscheidungen oder Verfahren bzw. das Fehlen einer Urteilskollision besteht. § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO, der französische Arrêt Patiño733 sowie die englischen Entscheidungen Vervaeke v Smith734 und Showlag v Mansour735 haben für die einzelnen Rechtsordnungen jeweils ausdrücklich festgelegt, dass eine Entscheidung, die mit einer vorherigen inländischen Entscheidung, einer anerkannten drittstaatlichen Entscheidung oder einem anhängig gemachten Verfahren unvereinbar ist, nicht anerkannt werden kann. Wie schon in Bezug auf die Prüfung der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung bzw. der Wahrung des rechtlichen Gehörs dargelegt, spielt es dabei keine wesentliche Rolle, ob die Prüfung im Rahmen des ordre public wie etwa im englischen Recht erfolgt oder einen eigenständigen Prüfungspunkt bildet wie in § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Differenzen lassen sich bezüglich des Umgangs mit der Urteilskollision von später ergangenen in- und ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidungen feststellen. Die deutsche und französische Rechtsordnung räumen bei einer entsprechenden Kollision stets inländischen Entscheidungen unabhängig vom Erlasszeitpunkt nach dem Nationalitätsprinzip den Vorrang ein, während das Common Law nach der wohl vorherrschenden Ansicht eine unterschiedslose Anwendung des Prioritätsprinzips praktiziert.
§ 9 Ordre public-Vorbehalt und Rechtsmissbrauch § 9 Ordre public-Vorbehalt und Rechtsmissbrauch
Betrachtet man die einzelnen nationalen Rechtsordnungen, findet man als eine der großen Gemeinsamkeiten aller Anerkennungs- und Vollstreckungssysteme – neben der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit – den Einsatz einer ordre public-Klausel.736 So normiert etwa § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO: „Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen, wenn die Anerkennung des Urteils zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des 733
Arrêt Patiño, Cass. civ. 15.5.1963, Rev. crit. DIP 1964, 532 (532 ff.). Vervaeke v Smith [1983] 1 A. C. 145 (145 ff.). 735 Showlag v Mansour [1995] 1 A. C. 431 (431 ff.). 736 Statt aller Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 117; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100; Schütze, in: FS Georgiades, 577 (584), der hierin „einen der wenigen Weltrechtsgrundsätze“ sieht. 734
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist.“
Auf europäischer Ebene findet sich in Art. 45 Abs. 1 lit. a (vormals Art. 34 Nr. 1) EuGVVO eine ähnliche Formulierung 737 und auch die französische und englische Rechtsordnung verzichten nicht auf diese ultima ratio-Regelung in ihren Anerkennungs- und Vollstreckungsbestimmungen.738 Doch so einig sich die europäischen Mitgliedstaaten über das Erfordernis eines ordre public-Vorbehalts sind, so problematisch ist der Umgang mit den Begrifflichkeiten bzw. die Prüfung der Vereinbarkeit der drittstaatlichen Entscheidung mit den Anforderungen der jeweiligen Rechtsordnungen. Dementsprechend stellt sich bei der Prüfung eines ordre public-Verstoßes regelmäßig das Problem, dass die Begriffe wie etwa die „wesentlichen Grundsätze des nationalen Rechts“ oder die „öffentliche Ordnung“ nicht klar umrissen sind.739 Zutreffend erkennt Geimer diese Schwierigkeiten und bezeichnet den ordre public-Vorbehalt insofern als eine „konturenlose Generalklausel“. 740 Erschwerend kommt hinzu, dass der jeweilige ordre public ganz maßgeblich Ausdruck nationaler Besonderheiten und Wertungsfragen ist, die sich kontinuierlich weiterentwickeln, sodass zwischen den einzelnen Staaten wesentliche Abweichungen bestehen (können).741 Kahn und Regen sprechen insofern 737
Art. 34 Nr. 1 EuGVVO: „Eine Entscheidung wird nicht anerkannt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widersprechen würde.“; der Wortlaut des neuen Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO ist: „Die Anerkennung einer Entscheidung wird auf Antrag eines Berechtigten versagt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Mitgliedstaats offensichtlich widersprechen würde.“ Die Abweichungen zwischen der Neufassung der EuGVVO und dem früheren Art. 34 Nr. 1 EuGVVO resultieren aus der Abschaffung des Exequaturverfahrens bzw. dem Antragserfordernis für eine Überprüfung der Entscheidung, der Wortlaut des ordre public-Vorbehalts ist jedoch unverändert. 738 Zu den Ausprägungen des ordre public-Vorbehalts bzw. der Überprüfung von Rechtsmissbrauch nach französischem und englischem autonomen Recht siehe sogleich Kap. II § 9 II und III. 739 Dieses Problem sehen beispielsweise auch Regen, Prozeßbetrug als Anerkennungshindernis, S. 66 f.; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 209. 740 Vgl. Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1477; Bendermacher-Geroussis, Rev. hell. dr. int. 19 (1966), 38 (48) spricht gar von dem ordre public als „enfant terrible“ des internationalen Privatrechts. 741 Siehe statt aller Schütze, in: Wieczorek/Schütze, § 328 Rn. 42; ders., in: FS Geimer, 1025 (1028); ders., IZPR in der ZPO, S. 102; v. Brunn, NJW 1962, 985 (985 f.). Inwiefern es trotz dieser unterschiedlichen Auffassungen Gemeinsamkeiten und europäische Einflüsse – etwa durch die EMRK – gibt, und was unter dem Begriff des „europäischen ordre public“ oder auch „ordre public européen“ zu verstehen ist, erörtern in der umfassenden Literatur etwa Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, S. 27 ff.; Thoma, Die Europäisierung und die Vergemeinschaftung des nationalen ordre public, S. 1 ff.; Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 286 ff.
§ 9 Ordre public-Vorbehalt und Rechtsmissbrauch
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sehr anschaulich vom „Sisyphusstein des ordre public“, der immer wieder von neuem „in die Höhe gewälzt werden müsse“.742 Die vergleichende Betrachtung im Folgenden soll zeigen, wie dies in den letzten Jahrzehnten in der deutschen, französischen und englischen Rechtsordnung erfolgt ist und welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede sich zwischen den jeweiligen nationalen Systemen finden. I.
Der deutsche § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO
In der ZPO, wie auch im Common Law und im französischen Recht, findet sich wie bereits mehrfach erörtert das sog. Verbot der révision au fond, d. h. das drittstaatliche Urteil ist vom deutschen Anerkennungsrichter in der Sache nicht nachzuprüfen, was zwar explizit nur in § 723 Abs. 1 ZPO für die Vollstreckung normiert ist, aber auch auf die Anerkennung Anwendung findet.743 Das Verbot der révision au fond soll nach ganz herrschender Meinung allerdings dann nicht berührt sein bzw. ausnahmsweise nicht eingreifen, „wenn höherwertige Interessen eine Durchbrechung dringend erfordern“.744 So soll der ordre public-Vorbehalt solche Normen durchsetzen, an denen der Staat ein elementares Interesse hat, und zugleich einen „Mindeststandard an Gerechtigkeit“ für die Parteien gewährleisten.745 Geimer spricht insofern treffend von einem „gewissen Antagonismus“ zwischen der Wahrung bzw. Kontrolle des ordre public und dem Verbot der révision au fond.746 Auch Jellinek sieht diesbezüglich einen „unvermeidlichen Zusammenstoß zweier Grundsätze“.747 Um eine Aushöhlung des Verbots der révision au fond zu verhindern, 742
Kahn, Abhandlungen zum internationalen Privatrecht, S. 167; Regen fragt hinsichtlich des „Sysiphussteins des ordre publics“: „Ist der von KAHN beschriebene „Sisyphusstein des ordre public“ – wenigstens im Hinblick auf die Frage des Prozeßbetruges – dort angekommen, wo er liegen soll?“, vgl. Regen, Prozeßbetrug als Anerkennungshinderniß, S. 66 ff. 743 Ganz h. M., statt aller Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 208; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 116; Jüngst, Der europäische verfahrensrechtliche ordre public, S. 7; Kropholler, IPR, S. 666; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 23. 744 Vgl. Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 23; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 209; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1467 ff.; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 117; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, § 328 Rn. 42 ff.; ders., DIZPR, Rn. 338; ders., IZPR in der ZPO, S. 102; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 444; Roth, Linke/Hau und Schack sprechen diesbezüglich auch von der „Notbremse“ des ordre public-Vorbehalts, Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100; Linke/Hau, IZVR, Rn. 483; Schack, IZVR, Rn. 951. 745 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, § 328 Rn. 44; ebenso Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100 f. 746 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 126. 747 Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 190.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
muss die Auslegung des ordre public-Begriffs jedoch restriktiv gehandhabt werden.748 1. Der sogenannte effet atténué des ordre public Die Umschreibung des ordre public-Begriffs gestaltet sich, wie eingangs bereits erwähnt, äußerst schwierig, wobei diese Schwierigkeiten ebenso hinsichtlich der Begriffsklärung im Rahmen des Art. 6 EGBGB749 bzw. im internationalen Privatrecht bestehen.750 Allerdings kommt den beiden Normen bzw. dem „anerkennungsrechtlichen ordre public“ und dem „kollisionsrechtlichen ordre public“ eine „unterschiedliche Abwehrrichtung“ zu, sodass nicht von völlig deckungsgleichen Begriffen ausgegangen werden kann.751 Der anerkennungsrechtliche ordre public weist insofern eine geringere „Angriffsintensität“ 752 bzw. eine weniger weitreichende Wirkung als der kollisionsrechtliche auf, denn bei der Anerkennung geht es (lediglich), um die Abwehr einer inakzeptalen drittstaatlichen Entscheidung und nicht um die Durchsetzung der von der deutschen Rechtsordnung als zwingend erachteten Normen.753 Man spricht deshalb auch von der abgeschwächten Wirkung des anerkennungsrechtlichen ordre public oder dem „effet atténué de l’ordre public“.754 748 Kropholler, IPR, S. 667; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, § 328 Rn. 42; ders., in: FS Geimer, 1025 (1028); Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 461; Schack, IZVR, Rn. 952. 749 Art. 6 EGBGB: „Eine Rechtsnorm eines anderen Staates ist nicht anzuwenden, wenn ihre Anwendung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Sie ist insbesondere nicht anzuwenden, wenn die Anwendung mit den Grundrechten unvereinbar ist.“ 750 Schütze, DIZPR, Rn. 338; ders., IZPR in der ZPO, S. 102; ders., in: FS Geimer, 1025 (1028). 751 Vgl. Geimer, in Zöller, ZPO, § 328 Rn. 210; Linke/Hau, IZVR, Rn. 484; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100 f.; Kropholler, IPR, S. 667; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 445. 752 Die Formulierung wählt Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 60. 753 Grundlegend hierzu Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 51 ff.; siehe ebenfalls Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 102; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 60 f.; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 210 ff.; Kropholler, IPR, S. 667; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 23; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 445. Sehr kritisch Schütze, der diese Differenzierung zwischen kollisionsrechtlichem und anerkennungsrechtlichem ordre public für höchst problematisch hält, vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 43; ders., IZPR in der ZPO, S. 103; auch Sandrock lehnt eine entsprechende Unterscheidung ab, vgl. Sandrock, in: FS Sonnenberger, 615 (615 ff.). 754 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 60 f.; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 210; Jüngst, Der europäische verfahrensrechtliche ordre public, S. 15; Kropholler, IPR, S. 667; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 102; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 445; Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 51 ff.
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2. Inhalt und Umfang der ordre public-Prüfung Gegenstand der ordre public-Prüfung ist zunächst die Wirkung, die der anzuerkennenden Entscheidung im Inland zukäme bzw. die Frage, ob der Inhalt der jeweiligen drittstaatlichen Entscheidung den Grundwertungen der deutschen Rechtsordnung zuwider läuft (sog. materiellrechtlicher ordre public).755 Darüber hinaus erfasst die ordre public-Prüfung auch das Verfahren im Erststaat, auf dem die jeweilige Entscheidung beruht (sog. verfahrensrechtlicher ordre public).756 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der ordre publicKonformität ist derjenige, in dem der deutsche Zweitrichter über die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung der Entscheidung entscheidet.757 § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO erachtet grundsätzlich dann einen ordre publicVerstoß als gegeben, wenn die Anerkennung des drittstaatlichen Urteils zu einem Ergebnis führt, das „mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar“ ist. 758 Diese Formulierung bzw. das Hinzufügen der Bedingung, dass die Entscheidung für einen Verstoß gegen den ordre public mit den Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar sein muss (im Rahmen der Änderung der ZPO im Jahr 1986), hat weniger inhaltliche Bedeutung, sondern soll lediglich den restriktiven Umgang mit dem ordre public-Vorbehalt betonen.759 Ein Verstoß gegen den deutschen anerkennungsrechtlichen ordre public bzw. eine offensichtliche Unvereinbarkeit mit den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts ist wiederum dann zu bejahen, wenn „die Anerkennung in ihrem Ergebnis im konkreten Fall die tragenden Grundlagen des deutschen staatlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Lebens angreift und mit den Gerechtigkeitvorstellungen des deutschen Rechts in krassen, untragbaren Wider755
Statt aller Schütze, in: Wieczorek/Schütze, § 328 Rn. 43. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 30 ff.; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 126; Linke/Hau, IZVR, Rn. 490 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 172; Schütze, IZPR in der ZPO, S. 102 ff.; ders., in: FS Geimer, 1025 (1028). 757 So bereits RG, 25.6.1926 VI 70/26, RGZ 114, 171 (172); ebenso BGH, 11.4.1979 – IV ZR 93/78, NJW 1980, 529 (531); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 32; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 52; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, § 328 Rn. 15; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100; Georganti, Die Zukunft des ordre public-Vorbehaltes im Europäischen Zivilprozessrecht, S. 60; a. A. Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 482 f., der auf den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft im Urteilsstaat abstellen will. 758 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 46; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, § 328 Rn. 16 f.; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 215; Kropholler, IPR, S. 667; Roth, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 328 Rn. 101; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 23; Stürner, in: Schmidt, 50 Jahre BGH, 677 (677). 759 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 49; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 43; ders., IZPR in der ZPO, S. 102 f.; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 26; Schack, IZVR, Rn. 951. 756
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
spruch tritt“.760 Dies ist – nach dem Wortlaut von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO – insbesondere dann der Fall, wenn die Anerkennung mit den Grundrechten, d. h. den Grundrechten des Grundgesetzes, der Länderverfassungen, der Grundrechtecharta der EU oder der EMRK, unvereinbar ist.761 Um die restriktive Handhabung des ordre public-Vorbehalts zu gewährleisten, genügt dabei kein „einfacher“ Grundrechtsverstoß für die Versagung der Anerkennung, sondern der „elementare Schutzbereich“ des Grundrechts muss betroffen bzw. verletzt sein.762 Ein Verstoß gegen den ordre public ergibt sich regelmäßig aus dem Gesamturteil, d. h. aus Tenor, Sachverhalt und Entscheidungsgründen der drittstaatlichen Entscheidung. 763 Der Verstoß kann sich allerdings auch allein aus dem Tenor der anzuerkennenden Entscheidung ergeben – klassisches Beispiel, das hierfür in der Literatur genannt wird, ist etwa eine Verurteilung zur Eingehung einer Ehe.764 Bei der Überprüfung der ordre public-Konformität kommt es lediglich darauf an, ob das konkrete Ergebnis der Anerkennung aus deutscher Sicht nicht hinnehmbar ist und nicht ob die Rechtsanwendung identisch war.765 Im Rahmen der Prüfung des ordre public-Vorbehalts ist der Anerkennungsrichter an die tatsächlichen Feststellungen des Erstrichters gebunden. 766 Nicht ausreichend für eine Versagung der Anerkennung aufgrund von § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO ist, dass ein drittstaatliches Erstgericht zwingendes Recht nicht oder
760
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 31; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 47; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, § 328 Rn. 15; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 103; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 329 Rn. 23. 761 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 48; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, § 328 Rn. 17; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 103; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 453 ff.; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 25; a. A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, die lediglich die als Grundrechte überschriebenen Artt. 1–19 GG erfasst wissen wollen, Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 33. 762 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 118; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 172; a. A. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 103, der aufgrund des besonderen Rangs, den die Grundrechte einnehmen, einen „einfachen“ Grundrechtsverstoß genügen lassen will, ohne dass er „wesentlich“ sein müsse; ähnlich Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 34. 763 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 512; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 450. 764 Dieses Beispiel nennen Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 450, 489; Schack, IZVR, Rn. 959. 765 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 119; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 15; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 101. 766 BGH, 9.4.1973 – VIII ZR 64/71, BGHZ 60, 349 (349); Stadler, in: Musielak, ZPO, § 329 Rn. 24; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 142; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 119; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 184; ausführlich hierzu Spickhoff, ZZP 108 (1995), 475 (489 ff.).
§ 9 Ordre public-Vorbehalt und Rechtsmissbrauch
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falsch angewandt hat. 767 Vielmehr dürfen nur solche „untragbar erscheinenden“ Ergebnisse nicht hingenommen werden, die „elementare Grundlagen der deutschen Rechtsordnung“ verletzen.768 Dabei spielt neben dem erforderlichen Verstoß eine entscheidende Rolle, wie weit vom deutschen Recht abgewichen wurde und wie eng die Inlandsbeziehungen des Falls sind.769 Hierbei sind nach richtiger Auffasssung einzelne ordre public-Verstöße kumulierbar.770 Eine Gegenansicht will zwar eine kumulierte Gesamtbetrachtung der Verstöße ablehnen und argumentiert, eine derartige „Gesamtschau“ der Verstöße laufe auf eine „pauschale Diskreditierung von vom deutschen System abweichenden Rechtssystemen“ hinaus.771 Diese Ansicht vermag jedoch nicht zu überzeugen, denn das drittstaatliche Urteil ist nicht in einzelnen Teilen, sondern als Ganzes anzuerkennen und gerade der „Summierungseffekt“ von kleineren, allein betrachtet relativ geringfügigen Verstößen kann in der Gesamtheit zu einer untragbaren Entscheidung führen. 772 a) Der materiellrechtliche ordre public Der materiellrechtliche ordre public bildet den Schwerpunkt der ordre public-Kontrolle nach dem autonomen deutschen Anerkennungsrecht. 773 All die oben genannten Definitionen und Beschreibungen liefern jedoch wenig Aufschluss darüber, wann ein ordre public-Verstoß – in materiell- wie auch 767 BGH, 16.9.1993 – IX ZB 82/90, NJW 1993, 3269 (3269 ff.); vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 209; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 23; Schack, IZVR, Rn. 958. Sehr instruktiv zur Fehlanwendung inländischen Rechts als (potentielles) Anerkennungshindernis in diversen Rechtsordnungen siehe Prinzing, Fehlanwendung des Rechts des Anerkennungsstaates als Anerkennungshindernis im internationalen Verfahrensrecht?, S. 2 ff. 768 BGH, 4.6.1992, IX ZR 149/91, NJW 1992, 3096 (3101); Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 31; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 215 ff. 769 BGH, 4.6.1992, IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (348); Dörner, in: Saenger, HkZPO, § 328 Rn. 51; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 103; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 476 ff.; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 329 Rn. 29; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 139; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 172; Schack, IZVR, Rn. 958; grundlegend Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 89 ff. 770 Vgl. LG Berlin, 13.6.1989 – 20.O.314/88, RIW 1989, 988 (989); Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO; § 328 Rn. 45; ders., IZPR in der ZPO, S. 103; ders., DIZPR, Rn. 338; ders., in: FS Geimer, 1025 (1028 ff.); a. A. Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100; Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, S. 274 ff. 771 So ausdrücklich Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100. 772 Ebenso statt vieler Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 45, der diesbezüglich anschaulich erklärt: „Es ist wie bei einer Suppe, die versalzen vielleicht noch genießbar ist, bei der auch etwas zuviel Pfeffer, Majoran oder Thymian für sich allein noch erträglich sein mag, bei der aber alles zusammen das Gericht ungenießbar macht.“ 773 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 56; Schack, IZVR, Rn. 958.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
verfahrensrechtlicher Hinsicht – gegeben ist. Die generalklauselartige Formulierung des Vorbehalts verleiht ihm zwar seine grundlegende Bedeutung im Anerkennungsrecht und macht ihn zu einem im Einzelfall tauglichen Instrument, sie erschwert jedoch die Handhabung des Rechtsinstituts an sich. 774 Sind die denkbaren Verstöße gegen den deutschen ordre public zwar äußerst vielfältig, so haben sich doch in der praktischen Anwendung durch die Rechtsprechung (vor diesem Hintergrund) einzelne Fallgruppen herausgebildet.775 Zu den im Rahmen der materiellrechtlichen ordre public-Prüfung zu beachtenden wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts gehört etwa die Beachtung der guten Sitten (§ 138 BGB).776 Dass die „guten Sitten“ in der Fassung des § 328 ZPO nach der IPR-Reform – anders als noch in § 328 Abs. 1 ZPO a. F.777 nicht mehr genannt werden, ändert nichts am Prüfungsumfang des anerkennungsrechtlichen ordre public.778 Zu den Fällen, in denen ein Verstoß gegen den materiellrechtlichen ordre public in der Regel angenommen wird, zählen zudem Urteile über Wett- und Spielschulden, da § 762 BGB779 innerhalb eines Spielverhältnisses keinen Rechtsschutz gewährt. 780 Auch eine drittstaatliche Entscheidung, deren Vollstreckbarerklärung zu einer derartigen finanziellen Belastung führen würde, dass darin eine „verfassungswidrige Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit eines krass unterlegenen Bürgen“ liegen würde, stellt einen Verstoß gegen den deutschen ordre 774 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 44; siehe auch Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1477. 775 Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 44. Einen sehr ausführlichen Beispielskatalog zu den Fällen, in denen der deutsche anerkennungsrechtliche ordre public in der Regel berührt bzw. verletzt ist, liefert Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 35 ff. 776 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 31; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 121; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 16; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 107; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 458; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 458. 777 § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO a. F.: „Die Anerkennung des Urteils eines ausländischen Gerichts ist ausgeschlossen, wenn die Anerkennung des Urteils gegen die guten Sitten oder gegen den Zweck eines deutschen Gesetzes verstoßen würde.“ 778 Siehe BT-Dr. 10/504, S. 89; ebenso Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 458; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 118; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 458; siehe auch Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 16. 779 § 762 BGB: „(1) Durch Spiel oder durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat. (2) Diese Vorschriften gelten auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Teil zum Zwecke der Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Teil gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntnis.“ 780 OLG Hamm, 29.1.1997 – 1 U 145/96, NJW-RR 1997, 1007 (1008); Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 121; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 43; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 28.
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public dar.781 Aktuell bzw. in Zeiten des umfassenden transatlantischen Rechts- und Handelsverkehrs sind allerdings insbesondere Fragen und Rechtsinstitute des US-amerikanischen Rechts Gegenstand der Diskussion bzw. der ordre public-Kontrolle gewesen. 782 Besonderes Augenmerk verdienen in materiellrechtlicher Hinsicht die sog. punitive damages, die in der Literatur große Aufmerksamkeit erfahren, hier jedoch nur überblicksartig behandelt werden sollen. Die Anerkennung und Vollstreckung eines US-amerikanischen Urteils, dass den Schuldner zu punitive damages (etwa mit „Strafschadensersatz“ zu übersetzen) verurteilt, ist nur unter sehr einschränkenden Bedingungen in der deutschen Rechtsordnung möglich. 783 Problematisch ist diesbezüglich insbesondere, dass eine Entscheidung mit einer gewissen Sanktionswirkung bzw. strafrechtlichen Elementen in einem Zivilverfahren ausgesprochen wird und so ein Widerspruch zum staatlichen Strafmonopol entsteht.784 Für die Frage, ob die Verurteilung mit dem deutschen ordre public vereinbar ist, kommt es in diesen Fällen vor allem darauf an, ob durch die Verurteilung die Prinzipien des deutschen Schadensersatzrechts, insbesondere seine Ausgleichsfunktion, gewahrt werden oder ob der Strafcharakter überwiegt sowie ob der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde. 785 Dabei besteht nach herrschender Meinung keine Möglichkeit einer „geltungserhaltenden Reduktion“786 auf eine nach deutschen Maßstäben akzeptable Höhe des Schadensersatzes, d. h. die drittstaatliche Entscheidung wird nicht auf einen nach deutschem Recht angemessenen Betrag zum Schadensausgleich gekürzt, sondern Zahlungen,
781 Vgl. etwa die Entscheidung BGH, 24.2.1999 – IX ZB 2/98, ZIP 1999/I, 483 (484 f.), in der der BGH die Vollstreckbarerklärung eines französischen Urteils anhand Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ (mit Hinweis auf § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) im Zusammenhang mit der Privatautonomie bei der Bürgenhaftung überprüfte; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 121; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 57; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 25. 782 Vgl. Stürner, in: Schmidt, 50 Jahre BGH, 677 (678). 783 Statt vieler Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 48; Stürner, in: Schmidt, 50 Jahre BGH, 677 (678 ff.); Schack, IZVR, Rn. 960; siehe auch Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 44. 784 Vgl. Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 27; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 48; a. A. wohl OLG Düsseldorf, 28.5.1991 – 4 U 119/ 90, RIW 1991, 594 (596), welches betont, „dass es sich auch bei punitive damages um zivilrechtlichen Schadensersatz und nicht um eine Kriminalstrafe handelt, […].“. 785 Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 108; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 48; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 25; Linke/Hau, IZVR, Rn. 488; Nagel/ Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 174; vgl. hierzu aus der abundanten Literatur Herrmann, Die Anerkennung US-amerikanischer Urteile in Deutschland unter Berücksichtigung des ordre public, S. 229 ff.; Rosengarten, Punitive damages und ihre Anerkennung und Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland, S. 129 ff. jeweils m. w. N. 786 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 108.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
die über die Schadenskompensation hinausgehen, verstoßen im Ganzen gegen den materiellrechtlichen ordre public und werden nicht anerkannt.787 b) Der verfahrensrechtliche ordre public aa) Umfang der verfahrensrechtlichen Prüfung Ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public greift dann, wenn grundlegende Anforderungen eines rechtsstaatlichen Verfahrens bzw. des deutschen Prozessrechts im drittstaatlichen Verfahren nicht gewahrt wurden.788 Ein Versagungsgrund ist nur dann gegeben, wenn das Urteil auf Grund eines Verfahrens ergangen ist, das „von den Grundsätzen des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass es nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann“.789 Bei diesen Verfahrensgrundsätzen handelt es sich insbesondere um den Grundsatz des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG, den Grundsatz der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Gerichts, der Gleichbehandlung der Parteien (sog. Waffengleichheit) und den grundsätzlichen Anspruch jeder Partei auf ein faires Verfahren. 790 Zu beachten ist dabei, wie bereits im Rahmen des Anerkennungskriteriums des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO herausgearbeitet, dass die verfahrensrechtlichen Verstöße bei Verfahrenseinleitung von § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO als lex specialis erfasst werden. 791 § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO deckt infolgedessen jene verfahrensrechtlichen Verstöße ab, die sich ab der Verfahrenseinleitung im Laufe des weiteren Verfahrens ereignen.792 Da dem Begriff des ordre public wie 787 Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 108; a. A. Dörner, in: Hk-ZPO, § 328 Rn. 52; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 25. 788 Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 135, 144 f.; ders., IZPR, Rn. 2946; ders., JZ 1969, 12 (13); Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 176; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 24. 789 BGH, 15.5.1986 – III ZR 192/84, NJW 1986, 3027 (3028); BGH, 2.9.2009 – XII ZB 50/06, NJW 2010, 153 (155); BGH, 20.5.2010 – IX ZB 121/07, NJW-RR 2010, 1221 (1221); Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 16; Haas, IPRax 2001, 195 (200); Stadler, in: Musielak, ZPO, § 329 Rn. 25a; siehe auch die Entscheidung Régie nationale des usines Renault SA ./. Maxicar SpA und Orazio Formento des EuGH zu Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ, dessen Erwägungen sich auf § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO übertragen lassen, EuGH, 11.5.2000, Rs. C-38/98, Slg. 2000, I-2973, NJW 2000, 2185 (2186); Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 34; Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, S. 67. 790 Siehe ausführlich Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, S. 67 ff.; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 53; Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 18; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 516; Geimer, IZPR, Rn. 2947 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 176; Geimer, JZ 1969, 12 (13). 791 Siehe hierzu bereits Kap. II § 7 I. 792 Statt aller Geimer, IZPR, Rn. 2945.
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bereits mehrfach erörtert – sowohl in materiell- als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht – nur schwer Kontur zu verleihen ist, sollen im Folgenden exemplarisch Spezialfälle, die die wohl gängigsten ordre public-Verstöße in verfahrensrechtlicher Hinsicht darstellen, knapp skizziert werden. Eine traditionelle Fallkonstellation sind die auf unterschiedliche Arten erschlichenen Entscheidungen – insbesondere die durch Prozessbetrug Erwirkten.793 Die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung in Deutschland ist grundsätzlich ausgeschlossen, wenn das Verfahren durch den Kläger missbraucht wurde, um den Titel zu erschleichen. 794 Eine mißbräuchliche Täuschung liegt etwa dann vor, wenn der Kläger bei der Verfahrenseinleitung wahrheitswidrig angibt, ihm sei der Aufenthaltsort des Beklagten nicht bekannt. 795 Nicht als ordre public-widrig zu betrachten sind hingegen Fälle des zulässigen forum shopping.796 Nicht ausreichend für einen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public ist zudem, dass das erststaatliche Beweisrecht anders als das deutsche ausgestaltet ist, z.B. andere Beweisverbote kennt. 797 Allerdings erfährt eine spezielle Rechtsfigur des Beweisrechts im Rahmen der ordre public-Prüfung besondere Beachtung. Wie bereits im Rahmen des materiellrechtlichen ordre public erwähnt, sind häufig Rechtsinstitute des US-amerikanischen Rechts Gegenstand näherer Betrachtung im Zuge der ordre public-Prüfung. So ist beispielsweise die „pre-trial discovery“,798 die eine extensive Beweisermittlung im US-amerikanischen Zivilprozess ermöglicht, als ordre public-widrig zu bewerten, wenn Sie aufgrund ihrer Intensität faktisch zu einer Ausforschung führt, die nach deutschem Prozessrecht nicht zulässig ist.799 Doch wie bereits erörtert, führt die Fremd793 Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 38, 41; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 54; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 121; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 29; Linke/Hau, IZVR, Rn. 492. 794 Siehe zur Gesamtproblematik das grundlegende Werk von Regen, Prozeßbetrug als Anerkennungshindernis, S. 66 ff.; vgl. auch Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, S. 70; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 173; Schack, IZVR, Rn. 956. 795 OLG Hamm, 27.7.1995 – 4 UF 221/95, NJW-RR 1996, 773 (774); Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 26. 796 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 121. 797 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 55; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 237; ders., Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 136; ders., IZPR, Rn. 2962; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 27; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 182. 798 „Pre-trial discovery“ meint dabei die Zeitspanne zwischen Schriftsatzwechsel und Hauptverhandlung, während der eine umfassende Aufklärung des Sachverhalts bzw. eine umfangreiche Informations- und Beweisbeschaffung erfolgt, vgl. Junker, Discovery im deutsch-amerikanischen Rechtsverkehr, S. 36. 799 Schack, IZVR, Rn. 955; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 47; ausführlich zur Gesamtproblematik Hök, Discovery-proceedings als Anerkennungshindernis, S. 1 ff.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
heit eines Rechtsinstituts nicht per se zur Versagung der Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung in Deutschland, sondern sie ist stets in Gesamtschau ihres Regelungszusammenhangs zu beurteilen. 800 Dementsprechend nimmt der BGH nicht generell einen Verstoß gegen den prozessualen ordre public im Falle einer pre-trial discovery an, da die bloße Möglichkeit, dass hierbei eine nach deutschem Prozessrecht unzulässige Ausforschung erreicht wird, nicht den restriktiv zu handhabenden Voraussetzungen des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO gerecht wird; in den gebotenen Gesamtvergleich sind vielmehr die dem deutschen Recht bekannten materiellrechtlichen Auskunftspflichten miteinzubeziehen. 801 Es kommt somit auf die konkreten Umstände bzw. die Durchführung des US-Zivilverfahrens und dessen Vereinbarkeit mit dem deutschen Ausforschungsverbot an, die das deutsche Anerkennungsgericht im Einzelfall zu bewerten hat. bb) Rügeobliegenheit im Urteilsstaat? Wie sämtliche Anerkennungsvoraussetzungen des § 328 Abs. 1 ZPO – außer der Rüge bzw. Einrede nach § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO – ist ein möglicher ordre public-Verstoß im Anerkennungsverfahren von Amts wegen zu prüfen und steht somit nicht zur Disposition des Urteilsschuldners.802 Hiervon unabhängig ist die Frage, ob ein (eigentlich vorliegender) ordre public-Verstoß nicht mit den der jeweiligen Partei zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln im Erstverfahren hätte beseitigt werden können. 803 Ausgangspunkt für diese Fragestellung ist die von Spellenberg vorgebrachte Erwägung, dass bei Nichtausschöpfung möglicher Rechtsmittel im drittstaatlichen Verfahren evtl. kein Widerspruch (mehr) zu deutschen Grundwerten vorliegt. 804 Vor diesem Hintergrund finden sich – wie schon bei der Verletzung des rechtlichen Gehörs im Rahmen der Verfahrenseinleitung diskutiert – auch in Bezug auf die Korrektur von Verfahrensfehlern im allgemeinen Stimmen in der Literatur, die einen Korrekturversuch durch Einlegung von Rechtsmitteln im Urteilsstaat fordern.805 Nach der insbesondere von Geimer vertretenen An800
Statt vieler Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 101. BGH, 4.6.1992, IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 (Rn. 38); Roth, in: Stein/Joans, ZPO, § 328 Rn. 113; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 30; siehe auch Geimer, IZPR, Rn. 2953. 802 BGH, 26.2.1958 – IV ZR 211/57, FamRZ 1958, 180 (181 ff.); Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 46; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 447, 469 f.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 512 f. 803 Vgl. Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 469. 804 So vertreten von Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO, Rn. 472. 805 So etwa vertreten von Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 53; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 227; ders., IZPR, Rn. 2955. Noch einen Schritt weiter gehen Spellenberg und Völker, die eine Rügeobliegenheit auch bei Verstößen gegen den materiellrechtlichen ordre public diskutieren. So sei es möglich, dass das materielle Ergebnis des auslän801
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sicht ist, wenn ein Rechtsmittel im Erststaat erfolgreich gewesen wäre, ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public zu verneinen, da der ordre public nicht dazu diene, „nachlässige oder unzweckmäßige Prozessführung nachträglich im Anerkennungsverfahren zu korrigieren“.806 Dieser Ansicht ist jedoch aus unterschiedlichen Erwägungen nicht zuzustimmen. Eine Rügeobliegenheit im Erststaat würde den Beklagten unbillig belasten. Ein Beklagter, der ein drittstaatliches Verfahren durchlaufen hat, das nicht die Anforderungen des deutschen anerkennungsrechtlichen ordre public erfüllt, kann nicht mit der zusätzlichen Pflicht belastet werden, dass er sich unter den erststaatlichen Bedingungen einem Rechtsmittelverfahren aussetzt bzw. die damit verbundenen (finanziellen) Risiken eingeht. 807 Diese Haltung lässt sich auch durch die unionsrechtlichen Regelungen untermauern. So sieht selbst das Unionsrecht, das dem Beklagten bei der Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO eine Verteidigungsobliegenheit im Erststaat zumutet, für ordre public-Verstöße zurecht von einer entsprechenden Pflicht des Beklagten ab. 808 Eine Rügeobliegenheit ist im Einklang hiermit und mit Blick auf die wichtige Schutzfunktion, die dem ordre publicVorbehalt nach wie vor – besonders bei Drittstaatensachverhalten – zukommt, auch auf Ebene des nationalen autonomen Rechts abzulehnen. II. Der ordre public im französischen Anerkennungsrecht Die Vereinbarkeit einer drittstaatlichen Entscheidung mit dem französischen ordre public ist seit jeher eine der Anerkennungsvoraussetzungen im autonomen französischen Recht. 809 Der ordre public, der in diesem Zusammenhang Gegenstand der Untersuchung ist, ist, wie bereits erwähnt, der „ordre dischen Urteils, das gegen den materiellen deutschen ordre public verstoße, im Urteilsstaat auf ein Rechtsmittel hin noch einer vollständigen neuen Prüfung der Sach- und Rechtslage unterzogen würde, vgl. Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 475; Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 219 f. 806 Vgl. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 143; siehe auch Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 472; (ablehnend) Schütze, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 328 Rn. 46; ders., IZPR in der ZPO, S. 101. 807 Ebenso Schack, IZVR, Rn. 957; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 46; ders., IZPR in der ZPO, S. 101; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 329 Rn. 30. 808 Vgl. Schack, IZVR, Rn. 957. So normiert Art. 45 Abs. 1 lit. a (vormals: Art. 34 Nr. 1) EuGVVO lediglich: „Die Anerkennung einer Entscheidung wird auf Antrag eines Berechtigten versagt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Mitgliedstaats offensichtlich widersprechen würde. Die Pflicht zur Einlegung eines Rechtsbehelfs wird jedoch ausdrücklich nicht erwähnt.“ 809 Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 588; Courbe, Droit international privé, S. 176; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 26; Gutmann, Droit international privé, S. 277; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 443; Kitic, Droit international privé, S. 125 ff., 129 ff.; Monéger, Droit international privé, Rn. 602 ff.
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public international français“, d. h. nur jene Begrifflichkeiten und Rechtsinstitute, die dem ordre public-Begriff vom französischen Recht auf internationaler Ebene zugeordnet werden, dürfen berücksichtigt werden. 810 Bei diesen Rechtsbegriffen handelt es sich nach dem Arrêt Lautour der Cour de cassation aus dem Jahr 1948 um jene „universellen Rechtsprinzipien, die aus französischer Sicht mit absolutem internationalem Wert versehen sind“.811 Wie auch im deutschen Recht wird im französischen Recht auf Anerkennungsebene der Prüfungsumfang der ordre public-Kontrolle eingeschränkt, da – wie bereits erwähnt 812 – bei der Anerkennung ausländischer bzw. drittstaatlicher Entscheidungen zu berücksichtigen ist, dass es (lediglich) darum geht, in einem Drittstaat bereits erworbenen Rechten („droits acquis“) im französischen Inland Geltung zu verleihen und diese nicht erst im Erkenntnisverfahren zuzusprechen.813 Dieses Prinzip wurde erstmals durch den Arrêt Bulkley 814 im französischen Recht eingeführt und im weiteren Verlauf durch die Rechtsprechung mehrfach, insbesondere in den Entscheidungen Rivière und Rohbi bestätigt.815 Folglich ist auch im französischen Anerkennungsrecht von einer eingeschränkten Wirkweise des ordre public, dem effet atténué de l’ordre 810
Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 196; ausführlich zum Begriff des französischen ordre public international siehe Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 332 ff. Ein grundlegendes Werk zur Gesamtproblematik des ordre public im internationalen Privatrecht liefert Lagarde, Recherches sur l’ordre public en droit international privé, S. 2 ff. 811 „[…] principes de justice universelle considérés dans l’opinion française comme doués de valeur internationale absolue, […]“, Cass. civ. 25.5.1948, Rev. crit. DIP 1949, 89 (91). 812 Siehe hierzu bereits Kap. II § 9 I 1. 813 Diese Erwägung führte die Cour de cassation ausdrücklich in ihrem Arrêt Rohbi aus dem Jahr 1983 aus: „La réaction à l’encontre de l’ordre public n’est pas la même suivant qu’il s’agit de mettre obstacle à l’acquisition d’un droit en France, ou de laisser se produire en France les effets d’un droit acquis, sans fraude, à l’étranger.“, Cass. civ. 3.11.1983, Rev. crit. DIP 1984, 325 (325 f.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 198; Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 765; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 178; Gutmann, Droit international privé, S. 277. 814 Cass. civ. 28.2.1860, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 4, 30 (30 ff.). In dieser Entscheidung wurde ein ausländisches Scheidungsurteil in Frankreich anerkannt, obwohl zu dieser Zeit in Frankreich die Ehescheidung verboten war, vgl. Courbe, Droit international privé, S. 177; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 443 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 197. 815 Arrêt Rivière Cass. civ. 17.4.1953, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 26, 232 (232 ff.); Arrêt Rohbi Cass. civ. 3.11.1983, Rev. crit. DIP 1984, 325 (325 f.); vgl. Kitic, Droit international privé, S. 129; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 239; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 272; Monéger, Droit international privé, Rn. 603; Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (27); siehe auch Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 765; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 288.
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public auszugehen. 816 Allerdings wird diese Einschränkung der ordre publicKontrolle nach dem Prinzip des ordre public de proximité in solchen Fällen eingeschränkt bzw. „ausbalanciert“, in denen eine der betroffenen Parteien eine besondere Nähebeziehung zu Frankreich bzw. der französischen Rechtsordnung aufweist. 817 Hier soll der ordre public-Vorbehalt wiederum weiter gefasst werden. 818 Im französischen autonomen Recht – wie auch im deutschen Prozessrecht – findet sich somit eine Berücksichtigung des Inlandsbezugs im Rahmen der ordre public-Prüfung. Seit dem Arrêt Bachir der Cour de cassation aus dem Jahre 1967 zerfällt die Überprüfung des ordre public – wie auch im deutschen autonomen Recht – in die Prüfung der Vereinbarkeit mit dem materiell-rechtlichen ordre public und die Prüfung des verfahrensrechtlichen ordre public.819 Diese „Zweiteilung“ des ordre public-Vorbehalts wurde in der Entscheidung Cornelissen durch die Cour de cassation im Jahr 2006 noch einmal ausdrücklich bestätigt.820 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der ordre public-Konformität ist – wie auch nach deutschem autonomem Recht – derjenige der Einleitung des Exequaturverfahrens vor den französischen Gerichten bzw. der Zeitpunkt, in dem die Anerkennung in Frankreich begehrt wird. 821 Dabei legt der französische Anerkennungsrichter das aktuelle französische ordre publicVerständnis seinem Urteil zugrunde, das zum Zeitpunkt seiner Anerkennungsentscheidung in Frankreich maßgeblich ist, und nicht jenes, was zum
816 Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 588; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 272; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 443 f.; Meyzeaud-Garaud, Droit international privé, S. 178; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 14; GaudemetTallon, RIDC (2) 1986, 487 (493); siehe auch Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 332 f. 817 Vgl. Cachard, Droit international privé, S. 299; Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 764 f.; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 333 ff. 818 Vgl. Cachard, Droit international privé, S. 299. 819 Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. DIP 1968, 98 (98); Courbe, Droit international privé, S. 176; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 196; Kitic, Droit international privé, S. 130; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 287 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 77; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 239; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 276 f. 820 Cass. civ. 20.2.2007, Gaz. Pal. 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (420 ff.); Audit, Droit international privé, S. 394; Mélin, Droit international privé, S. 66; Monéger, Droit international privé, Rn. 602. 821 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 197; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 287; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (495); Regan, (4) B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (185).
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Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung vorherrschend war („principe de l’actualité de l’ordre public“).822 1. Der materiellrechtliche ordre public Der Ansatz des französischen materiell-rechtlichen ordre public entspricht weitgehend dem Ansatz, den auch der deutsche ordre public verfolgt. Mit dem ordre public vereinbar sein muss das jeweilige Urteil bzw. das Ergebnis und nicht allein das vom Urteilsgericht angewandte Recht. 823 Die Anwendung eines ordre public-widrigen Gesetzes mag zwar häufig eine ordre publicWidrigkeit indizieren, es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch ein aus französischer Sicht zweifelhaftes Gesetz zu tragbaren bzw. anerkennungsund vollstreckungsfähigen Ergebnissen führt.824 Die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung ist nur dann ausgeschlossen, wenn im konkreten Fall durch das Ergebnis der Anerkennung gegen „die französischen politischen und sozialen Grundüberzeugungen verstoßen wird oder die Entscheidung in eklatantem Widerspruch zu rechtspolitischen Grundentscheidungen des französischen Gesetzgebers steht“.825 Wie auch im deutschen Recht haben sich dabei im französischen Recht Fallgruppen durch die Rechtsprechung herausgebildet, in denen in der Regel eine ordre public-Konformität nicht gegeben oder zumindest umstritten ist. Grundsätzlich nicht anerkennungsfähig bzw. mit dem französischen materiellrechtlichen ordre public unvereinbar sind etwa Scheidungsurteile, die auf Grundlage des Begriffs der ehelichen Gewalt („puissance maritale“) bzw. dem „bloßen Ungehorsam der Frau“ fußen826 oder eine im Ausland erfolgte 822 Courbe, Droit international privé, S. 177; Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 765; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 287; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 245; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (495). Näher zum „principe de l’actualité de l’ordre public“ siehe Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 331 f. 823 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 27; Audit, Droit international privé, S. 396; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 287; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 240. 824 Vgl. Audit, Droit international privé, S. 396; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 27; Kitic, Droit international privé, S. 129; Georganti, Die Zukunft des ordre public-Vorbehalts im Europäischen Zivilprozessrecht, S. 76; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 287; Fricke, IPRax 1989, 202 (207). 825 Diese anschauliche Formulierung wählt Fricke, IPRax 1989, 202 (207); siehe auch Clavel, Droit international privé, S. 252 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 288. 826 Vgl. Cour d’appel Poitiers 24.7.1980, JDI 1981, 567 (567): „Lorsqu’une décision d’une juridiction étrangère a de plein droit l’autorité de la chose jugée et est utilisée comme moyen de défense dans une instance introduite devant une juridiction française, il
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Verstoßung („répudiation“), die gegen den – insbesondere auch in Art. 5 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK festgeschriebenen 827 – Grundsatz der Geschlechtergleichheit verstößt.828 Die einseitigen „Verstoßungen“ durch den Ehemann bzw. die sog. talaq-Scheidungen nach islamischem Recht stellen eine der zentralen Fallgruppen hinsichtlich der ordre public-Prüfung im französischen Recht dar und bilden in der Literatur einen bemerkenswerten Schwerpunkt bei der Auseinandersetzung mit dem französischen ordre public.829 Ihre Anerkennung ist in Frankreich zwar nicht kategorisch ausgeschlossen, sie hängt jedoch insbesondere davon ab, ob den Rechten und finanziellen Ansprüchen der Frau hinreichend Rechnung getragen wurde bzw. ob eine Gleichbehandlung der Ehegatten gegeben ist.830 Zu beachten ist dabei, dass selbst wenn der Ehefrau hinreichende finanzielle Absicherungen („garanties pécuniaires“) gewährt wurden und die Verstoßung aus einem ordnungsgemäßen Verfahren resultiert, eine Anerkennung ausscheiden soll, wenn die Ehefrau oder beide Ehegatten ihren Aufenthalt in Frankreich haben. 831
appartient à celle-ci de se prononcer sur sa régularité et notamment de vérifier si elle ne porte pas atteinte à l’ordre public international français, ce qui est le cas lorsque le divorce a été prononcé aux torts de la femme au motif que l’épouse, résidant en France avec ses enfants doit suivre son mari détenteur de la puissance maritale.“; Courbe, Droit international privé, S. 177; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 27. 827 Art. 5 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK: „Ehegatten haben untereinander und in ihren Beziehungen zu ihren Kindern gleiche Rechte und Pflichten privatrechtlicher Art hinsichtlich der Eheschließung, während der Ehe und bei der Auflösung der Ehe. Dieser Artikel verwehrt es den Staaten nicht, die im Interesse der Kinder notwendigen Maßnahmen zu treffen.“ 828 Vgl. Cass. civ. 17.3.1997 Rec. D. 1997, 400 (400); Cachard, Droit international privé, S. 299 f.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 27; Kitic, Droit international privé, S. 127; Monéger, Droit international privé, Rn. 604; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 278 f. 829 Ebenso Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (933). Eine aktuelle Auseinandersetzung mit der Thematik und einer Entscheidung der Cour de cassation aus dem Jahr 2010 liefert etwa Cornut, JCP G Sem. Jur. 2011, N° 10, 465. Eine sehr anschauliche Übersicht zu einzelnen Problemkreisen im Rahmen der ordre public-Prüfung erstellt Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 197 ff. 830 Ausführlich zur Gesamtproblematik der Anerkennung von „répudiations islamiques“ in Frankreich El Husseini Begdache, Le droit international privé français et la répudiation islamique, S. 107 ff. m. w. N.; dies., Rev. crit. DIP 1999, 427 (427 ff.); Zaher, Conflit de civilisations et droit international privé, S. 183 ff.; Fadlallah, Rev. crit. DIP 1981, 17 (17 ff.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 198; siehe auch Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 277 ff. 831 Vgl. Cass. civ. 17.2.2004, Rev. crit. DIP 2004, 423 (424); näher hierzu Hammje, Rev. crit. DIP 2004, 426 (434 ff.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 198.
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Ein weiteres Beispiel, das in einem religiösen Kontext steht und im Zusammenhang mit dem materiellrechtlichen ordre public diskutiert wird, sind solche drittstaatliche Entscheidungen, die eine in Frankreich geschlossene Zivilehe nur deshalb annullieren, weil das Recht des Staats, dem die Ehegatten angehören, eine religiöse Eheschließung fordert. 832 Darüber hinaus existiert eine weitere familienrechtliche Konstellation, die meist eine Versagung der Anerkennung in Frankreich zur Folge hat. So liegen in Sorgerechtsentscheidungen die Anerkennung ausschließende ordre public-Verstöße mitunter dann vor, wenn die drittstaatliche Entscheidung diskriminierende Regelungen vorsieht.833 Schließlich finden sich in der französischen Rechtsprechung aktuellere Entscheidungen, die Verträge über die Vereinbarung einer Leihmutterschaft als dem französischen ordre public widersprechend einstufen und deren Anerkennung versagen. 834 Sehr interessant sind an dieser Stelle die Parallelen zum deutschen Recht. So entschied das Kammergericht Berlin in einem aktuellen Beschluss vom 1. August 2013, dass „ein aufgrund eines Leihmuttervertrags begründetes rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis zwischen dem Kind und dem Bestellvater“ ordre public-widrig und somit nicht anzuerkennen sei.835 Häufig finden sich nach den obigen Ausführungen familienrechtliche Sachverhalte und Problemstellungen, die bei der Frage nach der Vereinbarkeit mit dem französischen ordre public relevant sind. Demgegenüber sind Konstellationen, in denen der materiellrechtliche ordre public in vermögens832
„L’exécution en France d’un jugement marocain prononçant l’annulation d’un mariage contracté en France entre une Française et un Marocain au seul motif du défaut préalable de célébration religieuse heurte de front le principe de laïcité du mariage et est donc incompatible avec les exigences de l’ordre public en matière de mariage.“, TGI Paris 7.4.1981, Rev. crit. DIP 1981, 510 (511); Courbe, Droit international privé, S. 177. 833 So soll beispielsweise eine Entscheidung, die – allein abhängig vom Geschlecht des Kindes – der Mutter das alleinige Sorgerecht für alle weiblichen Kinder zuspricht, bzw. die das Kindeswohl unberücksichtigt lässt, ordre public-widrig sein, vgl. Kitic, Droit international privé, S. 129; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 27; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 17; Cachard, Droit international privé, S. 299. 834 Diesbezüglich hat die französische Cour de cassation drei Entscheidungen erlassen, in denen es um die Anerkennung einer Leihmutterschaftsvereinbarung aus den USA ging, vgl. Cass. civ. Arrêt n° 369 du 6.4.2011 (09-66.486); Cass. civ. Arrêt n° 370 du 6.4.2011 (10-19.053); Cass. civ. Arrêt n° 371 du 6.4.2011 (09-17.130); eine ausführliche Auseinandersetzung mit diesen Entscheidungen des Kassationshofs und der Behandlung der Leihmutterschaft nach französischem Recht liefert Ruffieux, RDLF 2014, chron. n° 7. 835 KG Berlin, 1.8.2013 – 1 W 413/12, IPRax 2014, 72. Es sei darauf hingewiesen, dass der Beschluss des KG Berlin – aufgrund der Ausgestaltung des deutschen Verfahrensrechts – den Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit bzw. die Anerkennung nach § 108 FamFG und nicht die in der vorliegenden Arbeit erörterte (allgemeine) Anerkennung in Zivil- und Handelssachen nach § 328 ZPO betrifft. Näher zu dieser Entscheidung Breidenstein, FamFR 2013, 480.
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rechtlichen Entscheidungen betroffen ist, eher selten.836 Ein Beispiel für einen Verstoß gegen den ordre public aus diesem Bereich findet sich etwa im Insolvenzrecht in solchen Fällen, in denen der Grundsatz der gleichmäßigen Gläubigerbefriedigung bzw. die Unterbindung der Einzelzwangsvollstreckung nicht gewahrt wurde.837 Die in vermögensrechtlicher Hinsicht im deutschen Recht besonders stark diskutierte Frage der Anerkennungsfähigkeit von US-amerikanischen Urteilen, die den Beklagten zu punitive damages verurteilen, erfährt im französischen Recht bzw. der Literatur offenbar weniger Aufmerksamkeit als in der diesbezüglich abundanten deutschen Literatur. Allerdings sprach sich die Cour de cassation in einer grundlegenden Entscheidung vom 1. Dezember 2010, dem Arrêt Fountaine Pajot, zur Anerkennungsfähigkeit dieser Urteile in Frankreich aus.838 Dabei bestimmte sie, dass Entscheidungen, die dem Kläger punitive damages zusprechen, grundsätzlich als mit dem ordre public vereinbar zu betrachten sind. Dies gilt jedoch nur „insoweit der zugesprochene Betrag nicht disproportional im Vergleich zum erlittenen Schaden und dem Bruch der vertraglichen Verpflichtungen durch den Beklagten ist“.839 Insofern zeigen sich Parallelen zum deutschen Recht, da hiernach auch in Frankreich der Grundsatz der Schadenskompensation den Ausgangspunkt für
836
Zu denselben Ergebnissen bzw. einem Schwerpunkt nicht vermögensrechtlicher Fragen im Rahmen der ordre public-Prüfung gelangt Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (494). Eine weitere Fallgruppe der ordre public-Widrigkeit, die nicht dem Familienrecht zuzuordnen ist bzw. bei der unabhängig von dem betreffenden Rechtsgebiet ein Verstoß gegen den französischen ordre public regelmäßig vorliegt, stellen schließlich solche Entscheidungen dar, die mit einer früheren französischen oder einer bereits anerkannten ausländischen Entscheidung unvereinbar sind. Ausführlich zur Behandlung der Urteilskollision bzw. zur entgegenstehenden Rechtskraft und Rechtshängigkeit im französischen Recht, vgl. Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (495) sowie bereits Kap. II § 8 II. 837 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 199. 838 Cass. civ. 1.12.2010, Rec. D. 2011, 423 (423 f.); für eine ausführliche Besprechung des Urteils siehe West Janke/Licari, AmJCompL 60 (2012), 775 (775 ff.); siehe auch Cachard, Droit international privé, S. 300. 839 „[…] qu’une décision étrangère condamnant une partie à paiement de dommagesintérêts punitifs n’est pas, par principe, contraire à l’ordre public international de fond; […] Mais attendu que si le principe d’une condamnation à des dommages intérêts punitifs, n’est pas, en soi, contraire à l’ordre public, il en est autrement lorsque le montant alloué est disproportionné au regard du préjudice subi et des manquements aux obligations contractuelles du débiteur.“, Cass. civ. 1.12.2010, Rec. D. 2011, 423 (423); siehe auch Cachard, Droit international privé, S. 300. Sehr kritisch hinsichtlich der Prüfung der Verhältnismäßigkeit Licari, Rec. D. 2011, 423 (425 ff.), ebenfalls skeptisch Juvénal, JCP G Sem. Jur. 2011, N° 6-7, 257 (258 f.), die den daraus resultierenden Einschätzungsspielraum des Zweitrichters und eine daraus resultierende Rechtsunsicherheit zu bedenken gibt.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
das Schadensrecht bildet.840 Anders als im deutschen Recht ist dabei wohl auch eine teilweise Anerkennung bzw. Exequierung möglich, allerdings unter der Maßgabe, dass das Urteil in unterschiedliche Bestandteile aufteilbar ist und die Trennung der einzelnen Teile des Urteils nicht de facto zu einer révision au fond der Entscheidung führt. 841 2. Der verfahrensrechtliche ordre public Während maßgeblicher Gegenstand der materiellrechtlichen ordre publicPrüfung die Wirkungen der drittstaatlichen Entscheidung sind, die diese in Frankreich entfalten würde, erfasst der verfahrensrechtliche ordre public das Zustandekommen der Entscheidung bzw. die verfahrensrechtlichen Abläufe im erststaatlichen Prozess.842 Um mit dem französischen ordre public in verfahrensrechtlicher Hinsicht vereinbar zu sein, muss die Entscheidung bzw. der Prozess, in dem sie ergangen ist, gewissen nach französischer Ansicht minimalen Anforderungen gerecht werden. Es müssen wie bereits erwähnt jene Grundsätze gewahrt werden, die aus französischer Sicht derart grundlegend sind, dass eine Entscheidung, die diese Prinzipien nicht gewahrt hat, in Frankreich mit keinen Wirkungen versehen werden kann bzw. darf.843 Die im Arrêt Bachir angeordnete Prüfung der Vereinbarkeit mit dem französischen verfahrensrechtlichen ordre public und der Wahrung des rechtlichen Gehörs des Beklagten betrifft sämtliche Stadien des erststaatlichen Verfahrens, d. h. anders als im deutschen autonomen Recht findet sich keine eigenständige Anerkennungsvoraussetzung für die Wahrung der Beklagtenrechte bei Verfahrenseinleitung.844 Hinsichtlich der prozessualen Anforderungen im Allgemeinen äußerte sich die Cour de cassation in der Entscheidung Arrêt Pêcherie du port aus dem Jahr 2007 in einer recht generellen Weise und betonte, dass die Verletzung des internationalen verfahrensrechtlichen ordre public durch eine ausländische Entscheidung nur dann angenommen werden könne, wenn bewiesen sei, dass „die Interessen einer Partei objektiv durch eine Verletzung der funda-
840 Grundlage hierfür ist Art. 1382 C. civ., der normiert: „Tout fait quelconque de l’homme, qui cause à autrui un dommage, oblige celui par la faute duquel il est arrivé à le réparer.“; vgl. Juvénal, JCP G Sem. Jur. 2011, N° 6-7, 257 (258 f.). 841 Cour d’appel Paris 1.7.1970, Rev. crit. DIP 1970, 718 (718 ff.); siehe die sehr instruktive Anmerkung von Foyer, Rev. crit. DIP 1970, 723 (725); Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 591. 842 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 289 f. 843 Vgl. Kitic, Droit international privé, S. 126; Clavel, Droit international privé, S. 252 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200 ff.; Fricke, IPRax 1989, 202 (206). 844 Siehe hierzu bereits Kap. II § 7 II.
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mentalen Verfahrensprinzipien beeinträchtigt wurden“.845 Wie auch in der deutschen Rechtsordnung – und in sämtlichen Rechtsordnungen, die sich eines ordre public-Vorbehalts bedienen – zeigt sich an diesem Urteil des Kassationshofs die zentrale Problematik des ordre public: die generalklauselartige Formulierung liefert nur wenig Aufschluss über das eigentliche Prüfungsprogramm und erfordert somit eine konkrete Ausformung durch die Rechtsprechung. 846 Dabei gilt es neben den Anforderungen, die die französischen Richter aufstellen, insbesondere auch die Vorgaben des Art. 6 EMRK und die entsprechende Rechtsprechung des EGMR zu berücksichtigen. 847 Im Rahmen des verfahrensrechtlichen ordre public widmet sich der französische Anerkennungsrichter im Wesentlichen der Kontrolle der folgenden Elemente des erststaatlichen Verfahrens: der Zustellung der Klageschrift,848 den zugelassenen Beweismitteln, ggf. der ordnungsmäßigen Vertretung des Beklagten, der Begründung der Entscheidung, der Zustellung des Urteils an den Beklagten und schließlich der Verfügbarkeit von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung bis hin zur Unparteilichkeit des Richters. 849 Letztere zählt zu den zentralen und unaufweichbaren Bestandteilen des französischen ordre public in verfahrensrechtlicher Hinsicht. 850 Die Prüfung der Zustellung der Klageschrift bzw. der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung ist hier also – 845
„La contrariété à l’ordre public international de procédure d’une décision étrangère ne peut être admise que s’il est démontré que les intérêts d’une partie ont été objectivement compromis par une violation des principes fondamentaux de la procédure.“, Cass. civ. 19.9.2007, JDI 2008, 153 (153); Audit, Droit international privé, S. 395; de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23. 846 Zur parallelen Problematik im deutschen autonomen Recht siehe Kap. II § 9 I 2. 847 Siehe hierzu insbesondere die Entscheidung Pellegrini ./. Italie aus dem Jahr 2001, EGMR, 20.7.2001, Rev. crit. DIP 2004, 106 (106 ff.); ausführlich zur Entscheidung Sinopoli, Gaz. Pal. 2002, doct. 1157 (1157 ff.); siehe Audit, Droit international privé, S. 394 f.; Clavel, Droit international privé, S. 252; Courbe, Droit international privé, S. 176; Laborde, Droit international privé, S. 116; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 762; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 290 f.; MeyzeaudGaraud, Droit international privé, S. 177 f. 848 Siehe hierzu bereits Kap. II § 7 II. 849 Audit, Droit international privé, S. 394 f.; Courbe, Droit international privé, S. 177; Fulchiron/Nourissat, Travaux dirigés de droit international privé, S. 205; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 200 ff.; Kitic, Droit international privé, S. 126; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 284 f.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 240; de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 24. 850 Vgl. etwa (zum französisch-gabunischen bilateralen Staatsvertrag) Cass. civ. 3.12.1996, Rev. crit. DIP 1997, 328 (328); siehe ebenfalls de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 24; Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 203; Kitic, Droit international privé, S. 126; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 243.
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wie bereits erörtert – anders als in Deutschland Bestandteil des ordre publicVorbehalts, dies soll an dieser Stelle jedoch nicht erneut Gegenstand der Betrachtung sein. 851 Bezüglich der zugelassenen Beweismittel erfordert das französische Recht nicht, dass es sich bei den im erststaatlichen Verfahren eingesetzten um solche Beweismittel handeln muss, die mit denen des französischen Zivilprozessrechts identisch sind, soweit diese mit den prozessualen Grundprinzipien und Gerechtigkeitsvorstellungen des französischen Rechts vereinbar sind. 852 Auch hinsichtlich der Begründung von Urteilen lässt das französische Anerkennungsrecht Abweichungen von den inländischen französischen Standards zu. Ist zwar ein französisches Urteil grundsätzlich gemäß Art. 455 Abs. 1 NCPC mit Urteilsgründen zu versehen 853 und dies auch als Bestandteil des französischen ordre public interne zu bewerten,854 ist hinsichtlich der Begründung einer anzuerkennenden Entscheidung zu beachten, dass das Fehlen von Gründen nicht zwangsläufig zur ordre public-Widrigkeit der Entscheidung führen muss. 855 Eine Anerkennung ist vielmehr dann möglich, wenn gleichwertige Dokumente dem anzuerkennenden Urteil beigefügt wurden. 856 851
Ausführlich zu den Anforderungen an die Verfahrenseinleitung im französischen Anerkennungsrecht siehe Kap. II § 7 II. 852 Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 242; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 201 f.; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 277; sehr instruktiv zur diesbezüglich ergangenen Rechtsprechung Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 15 f. m. w. N.; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S.10 f. m. w. N. 853 Art. 455 Abs. 1 NCPC: „Le jugement doit exposer succinctement les prétentions respectives des parties et leurs moyens. Cet exposé peut revêtir la forme d’un visa des conclusions des parties avec l’indication de leur date. Le jugement doit être motivé.“ 854 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 202; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 243; siehe auch Kitic, Droit international privé, S. 126. 855 Anders noch ausdrücklich Tribunal civil de la Seine 10.4.1934, JDI 1934, 1188 (1188); de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23 f.; Fricke, IPRax 1989, 202 (206); Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 202; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 16; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 12; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 243. 856 Siehe hierzu den Leitsatz der Entscheidung Polypetrol des Kassationshofs aus dem Jahr 1991: „Est contraire à la conception française de l’ordre public international la reconnaissance d’une décision étrangère non motivée lorsque ne sont pas produits des documents de nature à servir d’équivalents à la motivation défaillante.“, Cass. civ. 9.10.1991, Rev. crit. DIP 1992, 516 (516); Laborde, Droit international privé, S. 116; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 202; Kitic, Droit international privé, S. 126; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 290; sehr ausführlich mit dieser Thematik befassen sich de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale),
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Eine Abweichung vom Grundsatz der Parteimaxime ist hingegen regelmäßig als ordre public-widrig zu bewerten. Eine über den Klägerantrag hinausgehende Entscheidung (ultra petita) oder Entscheidungen, die nicht den gesamten Streitgegenstand abdecken (infra petita), sind dementsprechend einer Anerkennung in Frankreich nicht zugänglich. 857 Als letzter Aspekt des verfahrensrechtlichen ordre public sei die Zustellung der drittstaatlichen Entscheidung und die Mitteilung der ggf. zur Verfügung stehenden Rechtsmittel erwähnt. Hinsichtlich der Zustellung der Entscheidung (nicht des verfahrenseinleitenden Schriftstücks) soll der Inhalt des erststaatlichen Prozessrechts maßgeblich sein – demnach soll eine Zustellung der drittstaatlichen Entscheidung dann entbehrlich sein, wenn das drittstaatliche Recht die Vollstreckbarkeit der Entscheidung nicht von der Zustellung abhängig macht. 858 Dabei ist jedoch nicht erforderlich, dass in der Entscheidung die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel angegeben werden, wenn der Beklagte von dem drittstaatlichen Verfahren Kenntnis hatte.859 S. 23 f.; Martel, JCP G Sem. Jur. 2006 N° 14 II 10052; Motte-Suraniti, Rec. D. 2009, 59 (59 ff.); siehe auch Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 581; Byrd, in: Platto/Horton, Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, S. 175; Derruppé, Droit international privé, S. 119; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 23 f.; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (494); Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 16. 857 TGI Paris 24.11.1977, Rev. crit. DIP 1980, 337 (337 ff.); Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 203; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 13; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 243; Klunker, Das internationale Zivilverfahren im französischen Rechtskreis, S. 277; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 16 f. 858 Siehe etwa Tribunal civil Saint-Malo 9.3.1955, JDI 1955, 684 (684 f.) sowie hierzu Anm. Sialelli; vgl. ausführlich Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 13 m. w. N. Eine gegenläufige Strömung der französischen Rechtsprechung erforderte früher, dass dem Beklagten die Entscheidung so rechtzeitig zugestellt werden muss, dass er ggf. genug Zeit hat, um in Betracht kommende Rechtsmittel zu ergreifen. So urteilt die Cour d’appel de Rennes ausdrücklich: „Il est contraire aux droits de la défense et à l’ordre public français qu’une décision puisse être rendue exécutoire sans aucune mesure de notification permettant éventuellement à l’interessé d’user d’une voie de recours.“, Cour d’appel Rennes, 18.6.1973, Rev. crit. DIP 1976, 533 (533); ebenso bereits Tribunal civil de la Seine 10.4.1934, JDI 1934, 1188 (1188); TGI Nanterre 10.7.1973, JDI 1974, 622 sowie hierzu Anm. Huet (623 f.); vgl. Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 13 m. w. N.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 244; siehe hierzu sehr instruktiv Guimezanes, in: Loussouarn/Lagarde, L’information en droit privé, 89 (131 ff.). 859 „L’ordre public procédural dont le juge de l’exequatur doit assurer le respect n’exige pas, au cas où le défendeur a connaissance de l’instance étrangère, que la signification, même lorsque le caractère exécutoire de la décision est subordonné à cette formalité
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3. Die Prüfung der absence de fraude à la loi Dem vom Kassationshof in der Entscheidung Munzer gewählten Wortlaut nach muss sich der französische Anerkennungsrichter schließlich der „absence de toute fraude à la loi“, d. h. des Nichtvorliegens jeglichen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens, versichern.860 Dieses Kriterium wurde von der Cour de cassation in ihrer berühmten Cornelissen-Entscheidung ausdrücklich beibehalten861 und stellt in gewisser Hinsicht eine Besonderheit der französischen Rechtsordnung dar. Zwar weist der Ausschluss der Anerkennung bei Rechtsmissbrauch eine große Nähe zum ordre public-Vorbehalt auf und ist insofern von diesem nur schwer präzise zu trennen,862 die Betonung der Erforderlichkeit des Nichtvorliegens rechtsmissbräuchlichen Verhaltens ist im französischen Recht aber besonders deutlich. Behandeln einige Rechtsordnungen den Rechtsmissbrauch im Rahmen des ordre public-Vorbehalts, wird im französischen Recht – ähnlich auch im Common Law – der Rechtsmissbrauch ausdrücklich als autonomes Anerkennungskriterium benannt. 863 Dies kann für den Rechtsanwender mitunter verwirrend sein, denn zum einen wird der Rechtsmissbrauch als eigenständige Anerkennungsvoraussetzung betont, zum anderen ist das Vorliegen eines rechtsmissbräuchlichen Verhaltens bereits im Rahmen der internationalen Zuständigkeit zu prüfen, da Letztere nach dem Arrêt Simitch in solchen Fällen nicht gegeben ist, in denen eine rechtsmissbräuchliche Forenwahl (choix frauduleux du for) vorliegt.864 Die Abgrenzung der absence de fraude à la loi von anderen Anerkennungskriterien gestaltet sich dementsprechend schwierig, es ist jedoch davon auszugepar la loi étrangère de procédure, comporte l’indication des voies de recours dans l’État d’origine.“, Cass. civ. 29.11.1994, Rev. crit. DIP 1995, 362 (362). 860 Statt aller Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 446; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 28; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 2. Grundlegende Werke zur Rechtsfigur der fraude à la loi liefern Audit und Verplaetse, siehe Audit, La fraude à la loi, S. 19 ff.; Verplaetse, La fraude à la loi en droit international privé, S. 1 ff. 861 Cass. civ. 20.2.2007, Gaz. Pal 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (420 ff.); Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 753; Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 290; Mélin, Droit international privé, S. 67; Monéger, Droit international privé, Rn. 605. 862 Diese Abgrenzungsschwierigkeiten sieht auch Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 250. 863 So etwa der Kassationshof erneut in einer Entscheidung aus dem Jahr 2009: „Le jugement étranger […] doit être reconnu dès lors qu’il remplit les conditions de régularité internationale: respect de l’ordre public international, compétence du juge étranger et absence de fraude.“, vgl. Cass. civ. 30.9.2009, JDI 2010, 136 (136). 864 Ebenso Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-4, S. 3 ff.; Audit, Droit international privé, S. 398; Fricke, IPRax 1989, 202 (206); siehe bereits Kap. II § 6 II 2 c).
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hen, dass die im Arrêt Munzer aufgestellte Anforderung wohl als allgemeines Schutzkriterium vor Rechtsmissbrauch zu sehen ist. Hinsichtlich der rechtsmissbräuchlichen Forumswahl ist demnach festzustellen, dass diese zwar von dem Anerkennungskriterium der absence de fraude à la loi erfasst wird, jedoch spezieller bereits im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit relevant wird.865 Doch wann liegt nach französischem Recht ein die Anerkennung ausschließendes rechtsmissbräuchliches Verhalten vor? In seiner berühmten Entscheidung Princesse de Beauffremont aus dem Jahr 1878 urteilte der Kassationshof, dass ein Rechtsmissbrauch im internationalen Privatrecht grundsätzlich dann gegeben ist, wenn „die Parteien willentlich die Rechtsbeziehungen bzw. Anknüpfungsfaktoren mit dem einzigen Ziel modifiziert haben, sie dem normalerweise zuständigen bzw. anwendbaren Recht zu entziehen“.866 Dieselben Erwägungen werden von der Cour de cassation auch auf Ebene der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen zugrunde gelegt.867 Zentraler Punkt bei der Prüfung der absence de fraude à la loi ist somit, ob eine Manipulation der Anknüpfungsmomente von Seiten der Parteien erfolgt ist.868 Im Einklang hiermit wurde ursprünglich unter Rechtsmissbrauch im anerkennungsrechtlichen Sinne allein die Gesetzesumgehung verstanden.869 Jenes Verständnis hat
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Ebenso wohl Clavel, Droit international privé, S. 253; zur Rolle der absence de fraude à la loi als autonome Anerkennungsvoraussetzung im Zusammenspiel mit den weiteren Kriterien siehe de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 28 f. 866 „Il y a fraude à la loi en droit international privé lorsque les parties ont volontairement modifié le rapport de droit dans le seul but de le soustraire à la loi normalement compétente.“, Arrêt Princesse de Beauffremont Cass. civ. 18.3.1878, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 6, 47 (47); vgl. Audit, Droit international privé, S. 397; de VareillesSommières, Fraude à la loi, Rép. Int. D., S. 1; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 12; Monéger, Droit international privé, Rn. 605; Anm. Arrêt Munzer, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 41, 359 (365). 867 So etwa in der Entscheidung Lafarge aus dem Jahr 1983, in der sich die wortgleiche Formulierung wie im Arrêt Princesse de Beauffremont findet: „S’il appartient au juge français de vérifier que les décisions étrangères qui sont soumises à son contrôle n’ont pas consacré une fraude à la loi, notamment en recherchant si les parties n’ont pas volontairement modifié le rapport de droit dans le seul but de le soustraire à la loi normalement compétente.“, Arrêt Lafarge Cass. civ. 17.5.1983, Rev. crit. 1985, 346 (346); Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 754; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 28. 868 Statt aller Kitic, Droit international privé, S. 130; Cachard, Droit international privé, S. 301 f. 869 Vgl. Audit, Droit international privé, S. 397 mit Verweis auf Arrêt Munzer Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344).
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jedoch seitdem eine Ausdehnung erfahren, sodass der Begriff der Rechtsmissbräuchlichkeit nach dem heutigen Verständnis weiter auszulegen ist. 870 Die Prüfung der absence de fraude à la loi kann unterschiedliche Ausprägungen des Rechtsmissbrauchs umfassen. Die Formen des Rechtsmissbrauchs, die im Rahmen der Anerkennung nach autonomem französischen Recht thematisiert werden, sind jedoch im Wesentlichen die fraude à la loi und die fraude au jugement.871 Fraude à la loi meint dabei wie bereits erörtert die willentliche Manipulation von Anknüpfungsmomenten. Da diese Manipulation erfolgt, um die Anwendung eines (materiellen) Rechts zu erreichen, dass aus französischer Sicht nicht zu der Entscheidung berufen ist, ist mitunter die Abgrenzung zur – mittlerweile aufgegebenen – kollisionsrechtlichen Prüfung („contrôle de la loi applicable“) 872 nur schwer vorzunehmen. 873 Unter fraude au jugement ist ein derartiges missbräuchliches Verhalten durch eine Partei zu verstehen, durch welches die anzuerkennende Entscheidung (in der bestehenden Form) ergangen ist.874 Hierbei kommt dem forum shopping eine besondere Bedeutung zu.875 Ist das forum shopping als logischer Bestandteil und Konsequenz des Nebeneinanders unterschiedlicher Rechtsordnungen an sich zwar grundsätzlich nicht als rechtsmissbräuchlich zu bewerten, so kann es doch in solchen Fällen einen Rechtsmissbrauch darstellen, in denen das jeweilige Gericht allein zu dem Grund angerufen wurde, um der Anwendung eines anwendbaren Rechts zu entgehen oder um die Entscheidung des Streits durch ein eigentlich zuständiges Gericht zu umgehen. 876 Das forum shopping birgt dementsprechend eine besondere Problematik in sich: Zum einen wird dem Kläger notwendigerweise die Gerichtsstandswahl eröffnet, zum anderen bietet aber gerade diese Möglichkeit ein hohes Missbrauchspotenzial.877 Eine Rechtsmissbräuchlichkeit liegt nach französischer Ansicht beim forum shopping in solchen Fällen vor, in denen ein Urteil in 870 Byrd, in: Platto/Horton, Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, S. 175; siehe auch Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 447. 871 Vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 29 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 76. 872 Zur kollisionsrechtlichen Kontrolle eingehend Kap. II § 11. 873 Vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 590; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 195; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 296; Fricke, IPRax 1989, 202 (206); siehe auch de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 29; Audit, Droit international privé, S. 296 f. 874 Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 196; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 297 f.; siehe auch Cachard, Droit international privé, S. 301. 875 Siehe ausführlich de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Fraude à la loi, S. 4. 876 Vgl. ausführlich de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Fraude à la loi, S. 4; ders., Trav. com. fr. dr. int. pr. 1998–99, 49 (50 ff.); Audit, Droit international privé, S. 295 ff.; siehe auch Kitic, Droit international privé, S. 130; Cachard, Droit international privé, S. 300. 877 Vgl. Cornut, JDI 2007, 27 (28 f.).
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einem anderen Staat erstritten wird als in demjenigen, in dem es nach Absicht des Klägers (oder auch beider Parteien) allein oder hauptsächlich geltend gemacht werden soll. 878 Die (im Einzelfall wohl äußerst schwierige) Abgrenzung, ob die Anrufung eines Gerichts rechtsmissbräuchlich war, hängt somit ganz maßgeblich von der Intention des Klägers ab. 879 Die französische Rechtsordnung entscheidet demgemäß zwischen einem zulässigen forum shopping bonus und einem missbräuchlichen forum shopping malus.880 Anhand der Behandlung des forum shopping und der dort vorgenommenen Differenzierung zeigt sich, dass eine objektive Veränderung des Anknüpfungsmoments allein für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs nicht ausreichend ist. Damit ein Rechtsmissbrauch gegeben ist, muss neben einem objektiven bzw. materiellen Element („élément matériel“) auch ein subjektives bzw. voluntatives Element („élément moral“ oder auch „élément intentionnel“) sowie ein rechtliches bzw. legales Element („élément légal“) gegeben sein.881 Unter dem objektiven Element ist dabei die rechtsmissbräuchliche Handlung zu verstehen, z. B. der Wechsel des Aufenthalts, des Wohnsitzes oder der Nationalität zur Manipulation des Anknüpfungsmoments, während das subjektive Element in der missbräuchlichen Gesinnung bzw. Intention der Partei liegt und das rechtliche Element in den mißbräuchlicherweise umgangenen Vorgaben besteht.882 Bei der Betrachtung dieser Konstellationen zeigt sich, dass die Lösung dieser Problemstellungen auch im Rahmen anderer Anerkennungskriterien gelöst werden könnte. Ein rechtsmissbräuchliches forum shopping wird in der Regel bereits das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit des Urteilsgerichts entfallen lassen, da nach der „Simitch-Formel“ schon keine „choix frauduleux“ erfolgt sein darf 883 und die Manipulation von Anknüpfungspunkten wird in der Regel wohl im Rahmen des ordre public-Vorbehalts behandelbar sein. 884 Es lässt sich dementsprechend festhalten, dass die Prüfung der absence de fraude à la loi im Grunde das Prüfungsprogramm des Anerkennungsrichters nicht oder nur unwesentlich erweitert, da die Fälle des Rechtsmissbrauchs in der Regel bereits durch andere Aner878 Courbe, Droit international privé, S. 178; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 297 f.; Fricke, IPRax 1989, 202 (206). 879 Ebenso Kitic, Droit international privé, S. 131. 880 Ausführlich hierzu de Vareilles-Sommières, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1998–99, 49 (51 ff.). 881 Vgl. de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 28; Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, 3487 (3489). 882 de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 28; grundlegend zu den einzelnen Elementen de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Fraude à la loi, S. 4 ff.; sowie die Anmerkungen von Labbé zur Entscheidung Princesse de Beauffremont, siehe Labbé, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 6, 49 (51 ff.). 883 So auch Fricke, IPRax 1989, 202 (206). 884 Ebenso Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 250.
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
kennungsvoraussetzungen, insbesondere den ordre public-Vorbehalt, erfasst werden (können).885 Zwar erfuhr das Anerkennungskriterium durch die Abschaffung der kollisionsrechtlichen Kontrolle und durch die flexible Generalklausel zur Bestimmung der internationalen Anerkennungszuständigkeit nach einigen Stimmen in der Literatur einen gewissen Bedeutungszuwachs,886 der Rechtsmissbrauch als isoliertes Anerkennungskriterium stellt jedoch keine Notwendigkeit dar.887 Einige Stimmen in der Literatur führen an, die französische Rechtsordnung habe sich diese letzte „Notbremse“ jedoch trotz oder gerade aufgrund der Liberalisierung seiner Anerkennungspraxis erhalten wollen.888 Diese Rolle könnte jedoch vollumfänglich – wie in anderen Rechtsordnungen – vom (bloßen) ordre public-Vorbehalt erfüllt werden. III. Die Ausprägungen des ordre public-Vorbehalts im Common Law 1. Systematische Einordnung Auch in der englischen Rechtsordnung findet sich ein „Notfallmechanismus“, um die Anerkennung und Vollstreckung untragbarer Entscheidungen zu verhindern. Anders als das deutsche Konzept, das dafür den ordre publicVorbehalt in Form des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO heranzieht,889 oder das französische Recht, das mit seiner Kombination aus ordre public-Prüfung und der Kontrolle der absence de fraude à la loi solchen Entscheidungen entgegentritt, wählt das Common Law eine andere Struktur des ordre publicVorbehalts. Ein Verstoß gegen den englischen ordre public im weiteren Sinne ist – wie bereits erörtert –890 in drei Ausprägungen möglich: durch fraud 885
Ebenso Laborde, Droit international privé, S. 116. Derruppé, Droit international privé, S. 120; Laborde, Droit international privé, S. 116; Monéger, Droit international privé, Rn. 605; siehe auch Audit, Droit international privé, S. 300 f.; sehr instruktiv zum Verhältnis von absence de fraude à la loi und kollisionsrechtlicher Kontrolle Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 755, Fn. 4. 887 Siehe hierzu Einmahl, RabelsZ 22 (1969), 114 (138). 888 So bereits Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle in Bezug auf den effet atténué des anerkennungsrechtlichen ordre public im Jahr 1987 als sowohl das französische Jurisdiktionsprivileg sowie die kollisionsrechtliche Kontrolle noch Bestandteil des französischen Anerkennungsrechts waren und dieses insgesamt somit noch um einiges restriktiver war als nach dem Arrêt Cornelissen, vgl. Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 447; siehe auch Audit, Droit international privé, S. 300 f.; Monéger, Droit international privé, Rn. 605, die auf ein anschauliches Zitat der Anmerkung zum Arrêt Munzer verweist: „Plus en effet le contrôle s’affaiblit et plus l’exigence d’absence de fraude prend d’importance.“, siehe Anm. Arrêt Munzer, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 41, 359 (366). 889 Ergänzt durch die „ausgegliederte“ Prüfung der Wahrung des rechtlichen Gehörs im eigenständigen Anerkennungskriterium des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. 890 Siehe hierzu bereits Kap. II § 7 III 1. 886
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(Rechtsumgehung oder -missbrauch), durch Unvereinbarkeit mit der „natürlichen Gerechtigkeit“ (natural justice oder substantial justice) oder durch anderweitige Verstöße gegen den ordre public im engeren Sinne (public policy).891 Das englische Recht nimmt dabei (lediglich) diese Dreiteilung des ordre public-Begriffs vor, eine strenge Unterteilung in materiell- und verfahrensrechtlichen ordre public erfolgt im Unterschied zur deutschen oder französischen Rechtsordnung nicht. 892 Obwohl fraud, natural justice/substantial justice und public policy als separate Versagungsgründe bzw. voneinander unabhängige defences behandelt werden, lassen sie sich nur schwer getrennt voneinander behandeln, weshalb sich diese drei Versagungsgründe unter dem Oberbegriff des ordre public im weiteren Sinne zusammenfassen lassen.893 Ein Verstoß gegen die „natürliche Gerechtigkeit“ (natural justice) ist wie bereits dargestellt im Wesentlichen dann gegeben, wenn das Verfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet worden ist bzw. der Beklagte unzureichend unterrichtet und/oder in seiner Verteidigung behindert war. 894 Eine nähere Betrachtung dieses Aspekts der ordre public-Kontrolle soll an dieser Stelle jedoch nicht erneut erfolgen, da die Prüfung der natural justice im Wesentlichen im Rahmen der Verfahrenseinleitung relevant wird und hier bereits behandelt wurde.895 2. Fraud Als einer der drei Versagungsgründe für die Anerkennung im Rahmen des ordre public-Vorbehalts kommt zunächst der Rechtsmissbrauch (fraud) in Betracht. So ist die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung nach dem Common Law zu versagen, wenn das Urteil durch rechtsmissbräuchliches Verhalten (fraud) erwirkt wurde.896 Insofern lassen sich deutliche Parallelen zum französischen Recht und der absence de fraude erkennen. Der 891 Statt aller Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 144; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 180 ff.; Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, S. 72. 892 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 144. 893 Vgl. Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 144; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 281. 894 Zur natural justice bzw. der Erweiterung des Prüfungsprogramms durch die substantial justice siehe ausführlich Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 740 ff.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 563 ff. sowie Kap. II § 7 III 2. 895 Siehe hierzu bereits Kap. II § 7 III. 896 Brown, Conflict of Laws, S. 227 f.; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 182 f.; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 551 ff.; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 705 f.; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 630; Halsbury’s Laws of England, Vol. 8 (3), S. 139; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 177.
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Begriff des Rechtsmissbrauchs bzw. fraud ist dabei weit zu verstehen, d. h. er ist in unterschiedlichen Formen, in verfahrens- sowie materiellrechtlicher Hinsicht möglich und umfasst mannigfaltige Ausprägungen missbräuchlichen Verhaltens.897 Ein Fall von fraud ist beispielsweise dann gegeben, wenn eine Partei an der Teilnahme am Verfahren aufgrund einer missbräuchlichen bzw. täuschenden Handlung der gegnerischen Partei gehindert wurde. 898 Überdies ist auch in Situationen, in denen das Urteilsgericht selbst rechtsmissbräuchlich handelte, etwa in Fällen der Bestechung oder der Parteilichkeit des Richters, ein Fall des fraud gegeben.899 In diesen Konstellationen läge zudem wohl auch ein Verstoß gegen die natural justice vor, da die grundlegenden verfahrensrechtlichen Prinzipien berührt werden.900 Insofern zeigt sich auch hier die Problematik der präzisen Trennung der einzelnen Anerkennungskriterien. Die Verletzung des ordre public durch Betrug kann im Rahmen des englischen Verfahrens – auch ohne neue Beweise (absence of fresh evidence) – vorgebracht werden, selbst wenn dieser Vorwurf bereits im Rahmen des Verfahrens im Urteilsstaat erhoben und abgelehnt wurde.901 Diese Linie der englischen Gerichte wurde mitunter als zu weitreichend kritisiert, zumal hierin eine Abweichung vom innerstaatlichen Recht liegt, welches einen Angriff einer englischen Entscheidung wegen fraud nur unter strengen Anforderun-
897 Briggs, The Conflict of Laws, S. 145; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 182; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 630; siehe auch Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 552 ff. 898 Ochsenbein v Papelier (1873) L.R. 8 Ch. App. 695 (698 ff.); Jet Holdings Inc. v Patel [1990] 1 Q. B. 335 (338); Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 182; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 396; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 552. 899 Brown, Conflict of Laws, S. 227; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 182; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 10; Hayward, Conflict of Laws, S. 98; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 98; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 177. 900 Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 630. 901 „A foreign judgment obtained by the fraud of a party to the suit in the foreign court cannot be afterwards enforced by him in an action brought in an English court, even although the question whether the fraud had been perpetrated was investigated in the foreign court, and it was there decided that the fraud had not been committed.“, Abouloff v Oppenheimer & Co. (1882) 10 Q. B. D. 295 (295); ebenso Vadala v Lawes (1890) L.R. 25 Q.B.D. 310 (317 ff.); vgl. Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 102 f.; Moloney, Conflict of Laws, S. 223; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 554; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 178; Stone, LMCLQ 1983, 1 (21).
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gen bzw. nur beim Vorliegen neuer Beweise zulässt.902 Hinsichtlich dieser Kritik ist insbesondere ein Blick auf die kanadische Rechtsprechung interessant, die sich der Linie der englischen Rechtsprechung nicht angeschlossen hat und für eine Anerkennung voraussetzt, dass die vorgebrachten Beweise im erststaatlichen Verfahren bei ordnungsgemäßem Verhalten nicht hätten erkannt werden können. 903 Auch Teile der australischen Rechtsprechung, die von der englischen ganz maßgeblich beeinflusst ist, lehnten die englische Auffassung ab.904 Wie insbesondere auch anhand der Betrachtung des deutschen Rechts gesehen, ist das Zusammenspiel von ordre public-Vorbehalt und den Grenzen der Nachprüfung der drittstaatlichen Entscheidung ein zentrales Thema dieses Anerkennungskriteriums und die Balance zwischen révision au fond und Prüfung des Rechtsmissbrauchs nicht einfach herzustellen. 905 Der Schutz des Beklagten kann jedoch nur dann gewährleistet werden, wenn der Kläger die Betrugs- bzw. Missbrauchsbehauptung (allegation of fraud) auch vor dem englischen Gericht noch einmal vorbringen kann. Insbesondere in Fällen, in denen der Rechtsmissbrauch darin lag, dass das Urteilsgericht bestochen 902
Siehe Briggs, The Conflict of Laws, S. 145 f.; Brown, Conflict of Laws, S. 228; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 729; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 278; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 364 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 551 f.; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 177 f. 903 Hierzu ausdrücklich der kanadische Supreme Court im Jahr 2003: „Fraud going to jurisdiction can always be raised before a domestic court to challenge the judgment. The merits of a foreign judgment can be challenged for fraud only where the allegations are new and not the subject of prior adjudication. The domestic court can refuse to recognize a foreign judgment where material facts not previously discoverable arise that potentially challenge the evidence that was before the foreign court.“, Beals v Saldanha (2003) S.C.R. 416, (2003) CarswellOnt 5101; vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 554; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 728. 904 Keele v Findley (1991) 21 N. S. W. L. R. 444 (447 f.); vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 729; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 554; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 364. 905 Siehe bereits die Ausführungen von Lindley, L.J. in Vadala v Lawes: „But you have to combine those two rules and apply them in the case where you cannot go into the alleged fraud without going into the merits. Which rule is to prevail?“, Vadala v Lawes (1890) L.R. 25 Q.B.D. 310 (316); zu dieser Problematik vgl. McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 177; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung USamerikanischer Urteile in England, S. 42; siehe auch Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 102; Brown, Conflict of Laws, S. 228; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013.
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wurde oder parteiisch war, ist es dem Beklagten nicht zuzumuten, allein vor den erststaatlichen Gerichten seine Rechte bzw. den Einwand des Rechtsmissbrauchs geltend zu machen. 906 Sehr treffend entgegnet dem Vorwurf des Verstoßes gegen das Verbot der révision au fond bereits Richter De Grey in The Duchess of Kingston’s Case aus dem Jahr 1776: „[…] although it is not permitted to show that the court was mistaken, it may be shown that they were misled.“907 Vor diesem Hintergrund hat die englische Gerichtsbarkeit die Möglichkeit der Geltendmachung der defence of fraud ausdrücklich auch in neueren Entscheidungen bestätigt.908 Dies gilt selbst dann, wenn dem Beklagten die Geltendmachung des Rechtsmissbrauchs im erststaatlichen Verfahren möglich gewesen wäre.909 Wie auch in anderen Rechtsordnungen wird also im Common Law insofern eine Ausnahme vom Verbot der révision au fond gemacht als die Rechte der betreffenden Partei durch Rechtsmissbrauch verletzt wurden.910 Hinsichtlich der defence of fraud ist allerdings dahingehend eine Einschränkung zu machen, dass auch hier ein issue estoppel eingreifen und so die Geltendmachung des ordre public- bzw. Rechtsmissbrauchseinwands ausschließen kann. 911 Ein Beispiel hierfür liefert die Entscheidung House of 906 Siehe bereits die parallelen Erwägungen (insbesondere von Schütze) zu (potenziellen) Rügepflichten im Erststaat nach deutschem autonomen Recht, Kap. II § 7 I 3. 907 The Duchess of Kingston’s Case (1776) 1 Leach 146, 168 E. R. 175; zitiert in bzw. nach der Entscheidung Abouloff v Oppenheimer & Co. (1882) 10 Q. B. D. 295 (301). 908 Vgl. Owens Bank Ltd. v Bracco [1992] 2 A. C. 443 (443 ff.); Brown, Conflict of Laws, S. 229; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition of Foreign Money Judgments, S. 103; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 554; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 729; Moloney, Conflict of Laws, S. 225. 909 Dies ergibt sich u. a. aus den folgenden Ausführungen der King’s Bench Division: „If a prima facie case of fraud is established by the applicant who seeks to set aside the registration, it is not essential that the facts supporting the allegation of fraud should have been discovered since the date of the foreign judgment and the court may direct the trial of an issue, notwithstanding that on such trial, the applicant, to establish his allegation of fraud, will have to adduce evidence which was available to him before the date of the foreign judgment.“, Syal v Heyward [1948] 2 K. B. 443 (443); siehe Moloney, Conflict of Laws, S. 223; Brown, Conflict of Laws, S. 228; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 728; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 364; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-22; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 43; kritisch Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 556. 910 Siehe statt aller Briggs, The Conflict of Laws, S. 144 f. 911 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 183; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 555; Moloney, Conflict of Laws, S. 224; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 706.
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Spring Gardens Ltd. v Waite aus dem Jahr 1990.912 In diesem Exequaturverfahren erhoben die Beklagten den Einwand, das erststaatliche Urteil sei durch fraud erwirkt worden, nachdem sie dies bereits in einem Verfahren im irischen Urteilsstaat vorgebracht hatten. Diesbezüglich entschied der Court of Appeal jedoch, dass die Beklagten mit diesem Einwand präkludiert bzw. „estopped“ seien. Die Entscheidung der irischen Gerichtsbarkeit stelle einen issue estoppel dar, der es dem Beklagten verwehre, den Einwand des Rechtsmissbrauchs geltend zu machen. 913 3. Public policy Schließlich enthält auch das Common Law den Versagungsgrund des Verstoßes gegen die public policy als letzten „Auffangmechanismus“ bei der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen. 914 Der Begriff der public policy ist ebenfalls weit zu verstehen und umfasst die grundlegenden englischen Gerechtigkeitsvorstellungen, er ist insofern mit dem materiellrechtlichen ordre public in Deutschland oder Frankreich zu vergleichen.915 Anders als in Deutschland oder Frankreich ist dabei hinsichtlich des Prüfungsumfangs wohl kein Unterschied zwischen dem kollisionsrechtlichen und dem anerkennungsrechtlichen ordre public zu machen,916 indes soll zwischen internationalem ordre public 912
House of Spring Gardens Ltd. v Waite [1991] 1 Q. B. 241 (241 ff.). In diesem Fall hatte der Kläger in einem Urheberrechtsverfahren in Irland eine Schadensersatzzahlung erstritten. Daraufhin strengten die Beklagten ein zweites Verfahren in Irland an, in dem sie die Aufhebung des ergangenen Urteils begehrten, da dieses aufgrund von Rechtsmissbrauch ergangen sei. Diese Klage wurde jedoch abgewiesen, woraufhin die Klägerseite die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung der ersten Entscheidung (vor Inkrafttreten des EuGVÜ oder der EuGVVO) in England begehrte; eine Zusammenfassung des Sachverhalts liefern etwa Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 183; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 555. 913 Brown, Conflict of Laws, S. 228; Briggs, Conflict of Laws, S. 146; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 183; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 395; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 730; Moloney, Conflict of Laws, S. 224 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 555. 914 Brown, Conflict of Laws, S. 230; Hayward, Conflict of Laws, S. 100; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 179; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 281; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 556; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 706 ff.; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 183 f.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 103; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung USamerikanischer Urteile in England, S. 39. 915 Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 39; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 632. 916 Vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 556; Moloney, Conflict of Laws, S. 226, die im Rahmen des Anerkennungskriteriums der public policy auf die Ausführungen zum kollisionsrechtlichen ordre public verweisen.
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und internem ordre public-Vorbehalt insofern zu differenzieren sein als ersterer enger gefasst bzw. in seiner Reichweite stärker eingeschränkt ist.917 Der Vorbehalt der Vereinbarkeit mit der englischen public policy erfährt allerdings seltener Anwendung und in der englischen Literatur wesentlich weniger Aufmerksamkeit als sein Pendant in der deutschen oder französischen Rechtsordnung. 918 Dementsprechend wenige Konstellationen finden sich, in denen die defence of public policy tatsächlich zum Tragen gekommen ist.919 Besonders in den hier zu untersuchenden Zivil- und Handelssachen sind nur sehr wenige Fälle bekannt, in denen die defence eines ordre publicVerstoßes erfolgreich geltend gemacht wurde. 920 Wie auch in der deutschen oder französischen Rechtsordnung haben sich hierbei anhand der Rechtsprechung (nicht abschließende) Fallgruppen herausgebildet, in denen ein ordre public-Verstoß gegeben ist.921 Die folgende Darstellung soll sich deshalb auf die gängigsten Fälle bzw. Urteile, in denen die ordre public-Konformität problematisiert wurde, beschränken. Eines der in der Literatur am häufigsten behandelten Beispiele für die Versagung der Anerkennung aufgrund Verstoßes gegen die englische public policy ist die Entscheidung MacFarlane v Macartney.922 Hier lehnte das englische Gericht die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung eines Malteser Urteils ab, das den Beklagten zu unbefristeten Unterhaltszahlungen verurteilte. Eine solche Entscheidung sei mit der englischen public policy nicht vereinbar, da die Unterhaltszahlungen nicht bis zum Erreichen der Volljährigkeit des Kindes befristet wurden und dem Common Law die zugrunde liegende Klageart nicht bekannt sei.923 917
Vgl. Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 140. 918 Diese Diagnose fällt auch Thoma, Die Europäisierung und die Vergemeinschaftung des nationalen ordre public, S. 17. 919 Vgl. etwa Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 735; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S.11; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-21; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 179; Balthasar, IPRax 2007, 475 (478). 920 Vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 183 f.; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 633; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 396 f.; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 369. 921 Vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 183; siehe auch Fawcett/Carruthers/ North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 556 f. 922 MacFarlane v Macartney (1921) 1 Ch. 522 (522 ff.). Die Entscheidung ist ebenfalls unter dem Namen Re Macartney bekannt, siehe Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 735; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 179. 923 „A valid foreign judgment in personam cannot be enforced in England in (inter alia) the following circumstances: – (a) If it is contrary to public policy – e.g., by recognizing the right of an illegitimate child to perpetual maintenance against the putative father and
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Eine weitere interessante, weil sehr umstrittene Entscheidung, die in der Literatur auf dem Gebiet der public policy diskutiert wird, ist das Urteil Israel Discount Bank of New York v Hadjipateras and Another.924 Hier wurde der Ansatz vertreten, dass die Anerkennung und Vollstreckung eines Urteils, das aufgrund eines Vertrags, der das Resultat unzulässiger Beeinflussung (undue influence) war, mit dem englischen ordre public unvereinbar sei.925 Bemerkenswert war dabei das Vorgehen des Anerkennungsgerichts, das für die Vereinbarkeit mit dem ordre public nicht etwa auf das konkrete Ergebnis der Anerkennung in England, sondern auf die zugrunde liegende Anspruchsgrundlage abstellte. Genau diese Vorgehensweise wurde daraufhin scharf kritisiert, da es für die Anerkennung – in England wie auch im deutschen und französischen Recht – nicht auf die Vereinbarkeit der zugrunde liegenden Vereinbarung bzw. der Anpruchsgrundlage mit dem ordre public ankomme, sondern auf die konkrete ordre public-Konformität des Ergebnisses der Anerkennung. 926 Allerdings äußert sich die englische Literatur bei der Frage, was genau Gegenstand der ordre public-Prüfung sein soll, nicht derart eindeutig wie etwa die deutsche oder französische Rechtsordnung, in denen es klar auf die Wirkung der Anerkennung im Inland ankommt.927 Interessant ist schließlich die Frage nach der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher bzw. US-amerikanischer Entscheidungen, die dem Kläger exemplary damages oder punitive damages zusprechen.928 Ist der deutschen und französischen Rechtsordnung diesbezüglich eine recht ablehnende his estate.“, MacFarlane v Macartney (1921) 1 Ch. 522 (522); siehe auch Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 184; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 144; Hayward, Conflict of Laws, S. 100; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 735; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 179; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 40. 924 Israel Discount Bank of New York v Hadjipateras and Another [1984] 1 W. L. R. 137 (137 ff.); vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 736; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 184; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 557. 925 Vgl. Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 736; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 557; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 11 f.; Hayward, Conflict of Laws, S. 100; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 40; kritisch Fentiman, International Commercial Litigation, S. 709; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 397. 926 Vgl. Collier, C.L.J. 1984, 47 (47 ff.); Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 184; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 397. 927 Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 11. 928 Eine grundlegende Auseinandersetzung mit dieser Thematik liefert Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 53 ff.
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Haltung zu attestieren, so ist die Lage im Common Law aufgrund der großen Nähe zwischen den relevanten Rechtsordnungen weit weniger deutlich.929 Ausgangspunkt der Diskussion ist wie auch im deutschen und französischen Recht die Problematik das „Strafelements“. Wie bereits erörtert, sind strafrechtliche Entscheidungen der Anerkennung in England grundsätzlich nicht fähig.930 Da es sich bei punitive damages um „Strafzahlungen“ oder auch „Strafschadensersatz“ handelt, die über die bloße (zivilrechtliche) Schadenskompensation hinausgehen, könnte man – wie etwa Sikora – die Erwägung anstellen, dass eine Anerkennung als logische Konsequenz hiervon auch in England ausgeschlossen sein müsste.931 Trotz dieser Erwägung hat der Court of Appeal in seiner Entscheidung SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd. die Anerkennung einer Entscheidung, die zu exemplary damages932 verurteilte, angenommen. 933 In dieser Entscheidung stellt der Richter heraus, dass unter einer Strafe bzw. „fine or penalty“ im Sinne des Anerkennungsrechts nur eine an den Staat vorzunehmende Zahlung, nicht jedoch Zahlungen, die an Privatpersonen getätigt werden müssen, zu sehen sei.934 Exemplary damages bzw. punitive damages sind nach der englischen Rechtsprechung folglich nicht ordre public-widrig und der Anerkennung und Vollstreckung in England zugänglich.935 Dies gilt insbesondere wohl vor dem Hintergrund, dass das engli-
929 Siehe auch Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 558; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 737. 930 Siehe hierzu Kap. I § 4 III 1 lit. b). 931 Vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 69 ff.; ähnlich auch Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 379 ff. 932 In England ist der Begriff exemplary damages etabliert, in den USA hat sich die Bezeichnung punitive damages für diese Art der Strafzahlung durchgesetzt, vgl. Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 54. 933 SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd. [1978] Q. B. 279 (281, 299 ff.); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 557 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 737; Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 369. 934 Lord Denning M.R.: „The word ‘penalty’ in the statute means, I think, a sum payable to the state by way of punishment and not a sum payable to a private individual, even though it is payable by way of exemplary damages. Likewise I see nothing contrary to English public policy in enforcing a claim for exemplary damages, which is still considered to be in accord with the public policy in the United States and many of the great countries of the Commonwealth.“, SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd. [1978] Q. B. 279 (299 f.); siehe auch Mayss/Reed, European Business Litigation, S. 369, 382 f. 935 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 184; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 12; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 281.
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sche Recht selbst eine lange Historie zur Gewährung von exemplary damages – wenngleich unter restriktiven Bedingungen – aufweist.936 Die Lage bezüglich der Verurteilung zu multiple damages ist hingegen eindeutig ablehnend,937 sodass sich mit Blick auf die unterschiedlichen Rechtsfiguren, die die Zahlung von Schadensersatz über die Schadenskompensation hinaus gewähren, ein uneinheitliches – und wenig nachvollziehbares – Bild zeigt. Wie bereits erwähnt sind Entscheidungen, die den Beklagten zur Zahlung von multiple damages verurteilen, der Anerkennung in England gemäß Sec. 5 des PTIA 1980 grundsätzlich nicht zugänglich. 938 Wenngleich der Ausschluss dieser Entscheidungen als eigenständige defence behandelt wird, so verdient dies doch im Rahmen der public policy Beachtung, da eine Anerkennung hier abgelehnt wird, um englische Handelsinteressen zu schützen939 und sich somit eine Nähe zum „klassischen“ ordre public-Vorbehalt attestieren lässt. Es erscheint bei wertender Betrachtung jedoch wenig nachvollziehbar, warum die englische Rechtsprechung bei der Prüfung dieser beiden Rechtsinstitute – der punitive bzw. exemplary damages einerseits und der multiple bzw. treble damages andererseits – zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. 940 Auch eine drittstaatliche Entscheidung, die entgegen einer englischen antisuit injuction ergangen ist, wird als unvereinbar mit der englischen public policy betrachtet.941 Zudem wird die Frage der Vereinbarkeit der anzuerkennenden Entscheidung mit einer früher ergangenen englischen oder einer bereits anerkannten ausländischen Entscheidung – wie auch in der französischen Rechtsordnung – im Rahmen des ordre pubic behandelt.942 Schließlich spielt die EMRK, die in England durch den Human Rights Act 1988 umgesetzt wurde, wie auch in der deutschen und französischen Rechtsordnung eine maßgebliche Rolle bei der Urteilsanerkennung bzw. für die 936 Siehe bereits die Entscheidung Wilkes v Wood 98 E. R. 489, (1763) Lofft 1 (1 ff.). Näher zur Entscheidung Wilkes v Wood sowie zur historischen Entwicklung und den Anforderungen an die Gewährung von punitive damages in England ausführlich Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 53 ff. m.w.N, siehe etwa Brand, 24 J.L.C. (2005), 181 (182 ff.); ders., NILR 1996, 143 (145 ff.); Gotanda, 42 Colum. J. Transnat’l L. (2003), 391 (398 ff). 937 Statt aller Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 186; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 561 ff.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 399 f.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 104. 938 Siehe hierzu bereits Kap. I § 4 III 1 lit. b). 939 Siehe statt aller Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 186; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 399; Moloney, Conflict of Laws, S. 227. 940 Ebenso Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 74. 941 Briggs, The Conflict of Laws, S. 148. 942 Vervaeke v Smith [1983] 1 A. C. 145 (145 ff.); siehe hierzu bereits Kap. II § 8 III.
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Ausformung des ordre public-Vorbehalts im Common Law. Verstößt die Anerkennung einer drittstaatlichen Entscheidung gegen die in dieser Konvention zugrunde gelegten Prinzipien, so ist sie als ordre public-widrig zu betrachten.943 Zwar spielt dies insbesondere bei verfahrensrechtlichen Fragen und somit im Rahmen der natural and substantial justice eine Rolle,944 auch auf die public policy wirkt sich die EMRK jedoch aus. IV. Zusammenfassung und Zwischenbilanz: Ein europäischer ordre public? 1. Inhaltliche Übereinstimmungen der betrachteten Rechtsordnungen Eine zentrale Fragestellung im internationalen Zivil- und Zivilprozessrecht ist: Kann man von einem „europäischen“ ordre public-Vorbehalt sprechen? 945 Die vergleichende Betrachtung der drei untersuchten Rechtsordnungen hat gezeigt, dass das ordre public-Verständnis zwar in den einzelnen Rechtsordnungen einige nationale Besonderheiten aufweist, über die Quintessenz des ordre public-Vorbehalts jedoch weitgehend Einigkeit herrscht. Es lässt sich also insofern von einer „europäischen Prägung“ des ordre public sprechen als die Rechtsvergleichung gezeigt hat, dass sich sehr wohl ein „europäischer Kern“ gemeinsamer Rechtsgrundsätze verzeichnen lässt. 946 Interessant ist dabei die Aufteilung des Themenkomplexes ordre public in den drei Rechtsordnungen. In Deutschland und Frankreich findet sich eine Differenzierung zwischen verfahrensrechtlichem und materiellrechtlichem ordre public. Daneben tritt in Frankreich die Prüfung der absence de fraude à la loi. Diese gesonderte Prüfung des Rechtsmissbrauchs bildet wiederum ein verbindendes Moment zwischen französischem Recht und Common Law,947 das fraud als eine der drei defences – fraud, natural justice und public policy – nennt, welche sich wiederum unter dem Oberbegriff des ordre public zusammenfassen lassen. Die getroffenen Aufteilungen mögen zwar unterschiedlicher Art sein, die abgedeckten Themenfelder sind jedoch essenziell dieselben. Alle Rechtsordnungen setzen eine ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung, die Gewährung rechtlichen Gehörs und gewisse grundlegende Prozessanforderungen voraus. Wie die einzelnen Rechtsordnungen die Prüfungspunkte, unter denen die jeweilige Prüfung vollzogen wird, benennen – sei es etwa die Un943
Briggs, The Conflict of Laws, S. 147; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 558 ff.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 738 f.; Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 259 f. 944 Siehe hierzu bereits Kap. II § 7 III 2. 945 Sehr ausführlich und instruktiv zum europäischen ordre public Jüngst, Der europäische verfahrensrechtliche ordre public, S. 16 ff. 946 Diese Möglichkeit einer „Europäisierung“ des ordre public auf rechtsvergleichendem Wege sieht auch Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 302, 286. 947 Hierbei ist wiederum zu berücksichtigen, dass fraud und fraude à la loi nicht deckungsgleich sind, vgl. Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (936 f.).
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terscheidung zwischen verfahrensrechtlichem ordre public oder der natural justice nach dem Common Law – macht auf inhaltlicher Ebene und besonders für den Urteilsgläubiger und -schuldner keinen Unterschied. Die meisten Abweichungen zwischen den einzelnen Rechtsordnungen finden sich noch auf Ebene des materiellrechtlichen ordre public. Lehnen beispielsweise die deutsche und französische Rechtsordnung die Anerkennung von punitive damages grundsätzlich ab, geht das Common Law etwas großzügiger vor und räumt den exemplary damages die Möglichkeit der Anerkennung prinzipiell ein. Doch dies kann nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass ein bemerkenswerter Grundkonsens über die Anforderungen an das anzuerkennende Urteil in den behandelten Anerkennungsregimen besteht. Dies gilt umso mehr als die behandelten Staaten – wie auch die Europäische Union – alle Parteien der EMRK sind948 und deren ordre public-Klauseln wie gesehen ganz maßgeblich von den Vorgaben der EMRK und der Rechtsprechung des EGMR – insbesondere im Bereich des verfahrensrechtlichen ordre public – geprägt werden.949 Unabhängig von unionsrechtlichen Einflüssen auf die nationalen Rechtsordnungen zeichnet sich folglich eine „Europäisierung“ dahingehend ab, dass das, was die einzelnen Staaten als grundlegende Wertungen betrachten, häufig deckungsgleich ist. 2. Abgrenzung zum ordre public-Vorbehalt des Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO Abgesehen von der Betrachtung inhaltlicher Übereinstimmungen zwischen den nationalen Vorbehaltsregelungen ist bei der Erörterung einer „Europäisierung“ der nationalen ordre public-Vorbehalte jedoch das Unionsrecht als eine die jeweiligen autonomen Prozessrechte maßgeblich beeinflussende Kraft nicht zu vernachlässigen. Dabei steht der Rechtsanwender bei der Vielzahl der unterschiedlichen ordre public-Klauseln vor einem grundlegenden Problem: Ist bei der Prüfung von mitgliedstaatlichen Entscheidungen ein anderer ordre public-Maßstab anzulegen als bei drittstaatlichen Entscheidungen?950 Zwar räumt auch die EuGVVO in Art. 45 Abs. 1 lit. a (vormals
948 Ein Status der Unterzeichnerstaaten (inklusive der EU) ist abrufbar unter . 949 Zum Einfluss der europäischen Rechtsinstrumente auf den nationalen ordre public siehe grundlegend Renfert, Über die Europäisierung der ordre public Klausel, S. 105 ff.; Thoma, Die Europäisierung und die Vergemeinschaftung des nationalen ordre public, S. 2 ff.; siehe hierzu auch Jayme, in: Jayme, Wiener Vorträge, 265 (275 ff.). 950 Siehe auch Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (49).
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Art. 34 Nr. 1)951 den nationalen Gerichten die Möglichkeit ein, die Anerkennung einer mitgliedstaatlichen Entscheidung an ihrem ordre public-Verständnis zu überprüfen, der EuGH hat sich jedoch im Krombach-Urteil grundlegend zum Verhältnis der Auslegungskompetenz des EuGH bezüglich unionsrechtlicher Rechtsakte 952 zu der Prüfung der ordre public-Konformität auf nationaler Ebene wie folgt geäußert: „Art. 27 EuGVÜ ist nach der Rechtsprechung des EuGH eng auszulegen, da er ein Hindernis für die Verwirklichung eines der grundlegenden Ziele des EuGVÜ bildet. Was speziell die Ordre public-Klausel in Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ betrifft, so kann sie nach der Rechtsprechung des EuGH nur in Ausnahmefällen eine Rolle spielen. Wenngleich die Vertragsstaaten somit auf Grund des Vorbehalts in Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ selbst festlegen können, welche Anforderungen sich nach ihren innerstaatlichen Anschauungen aus ihrer öffentlichen Ordnung ergeben, gehört doch die Abgrenzung dieses Begriffs zur Auslegung des EuGVÜ. Auch wenn es demnach nicht Sache des EuGH ist, den Inhalt der öffentlichen Ordnung eines Vertragsstaates zu definieren, hat er doch über die Grenzen zu wachen, innerhalb deren sich das Gericht eines Vertragsstaates auf diesen Begriff stützen darf, um der Entscheidung eines Gerichts eines anderen Vertragsstaates die Anerkennung zu versagen.“953
Aus diesen Äußerungen des EuGH ergibt sich eine Prägung der nationalen ordre public-Vorbehalte durch eine gewisse „Ausstrahlung“ des Unionsrechts bzw. „übernationaler Wertsysteme“ auf die autonomen Rechte.954 Doch wie wirkt sich dies konkret im Anerkennungsrecht aus? Führt dies zu grundlegenden Divergenzen zwischen dem „klassischen“ nationalen ordre public-Vorbehalt und der Anwendung des ordre public im innereuropäischen Rechtsverkehr? Der Unterschied besteht im Wesentlichen darin, dass durch die Auslegungskompetenz des EuGH im Rahmen der EuGVVO Grenzen und Beschränkungen aufgestellt werden können, d. h. nach der Urteilsformel im Krombach-Urteil wird die Kompetenz zur Auslegung hinsichtlich des ordre public zwischen den Mitgliedstaaten und dem EuGH aufgeteilt, wodurch quasi eine zusätzliche Ebene bei der innereuropäischen Anwendung des ordre
951 Art. 45 Abs. 1 lit. a EuGVVO: „Die Anerkennung einer Entscheidung wird auf Antrag eines Berechtigten versagt, wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Mitgliedstaats offensichtlich widersprechen würde.“ 952 Die Anmerkungen des EuGH in der Krombach-Entscheidung bezogen sich noch auf das EuGVÜ lassen sich jedoch auf die EuGVVO uneingeschränkt übertragen. 953 Krombach ./. Bamberski, EuGH, 28.3.2000, Rs. C-7/98, Slg. 2000, I-1935, NJW 2000, 1853 (1854); vgl. Jayme, in: Jayme, Wiener Vorträge, 265 (269); Martiny, in: FS Sonnenberger, 523 (523 ff.); siehe zur Krombach-Entscheidung zudem Beaumont/ Johnston, IPRax 2010, 105 (106 f.). 954 Vgl. Jayme, in: Jayme, Wiener Vorträge, 265 (279), der zusammenfassend feststellt: „Schließlich steht das Krombach-Urteil auch für eine Internationalisierung des ordre public. Die nationalen Grundsätze erhalten ihren Inhalt gerade auch durch die Rezeption übernationaler Wertesysteme.“; ähnlich Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (49 f.).
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public-Vorbehalts eingezogen wird.955 Diese Methodik fasst Renfert anschaulich wie folgt zusammen: Der nationale Richter überprüft, ob eine Entscheidung bzw. ein bestimmter Grundsatz des nationalen Rechts zu den unverzichtbaren Anforderungen der eigenen Rechtsordnungen zählt oder nicht; der EuGH überprüft die Anwendung der Vorbehaltsklausel und begrenzt diese durch bestimmte Auslegungsmaßstäbe, wie etwa das Diskriminierungsverbot oder die Grundrechte auf europäischer Ebene. 956 Genau diese Begrenzung bzw. Teilung der Auslegungskompetenz besteht für den „rein nationalen“ ordre public-Vorbehalt, der gegenüber drittstaatlichen Entscheidungen eingreift, nicht. Im Endeffekt kann dies wohl darauf hinaus laufen, dass die einzelnen Mitgliedstaaten den ordre public-Vorbehalt auf innereuropäischer Ebene bzw. untereinander noch restriktiver handhaben als in Bezug auf drittstaatliche Entscheidungen. 957 Dies ist zwar nicht zwingend und lässt sich nicht ausdrücklich dem Wortlaut der betreffenden Normen bzw. des Art. 45 Abs. 1 lit. a (vormals Art. 34 Nr. 1) EUGVVO entnehmen, es kann sich jedoch aus dem „Bekenntnis der Mitgliedstaaten zueinander“ bzw. aus dem Grundsatz der größtmöglichen Urteilsfreizügigkeit ergeben, welches als Leitlinie für die Interpretation der Verordnung heranzuziehen ist.958 Für das Anerkennungsrecht lässt sich insofern festhalten, dass bei der Anwendung zwischen der Vorbehaltsklausel des 45 Abs. 1 lit. a (vormals Art. 34 Nr. 1) EuGVVO und den nationalen autonomen ordre public-Klauseln faktisch wohl recht wenige Unterschiede in der Anwendung bestehen werden. Auch wenn eventuell eine liberalere Handhabung des ordre publicVorbehalts im Anwendungsbereich der EuGVVO praktiziert werden mag, erscheint ein solches Vorgehen aber nicht zwingend.959 Die Unterschiede zwischen den jeweiligen ordre public-Vorbehalten sind dementsprechend nicht gravierend, zumal der ordre public-Vorbehalt auch gegenüber drittstaatlichen Entscheidungen restriktiv gehandhabt wird.960 Dies darf jedoch nicht 955
Vgl. Jayme, in: Jayme, Wiener Vorträge, 265 (279). Renfert, Über die Europäisierung der ordre public Klausel, S. 97 ff. 957 Föhlisch, Der gemeineuropäische ordre public, S. 27 f.; so bereits v. Brunn, NJW 1962, 985 (988). 958 Vgl. Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 293. 959 A.A. wohl Stürner, der betont, dass bei der Anwendung des ordre public-Vorbehalts gegenüber Entscheidungen aus Nichtmitgliedstaaten von EU und EWR den deutschen Grundsätzen weitgehend ohne Berücksichtigung höherrangigen Recht Geltung verschafft werden könne. Zwar sei die Bindung etwa durch völkerrechtliche Verträge zu berücksichtigen, diese Bindung sei aber recht weitmaschig und könne durch keine höhere Instanz eingefordert oder konkretisiert werden. Demgegenüber stelle der ordre public-Vorbehalt auf innereuropäischer Ebene mit den zahlreichen Überlagerungen durch Unionsrecht wesentliche konkretere Anforderungen auf, was nicht nur in einen weicheren Maßstab bei der ordre public-Kontrolle münde. Siehe ausführlich Stürner, in: Schmidt, 50 Jahre BGH, 677 (687 f.). 960 Vgl. Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 210. 956
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zu dem Trugschluss führen, dem ordre public nur eine unwichtige Rolle bei der Urteilsanerkennung beizumessen. Gegenüber mitgliedstaatlichen wie auch drittstaatlichen Entscheidungen sind trotz aller Gemeinsamkeiten untragbare Einzelabweichungen nach wie vor denkbar.961 Der ordre public-Vorbehalt bildet nach wie vor einen essentiellen Prüfungspunkt in allen betrachteten Rechtsordnungen. 962 Wird dessen Daseinsberechtigung auf innereuropäischer Ebene zunehmend in Frage gestellt und die Überprüfung von Entscheidungen aus Mitgliedstaaten der EU untereinander zunehmend reduziert,963 so sollte die Aufstellung dieses Kriteriums in Bezug auf drittstaatliche Entscheidungen außer Frage stehen. Zu unterschiedlich sind die Rechtsordnungen, deren Entscheidungen erfasst werden müssen. Eine ordre public-Klausel ist folglich auch in Rechtsakten der Zukunft für drittstaatliche Entscheidungen unverzichtbar. Obschon eine zurückhaltende Anwendung angemessen scheint, handelt es sich nach wie vor um eine notwendige Schranke, um die Anerkennung untragbarer Urteile zu verhindern.964 Der Krombach-Fall dient hierfür als mahnendes Beispiel und plädiert für eine Aufrechterhaltung dieses Anerkennungskriteriums – im europäischen wie auch im internationalen autonomen Recht. 965
§ 10 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit § 10 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit
In fast allen Rechtsordnungen – insbesondere jenen, die hier Gegenstand der Betrachtung sind, – findet sich neben dem autonomen Recht eine gewisse „Bevorzugung“ gerichtlicher Entscheidungen aus Staaten, zu denen der Anerkennungsstaat eine Nähebeziehung aufweist. Zwischen den meisten Staaten wird, wenn eine solche Bindung vorliegt, in der Regel ein bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag zur Erleichterung der wechselseitigen Entscheidungsanerkennung abgeschlossen worden sein,966 doch auch jenseits der staatsvertraglichen Ebene spielt die Reziprozität bei der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Der Gedanke der Gegenseitigkeit ist im internationalen Privatrecht und im Anerkennungsrecht bereits früh aufgetreten. 967 Schon eine bayerische 961
Vgl. Gundel, EWS 2000, 442 (442). Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (21 f.). 963 Siehe statt vieler Wagner, IPRax 2014, 217 (222); Linke/Hau, IZVR, Rn. 495; Schack, IZVR, Rn. 1059b; Beaumont/Johnston, IPRax 2010, 105 (106 ff.). 964 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 518. 965 Ebenso statt vieler Beaumont/Johnston, IPRax 2010, 105 (106). 966 Zu den bilateralen Staatsverträgen, die von Deutschland, England und Frankreich abgeschlossen wurden, ausführlich Kap. III. 967 Zur Historie des Gegenseitigkeitsprinzips siehe umfassend Decaux, La réciprocité en droit international, S. 2 ff. m. w. N.; Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung ausländi962
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Verordnung von 1811 regelte das Gegenseitigkeitserfordernis und führte an, dass „sich übrigens von selbst versteht, daß der Vollstreckung fremdgerichtlicher Erkenntnisse nur alsdann und nur in so ferne Statt gegeben werden könne, als von auswärtigen Staaten gleiche Grundsätze rücksichtlich der Erkenntnisse Unserer Gerichtsstellen beobachtet werden“.968
Auch jenseits der deutschen Rechtsprechung findet sich das Gegenseitigkeitserfordernis in zahlreichen Rechtsordnungen.969 Ob und ggf. in welchen Formen und Ausprägungen das Gegenseitigkeitsprinzip noch heute in der deutschen, französischen und englischen Rechtsordnung bei der Urteilsanerkennung in Erscheinung tritt, ist Gegenstand der folgenden Betrachtung und soll in Zusammenschau mit dem Blick auf einige weitere nationale Gegenseitigkeitsregelungen, die sich in Europa finden, Aufschluss über die Aspekte und Zukunftsperspektiven dieses Anerkennungskriteriums liefern. I.
Das Gegenseitigkeitserfordernis nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO
1. Begriff und Grundprinzipien der Gegenseitigkeit Eine Anerkennung nach autonomem deutschen Recht ist nach § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nur dann möglich, wenn im Verhältnis zum Urteilsstaat, in dem die Entscheidung ergangen ist, die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Eine solche Verbürgung der Gegenseitigkeit ist dann gegeben, „wenn die Vollstreckung eines deutschen Urteils in dem Staat, dessen Urteil in Deutschland vollstreckt werden soll, auf keine wesentlich größeren Schwierigkeiten stößt, als die Vollstreckung dieses Urteils in Deutschland“.970 Dabei ist allein das Herkunftsland des Urteils, nicht jedoch die Staatsangehörigkeit der Parteien maßgeblich.971 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit ist dabei von Amts wescher Entscheidungen (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), S. 13 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 526 ff. 968 Siehe § 5 Abs. 2 der Verordnung, abgedruckt in Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 130; vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 526. 969 Siehe etwa Schütze, DIZPR, Rn. 341; einen sehr instruktiven – wenngleich wenig aktuellen – Überblick liefert Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 530 ff. 970 BGH, 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 (196) = NJW 1964, 2350 (2351); BGH, 5.7.1972 – VIII ZR 118/71, BGHZ 59, 116 (121); BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263-97, NJW 1999, 3198 (3201); BGH, 24.10.2000 – XI ZR 300/99, NJW 2001, 524 (524); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 93; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 264; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 131; Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 328 Rn. 20; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 31; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 33; Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung ausländischer Entscheidungen (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), S. 23. 971 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 544; Schack, IZVR, Rn. 965; diesbezüglich sehr kritisch Puttfarken, in: RIW/AWD 1976, 149 (149 ff.); ebenfalls ablehnend Fragistas, in:
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gen festzustellen,972 muss im Zeitpunkt der Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung bestehen und richtet sich jeweils nach der aktuellen Rechtslage.973 Auch Urteile, bei deren Erlass die Gegenseitigkeit nicht verbürgt war, sind der Anerkennung in Deutschland demnach fähig, sofern die Verbürgung der Gegenseitigkeit nachträglich bzw. bis zum Entscheidungszeitpunkt des Zweitrichters eingetreten ist.974 Aufgrund der stetigen Weiterentwicklung der Rechtsprechung und der nationalen Rechtsordnungen kann sich die Beurteilung der Gegenseitigkeit im Einzelfall äußerst schwierig gestalten, was sich auch in den mitunter stark divergierenden Angaben in der einschlägigen Literatur widerspiegelt.975 Die Gegenseitigkeit muss dabei nicht zwingend durch einen Staatsvertrag gesichert sein.976 Ausreichend ist eine faktische Verbürgung der Gegenseitigkeit, die dann gegeben ist, wenn das Anerkennungsrecht „bei einer Gesamtwürdigung im Wesentlichen gleichwertige Bedingungen für die Vollstreckung eines ausländischen Urteils gleicher Art schafft“.977 Es findet also ein FS Schätzel, 149 (156), der sich für eine Differenzierung anhand der Staatsangehörigkeit ausspricht. 972 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 130; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 117; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 33; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 64. 973 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 130; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/ Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 33; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 63; Schütze, NJW 1969, 293 (295). 974 Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 126. 975 Vgl. Linke/Hau, IZVR, Rn. 498; Schack, IZVR, Rn. 968; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 189. Die in vielen Kommentaren aufgeführten Länderverzeichnisse können dementsprechend keine dauerhaft verlässlichen Angaben machen, auch wenn ihnen eine Indizwirkung zukommt, vgl. etwa die Verzeichnisse nach Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 196 ff.; Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 328 Rn. 23; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 135 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 128 ff und Schütze, IZPR in der ZPO, S. 133 ff. Die Diskrepanzen zwischen den einzelnen Verzeichnissen sind jedoch beträchtlich. So sind Nagel/Gottwald beispielsweise der Auffassung, die Gegenseitigkeit sei im Verhältnis zu Andorra, Bangladesch, Bolivien oder Iran verbürgt, während Roth dies verneint, Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 196 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 128 ff. Die Liste der Divergenzen ist mit diesem Beispiel aber bei weitem nicht erschöpft. Zur Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis zu Albanien bzw. der diesbezüglich bestehenden Uneinigkeit siehe auch Wietzorek, IPRax 2013, 373 (373 f.). Sehr instruktiv zur umstrittenen Frage der Gegenseitigkeit im deutsch-chinesischen Verhältnis Deißner, IPRax 2011, 565 (565 ff.). 976 Statt aller Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 120; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 31; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 131, der insofern den Begriff der „materiellen Verbürgung der Gegenseitigkeit“ prägt. 977 BGH, 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 (196) = NJW 1964, 2350 (2351); BGH, 5.7.1972 – VIII ZR 118/71, BGHZ 59, 116 (121); BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263-97, NJW 1999, 3198 (3201); BGH, 24.10.2000 – XI ZR 300/99, NJW 2001, 524 (524); Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 93; ders., IZPR, Rn. 2879; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 131; Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO,
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umfangreicher Vergleich zwischen erststaatlichem und deutschem Anerkennungsrecht statt. 978 Bei diesem Vergleich ist primär auf die Praxis bzw. „tatsächliche Übung“ des jeweiligen Drittstaats einzugehen, das (formelle) Anerkennungsrecht des Urteilsstaates wird erst an zweiter Stelle bzw. subsidiär geprüft.979 Für die Prüfung der Verbürgung der Gegenseitigkeit bei Mehrrechtsstaaten ist das Recht des jeweils konkreten Glied- bzw. Teilstaats maßgeblich.980 Da eine vollständige Kongruenz der Anerkennungskriterien bei einem Vergleich der mannigfaltigen Rechtsordnungen kaum möglich ist, kommt es für die Beurteilung der Gegenseitigkeit (lediglich) auf eine nach Gesamtbetrachtung grundsätzlich ähnliche Ausgestaltung der Voraussetzungen des Anerkennungsrechts insgesamt an.981 Nicht anerkennungsfähig sind nach Völzmann-Stickelbrock vor diesem Hintergrund etwa Entscheidungen aus Staaten, die deutsche Urteile einer révision auf fond unterwerfen oder eigene Staatsangehörige bevorzugen.982 Die Beweislast für die Verbürgung der Ge§ 328 Rn. 20; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 46; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 61; Schütze, IPRax 2010, 428 (429); ders., in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 328 Rn. 50; Schack, IZVR, Rn. 967. Ausführlich zu den Kriterien, wann eine Gleichwertigkeit gegeben ist, Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 537 ff. 978 Vgl. Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 93; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 265 f.; ders., IZPR, Rn. 2880; ders., NJW 1969, 2090 (2091); Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 51 f. 979 Vgl. Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 31; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 47; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 61; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 266; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 133; VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 35; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 53 f.; ders., IZPR in der ZPO, S. 111 f.; Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung ausländischer Entscheidungen (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), S. 105 f. 980 BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263-97, NJW 1999, 3198 (3201); Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 61; Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 328 Rn. 20; Roth, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 328 Rn. 120; Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 31; Linke/Hau, IZVR, Rn. 497; anders jedoch im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit, bei der es auf den Gesamtstaat ankommen soll, vgl. statt vieler Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 155. 981 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 61; Baumbach/Lauterbach/Albers/ Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 46; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 131; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 93; ders., in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 264 f.; ders., IPRax 1994, 187 (187); ders., IZPR, Rn. 2880; Schack, IZVR, Rn. 967; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 50; ders., NJW 1973, 2143 (2144); siehe bereits Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 554. 982 Vgl. Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 34; siehe auch Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, § 328 Rn. 47; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 131; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 61; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 191. Einen sehr guten Überblick über „gegenseitigkeitsschädliche“ Anerkennungspraxen liefert Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 51 f. Siehe zu letzerem Beispiel die von Völzmann-Stickelbrock erwähnte und viel diskutierte Entscheidung BGH,
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
genseitigkeit trägt derjenige, der die Anerkennung geltend macht bzw. die Vollstreckbarerklärung der Entscheidung in Deutschland begehrt. 983 In § 328 Abs. 2 ZPO werden schließlich einzelne Ausnahmen zum Gegenseitigkeitserfordernis normiert. Fehlende Gegenseitigkeit steht der Anerkennung demnach nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland nicht begründet war. Zudem ist die ursprünglich in § 328 Abs. 2 ZPO enthaltene Regelung im Hinblick auf Kindschafts- und Lebenspartnerschaftssachen mit Inkrafttreten des FamFG entfallen bzw. in § 109 Abs. 3, 4 FamFG 984 verlagert worden.985 Darüber hinaus hat die Rechtsprechung zur Erleichterung der Anerkennung und Vollstreckung das Gegenseitigkeitserfordernis in mehrfacher Hinsicht gelockert. 8.5.1968 – VIII ZR 43/65, BGHZ 50, 100, in welcher der BGH bestimmte, dass ein französisches Urteil nicht anzuerkennen sei, wenn ein deutsches Urteil entsprechenden Inhalts in Frankreich wegen des dort geltenden „Jurisdiktionsprivilegs“ der Art. 14, 15 Code civil nicht anerkannt würde. Diese Entscheidung ist freilich in Bezug auf Frankreich in zweierlei Hinsicht heute veraltet: Zum einen greift im deutsch-französischen Urteilsverkehr heute die EuGVVO, zum anderen hat sich Frankreich vom Jurisdiktionsprivileg mit dem Arrêt Prieur verabschiedet. Sie liefert jedoch ein gutes Beispiel für die ständigen Veränderungen im Bereich der Verbürgung der Gegenseitigkeit. Zum deutsch-französischen Gegenseitigkeitsverhältnis bis zum Inkrafttreten des EuGVÜ siehe zudem Arnold, AWD 1967, 131 (131 ff.); Schütze, JR 1967, 212 (212 f.). 983 BGH, 29.4.1999 – IX ZR 263/97, NJW 1999, 3198 (3198); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 264; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 117; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 33; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 194; ebenso wohl Hüßtege, in: Thomas/ Putzo, ZPO, § 328 Rn. 20, der die Beweislast dem Kläger auferlegt; sehr kritisch Pfeiffer, RabelsZ 55 (1991), 734 (750 ff.). 984 § 109 Abs. 3, 4 FmFG: „(3) § 103 steht der Anerkennung einer ausländischen Entscheidung in einer Lebenspartnerschaftssache nicht entgegen, wenn der Register führende Staat die Entscheidung anerkennt. (4) Die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung, die 1. Familienstreitsachen, 2. die Verpflichtung zur Fürsorge und Unterstützung in der partnerschaftlichen Lebensgemeinschaft, 3. die Regelung der Rechtsverhältnisse an der gemeinsamen Wohnung und an den Haushaltsgegenständen der Lebenspartner, 4. Entscheidungen nach § 6 Satz 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1382 und 1383 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder 5. Entscheidungen nach § 7 Satz 2 des Lebenspartnerschaftsgesetzes in Verbindung mit den §§ 1426, 1430 und 1452 des Bürgerlichen Gesetzbuchs betrifft, ist auch dann ausgeschlossen, wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist.“ 985 Bis zum Inkrafttreten des FamFG lautete § 328 Abs. 2 ZPO a. F.: „Die Vorschrift der Nummer 5 steht der Anerkennung des Urteils nicht entgegen, wenn das Urteil einen nichtvermögensrechtlichen Anspruch betrifft und nach den deutschen Gesetzen ein Gerichtsstand im Inland begründet war oder wenn es sich um eine Kindschaftssache (§ 640) oder um eine Lebenspartnerschaftssache im Sinne des § 661 Abs. 1 Nr. 1 und 2 handelt.“ Siehe auch Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 32; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 134; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 36; Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (32 f.).
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2. Partielle Verbürgung der Gegenseitigkeit Wie bereits erörtert, ist eine vollständige Kongruenz der Anerkennungsvoraussetzungen der einzelnen Rechtsordnungen kaum möglich.986 Vor diesem Hintergrund hat sich die Rechtsfigur der „partiellen Verbürgung der Gegenseitigkeit“ etabliert.987 So ist inzwischen anerkannt, dass eine partielle Verbürgung für einzelne Urteilsgattungen ausreichend ist.988 Das deutsche Anerkennungsrecht fordert somit nicht (mehr) eine absolute Verbürgung der Gegenseitigkeit für sämtliche Urteile, sondern es reicht aus, wenn die Gegenseitigkeit für eine Entscheidung „ähnlicher Art oder ähnlichen Inhalts“ gegeben ist.989 Auch der BGH folgt dieser Linie und hat die Anforderungen an das Gegenseitigkeitserfordernis insofern aufgeweicht.990 Eine partielle Verbürgung der Gegenseitigkeit kann zunächst hinsichtlich des Gegenstands der Entscheidung bestehen. 991 Es sind darüber hinaus weitere Möglichkeiten der Differenzierung hinsichtlich der partiellen Verbürgung denkbar – in Betracht kommt neben einer Unterscheidung nach Urteilsgattungen etwa eine Verbürgung der Gegenseitigkeit aufgrund der Deckungsgleichheit einzelner Anerkennungskriterien.992 Die bestehenden Hindernisse für die Gegenseitigkeit werden durch diese Vorgehensweise erheblich relativiert. Besonders gewichtig ist dies in Bezug auf die internationalen Zuständigkeitsregelungen. Der BGH hat diesbezüglich eine partielle Gegenseitigkeitsverbürgung für den „deckungsgleichen Teil der Zuständigkeitsbestimmungen“ von Urteils- und Anerkennungsstaat angenommen.993 Die Gegensei986 Statt vieler BGH, 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 (196) = NJW 1964, 2350 (2351); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 264 f.; ders., IZPR, Rn. 2880; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 61; ebenso Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 554. 987 Schütze, NJW 1969, 293 (294); grundlegend zum Begriff der „partiellen Verbürgung der Gegenseitigkeit“ Schütze, NJW 1973, 2143 (2143); siehe auch Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 132; Geimer, IZPR, Rn. 2880 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 218; Linke/Hau, IZVR, Rn. 498. 988 Siehe bereits Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 554; ebenso Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 132; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 121; Schütze, NJW 1973, 2143 (2144); ders., in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 57 ff.; Geimer, IZPR, Rn. 2881; Schack, IZVR, Rn. 967. 989 Vgl. Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung ausländischer Entscheidungen (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), S. 104; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 566. 990 BGH, 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 (199) = NJW 1964, 2350 (2351); Schack, IZVR, Rn. 967. 991 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 567. 992 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 568; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 57; ders., NJW 1973, 2143 (2144 f.); ders., DIZPR, Rn. 344. 993 Vgl. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 57; siehe diesbezüglich insbesondere die zweite „Südafrikaentscheidung“, BGH, 9.7.1969 – VIII ZR 185/67, BGHZ 52, 251 (258) = NJW 1969, 2090 (2092 f.), sowie die „Brasilienentscheidung“ des BGH,
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tigkeit ist hiernach im Bereich der internationalen Zuständigkeit nicht an die Anwendung eines konkreten Gerichtsstands geknüpft, sondern besteht bereits dann, wenn der Drittstaat ähnliche Maßstäbe in einer vergleichbaren Situation zugrunde legen würde.994 Ist dies nicht der Fall, d. h. bleiben die Normen über die internationale Zuständigkeit hinter denen des deutschen Rechts zurück, so ist eine Verbürgung der Gegenseitigkeit nicht gegeben. 995 Eine partielle Verbürgung bezüglich einzelner Urteilswirkungen (z.B. nur für die Rechtskraft) soll für eine Anerkennung bzw. die Verbürgung der Gegenseitigkeit hingegen regelmäßig nicht ausreichen.996 3. Rechtspolitische Erwägungen Das Gegenseitigkeitserfordernis stellt eine der am schärfsten kritisierten Anerkennungsvoraussetzungen dar.997 Dessen ungeachtet hat der deutsche Gesetzgeber auch bei der IPR-Reform im Jahr 1986 dieses Erfordernis für vermögensrechtliche Streitigkeiten beibehalten – man erachtete eine Streichung des Kriteriums „im vermögensrechtlichen Bereich als bislang nicht ausreichend geprüft und deshalb verfrüht“.998 Ziel des Reziprozitätsprinzips soll es nach herrschender Meinung sein, „ausländische Staaten zu einem geordneten 3.2.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334; für eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Entscheidungen siehe Schütze, NJW 1973, 2143 (2143 f.); ders., in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 328 Rn. 56 f.; ders., AWD 1970, 495 (495 ff.); siehe hierzu auch Schack, IZVR, Rn. 967. 994 Einmahl, NJW 1971, 1487 (1488); siehe auch Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 31; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 132; Geimer, NJW 1969, 2090 (2091). 995 Vgl. etwa die zweite „Südafrikaentscheidung“ des BGH, in der der BGH die Gegenseitigkeit in einem Fall „partiell“ für nicht verbürgt angesehen hatte, da das südafrikanische Recht den Gerichsstand des Vermögens und des Erfüllungsorts nicht als Grundlage für die internationale Zuständigkeit anerkannte, vgl. BGH, 9.7.1969 – VIII ZR 185/67, BGHZ 52, 251 (251 ff.) = NJW 1969, 2090 (2090 ff.); siehe zu der Entscheidung Schütze, AWD 1970, 495 (495 ff.). 996 Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 132; Geimer, Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Deutschland, S. 94; ders., IZPR, Rn. 2881; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 568 f.; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 58; ders., NJW 1973, 2143 (2144 f.); ders., DIZPR, Rn. 344. 997 Siehe auch Schütze, NJW 1969, 293 (293). Zu den Kritikern des Gegenseitigkeitserfordernisses zählen u. a. Fragistas, in: FS Schätzel, 149 (158); Hepting, Die Gegenseitigkeit im internationalen Privatrecht und internationalen Zivilprozessrecht, S. 275; Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 553; Süß, in: FS Rosenberg, 227 (227 ff.); Schack, IZVR, Rn. 964 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 116. 998 Vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88, der zudem anführt, man habe „andere, vermittelnde Lösungen wie Bereitstellung angemessener Mittel zur Feststellung der Voraussetzungen einer Verbürgung der Gegenseitigkeit bisher nicht versucht.“; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 129; Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 116; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 60; Schack, IZVR, Rn. 966; Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (33).
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und reibungslosen Zivilrechtsverkehr mit der Bundesrepublik Deutschland anzuhalten und als Garant für eine Mindestqualität ausländischer Entscheidungen zu sorgen“.999 Grundgedanke des Gegenseitigkeitserfordernisses ist der Ansatz, dass der (deutsche) Zweitstaat Entscheidungen nur dann anerkennt bzw. anerkennen soll, wenn umgekehrt auch der Erststaat die Urteile des Anerkennungsstaats anerkennt. 1000 Puttfarken spricht vor diesem Hintergrund vom Erfordernis der Gegenseitigkeit auch als „rechtspolitische Daumenschraube für unkooperative fremde Staaten“. 1001 § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO nimmt insofern eine Sonderstellung in dem Katalog des § 328 Abs. 1 ZPO ein, denn die Nummern 1 bis 4 dienen im Wesentlichen dem Schutz des Beklagten und stehen in direktem Bezug zur jeweiligen Entscheidung, wohingegen § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO keine Schutzwirkung zugunsten der Parteien entfaltet und allein der Durchsetzung rechtspolitischer Interessen (ohne jeglichen Bezug zum Inhalt des drittstaatlichen Urteils aufzuweisen) dient.1002 Das Gegenseitigkeitserfordernis ist im deutschen Zivilprozessrecht bereits seit 1877, dem Jahr der Verkündung der ZPO, etabliert. 1003 Schon kurz darauf im Jahr 1883 stellte das Reichsgericht fest: „Eine völkerrechtliche Verbindlichkeit der Staaten zur Anerkennung oder Vollstreckung der Urteile der Gerichte anderer Staaten besteht, abgesehen von Staatsverträgen, nicht. Wenn dessen ungeachtet heutigentags infolge der neueren Entwicklung der internationalen Verhältnisse die gerichtlichen Urteile auch in anderen Staaten als solche anerkannt werden und sogar zur Vollstreckung derselben in anderen Staaten Rechtshilfe gewährt wird, so geschieht dies in der Erwartung, dass von den beteiligten auswärtigen Staaten ein gleiches Verhalten bethätigt werde, und nur insoweit, als dieser Erwartung von den anderen Staaten entsprochen wird.“1004
Man fordert also von dem betreffenden Urteilsstaat für die Anerkennung der von ihm erlassenen Entscheidung als „Gegenleistung“ ein entsprechendes Verhalten. Doch kann dieses Prinzip – wie dessen Kritiker zutreffend anführen – nicht funktionieren, wenn der betreffende Erststaat eine ebensolche Politik verfolgt, dann zeigt sich eines der Hauptprobleme des Gegenseitigkeitsprinzips: die Frage nach dem „ersten Schritt“. 1005 Wird das Urteil eines Staats nicht anerkennt, so wird dieser seinerseits ein deutsches Urteil wohl in 999 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 116; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 129; eine einzigartige „spieltheorethische Analyse“ der Ziele der Gegenseitigkeit liefert Pfeiffer, RabelsZ 55 (1991), 734 (736 ff.). 1000 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 536; Schütze, in: FS Georgiades, 577 (586 f.). 1001 Puttfarken, RIW/AWD 1976, 149 (150). 1002 Vgl. Roth, in: Stein/Jonas, § 328 Rn. 116. 1003 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 527 f.; Schütze, in: FS Georgiades, 577 (586); Nagel, DB 1969, 2323 (2326). 1004 RG, 29.1.1883 I 472/82, RGZ 8, 385 (389); vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 528. 1005 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 565; Schack, IZVR, Rn. 964.
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der Regel nicht anerkennen und umgekeht.1006 So ist der einzelne Urteilsgläubiger schlussendlich der Leidtragende dieses „Teufelskreises“ und nicht der Staat, aus dem die Entscheidung stammt.1007 Sehr deutlich wird diesbezüglich Schack mit der Äußerung: „Man schlägt den Esel und meint den Herrn.“ 1008 Auch das Argument, das Gegenseitigkeitserfordernis diene als Garantie für einen „rechtsstaatlichen Mindeststandard“ der drittstaatlichen Entscheidungen, vermag nicht zu überzeugen, denn allein die Verbürgung der Gegenseitigkeit losgelöst von jeglicher materieller oder prozessualer Prüfung der Entscheidung, ist kein Indikator dafür, dass die notwendigen Verfahrensstandards und deutschen materiellrechtlichen Anforderungen an die drittstaatliche Entscheidung gewahrt wurden.1009 Ludwig von Bar kritisierte bereits im Jahr 1889: „Wenn man der Justizpflege anderer Staaten nicht ohne weiteres Vertrauen schenken will, so bietet jedenfalls das System der Reciprocität bei der Vollstreckung der Urtheile, […], nicht die mindeste Garantie.“1010
Manche Stimmen in der Lehre gehen soweit, dass sie das Gegenseitigkeitserfordernis für verfassungswidrig erachten. 1011 So argumentieren etwa Nagel/Gottwald, dass sich für Deutschland ggf. aus dem Justiz(gewährungs)anspruch eine verfassungsrechtliche Pflicht ergebe, ausländische bzw. drittstaatliche Entscheidungen, z. B. in Statussachen, anzuerkennen. Wegen dieser Verbindung zum Justizanspruch erscheine es zumindest problematisch, die Anerkennung vom Erfordernis der Gegenseitigkeit abhängig zu machen. 1012 Andere Kritiker argumentierten, in der mangelnden Unterscheidung, ob die Parteien des erststaatlichen Verfahrens ausländische oder deutsche Staatsbürger sind, liege ein Verstoß gegen das Willkürverbot bzw. den Gleichheits-
1006 Kropholler bezeichnet das Reziprozitätserfordenis vor diesem Hintergrund als „nicht nur in aller Regel illusionär, sondern auch unsachgemäß“, vgl. Kropholler, IPR, S. 675. 1007 Vgl. Verbeek, NiemeyersZ 45 (1931/32), 1 (8 f.); Schack, IZVR, Rn. 965; siehe auch Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (34). 1008 Schack, IZVR, Rn. 965; siehe auch Sonnentag, CPR 4 (2013), 21 (34). 1009 Ebenso Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 129; Schütze, DIZPR, Rn. 341. 1010 v. Bar, Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts, Bd. II, S. 506; siehe auch Schütze, DIZPR, Rn. 341; Einmahl, RabelsZ 33 (1969), 114 (139). 1011 Zur Frage der Verfassungswidrigkeit des Gegenseitigkeitsprinzips siehe ausführlich Doser, Gegenseitigkeit und Anerkennung ausländischer Entscheidungen (§ 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO), S. 184 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 544 ff.; Puttfarken, in: RIW/AWD 1976, 149 (149 ff.). 1012 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 103. Für eine Verfassungswidrigkeit des Gegenseitigkeitserfordernisses aufgrund Verstoßes gegen die Verfassungsgarantie des fairen Verfahrens Schlosser, IPRax 1992, 140 (143); zum Zusammenspiel von Justizgewährungsanspruch und Reziprozität siehe auch Pfeiffer, RabelsZ 55 (1991), 734 (755 ff.).
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grundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG.1013 Die angeführten Verstöße gegen den Gleichheitsgrundsatz sowie gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens erscheinen allerdings als nicht gegeben, denn die Prüfung vollzieht sich allein anhand des Herkunftsstaats des Urteils, sodass insofern keine ungerechtfertigte Differenzierung vorliegen dürfte.1014 Dessen ungeachtet stellt das Gegenseitigkeitserfordernis eines der größten Hindernisse für den internationalen Urteils- bzw. Rechtsverkehr dar, das seine eigentlichen Ziele nicht zu erreichen vermag. 1015 Schon Riezler merkte diesbezüglich an: „Das Erfordernis der Gegenseitigkeit ist nicht aus einem allgemein anerkannten völkerrechtlichen Prinzip herzuleiten, sondern besteht in einzelnen Staaten aus politischen Gründen, deren Berechtigung fragwürdig ist“. 1016
Eine Abschaffung des Reziprozitätserfordernisses erscheint somit de lege ferenda wünschenswert.1017 II. Ablehnung des Reziprozitätserfordernisses im französischen Recht Das französische autonome Recht erfordert keine Verbürgung der Gegenseitigkeit für die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen.1018 Der Arrêt Munzer führt die Reziprozität ausdrücklich nicht in seinem Katalog von Anerkennungskriterien auf und an dieser Linie hat sich – auch durch die Cornelissen-Entscheidung – nichts geändert. Zwar findet sich die Verbürgung der Gegenseitigkeit insofern im französischen Recht als sie dann gegeben ist, wenn ein bilateraler Staatsvertrag geschlossen wurde,1019 darüber hinaus ist
1013 So vertreten von Puttfarken, RIW/AWD 1976, 149 (150 f.); siehe hierzu auch Pfeiffer, RabelsZ 55 (1991), 734 (758 ff.). 1014 Vgl. Schütze, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1753; ebenso Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 544; siehe auch Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 129. 1015 Siehe hierzu Süß, in: FS Rosenberg, 229 (247 ff.); dieselbe Auffassung bezüglich der reciprocity im US-amerikanischen Recht vertritt Southard, Colum. J. Transnat. L. 16 (1977), 327 (355). 1016 Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 553. 1017 Statt vieler Szászy, NTIR 13 (1966), 1 (4 ff.). 1018 Audit, Droit international privé, S. 383; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 592 f.; Binder, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, France, S. 4; Corneloup, IPRax 2014, 82 (82); Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.010; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 602; Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, 3487 (3489); Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (490); Regan, (4) B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (192). 1019 Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 592; sehr instruktiv zur Funktion der Reziprozität in Staatsverträgen Niboyet, Rec. Cours La Haye 1935 II, 263 (266 ff.).
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die Reziprozität im autonomen französischen Anerkennungsrecht jedoch nicht relevant. 1020 III. Die reciprocity im Common Law 1. Abkehr von der doctrine of comity Das Common Law stellt – wie auch das französische autonome Recht – das Erfordernis der Gegenseitigkeit (reciprocity) im autonomen Anerkennungsrecht grundsätzlich nicht auf. 1021 Zuletzt bestätigte der Court of Appeal dies ausdrücklich in der Entscheidung Adams v Cape Industries und betonte: „There is apparently clear authority, binding at least on courts of first instance, that comity or reciprocity is an inadequate ground for enforcement in England of the judgment of a foreign court.“1022
Insofern sei an dieser Stelle erneut auf die historische Entwicklung des englischen Anerkennungsrechts bzw. das einst angewandte Konzept der doctrine of comity hingewiesen.1023 Hierdurch sollte insbesondere die Anerkennung und Vollstreckung englischer Entscheidungen im Ausland sichergestellt und gefördert werden.1024 Insofern lassen sich Parallelen zum aktuellen deutschen autonomen Recht erkennen, das dieselben Erwägungen zugrunde legt. Mit der 1020 Anzumerken ist diesbezüglich, dass die révision au fond, die schließlich in der Munzer-Entscheidung aufgegeben wurde, als „eine Art Gegengewicht zum Gegenseitigkeitserfordernis“ in anderen Rechtsordnungen gesehen wurde, vgl. Nagel, DB 1969, 2323 (2324); Audit, Droit international privé, S. 383; grundlegend zur Funktion der Reziprozität im internationalen Zivil- und Zivilprozessrecht siehe Louis-Lucas, Rev. crit. DIP 1947, 14 (14 ff.). 1021 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 706; Philippsohn, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, England and Wales, S. 5; Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 553; Süß, in: FS Rosenberg, 229 (248). 1022 Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (455 f.). Desweiteren führt der Court of Appeal in seiner Entscheidung hinsichtlich der Gegenseitigkeit klarstellend aus: „[…] but this cannot be comity on an individual nation-to-nation basis, for our courts have never thought it necessary to investigate what reciprocal rights of enforcement are conceded by the foreign country, or to limit their exercise of jurisdiction to that which they would recognise in others.“, Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (552); siehe auch Rogerson, Collier’s Conflict of Laws, S. 220. 1023 In der Entscheidung Alves v Bunbury wird die doctrine of comity noch ausdrücklich als Grundlage der Anerkennung benannt: „By the comitas gentium, the Courts of different countries will recognise and enforce the judgments of each other; […]“ Alves v Bunbury (1814) 4 Camp. 28; Mayss, Principles of Conflict of Laws, S. 88; Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 3; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533; siehe bereits ausführlich Kap. I § 4 II. 1024 Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 666; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 4.
§ 10 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit
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Abkehr von der doctrine of comity als grundlegende, theoretische Begründung der Urteilsanerkennung als solche scheint jedoch auch das Gegenseitigkeitserfordernis in den Hintergrund getreten zu sein. Interessant ist an dieser Stelle, dass sich das US-amerikanische Recht dieser Linie des englischen Common Law nicht angeschlossen hat.1025 Anders als das englische Recht, das sich von der doctrine of comity abwandte und heute eine Verbürgung der Gegenseitigkeit grundsätzlich nicht fordert, hielt das US-amerikanische Recht an der comity-Doktrin fest. 1026 Ausgangspunkt dieses Abweichens von der englischen Linie war die Entscheidung Hilton v Guyot aus dem Jahr 1895.1027 Allerdings ist die heutige Haltung der einzelnen US-Staaten zum Reziprozitätserfordernis, insbesondere seit die Entscheidung Erie v Tomkins,1028 welche die Bindung der Staaten an die bisherige Rechtsprechung lockerte, sehr uneinheitlich und die Annahme eines Gegenseitigkeitserfordernisses hat seit Hilton v Guyot einige Einschränkungen erfahren.1029 Auch an dieser heterogenen Linie in diesen verwandten Rechtsordnungen zeigt sich die Kontroverse, die im Common Law wie auch den anderen Rechtsordnungen das Gegenseitigkeitsprinzip umgibt. Eines der Hauptargumente der englischen Literatur gegen dieses Kriterium – welches in der deut1025 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 706. 1026 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 706; Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (8); siehe auch Emerson Read, Recognition and Enforcement of Foreign Judgments in the Common Law Units of the British Commonwealth, S. 52 ff.; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 618. 1027 In dieser Entscheidung wurde einer französischen Entscheidung die Anerkennung in den USA bzw. dem Staat New York mit der Begründung der fehlenden Verbürgung der Gegenseitigkeit versagt: „In holding such a judgment, for want of reciprocity, not to be conclusive evidence of the merits of the claim, we do not proceed upon any theory of retaliation upon one person by reason of injustice done to another, but upon the broad ground that international law is founded upon mutuality and reciprocity, and that by the principles of international law recognized in most civilized nations, and by the comity of our own country, which it is our judicial duty to known and to declare, the judgment is not entitled to be considered conclusive.“, Hilton v Guyot 159 U.S. 113 (1895), 228; vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 706; Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (8). Eine ausführliche Besprechung der Entscheidung liefern Brand, Transaction Planning Using Rules on Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Judgments, 9 (107 ff.); Southard, Colum. J. Transnat. L. 16 (1977), 327 (330 ff.); siehe hierzu auch Hou, Comparative Analysis of the Korean Approach to Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 15 ff. 1028 Erie v Tompkins 304 U.S. 64 (1938). 1029 Grundlegend hierzu bzw. zur Entscheidung Erie v Tompkins und zur Historie des Gegenseitigkeitsprinzips in den USA siehe Southard, Colum. J. Transnat. L. 16 (1977), 327 (327 ff.); Brand, Transaction Planning Using Rules on Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Judgments, 9 (107 ff.).
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
schen Rechtsordnung bereits früh durch Ludwig von Bar vorgebracht wurde – ist die Tatsache, dass die bloße Verbürgung der Gegenseitigkeit keinerlei Aussage über die Qualität der jeweiligen Entscheidungen zu treffen vermag.1030 2. Gegenseitigkeit als Kriterium im Anwendungsbereich des Statute Law Obwohl die Gegenseitigkeit im englischen Recht grundsätzlich nicht gefordert wird, schlägt sich die Gegenseitigkeit für die Durchsetzung von Ansprüchen und die Urteilsanerkennung in England in anderer Weise nieder.1031 Auf Ebene des Statute Law regelt Sec. 1 (1) des FJA 1933: „If, in the case of any foreign country, Her Majesty is satisfied that, in the event of the benefits conferred by this Part of this Act being extended to, or to any particular class of, judgments given in the courts of that country or in any particular class of those courts, substantial reciprocity of treatment will be assured as regards the enforcement in that country of similar judgments given in similar courts of the United Kingdom, She may by order in Council direct: […]“.
Der AJA 1920 enthält in Sec. 14 (1) eine fast wortgleiche Regelung. 1032 Ist eine solche „substantial reciprocity of treatment“ gegeben, existiert also ein Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag mit dem Vereinigten Königreich, so steht den Urteilen des jeweiligen Drittstaats eine erleichterte Form der Vollstreckung in Gestalt der Registrierung offen.1033 Insofern wird auch von einem System der „administrativen Verbürgung der Gegenseitigkeit“ gesprochen.1034 Dies betrifft jedoch lediglich die Vollstreckung und nicht die (bloße)
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So kritisiert Wolff: „They are dangerous because they tend to make the application of foreign law and the recognition of foreign judgments dependent on ‘reciprocity’ – as if the valueless decisions pronounced by corrupt or ignorant judges in Ruritania could be rendered innocuous in England by the fact that the courts of Ruritania recognize wise decisions pronounced by English judges.“, Wolff, Private International Law, S. 15; v. Bar, Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts, Bd. II, S. 506; zur Kritik v. Bars siehe bereits Kap. II § 10 I 3. 1031 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533. 1032 Sec. 14 (1) AJA 1920: „Where His Majesty is satisfied that reciprocal provisions have been made by the legislature of any part of His Majesty’s dominions outside the United Kingdom for the enforcement within that part of His dominions of judgments obtained in the High Court in England, the Court of Session in Scotland, and the [High Court in Northern Ireland], His Majesty may by Order in Council declare that this Part of this Act shall extend to that part of His dominions, and on any such Order being made this Part of this Act shall extend accordingly.“ Näher zur reciprocity und dem Statute Law siehe Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 92 ff. 1033 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533. Siehe ausführlich die Ausführungen zum englischen Statute Law, Kap. III § 14. 1034 Vgl. Schütze, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1754 ff.
§ 10 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit
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Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen. 1035 Eine vollständige Außerachtlassung der Reziprozität findet sich folglich im englischen Recht nicht, wenngleich sich diese nur im Rahmen des Statute Law auswirkt. 1036 Das Common Law hat sich jedoch grundsätzlich vom Erfordernis der Gegenseitigkeit abgewandt. IV. Das Gegenseitigkeitserfordernis – ein zeitgemäßes Anerkennungskriterium? 1. Betrachtung unterschiedlicher Ausprägungen in Europa Die vergleichende Betrachtung hat gezeigt, dass das Gegenseitigkeitserfordernis in den behandelten Rechtsordnungen sehr unterschiedliche Bedeutung entfaltet. Während das französische und englische Anerkennnungsrecht jenseits der staatsvertraglichen Ebene auf die réciprocité bzw. reciprocity verzichtet, ist die Verbürgung der Gegenseitigkeit einer der festen, wenngleich stark umstrittenen, Eckpfeiler der Anerkennungskriterien des deutschen autonomen Rechts. Die deutsche Rechtsordnung ist jedoch nicht die einzige, die in dieser Form die Gegenseitigkeit als Erfordernis für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung drittstaatlicher Entscheidungen kennt. International werden eine Reihe unterschiedlicher Systeme der Gegenseitigkeit angewandt, die das Reziprozitätserfordernis jeweils in unterschiedlicher Intensität zugrunde legen.1037 Eine mit dem deutschen autonomen Anerkennungssystem vergleichbare Situation findet sich etwa im polnischen Recht. Dieses machte laut Weyde früher grundsätzlich die Vollstreckbarerklärung einer ausländischen Entscheidung von der staatsvertraglichen Verbürgung der Gegenseitigkeit abhängig,1038 schränkte die Anforderungen jedoch im Zuge einer Prozessrechtsreform im Jahr 1996 dahingehend ein, dass künftig die „faktische Verbürgung“ der Gegenseitigkeit ausreichend sein sollte; eine staatsvertragliche Vereinbarung ist somit nicht mehr notwendig. 1039 Auch in Spanien wird ge1035
Wolff, Private International Law, S. 254 f. Siehe auch Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-22; ausführlich Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 533 f. 1037 Verbeek, NiemeyersZ 45 (1931/32), 1 (8); näher zu den unterschiedlichen Ausprägungen der Reziprozität auf internationaler Ebene siehe Szászy, International Civil Procedure, S. 186 ff.; Lookofsky/Hertz, EU-PIL, S. 137 ff.; sowie Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 530 ff., der einen sehr umfassenden Überblick liefert. 1038 Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 98; Schütze, in Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1754. 1039 Ausführlich zum Gegenseitigkeitserfordernis in Polen Weyde, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Polen, S. 146 f., der in diesem Zusammenhang eine Übersetzung des (im Zuge der erwähnte Reform neugefassten) Art. 1150 § 1 KPC liefert. Dieser Artikel normiert laut Weyde seit dem 1.7.1996: „Entscheidungen ausländi1036
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
mäß Artt. 952, 953 LEC1040 die Verbürgung der Gegenseitigkeit verlangt.1041 Die deutsche, polnische und spanische Position und die klar ablehnende französische und englische Haltung sind jedoch nicht die einzig denkbaren und umgesetzten Spielarten der Verbürgung der Gegenseitigkeit in den europäischen Staaten. Es finden sich im Raum der Europäischen Union zudem Positionen, die eine noch intensivere Anforderung für ihr Anerkennungsrecht gewählt haben, nämlich solche Staaten, die für die Anerkennung grundsätzlich einen bilateralen Staatsvertrag voraussetzen. Auch nach der heutigen Rechtslage sehen einige europäische Staaten die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen nur im Rahmen von bilateralen Staatsverträgen vor. Selbst einer der – in geographischer wie rechtlicher Hinsicht – nächsten Nachbarn Deutschlands, Österreich, fordert in § 79 Abs. 2 EO: „Akte und Urkunden sind für vollstreckbar zu erklären, wenn die Akte und Urkunden nach den Bestimmungen des Staates, in dem sie errichtet wurden, vollstreckbar sind und die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge oder durch Verordnungen verbürgt ist.“ 1042
Insbesondere zahlreiche osteuropäische Staaten halten zudem nach wie vor am Gegenseitigkeitserfordernis fest, wobei unterschiedliche Nuancierungen
scher Gerichte in Zivilsachen, die in Polen zur Zuständigkeit der allgemeinen Gerichte gehören und sich zur Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung eignen, sind Vollstreckungstitel und in Polen vollstreckbar, unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit, wenn: 1) die Entscheidung in dem Staat, aus dem sie herrührt, der Vollstreckung unterliegt, 2) die in Art. 1146 § 1 Nr. 1–6 KPC genannten Voraussetzungen gegeben sind.“; siehe auch Gralla, der zudem einige Ausnahmen vom Gegenseitigkeitserfordernis, z. B. in Nachlasssachen, nennt, vgl. Gralla, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivilund Handelssachen, Bd. V, Nr. 1113, S. 9 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 98; Einen Kurzüberblick über das polnische Anerkennungsrecht liefern zudem Krusche, WiRO 1999, 173 (174 f.); Sawczuk, in: FS Schütze, 733 (738 ff.). 1040 Art. 952: Si no hubiere Tratados especiales con la nación en que se hayan pronunciado, tendrán la misma fuerza que en ella se diere a las ejecutorias dictadas en España.; Art. 953: „Si la ejecutoria procediere de una nación en que por jurisprudencia no se dé cumplimiento a las dictadas por los Tribunales españoles, no tendrá fuerza en España.“ 1041 Ausführlich hierzu Karl, Die Anerkennung von Entscheidungen in Spanien, S. 55 ff.; dies., in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 663, S. 63 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 532, 650; siehe auch Meyer, IPRax 1991, 292 (293). 1042 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 531; zum Gegenseitigkeitserfordernis im österreichischen Recht siehe tiefergehend Angst/Jakusch/Pimmer, Die Exekutionsordnung, § 79, S. 349 ff.; Bajons, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V, Nr. 1108, S. 8 ff.; Rechberger/Frauenberger-Pfeiler, in: Walter/ Baumgartner, S. 54, 58; Schwank, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, Austria, S. 5; Nagel, DB 1969, 2323 (2325); Lookofsky/Hertz, EU-PIL, S. 138 weisen diesbezüglich daraufhin, dass nur sehr wenige Staatsverträge und Verordnungen existieren.
§ 10 Die Verbürgung der Gegenseitigkeit
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festzustellen sind. 1043 Lettland setzt laut Hüßtege gemäß § 440 der lettischen ZPO den Abschluss eines Staatsvertrags voraus 1044 und auch das tschechische Recht erfordert grundsätzlich, dass die Gegenseitigkeit durch einen Staatsvertrag verbürgt ist.1045 Allerdings verzichte letzteres auf diese Anforderung, wenn der Beklagte bzw. Schuldner kein tschechischer Staatsbürger oder eine tschechische rechtliche Einheit sei.1046 Diese Staaten gehen einen Schritt weiter und lassen für die Gegenseitigkeit nicht die (bloße) tatsächliche Anerkennungspraxis genügen, wie es etwa für das deutsche Recht ausreichend ist. Eine autonome Anerkennungspraxis im eigentlichen Sinne ohne staatsvertragliche – sei es bi- oder multilaterale – Ebene existiert in diesen Staaten nicht oder nur rudimentär.1047 Auch in den skandinavischen Ländern finden sich zum Teil äußerst strenge Anerkennungsvoraussetzungen bzw. Anforderungen in Form der Reziprozität.1048 Nach Lappalainen gewährt etwa Finnland Entscheidungen außerhalb des Anwendungsbereichs internationaler Verträge regelmäßig keine Anerkennung.1049 Ähnlich stellt sich die Situation im schwedischen Recht dar, in welchem die staatsvertaglichen Regelwerke ebenfalls den zentralen Punkt der Anerkennung bilden.1050 Auch die Niederlande verleihen schließlich – wie bereits in der Einleitung dieser Arbeit erwähnt – gemäß Art. 431 des niederländischen Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering 1051 dem Gegenseitigkeitserfordernis insofern Wirkung als eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung außerhalb von Staatsverträgen nicht vorgesehen ist. 1052 Das Ge1043
Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 94. Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 23. 1045 Vgl. Krusche, WiRO 1999, 173 (173 f.), der das Gegenseitigkeitserfordernis als „zentralen Ausschlussgrund“ für eine Anerkennung (zum damaligen Zeitpunkt noch deutscher Urteile) in Tschechien nennt; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 101. 1046 Brenka, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, Czech Republic, S. 6; Wünsch, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V, Nr. 1145, S. 15. 1047 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 88 ff. 1048 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 530 f.; Lookofsky/Hertz, EU-PIL, S. 137. 1049 Näher hierzu siehe Lappalainen, in: Walter/Baumgartner, S. 169 ff.; Nagel/ Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 91. 1050 Siehe Berglund, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, Sweden, S. 5; ders., in: Walter/Baumgartner, S. 529 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 14 Rn. 88. 1051 Art. 431 des niederländischen Wetboek van Burgerlijke Rechtsvordering: „(1) Behoudens het bepaalde in de artikelen 985–994, kunnen noch beslissingen, door vreemde rechters gegeven, noch buiten Nederland verleden authentieke akten binnen Nederland ten uitvoer worden gelegd. (2) De gedingen kunnen opnieuw bij de Nederlandse rechter worden behandeld en afgedaan.“ 1052 Siehe Freudenthal, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V, Nr. 1100, S. 10; Hemmes, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, The Netherlands, S. 3 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 84; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and 1044
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genseitigkeitserfordernis hat demnach weite Verbreitung gefunden und hält noch heute in unterschiedlicher Ausprägung Einzug in zahlreiche europäische Rechtsordnungen. Doch ist dies sinnvoll und vor allem zukunftsfähig? 2. Kritische Wertung der Reziprozität als Anerkennungsvoraussetzung Das Erfordernis der Gegenseitigkeit ist, wie der obige Kurzüberblick gezeigt hat, keinesfalls ein deutsches Unikum. Es stellt sich gleichwohl die Frage, inwiefern dieses Kriterium ein sinnvolles Anerkennungskriterium darstellt. In der deutschen Literatur und Rechtsprechung mehrt sich bereits seit langer Zeit die Kritik am Grundsatz der Gegenseitigkeit. 1053 Als Gegenargument zu dieser Haltung wird – neben den oben dargestellten rechtspolitischen Erwägungen – mitunter der Schutz vor „zweifelhaften Rechtskulturen“ angeführt.1054 Diese Ansicht erscheint jedoch wenig überzeugend, liefern in den einzelnen Rechtsordnungen doch die übrigen Voraussetzungen bereits umfangreiche Regelungen. Nicht zuletzt durch die in jeder Rechtsordnung präsente Prüfung der Vereinbarkeit mit dem nationalen ordre public würde einer „zweifelhaften Entscheidung“ schließlich die Anerkennung versagt. Es erscheint unbillig, den einzelnen Urteilsgläubiger aufgrund rechtspolitischer Erwägungen des Anerkennungsstaats derart zu benachteiligen und die Parteiinteressen in den Hintergrund treten zu lassen. 1055 Dies gilt umso mehr als es Commercial Matters, S. 1 ff.; Storm, in: Platto/Horton, Enforcement of Foreign Judgments Worldwide, 158 f.; Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (26 f.). Lookofsky/Hertz, EU-PIL, S. 138 geben allerdings zu bedenken, dass die Niederlande gleichwohl großzügig hinsichtlich der Anerkennung drittstaatlicher Urteile verfahren. 1053 BGH, 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 (196) = NJW 1964, 2350 (2351) m. w. N., die Entscheidung verweist u. a. auf Ludwig von Bar, der schon 1889 vor den Auswirkungen des Gegenseitigkeitserfordernis warnte, vgl. v. Bar, Theorie und Praxis des internationalen Privatrechts, Bd. II, S. 506; siehe auch Geimer, IPRax 1994, 187 (187); Nagel, DB 1969, 2323 (2326); Puttfarken, RIW/AWD 1976, 149 (149 ff.); vgl. insbesondere auch die kritischen Ausführungen des BGH selbst: „Der Grundsatz, die Gegenseitigkeit müsse verbürgt sein, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts in Deutschland vollstreckbar sein soll, war von jeher rechtspolitisch umstritten […]; überwiegend wird seine innere Berechtigung und seine Eignung, das mit ihm verfolgte Ziel zu fördern, negativ beurteilt […]. Wenn dies auch den Richter nicht von der Anwendung des Gesetzes befreit, so ist es jedenfalls ein ausreichender Grund, an das Erfordernis der Verbürgung der Gegenseitigkeit nicht zu strenge Anforderungen zu stellen, zumal die Rücksicht auf die Bedürfnisse des internationalen Rechtsverkehrs im Zuge der modernen Entwicklung des zwischenstaatlichen Verkehrs und Handels in dieselbe Richtung weist.“, BGH, 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 (196) = NJW 1964, 2350 (2351). 1054 Vgl. Nagel, DB 1969, 2323 (2326) mit Verweis auf Welamson, Verkställighet av utlänska domar i förmögenhetsrättsliga mål, S. 38, die auf eine „dubiös rättskultur“ einiger Staaten hinweist. 1055 Ebenso Schack, IZVR, Rn. 965 ff.; siehe auch Huber, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World, 291 (301).
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für den einzelnen Urteilsgläubiger äußerst schwierig sein kann, die Verbürgung der Gegenseitigkeit im Verhältnis zum jeweiligen Urteilsstaat im Exequaturverfahren nachzuweisen. 1056 Gutteridge konstatiert diesbezüglich bereits im Jahr 1932 sehr zutreffend: „Nothing can be imagined which is more galling to a man of business who has obtained a judgment in his own courts, than to discover that his debtor has sought refuge, in company with all his assets, in some foreign country, and that the judgment which has been obtained at such great trouble and expense is, therefore, not worth the paper on which it is written.“1057
Sicherlich müssen gegenüber drittstaatlichen Entscheidungen zum Schutz des Beklagten und der eigenen Rechtsordnung Schutzmechanismen aufrechterhalten werden. Die starren rechtspolitischen Beweggründe, die bei dem Erfordernis der Gegenseitigkeit mitschwingen, vermögen jedoch nicht den Anforderungen des heutigen Rechtsverkehrs gerecht zu werden.
§ 11 Die kollisionsrechtliche Kontrolle § 11 Die kollisionsrechtliche Kontrolle
Ein Anerkennungskriterium, das eine gewisse Sonderrolle im Kriterienkatalog für die drittstaatliche Urteilsanerkennung einnimmt, ist die Überprüfung der erststaatlichen Entscheidung in kollisionsrechtlicher Hinsicht. Nach diesem Kriterium wird die drittstaatliche Entscheidung dahingehend überprüft, ob das Anerkennungsgericht bei Zugrundelegung seines eigenen internationalen Privatrechts zu demselben Ergebnis hinsichtlich des anwendbaren Sachrechts gelangt wäre wie das Urteilsgericht. 1058 Zutreffend stellt Martiny fest, dass dieser „Ergebnisvergleich zwischen dem Kollisionsrecht des Urteils- und des Anerkennungsstaats“1059 insofern problematisch sei bzw. von den übrigen Anerkennungsvoraussetzungen abweiche, als es sich um eine sachrechtlich ausgerichtete Voraussetzung handele, wohingegen die übrigen Anforderungen – außer dem ordre public-Vorbehalt – eher verfahrensrechtlich ausgerichtet seien.1060 Gegner sahen in der Prüfung der kollisionsrechtlichen Konformität vor diesem Hintergrund vielfach eine mit dem Verbot der révision au fond unvereinbare sachliche Überpüfung der erststaatlichen Entscheidung. 1061 1056
Vgl. Huber, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World, 291
(301). 1057
Gutteridge, BYIL 13 (1932), 49 (49). Sehr ausführlich Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 405 ff. 1059 Vgl. Schack, IZVR, Rn. 962. 1060 Vgl. Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 405 f. 1061 Vgl. etwa die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/ 504, S. 88, die im Rahmen der IPR-Reform ausführte: „In Übereinstimmmung mit dem Vorschlag von Kühne soll sie [die Vorschrift] gestrichen werden, weil sie eine Abweichung von der grundsätzlich ausgeschlossenen sachlichen Nachprüfung der fremden Entscheidung bedeutet und das Kollisionsrecht bei der Anerkennung fremder Entscheidungen 1058
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Nichtsdestoweniger wurde und wird die kollisionsrechtliche Kontrolle in einigen Rechtsordnungen bei der Urteilsanerkennung nach wie vor bemüht. Inwiefern dies im deutschen, englischen und französischen Recht sowie einzelnen anderen europäischen Rechtssystemen der Fall ist bzw. war, zeigt die folgende Betrachtung. I.
Übersicht über das deutsche und europäische Recht
Im deutschen Recht fanden sich – wie auch in anderen Rechtsordnungen – bis zur grundlegenden IPR-Reform im Jahr 1986 Ansätze einer kollisionsrechtlichen Kontrolle ausländischer bzw. drittstaatlicher Entscheidungen. 1062 Nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. konnte die Anerkennung ausländischer Entscheidungen aus dem Grund versagt werden, dass das ausländische Gericht von dem sachlichen Ergebnis abwich, zu dem man bei Anwendung bestimmter, in § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. aufgezählter, familienrechtlicher Kollisionsnormen des deutschen Rechts gelangt wäre.1063 Die Klausel des § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. wurde jedoch als äußerst unbefriedigend empfunden – man störte sich an der „umständlichen Formulierung“ und mangelnden Konturen der Norm, welche die Anerkennung erschwere und eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung von In- und Ausländern darstelle.1064 Unterstützt wurden die kritischen Stimmen, die eine Aufgabe der kollisionsrechtlichen Kontrolle forderten, zudem durch die geringe Relevanz dieses Anerkennungskriteriums, die – wie Basedow anmerkt – wohl „außer Verhältnis zu der Kompliziertheit der Norm stand“.1065 Vor dem Hintergrund der mannigfaltigen Kritik 1066 wurde die Anerkennungsvoraussetzung der kollisionsrechtlizu sehr in den Vordergrund stellt.“; ebenfalls kritisch Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (25 f.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 195; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 248 f.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 406 f. 1062 Siehe die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; Linke/Hau, IZVR, Rn. 421; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 44, 56, 538 m. w. N.; Gottwald, IPRax 1984, 57 (60). 1063 Vgl. Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 537 ff.; Schack, IZVR, Rn. 962; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 56; Gottwald, IPRax 1984, 57 (60). 1064 Umfassend Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 428 ff. 1065 Laut Basedow führte nach einer von ihm angeführten Statistik über die Häufigkeit der Versagungsgründe bei Ablehnung der Anerkennung in den einzelnen Landesjustizverwaltungen das Nichtvorliegen der kollisionsrechtlichen Konformität nach § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. in mehr als 2000 Fällen nur vier Mal zur Versagung der Anerkennung, vgl. Basedow, Die Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 64, 154; siehe auch Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 57; Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 34–36 EuGVVO Rn. 28; Kropholler/Blobel, in: FS Sonnenberger, 453 (469); Wagner, IPRax 2002, 75 (82). 1066 Einen Überblick über die Problemstellung und den Streitstand vor Streichung des § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. liefern sehr kritisch Basedow, Die Anerkennung von Aus-
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chen Konformität schließlich im Zuge der IPR-Reform im Jahr 1986 aufgegeben bzw. gestrichen.1067 Obwohl man sich bei dieser Reform grundsätzlich am EuGVÜ orientierte, wich man in diesem Punkt von der europäischen Regelung ab, die in Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ1068 weiterhin eine kollisionsrechtliche Kontrolle vorsah. 1069 Man sah in der Überprüfung der erststaatlichen Entscheidung in kollisionsrechtlicher Hinsicht eine „Abweichung von der grundsätzlich ausgeschlossenen Nachprüfung der ausländischen Entscheidung und das Kollisionsrecht im Anerkennungsrecht als zu sehr in den Vordergrund gerückt“.1070 Zwar war der Zweck dieser Norm nicht die Abwehr aus deutscher Sicht „falscher“ Rechtsauffassungen, sondern lediglich der Schutz deutscher Staatsbürger gegen die Folgen einer solchen Auffassung und Rechtspraxis,1071 doch änderte dies nichts an der Tatsache, dass eine sachliche Überprüfung des erststaatlichen Urteils erfolgte. 1072 Eine solche Durchbrechung des Verbots der révision au fond ist aber wie bereits gesehen nur zugunsten unverzichtbarer Anforderungen des nationalen Rechts im Rahmen des ordre public-Vorbehalts hinzunehmen. 1073 Die völlige Verabschiedung der deutlandsscheidungen, S. 154 ff.; Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 428 ff.; Roth, Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, S. 100 ff. 1067 Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; Linke/Hau, IZVR, Rn. 421; Schack, IZVR, Rn. 962. 1068 Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ: „Eine Entscheidung wird nicht anerkannt, wenn das Gericht des Ursprungsstaats bei seiner Entscheidung hinsichtlich einer Vorfrage, die den Personenstand, die Rechts- und Handlungsfähigkeit sowie die gesetzliche Vertretung einer natürlichen Person, die ehelichen Güterstände oder das Gebiet des Erbrechts einschließlich des Testamentsrechts betrifft, sich in Widerspruch zu einer Vorschrift des internationalen Pri vatrechts des Staates, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, gesetzt hat, es sei denn, daß die Entscheidung nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte, wenn die Vorschriften des internationalen Privatrechts dieses Staates angewandt worden wären.“ 1069 Anzumerken ist diesbezüglich jedoch, dass sich diese kollisionsrechtliche Kontrolle im Rahmen des Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ auf die Entscheidung von Vorfragen auf den durch Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 EuGVÜ ausgenommenen personenrechtlichen Gebieten beschränkte. § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO a. F. und Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ wiesen insofern eine völlig unterschiedliche Reichweite auf, vgl. Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; Schack, IZVR, Rn. 962; grundlegend hierzu Martiny, in: Hdb. IZVR III/2, S. 75 ff. 1070 Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; Kropholler, IPR, S. 676. 1071 Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 538. 1072 Ähnlich Holleaux im französischen Recht, die die Frage aufwarf: „Comment s’assurer de l’accomplissement de cette condition de la conformité aux règles françaises de conflits de lois sans réviser?“, Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (64); auch Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 195 attestiert der kollisionsrechtlichen Kontrolle eine Nähe zur révision au fond. 1073 Vgl. Stadler, in: Musielak, ZPO, § 328 Rn. 23; Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 209; Gottwald, in: MüKO ZPO, § 328 Rn. 117; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, § 328 Rn. 42 ff.; ders., DIZPR, Rn. 338; ders., IZPR in der ZPO, S. 102; Spellenberg, in: Stau-
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schen Rechtsordnung von der kollisionsrechtlichen Kontrolle ist folglich positiv zu bewerten. Dies gilt umso mehr als die von Deutschland geschlossenen bilateralen Staatsverträge eine kollisionsrechtliche Prüfung grundsätzlich nicht als Anerkennungsvoraussetzung vorsehen. 1074 Die Aufgabe der Überprüfung des erststaatlichen internationalen Privatrechts führt somit zu einer größeren Kongruenz von autonomen und staatsvertraglichen Regelungen, wodurch größere Klarheit in der Rechtsanwendung geschaffen wird. Diese Entwicklung wurde schließlich auch durch die europäischen Rechtsakte befeuert, denn auch der europäische Gesetzgeber verabschiedete sich bei der Überführung des EuGVÜ in die EuGVVO von der Regelung des Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ.1075 Insofern zeigt sich auch auf europäischer Ebene eine Tendenz zur „Verschlankung“ der Anerkennungshindernisse, die in der Neufassung der EuGVVO ihren (vorläufigen) Höhepunkt findet. II. Die „application de la loi compétente“ im französischen Recht 1. Historische Entwicklung des Anerkennungskriteriums Ungeachtet der Entwicklungen des europäischen Rechts im Zuge der „Umgießung“ des EuGVÜ in die EuGVVO und die damit einhergehende Abschaffung der kollisionsrechtlichen Kontrolle hielt die französische Rechtsordnung in ihrem autonomen Anerkennungsrecht lange an diesem Kriterium für die Urteilsanerkennung fest.1076 Die kollisionsrechtliche Kontrolle der ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung basierte dabei auf einer über lange Zeit entwickelten französischen Rechtsprechung. 1077 Geprägt wurde diese insdinger, § 328 Rn. 444; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 100; Linke/Hau, IZVR, Rn. 483; Schack, IZVR, Rn. 951; siehe bereits Kap. II § 9 I. 1074 Vgl. Kropholler, IPR, S. 676. 1075 Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, Art. 34-36 EuGVVO Rn. 28; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO, Rn. 538; Schack, IZVR, Rn. 962; Linke/Hau, IZVR, Rn. 421; näher hierzu Geimer, in: Geimer/Schütze, EuZVR, A 1 – Art. 34 EuGVVO, Rn. 184 ff. 1076 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 752; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 291; sehr instruktiv zur Entwicklung und Begründung der kollisionsrechtlichen Kontrolle Gressot-Leger, JDI 2003, 767 (772 ff.). 1077 Siehe hierzu Cour d’appel Paris 5.8.1891, JDI 1891, 1214 (1214); Tribunal de la Seine 20.7.1920, JDI 1920, 668 (668 f.); besonders seien hier zudem die Entscheidungen Bach und Schabel des Kassationshofs hervorgehoben, Arrêt Bach Cass. civ. 11.4.1945, Rec. D. 1945, 245; Arrêt Schabel Cass. civ. 1.5.1945, Rec. D. 1945, 245; eine nähere Auseinandersetzung mit diesen beiden Entscheidungen liefert Delpech, Le rôle de la règle de conflit de lois dans l’efficacité des décisions étrangères, S. 82 ff.; siehe Audit, Droit international privé, S. 392; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 582 m. w. N.; Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (56); Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 756; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 291; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 17 f.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters,
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besondere von Bartin, der die kollisionsrechtliche Kontrolle als Teil des ordre public-Vorbehalts verstand.1078 Im Arrêt Munzer wurde diese Haltung der französischen Rechtsprechung schließlich bestätigt und die kollisionsrechtliche Kontrolle als eigenständige Anerkennungsvoraussetzung benannt.1079 Um einer Anerkennung und Vollstreckbarerklärung in Frankreich zugänglich zu sein, musste ausdrücklich das aus Sicht des französischen Internationalen Privatrechts „richtige Sachrecht“ angewandt worden sein (application de la loi compétente).1080 Da hierdurch de facto überprüft wird, ob der Urteilsstaat bzw. der drittstaatliche Gesetzgeber für sein internationales Privatrecht dieselben Maßstäbe bzw. Anknüpfungspunkte gewählt hat wie das französische Recht, findet sich auch die Bezeichnung der kollisionsrechtlichen Prüfung als Kontrolle der legislativen Kompetenz (contrôle de la compétence législative (indirecte)).1081 2. Kritik und Einschränkungen der kollisionsrechtlichen Kontrolle So lange die Tradition der kollisionsrechtlichen Überprüfung der drittstaatlichen Entscheidung im französischen Recht zurückreichen mag,1082 so war dieses Kriterium einem Teil der Lehre bereits früh ein Dorn im Auge und die Anerkennungsvoraussetzung der Anwendung des „richtigen Rechts“ zeichnete sich als eine der stark umstrittenen Fragen im französischen internationalen Zivilprozessrecht ab.1083 Häufig wurde sie als ein „zu weitreichender EinS. 247; einen sehr umfassenden und informativen Überblick über die Historie der kollisionsrechtlichen Kontrolle im französischen Recht liefern Pataut, Principe de souveraineté et conflits de juridictions, S. 337 ff.; Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (25 ff.). 1078 Siehe Bartin, Principes de Droit International Privé, § 211, S. 572 ff.; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 17; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 284 f.; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 247; ausführlich zur Rolle Bartins Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (25 ff.). 1079 Statt aller Audit, Droit international privé, S. 392; Courbe, Droit international privé, S. 175; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 67; de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 25. 1080 Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 67; Fricke, IPRax 1989, 202 (205); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 195; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 75; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 247. 1081 Gutmann, Droit international privé, S. 276; Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 755 ff.; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 634; Bellet, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (272). 1082 Vgl. Pataut, Principe de souveraineté et conflits de juridictions, S. 337 ff.; Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (25 ff.). 1083 Clavel, Droit international privé, S. 254; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 68; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 195; GaudemetTallon, RIDC (2) 1986, 487 (492); Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international
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griff“ in das Recht des Urteilsstaats erachtet. 1084 Kessedjian etwa wird in ihrer Kritik sehr deutlich und bezeichnet die Kontrolle der „legislativen Kompetenz“ vor diesem Hintergrund als „unerwünscht, sogar archaisch“. 1085 Unterstrichen wird diese Kritik durch die Tatsache, dass die kollisionsrechtliche Kontrolle bei den meisten der zahlreichen von Frankreich abgeschlossenen bilateralen Staatsverträgen – ähnlich der Situation im deutschen Recht – ausgeklammert wurde.1086 Auch finden sich Stimmen, die dem französischen Anerkennungsrecht hinsichtlich der Kontrolle der kollisionsrechtlichen Konformität im Zusammenspiel mit der Prüfung der internationalen Zuständigkeit des Urteilsstaats einen „internen Widerspruch“ attestieren.1087 Nach dieser Ansicht erscheine es widersprüchlich, dass die Entscheidung eines drittstaatlichen Gerichts, das aus französischer Sicht international zur Entscheidung berufen sei, nicht anerkannt werde, weil die Anwendung seines internationalen Privatrechts zu einer anderen Rechtsordnung führe als dies vor einem französischen Gericht der Fall gewesen sei. Dies führe de facto zu einer Behandlung des ausländischen Gerichts als sei es unzuständig. 1088 In der Tat verwundert es, dass auf der einen Seite die sachliche Nachprüfung der Entscheidung untersagt wird, auf der anderen Seite aber gefordert privé, S. 634 f.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 25; Niboyet, Gaz. Pal. 2007, N° 123, 2 (2 ff.); Regan, (4) B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (181); zum Streitstand bzw. den unterschiedlichen vertretenen Ansichten siehe Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 248 f. 1084 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 195; Péroz, La réception des jugements étrangers dans l’ordre juridique français, S. 81. 1085 „A bien des égards, cet élement du contrôle de la décision étrangère apparaît comme indésirable, voire archaïque.“, Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 195. D’Avout/ Bollée kritisierten die kollisionsrechtliche Kontrolle als „Fremdkörper“ bzw. „critère inadapté“ in einem zunehmend liberalen Anerkennungsregime, vgl. d’Avout/Bollée, Rec. D. 2007, 1115 (1115 f.); Cuniberti spricht von einem „embarrassing signal of distrust“, vgl. Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (936); auch Gressot-Leger sah in ihr einen „Anachronismus bzw. ein nach Abschaffung der révision au fond künstlich aufrecht erhaltenes Kriterium“, vgl. Gressot-Leger, JDI 2003, 767 (777 ff.). 1086 Vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 586; Bellet, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (272); Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 11; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 293; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 634; Niboyet, Gaz. Pal. 2007, N° 123, 2 (2, Rn. 5); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 247. 1087 Vgl. Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 757. 1088 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 757. Mit der Verbindung von internationaler Zuständigkeit und anwendbarem Recht setzen sich zudem auseinander Alexandre, Les pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 215 ff.; Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (29 ff.); Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 285 f.; Gressot-Leger, JDI 2003, 767 (769).
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wird, dass die aus französischer Sicht „richtige Rechtsordnung“ der Entscheidung zugrunde gelegt wurde. 1089 Dabei ist es doch gerade dem internationalen Privatrecht systemimmanent, dass die einzelnen nationalen Rechtsordnungen unterschiedliche Anknüpfungsmomente wählen. 1090 Vor diesem Hintergrund erscheint es wenig sachgerecht und zu weitgehend, einer drittstaatlichen Entscheidung die Anerkennung zu versagen, nur weil das drittstaatliche Recht einen anderen Anküpfungspunkt gewählt hat – und somit u. U. zur Anwendung eines anderen Rechts kommt – als das französische Recht.1091 Dies gilt umso mehr als die kollisionsrechtlichen Regelungen im Rahmen der Anerkennung ihre ursprüngliche Funktion der Lösung des Konflikts der Rechtsordnungen1092 nicht ausüben, da im Rahmen der Anerkennung über die (bloße) Wirkungserstreckung des drittstaatlichen Urteils nicht aber über die Entscheidungszuständigkeit zu entscheiden hat. 1093 Diesen Kritikpunkt sah man offenbar auch in der französischen Rechtsprechung und schränkte die Prüfung der application de la loi compétente (vor ihrer endgültigen Abschaffung1094) in zweierlei Hinsicht ein.1095 Die erste Einschränkung lag darin, dass es für eine Erfüllung dieser Voraussetzung nicht erforderlich war, dass exakt die gleichen Normen angewen1089 Ebenso Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (937); auch Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (55) fragt: „S’il est une condition apparamment impliquée par la révision, c’est celle-là.“. 1090 Zutreffend Clavel, Droit international privé, S. 254; Ancel, RDIPP 1992, 201 (205); ähnlich Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (937); siehe auch Cuniberti/Normand/ Cornette, Droit international de l’exécution, S. 68. 1091 Vgl. Audit, Droit international privé, S. 392. 1092 Nicht ohne Grund wird der Bereich des internationalen Privatrechts in der englischen Rechtsordnung als „conflict of laws“ bezeichnet. 1093 Überzeugend Courbe, Droit international privé, S. 175; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 293; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 293; a. A. Batiffol/Lagarde, die eine Bindung des französischen Richters an die Normen des Kollisionsrechts auch im Rahmen der Anerkennung betonen: „Et effectivement si la loi française répartit par ses règles de conflit les matières de droit privé entre les différents systèmes législatifs, cette répartition vaut aussi bien pour le cas où le juge français est sollicité de donner effet en France à un jugement étranger que pour celui où il est directement saisi du litige.“, Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 584; siehe hierzu auch Alexandre, Les pouvoirs du juge de l’exequatur, S. 207 f. 1094 Siehe sogleich Kap. II § 11 II 3. 1095 Audit, Droit international privé, S. 392; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.030; Clavel, Droit international privé, S. 254; Courbe, Droit international privé, S. 175 f.; Kitic, Droit international privé, S. 128; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 634; Péroz, La réception des jugements étrangers dans l’ordre juridique français, S. 81; Fricke, IPRax 1989, 202 (205); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 247.
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det worden waren, sondern es genügte, dass sich die gleichen Rechtsfolgen ergaben (sog. équivalence).1096 Auch wenn dies ebenfalls bzw. immer noch eine gewisse sachliche Nachprüfung der erststaatlichen Entscheidung bedeutete, so führte diese Methode doch zur Einschränkung und Vereinfachung der kollisionsrechtlichen Kontrolle. 1097 Eine zweite Beschränkung dieses Prüfungspunkts lag in der Möglichkeit der Annahme der Weiterverweisung (renvoi au sécond degré), die die Anwendung einer anderen Norm als der französischen durch den erststaatlichen Richter begründen konnte.1098 Um auf dasselbe Sachrecht zu kommen, das der Erstrichter seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, ist demnach nicht allein das Recht entscheidend, dass das französische Kollisionsrecht bestimmt, sondern es kann auch das Recht angewandt worden sein, an welches das erststaatliche Kollisionsrecht weiterverwiesen hat. Ein Beispiel für diese Einschränkung der kollisionsrechtlichen Kontrolle durch den renvoi liefert die Cau-Entscheidung des Tribunal civil de la Seine aus dem Jahr 1956.1099 1096
Erste Tendenzen in diese Richtung ließen sich bereits in der Entscheidung Drichemont aus dem Jahr 1930 erkennen, vgl. Arrêt Drichemont Cass. civ. 29.7.1929, Rev. crit. DIP 1931, 334 (334); Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (30 f.); Audit, Droit international privé, S. 392; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 585; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 286; Clavel, Droit international privé, S. 254; Courbe, Droit international privé, S. 176; Fricke, IPRax 1989, 202 (205); Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (492); Gutmann, Droit international privé, S. 276; Kitic, Droit international privé, S. 128; Laborde, Droit international privé, S. 115; Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 756; Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 292; Meininger-Bothorel, Gaz. Pal. 10.11.2004, N° 315, 3487 (3488); Monéger, Droit international privé, Rn. 596; Muir Watt, in: JurisClasseur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 20; ebenso Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (937); Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 75; Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 247 f.; d’Avout/Bollée, Rec. D. 2007, 1115 (1115 f.). 1097 Statt vieler Gutmann, Droit international privé, S. 276; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 634 f.; Ancel bemängelt diesbezüglich, dass durch diese Einschränkung die Anerkennungsvoraussetzung der kollisionsrechtlichen Kontrolle zwar „ihre Virulenz, aber auch ihre Klarheit verliere“, vgl. Ancel, RDIPP 1992, 201 (205). 1098 Audit, Droit international privé, S. 392 f.; Fricke, IPRax 1989, 202 (205); Kitic, Droit international privé, S. 128; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (493); Mayer/ Heuzé, Droit international privé, S. 291 f.; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 12. 1099 Tribunal civil de la Seine 22.10.1956, Rev. crit. DIP 1958, 117 (117 f.); vgl. Audit, Droit international privé, S. 392 f.; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 291 f.; Kitic, Droit international privé, S. 128; Fricke, IPRax 1989, 202 (205). Dieses Urteil hatte die Anerkennung bzw. Exequatur eines ägyptischen Scheidungsurteils, das zwischen einer Französin und einem jugoslawischen Mann nach jugoslawischem Recht ergangen war, zum Gegenstand. Das französische Kollisionsrecht hätte in diesem Fall das Recht des gemeinsamen Aufenthalts der Ehegatten – hier das ägyptische Recht – als anwendbar betrachtet, sodass im Grunde die Anerkennung der Entscheidung hätte versagt werden müssen. Um
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Die Bestimmung des anwendbaren Rechts im Rahmen der französischen Anerkennungsprüfung wurde folglich nicht als reine Sachnormverweisung sondern als Gesamtverweisung verstanden. Auch dieses Vorgehen minimierte die Reichweite des Anerkennungskriteriums und ermöglichte die Anerkennung von Entscheidungen, die das französische Kollisionsrecht nicht (unmittelbar) zur Entscheidung berufen hätte. Auf die richtige Anwendung des Rechts kam es bei der Überprüfung der application de la loi compétente hingegen grundsätzlich nicht an – hatte der Erstrichter das aus französischer Sicht „richtige Recht“ angewandt, so konnte wiederum dessen korrekte Anwendung nicht überprüft werden. 1100 Auch wenn es sich bei dem anwendbaren Sachrecht um französisches Recht handelte, wurde hiervon keine Ausnahme gemacht.1101 3. Die Abschaffung durch den Arrêt Cornelissen Die Weichen für eine Abschaffung waren durch die oben dargestellten Einschänkungen bereits gestellt, gleichwohl hielt die Cour de cassation zunächst an der Prüfung der kollisionsrechtlichen Konformität fest.1102 Eine erste merkliche Abkehr von dieser Haltung ließ sich erst im Juli 2006 mit der Entscheidung Enfant Viola verzeichnen, in welcher der französische Kassationshof urteilte, dass nicht allein das aus französischer Sicht anzuwendende Recht (loi applicable oder loi compétente), sondern auch eine andere angemessene Rechtsordnung (loi appropriée) durch das Erstgericht angewandt werden könne. 1103 Kein Jahr später wurde das Erfordernis der kollisionsrechtlichen dieses Ergebnis zu verhindern, bediente sich der französische Anerkennungsrichter der Anwendung des renvoi. Das ägyptische Kollisionsrecht verwies auf das Recht der Staatsangehörigkeit des Ehemanns, also das jugoslawische Recht, sodass man zu demselben Ergebnis wie das ägyptische Gericht hinsichtlich des anwendbaren Sachrechts gelangte; vgl. die Zusammenfassung des Sachverhalts von Kitic, Droit international privé, S. 128. 1100 Courbe, Droit international privé, S. 176; Fricke, IPRax 1989, 202 (205); Laborde, Droit international privé, S. 115; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 292; Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (937). 1101 „Le juge, saisi d’une demande tendant à rendre exécutoire en France un jugement rendu par un tribunal étranger, ne peut procéder à la révision au fond de cette décision, quand bien même la loi appliquée par le tribunal étranger serait la loi française.“, Arrêt Loesch Cass. civ. 24.11.1965, Rev. crit. DIP 1966, 289 (289); Courbe, Droit international privé, S. 176; Fricke, IPRax 1989, 202 (205); Holleaux, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1980–81, 53 (64); Laborde, Droit international privé, S. 115; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 292; Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (30). 1102 Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 758; Gressot-Leger, JDI 2003, 767 (768 f.). 1103 „Prive sa décision de base légale au regard des article 3, du Code civil et 509 du nouveau Code de procédure civile, la cour d’appel qui repousse une action en inopposabilité sans rechercher si le jugement étranger remplissait toutes les conditions de régularité internationale tant au regard de la compétence du juge saisi que de l’application au litige de
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
Konformität von der Cour de cassation schließlich mit dem Arrêt Cornelissen vom 20. Februar 2007 endgültig aufgegeben. 1104 So urteilte die Cour de cassation: „Pour accorder l’exequatur, hors de toute convention internationale, le juge français doit s’assurer que trois conditions sont remplies, à savoir la compétence indirecte du juge étranger, fondée sur le rattachement du litige au juge saisi, la conformité à l’ordre public international de fond et de procédure et l’absence de fraude à la loi et le juge de l’exequatur n’a donc pas à vérifier que la loi appliquée par le juge étranger est celle désignée par la règle de conflit de lois française.“ 1105
Hiermit beendete der Kassationshof die lang umstrittene Frage um die Abschaffung der kollisionsrechtlichen Kontrolle. Mag die Aufgabe zwar ein wichtiger Eckpunkt für die Entwicklung des autonomen französischen Anerkennungsrechts gewesen sein, so sollte doch die tatsächliche Auswirkung dieser Rechtsprechung nicht überbewertet werden. Bereits vor der Cornelissen-Entscheidung war die Kontrolle der Anwendung der loi compétente – wie oben erörtert – massiv eingeschränkt worden und führte nur in seltensten Fällen zur Versagung der Anerkennung. 1106 Insofern lassen sich Parallelen zur alten Rechtslage nach dem deutschen Recht vor der IPR-Reform erkennen. In praktischer Hinsicht wird sich diese Änderung im französischen Anerkennungsrecht vor dem Hintergrund der ohnehin geringen Bedeutung wohl nur wenig bemerkbar machen. Viel gewichtiger ist jedoch die Signalwirkung, die von dieser Entscheidung der Cour de cassation ausgeht. So ist das Aufgeben la loi appropriée.“, Enfant Viola Cass. civ. 4.7.2006, Rev. crit. DIP 2007, 413 (413); Clavel, Droit international privé, S. 254; Job/Franciscis, Dr. mar. fr. 2007, N° 687, 988 (988); Loussouarn/Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 758; Bureau/Muir Watt, Droit international privé, Bd. I, S. 286. 1104 Audit, Droit international privé, S. 393; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 68; Laborde, Droit international privé, S. 115; Loussouarn/ Bourel/de Vareilles-Sommières, Droit international privé, S. 758; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 291; Monéger, Droit international privé, Rn. 596; de VareillesSommières, in: Rép. Int. D., Jugement Étranger (Matières civile et commerciale), S. 25; d’Avout/Bollée, Rec. D. 2007, 1115 (1115 ff.); Niboyet, Gaz. Pal. 2007, N° 123, 2 (2 ff.); Train, JDI 2007, 1195 (1195 ff.). 1105 Arrêt Cornelissen Cass. civ. 20.2.2007, Gaz. Pal 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (420 ff.). Der Arrêt Munzer wählte fast denselben Wortlaut – allerdings mit den entscheidenden Unterschieden in den relevanten Passagen; vgl. d’Avout/Bollée, Rec. D. 2007, 1115 (1115). 1106 Audit, Droit international privé, S. 393; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.030; Gutmann, Droit international privé, S. 276; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 291; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 19; Ancel, RDIPP 1992, 201 (204 f.) weist diesbezüglich zudem darauf hin, dass die kollisionsrechtliche Kontrolle zumeist nur bei der Anerkennung von familienrechtlichen Entscheidungen stattfand.
§ 11 Die kollisionsrechtliche Kontrolle
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der kollisionsrechtlichen Kontrolle eine bewusste Reduzierung der Anerkennungskriterien und somit ein klares Bekenntnis zur fortgesetzen Liberalisierung des autonomen französischen Anerkennungsregimes. 1107 Das Aufgeben der kollisionsrechtlichen Kontrolle mit dem Arrêt Cornelissen ist als (letzter) Schritt zu einem tatsächlich gelebten Verbot der révision au fond zu sehen.1108 Diese Entwicklung in der französischen Rechtsprechung ist in hohem Maße zu begrüßen.1109 III. Überblick über das Common Law und andere europäische Rechtsordnungen Neben den betrachteten Rechtssystemen findet sich auch in anderen europäischen Rechtsordnungen eine kollisionsrechtliche Überprüfung der erststaatlichen Entscheidung.1110 So führt etwa traditionell das spanische Recht eine Prüfung der kollisionsrechtlichen Konformität durch, wenngleich hier die Prüfung als Teil des ordre public-Vorbehalts vollzogen wird1111; und auch im polnischen Recht ist nach Art. 1146 § 1 KPC die kollisionsrechtliche Kontrolle eine Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer bzw. drittstaatlicher Entscheidungen.1112 Im Common Law findet eine Überprüfung des angewandten Rechts hingegen nicht statt. 1113 Finden sich diesbezüglich wenig Quellen in der englischen Rechtsprechung oder Literatur, so kann an dieser Stelle ein Blick auf die staatsvertraglichen Regelungen bzw. das Statute Law hilfreich sein. So normiert etwa Art. III Abs. 3 des deutsch-britischen Abkommens: „Die Anerkennung der Entscheidung darf nicht allein deshalb versagt werden, weil das Gericht des Urteilsstaats bei der Bestimmung der auf den Fall anzuwendenden Gesetze
1107 Siehe Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (938), der sich die Frage stellt, ob das französische Recht mit der Liberalisierung durch den Arrêt Cornelissen seinen finalen Zustand erreicht habe. 1108 Vgl. ebenso Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 635. 1109 A.A. wohl Audit, der die generelle Abschaffung der kollisionsrechtlichen Kontrolle im Rahmen der Anerkennungskriterien zwar als gerechtfertigt betrachtet, sie aber für „zu brutal“ hält, da die Prüfung in einzelnen Sonderfällen angemessen sei, vgl. Audit, Droit international privé, S. 393. 1110 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 402. 1111 Vgl. Karl, Die Anerkennung von Entscheidungen in Spanien, S. 83 ff. 1112 Ausführlich hierzu Weyde, Anerkennung und Vollstreckung deutscher Entscheidungen in Polen, S. 134 ff.; Ancel, RDIPP 1992, 201 (207); Krusche, WiRO 1999, 173 (174); Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 98. 1113 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 404; zum anglo-amerikanischen Recht – insbesondere in statusrechtlichen Sachen – siehe sehr instruktiv Ginsburg, in: Hazard/Wagner, Legal Thought in the United States of America under Contemporary Pressures, 237 (248 ff.).
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Kapitel II: Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen
andere Regeln des internationalen Privatrechts angewendet hat, als sie nach dem Recht des Anerkennungsstaats anzuwenden gewesen wären.“ 1114
Da das Statute Law dem Common Law im Wesentlichen nachgebildet ist, lässt in diesem Fall das staatsvertragliche Recht einen vorsichtigen Rückschluss auf die Regelungen des Common Law zu. Es wird also im Rahmen einer action upon the foreign judgment im englischen Recht ebenfalls keine kollisionsrechtliche Kontrolle vorgenommen werden. Obwohl sich die kollisionsrechtliche Kontrolle in einzelnen Rechtsordnungen noch finden mag, so ist davon auszugehen, dass die Zahl der nationalen Rechte, die nach wie vor einen Ergebnisvergleich hinsichtlich des anwendbaren Rechts vollziehen, nicht besonders hoch bzw. rückläufig ist. 1115 Dies gilt nicht zuletzt wohl auch aufgrund der Entwicklungen im Unionsrecht, das in Art. 45 (vormals Art. 34) EuGVVO auf eine entsprechende Kontrolle verzichtet. IV. Zusammenfassende Wertung Die rechtsvergleichende Betrachtung – im speziellen die Entwicklungen im deutschen und französischen autonomen Recht – hat eine klare Tendenz zur Aufgabe der kollisionsrechtlichen Kontrolle gezeigt. Diese Entwicklung ist äußerst zu befürworten, handelt es sich bei der Überprüfung der kollisionsrechtlichen Konformität von erst- und zweitstaatlichem Recht doch zum einen um eine äußerst umstrittene, zum anderen aber auch um eine wenig relevante Anerkennungsvoraussetzung. 1116 Die Abkehr von der kollisionsrechtlichen Überprüfung ist insbesondere mit Blick auf die eigentliche Funktion der Normen des internationalen Privatrechts einerseits und die Schutzzwecke im Rahmen des Anerkennungsverfahrens andererseits ein logischer Schritt in Richtung einer zukunftsfähigen Anerkennungspraxis. Jedes anderweitige Vorgehen führt faktisch zu einer sachlichen Nachprüfung der Entscheidung, die – in den betrachteten und wohl auch der Mehrheit der anderen Rechtsordnungen – grundsätzlich nicht gestattet ist. Es erscheint wenig sinnvoll, eine umfassende kollisionsrechtliche Prüfung durchzuführen, da sich die anerken-
1114 Vgl. Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 194 f. 1115 So erwähnen auch Mayer/Heuzé, dass die kollisionsrechtliche Kontrolle der erststaatlichen Entscheidung heute sehr selten ist, vgl. Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 293. 1116 Audit, Droit international privé, S. 393; Basedow, Anerkennung von Auslandsscheidungen, S. 64, 154; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.030; Gutmann, Droit international privé, S. 276; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 291; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 19; Ancel, RDIPP 1992, 201 (204 f.).
§ 11 Die kollisionsrechtliche Kontrolle
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nende Rechtsordnung bzw. ihre Gerichte faktisch zum „Hüter der ausländischen Normen“ machten.1117 Die Abschaffung der kollisionsrechtlichen Überprüfung auf Ebene des deutschen, französischen wie auch des europäischen Rechts war somit ein richtiger Schritt für die Erreichung des Ziels der größtmöglichen internationalen Urteilsfreizügigkeit. Der Blickpunkt des Anerkennungsstaats muss die rechtsstaatliche Erlangung der Gerichtsentscheidung sowie die Wahrung der unantastbaren Grundprinzipien der jeweiligen nationalen Rechtsordnung sein. Eine Beurteilung der Entscheidungen des erststaatlichen Gesetzgebers hinsichtlich der Ausgestaltung bzw. Wahl der Anknüpfungsmomente seines internationalen Privatrechts ist weder Aufgabe des Zweitstaats noch zweckmäßig im Rahmen der Urteilsanerkennung. Im Rahmen der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen ist allein auf deren Wirkungen im Anerkennungsstaat und nicht die kollisionsrechtlichen Weichenstellungen des Erststaats abzustellen.1118
1117
Vgl. Roth, Der Vorbehalt des Ordre Public gegenüber fremden gerichtlichen Entscheidungen, S. 103. 1118 Zutreffend fasst Ancel dies zusammen: „Peu importe le chemin suivi, une chose compte, le résultat.“, Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, 25 (31); ebenso Schack, IZVR, Rn. 962.
Kapitel III
Die bilateralen Staatsverträge Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
Wie die obige Betrachtung der einzelnen nationalen Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen gezeigt hat, haben die deutsche, französische und englische Rechtsordnung ein umfangreiches Anforderungsprofil für die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen nach ihrem autonomen Prozessrecht entwickelt. Diese Möglichkeit der Regelung der Urteilsanerkennung ist jedoch nicht die einzige Gestaltungsmöglichkeit, die sich dem nationalen Gesetzgeber hinsichtlich der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen bietet. Riezler stellte bereits im Jahr 1949 zutreffend fest: „Das durch die Bedürfnisse des internationalen Rechtsverkehrs gerechtfertigte Bestreben, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen auf eine breitere, gesicherte und zugleich leicht nachprüfbare Grundlage zu stellen, hat auf diesem Gebiet zum Abschluß von Staatsverträgen 1 geführt.2
Diese Diagnose wurde im weiteren historischen Verlauf immer zutreffender. Besonders die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg hatte vor diesem Hintergrund zum Abschluss zahlreicher Staatsverträge im Bereich der Urteilsanerkennung und -vollstreckung geführt.3 Durch jene Verträge lassen sich in besonderem Maße Kompromisse zwischen den nationalen Besonderheiten erarbeiten und so die grenzüberschreitenden Beziehungen vereinfachen und Rechtsunsicherheiten beseitigen.4 Dementsprechend führte Schröder sehr 1 Im Folgenden werden die Begriffe (bilateraler) Staatsvertrag, Abkommen, Übereinkommen und Vertrag synonym füreinander verwendet. 2 Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 558. Dieses Anliegen lässt sich zudem ausdrücklich den Präambeln der einzelnen Verträge entnehmen, vgl. exemplarisch die Präambel des deutsch-belgischen Vollstreckungsabkommens: „In dem Wunsche, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen und der Schiedssprüche sowie der öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen sicherzustellen.“ 3 Vgl. Schütze, Die Geltendmachung deutscher Urteile im Ausland – Verbürgung der Gegenseitigkeit, S. 15; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 233. 4 Vgl. Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 1; ebenso Harries mit konkretem Bezug auf den deutsch-belgischen Rechtsverkehr, vgl. Harries, RabelsZ 26 (1961), 629 (629 f.); ähnlich Audit/Bermann, in: Nuyts/Watté, International Civil Litigation in Europe and Relations with Third States, 55 (61 f.).
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
pointiert aus, Staatsverträge seien „die wünschenswerte Linderung extremer Konsequenzen territorialstaatlichen Souveränitätsdünkels“. 5 Nicht zu vernachlässigen ist zudem der von Riezler betonte der Faktor der Rechtssicherheit – insbesondere im Hinblick auf das Gegenseitigkeitserfordernis lieferte der Abschluss eines bilateralen Vertrags häufig die Grundlage für eine (zuvor unsichere) wechselseitige Urteilsanerkennung.6 Schließlich sind bilaterale Abkommen regelmäßig gegenüber dem autonomen nationalen Anerkennungsrecht der Vertragsstaaten weniger restriktiv und somit häufig vorteilhafter ausgestaltet, da zwischen den einzelnen Staaten zumeist Verhandlungen dem Abschluss der Verträge vorangegangen sind und so häufig von einer gewissen Annäherung der Staaten ausgegangen werden kann. 7 Ein Beispiel hierfür liefert der Abschluss des deutsch-belgischen Anerkennungsund Vollstreckungsabkommens, wodurch den deutschen Entscheidungen eine Vollstreckbarerklärung in Belgien ohne révision au fond ermöglicht wurde. 8 5 Schröder, Internationale Zuständigkeit, S. 748 in Bezug auf die historischen Entwicklungen des 19. Jahrhunderts nach Zerfall des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. 6 Vgl. etwa den deutsch-israelischen und den deutsch-norwegischen Vertrag; Pirrung, IPRax 1982, 130 (131); ders., in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivilund Handelssachen, Bd III, Nr. 625, S. 1, Nr. 645, S. 1; ähnlich beim deutsch-spanischen Abkommen, vgl. Löber, RIW 1987, 429 (429) sowie beim deutsch-griechischen Abkommen, vgl. die Denkschrift zum deutsch-griechischen Vertrag, BT-Dr. 4/570, 9 (9); auch das deutsch-österreichische Abkommen ermöglichte erst die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen, da die Gegenseitigkeit erst durch den bilateralen Vertrag hergestellt wurde. Vorher war – aufgrund der Suspendierung des zwischen Deutschland und Österreich geschlossenen Vertrags über Rechtssschutz und Rechtshilfe vom 21.6.1923 durch die politischen Entwicklungen in den 1930er Jahren bzw. die Ereignisse des Zweiten Weltkriegs – eine grenzüberschreitende Vollstreckung im Verhältnis der beiden Staaten nicht möglich, vgl. die Denkschrift zum deutsch-österreichischen Vertrag, BT-Dr. 3/1419, S. 6; siehe ausführlich Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 10 ff. Die bereits erwähnte restriktive Haltung des niederländischen Rechts in Bezug auf die Anerkennung ausländicher Entscheidungen, die wiederum zur Versagung der Gegenseitigkeit nach deutschem Recht führte, konnte durch den Abschluss des bilateralen Vertrags überwunden werden, vgl. den Gemeinsamen Bericht der Unterhändler zum deutsch-niederländischen Vertrag, BT-Dr. 4/2351, S. 13. 7 Vgl. Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 19. Siehe hierzu sehr instruktiv die Ausführungen Martinys: „Staatsverträge werden im allgemeinen sorgfältig ausgehandelt; die Rechtsordnungen der Vertragsparteien werden untersucht und sind bekannt. Die Bestimmungen des autonomen Rechts müssen dagegen auf Entscheidungen aus sehr heterogenen Rechtsordnungen reagieren und bilden häufig einen Minimalstandard.“, Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 93. 8 Nach dem zu diesem Zeitpunkt in Belgien geltenden Anerkennungsrecht entfiel eine inhaltliche Nachprüfung der erststaatlichen Entscheidung nur, wenn mit dem Urteilsstaat ein Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag bestand; vgl. ausführlich Harries, RabelsZ26 (1961), 629 (630 f.); siehe auch Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (8) sowie
§ 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge
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Den bilateralen Staatsverträgen kommt somit eine besondere rechtspolitische Dimension zu. Sie liefern in ausnehmender Weise Aufschluss über die Anerkennungspraxis und die Haltung der einzelnen Staaten hinsichtlich des Abschlusses von Staatsverträgen. Durch diese Eigenschaft und die damit einhergehenden, mitunter gravierenden Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtsordnungen bilden sie einen sehr interessanten Untersuchungsgegenstand auf Ebene des internationalen Anerkennungsrechts.
§ 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge § 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge
I.
Überblick und historische Grundlagen
Die staatsvertraglichen bzw. bilateralen Regelungen, welche in Ergänzung zu den autonomen Bestimmungen getroffen wurden, waren aufgrund ihrer „Vereinfachungswirkung“ oder durch die Tatsache, dass sie im Verhältnis zu Staaten mit einer restriktiven Anerkennungspraxis die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen erst ermöglichten, von hervorgehobener Bedeutung. 9 Dementsprechend bildeten (ursprünglich) neben den autonomen Regelungen die von Deutschland geschlossenen bilateralen Staatsverträge über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen eine wichtige Rechtsgrundlage für das Anerkennungs- und Vollstreckungsrecht.10 Die Bundesrepublik Deutschland hat – wie bereits zuvor das Deutsche Reich – mit einer Reihe von Staaten bilaterale Verträge über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – und ggf. weiterer Schuldtitel – geschlossen.11 Derzeit gelten elf solche bilaterale Verträge der Bundesrepublik Deutschland (in chronologischer Reihenfolge): mit der Schweiz (2. November 1929), Italien (9. März 1936), Belgien (30. Juni 1958), Österreich (6. Juni 1959), dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (14. Juli 1960), Griechenland (4. November 1961), den Niederlanden (30. August 1962), Tunesien (19. Juli 1966), Norwegen (17. Juni 1977), Israel (20. Juli 1977) und Spanien (14. No-
Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 190. 9 Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 93; Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 19. 10 Statt vieler Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO, S. 13 f. Ein grundlegendes Werk zu den bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen Deutschlands liefert Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 219 ff. 11 Siehe statt vieler Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 31.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
vember 1983).12 Darüber hinaus wurde ein weiterer bilateraler Staatsvertrag mit Ägypten verhandelt, es kam jedoch nie zum Abschluss eines entsprechenden deutsch-ägyptischen Anerkennungs- und Vollsteckungsabkommens.13 Die Bedeutung dieser Verträge wurde jedoch im Zuge der fortschreitenden Vergemeinschaftung des internationalen Privat- und Prozessrechts bzw. mit Erlass der EuGVVO und Abschluss des LugÜ weitgehend zurückgedrängt, sodass heute im Wesentlichen lediglich die Verträge mit Tunesien und Israel bei der Urteilsanerkennung noch eine Rolle spielen.14 In Bezug auf die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands stellte sich zudem die Sonderproblematik des Umgangs mit den Staatsverträgen der Deutschen Demokratischen Republik (DDR), da Letztere durch die Einigung als Völkerrechtssubjekt erlosch, während die Bundesrepublik Deutschland mit dem „um die neuen Bundesländer erweiterten Territorium“ fortbestand.15 Diese Fragestellung wurde letztlich nach dem Grundsatz der Fortsetzung der Identiät des Vertragspartners sowie der Ausweitung der Vertragsgrenzen nach Art. 11 des Einigungsvertrags (EV) vom 31. August 199016 gelöst und die Verträge der DDR aufgehoben. 17 12
Volltext mit näheren Besprechungen u. a. abgedruckt in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 610 ff.; siehe überdies das Verzeichnis der bilateralen Verträge Deutschlands sowie exemplarisch Roth, in: Stein/ Jonas, ZPO, § 328 Rn. 42; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (168). 13 Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 3; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (170), der zum Zeitpunkt seines Beitrags noch von einem Vertragsentwurf ausging, der nach Billigung durch den ägyptischen Ministerrat und die deutschen Landesjustizminister unterzeichnet werden würde; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 232. 14 Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 14; Linke/Hau, IZVR, Rn. 460, die ergänzend auf die verbleibende Relevanz einzelner Verträge in Randbereichen hinweisen; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 66 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 42; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 17 ff.; zu den Auswirkungen von EuGVVO und LugÜ auf die Relevanz der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands siehe sogleich Kap. III § 12 IV. 15 Ausführlich zur Problematik des Untergangs von Staaten und der Staatensukzession siehe Herdegen, Völkerrecht, § 8 Rn. 22 ff.; § 29 Rn. 1 ff.; zur Gesamtproblematik siehe das grundlegende Werk von Papenfuß, Die Behandlung der völkerrechtlichen Verträge der DDR im Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands, S. 1 ff. 16 Art. 11 EV: „Die Vertragsparteien gehen davon aus, daß völkerrechtliche Verträge und Vereinbarungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Vertragspartei angehört, einschließlich solcher Verträge, die Mitgliedschaften in Internationalen Organisationen und Institutionen begründen, ihre Gültigkeit behalten und die daraus folgenden Rechte und Verpflichtungen sich mit Ausnahme der in Anlage I genannten Verträge auch auf das in Artikel 3 genannte Gebiet beziehen. Soweit im Einzelnen Anpassungen erforderlich werden, wird sich die gesamtdeutsche Regierung mit den jeweiligen Vertragspartnern ins Benehmen setzen.“ 17 Papenfuß, Die Behandlung der völkerrechtlichen Verträge der DDR im Zuge der Herstellung der deutschen Einheit, S. 76; Arnold, BB 1991, 2240 (2240); Drobnig, DtZ
§ 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge
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Die Tradition des Abschlusses bilateraler Staatsverträge reicht allerdings noch weiter als die deutsche Einigung, die Gründung der Bundesrepublik Deutschland oder auch des Deutschen Reiches zurück. So war der Abschluss bilateraler Verträge auch zwischen den deutschen Partikularstaaten im 19. Jahrhundert bereits verbreitet.18 Grundlage bzw. Modell für zahlreiche dieser Verträge war der Entwurf eines Staatsvertrags von Feuerbach. 19 Die meisten der heute relevanten Verträge wurden jedoch im Zuge einer nach dem Zweiten Weltkrieg aufkommenden verstärkten Aktivität im Bereich der bilateralen Verträge geschlossen. 20 Dabei lassen sich hinsichtlich des Inhalts bzw. Regelungsgehalts der Verträge sowie hinsichtlich der Strukturierung der jeweils positiv oder negativ formulierten Voraussetzungen für die Anerkennung durchaus einige Unterschiede feststellen. 21 II. Der Anwendungsbereich der bilateralen Verträge Hinsichtlich der von den Abkommen erfassten Gegenstände bestehen, wie soeben erwähnt, einige Divergenzen. 22 Stimmen die bilateralen Verträge – bis auf das deutsch-schweizerische Abkommen – insofern überein, als sie auf Zivil- und Handelssachen beschränkt sind, so ist doch die weitere Begrenzung der Abkommen hinsichtlich der erfassten Entscheidungstypen sehr unterschiedlich.23 Während im autonomen Recht der Kreis der nach § 328 ZPO anerkennungsfähigen Entscheidungen klar auf gerichtliche Entscheidungen begrenzt ist,24 sind die Anwendungsbereiche der bilateralen Anerkennungs1991, 76 (78 ff.); siehe auch Andrae, IPRax 1994, 223 (224) m. w. N.; Geimer, in: Walter/ Baumgartner, S. 225; sehr instruktiv zur Behandlung der staatsvertraglichen Regelungen im internationalen Zivil- und Zivilprozessrecht nach dem Einigungsvertrag Böhmer, in: Jayme/Furtak, Der Weg zur deutschen Rechtseinheit, 37 (37 ff., 41). 18 Einen ausführlichen historischen Überblick liefert Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 7 ff. 19 Feuerbach, Themis oder Beiträge zur Gesetzgebung, S. 305 ff.; näher hierzu Kreuzer, in: FS Sonnenberger, 823 (824 ff.); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 232; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 7 ff. 20 Schütze, Die Geltendmachung deutscher Urteile im Ausland – Verbürgung der Gegenseitigkeit, S. 15; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 233 f. Von den deutschen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen traten lediglich die Verträge mit der Schweiz und Italien vor dem Zweiten Weltkrieg in Kraft. Die Mehrzahl der Verträge (6 von 11) wurde in den 1950er und 1960er Jahren abgeschlossen. 21 Ausführlich hierzu Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 238, 269 ff.; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 76 ff. 22 Siehe Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 14 ff., der die Abkommen nach ihrem Anwendungsbereich gruppiert. 23 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 239 f.; siehe auch Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 7. 24 Vgl. die Ausführungen zu den anerkennungsfähigen Entscheidungen im deutschen Recht, Kap. I § 2 III.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
und Vollstreckungsverträge häufig gegenständlich weiter gefasst. Vielfach werden auch öffentliche Urkunden 25 oder Vergleiche26 in den Anwendungsbereich miteinbezogen, zudem finden sich Übereinkommen, die zugleich die Anerkennung von Schiedssprüchen oder „anderen Schuldtiteln“ mitbehandeln.27 Der deutsch-tunesische Vertrag, der noch Gegenstand näherer Betrachtung sein soll,28 schlägt zudem eine andere Richtung ein und erfasst nach seinem Titel „Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit“. 29 Lediglich die Verträge mit Großbritannien, Israel und Italien beschränken sich (ihren Titeln nach) auf die „bloße“ Regelung der Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen. Trägt diese Uneinheitlichkeit wohl nicht unbedingt zur einfacheren Rechtsanwendung bei, so ist sie wohl das natürliche Produkt der Aushandlung völkerrechtlicher Verträge und der besonderen Gegebenheiten und Interessen der Vertragsstaaten. Hierfür liefert der deutsch-tunesische Vertrag mit seinem umfassenden Geltungsbereich ein anschauliches Beispiel. So war die Ausweitung des Vertrags bzw. der soeben erwähnte extensive Anwendungsbereich der tunesischen Verhandlungsposition geschuldet, während Deutschland ursprünglich eher zu einer getrennten Regelung der einzelnen Rechtsgebiete tendierte.30 1. Zivil- und Handelssachen Fast alle Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands stellen – wie auch das autonome Recht – für ihren sachlichen Anwendungsbereich 25 Vgl. die Verträge Deutschlands mit Belgien, Griechenland, Österreich und Spanien; vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 235. 26 So der deutsch-griechische, der deutsch-spanische und der deutsch-österreichische Vertrag. Näher zur Anerkennung von Prozessvergleichen siehe Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 26 ff.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 257 f. 27 Die Anerkennung von Schiedssprüchen wird von den deutschen Verträgen mit der Schweiz, Belgien und Tunesien erfasst. Einen detaillierten Überblick über die unterschiedlichen erfassten Gegenstände bzw. den sachlichen Geltungsbereich und die einzelnen Abgrenzungskritierien der Verträge liefern Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 9 ff.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 235 ff.; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 14 ff. 28 Siehe Kap. III § 12 IV 2. 29 Vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 235; die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/3167, 44 (44); Ganske, AWD 1970, 145 (145); Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 183. 30 Vgl. die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/3167, 44 (44); Ganske, AWD 1970, 145 (145).
§ 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge
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regelmäßig darauf ab, dass es sich bei den anzuerkennenden Rechtsakten um Entscheidungen in „Zivil- und Handelssachen“ handeln muss. 31 Doch was ist unter diesem Begriff im Kontext der bilateralen Abkommen zu verstehen? Ist der Begriff mit dem des § 328 ZPO kongruent oder bestehen grundlegende Unterschiede? An der Begriffsdefinition der „Zivil- und Handelssachen“ zeigt sich eines der zentralen Probleme des Anerkennungsrechts der bilateralen Verträge: die Auslegung bzw. Qualifikation der in den Abkommen verwendeten Begriffe. 32 a) Problematik der Qualifikation und Auslegung Die in den Verträgen gewählten Formulierungen und Begriffe sind entweder ausdrücklich dem Recht eines der Vertragsstaaten unterworfen oder vertragsautonom zu definieren.33 Der Rechtsanwender steht also regelmäßig bei einzelnen Fragen und Begrifflichkeiten vor dem Problem, nach welchem Recht der betreffende Begriff zu bestimmen ist: dem Recht des Urteilsstaats, des Anerkennungsstaats oder nach einer vertragsautonomen Definition. Der Begriff der Zivil- und Handelssache liefert für diese Problematik ein anschauliches Beispiel. Es existiert weder eine internationale Definition dieses Begriffs noch findet sich eine vertragsautonome Begriffsdefinition in den einzelnen Abkommen.34 Eine gewisse Ausnahme hiervon besteht meist nur darin, dass einige Abkommen bzw. Verträge eine negative Abgrenzung des Begriffs der zivil- und handelsrechtlichen Entscheidung enthalten und so dem Begriff etwas Kontur verleihen.35 Da es sich bei den bilateralen Verträgen um 31
Vgl. exemplarisch Art. 1 Abs. 1 des deutsch-belgischen Vertrags, Art. III Abs. 1 des deutsch-britischen Vertrags, Art. 1 Abs. 1 des deutsch-griechischen Vertrags, Art. 1 des deutsch-israelischen Vertrags sowie Art. 27 Abs. 1 des deutsch-tunesischen Vertrags. Eine Ausnahme bildet diesbezüglich lediglich der deutsch-schweizerische Vertrag, der nicht den Begriff der „Zivil- und Handelssache“ sondern der „vermögensrechtlichen Ansprüche und nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten“ anführt, vgl. Art. 1 und 3 des deutsch-schweizerischen Vertrags; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 239 f. 32 Ein grundlegendes Werk zu dieser Problematik verfasste Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EGStaaten, S. 1 ff.; siehe auch Harries, RabelsZ 26 (1961), 629 (633 ff.); die Probleme, die aus einer uneinheitlichen Anwendung bzw. Qualifikation staatsvertraglicher Regelungen resultieren können, betont zudem Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (649 ff.). 33 Harries, RabelsZ 26 (1961), 629 (633). 34 Vgl. Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 34; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 240; zum deutsch-israelischen Vertrag Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (591); zum deutschtunesischen Vertrag Ganske, AWD 1970, 145 (145); zur selben Problematik im Rahmen des internationalen Rechtshilfeverkehrs siehe Bittmann, IPRax 2012, 216 (216 ff.). 35 Vgl. etwa Art. I Abs. 6 des deutsch-britischen Vertrags: „Der Begriff ‚Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen‘ schließt nicht Urteile ein, die in Verfahren zwecks Beitreibung von Abgaben (Staats- oder Gemeindeabgaben) oder Strafen ergehen; er umfasst
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
völkerrechtliche Vereinbarungen und nicht (zumindest nicht ohne entsprechenden Transformationsakt 36) unmittelbar um nationales Recht handelt, ist grundsätzlich eine von dem jeweiligen Vertrag ausgehende Interpretation der verwendeten Begriffe der erste Ansatzpunkt.37 Paradebeispiel für eine solche autonome Qualifikations- bzw. Auslegungsmethode der Begriffe sind wohl die Rechtsakte europäischen Ursprungs, allen voran sei hier an die EuGVVO gedacht, für die der EuGH die ausschließliche Auslegungskompetenz besitzt.38 Mag dies für Rechtsakte europäischer Herkunft oder multilateraler Verträge sicherlich sachgerecht sein, um bei den zahlreichen Vertrags- bzw. Mitgliedstaaten eine einheitliche Auslegung und Rechtsanwendung zu gewährleisten, so ist die Ausgangssituation bei bilateralen Verträgen eine andere.39 Es muss bei diesen „lediglich“ die Auslegung nach zwei Rechtsordnungen koordiniert werden, sodass eine Auslegung durch eine zentrale Instanz, wie etwa durch den EuGH für die EuGVVO, wohl als zu umständlich bzw. kaum umsetzbar erscheint.40 Stattdessen käme im Rahmen der bilateralen Verträge zunächst – um keiner der beteiligten Rechtsordnungen den Vorzug zu geben – eine Doppelquajedoch Entscheidungen, die ein Gericht in einem Strafverfahren in Ansehung der Zahlung eines Geldbetrags als Entschädigung oder Schadensersatz zugunsten einer verletzten Partei erlassen hat.“ Auch Art. 3 des deutsch-norwegischen Vertrags enthält einen Negativkatalog mit Entscheidungen, die von dem Vertrag nicht erfasst werden; siehe hierzu Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 242 f. Zu den Vorzügen der Definition von Begriffen in Konventionen (anhand des Beispiels des belgisch-britischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags) siehe auch Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (651). 36 Zur „Transformationsproblematik“ siehe Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (587 ff.). 37 Geimer spricht insofern von einer „vertragsimmanenten Definition“, vgl. Geimer, in: Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/1, S. 114; siehe auch Pirrung, IPRax 1982, 130 (131); Schütze, RIW/AWD 1980, 170 (171); auch Bittmann, IPRax 2012, 216 (217) erachtet eine autonome Qualifikation grundsätzlich als wünschenswert. 38 Vgl. Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (652 f.); ders., RIW/AWD 1980, 170 (171); Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 12 ff., 45 f.; siehe zur parallelen Problematik im französischen Recht Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 9. 39 Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (656 ff.); Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 12 ff., 45 f.; auch Pirrung, IPRax 1982, 130 (131) stellt die Frage nach einem einheitlichen Begriffsverständnis. 40 Zur Möglichkeit einer vertragsautonomen Auslegung siehe Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit NichtEG-Staaten, S. 45 f.; Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (652, 656 ff.); Cramer-Frank kommt allerdings in ihren Reformvorschlägen zu dem Ergebnis, dass eine übergeordnete Auslegungsinstanz in Gestalt eines Schiedsgerichts eingerichtet werden solle, vgl. CramerFrank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 235 f.; ähnlich Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (656 ff.).
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lifikation nach dem Recht des Urteils- und Anerkennungsstaats in Betracht. 41 Nach den Vertretern dieser Theorie ist ein zentraler Vorzug der Doppelqualifikation, dass diese helfe, „Unausgewogenheiten bei der Bestimmung des sachlichen Anwendungsbereichs zu vermeiden“ bzw. den Anwendungsbereich in beiden Staaten gleich umfangreich zu gestalten.42 Zentrales Ziel bei der gegenseitigen Urteilsanerkennung – auch und gerade im Zuge eines Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommens – ist jedoch die Erreichung einer größtmöglichen Urteilsfreizügigkeit. 43 Vor diesem Hintergrund erscheint die Beurteilung nach dem Recht des Erststaats als vorzugswürdig, da im Rahmen einer Doppelqualifikation der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen verringert würde.44 Bei einer Doppelqualifikation wären nur die Entscheidungen einer Anerkennung fähig, die nach beiden Rechtsordnungen als Zivilund Handelssache zu qualifizieren wären, es würde quasi nur die „Schnittmenge“ der Entscheidungen erfasst.45 Die Qualifikation nach dem Recht des Erststaats ist vor diesem Hintergrund vorzugswürdig, da dies den Kreis der erfassten Entscheidungen erweitert und somit das „anerkennungsfreundlichste“ Vorgehen darstellt.46 41
Siehe hierzu etwa Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 241; Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (652); ders., RIW/AWD 1980, 170 (171). 42 So vertreten von Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1424; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 1511; Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (652); ebenso Harries, RabelsZ 26 (1961), 629 (633 f.); Ganske, AWD 1970, 145 (145); zum deutsch-britischen Vertrag siehe Schütze, der eine einheitliche Anwendung des Abkommens nur bei einer konventionsautonomen Qualifikation oder einer Doppelqualifikation nach erst- und zweitstaatlichem Recht als gesichert betrachtet, vgl. Schütze, RIW/AWD 1980, 170 (171). 43 Ähnlich Schütze, RIW/AWD 1980, 170 (171); Harries, RabelsZ 26 (1961), 629 (634), der allerdings auf den „Grundsatz gleichwertiger Gegenseitigkeit“ abstellt. 44 Pirrung, IPRax 1982, 130 (131); auch Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 2, 42 f. weist auf den Widerspruch zwischen Vertragszweck bzw. Erleichterung der Anerkennung und Doppelqualifikation hin; Bittmann, IPRax 2012, 216 (217 f.) plädiert (in Bezug auf Rechtshilfeabkommen) für eine kumulative Qualifikation nach dem Recht beider betroffener Staaten, da andernfalls die Territorialitätshoheit bzw. Souveränität des Zweitstaats nicht hinreichend berücksichtigt werde. 45 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 241; zu diesem Kritikpunkt siehe auch Schütze, in: FS v. Maydell, 649 (652). 46 Vgl. BGH, 26.11.1975 – VIII ZB 26/75, BGHZ 65, 291= NJW 1976, 478 (478); BGH, 10.10.1977 – VIII ZB 10/76, NJW 1978, 1113 (1113); ebenso Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 10 f.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 240 f., der maßgeblich auf das Kriterium der Anerkennungsfreundlichkeit der Qualifikation nach dem Recht des Erststaats abstellt; Pirrung, IPRax 1982, 130 (131); auch Ganske, AWD 1970, 145 (145) erachtet in Fällen, in denen das maßgebliche Recht nicht klar benannt ist, die Beurteilung nach der lex fori des zuerst mit der Sache befassten Gerichts als sachgerecht. Einen etwas anderen Ansatz verfolgt
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b) Beurteilungsmaßstab Bei der Beurteilung der zivil- oder handelsrechtlichen Natur der Entscheidung bestehen wiederum zwei unterschiedliche Möglichkeiten: zum einen das Abstellen auf die materiellrechtliche Entscheidungsgrundlage, d. h. den zugrunde liegenden Anspruch bzw. Streitgegenstand oder zum anderen auf die Zugehörigkeit des entscheidenden Gerichts zur Zivilgerichtsbarkeit. 47 In einigen Denkschriften finden sich zur Bestimmung des Begriffs der Zivilund Handelssache Verweise auf den Gegenstand der Entscheidung bzw. den materiellrechtlichen Anspruch.48 Diese Beurteilung erscheint auch sinnvoll, da die Strukturierung der Gerichtsbarkeit in den einzelnen Rechtssystemen mitunter sehr unterschiedlich sein kann und der materielle Gegenstand einen dementsprechend verlässlicheren Ausgangspunkt darstellt. Somit ist grundsätzlich – wie auch in ähnlicher Form in allen hier betrachteten autonomen Rechten – auf den Streitgegenstand abzustellen, nicht auf den Gerichtszweig, dem das Erstgericht angehört. 49 Eine Sonderrolle nehmen diesbezüglich die Verträge mit der Schweiz und Italien ein, in deren Art. 1 nur Entscheidungen „bürgerlicher Gerichte“ als anerkennungsfähig festgelegt werden. 50 Hier findet grundsätzlich eine AbSiehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (592 f.), der es „dem favor recognitionis bilateraler Anerkennungsverträge“ entsprechend genügen lassen will, wenn alternativ eine Zivil- und Handelssache nach einer der Rechtsordnungen vorliegt; ebenfalls für eine „alternative Qualifikation“ Karl, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 663, S. 68 f. 47 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 240; zum deutsch-belgischen Abkommen Harries, RabelsZ 26 (1961), 629 (635). 48 Vgl. Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 34 sowie ausdrücklich die Denkschrift zum deutsch-österreichischen Vertrag, BT-Dr. 3/1419, 6 (7): „Der Kreis der anzuerkennenden Entscheidungen wird durch den Gegenstand bestimmt, auf den sie sich beziehen.“; siehe auch die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/3167, 44 (54); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 240, 249 f. 49 Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1423; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 16 f. zum deutschösterreichischen Vertrag; Schütze, DIZPR, Rn. 315; ders., in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 143 (zum deutsch-tunesischen Vertrag); ders., in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 663, S. 2 und Karl, in: Geimer/ Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 663, S. 76 zum deutsch-spanischen Vertrag; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 249 ff.; Harries, RabelsZ 26 (1961), 629 (635); Arnold, NJW 1970, 1478 (1480); Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EGStaaten, S. 34 ff.; Böhmer, IPRax 1988, 334 (335). 50 Vgl. hierzu ausführlich Kallmann, Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Zivilurteile und gerichtlicher Vergleiche, S. 6 ff.; Schütze, DIZPR, Rn. 315; Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 7; Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und
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grenzung nach dem Gerichtszweig und nicht nach dem Streitgegenstand bzw. der rechtlichen Grundlage statt.51 Der deutsch-italienische Vertrag unterscheidet sich jedoch insofern von dem deutsch-schweizerischen als er kumulativ zur Voraussetzung der Entscheidung eines „bürgerlichen Gerichts“ erfordert, dass es sich um zivil- oder handelsrechtliche Entscheidungen handeln muss.52 Ähnlich stellt sich die Situation im Rahmen des deutsch-norwegischen Vertrags dar. Auch dieser bestimmt in Art. 1 Abs. 1, dass das geschlossene Abkommen nur auf Entscheidungen der jeweiligen nationalen „Zivilgerichte“ anwendbar sein solle und es sich zugleich um eine Zivil- oder Handelssache handeln müsse.53 Dementsprechend findet bei diesen beiden Abkommen neben der Maßgeblichkeit des Gerichtszweigs auch die materiellrechtliche Komponente des Streitgegenstands Berücksichtigung. Beim deutsch-schweizerischen Abkommen fallen hingegen theoretisch auch Entscheidungen bürgerlicher Gerichte über öffentlich-rechtliche oder strafrechtliche Ansprüche in den Anwendungsbereich des Abkommens, was eine Abweichung zu den Regelungen der anderen bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge darstellt. Dieser Vertrag nennt den Begriff der Zivilund Handelssache nicht, sondern unterscheidet zwischen „über vermögensrechtliche Ansprüche ergangene rechtskräftige Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte“54 und „in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten […] ergangene rechtskräftige Entscheidungen“.55 Diese Besonderheit schlägt sich jedoch im Wesentlichen im Fall von Adhäsionsurteilen nieder, d. h. wenn ein Strafgericht über einen zivilrechtlichen Anspruch entscheidet,56 da in diesem Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 47; das deutsch-italienische Abkommen wurde dem deutsch-schweizerischen Abkommen im Wesentlichen nachgebildet, sodass diese weitgehend inhaltsgleich sind, vgl. Riezler, Internationales Zivilprozessrecht und prozessuales Fremdenrecht, S. 562; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 239 f., 250 f. 51 Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 135 f.; Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 7. 52 Vgl. Art. 1 des deutsch-italienischen Vertrags: „Den in Zivil- und Handelssachen ergangenen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates, die dort Rechtskraft erlangt haben, wird im Gebiet des anderen Staates dieselbe Wirkung zuerkannt, wenn […]“; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 136. 53 Art. 1 Abs. 1 deutsch-norwegischer Vertrag: „Dieser Vertrag ist auf Entscheidungen der Zivilgerichte der beiden Vertragsstaaten anzuwenden, durch die über Ansprüche der Parteien aus einem Rechtsverhältnis des Zivil- oder Handelsrechts erkannt ist.“; siehe Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 251. 54 Vgl. Art. 1 des deutsch-schweizerischen Vertrags. 55 Vgl. Art. 3 des deutsch-schweizerischen Vertrags; ausführlich zu den erfassten Entscheidungen bzw. dem Anwendungsbereich des Abkommens Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 7 ff. 56 Näher zur Anerkennung von Adhäsionsurteilen siehe Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 29 f.
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Fall eine Anerkennung trotz zivilrechtlichen Gegenstands nach dem Wortlaut des Abkommens nicht möglich ist. 57 Bemerkenswert ist diesbezüglich, dass die beiden Begriffe nicht – wie soeben dargestellt – nach dem Recht des Erststaats beurteilt werden, sondern hier die Begriffe nach dem Recht des Anerkennungsstaats ausgelegt werden. 58 2. Anerkennungsfähige Entscheidungstypen So uneinheitlich die Anwendungsbereiche der bilateralen Abkommen bzw. die von ihnen erfassten Gebiete sind,59 so zeigt sich auch bei den Anforderungen an die erfassten Entscheidungen mitunter ein recht heterogenes Bild. 60 Schließen beispielsweise der deutsch-britische (Art. I Abs. 3),61 der deutschitalienische (Art. 12)62 oder der deutsch-schweizerische Vertrag (Art. 1)63 die 57
Schütze, DIZPR, Rn. 315. So nimmt das deutsch-schweizerische Abkommen keinerlei Bezug auf den Begriff der Zivil- und Handelssache, sondern unterscheidet zwischen vermögensrechtlichen und nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten, vgl. Art 1 und 3 des deutsch-schweizerischen Abkommes; siehe Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 7 f., 12. 58 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 242; Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 11. 59 Siehe die vorigen Darstellungen in Kap. III § 12 II 1. 60 Ausführlich Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 20 ff. 61 Art. I Abs. 3 des deutsch-britischen Vertrags: „Unter ‚gerichtlichen Entscheidungen‘ sind alle Entscheidungen eines Gerichts ohne Rücksicht auf ihre Benennung (Urteile, Beschlüsse und dergleichen) zu verstehen, durch die über die Ansprüche der Parteien endgültig erkannt ist; hierzu zählen auch die gerichtlichen Vergleiche, ausgenommen sind jedoch die Entscheidungen zum Zwecke einer vorweggenommenen Zwangsvollstreckung (Arrestbefehle) oder andere Entscheidungen, durch die nur eine vorläufige Sicherung eines Anspruchs erreicht wird, oder Zwischenentscheidungen. Die Entscheidungen über die Ansprüche der Partei wird als endgültig angesehen, auch wenn gegen sie vor den Gerichten des Urteilsstaates ein Rechtsbehelf eingelegt ist oder noch eingelegt werden kann.“ 62 Art. 12 des deutsch-italienischen Abkommens: „Auf Arreste und andere einstweilige Verfügungen, auf die in einem Strafverfahren ergangenen Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche und auf Entscheidungen, die in einem Konkursverfahren oder in einem Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses ergangen sind, findet das Abkommen keine Anwendung.“ 63 Art. 1 des deutsch-schweizerischen Vertrags: „Die im Prozeßverfahren über vermögensrechtliche Ansprüche ergangenen rechtskräftigen Entscheidungen der bürgerlichen Gerichte des einen Staates werden ohne Unterschied ihrer Benennung (Urteile, Beschlüsse, Vollstreckungsbefehle), jedoch mit Ausnahme der Arreste und einstweiligen Verfügungen, und ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der an dem Rechtsstreit beteiligten Parteien im Gebiete des andern Staates anerkannt, wenn für die Gerichte des Staates, in dessen Gebiet die Entscheidung gefällt wurde, eine Zuständigkeit nach Maßgabe des Artikels 2 begründet war und nicht nach dem Rechte des Staates, in dessen Gebiet die Entscheidung geltend gemacht wird, für dessen Gerichte eine ausschließliche Zuständigkeit besteht.“
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Anerkennung von Arresten und einstweiligen Verfügungen ausdrücklich aus, lassen andere Verträge wie etwa der deutsch-griechische Vertrag eine entsprechende Beschränkung nicht erkennen. 64 Auch der deutsch-österreichische Vertrag nimmt einstweilige Verfügungen bzw. Anordnungen und Arreste aus, nach Art. 14 Abs. 2 des Vertrags sind jedoch solche einstweilige Verfügungen und Anordnungen anerkennungsfähig, die auf Leistung des Unterhalts oder auf eine andere Geldleistung lauten. 65 Interessant ist diesbezüglich insbesondere der Umfang der älteren deutschen bilateralen Abkommen, deren Anwendungsbereich deutlich eingeschränkter als in neueren Vertragswerken ist.66 So sind nach Art. 1 des deutsch-schweizerischen Vertrags etwa nur rechtkräftige Entscheidungen der Anerkennung zugänglich. 67 Hinsichtlich des gerichtlichen Ursprungs einer Entscheidung enthält überdies der deutsch-britische Vertrag eine besondere Anforderung. Nach Art. 2 Abs. 1 dieses Vertrags sind die anerkennungsfähigen Entscheidungen auf solche Urteile begrenzt, die von „oberen Gerichten“ des Erststaats erlassen wurden. 68 Problematisch ist dies insofern als Entscheidungen von „unteren Gerichten“ wie etwa den deutschen Amtsgerichten, Entscheidungen über einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung eines „unteren Gerichts“69 sowie Entscheidungen der deutschen Arbeitsgerichte der Anerkennung in Grossbritannien demnach grundsätzlich nicht fähig sind. 70 64 Vgl. Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 20 f.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 243, 255; ausführlich Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1622 ff. m. w. N. 65 Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 21 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl., § 13 Rn. 461. 66 Vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 234 f. 67 Art. 1 des deutsch-schweizerischen Vertrags; siehe Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl., § 13 Rn. 493 f.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 252; ausführlich Müller, in: Geimer/ Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 13 f.; näher zum Kriterium der Rechtskraft Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 40 ff. 68 Art. 2 Abs. 1 des deutsch-britischen Vertrags: „Die von einem oberen Gericht in einem Hoheitsgebiet der einen Hohen Vertragspartei erlassenen Entscheidungen, mit Ausnahme derjenigen, die auf einen Rechtsbehelf gegen Entscheidungen unterer Gerichte ergangen sind, werden in dem Hoheitsgebiet der anderen Hohen Vertragspartei […] ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Gläubigers oder des Schuldners anerkannt und vollstreckt.“; näher hierzu Schütze, RIW/AWD 1980, 170 (170); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 252; Matscher, ZZP (86) 1973, 404 (438) sowie die Ausführungen zum britischen Statute Law in Kap. III § 14 III 3 a). 69 Vgl. Art. II Abs. 1 des deutsch-britischen Vertrags. 70 Art. I Abs. 2 lit. a des deutsch-britischen Vertrags enthält eine Aufzählung, welche deutschen Gerichte als „obere Gerichte“ im Sinne des Vertrags anzusehen sind, und nennt
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Dies ist bzw. war, als der Vertrag noch nicht durch Unionsrecht überlagert war, als eine der deutlichen Schwächen des deutsch-britischen Vertrags zu bewerten. 71 Zudem findet sich in diesem Vertrag eine weitere Abweichung zum deutschen autonomen Recht, so werden klageabweisende Sachurteile vom deutsch-britischen Abkommen nicht zur Anerkennung zugelassen.72 Weitere Divergenzen finden sich in den unterschiedlichen Verträgen hinsichtlich der Behandlung von Adhäsionsentscheidungen.73 Nach einigen der Abkommen werden ausdrücklich auch Entscheidungen von Strafgerichten anerkannt, sofern sie über einen zivil- oder handelsrechtlichen Gegenstand ergangen sind,74 während andere Abkommen diesen Entscheidungstypus ausdrücklich ausnehmen. 75 Es lässt sich hinsichtlich der erfassten Entscheidungen den Abkommen also durchaus eine gewisse Heterogenität attestieren. Diese ist jedoch dem System der bilateralen Verträge immanent, ist doch jeder Vertrag – wie bereits dargelegt – zum einen Ausdruck der beteiligten Rechtsordnungen und zum anderen Produkt der Annäherung und Konsensfindung der einzelnen Vertragsparteien, die nun einmal im Einzelfall – wenn zumeist auch nur in feinen Nuancen – zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen kann.
hierin weder die Amts- noch die Arbeitsgerichte, näher hierzu Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 10; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 252; Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl., § 13 Rn. 332; Arnold, RabelsZ 38 (1974), 767 (770); Schütze, RIW/AWD 1980, 170 (170). 71 Näher hierzu die Ausführungen zum englischen Statute Law Kap. III § 14 III 3 a). 72 Vgl. die Entscheidung Black-Clawson International Ltd. v Papierwerke Waldhof Aschaffenburg AG (1975) 2 W. L. R. 513 (513 ff.); eine Besprechung der Entscheidung liefern Magnus, RWI/AWD 1975, 465 (465 ff.) und Sonderkötter, RIW/AWD 1975, 370 (370 ff.); siehe zudem Schütze, RIW/AWD 1980, 170 (170 f.); Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 586. 73 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 251. 74 Siehe etwa Art. 1 Abs. 1 S. 2 des deutsch-griechischen Vertrags: „Als Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sind auch Urteile anzusehen, die in einem gerichtlichen Strafverfahren über Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis des Zivil- oder Handelsrechts ergangen sind.“; ebenso Art. 1 Abs. 2 des deutsch-belgischen Vertrags; Art. 1 Abs. 6 des deutsch-britischen Abkommens. 75 Siehe den deutsch-israelischen Vertrag, der gemäß Art. 4 Abs. 1 Nr. 3 strafgerichtliche Entscheidungen ausdrücklich vom Anwendungsbereich ausnimmt, sowie den deutschitalienischen Vertrag, der Adhäsionsentscheidungen in Art. 12 von der Anerkennung ausschließt; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 251.
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III. Betrachtung ausgewählter Anerkennungsvoraussetzungen 1. Die Behandlung der internationalen Zuständigkeit a) Die Regelung anerkannter Gerichtsstände in Katalogen Die bilateralen Staatsverträge orientieren sich zwar grundsätzlich an den Anforderungen des autonomen Rechts der jeweiligen Vertragsparteien, sie weisen jedoch in einigen Punkten bemerkenswerte Besonderheiten auf. Eine solche Besonderheit ist die Behandlung der internationalen Zuständigkeit. Prüft das deutsche autonome Recht – wie bereits erörtert76 –, ob unter Anwendung des Spiegelbildprinzips eine internationale Zuständigkeit des Erststaats gegeben ist, so wählen die bilateralen Verträge zumeist einen anderen Weg.77 Statt auf die Spiegelbildlichkeit abzustellen, enthalten alle bilateralen Verträge – bis auf die Verträge mit Griechenland und Österreich – Kataloge, in denen die jeweils anzuerkennenden Zuständigkeiten positiv und enumerativ aufgezählt sind. 78 Die Verträge verweisen also nicht etwa wie die recht vage Bestimmung des § 328 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Zuständigkeit des Urteilsstaats „nach den deutschen Gesetzen“, sondern sie enthalten wesentlich konkretere Regelungen. So benennt beispielsweise der deutschitalienische Vertrag in seinen Artt. 2 und 3 einen eigenen Zuständigkeitskatalog, wobei Art. 2 die indirekte Zuständigkeit des Erstgerichts in vermögensrechtlichen Streitigkeiten normiert, während Art. 3 die Zuständigkeit in nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten erfasst. 79 Art. 3 verweist für nicht vermögensrechtliche Streitigkeiten auf den Katalog des Art. 2, schränkt jedoch die Zuständigkeit dahingehend ein, dass eine Zuständigkeit nach diesen Gerichtsständen nur gegeben ist, wenn die Parteien die Staatsangehörigkeit des 76
Siehe bereits Kap. II § 6 I 2. Für eine detaillierte Betrachtung siehe Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 51 ff.; Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit NichtEG-Staaten, S. 98 ff; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/ 2, S. 1510 ff. 78 Vgl. beispielsweise die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/ 3167, 44 (57); Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1510; Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl. § 13 Rn. 384; Linke/Hau, IZVR, Rn. 465; weiterführend Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 97 ff. 79 Näher hierzu Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr. 1 ZPO, S. 154 ff. Art. 2 des Abkommens kennt dabei die Gerichtsstände des Beklagtenwohnsitzes (Nr. 1), der Gerichtsstandsvereinbarung oder der vorbehaltlosen Einlassung (Nr. 2), der geschäftlichen Niederlassung oder Zweigniederlassung (Nr. 3), der unerlaubten Handlung (Nr. 4), der Widerklage (Nr. 5), den Entscheidungsort in Erbschaftsstreitigkeiten (Nr. 6) und den Belegenheitsort bei dinglichen Klagen (Nr. 7). 77
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
Urteilsstaats hatten und ihren Wohnsitz im Urteilsstaat hatten. 80 Diese Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit ist kennzeichnend für eine noch recht restriktive Handhabung und findet sich in den neueren bilateralen Verträgen Deutschlands nicht mehr. 81 Auch der deutsch-tunesische Staatsvertrag enthält in den Artikeln 31 und 32 eine Liste anzuerkennender Zuständigkeiten.82 Dieselbe Regelungsform für die indirekte internationale Zuständigkeit findet sich zudem in den Verträgen mit der Schweiz (Artt. 2 und 3), Belgien (Artt. 3 und 4), Großbritannien (Art. IV) und den Niederlanden (Art. 4).83 Die anerkannten Gerichtsstände sind dabei – wie bereits im Rahmen des deutsch-italienischen Vertrags erwähnt – im Wesentlichen der des Wohnsitzes bzw. Aufenthalts des Beklagten,84 der geschäftlichen Niederlassung, des Belegenheitsorts bei dinglichen Klagen, bei Erbschaftsstreitigkeiten des Wohnsitzes des Erblassers, der Gerichtsstand der Widerklage, der rügelosen Einlassung, der Prorogation und der unerlaubten Handlung.85 Besteht hinsichtlich der Mehrheit der aufgezählten Gerichtsstände Einigkeit, so waren und sind einzelne Zuständigkeitsregelungen weniger konsensfähig. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts findet sich beispielsweise ledig-
80
Siehe Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 258. Siehe diesbezüglich sehr instruktiv die Anmerkungen in der Denkschrift zum deutsch-österreichischen Vertrag: Die gegenseitige Urteilsanerkennung im deutschösterreichischen Verhältnis war ursprünglich durch den Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und der Republik Österreich über Rechtsschutz und Rechtshilfe vom 21. Juni 1923 geregelt worden, man sah nach Ende des Zweiten Weltkriegs jedoch davon ab, den alten Vertrag wieder in Kraft zu setzen und schloss einen neuen bilateralen Vertrag ab. Hatte der ursprüngliche Vertrag noch mitunter auf die Staatsangehörigkeit der Parteien abgestellt – wie dies im deutsch-italienischen Vertrag der Fall ist – so verzichtete der neue Vertrag auf eine Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit bei den Versagungsgründen, da dies „mit den neueren Anschauungen nicht mehr zu vereinbaren“ sei, vgl. die Denkschrift zum deutsch-österreichischen Vertrag BT-Dr. 3/1419, 6 (6 ff.). 82 Näher hierzu Ganske, AWD 1970, 145 (150 ff.). 83 Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1510 ff.; Ganske, AWD 1970, 145 (151); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 273. 84 Dieser wird in sämtlichen bilateralen Verträgen außer dem deutsch-britischen anerkannt, vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 274. 85 Eine sehr ausführliche Betrachtung der einzelnen Gerichtsstände in den Verträgen liefern Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 61 ff.; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1515 ff.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 274 ff.; siehe auch CramerFrank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 104 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 150 (zum deutschisraelischen Vertrag). 81
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lich in den Verträgen mit Belgien, Norwegen und Spanien.86 Darüber hinaus besteht – wenig überraschend – Uneinigkeit hinsichtlich des Gerichtsstands des Vermögens, denn dieser wird von jeher massiv als „international unerwünscht“87 abgelehnt.88 Dementsprechend nehmen etwa der deutsch-norwegische und der deutsch-tunesische Vertrag den Gerichtsstand des Vermögens von den akzeptierten Gerichtsständen aus,89 während Art. 3 Abs. 1 Nr. 9 des deutsch-belgischen Vertrags, Art. 7 Abs. 1 Nr. 8 des deutsch-israelischen sowie Art. 4 Abs. 1 lit. h des deutsch-niederländischen Vertrags den Gerichtsstand des Vermögens (wenngleich eingeschränkt) als zuständigkeitsbegründend anerkennen.90 Auch im deutsch-österreichischen und dem deutschgriechischen Vertrag, die grundsätzlich auf eine nähere Normierung der anerkannten Gerichtsstände verzichtet haben,91 zeigt sich die Strittigkeit hinsichtlich dieses Gerichtsstands. So haben beide Abkommen vor diesem Hintergrund ausdrücklich in Art. 2 Nr. 4 festgelegt, dass, wenn keine hinreichende Einlassung des Beklagten auf den Gerichtsstand des Vermögens gegeben war, eine Anerkennung versagt werden kann. 92 86
Vgl. Art. 2 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 des deutsch-belgischen, Art. 8 Abs. 1 Nr. 5 des deutsch-norwegischen sowie Art. 7 Abs. 1 Nr. 7 des deutsch-spanischen Vertrags; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 277; Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 78. 87 Vgl. etwa Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 83; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 221 ff.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 279. 88 Siehe hierzu bereits die Ausführungen zu § 29 ZPO im Rahmen der internationalen Zuständigkeit im autonomen deutschen Recht, Kap. II § 6 I 2 c) aa); vgl. Hausmann, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 23 Rn. 47; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 279. 89 Vgl. die Liste der anerkannten Gerichtsstände in Art. 8 des deutsch-norwegischen Vertrags sowie Art. 31 des deutsch-tunesischen Vertrags. 90 Siehe exemplarisch Art. 3 Abs. 1 Nr. 9 des deutsch-belgischen Vertrags: „In allen Angelegenheiten, ausgenommen jedoch die Ehe- und Familienstandssachen sowie die Sachen, welche die Rechts- und Handlungsfähigkeit oder die gesetzliche Vertretung betreffen, sind die Gerichte des Staates, in dessen Hoheitsgebiet die Entscheidung ergangen ist, im Sinne des Artikels 2 Abs. 1 Nr. 3 zuständig,
wenn sich für den Fall, daß der Beklagte in dem Hoheitsgebiet der beiden Staaten weder seinen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, zur Zeit der Einleitung des Verfahrens in dem Staate, in dessen Hoheitsgebiet die Entscheidung ergangen ist, Vermögen des Beklagten befunden hat.“; vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 279 f. 91 Hierzu sogleich Kap. III § 12 III 1 b). 92 Vgl. Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 83 f.; zum deutsch-österreichischen Vertrag Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 167 ff.
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Allerdings werden die aufgestellten Kataloge erst im Rahmen der Prüfung der Anerkennungszuständigkeit relevant bzw. geprüft, es handelt sich also allein um mittelbare bzw. indirekte Zuständigkeitsregelungen – wie sie auch das autonome Recht kennt – ohne Auswirkungen auf die Entscheidungszuständigkeit.93 Eine Ausnahme von der Anerkennung der aufgeführten Gerichtsstände in den Katalogen besteht nur insofern als die Anerkennung trotz Vorliegens eines anerkannten Gerichtsstands versagt werden kann, wenn der Anerkennungsstaat für sich eine ausschließliche internationale Zuständigkeit im betreffenden Verfahren annimmt.94 Außer in diesem Fall sind die Kataloge abschließend und liefern insofern eine sehr sichere und bestimmte Grundlage für die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit. b) Die Regelung in den Verträgen mit Österreich und Griechenland Eine andere Vorgehensweise wurde in den bilateralen Abkommen mit Österreich und Griechenland gewählt. 95 Diese beiden Verträge enthalten anders als die übrigen bilateralen Anerkennungsverträge keine Zuständigkeitskataloge mit anerkannten Gerichtsständen, sondern sie verzichten weitgehend auf die Kontrolle der erststaatlichen internationalen Zuständigkeit. 96 Art. 2 des deutsch-österreichischen Vertrags enthält die Versagungsgründe für die Anerkennung von Entscheidungen. Dabei normiert er nicht etwa positiv die Anforderung, dass die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Vertragspartners bzw. des Urteilsstaats gegeben sein muss, sondern er schließt in den Nr. 3 bis 5 eine Anerkennung nur dann aus, wenn eine ausschließliche internationale Zuständigkeit des Anerkennungsstaats oder eines dritten Staats97 vorlag und wenn – unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen – nur der Gerichtsstand des Vermögens oder des Erfüllungsorts bzw. des öster-
93 Vgl. etwa die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/3167, 44 (57); ebenso Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 274 und Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 98, die auf die einzige Ausnahme von diesem Grundsatz – Art. 20 des deutsch-norwegischen Vertrags – hinweisen; Ganske, AWD 1970, 145 (151). 94 Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1511. 95 Ausführlich Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1508 ff.; Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 52 ff. 96 Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1508 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl. § 13 Rn. 384, 467 f.; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 273 f.; Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 98, 167 f. 97 Zur Berücksichtigung der ausschließlichen Zuständigkeit eines dritten Staats näher Matscher, JBl. 1960, 265 (275).
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reichischen Fakturengerichtsstands 98 gegeben war.99 Sehr ähnlich sind die Regelungen in Art. 3 des deutsch-griechischen Vertrags, der die Anerkennung bei einer ausschließlichen internationalen Zuständigkeit der griechischen Gerichte und im Falle der Nichteinlassung des Beklagten beim Gerichtsstand des Vermögens ausschließt. 100 Es findet sich in diesen beiden Verträgen also kein Katalog mit anerkannten Gerichtsständen sondern (lediglich) eine Benennung von Fällen, in denen die internationale Zuständigkeit ausgeschlossen ist. Geimer und Waehler sprechen deshalb auch von einem „System der Negativliste“. 101 Diese recht großzügige Regelung beruht darauf, dass die Vertragsparteien grundsätzlich alle Gerichtsstände, die in den jeweiligen innerstaatlichen Vorschriften vorgesehen sind, gegenseitig anerkennen. 102 Dies ist deshalb der 98
Hierbei handelt es sich um eine besondere Ausprägung des Gerichtsstands des Erfüllungsorts, vgl. Matscher, ZZP 86 (1973), 404 (414); interessant zur Anerkennung einer österreichischen Entscheidung, bei der das Erstgericht seine Zuständigkeit nur auf den Fakturengerichtsstand stützte, OLG Hamm, 5.7.1978 – 20 U 95/78, RIW/AWD 1978, 689 (689 f.). 99 Art. 2 des deutsch-österreichischen Vertrags: „Die Anerkennung darf nur versagt werden, […] 3. wenn nach dem Rechte des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, die Gerichte dieses oder eines dritten Staates kraft Gesetzes ausschließlich zuständig waren; oder 4. wenn für die Entscheidung lediglich der Gerichtsstand des Vermögens gegeben war und die unterlegene Partei a) entweder sich auf den Rechtsstreit nicht eingelassen oder b) vor Einlassung auf die Hauptsache erklärt hat, sich nur im Hinblick auf das Vermögen einzulassen, das sich im Staate des angerufenen Gerichtes befindet; oder 5. wenn für die Entscheidung lediglich der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 88 Absatz 2 der österreichischen Jurisdiktionsnorm – Fakturengerichtsstand – gegeben war und die unterlegene Partei sich auf den Rechtsstreit nicht eingelassen hat.“; siehe hierzu Matscher, JBl. 1960, 265 (274 f.); ders., ZZP 86 (1973), 404 (412 ff.); Geimer, in: Geimer/ Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 78 ff., 102 ff.; Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit NichtEG-Staaten, S. 98; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 223 spricht in Bezug auf den Fakturengerichtsstand (wie auch bezüglich des deutschen § 23 ZPO) von einem „unerwünschten Gerichtsstand“. 100 Art. 3 des deutsch-griechischen Vertrags: „Die Anerkennung darf nur versagt werden, […] 3. wenn nach dem Rechte des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, dessen Gerichte kraft Gesetzes ausschließlich zuständig waren; oder 4. wenn für die Entscheidung lediglich der Gerichtsstand des Vermögens gegeben war und der Beklagte a) entweder sich auf den Rechtsstreit nicht eingelassen oder b) vor Einlassung auf die Hauptsache erklärt hat, sich nur im Hinblick auf das Vermögen einzulassen, das sich im Staate des angerufenen Gerichtes befindet.“ 101 Vgl. Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1508; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 80; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 273; siehe auch Arnold, RabelsZ 38 (1974), 767 (771). 102 So ausdrücklich die Denkschrift zum deutsch-österreichischen Vertrag BT-Dr. 3/ 1419, 6 (8); Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1508 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, 5. Aufl. § 13 Rn. 384, 467 f.
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Fall, weil die jeweiligen nationalen Zuständigkeitsregelungen dieser Staaten weitgehend kongruent sind und so ein „Vertrauensverhältnis“ zwischen den Staaten besteht.103 Die Regelungen der internationalen Zuständigkeit dieser beiden Abkommen liefern vor diesem Hintergrund besonders deutlich Aufschluss über die Nähe zwischen den jeweiligen Vertragspartnern. 2. Der ordre public-Vorbehalt in den bilateralen Verträgen In allen bilateralen Übereinkommen, die von Deutschland abgeschlossen wurden, finden sich ordre public-Klauseln.104 Hierdurch zeigt sich erneut die grundlegende Bedeutung dieses Anerkennungskriteriums im internationalen Rechts- und Urteilsverkehr. Die in den einzelnen Verträgen gewählten Formulierungen weisen dabei kleinere Abweichungen vom autonomen ordre public-Vorbehalt in § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO und auch voneinander auf. So enthalten der deutsch-britische, der deutsch-israelische und der deutschtunesische etwa die Regelung, dass eine Anerkennung nicht möglich sein soll, wenn das Anerkennungsgericht der Überzeugung war, dass die Entscheidung durch „betrügerische Machenschaften“ erwirkt worden ist. 105 Insofern lassen sich Parallelen zur Wortwahl der bereits näher beleuchteten englischen und französischen Rechtsordnungen erkennen, die der Prüfung des fraud bzw. der fraude à la loi – also der „betrügerischen Erwirkung der drittstaatlichen Entscheidung“ – eine besondere Bedeutung zukommen lassen. Der deutsch-israelische Vertrag normiert zudem in Art. 5 Abs. 1 Nr. 4, dass eine Anerkennung versagt werden kann, wenn die Anerkennung der Entscheidung geeignet ist, die Hoheitsrechte oder die Sicherheit des Anerkennungsstaats zu beeinträchtigen. 106 Die älteren Verträge stellen zudem auf
103 Vgl. die Denkschrift zum deutsch-österreichischen Vertrag BT-Dr. 3/1419, 6 (8); Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 54 f.; Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1508 ff.; Matscher, ZZP 86 (1973), 404 (406, 412); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 273 f. 104 Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 4, 100; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 294; siehe auch Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 189 f., der (im Rahmen globaler Ausführungen ohne konkrete Beschränkung auf die deutschen bilateralen Verträge) erklärt, dass der ordre public-Vorbehalt in Verträgen, in denen er ausnahmsweise nicht erwähnt werde, durch Auslegung zu ergänzen sei. 105 Art. III Abs. 1 lit. c Nr. 2 des deutsch-britischen; Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 des deutschtunesischen; Art. 5 Abs. 1 Nr. 3 des deutsch-israelischen Vertrags; vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 299. 106 Siehe auch Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 294; Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (596).
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die „guten Sitten“ 107 oder die „Sittlichkeit“ 108 ab.109 All diese unterschiedlichen Wortlaute bzw. Abweichungen wirken sich auf den Prüfungsumfang aber wohl nur minimal aus. 110 Diesbezüglich merkte Jellinek zutreffend an: „Die Ausdrucksweise der Staatsverträge ist wenig einheitlich, doch lohnt es nicht, sich lange bei den Formulierungen aufzuhalten, da ein Richter, der sein Handwerk versteht, aus jeder Generalklausel, der besten wie der schlechtesten, das herausholen wird, was ihm nach Lage der Dinge notwendig erscheint. Es ist daher ziemlich gleichgültig, ob neben dem ordre public noch das öffentliche Recht, wie in den meisten Verträgen, oder die guten Sitten oder die Sittlichkeit, wie zuletzt in den Verträgen des Deutschen Reiches, erwähnt werden […].“111
Die Prüfung erfolgt dabei – wie es sich wohl bereits aus dem Zweck der ordre public-Kontrolle ergibt und auch nach autonomem Recht praktiziert wird – anhand des nationalen ordre public-Verständnisses des jeweiligen Anerkennungsstaats.112 Mit Blick auf die Denkschrift des deutsch-österreichischen Vertrags zeigt sich insofern dieselbe Haltung bezüglich der Auslegung der Klausel wie sie sich auch im autonomen Recht findet. So wird zu Art. 2 Nr. 1 des Vertrags, der die ordre public-Klausel enthält, ausgeführt: „Sie wird nur dann anzuwenden sein, wenn zwingende Grundsätze des innerstaatlichen Rechts des Anerkennungsstaats durch die Anerkennung verletzt würden. Wie sich aus dem Wortlaut ergibt, ist bei der Prüfung nicht darauf abzustellen, ob die Entscheidung als solche, sondern ob ihre Anerkennung der öffentlichen Ordnung zuwiderlaufen würde, so daß bei einer Ablehnung der Anerkennung die Entscheidung selbst nicht verworfen wird.“ 113
107 Art. 4 Abs. 1 des deutsch-italienischen Vertrags: „Die Anerkennung ist zu versagen, wenn die Entscheidung Bestimmungen enthält, die gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen.“ 108 Art. 4 Abs. 1 des deutsch-schweizerischen Vertrags: „Die Anerkennung ist zu versagen, wenn durch die Entscheidung ein Rechtsverhältnis zur Verwirklichung gelangen soll, dem im Gebiete des Staates, wo die Entscheidung geltend gemacht wird, aus Rücksichten der öffentlichen Ordnung oder der Sittlichkeit die Gültigkeit, Verfolgbarkeit oder Klagbarkeit versagt ist.“; siehe näher hierzu Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 26 f. 109 Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 103. 110 Vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 295. 111 Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 190 f.; siehe auch Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 295. 112 Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 214; zum deutsch-österreichischen Vertrag Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 83 f. 113 Denkschrift zum deutsch-österreichischen Vertrag, BT-Dr. 2/1419, 6 (8); siehe hierzu Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 83 ff; ausführlich zur restriktiven Handhabung des ordre public-Vorbehalts im Rahmen der bilateralen Verträge Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 296 m. w. N.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
Diese Wortwahl gleicht weitgehend den Ausführungen, die sich in der Literatur zu § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO finden.114 Allerdings könnte in Erwägung gezogen werden, die Auslegung bzw. Anwendung der in den bi- und multilateralen Verträgen enthaltenen ordre public-Klauseln restriktiver zu handhaben als die des autonomen Rechts, da es sich um staatsvertragliches Recht auf Grundlage einer besonderen Nähe- oder Vertrauensbeziehung der kontrahierenden Staaten handelt.115 Erscheint diese Erwägung hinsichtlich der besonderen Rahmenbedingungen bei der Anwendung sekundären Unionsrechts bzw. im Zuge der EuGVVO nachvollziehbar,116 so kann sie hinsichtlich der ordre public-Klauseln in den bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen nicht überzeugen. Im Rahmen der bilateralen Verträge wie auch im autonomen Recht ist eine restriktive Handhabung des ordre public-Vorbehalts geboten. 117 Weitere Einschränkungen sind hier nicht angeraten, sodass die ordre public-Kontrolle der bilateralen Staatsverträge wohl in ihrem Umfang der des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO entspricht. Bemerkenswert ist hinsichtlich der Reichweite bzw. Ausgestaltung des ordre public-Vorbehalts, dass die Prüfung der Urteilskollision bzw. der Unvereinbarkeit mit einem bereits rechtshängigen Verfahren, die sich in sieben der elf deutschen bilateralen Verträge findet,118 mitunter als Teil der ordre publicKontrolle behandelt wird, während das deutsche Recht dieses Kriterium gesondert in § 328 Abs. 1 Nr. 3 ZPO regelt.119 Diese Vorgehensweise stellt je-
114
Ebenso hinsichtlich des deutsch-österreichischen Vertrags Geimer, in: Geimer/ Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. II, S. 83. 115 Vgl. grundlegend Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 44 f.; 288 ff. Diese Diskussion findet sich insbesondere hinsichtlich der Anwendung der in EuGVÜ bzw. EuGVVO enthaltenen Klausel, vgl. hierzu bereits die Ausführungen zum „europäischen“ ordre public, Kap. II § 9 IV. 116 Sehr instruktiv zu dieser Problemstellung Völker, Zur Dogmatik des ordre public, S. 290 ff. Zu berücksichtigen wird dabei auch sein, dass EuGVVO wie LugÜ Regelungen über die internationale Zuständigkeit enthalten und auch hierdurch eine größere Nähebeziehung von Erst- und Zweitstaat als bei „bloß bilateralen Verträgen“ gegeben ist. Für eine restriktive Auslegung des ordre public-Vorbehalts allgemein, die sich auf den Tenor des Ersturteils beschränkt, plädiert Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 190; siehe hierzu auch Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 100 f. 117 Ebenso Müller, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 660, S. 26; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 296. 118 Waehler spricht hierbei zwar nur von sechs Abkommen, zum Zeitpunkt des Erscheinens seines grundlegenden Werks im Jahr 1984 war allerdings der deutsch-spanische Vertrag noch nicht abgeschlossen worden, siehe Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 300. 119 Vgl. etwa Art. III Abs. 1 lit. c Nr. 1 des deutsch-britischen Vertrags; Art. 3 Nr. 1 des deutsch-griechischen Vertrags; siehe ausführlich Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 300 f. m. w. N.; Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entschei-
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doch keine inhaltliche Diskrepanz dar, zumal das deutsche Recht diese Vorgehensweise bis zur IRP-Reform 1986 selbst wählte und erst später die Urteilskollision aus dem ordre public-Vorbehalt ausgliederte.120 Dementsprechend sehen auch der deutsch-norwegische, der deutsch-israelische und der deutschspanische Vertrag, der als letzter bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Deutschlands 1987 abgeschlossen wurde, eine getrennte Behandlung von Urteilskollision und „allgemeiner“ ordre public-Klausel vor.121 3. Die kollisionsrechtliche Kontrolle In sämtlichen Abkommen bzw. Verträgen findet sich die Normierung einer Kontrolle der Konformität mit dem internationalen Privatrecht, wie sie sich in ähnlicher Form bis zur IPR-Reform auch im autonomen deutschen Recht fand.122 Dabei ist der Normtext in der Regel so gefasst, dass zunächst die Feststellung erfolgt, dass ein Verstoß gegen das internationale Privatrecht des anderen Vertragsstaats grundsätzlich eine Anerkennung nicht verhindere, daraufhin folgt jedoch regelmäßig die Ausnahme, dass in bestimmten (statusbzw. familienrechtlichen) Fragen eine kollisionsrechtliche Überprüfung stattfinde.123 Nach bilateralem Recht findet sich also nach wie vor, wenn auch dungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 103 ff. 120 Vgl. die Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BT-Dr. 10/504, S. 88; siehe hierzu bereits ausführlicher Kap. II § 8 I. 121 Siehe exemplarisch Art. 5 Abs. 1 des deutsch-spanischen Vertrags: „Die Anerkennung darf nur versagt werden wenn, 1. sie mit der öffentlichen Ordnung des ersuchten Staates offensichtlich unvereinbar ist; 2. ein Verfahren zwischen denselben Parteien und wegen desselben Gegenstandes vor einem Gericht des ersuchten Staates anhängig ist und das Verfahren vor diesem Gericht zuerst eingeleitet wurde; 3. die Entscheidung im Widerspruch zu einer im ersuchten Staat zwischen denselben Parteien ergangenen rechtskräftigen Entscheidung steht.“; siehe auch Art. 5 Abs. 1 Nr. 5 und 6 des deutsch-israelischen Abkommens und Art. 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des deutsch-norwegischen Abkommens; vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 301; Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 221, 226 ff. 122 Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (172); Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EGStaaten, S. 210; Waehler, in Hdb. IZVR III/2, S. 288 ff.; zum Anerkennungskriterium der kollisionsrechtlichen Kontrolle siehe zudem Kap. II § 11. 123 Ein anschauliches Beispiel für dieses Vorgehen liefert Art. 4 des deutschgriechischen Vertrags: „(1) Die Anerkennung darf nicht allein deshalb versagt werden, weil das Gericht, das die Entscheidung erlassen hat, nach den Regeln seines internationalen Privatrechts andere Gesetze angewendet hat, als sie nach dem internationalen Privatrecht des Staates, in dem die Entscheidung geltend gemacht wird, anzuwenden gewesen wären. (2) Die Anerkennung darf jedoch aus den in Absatz 1 genannten Gründen versagt werden, wenn die Entscheidung auf der Beurteilung eines familienrechtlichen oder eines erbrechtlichen Verhältnisses, der Rechts- oder Handlungsfähigkeit, der gesetzlichen Vertretung oder der Verschollenheits- oder Todeserklärung eines Angehörigen des Staates beruht, in dem
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
eingeschränkt, eine Kontrolle der kollisionsrechtlichen Konformität. Dieser Prüfungspunkt bzw. diese restriktivere Haltung in den Staatsverträgen wurde jedoch – noch vor der Überlagerung der Verträge durch EU-Recht124 – im Grunde durch das sog. Günstigkeitsprinzip 125 ausgeschaltet, da in Fällen, in denen die Anerkennung an diesem Kriterium scheitern würde, das autonome Recht, welches diese Voraussetzung nicht mehr vorsah, eine Anerkennung dennoch ermöglichte.126 IV. Die Auswirkungen von EuGVVO und LugÜ auf die bilateralen Verträge So bedeutsam die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge insbesondere für die Verbürgung der Gegenseitigkeit stets gewesen sind, so ist ihre Bedeutung in den letzten Jahrzehnten doch stark zurückgegangen. Soweit die Regelungsgegenstände der Abkommen in den Anwendungsbereich der EuGVVO bzw. zuvor des EuGVÜ oder des Luganer Übereinkommens fallen, wurden die bilateralen Regelungen von letzteren fast vollständig überlagert und haben insofern ihre Relevanz weitestgehend verloren. 127 Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen mit den EUMitgliedstaaten Italien, Belgien, Österreich, Vereinigtes Königreich, Griechenland, Niederlande und Spanien werden durch die EuGVVO nach Maßgabe von deren Art. 69 ersetzt, sie behalten gemäß Art. 70 Abs. 1 EuGVVO ihre Wirksamkeit jedoch für diejenigen Rechtsgebiete, auf die sich der Anwendungsbereich der EuGVVO nicht erstreckt, sowie für Entscheidungen und öffentliche Urkunden, die vor Inkrafttreten der EuGVVO ergangen oder auf-
die Entscheidung geltend gemacht wird, es sei denn, daß sie auch bei Anwendung des internationalen Privatrechts des Staates, in dem sie geltend gemacht wird, gerechtfertigt wäre.“; (fast) derselbe Wortlaut findet sich etwa in Art. 2 Abs. 3 des deutsch-niederländischen Vertrags, in Art. 6 des deutsch-israelischen Vertrags sowie in Art. 3 des deutschösterreichischen Vertrags; ähnlich Art. 6 des deutsch-spanischen Vertrags; vgl. Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1394 ff. m. w. N.; Böhmer, IPRax 1988, 334 (336); Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 209 ff.; Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 119 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 204 (zum deutsch-tunesischen Vertrag); zum deutschisraelischen Vertrag Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (595). 124 Siehe sogleich Kap. III § 12 IV. 125 Hierzu bzw. zum Verhältnis von staatsvertraglichem und autonomem Anerkennungsrecht siehe Kap. III § 12 VI. 126 Vgl. Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (171 f.). 127 Siehe statt aller Schütze, DIZPR, Rn. 314; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Schlußanhang V B Rn. 1 ff.; Linke/ Hau, IZVR, Rn. 460; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 66 ff.; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 17 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 42.
§ 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge
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genommen sind, Art. 70 Abs. 2 EuGVVO.128 Selbiges gilt für die bilateralen Übereinkommen mit den Vertragsstaaten des Luganer Übereinkommens. Im Falle Deutschlands betrifft dies die bilateralen Staatsverträge mit Norwegen und der Schweiz. Gemäß Art. 55 LugÜ werden diese Verträge durch das Luganer Übereinkommen ersetzt und behalten ihre Relevanz lediglich für die nicht erfassten Rechtsgebiete.129 1. Die nicht von EuGVVO und LugÜ überlagerten Staatsverträge Von jener Überlagerung der bilateralen durch multilaterale Verträge oder Unionsrecht sind für Deutschland nur die Abkommen mit Tunesien und Israel unberührt geblieben, welche bis heute die Basis für die gegenseitige Urteilsanerkennung im Verhältnis der beiden Staaten zu Deutschland bilden.130 Diese zwei Staatsverträge stellen somit auf der Ebene der bilateralen Verträge die einzigen heute noch vollumfänglich bedeutsamen Verträge dar.131 2. Der deutsch-tunesische Staatsvertrag Dem Vertrag Deutschlands mit der Tunesischen Republik kommt eine Sonderrolle bei den deutschen bilateralen Staatsverträgen zu, weil er sich mit seinem weiten Anwendungs- und Geltungsbereich klar von den übrigen bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen Deutschlands unterscheidet.132 Der deutsch-tunesische Vertrag umfasst nicht lediglich die Urteilsanerkennung, sondern betrifft seinem Titel nach „Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie die Handelsschiedsgerichtsbarkeit“. 133 Bei diesem Vertrag handelt es sich um „das erste bilaterale Abkommen Deutschlands, das mit einem außereuropäischen Staat abgeschlossen wurde“
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Siehe etwa Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 17 ff. Statt aller Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 76. 130 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, § 328 Rn. 77; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 121; Gottwald, in: MüKo ZPO, § 328, Rn. 44; dies war insbesondere der Fall, weil im Verhältnis zu Israel die Gegenseitigkeit im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO bis zum Abschluss des bilateralen Vertrags nicht verbürgt bzw. nicht mit ausreichender Sicherheit geklärt war, vgl. Pirrung, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 625, S. 1; ders., IPRax 1982, 130 (131); auch im deutsch-tunesischen Verhältnis war keine hinreichend gesicherte Grundlage bis zum Vertragsschluss vorhanden, vgl. Ganske, AWD 1970, 145 (149). 131 Statt aller Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 121. 132 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 235; Ganske, AWD 1970, 145 (145); Nagel/ Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 183. 133 Siehe auch die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/3167, 44 (44); Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 183; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 235. 129
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
und das einzige mit einer entsprechenden sachlichen Reichweite.134 In Kapitel I (Artt. 27 bis 33) ist die Anerkennung und in Kapitel II (Artt. 34 bis 41) die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen geregelt. In Kapitel III (Artt. 42 bis 46) finden sich Regelungen betreffend die Vollstreckung gerichtlicher Vergleiche und öffentlicher Urkunden.135 Die in Art. 29 und 30 enumerativ aufgezählten Gründe für die Versagung der Anerkennung entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen anderer Verträge bzw. denen des autonomen deutschen Rechts.136 Eine Besonderheit lässt sich jedoch hinsichtlich der Regelung der internationalen Zuständigkeit verzeichnen. Wie auch die übrigen Verträge, außer jenen mit Österreich und Griechenland,137 enthält der deutsch-tunesische Vertrag in Art. 31 einen Katalog mit anerkannten, die Zuständigkeit begründenden Gerichtsständen. 138 So benennen die Artt. 31 und 32 einen Katalog mit Gerichtsständen, die in Verbindung mit Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 des deutsch-tunesischen Vertrags eine internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats begründen können. 139 Art. 31 Abs. 1 Nr. 3 des Vertrags140 enthält jedoch einen besonderen Gerichtsstand für Arbeitssachen, der in anderen 134
Vgl. die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/3167, 44 (44); Pirrung, IPRax 1982, 130 (131); Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Schlußanhang V B, Rn. 8; Arnold, NJW 1970, 1478 (1478, 1480); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 235; Ganske, AWD 1970, 145 (145). 135 Letztere sollen hier nicht näher betrachtet werden, ausführlicher Ganske, AWD 1970, 145 (153 f.); ausführlich zur Struktur des deutsch-tunesischen Vertrags Arnold, NJW 1970, 1478 (1480 ff.) sowie die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BTDr. 5/3167, 44 (44). 136 Vgl. hierzu den Kriterienkatalog des Art. 29 des deutsch-tunesischen Staatsvertags. Art. 29: „Die Anerkennung der Entscheidung darf nur versagt werden: 1. wenn für die Gerichte des Entscheidungsstaates eine Zuständigkeit im Sinne der Artikel 31 und 32 nicht anzuerkennen ist; 2. wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung des Anerkennungsstaates widerspricht; 3. wenn die Entscheidung durch betrügerische Machenschaften erwirkt worden ist; […].“; ebenso Ganske, AWD 1970, 145 (150); siehe auch Nagel/ Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 200 ff. 137 Zur internationalen Zuständigkeit in den bilateralen Verträgen siehe bereits Kap. III § 12 III 1. 138 Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328 Rn. 144. 139 Siehe ausführlich Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 186 ff. 140 Art. 31 Abs. 1 Nr. 3 des deutsch-tunesischen Vertrags: „Die Zuständigkeit der Gerichte des Entscheidungsstaates wird im Sinne des Artikels 29 Abs. 1 Nr. 1 anerkannt, wenn die Klage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses oder Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis zum Gegenstand hatte und wenn der Betrieb, wo die Arbeit zu leisten war, im Entscheidungsstaat lag; wurde der Arbeitnehmer von seinem Unternehmen oder Betrieb aus zu einer Tätigkeit in den anderen Staat oder in einen dritten Staat entsandt oder wurde der Arbeitnehmer von seinem Unternehmen oder Betrieb zu einer Tätigkeit in dem anderen Staat oder einem dritten Staat eingesetzt und erhielt er von dem Unternehmen oder Betrieb aus auch seine Anweisungen, so sind die Gerichte des Staates zuständig, in dem das Unternehmen oder Betrieb seinen Sitz hatte.“
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bilateralen Abkommen nicht vorgesehen ist.141 Bemerkenswert ist zudem, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung eine Zuständigkeit nach dem deutschtunesischen Vertrag nicht zu begründen vermag, was auf eine Regelung in der tunesischen Prozessordnung zurückgeht, nach der die gesetzlich festgelegte internationale Zuständigkeit der tunesischen Gerichte durch eine Prorogation nicht abbedungen werden kann.142 Auch eine rügelose Einlassung bildet nach diesem Vertrag – anders als bei anderen bilateralen Abkommen oder im autonomen Recht – keine Grundlage für die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats.143 Eine weitere (kleine) Abweichung findet sich schließlich in Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 des deutsch-tunesischen Vertrags. Dieser regelt, wie bereits erwähnt, dass die Anerkennung zu versagen ist, wenn die Entscheidung durch „betrügerische Machenschaften“ erwirkt wurde.144 Dies kann aber wohl als Unterfall des ordre public-Vorbehalts bewertet werden und ändert in substanzieller Hinsicht nichts am Prüfungsumfang der Anerkennung nach dem Staatsvertrag.145 Über diese kleineren Besonderheiten hinaus entspricht der deutschtunesische Vertrag jedoch im Wesentlichen den übrigen bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen. 3. Der deutsch-israelische Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Das Abkommen zwischen Deutschland und Israel vom 20. Juli 1977 trat am 1. Januar 1981 in Kraft und erleichterte den Rechts- bzw. Urteilsverkehr zwischen den beiden Vertragsstaaten grundlegend.146 Als erster Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag, der nach dem EuGVÜ abgeschlossen wurde, wurde dieses als Vorlage herangezogen bzw. das bilaterale Abkom141
Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 277; siehe auch Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 189. 142 Vgl. die Denkschrift zum deutsch-tunesischen Vertrag, BT-Dr. 5/3167, 44 (58 f.); Ganske, AWD 1970, 145 (152); Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 196. 143 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 283, 285 f.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 196. 144 Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 294; siehe auch Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 201. Interessant ist an dieser Stelle auch ein Vergleich zum französischen autonomen Recht. Dieses hat mit seiner Kombination der Versagungsgründe des ordre publicVerstoßes einerseits und der Prüfung der absence de fraude à la loi, die wohl auch als Sonderfall des ordre public-Verstoßes gesehen werden kann, eine ähnliche Struktur gewählt, vgl. Kap. II § 9 II 3. 145 Ebenso Ganske, AWD 1970, 145 (150); siehe hierzu bereits die Äußerungen Jellineks zur Formulierung des ordre public-Vorbehalts, Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 190 f. sowie die Ausführungen zum ordre public-Vorbehalt in Kap. III § 12 III 2. 146 Vgl. Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (586); Pirrung, IPRax 1982, 130 (131); ders., in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. III, Nr. 625, S. 1 f.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
men diesem an einigen Stellen nachempfunden.147 Insbesondere hinsichtlich der Zwangsvollstreckung wurde der Vertrag nach dem Muster des (vereinfachten) Antragsverfahrens des EuGVÜ ausgerichtet.148 Der Vertrag lehnt sich nach den Angaben der entsprechenden Denkschrift überdies an den österreichisch-israelischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag,149 an das Haager Übereinkommen vom 1. Februar 1971 150 sowie – aufgrund der starken Parallelen zwischen der israelischen Rechtsordnung und dem Common Law – an den deutsch-britischen Staatsvertrag an. 151 Eine Besonderheit des deutsch-israelischen Vertrags besteht darin, dass Entscheidungen in Unterhaltssachen in den Anwendungsbereich des Vertrags eingeschlossen wurden, obwohl diesbezüglich das Verhältnis von staatlicher und religiöser Gerichtsbarkeit nicht ganz einfach zu bestimmen ist.152 Allerdings nimmt Art. 4 Abs. 1 in seinen Ziffern 1 und 2 Entscheidungen in Ehesachen, in anderen Familienstandssachen, Entscheidungen, die den Personenstand oder die Handlungsfähigkeit von Personen zum Gegenstand haben, Entscheidungen in Angelegenheiten des ehelichen Güterrechts und solche auf dem Gebiet des Erbrechts vom Anwendungsbereich des Vertrags aus. 153 Insofern stellt auch der deutsch-israelische Vertrag einen interessanten Beleg für 147 Vgl. Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 146; Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (590); siehe auch Gottwald, in: MüKo ZPO, Vorbem. zu § 1 ff. AVAG, Rn. 6. 148 Vgl. Pirrung, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. III, Nr. 625, S. 1. 149 BGBl. 1960 II, S. 1523. 150 Siehe hierzu bereits die Ausführungen in Kap. I § 1 II 1. 151 Vgl. ausführlich die Denkschrift zum deutsch-israelischen Vertrag, BT-Dr. 8/3866, 11 (11). 152 Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (591 f.); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 249; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Schlußanhang Rn. 8; Pirrung, IPRax 1982, 130 (132); siehe Art. 4 Abs. 2 des deutsch-israelischen Vertrags. 153 Art. 4 des deutsch-israelischen Vertrags: „(1) Die Bestimmungen dieses Vertrages finden keine Anwendung: 1. auf Entscheidungen in Ehesachen oder anderen Familiensstandssachen und auf Entscheidungen, die den Personenstand oder die Handlungsfähigkei t von Personen zum Gegenstand haben, sowie auf Entscheidungen in Angelegenheiten des ehelichen Güterrechts; 2. auf Entscheidungen auf dem Gebiet des Erbrechts; 3. auf Entscheidungen, die in einem gerichtlichen Strafverfahren über Ansprüche aus einem Rechtsverhältnis des Zivil- und Handelsrechts ergangen sind; 4. auf Entscheidungen, die in einem Konkursverfahren, einem Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses oder einem entsprechenden Verfahren ergangen sind, einschließlich der Entscheidungen, durch die für ein solches Verfahren über die Wirksamkeit von Rechtshandlungen gegenüber Gläubigern erkannt wird; 5. auf Entscheidungen in Angelegenheiten der sozialen Sicherheit; 6. auf Entscheidungen in Atomhaftungssachen; 7. auf einstweilige Verfügungen oder Anordnungen und auf Arreste. (2) Ungeachtet der Vorschriften des Absatzes 1 ist dieser Vertrag auf Entscheidungen anzuwenden, die Unterhaltspflichten zum Gegenstand haben.“; siehe auch Pirrung, IPRax 1982, 130 (131); ders., in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. III, Nr. 625, S. 2.
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die Relevanz innerstaatlicher Besonderheiten bei der Formulierung und Aushandlung (bilateraler) Staatsverträge dar. 154 Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der deutsch-israelische Vertrag in einigen Punkten über die Regelungen des nationalen israelischen Rechts hinausgeht. 155 Eine weitere Besonderheit enthält der deutsch-israelische Vertrag schließlich in Bezug auf die Geltendmachung der Entscheidungen bei der Verjährung. Nach Art. 24 des Vertrags kann nach Ablauf von 25 Jahren seit Eintritt der Rechtskraft bzw. Rechtsbeständigkeit der Entscheidung die Anerkennung verweigert werden.156 Außer in den genannten Punkten ähneln auch die Anforderungen des deutsch-israelischen Staatsvertrags jedoch denen der anderen Staatsverträge. V. Die Regelungen der Staatsverträge hinsichtlich des Vollstreckungsverfahrens Die bilateralen Staatsverträge – wie auch das deutsche autonome Recht – folgen dem Grundsatz der automatischen Anerkennung. 157 Insofern weisen die staatsvertraglichen Regelungen keine Besonderheiten gegenüber § 328 ZPO auf. Zudem sind auch die bilateralen Verträge nach dem Prinzip der Trennung von Anerkennung und Vollstreckung aufgebaut.158 Trotz der bereits herausgearbeiteten Parallelen unterscheiden sich jedoch die bilateralen Abkommen insbesondere hinsichtlich des Exequaturverfahrens von den autonomen Regelungen der §§ 722, 723 ZPO. Während gemäß § 722 ZPO die Vollstreckbarerklärung im autonomen Recht durch Vollstreckbarerklärungsurteil erfolgt,159 ist die Vollstreckung in den staatsvertraglichen Bestimmungen nicht ganz einheitlich geregelt.160 So existierten in Deutschland zu den einzelnen Abkommen jeweils unterschiedliche Ausführungsgesetze, die detaillierte Regelungen in 154
Näher hierzu Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (592 f.). Vgl. die Denkschrift zum deutsch-israelischen Vertrag, BT-Dr. 8/3866, 11 (11); eine grundlegende Betrachtung und aufschlussreiche Analyse des israelischen Anerkennungs und Vollstreckungsrechts liefert Shapira, Tel Aviv Univ. Stud. L. 1977, 171 (171 ff.). 156 Geimer, IZPR, Rn. 2755; Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (597); Pirrung, IPRax 1982, 130 (134). 157 Beck, Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen nach den Staatsverträgen mit Belgien, Österreich, Grossbritannien und Griechenland, S. 42; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 265; zum deutsch-tunesischen Vertrag Arnold, NJW 1970, 1478 (1482). 158 Vgl. Art. 3 des deutsch-israelischen Vertrags, der die Anerkennung regelt, und die Artt. 10 ff., die die Vollstreckung betreffen, siehe ausführlich Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (593 ff.); Pirrung, in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. III, Nr. 663, S. 54; zum deutsch-spanischen Vertrag Böhmer, IPRax 1988, 334 (336). 159 Siehe hierzu bereits Kap. I § 2 sowie exemplarisch Schack, IZVR, Rn. 1034 ff. 160 Siehe ausführlich die grundlegende Betrachtung von Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, S. 526 ff. 155
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
Bezug auf das Verfahren der Vollstreckbarerklärung enthalten.161 Die Ausführungsbestimmungen zu den bilateralen Staatsverträgen sehen wiederum zwei unterschiedliche Verfahrensarten der Vollstreckbarerklärung vor: ein fakultatives oder ein obligatorisches Beschlussverfahren.162 1. Fakultatives und obligatorisches Beschlussverfahren Die bilateralen Verträge sehen zur Vereinfachung der Vollstreckung wie soeben bereits angeführt statt eines Urteilsverfahrens zumeist ein Beschlussverfahren vor. 163 Die Unterscheidung, ob das jeweilige Beschlussverfahren wiederum fakultativer oder obligatorischer Natur ist, vollzieht sich anhand der Bestimmungen der einzelnen Verträge – wird dem Gericht ein Ermessen hinsichtlich des Beschlussverfahrens eingeräumt, liegt ein (bloß) fakultatives Beschlussverfahren vor; ist das Beschlussverfahren ausdrücklich vorgeschrieben, ist es obligatorisch durchzuführen. 164 Die Beschlussverfahren unterscheiden sich vom Urteilsverfahren grundsätzlich dadurch, dass keine erneute mündliche Verhandlung durchgeführt und das Verfahren so stark vereinfacht wird.165 Dementsprechend bringen die Ausführungsgesetze erhebliche Erleichterungen gegenüber dem Klageverfahren nach §§ 722, 723 ZPO. Die Ausführungsgesetze zu den bilateralen Staatsverträgen mit Belgien, Griechenland, Großbritannien, Italien, Österreich, Tunesien und der Schweiz enthalten jeweils einen Verweis auf die Vorschriften für die Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen. 166 Zentrale Norm ist dabei heute § 1063 Abs. 1 ZPO,167 der das Beschlussverfahren ohne mündliche Verhandlung anordnet, 161
Matscher, ZZP 86 (1973), 404 (422 f.). Die dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung beizubringenden Urkunden sind regelmäßig bereits in den jeweiligen Verträgen benannt, vgl. Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, S. 532; Art. 16 Abs. 1 des deutsch-spanischen Vertrags; näher hierzu Böhmer, IPRax 1988, 334 (337). 162 Vgl. Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (169); Geimer, NJW 1965, 1413 (1414 ff.); Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, S. 532, 552 ff. Nelle spricht diesbezüglich nicht von fakultativem und obligatorischem Beschlussverfahren, sondern von „Verfahren mit fakultativ oder obligatorisch aufgeschobener mündlicher Verhandlung“, vgl. Nelle, Anspruch, Titel und Vollstreckung im internationalen Rechtsverkehr, S. 482. In dieser Formulierung wird das Hauptcharakteristikum des Beschlussverfahrens bereits deutlich. 163 Vgl. Schack, IZVR, Rn. 1041, der die Vollstreckungsklage des autonomen Rechts demgegenüber als „schwerfällig, zeit- und kostenaufwändig“ bezeichnet. 164 Vgl. Geimer, NJW 1965, 1413 (1414 ff.). 165 Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (169); Geimer, NJW 1965, 1413 (1414). 166 Vgl. die amtliche Begründung mit Stellungnahme der Bundesregierung zum AVAG, BT-Dr. 11/351, 15 (16); Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, S. 552; Geimer, NJW 1965, 1413 (1414); zum deutsch-belgischen Vertrag Schütze, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. II, S. 297. 167 § 1063 Abs. 1 ZPO: „Das Gericht entscheidet durch Beschluss. Vor der Entscheidung ist der Gegner zu hören.“
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und das Verfahren gegenüber dem autonomen Recht somit beträchtlich vereinfacht. 168 Trotz dieser Vereinfachung, die grundsätzlich als positiv zu bewerten ist, ist diese Art der Verfahrensgestaltung nicht unkritisiert geblieben. So wurde insbesondere bemängelt, dass „der böswillige Schuldner die Vollstreckung immer noch verzögern und durch Einlegung eines Widerspruchs die Durchführung eines Urteilsverfahrens erzwingen könne“.169 Dieser Mangel sollte im Ausführungsgesetz zum deutsch-niederländischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag behoben werden, sodass das Beschlussverfahren als obligatorisch festgelegt wurde.170 2. Das AVAG Wie bereits erwähnt, finden sich neben der Vielzahl von Staatsverträgen zu jedem dieser Verträge wiederum Ausführungsgesetze, die – wenngleich sie häufig starke Parallelen aufweisen 171 – die Lage für den Rechtsanwender erneut unübersichtlicher und schwieriger machen. 172 Mit Blick hierauf und insbesondere, um auch das Gesetzgebungsverfahren künftig zu erleichtern, wurde die Erarbeitung eines allgemeinen Ausführungsgesetzes avisiert.173 Als der deutsch-spanische Vertrag abgeschlossen worden war, entschied man sich vor diesem Hintergrund, ein allgemeines Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz, das AVAG,174 zu erlassen, dessen Geltungsbereich nicht nur den deutsch-spanischen, sondern auch andere Staatsverträge, das EuGVÜ und das LugÜ umfassen sollte.175 Ziel war es dabei nach Geimer durch eine „rechtstechnische Vereinfachung die Qualität der legislativen Arbeit zu verbessern“.176 Gemäß § 1 AVAG findet dieses auf die Ausführung der Verträge mit Norwegen, Israel und Spanien sowie des EuGVÜ, beider LugÜ (von 1988 und 2007), der EuGVVO und des Vertrags, der die Anwendbarkeit der EuG-
168 Vgl. Geimer, NJW 1965, 1413 (1414), der noch auf den damals gültigen § 1042a ZPO verweist. 169 Vgl. die amtliche Begründung mit Stellungnahme der Bundesregierung zum AVAG, BT-Dr. 11/351, 15 (16); Geimer, NJW 1965, 1413 (1415). 170 Wolff, in: Hdb. IZVR III/2, S. 553; Geimer, NJW 1965, 1413 (1415). 171 Arnold, RabelsZ 38 (1974), 767 (768) spricht insofern von einem „einheitlichen Baumuster“; siehe auch Böhmer, IPRax 1988, 334 (337). 172 Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, AVAG, Vorbem., Rn. 1. 173 Böhmer, IPRax 1988, 334 (337); Geimer, NJW 1988, 2157 (2157). 174 Siehe die aktuelle Fassung der Bekanntmachung vom 3.12.2009, BGBl. 2009 I, 3830. 175 Löber, RIW 1988, 312; Böhmer, IPRax 1988, 334 (337); siehe auch Schack, IZVR, Rn. 896. 176 Geimer, NJW 1988, 2157 (2157).
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
VVO auf Dänemark erstreckt, Anwendung. 177 Das Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren des AVAG ist in den §§ 2–33 geregelt und lehnt sich weitgehend an die Bestimmungen des EuGVÜ (und die entsprechenden Ausführungsvorschriften) an.178 Dieses sieht in Artt. 31 ff. ein obligatorisches Beschlussverfahren vor.179 Dementsprechend normiert § 6 AVAG (parallel zum früheren Art. 41 EuGVVO180) ausdrücklich, dass das Gericht grundsätzlich im Exequaturverfahren ohne Anhörung des Verpflichteten entscheidet. 181 Es lässt sich folglich auf Ebene der Vollstreckbarerklärung eine Entwicklung vom kontradiktorischen Exequaturverfahren des autonomen Rechts nach §§ 722, 723 ZPO, über die Regelung eines fakultativen Beschlussverfahrens 177
Art. 1 Abs. 1 AVAG: „(1) Diesem Gesetz unterliegen 1.
die Ausführung folgender zwischenstaatlicher Verträge (Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge): a)
Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1972 II S. 773); b)
Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1994 II S. 2658); c)
Vertrag vom 17. Juni 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1981 II S. 341); d)
Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1980 II S. 925); e)
Vertrag vom 14. November 1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1987 II S. 34); 2.
die Durchführung folgender Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft: a)
der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil und Handelssachen (ABl. EG 2001 Nr. L 12 S. 1); b)
des Abkommens vom 19. Oktober 2005 zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU Nr. L 299 S. 62); c)
des Übereinkommens vom 30. Oktober 2007 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. EU Nr. L 339 S. 3).“; siehe auch Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 1 AVAG Rn. 3; Gottwald, in: MüKo ZPO, Vorbem. zu § 1 ff. AVAG, Rn. 5 ff; Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, AVAG, Vorbem., Rn. 2 f.; Schack, IZVR, Rn. 896. 178 Böhmer, IPRax 1988, 334 (337); Geimer, NJW 1988, 2157 (2157). 179 Das Verfahren zur Vollstreckbarerklärung nach der bis zum 10.1.2015 gültigen EuGVVO (Artt. 38 ff.) ging wiederum noch einen Schritt weiter und verlagerte die (inhaltliche) Prüfung ins Rechtsbehelfsverfahren, vgl. Kropholler, IPR, S. 683 f. Die Ausführungsbestimmungen zur EuGVVO wurden – als das EuGVÜ durch letztere ersetzt wurde – ebenfalls in das AVAG eingegliedert, vgl. Gottwald, in: MüKo ZPO, Vorbem. zu § 1 ff. AVAG, Rn. 2; ausführlich zur Novellierung des AVAG bei Inkrafttreten der EuGVVO Hub, NJW 2001, 3145 (3145 ff.). 180 Entfallen ab dem 10.1.2015 bzw. im Zuge der Neufassung der EuGVVO. 181 Siehe auch Gottwald, in: MüKo ZPO, § 6 AVAG, Rn. 1.
§ 12 Die deutschen bilateralen Staatsverträge
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in den älteren Staatsverträgen hin zu einem obligatorischen Beschlussverfahren nach dem Ausführungsgesetz zum deutsch-niederländischen Vertrag und dem AVAG feststellen. 182 Diese Tendenz ist durchaus als positiv zu bewerten, da sie die Vollstreckbarerklärung vereinfacht und erleichtert, jedoch kann nicht außer Acht gelassen werden, dass all dies wenig an der Anwendungsunfreundlichkeit des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts geändert hat. Werden die Vorschriften für die Vollstreckung der bilateralen Verträge zwar im AVAG etwas zusammengefasst, kann doch nicht von einer vollständigen Vereinheitlichung gesprochen werden. So enthält das Gesetz einen zweiten Teil „Besonderes“, in dem in dessen Abschnitten 3 und 4 Abweichungen von den allgemeinen Regelungen für die Verträge mit Norwegen und Israel festgeschrieben wurden.183 Zudem werden lediglich die Ausführungsvorschriften zu den neueren von Deutschland geschlossenen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen durch das AVAG geregelt. 184 Da der Anwendungsbereich auf die zuvor genannten bi- und multilateralen Abkommen begrenzt ist, bleibt es im Grunde bei einer Vielzahl von Rechtsquellen und somit der unübersichtlichen Rechtslage, da die Ausführungsgesetze zu den älteren Verträgen daneben in Kraft bleiben.185 Aufgrund der weitgehenden Überlagerung der bilateralen Verträge durch EuGVVO und Luganer Übereinkommen bleibt immerhin im Wesentlichen nur der Vertrag mit Tunesien, der nicht vom AVAG näher ausgestaltet wird, gleichwohl bleibt die Lage konfus. Zwar hat der Erlass des AVAG die positive Konsequenz, dass künftige Ausführungsgesetze eine einheitliche Grundlage haben,186 inwiefern der Abschluss entsprechender Staatsverträge den einzelnen EU-Mitgliedstaaten jedoch überhaupt noch möglich ist, gilt es an gegebener Stelle noch zu beleuchten. 187 VI. Das Verhältnis von Staatsverträgen und Unionsrecht zum autonomen Recht 1. Das Günstigkeitsprinzip der bilateralen Verträge Bei Abschluss eines bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrags verpflichten sich die jeweiligen Vertragsstaaten zur gegenseitigen Anerken182 Sehr instruktiv zu dieser Entwicklung die amtliche Begründung mit Stellungnahme der Bundesregierung zum AVAG, BT-Dr. 11/351, 15 (16 f.). 183 Ausführlich zum Aufbau und der Gesetzessystematik des AVAG siehe Dörner, in: Saenger, Hk-ZPO, AVAG, Rn. 5 ff.; Lackmann, in: Musielak, ZPO, Vorbem. AVAG, Rn. 3 ff. 184 Statt aller Gottwald, in: MüKo ZPO, Vorbem. zu § 1 ff. AVAG, Rn. 6 f. 185 Siehe hierzu Gottwald, in: MüKo ZPO, Vorbem. zu § 1 ff. AVAG, Rn. 5 ff.; Geimer, in: Walter/Baumgartner, S. 220; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, Schlußanhang V E Rn. 2; Schack, IZVR, Rn. 896; Böhmer, IPRax 1988, 334 (337). 186 Ebenso Geimer, NJW 1988, 2157 (2157 f.). 187 Siehe hierzu die Ausführungen zu den Außenkompetenzen der EU, Kap. V § 19 II.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
nung und Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidungen des Vertragspartners bei Erfüllung der jeweils vertraglich festgeschriebenen Voraussetzungen.188 Im Umkehrschluss ergibt sich jedoch keine zwingende Verpflichtung des Anerkennungsstaats, die Anerkennung zu verweigern, wenn die Anerkennungsvoraussetzungen des jeweiligen bilateralen Vertrags nicht erfüllt sind, eine Anerkennung jedoch nach autonomem Recht in Betracht kommt. 189 Es stellt sich mit Blick auf die grundsätzliche Parallelität von staatsvertraglichen und autonomen Regelungen insofern die Frage: Ist ein „Rückgriff“ auf das Anerkennungs- und Vollstreckungssystem des autonomen Rechts möglich, auch wenn der Anwendungsbereich eines bilateralen Staatsvertrags eröffnet ist? 190 Das Verhältnis der Staatsverträge zum autonomen Recht ist nicht unumstritten; in aller Regel gehen Staatsverträge dem autonomen Recht der jeweiligen Vertragsstaaten in der Normenhierarchie vor, wenngleich dieses Prinzip im Rahmen der internationalen Urteilsanerkennung nicht uneingeschränkt Geltung entfaltet.191 Die Mehrzahl der bilateralen Verträge enthält keine Vorschriften hinsichtlich des Rangverhältnisses von autonomem Recht und staatsvertraglichen Regelungen. 192 Auch das autonome Recht liefert – anders als etwa Art. 3 EGBGB,193 der für das Kollisionsrecht die Rangverhältnisse 188
Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 262; Siehr, in: FS Walder, 409 (409); Geimer, IZPR, Rn. 2769. 189 Vgl. Geimer, in: Walter/Baumgartner, S. 226; ders., in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1381; ders., IZPR, Rn. 2769; Schütze, in: Wieczorek/ Schütze, ZPO, § 328, Rn. 121; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 262; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (172); Siehr, IPRax 1989, 93 (96); ebenso Karl in Bezug auf den deutsch-spanischen Vertrag, der in Art. 23 Abs. 2 ausdrücklich das Günstigkeitsprinzip normiert, vgl. Karl, Die Anerkennung von Entscheidungen in Spanien, S. 245. 190 Ausführlich Siehr, in: FS Walder, 409 (410 ff.). 191 Vgl. Schack, IZVR, Rn. 68, 897; Schreiner, Die internationale Zuständigkeit als Anerkennungsvoraussetzung nach § 328 I Nr.1 ZPO, S. 15; siehe auch VölzmannStickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 6. 192 Vgl. Siehr, in: FS Walder, 409 (410, 413 f.); Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 262. Eine ausdrückliche Festlegung des „Günstigkeitsprinzips“ enthält jedoch beispielsweise Art. 23 Abs. 2 des deutsch-spanischen Vertrags: Dieser Vertrag berührt nicht die günstigeren Bestimmungen des internen Rechts eines Vertagsstaates, durch das die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und Vergleiche und vollstreckbarer öffentlicher Urkunden über diesen Vertrag hinaus erleichtert wird.; siehe Karl, Die Anerkennung von Entscheidungen in Spanien, S. 245. 193 Art. 3 EGBGB: „Soweit nicht 1. unmittelbar anwendbare Regelungen der Europäischen Gemeinschaft in ihrer jeweils geltenden Fassung, insbesondere a) die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II) (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40) sowie b) die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6), oder 2. Regelungen in völ-
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klar definiert – keinen näheren Aufschluss über die Hierarchien. 194 Nach einer Ansicht verdrängen die staatsvertraglichen Regelungen als leges speciales grundsätzlich das autonome Recht.195 Fraglich ist jedoch, ob ein genereller Vorrang der Staatsverträge dem allgemeinen Zweck der Urteilsanerkennung entspricht. Die bi- und multilateralen Anerkennungsverträge haben regelmäßig die Aufgabe, die Anerkennung durch die Vertragsstaaten zu erleichtern bzw. die Urteilsfreizügigkeit zu fördern, das Prinzip des favor recognitionis.196 Mit Blick hierauf erscheint es sachgerecht einen Rückgriff auf autonome Normen zu gestatten, wenn dies für die grenzüberschreitende Geltungmachung von Entscheidungen vorteilhaft ist. 197 Es ist folglich in Fällen, in denen das autonome Anerkennungsrecht anerkennungsfreundlicher ist, statt auf die einschlägigen staatsvertraglichen Regelungen (ausnahmsweise) auf das autonome Anerkennungsrecht abzustellen. 198 In Bezug auf die einzelnen Regelungssysteme gilt dabei ein „Vermischungsverbot“, d. h. es kann immer nur das autonome oder das staatsvertragliche Regelungssystem als Ganzes anwandt und nicht einzelne Anerkennungskriterien „vermischt“ werden.199
kerrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, maßgeblich sind, bestimmt sich das anzuwendende Recht bei Sachverhalten mit einer Verbindung zu einem ausländischen Staat nach den Vorschriften dieses Kapitels (Internationales Privatrecht)“. 194 Vgl. Geimer, IZPR, Rn. 2766; Siehr, in: FS Walder, 409 (412 f.). 195 Siehe Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1380 f. 196 Geimer, in: Walter/Baumgartner, S. 226; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 262; Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (589); diesen Begriff verwendet z. B. Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 121. 197 Vgl. Geimer, in: Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I/2, S. 1381 f.; Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (172); Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 121; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 105; eine internationale Betrachtung liefert Bendermacher-Geroussis, Rev. hell. dr. int. 19 (1966), 38 (44 f.). 198 Ebenso der BGH in einem grundlegenden Urteil (zum deutsch-schweizerischen Vertrag), BGH, 18.3.1987 – IV b ZR 24/86, NJW 1987, 3083 (3084) = IPRax 1989, 104 (105); vgl. Geimer, IZPR, Rn. 2767; Siehr, IPRax 1989, 93 (93 ff.); Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (172); Siehr, RabelsZ 50 (1986), 586 (589); für ein „Nebeneinander“ im Rahmen des Günstigkeitsprinzips zum deutsch-österreichischen Vertrag OLG Hamm, 5.7.1978 – 20 U 95/78, RIW/AWD 1978, 689 (689 ff.); siehe auch Decker, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen im Zivilprozess, S. 356; Schack, IZVR, Rn. 897. 199 Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 105; zum deutsch-spanischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Karl, Die Anerkennung von Entscheidungen in Spanien, S. 246 f.; Siehr, in: FS Walder, 409 (410); ebenso Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 121, der insofern anschaulich von „Rosinenpickerei“ spricht.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
2. Keine Wahlmöglichkeit im Verhältnis zu EuGVVO und LugÜ Aufgrund der besonderen Natur bzw. des Verhältnisses von EU-Recht zu den nationalen Rechtsordnungen stellt sich die Frage, ob die obigen Ausführungen zum Günstigkeitsprinzip auch im Verhältnis der bilateralen Verträge zu EuGVVO und LugÜ zutreffen. 200 Gegen eine Anwendung des Günstigkeitsprinzips im Anwendungsbereich der EuGVVO und des Luganer Übereinkommens sprechen die eindeutigen Regelungen der Artt. 69, 70 Abs. 1 EuGVVO201 und Artt. 64 ff. LugÜ,202 die gerade kein Nebeneinander von bilateralen Verträgen und Unions- bzw. multilateralem Staatsvertragsrecht normieren, sondern von einem „Ersetzen“ der benannten bilateralen Verträge durch EuGVVO bzw. LugÜ ausgehen.203 Bei diesen Formulierungen scheint nur äußerst wenig Raum für einen Rückgriff auf bilaterale Staatsverträge oder autonomes Recht. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Regelung der Anerkennung und Vollstreckung durch (sekundäres) Unionsrecht, wie insbesondere die EuGVVO, und durch das Luganer Übereinkommen auch vorteilhafteres autonomes Recht sowie bilaterale staatsvertragliche Regelungen vollständig verdrängt. 204 Eine anderweitige Auffassung erscheint kaum vertretbar, da ihr wohl der ausdrückliche Wortlaut der Art. 69 EuGVVO und Art. 65 LugÜ entgegensteht. Zudem ist (hinsichtlich der EUGVVO) zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Unionsrecht um supranationales Recht handelt, das aus seiner Natur heraus schon den Anwendungsvorrang vor nationalem Recht beansprucht. Mit diesem Charakteristikum des europäischen Rechts wäre ein Rückgriff auf nationales Recht kaum vereinbar. Vielmehr müssen die Regelungen der Artt. 36 EuGVVO und der Artt. 25 ff. LugÜ als „abgeschlossene, fein ausdifferenzierte Systeme“ betrachtet werden, die nicht 200
Siehe ausführlich Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 28 ff. Art. 69 EuGVVO: „Diese Verordnung ersetzt unbeschadet des Artikels 66 Absatz 2 und des Artikels 70 im Verhältnis zwischen den Mitgliedstaaten die nachstehenden Abkommen und Verträge: […].“ 202 Art. 65 LugÜ: „1) Dieses Übereinkommen ersetzt unbeschadet des Artikels 63 Absatz 2 und der Artikel 66 und 67 im Verhältnis zwischen den durch dieses Übereinkommen gebundenen Staaten die zwischen zwei oder mehr dieser Staaten bestehenden Übereinkünfte, die sich auf dieselben Rechtsgebiete erstrecken wie dieses Übereinkommen. 2) Durch dieses Übereinkommen werden insbesondere die in Anhang VII aufgeführten Übereinkünfte ersetzt.“ 203 BGH, IPRax 1993, 396 (398); Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 11; ders.; IZPR, Rn. 2767b; Schack, IZVR, Rn. 898; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 104, § 15 Rn. 88. 204 Zutreffend Geimer, in: Zöller, ZPO, § 328 Rn. 11; ders., IZPR, Rn. 2767b; Spellenberg, in: Staudinger, § 328 ZPO Rn. 28 ff.; Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 104, § 15 Rn. 88; Völzmann-Stickelbrock, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, § 328 Rn. 6; Schütze, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, § 328, Rn. 121; a. A. wohl Koch, in: Gilles, Effiziente Rechtsverfolgung, 161 (182 f.), der (allerdings noch in Bezug auf das EuGVÜ) vertritt, dass im Hinblick auf die ratio conventiones eine Anerkennung möglich sein müsse, wenn das autonome Anerkennungsrecht weniger anerkennungsfreundlich sei. 201
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durch andere Regelungen durchbrochen werden können. 205 Diesbezüglich ist allerdings zu berücksichtigen, dass eine Anwendung der EuGVVO in der Regel wohl ohnehin vorteilhafter sein wird als die Bestimmungen des autonomen Rechts, da die Anforderungen an die innereuropäische Urteilszirkulation ohnehin stetig (zuletzt durch die Neufassung der EuGVVO) geringer werden und die Bestimmungen der EuGVVO auf dem besonderen Näheverhältnis der EU-Mitgliedstaaten untereinander basieren, sodass diese Streitfrage nur in den wenigsten Fällen Relevanz entfalten dürfte. 206 VII. Bilanz der deutschen staatsvertraglichen Regelungen Die Betrachtung der staatsvertraglichen Praxis Deutschlands hat gezeigt, dass die jeweils abgeschlossenen Verträge vielfach die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen erstmals ermöglichten. 207 Diese positive Wirkung ist unumstritten und wohl als wichtigstes Merkmal der staatsvertraglichen Regelungen zu sehen. Die einzelnen Voraussetzungen stimmen dabei in großem Umfang mit den Regelungen des autonomen Rechts überein. Abweichungen zur heutigen Rechtslage in Bezug auf drittstaatliche Urteile – wie etwa in Bezug auf die Überprüfung der kollisionsrechtlichen Konformität – rühren häufig aus Änderungen und Reformen des nationalen Rechts (insbesondere wohl im Rahmen der IPR-Reform von 1986) her, die im Rahmen von (älteren) bilateralen Staatsverträgen in der Regel nicht berücksichtigt werden konnten. Unterschiede hinsichtlich der Prüfungsausgestaltung – beispielsweise die Aufstellung von Gerichtsstandskatalogen in den Verträgen gegenüber dem Spiegelbildprinzip des autonomen Rechts – stellen zwar keine unerhebliche Divergenzen dar, faktisch ändern die unterschiedlichen Vorgehensweisen jedoch nichts daran, dass über die einzelnen Kriterien, in diesem Fall über die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit, ein weitgehendes Einverständnis herrscht. Interessant ist bei der abschließenden Betrachtung der Staatsverträge Deutschlands die historische Weiterentwicklung der einzelnen Verträge und der einzelnen enthaltenen Anforderungen. So hat sich beispielsweise der Kreis der erfassten Entscheidungen insofern erweitert, als die Verträge mit Italien und der Schweiz lediglich formell rechtskräftige bzw. endgültig voll205
Ebenso Nagel/Gottwald, IZPR, § 15 Rn. 88; Martiny, in: Hdb. IZVR III/2, S. 96 f.; siehe zudem die Auführungen des EuGH im Lugano-Gutachten – ausführlich hierzu Kap. V § 19 II 2 a). Martiny argumentiert zwar noch in Bezug auf das Verhältnis von EuGVÜ zu autonomem Recht, seine Erwägungen lassen sich jedoch auch auf die sekundärrechtliche Regelung durch die EuGVVO übertragen; a. A. noch Gottwald, der im Verhältnis von § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und Art. 27 Nr. 4 EuGVÜ wohl einen Rückgriff auf autonomes Recht zulassen will, vgl. Gottwald, ZZP 103 (1990), 257 (278). 206 Ebenso Spellenberg, in: Staudinger, § 328 Rn. 28; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 2, 41. 207 Siehe hierzu bereits Kap. III § 12 I sowie die dort genannten Quellen.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
streckbare Gerichtsentscheidungen umfassten, während die neueren Verträge auch vorläufig vollstreckbaren Entscheidungen die Möglichkeit der Anerkennung eröffnen. 208 Auch die anerkannten Gerichtsstände bzw. die Listen in den bilateralen Verträgen, die diese enumerativ benennen, haben sich schrittweise ausgeweitet bzw. verlängert. Es zeigt sich insgesamt also bei den bilateralen Staatsverträgen eine Tendenz hin zu einer detaillierteren und mitunter auch großzügigeren Regelung mit ausführlicheren Bestimmungen. 209 So positiv grundsätzlich der Abschluss bilateraler Verträge und deren Funktion zu bewerten ist, ist dem System der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge jedoch die folgende Problematik immanent: Zwar beseitigen die jeweiligen Verträge im Verhältnis der kontrahierenden Staaten bestehenden Unsicherheiten und gewährleisten eine wechselseitige Anerkennung, sie tragen aber auf der anderen Seite – insbesondere mit den jeweiligen Ausführungsgesetzen – ganz maßgeblich zu der viel besagten unübersichtlichen Fülle an Normen bzw. Rechtsquellen bei, die dem Rechtsanwender die Bestimmung des im Einzelfall einschlägigen Anerkennungsrechts erschwert. Hinzu kommen die feinen Unterschiede zwischen den einzelnen Verträgen, die Beleg und Ausdruck der individuellen Situation jedes Vertragsschlusses sind.210 Dabei sind die einzelnen Abkommen durch mannigfaltige Einflüsse geprägt: einerseits von den jeweiligen autonomen Rechtsordnungen der Vertragsstaaten, andererseits aber auch von den bereits existierenden bi- und mulitlateralen Abkommen. So ist etwa das letzte von Deutschland abgeschlossene Abkommen, das deutsch-spanische Abkommen, wie die mit Israel und Norwegen geschlossenen Verträge aufgebaut.211 Die Verträge Deutschlands mit Österreich, Belgien und Großbritannien sind wiederum aneinander angelehnt bzw. nach einem ähnlichen Muster aufgebaut und weisen so einige Gemeinsamkeiten auf. 212 Die Staatsverträge sind folglich in besonderem Maße Resultat der ausgeprägten Dynamik bzw. der Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Rechtsquellen. Sie stellen ein äußerst wirksames Instrument zur Absicherung der gegenseitigen Urteilsanerkennung dar, eine Vereinfachung der Lage tritt durch die enorme Normenvielfalt jedoch gerade nicht ein. Daraus ist für künftige Bestrebungen seitens nationaler wie auch des europäischen Gesetzgebers die Lehre zu ziehen, dass der Abschluss bilatera208
Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 234; Geimer, NJW 1965, 1413 (1414). Vgl. Cramer-Frank, Auslegung und Qualifikation bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge mit Nicht-EG-Staaten, S. 233. 210 Auch Waehler gibt zu bedenken, die Abkommen weisen trotz vieler grundsätzlicher Gemeinsamkeiten angesichts der „divergierenden Vertragspraxis der jeweiligen Partnerstaaten und zahlreicher Unterschiede im autonomen Recht zwangsläufig starke Abweichungen nicht nur in Detailfragen auf und lösen gemeinsame Probleme oft sehr unterschiedlich“, vgl. Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 238. 211 Böhmer, IPRax 1988, 334 (334); Löber, RIW 1987, 429 (429). 212 Arnold, RabelsZ 38 (1974), 767 (768). 209
§ 13 Die bilateralen Staatsverträge Frankreichs
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ler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ein weiterhin zeitgemäßes Mittel zur Sicherung der gegenseitigen Urteilsanerkennung darstellen kann, wenn mit ihrem Abschluss nicht eine weitere Verkomplizierung einhergeht.
§ 13 Die bilateralen Staatsverträge Frankreichs § 13 Die bilateralen Staatsverträge Frankreichs
I.
Historische Grundlagen
Hat die Betrachtung der deutschen bilateralen Staatsverträge gezeigt, dass zum einen Deutschland nur in sehr eingeschränktem Maß bilaterale Vereinbarungen geschlossen hat und diese zum anderen heute in der praktischen Anwendung kaum noch Relevanz besitzen, so offenbart sich im französischen Recht ein anderes Bild. Neben dem französischen autonomen Recht bzw. den von der französischen Rechtsprechung entwickelten Kriterien existieren zahlreiche bi- und multilaterale Übereinkommen zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer bzw. drittstaatlicher Entscheidungen. 213 Frankreich besitzt eine der längsten Traditionen im Bereich der Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge, dementsprechend groß ist die Zahl der existierenden bilateralen Staatsverträge. 214 Das französisch-schweizerische Abkommen aus dem Jahre 1869 stellt einen der ältesten (nachweisbaren) Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge dar.215 Bis zum Zweiten Weltkrieg existierten lediglich vier bilaterale Staats213 Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (489); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 185; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 443 f.; Monéger, Droit international privé, Rn. 608; Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (151); Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 7. 214 Diesbezüglich finden sich unterschiedlich detaillierte Listen in der Literatur, deren Koordinierung hier versucht wird. Sehr umfangreiche, aber jeweils wohl nicht völlig abschließende Aufzählungen liefern Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 444 f. in den Fußnoten 3–9 zu Rn. 667-1.; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 482 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 185 (Fn. 1); Philippsohn, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, France, S. 12 f. Die aktuellesten und wohl vollständigsten Übersichten finden sich in Cuniberti/ Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59 ff.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., (Matières civile et commerciale), S. 4 f.; Ministère des Affaires Étrangères, Liste des Traités et Accords de la France, Bd. II, S. 1107 ff. 215 Vgl. Schack, IZVR, Rn. 804; Waehler, in: Hdb. IZVR III/2, S. 232; Batiffol/ Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 443; Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (192); grundlegend zu den ältesten bilateralen Abkommen Frankreichs Pillet, Les conventions internationales relatives à la compétence judiciaire et à l’exécution des jugements, S. 3 ff. Es wurde jedoch mit Wirkung zum 1.1.1992 – aufgrund des Abschlusses des Luganer Übereinkommens – durch einen Briefwechsel zwischen der französischen und schweizerischen Regierung vom 6. und 14. November 1991 aufgehoben, vgl.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
verträge – der französisch-schweizerische Vertrag vom 15. Juni 1869, das französisch-belgische Abkommen vom 8. Juli 1899, der französisch-italienische Vertrag vom 3. Juni 1930 und der französische Vertrag mit Großbritannien vom 18. Januar 1934. 216 Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wuchs die Zahl der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs – ähnlich wie es sich im deutschen Recht beobachten ließ – jedoch stetig an, was insbesondere auch auf politische Entwicklungen bzw. die zunehmenden Unabhängigkeitserklärungen der ehemaligen französischen Kolonien zurückzuführen ist. 217 Nach einer Zusammenschau der unterschiedlichen in der Literatur vorhandenen Übersichten und unter Bezugnahme auf die Quellen des französischen Außenministeriums existieren derzeit zwischen Frankreich und 46 Staaten218 bilaterale Vereinbarungen, die die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen zum Gegenstand haben.219 Erwähnenswert erscheint in diesem ZusammenCuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59; Schack, IZVR, Rn. 894; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 7. Darüber, welcher der älteste Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag sei, besteht in der Literatur allerdings Uneinigkeit. So nennt Jellinek „Art. 31 des Bundes der eidgenössischen katholischen Orte mit der Krone Frankreichs, unterzeichnet und beschworen zu Solothurn am 5. Mai 1715“ als ältesten nachweisbaren Vertrag, vgl. Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 1 ff.; siehe auch Matscher, JBl. 1960, 265 (266); Martiny, in: Hdb. IZVR III/1, S. 16. 216 Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 46; siehe auch Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 443 f. Sehr instruktiv zur Geschichte des französisch-schweizerischen und des französischitalienischen Vertrags Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 1 ff.; eine grundlegende Betrachtung des französisch-schweizerischen und des französisch-belgischen Abkommens liefert Pillet, Les conventions internationales relatives à la compétence judiciaire et à l’exécution des jugements, S. 71 ff. 217 Vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 444; Derruppé, Droit international privé, S. 120; siehe auch Monéger, Droit international privé, Rn. 608; Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (198). 218 Diese Aufzählung geht nicht von einem einheitlichen Vertrag zwischen Frankreich und dem damaligen Jugoslawien und der Tschechslowakei aus, sondern behandelt die Weiterführung dieser Verträge mit den einzelnen Nachfolgestaaten – Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Serbien und Slowenien im Fall des französisch-jugoslawischen Vertrags; die Tschechische Republik und die Slowakei im Fall des französischtschechoslowakischen Vertrags – als getrennte Verträge. Auch die Ausdehnung des französisch-britischen Vertrags auf andere Staaten bzw. britische Hoheitsgebiete, in diesem Fall Neuseeland, wird als separate bilaterale Vereinbarung eingestuft. 219 Siehe ausführlich das Verzeichnis der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs; vgl. zudem Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 444 f. in den Fußnoten 3–9 zu Rn. 667-1.; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59 ff.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., (Matières civile et commerciale), S. 4 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 185 (Fn. 1); Philippsohn, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, France, S. 12 f.
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hang, dass trotz der großen Zahl bilateraler französischer Staatsverträge ein solcher nie mit Deutschland abgeschlossen wurde. Die Gründe für ein solches Fehlen werden in der Literatur im Wesentlichen darauf zurückgeführt, dass die bereits zwischen den Staaten begonnenen Verhandlungen zurückgestellt wurden als der Abschluss des EuGVÜ bevorstand.220 II. Divergierende Anwendungsbereiche Bemerkenswert sind mit Blick auf die Titel der jeweils einschlägigen Staatsverträge die zum Teil in ihrem Umfang stark voneinander abweichenden Anwendungs- bzw. Geltungsbereiche der einzelnen Abkommen. Ließ sich bereits den deutschen bilateralen Staatsverträgen diesbezüglich eine gewisse Uneinheitlichkeit attestieren, so ist die Lage hinsichtlich der französischen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge noch weitaus heterogener.221 Die erfassten Sachbereiche sind sehr unterschiedlich und reichen von konkreten Verträgen, die (lediglich) die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen erfassen (Conventions sur l’exécution des jugements en matière civile et commerciale) 222 über Abkommen, die sehr weit gefasst sind und weitere Bereich der justiziellen Zusammenarbeit betreffen (Conventions de coopération judiciaire oder conventions d’entraide judiciaire)223.224 Überdies werden in einigen Verträgen auch die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen (sentences arbitrales)225 und/oder öffentlichen Urkunden (actes authentiques)226 sowie einzelne Spezialgebiete 220 Ausführlich zur Verbürgung der Gegenseitigkeit zwischen Deutschland und Frankreich vor Inkrafttreten des EuGVÜ Schütze, JR 1967, 212 (212 f.). 221 Siehe Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 444 f.; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (489). 222 Vgl. etwa den französisch-italienischen, französisch-britischen sowie die Verträge Frankreichs mit den Staaten des ehemaligen Jugoslawiens. 223 Siehe exemplarisch die Verträge Frankreichs mit Brasilien, Bulgarien, China, Laos, der Mongolei, Rumänien, Tunesien, Ungarn, Uruguay oder den Vereinigten Arabischen Emiraten; siehe hierzu das Verzeichnis der bilateralen Verträge Frankreichs sowie Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 61. 224 Vgl. Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (489); vgl. zudem die anschauliche Auflistung (unter Angabe des Anwendungsbereichs) von Ministère des Affaires Étrangères, Liste des Traités et Accords de la France, Bd. II, S. 1107 ff.; siehe auch Bendermacher-Geroussis, Rev. hell. dr. int. 19 (1966), 38 (39 ff.), die sich mit der international unterschiedlichen Ausgestaltung von Anerkennungsabkommen befasst. 225 Vgl. die bilateralen Abkommen mit Belgien und Spanien, bei denen sich dies bereits aus deren Titel ergibt. Einige der zahlreichen Rechtshilfeabkommen erfassen ebenfalls die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen wie auch öffentlichen Urkunden, vgl. etwa Artt. 36 ff. des Vertrags mit Burkina Faso; auch der französisch-monegassische Vertrag behandelt in Art. 18 die Anerkennung von Schiedssprüchen. 226 So etwa ausdrücklich im Fall des französisch-belgischen, des französisch-österreichischen und des französisch-spanischen Vertrags. Allerdings erfassen auch einige
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wie etwa das Insolvenzrecht (faillite) in den Anwendungsbereich einbezogen.227 Dabei lassen sich die erfassten Materien nicht ohne weiteres mit Blick auf die Titel der Übereinkommen feststellen, denn gerade die allgemein gehaltenen Bezeichnungen als Kooperations- oder Rechtshilfeübereinkommen liefern über den tatsächlichen Anwendungsbereich nur wenig Aufschluss. Es zeigt sich somit ein sehr uneinheitliches Bild der Staatsverträge, das die Beurteilung ihrer Regelungen im Einzelnen und die Auffindung und Anwendung der richtigen Norm für den Rechtsanwender äußerst erschwert. Die bilateralen Regelungen, welche hier Gegenstand näherer Betrachtung sein sollen, sind diejenigen, welche die Anerkennung und Vollstreckung zivil- und handelsrechtlicher Entscheidungen betreffen. Dabei ist auch bei den französischen Anerkennungsabkommen hinsichtlich des Begriffs der Zivil- und Handelssachen (matières civiles et commerciales) – vor dem Hintergrund des Zwecks der erleichterten Urteilszirkulation, den die bilateralen Verträge verfolgen – eine weite Begriffsdefinition zugrunde zu legen.228 Bei der Definition des Begriffs der Zivil- und Handelssachen stellen sich wiederum dieselben Qualifikationsfragen, die bereits im deutschen staatsvertraglichen Recht beleuchtet wurden, wobei auch das französische Recht dazu neigt, die Qualifikation nach dem Recht des Erststaats vorzunehmen.229 Im Hinblick auf das grundsätzlich weite Begriffsverständnis werden von den meisten bilateralen französischen Verträgen auch Adhäsionsentscheidungen erfasst.230 Entscheidend für eine Einstufung als Zivil- und Handelssache Rechtshilfe- bzw. Kooperationsabkommen die Anerkennung öffentlicher Urkunden, vgl. etwa Art. 12 Abs. 3 des französisch-rumänischen Abkommens. 227 So existiert beispielsweise mit Österreich ein Vertrag, der allein die Zuständigkeit und die Anerkennung für insolvenzrechtliche Fragestellungen regelt, und auch das französisch-belgische Abkommen erfasst insolvenzrechtliche Entscheidungen, vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 185; Pillet, Les conventions internationales relatives à la compétence judiciaire et à l’exécution des jugements, S. 291 ff.; Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 29. 228 So etwa in Bezug auf Art. 1 § 1 bzw. den Anwendungsbereich des französischbelgischen Vertrags, vgl. Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 8; siehe auch Lipstein/Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-britannique du 18.1.1934, Fasc. 593-1, S. 14; Bendermacher-Geroussis, Rev. hell. dr. int. 19 (1966), 38 (42) weist insofern darauf hin, dass die Beschränkung auf Zivil- und Handelssachen eine internationale Gemeinsamkeit der Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge sei. 229 Siehe hierzu Kap. III § 12 II 1 a); vgl. ausführlich Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 9 m. w. N. 230 Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 555 mit Hinweisen auf einzelne bilaterale Verträge. So normiert etwa Art. 1 § 2 des französisch-jugoslawischen Vertrags, der heute im Verhältnis zu den ehemaligen jugoslawischen Staaten Anwendung findet: „Elle la convention s’applique même aux décisions rendues par les juridictions pénales dans la mesure où ces décisions concernent les matières visées au paragraphe précédent.“; wortgleich Art. 1 Abs. 2 des französisch-jugoslawischen Vertrags
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im Sinne der französischen Abkommen ist – wie auch in den drei betrachteten autonomen Regelungssystemen und den deutschen bilateralen Verträgen – folglich nicht der Gerichtszweig, in dem die Entscheidung ergangen ist, sondern die Rechtsnatur des Streitgegenstands. 231 Einzelne Verträge gehen daneben sogar noch einen Schritt weiter und erfassen die Anerkennung von Entscheidungen nicht nur in Zivil- und Handelssachen und bestimmte Entscheidungen von Strafgerichten, sondern erstrecken sich auch auf Entscheidungen verwaltungrechtlicher 232 oder arbeitsrechtlicher Natur.233 Interessant ist dabei zudem, dass einige der bilateralen Verträge Frankreichs – neben den bereits erwähnten Adhäsionsentscheidungen – auch strafrechtliche Gegenstände regeln. So erfassen etwa die Abkommen mit Algerien, Gabun, Marokko und Ungarn ihrem Titel nach auch die Auslieferung (extradition). 234 Überhaupt zeigt sich bei den französischen bilateralen Staatsverträgen in diesem Bereich eine weniger strikte Trennung zwischen zivilrechtlichen Gegenständen und anderen Rechtsbereichen als sie sich im deutschen Recht verzeichnen lässt. Erfassen die deutschen Verträge, wenn es sich um einen weitgefassten Vertrag handelt, noch die Anerkennung von Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden und stellt lediglich der deutsch-tunesische Vertrag ein umfassendes Abkommen für den gesamten Bereich der Rechtshilfe dar,235 so ist der „bloße“ Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag im französischen Recht eher die Ausnahme. In der Regel wurde die Anerkennung zivilrechtlicher Entscheidungen in umfassendere Rechtshilfeabkommen bzw. eine bzw. Art. 1 Abs. 2 der Verträge mit den Staaten des ehemaligen Jugoslawien; ähnlich bzw. mit Beschränkung auf Schadensersatzansprüche Art. 17 des französisch-brasilianischen Vertrags; Art. 19 Nr. 2 des französisch-chinesischen Vertrags; für Schadensersatzansprüche und Herausgabeansprüche Art. 12 Abs. 2 des französisch-rumänischen Abkommens. 231 Ebenso Lipstein/Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-britannique du 18.1.1934, Fasc. 593-1, S. 10; Raharinarivonirina, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention judiciaire franco-malgache du 14.6.1973, Fasc. 598, S. 13; Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 29; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 555. 232 Vgl. Art. 23 Abs. 1 des französisch-ägyptischen Vertrags: „Les dispositions du présent titre Reconnaissance et exécution des décisions judiciaires s’appliquent à la reconnaissance et à l’exécution rendues par les autorités judiciaires des deux États en matière civiles, commerciale, et administrative, ainsi qu’ aux décisions rendues par les autorités pénales en matière de réparation de dommages-intérêts et de restitution de biens.“ 233 Vgl. etwa Art. XLIV des französischen Vertrags mit Benin; Art. 34 des Vertrags mit Kamerun; Art. 49 Abs. 1 des Vertrags mit Niger. 234 Siehe die Titel der betreffenden Abkommen im Verzeichnis der bilateralen Verträge Frankreichs. Auch einige der Kooperationsverträge erfassen neben zivil- und handelsrechtlichen Fragen die Auslieferung, vgl. etwa Art. 41 ff. des französischen Kooperationsvertrags mit Mali. 235 Siehe hierzu bereits Kap. III § 12 I, II.
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convention de coopération judiciaire, d’entraide judiciaire oder d’aide (mutuelle) judiciaire eingegliedert. Nur die Verträge mit Italien, Großbritannien, Neuseeland,236 Österreich und den ehemaligen jugoslawischen Staaten widmen sich allein der Anerkennung und Vollstreckung. 237 III. Inhaltliche Besonderheiten und Abweichungen vom autonomen Recht Bilaterale Staatsverträge geben zwar – wie auch schon anhand der deutschen Regelungen oder hinsichtlich des englischen Rechts gesehen – zum einen immer in gewisser Hinsicht die autonomen Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen der Vertragsstaaten wieder, sie stellen aber darüber hinaus häufig gerade einen Kompromiss zwischen den einzelnen Regelungssystemen her und enthalten zumeist Regelungen die gegenüber den autonomen Bestimmungen vorteilhaft sind.238 Dies gilt auch bei den französischen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen. Die einzelnen, bereits erörterten Voraussetzungen der Anerkennung des autonomen Rechts sind dementsprechend insoweit relevant als die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge nicht auf das autonome Recht der Vertragsstaaten verweisen239 oder eigene Voraussetzungen aufstellen.240 Die Regelungen der Anerkennung und Vollstreckung zivil- und handelsrechtlicher Entscheidungen in den bilateralen Abkommen sind dabei in der Regel nach einem einheitlichen Modell aufgebaut und weichen von diesem nur in wenigen Punkten ab, wenngleich sich dieses Modell – zusammen mit der Rechtsprechung auf diesem Gebiet – evolutiv weiterentwickelt hat. 241 Ziel der französischen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ist es wie auch bei anderen Staaten, die wechselseitige Anerkennung zu erleichtern und auf eine gesicherte 236 Anzumerken ist diesbezüglich, dass für Neuseeland der französisch-britische Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag Anwendung findet; siehe auch das Verzeichnis der französischen Verträge. 237 Siehe ausführlich zu den unterschiedlichen Konzeptionen der Abkommen Batiffol/ Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 443 ff.; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (489). 238 Courbe, Droit international privé, S. 179; Loussouarn/Bourel/de VareillesSommières, Droit international privé, S. 731; ähnlich Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (192 f.); Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 186; siehe auch LécuyerThieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 7, die allerdings zu bedenken gibt, dass es auch bilaterale Abkommen gebe, die höhere Anforderungen als das autonome Recht aufstellten. 239 Ein Beispiel hierfür bietet der französische Kooperationsvertrag mit Mali. Dieser normiert in seinem Art. 31: „En matière civile et commerciale, les décisions contentieuses et gracieuses rendues par les juridictions siégeant sur le territoire de la République française et sur le territoire de la République du Mali doivent, pour avoir l’autorité de la chose jugée sur le territoire de l’autre État, remplir les conditions prévues par la législation de cet État.“ 240 Vgl. Fricke, IPRax 1989, 202 (203). 241 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 185.
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Grundlage zu stellen. 242 Eines der zentralen Anliegen war es dabei insbesondere im Verhältnis der Vertragsstaaten, die révision au fond auszuschließen, die in Frankreich noch bis zum Arrêt Munzer praktiziert wurde.243 Im Übrigen sollen die einzelnen Anerkennungskriterien der Verträge bzw. deren Unterschiede zum autonomen Recht anhand einzelner Beispiele exemplarisch erläutert werden. 1. Die internationale Zuständigkeit Die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit des Erststaats bildet auch bei den bilateralen Verträgen Frankreichs einen der zentralen Prüfungspunkte.244 So wesentlich wie dieses Anerkennungskriterium aber in allen Rechtsordnungen auf autonomer wie auch staatsvertraglicher Ebene ist, so unterschiedlich sind die Ausprägungen, wie und wonach die Anerkennungszuständigkeit in den einzelnen Fällen und Rechtsquellen zu bestimmen ist. 245 Die französischen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge bieten hierfür ein besonders anschauliches Beispiel, denn die staatsvertraglichen Regelungen weichen nicht nur insgesamt vom autonomen Recht ab, sondern vor allem lassen sich auch unter den einzelnen Verträgen Unterschiede feststellen. 246 a) Kombination aus Gerichtsstandskatalogen und autonomem Recht Bemerkenswert bei den französischen bilateralen Verträgen ist zunächst, dass sie im Gegensatz zu den deutschen oder englischen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen mitunter auch Regelungen zur Bestimmung der direkten internationalen Zuständigkeit enthalten, d. h. es finden sich unter den hier zu betrachtenden bilateralen Verträgen auch conventions doubles, die zudem die
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Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 482; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (489). 243 Vgl. zum französisch-belgischen Abkommen von 1899 sehr ausführlich Pillet, Les conventions internationales relatives à la compétence judiciaire et à l’exécution des jugements, S. 318; siehe exemplarisch zudem Art. 20 Abs. 2 des französischen Vertrags mit Uruguay, der ausdrücklich festlegt: „L’autorité judiciaire requise ne peut procéder à l’examen au fond de la décision.“ 244 Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 571; Bernard/ Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.015; Hanine, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-italienne du 3.6.1930, Fasc. 592, S. 5; zur grundsätzlichen Bedeutung der Anerkennungszuständigkeit in bilateralen Abkommen siehe BendermacherGeroussis, Rev. hell. dr. int. 19 (1966), 38 (45 ff.). 245 Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 571 f. 246 Vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 571 f.
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direkte Zuständigkeit der Gerichte normieren. 247 Einige der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs stellen für die Bestimmung der indirekten internationalen Zuständigkeit einen Katalog von anerkannten Gerichtsständen auf.248 Ein Beispiel für diese Form der Zuständigkeitsbestimmung stellt die französisch-österreichische Konvention dar. Diese beschränkt sich anders als das französische autonome Recht nicht auf eine Bestimmung der internationalen Zuständigkeit durch eine Generalklausel, sondern enthält in ihren Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Artt. 6 bis 11 detailliertere Regelungen. So normiert sie in den Art. 7 bis 9 die Zuständigkeit in status-, sachen- und erbrechtlichen Fragen, während Art. 10 eine Art allgemeine Zuständigkeitsnorm enthält, die die Gerichte des Entscheidungsstaats im Wesentlichen dann für zuständig erklären, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Urteilsstaat hatte oder wenn der betreffende Sachverhalt einen (räumlichen) Bezug zum Erststaat aufweist. 249 Des Weiteren nennt das Abkommen in Art. 10 Abs. 5 auch den umstrittenen Gerichtsstand des Vermögens als zuständigkeitsbegründend. Es zeigt sich somit ein recht weites Verständnis der internationalen Zuständigkeit, das sich mit dem Ziel der größtmöglichen gegenseitigen Urteilsanerkennung deckt. Ähnlich verfährt auch der französisch-tunesische Vertrag, der in Art. 15 lit. a festlegt, dass die Anerkennungszuständigkeit nur in den Fällen gegeben ist, in
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Bureau/Muir Watt, Le droit international privé, S. 39; ein Beispiel für eine convention double ist etwa der französisch-belgische Vertrag, vgl. Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 6. 248 Vgl. Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (193); Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.016; Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 571 f.; Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 116 ff.; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 483, die auf das – wohl überschaubare – Risiko in der Praxis hinweisen, dass die Bestimmung der internationalen Entscheidungszuständigkeit (versehentlich) anhand der Regelungen zur indirekten internationalen Zuständigkeit der Verträge erfolgen könnte. 249 Art. 10 des französisch-österreichischen Vertrags: „Dans les matières non visées aux articles 7 à 9, les tribunaux de l’État d’origine sont compétents: 1. Si le défendeur, à la date de l’introduction de l’instance, a son domicile ou sa résidence habituelle sur le territoire de cet État; 2. Si le défendeur a ou avait sur le territoire de cet État un établissement ou une succursale de nature commerciale, industrielle ou autre et s’il y est cité pour un litige relatif à l’exploitation de cet établissement ou de cette succursale; 3. Si, en matière commerciale, de l’accord exprès ou tacite du demandeur et du défendeur, l’obligation contractuelle qui fait l’objet du litige a été ou devrait être exécutée sur le territoire de cet État; 4. Si, en matières de dommages-intérêts résultant d’une responsabilité extracontractuelle, le fait dommageable a été commis sur le territoire de cet État; 5. Si le défendeur, à la date de l’introduction de l’instance, a des biens sur le territoire de cet État et sìl n’a ni domicile ni résidence habituelle sure le territoire de l’autre État.”
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denen sich die internationale Zuständigkeit aus einem der in Art. 16 genannten Gerichtsstände ergibt. 250 Mag diese Vorgehensweise der Zuständigkeitsbestimmung anhand eines Katalogs zunächst als starke Abweichung vom autonomen französischen Recht erscheinen, das seit dem Arrêt Simitch aus dem Jahr 1985 auf eine hinreichende Verbindung zum Urteilsstaat für die Anerkennungszuständigkeit abstellt, so wird dies in der Praxis aber wohl nur zu wenig abweichenden Ergebnissen führen. Die genannten Gerichtsstände bzw. deren Anknüpfungspunkte werden in den betreffenden Fällen wohl auch als hinreichendes Verbindungsmoment nach autonomem Recht zu bewerten sein. Ferner ist anzumerken, dass die in den unterschiedlichen Katalogen genannten Gerichtsstände fast ausschließlich die Anforderungen hinsichtlich der direkten Zuständigkeit der nationalen Rechte wiedergeben und so von den Wertungen des autonomen Rechts tatsächlich kaum eine Abweichung besteht. 251 Gestützt wird diese Annahme schließlich dadurch, dass die Verträge, die eine Bestimmung der Anerkennungszuständigkeit nach einem Gerichtsstandskatalog vorsehen, zumeist einen Verweis auf die autonomen Regelungen für nicht erfasste Materien als eine Art „Auffangregelung“ enthalten.252 Die Vorgehensweise bei der Prüfung weicht somit zwar vom autonomen Recht ab, im Ergebnis werden die unterschiedlichen Prüfungsschemata aber wohl nur in wenigen Fällen zu divergierenden Resultaten führen.
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Art. 15 lit. a des französisch-tunesischen Vertrags lautet: „En matière civile ou commerciale, les décisions contentieuses et gracieuses rendues par les juridictions siégeant en France ou en Tunisie sont reconnues de plein droit sur le territoire de l’autre État s’il est satisfait aux conditions suivants: a) La décision émane d’une juridiction compétente au sens de l’article 16 de la présente Convention; […]; Art. 16 des französisch-tunesischen Vertrags lautet: La compétence de l’autorité judiciaire de l’État dans lequel la décision a été rendue est fondée au sens de l’article précédent dans les cas suivants: […].“; siehe näher El Arbi Hachem, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-tunisienne du 28.6.1972, Fasc. 594, S. 8 ff. Dasselbe Prinzip verfolgt auch in Art. 15 Abs. 1 lit. a i. V. m. Art. 16 das französisch-rumänische Abkommen. 251 Vgl. ausführlich zur Regelung der Anerkennungszuständigkeit El Arbi Hachem, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-tunisienne du 28 juin 1972, Fasc. 594, S. 8 ff. 252 Vgl. etwa Art. 16 Abs. 1 lit. j des französisch-tunesischen Vertrags: „La compétence de l’autorité judiciaire de l’Etat dans lequel la décision a été rendue est fondée au sens de l’article précédent dans les cas suivants: […] Dans tout autre cas dans lequel la compétence est fondée suivant les règles de la compétence judiciaire internationale admises par la législation de l’État où la décision est invoquée.” Ein ähnlicher „Hilfsverweis auf die autonomen Zuständigkeitsbestimmungen“ findet sich beispielsweise in Art. 10 des französisch-belgischen Vertrags: „Pour tous les cas où la présente convention n’établit pas de règles de compétence commune, la compétence est réglée dans chaque pays par la législation qui lui est propre.“; siehe Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 16.
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b) Bloßer Verweis auf die autonomen Zuständigkeitsregelungen Die Mehrheit der bilateralen Verträge beschränkt sich für die Bestimmung der Anerkennungszuständigkeit jedoch auf einen (bloßen) Verweis auf die Regelungen des autonomen Rechts zur Bestimmung der indirekten Zuständigkeit und stellt diesem keinen Gerichtsstandskatalog zur Seite.253 Interessant ist dabei, dass einige Verträge die Prüfung der internationalen Zuständigkeit in die Hände des Betroffenen bzw. Beklagten legen und bei einem entsprechenden Verzicht eine Kontrolle der erststaatlichen Zuständigkeit nicht durchführen. 254 Mag diese Regelung auf den ersten Blick recht weitreichend erscheinen, so kommt sie im Grunde zu keinen anderen Ergebnissen als eine rügelose Einlassung des Beklagten im Erstprozess. Auch in diesem Fall kann der Beklagte einem an sich unzuständigen Gericht die Entscheidungskompetenz einräumen – in letzterem Fall bereits im Erkenntnisverfahren, bei Verzicht auf die Zuständigkeitsprüfung (erst) im Anerkennnungsverfahren. Vor dem Hintergrund dieser Regelung scheinen diese bilateralen Verträge Frankreichs die Prüfung der Anerkennungszuständigkeit primär als Prüfung der internationalen Gerichtspflichtigkeit des Beklagten und somit wohl als reine Beklagtenschutzvorschriften zu verstehen. Wird der Weg des Verweises auf die Bestimmungen des nationalen Rechts gewählt, so besteht im Grunde kein Unterschied zwischen staatsvertraglichem und autonomem Recht. 255 Von diesem Ergebnis ist zumeist nur insofern eine Abweichung zu verzeichnen, als das früher geltende französische autonome Recht seine Staatsbürger in zuständigkeitsrechtlicher Hinsicht enorm privile253
Vgl. etwa Art. XLIV lit. a des Vertrags mit Benin: „En matière civile, commerciale et sociale, les décisions contentieuses et gracieuses rendues par les juridictions siégeant sur le territoire de la République française et sur le territoire de la République du Dahomey sont reconnues de plein droit sur le territoire de l’autre État si elles réunissent les conditions suivantes: La décision émane d’une juridiction compétente selon les règles concernant les conflits de compétence admises dans l’État où la décision est exécutée.“; wortgleich oder ähnlich Art. 18 lit. a des französisch-brasilianischen Vertrags; Art. 19 Nr. 1 des französisch-bulgarischen Vertrags; Art. 34 lit. a des französischen Vertrags mit Gabun; Art. 1 lit. a des französisch-algerischen Vertrags; Art. 34 lit. d des Vertrags mit Kamerun; Art. 36 lit. a des französisch-mauretanischen Vertrags; Art. 49 Abs. 1 lit. a des französischkongolesischen Vertrags; Art. 33 lit. a des Vertrags mit dem Tschad; Art. 22 Nr.1 des französisch-chinesischen Vertrags; siehe hierzu Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.016; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59. 254 Vgl. etwa Art. 34 lit. d des Vertrags mit Kamerun: „En matière civile, sociale ou commerciale, les décisions contentieuses ou gracieuses rendues par une juridiction siégeant en France ou en Cameroun sont reconnues de plein droit sur le territoire de l’autre État si elles réunissent les conditions suivantes: […] La décision émane d’une juridiction compétente d’après les règels de conflit de l’État requis, sauf renonciation de la partie intéressée.”; ebenso Art. XXXVII lit. a des französisch-togolesischen Vertrags. 255 Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59.
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gierte.256 So war die Bevorzugung der eigenen Staatsbürger in Gestalt der Artt. 14, 15 C. civ., durch deren Anwendung sich ein französischer Staatsangehöriger weitgehend der Zuständigkeit ausländischer Gerichte entziehen konnte, über lange Zeit ein Charakteristikum des französischen Rechts. Diese Norm bzw. das Jurisdiktionsprivileg wurde durch den Arrêt Prieur zwar auch im autonomen Recht aufgegeben, zuvor wurde dieses besondere französische Zuständigkeitsprivileg jedoch bereits in einigen bilateralen Verträgen ausgeschlossen. 257 So enthält etwa Art. 30 des französisch-italienischen Vertrags eine recht detaillierte Regelung, die eine Zuständigkeitserklärung der Vertragsstaaten allein auf Grundlage der Staatsangehörigkeit des Klägers ausschließt.258 Weitgehend wortgleiche Regelungen enthalten überdies die Verträge mit Madagaskar und San Marino, wobei diese Verträge jedoch nicht lediglich auf die autonomen Zuständigkeitsbestimmungen verweisen, sondern zudem einen Gerichtsstandskatalog enthalten. 259 Durch das Aufgeben des „Franzosenprivilegs“ im autonomen Recht durch die Rechtsprechung der Cour de cassation bzw. den Arrêt Prieur hat sich somit eine Annäherung von autonomem und bilateralem Vertragsrecht vollzogen. 2. Die kollisionsrechtliche Kontrolle Eine Abweichung der bilateralen Anerkennungsverträge von den bereits behandelten Kriterien des autonomen Rechts liegt zudem in einem Ausschluss oder einer Einschränkung der Überprüfung der Anwendung des „richtigen Rechts“ bzw. der kollisionsrechtlichen Kontrolle. Prüfte der französische Richter nach französischem autonomen Recht bis zum Arrêt Cornelissen das kollisionsrechtliche Vorgehen des Erststaats nach, so findet sich in den bilate256 Vgl. Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.016 sowie die Ausführungen zum französischen Jurisdiktionsprivileg, Kap. II § 6 II 2 a). 257 Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 375; ausführlich Jellinek, Die zweiseitigen Staatsverträge über Anerkennung ausländischer Zivilurteile, S. 117 f.; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.016; Monéger, Droit international privé, Rn. 611; siehe auch Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 14 ff. 258 Art. 30 des französisch-italienischen Vertrags: „Les règles par lesquelles la législation d’un des deux États déclare ses juridictions compétentes en raison uniquement de la nationalité du demandeur et sans autre titre de compétence en ce qui concerne les contestations relatives à des obligations nées d’un contrat ou quasi-contrat ou d’un délit ou quasidélit, ne seront pas applicables aux ressortissants de l’autre État dans les cas suivants: […].“; vgl. Hanine, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention francoitalienne du 3.6.1930, Fasc. 592, S. 6. 259 Vgl. Annexe II, Art. 1 des Vertrags mit Madagskar sowie Art. 47 des Vertags mit San Marino; siehe hierzu Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 375.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
ralen Verträgen eine ablehnendere Haltung diesbezüglich wieder, d. h. die kollisionsrechtliche Kontrolle wurde vielfach durch die staatsvertraglichen Regelungen ausgeschlossen. 260 Grundsätzlich verfahren die bilateralen Staatsverträge derart, dass in einem Artikel die Voraussetzungen für eine Anerkennung, die dann automatisch bzw. de plano erfolgt, enumerativ aufgeführt werden. 261 In einem Großteil der Verträge findet sich in dieser Liste von Kriterien kein Verweis auf eine Prüfung der Anwendung des aus Sicht des Anerkennungsstaats „richtigen“ Sachrechts. Vielmehr wird in den meisten Verträgen ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Anwendung eines anderen Sachrechts als der Zweitstaat in dem Fall angewendet hätte, außer in wenigen, dort benannten Ausnahmen einer Anerkennung nicht entgegensteht. So normiert etwa Art. 5 Abs. 1 des französisch-österreichischen Vertrags, dass die Anwendung eines anderen Rechts grundsätzlich bzw. außer in bestimmten statusrechtlichen Fragen nicht zur Versagung der Anerkennung führen dürfe und auch in letzteren Fällen eine Versagung der Anerkennung aus diesem Grund ausgeschlossen sei, wenn das ausländische internationale Privatrecht zu denselben Ergebnissen komme.262 Da dies im Vergleich zum autonomen Recht – zumindest bevor auch dieses gewisse Einschränkungen durch die französische Rechtsprechung erfahren hat263 – eine doch erhebliche Einschränkung des Prüfungsumfangs darstellt, findet sich in der französischen Literatur (wie dies auch nach dem Arrêt Cornelissen im autonomen Recht angeführt wurde) mitunter noch der 260
Vgl. Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 586 m.w.N; Bellet, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1962–64, 251 (272); Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 11; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 293; Monéger, Droit international privé, Rn. 611; Niboyet/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 634; Niboyet, Gaz. Pal. 2007, N° 123, 2 (2, Rn. 5); Rosner, Cross-Border Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments in Civil and Commercial Matters, S. 247; Gaudemet-Tallon, RIDC (2) 1986, 487 (489); Regan, 4 B. C. Int’l & Comp. L. Rev 1981, 149 (199); siehe zudem die Ausführungen in Kap. II § 11 II 2. 261 Zu den unterschiedlichen Varianten der kollisionsrechtlichen Kontrolle in den bilateralen Verträgen siehe ausführlich Bendermacher-Geroussis, Rev. hell. dr. int. 19 (1966), 38 (49 f.). 262 Art. 5 Abs. 1 des österreichisch-französischen Vertrags vom 15. Juli 1966: „La reconnaissance ne peut être refusée du fait que le tribunal d’origine a appliqué une loi autre que celle qui aurait été applicable d’après les règles du droit international privé de l’État requis, sauf en ce qui concerne l’état ou la capacité des personnes. Même dans ces cas, la reconnaissance ne peut être refusée si l’application de la loi désignée par lesdites règles eût abouti au même résultat.“; ebenso Art. 27 des französisch-ägyptischen Vertrags; Annexe II Art. 2 Abs. 2 des Vertrags mit Madagaskar; Art. 22 Nr. 2 des französisch-chinesischen Vertrags; ähnlich aber ohne Beschränkung in status- bzw. personenrechtlichen Fragen Art. 18 Abs. 1 lit. b des französisch-brasilianischen Vertrags; Art. 19 Nr. 2 des französischbulgarischen Vertrags. 263 Siehe hierzu bereits Kap. II § 11 II 2.
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Hinweis, die ordre public-Kontrolle diene als „Korrektiv für die Irrelevanz der kollisionsrechtlichen Konformität im Rahmen der Staatsverträge“.264 In Bezug auf die kollisionsrechtliche Kontrolle wird – wie dies interessanterweise auch beim deutschen Recht bis zur IPR-Reform 1986 der Fall war – wiederum die Frage der Normenhierarchie relevant. Da in Frankreich von einem uneingeschränkten Vorrang der staatsvertraglichen Regelungen gegenüber dem autonomen Recht ausgegangen wird,265 besteht in Bezug auf die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge häufig die Situation, dass Letztere aufgrund der in ihnen enthaltenen, wenn auch in der Regel eingeschränkten, kollisionsrechtlichen Prüfung gegenüber nationalem Recht nachteilig sind. Dieser Rechtszustand mag zwar wenig wünschenswert sein, in der Praxis wird dies aber wohl wenig Probleme bereiten, da die Prüfung der loi applicable, auch als sie noch Teil der autonomen Anerkennungsvoraussetzungen war, wie bereits erwähnt ohnehin nur in äußerst wenigen Fällen einer Anerkennung entgegenstand. 266 3. Der ordre public-Vorbehalt a) Allgemeine Formulierung und Prüfungsumfang Die bilateralen Verträge Frankreichs stellen die Anerkennung und Vollstreckung regelmäßig unter einen ordre public-Vorbehalt.267 Dabei wird auch bei den bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen von der bereits im Rahmen des autonomen ordre public-Vorbehalts erörterten Einschränkung, dem effet atténué, des ordre public ausgegangen.268 Ein Großteil der 264 So etwa Raharinarivonirina, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention judiciaire franco-malgache du 14.6.1973, Fasc. 598, S. 13. 265 Hierzu sogleich Kap. III § 13 IV. 266 Audit, Droit international privé, S. 393; Bernard/Logeais, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in France, S. 702.030; Gutmann, Droit international privé, S. 276; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 291; Muir Watt, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 8, Fasc. 584-3, S. 19; Ancel, RDIPP 1992, 201 (204 f.); siehe bereits Kap. II § 11 II. 267 Vgl. Lipstein/Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-britannique du 18.1.1934, Fasc. 593-2, S. 8; Pillet, Les conventions internationales relatives à la compétence judiciaire et à l’exécution des jugements, S. 307; siehe exemplarisch zudem Art. 25 Nr. 4 des französisch-ägyptischen Vertrags; Art. 19 Nr. 5 des französisch-bulgarischen Vertrags; Art. 34 lit. f des Vertrags mit Kamerun; Art. 16 lit. d des französisch-marokkanischen Vertrags. 268 So Watté zum französisch-belgischen Vertrag, diese Ausführungen sind aber wohl auf alle bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge übertragbar, vgl. Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 30. Zum effet atténué des ordre public-Vorbehalts im autonomen französischen Recht vgl. Kap. II § 9 II; siehe ebenfalls die Ausführungen zum deutschen ordre public, Kap. II § 9 I 1.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
bilateralen Verträge beschränkt sich dabei standardmäßig auf die allgemeine Bedingung, dass „[…] la décision ne contient rien de contraire à l’ordre public ou aux principes du droit public du pays où elle est invoquée.“ 269 Die Wortlaute weichen dabei zwar minimal voneinander ab, der Prüfungsumfang wird hierdurch aber – wie auch schon im Rahmen der Betrachtung der deutschen bilateralen Verträge – wohl nicht berührt. Auch die Formulierung, dass die Entscheidung offensichtlich („manifestement“) gegen den ordre public des Anerkennungsstaats verstoßen muss,270 ist nicht als weitere Einschränkung sondern wohl als Hinweis auf die restriktive Handhabung der Vorbehaltsklausel zu bewerten. Insofern sei an das deutsche autonome Recht erinnert, das ebenfalls das Erfordernis eines „offensichtlichen“ Verstoßes aufstellte bzw. den Wortlaut des § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO im Zuge der ZPOReform im Jahr 1986 dahingehend abänderte, was jedoch nicht zu einer Einschränkung der ordre public-Kontrolle führte.271 Eine etwas eigentümlichere Ausformung enthält der französisch-chinesische Vertrag. Dieser erwähnt ausdrücklich, dass – neben einem Verstoß gegen den ordre public – eine Anerkennung und Vollstreckbarerklärung auch dann versagt wird, wenn „die Zwangsvollstreckung die Souveränität oder Sicherheit der angerufenen Partei gefährdet“,272 was eventuell auf politische Hintergründe bzw. eine vorsichtigere Haltung zwischen den Vertragsparteien in diesem Fall zurückzuführen sein könnte. Wie auch schon anhand der unterschiedlichen Formulierungen des ordre public-Vorbehalts in den deutschen bilateralen Verträgen festgestellt, werden die Wortlautabweichungen hinsichtlich des ordre public-Vorbehalts in den bilateralen Verträgen Frankreichs aber ebenfalls wohl keinen Einfluss auf den Prüfungsumfang in der Sache haben. 273 Im Übrigen kann für den Umfang der ordre public-Kontrolle auf die betreffenden Anforderungen des autonomen Rechts verwiesen werden. 274
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Siehe beispielsweise Art. 11 Nr.1 des französisch-belgischen Vertrags. Ein entsprechender Wortlaut findet sich etwa in Art. 18 Abs. 1 Nr. 4 des französischen Vertrags mit Uruguay. 271 Siehe näher hierzu die Ausführungen zum ordre public-Vorbehalt im deutschen autonomen Recht, Kap. II § 9 I 2. 272 Art. 22 Nr. 5 des französisch-chinesischen Vertrags: „Les décisions ne sont pas reconnues ni exécutées: […] Lorsque l’exécution forcée de la décision porte atteinte à la souveraineté ou à la sécurité de la Partie requise, où s’avère contraire à l’ordre public de celle-ci; […].“ 273 Siehe hierzu bereits die Ausführungen zum deutschen staatsvertraglichen Recht bzw. die diesbezüglichen Äußerungen Jellineks, Kap. III § 12 III 2. 274 Siehe Kap. II § 9 II. 270
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b) Wahrung der Beklagtenrechte und Urteilskollision Wie bereits erörtert, versagt das französische autonome Recht einer drittstaatlichen Entscheidung die Anerkennung, wenn diese mit einer bereits ergangenen anderen Entscheidung unvereinbar ist. 275 Auch in den bilateralen Verträgen findet sich ein entsprechender Ausschlussgrund für die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung. 276 In sämtlichen bilateralen Abkommen wird zudem die Anforderung der ordnungsgemäßen Ladung bzw. Verteidigungsmöglichkeit des Beklagten als Anerkennungsvoraussetzung normiert.277 Interessant ist bei diesen beiden Anerkennungskriterien der Vergleich zum autonomen Recht. Während die Wahrung der Beklagtenrechte bzw. die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung in den Verträgen regelmäßig separat als eigener Versagungsgrund für die Anerkennung aufgeführt wird, behandelt das autonome Recht die entgegenstehende Rechtskraft zumeist als Teil bzw. Unterpunkt des (prozessualen) ordre public. Ähnlich stellt sich die Situation hinsichtlich der Behandlung entgegenstehender Entscheidungen dar. Auch diese ist in den bilateralen Verträgen häufig als eigenständiges Anerkennungshindernis festgelegt.278 Der enge Zusammenhang zwischen ordre public-Kontrolle und Urteilskollision zeigt sich dabei besonders gut anhand des französisch-algerischen Vertrags bzw. des französisch-marokkanischen Vertrags, welche die beiden Kriterien unter einem gemeinsamen Oberpunkt behandeln.279 275
Zur Urteilskollision im französischen autonomen Recht siehe Kap. II § 8 II. Alexandre, Rev. crit. DIP 1983, 597 (633); vgl. exemplarisch Art. 4 Nr. 1 des französisch-österreichischen Vertrags; siehe auch Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 31. 277 Siehe exemplarisch Art. 25 Nr. 1 des französisch-ägyptischen Vertrags: „Les décisions contentieuses et gracieuses rendues par les autorités judiciaires de l’un des deux États sont reconnues de plein droit sur le territoire de l’autre État si elles réunissent les conditions suivantes: Les parties ont été régulièrement citées, représentées ou déclarées défai llantes.“; fast wortgleich Art. XLIV lit. c des Vertrags mit Benin; Art. 34 lit. d des Vertrags mit Gabun; ähnlich Art. 18 Abs. 1 lit. d des französisch-brasilianischen Vertrags; Art. 19 Nr. 4 des französisch-bulgarischen Vertrags; Art. 1 Abs. 4 des französisch-italienischen Vertrags. 278 Vgl. Art. 4 Nr. 2 des französisch-österreichischen Vertrags: „La reconnaissance peut être refusée dans les cas suivants: […] Si la même demande fondée sur la même cause a déjà fait l’objet, entre les mêmes parties, d’une décision sur le fond du litige passée en force de chose jugée, rendue dans l’État requis ou rendue dans un État tiers et reconnue dans l’État requis.“; ähnlich aber noch etwas detaillierter Art. 18 Abs. 1 lit. f des französisch-brasilianischen Vertrags. 279 Art. 1 lit. d des französisch-algerischen Vertrags: „[…] La décision ne contient rien de contraire à l’ordre public de l’État où elle est invoquée ou aux principes de droit public applicables dans cet État. Elle ne doit pas non plus être contraire à une décision judiciaire prononcée dans cet État et possédant à son égard l’autorité de la chose jugée.“; ebenso Art. 16 lit. d des französisch-marokkanischen Vertrags. 276
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
IV. Rangverhältnisse der Rechtsquellen im französischen Recht 1. Das Verhältnis der bilateralen Verträge zu EuGVVO und LugÜ Wie schon bezüglich der deutschen bilateralen Verträge erläutert,280 werden auch die französischen bilateralen Staatsverträge, die mit anderen EUMitgliedstaaten und Vertragsstaaten des Lugano-Übereinkommens geschlossen wurden, sofern sie in den entsprechenden Anwendungsbereich fallen von den Regelungen der EuGVVO und des Luganer Übereinkommens gemäß Art. 69 EuGVVO bzw. Art. 65 LugÜ verdrängt. 281 Von dieser Überlagerung sind die von Frankreich abgeschlossenen bilateralen Verträge mit den folgenden Staaten betroffen 282: Belgien (8. Juli 1899), Italien (3. Juni 1930), Großbritannien (18. Januar 1964), Österreich (15. Juli 1966), Spanien (28. Mai 1969), dem ehemaligen Jugoslawien für Slowenien (18. Mai 1971), Rumänien (5. November 1974), Ungarn (31. Juli 1980), Tschechien und der Slowakei bzw. der damaligen Tschechoslowakei (10. Mai 1984) und mit Bulgarien (18. Januar 1989).283 Der französisch-schweizerische Vertrag, der einen der ersten bilateralen Verträge überhaupt darstellt, findet sich dabei nicht mehr in dieser Liste, denn bei Inkrafttreten des Luganer Übereinkommens vereinbarten die französische und schweizerische Regierung per Briefwechsel dessen Außerkraftsetzung. 284 Für diese Verträge gilt, dass gemäß Art. 70 Abs. 1 EuGVVO bzw. Art. 66 Abs. 1 LugÜ die Verträge in den Bereichen, die von der EuGVVO oder dem Luganer Übereinkommen nicht berührt werden, ihre Anwendbarkeit behalten. In ihrem vollen Umfang bestehen jedoch die französischen Verträge mit den folgenden Drittstaaten fort 285: Ägypten (1982), Algerien (1964), Argentinien (1991), Benin (1975), Bosnien-Herzegowina (2001), Brasilien (1996), Burkina-Faso (1962), China (1987), Côte d’Ivoire / Elfenbeinküste (1961), Djibouti (1986), Gabun (1963), Kamerun (1974), Kroatien (1995), Laos (1956), Madagaskar (1973), Mali (1962), Marokko (1957), Mauretanien (1961), Mazedonien (1995), Monaco (1949), Mongolei (1992), Neuseeland (1937), Niger (1977), Republik Kongo (1982), Republik Zentralafrika (1965), San Marino (1967), Senegal (1974), Serbien (2003), der Slo280
Siehe Kap. III § 12 VI. Vgl. Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention francobelge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 7; Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 342 ff.; siehe (noch zum EuGVÜ) Lipstein/Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-britannique du 18.1.1934, Fasc. 593-1, S. 6. 282 Aufgeführt in chronologischer Reihenfolge nach Datum des Vertragsschlusses. 283 Vgl. Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59 f. 284 Vgl. Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59; Schack, IZVR, Rn. 894; Lécuyer-Thieffry, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Vol. 1, France, S. 7; der Briefwechsel ist im Verzeichnis der bilateralen Staatsverträge Frankreichs aufgeführt. 285 Jeweils mit Angabe des Jahres des Vertragsschlusses in alphabetischer Reihenfolge. 281
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wakei (1996), Togo (1976), Tschad (1976), Tunesien (1972), Uruguay (1997), den Vereinigten Arabischen Emiraten (1991) und Vietnam (1993).286 Anders als im deutschen Recht, bei dem EuGVVO und Luganer Übereinkommen nur den bilateralen Verträgen mit Tunesien und Israel Raum ließen, verbleiben im französischen Recht folglich bilaterale Vereinbarungen mit 35 Staaten, die von den unionsrechtlichen Regelungen und denen des LugÜ unberührt geblieben sind. Der Rechtsanwender hat im französischen Recht also anders als im deutschen Recht noch in zahlreichen Fällen einen bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag anzuwenden. Das Auffinden der einschlägigen Rechtsquellen gestaltet sich in Frankreich somit ebenso schwierig – wenn nicht gar schwieriger – als im deutschen Recht. 287 2. Möglichkeit des „Rückgriffs“ auf das autonome Recht in Frankreich? Gerade da im französischen Anerkennungsrecht aufgrund der großen Zahl der bialteralen Staatsverträge häufig das staatsvertragliche Recht anwendbar ist, stellt sich umso mehr die Frage nach der Hierarchie der Rechtsquellen. Ist das französische Recht in Bezug auf das Verhältnis von bilateralen Verträgen und autonomen Regelungen ähnlich wie auch das deutsche strukturiert und gestattet ggf. einen Rückgriff auf die autonomen Regelungen? Auch in Frankreich gilt grundsätzlich, dass die staatsvertraglichen Regelungen Vorrang vor dem autonomen Recht genießen. 288 Art. 55 der französischen Verfassung 289 enthält diesbezüglich eine eindeutige Regelung.290 Hiernach kann das autonome bzw. nationale Recht nur dann zur Anwendung neben einem einschlägigen Staatsvertrag kommen, wenn dieser dies ausdrücklich vorsieht, allerdings ist eine entsprechende Klausel, wie sie sich etwa im deutsch-spanischen Vertrag findet, in den bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungs- bzw. Rechtshilfeabkommen nicht ersichtlich. 291 Anders als im deutschen Recht ist folglich nicht von einem Günstigkeitsprinzip, sondern einem grundsätzlichen Vorrang der bilateralen Regelungen gegenüber den von der Jurisprudenz entwickelten autonomen Regeln auszugehen. Dies wird 286
Diese Auflistung oriertiert sich an den Ergebnissen der bereits erwähnten Quellen, die für die Erstellung des Verzeichnisses der bilateralen Staatsverträge herangezogen wurden, siehe auch Mayer/Heuzé, Droit international privé, S. 342 ff. 287 Vgl. Niboyet/Sinopoli, Gaz. Pal. 2004, Recueil Mai-Juin 2004, 1739 (1744) und ihren Hinweis auf das „Gewirr der prozessualen Wege als Fehlerquelle“. 288 Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59; Fricke, IPRax 1989, 202 (202); Cuniberti, ICQL 2007, Vol. 56, 931 (931); Kessedjian, in: Walter/ Baumgartner, S. 186. 289 Art. 55 der französischen Verfassung lautet: „Les traités ou accords régulièrement ratifiés ou approuvés ont, dès leur publication, une autorité supérieure à celle des lois, sous réserve, pour chaque accord ou traité, de son application par l’autre partie.“ 290 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 186. 291 Vgl. Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 186.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
sich jedoch in der Praxis wohl nur in sehr wenigen Fällen negativ auf die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen in Frankreich auswirken, da die Regelungen in den bilateralen Abkommen naturgemäß großzügiger ausfallen als die des autonomen Rechts und überdies zahlreiche der Abkommen in vielen Punkten ohnehin auf das nationale Recht der Vertragsstaaten verweisen.292 In diesen Fällen ist die Frage der Hierarchien weitgehend irrelevant, da beide Rechtsquellen zu denselben Ergebnissen gelangen. In Bezug auf das Verhältnis von EuGVVO und LugÜ zum autonomen Recht gilt das bereits zum deutschen Recht ausgeführte, d. h. das in sich geschlossene, ausbalancierte System der EuGVVO und des LugÜ verdrängt auch vorteilhafteres nationales Recht. 293 V. Besonderheiten im Exequaturverfahren Die bilateralen Verträge folgen dem Prinzip der automatischen Anerkennung. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der einschlägigen Artikel in den Übereinkommen, die in der Regel normieren, dass den Entscheidungen des Vertragspartners automatisch Rechtskraftwirkung im anderen Staat zukommt („[…] de plein droit l’autorité de la chose jugée sur le territoire de l’autre“). 294 Es findet sich dementsprechend – wie bereits hinsichtlich der deutschen Rechtsordnung festgestellt – auch im französischen staatsvertraglichen Anerkennungsrecht eine systematische Trennung von Anerkennung und Vollstreckung. 295 Für die Anerkennung wie auch Vollstreckbarerklärung setzen die Verträge regelmäßig voraus, dass die anzuerkennenden Entscheidungen nach erststaatlichem Recht vollstreckbar sind und nicht mehr mit Rechtsmitteln angegriffen werden können. 296 Das Verfahren der Vollstreckbarerklärung ist in der Regel jedoch nur am Rande in den Verträgen geregelt. So verweisen die Verträge für das Exequaturverfahren in aller Regel auf das autonome Recht des Anerkennungsstaats bzw. dessen Bestimmungen hinsichtlich des Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung. 297 Auch aus der Literatur ist nicht 292 Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 186. 293 Siehe bereits Kap. III § 12 VI 2 sowie Watté, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-belge du 8.7.1899, Fasc. 591, S. 7. 294 Siehe exemplarisch Art. 26 des Vertrags mit San Marino. 295 Vgl. zum französisch-italienischen Vertrag Hanine, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-italienne du 3.6.1930, Fasc. 592, S. 5; siehe auch Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 483. 296 Vgl. etwa Art. 25 Abs. 1 des französisch-ägyptischen Vertrags; Art. 19 Nr. 3 des französisch-bulgarischen Vertrags. 297 Vgl. zum französisch-englischen Vertrag Lipstein/Gaudemet-Tallon, in: JurisClasseur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-britannique du 18.1.1934, Fasc. 593-2, S. 14; siehe auch Art. 30 Abs. 1 des französisch-ägyptischen Vertrags: „Les décisions rendues par les autorités judiciaires de l’un des deux États et reconnue sur les territoire
§ 13 Die bilateralen Staatsverträge Frankreichs
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ersichtlich, dass das französische Recht für die Vollstreckbarerklärung von Entscheidungen nach staatsvertraglichem Recht andere prozessuale Mechanismen vorgesehen hätte als für die Vollstreckung nach autonomem Recht.298 Anders als etwa im deutschen Recht in Form des Beschlussverfahrens oder nach englischem Statute Law in Gestalt der Registrierung findet sich somit im französischen Recht auf Vollstreckungsebene wohl keine Bevorzugung der Urteile aus Staaten, mit denen ein bilaterales Abkommen geschlossen wurde. Hinsichtlich des Verfahrens zur Vollstreckbarerklärung benennen einige der bilateralen Verträge den Präsidenten des Tribunal de Grande Instance oder das erstinstanzliche Gericht („tribunal de première instance“) bzw. das jeweilige Pendant in den Vertragsstaaten als zuständige Autorität. 299 Andere Verträge wiederum überlassen die Bestimmung des zuständigen Organs dem nationalen Recht. 300 Überdies gestattet die große Mehrheit unter gewissen Einschränkungen auch eine teilweise Vollstreckbarerklärung. 301 Die Verträge enthalten in der Regel darüber hinaus recht genaue Bestimmungen über die dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung beizufügenden Dokumente. 302 Nähere Bestimmungen hinsichtlich der Ausgestaltung des Exequaturverfahrens finden sich jedoch nicht. de l’autre État par application des dispositions du chapitre précédent sont rendues exécutoires sur le territoire de l’État requis selon la procédure d’exequatur régie par son droit interne.“; siehe zudem Art. 19 Nr. 1 des französisch-brasilianischen Vertrags; Art. 20 Nr. 1 des französisch-bulgarischen Vertrags; Art. 36 Abs. 2 des Vertrags mit Gabun. 298 Siehe auch Lipstein/Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-britannique du 18.1.1934, Fasc. 593-2, S. 14. 299 Siehe exemplarisch Art. XLVI des französischen Vertrags mit Benin; Art. 18 Abs. 1 des französisch-monegassichen Vertrags; Art. 36 Abs. 1 des Vertrags mit Gabun; Art. 38 Abs. 1 des Vertrags mit Burkina Faso; Art. 31 Abs. 1 des französisch-zentralafrikanischen Vertrags; Art. 51 Abs. 1 des französisch-kongolesischen Vertrags, Art. 38 Abs. 1 des französisch-mauretanischen Vertrags; Annexe II Art. 4 Abs. 1 des Vertrags mit Madagaskar und Art. 35 Abs. 1 des Vertrags mit dem Tschad; vgl. Niboyet/Sinopoli, Gaz. Pal. 2004, Recueil Mai-Juin 2004, 1739 (1744, 1747), welche die vorgenannten Verträge auflisten. 300 Vgl. etwa Art. 3 Abs. 1 des französisch-italienischen Vertrags: „L’exequatur est accordé à la demande de toute partie intéressé par l’autorité compétente d’après la loi du pays où il est requis.“; ebenso Art. 28 des Vertrags mit San Marino; Art. 18 Abs. 1 des französisch-marokkanischen Vertrags; Art. 3 Abs. 1 des französisch-algerischen Vertrags; Art. 36 Abs. 1 des französischen Vertrags mit Kamerun; vgl. Niboyet/Sinopoli, Gaz. Pal. 2004, Recueil Mai-Juin 2004, 1739 (1744). 301 Siehe exemplarisch Art. 32 Abs. 4 des französisch-zentralafrikanischen Vertrags: „L’exequatur peut être accordé partiellement pour l’un ou l’autre seulement des chefs de la décision invoquée.“; ähnlich Art. 20 Abs. 3 des Vertrags mit Uruguay. 302 Siehe etwa Art. 20 des französisch-brasilianischen Vertrags; Art. XLIX des Vertrags mit Benin; Art. 21 des französisch-bulgarischen Vertrags; Art. 21 des französischmarokkanischen Vertrags; Art. 39 des Vertrags mit Gabun; Art. 41 des Vertrags mit Burkina Faso; Art. 41 des französisch-mauretanischen Vertrags.
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
VI. Bewertung der bilateralen Staatsverträge Frankreichs Das französische staatsvertragliche Anerkennungsrecht findet noch im Verhältnis zu zahlreichen Drittstaaten Anwendung, sodass ihm eine wesentlich größere Bedeutung als im deutschen Recht zukommt. Doch wie bereits vielfach angesprochen, bergen diese Verträge stets die Gefahr der Unübersichtlichkeit und somit, wie Niboyet/Sinopoli zutreffend feststellen, eine „potenzielle Fehlerquelle für den Rechtsanwender“.303 Mit Blick auf die Unterschiedlichkeit der einschlägigen Verträge mag sich dieser Eindruck zunächst noch verstärken. Dies gilt umso mehr als sich aus den Titeln der einzelnen Verträge bzw. deren Ausgestaltung als allgemeine Rechtshilfe- bzw. Kooperationsabkommen häufig nicht entnehmen lässt, welche Entscheidungen bzw. Rechtsbereiche erfasst werden. Überdies stehen neben diesen Abkommen noch spezialrechtliche Konventionen bzw. multilaterale Übereinkommen, die den Rechtsquellen im französischen Anerkennungsrecht schließlich die Übersichtlichkeit vollends nehmen. Aus eben diesem Grund war eine abschließende ausführliche Behandlung aller bilateralen Verträge Frankreichs hier nicht bzw. nur eingeschränkt möglich. Nichtsdestoweniger überrascht bei der Bearbeitung der Verträge, dass eine größere Einheitlichkeit der Regelungen gegeben ist als zunächst vermutet. Betrachtet man die zentralen Normen, die die Anerkennungskriterien und Versagungsgründe normieren, so zeigen sich häufig fast wortgleiche oder sehr ähnlich formulierte Regelungen. Die Verträge nennen grundsätzlich die Prüfung der internationalen Zuständigkeit, die Wahrung der Beklagtenrechte bzw. der ordnungsgemäßen Verfahrenseinleitung, die Konformität mit dem ordre public des Zweitstaats sowie die Rechtskraft der Entscheidung im Erststaat304 als Anforderungen für die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung. Auch hinsichtlich der weitgehenden Ablehnung der kollisionsrechtlichen Kontrolle lassen sich große Übereinstimmungen verzeichnen und für das Verfahren der Vollstreckbarerklärung wird in der Regel auf das Recht des Anerkennungsstaats verwiesen, das im Fall von Frankreich wohl weitestgehend mit dem Exequaturverfahren des autonomen Rechts übereinstimmt. Doch trotz dieser umfangreichen Übereinstimmungen gilt hier wie überall: Der Teufel steckt im Detail. Mitunter finden sich minimale Abweichungen, die dem Rechtsanwender zum Verhängnis werden können. Wie schon anhand des deutschen Rechts festgestellt, geben die bilateralen Verträge dem Praktiker zwar eine geschriebene Rechtsquelle an die Hand, die im Einzelfall die Bestimmung der Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen auch leichter bestimmbar machen mag, doch aufgrund der feinen Unterschiede ist von einer Vereinfachung der Rechtslage hier nur sehr bedingt auszugehen. So po303
Vgl. Niboyet/Sinopoli, Gaz. Pal. 2004, Recueil Mai-Juin 2004, 1739 (1744). Siehe hierzu etwa Lipstein/Gaudemet-Tallon, in: Juris-Classeur de Droit International, Vol. 9, Convention franco-britannique du 18.1.1934, Fasc. 593-1, S. 14. 304
§ 14 Die Anerkennung nach Statute Law in England
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sitiv die Festschreibung der Kriterien im fast gänzlich vom Richterrecht geprägten französischen Anerkennungsrecht auch sein mag, ist auch hier das Resultat der Betrachtung: Eine „Verschlankung“ des bestehenden Geflechts von Rechtsquellen ist dringend geboten. In welcher Form sich diese realisieren lässt, wird die Analyse der zukünftigen Rechtssetzungsmöglichkeiten zeigen.
§ 14 Die Anerkennung nach dem Statute Law in England § 14 Die Anerkennung nach Statute Law in England
I.
Grundlagen des englischen Statute Law
1. Einführende Bemerkungen Die französische und deutsche Rechtsordnung unterscheiden sich – wie die obige Betrachtung gezeigt hat – hinsichtlich des Umfangs und der heutigen Bedeutung ihres Systems bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge erheblich. Die englische Rechtsordnung 305 hat neben den bereits dargestellten Vorgehensweisen Deutschlands und Frankreichs bezüglich der staatsvertraglichen Gestaltung ihres Anerkennungsrechts einen dritten, von der bisher betrachteten Praxis abweichenden Weg eingeschlagen. Obschon es sich beim englischen Anerkennungsrecht bzw. im Common Law allgemein fast ausschließlich um Richterrecht handelt, finden sich im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen in Gestalt des Statute Law doch umfassende gesetzliche Vorschriften. Auch in Großbritannien wollte man die Anerkennung bzw. Vollstreckung von Entscheidungen, die aus Staaten entstammten, in deren Rechtspflege ein gewisses Vertrauen oder zu denen eine besondere Nähebeziehung bestand, erleichtern und vor allem sicherstellen, dass die britischen Entscheidungen im Ausland anerkannt und vollstreckt würden. 306 Deswegen entschied man sich auch hier für die gesetzliche Regelung der Anerkennung und Vollstreckung bestimmter Urteile. Für die hier betrachteten Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sind 305
Hinsichtlich des Statute Law als Grundlage des Anerkennungsrechts werden die betreffenden gesetzlichen Regelungen regelmäßig für das gesamte Vereinigte Königreich in Kraft gesetzt, sodass an dieser Stelle nicht zwischen den einzelnen Rechtskreisen innerhalb Großbritanniens unterschieden werden muss, vgl. Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 131. 306 Vgl. etwa Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 578. Die Sicherstellung der Anerkennung britischer bzw. englischer Entscheidungen im Ausland spielte dabei wohl eine maßgebliche Rolle; vgl. etwa die Denkschrift zum deutsch-britischen Staatsvertag, BT-Dr. 3/2360, 14 (14 f.). So merkte Watts an, dass ausländische Staaten, die das Gegenseitigkeitserfordernis aufstellten – wie beispielsweise Deutschland – nur zögerlich die Verbürgung der Reziprozität gegenüber Großbritannien als gegeben betrachten, da nach Common Law eine erneute Klage erforderlich war und keine „direkte“ Vollstreckungsmöglichkeit gegeben sei, vgl. Watts, BYIL 32 (1961), 359 (359).
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dabei der Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 (FJA 1933) sowie der Administration of Justice Act 1920 (AJA 1920) als gesetzliche Grundlage von Bedeutung.307 2. Entstehungsgeschichte Wie sich bereits den Datumszusätzen der Titel der beiden einschlägigen Statutes entnehmen lässt, erging zunächst der AJA 1920 bevor im Jahr 1933 schließlich der FJA 1933 als gesetzliche Basis für die staatsvertraglichen Regelungen geschaffen wurde. Vor Erlass dieser beiden Gesetze war jedoch bereits im 19. Jahrhundert – insbesondere in Gestalt des Judgments Extension Act 1868 – erstmals die Urteilsanerkennung in Großbritannien auf eine statutarische Grundlage gestellt worden. 308 Der Judgments Extension Act 1868 betraf jedoch (lediglich) die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung Urteile höherer Gerichte innerhalb des Vereinigten Königreichs und soll daher hier nicht Gegenstand näherer Betrachtung sein. 309 Ausgangspunkt des AJA 1920 war die Einsetzung einer Kommission im Jahr 1918, die einen Bericht über die Erleichterung der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen ausarbeiten sollte. 310 Aufbauend auf diesen Bericht wurde 1920 zunächst der AJA 1920 erlassen, der – als eine Art „erste Etappe“ – allein die Anerkennung und Registrierung von Entscheidungen aus anderen Commonwealth-Staaten regelte.311 Diese räumliche Einschränkung des Geltungsbereichs begründete man vor allem damit, dass der Abschluss eines bilateralen Staatsvertrags zur gegenseitigen Urteilsanerkennung ein besonderes Vertrauen in die Rechtspflege des jeweiligen Partnerstaats voraussetze 307 Siehe statt aller McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 170 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 576 ff; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187 f.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 132; Stone, LMCLQ 1983, 1 (3 f.); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 745 ff. 308 Eine sehr ausführliche Übersicht über die Geschichte der einzelnen Anerkennungsund Vollstreckungsschemen und die unterschiedlichen Acts liefert Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 3 ff.; siehe auch Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 635; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 480 f. 309 Vgl. Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 635; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 480 f. 310 Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (542); Watts, BYIL 32 (1961), 359 (360); zur Entstehungsgeschichte der Abkommen siehe ausführlich Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (542 ff.); Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd III, Nr. 701, S. 2 f.; Sonderkötter, RIW/AWD 1975, 370 (371). 311 Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (542); zur geographischen Beschränkung des Anwendungsbereichs siehe sogleich die Ausführungen zum räumlichen Anwendungsbereich des AJA 1920; vgl. etwa Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 576.
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und man dieses nicht jedem Staat entgegenbringen könne, weshalb man den Anwendungsbereich auf die Commonwealth-Staaten eingrenzte, um anderen interessierten Staaten nicht den Wunsch auf Abschluss eines Vertrages verwehren zu müssen. 312 Doch nach Erlass des AJA 1920 wurden in England die Stimmen – insbesondere von Unternehmerseite – lauter, die auch die Regelung der Anerkennung im Verhältnis zu Nicht-Commonwealth-Staaten forderten.313 Vor diesem Hintergrund wurde – nach Einsetzung einer weiteren Kommission im Jahr 1931 – der FJA 1933 schließlich als Nachfolgeregelung geschaffen, die für sämtliche ausländische Staaten in Kraft gesetzt werden kann.314 Die Ausdehnung bzw. Inkraftsetzung des AJA 1920 durch order in council für weitere Staaten in der Zukunft ist aufgrund dessen gemäß Sec. 7 (1) FJA 1933 nicht mehr möglich, da der AJA 1920 durch den FJA 1933 als Rechtsgrundlage für die staatsvertragliche Urteilsanerkennung grundsätzlich ersetzt werden sollte.315 3. Inkraftsetzung der Statutes durch „order in council“ Eine Besonderheit der britischen staatsvertraglichen Regelungen ist, dass bei Anwendung des staatsvertraglichen Rechts für die Anerkennung bzw. Registrierung eines Urteils nicht etwa direkt auf die in den Verträgen enthaltenen Regelungen abgestellt wird, sondern allein die innerstaatlichen Regelungen bzw. die einschlägigen Acts, die durch order in council hinsichtlich des betreffenden Vertragsstaats in Kraft gesetzt wurden, der Entscheidung über die
312
Vgl. Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (443). Vgl. Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (543); Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (443); Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 26 f. 314 Vgl. Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (443). Die historische Entwicklung der beiden Gesetze erläutern zudem detailliert Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 25 ff.; Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (542 ff.); Watts, BYIL 32 (1961), 359 (359 f.). 315 Vgl. Sec. 7 (1) FJA 1933: „His Majesty may by Order in Council direct that this Part of this Act shall apply to His Majesty’s dominions outside the United Kingdom and to judgments obtained in the courts of the said dominions as it applies to foreign countries and judgments obtained in the courts of foreign countries, and, in the event of His Majesty so directing, this Act shall have effect accordingly and Part II of the Administration of Justice Act 1920, shall cease to have effect except in relation to those parts of the said dominions to which it extends at the date of the Order.“; siehe auch Brown, Conflict of Laws, S. 232 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 578 f.; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 746, 750; Hayward, Conflict of Laws, S. 97; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 170 f.; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 286; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 482; Watts, BYIL 32 (1961), 359 (361). 313
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Anerkennung zugrunde gelegt werden.316 Dies erklärt sich u. a. durch die besondere Vertragsschlusspraxis Großbritanniens auf diesem Gebiet bzw. das Zustandekommen der britischen Staatsverträge zur Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Entscheidungen. 317 Anders als normalerweise üblich nutzt der britische Gesetzgeber den Abschluss der bilateralen Verträge, um die eigenen, bereits getroffenen Regelungen gegenüber dem jeweils kontrahierenden Staat durchzusetzen statt einen gemeinsamen Vertragstext mit dem jeweiligen Vertragspartner auszuhandeln.318 Aufgrund dessen können die Regelungen der Statutes auch als „Rahmengesetze“319 bezeichnet werden, nach deren Vorgaben die jeweiligen bilateralen Verträge abgeschlossen und darauf durch order in council bezüglich des jeweiligen Staats in Kraft gesetzt werden.320 Wie bei allen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen sind auch die Bestimmungen des englischen Statute Law vom Gedanken der Gegenseitigkeit getragen. 321 Die Statutes und somit das Registrierungsverfahren werden ausdrücklich nur für solche Staaten für anwendbar erklärt, die britischen Entscheidungen die Anerkennung in ihrem Staatsgebiet ebenfalls eröffnen, denen gegenüber somit die Gegenseitigkeit als verbürgt betrachtet wird. 322 Dementsprechend normiert Sec. 14 (1) des AJA 1920: „Where His Majesty is satisfied that reciprocal provisions have been made by the legislature of any part of His Majesty’s dominions outside the United Kingdom for the enforcement within that part of His dominions of judgments obtained in the High Court in England, the Court of Session in Scotland, and the High Court in Northern Ireland, His Majesty may by Order in Council declare that this Part of this Act shall extend to that part of His dominions, and on any such Order being made this Part of this Act shall extend accordingly.“
316 Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (465); Matscher, ZZP (86) 1973, 404 (437); Sonderkötter, RIW/AWD 1975, 370 (371); Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (442); Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 637. 317 Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (465); Sonderkötter, RIW/AWD 1975, 370 (371). 318 Vgl. Matscher, ZZP (86) 1973, 404 (437 f.); Arnold, RabelsZ 38 (1974), 767 (769 f.). 319 Diesen Begriff verwendet Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (442). 320 Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (465); Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (442); Fawcett/ Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 578 f.; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 751; ders., in: Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. III, Nr. 701, S. 3. 321 Brown, Conflict of Laws, S. 231 f.; Hayward, Conflict of Laws, S. 96 f.; Fawcett/ Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 578; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 751; Stone, LMCLQ 1983, 1 (4); ausführlich Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 92 f. 322 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 578; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 481.
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Durch die besondere bzw. „umgekehrte“ 323 Vorgehensweise Großbritanniens beim Abschluss der Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen tritt der Kompromisscharakter, der den bilateralen Verträgen in anderen Rechtsordnungen innewohnt, im englischen Anerkennungsrecht in den Hintergrund. 324 Sehr anschaulich wird dies auch an den Ausführungen der Denkschrift zum deutsch-britischen Anerkennungs- und Vollstreckungsvertrag, in der sich die deutsche Seite wie folgt äußert: „Den Verhandlungen waren von vornherein engere Grenzen gezogen, als dies sonst bei Erörterungen über internationale Regelungen auf diesem Gebiete der Fall ist. Für das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland liegen die Grundsätze, nach denen ausländische gerichtliche Entscheidungen in Großbritannien und Nordirland auf Grund eines Vertrages anerkannt und vollstreckt werden können, seit dem Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act, 1933 […] gesetzlich fest.“ 325
II. Umfang und Reichweite der bilateralen Vereinbarungen 1. Der räumliche Anwendungsbereich des AJA 1920 Der AJA 1920 dient – wie dargelegt – dazu, die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Großbritannien im Verhältnis zu Mitgliedstaaten des Commonwealth gesetzlich zu regeln.326 Der erste grundlegende Unterschied zwischen dem AJA 1920 und dem FJA 1933 besteht dementsprechend in ihrem räumlichen Anwendungsbereich. Der AJA 1920 regelt gemäß Sec. 9 (1) AJA 1920 die gegenseitige Vollstreckung von Urteilen höherer Gerichte in anderen Staaten des Commonwealth, wobei es sich oftmals um ehemalige britische Kolonien handelt 327 und wurde für die folgenden Staaten in Kraft gesetzt bzw. für anwendbar erklärt 328: Anguilla, 323
Vgl. Matscher, ZZP (86) 1973, 404 (437). Siehe hierzu auch Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. III, Nr. 701, S. 3. 325 Vgl. die Denkschrift zum deutsch-britischen Staatsvertag, BT- Dr. 3/2360, 14 (15). 326 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187; Caffrey, Die internationale Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile, S. 313; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 132; Stone, LMCLQ 1983, 1 (4); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 746. 327 Sec. 9 (1) AJA 1920: „Where a judgment has been obtained in a superior court in any part of His Majesty’s dominions outside the United Kingdom […].“; Brown, Conflict of Laws, S. 232; Philippsohn, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, England and Wales, S. 3; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 746. 328 Die Listen der Staaten, für die Großbritannien die jeweiligen Statutes in Kraft gesetzt hat, basieren – in Bezug auf den AJA 1920 wie auch den FJA 1933 – im Wesentlichen auf den Angaben der folgenden Quellen: Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187 f.; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.004 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 745 ff.; Gwynne, in: Campbell, Interna324
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Antigua und Barbuda, Bahamas, Barbados, Belize, Bermuda, Botswana, das britische Territorium im Indischen Ozean, die britischen Jungferninseln, die Cayman-Inseln, die Dominikanische Republik, die Falkland-Inseln, Fidschi, Gambia, Ghana, Grenada, Guyana, Hong Kong, Jamaica, Kenia, Kiribati, Lesotho, Malawi, Malaysia, Malta, Mauritius, Montserrat, Neuseeland, Nigeria, die Norfolk-Insel, Papua Neuguinea, St. Christopher und Nevis, St. Helena, St. Lucia, St. Vincent & Grenadines, die Seychellen, Sierra Leone, Singapur, die Salomoninseln, Simbabwe, Sri Lanka, Swaziland, Tansania, Trinidad & Tobago, Turks & Caicos, Tuvalu, Uganda, die Weihnachtsinsel, Zambia und Zypern. Bei diesen Staaten handelt es sich um fast den gesamten Commonwealth mit einigen wenigen Ausnahmen, die wiederum häufig unter den FJA 1933 fallen.329 Insofern zeigen sich Parallelen zu den staatsvertraglichen Regelungen Frankreichs, die (zumindest anfänglich) schwerpunktmäßig mit ehemaligen Kolonien getroffen wurden. 2. Der räumliche Anwendungsbereich des Foreign Judgments Act von 1933 Während sich der AJA 1920 in seinem Anwendungsbereich auf Urteile beschränkt, die in Mitgliedstaaten des Commonwealth ergangen sind, ist der FJA 1933 durch order in council bzw. Vertragsschluss mit Nichtmitgliedstaaten des Commonwealth über die Grenzen des Commonwealth hinaus ausgedehnt worden und kann grundsätzlich im Verhältnis zu jedem ausländischen Staat – unter der Voraussetzung der Reziprozität – in Kraft gesetzt werden. 330 Derzeit findet der FJA 1933 – nach Zusammenschau der einschlägigen Litetional Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 13 ff.; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), Appendix II, S. U.K.-53 ff.; Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 70 ff.; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (102). 329 Auf folgende Staaten des Commonwealth findet der AJA 1920 nach Clarkson/Hill keine Anwendung: Australien, Bangladesch, Gibraltar, Indien, Kanada, Pakistan und Südafrika, vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 745, 749; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-54. 330 Vgl. Sec. 1 (1) FJA 1933: „If, in the case of any foreign country, Her Majesty is satisfied that, in the event of the benefits conferred by this Part of this Act being extended to, or to any particular class of, judgments given in the courts of that country or in any particular class of those courts, substantial reciprocity of treatment will be assured as regards the enforcement in that country of similar judgments given in similar courts of the United Kingdom, She may by order in Council direct – (a) that this Part of this Act shall extend to that country; (b) that such courts of that country as are specified in the Order shall be recognised courts of that country for the purposes of this Part of this Act; and (c) that judgments of any such recognised court, or such judgments of any class so specified, shall, if within subsection (2) of this section, be judgments to which this Part of this Act applies.“; siehe auch Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 750 f.
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ratur331 – auf die folgenden Staaten Anwendung: Australien, Bangladesch, Belgien, Deutschland, Frankreich, Indien, die Isle of Man, Israel, Italien, Jersey, Guernsey, Kanada und die kanadischen Provinzen (außer Québec), die Niederlande, Norwegen, Österreich, Pakistan, Surinam und Tonga.332 Berücksichtigt man die Überlagerung der Vereinbarungen mit den europäischen Staaten durch die EuGVVO – in diesem Fall der britischen Staatsverträge mit Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und den Niederlanden – und durch das Luganer Übereinkommen, das weitgehend das britischnorwegische Abkommen verdrängt, so bleibt der FJA 1933 vollumfänglich lediglich für Australien, Bangladesch, Indien, die Isle of Man, Israel, Jersey, Guernsey, Kanada, Pakistan, Surinam und Tonga anwendbar.333 III. Die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen des Statute Law 1. Grundlegende Bestimmungen des AJA 1920 und des FJA 1933 Hinsichtlich der in ihnen aufgestellten Voraussetzungen für die Registrierung der drittstaatlichen Entscheidungen wählen der AJA 1920 – bzw. dessen Part II, der die Vollstreckung ausländischer Entscheidungen betrifft – und der FJA 1933 einen ähnlichen Weg. Der FJA 1933 stellt in Sec. 1 (2) die grundlegenden Anforderungen für die Anerkennung bzw. Registrierung auf. 334 So muss ein Urteil, dessen Anerkennung bzw. Registrierung begehrt wird, nach Sec. 1 (2) lit. a endgültig (final and conclusive) sein, es muss sich um ein Zahlungsurteil handeln, das weder steuerlichen noch strafrechtlichen Hintergrund aufweist (Sec. 1 (2) lit. b), und es muss zeitlich in den Anwendungsbereich des FJA 1933 fallen (Sec. 1 (2) lit. c).335 Diese Kriterien werden durch die 331 Siehe Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187 f.; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.004 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 745 ff.; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 13 ff.; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), Appendix II, S. U.K.-53 ff.; Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 70 ff.; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (102). 332 Interessant ist an dieser Stelle, dass ein Abkommen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich scheiterte, obwohl die beiden Staaten am 26.10.1976 eine „Convention on the Reciprocal Recognition and Enforcement of Judgments in Civil Matters“ zeichneten, vgl. v. Mehren, RabelsZ 57 (1993), 449 (451 f.); sowie ausführlich Schack, ZEuP 1993, 306 (309 ff.), der für ein Scheitern dieses Abkommens insbesondere den Erlass des Protection of Trading Interests Act 1980 (PTIA 1980) als Grund anführt. 333 Vgl. ausdrücklich Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 188; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 750 f. 334 Zur Systematik des FJA 1933 siehe auch Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (547 ff.). 335 Sec. 1 (2) FJA 1933: „Subject to subsection (2A) of this section, a judgment of a recognised court is within this subsection if it satisfies the following conditions, namely –
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weiteren Bestimmungen des Acts wiederum näher definiert. So regelt etwa Sec. 1 (3) FJA 1933, dass die Möglichkeit der Einlegung von Rechtsmitteln nichts an der Endgültigkeit der Entscheidung im Sinne von Sec. 1 (2) lit. a ändert.336 Sec. 4 FJA 1933337 normiert schließlich im Zusammenspiel mit Sec. 1 in Gestalt eines Negativkatalogs, Sec. 4 (1) FJA 1933, wann eine Registrierung aufgehoben werden kann oder muss. 338 Die Registrierung einer ausländischen Entscheidung muss hiernach aufgehoben werden, wenn das anerkennende bzw. registrierende Gericht davon überzeugt ist, dass die Entscheidung nicht in den Anwendungsbereich des Statutes fällt (Sec. 4 (1) lit. a (i)), dass sie von einem international unzuständigen Gericht erlassen wurde (Sec. 4 (1) lit. a (ii)), dass die Beklagtenrechte im Prozess nicht gewahrt bzw. das Verfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet wurde (Sec. 4 (1) lit. a (iii)), (a) it is either final and conclusive as between the judgment debtor and the judgment creditor or requires the former to make an interim payment to the latter; and (b) there is payable under it a sum of money, not being a sum payable in respect of taxes or other charges of a like nature or in respect of a fine or other penalty; and (c) it is given after the coming into force of the Order in Council which made that court a recognised court.“; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 186; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580; Sonderkötter, RIW/AWD 1975, 370 (371 f.). 336 Siehe auch McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 186; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580. 337 Sec. 4 (1) FJA 1933: „Cases in which registered judgments must, or may, be set aside. (1) On an application in that behalf duly made by any party against whom a registered judgment may be enforced, the registration of the judgment (a) shall be set aside if the registering court is satisfied (i) that the judgment is not a judgment to which this Part of this Act applies or was registered in contravention of the foregoing provisions of this Act; or (ii) that the courts of the country of the original court had no jurisdiction in the circumstances of the case; or (iii) that the judgment debtor, being the defendant in the proceedings in the original court, did not (notwithstanding that process may have been duly served on him in accordance with the law of the country of the original court) receive notice of those proceedings in sufficient time to enable him to defend the proceedings and did not appear; or (iv) that the judgment was obtained by fraud; or (v) that the enforcement of the judgment would be contrary to public policy in the country of the registering court; or (vi) that the rights under the judgment are not vested in the person by whom the application for registration was made; (b) may be set aside if the registering court is satisfied that the matter in dispute in the proceedings in the original court had previously to the date of the judgment in the original court been the subject of a final and conclusive judgment by a court having jurisdiction in the matter.” 338 Siehe statt vieler Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 405 f.; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 107 f. Dabei ist nach den einzelnen Voraussetzungen zu unterscheiden, ob im Falle ihres Nichtvorliegens die Registrierung aufgehoben werden muss („must“) oder kann („may“). Diese Unterscheidung ergibt sich bereits aus dem Titel von Sec. 4 FJA 1933: „Cases in which registered judgments must, or may, be set aside.“; vgl. ausführlich Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580 ff.
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dass das Urteil durch Rechtsmissbrauch erwirkt wurde (Sec. 4 (1) lit. a (iv)), es gegen den ordre public verstößt (Sec. 4 (1) lit. a (v)) oder wenn die Registrierung von einem Unberechtigten begehrt wurde (Sec. 4 (1) lit. a (vi)).339 Die Registrierung kann hingegen aufgehoben werden, wenn der Registrierung bereits eine andere in der Sache ergangene, rechtskräftige Entscheidung entgegensteht (Sec. 4 (1) lit. b). All diese Anforderungen kennen in ähnlicher Gestalt das Common Law sowie der AJA 1920.340 Letzterer definiert in Sec. 12 (1) den von ihm erfassten Urteilsbegriff, der sich ebenfalls auf Zahlungsurteile, allerdings lediglich von Zivilgerichten beschränkt. Die Kriterien des Negativkatalogs des Sec. 4 FJA 1933 finden sich ebenfalls in weitgehend vergleichbarer Form in Sec. 9 (2) AJA 1920. Dieser schließt eine Registrierung bei fehlender internationaler Zuständigkeit, nicht ordnungsgemäßer Zustellung bzw. mangelnder Wahrung der Beklagtenrechte, bei Rechtsmissbrauch (fraud), bei (möglicher) Einlegung von Rechtsmitteln sowie Verstößen gegen die öffentliche Ordnung (public policy) aus.341 Bei den erfassten Urteilen und den Anerkennungskriterien lassen sich somit zwar kleinere Unterschiede feststellen, diese werden aber wohl nur selten praktische Relevanz entfalten. Werden die Voraussetzungen des AJA 1920 und des FJA 1933 schließlich von dem Urteil, dessen Registrierung begehrt wird, erfüllt, so kommt gemäß Sec. 9 (3) AJA 1920 bzw. Sec. 2 (2) FJA 1933 der jeweiligen Entscheidung dieselbe Wirkung wie einer inländischen Entscheidung des registrierenden Gerichts zu.342 339
Siehe hierzu Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 581 ff. 340 Siehe statt vieler Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187. 341 Sec. 9 (2) AJA 1920: „No judgment shall be ordered to be registered under this section if – (a) the original court acted without jurisdiction; or (b) the judgment debtor, being a person who was neither carrying on business nor ordinarily resident within the jurisdiction of the original court, did not voluntarily appear or otherwise submit or agree to submit to the jurisdiction of that court; or (c) the judgment debtor, being the defendant in the proceedings, was not duly served with the process of the original court and did not appear, notwithstanding that he was ordinarily resident or was carrying on business within the jurisdiction of that court or agreed to submit to the jurisdiction of that court; or (d) the judgment was obtained by fraud; or (e) the judgment debtor satisfies the registering court either that an appeal is pending, or that he is entitled and intends to appeal, against the judgment; or (f) the judgment was in respect of a cause of action which for reasons of public policy or for some other similar reason could not have been entertained by the registering court.“; siehe Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 577; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 14 ff. 342 Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 405; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 132; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private
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Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
2. Unterschiede zwischen AJA 1920 und FJA 1933 Obwohl sich AJA 1920 und FJA 1933 inhaltlich in vielerlei Hinsicht ähneln oder entsprechen – schließlich wurde der FJA 1933 als „Nachfolgeregelung“ zum AJA 1920 geschaffen und hat dessen Bestimmungen somit weitgehend aufgegriffen – finden sich auch einige grundlegende Unterschiede zwischen den beiden gesetzlichen Regelungen. a) Ermessensspielraum des Registrierungsgerichts Eine der gravierendsten Diskrepanzen zwischen den beiden Statutes ist der unterschiedliche Umfang der Entscheidungskompetenz des registrierenden Gerichts.343 Sec. 9 (1) AJA 1920 normiert: „[…] the court may, if in all the circumstances of the case they think it just and convenient that the judgment should be enforced in the United Kingdom, and subject to the provisions of this section, order the judgment to be registered accordingly.“
Diese Regelung stellt die Registrierung der ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung ihrem Wortlaut nach ausdrücklich in das Ermessen des Richters. Hält dieser eine Registrierung für angemessen und zweckmäßig („just and convenient“), wird diese registriert. 344 Demgegenüber kommt dem Anerkennungsrichter nach dem FJA 1933 kein entsprechender Ermessensspielraum zu, sondern die Vollstreckung wird bei Erfüllung der betreffenden Voraussetzungen gesetzlich angeordnet.345 International Law, S. 578; Hayward, Conflict of Laws, S. 96; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 105. 343 Ebenso Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 132; siehe auch Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.005; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 404; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-10, 15; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171; Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 121. 344 Vgl. McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 170, 185; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 748; Brown, Conflict of Laws, S. 232 f.; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 286; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 483; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 13. 345 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 132; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.005; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 636; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 404; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-10, 15; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171; Fawcett/Carruthers/ North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580; Patchett, Recognition of Commercial Judgments and Awards in the Commonwealth, S. 121.
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b) Fristen für den Registrierungsantrag Ein weiterer Unterschied findet sich in dem Zeitraum, der dem Urteilsgläubiger für die Registrierung der von ihm erstrittenen Entscheidung eingeräumt wird. Hat ein Kläger vor einem Gericht eines der Staaten, für die der FJA 1933 Anwendung findet, ein Urteil erwirkt, so besteht für ihn gemäß Sec. 2 (1) FJA 1933 die Möglichkeit, innerhalb von sechs Jahren nach dessen Erlass die Registrierung dieser Entscheidung in England zu beantragen. 346 Wird die Registrierung einer Rechtsmittelentscheidung begehrt, so läuft die Frist ab Verkündung der Entscheidung. 347 Der AJA 1920 hingegen gewährt dem Urteilsgläubiger einen wesentlich kürzeren Zeitraum für die Beantragung der Registrierung des von ihm erwirkten Urteils. Nach Sec. 9 (1) AJA 1920 besteht für den Urteilsgläubiger nur für zwölf Monate nach Erlass des Urteils die Möglichkeit der Registrierung, wobei diese Frist von dem Registrierungsgericht jedoch verlängert werden kann.348
346 Vgl. Sec. 2 (1) FJA 1933: „A person, being a judgment creditor under a judgment to which this Part of this Act applies, may apply to the High Court at any time within six years after the date of the judgment, or, where there have been proceedings by way of appeal against the judgment, after the date of the last judgment given in those proceedings, to have the judgment registered in the High Court, and on any such application the court shall, subject to proof of the prescribed matters and to the other provisions of this Act, order the judgment to be registered: […].“; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-14; Graveson, Conflict of Laws – Private International Law, S. 637; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 185; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 8; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 579 f. 347 Vgl. Sec. 2 (1) FJA 1933: „A person, being a judgment creditor under a judgment to which this Part of this Act applies, may apply to the High Court at any time within six years after the date of the judgment, or, where there have been proceedings by way of appeal against the judgment, after the date of the last judgment given in those proceedings, to have the judgment registered in the High Court, […].“; siehe auch Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (423). 348 Sec. 9 (1) AJA 1920: „Where a judgment has been obtained in a superior court in any part of His Majesty’s dominions outside the United Kingdom to which this Part of this Act extends, the judgment creditor may apply to the High Court in England or [Northern Ireland] or to the Court of Session in Scotland, at any time within twelve months after the date of the judgment, or such longer period as may be allowed by the court, to have the judgment registered in the court, […].“; vgl. Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.017; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 577; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 185; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 13; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 106.
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3. Abweichungen von den Anforderungen des Common Law Während das Verfahren nach dem Common Law und Statute Law sehr unterschiedlich ausgestaltet ist,349 entsprechen die Anforderungen, die das Statute Law für die Vollstreckung einer Entscheidung aufstellt, weitgehend den defences, die im Common Law gegen die Anerkennung bzw. Vollstreckbarerklärung geltend gemacht werden können. 350 Insofern finden sich nur marginale Unterschiede zwischen den beiden Regelungsbereichen, vielmehr wurde im Wesentlichen in den Statutes der Stand der Rechtsprechung bzw. die Anforderungen des Common Law detaillierter und mit kleineren Abweichungen schriftlich festgehalten. 351 Vor diesem Hintergrund wird vielfach auch auf die umfangreiche Rechtsprechung des Common Law bei der Auslegung und Interpretation der einzelnen Anerkennungskriterien bzw. defences zurückgegriffen werden können. 352 Allerdings lassen sich trotz der weitgehenden „Nachbildung“ des Statute Law nach dem Vorbild der Common LawRegelungen feine Unterschiede zwischen den einzelnen Regelungsformen wie auch zwischen den Statutes untereinander feststellen. a) Der Kreis der registrierbaren Entscheidungen Einer der grundlegenden Unterschiede zwischen AJA 1920 und FJA 1933 besteht im Kreis der Entscheidungen, die nach den jeweiligen Regelwerken zur Registrierung zugelassen werden. Beide Statutes liefern in Sec. 11 (1) FJA 1933 und Sec. 12 (1) AJA 1920 Legaldefinitionen für den Urteilsbegriff. Erfasst werden hiernach zunächst alle Entscheidungen bzw. Verfügungen die aus einem zivilrechtlichen Verfahren hervorgehen.353 Überdies erfordern beide Statutes, dass es sich um Entscheidungen handeln muss, die auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme gerichtet sind.354 Diesbezüglich stimmen sie mit den 349
Zum Verfahren der Registrierung nach Common Law siehe Kap. III § 14 V. Vgl. McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171; Clarkson/ Hill, The Conflict of Laws, S. 187. 351 Brown, Conflict of Laws, S. 232; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187 f.; Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 133; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.003; Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (466). 352 Statt vieler O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 287. 353 Siehe statt aller Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.005; der FJA 1933 erfasst dabei ausdrücklich auch Entscheidungen eines Strafgerichts, wenn das betreffende Urteil zur Zahlung eines Schadensersatzes verurteilt, vgl. Sec. 11 (1) FJA 1933; siehe hierzu Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 748 sowie bereits Kap. I § 4 III 1 m. w. N. 354 McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 170, 185; Fawcett/ Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580; Arnold, RabelsZ 38 (1974), 767 (770). 350
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Anforderungen des Common Law überein.355 Der Anwendungsbereich der Statutes erstreckt sich allerdings – anders als das Common Law – auch auf schiedsgerichtliche Entscheidungen, die gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt werden, wenn sie im Urteilsstaat nach dessen Recht ebenso vollsteckbar sind wie eine Gerichtsentscheidung. 356 Mögen die Definitionen und die Erfassung von Schiedssprüchen zunächst den Eindruck erwecken, der Anwendungsbereich der Statutes sei in Bezug auf die registrierbaren Entscheidungen recht weit gefasst, so trügt dieser erste Eindruck, denn die Anwendbarkeit des AJA 1920 wird in Sec. 9 (1) AJA 1920 auf Entscheidungen „höherer Gerichte“ (superior courts) beschränkt und auch der Kreis der Urteile, die nach Sec. 1 (1) FJA 1933 registrierfähig sind, beschränkt sich auf Urteile bestimmter anerkannter Gerichte (recognised courts), die in den jeweiligen orders in council benannt werden.357 Der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen wird so erheblich eingeschränkt und die Gläubiger eines Urteils, das von einem 355 Siehe Sec. 12 (1) AJA 1920; Sec. 1 (2) FJA 1933; vgl. zudem die Ausführungen zum betreffenden Erfordernis im Common Law, Kap. I § 4 III 2. 356 Vgl. Sec. 11 (1) FJA 1933: „In this Act, unless the context otherwise requires, the following expressions have the meanings hereby assigned to them respectively, that is to say – ‘Judgment’ means a judgment or order given or made by a court in any civil proceedings, or a judgment or order given or made by a court in any criminal proceedings for the payment of a sum of money in respect of compensation or damages to an injured party.“; zur Erfassung von Schiedssprüchen durch den FJA 1933 siehe Sec. 1 lit. a FJA 1933: „The provisions of this Act, except sections 1(5) and 6, shall apply, as they apply to a judgment, in relation to an award in proceedings on an arbitration which has, in pursuance of the law in force in the place where it was made, become enforceable in the same manner as a judgment given by a court in that place.“; den Rahmen der nach AJA 1920 registrierbaren Entscheidungen bestimmt Sec. 12 (1) AJA 1920 in Gestalt einer Legaldefintion, die einen vollstreckbaren Schiedsspruch einer Gerichtsentscheidung gleichstellt: „In this Part of this Act, unless the context otherwise requires – The expression ‘judgment’ means any judgment or order given or made by a court in any civil proceedings, whether before or after the passing of this Act, whereby any sum of money is made payable, and includes an award in proceedings on an arbitration if the award has, in pursuance of the law in force in the place where it was made, become enforceable in the same manner as a judgment given by a court in that place.“; vgl. hierzu Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 746 f.; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580. 357 Vgl. Sec. 1 (1) lit. b und c FJA 1933: „[…] She Her Majesty may by order in Council direct – (b) that such courts of that country as are specified in the Order shall be recognised courts of that country for the purposes of this Part of this Act; and (c) that judgments of any such recognised court, or such judgments of any class so specified, shall, if within subsection (2) of this section, be judgments to which this Part of this Act applies.“; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 106 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 752; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580; vgl. exemplarisch auch den Kreis der anerkannten Gerichte im deutsch-britischen Verhältnis, Art. I Abs. 2 des deutsch-britischen Abkommens.
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„unteren“ Gericht erlassen wurde, werden benachteiligt, was einen äußerst unbefriedigenden Regelungszustand darstellt.358 b) Die Regelung der internationalen Zuständigkeit Eine weitere, wenngleich minimale Abweichung vom Common Law findet sich in der Ausgestaltung der Anerkennungszuständigkeit. 359 Wie in sämtlichen betrachteten Rechtsordnungen spielt die Prüfung der internationalen Zuständigkeit auch im Rahmen des Statute Law eine zentrale Rolle als Anerkennungskriterium. 360 Sec. 4 (2) FJA 1933 legt ausdrücklich fest, in welchen Fällen das Urteilsgericht als aus britischer Sicht international zuständig betrachtet wird. 361 Dabei war es ein klares Anliegen beim Entwurf des Gesetzes, die Regeln der Statutes zur Anerkennungszuständigkeit denen des Common Law möglichst nachzubilden. 362 Auch der AJA 1920 stellt in Sec. 9 (2) lit. a und b die Bedingung der Anerkennungszuständigkeit auf und gibt dabei im Wesentlichen die Anforderungen des Common Law wieder. 363 358 Die Beschränkung auf bestimmte Gerichte bemängelt auch Matscher, ZZP 86 (1973), 404 (438). 359 Vgl. Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.010; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 747; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187; ausführlich Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 581 ff.; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 14 f. 360 McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171; Solomons, (1976) 25 ICLQ, 665 (665). 361 Sec. 4 (2) FJA 1933: „For the purposes of this section the courts of the country of the original court shall, subject to the provisions of subsection (3) of this section, be deemed to have had jurisdiction – (a) in the case of a judgment given in an action in personam – (i) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, submitted to the jurisdiction of that court by voluntarily appearing in the proceedings; or (ii) if the judgment debtor was plaintiff in, or counter-claimed in, the proceedings in the original court; or (iii) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, had before the commencement of the proceedings agreed, in respect of the subject matter of the proceedings, to submit to the jurisdiction of that court or of the courts of the country of that court; or (iv) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, was at the time when the proceedings were instituted resident in, or being a body corporate had its principal place of business in, the country of that court; or (v) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, had an office or place of business in the country of that court and the proceedings in that court were in respect of a transaction effected through or at that office or place.“ 362 Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 753 f.; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 406; siehe auch McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 171. 363 Siehe auch Barnett, Res Judicata, Estoppel, and Foreign Judgments, S. 55; Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187.
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Allerdings weichen die Bestimmungen der unterschiedlichen Rechtsquellen in einigen Punkten voneinander ab. 364 Während die zuständigkeitsbegründenden Momente in Sec. 4 (2) lit. a (i) bis (iii) FJA 1933 den Kriterien des Common Law entsprechen, nach denen eine Unterwerfung des Beklagten unter die Gerichtsbarkeit des Urteilsgerichts (submission) angenommen wird, verdient das in Sec. 4 (2) lit. a (iv) FJA 1933 genannte Anknüpfungsmoment besondere Bedeutung. Hier normiert der englische bzw. britische Gesetzgeber: „For the purposes of this section the courts of the country of the original court shall, subject to the provisions of subsection (3) of this section, be deemed to have had jurisdiction in the case of a judgment given in an action in personam if the judgment debtor, being a defendant in the original court, was at the time when the proceedings were instituted resident in, or being a body corporate had its principal place of business in, the country of that court.“
In dieser Formulierung findet sich eine nicht unwesentliche Abweichung zu den Zuständigkeitsregelungen des Common Law. Nach dem Wortlaut von Sec. 4 (2) lit. a (iv) FJA 1933 bzw. mit dem Erfordernis der residence des Beklagten im Urteilsstaat schließt der FJA 1933 die internationale Zuständigkeit des Urteilsstaats in Fällen aus, in denen sich diese darauf stützt, dass sich der Beklagte bei Verfahrenseinleitung im Urteilsstaat bloß aufgehalten hat (mere presence of the defendant), während das Common Law die bloße Anwesenheit bei Zustellung für die Anerkennungszuständigkeit genügen lässt. 365 Die Regelungen des AJA 1920 sind diesbezüglich zwar weniger detailliert als die des FJA 1933,366 es ist jedoch davon auszugehen, dass auch dieser die bloße Anwesenheit des Beklagten nicht genügen lässt. 367 Zudem erfordert Sec. 4 (2) lit. a (v) FJA 1933 für die Begründung der internationalen Zuständigkeit von Gesellschaften bzw. juristischen Personen, dass der Beklagte ein Büro bzw. eine geschäftliche Niederlassung (office or place of business) im Urteilsstaat hatte und das Verfahren sich auf eine im Zusammenhang mit 364 Ebenso statt vieler Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.010. 365 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 754; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.010; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 406; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (103). 366 Vgl. Sec. 9 (2) lit. a und b AJA 1920: „No judgment shall be ordered to be registered under this section if (a) the original court acted without jurisdiction; or (b) the judgment debtor, being a person who was neither carrying on business nor ordinarily resident within the jurisdiction of the original court, did not voluntarily appear or otherwise submit or agree to submit to the jurisdiction of that court.“ 367 Ebenso Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.010.
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dieser Niederlassung abgewickeltes Geschäft bezieht.368 Die Bestimmungen des Statute Law sind somit diesbezüglich strenger als die des Common Law.369 c) Wahrung der Beklagtenrechte und Verfahrenseinleitung Interessant ist schließlich ein Vergleich mit den ordre public-relevanten Bestimmungen der beiden Gesetze. Nimmt das Common Law wie bereits dargelegt eine Art „dreigeteilte ordre public-Prüfung“ in Form der defences natural justice, public policy und fraud vor,370 so findet sich von dieser Vorgehensweise eine kleine Abweichung in den Regelungen der Statutes.371 Auch das Statute Law nennt in Sec. 4 (1) lit. a (iv) und (v) FJA 1933 sowie in Sec. 9 (2) lit. d und f AJA 1920 die Kriterien, dass die ausländische Entscheidung nicht durch Rechtsmissbrauch (fraud) erwirkt worden sein und die Registrierung nicht der englischen öffentlichen Ordnung (public policy) zuwider laufen darf. 372 Dabei sind die Begriffe des Rechtsmissbrauchs und der public policy in den jeweiligen Regeln gleich und ebenso wie die entsprechenden Kriterien des Common Law auszulegen. 373 368 Vgl. Sec. 4 (2) lit. a (v) FJA 1933: „For the purposes of this section the courts of the country of the original court shall, subject to the provisions of subsection (3) of this section, be deemed to have had jurisdiction – in the case of a judgment given in an action in personam – if the judgment debtor, being a defendant in the original court, had an office or place of business in the country of that court and the proceedings in that court were in respect of a transaction effected through or at that office or place.“; vgl. Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 188; James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (103). 369 Ebenso James, Comp. Law Yearbook of Int’l Business 1991, 93 (103). 370 Zur speziellen Ausprägung der ordre public-Prüfung bzw. den unterschiedlichen defences siehe bereits Kap. II § 7 III und Kap. II § 9 III. 371 Siehe Brown, Conflict of Laws, S. 234; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 748. 372 Siehe auch Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 188 f. 373 Vgl. die Ausführungen von Lord Bridge of Harwich in Owens Bank Ltd. v Bracco [1992] 2 A. C. 443 (443 ff.) zur gleichen Auslegung der beiden Statutes: „As I have pointed out, enforcement in the United Kingdom of the judgments of courts in the Commonwealth is governed by section 9 of the Act of 1920 which is here directly in issue. The enforcement in the United Kingdom of the judgments of courts in countries with which this country has concluded reciprocal enforcement arrangements is governed by the Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933. That is not here directly in issue, but it provides by section 4(l)(a)(iv) that registration of a judgment, which will have been effected ex parte under section 2, is to be set aside if the registering court is satisfied ‘that the judgment was obtained by fraud’ and thus appears to raise an issue of construction which it would, I think, be difficult to differentiate from that raised here by section 9(2)(d) of the Act of 1920.“, Owens Bank Ltd. v Bracco [1992] 2 A. C. 443 (487); Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 748; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013.
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Eine Abweichung findet sich in prozessualer Hinsicht bzw. in Bezug auf die natural justice.374 Behandelt das Common Law die Wahrung der Beklagtenrechte im Prozess bzw. die Gewährung rechtlichen Gehörs und die ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung als Teil der natural justice, findet sich in Sec. 4 (1) lit. a (iii) FJA 1933 und Sec. 9 (2) lit. c AJA 1920 die ausdrückliche Anforderung der Verteidigungsmöglichkeit des Beklagten bzw. der ordnungsgemäßen Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks ohne dass der Begriff der natural justice bemüht wird.375 Durch diese Formulierungen könnte der Eindruck entstehen, die Regelungen der Statutes seien enger gefasst,376 im Ergebnis wird dieser Unterschied im Wortlaut aber wohl nur marginale Bedeutung haben. IV. Das Verfahren der Registrierung nach Statute Law Der größte Unterschied zwischen dem Common Law und den Statutes besteht im tatsächlichen Verfahren der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung bzw. Registrierung. 377 Anders als im autonomen Recht, wo auf dem Klageweg durch action upon the foreign judgment erneut ein Verfahren durchgeführt werden muss, wird im Anwendungsbereich des Statute Law den ausländischen Entscheidungen durch Registrierung ohne erneute Klage Wirksamkeit bzw. Vollstreckbarkeit in England verliehen. 378 Durch diese vereinfachte Verfahrensregelung erfahren die Entscheidungen aus Staaten, im Verhältnis zu denen der AJA 1920 oder FJA 1933 durch order in council in Kraft gesetzt wurde, eine wesentliche Privilegierung.
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Statt vieler Hayward, Conflict of Laws, S. 99 f. Vgl. Sec. 4 (1) lit. a (iii) FJA 1933: „[…] that the judgment debtor, being the defendant in the proceedings in the original court, did not (notwithstanding that process may have been duly served on him in accordance with the law of the country of the original court) receive notice of those proceedings in sufficient time to enable him to defend the proceedings and did not appear.“; siehe auch Brown, Conflict of Laws, S. 234; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 748. 376 Auch Dennis spricht davon, dass die Bestimmungen des statutarischen Rechts „more traditional and limited terms“ enthielten, vgl. Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.013. 377 Ebenso Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 6; Magnus, RIW/AWD 1975, 465 (465). 378 Siehe statt aller Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187 f.; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.003; Schulze, On Jurisdiction and the Recognition and Enforcement of Foreign Money Judgments, S. 105 ff.; Sikora, Die Anerkennung und Vollstreckung US-amerikanischer Urteile in England, S. 6 f. 375
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1. Die „bloße“ Anerkennung der Entscheidung Zu beachten ist bei dem Verfahren nach den Statutes, für das sich häufig auch die Bezeichnung als Verfahren der „direkten Vollstreckung“ findet,379 dass diese in der Regel bzw. nach ihrem Titel nur die Vollstreckbarerklärung an sich, also die Registrierung betreffen.380 Auch wenn der Fall, dass lediglich die Anerkennung und nicht die Vollstreckung einer Entscheidung begehrt wird, in der Praxis wahrscheinlich die Ausnahme darstellen wird, so stellt sich genau diese Frage doch etwa dann, wenn in einem Verfahren vor einem englischen Gericht der Einwand der entgegenstehenden Rechtskraft des drittstaatlichen Urteils geltend gemacht wird. Die Antwort der beiden Statutes hierauf fällt unterschiedlich aus. Während im Anwendungsbereich des AJA 1920 für eine Anerkennung zur Geltendmachung der Entscheidung als res iudicata in einem englischen Prozess wohl – mangels entgegenstehender Hinweise – ein erneutes Anerkennungsverfahren auf dem Klageweg nach dem Common Law durchgeführt werden muss, enthält der FJA 1933 eine ausdrückliche Regelung in Sec. 8 (1) FJA 1933, nach der auch eine nicht registrierte Entscheidung in einem englischen Prozess als Einrede geltend gemacht werden kann.381 2. Ausgestaltung der Registrierung Bei beiden Statutes ist für die Registrierung ein entsprechender Antrag (application for registration) mit schriftlichen Belegen (written evidence), die das Urteil bzw. eine authentische Abschrift hiervon und ggf. eine Übersetzung durch einen Notar oder eine andere qualifizierte Person enthalten, beim
379 Siehe beispielsweise Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 573; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 285; Schmitthoff, The English Conflict of Laws, S. 479. 380 Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 748; vgl. zudem bereits die Präambel des FJA 1933: An Act to make provision for the enforcement in the United Kingdom of judgments given in foreign countries which accord reciprocal trea tment to judgments given in the United Kingdom, for facilitating the enforcement in foreign countries of judgments given in the United Kingdom, and for other purposes in connection with the matters aforesaid. 381 Sec. 8 (1) FJA 1933: „Subject to the provisions of this section, a judgment to which Part I of this Act applies or would have applied if a sum of money had been payable thereunder, whether it can be registered or not, and whether, if it can be registered, it is registered or not, shall be recognised in any court in the United Kingdom as conclusive between the parties thereto in all proceedings founded on the same cause of action and may be relied on by way of defence or counter-claim in any such proceedings.“; siehe auch Barnett, Res Judicata, Estoppel, and Foreign Judgments, S. 57; Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 408; Harder, (2013) 62 ICLQ, 441 (446).
§ 14 Die Anerkennung nach Statute Law in England
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zuständigen Gericht einzureichen. 382 Dies ist in England und Nordirland der jeweilige High Court und in Schottland der Court of Session. 383 Dabei ist auch eine Teilregistrierung möglich. 384 Die Verfügung, durch die der drittstaatlichen Entscheidung die Registrierung gewährt wird (registration order), muss dem Urteilsschuldner schließlich zugestellt werden. 385 Dieses vereinfachte Registrierungsverfahren stellt sich folglich um einiges einfacher sowie wohl weniger zeitaufwändig dar als eine action upon the judgment nach dem Common Law. V. Das Verhältnis von „action upon judgment“ und Statute Law Auf die Frage nach einem eventuell möglichen „Rückgriff“ auf die autonome Klage kann im englischen Statute Law keine einheitliche Antwort gegeben werden, denn diesbezüglich unterscheiden sich die beiden einschlägigen Sta382 Vgl. Part 74.4 CPR: „(1) An application for registration of a judgment under the 1920, 1933 or 1982 Act must be supported by written evidence exhibiting – (a) the judgment or a verified or certified or otherwise authenticated copy of it; and (b) where the judgment is not in English, a translation of it into English – (i) certified by a notary public or other qualified person; or (ii) accompanied by written evidence confirming that the translation is accurate.“ Näher zu den erforderlichen beizubringenden Dokumenten und dem Verfahrensablauf siehe den gesamten Part 74 der CPR sowie Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.7; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 747, 752; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.017. 383 Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 577; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 745; McClean/ Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 185; siehe auch Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (422); Müller/Hök/Schulze, Deutsche Vollstreckungstitel im Ausland, Bd. I, Frankreich, S. 21, 35; Millar, in: Newman, Enforcement of Money Judgments, Vol. 2, United Kingdom (England & Wales), S. U.K.-9; Nagel/Gottwald, IZPR, § 16 Rn. 36. 384 Vgl. Sec. 2 (5) FJA 1933: „If, on an application for the registration of a judgment, it appears to the registering court that the judgment is in respect of different matters and that some, but not all, of the provisions of the judgment are such that if those provisions had been contained in separate judgments those judgments could properly have been registered, the judgment may be registered in respect of the provisions aforesaid but not in respect of any other provisions contained therein.“; siehe hierzu auch Hill, International Commercial Disputes in English Courts, S. 405; Fawcett/Carruthers/North, Chesire, North & Fawcett, Private International Law, S. 580; Müller/Hök, JurBüro 1988, 414 (422). 385 Vgl. Part 74.6 (1) CPR: „An order granting permission to register a judgment (‘a registration order’) must be drawn up by the judgment creditor and served on the judgment debtor – (a) by delivering it to the judgment debtor personally; (b) by any of the methods of service permitted under the Companies Act 2006; or (c) in such other manner as the court may direct.“; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 747, 752; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.017.
392
Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
tutes. Einerseits wird in Sec. 6 des FJA 1933386 ein „Günstigkeitsprinzip“ wie es das deutsche Recht kennt explizit ausgeschlossen.387 Andererseits steht es gemäß Sec. 9 (5) des AJA 1920388 dem Urteilsgläubiger offen, die Anerkennung einer Entscheidung aus einem Staat, für den der AJA 1920 in Kraft gesetzt wurde, nach dem Common-Law-Regeln in England geltend zu machen.389 Allerdings hätte eine entsprechende Entscheidung des Urteilsgläubigers bzw. Klägers zur Folge, dass eine Kostenerstattung in diesem Fall dem Kläger nach Sec. 9 (5) AJA 1920 nicht möglich wäre, es sei denn, ihm wurde im Vorfeld bereits eine Registrierung der Entscheidung verwehrt oder das Gericht hat eine anderweitige Bestimmung getroffen.390 Mit dieser zweiteiligen Lösung steht das Statute Law in gewisser Weise zwischen dem Günstigkeitsprinzip des deutschen Rechts und dem französischen Recht, das grundsätzlich den staatsvertraglichen Regelungen den Vorrang einräumt. In Bezug auf Entscheidungen aus EU-Mitgliedstaaten oder Vertragsstaaten des Luganer Übereinkommens gilt auch im britischen Rechtsraum das bereits Gesagte, ein Rückgriff auf das Common Law im Anwendungsbereich von EuGVVO und Luganer Übereinkommen scheidet aus. 391 Dies ergibt sich im englischen Recht explizit aus Sec. 18 (8) des 1982 Act zur
386
Sec. 6 FJA 1933: „No proceedings for the recovery of a sum payable under a foreign judgment, being a judgment to which this Part of this Act applies, other than proceedings by way of registration of the judgment, shall be entertained by any court in the United Kingdom.“ 387 Collier, in: Walter/Baumgartner, S. 134; Hayward, Conflict of Laws, S. 97; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 688; McClean/Ruiz AbouNigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 186. 388 Sec. 9 (5) AJA 1920: „In any action brought in any court in the United Kingdom on any judgment which might be ordered to be registered under this section, the plaintiff shall not be entitled to recover any costs of the action unless an application to register the judgment under this section has previously been refused or unless the court otherwise orders.“ 389 Statt vieler Hayward, Conflict of Laws, S. 96; Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (443). 390 Clarkson/Hill, The Conflict of Laws, S. 187; Dennis, in: Paley, International Recognition and Enforcement of Money Judgments, Kap.: Money judgments in the United Kingdom, S. 2201.005; Hayward, Conflict of Laws, S. 96 f.; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 689; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 185; Gwynne, in: Campbell, International Execution against Judgment Debtors, Volume 1, England and Wales, S. 16; O’Brien, Smith’s Conflict of Laws, S. 287; Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (443); Stone, LMCLQ 1983, 1 (4); siehe ausführlich zu diesem grundlegenden Unterschied zwischen AJA 1920 und FJA 1933 die Ausführungen von Richter Greer, L.J. in Yukon Consolidated Gold Corp Ltd v Clark [1938] 2 K.B. 241 (252 ff.). 391 Ebenso Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 688.
§ 15 Abschließende Wertung der staatsvertraglichen Regelungen
393
Umsetzung der EuGVVO 392 und wird von der Literatur zudem aus der Entscheidung de Wolf v Cox des EuGH aus dem Jahr 1976 abgeleitet.393
§ 15 Abschließende Wertung der staatsvertraglichen Regelungen § 15 Abschließende Wertung der staatsvertraglichen Regelungen
Behält man die ursprüngliche Funktion der bilateralen Staatsverträge – die Vereinfachung und Sicherung der wechselseitigen Urteilsanerkennung bzw. den Grundsatz des favor recognitionis – im Blick, so kann nach eingehender Betrachtung den bilateralen Verträgen in allen betrachteten Rechtsordnungen eine grundlegend positive Wirkung attestiert werden. Dies gilt umso mehr als häufig ihr Abschluss gravierenden Unsicherheiten im grenzüberschreitenden Urteilsverkehr mit den betreffenden Staaten ein Ende gesetzt hat. 394 Zudem kann in den bilateralen Staatsverträgen häufig eine Art „Motor“ für die Liberalisierung des autonomen Rechts gesehen werden, da sie großzügigere Regelungen treffen können als die nationale Gesetzgebung und sie so das „Austesten“ neuer Systeme bzw. die Reduzierung von Anerkennungsvoraussetzungen ermöglichen.395 I.
Bewertung der britischen Statutes
Wie in der obigen Untersuchung festgestellt, stimmen die Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen nach dem Common Law und Statute Law in vielen Punkten überein. Darüber hinaus weisen die britischen statutorischen Regelungen jedoch einige zusätzliche Aspekte auf. Ein Charakteristikum 392 „A judgment to which this section applies, other than a judgment within paragraph (e) of subsection (2), shall not be enforced in another part of the United Kingdom except by way of registration under Schedule 6 or 7.“ 393 „The provisions of the Convention on Jurisdiction and the Enforcement of Judgments in Civil and Commercial Matters of 27 September 1968 prevent a party who has obtained a judgment in his favour in a Contracting State, being a judgment for which an order for enforcement under Article 31 of the Convention may issue in another Contracting State, from making an application to a court in that other State for a judgment against the other party in the same terms as the judgment delivered in the first State. The fact that there may be occasions on which, according to the national law applicable, the procedure set out in Articles 31 et seq. of the Convention may be found to be more expensive than bringing fresh proceedings on the substance of the case does not invalidate these considerations.“, EuGH, 30.11.1976, Rs. 42/76, Slg. 1976, 1759; Mapesbury, Dicey, Morris and Collins on The Conflict of Laws, S. 689; McClean/Ruiz Abou-Nigm, Morris: The Conflict of Laws, S. 163; Fentiman, International Commercial Litigation, S. 711; Stone, LMCLQ 1983, 1 (3 f.). 394 Siehe bereits die jeweiligen Anmerkungen in Kap. III §§ 12–14 mit den jeweiligen Nachweisen. 395 Vgl. Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (8 f.); siehe auch Walter/Baumgartner, in: Walter/Baumgartner, S. 6 f.
394
Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
bzw. eine international einzigartige Situation stellt die Vorgehensweise des britischen Rechts mit dem Inkraftsetzen von Rahmengesetzen nach Abschluss bilateraler Staatsverträge auf diesem Gebiet dar.396 Die hieraus resultierende Einheitlichkeit der britischen bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge kann dabei positiv wie auch negativ bewertet werden. Zum einen erscheint eine Einheitlichkeit vom Blickwinkel der Rechtssicherheit und Anwendungsfreundlichkeit durchaus begrüßenswert. Mussten bei den deutschen und französischen Verträgen noch genau diese Detailabweichungen kritisiert werden, so sind bei den britischen keine oder nur minimal unterschiedliche Regelungen in den einzelnen bilateralen Anerkennungsverträgen und den entsprechenden orders in council zu beachten. Zum anderen handelt es sich jedoch um ein sehr unflexibles Modell, das den jeweiligen Besonderheiten und Anforderungen der unterschiedlichen Rechtsordnungen der Vertragsstaaten u. U. nicht immer gerecht wird. 397 Der FJA 1933 wurde unmittelbar nach seinem Erlass von Ancel als „Sieg des geschriebenen Rechts über das Common Law“ bezeichnet. 398 Dieser Ansicht kann nur sehr bedingt zugestimmt werden, denn die unterschiedlichen Regelungssysteme sind nur äußerst schwer vergleichbar. Zwar legen die Regelungen der Statutes – anders als im Common Law – in schriftlicher Form die Anerkennungsprinzipien nieder, was für den kontinental-europäischen Juristen sicher vorzugswürdig erscheint,399 in den enthaltenen Kriterienkatalogen kann im Grunde jedoch wie bereits mehrfach angesprochen – mit wenigen Abweichungen – lediglich eine Wiedergabe der Anforderungen des Richterrechts des Common Law gesehen werden. Sie sind also gerade nicht anerkennungsfreundlicher von ihren Kriterien her, sondern liefern (lediglich) – wenngleich die Vorzüge des Registrierungverfahrens erheblich sind – eine vereinfachte Verfahrensform. II. Unterschiedliche Bedeutung bilateraler Staatsverträge Neben der Ausgestaltung der Anerkennungszuständigkeit ist sicherlich die sehr unterschiedliche Praxis Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens bezüglich des Abschlusses bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge eine der größten Divergenzen zwischen den einzelnen Rechtsordnungen. Die jeweiligen Gestaltungen reichen von einer lediglich marginalen 396 Siehe etwa Matscher, ZZP (86) 1973, 404 (437 f.); Arnold, RabelsZ 38 (1974), 767 (769 f.) sowie bereits Kap. III § 14 I. 397 Vgl. bereits die Äußerungen in der Denkschrift zum deutsch-britischen Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen, BT-Dr. 3/2360, 14 (15). 398 „Du point de vue du droit comparé, cet Act marque en Angleterre une nouvelle victoire du droit écrit sur la common law, […]“, Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (541). 399 Auch Ancel erwähnt die direkte Zugänglichkeit der geschriebenen Regelungen als positiv, vgl. Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (541).
§ 15 Abschließende Wertung der staatsvertraglichen Regelungen
395
Bedeutung der Abkommen im deutschen Anerkennungsrecht bis zu einem umfassenden Vertragsnetz wie es Frankreich aufgebaut hat. Uneinheitlich ist zudem das Verhältnis der Staatsverträge zu den autonomen Regelungen in den betrachteten Rechtsordnungen. Besteht in Deutschland weitestgehend Einvernehmen darüber, dass anerkennungsfreundlicheres autonomes Recht der staatsvertraglichen Regelung vorgehen kann bzw. sollte, findet sich in der französischen und englischen Rechtsordnung eine anderer Ansatz. So ist etwa im französischen Recht eine Anerkennung nach autonomem Recht ausgeschlossen, wenn der Urteilsstaat mit Frankreich eine staatsvertragliche Bindung hat 400 und das englische Recht trifft in FJA 1933 und AJA 1920 diesbezüglich unterschiedliche Regelungen, die grundsätzlich auch eine eher ablehende Haltung erkennen lassen. 401 Doch unabhängig von diesen Verschiedenartigkeiten war der Abschluss von Staatsverträgen in allen Rechtsordnungen stets ein äußerst wirksames Mittel, um die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen sicherzustellen und/oder zu erleichtern.402 Vor diesem Hintergrund sind staatsvertragliche Regelungen als Grundlage für die internationale Urteilsanerkennung und Vollstreckung nach wie vor ein sinnvolles Instrument und werden dies wohl auch immer bleiben, solange nicht ein weltweites Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen, wie von der Haager Konferenz vielfach initiiert,403 tatsächlich existiert bzw. eine dem NYÜ vergleichbare Reichweite aufweist. Allerdings basiert die Unübersichtlichkeit der Rechtsquellen und die damit einhergehenden Schwierigkeiten für den Rechtsanwender nicht zuletzt auf den umfangreichen bilateralen Regelungen der einzelnen europäischen Staaten.404 Das Geflecht der Regelungen, die jeder einzelne Staat erschaffen hat, multipliziert sich in der Europäischen Union mit der Zahl der Mitgliedstaaten, also zur Zeit mit dem Faktor 28,405 sodass es dem „europäischen Rechtsanwender“ nur mit großem Aufwand möglich ist, die einschlägige Rechtsquelle zu finden und deren Inhalt korrekt auszulegen und anzuwenden. Mit der stetigen Erweiterung der Europäischen Union, so unterschiedlich die diesbezüglichen Pläne in den Fällen der einzelnen Beitrittskandidaten auch fortgeschritten sein mögen,406 würde sich diese Lage noch weiter verkomplizieren. Sehr 400
Siehe Kap. III § 12 VI, § 13 IV. Siehe Kap. III § 14 V. 402 Vgl. Walter/Baumgartner, in: Walter/Baumgartner, S. 7. 403 Siehe hierzu ausführlich Kap. I § 1 II. 404 Siehe Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (8 f.). 405 Siehe die Internetpräsenz der EU . 406 Kandidatenländer sind derzeit Albanien, Island, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Montenegro, die Türkei und Serbien; Bosnien und Herzegowina und Kosovo haben den Status eines „potentiellen Kandidaten“, vgl. die Internetpräsenz der 401
396
Kapitel III: Die bilateralen Staatsverträge
anschaulich beschreibt Juenger diesen negativen Aspekt der bilateralen Abkommen: „Bargaining for recognition may have the virtue of fostering cooperation among nations. Bilateralism is not, however, an unmixed blessing. The vagaries of negotiation processes are apt to produce disparate recognition standards for judgments from different countries. Once treaties proliferate, inconsistencies and complexities are unavoidable; only multilateral conventions can assure uniformity. Especially within a setting like the Common Market, multilateralism is indeed a feasible alternative, as the Brussels Convention demonstrates.“ 407
Es gilt folglich neue Wege auf dem Gebiet der staatsvertraglichen Regelungen zu beschreiten. Eine weitere völlige autarke Vertragsschlusspraxis der EU-Mitgliedstaaten kann und sollte keine Zukunftsperspektive im Anerkennungsrecht sein. 408 III. Zukünftige Bedeutung der Staatsverträge für die Urteilsanerkennung Doch wie, und wenn ja, in welcher Form ist diese Vorgehensweise bzw. der Abschluss von Staatsverträgen auf dem Gebiet der drittstaatlichen Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Urteile zukunftsfähig? Als positiver Aspekt der staatsvertraglichen Regelung ist wie bereits mehrfach erörtert zu berücksichtigen, dass dem Rechtsanwender für die Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen im Verhältnis der jeweiligen Vertragsstaaten durch einen bilateralen Staatsvertrag feste Vorgaben gemacht werden, was eindeutig der Rechtssicherheit und einheitlichen Rechtsanwendung zuträglich ist.409 Diese Rechtssicherheit wird jedoch bereits dann wieder durchbrochen, wenn etwa das Günstigkeitsprinzip einen Rückgriff auf die autonomen Regelungen des nationalen Rechts zulässt. Mag dies zwar durchaus für den einzelnen Urteilsgläubiger vorteilhaft und mit Blick auf die größere Urteilsfreizügigkeit zu begrüßen sein, so birgt dies doch wieder einen Unsicherheitsfaktor hinsichtlich der anwendbaren Rechtsquellen. Aber auch wenn die einzelnen Rechtsordnungen – wie etwa das französische Recht – eine Ausnahme vom Vorrang der staatsvertraglichen Regeln nicht zulassen, so vereinfacht sich die Lage nicht zwangsläufig für den Praktiker. Orientieren sich die bilateralen Verträge zwar häufig an den Normen und Anforderungen des nationalen autonomen Rechts, so weisen sie im Einzelfall doch feine Abweichungen und Nuancen
Europäischen Kommission, abrufbar unter: . 407 Vgl. Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (8 f.). 408 Siehe hierzu die Ausführungen zu den Außenkompetenzen der EU, Kap. V § 19 II. 409 Vgl. etwa die positiven Äußerungen Ancels zum Statute Law, Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (541).
§ 15 Abschließende Wertung der staatsvertraglichen Regelungen
397
auf, die die Handhabung umso schwieriger gestalten. 410 Außer im englischen bzw. britischen staatsvertraglichen Anerkennungsrecht, in dem die betreffenden Abkommen nach den in AJA 1920 und FJA 1933 vorgegebenen Modellen weitgehend einheitlich gestaltet wurden, finden sich stets – wenngleich kleine – Unterschiede zwischen den einzelnen Verträgen untereinander. Es gleicht im Grunde (fast) kein Vertrag dem anderen oder dem autonomen Recht, sodass das Fehlerpotenzial für die praktische Anwendung massiv erhöht ist. Vergegenwärtigt man sich dabei, dass sich diese Situation in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – in unterschiedlicher Ausprägung und Intensität – stellt, so steht man vor der viel besagten, kaum überschaubaren Gemengelage an Regelungen. So positiv die Wirkungen der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge im Verhältnis der jeweiligen Vertragsstaaten zueinander auch sein mögen, verkompliziert sich die Behandlung der drittstaatlichen Urteilsanerkennung. Es gilt die bestehenden Systeme folglich de lege ferenda zu „entschlacken“, um die Rechtslage auf dem Gebiet der internationalen Urteilsanerkennung und -vollstreckung anwendungsfreundlicher zu gestalten. Die gegenwärtige Lage wird den Anforderungen des internationalen Handels- und Rechtsverkehrs nur noch schwerlich gerecht. Schack stellt diesbezüglich die zutreffende Diagnose: „Wieder einmal droht die Vielfalt mehr Verwirrung als Nutzen zu stiften.“ 411 Dieser Vielfalt eine neue Struktur zu geben, ist die Aufgabe der Zukunft auf nationaler sowie – insbesondere – europäischer Ebene.
410
Dies gilt selbst für das englische bzw. britische Recht, in dem die statutarischen Regelungen ausdrücklich nach dem Vorbild der Common Law-Regelungen gestaltet wurden, aber doch von ihnen in manchen Punkten, wie z. B. der internationalen Zuständigkeit, in den Details abweichen, siehe ausführlich Kap. III § 14. 411 Schack, IZVR, Rn. 887.
Kapitel IV
Entwicklung eines einheitlichen Anerkennungsrechts Kapitel IV: Entwicklung eines einheitlichen Anerkennungsrechts
§ 16 Zusammenfassender Befund der rechtsvergleichenden Analyse § 16 Zusammenfassender Befund der rechtsvergleichenden Analyse
In Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben sich, wie die Betrachtung der einzelnen Anerkennungssysteme gezeigt hat, im Laufe der Jahrhunderte jeweils unterschiedliche Regelungsysteme für das autonome Recht wie auch auf staatsvertraglicher Ebene entwickelt. Die Grundfrage bei allen betrachteten Rechtsordnungen war und bleibt allerdings immer dieselbe: Wie und unter welchen Voraussetzungen kann bzw. soll im Inland einer ausländischen bzw. drittstaatlichen Entscheidung Wirkung verliehen werden? Wie bereits umfassend dargestellt, regelt der Gesetzgeber im deutschen autonomen Recht diese Frage vollständig im geschriebenen Zivilprozessrecht in § 328 und §§ 722, 723 ZPO, wobei der Rechtsprechung (nur) eine Auslegungsfunktion zukommt. Auf bilateraler Ebene existieren elf bilaterale Staatsverträge, die durch die EuGVVO und das LugÜ allerdings weitgehend obsolet geworden und nur noch im Verhältnis zu Tunesien und Israel sowie in Randgebieten relevant sind. 1 Der französische Gesetzgeber wählte für sein autonomes Recht einen anderen Weg als der deutsche und entschied sich für eine rudimentäre Regelung im geschriebenen Recht, wodurch der Rechtsprechung eine zentrale Rolle zukommt. Insbesondere durch die Munzer-Entscheidung,2 die allerdings in den letzten Jahren durch die Entscheidungen Prieur und Cornelissen eine bedeutende Einschränkung bzw. Liberalisierung erfahren hat, schuf die französische Rechtsprechung den Kriterienkatalog, welcher bei der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen in Frankreich zu prüfen ist.3 Das französische autonome Recht wird zudem durch ein umfassendes Netz an bilateralen Staatsverträgen unterschiedlichen Inhalts und Umfangs ergänzt. 4 Der britische Gesetzgeber bzw. das Common Law wählt wiederum einen dritten, hiervon abweichenden Weg. Beim englischen Anerkennungsrecht bzw. dem Common Law handelt es sich – wie bereits vielfach erörtert und noch weitergehender als im französischen Anerkennungsrecht – 1 2 3 4
Ausführlich hierzu Kap. III § 12 IV. Arrêt Munzer Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (344 f.). Siehe ausführlich Kap. I § 3 II. Siehe Kap. III § 13.
400
Kapitel IV: Entwicklung eines einheitlichen Anerkennungsrechts
im Wesentlichen um Richterrecht. Flankiert wird dieses durch Statute Law, das auf völkerrechtlichen Verträgen basiert bzw. nach Abschluss dieser für die betreffenden Staaten durch order in council in Kraft gesetzt wird.5 Dieses Statute Law stellt jedoch im Grunde keine eigenen Anerkennungsvoraussetzungen auf, sondern bezweckt im Wesentlichen die Durchsetzung der Versagungsgründe des Common Law und erleichtert die Vollstreckung, indem eine Registrierung als Grundlage für Vollstreckungshandlungen im Inland genügt und nicht eine erneute Klage wie im Common Law durch action upon judgment erforderlich ist.6 Bei den behandelten Rechtsordnungen lässt sich übereinstimmend eine weitgehend anerkennungsfreundliche Praxis in Bezug auf die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen feststellen und die Entwicklungen – insbesondere die Entscheidungen Prieur und Cornelissen der französischen Cour de cassation – deuten wohl auf eine weitere Liberalisierung in der Zukunft hin. Was jedoch bei der Beleuchtung der Anerkennungsvoraussetzungen in den einzelnen Rechtsordnungen überrascht, ist die weitgehende Deckungsgleichheit der gewählten Anerkennungskriterien in vielen Punkten trotz der großen Unterschiede zwischen den einzelnen Rechtssystemen. Wie unterschiedlich die jeweiligen autonomen nationalen Regelungen auch sein mögen, so herrscht doch ein bemerkenswertes Einverständnis aller drei Staaten über die Mindestanforderungen, die an ein Urteil zwecks Anerkennung zu stellen sind.7 Betrachtet man die deutlichen Unterschiede in Struktur und Gesetzgebungs- und Rechtsprechungspraxis zwischen dem Common Law und den deutschen und französischen Regelungen als Teil des kontinentaleuropäischen Rechtskreises, die sonst recht klar erkennbar sind, so erscheinen die Differenzen im Hinblick auf die Anerkennungs- und Vollstreckungsregelungen deutlich weniger gravierend als in vielen anderen Rechtsbereichen. Hierin zeigt sich, dass die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen einen Bereich darstellt, in dem der richterliche Einfluss im kontinentaleuropäischen Recht durch seine Rechtsprechung wesentlich größer ist, als dies normalerweise üblich ist. 8 Hauptgrund für diese besondere Bedeutung der Rechtsprechung auf diesem Gebiet sind die Anerkennungsvoraussetzungen an sich, da die aufgestellten Anforderungen – insbesondere das allen Rechtsordnungen gemeine Kriterium der ordre public-Konformität oder auch der Ordnungsmäßigkeit des Verfahrens – sehr offen bzw. generalklauselartig formuliert und somit auslegungsbedürftig sind.9 Abschließend lässt sich festhalten, dass die Unterschiede zwischen den verschiedenen Regelungen in den drei betrachteten Rechtsordnungen nicht 5 6 7 8 9
Siehe Kap. III § 14. Siehe ausführlich Kap. III § 14 I nebst Nachweisen. Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (11). Vgl. Walter/Baumgartner, in: Walter/Baumgartner, S. 9 ff. Vgl. Walter/Baumgartner, in: Walter/Baumgartner, S. 10 f.
§ 17 Entwicklung einheitlicher Anerkennungsvoraussetzungen
401
etwa in den grundlegenden Voraussetzungen in Bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung liegen, sondern in ihren Verknüpfungen und ihrer konkreten Auslegung nach den einzelnen Rechtsordnungen. Insofern sei hinsichtlich der Details der Erkenntnisse hinsichtlich der Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf die einzelnen Ausführungen in den rechtsvergleichenden Kapiteln, insbesondere die zusammenfassenden Wertungen verwiesen. Die in den Kapiteln I bis III bzw. im Zuge der rechtsvergleichenden Analyse herausgearbeiteten Besonderheiten – aber insbesondere die erkannten Gemeinsamkeiten – der unterschiedlichen Rechtsordnungen lassen sich schließlich mit den Worten Juengers, der dieses Fazit nach einer von ihm vorgenommenen rechtsvergleichenden Betrachtung im Jahr 1988 zog, untermauern und beschließen: „Although foreign judgments do deserve respect, a worldwide consensus confirms the appropriateness of submitting them to a minimum of scrutiny. The foregoing discussion shows that most legal systems, in spite of numerous differences in detail, agree on certain fundamental safeguards.“ 10
§ 17 Entwicklung einheitlicher Anerkennungsvoraussetzungen § 17 Entwicklung einheitlicher Anerkennungsvoraussetzungen
I.
Ein einheitlicher Kriterienkatalog
1. Zusammenfassende Erwägungen Es stellt sich mit Blick auf die zahlreichen Gemeinsamkeiten im Anerkennungsrecht der betrachteten Rechtsordnungen und vor dem Hintergrund der umfassenden Schwierigkeiten, welche die bestehende undurchsichtige Gemengelage an Rechtsquellen mit sich bringt, für den nationalen wie auch den europäischen Gesetzgeber die Aufgabe, diese wenig zukunftsträchtige Normenvielfalt zu optimieren. Die EuGVVO hat als das zentrale Regelwerk im europäischen Zivilprozessrecht viele Unsicherheiten in der innereuropäischen Urteilsanerkennung und -vollstreckung beseitigen können. Ziel soll es vor diesem Hintergrund sein, nach dem Vorbild der EuGVVO klare Regelungen auch für die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen zu schaffen. Bevor allerdings die einzelnen technischen Umsetzungsoptionen näher beleuchtet werden, soll zunächst der Inhalt eines zukünftigen einheitlichen Anerkennungsrechts bzw. die konkrete Ausgestaltung der Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen dargestellt werden. Dabei werden die Anerkennungskriterien und -anforderungen, über die weitgehend Einigkeit besteht – Prüfung der internationalen Zuständigkeit, keine entgegenstehende Rechtskraft bzw. Urteilskollision, Wahrung des rechtlichen Gehörs bzw. ordnungsgemäße Verfahrenseinleitung, Verbot der révision au fond und 10
Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (26).
402
Kapitel IV: Entwicklung eines einheitlichen Anerkennungsrechts
ordre public-Vorbehalt11 – in den Kriterienkatalog eingearbeitet. Überkommene Kriterien wie die kollisionsrechtliche Kontrolle oder das Gegenseitigkeitserfordernis, das sich insbesondere noch im deutschen § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO findet, werden in dieses System, das im Zeichen der möglichst umfassenden Liberalisierung des Anerkennungsrechts stehen soll, nicht aufgenommen. Diesem Prinzip der Beschränkung auf die Kriterien und Voraussetzungen, über die weitgehende Einigkeit zwischen den beleuchteten Rechtsordnungen besteht, folgend sollte auch der Kreis der anerkennungsfähigen Entscheidungen möglichst groß gefasst werden. Einer der wesentlichen Kritikpunkte am englischen System ist die Beschränkung der Anerkennung und Vollstreckung auf Zahlungsurteile. Eine solche Limitierung auf bestimmte Urteilstypen wird den Anforderungen des heutigen Rechts- und Wirtschaftsverkehrs jedoch nicht gerecht und sollte aufgrund dessen in einem zu entwickelnden System nicht getroffen werden. Dies gilt umso mehr als die EuGVVO hier als Vorbild dienen kann und soll und diese ebenfalls keine entsprechende Beschränkung vorsieht. Der im Folgenden zu entwickelnde Entwurf eines Katalogs von Anerkennungskriterien bezieht die Regelungen in unterschiedlichen Rechtssystemen mit ein. Der Wortlaut von Art. X Nr. 2 bis 5 entspricht weitgehend den Anforderungen, die die EuGVVO für die innereuropäische Anerkennung mitgliedstaatlicher Entscheidungen aufstellt. 12 Allerdings wird eine Verteidigungsobliegenheit hinsichtlich der Wahrung der Beklagtenrechte bei Verfahrenseinleitung zum umfassenden Beklagtenschutz anders als in der EuGVVO nicht aufgestellt. Die Definition der Anerkennungszuständigkeit orientiert sich im Wesentlichen an der Generalklausel des französischen Rechts. 13 Um der bei Einführung einer Generalklausel mitunter befürchteten Rechtsunsicherheit14 entgegenzuwirken, verweist Abs. 2 S. 2 auf die Bestimmungen der direkten Zuständigkeit in der EuGVVO als Regelbeispiele, die dem Anerkennungsrichter als eine Art „Leitlinie“ für die Auslegung der Generalklausel an die Hand gegeben werden sollen. Hierdurch wird ein Mittelweg zwischen Generalklausel und Spiegelbildprinzip gewählt, der – wie bereits erläutert – die einzelnen Aspekte der Anerkennungszuständigkeit in Ausgleich bringt. Es sei jedoch betont, dass die hier genannten Anknüpfungsmomente lediglich als Regelbeispiele fungieren und keine enumerative Aufzählung darstellen, da gerade die Flexibilität der Generalklausel gewahrt werden soll. Die Anerkennungszuständigkeit soll gerade kein „Spiegelbild“ der direkten Zuständigkeiten bilden, sondern diese (lediglich) als mögliche Anknüpfungspunkte be11 Sehr instruktiv zu den Gemeinsamkeiten und Unterschieden der Anerkennungskriterien in den einzelnen Rechtsordnungen auch Kropholler/Blobel, in: FS Sonnenberger, 453 (466 ff.). 12 Vgl. den Wortlaut von Art. 45 (vormals Art. 34) EuGVVO. 13 Siehe Art. X Abs. 2 S. 1. 14 Vgl. etwa die Ausführungen von Schack, IZVR, Rn. 924.
§ 17 Entwicklung einheitlicher Anerkennungsvoraussetzungen
403
rücksichtigen. Abs. 3 enthält schließlich den allgemein anerkannten Ausschluss der Anerkennungszuständigkeit im Fall einer ausschließlichen Zuständigkeit des Anerkennungsstaats. 2. Art. X: Die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen Nach Auswertung der erlangten Erkenntnisse zur deutschen, englischen und französischen Rechtsordnung könnte ein einheitlicher Anerkennungskatalog für drittstaatliche Gerichtsentscheidungen in etwa wie folgt lauten: Art. X: Die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen 15 (1) Eine ausländische Entscheidung, die nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Luganer Übereinkommens ergangen ist oder auf die sich der Anwendungsbereich des Kapitels III der EuGVVO oder des Titels III des Luganer Übereinkommens erstreckt,16 wird nicht anerkannt, wenn:
1. die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, international nicht zuständig sind;
2. die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie geltend gemacht wird, offensichtlich widersprechen würde;
3. dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte; 4. sie mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die zwischen denselben Parteien in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird, ergangen ist; 5. sie mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Staat zwischen denselben Parteien in einem Rechtsstreit wegen desselben Anspruchs ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Staat erfüllt, in dem die Anerkennung geltend gemacht wird. (2) Die Zuständigkeit der Gerichte im Sinne des Abs. 1 Nr. 1 ist gegeben, wenn der Rechtsstreit eine hinreichende Verbindung zum Urteilsstaat aufweist. Eine solche hinreichende Verbindung liegt regelmäßig vor, wenn unter hypothetischer Anwendung der Zuständigkeitsbestimmungen des Kapitels II der EuGVVO eine Zuständigkeit des Urteilsstaats vorliegt. (3) Die Zuständigkeit der Gerichte im Urteilsstaat wird jedoch nicht anerkannt, wenn nach dem Recht des ersuchten Staates die Gerichte dieses Staates für die Klage, die zu der Entscheidung geführt hat, ausschließlich zuständig sind. 15 Ein solcher Artikel könnte evtl. als ein neuer Art. 46 bzw. als neuer Unterabschnitt bei einer erneuten Überarbeitung in die EuGVVO intergriert werden; näher zu dieser Regelungsoption sogleich Kap. V § 18 III, IV. 16 Die letztgenannte Alternative ist vor dem Hintergrund einzelner Sonderkonstellationen, insbesondere hinsichtlich Großbritanniens oder Dänemarks, geboten; siehe hierzu Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 48 ff.; Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (28 f.); Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 3 f.; Leible/ Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (226); Wagner, IPRax 2007, 290 (292).
404
Kapitel IV: Entwicklung eines einheitlichen Anerkennungsrechts
II. Die prozessuale Umsetzung von Anerkennung und Vollstreckung Mit der Ausarbeitung des Entwurfs eines Katalogs von Anerkennungskriterien ist der Regelungsbedarf im Bereich des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts jedoch noch nicht erschöpft. Vielmehr gilt es zudem zu regeln, in welche verfahrensrechtlichen Strukturen die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen eingebettet werden sollte. Die Betrachtung der einzelnen Rechtsordnungen hat in verfahrensrechtlicher Hinsicht für die Anerkennung und Vollstreckung bzw. Vollstreckbarerklärung unterschiedliche Ansätze gezeigt. In Deutschland wird ein zweistufiges Prinzip praktiziert, nach dem die Anerkennung der drittstaatlichen Entscheidung bei Erfüllung der Kriterien des § 328 ZPO automatisch erfolgt. Für die Vollstreckung aus der Entscheidung ist hingegen eine Vollstreckbarerklärung nach § 722 f. ZPO in Form einer Vollstreckungsklage bzw. eines Urteils erforderlich.17 England wählt mit dem System der action upon the foreign judgment und der Registrierung nach Statute Law einen abweichenden Weg und das französische Recht unterscheidet nach Urteilstyp, welchen Entscheidungen automatisch Wirkung beigemessen wird, und erfordert für die Vollstreckung aus der Entscheidung ein „klassisches“ Exequaturverfahren. All diese Vorgehensweisen haben Vor- wie auch Nachteile, für eine einheitliche europäische Regelung sollte allerdings eine möglichst einfach zu handhabende Verfahrensstruktur gewählt werden. Vor diesem Hintergrund sollte für die Anerkennung von Entscheidungen das Prinzip der automatischen Anerkennung angewandt werden, wie es das deutsche Recht aber auch die EuGVVO kennt. Für die Ausgestaltung der Anerkennungskriterien empfiehlt sich daher – wie bereits im Wortlaut des oben entwickelten „Art. X“ dargelegt – das Aufstellen eines „Negativkatalogs“ von Versagungsgründen. Hieraus lässt sich besonders gut ableiten, dass das Prinzip der automatischen Anerkennung der Ausgangsfall sein soll.18 Für die Vollstreckbarerklärung sollte an dem Prinzip der Vollstreckbarerklärung festgehalten werden – auch wenn dieses auf innereuropäischer Ebene durch die Neufassung der EuGVVO abgeschafft wurde. Mag die Durchführung eines erneuten Verfahrens zunächst als nachteilig für den Urteilsgläubiger erscheinen, so erweist es sich doch als sinnvoll, die drittstaatliche Entscheidung einem erneuten Verfahren zu unterziehen. Dabei gilt es jedoch die Bedenken der (unnötigen) Gläubigerbelastung auszuräumen. Die Ausgestaltung eines zukünftigen europäischen Exequaturverfahrens für drittstaatliche Entscheidungen sollte die Bedürfnisse von Gläubiger und Schuldner angemessen berücksichtigen und in Ausgleich bringen. Die Durchführung eines erneuten kontradiktorischen Verfahrens, wie es z.B. § 722 ZPO vorsieht, erscheint vor 17
Statt aller Schack, IZVR, Rn. 1024 ff.; siehe zudem ausführlich Kap. I § 2. Siehe hierzu bereits die Ausführungen zum Negativkatalog des § 328 Abs. 1 ZPO in Kap. I § 2. 18
§ 17 Entwicklung einheitlicher Anerkennungsvoraussetzungen
405
diesem Hintergrund und mit Blick auf die damit verbundenen Kosten und den Zeitaufwand als wenig geeignet. Es sollte besser dieselbe Verfahrensweise, die früher im Rahmen der EuGVVO angewandt wurde, d. h. ein einseitiges Beschlussverfahren, gewählt werden.19 Eine Überprüfung der Anerkennungsvoraussetzungen durch das Vollstreckungsgericht erfolgt hierbei zunächst nicht, sondern ggf. erst nach Einlegung eines Rechtsbehelfs. 20 So wird man den Interessen und Rechten von Urteilsgläubiger und -schuldner gerecht. Die Vollstreckbarerklärung erfordert vom Gläubiger lediglich die Einreichung eines entsprechenden Antrags mit den erforderlichen Unterlagen und die Rechte des Schuldners werden insofern nicht beschnitten als ihm eine Kontrolle der Anerkennungsvoraussetzung durch Rechtsbehelf vorbehalten bleibt.21 Die Orientierung an der bisherigen Struktur der EuGVVO ist hier bewusst gewählt, da sich diese Vorgehensweise auf europäischer Ebene bewährt hat (wenngleich nun eine Abschaffung des Exequaturverfahrens im europäischen Raum erfolgt ist) und so auch für drittstaatliche Entscheidungen eine sinnvolle Verfahrensstruktur darstellt.
19
Ähnlich Kropholler, der eine Ablösung des kontradiktorischen Verfahrens nach § 722 ZPO durch ein vereinfachtes einseitiges Beschlussverfahrens fordert, Kropholler, IPR, 5. Aufl. 2004, S. 663. 20 Früher Art. 41 EuGVVO: „Sobald die in Artikel 53 vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind, wird die Entscheidung unverzüglich für vollstreckbar erklärt, ohne dass eine Prüfung nach den Artikeln 34 und 35 erfolgt. Der Schuldner erhält in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben.“; siehe hierzu Nagel/Gottwald, IZPR, § 12 Rn. 30. 21 Siehe exemplarisch den früheren Art. 53 EuGVVO, der in der neugefassten EuGVVO nicht mehr enthalten ist.
Kapitel V
Europäische Regelungsoptionen Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
Inhalt und Struktur, die ein zukünftiges gemeinsames europäisches Anerkennungs- und Vollstreckungsregime für drittstaatliche Entscheidungen idealerweise aufweisen sollte, wurden in den obigen Ausführungen dargelegt. 1 Wie und in welcher Form sich dieses neue einheitliche System in den mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen bestmöglich umsetzen bzw. implementieren ließe, stellt die Gesetzgeber auf nationaler, wie auch europäischer Ebene allerdings vor neue Herausforderungen. Wie bereits eingangs erörtert2 und von einigen Stimmen gefordert, wäre ein globales Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen sicherlich ein sinnvolles – wenn nicht sogar das effektivste – Instrument für den internationalen Wirtschaftsverkehr. Allerdings erscheint die tatsächliche, effektive Umsetzung kaum als realistische Perspektive. Insbesondere mit dem europäischen Unionsrecht und dessen kontinuierlich ausgeweiteten Kompetenzen 3 hat der Bereich der internationalen Urteilsanerkennung eine zusätzliche Ebene erhalten. Die zur Verfügung stehenden Mechanismen sind wesentlich vielfältiger geworden und die ökonomischen Faktoren wie die Reduzierung von Transaktionskosten und die Vereinfachung von Wirtschaftsbeziehungen rücken mehr und mehr in den Vordergrund.4 Neben einem wohl in absehbarer Zeit nicht zu realisierenden globalen Ansatz stellen folglich insbesondere Maßnahmen auf europäischer Ebene eine Option dar, die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen zu vereinheitlichen.5 Der europäische Gesetzgeber hat dabei mit der Überarbeitung der EuGVVO, die wie bereits mehrfach erwähnt den Weg der Abschaffung des Exequaturverfahrens im innereuropäischen Raum beschreitet, über die Frage nach den Vertragsschlusskompetenzen der Union, die insbesondere bei der Revision des Luganer Übereinkommens und zuletzt des HGÜ näheren Anlass zur Betrachtung gaben, einen äußerst interessanten Kontext für die Auseinandersetzung mit der Regelung der drittstaatlichen Urteilsanerkennung von europäischer Seite geschaffen. Vor diesem Hinter1
Siehe Kap. IV § 17. Siehe Kap. I § 1 II. 3 Siehe hierzu sogleich Kap. V § 18 II, III. 4 Vgl. Estrella Faria, Rev. dr. unif. 2009-1/2, 5 (5). 5 Zu diesem „Trend von der Globalisierung zur Regionalisierung“ siehe ausführlich Gilles, ZZPInt 7 (2002), 3 (3 ff.). 2
408
Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
grund sollen im Folgenden zum einen die europäischen Möglichkeiten autonomer Rechtssetzung und zum anderen die Kompetenzen der EU zum Abschluss von Staatsverträgen beleuchtet werden.
§ 18 Perspektiven autonomen Unionsrechts § 18 Perspektiven autonomen Unionsrechts
I.
Einführende Erwägungen
Wie die bereits eingangs erörterten Umsetzungsschwierigkeiten für ein weltweites Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen gezeigt haben,6 sollte eine zukünftige Lösung bzw. Regulierung des Anerkennungsrechts auf europäischer statt internationaler Ebene angestrebt werden. Dabei ist – wie in sämtlichen nationalen Rechtsordnungen – zwischen den Möglichkeiten zur autonomen einseitigen Rechtsetzung und dem Abschluss von Staatsverträgen zu unterscheiden. Zwar ist der Abschluss multilateraler Verträge durchaus zu begrüßen, im sehr weiten Anwendungsbereich der Materie „Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen“ erscheint diese Vorgehensweise jedoch – wie bereits dargestellt – wenig aussichtsreich. Als realistische Perspektive erscheint vielmehr eine einseitige Rechtsetzung von Seiten der Union, die durch den Abschluss entsprechender bilateraler Übereinkommen flankiert wird. Dies wirft jedoch die zentrale Frage auf: Hat die Europäische Union überhaupt eine Kompetenz, derartige Rechtsakte auf den Weg zu bringen bzw. solche Abkommen mit Drittstaaten zu schließen? Diese Frage kam insbesondere auch im Zuge der Überarbeitung der EuGVVO auf, in deren Zusammenhang sich auch Carbone fragte: „What About the Recognition of Third States’ Foreign Judgments?“. 7 II. Die historische Entwicklung der Unionskompetenzen Die Rechtsetzungskompetenz der Europäischen Union wurde im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in den vergangenen zwei Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt.8 Wendepunkt für das internationale Zivilprozessrecht war die Überführung des Titels IV in den EG-Vertrag bzw. den Bereich der „ersten Säule“ durch die Vertragsrevision von Amsterdam vom 2. Oktober 1997, in deren Rahmen für das internationale Zivilverfahrensrecht und dessen Bereich des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts 6
Siehe bereits Kap. I § 1 II. Carbone, in: Pocar/Viarengo/Villata, Recasting Brussels I, 299 (299 ff.); ähnlich bereits Basedow, CMLRev 2000, 687 (702). 8 Ausführlich zur „Vergemeinschaftung“ des internationalen Zivilprozessrechts bzw. zur Entstehungsgeschichte des Art. 65 EG Schmahl, in: v. der Groeben/Schwarze, Vorbem. zu den Artikeln 61 bis 69 EG Rn. 1 ff.; Schack, IZVR, Rn. 113; eine ausführliche Bestandsaufnahme liefert Wagner, IPRax 2014, 217 (217 ff.). 7
§ 18 Perspektiven autonomen Unionsrechts
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insbesondere der in diesem Zusammenhang geschaffene Kompetenztitel des Art. 65 EG9 i. V. m. Art. 61 lit. c EG10 von Bedeutung war.11 Dieser räumte fortan der EU bzw. der damaligen Gemeinschaft die Kompetenz ein, Maßnahmen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit zu erlassen, insoweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich waren. 12 Diese neue Kompetenz übte die Gemeinschaft in großem Umfang aus, u. a. (neben zahlreichen anderen Rechtsakten) in Gestalt der Umformung des EuGVÜ in die EuGVVO. 13 Die Rechtsetzungsaktivitäten führten zu einer umfassenden Umstrukturierung des europäischen Zivilprozessrechts in vielen Bereichen. Diese Entwicklungen kann man kritisch oder wohlwollend betrachten,14 bemerkenswert ist die Gemeinschafts- bzw. Unionsaktivität auf diesem Gebiet in jedem Fall. Im Rahmen der Vertragsrevision von Lissabon wurde dieser Vergemeinschaftungsprozess des internationalen Zivilprozessrechts fortgeführt und die Norm des Art. 65 EG durch Art. 81 AEUV ersetzt.15 Direktes Vorbild für Art. 81 AEUV, das jedoch selbst nie in Kraft trat, dem Wortlaut des Art. 81 AEUV aber weitgehend entspricht, war Art. III-269 des gescheiterten europä9
Art. 65 EG: „Die Maßnahmen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, die, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich sind, nach Artikel 67 zu treffen sind, schließen ein: a) Verbesserung und Vereinfachung – des Systems für die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke; – der Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln; – der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen; b) Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten; c) Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften.“ 10 Art. 61 lit. c EG: „Zum schrittweisen Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erläßt der Rat Maßnahmen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen nach Artikel 65.“ 11 Eine grundlegende Darstellung der Entstehung der Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EG liefert Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 5 ff.; siehe aus der umfangreichen Literatur zudem Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 36 ff.; Jayme, IPRax 2000, 165 (165 ff.); Schack, IZVR, Rn. 113 f.; Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (225 ff.); Leisle, ZEuP 2002, 316 (316 ff.). 12 Siehe statt vieler Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 41 ff. 13 Vgl. Schack, IZVR, Rn. 113; Wagner, IPRax 2014, 217 (220). 14 Kritisch Stadler, IPRax 2004, 2 (2 ff.); sehr kritisch Schack, ZEuP 1999, 805 (805 ff.); ders., IZVR, Rn. 113 f.; sehr instruktiv zu den Diskussionen im französischen Rechtskreis Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (3 ff.). 15 Fischer, Der Vertrag von Lissabon, S. 264; Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 1; siehe auch Schack, IZVR, Rn. 114; Wagner, IPRax 2014, 217 (217).
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Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
ischen Verfassungsvertrags (VVE),16 der wiederum auf Art. 65 EG aufbaute.17 Auf die zu Art. III-269 VVE erschienene Literatur – und auch auf die vorhandene Literatur zu den unveränderten Punkten des Art. 65 EG – kann deshalb vielfach zurückgegriffen werden. Dabei lassen sich einige Abweichungen zwischen Art. 65 EG und Art. 81 AEUV bzw. der „Zwischennorm“ des Art. III-269 VVE feststellen, auf die im Zuge der Betrachtung der heutigen Rechtsetzungsmöglichkeiten der EU an den relevanten Stellen eingegangen wird.18 Grundlegende Frage und Ausgangspunkt der Kompetenzbetrachtung soll hier die Überlegung sein, ob die Union durch die Vorschrift des Art. 81 AEUV auch zur Regelung der Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen für drittstaatliche Entscheidungen ermächtigt ist, bzw. ob die Norm prinzipiell allein auf die Regelung der Beziehungen innerhalb des Bin16
Art. III-269 VVE: „(1) Die Union entwickelt eine justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruht. Diese Zusammenarbeit kann den Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten umfassen. (2) Für die Zwecke des Absatzes 1 werden, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist, durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz Maßnahmen festgelegt, die Folgendes sicherstellen sollen: a) die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten; b) die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke; c) die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten; d) die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln; e) einen effektiven Zugang zum Recht; f) die Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften; g) die Entwicklung von alternativen Methoden für die Beilegung von Streitigkeiten; h) die Förderung der Weiterbildung von Richtern und Justizbediensteten. (3) Abweichend von Absatz 2 werden Maßnahmen zum Familienrecht mit grenzüberschreitenden Bezügen durch Europäisches Gesetz oder Rahmengesetz des Rates festgelegt. Dieser beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments. Der Rat kann auf Vorschlag der Kommission einen Europäischen Beschluss erlassen, durch den die Aspekte des Familienrechts mit grenzüberschreitenden Bezügen bestimmt werden, die Gegenstand von Rechtsakten sein können, welche nach dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden. Der Rat beschließt einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments.“ 17 Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 7; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV, Rn. 2; Kretschmer, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 1 ff.; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 1. 18 A.A. wohl Wagner, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World, 93 (96), der ausführt: „The Lisbon Treaty did nothing to alter, expand or scale back the powers of the EU in the area of civil procedure. Rather, Article 65 EC Treaty was transformed more or less ‘as is’ into Article 81 of the Treaty on the Functioning of the European Union (TFEU).“
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nenmarkts beschränkt ist oder auch Sachverhalte mit Drittstaatenbezug erfasst werden.19 III. Der Kompetenztitel des Art. 81 AEUV Bei der Bestimmung der EU-Kompetenzen gibt es zunächst einige grundlegende Besonderheiten zu beachten, denn im Unionsrecht sind insbesondere Souveränitätsfragen zu berücksichtigen, die eine sehr sensible Materie darstellen können.20 Das Nebeneinander der Unionskompetenzen und der nationalen Rechtsetzungsbefugnisse der Mitgliedstaaten erfordert eine möglichst genaue Abgrenzung der jeweiligen Kompetenzen der einzelnen Akteure, um die Souveränität der Mitgliedstaaten und die Rechtsetzung seitens der EU miteinander in Einklang bzw. Ausgleich zu bringen.21 Grundlegender Ausgangspunkt ist dabei, dass der EU keine „Kompetenz-Kompetenz“ zukommt, d. h. sie darf nach dem in Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV22 niedergelegten „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“ nur im Rahmen der ihr von den Mitgliedstaaten im EUVertrag übertragenen Zuständigkeiten tätig werden.23 Eine solche Übertragung 19
Dieselbe Frage stellt sich (insbesondere in Bezug auf das Kollisionsrecht) neben vielen anderen Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (39). 20 Dies zeigten nicht zuletzt die Diskussionen zum Vertrag von Lissabon und die hierzu ergangene Entscheidung des BVerfG, in der sich dieses eingehend mit Souveränitätsfragen auseinandersetzte. Im dritten Leitsatz der Entscheidung stellt das BVerfG heraus: „Die europäische Vereinigung auf der Grundlage einer Vertragsunion souveräner Staaten darf nicht so verwirklicht werden, dass in den Mitgliedstaaten kein ausreichender Raum zur politischen Gestaltung der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Lebensverhältnisse mehr bleibt. Dies gilt insbesondere für Sachbereiche, die die Lebensumstände der Bürger, vor allem ihren von den Grundrechten geschützten privaten Raum der Eigenverantwortung und der persönlichen und sozialen Sicherheit prägen, sowie für solche politischen Entscheidungen, die in besonderer Weise auf kulturelle, historische und sprachliche Vorverständnisse angewiesen sind, und die sich im parteipolitisch und parlamentarisch organisierten Raum einer politischen Öffentlichkeit diskursiv entfalten.“, BVerfG, 30.9.2009 – Az. 2 BvE 2/08 u.a, BVerfGE 123, 267; NJW 2009, 2267 (2267 ff.); zu den Kompetenzkonflikten bzw. zur sensiblen Abgrenzungsfrage siehe auch Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 73. 21 Vgl. Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 73. 22 Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV: „(1) Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union gilt der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung. Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gelten die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit. (2) Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.“ 23 Statt aller Hobe, Europarecht, Rn. 79; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 3 ff.; Leisle, ZEuP 2002, 316 (319 f.).
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Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
hat für die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen in Gestalt des Art. 81 AEUV grundsätzlich stattgefunden. 24 Um eine Maßnahme für die Harmonisierung der drittstaatlichen Urteilsanerkennung erlassen zu können, gilt es folglich die Reichweite dieser Kompetenzgrundlage und die in ihr enthaltenen Rechtsbegriffe und Anforderungen zu bestimmen. 1. Struktur und Anforderungen des Art. 81 AEUV Art. 81 Abs. 1 AEUV regelt: „Die Union entwickelt eine justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruht. Diese Zusammenarbeit kann den Erlass von Maßnahmen zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten umfassen.“
Diese Formulierung enthält – anders noch als Art. 65 EG, der keinen konkreten Hinweis auf die Urteilsanerkennung aufweist 25 – eine besondere Betonung der gegenseitigen Anerkennung. 26 Jene Änderung im Wortlaut zeigt, von welch elementarer Bedeutung die wechselseitige Anerkennung von Entscheidungen zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten ist und führt einen „Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung“ ein, der im Zentrum der justiziellen Zusammenarbeit steht. 27 Dieser Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, der zudem in Art. 67 Abs. 4 AEUV28 in den allgemeinen Bestimmungen betont wird, stellt nach der einschlägigen Literatur eine Art „inhaltliches 24
Statt vieler Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 4; siehe auch Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (7). 25 Art. 65 EG: „Die Maßnahmen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, die, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich sind, nach Artikel 67 zu treffen sind, schließen ein: a) Verbesserung und Vereinfachung – des Systems für die grenzueberschreitende Zustellung gerichtlicher und aussergerichtlicher Schriftstücke; – der Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln; – der Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen; b) Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten; c) Beseitigung der Hindernisse für eine reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften.“ 26 Statt vieler Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 2; Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 31; Leible, in: Streinz, EUV/ AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 15 f.; Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (7, 12 ff.). 27 Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 2; Hess, in: Grabitz/ Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 31 ff.; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 22 ff.; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 Rn. 5; Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (7). 28 Art. 67 Abs. 4 AEUV: „Die Union erleichtert den Zugang zum Recht, insbesondere durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen.“
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Leitprogramm“ bzw. in gewisser Weise das „Fundament“ für die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen dar.29 Art. 81 Abs. 2 AEUV30 benennt darauf aufbauend enumerativ die Bereiche, in denen die Union zur justiziellen Zusammenarbeit rechtsetzend tätig werden darf.31 Zu beachten ist dabei, dass es sich im Unterschied hierzu bei den in Art. 65 EG aufgezählten Bereichen bzw. Maßnahmen um eine nicht abschließende Aufzählung handelte und den genannten Bereichen lediglich exemplarischer Charakter zukam.32 Daraus lässt sich jedoch nicht zwangsläufig auf einen engeren Anwendungsbereich des Art. 81 AEUV schließen. Auch aus der Tatsache, dass Art. 65 EG noch von „Zivil- und Handelssachen“ sprach, während sich Art. 81 AEUV nun nur noch auf Zivilsachen bezieht, kann keine Beschränkung des Anwendungsbereichs hergeleitet werden.33 Vielmehr ist wohl – insbesondere über die generalklauselartige Formulierung des Art. 81 Abs. 2 lit. e AEUV, der einen „effektiven Zugang zum Recht“ sicherstellen will – der Kompetenzumfang als zumindest ebenso weit anzusehen.34 29 Vgl. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 6; Kretschmer, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 3; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 Rn. 5. 30 Art. 81 Abs. 2 AEUV: „Für die Zwecke des Absatzes 1 erlassen das Europäische Parlament und der Rat, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen, die Folgendes sicherstellen sollen: a) die gegenseitige Anerkennung und die Vollstreckung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen zwischen den Mitgliedstaaten; b) die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke; c) die Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden Kollisionsnormen und Vorschriften zur Vermeidung von Kompetenzkonflikten; d) die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln; e) einen effektiven Zugang zum Recht; f) die Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren, erforderlichenfalls durch Förderung der Vereinbarkeit der in den Mitgliedstaaten geltenden zivilrechtlichen Verfahrensvorschriften; g) die Entwicklung von alternativen Methoden für die Beilegung von Streitigkeiten; h) die Förderung der Weiterbildung von Richtern und Justizbediensteten.“ 31 Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 3; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 19; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 Rn. 6. 32 Schmahl, in: v. der Groeben/Schwarze, Art. 65 EG Rn. 5; Kretschmer, in: Vedder/ Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 2, 8. Dies lässt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm herleiten, der diesbezüglich normiert: „Die Maßnahmen […] schließen ein: […]“, vgl. Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 Rn. 6; Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 7; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 19; Wagner, IPRax 2014, 217 (217). 33 Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 9; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 10. 34 Vgl. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 7; Kretschmer, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 8 f. spricht (bezüglich der Parallelnorm im VVE) von einem „weiten Einfallstor“.
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Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
Doch was bedeutet dies für die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen? Art. 81 Abs. 2 AEUV räumt der EU die Gesetzgebungskompetenz „für die Zwecke des Absatzes 1“ ein. 35 Diese Formulierung ist recht unklar, benennt doch Absatz 1 keinen konkreten Zweck, sondern lediglich einen Tätigkeitsbereich – die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – und den bereits erwähnten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung.36 Diese Bezugnahme bzw. der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der Mitgliedstaaten untereinander bildet zwar einen „Eckstein der justiziellen Zusammenarbeit“37 in Zivilsachen, daraus ergibt sich jedoch nicht, dass im Umkehrschluss die Anerkennung drittstaatlicher Rechtsakte ausgeklammert wird. Fraglich ist also, ob einer der in Art. 81 Abs. 2 AEUV genannten Bereiche als Kompetenztitel für eine Maßnahme von Seiten der EU zur Regelung der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen in Frage kommt. Die Norm des Art. 81 Abs. 2 lit. a AEUV scheidet dabei aus, da er ausdrücklich nur die gegenseitige Urteilsanerkennung zwischen den Mitgliedstaaten erfassen will. In Betracht als mögliche unionsrechtliche Kompetenznorm kommt jedoch Art. 81 Abs. 2 lit. f AEUV.38 2. Die Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 2 lit. f AEUV Wie soeben erläutert nimmt Art. 81 Abs. 2 AEUV Bezug auf Art. 81 Abs. 1 AEUV. Daraus ergibt sich zwar keine Beschränkung auf Maßnahmen, die der gegenseitigen Urteilsanerkennung förderlich sind, die Kompetenz erfährt hierdurch jedoch dahingehend eine Einschränkung, dass Abs. 1 nur solche Maßnahmen gestattet, die einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen. 39 Zudem erwähnt Abs. 2 das „reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts“. 40 Inwiefern und gegebenenfalls in welchem Umfang diese beiden Kriterien die Kompetenzausübung – neben den tatbestandlichen Voraussetzungen der ein35
Vgl. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 10. Ebenso Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 10. 37 Vgl. Kretschmer, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 3, dessen Äußerungen sich auch auf Art. 81 AEUV übertragen lassen; ebenso Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 Rn. 7, siehe zudem Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 100. 38 Auch eine Heranziehung der Kompetenznorm des Art. 81 Abs. 2 lit. e AEUV, der mit seiner weiten Formulierung einen „effektiven Zugang zum Recht“ herstellen will, käme ggf. in Betracht. Aufgrund der spezielleren Ausrichtung des Art. 81 Abs. 2 lit. f AEUV soll dieser aber hier Gegenstand der Betrachtung sein, wobei sich weite Teile der Ausführungen auch auf Art. 81 Abs. 2 lit. e AEUV übertragen ließen. 39 Vgl. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 11; siehe auch Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 6 ff. 40 Siehe hierzu Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 11 f.; Kretschmer, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 8. 36
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zelnen Kompetenztitel des Art. 81 Abs. 2 AEUV – einschränken, wird die folgende Betrachtung für die Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen zeigen. a) Grenzüberschreitende Bezüge Art. 81 Abs 2 lit. f AEUV räumt der EU die Möglichkeit ein, Maßnahmen zu erlassen, die „der Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren“ dienen, und stellt mit dieser Formulierung den weitestreichenden Kompetenztitel für die justizielle Zusammenarbeit dar. 41 Dabei gilt es jedoch zunächst zu klären, ob die in Art. 81 Abs. 1 AEUV aufgestellte Anforderung eines grenzüberschreitenden Bezugs bei einem Rechtsakt, der die drittstaatliche Urteilsanerkennung betrifft, erfüllt ist. 42 Die Definition und Reichweite des Begriffs des grenzüberschreitenden Bezugs ist im Einzelnen bzw. im Kontext der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen äußerst umstritten. So will eine Ansicht den Begriff eng auslegen und nur solche Verfahren erfassen, die einen unmittelbaren Auslandsbezug aufweisen. 43 Die Gegenansicht will auch inländischen Titeln einen grenzüberschreitenden Bezug zusprechen, da jede Entscheidung im Zuge der Urteilsfreizügigkeit grenzüberschreitend anerkannt und vollstreckt werden könne. 44 Streitpunkt war bei diesen gegenläufigen Auffassungen insbesondere die Frage, ob die Kompetenz der Union bzw. der früheren Gemeinschaft auch Bereiche der nationalen Verfahrensrechte erfasste, die nicht (zwingend) grenzüberschreitend relevant sind.45 Die Fragestellung ist bei drittstaatlichen Entscheidungen aber eine andere: Umstritten ist hier nicht etwa das grenzüberschreitende Moment an sich, sondern die Interpretation des Begriffs des grenzüberschreitenden Bezugs im primärrechtlichen Zusammenhang dahingehend, ob dieser den Grenzübertritt zwischen zwei Mit41 Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 48; siehe auch Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 36. 42 Siehe hierzu Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 6 ff.; Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 26; Kretschmer, in: Vedder/ Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 8. 43 Vgl. Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 26 m. w. N. 44 Vgl. die Ausführungen der Kommission in deren Vorschlag zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen vom 15.3.2005: „Eine auch auf reine Inlandssachen anwendbare Maßnahme, die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts notwendig ist, weil auf diese Weise Wettbewerbsverzerrungen zwischen Wirtschaftsbeteiligten aus verschiedenen Mitgliedstaaten beseitigt werden, weist notwendigerweise einen Auslandsbezug auf, weil die Einführung eines effizienten Verfahrens für geringfügige Forderungen in allen Mitgliedstaaten zu gleichen Bedingungen in Bezug auf den Zugang zur Justiz beiträgt.“, KOM (2005) 87 endg., S. 6; vgl. Hess, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 26. 45 Näher zum Streit hinsichtlich der Kompetenz bei reinen Binnensachverhalten siehe Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 5 Rn. 4 ff.
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gliedstaaten erfordert oder eine Beziehung zwischen einem Mitgliedstaat und einem Drittstaat hierfür ausreichend ist. 46 Hauptaufgabe des Kriteriums des grenzüberschreitenden Bezugs ist die Klarstellung, dass Art. 81 AEUV nicht als „umfassende Kompetenzgrundlage für die Schaffung eines europäischen Zivilprozessrechts dienen soll“.47 Legt man (allein) diese Ausführungen und die Begrenzungsfunktion zugrunde, so ist der Begriff des grenzüberschreitenden Bezugs recht weit auszulegen und müsste konsequenterweise auch drittstaatliche Sachverhalte erfassen, denn der oben dargelegte Streit ist für die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen unerheblich. Ein grenzüberschreitender Bezug an sich, im wörtlichen Sinne, ist hierbei grundsätzlich gegeben, da durch die entsprechenden Regelungen in den nationalen Rechtsordnungen klar internationale Verfahren behandelt werden und die hieraus entstehenden Fragen allgemein dem Bereich der Beziehungen der EU zu Drittstaaten zuzuordnen sind.48 Fraglich ist allerdings, ob die grenzüberschreitenden Bezüge im Sinne des Art. 81 AEUV „kraft des Systems und des Gesamtgefüges des Art. 81 AEUV auf bloße Grenzüberschreitungen innerhalb der EU beschränkt sein sollen“.49 In dem Grundsatz der gegenseitigen (Urteils-)Anerkennung mag hierfür ein Indiz gesehen werden. Hoppe fordert vor diesem Hintergrund für den grenzüberschreitenden Bezug des Art. 81 AEUV einen Anknüpfungspunkt in einem zweiten Mitgliedsstaat – mit Blick auf den in Art. 81 Abs. 1 AEUV niedergelegten Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung bleibe die Befugnis zur Rechtsharmonisierung auf Bereiche beschränkt, in denen eben dieser Grundsatz gefördert werde.50 Legt man die bisherige Rechtsprechung des EuGH hinsichtlich des Verhältnisses zu Drittstaaten im Bereich des internationalen Zivilprozessrechts – namentlich zur Reichweite der EuGVVO – zugrunde, scheint jedoch der EuGH von einer grundsätzlich weiten Interpretation auszugehen.51 Im Rahmen der EuGVVO bzw. hinsichtlich ihrer Zustän46 Siehe auch Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (39); Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (229); Leible, in: Streinz, EUV/ AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 9. 47 Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 12; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 7. 48 Siehe Remien, CMLRev 2001, 53 (70); Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 93; Basedow, CMLRev 2000, 687 (701); ders., in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (38). 49 Dieselbe Frage stellen sich hinsichtlich Art. 65 EG Leible/Staudinger, EuLF 2000/ 01, 225 (229 f.); Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (39); ders., CMLRev 2000, 687 (702 ff.). 50 Vgl. Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 2. 51 Vgl. Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 28 ff.; ebenso Wagner, IPRax 2014, 217 (218); Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 12; siehe auch Storme, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World,
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digkeitsregeln wurden auch schon bisher drittstaatliche Sachverhalte erfasst. 52 In der Entscheidung Owusu ./. Jackson urteilte etwa der EuGH: „Der Wortlaut des Art. 2 EuGVÜ enthält keinen Anhaltspunkt dafür, dass die dort festgelegte allgemeine Zuständigkeitsregel, die allein auf den Wohnsitz des Beklagten im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats abstellt, nur anwendbar ist, wenn ein Rechtsverhältnis vorliegt, das einen Bezug zu mehreren Vertragsstaaten aufweist. Zwar verlangt die Anwendung der Zuständigkeitsregeln des Brüsseler Übereinkommens, wie sich aus dem Bericht von Jenard zu diesem Übereinkommen ergibt […] einen Auslandsbezug. Der Auslandsbezug des fraglichen Rechtsverhältnisses muss sich jedoch, um Art. 2 EuGVÜ anwenden zu können, nicht unbedingt daraus ergeben, dass durch den Grund der Streitigkeit oder den jeweiligen Wohnsitz der Parteien mehrere Vertragsstaaten mit einbezogen sind. Die Einbeziehung eines Vertragsstaats und eines Drittstaats zum Beispiel durch den Wohnsitz des Klägers oder eines Beklagten im erstgenannten Staat und den im zweitgenannten Staat belegenen Ort der streitigen Ereignisse kann ebenfalls einen Auslandsbezug des fraglichen Rechtsverhältnisses herstellen.“53
Bereits im Jahr 2000 hatte der EuGH zudem in seiner Entscheidung Group Josi Reinsurance Company SA ./. Universal General Insurance Company geurteilt, dass das EuGVÜ auch dann Anwendung finde, wenn der Wohnsitz des Beklagten innerhalb der Gemeinschaft und der des Klägers in einem Drittstaat liege, und hiermit verdeutlicht, dass aus seiner Sicht die Beziehung eines Mitgliedstaats zu einem Drittstaat für das Vorliegen grenzüberschreitender Bezüge ausreichend sei.54 Diese Entscheidung erging zwar in Bezug auf Art. 2 EuGVÜ, es ist jedoch davon auszugehen, dass dies auch für die „Nachfolgevorschrift“ des Art. 4 (vormals Art. 2) EuGVVO gelten soll.55 Dies zeigt eindeutig, dass der EuGH die primärrechtlichen Grundlagen der EuGVVO – also den damaligen Art. 65 EG bzw. heute Art. 81 AEUV – dahingehend interpretiert, dass dieser sehr wohl auch drittstaatliche Sachverhalte erfassen kann. Mit Blick hierauf ist das Kriterium des grenzüberschreitenden Bezugs im Sinne des Art. 81 AEUV auch bei Sachverhalten, die nur 379 (382 f.), der insofern überzeugend ausführt: „It is abudantly clear that the term “matters having cross-border implications” has the broadest possible meaning and, in essence, concerns all types of dispute.“ 52 Näher hierzu Hess, Europäisches Zivilprozessrecht, § 5 Rn. 9 ff.; siehe auch Wagner, IPRax 2014, 217 (218). 53 EuGH, 1.3.2005, Rs. C-281/02, Owusu ./. Jackson, Slg. 2005 I-1383, Rn. 24 ff.; auch Wagner, IPRax, 217 (218) nennt die Owusu-Entscheidung als Beispiel für das weite Kompetenzverständnis der EU; ebenso Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 28. 54 EuGH, 13.7.2000, Rs. C-412/98, Group Josi Reinsurance Company SA ./. Universal General Insurance Company, Slg. 2000, I-5925; vgl. Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (41 f.); Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (231); näher hierzu Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 93 ff. 55 Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (231).
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einen Mitgliedstaat und einen Drittstaat berühren, als erfüllt zu betrachten. 56 Nur eine großzügige Auslegung ermöglicht es der Union, effiziente Regelungen zu schaffen. Zudem ist – nach einer grammatikalischen Auslegung des Begriffs – ein grenzüberschreitender Bezug, wie bereits erwähnt, im Prinzip bei jeder rechtsetzenden Tätigkeit der EU im Bereich des internationalen Privat- und Verfahrensrechts als erfüllt zu betrachten und kann folglich im Grunde keinerlei zusätzliche Beschränkung für die Rechtssetzung durch die EU darstellen.57 Man hat sich bei der Rechtsetzung im Bereich des Kollisionsrechts mit den Rom I- und Rom II-Verordnungen bereits über die zahlreich geäußerten Bedenken hinsichtlich der Reichweite der Kompetenzen hinweggesetzt und in zutreffender Weise drittstaatliche Sachverhalte miterfasst. 58 Der hiermit eingeschlagene Weg sollte nun auch im Bereich des internationalen Zivilprozessrechts weiter beschritten werden. Einer Maßnahme von Seiten der EU zur Harmonisierung der drittstaatlichen Urteilsanerkennung unter Art. 81 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 lit. f AEUV stünde das Kriterium der grenzüberschreitenden Bezüge nicht entgegen. b) Der Binnenmarktbezug aa) Rechtslage unter Art. 65 EG Besonders interessant und einer der gravierendsten Unterschiede zwischen EG-Vertrag und dem Lissaboner Vertrag besteht bezüglich des Erfordernisses eines Binnenmarktbezugs. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob ein solcher Binnenmarktbezug für eine Maßnahme zur drittstaatlichen Urteilsanerkennung durch die EU (noch) erforderlich ist.59
56
Ebenso Storme, in: Kramer/van Rhee, Civil Litigation in a Globalising World, 379 (383); Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 9; Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (229 f.); Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 Rn. 30. 57 So ausdrücklich Remien, der zutreffend feststellt: „That Artical 65 is limited to matters ‘having cross-border implications’ in this context does not add any further argument, since conflict of laws is by definition for cases containing foreign elements.“, Remien, CMLRev 2001, 53 (70); ebenso Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 93; zustimmend auch Basedow, der diesbezüglich ausführt: „Measures to be taken under Article 65 must have cross-border implications. Such implications can certainly be ascertained with regard to choice of law rules and to all provisions concerning international civil litigation.“, Basedow, CMLRev 2000, 687 (701); ders., in: Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (38). 58 Siehe auch Hess, in: Les conflits de lois et le système juridique communautaire, 81 (90). 59 Siehe hierzu Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 13 f.; Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (229); Struycken, ZEuP 2004, 276 (276 ff.).
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Maßnahmen, die im Rahmen des Art. 65 EG getroffen wurden, mussten nach dessen Wortlaut für das „reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts“ erforderlich sein. 60 Dabei warf die Auslegung dieser Anforderung einige Schwierigkeiten auf. Insbesondere die Umschreibung „reibungslos“, wodurch sich Art. 65 EG von Art. 95 EG unterschied, der lediglich ein „Funktionieren“ des Binnenmarkts erforderte, war an dieser Stelle problematisch. 61 Bei einer Auslegung am Wortlaut der Norm lässt sich wohl festhalten, dass der Anwendungsbereich des Art. 65 EG weiter gefasst war als der des Art. 95 EG,62 gleichwohl war die Reichweite der Kompetenz äußert umstritten. Befeuert wurde dieser Streit zudem durch die gesetzessystematische Position des Art. 65 EG. Die Tatsache, dass Art. 65 EG im IV. Titel des EG-Vertrags verortet war, der mit dem Titel „Visa, Asyl, Einwanderung und andere Politiken betreffend den freien Personenverkehr“ überschrieben ist, wurde mitunter als Einschränkung der Zuständigkeit dahingehend gesehen, dass die Norm aufgrund ihrer „systematischen Stellung einen Bezug der Maßnahme zur Freiheit des Personenverkehrs erforderte“.63 Wenn auch diese beiden Aspekte nur einen Ausschnitt der umfangreichen Diskussionen bezüglich des Binnenmarkterfordernissses darstellen, zeigt sich hier bereits: Das Erfordernis
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Art. 65 EG: „Die Maßnahmen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitenden Bezügen, die, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich sind, nach Artikel 67 zu treffen sind, schließen ein: […].“; siehe statt vieler Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (228); Kotzur, in: Geiger/ Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV, Rn. 2; Wagner, IPRax 2007, 290 (292); Struycken, ZEuP 2004, 276 (277 ff.). 61 Vgl. Mansel, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 1 (6); Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (228); Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 41 ff.; zum Verhältnis von Art 65 EG und Art. 95 EG siehe zudem Remien, CMLRev 2001, 53 (68 f.); Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (31 ff.); ders., CMLRev 2000, 687 (696 ff.); Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 95. 62 Statt vieler Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 95; Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (228). 63 Vgl. Mansel, in: Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 1 (5); Remien, CMLRev 2001, 53 (70 f.); sehr kritisch hinsichtlich des Art. 65 EG ist Schack, ZEuP 1999, 805 (807); ausführlich zur Problematik der systematischen Stellung des Art. 65 EG Drappatz, Die Überführung des internationalen Zivilverfahrensrechts in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 104 ff.; Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 41 ff.; siehe auch Hess, NJW 2000, 23 (28). Für eine Ausgliederung der justiziellen Zusammenarbeit aus dem Titel IV des EG-Vertrags, die im Zuge der Vertragsrevision von Lissabon erfolgte und der justiziellen Zusammenarbeit bzw. Art. 81 AEUV ein eigenes Kapitel zuwies, plädierten u. a. Leible/Staudinger, EuLF 2000/01, 225 (226); Struycken, ZEuP 2004, 276 (277).
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der Förderung des Binnenmarkts stellte sich im Rahmen des Art. 65 EG alles andere als unproblematisch dar. bb) Wegfall des Erfordernisses im Vertrag von Lissabon Diese Problematik wurde mit der Vertragsrevision von Lissabon weitestgehend beseitigt. 64 Musste noch nach Art. 65 EG die Maßnahme zwingend dem reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts dienen, so weicht der Wortlaut des Art. 81 Abs. 2 AEUV hiervon ab und normiert: „Für die Zwecke des Absatzes 1 erlassen das Europäische Parlament und der Rat, insbesondere wenn dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich ist, […]“.65 Nach dieser Neuregelung stellt die Förderung des Funktionierens des Binnenmarkts lediglich ein „bloßes Regelbeispiel“ dar, das für die Eingrenzung der Kompetenznorm irrelevant ist. 66 Erscheint dies zunächst als gravierender Unterschied zum EG-Vertrag, relativiert sich die Bedeutung dieser neuen Formulierung allerdings mit Blick auf die Bedeutung des Erfordernisses des Binnenmarktbezugs im Rahmen des Art. 65 EG. Obwohl dessen Wortlaut diese Voraussetzung ausdrücklich anordnete, wirkte der Binnenmarktbezug bereits hier nicht als wirkliche Einschränkung für die Kompetenzausübung. 67 Gleichwohl schafft der Lissaboner Vertrag hier endlich Klarheit und entzieht vor allem den Diskussionen, wie weit der Begriff des „reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts“ auszulegen sei, den Boden, denn das „reibungslose Funktionieren“ ist ausdrücklich kein zwingendes Erfordernis mehr für ein Tätigwerden der Gemeinschaft nach Art. 81 AEUV.68 Die Frage, ob dieses stark umstrittene Tatbestandsmerkmal auch Drittstaatensachverhalte umfasst, kann somit zukünftig dahinstehen. 69
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Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 2; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 6 ff.; siehe auch Kretschmer, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269 Rn. 2. 65 Statt aller Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 6; Kotzur, in: Geiger/ Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV, Rn. 2. 66 Vgl. Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 2. 67 Kretschmer, in: Vedder/Heintschel von Heinegg, Europäischer Verfassungsvertrag, Art. III-269, Rn. 8; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 2; Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 6 ff.; Wagner, IPRax 2007, 290 (292); Basedow, CMLRev 2000, 687 (701). 68 Statt vieler Leible, in: Streinz, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 6 ff.; Kotzur, in: Geiger/Khan/Kotzur, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV, Rn. 2. 69 Siehe auch Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 14. Für eine Interpretation des Art. 65 EG dahingehend, dass auch Beziehungen zu Drittstaaten erfasst werden sollten bzw. können, vgl. Struycken, ZEuP 2004, 276 (277 f.).
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c) Kriterium der reibungslosen Abwicklung von Zivilverfahren Schließlich muss die Einführung einheitlicher Kriterien für die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen nach dem Wortlaut des Art. 81 Abs. 2 lit. f AEUV der „Beseitigung von Hindernissen für die reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren“ dienen. Wenngleich diese Anforderung auch wenig präzise formuliert ist, enthält dieser Kompetenztitel die „zentrale Zuständigkeitszuweisung zur Angleichung der nationalen Zivilverfahrensrechte in grenzüberschreitenden Angelegenheiten“. 70 Für die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 81 Abs. 2 lit. f AEUV kommt es also auf dieselben Erwägungen an wie bereits bei dem Kriterium der grenzüberschreitenden Bezüge. Will der AEUV nur den reibungslosen Ablauf von Zivilverfahren ermöglichen, die Berührungspunkte mit mehreren Mitgliedstaaten aufweisen, oder sollen auch Zivilverfahren mit (lediglich) drittstaatlichem Bezug erleichtert werden? Wie bereits anhand des Erfordernisses der grenzüberschreitenden Bezüge festgestellt, lässt sich aus dem bloßen Zugrundelegen des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung nicht herleiten, dass nicht auch die Anerkennung außerhalb der Union ergangener Entscheidungen harmonisiert werden kann. Die herausgearbeiteten, zahlreichen Unklarheiten über die Anforderungen und Voraussetzungen der unterschiedlichen Rechtsquellen in den einzelnen Mitgliedstaaten erschweren die Geltendmachung einer drittstaatlichen Entscheidung in der jeweils betroffenen Rechtsordnung erheblich. Dies sah auch die Kommission im Jahr 2009 als sie in dem Grünbuch zur Überarbeitung der EuGVVO die Frage aufwarf, inwiefern auch gemeinsame Regeln zur Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen eingeführt werden sollten. 71 Da die bestehende Uneinheitlichkeit der prozessualen Regelungen für den EUBürger, der ein Urteil in einem Drittstaat erwirkt hat (oder gegen den eine drittstaatliche Entscheidung erstritten wurde) erhebliche Rechtsunsicherheit mit sich bringe, stellte sich der Kommission die Frage nach einheitlichen Regelungen.72 Zwar stellte die Kommission diese Erwägungen noch im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen zwingendes Unionsrecht oder mit einem Verstoß gegen ausschließliche Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten an, die Problematik stellt sich jedoch bei allen drittstaatlichen Entscheidungen. Die uneinheitlich geregelten Anerkennungs- und Vollstreckungsvoraussetzungen in den 70
Vgl. Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV Rn. 9. Grünbuch zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM (2009) 175 endg., S. 4. 72 Grünbuch zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM (2009) 175 endg., S. 4; siehe näher hierzu Kap. V § 18 IV. 71
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einzelnen Staaten – so weit sie sich in einigen Fällen auch überschneiden – stellen einen erheblichen Unsicherheitsfaktor für den transnational agierenden Unionsbürger dar.73 Ziel des EU-Gesetzgebers kann es nicht (nur) sein, den innergemeinschaftlichen Rechtsverkehr immer weiter zu erleichtern und die Verhältnisse mit Drittstaaten völlig unberührt zu lassen. Ein reibungsloser Ablauf von Zivilverfahren ist – insbesondere mit Blick auf das niedergelegte Prinzip des „effektiven Zugangs zum Recht“ – nicht allein mit innergemeinschaftlichen Maßnahmen sicherzustellen. Insofern stellt Basedow zutreffend fest: „Auf diesem Gebiet führen fortbestehende Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten unzweifelhaft ohne Weiteres zu einer Beeinträchtigung des freien Personenverkehrs“. 74 Die tatbestandlichen Anforderungen des Art. 81 Abs. 2 lit. f AEUV sind somit zusammenfassend im Hinblick auf die unionsrechtliche Regelung der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen als erfüllt zu betrachten. 3. Einschränkungen durch das Subsidiaritätsprinzip Über die Kriterien des Art. 81 AEUV hinaus, sind der Rechtssetzung durch die EU jedoch noch weitere Grenzen gesetzt. Bei den Kompetenzen zur justiziellen Zusammenarbeit, die der EU in Art. 81 Abs. 2 AEUV eingeräumt werden, handelt es sich gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. j AEUV75 um geteilte Zuständigkeiten, d. h. die EU ist grundsätzlich an die in Art. 5 Abs. 3 und 4 EUV76 normierten Prinzipien der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit gebunden. 77 73
Ebenso Walter/Baumgartner, Vorwort, S. IX: „Es ist allgemein bekannt, daß das Prozeßrecht in den verschiedenen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehr unterschiedlich ist. Dies stellt eine ernsthafte Behinderung für das Funktionieren des europäischen Binnenmarktes dar, da die grenzüberschreitende Prozeßführung auf diese Weise zu einem riskanten und kostenträchtigen Unterfangen wird.“; ähnlich Basedow, in: Baur/ Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (43). 74 Basedow, in: Baur/Mansel, Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (43). 75 Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 lit. j AEUV: „(1) Die Union teilt ihre Zuständigkeit mit den Mitgliedstaaten, wenn ihr die Verträge außerhalb der in den Artikeln 3 und 6 genannten Bereiche eine Zuständigkeit übertragen. (2) Die von der Union mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit erstreckt sich auf die folgenden Hauptbereiche: […] j) Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts.“ 76 Art. 5 Abs. 3 und 4 EUV: „(3) Nach dem Subsidiaritätsprinzip wird die Union in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, nur tätig, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind. Die Organe der Union wenden das Subsidiaritätsprinzip nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an. Die nationalen Parlamente achten auf die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach dem in jenem Protokoll vorgesehenen Verfahren. (4) Nach dem Grundsatz der Ver-
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Für die Einhaltung des Subsidiaritätsgrundsatzes setzt Art. 5 Abs. 3 EUV in materieller Hinsicht die Kombination eines „Negativkriteriums“ – die Maßnahme kann durch die Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden – und eines positiven bzw. „Effizienzkriteriums“ – die Regelungsziele können auf Unionsebene besser erreicht werden – voraus.78 Dementsprechend muss bei der Ausübung der der Union von den Mitgliedstaaten übertragenen Kompetenzen in Form eines „Subsidiaritätstests“ zunächst geprüft werden, ob das von der betreffenden Maßnahme avisierte Ziel nicht auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten hinreichend erreicht werden könnte bzw. ob es durch eine Maßnahme auf Unionsebene besser zu verwirklichen ist.79 Für die Prüfung des Subsidiaritätsgrundsatzes (und auch der Verhältnismäßigkeit) ist gemäß Art. 5 Abs. 3 UA 2 S. 1 AEUV ein Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit (sog. EU-Subsidiaritätsprotokoll) anzuwenden. Im Gegensatz zum entsprechenden früheren Protokoll zum EG-Vertrag, das in Ziffer 5 Leitlinien für die Subsidiaritätsprüfung vorsah,80 enthält das EU-Subsidiaritätsprotokoll jedoch
hältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie formal nicht über das für die Erreichung der Ziele der Verfassung erforderliche Maß hinaus. Die Organe der Union wenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an.“; siehe ausführlich hierzu Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 5 EUV Rn. 5 ff. 77 Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 2. 78 Vgl. Bast, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 54 ff.; Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 5 EUV Rn. 34 ff.; Hobe, Europarecht, § 7 Rn. 87; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 29. 79 Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 23 ff., 29 sprechen insofern von einem Test, ob „sich durch das Unionshandeln ein ‚europäischer Mehrwert‘ schaffen lässt.“ 80 Ziffer 5 des Protokolls (Nr. 30) über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit normiert: „Maßnahmen der Gemeinschaft sind nur gerechtfertigt, wenn beide Bedingungen des Subsidiaritätsprinzips erfüllt sind: Die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen können nicht ausreichend durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Verfassungsordnung erreicht werden und können daher besser durch Maßnahmen der Gemeinschaft erreicht werden. Folgende Leitlinien sollten bei der Prüfung der Frage, ob die genannte Voraussetzung erfüllt ist, befolgt werden: – Der betreffende Bereich weist transnationale Aspekte auf, die durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten nicht ausreichend geregelt werden können, – alleinige Maßnahmen der Mitgliedstaaten oder das Fehlen von Gemeinschaftsmaßnahmen würden gegen die Anforderungen des Vertrags (beispielsweise Erfordernis der Korrektur von Wettbewerbsverzerrungen, der Vermeidung verschleierter Handelsbeschränkungen oder der Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts) verstoßen oder auf sonstige Weise die Interessen der Mitgliedstaaten erheblich beeinträchtigen, – Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene würden wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkungen im Vergleich zu Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten deutliche Vorteile mit sich bringen.“; vgl. Bast, in: Grabitz/Hilf/
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nur vage Aussagen hinsichtlich materieller Prüfungsvoraussetzungen.81 So sieht Art. 5 des EU-Subsidiaritätsprotokolls (lediglich) eine Begründungspflicht sowie einen Vermerk vor, der detaillierte Angaben enthalten soll, die es ermöglichen, zu beurteilen, ob die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurden. Die konkreteste Angabe enthält Art. 5 S. 4 EU-Subsidiaritätsprotokoll, der bestimmt, dass die Feststellung, dass ein Ziel der Union besser auf Unionsebene erreicht werden kann, auf qualitativen und, soweit möglich, quantitativen Kriterien beruhen soll.82 Neben diesen wenig ergiebigen Aussagen in materieller Hinsicht enthält das EUSubsidiaritätsprotokoll jedoch detaillierte verfahrensrechtliche Angaben bzw. Anhörungs- und Weiterleitungspflichten und darauf aufbauend Möglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Abgabe von Stellungnahmen. 83 Das System der Subsidiaritätsprüfung wurde folglich von einem „an materiellen Kriterien orientierten Katalog“ – dem der Ziffer 5 des Protokolls Nr. 30 zum EG-Vertrag – zu einem eher verfahrensorientierten „Frühwarnsystem“ umgewandelt. 84 Hintergrund dieser Abkehr von konkreten Vorgaben hin zu einem Verfahren zur frühzeitigen Einbindung der Mitgliedstaaten waren die praktisch unbefriedigende Umsetzung und die faktisch geringen Durchsetzungsmöglichkeiten hinsichtlich der Kriterien des Protokolls zum EG-Vertrag.85 Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 2; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 25; Hobe, Europarecht, § 7 Rn. 88. 81 Diesbezüglich kritisch Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 25, 32; Hobe, Europarecht, § 7 Rn. 94. 82 Art. 5 EU-Subsidiaritätsprotokoll: „1 Die Entwürfe von Gesetzgebungsakten werden im Hinblick auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit begründet. 2 Jeder Entwurf eines Gesetzgebungsakts sollte einen Vermerk mit detaillierten Angaben enthalten, die es ermöglichen zu beurteilen, ob die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit eingehalten wurden. 3 Dieser Vermerk sollte Angaben zu den voraussichtlichen finanziellen Auswirkungen sowie im Fall einer Richtlinie zu den Auswirkungen auf die von den Mitgliedstaaten zu erlassenden Rechtsvorschriften, einschließlich gegebenenfalls der regionalen Rechtsvorschriften, enthalten. 4 Die Feststellung, dass ein Ziel der Union besser auf Unionsebene erreicht werden kann, beruht auf qualitativen und, soweit möglich, quantitativen Kriterien. 5 Die Entwürfe von Gesetzgebungsakten berücksichtigen dabei, dass die finanzielle Belastung und der Verwaltungsaufwand der Union, der nationalen Regierungen, der regionalen und lokalen Behörden, der Wirtschaftsteilnehmer und der Bürgerinnen und Bürger so gering wie möglich gehalten werden und in einem angemessenen Verhältnis zu dem angestrebten Ziel stehen müssen.“ 83 Vgl. Artt. 2, 4, 6 und 7 EU-Subsidiaritätsprotokoll; Bast, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 61 ff.; Hobe, Europarecht, § 7 Rn. 90 ff. 84 Vgl. Herdegen, Europarecht, § 6 Rn. 29; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 26; Hobe, Europarecht, § 7 Rn. 91; Bast, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 62. 85 Vgl. Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 26; ausführlich zur „verfahrensmäßigen Absicherung und der Justiziabilität des Subsidiaritätsprinzips“ Bast, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 58 ff.; kritisch hinsichtlich
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Im Zusammenhang mit Rechtsetzungsakten von Seiten der EU in der Materie der drittstaatlichen Urteilsanerkennung stellt sich vor diesem Hintergrund – in materieller Hinsicht – die Frage, ob die einheitliche Regelung der Anerkennungsvoraussetzungen nicht auch durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten hergestellt werden könnte. Dies ist grundlegend wohl zu bejahen; so könnte beispielsweise eine Anpassung der nationalen Zivilprozessordnungen auf eigene Initiative der Mitgliedstaaten erfolgen. Doch stellt eine solche Lösung auch eine realistische Alternative zu einer Rechtsetzung durch die Europäische Union dar? Die Antwort hierauf muss wohl negativ ausfallen. Eine Anpassung der Rechtsordnungen aller Mitgliedstaaten ohne einen entsprechenden Impuls seitens der Union würde wohl nicht oder nur sehr schleppend erfolgen. Insofern kann den nationalen Rechtsordnungen das für die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips erforderliche „Regelungsdefizit“ attestiert werden. Eine Bestimmung von Seiten der EU wäre wesentlich effektiver als eine Entwicklung der einzelnen Prozessrechte ohne europäischen Einfluss. Insbesondere eine einheitliche Auslegung durch den EuGH, die mit einer entsprechenden sekundärrechtlichen Regelung wie der vorgeschlagenen Eingliederung in die EuGVVO einherginge, stellt einen ganz erheblichen Vorteil und einen Zuwachs an Rechtssicherheit dar, der durch mitgliedstaatliche Maßnahmen nicht erreicht werden könnte. 4. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nach Art. 5 Abs. 4 EUV Welche Form von Maßnahme des Art. 288 AEUV die Union aufgrund des Kompetenztitels konkret ergreift, steht ihr grundsätzlich zunächst offen. 86 Die jeweilige Maßnahme ist jedoch regelmäßig am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz des Art. 5 Abs. 4 EUV zu messen, welcher die Erfüllung der Unterkriterien der Geeignetheit und Erforderlichkeit voraussetzt. 87 Nicht eindeutig festzustellen ist dabei, inwiefern das unionsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip eine Abweichung vom deutschen System der Verhältnismäßigkeit aufweist, der zusätzlich eine Angemessenheitsprüfung ausdrücklich vorschreibt.88 Eine Bewertung der einzelnen Prüfungspunkte kann dabei nur anhand eines konkreten (geplanten) Rechtsakts erfolgen. Diesbezüglich ist dieser „Entmaterialisierung der Subsidiaritätsprüfung“ Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/ AEUV, Art. 5 EUV Rn. 26. 86 Vgl. Rossi, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 81 AEUV Rn. 16. 87 Bast, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 70; Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 5 EUV Rn. 45; Oppermann/Classen/Nettesheim, § 11 Rn. 33; Hobe, Europarecht, § 7 Rn. 95. 88 Vgl. Oppermann/Classen/Nettesheim, § 11 Rn. 33; siehe auch Bast, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 70 ff.; Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/ AEUV, Art. 5 EUV Rn. 45; dafür Pache, NVwZ 1999, 1033 (1035 f.), der dem EuGH grundsätzlich eine Orientierung an dem deutschen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bescheinigt.
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wohl grundlegend festzuhalten, dass die Verordnung als weitreichendster Akt der Rechtsetzung auch am effektivsten wäre. Diese Auffassung deckt sich auch mit den bisherigen Maßnahmen der Union im Bereich des Zivilverfahrensrechts auf Grundlage der Artt. 61 lit. c, 65 EG, die fast ausschließlich in Gestalt von Verordnungen ergangen sind. 89 Eine Maßnahme von Seiten der EU wäre geeignet, das Ziel der Vereinheitlichung der Regeln zur drittstaatlichen Urteilsanerkennung und -vollstreckung herbei zu führen, denn sie stellt zweifelsfrei ein zweckdienliches Mittel dar, um die jeweiligen autonomen Regelungen der Mitgliedstaaten zu vereinheitlichen. Die Prüfung ihrer Erforderlichkeit lässt sich jedoch nicht derart einfach handhaben. Im Zuge der Erforderlichkeitsprüfung ist zunächst zu bestimmen, ob nicht eine „gleichermaßen effektive Regelungsalternative besteht, welche die mitgliedstaatlichen Handlungsmöglichkeiten weniger beschneidet“.90 Der EU kommt dabei ein recht weiter Entscheidungsspielraum zu, d. h. die ergriffene Maßnahme wird (lediglich) dahingehend überprüft, ob sie nicht „offensichtlich ungeeignet bzw. offensichtlich nicht möglichst autonomieschonend“ ist.91 Sicherlich könnten in Bezug auf die europaweit einheitliche Regelung der drittstaatlichen Urteilsanerkennung hier die selbstbestimmte Angleichung der nationalen Rechte oder der Erlass einer Richtlinie als im Vergleich zum Verordnungserlass weniger einschneidende Alternativen erwogen werden. Erstere Option stellt sich jedoch, wie bereits dargelegt, als bloß theoretische Möglichkeit dar, da eine freiwillige Angleichung der autonomen Prozessrechte utopisch erscheint. Auch der Richtlinienerlass würde eine gleichermaßen effektive Regelung nicht herbeiführen können. Ein einheitlicher Rechtsakt in Form der Verordnung, der unmittelbar angewendet wird, ist gegenüber dem Ausmaß der Rechtssicherheit der Anpassung der nationalen Prozessrechte auf Grundlage einer Richtlinie sicher vorzugswürdig.92 Eine Richtlinie überlässt den einzelnen Mitgliedstaaten (naturgemäß) noch einen gewissen Spielraum.93 Genau hierdurch bestünde jedoch das Risiko, das Ziel einer einheitlichen Regelung zu verfehlen. Vorzugswürdig ist demnach der Erlass einer Verordnung – das Verhältnismäßigkeitsprinzip stünde einer solchen Maßnahme nicht entgegen. 89
Siehe statt vieler Schack, IZVR, Rn. 113; Hoppe, in: Lenz/Borchardt, EU-Verträge, Art. 81 AEUV, Rn. 3 ff. 90 Vgl. Bast, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 71; siehe auch Calliess, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 5 EUV Rn. 45. 91 Vgl. Bast, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, das Recht der EU, Art. 5 EUV Rn. 73; siehe auch Hobe, Europarecht, § 7 Rn. 96. 92 Zustimmend Wagner, IPRax 2014, 217 (220). 93 Vgl. bereits den Wortlaut des Art. 288 Abs. 3 AEUV: „Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.“
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IV. Die Überarbeitung der EuGVVO All die bislang erlangten Erkenntnisse und die Herausarbeitung der Notwendigkeit und Zulässigkeit einer europäischen Regelung zur drittstaatlichen Urteilsanerkennung führen schließlich zur Frage nach der konkreten Umsetzungsmöglichkeit. Eine entsprechende Unionskompetenz – wie oben ausgeführt – zugrunde gelegt, stellt sich die Frage nach der konkreten, durch die Union zu ergreifenden Umsetzungsmaßnahme. Wie die obigen Ausführungen zum Verhältnismäßigkeitsprinzip zeigen, wäre als bestmögliche Maßnahme eine Verordnung ins Auge zu fassen. Für die flächendeckende Implementierung des in Kapitel IV entwickelten Anerkennungssystems für drittstaatliche Entscheidungen in allen Mitgliedstaaten bot sich der EU vor diesem Hintergrund vor wenigen Jahren eine herausragende Gelegenheit: Die Integration der Regeln zur Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen in die EuGVVO im Zuge der Aktualisierungsarbeiten an der Verordnung. 1. Das Grünbuch vom 21. April 2009 Bei Schaffung der EuGVVO wurde in deren Art. 73 eine Verpflichtung für die Kommission aufgestellt, dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung einen Bericht über deren Anwendung vorzulegen, der gegebenenfalls Vorschläge zu ihrer Anpassung enthält. 94 Ausgehend von dieser Pflicht wurde im Jahr 2009 von der Kommission ein Grünbuch95 mit Reformvorschlägen herausgegeben, das im Wesentlichen auf dem im Jahr 2008 erschienen „Heidelberg Report“ der Heidelberger Professoren Hess, Pfeiffer und des Münchener Emeritus Schlosser sowie auf der „Study on Residual Jurisdiction“96 des belgischen Professors Nuyts, der sich insbesondere mit Drittstaatenbezügen befasste, basiert.97 Aufbauend auf diesen Arbeiten wurde der nach Art. 73 EuGVVO erforderliche Bericht im Frühjahr 2009 von der Kommission angefertigt. 98 Sechs Jahre nach ihrem Inkrafttreten wurde die 94 Vgl. Hess, IPRax 2011, 125 (125); Art. 73 EuGVVO, der in der Neufassung der EuGVVO nicht mehr enthalten ist, lautet: „Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuss spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten dieser Verordnung einen Bericht über deren Anwendung vor. Diesem Bericht sind gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Verordnung beizufügen.“ Art. 79 der neugefassten EuGGVO enthät eine entsprechende Verpflichtung bis zum 11. Januar 2022. 95 Grünbuch zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM (2009) 175 endg. 96 Abrufbar unter: . 97 Vgl. ausführlich Hess, IPRax 2011, 125 (125). 98 Bericht der Kommission über die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von
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EuGVVO so umfassend auf den Prüfstand gestellt, mit dem Ziel, dieses Kernstück des europäischen Zivilprozessrechts zu optimieren und an die tatsächlichen und gegebenenfalls veränderten Anforderungen des europäischen und internationalen Rechtsverkehrs anzupassen. 2. Der Verordnungsvorschlag vom 14. Dezember 2010 Nach Veröffentlichung des Grünbuchs bestand bis zum 30. Juni 2009 für die Mitgliedstaaten, die interessierte Öffentlichkeit sowie andere Institutionen und Sachverständige die Möglichkeit, zu dem Grünbuch Stellungnahmen abzugeben.99 Von dieser Gelegenheit wurde von unterschiedlichster Seite umfassend Gebrauch gemacht. 100 Aufbauend auf diesen Konsultationen und den ausführlichen Arbeiten der Experten wurde schließlich im Dezember 2010 ein Kommissionsvorschlag zur Änderung der EuGVVO verabschiedet.101 In Bezug auf drittstaatliche Entscheidungen heißt es in der Begründung zu diesem Änderungsvorschlag: „In der Frage der Funktionsweise der Verordnung im internationalen Rechtsverkehr war man mehrheitlich der Auffassung, dass eine Regelung im Wege multilateraler internationaler Verhandlungen die sinnvollste Lösung sei. Über das Vorgehen in Ermangelung einer solchen Regelung gingen die Meinungen hingegen auseinander. Während eine Reihe von interessierten Kreisen und Mitgliedstaaten eine Ausweitung der Zuständigkeitsvorschriften auf Beklagte aus Drittstaaten befürworteten, insbesondere deshalb, um die Zuständigkeit eines europäischen Gerichts zu gewährleisten, ging die Mehrheitsmeinung dahin, dass die Anerkennung und Vollstreckung von in einem Drittstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen auf multilateraler Ebene geregelt werden sollte, um eine auf Gegenseitigkeit basierende Lösung im internationalen Rahmen zu erreichen.“ 102
Bemerkenswert ist, dass der Verordnungsänderungsvorschlag auf der einen Seite die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen unberührt ließ und diese Materie allein auf staatsvertraglicher Ebene behandelt wissen wollte, während er die Zuständigkeitsvorschriften der EuGVVO auf Beklagte in Drittstaaten ausweitete.103 Die Tatsache, dass die EUKommission diese beiden Regelungskomplexe in einem Atemzug nannte, bestätigt den Eindruck, dass die EU beide Bereiche als von ihren Rechtsetzungskompetenzen erfasst betrachtet. Selbstverständlich kann allein von der Inanspruchnahme einer Kompetenz durch die EU bzw. die Kommission nicht Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM (2009) 174 endg.; siehe auch Hess, IPRax 2011, 125 (125). 99 Vgl. hierzu die Begründung des Vorschlags der Kommission zur Änderung der EuGVVO, KOM (2010) 748 endg., S. 4; Hess, IPRax 2011, 125 (125). 100 Hess, IPRax 2011, 125 (125). 101 KOM (2010) 748 endg. 102 KOM (2010) 748 endg., S. 5. 103 KOM (2010) 748 endg., S. 8 f.
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auf die Reichweite der primärrechtlichen Grundlage geschlossen werden. Die geplante Ausweitung der direkten Zuständigkeiten auf Drittstaatensachverhalte zeigt jedoch erneut, dass auch die EU grundsätzlich von einer weiten Auslegung ihrer Kompetenzen ausgeht. Bestätigt wird dies durch die Vorgehensweise im Grünbuch, in dem noch die Ausweitung der direkten Zuständigkeiten und die Behandlung von Entscheidungen aus Drittstaaten in einem Fragenkomplex zusammen behandelt wurden. 104 3. Die „neue“ EuGVVO – Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 Mit der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rats vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen105 setzte die EU die oben dargestellten Pläne des Verordnungsentwurfs von 2010 schließlich um und klammerte die drittstaatliche Urteilsanerkennung bei der Änderung der EuGVVO aus. 106 Vor diesem Hintergrund stellt sich nun die Frage, weshalb sich die Anregungen der Kommission, die diese noch im Grünbuch im Jahr 2009 hinsichtlich der drittstaatlichen Urteilsanerkennung machte, in der Änderung der Verordnung nicht niedergeschlagen haben. Statt sich auf Anerkennungsebene näher mit drittstaatlichen Entscheidungen zu befassen, legte man sein Augenmerk auf die Abschaffung des Exequaturverfahrens im Binnenmarkt.107 Dies erscheint auch nachvollziehbar, da das 104
Vgl. Frage 2 der Kommission im Grünbuch: „Ließen sich die Vorschriften der Verordnung zu den besonderen Zuständigkeiten auch auf Beklagte in Drittstaaten übertragen? Sollte es Ihrer Ansicht nach für diese Fälle noch weitere Anknüpfungspunkte zur Bestimmung der Zuständigkeit geben? Wie sollte die Verordnung die Fälle regeln, in denen das Gericht eines Drittstaats die ausschließliche Zuständigkeit besitzt oder das Verfahren bereits vor einem Gericht eines Drittstaats anhängig ist? Unter welchen Bedingungen soll ten in einem Drittstaat ergangene gerichtliche Entscheidungen in der Gemeinschaft anerkannt und vollstreckt werden dürfen, wenn diese zwingendes Gemeinschaftsrecht berühren oder wenn die ausschließliche Zuständigkeit bei einem Gericht eines Mitgliedstaats liegt?“, KOM (2009) 175 endg., S. 5. 105 ABl. EU 2012 L 351/1. 106 Einen Überblick über die Neufassung bzw. die inhaltlichen Änderungen der EuGVVO liefert etwa Pohl, IPRax 2013, 109 (109 ff.); Alio, NJW 2014, 2395 (2395 ff.). 107 Vgl. hierzu bereits zum Änderungsvorschlag von 2010 KOM (2010) 748 endg., S. 6 ff.; Artikel 38 des Verordnungsvorschlags sah ausdrücklich die Abschaffung des Exequaturverfahrens für mitgliedstaatliche Entscheidungen vor: „(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels werden die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf und ohne dass die Anerkennung angefochten werden kann. (2) Eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung, die in diesem Staat vollstreckbar ist, ist in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckbar, ohne dass es einer Vollstreckbarerklärung bedarf.“
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Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
Stockholmer Programm dies als zentrales Ziel der justiziellen Zusammenarbeit vorgegeben hatte.108 Die Nichtbehandlung drittstaatlicher Urteile erfolgte vor diesem Hintergrund wohl nicht etwa, weil die EU hier keine Handlungskompetenz für sich sah, sondern wohl deshalb, weil die Regelung der drittstaatlichen Urteilsanerkennung nicht unmittelbar im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit stand und nur einen „Randbereich“ darstellte. Nach dem grundsätzlich weiten Kompetenzverständnis der EU wäre es für sie jedoch möglich gewesen, auch diesen Bereich mitzubehandeln. Dass dies im Endeffekt nicht geschehen ist, ist wohl dem mangelnden Interesse der EU und auch der mangelnden Auseinandersetzung mit dieser Thematik im Rahmen der Konsultationsphase geschuldet. Dies ist äußerst bedauerlich und es ist zu hoffen, dass in einer zukünftigen Änderung der EuGVVO dieser Bereich doch noch aufgegriffen und ein (Unter-)Abschnitt zur drittstaatlichen Urteilsanerkennung eingearbeitet bzw. der oben entwickelte Art. X109 oder eine vergleichbare Norm in die EuGGVO eingebettet wird.110
§ 19 Staatsvertragliche Regelungsoptionen im europäischen Raum § 19 Staatsvertragliche Regelungsoptionen im europäischen Raum
Die Betrachtung der einseitigen europäischen Regelungsoptionen auf Ebene des autonomen Unionsrechts hat gezeigt, dass für eine sekundärrechtliche Regelung der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen Kompetenzen – in Gestalt des Art. 81 AEUV – wie auch sinnvolle Umsetzungsmöglichkeiten – eine Integration in die EuGVVO – bestehen. Doch wie anhand der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge der betrachteten Rechtsordnungen herausgearbeitet, ist eine Flankierung der autonomen Rechtssetzung durch Staatsverträge äußerst sinnvoll – etwa um die Anerkennung und Vollstreckung im Verhältnis zu solchen Drittstaaten zu gewährleisten, die beispielsweise eine Gegenseitigkeitsverbürgung in Gestalt von Staatsverträgen fordern. Denn wie bereits vielfach erwähnt, können staatsvertragliche Regelungen in vielen Fällen über die speziellen Gegeben108 Sujecki, EuZW 2011, 287 (287); siehe auch Wagner, IPRax 2014, 217 (219 f.); ders., IPRax 2010, 97 (98); Hess, IPRax 2011, 125 (128); sowie Erwägungsgrund 2 f. der „neuen EuGVVO“. 109 Vgl. Kap IV. § 16. 110 Für eine Aufnahme der Urteilsanerkennung hatte sich etwa auch Hess in seiner Stellungnahme zum Grünbuch ausgesprochen, in der er völlig zutreffend anführte: „Eine Einbeziehung von Drittstaaten-Sachverhalten erscheint überfällig, um alle Parteien im Europäischen Justizraum gleich zu behandeln. Eine solche Drittstaatenregelung muss die Zuständigkeit, die Rechtshängigkeit und die Urteilsanerkennung umfassen.“, vgl. Hess, Stellungnahme zum Grünbuch KOM(2009) 175 endg. über die Reform der VO Brüssel I, Anhörung im Europaparlament am 5.10.2009, S. 5.
§ 19 Staatsvertragliche Regelungsoptionen im europäischen Raum
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heiten und Hindernisse der autonomen Rechtssetzung hinweghelfen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage: Wie lassen sich sinnvollerweise staatsvertragliche Regelungen treffen, die die vielbesagte „Gemengelage an Regelungen“ nicht noch weiter verkomplizieren? Dies bedeutet insbesondere: Wenn staatsvertragliche Regelungen getroffen werden, ist die EU zum Abschluss (bilateraler) Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge ermächtigt oder verbleibt die Vertragsschlusskompetenz in dieser Materie bei den Mitgliedstaaten? I.
Der Beitritt zum LugÜ als Integrationsinstrument?
Als eine erste Möglichkeit, die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen auf staatsvertraglicher Ebene zu vereinfachen, käme der Beitritt von Drittstaaten zum LugÜ in Betracht. Insbesondere für die USA könnte ein solcher Beitritt unter Umständen von Interesse sein, da die amerikanisch-europäischen Beziehungen eine zentrale Rolle bereits bei den Haager Versuchen zur Erarbeitung eines internationalen Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommens spielten111 und enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen den USA und Europa bestehen.112 Besonderes Augenmerk verdient diese Möglichkeit der zukünftigen Gestaltung der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen zudem aufgrund der folgenden Äußerungen des Europäischen Rats im Stockholmer Programm von 2010: „Der Europäische Rat ist der Auffassung, dass es im Hinblick auf den Rechtsverkehr mit Drittländern in einem sicheren rechtlichen Umfeld sehr wichtig ist, die externen Interessen und Prioritäten der Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen eindeutig zu definieren. Das Lugano-Übereinkommen von 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen steht anderen Staaten zum Beitritt offen; die Union sollte in Zusammenarbeit mit den anderen Vertragsparteien prüfen, welche Drittländer zum Beitritt ermutigt werden könnten.“113
Von Seiten der EU scheint die Erweiterung des Luganer Übereinkommens folglich eine reale und durchaus erwägenswerte Möglichkeit zur näheren Kooperation mit Drittstaaten zu sein. Fraglich ist jedoch, in welchem Umfang dies eine realistische Möglichkeit darstellt, d. h. vor allem, unter welchen Bedingungen und für welche Staaten sich diese Gelegenheit zur näheren Zusammenarbeit mit der EU überhaupt bietet.
111
Siehe hierzu bereits Kap. I § 1 II sowie v. Mehren, RabelsZ 57 (1993), 449 (456 f.). Siehe hierzu Schack, ZEuP 1993, 306 (313 ff.). 113 Stockholmer Programm, ABl. 2010 Nr. C115/1, (17); siehe hierzu Wagner, IPRax 2010, 97 (100). 112
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Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
1. Rechtliche Grundlagen und mögliches Aufnahmeverfahren Dem Luganer Übereinkommen können grundsätzlich auch Drittstaaten beitreten. Dies lässt sich ausdrücklich den Bestimmungen des Art. 70 Abs. 1 lit. c des überarbeiteten Luganer Übereinkommens 114 entnehmen.115 Voraussetzung für den Beitritt eines Drittstaats ist demnach neben einem entsprechenden Beitrittsersuchen im Sinne des Art. 70 Abs. 2 LugÜ 116 die Erfüllung der Voraussetzungen des Art. 72 LugÜ 117. Insbesondere muss der ersuchende Staat Auskünfte über sein Justizsystem mit Angaben zur Ernennung der Richter und zu deren Unabhängigkeit, sein innerstaatliches Zivilprozess- und Vollstreckungsrecht und sein internationales Zivilprozessrecht erteilen, Art. 72 114 Für die EU trat das überarbeitete, an die Umformung des EuGVÜ in die EuGVVO angepasste Luganer Übereinkommen am 1. Januar 2010 in Kraft. Näher zur Abschlusskomptenz der EU für dieses Abkommen, siehe sogleich Kap. V § 19 II 2. Für Dänemark und Norwegen trat das Übereinkommen am selben Tag, in der Schweiz am 1. Januar 2011 in Kraft. Am 25. Februar 2011 ratifizierte schließlich Island als letzter Unterz eichnerstaat das überarbeitete Luganer Übereinkommen von 2007 und seit 1. Mai 2011 ist es nun auch dort in Kraft getreten, sodass im Folgenden allein auf die Normen des überarbeiteten Luganer Übereinkommens eingegangen wird. Näher zur Überarbeitung des Luganer Übereinkommens siehe Wagner/Janzen, IPRax 2010, 298 (298 ff.); Mavromati/Rodriguez, EBLR 2009, 579 (579 ff.). 115 Art. 70 Abs. 1 LugÜ: „Dem Übereinkommen können nach seinem Inkrafttreten beitreten: a) die Staaten, die nach Auflage dieses Übereinkommens zur Unterzeichnung Mitglieder der Europäischen Freihandelsassoziation werden, unter den Voraussetzungen des Artikels 71; b) ein Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft im Namen bestimmter außereuropäischer Gebiete, die Teil seines Hoheitsgebiets sind oder für deren Außenbeziehungen dieser Mitgliedstaat zuständig ist, unter den Voraussetzungen des Artikels 71; c) jeder andere Staat unter den Voraussetzungen des Artikels 72.“ 116 Art. 70 Abs. 2 LugÜ: „Die in Absatz 1 genannten Staaten, die diesem Übereinkommen beitreten wollen, richten ein entsprechendes Ersuchen an den Verwahrer. Dem Beitrittsersuchen und den Angaben nach den Artikeln 71 und 72 ist eine englische und französische Übersetzung beizufügen.“ 117 Art. 72 LugÜ: „(1) Jeder in Artikel 70 Absatz 1 Buchstabe c genannte Staat, der diesem Übereinkommen beitreten will: a) teilt die zur Anwendung dieses Übereinkommens erforderlichen Angaben mit; b) kann Erklärungen nach Maßgabe der Artikel I und III des Protokolls 1 abgeben; c) erteilt dem Verwahrer Auskünfte insbesondere über: 1) sein Justizsystem mit Angaben zur Ernennung der Richter und zu deren Unabhängigkeit, 2) sein innerstaatliches Zivilprozess- und Vollstreckungsrecht, 3) sein Internationales Zivilprozessrecht. (2) Der Verwahrer übermittelt den anderen Vertragsparteien die Angaben, die ihm nach Absatz 1 mitgeteilt worden sind, bevor er den betreffenden Staat gemäss Absatz 3 zum Beitritt einlädt. (3) Unbeschadet des Absatzes 4 lädt der Verwahrer den betreffenden Staat nur dann zum Beitritt ein, wenn die Zustimmung aller Vertragsparteien vorliegt. Die Vertragsparteien sind bestrebt, ihre Zustimmung spätestens innerhalb eines Jahres nach der Aufforderung durch den Verwahrer zu erteilen. (4) Für den beitretenden Staat tritt dieses Übereinkommen nur im Verhältnis zu den Vertragsparteien in Kraft, die vor dem ersten Tag des dritten Monats, der auf die Hinterlegung der Beitrittsurkunde folgt, keine Einwände gegen den Beitritt erhoben haben.“
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Abs. 1 lit. c LugÜ. Nachdem alle einzureichenden Informationen an die Vertragsparteien weitergeleitet wurden, lädt der Verwahrer gemäß Art. 72 Abs. 3 LugÜ den Staat zum Beitritt ein, wenn alle Vertragsparteien zugestimmt haben. Nach Art. 72 Abs. 3 S. 2 LugÜ sind die Vertragsparteien dabei gehalten bzw. bestrebt, ihre Zustimmung spätestens innerhalb eines Jahres nach der Aufforderung durch den Verwahrer zu erteilen. Nach diesem Verfahren steht also prinzipiell allen Staaten, die eine Rechtspflege, die der in den Vertragsstaaten des Luganer Übereinkommens ähnlich oder gleichwertig ist, offen. Es entsteht hierdurch grundsätzlich der Eindruck, der Beitritt von Drittstaaten zum Luganer Übereinkommen könnte als sinnvolles Instrument zur Vereinfachung des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts genutzt werden. Dieser Eindruck schwindet jedoch bei näherer Beleuchtung einzelner Faktoren, die eine tatsächliche Einbindung von Drittstaaten in das System des Luganer Übereinkommens als unwahrscheinlich erscheinen lassen. 2. Mangelnde Eignung des LugÜ als Integrationsinstrument a) Verfahrensrechtliche Bedenken So positiv eine Erweiterung des LugÜ durch Drittstaaten theoretisch zu bewerten sein mag, so stehen einer solchen tatsächlichen Entwicklung doch einige Hindernisse im Weg. Es besteht beispielsweise nach Art. 72 Abs. 4 LugÜ für einzelne Vertragsstaaten die Möglichkeit, Einwände gegen den Beitritt zu erheben mit der Folge, dass der Beitritt ihnen gegenüber nicht wirksam wird.118 Die Ausübung eines solchen „Einwandsrechts“ erscheint dabei – aus unterschiedlichen Gründen wirtschaftlicher oder politischer Natur – zumindest nicht völlig ausgeschlossen. Wird der Beitritt aber nicht allen Vertragsstaaten gegenüber wirksam, droht eine weitere Verschärfung der Unübersichtlichkeit der Rechtsquellen im Anerkennungsrecht. Überdies erscheint es wenig wahrscheinlich, dass sich einzelne Staaten diesem umständlichen und unsicheren Verfahren unterwerfen werden, wenn grundsätzlich auch die Möglichkeit des Abschlusses eines neuen bilateralen Staatsvertrags besteht, der eine individuelle Ausgestaltung ermöglicht. 119 b) Konzipierung für den europäischen Rechtsraum Zudem ist zu beachten, dass das LugÜ grundsätzlich für die EFTA konzipiert war, also für Staaten, die zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum gehören und dass es über seine Koppelung an die EuGVVO einen ganz erheblichen Unionsbezug aufweist. 120 Wenngleich die Ausweitung auf Drittstaaten theore118
Vgl. Schack, ZEuP 1993, 306 (313). Ebenso Schack, ZEuP 1993, 306 (313). 120 Vgl. ausführlich Schmidt-Parzefall, Die Auslegung des Parallelübereinkommens von Lugano, S. 13. 119
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tisch möglich ist, so erscheint sie vor diesem Hintergrund doch wenig wahrscheinlich. Die Ausgestaltung des LugÜ als „Parallelübereinkommen“ zur EuGVVO und die entsprechende Struktur als convention double mit ihren umfassenden Regelungen hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit in den Artt. 2 bis 31 LugÜ schränken den Kreis der möglichen Beitrittsstaaten bereits wesentlich ein. 121 Besonders die USA, die sich schon im Rahmen der Haager Initiativen immer gegen eine convention double gesträubt hatten, werden sich den umfassenden Regelungen des Luganer Übereinkommens wohl nicht anschließen wollen.122 Es soll jedoch gerade eines der Hauptanliegen der staatsvertraglichen Bestrebungen sein, die engsten wirtschaftlichen Partner der EU in ein entsprechendes Vertragssystem einzubeziehen. Bereits aus diesem Grund erscheint eine Erweiterung des Luganer Übereinkommens um Drittstaaten als wenig praktikable Lösung. c) Ratifizierungsmechanismus Letztlich spricht auch der Ratifizierungsmechanismus, dem das Luganer Übereinkommen als völkerrechtlicher Vertrag unterliegt, gegen eine Einbindung von Drittstaaten. Man stünde vor ähnlichen Problemen, die ein Beitritt zum EuGVÜ vor Erlass der EuGVVO mit sich brachte: der Beitritt eines jeden Staats würde die Ratifizierung durch jeden einzelnen Vertragsstaat des LugÜ erfordern, wobei die wachsende Zahl von Mitgliedstaaten ein immer zeitaufwändigeres Ratifikationsverfahren erfordern würde. 123 Die Problematik wurde zugegebenermaßen dadurch entschärft, dass seit dem überarbeiteten Entwurf des LugÜ nicht mehr jeder EU-Mitgliedsstaat, sondern lediglich die EU als Vertragspartei die Änderung durch den Beitritt ratifizieren müsste. 124 Soll das Luganer Übereinkommen aber als Alternative zum Abschluss bilateraler Staatsverträge gehandhabt werden, steht man vor dem Problem, dass sämtliche Drittstaaten, die dem Luganer Übereinkommen beigetreten sind, bei einem neuen Beitritt diesem nach dem oben geschilderten Verfahren zustimmen müssten. Eine solch umständliche Regelung stellt ein zu unbewegliches Instrument dar und kann aufgrund dessen nicht als realistische Zukunftsperspektive in Erwägung gezogen werden. Mit Blick auf die oben genannten Hindernisse und Schwierigkeiten würde der Beitritt zum Luganer Übereinkommen faktisch für nur wenige Staaten in Betracht kommen. Diese Staaten werden ihrerseits wahrscheinlich die verfah121
Vgl. Schack, ZEuP 1993, 306 (313). Näher hierzu v. Mehren, RabelsZ 57 (1993), 449 (456 f.) sowie bereits Kap. I § 1 II. 123 Zum Ratifikationserfordernis des EuGVÜ und den Konsequenzen und Schwierigkeiten diesbezüglich Besse, Die Vergemeinschaftung des EuGVÜ, S. 104 f.; Basedow, in: Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (20); ders., CMLRev 2000, 687 (688). 124 Zur diesbezüglich relevanten Frage der Außenkompetenzen der EU und dem in diesem Zusammenhang erstellten Lugano-Gutachten des EuGH siehe sogleich Kap. V § 19 II. 122
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rensrechtlichen Rahmenbedingungen des Beitritts und dessen „europäischen Zuschnitt“ scheuen. Diesen Bedenken hat sich wohl auch der Europäische Rat nicht verschlossen und sich mit dem folgenden Passus die „Hintertür“ für bilaterale Übereinkommen offengelassen: „In den Fällen, in denen ein rechtlicher Rahmen für die Beziehungen zwischen der Union und Partnerländern nicht vorhanden und die Einführung einer neuen multilateralen Zusammenarbeit nach Auffassung der Union nicht möglich ist, sollte die Option bilateraler Abkommen im Rahmen einer Einzelfallprüfung sondiert werden.“ 125
Die staatsvertragliche Ebene ist für die zukünftige Regelung in diesem Bereich zweifelsohne von elementarer Bedeutung. Die Perspektiven werden jedoch eher auf Ebene bi- statt multilateraler Abkommen zu finden sein. Dies lehren nicht zuletzt bereits die vielen gescheiterten Versuche der Haager Konferenz. II. Die EU als künftige Vertragspartei bilateraler Abkommen Die zweite Möglichkeit, eine Vereinheitlichung des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts auf staatsvertraglicher Ebene zu erwirken, ist somit der Abschluss bilateraler Staatsverträge durch die EU an Stelle der Mitgliedstaaten. Die grundsätzliche Möglichkeit, völkerrechtliche Verträge zu schließen, ergibt sich für die EU dabei aus Art. 216 AEUV i. V. m. Art. 47 EUV, der der Union Rechtspersönlichkeit einräumt. 126 1. Grundlagen der Außenkompetenzen der Europäischen Union Hinsichtlich des Abschlusses von Staatsverträgen gilt wie im gesamten Unionsrecht grundsätzlich das „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung“, die EU darf also nur dann Staatsverträge mit Drittstaaten abschließen, wenn sie hierzu in den Verträgen ausdrücklich ermächtigt wurde. 127 Zwar hat jeder Staat nach Art. 6 der Wiener Vertragsrechtskonvention (WVK) 128 die Fähigkeit, (völkerrechtliche) Verträge zu schließen, in den EU-Verträgen sind jedoch detaillierte Kompetenzverteilungen getroffen worden, sodass die Freiheit der einzelnen Mitgliedstaaten zum Abschluss von Verträgen hinter oder neben eine entsprechende Vertragsschlusskompetenz durch die Union treten kann.129 Es gilt folglich zu erörtern, ob die – grundsätzlich gegebene – Kompetenz der Mitgliedstaaten zum Abschluss von völkerrechtlichen Verträgen 125
Stockholmer Programm, ABl. 2010 Nr. C115/1, (17). Siehe hierzu etwa Müller-Ibold, Lenz/Borchadt, EU-Verträge, Art. 216 AEUV, Rn. 1; Vöneky/Beylage-Haarmann, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 216 AEUV Rn. 1, 3. 127 Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 11 Rn. 3 ff., § 38 Rn. 13. 128 Art. 6 WVK: „Jeder Staat besitzt die Fähigkeit, Verträge zu schließen.“ 129 Leisle, ZEuP 2002, 316 (318 f.). 126
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im Bereich der Urteilsanerkennung einer Vertragsschlusskompetenz der EU gewichen ist. 130 a) Zuständigkeitsbestimmungen des AEUV Zentrale Norm für den Abschluss internationaler Übereinkommen bzw. die staatsvertragliche Regelung der Außenbeziehungen der Union ist der im Rahmen der Lissaboner Vertragsrevision eingefügte Art. 216 AEUV.131 Dieser regelt in Absatz 1: „Die Union kann mit einem oder mehreren Drittländern oder einer oder mehreren internationalen Organisationen eine Übereinkunft schließen, wenn dies in den Verträgen vorgesehen ist oder wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte.“
Art. 216 Abs. 1 1. Alt. AEUV fordert folglich eine explizite Kompentenzzuweisung in den Verträgen. Eine solche ist jedoch für den Bereich des internationalen Zivilprozessrechts auch nach dem Vertrag von Lissabon nicht vorgesehen. 132 Im Hinblick auf eine Unionskompetenz zum Vertragsschluss mit einzelnen Drittstaaten zur Regelung der gegenseitigen Urteilsanerkennung und -vollstreckung kann Art. 216 Abs. 1 1. Alt. AEUV also nicht herangezogen werden. Eine Außenkompetenz der EU könnte sich somit lediglich aus Art. 216 Abs. 2 2. Alt. AEUV ergeben, d. h. eine Vertragsschlusskompetenz seitens der EU bestünde dann, „wenn der Abschluss einer Übereinkunft im Rahmen der Politik der Union entweder zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen ist oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern könnte.“
Bei dieser Regelung handelt es sich um die Kodifizierung der umfangreichen Rechtsprechung des EuGH, die der Union – ausgehend von der sog. AETR-
130
Grundlegend hierzu Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 69 ff., deren Ausführungen noch vor dem Hintergrund des Art. 65 EG erfolgen, sich aber wohl weitgehend auf die aktuelle Rechtslage übertragen lassen. 131 Statt vieler Vöneky/Beylage-Haarmann, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 216 AEUV Rn. 1; Hobe, Europarecht, § 6 Rn. 47. 132 So ausdrücklich der EuGH in seinem Lugano-Gutachten, EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145, Rn. 34; ebenso bereits Drappatz, Die Überführung des IZVR in eine Gemeinschaftskompetenz nach Art. 65 EGV, S. 67; Leisle, ZEuP 2002, 316 (320); Struycken, ZEuP 2004, 276 (281) bezüglich der Regelungen im Vertrag von Nizza.
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Entscheidung – in manchen Situationen eine implizite Vertragsschlusskompetenz zuspricht und die im Folgenen näher betrachtet werden soll.133 b) Die Rechtsprechung des EuGH zu den Außenkompetenzen aa) Historische Grundlagen – Die AETR-Doktrin Die Tatsache, dass es nur wenige Rechtsgrundlagen gab, die ausdrücklich eine Außendimension der EU- bzw. damaligen EG-Kompetenzen anerkannten, führte den EuGH dazu, durch seine Rechtsprechung eine Parallelität zwischen internen und den externen Kompetenzen der Union zu schaffen. 134 In seiner berühmten AETR-Entscheidung von 1971 urteilte der EuGH auf Grundlage des völkerrechtlichen sog. implied powers-Prinzips: „Um im Einzelfall zu ermitteln, ob die Gemeinschaft zum Abschluß internationaler Abkommen zuständig ist, muß auf das System und auf die materiellen Vorschriften des Vertrages zurückgegriffen werden. Eine solche Zuständigkeit ergibt sich nicht nur aus einer ausdrücklichen Erteilung durch den Vertrag wie der in den Artikeln 113 und 114 für die Zoll- und Handelsabkommen und in Artikel 238 für die Assoziierungsabkommen ausgesprochenen, sondern sie kann auch aus anderen Vertragsbestimmungen und aus in ihrem Rahmen ergangenen Rechtsakten der Gemeinschaftsorgane fließen. Insbesondere sind in den Bereichen, in denen die Gemeinschaft zur Verwirklichung einer vom Vertrag vorgesehenen gemeinsamen Politik Vorschriften erlassen hat, die in irgendeiner Form gemeinsame Rechtsnormen vorsehen, die Mitgliedstaaten weder einzeln noch selbst gemeinsam handelnd berechtigt, mit dritten Staaten Verpflichtungen einzugehen, die diese Normen beeinträchtigen. In dem Maße, wie diese Gemeinschaftsrechtsetzung fortschreitet, kann nur die Gemeinschaft mit Wirkung für den gesamten Geltungsbereich der Gemeinschaftsrechtsordnung vertragliche Verpflichtungen gegenüber dritten Staaten übernehmen und erfüllen. Daher kann beim Vollzug der Vorschriften des Vertrages die für innergemeinschaftliche Maßnahmen geltende Regelung nicht von der für die Außenbeziehungen geltenden getrennt werden.“135
Diese Passage aus dem EuGH-Urteil bildete die Grundlage für die Entwicklung impliziter Außenkompetenzen der Union bzw. die sog. AETR-Doktrin, nach der die EU auf allen Gebieten, für die ihr die Normen der Verträge Kompetenzen nach innen zusprechen, korrespondierende externe (implizite)
133
Siehe näher Schmalenbach, in: Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, Art. 216 AEUV Rn. 1 ff.; Herdegen, Europarecht, § 27 Rn. 9 ff.; Hobe, Europarecht, § 6 Rn. 47; Wagner, IPRax 2014, 217 (218). 134 Ausführlich Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 8 ff.; Hess, in: Fuchs/Muir Watt/Pataut, Les conflits de lois et le système juridique communautaire, 81 (87 ff.); siehe aus der umfangreichen Literatur zudem Wagner, IPRax 2014, 217 (218); Leisle, ZEuP 2002, 316 (320 ff.); Struycken, ZEuP 2004, 276 (281 ff.). 135 EuGH, 31.3.1971, Rs. C-22/70, Slg. 1971, 263, Rn. 15/19; vgl. Bischoff, EuZW 2006, 295 (295).
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Zuständigkeiten besitzt.136 Die AETR-Rechtsprechung enthält nach der zustimmungswürdigen Ansicht Leisles im Wesentlichen zwei Kernaussagen: In Bereichen, für die in den Verträgen der Union Binnenkompetenzen vorgesehen sind, erhält die EU auch implizite Außenkompetenzen, um das in diesem Bereich bereits ergangene Unionsrecht vor einer Beeinträchtigung zu schützen; nach Ausübung dieser Innenkompetenz besitzt die Union dann in dem jeweiligen Bereich eine ausschließliche Außenkompetenz.137 Der Wortlaut der Entscheidung lässt diesen Schluss jedoch nicht eindeutig zu, spricht doch der EuGH selbst davon, dass insbesondere – also nicht ausschließlich – in Bereichen, in denen die EU ihre Binnenkompetenz wahrgenommen hat, eine implizite Außenkompetenz gegeben sei. 138 Aufgrund dieser Unklarheiten und der damit einhergehenden Diskussionen bedurfte es folglich weiterer Ausdifferenzierungen der Außenkompetenzen durch den EuGH. bb) Die weitere Rechtsprechung des EuGH bis hin zum Lugano-Gutachten Die Herleitung impliziter Außenkompetenzen der EU ausgehend von der AETR-Entscheidung wurde durch den EuGH in seiner Rechtsprechung in den vergangenen vierzig Jahren immer näher ausgeformt. 139 So führte der EuGH in der Rechtssache Kramer im Jahr 1976 aus, dass für das Vorliegen einer Außenkompetenz nicht zwingend die Innenkompetenz bereits ausgeübt worden sein müsse.140 Die diesbezüglichen Ausführungen in der Entscheidung 136
Ausführlich hierzu Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 38 Rn. 13 ff.; Bischoff, EuZW 2006, 295 (296 ff.); siehe auch Hobe, Europarecht, § 6 Rn. 48 ff.; Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (16). 137 Leisle, ZEuP 2002, 316 (324); Struycken, ZEuP 2004, 276 (281). Bestätigt wurde dies durch den EuGH erneut in seinem OECD-Gutachten, in dem er ausführte: „Nach dem AETR-Urteil […] verlieren die Mitgliedstaaten, ob einzeln oder gemeinsam handelnd, das Recht zum Eingehen von Verpflichtungen gegenüber Drittstaaten nur in dem Maße, wie gemeinsame Rechtsnormen erlassen werden, die durch diese Verpflichtungen beeinträchtigt werden könnten.“, EuGH, 24.3.1995, Gutachten 2/92, Slg. 1995, I-521, Rn. 31; siehe auch Bischoff, EuZW 2006, 295 (296). 138 EuGH, 31.3.1971, Rs. C-22/70, Slg. 1971, 263, Rn. 15/19. 139 Vöneky/Beylage-Haarmann, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 216 AEUV Rn. 3; Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 8 ff.; Hobe, Europarecht, § 6 Rn. 48 ff.; Leisle, ZEuP 2002, 316 (321 ff.); Struycken, ZEuP 2004, 276 (281); Klamert/Maydell, EuR 2008, 589 (590 ff.); Bischoff, EuZW 2006, 295 (296 ff.). 140 „Aus den Pflichten und Befugnissen, die das Gemeinschaftsrecht im Innenverhältnis den Gemeinschaftsorganen zugewiesen hat, ergibt sich daher die Zuständigkeit der Gemeinschaft, völkerrechtliche Verpflichtungen […] einzugehen.“, EuGH, 14.7.1976, verbundene Rs. 3, 4 und 6/76, Slg. 1976, 1279, Rn. 30/33; vgl. Oppermann/Classen/ Nettesheim, Europarecht, § 38 Rn. 16; Hobe, Europarecht, § 6 Rn. 50; Leisle, ZEuP 2002, 316 (325 f.); ausführlich Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 11 f.
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Kramer waren insofern noch nicht völlig eindeutig, der EuGH betonte kurz darauf im Jahr 1977 in seinem Gutachten in der Sache Stillegungsfonds jedoch: „Verleiht das Gemeinschaftsrecht den Gemeinschaftsorganen im Hinblick auf ein bestimmtes Ziel im Innenverhältnis eine Zuständigkeit, dann ist die Gemeinschaft befugt, die zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen völkerrechtlichen Verpflichtungen einzugehen, auch wenn eine ausdrückliche diesbezügliche Bestimmung fehlt. Diese Folgerung drängt sich besonders in allen Fällen auf, in denen von der internen Zuständigkeit bereits Gebrauch gemacht worden ist, um Maßnahmen zur Verwirklichung einer gemeinsamen Politik zu treffen. Sie ist jedoch nicht auf diesen Fall beschränkt. Wenn die internen Maßnahmen der Gemeinschaft erst anlässlich des Abschlusses und der Inkraftsetzung der völkerrechtlichen Vereinbarung ergriffen werden, dann ergibt sich die Befugnis, die Gemeinschaft gegenüber Drittstaaten zu verpflichten, dennoch stillschweigend aus den die interne Zuständigkeit begründenden Bestimmungen des Vertrages, sofern die Beteiligung der Gemeinschaft an der völkerrechtlichen Vereinbarung notwendig ist, um eines der Ziele der Gemeinschaft zu erreichen.“ 141
Die nähere Ausgestaltung der Außenkompetenzen setzte der EuGH in weiteren Gutachten fort.142 Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht schränkte er dabei in seinem WTO-Gutachten von 1994143 und seinem OECDGutachten144 seine Ausführungen aus dem Gutachten Stillegungsfonds dahingehend wieder ein, dass eine externe Zuständigkeit wohl (doch) in der Regel die Ausübung der internen Kompetenz voraussetze. 145 Dieser Ansicht ist 141 EuGH, 26.4.1977, Gutachten 1/76, Slg. 1977, 741, 1. Leitsatz; vgl. Leisle, ZEuP 2002, 316 (325 f.); Bischoff, EuZW 2006, 295 (296); siehe auch Oppermann/Classen/ Nettesheim, Europarecht, § 38 Rn. 6. 142 Näher zu dieser Entwicklung und den jeweiligen Gutachten Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 13 ff.; Bischoff, EuZW 2006, 295 (296 ff.); Leisle, ZEuP 2002, 316 (322 ff.); Struycken, ZEuP 2004, 276 (281). 143 EuGH, 15.11.1994, Gutachten 1/94, Slg. 1994, I-5267. 144 EuGH, 24.3.1995, Gutachten 2/92, Slg. 1995, I-521. 145 Abgeleitet wurde dies aus der folgenden Passage des WTO-Gutachtens: „Abgesehen von dem Fall, wo sie wirksam nur zugleich mit der externen Zuständigkeit ausgeübt werden kann (vgl. Gutachten 1/76, a.a.O., und Randnr. 85 des vorliegenden Gutachtens), kann eine interne Zuständigkeit nur dann eine ausschließliche externe Zuständigkeit begründen, wenn sie ausgeübt wird; […]“, EuGH, 15.11.1994, Gutachten 1/94, Slg. 1994, I-5267, Rn. 89. Diese Linie bestätigte der EuGH in seinem (zum Teil wortgleichen) OECDGutachten, in dem er ausführte: „Zwar hat der Gerichtshof im Gutachten 1/76 (a.a.O.) entschieden, daß die auf die internen Handlungsermächtigungen der Gemeinschaft gestützte externe Zuständigkeit ausgeübt werden kann, ohne daß zuvor ein interner Rechtsakt erlassen worden ist, und daß sie damit zu einer ausschließlichen Zuständigkeit werden kann. Diese Rechtsprechung bezieht sich jedoch auf den Fall, in dem der Abschluß einer völkerrechtlichen Vereinbarung erforderlich ist, um Ziele des Vertrages zu verwirklichen, die sich durch die Aufstellung autonomer gemeinsamer Regeln nicht erreichen lassen. […] Abgesehen von dem Fall, wo sie wirksam nur zugleich mit der externen Zuständigkeit ausgeübt werden kann, kann eine interne Zuständigkeit nur dann eine ausschließliche
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jedoch lediglich insofern zuzustimmen, als eine entsprechende Einschränkung – nach dem Wortlaut des Gutachtens – für eine ausschließliche Zuständigkeit der EU erforderlich ist. Die Notwendigkeit der bereits erfolgten Ausübung der Binnenkompetenz für das Vorliegen einer Zuständigkeit per se ergibt sich aus diesen Gutachten des EuGH jedoch nicht.146 Die in dem Gutachten Stillegungsfonds eingeschlagene Linie bestätigte der EuGH im Jahr 2002 mit seiner Entscheidung in Sachen Open Skies,147 in der er erneut anführte, dass es für das Vorliegen einer ausschließlichen Außenkompetenz ganz maßgeblich sei, ob gemeinsame Rechtsnormen (des Unionsrechts) durch die Rechtsetzung von Seiten der Mitgliedstaaten beeinträchtigt würden.148 Allerdings setzt in diesem Fall eine implizite Außenkompetenz voraus, dass ein Tätigwerden der Union notwendig sein muss, um eines der Ziele der Union zu erreichen. 149 All diese Ausführungen des EuGH bildeten die Grundlage für Art. 216 Abs. 1 AEUV, der heute die impliziten Außenkompetenzen normiert. 150 2. Außenkompetenzen im Bereich der Anerkennung drittstaatlicher Urteile Ausgehend vom Wortlaut des Art. 216 Abs. 1 AEUV muss der Abschluss bilateraler Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen durch die EU entweder „zur Verwirklichung eines der in den Verträgen festgesetzten Ziele externe Zuständigkeit begründen, wenn sie ausgeübt wird; […]“, EuGH, 24.3.1995, Gutachten 2/92, Slg. 1995, I-521, Rn. 32, 36; so etwa vertreten von Hobe, Europarecht, § 6 Rn. 52; vgl. ausführlich Bischoff, EuZW 2006, 295 (296 ff.); Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 15 ff. m. w. N. 146 Vgl. ausführlich Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 15 f. 147 EuGH, 5.11.2002, Rs. C-476/98, Slg. 2002, I-9855. 148 „Eine solche implizite Außenkompetenz besteht nicht nur in allen Fällen, in denen von der internen Zuständigkeit bereits Gebrauch gemacht worden ist, um Maßnahmen zur Verwirklichung einer gemeinsamen Politik zu treffen, sondern auch dann, wenn die internen Maßnahmen der Gemeinschaft erst anlässlich des Abschlusses und der Inkraftsetzung der völkerrechtlichen Vereinbarung ergriffen werden. Somit kann sich die Befugnis, die Gemeinschaft gegenüber Drittstaaten zu verpflichten, stillschweigend aus den die interne Zuständigkeit begründenden Bestimmungen des Vertrages ergeben, sofern die Beteiligung der Gemeinschaft an der völkerrechtlichen Vereinbarung notwendig ist, um eines der Ziele der Gemeinschaft zu erreichen.“, EuGH, 5.11.2002, Rs. C-476/98, Slg. 2002, I-9855, Rn. 82; siehe Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 38 Rn. 16, 24; näher hierzu Hess, in: Fuchs/Muir Watt/Pataut, Les conflits de lois et le système juridique communautaire, 81 (88 f.). 149 EuGH, 5.11.2002, Rs. C-476/98, Slg. 2002, I-9855, Rn. 82; Müller-Ibold, in: Lenz/ Borchadt, EU-Verträge, Art. 216 AEUV, Rn. 9; Oppermann/Classen/Nettesheim, Europarecht, § 38 Rn. 16. 150 Herdegen, Europarecht, § 27 Rn. 11; Wagner, IPRax 2014, 217 (218).
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erforderlich oder in einem verbindlichen Rechtsakt der Union vorgesehen sein oder aber gemeinsame Vorschriften beeinträchtigen oder deren Anwendungsbereich ändern können“. Ausgangspunkt der Überlegung muss hier folglich die Frage sein, ob die europäischen Regelungen in Gestalt der EuGVVO durch den Abschluss bilateraler Staatsverträge zur Urteilsanerkennung durch die Mitgliedstaaten beeinträchtigt werden. 151 Hierüber liefert das sog. Lugano-Gutachten152 des EuGH aus dem Jahr 2007 wichtige Erkenntnisse. 153 a) Das Lugano-Gutachten des EuGH Trotz der vielfachen und umfangreichen Äußerungen und Gutachten des EuGH, die in den unterschiedlichsten Bereichen ergingen,154 blieb die Regelung der Außenkompetenz im Bereich des internationalen Zivilverfahrensrechts unklar und umstritten.155 Vor diesem Hintergrund legte der Rat auf Grundlage von Art. 300 Abs. 6 EG (heute Art. 218 Abs. 11 AEUV) nach einem entsprechenden Beschluss im Frühjahr 2003 dem EuGH die Frage nach der Außenvertretung der Union vor, da die Neuverhandlung des Luganer Übereinkommens anstand.156 In dem daraufhin am 7. Februar 2006 veröffentlichten Gutachten, dem Lugano-Gutachten, entschied der EuGH schließlich unter umfassender Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung, dass für den Abschluss des überarbeiteten Lugano-Übereinkommens eine ausschließliche Zuständigkeit der Union gegeben sei.157 Dieses Gutachten setzt den dargestellten, eingeschlagenen Weg zu den impliziten Außenkompetenzen der Union konsequent fort und ist insbesondere mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen des internationalen Zivilprozessrechts sehr zu begrüßen.158 151
Siehe hierzu Bischoff, EuZW 2006, 295 (298 f.). EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145. 153 Ebenso Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 AEUV Rn. 17 f.; siehe auch Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (17). 154 So beschäftigte sich der EuGH in seiner Entscheidung Kramer beispielsweise mit fischereirechtlichen Belangen bzw. Fangquoten; vgl. ausführlich Wannemacher, Die Außenkompetenzen der EG im Bereich des Internationalen Zivilverfahrensrechts, S. 11 ff. 155 Zu den diesbezüglichen Diskussionen siehe etwa Hess, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 AEUV Rn. 17 f. 156 EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145, Rn. 25; Hess, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 AEUV Rn. 17; Wagner/Janzen, IPRax 2010, 298 (299); Herdegen, Europarecht, § 27 Rn. 11. 157 EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145, Rn. 173; Hess, in: Grabitz/Hilf/ Nettesheim, Das Recht der EU, Art. 81 AEUV Rn. 17; siehe auch Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (17). 158 Ebenso Schroeter, GPR 2006, 203 (203); Bischoff, EuZW 2006, 295 (299); siehe hierzu auch Wagner, IPRax 2014, 217 (218 f.), der konstatiert: „Inzwischen gehört die Ausübung der Außenkompetenzen in der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen […] immer mehr zum Alltagsgeschäft in Brüssel; […]“. 152
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Die umfangreiche Rechtsprechung des EuGH zur Herleitung impliziter Außenkompetenzen hat gezeigt, dass unter verschiedenen Voraussetzungen der EU eine ausschließliche Kompetenz zum Vertragsschluss mit Drittstaaten zukommt. Im Einklang mit den Entscheidungen in Sachen AETR und Open Skies und den Gutachten in Sachen WTO und OECD ist für eine ausschließliche Zuständigkeit zwar nicht zwingend eine Ausübung der Binnenkompetenz erforderlich, es muss jedoch (zumindest) eine Beeinträchtigung des Unionsrechts bei Abschluss von Völkerverträgen durch die Mitgliedstaaten gegeben sein, um eine (ausschließliche) Kompetenz der Union zu begründen. Die Union bzw. die damalige Gemeinschaft hat durch den Erlass der EuGVVO – insbesondere sei hier Kapitel III bzw. die Art. 36 bis 57 der Neufassung der EuGVVO, welche die Anerkennung und Vollstreckung regeln, hervorgehoben – von der ihr in Art. 81 AEUV (bzw. zum Erlasszeitpunkt Art. 61 lit. c, 65 EG) eingeräumten Kompetenz Gebrauch gemacht. 159 Bereits aus der AETR-Doktrin ergibt sich daraus nun konsequenterweise auch eine Außenkompetenz der Union zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge auf diesem Gebiet. Nur durch eine parallele Ausübung der Binnen- und Außenkompetenzen der EU im Bereich der Urteilsanerkennung und eine daraus resultierende einheitliche Regelung der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen durch die EU kann ein umfassendes, kohärentes System der Urteilsanerkennung in Europa geschaffen werden, das das notwendige Maß an Rechtssicherheit aufweist. Neben diesen grundlegenden vom EuGH aufgestellten allgemeinen Anforderungen an die ausschließliche Außenkompetenz der EU liefert das LuganoGutachten in besonderer Weise Aufschluss über die Frage, ob der Union zukünftig der Abschluss von Anerkennungs- und Vollstreckungsverträgen mit Drittstaaten zukommt. Denn genau diese Problematik behandelt das LuganoÜbereinkommen: Die Frage nach einer ausschließlichen Kompetenz der Union hinsichtlich des Abschlusses eines Staatsvertrags, der (u. a.) die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus Nichtmitgliedstaaten der EU zum Gegenstand hat. Der EuGH hat hier der Union die ausschließliche Kompetenz zum Vertragsschluss zugesprochen, sodass auch der Abschluss anderer biund/oder multilateraler Abkommen – zu denken ist dabei insbesondere an das HGÜ – nunmehr in die ausschließliche Kompetenz der EU fällt. Zwar erwähnt der EuGH selbst in seinem Gutachten, dass von vielen Mitgliedstaaten moniert worden sei, dass die Anerkennung und Vollstreckung von den Zuständigkeits159
Dies stellt der EuGH in seinem Lugano-Gutachten recht knapp fest: „Insoweit genügt die Feststellung, dass die Gemeinschaft mit der auf der Grundlage der Artikel 61 Buchstabe c EG und 67 Absatz 1 EG erlassenen Verordnung Nr. 44/2001 wie mit spezifischen Bestimmungen in sektoriellen Regelungen wie Titel X der Verordnung Nr. 40/94 oder Artikel 6 der Richtlinie 96/71 bereits interne Vorschriften über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen erlassen hat.“, EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145, Rn. 134.
§ 19 Staatsvertragliche Regelungsoptionen im europäischen Raum
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regelungen abtrennbar seien und die unterschiedliche Regelung der drittstaatlichen Urteilsanerkennung durch die Mitgliedstaaten nicht geeignet sei, die unionsrechtlichen Regelungen zu beeinträchtigen. 160 Zu Recht verweist der EuGH jedoch auf das kohärente System der EuGVVO, bei dem Zuständigkeitsbestimmungen und Anerkennungs- und Vollstreckungsregeln untrennbar miteinander im Zusammenhang stehen und argumentiert zutreffend, dass das ausdifferenzierte System der EuGVVO aus dem Gleichgewicht geriete, überließe man den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, zukünftig noch bilaterale Abkommen auf dem Gebiet der Urteilsanerkennung zu schließen.161 Wäre es den Mitgliedstaaten möglich, staatsvertragliche Bestimmungen zu treffen, durch die der Kreis der automatisch anerkannten Entscheidungen aus Nichtmitgliedstaaten erhöht würde, so würde die Regelungsstruktur des Unionsrechts in nicht unerheblicher Weise beeinträchtigt.162 Diese Erwägungen des EuGH lassen sich, wenngleich sie sich auf das Luganer Übereinkommen und somit auf einen besonderen multilateralen Vertrag beziehen, auf bilaterale Übereinkommen mit demselben Gegenstand übertragen. Ein Abschluss von bi- oder multilateralen Verträgen mit Drittstaaten zur Regelung der Anerkennung und Vollstreckung von drittstaatlichen Entscheidungen ist den Mitgliedstaaten nach den obigen Erwägungen somit nicht mehr möglich. Dieser Auffassung des EuGH in seinem LuganoGutachten ist im Ergebnis uneingeschränkt zuzustimmen. 163 Bereits vor den grundlegenden Ausführungen des EuGH im Lugano-Gutachten stellte Leisle im Jahr 2002 insofern zutreffend fest: „Es ist durchaus eine Beeinträchtigung der beiden Nachfolgeverordnungen der Brüsseler Abkommen gegeben, wenn die Mitgliedstaaten sich außerhalb des Binnenmarkts noch in 160
EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145, Rn. 162. „Somit ergibt sich aus der Untersuchung allein der Verordnung Nr. 44/2001, dass aufgrund des mit ihr im Hinblick auf die Anerkennung und Vollstreckung von Ent scheidungen errichteten umfassenden und kohärenten Systems ein Übereinkommen wie das geplante, ob es nun Bestimmungen über die gerichtliche Zuständigkeit oder solche über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen enthält, geeignet wäre, die besagten Vorschriften zu beeinträchtigen.“, EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145, Rn. 168; siehe auch Barrière Brousse, JDI 2010, 3 (17). 162 „Artikel 26 Absatz 1 des letztgenannten Übereinkommens stellt den Grundsatz auf, dass die in einem Vertragsstaat ergangenen Entscheidungen in den anderen Vertragsstaaten anerkannt werden, ohne dass es dafür eines besonderen Verfahrens bedarf. Ein solcher Grundsatz beeinträchtigt die Gemeinschaftsvorschriften, weil er den Bereich, in dem gerichtliche Entscheidungen ohne ein besonderes Verfahren anerkannt werden, erweitert und somit die Zahl der Fälle erhöht, in denen Entscheidungen von Gerichten aus Nichtmitgliedstaaten der Gemeinschaft anerkannt werden, deren Zuständigkeit sich nicht aus der Anwendung der Verordnung Nr. 44/2001 ergibt.“, EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145, Rn. 170; ähnlich bereits zuvor Leisle, ZEuP 2002, 316 (329). 163 Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Lugano-Gutachten liefern Bischoff, EuZW 2006, 295 (299 ff.); Schroeter, GPR 2006, 203 (203 ff.). 161
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Kapitel V: Europäische Regelungsoptionen
ein Geflecht von völkerrechtlichen Abkommen mit demselben Regelungsgegenstand begeben können“.164
b) Ergebnis Abschließend festzuhalten ist somit, dass die Regelungen des EU-Primärrechts dahingehend auszulegen sind, dass die Bestimmungen eine Zuständigkeit der Union für die Regelung der Rechtsbeziehungen mit Drittstaaten einschließlich der Befugnis zur Verabschiedung von bi- (oder auch multi-) lateralen Staatsverträgen begründen.165 Die Rahmenbedingungen für die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen könnten im autonomen Unionsrecht – idealerweise in einem neu eingefügten Bestandteil der EuGGVO – niedergelegt werden. Ergänzt durch bilaterale Staatsverträge, die insbesondere mit den engen Handelspartnern der EU 166 geschlossen werden, könnte so ein übersichtlicheres Anerkennungs- und Vollstreckungssystem geschaffen werden. Diese Maßnahmen der Union könnten so langfristig einen wertvollen Beitrag zur Rechtssicherheit im Bereich der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen leisten.
164
Leisle, ZEuP 2002, 316 (329). So auch Basedow, in: Systemwechsel im europäischen Kollisionsrecht, 19 (43); ders., CMLRev 2000, 687 (707). 166 Zu denken ist hierbei wohl insbesondere an die USA, Russland oder China. Zur Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Russland, insbesondere zur Rolle eines Partnerschaftsabkommens zwischen der EU und Russland, siehe sehr instruktiv KurzynskySinger, RabelsZ 74 (2010), 493 (494 ff., 506 ff.); zum deutsch-chinesischen Verhältnis (insbesondere zur Frage der Gegenseitigkeit) siehe Deißner, IPRax 2011, 565 (565 ff.). 165
Schlussbetrachtung und Ausblick Schlussbetrachtung und Ausblick Schlussbetrachtung und Ausblick
Die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen wird in den einzelnen betrachteteten Rechtssystemen Deutschlands, Englands und Frankreichs in unterschiedlicher Weise geregelt, wobei die einzelnen Regelungen häufig Ausdruck nationaler Gepflogenheiten sind und der Ausgestaltung des jeweiligen nationalen Rechtssystems Rechnung tragen. Die rechtsvergleichende Betrachtung der Rechtsordnungen hat jedoch gezeigt, dass trotz der Unterschiedlichkeit der jeweiligen autonomen nationalen Regelungen ein bemerkenswertes Einverständnis aller Staaten über die Mindestanforderungen für die Anerkennung eines drittstaatlichen Urteils besteht. 1 Alle drei betrachteteten Rechtsordnungen räumen einer drittstaatlichen Entscheidung grundsätzlich nur dann Wirkumg auf ihrem jeweiligen Staatsgebiet ein, wenn das Erstgericht international zuständig ist, die verfahrensrechtlichen Rechte des Beklagten gewahrt werden und die Anerkennung der jeweiligen Entscheidung mit dem nationalen ordre public vereinbar ist. Auch bezüglich des Kreises der Entscheidungen, die einer Anerkennung zugänglich sind, bzw. hinsichtlich der Ausklammerung öffentlich-rechtlicher Entscheidungen besteht Einvernehmen. In Bezug auf die Regelung der internationalen indirekten Zuständigkeit bestehen zwar – mit dem „Spiegelbildprinzip“ des deutschen Rechts einerseits und der Generalklausel des französischen Recht nach dem Arrêt Simitch andererseits – gravierende Differenzen der Rechtssprechung, doch bei Gegenüberstellung all der in der vorliegenden Arbeit herausgearbeiteten Detailabweichungen und (strukturellen) Unterschiede der drei betrachteten Rechtsordnungen überwiegen deren Kongruenzen deutlich, denn auch anhand der Entwicklung der jeweiligen Kriterien für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit zeigt sich, dass grundsätzlich dieselben grundlegenden Konzepte von allen drei Rechtsordnungen in Erwägung gezogen wurden – wenngleich zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten. Diese umfassenden Gemeinsamkeiten führten Thole zu der Frage: Befinden wir uns „auf dem Weg zur loi uniforme?“2 Eine Vereinheitlichung in diesem Bereich erscheint vor dem Hintergrund der ohnehin weitreichenden Übereinstimmungen der Systeme zweifelsohne 1 Zu diesem Resultat gelangt auch Juenger, AmJCompL 36 (1988), 1 (5); zurückhaltender Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (25 f.). 2 Thole, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 25 (52 f.).
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Schlussbetrachtung und Ausblick
wünschenswert, um eine größere innereuropäische Kongruenz der Regelungen, die sich auch auf drittstaatliche Sachverhalte erstreckt, zu erreichen. Ziel sollte es dabei sein, nicht nur das viel besagte Anliegen eines europäischen „Entscheidungseinklangs“ voranzutreiben und die innereuropäischen Hindernisse kontinuierlich abzubauen, sondern auch auf Ebene der Anerkennung drittstaatlicher Entscheidungen eine Harmonisierung anzustreben, die das derzeitige Normengeflecht und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit entwirrt. So sinnvoll und erstrebenswert die Vereinheitlichung der nationalen Regelungen ist, hat die Betrachtung der Zukunftsperspektiven dennoch gezeigt, dass sich, obwohl vielfältige verschiedene Ansätze denkbar und möglich sind, die meisten dieser Regelungsoptionen als kaum realisierbar oder effizient herausstellen. Ein Beitritt zum Luganer Übereinkommen durch Staaten, die enge Beziehungen zu den Mitgliedstaaten der EU unterhalten, ist zwar möglich und die „Ermunterung zum Beitritt“ wird vom Europäischen Rat im Stockholmer Programm klar als Ziel benannt,3 aufgrund der umständlichen Verfahrensausgestaltung und des europäischen Zuschnitts des Abkommens ist dies aber wohl keine realistische Perspektive. Auch ein weltweites Anerkennungs- und Vollstreckungsübereinkommen könnte in Erwägung gezogen werden und wird seit fast 100 Jahren immer wieder von der Haager Konferenz angestrengt, das tatsächliche Zustandekommen eines solchen Übereinkommens erscheint jedoch äußerst fraglich. Zu häufig sind Vorstöße in diese Richtung gescheitert, und auch in Zukunft scheint ein solches Projekt wohl kaum zu realisieren. Dementsprechend finden sich die tatsächtlichen Perspektiven (derzeit) im europäischen Raum. Eine einheitliche Regelung der Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Urteile erscheint dabei nicht nur erstrebenswert, sondern auch für den Binnenmarkt und die Rechtssicherheit auf lange Sicht erforderlich. Die Betrachtung des Art. 81 AEUV hat gezeigt, dass die Union seit der Vertragsrevision von Amsterdam im Bereich des internationalen Zivilverfahrensrechts umfassende Handlungsbefugnisse besitzt. Zwar erlaubt Art. 81 AEUV keine vollständige Vereinheitlichung der mitgliedstaatlichen Zivilverfahrensrechte, er stellt jedoch ein äußerst wirksames Werkzeug zur schrittweisen Integration im Bereich des internationalen Zivilverfahrensrechts dar. Auch die Integration von Bestimmungen zur Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Urteile in Instrumente des Sekundärrechts würde hiervon erfasst, was sehr zu begrüßen ist, denn einer einheitlichen Regelung des Anerkennungs- und Vollstreckungsrechts in Bezug auf Drittstaaten käme eine binnenmarktförderliche und die Rechtssicherheit steigernde Wirkung zu. Daneben besteht, wie insbesondere anhand des Lugano-Gutachtens dargestellt, die Möglichkeit des Abschlusses bilateraler Anerkennungs- und Voll3
Siehe auch Wagner, IPRax 2010, 97 (100).
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streckungsverträge zwischen der Union und den jeweiligen Drittstaaten auf Grundlage des durch den Vertrag von Lissabon geschaffenen Art. 216 AEUV. Auch dieser – ürsprünglich durch die AETR-Rechtsprechung und weitere Gutachten des EuGH bedingte – Kompetenzzuwachs der EU ist positiv zu bewerten. So führt der Abschluss bilateraler Verträge durch die EU allein zwar nicht zu einer Vereinheitlichung der nationalen Zivilprozessordnungen, er reduziert allerdings die Zahl der zukünftigen bilateralen Staatsverträge erheblich und überlagert die nationalen Abkommen mit dem jeweiligen Drittstaat, was zu einer größeren Übersichtlichkeit der Regelungen führt. Egal wie sich der europäische Gesetzgeber hinsichtlich der Maßnahmen zur drittstaatlichen Urteilsanerkennung in Zukunft entscheidet – ob für eine Integration entsprechender Bestimmungen in die EuGVVO, für den Abschluss bi- und multilateraler Staatsverträge mit Drittstaaten oder eine Kombination dieser beiden Optionen –, eine Reduktion der Staatsverträge wäre in allen Fällen ein klares Resultat des jeweils eingeschlagenen Weges. 4 Es ist abzuwarten, welcher Weg schlussendlich eingeschlagen wird. Bei Betrachtung der Gesamtsituation spricht einiges dafür, den Weg zu einer einheitlichen europäischen Regelung in der EuGVVO zu beschreiten, die von bilateralen Abkommen mit Drittstaaten flankiert wird. Um der viel besagten „unübersichtlichen Gemengelage“ Herr zu werden, sollte eine Verschlankung des gegenwärtigen Regelungssystems von autonomen und europäischen Bestimmungen angestrebt werden. Das nationale wie auch das europäische Zivilprozessrecht sollten sich den Herausforderungen des wachsenden internationalen Rechtsverkehrs und der europäischen Integration stellen und einheitliche Regeln für die Anerkennung und Vollstreckung drittstaatlicher Entscheidungen schaffen. Dies sieht auch die Europäische Kommission im Grünbuch vom April 2009, in dem sie ausführt: „Eine Harmonisierung der Wirkung von Entscheidungen von Drittstaatsgerichten würde insbesondere den Bürgern eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft, gegen die vor einem Gericht eines Drittstaats ein Verfahren angestrengt wurde, größere Rechtssicherheit bieten. Gäbe es nämlich gemeinsame Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung von in Drittstaaten ergangenen gerichtlichen Entscheidungen, wüssten sie im Voraus, unter welchen Umständen eine Entscheidung eines Gerichts eines Drittstaats in den Mitgliedstaaten vollstreckbar wäre.“5
Es ist zu hoffen, dass der europäische Gesetzgeber diese Erkenntnis beherzigt und von den ihm eingeräumten Kompetenzen sinnvollen Gebrauch macht, um das Anerkennungsrecht in Europa in Zukunft übersichtlicher zu gestalten und so ein höheres Maß an Rechtssicherheit zu gewährleisten. 4
Ähnlich bereits Leisle, ZEuP 2002, 316 (340). Grünbuch zur Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, KOM (2009) 175 endg., S. 4. 5
Anhang Anhang
Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands1 Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands
in chronologischer Reihenfolge Schweiz Abkommen vom 2.11.1929 zwischen dem Deutschen Reich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen, in Kraft seit dem 1.12.1930, RGBl. 1930 II, S. 1066. Italien Abkommen vom 9.3.1936 zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Italien über die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, in Kraft seit dem 19.6.1937, RGBl. 1937 II, S. 145. Belgien Abkommen vom 30.6.1958 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Belgien über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Schiedssprüchen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen nebst Zusatzprotokoll sowie Notenwechsel vom gleichen Tage, in Kraft seit dem 27.1.1961, BGBl. 1959 II, S. 765; BGBl. 1960 II, S. 2408. Österreich Vertrag vom 6.6.1959 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen, in Kraft seit dem 29.5.1960, BGBl. 1960 II, S. 1245.
1 Eine entsprechende Aufzählung der bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Deutschlands findet sich in zahlreichen Werken zum (internationalen) Zivilprozessrecht bzw. zur Urteilsanerkennung, siehe exemplarisch Hüßtege, in: Thomas/Putzo, ZPO, § 328 Rn. 32 ff.; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, § 328 Rn. 42; Schack, IZVR, Rn. 894.
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Großbritannien Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 14.7.1960 (BGBl. 1961 II S. 302) mit AusfG vom 28.3.1961 (BGBl. 1961 I S. 301) Griechenland Vertrag vom 4.11.1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen, in Kraft seit dem 30.8.1963, BGBl. 1963 II, S. 109. Niederlande Vertrag vom 30.8.1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen, in Kraft seit dem 15.9.1965, BGBl. 1965 II, S. 26. Tunesien Vertrag vom 19.7.1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsschiedsgerichtsbarkeit nebst Zusatzprotokoll, in Kraft seit dem 13.3.1970, BGBl. 1969 II, S. 889. Norwegen Vertrag vom 17.6.1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Norwegen über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen nebst Protokoll vom gleichen Tage, in Kraft seit dem 3.10.1981, BGBl. 1981 II, S. 341. Israel Vertrag vom 20.7.1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen nebst Briefwechsel vom 26.11.1979, in Kraft seit dem 1.1.1981, BGBl. 1980 II, S. 925. Spanien Vertrag vom 14.11.1983 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Spanien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Vergleichen sowie vollstreckbaren öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen, BGBl. 1987 II, S. 35.
Ergänzende Materialien zu den bilateralen Staatsverträgen Deutschlands Ergänzende Materialien zu den bilateralen Staatsverträgen Deutschlands Denkschrift zu dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich vom 6. Juni 1959 über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen, BT-Dr. 3/1419, S. 6 ff. Denkschrift zu dem Abkommen vom 14. Juli 1960 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BT-Dr. 3/2360, S. 14 ff. Denkschrift zu dem Vertrag vom 4. November 1961 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen, Vergleichen und öffentlichen Urkunden in Zivil- und Handelssachen, BT-Dr. 4/570, 29. Juni 1962, S. 9 ff. Gemeinsamer Bericht der Unterhändler zu dem Vertrag vom 30. August 1962 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen und anderer Schuldtitel in Zivil- und Handelssachen, BT-Dr. 4/2351, S. 13 ff. Denkschrift zu dem Vertrag vom 19. Juli 1966 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik über Rechtsschutz und Rechtshilfe, die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen sowie über die Handelsgerichtsbarkeit, BT-Dr. 5/3167, S. 44 ff. Denkschrift zu dem Vertrag vom 20. Juli 1977 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel über die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, BT-Dr. 8/3866, S. 11 ff. Amtliche Begründung mit Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG), BTDr. 11/351, 25. Mai 1987, S. 15 ff. Vertrag vom 31. August 1990 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands, BGBl. 1990 II, S. 889. Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen und Abkommen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz – AVAG) in der Fassung vom 3. Dezember 2009, BGBl. 2009 I, S. 3830 ff.
Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs1 Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs
in alphabethischer Reihenfolge Ägypten „Convention entre la République française et la République arabe d’Egypte sur la coopération judiciaire en matière civile, y compris le statut du personnel, et en matière sociale, commerciale et administrative, ensemble deux annexes et un protocole“, unterzeichnet in Paris am 15. März 1982, in Frankreich verkündet durch Dekret 8. Juli 1983, J.O. 19. Juli 1983, 2222 Algerien „Convention entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République algérienne démocratique et populaire relative à l’exequatur et à l’extradition“, unterzeichnet in Algier am 27. August 1964, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 65679 vom 11. August 1965, J.O. 17. August 1965, 7269 Argentinien „Convention de coopération judiciaire entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République argentine“, unterzeichnet in Paris am 2. Juli 1991, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 92-1231 vom 12. November 1992, J.O. 18. November 1992, 15816 Belgien „Convention entre la République française et le royaume de Belgique sur la compétence judiciaire, l’autorité et l’exécution des décisions de justice, des sentences arbitrales et des actes authentiques“, unterzeichnet in Paris am 8. Juli 1899, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 30. Juli 1900, J.O. 1. August 1900, 5029
1 Dieses Verzeichnis basiert weitgehend auf einer Zusammenschau der Angaben folgender Quellen unter Hinzuziehung des Online-Archivs des französischen Außenministeriums: Batiffol/Lagarde, Traité de droit international privé, Bd. II, S. 444 f. in den Fußnoten 3–9 zu Rn. 667-1; Cuniberti/Normand/Cornette, Droit international de l’exécution, S. 59 ff.; de Vareilles-Sommières, in: Rép. Int. D., (Matières civile et commerciale), S. 4 f.; Holleaux/Foyer/de Geouffre de La Pradelle, Droit international privé, S. 482 f.; Kessedjian, in: Walter/Baumgartner, S. 185 (Fn. 1); Ministère des Affaires Étrangères, Liste des Traités et Accords de la France, Bd. II, S. 1107 ff.; Philippsohn, in: Garb/Lew, Enforcement of Foreign Judgments, Vol. I, France, S. 12 f. Die bilateralen Abkommen Frankreichs sind über die Internetpräsenz des französischen Außenministeriums abrufbar unter: (Stand: Dezember 2014).
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Benin „Accord de coopération en matière de justice entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la république du Dahomey“, unterzeichnet in Cotonou am 27. Februar 1975, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 21. Dezember 1977, J.O. 10. Januar 1978, 258 Bosnien-Herzegowina (ursprünglich: französisch-jugoslawischer Vertrag vom 18. Mai 1971) „Convention entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République socialiste fédérative de Yougoslavie relative à la reconnaissance et à l’exécution des décisions judiciaires en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 18. Mai 1971, verkündet durch Dekret vom 6. März 1972, J.O. 9. März 1972, 2468, Inkraftsetzung des französisch-jugoslawischen Vertrags für Bosnien-Herzegowina durch Briefwechsel vom 3. und 4. Dezember 2001 bzw. Dekret N° 2004-96 vom 26. Januar 2004: „Accord par échange de lettres entre la France et la Bosnie-Herzégovine relatif à la succession des traités bilatéraux conclus entre la France et la république socialiste fédérative de Yougoslavie“, unterzeichnet in Sarajewo, J.O. 31. Januar 2004, 2225 Brasilien „Convention d’entraide judiciaire en matière civile entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République fédérative du Brésil“, unterzeichnet am 28. Mai 1996 in Paris, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 2000-940 am 18. September 2000, J.O. 26. September 2000, 15158 Bulgarien „Convention d’entraide judiciaire en matière civile entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la république populaire de Bulgarie“, unterzeichnet in Sofia am 18. Januar 1989, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 89-720 vom 2. Oktober 1989, J.O. 6. Oktober 1989, 12547 Burkina Faso „Accord de coopération en matière de justice entre la République française et la république de Haute-Volta, ensemble un échange de lettres“, unterzeichnet in Paris am 24. April 1961, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 23. Januar 1962, J.O. 5. Februar 1962, 1261 China „Accord d’entraide judiciaire en matière civile et commerciale entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République populaire de Chine, ensemble trois annexes“, unterzeichnet in Peking am 04. Mai 1987, verkündet in Frankreich durch Dekret N° 88-298 vom 24. März 1988, J.O. 1. April 1988, 4352 Côte d’Ivoire / Elfenbeinküste „Accord de coopération en matière de justice entre la République française et la République de Côte-d’Ivoire“, unterzeichnet in Paris am 24. April 1961, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 23. Januar 1962, J.O. 5. Februar 1962, 1261
Die bilateralen Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge Frankreichs
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Djibouti „Convention de coopération judiciaire en matière civile y compris le statut personnel, commerciale, sociale et administrative entre la République française et la République de Djibouti“, unterzeichnet in Djibouti am 27. September 1986, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 19. August 1992, J.O. 21. August 1992, 11380 Gabun „Convention d’aide mutuelle judiciaire, d’exequatur des jugements et d’extradition entre la République française et la République du Gabon“, unterzeichnet in Libreville am 23. Juli 1963, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 25. Februar 1965, J.O. 2. März 1965, 1724 Großbritannien „Convention entre la France et le Royaume-Uni pour assurer l’exécution des jugements en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 18. Januar 1934, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 24. Juni 1936, J.O. 30. Juni 1936, 6812 Italien „Convention entre la France et l’Italie sur l’exécution des jugements en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Rom am 3. Juni 1930, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 22. November 1933, J.O. 26. November 1933, 11846 Kamerun „Accord de coopération en matière de justice entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République unie du Cameroun, ensemble un échange de lettres“, unterzeichnet am 21. Februar 1974 in Yaoundé, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 8. Dezember 1975, J.O. 17. Dezember 1975, 12895 Kroatien (ursprünglich: französisch-jugoslawischer Vertrag vom 18. Mai 1971) „Convention entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République socialiste fédérative de Yougoslavie relative à la reconnaissance et à l’exécution des décisions judiciaires en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 18. Mai 1971, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 6. März 1972, J.O. 9. März 1972, 2468, Inkraftsetzung des französisch-jugoslawischen Vertrags für Kroatien durch Briefwechsel vom 9. und 12. August 1995 bzw. Dekret N° 96-711 vom 7. August 1996: „Accord sous forme d’échange de lettres entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République de Croatie relatif à la succession par la Croatie aux traités bilatéraux conclus entre la France et l’ex-République de Yougoslavie“, unterzeichnet in Paris/Zagreb, J.O. 13. August 1996, 12279 Laos „Convention franco-laotienne d’entraide judiciaire et d’établissement d’une procédure d’exequatur simplifiée“, unterzeichnet in Paris am 16. November 1956, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 4. April 1960, J.O. 10. April 1960, 3332
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Madagaskar „Convention entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République malgache relative aux affaires judiciaires“, unterzeichnet in Paris am 4. Juni 1973, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 75-674 vom 22. Juli 1975, J.O. 30. Juli 1975, 7708 Mali „Accord de coopération en matière de justice entre la République française et la république du Mali“, unterzeichnet in Bamako am 9. März 1962, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 17. Juni 1964, J.O. 10. Juli 1964, 6123 Marokko „Convention d’aide mutuelle judiciaire, d’exequatur des jugements et d’extradition entre la France et le Maroc“, unterzeichnet in Paris am 5. Oktober 1957, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 12. Januar 1960, J.O. 14. Januar 1960, 425 Mazedonien (ursprünglich: französisch-jugoslawischer Vertrag vom 18. Mai 1971) „Convention entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République socialiste fédérative de Yougoslavie relative à la reconnaissance et à l’exécution des décisions judiciaires en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 18. Mai 1971, verkündet durch Dekret vom 6. März 1972, J.O. 9. März 1972, 2468, Inkraftsetzung des französisch-jugoslawischen Vertrags für Mazedonien durch Briefwechsel vom 13. und 14. Dezember 1995 bzw. Dekret N° 96-711 vom 8. August 1996: „Accord par échange de lettres entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la république de Macédoine sur la succession des traités conclus entre la France et la Yougoslavie“, unterzeichnet in Paris/Skopje, J.O. 20. August 1996, 12534 Mauretanien „Accord en matière de justice entre la République française et la république islamique de Mauritanie, ensemble un échange de lettres“, unterzeichnet in Paris am 19. Juni 1961, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 24. Januar 1962, J.O. 6. Februar 1962, 1330 Monaco „Convention relative à l’aide mutuelle judiciaire entre la principauté de Monaco et la France“, unterzeichnet in Paris am 21. September 1949, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 24. März 1953, J.O. 2. April 1953, 3121 Mongolei „Convention relative à l’entraide judiciaire, la reconnaissance et l’exécution des décisions en matière civile entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de Mongolie“, unterzeichnet in Paris am 27. Februar 1992, verkündet in Frankreich durch Dekret N° 94-233 vom 17. März 1994, J.O. 24. März 1994, 4471
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Neuseeland „Convention franco-britannique du 18 janvier 1934 pour l’exécution réciproque en matière civile et commerciale“, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 24. Juni 1936, J.O. 29. Juni 1936, 6812; durch französisch-britischen Briefwechsel vom 23. Februar 1937, 11. März 1937, 1. und 27. April 1937 auf das Gebiet von Neuseeland ausgedehnt, J.O. 29. Juni 1936, 6812 Niger „Convention de coopération en matière judiciaire entre la République française et la république du Niger“, unterzeichnet in Niamey am 19. Februar 1977, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 21. April 1980, J.O. 26. April 1980, 1055 Österreich „Convention entre la République française et la République d’Autriche sur la reconnaissance et l’exécution des décisions judiciaires et des actes authentiques en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Wien am 15. Juli 1966, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 67-681 vom 7. August 1967, J.O. 11. August 1967, 8068 = Rev. crit. DIP 1967, 817 „Convention entre la République française et la République d’Autriche sur la compétence judiciaire, la reconnaissance et l’exécution des décisions en matière de faillite“, unterzeichnet in Wien am 27. Februar 1979, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 80-463 vom 24. Juni 1980, J.O. 26. Juni 1980, 1570 Republik Kongo „Convention de coopération en matière judiciaire entre la République française et la République populaire du Congo“, unterzeichnet in Brazzaville am 1. Januar 1974, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 3. Februar 1982, J.O. 10. Februar 1982, 514 Rumänien „Convention entre la République française et la république socialiste de Roumanie relative à l’entraide judiciaire en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 5. November 1974, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 4. November 1975, J.O. 17. November 1975, 11791 San Marino „Convention entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République de Saint-Marin relative à l’aide mutuelle judiciaire en matière civile, commerciale et pénale, et à l’exequatur des jugements en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 25. Mai 1967, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 6. März 1969, J.O. 15. März 1969, 2660 Schweiz (außer Kraft gesetzt) „Convention entre la France et la Confédération suisse sur la compétence judiciaire et l’exécution des jugements en matière civile“, unterzeichnet in Paris am 15. Juni 1869; außer Kraft gesetzt durch Briefwechsel vom 6. und 14. November 1991 bzw. Dekret
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N° 92-179 vom 25. Februar 1992: „Accord sous forme d’échange de lettres entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la Confédération helvétique portant abrogation de la convention sur la compétence judiciaire et l’exécution des jugements en matière civile du 15 juin 1869 et de l’acte additionnel du 4 octobre 1935“, unterzeichnet in Bern, J.O. 27. Februar 1992, 2982 Senegal „Convention de coopération en matière judiciaire entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République du Sénégal“, unterzeichnet in Paris am 29. März 1974, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 17. November 1976, J.O. 20. November 1976, 6868 Serbien und Montenegro (ursprünglich: französisch-jugoslawischer Vertrag vom 18. Mai 1971) „Convention entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République socialiste fédérative de Yougoslavie relative à la reconnaissance et à l’exécution des décisions judiciaires en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 18. Mai 1971, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 6. März 1972, J.O. 9. März 1972, 2468, Übernahme des französisch-jugoslawischen Vertrags für Serbien und Montenegro durch Übereinkommen vom 26. März 2003, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 2003-457 vom 16. Mai 2003: „Accord entre le gouvernement de la République française et le Conseil des minstres de Serbie-et-Monténégro relatif à la succession en matière de traitès bilatéraux conclus entre la France et la République socialiste fédérative de Yougoslavie“, unterzeichnet in Paris, J.O. 23. Mai 2003, 8825 Slowakei (ursprünglich: französisch-tschechoslowakischer Vertrag vom 10. Mai 1984) „Convention entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République socialiste tchécoslovaque relative à l’entraide judiciaire, à la reconnaissance et à l’exécution des décisions en matière civile, familiale et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 10. Mai 1984, in Frankreich verkündet durch Dekret, J.O. 21. Juli 1985, 8287, Übernahme des französisch-tschechslowakischen Vertrags für die Slowakische Republik durch Briefwechsel vom 24. Juni und 7. August 1996 bzw. Dekret N° 98-845 vom 16. September 1998: „Accord sous forme d’échange de lettres entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République slovaque relatif à la succession en matière de traités conclus entre la France et la Tchécoslovaquie“, unterzeichnet in Paris/ Bratislawa, J.O. 23. September 1998, 14515 Slowenien (ursprünglich: französisch-jugoslawischer Vertrag vom 18. Mai 1971) „Convention entre le Gouvernement de la République française et le Gouvernement de la République socialiste fédérative de Yougoslavie relative à la reconnaissance et à l’exécution des décisions judiciaires en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 18. Mai 1971, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 6. März 1972, J.O. 9. März 1972, 2468, Inkraftsetzung des französisch-jugoslawischen Vertrags für Slowenien durch Briefwechsel vom 28. März und 25. Mai 1994 bzw. Dekret N° 96-229 vom 15. März 1996: „Accord sous forme d’échange de lettres entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la république de Slovénie sur la succession aux traités
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signés entre la France et l’ex-Yougoslavie“, unterzeichnet in Paris/Ljubljana, J.O. 22. März 1996, 4442 Spanien „Convention entre le gouvernement de la République française et le gouvernement espagnol sur la reconnaissance et l’exécution des décisions judiciaires et arbitrales et des actes authentiques en matière civile et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 28. Mai 1969, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 18. März 1970, J.O. 25. März 1970, 2845 Togo „Convention judiciaire entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République togolaise“, unterzeichnet in Lomé am 23. März 1976, In Frankreich verkündet durch Dekret vom 18. Februar 1982, J.O. 25. Februar 1982, 657 Tschad „Accord en matière judiciaire entre le gouvernement de la République française et le gouvernement du Tchad“, unterzeichnet in N’Djamena am 6. März 1976, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 21. April 1978, J.O. 30. April 1978, 1919 Tschechien (ursprünglich: französisch-tschechoslowakischer Vertrag vom 10. Mai 1984) „Convention entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République socialiste tchécoslovaque relative à l’entraide judiciaire, à la reconnaissance et à l’exécution des décisions en matière civile, familiale et commerciale“, unterzeichnet in Paris am 10. Mai 1984, in Frankreich verkündet durch Dekret, J.O. 21. Juli 1985, 8287, Inkraftsetzung des französisch-tschechslowakischen Vertrags für die Tschechische Republik durch Briefwechsel vom 15. Mai und 19. Juni bzw. Dekret N° 98-846 vom 16. September 1998: „Accord sous forme d’échange de lettres entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la République tchèque sur la succession par la République tchèque des traités conclus entre la France et la Tchécoslovaquie“, unterzeichnet in Paris/ Prag, J.O. 23. September 1998, 14518 Tunesien „Convention entre la République française et la République tunisienne relative à l’entraide judiciaire en matière civile et commerciale et à la reconnaissance et à l’exécution des décisions judiciaires, ensemble un protocole additionnel“, unterzeichnet in Paris am 28. Juni 1972, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 11. März 1974, J.O. 17. März 1974, 3007 Ungarn „Convention entre la République française et la République populaire hongroise relative à l’entraide judiciaire en matière civile et familiale, à la reconnaissance et à l’exécution des décisions ainsi qu’à l’entraide judiciaire en matière pénale et à l’extradition“, unterzeichnet in Budapest am 31. Juli 1980, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 4. Februar 1982, J.O. 12. Februar 1982, 550
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Uruguay „Convention d’entraide judiciaire en matière civile et commerciale entre la République française et la république orientale de l’Uruguay“, unterzeichnet in Montevideo am 16. September 1991, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 99-663 vom 28. Juli 1999, J.O. 31. Juli 1999, 11471 Vereinigte Arabische Emirate „Convention relative à l’entraide judiciaire, la reconnaissance et l’exécution des décisions en matière civile et commerciale entre la République française et l’État des Émirats arabes unis“, unterzeichnet in Paris am 9. September 1991, verkündet in Frankreich durch Dekret N° 93-419 vom 15. März 1993, J.O. 24. März 1993, 4547 Vietnam „Convention relative à la coopération juridique et judiciaire entre le gouvernement de la République française et le gouvernement de la république socialiste du Vietnam“, unterzeichnet in Hanoi am 10. Februar 1993, in Frankreich verkündet durch Dekret N° 93-855 vom 15. Juni 1993, J.O. 22. Juni 1993, 8763 Zentralafrikanische Republik „Accord de coopération en matière de justice entre la République française et la République centrafricaine“, unterzeichnet in Bangui am 18. Januar 1965, in Frankreich verkündet durch Dekret vom 27. April 1967, J.O. 19. Mai 1967, 4916
The Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 The Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 An Act to make provision for the enforcement in the United Kingdom of judgments given in foreign countries which accord reciprocal treatment to judgments given in the United Kingdom, for facilitating the enforcement in foreign countries of judgments given in the United Kingdom, and for other purposes in connection with the matters aforesaid. [13th April 1933]
Part I Registration of Foreign Judgments 1. Power to extend Part I of Act to foreign countries giving reciprocal treatment. (1) If, in the case of any foreign country, Her Majesty is satisfied that, in the event of the benefits conferred by this Part of this Act being extended to, or to any particular class of, judgments given in the courts of that country or in any particular class of those courts, substantial reciprocity of treatment will be assured as regards the enforcement in that country of similar judgments given in similar courts of the United Kingdom, She may by order in Council direct— (a) that this Part of this Act shall extend to that country; (b) that such courts of that country as are specified in the Order shall be recognised courts of that country for the purposes of this Part of this Act; and (c) that judgments of any such recognised court, or such judgments of any class so specified, shall, if within subsection (2) of this section, be judgments to which this Part of this Act applies. (2) Subject to subsection (2A) of this section, a judgment of a recognised court is within this subsection if it satisfies the following conditions, namely— (a) it is either final and conclusive as between the judgment debtor and the judgment creditor or requires the former to make an interim payment to the latter; and (b) there is payable under it a sum of money, not being a sum payable in respect of taxes or other charges of a like nature or in respect of a fine or other penalty; and (c) it is given after the coming into force of the Order in Council which made that court a recognised court. (2A) The following judgments of a recognised court are not within subsection (2) of this section— (a) a judgment given by that court on appeal from a court which is not a recognised court; (b) a judgment or other instrument which is regarded for the purposes of its enforcement as a judgment of that court but which was given or made in another country; (c) a judgment given by that court in proceedings founded on a judgment of a court in another country and having as their object the enforcement of that judgment. (3) For the purposes of this section, a judgment shall be deemed to be final and conclusive notwithstanding that an appeal may be pending against it, or that it may still be subject to appeal, in the courts of the country of the original court.
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(4) His Majesty may by a subsequent Order in Council vary or revoke any Order previously made under this section. (5) Any Order in Council made under this section before its amendment by the Civil Jurisdiction and Judgments Act 1982 which deems any court of a foreign country to be a superior court of that country for the purposes of this Part of this Act shall (without prejudice to subsection (4) of this section) have effect from the time of that amendment as if it provided for that court to be a recognised court of that country for those purposes, and for any final and conclusive judgment of that court, if within subsection (2) of this section, to be a judgment to which this Part of this Act applies. 2. Application for, and effect of, registration of foreign judgment. (1) A person, being a judgment creditor under a judgment to which this Part of this Act applies, may apply to the High Court at any time within six years after the date of the judgment, or, where there have been proceedings by way of appeal against the judgment, after the date of the last judgment given in those proceedings, to have the judgment registered in the High Court, and on any such application the court shall, subject to proof of the prescribed matters and to the other provisions of this Act, order the judgment to be registered: Provided that a judgment shall not be registered if at the date of the application— (a) it has been wholly satisfied; or (b) it could not be enforced by execution in the country of the original court. (2) Subject to the provisions of this Act with respect to the setting aside of registration— (a) a registered judgment shall, for the purposes of execution, be of the same force and effect; and (b) proceedings may be taken on a registered judgment; and (c) the sum for which a judgment is registered shall carry interest; and (d) the registering court shall have the same control over the execution of a registered judgment; as if the judgment had been a judgment originally given in the registering court and entered on the date of registration: Provided that execution shall not issue on the judgment so long as, under this Part of this Act and the Rules of Court made thereunder, it is competent for any party to make an application to have the registration of the judgment set aside, or, where such an application is made, until after the application has been finally determined. (3) … (4) If at the date of the application for registration the judgment of the original court has been partly satisfied, the judgment shall not be registered in respect of the whole sum payable under the judgment of the original court, but only in respect of the balance remaining payable at that date. (5) If, on an application for the registration of a judgment, it appears to the registering court that the judgment is in respect of different matters and that some, but not all, of the provisions of the judgment are such that if those provisions had been contained in separate judgments those judgments could properly have been registered, the judgment may be registered in respect of the provisions aforesaid but not in respect of any other provisions contained therein.
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(6) In addition to the sum of money payable under the judgment of the original court, including any interest which by the law of the country of the original court becomes due under the judgment up to the time of registration, the judgment shall be registered for the reasonable costs of and incidental to registration, including the costs of obtaining a certified copy of the judgment from the original court. 3. Rules of court. (1) The power to make rules of court under section 84 of the Supreme Court Act 1981, shall, subject to the provisions of this section, include power to make rules for the following purposes— (a) For making provision with respect to the giving of security for costs by persons applying for the registration of judgments; (b) For prescribing the matters to be proved on an application for the registration of a judgment and for regulating the mode of proving those matters; (c) For providing for the service on the judgment debtor of notice of the registration of a judgment; (d) For making provision with respect to the fixing of the period within which an application may be made to have the registration of the judgment set aside and with respect to the extension of the period so fixed; (e) For prescribing the method by which any question arising under this Act whether a foreign judgment can be enforced by execution in the country of the original court, or what interest is payable under a foreign judgment under the law of the original court, is to be determined; (f) For prescribing any matter which under this Part of this Act is to be prescribed. (2) Rules made for the purposes of this Part of this Act shall be expressed to have, and shall have, effect subject to any such provisions contained in Orders in Council made under section one of this Act as are declared by the said Orders to be necessary for giving effect to agreements made between His Majesty and foreign countries in relation to matters with respect to which there is power to make rules of court for the purposes of this Part of this Act. 4. Cases in which registered judgments must, or may, be set aside. (1) On an application in that behalf duly made by any party against whom a registered judgment may be enforced, the registration of the judgment— (a) shall be set aside if the registering court is satisfied— (i) that the judgment is not a judgment to which this Part of this Act applies or was registered in contravention of the foregoing provisions of this Act; or (ii) that the courts of the country of the original court had no jurisdiction in the circumstances of the case; or (iii) that the judgment debtor, being the defendant in the proceedings in the original court, did not (notwithstanding that process may have been duly served on him in accordance with the law of the country of the original court) receive notice of those proceedings in sufficient time to enable him to defend the proceedings and did not appear; or (iv) that the judgment was obtained by fraud; or (v) that the enforcement of the judgment would be contrary to public policy in the country of the registering court; or
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(vi) that the rights under the judgment are not vested in the person by whom the application for registration was made; (b) may be set aside if the registering court is satisfied that the matter in dispute in the proceedings in the original court had previously to the date of the judgment in the original court been the subject of a final and conclusive judgment by a court having jurisdiction in the matter. (2) For the purposes of this section the courts of the country of the original court shall, subject to the provisions of subsection (3) of this section, be deemed to have had jurisdiction— (a) in the case of a judgment given in an action in personam— (i) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, submitted to the jurisdiction of that court by voluntarily appearing in the proceedings …; or (ii) if the judgment debtor was plaintiff in, or counter-claimed in, the proceedings in the original court; or (iii) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, had before the commencement of the proceedings agreed, in respect of the subject matter of the proceedings, to submit to the jurisdiction of that court or of the courts of the country of that court; or (iv) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, was at the time when the proceedings were instituted resident in, or being a body corporate had its principal place of business in, the country of that court; or (v) if the judgment debtor, being a defendant in the original court, had an office or place of business in the country of that court and the proceedings in that court were in respect of a transaction effected through or at that office or place; (b) in the case of a judgment given in an action of which the subject matter was immovable property or in an action in rem of which the subject matter was movable property, if the property in question was at the time of the proceedings in the original court situate in the country of that court; (c) in the case of a judgment given in an action other than any such action as is mentioned in paragraph (a) or paragraph (b) of this subsection, if the jurisdiction of the original court is recognised by the law of the registering court. (3) Notwithstanding anything in subsection (2) of this section, the courts of the count ry of the original court shall not be deemed to have had jurisdiction— (a) if the subject matter of the proceedings was immovable property outside the country of the original court; or (b) … (c) if the judgment debtor, being a defendant in the original proceedings, was a person who under the rules of public international law was entitled to immunity from the jurisdiction of the courts of the country of the original court and did not submit to the jurisdiction of that court. 5. Powers of registering court on application to set aside registration. (1) If, on an application to set aside the registration of a judgment, the applicant satisfies the registering court either that an appeal is pending, or that he is entitled and intends to appeal, against the judgment, the court, if it thinks fit, may, on such terms as it may think just, either set aside the registration or adjourn the application to set aside the registration until after the expiration of such period as appears to the court to be reasonably sufficient
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to enable the applicant to take the necessary steps to have the appeal disposed of by the competent tribunal. (2) Where the registration of a judgment is set aside under the last foregoing subsection, or solely for the reason that the judgment was not at the date of the application for registration enforceable by execution in the country of the original court, the setting aside of the registration shall not prejudice a further application to register the judgment when the appeal has been disposed of or if and when the judgment becomes enforceable by execution in that country, as the case may be. (3) Where the registration of a judgment is set aside solely for the reason that the judgment, notwithstanding that it had at the date of the application for registration been partly satisfied, was registered for the whole sum payable thereunder, the registering court shall, on the application of the judgment creditor, order judgment to be registered for the balance remaining payable at that date. 6. Foreign judgments which can be registered not to be enforceable otherwise. No proceedings for the recovery of a sum payable under a foreign judgment, being a judgment to which this Part of this Act applies, other than proceedings by way of registration of the judgment, shall be entertained by any court in the United Kingdom. 7. Power to apply Part I of Act to British dominions, protectorates and mandated territories. (1) His Majesty may by Order in Council direct that this Part of this Act shall apply to His Majesty’s dominions outside the United Kingdom and to judgments obtained in the courts of the said dominions as it applies to foreign countries and judgments obtained in the courts of foreign countries, and, in the event of His Majesty so directing, this Act sha ll have effect accordingly and Part II of the Administration of Justice Act 1920, shall cease to have effect except in relation to those parts of the said dominions to which it extends at the date of the Order. (2) If at any time after His Majesty has directed as aforesaid an Order in Council is made under section one of this Act extending Part I of this Act to any part of His Majesty’s dominions to which the said Part II extends as aforesaid, the said Part II shall cease to have effect in relation to that part of His Majesty’s dominions. (3) References in this section to His Majesty’s dominions outside the United Kingdom shall be construed as including references to any territories which are under His Majesty’s protection and to any territories in respect of which a mandate under the League of Nations has been accepted by His Majesty.
Part II Miscellaneous and General 8. General effect of certain foreign judgments. (1) Subject to the provisions of this section, a judgment to which Part I of this Act applies or would have applied if a sum of money had been payable thereunder, whether it can be registered or not, and whether, if it can be registered, it is registered or not, shall be recognised in any court in the United Kingdom as conclusive between the parties thereto in all
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proceedings founded on the same cause of action and may be relied on by way of defence or counter-claim in any such proceedings. (2) This section shall not apply in the case of any judgment— (a) where the judgment has been registered and the registration thereof has been set aside on some ground other than— (i) that a sum of money was not payable under the judgment; or (ii) that the judgment had been wholly or partly satisfied; or (iii) that at the date of the application the judgment could not be enforced by execution in the country of the original court; or (b) where the judgment has not been registered, it is shown (whether it could have been registered or not) that if it had been registered the registration thereof would have been set aside on an application for that purpose on some ground other than one of the grounds specified in paragraph (a) of this subsection. (3) Nothing in this section shall be taken to prevent any court in the United Kingdom recognising any judgment as conclusive of any matter of law or fact decided therein if that judgment would have been so recognised before the passing of this Act. 9. Power to make foreign judgments unenforceable in United Kingdom if no reciprocity. (1) If it appears to His Majesty that the treatment in respect of recognition and enforcement accorded by the courts of any foreign country to judgments given in the … courts of the United Kingdom is substantially less favourable than that accorded by the courts of the United Kingdom to judgments of the … courts of that country, His Majesty may by Order in Council apply this section to that country. (2) Except in so far as His Majesty may by Order in Council under this section otherwise direct, no proceedings shall be entertained in any court in the United Kingdom for the recovery of any sum alleged to be payable under a judgment given in a court of a country to which this section applies. (3) His Majesty may by a subsequent Order in Council vary or revoke any Order prevously made under this section. 10. Provision for issue of copies of, and certificates in connection with, U.K. judgments. (1) Rules may make provision for enabling any judgment creditor wishing to secure the enforcement in a foreign country to which Part I of this Act extends of a judgment to which this subsection applies, to obtain, subject to any conditions specified in the rules — (a) a copy of the judgment; and (b) a certificate giving particulars relating to the judgment and the proceedings in which it was given. (2) Subsection (1) applies to any judgment given by a court or tribunal in the United Kingdom under which a sum of money is payable, not being a sum payable in respect of taxes or other charges of a like nature or in respect of a fine or other penalty. (3) In this section “rules”— (a) in relation to judgments given by a court, means rules of court;
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(b) in relation to judgments given by any other tribunal, means rules or regulations made by the authority having power to make rules or regulations regulating the procedure of that tribunal. 10A. Arbitration awards. The provisions of this Act, except sections 1(5) and 6, shall apply, as they apply to a judgment, in relation to an award in proceedings on an arbitration which has, in pursuance of the law in force in the place where it was made, become enforceable in the same manner as a judgment given by a court in that place. 11. Interpretation. (1) In this Act, unless the context otherwise requires, the following expressions have the meanings hereby assigned to them respectively, that is to say— “Appeal” includes any proceeding by way of discharging or setting aside a judgment or an application for a new trial or a stay of execution; “Country of the original court” means the country in which the original court is situated; “Court”, except in section 10 of this Act, includes a tribunal; “Judgment” means a judgment or order given or made by a court in any civil proceedings, or a judgment or order given or made by a court in any criminal proceedings for the payment of a sum of money in respect of compensation or damages to an injured party; “Judgment creditor” means the person in whose favour the judgment was given and includes any person in whom the rights under the judgment have become vested by succession or assignment or otherwise; “Judgment debtor” means the person against whom the judgment was given, and includes any person against whom the judgment is enforceable under the law of the original court; … “Original court” in relation to any judgment means the court by which the judgment was given; “Prescribed” means prescribed by rules of court; “Registration” means registration under Part I of this Act, and the expressions “register” and “registered” shall be construed accordingly; “Registering court” in relation to any judgment means the court to which an application to register the judgment is made. (2) For the purposes of this Act, the expression “action in personam” shall not be deemed to include any matrimonial cause or any proceedings in connection with any of the following matters, that is to say, matrimonial matters, administration of the estates of deceased persons, bankruptcy, winding up of companies, lunacy, or guardianship of infants. 12. Application to Scotland. This Act in its application to Scotland shall have effect subject to the following modifications:— (a) For any reference to the High Court … there shall be substituted a reference to the Court of Session: (b) The Court of Session shall, subject to the provisions of subsection (2) of section three of this Act, have power by Act of Sederunt to make rules for the purposes specified in subsection (1) of the said section:
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(c) Registration under Part I of this Act shall be effected by registering in the Books of Council and Session or in such manner as the Court of Session may by Act of Sederunt prescribe: (d) … (e) For any reference to the entering of a judgment there shall be substituted a reference to the signing of the interlocutor embodying the judgment. 13. Application to Northern Ireland. This Act in its application to Northern Ireland shall have effect subject to the following modifications:— (a) References to the High Court shall, unless the context otherwise requires, be construed as references to the High Court in Northern Ireland: (b) For the references to section ninety-nine … of the Supreme Court of Judicature (Consolidation) Act 1925, there shall be substituted […, references to sections 55 … of the Judicature (Northern Ireland) Act 1978]. 14. Short title. This Act may be cited as the Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933.
The Administration of Justice Act 1920 (Part II) The Administration of Justice Act 1920 An Act to amend the law with respect to the administration of justice and … to facilitate the reciprocal enforcement of judgments and awards in the United Kingdom and other parts of His Majesty’s Dominions or Territories under His Majesty’s protection … [23rd December 1920]
Part II Reciprocal Enforcement of Judgments in the United Kingdom and in other Parts of His Majesty’s Dominions 9. Enforcement in the United Kingdom of judgments obtained in superior courts in other British dominions. (1) Where a judgment has been obtained in a superior court in any part of His Majesty’s dominions outside the United Kingdom to which this Part of this Act extends, the judgment creditor may apply to the High Court in England or[Northern Ireland] or to the Court of Session in Scotland, at any time within twelve months after the date of the judgment, or such longer period as may be allowed by the court, to have the judgment registered in the court, and on any such application the court may, if in all the circumstances of t he case they think it just and convenient that the judgment should be enforced in the United Kingdom, and subject to the provisions of this section, order the judgment to be registered accordingly. (2) No judgment shall be ordered to be registered under this section if— (a) the original court acted without jurisdiction; or (b) the judgment debtor, being a person who was neither carrying on business nor ordinarily resident within the jurisdiction of the original court, did not voluntarily appear or otherwise submit or agree to submit to the jurisdiction of that court; or (c) the judgment debtor, being the defendant in the proceedings, was not duly served with the process of the original court and did not appear, notwithstanding that he was ordinarily resident or was carrying on business within the jurisdiction of that court or agreed to submit to the jurisdiction of that court; or (d) the judgment was obtained by fraud; or (e) the judgment debtor satisfies the registering court either that an appeal is pending, or that he is entitled and intends to appeal, against the judgment; or (f) the judgment was in respect of a cause of action which for reasons of public policy or for some other similar reason could not have been entertained by the registering court. (3) Where a judgment is registered under this section— (a) the judgment shall, as from the date of registration, be of the same force and effect, and proceedings may be taken thereon, as if it had been a judgment originally obtained or entered up on the date of registration in the registering court; (b) the registering court shall have the same control and jurisdiction over the judgment as it has over similar judgments given by itself, but in so far only as relates to execution under this section; (c) the reasonable costs of and incidental to the registration of the judgment (including the costs of obtaining a certified copy thereof from the original court and of the application
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for registration) shall be recoverable in like manner as if they were sums payable under the judgment. (4) [Rules of court shall provide] [Rules made under section seven of the Northern Ireland Act 1962 shall provide]— (a) for service on the judgment debtor of notice of the registration of a judgment under this section; and (b) for enabling the registering court on an application by the judgment debtor to set aside the registration of a judgment under this section on such terms as the court thinks fit; and (c) for suspending the execution of a judgment registered under this section until the expiration of the period during which the judgment debtor may apply to have the registration set aside. (5) In any action brought in any court in the United Kingdom on any judgment which might be ordered to be registered under this section, the plaintiff shall not be entitled to recover any costs of the action unless an application to register the judgment under this section has previously been refused or unless the court otherwise orders. 10. Issue of certificates of judgments obtained in the United Kingdom. (1) Where— (a) a judgment has been obtained in the High Court in England or Northern Ireland, or in the Court of Session in Scotland, against any person; and (b) the judgment creditor wishes to secure the enforcement of the judgment in a part of Her Majesty’s dominions outside the United Kingdom to which this Part of this Act extends, the court shall, on an application made by the judgment creditor, issue to him a certified copy of the judgment. (2) The reference in the preceding subsection to Her Majesty’s dominions shall be construed as if that subsection had come into force in its present form at the commencement of this Act. [11. Power to make rules. Provision may be made by rules of court] [Rules may be made under section seven of theNorthern Ireland Act 1962 providing] for regulating the practice and procedure (including scales of fees and evidence), in respect of proceedings of any kind under this Part of this Act.] 12. Interpretation. (1) In this Part of this Act, unless the context otherwise requires— The expression “judgment” means any judgment or order given or made by a court in any civil proceedings, whether before or after the passing of this Act, whereby any sum of money is made payable, and includes an award in proceedings on an arbitration if the award has, in pursuance of the law in force in the place where it was made, become enforceable in the same manner as a judgment given by a court in that place: The expression “original court” in relation to any judgment means the court by which the judgment was given: The expression “registering court” in relation to any judgment means the court by which the judgment was registered:
The Administration of Justice Act 1920
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The expression “judgment creditor” means the person by whom the judgment was obtained, and includes the successors and assigns of that person: The expression “judgment debtor” means the person against whom the judgment was given, and includes any person against whom the judgment is enforceable in the place where it was given. [(2) Subject to [rules of court,] [rules made under section seven of theNorthern Ireland Act 1962] any of the powers conferred by this Part of this Act on any court may be exercised by a judge of the court.] 13. Power to apply Part II. of Act to territories under His Majesty’s protection. His Majesty may by Order in Council declare that this Part of this Act shall apply to any territory which is under His Majesty’s protection, or in respect of which a mandate is being exercised by the Government of any part of His Majesty’s dominions, as if that territory were part of His Majesty’s dominions, and on the making of any such Order this Part of this Act shall, subject to the provisions of the Order, have effect accordingly. 14. Extent of Part II. of Act. (1) Where His Majesty is satisfied that reciprocal provisions have been made by the legislature of any part of His Majesty’s dominions outside the United Kingdom for the enforcement within that part of His dominions of judgments obtained in the High Court in England, the Court of Session in Scotland, and the High Court in Northern Ireland, His Majesty may by Order in Council declare that this Part of this Act shall extend to that part of His dominions, and on any such Order being made this Part of this Act shall extend accordingly. (2) An Order in Council under this section may be varied or revoked by a subsequent Order. (3) Her Majesty may by Order in Council under this section consolidate any Orders in Council under this section which are in force when the consolidating Order is made.
Part III Miscellaneous 15. Questions of foreign law to be decided by judge. Where, for the purpose of disposing of any action or other matter which is being tried by a judge with a jury in any court in England and Wales, it is necessary to ascertain the law of any other country which is applicable to the facts of the case, any question as to the effect of the evidence given with respect to that law shall, instead of being submitted to the jury, be decided by the judge alone. 16.–20. … 21. Short title, repeal and application. (1) This Act may be cited as the Administration of Justice Act 1920. (2) … (3) This Act, except Part II. thereof, applies only to England and Wales.
Entscheidungsverzeichnis Entscheidungsverzeichnis
I. Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) I. Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH)
EuGH, Urteil vom 31.3.1971 – Rs. C-22/70, AETR, Kommission der Europäischen Gemeinschaft ./. Rat der Europäischen Gemeinschaft, Slg. 1971, 263; zit.: EuGH, 31.3.1971, Rs. C-22/70, Slg. 1971, 263 ..................................................................................................... 6, 437 f., 442, 447 EuGH, Urteil vom 14.7.1976, Cornelis Kramer und andere, verbundene Rs. 3, 4 und 6/76, Slg. 1976, 1279; zit.: EuGH, 14.7.1976, verbundene Rs. 3, 4 und 6/76, Slg. 1976, 1279 .................................................................... 439, 441 EuGH, Urteil vom 30.11.1976 – Rs. 42/76, Jozef de Wolf ./. Harry Cox B.V., Slg. 1976, 1759; zit.: EuGH, 30.11.1976, Rs. 42/76, Slg. 1976, 1759 ......................................................................................................................... 393 EuGH, Urteil vom 16.6.1981 – Rs. 166/80, Peter Klomps ./. Karl Michel, Slg. 1981, 1593; zit.: EuGH, 16.6.1981, Rs. 166/80, Slg. 1981, 1593 ................ 195, 202 EuGH, Urteil vom 11.6.1984 – Rs. 49/84, Leon Emile Gaston Carlos Debaecker und Berthe Plouvier ./. Cornelis Gerrit Bouwman, Slg. 1985, 1779; zit.: EuGH, 11.6.1984, Rs. 49/84, Slg. 1985, 1779 .......................................... 194 EuGH, Urteil vom 4.2.1988 – Rs. 145/86, Ludwig Martin Hoffmann ./. Adelheid Krieg, Slg. 1988, 645; zit.: EuGH, 4.2.1988, Rs. 145/86, Slg. 1988, 645.................................................................................................................. 228 EuGH, Urteil vom 3.7.1990 – Rs. C-305/88, Isabelle Lancray SA ./. Peters und Sickert KG, Slg. 1990, I-2725, IPRax 1991, 177; zit.: EuGH, 3.7.1990, Rs. C-305/88, Slg. 1990, I-2725, IPRax 1991, 177........191 f., 194, 196, 198 f. EuGH, Urteil vom 12.11.1992 – Rs. C-123/91, Minalmet GmbH ./. Brandeis Ltd, Slg. 1992, I-5661; zit.: EuGH, 12.11.1992, Rs. C-123/91, Slg. 1992, I-5661 ...................................................................................................... 191 EuGH, Urteil vom 21.4.1993 – Rs. C-172/91, Volker Sonntag ./. Hans Waidmann, Elisabeth Waidmann und Stefan Waidmann, Slg. 1993, I1963, NJW 1993, 2091; zit.: EuGH, 21.4.1993, Rs. C-172/91, Slg. 1993, I-1963, NJW 1993, 2091 ................................................................................. 194 EuGH, Urteil vom 2.6.1994 – Rs. C-414/92, Solo Kleinmotoren GmbH ./. Emilio Boch, Slg. 1994, I-2237; zit.: EuGH, 2.6.1994, Rs. C-414/92, Slg. 1994, I-2237 ...................................................................................................... 227 EuGH, Urteil vom 28.3.2000 – Rs. C-7/98, Dieter Krombach ./. André Bamberski, Slg. 2000, I-1935, NJW 2000, 1853; zit.: EuGH, 28.3.2000, Rs. C-7/98, Slg. 2000, I-1935, NJW 2000, 1853 ........................................ 223, 282, 284
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Entscheidungsverzeichnis
EuGH, Urteil vom 11.5.2000 – Rs. C-38/98, Régie nationale des usines Renault SA ./. Maxicar SpA und Orazio Formento, Slg. 2000, I-2973, NJW 2000, 2185; zit.: EuGH, 11.5.2000, Rs. C-38/98, Slg. 2000, I2973, NJW 2000, 2185 ............................................................................................. 252 EuGH, Urteil vom 13.7.2000 – Rs. C-412/98, Group Josi Reinsurance Company SA ./. Universal General Insurance Company, Slg. 2000, I5925; zit.: EuGH, 13.7.2000, Rs. C-412/98, Slg. 2000, I-5925 .................................. 417 EuGH, Urteil vom 5.11.2002 – Rs. C-476/98, Open Skies, Kommission der Europäischen Gemeinschaften ./. Bundesrepublik Deutschland, Slg. 2002, I-9855; zit.: EuGH, 5.11.2002, Rs. C-476/98, Slg. 2002, I-9855 ...............440, 442 EuGH, Urteil vom 1.3.2005 – Rs. C-281/02, Andrew Owusu ./. N. B. Jackson, Slg. 2005 I-1383; zit.: EuGH, 1.3.2005, Rs. C-281/02, Slg. 2005 I-1383 .............................................................................................................. 417 EuGH, Urteil vom 8.5.2008 – Rs. C-14/07, Ingenieurbüro Michael Weiss und Partner GbR ./. Industrie- und Handelskammer Berlin, Slg. 2008, I3367, IPRax 2008, 419; zit.: EuGH, 8.5.2008, Rs. C-14/07, Slg. 2008, I-3367, IPRax 2008, 419 ........................................................................................... 194
II. Gutachten des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) II. Gutachten des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH)
EuGH, Gutachten vom 26.4.1977, Entwurf zu einem Übereinkommen über die Errichtung eines europäischen Stillegungsfonds für die Binnenschifffahrt, Gutachten 1/76, Slg. 1977, 741; zit.: EuGH, 26.4.1977, Gutachten 1/76, Slg. 1977, 741 .............................................................................. 439 f. EuGH, Gutachten vom 15.11.1994, Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluß völkerrechtlicher Abkommen auf dem Gebiet der Dienstleistungen und des Schutzes des geistigen Eigentums, Gutachten 1/94, Slg. 1994, I-5267; zit.: EuGH, 15.11.1994, Gutachten 1/94, Slg. 1994, I-5267 ...............................................................................................................439, 442 EuGH, Gutachten vom 24.3.1995, Zuständigkeit der Gemeinschaft oder eines ihrer Organe zum Beitritt zu dem dritten revidierten Beschluss des Rates der OECD über die Inländerbehandlung, Gutachten 2/92, Slg. 1995, I-521; zit.: EuGH, 24.3.1994, Gutachten 2/92, Slg. 1995, I-521........... 438 ff., 442 EuGH, Gutachten vom 7.2.2006, Zuständigkeit der Gemeinschaft für den Abschluss des neuen Übereinkommens von Lugano über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, Gutachten 1/03 des Gerichtshofs (Plenum), Slg. 2006, I-1145; zit.: EuGH, 7.2.2006, Gutachten 1/03, Slg. 2006, I-1145 ...................................................................... 6, 351, 436, 441 ff., 443, 446
III. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) III. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR)
EGMR (Dritte Sektion), Urteil vom 13.2.2001 – 29731/96 – Krombach ./. Frankreich, NJW 2001, 2387; zit.: EGMR, 13.2.2001 – 29731/96 (Krombach ./. Frankreich) = NJW 2001, 2387 (Fundstelle) ................................................ 223 EGMR, Urteil vom 20.7.2001 – Dame Pellegrini ./. Italien, Rev. crit. DIP 2004, 106; zit.: EGMR, 20.7.2001, Rev. crit. DIP 2004, 106 ..............................206, 263
IV. Entscheidungen der deutschen Gerichtsbarkeit
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IV. Entscheidungen der deutschen Gerichtsbarkeit IV. Entscheidungen der deutschen Gerichtsbarkeit
1. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfG, 2. Senat, Lissabon-Urteil, Urteil vom 30.9.2009 – Az. 2 BvE 2/08 u. a., BVerfGE 123, 267, NJW 2009, 2267 ................................................................ 411
2. Entscheidungen des Reichsgerichts Reichsgericht, I. Zivilsenat, Urteil vom 29.1.1883, Az. I 472/82, RGZ 8, 385 ........................................................................................................................... 291 Reichsgericht, I. Zivilsenat, Urteil vom 30.6.1886, Az. I 183/86, RGZ 16, 427 .......................................................................................................................... 41 f. Reichsgericht, II. Zivilsenat, Urteil vom 22.11.1895, Az. II 210/95, RGZ 36, 381 ....................................................................................................................... 43 Reichsgericht, VII. Zivilsenat, Urteil vom 21.3.1902, Az. VII 29/02, RGZ 51, 135 ..................................................................................................................... 106 Reichsgericht, VI. Zivilsenat, Urteil vom 7.4.1902, Az. VI 20/02, RGZ 51, 163 ........................................................................................................................... 116 Reichsgericht, VII. Zivilsenat, Urteil vom 19.1.1911, Az. VII 583/10, RGZ 75, 147 ............................................................................................................. 106, 116 Reichsgericht, VI. Zivilsenat, Urteil vom 25.6.1926, Az. VI 70/26, RGZ 114, 171 ................................................................................................................... 247 Reichsgericht, IV. Zivilsenat, Urteil vom 16.2.1939, Az. IV 201/38, RGZ 159, 254 ................................................................................................................... 118 Reichsgericht, IV. Zivilsenat, Urteil vom 26.4.1941, Az. IV 313/40, RGZ 166, 367 ..................................................................................................................... 31
3. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs BGH, Urteil vom 9.5.1956 – IV ZR 201/55, BGHZ 20, 323 ............................................. 41 BGH, Urteil vom 26.2.1958 – IV ZR 211/57, FamRZ 1958, 180 ................................... 254 BGH, Urteil vom 30.9.1964 – VIII ZR 195/61, BGHZ 42, 194 = NJW 1964, 2350 ............................................................................. 115, 285 f., 289, 300 BGH, Beschluss vom 14.6.1965 – GSZ 1/65, BGHZ 44, 46 = NJW 1965, 166 ......................................................................................................... 106 BGH, Urteil vom 24.1.1968 – VIII ZR 174/65, MDR 1968, 407 .................................... 113 BGH, Urteil vom 29.2.1968 – VII ZR 102/65, BGHZ 49, 384 = NJW 1968, 1233 ....................................................................................................... 118 BGH, Urteil vom 8.5.1968 – VIII ZR 43/65, BGHZ 50, 100 .......................................... 288 BGH, Urteil vom 26.3.1969 – VIII ZR 194/68, BGHZ 52, 30 = NJW 1969, 1536 ............................................................................................... 105, 119 BGH, Urteil vom 9.7.1969 – VIII ZR 185/67, BGHZ 52, 251 = NJW 1969, 2090 ............................................................................................ 115, 289 f. BGH, Urteil vom 15.10.1969 – VIII ZR 122/68, NJW 1970, 387 ................................... 113 BGH, Urteil vom 17.5.1972 – VII ZR 76/71, BGHZ 59, 23 = NJW 1972, 1622 ....................................................................................................... 118 BGH, Urteil vom 5.7.1972 – VIII ZR 118/71, BGHZ 59, 116 ..................................... 285 f. BGH, Urteil vom 9.4.1973 – VIII ZR 64/71, BGHZ 60, 349 .......................................... 248
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Entscheidungsverzeichnis
BGH, Beschluss vom 26.11.1975 – VIII ZB 26/75, BGHZ 65, 291 = NJW 1976, 478 ................................................................................................... 39, 323 BGH, Urteil vom 19.3.1976 – I ZR 75/7, NJW 1976, 1583 ............................................ 119 BGH, Urteil vom 30.3.1976 – VI ZR 143/74, NJW 1976, 1581 ..................................... 119 BGH, Urteil vom 7.4.1976 – IV ZR 70/74, NJW 1976, 1590 ......................................... 106 BGH, Beschluss vom 10.10.1977 – VIII ZB 10/76, NJW 1978, 1113....................... 39, 323 BGH, Urteil vom 26.1.1979 – V ZR 75/76, NJW 1979, 1104 ...................................... 118 f. BGH, Urteil vom 7.3.1979 – IV ZR 30/78, BGHZ 73, 378 = NJW 1979, 1105 ....................................................................................................... 190 BGH, Urteil vom 11.4.1979 – IV ZR 93/78, NJW 1980, 529 ......................................... 247 BGH, Urteil vom 23.10.1979 – KZR 21/78, NJW 1980, 1224 ........................................ 119 BGH, Urteil vom 6.10.1982 – IVb ZR 729/80, NJW 1983, 514 ....................................... 36 BGH, Urteil vom 22.6.1983 – VIII ZB 14/82, BGHZ 88, 17 .......................................... 227 BGH, Urteil vom 27.6.1984 – IVb ZR 2/83, NJW 1985, 552 ........................................... 42 BGH, Urteil vom 18.4.1985 – VII ZR 359/83, BGHZ 94, 156 = NJW 1985, 2090 ...............................................................................................106, 115 BGH, Beschluss vom 23.1.1986 – IX ZB 38/85, NJW 1986, 2197 ................................. 202 BGH, Urteil vom 15.5.1986 – III ZR 192/84, NJW 1986, 3027 ...................................... 252 BGH, Urteil vom 18.3.1987 – IV b ZR 24/86, NJW 1987, 3083 = IPRax 1989, 104 ................................................................................................232, 349 BGH, Urteil vom 13.7.1987 – II ZR 280/86, BGHZ 101, 296 = NJW 1987, 3181 ....................................................................................................... 119 BGH, Urteil vom 22.11.1988 – VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154 .................................... 106 BGH, Beschluss vom 21.3.1990 – XII ZB 71/89, NJW 1990, 2201 ................................ 189 BGH, Beschluss vom 20.9.1990 – IX ZB 1/88, NJW 1991, 641 ..................................... 192 BGH, Urteil vom 12.11.1990 – II ZR 249/89, NJW-RR 1991, 423................................. 106 BGH, Urteil vom 2.7.1991 – XI ZR 206/90, BGHZ 115, 90 = NJW 1991, 3092 ....................................................................................................... 116 BGH, Beschluss vom 2.10.1991 – IX ZB 5/91, IPRax 1993, 324 ................................... 203 BGH, Urteil vom 3.2.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 ............... 105 f., 113, 120, 290 BGH, Urteil vom 12.2.1992 – XII ZR 25/91, IPRax 1994, 40 ........................................ 232 BGH, Urteil vom 4.6.1992, IX ZR 149/91, BGHZ 118, 312 .............................. 44, 249, 254 BGH, Beschluss vom 2.12.1992 – XII ZB 64/91, BGHZ 120, 305 = NJW 1993, 598 ............................................................................ 191 f., 195, 197, 199 f. BGH, Urteil vom 3.12.1992 – IX ZR 229/91, BGHZ 120, 334 = NJW 1993, 1073 ...............................................................................................120, 191 BGH, Beschluss vom 18.2.1993 – IX ZB 87/90, NJW 1993, 2688 = IPRax 1993, 396 ................................................................................................................ 198 BGH, Beschluss vom 16.9.1993 – IX ZB 82/90, NJW 1993, 3269 ................................. 249 BGH, Urteil vom 25.11.1993 – IX ZR 32/93, NJW 1994, 1413 .................................... 105 BGH, Beschluss vom 24.2.1999 – IX ZB 2/98, ZIP 1999/I, 483..................................... 251 BGH, Urteil vom 29.4.1999 – IX ZR 263/97, NJW 1999, 3198 ............................................................................. 42 f., 106, 108, 189, 195, 285 ff. BGH, Urteil vom 24.10.2000 – XI ZR 300/99, NJW 2001, 524 .................................. 285 f. BGH, Beschluss vom 6.10.2005 – IX ZB 360/02, NJW 2006, 701 ................................. 202 BGH, Beschluss vom 5.3.2009 – IX ZB 192/07, NJW-RR 2009, 1292 ........................... 190 BGH, Beschluss vom 2.9.2009 – XII ZB 50/06, NJW 2010, 153 .................................... 252 BGH, Beschluss vom 20.5.2010 – IX ZB 121/07, NJW-RR 2010, 1221 ......................... 252
V. Entscheidungen der französischen Gerichtsbarkeit
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4. Entscheidungen der Oberlandesgerichte OLG Hamm, Urteil vom 5.7.1978 – 20 U 95/78, RIW/AWD 1978, 689 ................. 333, 349 OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 13.12.1978 – 17 U 103/78, RIW/AWD 1979, 640.................................................................................................................. 121 BayObLG, Beschluss vom 28.1.1983 – Breg. 1 Z 48/82, BayObLGZ 1983, 21 ........................................................................................ 227, 231 OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.1984 – 3 W 319/84, IPRax 1985, 289 ............................................................................................... 197, 202 BayObLG, Beschluss vom 11.1.1990 – Breg. 3 Z 150/89, NJW 1990, 309 ..................... 107 OLG Hamm, Beschluss vom 11.2.1991 – 8 WF 30/91, FamRZ 1993, 213........................ 36 OLG Düsseldorf, Urteil vom 28.5.1991 – 4 U 119/90, RIW 1991, 594 ........................... 251 OLG Koblenz, Beschluss vom 10.6.1991 – 2 U 123/91, RIW 1991, 667 ................ 195, 203 OLG Hamm, Beschluss vom 18.6.1993 – 20 W 28/92, RIW 1993, 764 .......................... 203 OLG Hamm, Beschluss vom 28.12.1993 – 20 W 19/93, NJW-RR 1995, 189 ........................................................................................................................... 190 OLG Düsseldorf, Urteil vom 25.4.1995 – 21 U 244/90, RIW 1995, 947 ...... 105 f., 112, 120 OLG Hamm, Beschluss vom 27.7.1995 – 4 UF 221/95, NJW-RR 1996, 773 ................................................................................................. 253 OLG Hamm, Urteil vom 29.1.1997 – 1 U 145/96, NJW-RR 1997, 1007 ........................ 250 OLG Hamm, Urteil vom 4.6.1997 – 1 U 2/96; nicht rechtskräftig; RIW 1997, 960 ......................................................................................................... 107 BayObLG, Beschluss vom 11.10.1999 – 1 Z BR 44/99, FamRZ 2000, 1170 ... 191, 193, 197 OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.10.1999 – 1 U 190/99-37, NJW 2000, 670 ......................................................................................................... 119 OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2000 – 1 U 1/00, FamRZ 2001, 1015 ............................. 228 BayObLG, Beschluss vom 22.9.2004 – 3 Z BR 49/04, FamRZ 2005, 923 ...................... 203 KG Berlin, Beschluss vom 1.8.2013 – 1 W 413/12, IPRax 2014, 72 ............................... 260
5. Entscheidungen der Landgerichte LG Berlin, Urteil vom 13.6.1989 – 20.O.314/88, RIW 1989, 988 ................................... 249 LG Heilbronn, Urteil vom 6.2.1991 – 1 b O 2122/89 III, IPRax 1991, 262 ..................... 106 LG Hamburg, Urteil vom 11.7.1991 – 302 O 49/91, IPRax 1992, 251 .............................. 37
V. Entscheidungen der französischen Gerichtsbarkeit in chronologischer Reihenfolge V. Entscheidungen der französischen Gerichtsbarkeit
1. Entscheidungen des Kassationshofs Cour de cassation (Sect. civ.) – 19.4.1819, Holker c. Parker, Ancel/ Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11; zit.: Cass. civ. 19.4.1819, in: Ancel/ Lequette, GAJFDIP, N° 2, 11 (Fundstelle) ...................................................... 46 f., 60 f. Cour de cassation (Ch. civ.) – 28.2.1860, Bulkley c. Defresne, Ancel/ Lequette, GAJFDIP, N° 4, 30; zit.: Cass. civ. 28.2.1860, in: Ancel/ Lequette, GAJFDIP, N° 4, 71 (Fundstelle) ................................................... 61, 204, 256 Cour de cassation (Ch. civ.) – 18.3.1878, Princesse de Beauffremont c. Prince de Beauffremont, Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 6, 47; zit.: Cass. civ. 18.3.1878, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 6, 47 (Fundstelle).......................... 267
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Entscheidungsverzeichnis
Cour de cassation (Ch. civ.) – 9.5.1900, Prince de Wrède c. dame Maldamer, Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 10, 79; zit.: Cass. civ. 9.5.1900, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 10, 71 (Fundstelle) .............................. 48, 61 f., 122, 204 Cour de cassation (Ch. req.) – 11.11.1908, Le Goaster c. dame Diringer, Rev. crit. DIP 1909, 227; zit.: Cass. req. 11.11.1908, Rev. crit. DIP 1909, 227 (Fundstelle) .............................................................................................. 211 Cour de cassation (Ch. civ.) – 10.3.1914, Negrotto c. Herzog, Rev. crit. DIP 1914, 449; zit.: Cass. civ. 10.3.1914, Rev. crit. DIP 1914, 449 (Fundstelle) ........................................................................................................... 239 f. Cour de cassation (Ch. req.) – 10.1.1928, JDI 1928, 975; zit.: Cass. req. 10.1.1928, JDI 1928, 975 (Fundstelle) ...................................................................... 214 Cour de cassation (Ch. civ.) – 2.5.1928, Banque d’Italie c. Ferrand, JDI 1929, 76; zit.: Cass. civ. 2.5.1928, JDI 1929, 76 (Fundstelle) .................................... 141 Cour de cassation (Ch. des req.) – 29.7.1929, Drichemont c. dame Schmitt, Rev. crit. DIP 1931, 334; zit.: Cass. civ. 29.7.1929, Rev. crit. DIP 1931, 334 (Fundstelle) ....................................................................................................... 308 Cour de cassation (Ch. des req.) – 3.3.1930, Dame Hainard c. Vve Huguenin-Bergerat et Tournier ès qual., Rev. crit. DIP 1931, 329; zit.: Cass. req. 3.3.1930, Rev. crit. DIP 1931, 329 (Fundstelle) .......................................... 62 Cour de cassation (Ch. civ.) – 11.4.1945, Bach c. Blankenhorn, Rec. D. 1945, 245; zit.: Cass. civ. 11.4.1945, Rec. D. 1945, 245 ........................................... 304 Cour de cassation (Ch. civ.) – 1.5.1945, Ingeborg Schabel c. Bogenschutz, Rec. D. 1945, 245; zit.: Cass. civ. 1.5.1945, Rec. D. 1945, 245 ................................. 304 Cour de cassation (Ch. civ., sect. civ.) – 25.5.1948, Lautour c. Vve Guiraut, Rev. crit. DIP 1949, 89; zit.: Cass. civ. 25.5.1948, Rev. crit. DIP 1949, 89 (Fundstelle) ......................................................................................... 256 Cour de cassation (Ch. civ., sect. civ.) – 22.1.1951, Epoux Russel c. P.-L. Weiller, Rev. crit. DIP 1951, 167; zit.: Cass. civ. 22.1.1951, Rev. crit. DIP 1951, 167 (Fundstelle) ......................................................................................... 67 Cour de cassation (Ch. civ., 1re Sect.) – 17.4.1953, Rivière c. Roumiantzeff, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 26, 232 (Fundstelle); zit.: Cass. civ. 17.4.1953, in: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N° 26, 232 (Fundstelle) .......... 53, 62, 256 Cour de cassation (Ch. civ. 1re Sect.) – 19.10.1959, Pelassa c. Charrière et autres, Rev. crit. DIP 1960, 215; zit.: Cass. civ. 19.10.1959, Rev. crit. DIP 1960, 215 (Fundstelle) ....................................................................................... 130 Cour de cassation (Ch. civ. 1re Sect.). – 19.10.1959, Ranft c. Société Pierreisnard & Fils, Rev. crit. DIP 1960, 216; zit.: Cass civ. 19.10.1959, Rev. crit. DIP 1960, 216 (Fundstelle)........................................................................ 130 Cour de cassation (Ch. civ. 1re Sect.). – 14.3.1961, de Goyeneche y San Gil c. consorts de Goyeneche y Silvela, Rev. crit. DIP 1961, 774; zit.: Cass. civ. 14.3.1961, Rev. crit. DIP 1961, 774 (Fundstelle) ................................................ 137 Cour de cassation (Ch. civ., 1re Sect.). – 5.5.1962, Dame Zins c. Verdier, Rev. crit. DIP 1963, 99; zit.: Cass. civ. 5.5.1962, Rev. crit. DIP 1963, 99 (Fundstelle) ......................................................................................................... 135 Cour de cassation (Ch. civ., 1re Sect.). – 8.1.1963, Hohenzollern c. Lambrino, Rev. crit. DIP 1963, 109; zit.: Cass. civ. 8.1.1963, Rev. crit. DIP 1963, 109 (Fundstelle) ................................................................................126, 235
V. Entscheidungen der französischen Gerichtsbarkeit
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Cour de cassation (Ch. civ., 1re Sect.). – 15.5.1963, Patiño c. dame Patiño, Rev. crit. DIP 1964, 532; zit.: Cass. civ. 15.5.1963, Rev. crit. DIP 1964, 532 (Fundstelle) ....................................................................................... 51, 236 f., 243 Cour de cassation (Ch. civ., 1re Sect.). – 21.5.1963, Cie. Marocaine de Boissons c. Société vinicole du Languedoc, Rev. crit. DIP 1964, 340; zit.: Cass. civ. 21.5.1963, Rev. crit. DIP 1964, 340 (Fundstelle) ................................ 140 Cour de cassation (Ch. civ., 1re Sect.). – 7.1.1964, Munzer c. dame Munzer, Rev. crit. DIP 1964, 344; zit.: Cass. civ. 7.1.1964, Rev. crit. DIP 1964, 344 (Fundstelle) ......................................... 48, 50 ff., 122 ff., 127, 151 f., 204 f., ..................................................................................... 266 f, 293 f.. 305, 310, 359, 399 Cour de cassation (Ch. civ., 1 re Sect.) – 24.11.1965, Delle Loesch c. Le Breton, Rev. crit. DIP 1966, 289; zit.: Cass. civ. 24.11.1965, Rev. crit. DIP 1966, 289 (Fundstelle) ....................................................................................... 309 Cour de cassation (Ch. civ., 1 re Sect.) – 4.10.1967, Bachir c. dame Bachir, Rev. crit. DIP 1968, 98; zit.: Cass. civ. 4.10.1967, Rev. crit. DIP 1968, 98 (Fundstelle) ............................ 51 ff., 131, 204 ff., 220, 257, 262 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 27.5.1970, Weiss c. Soc. Atlantic Electric et autres, Rev. crit. DIP 1971, 113; zit.: Cass. civ. 27.5.1970, Rev. crit. DIP 1971, 113 (Fundstelle) ........................................................................ 139 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 6.1.1971 (2 arrêts)., Elsen et Cie Le Patrimoine c. consorts Bouillots, Rev. crit. DIP 1971, 553; zit.: Cass. civ. 6.1.1971, Rev. crit. DIP 1971, 553 (Fundstelle) .................................................... 57 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 6.10.1971, Veuve Boucher c. demoiselle Boucher, Rev. crit. DIP 1972, 488; zit.: Cass civ. 6.10.1971, Rev. crit. DIP 1972, 488 (Fundstelle) ......................................................................................... 59 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 13.4.1976, Nathan c. Dame Spira, JDI 1977, 99; zit.: Cass. civ. 13.4.1976, JDI 1977, 99 (Fundstelle) .................................. 240 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 5.5.1976, C.C.R.M.A. c. consorts Duport, Rev. crit. DIP 1977, 137; zit.: Cass. civ. 5.5.1976, Rev. crit. DIP 1977, 137 (Fundstelle) .............................................................................................. 141 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 17.5.1978, Vanclef c. Soc. Trans Traide International, JDI 1979, 380; zit.: Cass. civ. 17.5.1978, JDI 1979, 380 (Fundstelle) .............................................................................................................. 212 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 3.1.1980, Garino c. Banque populaire de Meknès, Rev. crit. DIP 1980, 597; zit.: Cass. civ. 3.1.1980, Rev. crit. DIP 1980, 597 (Fundstelle) ...................................................................................... 63 f. Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 16.12.1980, Faillite Breyer c. Soc. Total Belgique, Rev. crit. DIP 1981, 708; zit.: Cass. civ. 16.12.1980, Rev. crit. DIP 1981, 708 (Fundstelle) ................................................................................ 213 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 16.12.1980, Soc. Cristal France c. Soc. Soliver, Rev. crit. DIP 1981, 714; zit.: Cass. civ. 16.12.1980, Rev. crit. DIP 1981, 714 (Fundstelle) ....................................................................................... 213 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 17.11.1981, Dame Fries c. Dame Reisacher, JDI 1982, 926; zit.: Cass. civ. 17.11.1981, JDI 1982, 926 (Fundstelle) ....................................................................................................................... 140 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 23.6.1982, Nolan c. Mme Lavau, Rev. crit. DIP 1983, 314; zit.: Cass. civ. 23.6.1982, Rev. crit. DIP 1983, 314 (Fundstelle) .............................................................................................................. 141
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Entscheidungsverzeichnis
Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 19.1.1983, Mme Conlon c. consorts de Talancé, Rev. crit. DIP 1984, 492; zit.: Cass. civ. 19.1.1983, Rev. crit. DIP 1984, 492 (Fundstelle) ......................................................................................... 68 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 17.5.1983, Soc. Lafarge et Soc. Euroceral c. Soc. Keramische Industrie Bedarfs et autres, Rev. crit. 1983, 346; zit.: Cass. civ. 17.5.1983, Rev. crit. 1983, 346 (Fundstelle) ............................... 267 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 14.6.1983, Suhami c. Venture, Rev. crit. DIP 1984, 316; zit.: Cass. civ. 14.6.1983, Rev. crit. DIP 1984, 316 (Fundstelle) .............................................................................................................. 137 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 3.11.1983, Rohbi c. Mme Kharkouch, Rev. crit. DIP 1984, 325; zit.: Cass. civ. 3.11.1983, Rev. crit. DIP 1984, 325 (Fundstelle) ....................................................................................................... 256 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 6.2.1985, Mme Fairhurst c. Simitch, Rev. crit. DIP 1985, 369; zit.: Cass. civ. 6.2.1985, Rev. crit. 1985, 369 (Fundstelle) ............ 132 ff., 146 ff., 165, 184, 266 ff., 269, 361, 445 Cour de cassation (1re Ch. civ.). – 19.11.1985, Société Cognac and Brandies from France c. Soc. Orliac, Rev. crit. DIP 1986, 712; zit.: Cass. civ. 19.11.1986, Rev. crit. 1986, 712 (Fundstelle) ..................................................... 142 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 22.4.1986 et 6.7.1988, Lemaire et autres c. Mme Lucas et autres, Rev. crit. DIP 1989, 89; zit.: Cass. civ. 22.4.1986 et 6.7.1988, Rev. crit. DIP 1989, 89 (Fundstelle) ...................................... 147 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 6. et 26.6.1990, Mme. Akla c. Akla, Rev. crit. DIP 1991, 593; zit.: Cass. civ. 6. et 26.6.1990, Rev. crit. DIP 1991, 593 (Fundstelle) .................................................................................................... 153 f. Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 18.12.1990, Soc. Intercomi et autre c. Soc. Corepsen et autre, Rev. crit. DIP 1991, 759; zit.: Cass. civ. 18.12.1990, Rev. crit. DIP 1991, 759 (Fundstelle) .................................................... 144 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 9.10.1991, Soc. Polypetrol c. Soc. Générale routière, Rev. crit. DIP 1992, 516; zit.: Cass. civ. 9.10.1991, Rev. crit. DIP 1992, 516 (Fundstelle)........................................................................ 264 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 21.1.1992, X. c. Mme Y., Rec. D. 1993, 351; zit.: Cass. civ. 21.1.1992, Rec. D. 1993, 351 (Fundstelle) ................................. 144 Cour de cassation (1re Ch. C.) – 29.11.1994, M. Bettan c. M. H. Simon, Rev. crit. DIP 1995, 362; zit.: Cass. civ. 29.11.1994, Rev. crit. DIP 1995, 362 (Fundstelle) .......................................................................................213, 266 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 9.1.1996, M. A.Y. c. Mme. K.B., divorcée Y., Rev. crit. DIP 1996, 719; zit.: Cass. civ. 9.1.1996, Rev. crit. DIP 1996, 719 (Fundstelle) ................................................................................ 238 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 3.12.1996, Veuve Tordjeman c. M. Benard, Rev. crit. DIP 1997, 328; zit.: Cass. civ. 3.12.1996, Rev. crit. DIP 1997, 328 (Fundstelle) ....................................................................................... 263 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 17.3.1997, Mme X. c. Y., Rec. D. 1997, 400; zit.: Cass. civ. 17.3.1997, Rec. D. 1997, 400 (Fundstelle) ................................. 259 Cour de cassation (1re Ch. C.). – 17.10.2000, Société Barney’s Inc. C. Société C.M.C., in: Gazette du Palais, Recueil Mai-Juin 2001, 1012.6.2001, 50; zit.: Cass. civ. 17.10.2000, Gaz. Pal. 10-12.6.2001, 50................... 53, 55 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 17.2.2004, Époux A., Rev. crit. DIP 2004, 423; zit.: Cass. civ. 17.2.2004, Rev. crit. DIP 2004, 423 (Fundstelle) .......................................................................................................148, 259
V. Entscheidungen der französischen Gerichtsbarkeit
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Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 30.6.2004, M. Wolfgang Stolzenberg c. CIBC Mellon Trust Company et autres, Rev. Crit. DIP 2004, 815; zit.: Cass. civ. 30.6.2004, Rev. crit. DIP 2004, 815 (Fundstelle) ......................................... 59 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 4.10.2005, M. I. Tambari c. M L. Looky, Rev. Crit. DIP 2006, 422; zit.: Cass. civ. 4.10.2005, Rev. crit. DIP 2006, 422 (Fundstelle) ................................................................................................ 56 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 28.2.2006, Commune de Macot-La Plagne c. Société Seblux et autres, Rev. crit. DIP 2006, 848; zit.: Cass. civ. 28.2.2006, Rev. crit. DIP 2006, 848 (Fundstelle) ...................................................... 234 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 23.5.2006, J.-M. Prieur c. A.-D. de Montenach, Rev. crit. DIP 2006, 870; JDI 2006, 1377; zit.: Cass. civ. 23.5.2006, Rev. crit. DIP 2006, 870; JDI 2006, 1377 (Fundstelle) ................................................................100, 142 ff., 288, 363, 399 f. Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 4.7.2006, Enfant Viola, Rev. crit. DIP 2007, 413; zit.: Cass. civ. 4.7.2006, Rev. crit. DIP 2007, 413 (Fundstelle) .................................................................................... 309 f. Cour de cassation (Ch. civ. 1re Sect.). – 20.2.2007, M. Cornelissen c. Société Avianca Inc et autres, Gazette du Palais 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (420 ff.); zit.: Cass. civ. 20.2.2007, Gaz. Pal 2007, N° 123 = Rev. crit. DIP 1996, 420 (Fundstelle) ................................... 51 ff., 150, 257, 266, 270, 293, 309 ff., 363 f., 399 f. Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 22.5.2007, Banque de développement local BDL, Société de droit algérien c. Société Fercométal SARL, Rev. crit. DIP 2007, 610; Gaz. Pal. 2.6.2007, 11; zit.: Cass. civ. 22.5.2007, Rev. crit. DIP 2007, 610; Gaz. Pal. 2.6.2007, 11 (Fundstelle).................................... 146 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 19.9.2007, SARL Pêcherie du port c. SA Bureau Veritas, JDI 2008, 153; zit.: Cass. civ. 19.9.2007, JDI 2008, 153 (Fundstelle) ..................................................................................................... 262 f. Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 30.9.2009, B. c. C., JDI 2010, 136; zit.: Cass. civ. 30.9.2009, JDI 2010, 136 (Fundstelle) ...................................................... 266 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 1.12.2010, arrêt n° 1090, Les époux X c. La société Fountaine Pajot, Rec. D. 2011, 423; zit.: Cass. civ. 1.12.2010, Rec. D. 2011, 423 (Fundstelle) ................................................................ 261 Cour de cassation (1re Ch. civ.)– arrêt n° 369, abrufbar unter: (Stand: Dezember 2014); zit.: Cass. civ. Arrêt n° 369 du 6.4.2011 (09-66.486) ....................................................................... 260 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 6.4.2011 – arrêt n° 370, abrufbar unter: http://www.courdecassation.fr/jurisprudence_2/premiere_chambre_civi le_568/370_6_19628.html (Stand: Dezember 2014); zit.: Cass. civ. Arrêt n° 370 du 6.4.2011 (10-19.053) ........................................................................... 260 Cour de cassation (1re Ch. civ.) – 6.4.2011 – arrêt n° 371, abrufbar unter: http://www.courdecassation.fr/jurisprudence_2/premiere_chambre_civi le_568/371_6_19627.html (Stand: Dezember 2014); zit.: Cass. civ. Arrêt n° 371 du 6.4.2011 (09-17.130) ........................................................................... 260
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Entscheidungsverzeichnis
2. Entscheidungen der französischen Instanzgerichte Cour d’appel de Paris – 5.8.1891, Verleye c. dame Verleye, JDI 1891, 1214; zit.: Cour d’appel Paris 5.8.1891, JDI 1891, 1214 (Fundstelle) ........................ 304 Tribunal civil de la Seine (1 re Ch.) – 20.7.1920, JDI 1921, 668; zit.: Tribunal civil de la Seine 20.7.1920, JDI 1921, 668 (Fundstelle) .............................. 304 Cour de Colmar (1re Ch.) – 4.7.1933, Société anonyme Granaria, à Strasbourg, c. Société Heller et Osalan, Rev. crit. DIP 1934, 492; zit.: Cour de colmar 4.7.1933, Rev. crit. DIP 1934, 492 (Fundstelle) ........................................ 128 Tribunal civil de la Seine (1 re Ch.) – 10.4.1934, Marshall c. Continental Life Insurance Co et l’activité française, JDI 1934, 1188; zit.: Tribunal civil de la Seine 10.4.1934, JDI 1934, 1188 (Fundstelle)........................................ 264 f. Tribunal civil de la Seine – 6.12.1934, Staudé c. Kolomitzelf, JDI 1935, 106; zit.: Tribunal civil de la Seine 6.12.1934, JDI 1935, 106 (Fundstelle) .......................................................................................................... 54, 57 Cour d’appel Montpellier – 17.3.1949, Lasserre c. Mouly, Rev. crit. DIP 1950, 228; zit.: Cour d’appel Montpellier 17.3.1949, Rev. crit. DIP 1950, 228 (Fundstelle) .............................................................................................. 125 Tribunal civil Saint-Malo – 9.3.1955, Martin c. Estrens, JDI 1955, 684; zit.: Tribunal civil Saint-Malo 9.3.1955, JDI 1955, 684 (Fundstelle) ......................... 265 Cour d’appel de Paris (1 re Ch.) – 21.10.1955, Charr c. Hazim Ulusahim, Rev. crit. DIP 1955, 769; zit.: Cour d’appel Paris 21.10.1955, Rev. crit. DIP 1955, 769 (Fundstelle) ......................................................................................... 48 Tribunal civil de la Seine (5 e Ch.) – 22.10.1956, Cau c. Grossel, Rev. crit. DIP 1958, 117; zit.: Tribunal civil de la Seine 22.10.1956, Rev. crit. DIP 1958, 117 (Fundstelle) ....................................................................................... 308 Cour d’appel de Paris (1 re Ch.) – 4.2.1958, Lundwall c. Dame Villada y Sanchez, Rev. crit. DIP 1958, 389; zit.: Cour d’appel Paris 4.2.1958, Rev. crit. DIP 1958, 389 (Fundstelle)........................................................................ 126 Tribunal civil de la Seine (5 e Ch.) – 29.9.1959, Roussel c. Lestrade de Kyvon, Rev. crit. DIP 1960, 591; zit.: Tribunal de la Seine 29.9.1959, Rev. crit. DIP 1960, 591 (Fundstelle)........................................................................ 211 Tribunal de Grande Instance de la Seine (5 e Ch.) – 10.4.1962, Spiliotopoulos c. dame Pavlidis, JDI 1963, 1080; zit.: TGI de la Seine 10.4.1962, JDI 1963, 1080 (Fundstelle) ..................................................................................... 214 Cour d’appel de Paris (1 re Ch. suppl.) – 18.6.1964, De Gunzbourg c. dame Schrey, Rev. crit. DIP 1967, 340; zit.: Cour d’appel Paris 18.6.1964, Rev. crit. DIP 1967, 340 (Fundstelle).................................................................129, 184 Cour d’appel de Paris (1 re Ch.) – 1.7.1970, Veuve Montagnier c. dame Eskenazi, Rev. crit. DIP 1970, 718; zit.: Cour d’appel Paris 1.7.1970, Rev. crit. DIP 1970, 718 (Fundstelle)........................................................................ 262 Cour d’appel de Paris (1 re Ch.) – 10.11.1971, Société Mack Worldwide et Mack Trucks c. Compagnie financière pour le commerce extérieur (COFICOMEX), JDI 1973, 239; zit.: Cour d’appel Paris 10.11.1971, JDI 1973, 239 (Fundstelle) ........................................................................ 131 ff., 151 f. Cour d’appel de Paris (1 re Ch. suppl.) – 18.12.1973, Dame Zakine c. Maarek, Rev. crit. DIP 1974, 530; zit.: Cour d’appel Paris 18.12.1973, Rev. crit. DIP 1974, 530 (Fundstelle).......................................................................... 65
VI. Entscheidungen der englischen Gerichtsbarkeit
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Tribunal de Grande Instance de Nanterre (1re Ch.) – 10.7.1973, Scamnakis c. Sayadinos, JDI 1974, 622; zit.: TGI Nanterre 10.7.1973, JDI 1974, 622 (Fundstelle) ........................................................................................................ 265 Cour d’appel de Paris (1 re Ch. suppl.) – 5.3.1976, Giroux c. dame Chartrand, Rev. crit. DIP 1978, 149; zit.: Cour d’appel Paris 5.3.1976, Rev. crit. DIP 1978, 149 (Fundstelle) ..................................................................... 131 f. Tribunal de Grande Instance de Paris (1re Ch.) – 24.11.1977, Teuler c. Soc. Michelin et autres, Rev. crit. DIP 1980, 337; zit.: TGI Paris 24.11.1977, Rev. crit. DIP 1980, 337 (Fundstelle) ........................................................................ 265 Cour d’appel de Reims – 24.11.1977, Etienne c. Soc. Handelsonderneming B. V., JDI 1979, 380; zit.: Cour d’appel Reims 24.11.1977, JDI 1979, 380 (Fundstelle) ........................................................................................................ 211 Tribunal de Grande Instance de Paris (1re Ch.) – 12.1.1978, Epoux ÖhlundOrcel c. Ministère public, Rev. crit. DIP 1979, 102; zit.: TGI Paris 12.1.1978, Rev. crit. DIP 1979, 102 (Fundstelle) ........................................................ 56 Tribunal de Grande Instance de Paris (1re Ch.). – 11.7.1979, Lester c. Pelgrims de Bigard, Rev. crit. DIP 1981, 102; zit.: TGI Paris 11.7.1979, Rev. crit. DIP 1981, 102 (Fundstelle) .......................................................................... 66 Cour d’appel de Poitiers – 24.7.1980, Dame Moktari c. Ould Braham, JDI 1981, 567; zit.: Cour d’appel Poitiers 24.7.1980, JDI 1981, 567 (Fundstelle) .............................................................................................................. 258 Tribunal de Grande Instance de Paris (1re Ch.) – 7.4.1981, Dame Didier c. Benabdellah, Rev. crit. DIP 1981, 510; zit.: TGI Paris 7.4.1981, Rev. crit. DIP 1981, 510 (Fundstelle) ................................................................................ 260 Cour d’appel de Paris (17 e Ch., section B) – 20.12.1985, P. c. son épouse, JDI 1986, 366; zit.: Cour d’appel Paris 20.12.1985, JDI 1986, 366 (Fundstelle) .............................................................................................................. 140 Cour d’appel de Paris (1 re Ch., section C) – 16.11.1989, Dame Louvet c. Louvet, JDI 1990, 127; zit.: Cour d’appel Paris 16.11.1989, JDI 1990, 127 (Fundstelle) ........................................................................................................ 143 Tribunal de Grande Instance de Paris (1re Ch., 1re sect.) – 10.2.1993, Le Crédit Lyonnais Bank Nederland NV et autres c. G. Perretti et autres, Rev. crit. DIP 1993, 664; zit.: TGI Paris 10.2.1993, Rev. crit. DIP 1993, 664 (Fundstelle) .............................................................................................. 209 Cour d’appel de Paris (1 re Ch. C.) – 25.3.1994, Soc. Falcor Cement C° Lté c. M. G. Pharaon, Rev. crit. DIP 1996, 119; zit.: Cour d’appel Paris 25.3.1994, Rev. crit. DIP 1996, 119 (Fundstelle) ........................................................ 51
VI. Entscheidungen der englischen Gerichtsbarkeit in alphabetischer Reihenfolge VI. Entscheidungen der englischen Gerichtsbarkeit
Abouloff v Oppenheimer & Co, Queen’s Bench Division – 3.11.1882 – Abouloff v Oppenheimer & Co., (1882) 10 Q. B. D 295; zit.: Abouloff v Oppenheimer & Co. (1882) 10 Q. B. D. 295 (Fundstelle) ................. 272, 274 Adams v Cape Industries, Court of Appeal (Civil Division) – 27.7.1989 – Adams and Others v Cape Industries Plc. and Another, [1990] Ch. 433; zit.: Adams v Cape Industries [1990] Ch. 433 (Fundstelle) .......................................... 168 ff., 182 ff., 215, 218 ff., 294
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Entscheidungsverzeichnis
Alves v Bunbury, Assizes – 30.6.1814 – Alves v Bunbury, (1814) 4 Camp. 28, 171 E. R. 10; zit.: Alves v Bunbury (1814) 4 Camp. 28 (Fundstelle) .............. 71, 294 Angelo v Angelo, Probate, Divorce and Admiralty Division – 30.5.1967 – Angelo v Angelo, [1968] 1 W. L. R. 401; zit.: Angelo v Angelo [1968] 1 W. L. R. 401 (Fundstelle) ................................................................................... 163 f. Armitage v Nanchen, Divisional Court – 1.1.1983 – Armitage v Nanchen, (1983) 4 F.L.R. 293; zit.: Armitage v Nanchen (1983) 4 F.L.R. 293 (Fundstelle) .............................................................................................................. 220 Arnold v Arnold, Probate, Divorce and Admiralty Division – 24.1.1957 – Arnold v Arnold, [1957] P. 237; zit.: Arnold v Arnold [1957] P. 237 (Fundstelle) .............................................................................................................. 161 Bank of Australasia v Harding, Court of Common Pleas – 1.1.1850 – The Bank of Australasia v Harding, (1850) 9 C. B. R. 661, 137 E. R 1052; zit.: Bank of Australasia v Harding (1850) 9 C. B. R. 661 (Fundstelle) ....................... 73 Beatty v Beatty, Court of Appeal – 14.2.1924 – Beatty v Beatty, [1924] 1 K. B. 807; zit.: Beatty v Beatty [1924] 1 K. B. 807 (Fundstelle) ............................ 86, 91 Black-Clawson International Ltd. v Papierwerke Waldhof Aschaffenburg AG, House of Lords – 5.3.1975 – Black-Clawson International Ltd. v Papierwerke Waldhof Aschaffenburg AG [1975] 2 W. L. R. 513; zit.: Black-Clawson International Ltd. v Papierwerke Waldhof Aschaffenburg AG [1975] 2 W. L. R. 513 (Fundstelle) ............................................................. 328 Blair v Blair, Assizes (Birmingham) – 30.7.1968 – Blair v Blair, [1969] 1 W. L. R. 221; zit.: Blair v Blair [1969] 1 W. L. R. 221 (Fundstelle) .......................... 164 Blohn v Desser, Queen’s Bench Division – 3.5.1961 – Blohn v Desser and Others, [1962] 2 Q. B. 116; zit.: Blohn v Desser [1962] 2 Q. B. 116 (Fundstelle) ................................................................................................. 86, 168, 182 Brown v Brown, Probate, Divorce and Admiralty Division – 22 .1.1968 – Brown v Brown, [1968] P. 518; zit.: Brown v Brown [1968] P. 518 (Fundstelle) .............................................................................................................. 165 Buchanan v Rucker, Court of King’s Bench – 25.1.1808 – Buchanan v Rucker, (1808) 9 East 192; zit.: Buchanan v Rucker (1808) 9 East 192 (Fundstelle) .............................................................................................................. 155 Buehler AG v Chronos Richardson Ltd., Court of Appeal (Civil Division) – 20.3.1998 – Buehler AG v Chronos Richardson Ltd., [1998] R.P.C. 609; zit.: Buehler AG v Chronos Richardson Ltd. [1998] R. P. C. 609 (Fundstelle) ................................................................................................................ 88 Cambridge Gas Transportation Corp. v Official Committee of Unsecured Creditors of Navigator Holdings plc., Privy Council (Isle of Man) – 16.5.2006 – Cambridge Gas Transportation Corp. V Official Committee of Unsecured Creditors of Navigator Holdings plc., [2006] UKPC 26, [2006] 3 W. L. R. 689; zit.: Cambridge Gas Transportation Corp. v Official Committee of Unsecured Creditors of Navigator Holdings plc. [2006] UKPC 26, [2006] 3 W. L. R. 689 (Fundstelle) ................................................. 80 Carl Zeiss Stiftung v Rayner & Keeler Ltd. House of Lords – 18.5.1966 – Carl Zeiss Stiftung v Rayner & Keeler Ltd. (No. 2), [1966] 3 W. L. R. 125; (1966) 2 All E. R. 536; [1967] 1 A. C. 853; zit.: Carl Zeiss Stiftung v Rayner & Keeler Ltd. (No. 2) [1967] 1 A. C. 853 (Fundstelle).......................... 86
VI. Entscheidungen der englischen Gerichtsbarkeit
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Carrick v Hancock, Queen’s Bench Division – 21.11.1895 – Carrick v Hancock, (1895) 12 T. L. R. 59; zit.: Carrick v Hancock (1895) 12 T. L. R. 59 (Fundstelle) .............................................................................................. 170 f. Charm Maritime Inc. v Kyriakou, Court of Appeal (Civil Division) – 12.1.1987 – Charm Maritime Inc. v Kyriakou, [1987] 1 Lloyd’s Rep. 433; zit.: Charm Maritime Inc. v Kyriakou [1987] 1 Lloyd’s Rep. 433 (Fundstelle) ................................................................................................................ 94 Colt Industries Inc. v Sarlie No. 1, Court of Appeal (Queen’s Bench Division) – 17.1.1966 – Colt Industries Inc. v Sarlie No. 1, [1966] 1 W. L. R. 440; zit.: Colt Industries Inc. v Sarlie No. 1 [1966] 1 W. L. R. 440 (Fundstelle) .............................................................................................................. 171 Colt Industries Inc. v Sarlie No. 2, Court of Appeal – 7.6.1966 – Colt Industries Inc. v Sarlie No. 2, [1966] 1 W. L. R. 1287; zit.: Colt Industries Inc. v Sarlie No. 2 [1966] 1 W. L. R. 1287 (Fundstelle) .............................. 87 Commercial Innovation Bank Alfa Bank v Kozeny, Privy Council (Bahamas) – 11.12.2002 – Commercial Innovation Bank Alfa Bank v Viktor Kozeny, [2002] UKPC 66, 2002 WL 3194765; zit.: Commercial Innovation Bank Alfa Bank v Kozeny (2002) UKPC 66, 2002 WL 3194765 .................................................................................................... 222 Copin v Adamson, Court of Appeal – 15.11.1875 – Copin v Adamson, (1875–76) L. R. 1 Ex. D. 17; zit.: Copin v Adamson (1875–76) L. R. 1 Ex. D. 17 (Fundstelle) ............................................................................................ 181 f. Deck v Deck, High Court of Admiralty – 2.7.1860 – Deck v Deck, (1860) 2 Sw. & Tr. 90; zit.: Deck v Deck (1860) 2 Sw. & Tr. 90 (Fundstelle) .......................... 156 Desert Sun Loan Corporation v Hill, Court of Appeal (Civil Division) – 15.2.1996 – Desert Sun Loan Corporation v Hill, [1996] 2 All E. R. 847; zit.: Desert Sun Loan Corporation v Hill [1996] 2 All E. R. 847 (Fundstelle) ................................................................................................................ 90 Douglas v Forrest, Court of Common Pleas – 1.1.1828 – Douglas and Another, Assignees of Stein and Smith, Bankrupts v Forrest, Executor of James Hunter, (1828) 4 Bing. 686; zit.: Douglas v Forrest (1828) 4 Bing. 686 (Fundstelle) .............................................................................................. 167 E D & F Man (Sugar) Ltd v Haryanto (No. 2), Court of Appeal (Civil Division) – 21.12.1990 – E D & F Man (Sugar) Ltd v Haryanto (No. 2), [1991] I. L. Pr. 393; zit.: E D & F Man (Sugar) Ltd v Haryanto (No. 2) [1991] I. L. Pr. 393 (Fundstelle)................................................................................ 241 East India Trading Co. Inc. v Carmel Exporters and Importers Ltd., Court of Queen’s Bench – 27.3., 8.4.1952 – East India Trading Co. Inc. v Carmel Exporters and Importers Ltd., [1952] 2 Q. B. 439; zit.: East India Trading Co. Inc. v Carmel Exporters and Importers Ltd. [1952] 2 Q. B. 439 (Fundstelle) ................................................................................................ 74 Emanuel v Symon, King’s Bench Division (Court of Appeal) – 14.11.1907 – Emanuel v Symon, [1908] 1 K. B. 302; zit.: Emanuel v Symon [1908] 1 K. B. 302 (Fundstelle) ................. 158 ff., 166 ff., 181 f., 184 Folliott v Ogden, Court of Common Pleas – 10.2.1789 – Folliott v Ogden, 126 E. R. 75, (1789) 1 H. Bl. 124; zit.: Folliott v Ogden 126 E. R. 75, (1789) 1 H. Bl. 124 (Fundstelle) .................................. 81
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Entscheidungsverzeichnis
Godard v Gray, Court of Queen’s Bench – 10.12.1870 – Godard and Another v Gray and Another, (1870) L. R. 6 Q. B. 139; zit.: Godard v Gray (1870) L. R. 6 Q. B. 139 (Fundstelle) ................................................. 76 Guiard v De Clermont and Donner, King’s Bench Division – 29.4.1914 – Guiard v De Clermont and Donner, [1914] 3 K. B. 145; zit.: Guiard v De Clermont and Donner [1914] 3 K. B. 145 (Fundstelle) ........................................ 178 Harris v Taylor, Court of Appeal – 13.3.1915 – Harris v Taylor, [1915] 2 K. B. 580; zit.: Harris v Taylor [1915] 2 K. B. 580 (Fundstelle) ........................... 178 ff. Henderson v Henderson, Court of Chancery – 20.7.1843 – Henderson v Henderson, 67 E. R. 313, (1843) 3 Hare 100; zit.: Henderson v Henderson 67 E. R. 313, (1843) 3 Hare 100 (Fundstelle) ....................................................... 94 Henry v Geoprosco International Ltd., Court of Appeal (Civil Division) – 17.3.1975 – Henry v Geoprosco International Ltd., [1976] Q. B. 726; zit.: Henry v Geoprosco International Ltd. [1976] Q. B. 726 (Fundstelle) ........... 78, 180 House of Spring Gardens Ltd. v Waite, Court of Appeal (Civil Division) – 11.4.1990 – House of Spring Gardens Ltd. v Waite and Others, [1991] 1 Q. B. 241; zit.: House of Spring Gardens Ltd. v Waite [1991] 1 Q. B. 241 (Fundstelle) .................................................................................................... 274 f. Huntington v Attrill, House of Lords – 17.2.1892 – Huntington v Attrill, [1893] A. C. 150; zit.: Huntington v Attrill [1893] A. C. 150 (Fundstelle) ............. 82, 91 Indyka v Indyka, House of Lords – 6, 7, 8, 9, 13, 14.3.; 23.5.1967 – Indyka v Indyka, [1969] 1 A. C. 33; zit.: Indyka v Indyka [1969] 1 A. C. 33 (Fundstelle) ...................................................................... 157 f., 161 ff., 184 Israel Discount Bank of New York v Hadjipateras and Another, Court of Appeal – 15.5.1983 – Israel Discount Bank of New York v Hadjipateras and Another, [1984] 1 W. L. R. 137; zit.: Israel Discount Bank of New York v Hadjipateras and Another [1984] 1 W. L. R. 137 (Fundstelle) .............................................................................................................. 277 Jacobson v Frachon, Court of Appeal – 23.11.1927 – Jacobson v Frachon, 44 T. L. R. 103 C. A.; zit.: Jacobson v Frachon (1928) 44 T. L. R. 103 C. A. (Fundstelle) ..................................................................................................... 216 Jet Holdings Inc. v Patel, Court of Appeal (Civil Division) – 9.3.1988 – Jet Holdings Inc. and Others v Patel, [1990] 1 Q. B. 335; zit.: Jet Holdings Inc. v Patel [1990] 1 Q. B. 335 (Fundstelle) ........................................224, 272 Kirin-Amgen Inc. v Boehringer Mannheim GmbH, Court of Appeal (Civil Division) – 31.7.1996 – Kirin-Amgen Inc. & Another v Boehringer Mannheim GmbH & Another, Boehringer Mannheim GmbH & Another v Jannsen-Cilag Ltd., [1997] F. S. R. 289; zit.: Kirin-Amgen Inc. v Boehringer Mannheim GmbH [1997] F. S. R. 289 (Fundstelle) ................................ 86 f. Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd., Court of Appeal – 30.5.1949 – Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd. And Another, [1949] 2 K. B. 465; zit.: Lazarus-Barlow v Regent Estates Co. Ltd. [1949] 2 K. B. 465 (Fundstelle) ............................................................................................................. 79 f. Le Mesurier v Le Mesurier Privy Council (Ceylon) – 29.6.1895 – Le Mesurier v Le Mesurier, [1895] A. C. 517; zit.: Le Mesurier v Le Mesurier [1895] A. C. 517 (Fundstelle) ................................................................. 157 f. Le Sueur v Le Sueur, Probate, Divorce and Admiralty Division – 9.3.1876 – Le Sueur v Le Sueur (No. 1), (1875-76) L. R. 1 P. D. 139; zit.: Le Sueur v Le Sueur (1875-76) L. R. 1 P. D. 139 (Fundstelle) ................................ 156 f.
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Lewis v Eliades (No. 2), Court of Appeal – 8.12.2003 – Lewis v Eliades and others (No. 2), [2003] EWCA Civ. 1758, [2004] 1 W. L. R. 692; zit.: Lewis v Eliades (No. 2) [2003] EWCA Civ. 1758, [2004] 1 W. L. R. 692 (Fundstelle) ..................................................................................................... 88 Littauer Glove Corporation v F. W. Millington, King’s Bench Division – 25.7.1928 – Littauer Glove Corporation v F. W. Millington (1920), Ltd. (1928) 44 T. L. R. 746; zit.: Littauer Glove Corporation v F. W. Millington (1920) Ltd. (1928) 44 T. L. R. 746 (Fundstelle) .............................................. 174 Lucasfilm Ltd. v Ainsworth, High Court of Justice (Chancery Division) – 31.7.2008 – Lucasfilm Ltd. v Ainsworth, [2009] EWCA Civ 1328; Bus LR, 904; zit.: Lucasfilm Ltd. v Ainsworth [2009] EWCA Civ 1328; Bus LR, 904 ................................................................................................................. 174 f. Macalpine v Macalpine, Probate, Divorce and Admiralty Division – 27.6.1957 – Macalpine v Macalpine, (1958 ) P. 35; zit.: Macalpine v Macalpine [1958] P. 35 (Fundstelle) ......................................................................... 216 MacFarlane v Macartney, Chancery Division – 3.2.1921 – MacFarlane v Macartney, (1921) 1 Ch. 522; zit.: MacFarlane v Macartney (1921) 1 Ch. 522 (Fundstelle) .............................................................................................. 276 f. Mackinnon’s Trustees v The Lord Advocate, House of Lords – 16.7.1920 – Mackinnon’s Trustees v The Lord Advocate, (1920) 2 S. L. T. 240; zit.: Mackinnon’s Trustees v The Lord Advocate (1920) 2 S. L. T. 240 (Fundstelle) .............................................................................................................. 158 Maharanee of Baroda v Wildenstein, Court of Appeal (Civil Division) – 9.3.1972 – Maharanee Seethadevi Gaekwar of Baroda v Wildenstein, [1972] 2 Q. B. 283; zit.: Maharanee of Baroda v Wildenstein [1972] 2 Q. B. 283 (Fundstelle) .............................................................................................. 171 Masters v Leaver, Court of Appeal (Civil Division) – 29.7.1999 – James Masters v Jonathan Victor Leaver, [2000] I. L. Pr. 387; zit.: Masters v Leaver [2000] I. L. Pr. 387 (Fundstelle) ................................................................. 224 f. Mayfield v Mayfield, Probate, Divorce and Admiralty Division – 18.12.1968 – Mayfield v Mayfield, [1969] P. 119; zit.: Mayfield v Mayfield [1969] P. 119 (Fundstelle) .......................................................................... 164 Messina v Smith, Probate, Divorce and Admiralty Division – 7.5.1971 – Messina (formerly Smith otherwise Vervaeke) v Smith (Messina Intervening), [1971] P. 322; zit.: Messina v Smith [1971] P. 322 (Fundstelle) .................................................................................................. 163 ff., 240 Nouvion v Freeman House of Lords – 22.11.1889 – Nouvion v Freeman and another, (1889) 37 Ch. D. 244; zit.: Nouvion v Freeman (1889) 37 Ch. D. 244 (Fundstelle)............................................................................... 74, 77, 86 ff. NV Daarnhouwer and Co., Handelmaatschappij v Boulos, Queen’s Bench Division – 23.7.1968 – NV Daarnhouwer and Co., Handelmaatschappij v Boulos, [1968] 2 Lloyd’s Rep 259; zit.: NV Daarnhouwer and Co., Handelmaatschappij v Boulos [1968] 2 Lloyd’s Rep 259 (Fundstelle) ...................... 180 Ochsenbein v Papelier, Court of Appeal in Chancery – 26.2.1873 – Ochsenbein v Papelier, (1873) L. R. 8 Ch. App. 695; zit.: Ochsenbein v Papelier (1873) L. R. 8 Ch. App. 695 (Fundstelle) ............................................ 216, 272 Owens Bank Ltd. v Bracco, House of Lords – 1.4.1992 – Owens Bank Ltd. v Bracco, [1992] 2 A. C. 443; zit.: Owens Bank Ltd. v Bracco [1992] 2 A. C. 443 (Fundstelle) ...................................................................................... 274, 388
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Entscheidungsverzeichnis
Pemberton v Hughes, Court of Appeal – 16.2.1899 – Pemberton v Hughes, [1899] 1 Ch. 781; zit.: Pemberton v Hughes [1899] 1 Ch. 781 (Fundstelle) ............................................................................................................ 168 f., 220 Peters v Peters, Probate, Divorce and Admiralty Division – 7.7.1967 – Peters v Peters, [1968] P. 275; zit.: Peters v Peters [1968] P. 275 (Fundstelle) ........................................................................................................... 164 f. Robinson-Scott v Robinson-Scott, Probate, Divorce and Admiralty Division – 6.11.1958 – Robinson-Scott v Robinson-Scott, [1958] P. 71; zit.: Robinson-Scott v Robinson-Scott [1958] P. 71 (Fundstelle) .................................... 161 f. Raulin v Fischer, King’s Bench Division – 2.2.1911 – Raulin v Fischer, [1911] 2 K. B. 93; zit.: Raulin v Fischer [1911] 2 K. B. 93 (Fundstelle)................... 82 f. Re Dulles Settlement No. 2, Court of Appeal (Chancery Division) – 10.5.1951 – Re Dulles Settlement No. 2, [1951] Ch. 842; zit.: Re Dulles Settlement No. 2 [1951] Ch. 842 (Fundstelle) ........................................ 178 ff. Roach v Garvan, Court of Chancery – 16.11.1748 – Roach v Garvan, (1748) 1 Ves. Sen. 157, 27 E. R. 954; zit.: Roach v Garvan (1748) 1 Ves. Sen. 157 (Fundstelle) .......................................................................................... 71 Robinson v Fenner, King’s Bench Division – 26.4.1912 – Robinson v Fenner, [1913] 3 K.B. 835; zit.: Robinson v Fenner [1913] 3 K.B. 835 (Fundstelle) ............................................................................................... 219, 221, 223 Rossano v Manufacturers’ Life Insurance Co., Queen’s Bench Division (Commercial Court) – 7.3.1962 – Rossano v Manufacturers’ Life Insurance Co., [1962] 3 W. L. R. 157, [1963] 2, Q. B. 352; zit.: Rossano v Manufacturers’ Life Insurance Co. [1963] 2, Q. B. 352 (Fundstelle) ................................................................................................... 82, 91, 168 Rousillon v Rousillon, Chancery Division – 23.2.1880 – Rousillon v Rousillon, (1880) L. R. 14 Ch. D. 351; zit.: Rousillon v Rousillon (1880) L. R. 14 Ch. D. 351 (Fundstelle) .................................................. 158 f., 167, 170 Russell v Smyth, Court of Exchequer – 1.1.1842 – Russell and Wife v Smyth, (1842) 9 M. & W. 810, 152 E. R. 343; zit.: Russell v Smyth (1842) 9 M. & W. 810, 152 E. R. 343 (Fundstelle) ..................................................... 72 SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd., Court of Appeal (Civil Division) – 4.7.1977 – SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd., [1978] Q. B. 279 (Fundstelle); zit.: SA Consortium General Textiles v Sun and Sand Agencies Ltd. [1978] Q. B. 279 (Fundstelle) ............................................................................................. 82, 278 Sadler v Robins, Assizes – 1.3.1808 – James Sadler v James Robins, (1808) 1 Camp. 253; zit.: Sadler v Robins (1808) 1 Camp. 253 (Fundstelle) ................................................................................................................ 91 Schibsby v Westenholz, Court of Queen’s Bench – 10.12.1870 – Schibsby v Westenholz and others, (1870) L. R. 6 Q. B. 155; zit.: Schibsby v Westenholz (1870) L. R. 6 Q. B. 155 (Fundstelle) .............................................................................. 74, 157 ff., 169 f., 176 f. Sfeir & Co. v National Insurance Co. Of New Zealand Ltd., Queen’s Bench Division – 25.3.1964 – Sfeir & Co. v National Insurance Co. Of New Zealand Ltd., [1964] 1 Lloyd’s Rep 330; zit.: Sfeir & Co. v National Insurance Co. Of New Zealand Ltd. [1964] 1 Lloyd’s Rep 330 (Fundstelle) ................................................................................... 182
VI. Entscheidungen der englischen Gerichtsbarkeit
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Shaw v Gould, House of Lords – 7 .5.1868 – Elizabeth M. Shaw and Others v Thomas Gould, J. W. Moore, and Others, (1868) L. R. 3 H. L. 55; zit.: Shaw v Gould (1868) L. R. 3 H. L. 55 (Fundstelle)....................................... 156 Showlag v Mansour, Privy Council (Jersey) – 15.3.1994 – Abdul Rahman Showlag v Abdel Moniem Mansour and Others, [1995] 1 A. C. 431; zit.: Showlag v Mansour [1995] 1 A. C. 431 (Fundstelle) ....................................... 242 f. Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote, House of Lords – 2.6.; 3., 28.7.1894 – Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote, [1894] A. C. 670; zit.: Sirdar Gurdyal Singh v Rajah of Faridkote [1894] A. C. 670 (Fundstelle) ................................................................................................. 1, 182 f. Syal v Heyward, Court of Appeal (King’s Bench Division) – 23., 29.7.1948 – Syal v Heyward, [1948] 2 K. B. 443; zit.: Syal v Heyward [1948] 2 K. B. 443 (Fundstelle) ................................................................................ 274 The Sennar No. 2, House of Lords – 21.3.1985 – D S V Silo- und Verwaltungsgesellschaft mbH v Owners of The Sennar and 13 Other Ships [On appeal from the Sennar (No 2)], [1985] 1 W. L. R. 490; zit.: The Sennar No. 2 [1985] 1 W. L. R. 490 (Fundstelle) ........................................................ 89 Thoday v Thoday, Court of Appeal – 19.12.1963 – Thoday v Thoday, [1964] 2 W. L. R. 371, [1964] P. 181; zit.: Thoday v Thoday [1964] 2 W. L. R. 371, [1964] P. 181 (Fundstelle) .................................................................... 93 Tijanic v Tijanic, Probate, Divorce and Admiralty Division – 20.10.1967 – Tijanic v Tijanic, [1968] P. 181; zit.: Tijanic v Tijanic [1968] P. 181 (Fundstelle) .............................................................................................................. 165 Travers v Holley, Court of Appeal (Probate Division) – 14.7.1953 – Travers v Holley, [1953] P. 246; zit.: Travers v Holley [1953] P. 246 (Fundstelle)................................................................................ 160 ff., 165, 184 United States of America v Inkley, Court of Appeal (Civil Division) – 25.3.1988 – United States of America v Inkley, [1989] Q. B. 255; zit.: United States of America v Inkley [1989] Q. B. 255 (Fundstelle) ....................... 83 f. United States v Barnette, House of Lords – 22.7.2004 – United States v Montgomery (No. 2), also known as Barnette v United States or United States v Barnette, (2004) 1 W. L. R. 2241; zit.: United States v Barnette (2004 ) 1 W. L. R. 2241 (Fundstelle) ........................................................................ 219 Vadala v Lawes, Court of Appeal – 22.4.1890 – Vadala v Lawes, (1890) L. R. 25 Q. B. D. 310; zit.: Vadala v Lawes (1890) L. R. 25 Q. B. D. 310 (Fundstelle) ..................................................................................................... 272 f. Vallée v Dumergue, Court of Exchequer – 6.7.1849 – Vallée and Others v Dumergue, (1849) 4 Ex. 290; zit.: Vallée v Dumergue (1849) 4 Ex. 290 (Fundstelle) .............................................................................................................. 222 Vervaeke v Smith, House of Lords – 7.4.1982 – Vervaeke (formerly Messina) v Smith and Others, [1983] 1 A. C. 145; zit.: Vervaeke v Smith [1983] 1 A. C. 145 (Fundstelle) ........................................................... 240 ff., 279 Vogel v R. & A. Kohnstamm Ltd., Queen’s Bench Division – 23.4.1971 – Vogel v R. and A. Kohnstamm Ltd., [1973] Q. B. 133; zit.: Vogel v R. & A. Kohnstamm Ltd. [1973] Q. B. 133 (Fundstelle) ...................................... 175, 182 f. Welsby v Welsby, Probate, Divorce and Admiralty Division – 9.12.1969 – Welsby v Welsby, [1970] 1 W. L. R. 877; zit.: Welsby v Welsby [1970] 1 W. L. R. 877 (Fundstelle) ...................................................................................... 164
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Entscheidungsverzeichnis
Wilkes v Wood, Court of King’s Bench – 6.12.1763 – Wilkes v Wood, 98 E. R. 489, (1763) Lofft 1; zit.: Wilkes v Wood 98 E. R. 489, (1763) Lofft 1 (Fundstelle) .................................................................................................. 279 Williams v Jones, Court of Exchequer – 1.1.1845 – Williams v Jones, (1845) 13 Meeson and Welsby 628, 153 E. R. 262; zit.: Williams v Jones (1845) 13 M. & W. 628, 153 E. R. 262 (Fundstelle) .......................................... 72 Wolff v Oxholm, Court of King’s Bench – 6.2.1817 – G. Wolff and Others, Assignees of J. Wolff and J. Dorville, Bankrupts v Oxholm, 105 E. R. 1177, (1817) 6 M. & S. 92; zit.: Wolff v Oxholm 105 E. R. 1177, (1817) 6 M. & S. 92 (Fundstelle) ........................................................................................... 81 Wright v Simpson, Court of Chancery – 6.3.1802 – Wright v Simpson, (1802) 6 Ves. Jun. 714, 31 E. R. 1272; zit.: Wright v Simpson (1802) 6 Ves. Jun. 714 (Fundstelle) .......................................................................................... 71 Yukon Consolidated Gold Corp Ltd v Clark, Court of Appeal (King’s Bench Division) – 18.1.1938 – Yukon Consolidated Gold Corp Ltd v Clark, [1938] 2 K.B. 241 (Fundstelle); zit.: Yukon Consolidated Gold Corp Ltd v Clark [1938] 2 K.B. 241 (Fundstelle) ...................................................... 392
VII. Weitere ausländische Entscheidungen in alphabetischer Reihenfolge VII. Diverse ausländische Entscheidungen
Beals v Saldanha, Supreme Court of Canada – 18.12.2003 – Beals v Saldanha, (2003), S.C.R. 416, (2003) CarswellOnt 5101; zit.: Beals v Saldanha (2003) S.C.R. 416, (2003) CarswellOnt 5101 ............................................ 273 Erie v Tompkins, Supreme Court of the United States – 25.4.1938 – Erie R. Co. v Tompkins, 304 U.S. 64 (1938); zit.: Erie v Tompkins 304 U.S. 64 (1938) ...................................................................................................................... 295 Hilton v Guyot, Supreme Court of the United States – 3.6.1895 – Hilton et al. v Guyot et al, 159 U.S. 113 (1895); zit.: Hilton v Guyot 159 U.S. 113 (1895) (Fundstelle) ............................................................................................ 295 Keele v Findley, Supreme Court (Australia), Commercial Division – 13., 26.11.1990 – Keele and Another v Findley and Another, (1991) 21 N. S. W. L. R. 444; zit.: Keele v Findley (1991) 21 N. S. W. L. R. 444 (Fundstelle) .............................................................................................................. 273 Pro Swing Inc. v Elta Golf Inc., Supreme Court of Canada – 17.11.2006 – Pro Swing Inc. v Elta Golf Inc., (2006) S.C.C. 52, (2006) CarswellOnt 7203; zit.: Pro Swing Inc. v Elta Golf Inc. (2006) S.C.C. 52, (2006) CarswellOnt 7203 .................................................................................................... 91 f.
Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Literaturverzeichnis Adolphsen, Jens: Perspektiven der Europäischen Union – Gegenwartsfragen der Anerkennung im Internationalen Zivilverfahren, in: Hess, Burkhard (Hrsg.), Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht – Europäisches Vollstreckungsrecht, Bielefeld 2014, S. 1 ff.; zit.: Adolphsen, in: Hess, Die Anerkennung im Internationalen Zivilprozessrecht, 1 (Fundstelle) Agostini, Eric: L’exequatur: capitolade ou peau de chagrin?, Rec. D. 2008, S. 1110 ff.; zit.: Agostini, Rec. D. 2008, 1110 (Fundstelle) Alexandre, Danièle: Les pouvoirs du juge de l’exequatur, Paris 1970; zit.: Alexandre, Les pouvoirs du juge de l’exequatur, S. –: Sur la possibilité d’obtenir le divorce en France lorsqu’un jugement a déjà été rendu à l’étranger à propos du divorce, Rev. crit. DIP 1983, S. 597 ff.; zit.: Alexandre, Rev. crit. DIP 1983, 597 (Fundstelle) Alio, Tarec: Die Neufassung der Brüssel I-Verordnung, NJW 2014, S. 2395 ff.; zit.: Alio, NJW 2014, 2395 (Fundstelle) Althammer, Christoph: Verfahren mit Auslandsbezug nach dem neuen FamFG, IPRax 2009, S. 381 ff.; zit.: Althammer, IPRax 2009, 381 (Fundstelle) Ancel, Bertrand: Les règles de droit international privé et la reconnaissance des décisions étrangères, RDIPP 1992, S. 201 ff.; zit.: Ancel, RDIPP 1992, 201 (Fundstelle) –: Loi appliquée et effets en France des décisions étrangères, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986–87, S. 25 ff.; zit.: Ancel, Trav. com. fr. dr. int. pr. 1986-87, 25 (Fundstelle) Ancel, Bertrand/Lequette, Yves (Hrsg.): Les grands arrêts de la jurisprudence française de droit international privé, 5. Auflage, Paris 2006; zit.: Ancel/Lequette, GAJFDIP, N°, S. Ancel, Marc: La loi anglaise du 13 avril 1933 sur l’exécution des jugements étrangers, Rev. crit. DIP 1933, S. 541 ff.; zit.: Ancel, Rev. crit. DIP 1933, 541 (Fundstelle) Andenas, Mads: Civil Enforcement in England and Wales, EBLR 2006, S. 619 ff.; zit.: Andenas, EBLR 2006, 619 (Fundstelle) Andrae, Marianne: Die Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen, die vor der Vereinigung Deutschlands erlassen wurden, IPRax 1994, S. 223 ff.; zit.: Andrae, IPRax 1994, 223 (Fundstelle) Angst, Peter/Jakusch, Werner/Pimmer, Herbert (Hrsg.): Die Exekutionsordnung samt Einführungsgesetz, Nebengesetzen und sonstigen einschlägigen Vorschriften mit erläuternden Anmerkungen, Verweisungen und einer Übersicht über die veröffentlichte Rechtsprechung, Wien 1989; zit.: Angst/Jakusch/Pimmer, Die Exekutionsordnung, §, S. Arndt, Karl: Englische Gesetzgebung 1933, RabelsZ 9 (1935), S. 428 ff.; zit.: Arndt, RabelsZ 9 (1935), 428 (Fundstelle) Arnold, Hans: Anerkennungs- und Vollstreckungsabkommen in Zivil- und Handelssachen nach der Deutschen Einigung, BB 1991, S. 2240 ff.; zit.: Arnold, BB 1991, 2240 (Fundstelle)
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Literaturverzeichnis
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Sachverzeichnis Sachverzeichnis Sachverzeichnis absence de fraude siehe Rechtsmissbrauch action à titre principal 64 f. action en inopposabilité 66 ff. action in personam 79 f., 312, 387 f., 464, 467 action upon the foreign judgment 34, 70, 75 ff., 391 f. Adams v Cape Industries 168 ff., 171 ff., 182 ff., 215, 218 ff., 294, 483 Adhäsionsentscheidung 59, 83, 95, 325, 328, 356 f. Administration of Justice Act 1920 70, 78 f., 297, 374 ff., 469 ff. AETR-Rechtsprechung 6, 436 ff., 447 AEUV Art. 81 6, 409 f., 411 ff. Art. 216 6, 435 ff., 447 Amsterdamer Vertrag 7 f., 12 f., 24, 408 f., 446 Anerkennungsbegriff 35 ff. anerkennungsfähige Entscheidungen siehe Urteilsbegriff Anerkennungs- und Vollstreckungsverträge siehe bilaterale Staatsverträge Anerkennungszuständigkeit siehe internationale Zuständigkeit anti-suit injunctions 279 f. Anwendungsvorrang des Unionsrechts 350 f. application de la loi compétente siehe kollisionsrechtliche Kontrolle Arrêt Bachir 51 ff., 131, 204 ff., 220, 257, 262 Arrêt Bulkley 61, 204, 256 Arrêt Cornelissen 52 ff., 150, 309 ff., 363 f. Arrêt Munzer 50 ff., 122 ff., 151 f., 204 f., 266 f., 305, 399 Arrêt Parker 46 f., 60 f.
Arrêt Patiño 51, 236 f., 243 Arrêt Prieur 100, 142 ff., 363, 399 f. Arrêt Simitch 132 ff., 146 ff., 184, 266 ff., 269, 361, 445 Artt. 14, 15 C. civ. siehe Jurisdiktionsprivileg Ausführungsgesetze 343 ff. ausschließliche Zuständigkeit 134 ff., 403 Außenkompetenzen siehe Unionskompetenz automatische Anerkennung 14, 32, 61, 229, 343 autonomes Recht 7 AVAG 345 ff. Beatty v Beatty 86, 91 Beklagtenschutz 112 ff., 121, 180, 186, 193 ff., 362, 367 f., 388 f. Beschlussverfahren 344 ff. Beweismittel 223, 254, 263 f. bilaterale Staatsverträge 315 ff. Anwendungsbereich 319 ff., 355 ff., 377 ff. Bedeutung 394 ff. Begriffsauslegung 321 ff., 356 f. Deutschland 317 ff. deutsch-israelischer Staatsvertrag 341 ff. deutsch-tunesischer Staatsvertrag 330, 339 ff. Doppelqualifikation 322 f. England 373 ff. Frankreich 353 ff. historische Grundlagen 315 f., 317 ff., 353 ff., 374 ff. Staatsverträge der DDR 318 Überlagerung 338 ff., 347 ff., 368 f. Wertung 351 f., 372 f., 393 ff. Bilateralisierung 24, 28, 104 ff., 128 ff., 149
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Sachverzeichnis
Blohn v Desser 168, 182 Buchanan v Rucker 155 Carrick v Hancock 170 f. cause of action estoppel 73, 93 f. Code Michau 45 f. codifications napoléoniennes 47 defences 215, 222 ff., 271, 274 ff., 384, 388 discovery 253 f. doctrine of comity 71 ff., 294 ff. doctrine of estoppel per rem iudicatam 92 ff. doctrine of merger 73 domicile 156 ff., 160, 164, 179 Doppelexequierung Deutschland 44 f. England 76 Frankreich 56 Doppelfunktionalität 106 droits acquis 234, 256 EFTA 4, 10 f., 24, 433 f. Einlassung siehe rügelose Einlassung Einzelermächtigung siehe Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung Emanuel v Symon 158 ff. EMRK 187, 206, 219, 248, 259, 263, 279 ff. Endgültigkeit siehe final and conclusive Erfüllungsort siehe Gerichtsstand des Erfüllungsorts EuGVÜ 8 ff., 23 f., 303 f., 341 f., 345 f. europäische Regelungsoptionen siehe Regelungsoptionen europäischer Verfassungsvertrag 409 f. exemplary damages siehe punitive damages Exequaturverfahren Abschaffung 14 ff. Deutschland 33 f. Frankreich 60 ff., 370 ff. favor recognitionis 324, 349, 393 Feststellungsklage 31, 67 Feuerbach 2, 99 ff., 109, 319 final and conclusive 77, 85 ff., 379
Foreign Judgments (Reciprocal Enforcement) Act 1933 70, 77 ff., 83, 296, 374 ff., 393 formelle Rechtskraft 42 f. forum non conveniens 108 f., 172 forum shopping 253, 268 f. fraud (England) 271 ff. fraude à la loi siehe Rechtsmissbrauch fraude au jugement siehe Rechtsmissbrauch Funktionieren des Binnenmarkts siehe Unionskompetenzen Gegenseitigkeit 3 f., 71, 284 ff. Ausnahmen 288 Beweislast 287 f. Deutschland 285 ff. England 294 ff., 376 europäische Ausprägungen 297 ff. Frankreich 51, 293 f. Kriterien 286 f. Kritik 290 f., 300 f. partielle Verbürgung 289 f. rechtspolitischer Hintergrund siehe Kritik Statute Law 296 f. USA 295 f. Zeitpunkt 286 Generalklausel 146 ff., 161 ff., 402 ff. Gerichtsstand des Erfüllungsorts 330 f. Gerichtsstand des Vermögens 114 ff., 331 Gerichtsstandskatalog 329 ff., 359 ff. Gerichtsstandsvereinbarung siehe Prorogation Gleichstellungstheorie 36 Godard v Grey 76 Grünbuch zur Überarbeitung der EuGVVO 16, 421, 427 ff., 447 Günstigkeitsprinzip 338, 347 ff., 369 f., 392 Haager Gerichtsstandsübereinkommen 25 ff., 442 Haager Konferenz 7, 18 ff., 435, 446 Haager Konvention 1971 19 ff. Haager Programm 15 Heidelberg Report 427
Sachverzeichnis implied powers-Prinzip 437 Indyka v Indyka 157 f., 162 ff., 184 Inlandsverbindung 146 ff., 164 ff. internationale Zuständigkeit bilaterale Staatsverträge 329 ff., 340 f., 359 ff., 386 ff. Deutschland 97 ff., 329 ff. deutsch-österreichischer Vertrag 332 ff. deutsch-griechischer Vertrag 332 ff. deutsch-israelischer Vertrag 331 England 154 ff., 386 ff. Frankreich 122 ff., 359 ff. IPR-Reform 31 f., 187 f., 227, 233, 290, 302 ff. issue estoppel 93 f., 274 f. Judgments Extension Act 1868 374 Jurisdiktionsprivileg 100, 117, 138 ff., 363 justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen 408 ff. Kernpunkttheorie 228, 234 kollisionsrechtliche Kontrolle 301 ff. Abschaffung 303 f., 309 ff. bilaterale Staatsverträge 337 f., 363 ff. Deutschland 302 ff. Einschränkungen 305 ff. England 312 Frankreich 304 ff. Kritik 305 ff. Überblick 311 f. Kompensationsprinzip 251 f., 261 f., 278 Kompetenz siehe Unionskompetenz Kompetenz-Kompetenz 411 Kriterienkatalog 401 ff. Krombach ./. Bamberski 223, 282, 284 Kumulationstheorie 36 f. Leihmutterschaft 260 lien caractérisé siehe Inlandsverbindung Luganer Übereinkommen 10 f., 431 ff. Beitritt 431 ff. Ratifizierungsmechanismus 434 f. Lugano-Gutachten 441 ff., 446 Mack Trucks-Entscheidung 131 f., 151 f. Maharanee of Baroda v Wildenstein 171 Mehrrechtsstaaten 107 f.
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multiple damages 279 Nationalitätsprinzip 229, 232, 236 f., 242 natural justice 216 ff., 271 Negativkatalog 10, 14, 33, 322, 380 f., 404 Nichteinlassung 189 NYÜ 17 ff., 24 f., 41, 58, 395 Niederlande 2 Normenvielfalt 5 f., 352, 397, 431, 446 f. Nouveau Code de procédure civile 4, 49 f., 65 f., 135, 237 Nouvion v Freeman 86 f. order in council 375 ff., 400 ordre public 243 ff. anerkennungsrechtlicher Begriff 246 f. Beurteilungszeitpunkt 247, 257 f. bilaterale Staatsverträge 334 ff., 365 ff. materiellrechtlicher Begriff 249 ff. verfahrensrechtlicher Begriff 207 ff., 252 ff., 262 ff. Deutschland 245 ff. England 270 ff. europäischer Begriff 280 ff. Europäisierung siehe europäischer Begriff effet atténué 246 f., 256 f., 365 Frankreich 255 ff. proximité 257 Owusu ./. Jackson 417 Parallelübereinkommen 10 ff., 434 Parteimaxime 265 Pemberton v Hughes 168 f., 220 presence 169 ff., 387 pre-trial discovery siehe discovery Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung 411, 435 Prioritätsprinzip 230 f., 235 ff., 238 f., 242 ff. Prorogation 27 f., 110, 118 f., 181 ff., 330, 341 Protection of Trading Interests Act 1980 84 f., 279 Prozessbetrug 253 public policy 271, 275 ff. punitive damages 281 Deutschland 251 f.
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Sachverzeichnis
Frankreich 261 f. England 277 ff. Rahmengesetz 376, 394, 410 real and substantial connection siehe Inlandsverbindung rechtliches Gehör siehe Verfahrenseinleitung Rechtshängigkeit 226 ff., 231 f., 238 f. Rechtskrafterfordernis Deutschland 42 f. England 85 ff. Frankreich 56 Rechtsmissbrauch 52, 144, 150 ff., 266 ff., 271 ff. Rechtssetzungskompetenz siehe Unionskompetenz Regelungsoptionen 407 ff. Registrierung 380 ff. Ermessen des Registrierungsgerichts 382 Registrierungsantrag 383, 390 f. Verfahren 389 ff. Zuständigkeit 391 residence 157 ff., 169 ff., 387 révision au fond 34, 47 ff., 76, 125, 220, 245, 273 f., 287, 301 ff., 359, 401 Reziprozität siehe Gegenseitigkeit Rückgriff auf autonomes Recht siehe Günstigkeitsprinzip rügelose Einlassung 119 f., 176 ff. Rügeobliegenheit siehe Verteidigungsobliegenheit Schadenskompensation siehe Kompensationsprinzip Schibsby v Westenholz 74, 157 ff., 176 f. Schutz der Jurisdiktionssphäre 109 ff., 136 Showlag v Mansour 242 Spiegelbildprinzip 101, 104 ff., 128 ff., 160 Statute Law 373 ff. Stockholmer Programm 15, 430 f., 446 submission siehe rügelose Einlassung Subsidiaritätsprinzip 422 ff. substantial justice siehe natural justice talaq-Scheidung 259 f.
Territorialitätsprinzip 1 f., 105, 170 f. Theorie der Wirkungserstreckung 35 f. transient rule 107, 171 f. Travers v Holley 160, 184 theory of obligation 71 ff. Unionskompetenzen 408 ff. Außenkompetenzen 435 ff. Binnenmarktbezug 418 ff. Funktionieren des Binnenmarkts 419 ff. grenzüberschreitende Bezüge 415 ff. historische Entwicklung 12 f., 408 ff. reibungslose Abwicklung von Zivilverfahren 421 ff. Staatsverträge 430 ff. Vertrag von Lissabon 409 ff., 420, 447 Unparteilichkeit des Richters 143, 252, 263, 272 Unterhaltszahlungen 276, 327, 342 Unvereinbarkeit siehe Urteilskollision Urteilsbegriff bilaterale Staatsverträge 326 ff. Deutschland 40 ff. England 76 ff., 384 ff. Frankreich 54 ff. Urteile in personam 79 ff., 166 Urteile in rem 79 ff. Urteilsherkunft 56 f. Urteilskollision 226 ff. bilaterale Staatsverträge 336 f., 367 ff. Deutschland 226 ff. England 240 ff. Frankreich 233 ff. Verbürgung der Gegenseitigkeit siehe Gegenseitigkeit Verfahrenseinleitung 186 ff. Deutschland 187 ff. England 214 ff., 388 f. Frankreich 204 ff. Schriftstück 192 f., 210 f. Vergemeinschaftung 11 ff., 408 ff. Verhältnismäßigkeitsgrundsatz 425 f. Vermischungsverbot 349 Vermögensgerichtsstand 114 ff. Verordnungsvorschlag vom 14. Dezember 2010 428 f. Versagungsgründe 30 f., 194 ff., 214, 271
Sachverzeichnis Verteidigungsobliegenheit 190 ff., 224, 254, 272 ff. Vertrag von Lissabon siehe Unionskompetenzen Vervaeke v Smith 240 f. Vollstreckbarerklärung 33 f. Vollstreckungsverfahren 343 ff., 370 ff., 404 f. Zahlungsurteile 90 ff., 95, 381, 402 Zivil- und Handelssachen
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bilaterale Staatsverträge 320 ff., 356 f. Deutschland 38 ff., 320 ff. England 81 ff. Frankreich 58 ff. Zustellung 192 ff. Heilung von Mängeln 198 ff., 222 Ordnungsmäßigkeit 196 ff., 211 ff., 221 ff., 263 Rechtzeitigkeit 201 ff., 213 ff. Übersetzung 212 Urteil 194, 265