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German Pages 33 [40] Year 1904
Vorträge der theologischen Konferenz zu Glessen =
22. f o l g e
Derder und die ästhetische Betrachtung der heiligen Schrift von
Dr. F). Decbent Pfarrer In Frankfurt a. JM.
% Ridter'öche Verlagsbuchhandlung (Alfred Cöpelmann) « Glessen 1904
J.Ricker'scheVerlagsbuchhandlung(AlfredTöpelmann) in Gießen
Zur gefl. Beachtung! Wer an seinem geistigen Auge die Probleme vorüberziehen lassen will, die die Theologie der beiden letzten Jahrzehnte beschäftigt haben, findet in den von hervorragenden Fachgenossen gehaltenen
Vorträgen der theologischen Konferenz zu Giessen ihren getreuen Niederschlag. Aber der nicht unbeträchtliche Preis für die ganze Reihe wird heute schon manchen, der sie zu besitzen wünschte, von ihrem Erwerb abhalten. Einzelne Fälle dieser Art sind der Verlagsbuchhandlung hin und wieder bekannt geworden. Wenn sie sich daraufhin heute entschließt, die ersten zwanzig Vorträge mit Ausnahme der seit Jahren vergriffenen Nummern 1, 3 und 7 zu einem wesentlich niedrigeren Gesamtpreis anzubieten, so hofft sie, damit einer größern Zahl von Interessenten einen willkommenen Dienst zu erweisen. Als Nummer 7 erschien seinerzeit der Vortrag von Kattenbusch: „Von Schleiermacher zu Ritschl", der in 3. vielfach veränderter Auflage im Vorjahr außerhalb der Vortragsreihe ausging. Der Ladenpreis jener 17 Vorträge betrug bisher Mk. 17.60 und wird hiermit bis auf Widerruf auf Mk. 9.— herabgesetzt. Jede Buchhandlung ist imstande, zu diesem Preise zu liefern. Die Titel der Vorträge sind auf der 3. Umschlagseite verzeichnet.
Torträge der theologischen Konferenz zu Glessen =
22. folge
Derder und die ästhetische Betrachtung der heiligen Schrift Ton
D r . F). Decbent Pfarrer {n Frankfurt a. JW.
X Richer'sche Verlagebuchhandlung (Hlfred Opelmann) « Gleesen 1904
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S c u d Don C. 0 . Stöbet, Sci»])«.
S e i einem Stiele auf bie ©nttoidlung be3 fybtyxn ©eifteStebenä itt 2)eutfd)ianb treten unS manche Tanten entgegen, bie ju iljrer 3eeoretifc^e SInerfen» nung gefunben ^aben, fo fönnten fie boc§ im firdjiidfjen Setriebe noc§ meljr praltifdje SBertoertung finben. 9IHer= bingS finb mandje feiner Stnfid^tcn burcf) bie gefd)kf)t* Iid|e (Snttiricfiung naturgemäß überholt — befonbetö auf bem ©ebiete ber ftjftematifdjen Geologie. §ier ift ber ©influfj ©cfjleiermaci)er3 fo übermächtig getoefen, baß Verberg ©ntoirfung babor jurücftritt, »nenn er aucf) teil« toeife fc^on ähnlidje Sahnen gewtefen unb »enigftenS für bie SReligion eine eigene Sßrobutj im ©emüte geforbert fjat. dagegen finb §erber8 ©ebanfen Ijeute nodf) bon unfd)äfc= barer S9ebeutung für baS 83erftänbniS ber biblifd^en tlr= funben, fotoie für alle bamit im 3ufammenf)ang fteljenben t^eologifc^en 35iS}ipIinen. gtoar fafien ©njelergeb® niffe in bejug auf bie SinleitungSfragen nic^t me^r auf' redt)t erhalten — in biefer ^infic^t fjat befonberS bie Xübinger ©t^ule für baö neue Xeftament, bie SEBelHjaufenfdje für baS alte Probleme aufgerollt, bie jener $eit noc§ fremb toaren — aber toaS §erber8 SRettyobe ber ©«ijriftbetradjtung anlangt, fo fann er nocf) ijeute als (Srjieljer für alle Xfjeo«
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logen gelten, feien e$ SDfännet bet $od)fd)ule, Äanjelrebner ober Silbner bei Sugenb. ¿pier ift fein ©nfiufj nic^t über» holt, i)ier ertoeift er fidj nod) immer als treuer SDfentor, ber begeifternb, toedenb, toarnenb eine Sföiffion an bem %i)eo* logengefdjiedjte erfüllen fann. ©o urteilt auc| Siuguft SEBerner1): „Berber ift ber prophetiftfje S^puä ber ge= famten mobernen Geologie, ein Äeimpunft unferer neueren fircpdjen (Snttoicflung. berfte^en heifit bie Urforünge ber fachlichen©egentoartbegreifen." STudE) § o r f t S t e p h a n gibt in bem SubiläumSartifel ber Schriftlichen SBelt2) ber Überjeugung 5luäbrucf: „©eine Anregungen finb noch lange nicht erfdjöpft; bor allem baö religiöfe ©ebiet fann noch biel Don feiner Anregung empfangen", ©o barf benn ber 9hif: „SWehr §erber!" unbebenflicfj erhoben toerben. (©iehe bie ßeitfäfce!) A l s Sahnbrecher in bejug auf baS Sßerftänbniö ber SBibel §at Berber [ich bor aßen erttriefen burdj bie ge= niale Art, toie er bie äfthetifche ^Betrachtung ber i)tu ligen ©ehr ift beitreten ljat. SBir berftehen ^ier ba8 SEBort „äfthetifch" imroeiteften©inne, ben eö juläfjt. i)an= bett fich um ben im einzelnen unwägbaren, aber gemifj un= leugbaren ©nflufj, ben ©emüt, ^S^antafie, Sßietät für ©etpadjfeneä, ©efüht für baS Sr^abene, greube am Sföenfd)* liiert für baä tiefere SSerftänbniS eines ©c^rifttoorteä in bie SE8agftf)aie toerfen. SEBaS mir poetifcfjen ©inn, fünftlerifdjen ©inn, fjiftorifc^en ©inn nennen, baS ift alle« in biefer Betrachtung miteingef^ioffen; aber fie barf noch einen toeiteren Umfang für ftd) in Anfpruch nehmen.
Berber al8 Geologe. $ie: §erber nad) feinem fieben unb feinen Serien. ¡Berlin, ©aertner. 1885. 331». H, ©. 129. *) ©o SKattljiaS in ber biograjrfjifdjett ©inleitung ju feiner trefflidjen 2lu8»aljl an« §erber8 Serien. 2eipjig = SBien, Siblio-
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literarifdjen Stfotijen, fotoie StuSgelebteS in §infidjt auf bie ©injelergebniffe augjufdjaiten unb SBiebet^otungen ju be= fettigen toären. Sin folc^eö Saienbreöier jur ©infüfjrung in bte ^eilige (Schrift toürbe getoifj manchen Detfefjrten ®e= brauch ber Söibel öerfjtnbern. (Sine gortfcgung biefer 53riefe biiben bie 1782 erfdjienenen „ B r i e f e an l ^ e o p f j r o n " . 3 n gleichet Stiftung betoegt ficfy baä Sßerf „Bom ®eifte bet f)ebräifct)en Sßoefie", bad fidfj a6er naturgemäß nur auf bie bid)terifdjen ©teilen ber Söibcl begießt, fotttie bie (Schrift ü6er „®ie äiteften U r f u n b e n beö 2Wenfcf)engefc^Iect)tS". Bon Sntereffe für ben üorliegenben ift aud) eine Sßrebigt über bie ©öttlidjfeit unb ben (Sebraud) ber Bibel, bie un3 jeigt, in toeic^er Söeife gerbet bie @r= gebniffe feiner gorfti)ung auf ber Äanjei bertreten f)at. Snbem toir nun §erberiftorifd)sfritifdf}en S3etrad(jtung ber Sibel, bafj oijne biefen Sinfd^iag in bag ©ewebe bte gorfdfjung überhaupt nichts Sebengfäijigeg fdjaffen fann; aber Wenn @emüt unb $§antafie ficfj rücffic^tglog gegenüber ben ruhigen ©tWägungen beg SBerftanbeg geltenb machen, fo wirb bag 9ied)t ber' freien gorfc^ung öerfümmert. @ewifj ift bie göttliche SBa^r^eit ein §ofjeg ®ut, aber ntan barf nidjt öergeffen, bafj bag O r g a n j u ityrer Aneignung bie 28a1jr= ^aftigieit ift; Wirb ung biefeg Organ aug falfc^er SRüdfidjt gefdjäbigt, fo werben wir nie ju einem wirftidfjen Söeftfc ber SBaljr^eit fommen. SBir finb alfo nidjt ber ÜKeinung jeneg guten Slfabemiferg Don Slltborf, ber bem jungen %f)eo= logen H u f n a g e l ben 9iat erteilte: „3c§ iann ©ie nidjt genug warnen, neue ©üdjer j u lefen." SBie anberg lauten Verberg 9iatfcf)Iäge in ben ©riefen an Xljeopljron, in benen er greiijeit für ben menfdjtidjen ®eift forbert, gefegt, er mifjbrauc^e audj bie greiljeit. SBir ijaben aber gefe^en, bafj §erber felbft öfter fritif^e Probleme j u rafdfj abgetan l)at — unb biete G e o l o g e n nac§ iljm (jaben fidj Don foidjer romanttfdjen 2>enfweife gieidfjfaHg §u feijr beftimmen laffen.
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9Ran überfd)ä$t überhaupt unter bem (Sinffuffe einer getmffen religiösen ©efüljligieit bie ®efai>ren ber tf)eo= logifdjen Äritif. Sßenn e8 richtig ift, bafe nur bei einem fjofjen ©rabe Don $Radjempfinbwtg8fäi)tgfeit, nur bei liebe« üollent ©idf)t>erfefcen in ben ©eift einer auSjulegenben ©d()rift, e8 un§ gelingt in beren liefen toirflicf) einju» bringen, fo ift !aum ju befürchten, bafj böUig irreligiöfe ©eifter bauernbcn ©nflufj in bejug auf baS Sßerftänb» niä ber ^eiligen ©djrift gertinnen fönnen. STZatürlic^ fönnen immer einjetne irregeleitet »erben, aber if)re §typotljefen »»erben ba8 gelb nidjt behaupten. @o trägt bie edjte Sritit im gewiffen ©inn ein Heilmittel in fici) felbft — t^eologif^e ßelirer, welche o^ne religiöfeS Seben finb, »erben feine bleibenbe SBirfung erjielen. 3)a3 ift aucf) eine ©ac§e be3 ©laubenS, wenn gleich folc^e ßuberfidjt bei Bielen fe^lt, meldte bie ©adjje beS rechten ©laubenS otyne regten ©lauben an bie ©ad)e öertreten unb beä^alb nur bie ©dfyattenfeiten ber t^eologif^en gorfdjung ijeröorfe^ren. „5Nef)r § e r b e r " rufen mir audjj ben SDiännern ju, bie Don ber t>erant»ortung3bolIen ©teile ber S a n j e l fjerab ju bem ©efc^leci)te biefer Xage ju reben haben. 9?ic^t in bem ©inne, als müßte bie Sßrebigt immer in einem poetifdjen ©etoanbe erfd^einen — biefe ©abe ift nidjt jebem gegeben unb »irb leicht mifjbraudtjt — fonbern in bem ©inne, baß ber ©eelforger fief) felbft liebetioll in bie SSergangen^eit öerfenft unb feine ©emeinbe in folgern ©eifte ju ergießen fucfjt. 28a8 ^ier empfohlen ttierben foll, ift alfo nic^t eine befonberS funftgeredfjte ^ßrebigtart — aud) »eniger biegte» rifcf) beanlagte Naturen »erben bei rebli^em SBiHen im» ftanbe fein, bem Siufe: „2Jieljr§erber!", tote er t)ier ge= meint ift, golge ju leiften. 2lm »enigften fann e3 fic§ um ein kopieren ber Herberten Sßrebigtweife ^onbeln,
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benn Wenn et felbft nie getoiQt mar, biofj ein «Spiegel frem= ben SEBefenS ju fein, trenn ertoielmeljrftete auf ©ntroicf= lung feiner Sigenart bebaut mar, fo toäre nichts toeniger in feinem ©eifte als ein fflatoifdjeS SJiadjaljmen feiner Slrt. 9lucf) ba3 ift eine Aufgabe ber ©eiftlk^en, bafj bie ©emeinbeglieber üon ber Sanjel Ijerab angeleitet »erben, bie ©t^rift ridjtig ju tefen. SSteöiel Unheil ergibt fidj auä falfdjer, ob aud} cijrtic^ gemeinter Slnhienbung ber SBibei in frommen Saienfreifen, befonberä ba too feftirerifdje @tn= ftüffe ftcf) geltenb ntacfjen! SSiei ift fdjon gewonnen, toenn bie ©emeinbe einmal fidE) bie grage fteHt: SBaStooHteber SBerfaffer be§ jugrunbe gelegten iejteg urfprünglicty fagen? 2Ba§ war ber nädjfte ©inn unb bie eigentliche Slbfidjt feiner SEBorte? ®ie meiften Saien, bie fid) audj mit ber ^eiligen Schrift befestigen, intereffieren fidj lebiglidj für bie felbft* toerftänblidj aud) toidjtige grage: 2Ba3 fagt mit ein be= ftimmteä SJibeltoort?