126 40 5MB
German Pages 343 [344] Year 2017
Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht 374 Herausgegeben vom
Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht Direktoren:
Jürgen Basedow, Holger Fleischer und Reinhard Zimmermann
Nicola Hoischen
Die Vermögensauseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Deutschland und Frankreich Eine rechtsvergleichende Analyse mit abgrenzender Betrachtung der Vermögensauseinandersetzung von Ehen und registrierten Partnerschaften
Mohr Siebeck
Nicola Hoischen, geboren 1983; 2003–2007 deutsch-französischer Studiengang Rechtswissenschaften Köln/Paris I mit den Abschlüssen Magister Legum (LL.M.) sowie Maîtrise en droit; 2009 Erstes Staatsexamen in Köln; 2009–2012 Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität zu Köln; 2011–2013 Referendariat im OLG Bezirk Köln; 2013 Zweites Staatsexamen in Düsseldorf; seit 2014 Notarassessorin bei der Rheinischen Notarkammer; 2015 Promotion.
Zugl.: Köln, Univ., Diss 2015. e-ISBN PDF 978-3-16-154192-6 ISBN 978-3-16-154191-9 ISSN 0720-1141 (Studien zum ausländischen und internationalen Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National bibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2017 Mohr Siebeck, Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Nädele in Nehren gebunden.
Vorwort Die Juristische Fakultät der Universität zu Köln hat die vorliegende Arbeit am 23. März 2015 als Dissertation angenommen. Bei der Aktualisierung konnten Rechtsprechung und Literatur bis zu diesem Zeitpunkt berücksichtigt werden. Mein besonderer Dank gilt meiner Doktormutter Frau Professor Dr. Barbara Dauner-Lieb für die Anregung des Themas und die Betreuung der Dissertation. Ebenfalls danken möchte ich Herrn Professor em. Manfred Lieb für die Erstellung des Zweitgutachtens. Den Herausgebern der Schriftenreihe danke ich für die freundliche Aufnahme meiner Arbeit. Herzlich danken möchte ich ebenfalls meinen Eltern Lothar und Maria Hoischen sowie meiner Schwester Julia Hoischen für die hilfreichen Korrekturarbeiten. Für die wertvolle und verständnisvolle Unterstützung bei der Vorbereitung zur Disputationsprüfung gilt mein besonderer Dank Andreas Metten. Berlin, im Oktober 2016
Nicola Hoischen
Inhaltsübersicht Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 B. Methodik der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – eine Partnerschaftsform zwischen gewollter rechtlicher Bindungslosigkeit und Bedarf nach rechtlichem Schutz . . . . . . 21 A. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Vermögensrechtliche Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft während der Dauer der Partnerschaft . . . . . 37
Teil 2: Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung und Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 A. Problematische Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe – Gegenmodell oder Vorbild für die Auseinandersetzung bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften? . . . . . . . . . 48 C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch Trennung . . . . . . . 88 D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch Tod . . . . . . . . . . 159
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Inhaltsübersicht
Teil 3: Die registrierten Partnerschaften des deutschen und französischen Rechts und die Vermögensauseinandersetzung bei ihrer Beendigung – ein Lösungsansatz für nichteheliche Lebensgemeinschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 A. Die Vermögensauseinandersetzung bei der deutschen Eingetragenen Lebenspartnerschaft – eine Anlehnung an das Eherecht . . . . . . 181 B. Die Vermögensauseinandersetzung beim französischen PACS – eine gegenüber dem Eherecht autonome Lösung . . . . . . . . . . 187 C. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der registrierten Partnerschaft im deutschen und französischen Recht – ein zusammenfassender Vergleich im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 B. Ausgestaltung eines möglichen Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht . . . 241 C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland . . . . . 247
Teil 5: Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten des deutschen und französischen Rechts bezüglich nichtehelicher Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 A. Keine Vereinheitlichung des (materiellen) europäischen Familienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 B. Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten durch bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich 265
Zusammenfassung und Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . 277 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V Inhaltsübersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIX
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 A. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 I. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft als Massenphänomen . 3 1. Ursachen für die Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2. Verschiedene Ausprägungen der nichtehelichen Lebens gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 II. Die Erfassung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Teilbereichen des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 III. Die Problematik vermögensrechtlicher Auseinandersetzungs streitigkeiten bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 IV. Die Behandlung der Problematik in der Literatur . . . . . . . . 10 V. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft in Abgrenzung zur Ehe und zur registrierten Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . 11 VI. Die Frage nach Harmonisierungsmöglichkeiten der deutschen und französischen Rechtsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 14 B. Methodik der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 I. Ziel der rechtsvergleichenden Untersuchung . . . . . . . . . . 16 II. Die Methode des funktionalen Vergleichs . . . . . . . . . . . . 16 1. Das konkrete Sachproblem bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . 17 2. Die Wahl der deutschen und französischen Rechtsordnung . 17 C. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
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Inhaltsverzeichnis
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – eine Partnerschaftsform zwischen gewollter rechtlicher Bindungslosigkeit und Bedarf nach rechtlichem Schutz . . . . . . 21 A. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Rechtshistorische Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 II. Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft . . . . . . . 25 1. Der Weg der deutschen Rechtsprechung von der eheähnlichen zur faktischen Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . 26 2. Definition des concubinage im Code civil – Nutzen einer Definition ohne daran anknüpfendes Rechtsstatut? . . . . . 29 III. Die Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft . . . 32 IV. Die Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft . . . . 34 1. Wirkungen zwischen den Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 2. Wirkungen zwischen nichtehelichen Eltern und ihren Kindern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Abstammung nichtehelicher Kinder . . . . . . . . . . . . 35 b) Sorge- und Umgangsrecht für nichteheliche Kinder . . . 35 c) Adoption von Kindern durch nichteheliche Lebenspartner 36 3. Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 B. Vermögensrechtliche Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft während der Dauer der Partnerschaft . . . . . 37 I. Vermögenstrennung als Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Vereinbarungen im Hinblick auf gemeinsame Vermögensbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 III. Keine solidarische Haftung für Schulden des alltäglichen Bedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 IV. Unterhalt zwischen nichtehelichen Partnern . . . . . . . . . . 41
Teil 2: Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung und Tod . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 A. Problematische Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 I. Kein gesetzlich normiertes Ausgleichsregime . . . . . . . . . 46 II. Keine individualvertragliche Regelung zwischen den Partnern 46
Inhaltsverzeichnis
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B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe – Gegenmodell oder Vorbild für die Auseinandersetzung bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften? . . . . . . . . . 48 I. Ausgleichsmechanismen des ehelichen Güterrechts . . . . . . 48 1. Eheliches Güterrecht in Deutschland . . . . . . . . . . . . . 49 2. Eheliches Güterrecht in Frankreich . . . . . . . . . . . . . 51 3. Privatautonomie im ehelichen Güter- und Scheidungsrecht . 56 a) Ehevertragsfreiheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 b) Scheidungsfolgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 c) Abdingbarkeit der Scheidungsfolgen . . . . . . . . . . . 61 d) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4. Vergleichende Gegenüberstellung des deutschen und französischen Ehegüterrechts im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 II. Der vermögensrechtliche Ausgleich zwischen Ehegatten außerhalb des Güterrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 1. Ausgleich zwischen Ehegatten außerhalb des Güterrechts in Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Die Ehegatteninnengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 68 bb) Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 69 cc) Würdigung der Ehegatteninnengesellschaft in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 b) Die ehebedingte Zuwendung . . . . . . . . . . . . . . . 72 aa) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 73 bb) Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 74 cc) Würdigung der ehebedingten Zuwendung in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 c) Der familienrechtliche Kooperationsvertrag . . . . . . . 76 aa) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 77 bb) Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 77 2. Ausgleich zwischen Ehegatten außerhalb des Güterrechts in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 a) Die entgeltliche Schenkung/la donation rémunératoire . 79 b) Die faktische Gesellschaft/la société créée de fait . . . . 80 aa) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . 81 c) Der bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch/ l’actio de in rem verso . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
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Inhaltsverzeichnis
aa) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . bb) Anwendungsvoraussetzungen . . . . . . . . d) Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . 3. Vergleichende Gegenüberstellung des deutschen und französischen Nebengüterrechts im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 82 . . . . 82 . . . . 83
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C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch Trennung . . . . . . . 88 I. Die Vermögensauseinandersetzung nach sachenrechtlichen Grundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 II. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche zur Korrektur der als „unbillig“ empfundenen Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . 94 III. Schuldrechtliche Ausgleichsmechanismen bei Trennung im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Die Rechtsprechung des BGH – vom „Abrechnungsverbot“ zur Gewährung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche . . . 96 a) Der frühere Rechtsprechungsgrundsatz zum „Abrechnungsverbot“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 b) Kritik am „Abrechnungsverbot“ . . . . . . . . . . . . . 98 c) Die Rechtsprechungsänderung des BGH durch die Urteile vom 9. Juli 2008 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Die schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche nach aktueller BGH-Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 a) Schenkungsrechtlicher Ausgleich . . . . . . . . . . . . . 100 b) Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich bei Auflösung einer Innengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs . . . . . . 103 bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . 104 cc) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 105 c) Bereicherungsrechtlicher Ausgleich nach der Zweckverfehlungskondiktion . . . . . . . . . . . . . . . 106 aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs . . . . . . 106 bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . 107 cc) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 108 d) Ausgleich nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs . . . . . . 108 bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . 110
Inhaltsverzeichnis
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cc) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 112 e) Anwendbarkeit der Rechtsprechung auf andere als nichteheliche Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . 112 4. Kritische Würdigung der Rechtsprechungsänderung des BGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 a) Kritik bezüglich der gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 b) Kritik bezüglich der bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 c) Kritik bezüglich der Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage . . . . . . . . . . . . . 115 d) Kritik bezüglich der Anwendung der Rechtsprechung auf andere als nichteheliche Lebensgemeinschaften . . . . . 117 IV. Schuldrechtliche Ausgleichsmechanismen bei Trennung im französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 1. Die Rechtsprechung der Cour de cassation zur Gewährung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche . . . . . . . . . . . 118 a) Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich über die faktische Gesellschaft/société créée de fait . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs . . . . . . 119 bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . 123 cc) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Bereicherungsrechtlicher Ausgleich/enrichissement sans cause nach der actio de in rem verso . . . . . . . . . 126 aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs . . . . . . 127 bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs . . . . . . . . . 127 cc) Typische Anwendungsfälle . . . . . . . . . . . . . . 127 c) Rückgewähr einer Zuwendung über das Schenkungsrecht 130 2. Die Rechtsprechung der Cour de cassation zu Entschädigungsansprüchen der verlassenen Partnerin/ des verlassenen Partners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Schadensersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 b) Naturalobligation/Obligation naturelle . . . . . . . . . . 136 3. Ausblick zu sachenrechtlichen Ausgleichsansprüchen beim Hausbau auf fremdem Grund . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4. Kritische Würdigung der Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung im französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . 140
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V. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung im deutschen und französischen Recht – ein zusammenfassender Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 1. Gemeinsame Vermögensbildung und Vermögensveranlagung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 2. Berufliche Mitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Erwerb und Renovierung der gemeinsam genutzten Wohnung/„Hausbau-Fälle“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 4. „Unentgeltlich“ erfolgte Zuwendungen . . . . . . . . . . . . 151 5. Ausgaben des alltäglichen Bedarfs . . . . . . . . . . . . . . 153 6. Haushaltsführung und Kinderbetreuung . . . . . . . . . . . 154 D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch Tod . . . . . . . . . . 159 I. Kein gesetzliches Erbrecht für den überlebenden Partner . . . 160 II. Grenzen einer testamentarischen Erbeinsetzung . . . . . . . . 161 III. Mögliche Vertragsgestaltungen zu Lebzeiten der Partner . . . 163 IV. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 1. Ausgleichsansprüche bei Tod des Zuwendenden . . . . . . . 167 2. Ausgleichsansprüche bei Tod des Zuwendungsempfängers . 171 V. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod im französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 VI. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod im deutschen und französischen Recht – ein zusammenfassender Vergleich . 177
Teil 3: Die registrierten Partnerschaften des deutschen und französischen Rechts und die Vermögensauseinandersetzung bei ihrer Beendigung – ein Lösungsansatz für nichteheliche Lebensgemeinschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 A. Die Vermögensauseinandersetzung bei der deutschen Eingetragenen Lebenspartnerschaft – eine Anlehnung an das Eherecht . . . . . . 181 I. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . 182 II. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft . . . . . . . . . . . . . . 185
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B. Die Vermögensauseinandersetzung beim französischen PACS – eine gegenüber dem Eherecht autonome Lösung . . . . . . . . . . 187 I. Der PACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 1. Die Begründung des PACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 2. Die Wirkungen des PACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 a) Persönliche Wirkungen des PACS . . . . . . . . . . . . . 192 b) Vermögensrechtliche Wirkungen des PACS . . . . . . . 194 aa) Finanzielle Unterstützungspflicht/aide matérielle zwischen den Partnern . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Solidarische Haftung für Ausgaben des täglichen Bedarfs gegenüber Dritten . . . . . . . . . . . . . . . 196 3. Die Beendigung des PACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 a) Beendigungsgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 b) Beendigungswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 II. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung des PACS 203 1. „Gesetzlicher Güterstand“ des PACS: Gütertrennung/ séparation de biens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Wahlgüterstand: indivision . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 3. Güter- und schuldrechtliche Auseinandersetzung beim PACS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 III. Ausblick auf die Entwicklung des PACS . . . . . . . . . . . . 214 C. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der registrierten Partnerschaft im deutschen und französischen Recht – ein zusammenfassender Vergleich im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217
Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 I. Ausgangslage im deutschen und französischen Recht . . . . . 223 II. Vergleich mit anderen europäischen Rechtsordnungen . . . . . 224 1. Anknüpfungspunkt möglicher Regelungen: Das faktische Zusammenleben als Paar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 2. Anknüpfungspunkt möglicher Regelungen: Die Registrierung der Partnerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
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Inhaltsverzeichnis
III. Argumente gegen die Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . 232 IV. Argumente für die Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . 236 B. Ausgestaltung eines möglichen Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht . . . 241 I. Ausgestaltung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . 241 II. Ausgestaltung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften in Deutschland . . . . . . . . . . . . . 243 C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland . . . . . 247 I. Ausgangssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 II. Argumente für die Einführung des PACS in Deutschland . . . 249 III. Verfassungsrechtliche Hürden . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 IV. Ausgestaltung eines „deutschen PACS“ . . . . . . . . . . . . . 256 V. Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
Teil 5: Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten des deutschen und französischen Rechts bezüglich nichtehelicher Lebensgemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 A. Keine Vereinheitlichung des (materiellen) europäischen Familienrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 261 B. Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten durch bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich 265 I. Rechtsvereinheitlichung durch bilaterale Abkommen: der deutsch-französische Wahlgüterstand als „Pilotprojekt“ . . 265 1. Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 2. Güterrechtliche Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 3. Kritische Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 II. Rechtsvereinheitlichung durch Einführung eines deutsch-französischen PACS? . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 III. Rechtsharmonisierung durch Kodifizierung eines vermögensrechtlichen Ausgleichsregimes unter Anknüpfung an die faktische Paarbeziehung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273
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Zusammenfassung und Gesamtergebnis . . . . . . . . . . . . . . . 277 1. „Massenphänomen“ ohne Rechtsstatut . . . . . . . . . . . . . 277 2. Widerstreitende Erwartungen nichtehelicher Paare an den vermögensrechtlichen Ausgleich . . . . . . . . . . . . . 278 3. Untätigkeit der Legislative, Fehlen individualvertraglicher Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 4. Keine direkte oder analoge Anwendung des Güterrechts . . . . 279 5. Übertragbarkeit der Ausgleichsmechanismen des „Nebengüterrechts“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 6. Keine „Totalabrechnung“ bei Beziehungsende . . . . . . . . . 283 7. Ausgleichsfähigkeit von wirtschaftlich bedeutenden Vermögenswerten und Arbeitsleistungen . . . . . . . . . . . . 284 8. Dogmatische Übereinstimmung: Gesellschaftsrechtliche und (subsidiär) bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche . . . 285 9. Schenkung oder gemeinschaftsbezogene Zuwendung . . . . . 286 10. Vergleichbare Anwendungsfälle – vergleichbare Ausgleichsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 a) Aufbau eines Unternehmens und Erwerb von Renditeobjekten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287 b) Erwerb, Ausbau und Renovierung des Familienheimes . . . 287 c) Berufliche Mitarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 d) Ausgaben des alltäglichen Bedarfs . . . . . . . . . . . . . . 289 e) Haushaltsführung und Kinderbetreuung . . . . . . . . . . . 289 11. Schadensrechtlicher Ausgleich nur nach französischem Recht . 290 12. Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Tod – Nuancen in der deutschen Rechtsprechung . . . . . . . . . . . 291 13. Der französische PACS – ein Lösungsmodell für die Trennungskonflikte nichtehelicher Paare . . . . . . . . . . . . 292 14. Die deutsche Eingetragene Lebenspartnerschaft – eine „eheähnliche“ Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare . 293 15. Die Einführung des PACS in Deutschland – eine echte Alternative zur Ehe und zum faktischen Zusammenleben . . . 294 16. Verrechtlichung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften in vielen anderen europäischen Staaten . . . . . . . . . . . . . 295 17. Argumente gegen eine weitere Verrechtlichung: Privatautonomie und Eheschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 18. Argumente für eine weitere Verrechtlichung: Schutz, Anerkennung und Rechtssicherheit . . . . . . . . . . . . . . . 297
XVIII
Inhaltsverzeichnis
19. Kodifizierungsoption: Definition, Vermögensausgleich, Zuständigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 20. Rechtsvergleichender Ausblick: Rechtsvereinheitlichung durch bilaterale Abkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 Materialienverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317
Abkürzungsverzeichnis a. A. anderer Ansicht Abl. Amtsblatt AcP Archiv für die civilistische Praxis a. F. alte Fassung Abs. Absatz AEUV Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union AJ Famille Actualité Juridique Famille al. Französische Abkürzung für alinéa (Absatz) Anm. Anmerkung Aufl. Auflage Bd. Band BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BMFSFJ Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend BT-Drs. Bundestags-Drucksache Bull. Civ. Cour de Cassation, Bulletin des arrêts, Chambres Civiles BVerfG Bundesverfassungsgericht Zeitschrift für das Notariat in Baden-Württemberg BWNotZ CA Cour d’appel Cass. Cour de cassation Cass. Civ. Cour de cassation, Chambre civile Cass. Com. Cour de cassation, Chambre commerciale Cass. Crim. Cour de cassation, Chambre criminelle Cass. Soc. Cour de cassation, Chambre sociale C.civ. Code civil C.com. Code de commerce Cons. const. Conseil constitutionnel DNotZ Deutsche Notar-Zeitschrift Dr. Famille Droit de la famille Droit des sociétés Dr. Soc. DStR Deutsches Steuerrecht dt. deutsch EG Europäische Gemeinschaft EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Menschenrechtskonvention f./ff. folgende FamFG Familienrecht und Familienverfahrensrecht
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Abkürzungsverzeichnis
FamFR Familienrecht und Familienverfahrensrecht Zeitschrift für das gesamte Familienrecht FamRZ FF Forum Familienrecht Fn. Fußnote FPR Familie Partnerschaft Recht frz. französisch FS Festschrift Familie und Recht FuR GG Grundgesetz i. S. d. im Sinne des i. V. m. in Verbindung mit JURA Juristische Ausbildung JZ Juristenzeitung JO Journal Officiel lit. Buchstabe LPartG Lebenspartnerschaftsgesetz MüKo Münchener Kommentar NJOZ Neue Juristische Online-Zeitschrift NJW Neue Juristische Wochenschrift NK-BGB NomosKommentar Bürgerliches Gesetzbuch Nr. Nummer NZV Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht Pacte civil de solidarité PACS RabelsZ Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht Rn. Randnummer(n) RNotZ Rheinische Notar-Zeitschrift S. Satz, Seite s. siehe TGI Tribunal de grande instance vgl. vergleiche ZEuP Zeitschrift für Europäisches Privatrecht ZEV Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge z. B. zum Beispiel Ziff. Ziffer ZIP Zeitschrift für Wirtschaftsrecht zit. zitiert
Einleitung „Les concubins se passent de la loi, la loi se désintéresse d’eux“1 (Napoleon Bonaparte). Die in Deutschland und Frankreich lange Zeit vorherrschende Grundauffassung zu nichtehelichen Paaren 2 wird durch Napoleon Bonapartes Aussage aus dem Jahr 1804 zusammengefasst: Diejenigen Paare, die sich außerhalb des Rechts stellen und nicht heiraten, können nicht gleichzeitig rechtlichen Schutz einfordern3. Das in diesem Zitat angedeutete Spannungsverhältnis zwischen der rechtlichen Bindungslosigkeit, die nichteheliche Paare während ihrer Beziehung bewusst anstreben, einerseits und dem Bedarf nach festen rechtlichen Ausgleichsmechanismen bei Beendigung der Beziehung andererseits steht – auch mehr als zweihundert Jahre nach Napoleons prägnantem Ausspruch – im Kern der rechtspolitischen Diskussion zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Die Rechtslage nichtehelicher Paare hat sich jedoch in Deutschland und Frankreich seit Napoleons Ausspruch geändert: Das Ignorieren bzw. die Nichtbeachtung durch das Recht sind einer zumindest partiellen rechtlichen Anerkennung von nichtehelichen Partnerschaften gewichen. Ursache dafür ist eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft wird in fast ganz Europa als „Massenphänomen“4 angesehen. Im Jahr 2011 ha-
Die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft verzichten auf das Gesetz, also ignoriert das Gesetz sie (Übersetzung der Verfasserin, bei Übersetzungen französischer Begriffe und auch längerer Zitate handelt es sich nachfolgend – sofern nicht anders angegeben – um solche der Verfasserin). Der Ausspruch von Napoleon wird so zitiert in Malaurie/ Fulchiron, La famille, S. 156. 2 Franz.: concubins. 3 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 1. 4 Vgl. Nave-Herz, FPR 2001, 3; MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 5. 1
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Einleitung
ben in Deutschland etwa fünf5 und in Frankreich6 sieben Millionen Menschen nichtehelich zusammengelebt. Dass sich das Zusammenleben dieser Paare nicht im rechtsfreien Raum abspielen darf, ist inzwischen unbestritten7. Die gesellschaftliche Realität verlangt zumindest in Teilbereichen der Rechtsordnung nach einer gesetzlichen Regelung für nichteheliche Lebensgemeinschaften8. Bislang ist in beiden Ländern eine umfassende Kodifizierung der Rechte und Pflichten nichtehelicher Paare allerdings unterblieben. Ob sich eine derart weitgehende Verrechtlichung nichtehelicher Lebensgemeinschaften überhaupt empfiehlt, wird nicht einheitlich beurteilt. Bedarf für ein Tätigwerden des Gesetzgebers erscheint insbesondere im vermögensrechtlichen Bereich zu bestehen9. Charakteristischerweise wird während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht strikt nach „Mein“ und „Dein“ getrennt. So kommt es in der Praxis häufig vor, dass ein Partner die Mietzinsraten für die gemeinsame Wohnung allein begleicht oder ein Partner dauerhaft im Betrieb des anderen aushilft oder seine Ersparnisse in die Renovierung eines gemeinsamen Fami lienheims steckt. In solchen Konstellationen ist nach Beendigung der Lebensgemeinschaft eine gegenseitige Aufrechnung „Cent für Cent“ weder praktisch realisierbar noch im Interesse der Partner. Ausgaben, die das alltägliche Zusammenleben der Partner erst ermöglichen, werden in der Regel in dem Bewusstsein erbracht, dass keine nachträgliche Abrechnung stattfinden soll. Wenn aber Vermögensverschiebungen in erheblichem Maße erfolgt sind, muss rechtlich bereits im Voraus feststehen, ob bei Trennung der Partner Ausgleich gefordert werden kann oder nicht. Ob Gesetzgeber und Rechtsprechung in Deutschland und Frankreich dieser Problematik in angemessener Weise gerecht werden, wird Kern der vorliegenden Untersuchung sein. Anderseits stellt sich die Frage, wo die Grenzen bei der Verrechtlichung dieser Lebensform gezogen werden sollen. Geschützt und respektiert werden muss der Wille von Millionen von Paaren, die sich nicht oder jedenfalls noch nicht dem klar konturierten Rechtsinstitut der Ehe unterstellen möchten10. Die Ab5 Vgl. für Deutschland die Angaben des Statistischen Bundesamts, Ergebnisse des Mik ro zensus 2011, S. 983: (Zugriff: 29.12. 2015). 6 Vgl. für Frankreich Angaben des französischen Statistischen Amts Insée für das Jahr 2011: , dort S. 9 (Zugriff: 29.12.2015). 7 Vgl. bereits Beschlüsse zum 57. Deutschen Juristentag NJW 1988, 2988. 8 Für die französische Rechtsordnung vgl. Blough, Dr. Famille n°4 2009, étude 19. 9 Vgl. Lieb, DJT 1988 Gutachten A, S. 9, 12. 10 Vgl. Scherpe/Yassari/Scherpe, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 2.
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kehr von der Ehe wird in diesem Zusammenhang als die derzeit „aufregendste Entwicklung im europäischen Familienrecht“11 bezeichnet. Das eingangs aufgezeigte Spannungsverhältnis zwischen gewollter Bindungslosigkeit auf der einen Seite und Bedarf nach Rechtsschutz auf der anderen Seite stellt für die deutsche und französische Rechtsordnung gleichermaßen eine Herausforderung dar, die aufgrund der stetig steigenden Zahl nichtehelicher Paare nach einer deutlichen Positionierung verlangt.
A. Gegenstand der Untersuchung I. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft als Massenphänomen Worin liegen die Ursachen dafür, dass mehrere Millionen Menschen in Deutschland und Frankreich nichtehelich zusammenleben? Historische, soziologische und schließlich normative Begebenheiten haben die Entwicklung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zum „Massenphänomen“ begünstigt (1.). Wenn man die nichteheliche Lebensgemeinschaft als „Massenphänomen“ qualifiziert, muss einschränkend darauf verwiesen werden, dass nicht pauschal von „der nichtehelichen Lebensgemeinschaft“ gesprochen werden kann: In der Realität gibt es die verschiedensten Ausprägungen nichtehelicher Beziehungen, angefangen von der zwanglosen Affäre bis hin zur dauerhaften Alternative zur Ehe (2.). 1. Ursachen für die Entwicklung Gesamtgesellschaftliche Veränderungen haben in Deutschland und in seinem Nachbarland Frankreich seit den 1970er Jahren die enorme Zunahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften begünstigt12. Derzeit lebt in Deutschland jedes zehnte Paar, das einen gemeinsamen Haushalt führt, nichtehelich zusammen13. Die Soziologie sieht die Ursachen dieser Entwicklung in der veränderten Rolle der Frau als Erwerbstätige sowie in dem zunehmenden Drang zur Selbstverwirklichung und Individualisierung14. In der Öffentlichkeit bestehen für ein partnerschaftliches Zusammenleben keine normativen oder moralischen Zwänge zur Eheschließung mehr. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist inzwiHenrich, FamRZ 2010, 333 f. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 6; Nave-Herz, FPR 2001, 3 f.; Schulz, FamRZ 2007, 593. 13 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435 f. 14 Vgl. Scherpe/Yassari/Kreyenfeld/Konietzka, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 46; Labbée, Le droit commun du couple, S. 20. 11 Vgl.
12 Vgl.
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Einleitung
schen eine gesellschaftlich akzeptierte und gerade im frühen Erwachsenenalter weit verbreitete Lebensform15. Als zeitgleiche Entwicklung zum rasanten Anstieg nichtehelicher Lebensgemeinschaften16 ging die Zahl der Eheschließungen stetig zurück17. Aber nicht nur zahlenmäßig hat die Ehe an Bedeutung verloren, qualitativ werden immer weniger Ehen tatsächlich auf Lebenszeit eingegangen. Zwar trifft der vielfach gebrauchte Satz „Jede zweite Ehe wird geschieden“ tatsächlich nicht zu, unbestritten ist jedoch, dass die absolute Zahl der Ehescheidungen über viele Jahre konstant gestiegen ist18. Die gesellschaftliche Akzeptanz nichtehelicher Lebensgemeinschaften ist auch prägend für das aktuell herrschende Familienbild. Heutzutage wird beinahe die Hälfte der Kinder in den neuen Bundesländern nichtehelich geboren, in den alten Bundesländern liegt der Anteil bei einem Sechstel der Neugeborenen19. In Frankreich kommen nach Erhebungen der dortigen statistischen Behörde Insée sogar 58 % der Kinder nichtehelich zur Welt20. So mannigfaltig wie die Ursachen für die Verbreitung nichtehelicher Lebensgemeinschaften sind auch die Formen „der nichtehelichen Lebensgemeinschaft“. 2. Verschiedene Ausprägungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaften Nichteheliches Zusammenleben kann im Lebenszyklus eines Menschen mehrfach auftreten. Die sogenannte „Ehe auf Probe“ ist eine im jungen Erwachsenenalter besonders häufig anzutreffende Variante der nichtehelichen Lebensge15 Vgl. Wellenhofer, Familienrecht § 27, Rn. 1; Hohloch, Familienrecht § 32, Rn. 1111; Scherpe/Yassari/Kreyenfeld/Konietzka, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 66. 16 Seit 1996 ist die Zahl der nichtehelichen Lebensgemeinschaften in Deutschland um 52 % gestiegen, vgl. Angaben des Statistischen Bundesamts, Ergebnisse des Mikrozensus 2011, S. 983: (Zugriff: 29.12.2015). 17 In Frankreich ist die Zahl der verheirateten Paare ebenfalls gesunken. Im Jahr 1975 waren 96 % der Paare, die zusammenlebten, verheiratet. 1990 lag die Zahl bei 87 % und 2011 nur noch bei 76 %, vgl. Angaben des statistischen Amts Insée , dort S. 10 (Zugriff: 29.12.2015), s. auch Courbe, Droit de la famille, S. 2 f. 18 Vgl. Höbbel, FamRZ 2010, 1220. 19 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 5.; von Proff, RNotZ 2008, 313, 314; Scherpe/Yassari/Kreyenfeld/Konietzka, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 66. 20 Vgl. Angaben des statistischen Amts Insée für 2014 (Zugriff 29.12.2015).
A. Gegenstand der Untersuchung
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meinschaft. Sie stellt eine Vorstufe zu Verlobung und Eheschließung dar. In Frankreich leben 90 % der Paare vor der Ehe nichtehelich zusammen 21. Auch in Deutschland haben statistische Erhebungen gezeigt, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft als Partnerschaftsform insbesondere von Paaren gewählt wird, bei denen beide Partner nicht älter als 35 Jahre alt und kinderlos sind. Daraus lässt sich schließen, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft vielfach als Partnerschaftsform vor der Ehe gewählt wird 22. Dieses Modell des nichtehelichen Zusammenlebens tritt nicht in tatsächliche Konkurrenz zur Ehe, da es später in eine Eheschließung einmündet23. Gleiches gilt für die Variante der nachehelichen Lebensgemeinschaft geschiedener oder verwitweter Partner mit einem neuen Partner, die im Lebenszyklus zeitlich nach der Ehe auftritt. Teilweise wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft aber auch als Alternative zur Ehe gewählt: Da sind einerseits ehewillige, aber „eheunfähige“ Paare, die zwar gerne heiraten würden, es aber aus den verschiedensten Gründen nicht dürfen. Gründe, die der Ehe entgegenstehen, sind beispielsweise, dass einer der Partner noch verheiratet ist oder – soweit es um die deutsche Rechtsordnung geht – dass beide Partner das gleiche Geschlecht haben. Auf der anderen Seite gibt es auf Dauer angelegte Partnerschaften von Eheunwilligen, denen sich zwar keine rechtlichen Ehehindernisse entgegenstellen, die aber die Ehe als Partnerschaftsform ablehnen 24. Der primäre Grund, nicht zu heiraten, ist das finanzielle Risiko bei einer Trennung. 63 % der befragten Männer geben an, dies sei der Grund, nicht zu heiraten. Im Vergleich dazu beruht nur für 32 % der Befragten der Entschluss, nicht zu heiraten, darauf, dass die Partnerin nicht die „Richtige“ sei25. Aufgrund der Vielgestaltigkeit nichtehelicher Lebensgemeinschaften in der Praxis stellte sich für den Gesetzgeber und die Rechtsprechung lange Jahre die Frage, ob überhaupt an das faktische Phänomen des außerehelichen Zusammenlebens Rechtsfolgen anknüpfen sollten.
Courbe, Droit de la famille, S. 2. Nave-Herz, FPR 2001, 3 f. 23 Vgl. Nave-Herz, FPR 2001, 3, 5; Milzer, NJW 2008, 1621. 24 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 2 , Rn. 21 bis 27; Bammel, Zur Abwicklungsproblematik nichtehelicher Lebensgemeinschaften aus rechtsvergleichender Sicht, S. 6; Hohloch, Familienrecht, § 32, Rn. 1116. 25 BMFSFJ Studie „Partnerschaft und Ehe – Entscheidungen im Lebensverlauf“ 2010, S. 15, dort Fn. 10. 21 Vgl.
22 Vgl.
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Einleitung
II. Die Erfassung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Teilbereichen des Rechts Die Ausbreitung nichtehelicher Lebensgemeinschaften ist für die Rechtsordnungen in Deutschland und Frankreich nicht ohne Konsequenzen geblieben. In beiden Ländern wurden zuerst in den Bereichen gesetzliche Regelungen geschaffen, in denen eine Bevorteilung nichtehelicher Lebenspartner gegenüber Ehegatten befürchtet wurde, so beispielsweise im Sozialrecht26: Wenn die Partner in „eheähnlicher Gemeinschaft“ lebten, sollte das Einkommen und das Vermögen des Partners bei der Bemessung von Sozialhilfeleistungen ebenso berücksichtigt werden wie bei Ehegatten. Im Laufe der Zeit setzte sich jedoch die Ansicht durch, dass nichteheliche Lebensgemeinschaften, sofern sie stabil und dauerhaft sind, rechtliche Begünstigungen verdienen 27. Insbesondere rückte der Schutz des wirtschaftlich schwächeren Partners in den Fokus. In der Folge wurden Schutzvorschriften in einzelnen Bereichen für nichteheliche Paare geschaffen bzw. solche für Ehegatten auf nichteheliche Lebensgemeinschaften ausgedehnt28. Die Erfassung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften in Teilbereichen des Rechts hat (indirekt) zu ihrer Anerkennung beigetragen. Der französische Gesetzgeber hat im Jahr 1999 „offiziell“ die nichteheliche Lebensgemeinschaft als Partnerschaftsform anerkannt, indem er eine gesetzliche Definition des concubinage in den Code civil einführte. Eine Regelung von Rechten und Pflichten, welche an die Definition anknüpfen, ist allerdings seitdem unterblieben 29. Der status quo in der deutschen und französischen Rechtsordnung ist demzufolge eine punktuelle und insgesamt unvollständige Verrechtlichung nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Daraus ergibt sich eine Vielzahl rechtlicher Probleme30, unter denen die vermögensrechtlichen Abwicklungsstreitigkeiten hervorstechen, da sie von den nichtehelichen Partnern häufig vor Gericht ausgetragen werden31. Sie stehen daher im Zentrum dieser rechtsvergleichenden Analyse.
Reinecke, FPR 2001, 56. Labbée, Le droit commun du couple, S. 123. 28 Vgl. u. a. im Mietrecht: § 563 II 4 BGB; Loi du 6 juillet 1989, art. 14. 29 Vgl. Blough, Dr. Famille n°4 2009, étude 19. 30 Vgl. Majer, NJOZ 2009, 114; vgl. auch bereits Diedrichsen, NJW 1983, 1017; Sandweg, BWNotZ 1991, 61. 31 Vgl. Bammel, Zur Abwicklungsproblematik nichtehelicher Lebensgemeinschaften aus rechtsvergleichender Sicht, S. 5; Scherpe/Yassari/Scherpe, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 5; Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 349. 26 Vgl. 27 Vgl.
A. Gegenstand der Untersuchung
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III. Die Problematik vermögensrechtlicher Auseinandersetzungsstreitigkeiten bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften Weder die deutsche noch die französische Rechtsordnung sehen gesetzliche Ausgleichsmechanismen für die besondere Konstellation der Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften vor. Dabei sind die wirtschaftlichen Interessen der Partner an einem finanziellen Ausgleich nicht unerheblich. Zumeist haben die Paare über Jahre hinweg gemeinsam gelebt, gewirtschaftet und investiert. Dabei bleibt es nicht aus, dass gemeinsames Vermögen gebildet wird bzw. dass es zu Vermögensverschiebungen von einem Partner zum anderen kommt. Erst wenn die Lebensgemeinschaft scheitert, stellen die Partner die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen. Mangels spezieller gesetzlicher Regelungen für nichteheliche Paare wäre der erste Schritt, Analogien zu anderen partnerschaftlichen Lebensgemeinschaften zu ziehen. Jedoch erscheint es problematisch, die besonderen güterrechtlichen Abwicklungsmechanismen, die für die Ehe entwickelt wurden und zum Kern der zivilen Ehe gehören, auf andere, weniger verbindliche Partnerschaftsformen zu übertragen. Bezogen auf die Anwendung der Regelungen zum Zugewinnausgleich lehnt die deutsche Rechtsprechung dies mit der Begründung ab, dass ein „eheähnliches Verhältnis […] im Hinblick auf die besondere rechtliche Ausgestaltung, die gerade die Ehe durch den Gesetzgeber erfahren hat, ein völliges aliud“ zur Ehe sei32. Pauschale Analogien zum Ehe- oder Verlöbnisrecht scheiden demzufolge aus33. Auch in der Rechtsprechung der Cour de cassation zeigt sich eine beharrliche Tendenz, vermögensrechtliche Regelungen des Eherechts, wie beispielsweise die gemeinsame Haftung für Schulden des alltäglichen Bedarfs, nicht auf nichteheliche Paare auszudehnen34. Eine alternative Lösung zur analogen Anwendung des Ehe- und Verlöbnisrechts wäre es, durch die Begründung eines gemeinsamen Hausstandes einen konkludenten „Zusammenlebens- bzw. Kooperationsvertrag“ unter den nichtehelichen Paaren anzunehmen. Den Partnern kann jedoch nicht allein durch die Begründung einer faktischen Zusammenlebensgemeinschaft der rechtliche Wille zur Eingehung eines Vertrages unterstellt werden 35. Daher wird auch die32 Vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 18.05.1979 – 7 W 8/79; OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.10.1981 – 17 W 29/81. 33 Vgl. zuletzt ablehnend der BGH zur Analogie von § 1362 BGB, Urteil vom 14.12.2006 – IX ZR 92/05 = NJW 2007, 992; Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 38; MüKo/ Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 22, 54; Dethloff, Familienrecht, § 8, Rn. 5; von Proff, RNotZ 2008, 313, 315 f. 34 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 166. 35 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 24; Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 12.
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Einleitung
ser Lösungsansatz nach herrschender Meinung abgelehnt. Daraus folgt, dass sowohl die Eingehung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft an der Vermögenszuordnung der Partner nichts ändert36 als auch, dass die Fortdauer der Partnerschaft über Jahre hinweg keinen Einfluss auf die Vermögensverhältnisse der Partner hat, sofern die Partner ihre vermögensrechtlichen Beziehungen nicht durch einen Partnerschaftsvertrag regeln37. Häufig sehen die Partner die Notwendigkeit des Abschlusses eines Partnerschaftsvertrages nicht38. Solange die Partnerschaft „funktioniert“, werden selten die Konsequenzen des Scheiterns bedacht. Im Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft kommt den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen eine entscheidende Bedeutung zu. Lange Zeit ging die höchstrichterliche Rechtsprechung in Deutschland davon aus, dass Ausgleichsansprüche zwischen den Lebenspartnern nach der Trennung prinzipiell nicht bestünden. Als Begründung dafür wurde Folgendes angeführt: „Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft stehen die persönlichen Beziehungen derart im Vordergrund, dass sie auch das in der Gemeinschaft betreffende vermögensmäßige Handeln der Partner bestimmen und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht grundsätzlich keine Rechtsgemeinschaft besteht“39. Etwas anderes sollte ausnahmsweise dann gelten, wenn zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet worden war, beispielsweise, wenn die Partner ein gemeinsames Unternehmen gegründet hatten. Das Prinzip des Abrechnungsverbots zwischen nichtehelichen Paaren ist in der Literatur vielfach auf Kritik gestoßen40 und wurde schließlich vom XII. Zivilsenat des BGH in seinen Urteilen vom 9. Juli 200841 aufgegeben. Die allgemeinen schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche des Bürgerlichen Gesetzbuches (Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB, condictio ob rem nach § 812 I 2 Alt. 2 BGB) wurden erstmals auf die spezielle Konstellation der nichtehelichen Lebensgemeinschaften angewendet. Mit dieser höchstrichterlichen Rechtsfortbildung vollzog sich – hinsichtlich der vermögensrechtlichen Abwicklung – eine Angleichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft an die Gütertren36
Vgl. Jauernig/Berger, Vor § 1297, Rn. 3 f. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn 32; von Proff, RNotZ 2008, 313, 321. 38 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 48; Dethloff, Familienrecht, § 8, Rn. 5; Strätz, FamRZ 1980, 301, 305; Sandweg, BWNotZ 1990, 49, 56; von Proff, RNotZ 2008, 313, 321; Malaurie/Fulchiron, La famille, S, 164 f. 39 Vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1980 – II ZR 191/79 = NJW 1980, 1520. 40 Vgl. Schulz, FamRZ 2007, 593. 41 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193 = NJW 2008, 3277 = FamRZ 2008, 1822 und BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 39/06 = NJW 2008, 3282. 37 Vgl.
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nungsehe42 , bei deren Auseinandersetzung ebenfalls die oben genannten Anspruchsgrundlagen des Schuldrechts zur Anwendung kommen. Aber auch die wohl bedeutendste Rechtsprechungsänderung der letzten Jahre zum vermögensrechtlichen Ausgleich nichtehelicher Paare43 kann nicht – was die Rechtssicherheit und Rechtsklarheit angeht – gesetzliche Regelungen ersetzen44. Vor dem Hintergrund, dass die punktuellen Normen, die der Gesetzgeber zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften erlassen hat, lediglich das Außenverhältnis der Partner zu Dritten betreffen, hingegen aber keine Rechtsfolgen für das Innenverhältnis der Partner konstituieren45, stellt sich die Rechtslage nichtehelicher Paare in Deutschland folgendermaßen dar: Was den vermögensrechtlichen Ausgleich anbelangt, prägen weiterhin Einzelfallentscheidungen der Gerichte das Bild. Ähnlich stellt sich die Lage im vermögensrechtlichen Bereich in Frankreich dar. Vielfach herrscht Unklarheit, ob den ausgleichsfordernden Partnern nach ihrer Trennung Ansprüche für die während der Partnerschaft erfolgten Vermögensverschiebungen zugesprochen werden. Wie im deutschen Recht gibt es keinen speziellen Ausgleichsanspruch zur Abwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften. In erster Linie greift die Rechtsprechung auf Ausgleichsmechanismen aus dem Gesellschaftsrecht und dem Bereicherungsrecht zurück. Konkret kommen die sogenannte société créée de fait (faktische Gesellschaft) oder das enrichissement sans cause (Bereicherungsrecht) zwischen nichtehelichen Paaren zur Anwendung. Ob den Partnern im Einzelfall ein finanzieller Ausgleich gewährt wird oder verwehrt bleibt, ist für die Betroffenen wenig vorhersehbar46. Um Rechtssicherheit zu erhalten, müssen Paare in Deutschland entweder heiraten – bzw. als Äquivalent zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare – eine Eingetragene Lebenspartnerschaft47 eingehen oder aber individuell einen Partnerschaftsvertrag abschließen. Hier besteht ein entscheidender Unterschied zur französischen Rechtsordnung. In Frankreich haben nichteheliche Paare zusätzlich die Wahl, durch den Abschluss eines formalisierten Partnerschaftsvertrages, den sogenannten Pacte civil de solidarité (PACS)48, vermögensrechtliche
von Proff, NJW 2008, 3266 f. Grziwotz, FamRZ 2009, 750, 752. 44 Vgl. Dethloff, JZ 2009, 413, 418, 421. 45 Vgl. Zwißler, FPR 2001, 15; von Proff, NJW 2008, 3266. 46 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 169. 47 Gesetz über die Eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz – LPartG). 48 Der PACS wird geregelt in Art. 515-1 bis 515-7-1 Code civil. 42 So
43 Vgl.
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Einleitung
Wirkungen während der Partnerschaft und für den Fall der Trennung festzulegen, ohne sich den weitreichenden Bindungswirkungen der Ehe zu unterwerfen. IV. Die Behandlung der Problematik in der Literatur Seit den späten 1970er Jahren wird in der deutschen zivilrechtlichen Literatur diskutiert, in welcher Weise Rechtsfragen bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu lösen sind49. Die von Lieb in seinem Gutachten zum 57. Deutschen Juristentag im Jahr 198850 behandelte Frage, ob der Gesetzgeber Regelungen insbesondere zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nach Auflösung der Lebensgemeinschaft schaffen kann oder muss, hat an Aktualität nicht eingebüßt. Dethloff hat zwanzig Jahre nach Lieb – in ihrem Gutachten zum 67. Deutschen Juristentag – die Kodifizierung konkreter Ausgleichsmechanismen vorgeschlagen51. Weitere Autoren, die sich aktuell mit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in Monographien52 und Kommentaren auseinandersetzen, wie beispielsweise Grziwotz53, Wellenhofer54 und Löhnig55 kommen nicht umhin, die Frage nach der Vermögensauseinandersetzung zu behandeln. Insofern kann in dieser Arbeit auf eine umfangreiche Kommentarliteratur zum Thema zurückgegriffen werden. Zweitens werden in dieser Arbeit die Rechtsprechungsentwicklung des BGH zu der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung bei nichtehelichen Partnern aus dem Jahr 2008 und die kritische Rezep tion, welche die entsprechenden Urteile in der Literatur56 erfahren haben, thematisiert. Im französischen Recht wird die Problematik in Lehrbüchern zum Familienrecht behandelt, hierbei sind insbesondere die Werke von Malaurie und Fulchiron57 sowie von Malaurie und Aynès58 zu nennen. Die Arbeit stützt sich 49 Hausmann, Nichteheliche Lebensgemeinschaften und Vermögensausgleich; Landwehr, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft; Battes, Nichteheliches Zusammenleben im Zivilrecht. 50 Lieb, Gutachten A DJT 1988. 51 Dethloff, Gutachten A DJT 2008. 52 Scherpe/Yassari, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften/The Legal Status of Cohabitants. 53 Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft. 54 MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Zivilrechtsfragen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. 55 Staudinger/Löhnig, Anhang zu §§ 1297 ff., Faktische Lebensgemeinschaft. 56 Z. B.: Löhnig, DNotZ 2009, 52; Dethloff, JZ 2009, 413; Grziwotz, FamRZ 2008, 1828; von Proff, NJW 2008, 3266; Majer, NJOZ 2009, 14. 57 Malaurie/Fulchiron, La famille. 58 Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux.
A. Gegenstand der Untersuchung
11
zudem auf die zahlreichen von der Literatur besprochenen Urteile der Cour de cassation zur vermögensrechtlichen Abwicklung zwischen nichtehelichen Paaren. Die Urteile der Cour de cassation werden in der französischen Literatur umfangreich kommentiert59, was wohl auch dadurch bedingt sein dürfte, dass die Urteile im Vergleich zu deutschen Gerichtsentscheidungen sehr kurz gehalten sind und die Entscheidungsgründe zumeist aus wenigen Sätzen bestehen. Im Hinblick auf den Regelungsbedarf bei nichtehelichen Paaren liefert die Monographie von Labbée einen interessanten Ansatz. Der Autor zeigt auf, wie ein für Ehe, registrierte Partnerschaft und nichteheliche Lebensgemeinschaft gemeinsames Recht (le droit commun du couple) aussehen könnte60. V. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft in Abgrenzung zur Ehe und zur registrierten Partnerschaft Im Kontext der Vermögensauseinandersetzung bietet es sich an, die hierarchische Stellung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft in der deutschen und französischen Rechtsordnung zu betrachten. Seit der Antike bestehen die Ehe und das Konkubinat in Europa nebeneinander. Diese Koexistenz setzt sich in der deutschen und französischen Rechtsordnung bis heute fort. Zwar dominiert das klassische Modell der Ehe weiterhin als die zahlenmäßig am häufigsten gewählte und dauerhafteste Form partnerschaftlichen Zusammenlebens61. Die Ehe stellt jedoch nicht mehr die einzige Möglichkeit dar, Paaren einen rechtlichen Rahmen für ihr Zusammenleben zu bieten. In Deutschland und Frankreich wurden vor etwas mehr als zehn Jahren moderne Rechtsinstitute geschaffen, die neben die Ehe auf der einen Seite und neben die nichteheliche Lebensgemeinschaft auf der anderen Seite getreten sind: die deutsche Eingetragene Lebenspartnerschaft und der französische Pacte civil de solidarité (PACS). Aus dem Konflikt, gleichgeschlechtlichen Paaren größere rechtliche Anerkennung zu verschaffen, ohne jedoch das traditionelle Eheverständnis als „Ge-
Vgl. insbesondere die Urteilsanmerkungen von Larribau-Terneyre. Labbée, Le droit commun du couple. 61 Vgl. Statistische Zahlen für Frankreich bei Insée: (Zugriff: 14.11.2013); Philippe Dr. Famille n°1 2007, étude 3; für Deutschland vgl. Lengerer/Klein, Der langfristige Wandel partnerschaftlicher Zusammenlebensformen im Spiegel des Mikrozensus, S. 440, (Zugriff: 14.11.2013). 59
60 Vgl.
12
Einleitung
meinschaft von Mann und Frau“ aufzugeben, hatten sich Deutschland62 und Frankreich63 für die Einführung registrierter Partnerschaften entschieden. Die Verschiedengeschlechtlichkeit der Partner blieb weiterhin notwendige Voraussetzung für die Eheschließung64, gleichzeitig erhielten homosexuelle Paare einen rechtlichen Rahmen für ihre Partnerschaft. Im April 2013 hat das französische Parlament nunmehr – trotz zahlreicher groß angelegter Gegendemonstrationen65 – die „Homo-Ehe“66 verabschiedet, das heißt die Eheschließung auch gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglicht. Dieser Schritt wird bisweilen auch in Deutschland politisch67 und rechtlich68 gefordert. Dazu gekommen ist es jedoch noch nicht. In Deutschland bleibt gleichgeschlechtlichen Paaren nur der Weg, eine Eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen, um ihre Partnerschaft zu verfestigen. Französische Paare gleichen und verschiedenen Geschlechts haben die Option zwischen Ehe und PACS. Familienrechtlich ergeben sich vor diesem Hintergrund zwei unterschiedlich ausgestaltete Rechtssysteme: In Deutschland tritt hierarchisch neben die Ehe auf beinahe gleicher Stufe ein institutionell ausgestaltetes Rechtsinstitut, das im Vgl. u. a. Beck, FPR 2010, 220 f.; Mayer, ZEV 2001, 169. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 179 f. 64 Einige Normen des deutschen Eherechts setzten die Verschiedengeschlechtlichkeit voraus, vgl. § 1355 II BGB; das Bundesverfassungsgericht hat die Verschiedengeschlechtlichkeit als prägendes Merkmal des verfassungsrechtlichen Ehebegriffs bezeichnet in BVerfG, Beschluss vom 4.10.1993 – 1 BvR 640/93 = NJW 1993, 3058; auch im französischen Eherecht knüpften Normen ausdrücklich an die Geschlechtsverschiedenheit an, z. B. Art. 146 C.civ. a. F.; französische Gerichte erklärten Ehen gleichgeschlechtlicher Paare für nichtig, vgl. TGI Bordeaux, Entscheidung vom 29.07.2004 = Juris Data n° 2004-246467; CA Bordeaux 6e ch., 19.04.2005 = JurisData n°2005-270040, Anm. Azavant, Dr. Famillie n°6 2005, comm. 124. 65 Vgl. u. a. Robinet, „Manif pour tous: Un référendum n’est pas possible’ avertit Taubira“, Le Nouvel Observateur, 14.01.2013, aktualisiert 26.08.2013 (Zugriff: 14.11.2013). 66 L. n° 2013-404 vom 17.05.2013 zur Einführung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. 67 SPD (vgl. SPD Regierungsprogramm 2013 – 2017, S. 50 , Zugriff: 15.11.2013), Bündnis 90/Die Grünen (vgl. Gesetzesentwurf zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts BT-Drs. 16/13596), Die Linke (, Zugriff: 14.11.2013) und die FDP (, Zugriff: 15.11.2013) fordern die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare; CDU und CSU lehnen dies ab (vgl. , Zugriff: 21.11.2013). 68 Vgl. u. a. Beck, FPR 2010, 220, 225; Rupp, FPR 2010, 185, 187; Grünberger, FPR 2010, 203, 208. 62
63 Vgl.
A. Gegenstand der Untersuchung
13
Hinblick auf Eingehungs- und Beendigungsvoraussetzungen sowie in seinen Rechtswirkungen der Ehe recht nahekommt: die Eingetragene Lebenspartnerschaft. Da die Eingetragene Lebenspartnerschaft allein von gleichgeschlechtlichen Paaren eingegangen werden kann, stellt sie keine Alternative, sondern ein aliud zur Ehe dar69. Was die vermögensrechtliche Auseinandersetzung von Ehe und „Homo-Ehe“ anbelangt, wie die Eingetragene Lebenspartnerschaft bereits im Volksmund bezeichnet wird, ergeben sich keine zwingenden Unterschiede zwischen beiden Partnerschaftsformen. Eine weitgehende Angleichung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft an die Ehe wirkt sich auch güterrechtlich aus. In Frankreich ist mit dem PACS hingegen ein Rechtsinstitut geschaffen worden, das hinsichtlich Regelungsdichte und Regelungstiefe unterhalb der Ehe anzusiedeln ist. Ganz bewusst wird in der französischen Rechtsordnung die Ehe als strukturell höhere Form des Zusammenlebens gegenüber dem PACS gewertet. Denn in seiner ursprünglichen Konzeption stellt der PACS einen Partnerschaftsvertrag zur Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse nichtehelicher Paare dar, nicht aber eine familienrechtliche Institution70. Bezogen auf seinen personellen Anwendungsbereich ist der PACS jedoch mit der französischen Ehe deckungsgleich. Er kann von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren begründet werden. In dieser Hinsicht konkurriert er mit der Ehe. Daraus lässt sich schließen, dass die Autonomie von Ehe und PACS nur dann gewährleistet ist, wenn beide Partnerschaftsformen deutliche Unterschiede aufweisen. Dies gilt insbesondere bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung. In Deutschland und Frankreich werden schließlich an das formlose, faktische Zusammenleben nichtehelicher Paare die geringsten Rechtswirkungen geknüpft. Und wie bereits ausgeführt wurde, fehlt es bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft – im Unterschied zur Ehe und zur registrierten Partnerschaft – an einer Kodifizierung vermögensrechtlicher Ausgleichsansprüche. Die familienrechtlichen Konzepte beider Länder lassen sich schematisch wie in Abbildung 1 gegenüberstellen71:
69
Vgl. BVerfGE 105, 313, 345 f. Coquema/Barthelet, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°11 2010,
70 Vgl.
1127. 71 Schematische Gegenüberstellung für die deutsche Rechtsordnung s. Scherpe, FPR 2010, 211 f.
14
Einleitung Deutschland
Frankreich
Ehe
Ehe für verschieden- und gleich geschlechtliche Paare
Eingetragene Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare
Kein Äquivalent
Kein Äquivalent
PACS für verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare
Nichteheliche Lebensgemeinschaft
Nichteheliche Lebensgemeinschaft/ concubinage
Abb. 1: Hierarchische Gegenüberstellung der Partnerschaftsformen im deutschen und französischen Recht
VI. Die Frage nach Harmonisierungsmöglichkeiten der deutschen und französischen Rechtsordnung Aus der gegenüberstellenden Darstellung ergibt sich, dass es in der deutschen Rechtsordnung kein Äquivalent zum PACS gibt. Unbestritten hat der PACS seit seiner Einführung eine Erfolgsgeschichte erfahren72. Von 1999 bis zum zehnjährigen Bestehen 2009 wurden mehr als 700.000 PACS geschlossen. Im Jahr 2009 ist die Anzahl der neu registrierten PACS allein um 20 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Beachtlich ist, dass 95 % der im Jahr 2009 geschlossenen PACS von Partnern verschiedenen Geschlechts geschlossen wurden. Inzwischen kommen in Frankreich auf drei Ehen zwei abgeschlossene PACS-Verträge73. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Eheschließungen konstant ab, so dass – wenn diese Entwicklung in gleichem Maße voranschreitet – in Frankreich bald mehr PACS als Ehen geschlossen werden74. Die hohe Anzahl der registrierten PACS widerlegt die These, dass Paare, die sich gegen die Ehe oder noch nicht für die Ehe entscheiden – der PACS ist weit
Labbée, Le droit commun du couple, S. 31. die Angaben bei Insée im bilan démographique 2009: (Zugriff: 29.12.2015). 74 Vgl. Avena-Robardet, AJ Famille 2011, 3. 72 Vgl.
73 Vgl.
A. Gegenstand der Untersuchung
15
verbreitet als Vorstufe zur Ehe und ersetzt damit weitgehend das Verlöbnis75 –, per se auf gesetzlich festgelegte Rahmenbedingungen für ihr partnerschaftliches Zusammenleben verzichten wollen. Gerade für den vermögensrechtlichen Bereich kann nichtehelichen Lebenspartnern nicht der Wunsch nach Rechtssicherheit abgesprochen werden76. Diesem Wunsch hat nicht nur die französische Rechtsordnung entsprochen. Auch in vielen anderen europäischen Staaten wurden inzwischen familienrechtliche Rechtsinstitute vertraglichen Typs außerhalb der Ehe geschaffen77. Vor diesem Hintergrund stellen sich folgende Fragen: Inwieweit könnte die Schaffung eines mit dem PACS vergleichbaren Rechtsinstituts in Deutschland ein Lösungsmodell für die Konflikte bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften darstellen? Könnte es insoweit zu einer Harmonisierung beider Rechtsordnungen kommen, wie dies bereits beim Abkommen zum DeutschFranzösischen Wahlgüterstand78 im Hinblick auf das eheliche Güterrecht geschehen ist? Auf der anderen Seite ließe sich argumentieren, dass der Nutzen eines wei teren Rechtsinstituts nicht die Abwicklungsschwierigkeiten zwischen nichtehelichen Paaren im vermögensrechtlichen Bereich lösen würde. Auch nach Einführung des PACS streiten concubins, d. h. nichteheliche Paare, die faktisch zusammenleben, in Frankreich um Ausgleichsansprüche nach Ende ihrer Lebensgemeinschaft. Insofern stellt sich weiterhin für beide Rechtsordnungen die Frage nach dem Regelungsbedarf für nichteheliche Lebensgemeinschaften. Zu denken wäre auch an die Schaffung eines Rechtsstatuts, welches automatisch an das faktische Zusammenleben als Paar anknüpft. Auch diesbezüglich könnte eine harmonisierte Lösung gewählt werden.
Labbée, Le droit commun du couple, S. 32; Avena-Robardet, AJ Famille 2009, 315. Soergel/Lange, Nehel LG, Rn. 76; Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 11; Holzhauer, JZ 2009, 492, 497. 77 Vgl. Dethloff, Familienrecht, § 8, Rn. 43, 47; Dethloff, JZ 2009, 413, 418, 421. 78 Vgl. Gesetzentwurf zur Schaffung des deutsch-französischen Wahlgüterstand, BT-Drs. 67/11, abrufbar unter (Zugriff 29.12.2015). 75 Vgl.
76 Vgl.
16
Einleitung
B. Methodik der Untersuchung I. Ziel der rechtsvergleichenden Untersuchung Ziel dieser rechtsvergleichenden Arbeit ist es zunächst, über die ausgewählten Rechtsordnungen zu informieren: Wie wird die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nichtehelichen Zusammenlebens in der deutschen und französischen Rechtsordnung gelöst? Im Vergleich der deutschen und der französischen Rechtsordnung sollen Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Hinblick auf die untersuchte Sachfrage herausgestellt werden. Die nähere Betrachtung des französischen Rechts kann dazu beitragen, die deutsche Rechtsordnung besser zu verstehen und Motive und Wertungen, welche den einzelnen Entscheidungen von Legislative und Judikative zugrunde lagen, zu erkennen. Schließlich sollen Wege zur Rechtsvereinheitlichung zwischen der deutschen und der französischen Rechtsordnung aufgezeigt werden. Die Rechtsvereinheitlichung als Ziel der Rechtsvergleichung ist dann denkbar, wenn gemeinsame Prinzipien zwischen dem deutschen und französischen Recht herausgearbeitet werden können. Kötz beschreibt diesen Zweck der Rechtsvergleichung folgendermaßen: Rechtsvergleichung „sollte nicht nur in der Absicht betrieben werden, Vorschläge zur Fortbildung eines bestimmten Rechts zu entwickeln. […] Es sollte ihr auch darum gehen, über die nationalen Rechtsordnungen hinauszulangen, auf vergleichender Grundlage ein eigenes gemeineuropäisches System zu entwickeln und für bestimmte Gebiete […] zu zeigen, ob es in Europa allgemein akzeptierte Regelungen gibt, welches diese Regeln sind und ob ihre Entwicklung in Europa auf konvergierenden oder divergierenden Linien verläuft“79. II. Die Methode des funktionalen Vergleichs Als Methode der Rechtsvergleichung wird in dieser Untersuchung der funktionale Vergleich gewählt, denn „vergleichbar ist im Recht nur, was dieselbe Aufgabe, dieselbe Funktion erfüllt“80. Damit geht einher, dass nicht an der „äußeren Ähnlichkeit der Erscheinung von Rechtsfiguren oder -instituten anzusetzen ist, sondern am sozialen Konflikt“81. Das konkrete Sachproblem ist somit Drehund Angelpunkt der rechtsvergleichenden Arbeit. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 28 f. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 33. 81 Koch/Magnus/Winkler von Mohrenfels, IPR und Rechtsvergleichung, S. 314. 79
80
B. Methodik der Untersuchung
17
1. Das konkrete Sachproblem bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Angewendet auf die vorliegende Untersuchung stellt sich das konkrete Sachproblem folgendermaßen dar: Wenn nichteheliche Lebensgefährten sich trennen, die über Jahre oder gar Jahrzehnte gemeinsam gewohnt, gewirtschaftet, Vermögen aufgebaut und nicht nur ihre persönliche, sondern auch ihre berufliche Lebensplanung aufeinander ausgerichtet haben, stellt sich die Frage, ob und wie eine Auseinandersetzung der Lebensgemeinschaft zu erfolgen hat. Sollen Vermögensverschiebungen bei Partnerschaften, die durch ein wechselseitiges „Geben und Nehmen“ gekennzeichnet waren, nachträglich überhaupt ausgeglichen werden? In welchem Maße hat dieser Ausgleich zu erfolgen, und wie können dabei unbillige Ergebnisse vermieden werden? Das konkrete Sachproblem kann nicht unabhängig von der Partnerschaftsform der Beteiligten betrachtet werden. Auch in der Phase der Auseinandersetzung muss der Wille der Partner der Lebensgemeinschaft berücksichtigt werden, die sich gerade nicht für die Ehe oder eine anderweitige rechtliche Verfestigung ihrer Partnerschaft entschieden haben. Es besteht daher in dieser Arbeit eine doppelte Vergleichsebene: Zum einen wird die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei nichtehelichen Paaren mit derjenigen bei Ehegatten und registrierten Partnern verglichen, zum anderen wird ein Vergleich zwischen den beiden untersuchten Rechtsordnungen gezogen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich für die vorliegende Untersuchung nicht, „Länderberichte“ zu den Vermögensauseinandersetzungen in Gänze dem eigentlichen Vergleich beider Rechtsordnungen voranzustellen. Vielmehr ist der Ansatzpunkt für die Untersuchung, Unterschiede und Gemeinsamkeiten der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im deutschen und französischen Recht aufzuzeigen und daran anknüpfend die Vermögensauseinandersetzung, wie sie von der deutschen und französischen Rechtsprechung vorgenommen wird, zunächst einzeln darzustellen und anschließend vergleichend gegenüberzustellen. 2. Die Wahl der deutschen und französischen Rechtsordnung Von der rechtstheoretischen Betrachtung her ist ein Vergleich der deutschen und französischen Rechtsordnung von Interesse, weil beide Rechtsordnungen nach der systematischen Einordnung von Arminjon/Nolde/Wolff 82 für verschiedene Rechtskreise stehen. Die französische Rechtsordnung ist Mutterrechtsordnung des romanischen Rechtskreises; die deutsche Rechtsordnung nimmt diese Stellung für den germanischen Rechtskreis ein. Die Einordnung der beiden Rechts82
Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 63.
18
Einleitung
ordnungen in unterschiedliche Rechtskreise legt die Annahme nahe, dass auch die inhaltlichen Lösungen in diesen Rechtsordnungen divergieren. Den einzigen Nutzen, den die Einteilung der Rechtsordnungen in Rechtskreise nämlich bietet, ist es, die unterschiedlichen „Stile“ einer Rechtsordnung zu erfassen. Der Stil einer Rechtsordnung ist gekennzeichnet durch die historische Herkunft und Entwicklung der Regelungen, eine spezifische juristische Denkweise, besonders kennzeichnende Rechtsinstitute und die Art der Rechtsquellen und ihre Auslegung83. Hier gibt es in der Tat signifikante Unterschiede zwischen der deutschen und der französischen Rechtsordnung. Kernstück des romanischen Rechtskreises ist der Code civil aus dem Jahr 1804, der beginnend mit Napoleons Expansionskriegen eine Rezeption in weiten Teilen Europas und vielen außereuropäischen Kolonialländern erfahren hat. Der Code civil integriert sowohl das zuvor im Süden Frankreichs dominierende droit écrit, das durch das römische Recht geprägt war, als auch das im Norden verbreitete droit coutumier, welches im Wesentlichen germanisch-fränkisches Gewohnheitsrecht war84. Im Bürgerlichen Gesetzbuch von 1900 zeigen sich für Deutschland demgegenüber deutlich die Einflüsse der Pandektenlehre des 19. Jahrhunderts und damit großer Teile römischen Rechts. Allerdings erscheint die Einteilung in Rechtskreise für die vorliegende Forschungsfrage von untergeordneter Bedeutung zu sein. Die Entwicklung des Familienrechts zeigt in beiden Ländern nämlich große Konvergenzen auf. Sowohl das Familienrecht des Code civil als auch das Familienrecht des BGB gehen von einem patriarchalischen Familienbild aus, wie es im Bürgertum des 19. Jahrhunderts in beiden Ländern typisch war85. Für das Verhältnis der Ehegatten untereinander galt nach französischem Recht, dass der Ehemann der Frau Schutz schuldete und die Frau dem Ehemann Gehorsam: „Le mari doit protection à sa femme, la femme obéissance à son mari“86. Die aus der Zeit der Revolution stammenden Ideen von Gleichheit zwischen Mann und Frau haben somit in den Code civil keinen Eingang gefunden. Ohne die Zustimmung des Mannes war die Frau weder dazu befugt, Verträge abzuschließen, noch dazu, Verfügungen vorzunehmen. Ihre Rolle beschränkte sich auf die Kindererziehung und den Haushalt87. Das deutsche Familienrecht nahm diesbezüglich keine andere Posi-
Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 67. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 72; Hübner/Constantinesco, Einführung in das französische Recht, S. 1 f. 85 Vgl. Frank, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 5. 86 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 92. 87 Vgl. Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 93. 83
84 Vgl.
C. Gang der Untersuchung
19
tion ein: Die elterliche Gewalt ging allein vom Familienvater aus, als Ehemann hatte er Entscheidungsbefugnis in allen ehelichen Angelegenheiten88. Von dieser gemeinsamen Basis ausgehend hat sich das Familienrecht in den vergangenen hundert Jahren in beiden Ländern in ähnlicher Weise entwickelt. Markante Meilensteine sind dabei die Gleichstellung der Frau, die Abkehr von überholten Rollenmodellen zwischen Mann und Frau sowie die Akzeptanz von Partnerschaften außerhalb der Ehe. Hieraus ergibt sich, dass das Familienrecht in beiden Ländern viele gemeinsame Wertungen und Prinzipien aufweist. Dennoch gehen die Rechtsordnungen bei der Lösung der konkreten Sachfrage teils unterschiedliche Wege – wie die nachfolgende Untersuchung zeigen wird. Abgesehen von der rechtstheoretischen und rechtsgeschichtlichen Betrachtung ist eine rechtsvergleichende Analyse nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Deutschland und in Frankreich unter rechtspolitischen Aspekten von besonderem Interesse. In der „Generation Erasmus“89 sind deutsch-französische Paarbildungen keine Seltenheit. Und nicht immer entscheiden sich die Paare für die Ehe. Wenn die nichtehelichen Lebensgemeinschaften enden, stellt sich auch grenzüberschreitend die Frage, wie gemeinsam gebildetes Vermögen aufgeteilt wird und ob überhaupt Ausgleichsansprüche infrage kommen. Kommen hier die Rechtsordnungen zu identischen oder zu divergierenden Lösungen? Falls sich gemeinsame Prinzipien bei der Lösung des Konflikts herauskristallisieren lassen, wäre der Boden für eine Rechtsvereinheitlichung zwischen beiden Rechtsordnungen geebnet.
C. Gang der Untersuchung Wie könnten aber die Lösungen der Rechtsordnungen für das Sachproblem konkret ausfallen? Um das Spannungsverhältnis zu verstehen, welches sich aus dem Bedarf nach rechtlichem Schutz auf der einen Seite und dem Bestreben nach Privatautonomie auf der anderen Seite ergibt, bietet es sich zunächst an, die nichteheliche Lebensgemeinschaft im deutschen und französischen Recht darzustellen (Teil 1). Die Zuspitzung des Konflikts erfolgt in der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften (Teil 2): Eine Lebensgemeinschaft als Paar, in welcher über Jahre hinweg gemeinsam gewirtschaftet und Zweigert/Kötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 150 f. Zum Begriff „Generation Erasmus“ vgl. beispielsweise das Lesebuch des DAAD „Generation Erasmus – Auf dem Weg nach Europa“ (Zugriff: 18.11.2013) und die französische Website Agence Eu rope Education Formation France (Zugriff: 18.11.2013). 88 Vgl. 89
20
Einleitung
gemeinsames Vermögen gebildet wird, stellt in beiden Ländern die Ehe dar. Insofern ist es gerechtfertigt, die vermögensrechtlichen Konsequenzen des Scheiterns der Ehe näher zu untersuchen. Dass sich die im Bereich der Ehe getroffenen Wertungen und Entscheidungen, insbesondere im Hinblick auf die gemeinsame Teilhabe am erwirtschafteten Vermögen, nicht „eins zu eins“ auf das Konkurrenzmodell der nichtehelichen Lebensgemeinschaft übertragen lassen, ist nachvollziehbar. Gleichwohl erscheint die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei der Gütertrennungsehe ein Modell für die nichtehelichen Partnerschaften zu sein. Vergleichbar mit dem Willen der faktischen Lebensgefährten sollen nach dem Willen der Ehegatten bei einer Gütertrennungsehe gerade nicht die güterrechtlichen Ausgleichsregelungen zur Anwendung kommen, vielmehr bleibt Raum für die Anwendung schuld- und sachenrechtlicher Ausgleichsansprüche. Die Ausgleichsmechanismen, welche nach der deutschen und französischen Rechtsprechung sowohl bei der Gütertrennungsehe als auch bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft konkret zur Anwendung gelangen, werden einander vergleichend gegenübergestellt. Auf diese Weise wird der status quo der Vermögensauseinandersetzung bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften aufgezeigt. Daran anschließend wird der Frage nachgegangen, in welcher Weise die Vermögensauseinandersetzung bei den registrierten Partnerschaften deutschen und französischen Rechts eine Vorbildfunktion im Bereich der Vermögensauseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften einnehmen könnte (Teil 3). Insbesondere die Vermögensauseinandersetzung, wie sie der französische PACS vorsieht, stellt ein reizvolles Alternativmodell für Paare dar, die zwar nicht heiraten, gleichzeitig aber nicht ohne jeglichen rechtlichen Schutz verbleiben wollen. Sofern beide Rechtsordnungen keine adäquaten Antworten auf die Abwicklungsproblematik derjenigen nichtehelichen Lebensgemeinschaften liefern, die weder eine Ehe noch eine registrierte Partnerschaft eingehen wollen, ist zu problematisieren, ob eine Rechtsfortbildung zugunsten eines vermögensrechtlichen Ausgleichsregimes für nichteheliche Lebensgemeinschaften angebracht erscheint und in welcher Weise dieses in der deutschen und französischen Rechtsordnung ausgestaltet sein müsste (Teil 4). Nachdem übereinstimmende Lösungsansätze beider Rechtsordnungen im Hinblick auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften herausgearbeitet worden sind, wird abschließend ein Ausblick auf die Möglichkeiten einer Rechtsvereinheitlichung bzw. Harmonisierung des deutschen und französischen Rechts gegeben (Teil 5).
Teil 1
Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – eine Partnerschaftsform zwischen gewollter rechtlicher Bindungslosigkeit und Bedarf nach rechtlichem Schutz A. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft Das in der Einleitung diskutierte Spannungsverhältnis zwischen gewollter rechtlicher Bindungslosigkeit und Bedarf nach rechtlichem Schutz zeigt sich nicht nur zum Zeitpunkt der Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften – dann jedoch in virulenter Form. Aber auch während der Partnerschaft knüpfen Rechtsfolgen an die nichteheliche Lebensgemeinschaft an, was beweist, dass sich das Zusammenleben der Partner nicht „im rechtsfreien Raum“ abspielt. I. Rechtshistorische Einführung Die Geschichte der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist in Deutschland und Frankreich mit der Geschichte der Ehe eng verknüpft. Um das Institut der Ehe – als gesellschaftlich erwünschtes Zusammenleben von Mann und Frau und Kern der Familienbildung – zu schützen, wurde das „Konkurrenzmodell“ der nichtehelichen Lebensgemeinschaft lange Zeit rechtlich abgewertet und gesellschaftlich stigmatisiert1. Im römischen Recht räumte man dem Konkubinat noch eine rechtlich eigenständige Stellung neben der Ehe ein 2. Seit dem Mittelalter aber wurde das nichteheliche Zusammenleben von Mann und Frau unter dem Einfluss des
Schulz, FamRZ 2007, 593; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 156. Schulz, FamRZ 2007, 593; Scherpe/Yassari/Wagner, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 20; Blough, Dr. Famille, n° 4 2009, étude 19. 1 Vgl. 2 Vgl.
22
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
kirchlichen Verständnisses von Ehe und Familie zurückgedrängt3, verboten4 und sogar unter Strafe gestellt5. In Deutschland wurde noch bis zur Strafrechtsreform im Jahr 1969 nach § 180 StGB a. F. derjenige bestraft, der vorsätzliche Vermittlung und Beförderung der sogenannten Unzucht (Kuppelei) betrieb. Der Vermieter, der seine Wohnung an ein unverheiratetes, nicht wenigstens verlobtes Paar vermietete, setzte sich dem Strafrisiko aus. Im zivilrechtlichen Bereich wurde das nichteheliche Zusammenleben bis weit ins 20. Jahrhundert hinein als „unsittlich“ bewertet, wie die Rechtsprechung zum „Geliebten-Testament“6 zeigt: Zuwendungen eines verheirateten Mannes an seine Geliebte verstießen nach verbreiteter Ansicht gegen die guten Sitten und waren demzufolge nichtig. Nicht nur rechtlich wurden nichteheliche Beziehungen damit abgewertet, auch gesellschaftlich war es verpönt, mit einem Partner in „wilder Ehe“ zusammenzuleben. So verschleierte man nach dem Zweiten Weltkrieg nichteheliche Lebensgemeinschaften durch den Begriff der „Onkelehe“. Die Paare verzichteten bewusst auf eine Eheschließung, um den Kriegswitwen ihren Rentenanspruch zu sichern. Da es von vielen Bevölkerungsschichten noch nicht toleriert wurde, mit einem Partner nichtehelich zusammenzuleben, wurde der neue Mann in der Familie, insbesondere gegenüber Kindern, oftmals als „Quasi-Verwandter“ präsentiert7. Der Ehe wurde demgegenüber eine herausragende Stellung für die Familiengründung zugesprochen. Der Begriff der Familie wurde bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein wie selbstverständlich als eheliche Familie verstanden8. Daraus folgt, dass der Ehe das „Monopol auf Fortpflanzung“9 zugesprochen wurde. Umgekehrt bedeutete dies für nichteheliche Kinder, dass sie weitgehend rechtlos gegenüber ihren Erzeugern gestellt waren und gegenüber ehelichen Kindern – insbesondere im Erbrecht – diskriminiert wurden. In Frankreich verlief die rechtshistorische Entwicklung während vieler Epochen ähnlich wie in Deutschland. Unter dem Ancien Régime war das concubi nage bekämpft worden, sowohl das kanonische als auch das laizistische Recht 3 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 1; Holzhauer, JZ 2009, 492, 495; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 156. 4 Vgl. Scherpe/Yassari/Wagner, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 22, 33. 5 Vgl. Schwab, FamRZ 2007, 1, 3; Scherpe/Yassari/Wagner, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 29. 6 Vgl. Staudinger/Sack, § 138 Rn. 438–445. 7 Vgl. Diedrichsen, FPR 2007, 221, 224. 8 Vgl. Schwab, FamRZ 2007, 1, 3. 9 Vgl. Holzhauer, JZ 2009, 492, 493.
A. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
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missbilligten diese Form nichtehelichen Zusammenlebens10. Während der Französischen Revolution erlebte das concubinage jedoch als Gegenmonopol zur Ehe eine rechtliche Aufwertung. Und schließlich – unter dem Code Napoléon – wurde das concubinage ignoriert11. Unter dem Code Napoléon wurde der Dreischritt des kanonischen Rechts – Unauflösbarkeit der Ehe, Schlechterstellung nichtehelicher Kinder und Bekämpfung des Konkubinats – nur in abgeschwächter Form übernommen. Die Ehescheidung war möglich, allerdings unter restriktiven Bedingungen. Die Stellung nichtehelicher Kinder wurde verbessert, blieb aber immer noch hinter derjenigen von ehelichen Kindern zurück. Das Konkubinat wurde rechtlich zwar nicht bekämpft, wohl aber ignoriert12. Vor diesem Hintergrund lässt sich das eingangs dieser Arbeit Napoleon Bonaparte zugesprochene Zitat verstehen: Die nichtehelichen Lebensgefährten verzichten auf das Gesetz und das Gesetz interessiert sich nicht für sie. Ende der 1960er Jahre änderte sich in der französischen Gesellschaft die Einstellung zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Sie galt fortan nicht mehr als sittenwidrig13. Dieser Bewusstseinswandel hat auch im Familienrecht seinen Niederschlag gefunden. Parallel zur schrittweisen Verbesserung der Rechte nichtehelicher Kinder erfährt in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch die nichteheliche Lebensgemeinschaft eine rechtliche Anerkennung und Aufwertung14. Indem man nämlich die Rechte der nichtehelichen Kinder an diejenigen der ehelichen Kinder anglich, erkannte man indirekt auch die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Eltern an15. Mit dem Gesetz vom 4. März 2002 wurde die Gleichstellung nichtehelicher Kinder schließlich vollendet16, indem man folgenden Artikel in den Code civil einführte: „Alle Kinder, deren Abstammung rechtlich feststeht, haben dieselben Rechte und dieselben Pflichten in ihren Beziehungen zu ihrem Vater und ihrer Mutter. Sie gehören zu der Familie jedes Elternteils“ (Art. 310-1 C.civ.). Sowohl in Deutschland als auch in Frankreich führt somit die Gleichstellung nichtehelicher Kinder zur rechtlichen Besserstellung nichtehelicher Paarbezie10 Vgl. Barrière, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 144. 11 Vgl. Blough, Dr. Famille, n° 4 2009, étude 19; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 156. 12 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 156; Barrière, Des concubinages. Droit in terne, droit international, droit comparé, S. 147, 148. 13 Vgl. Barrière, Des concubinages. Droit interne. Droit international. Droit comparé, S. 179. 14 Vgl. Murat, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 53. 15 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 157. 16 Vgl. Libchaber, La notion de mariage, civil, S. 325, 335.
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hungen. Wenn man diese Entwicklung weiterdenkt, stellt sich die Frage, ob der neue Familienbegriff, welcher sowohl die Beziehung zwischen miteinander verheirateten Eltern als auch zwischen nicht miteinander verheirateten Eltern und ihrem Kind umfasst, zum Bedeutungsverlust der Ehe führen könnte17. Schwab fragt in diesem Kontext in Anspielung auf einen bekannten Buchtitel zur Abschaffung des Genitivs, ob das „Kindschaftsrecht dem Eherecht sein Tod“ sein werde18. In Politik, Gesellschaft und Rechtsprechung scheint sich der Gedanke durchzusetzen, dass unabhängig vom Stellenwert der Institution Ehe, deren Bedeutungsverlust man beklagen kann oder nicht, der Staat Interesse an jeder Partnerschaft haben sollte, in welcher Solidarität gelebt wird19. Die Ehe unterscheidet sich unter diesem Blickwinkel allein dadurch von der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, dass in der Ehe die Solidarität zwischen den Partnern rechtlich eingefordert werden kann und nicht nur faktisch gelebt wird 20. Soweit das Verhältnis zwischen den Partnern betroffen ist, besteht nämlich für den bedürftigen nichtehelichen Lebensgefährten kein Anspruch darauf, dass der andere Partner ihn versorgt und für seinen Unterhalt aufkommt. Anders stellt sich die Situation in den registrierten Partnerschaften dar, in welchen eine solche Solidaritäts- und Unterhaltspflicht besteht. Soweit aber in nichtehelichen Lebensgemeinschaften gemeinsame Kinder zur Welt kommen, ändert sich die Rechtslage auch zwischen den nichtehelichen Partnern: In Deutschland steht dem betreuenden nicht verheirateten Elternteil ein Unterhaltsanspruch gegen den anderen Elternteil zu21. In Frankreich sind die Sorgerechtsregelungen zwischen unverheirateten Eltern an diejenigen von Ehepaaren angeglichen 22. Dies zeigt, dass es spätestens dann zu einer Verrechtlichung nichtehelicher Beziehungen und damit zu einer Annäherung nichtehelicher Lebensgemeinschaften an die Ehe kommt, wenn in ihnen Kinder geboren werden. Die in beiden Rechtsordnungen zu beobachtende Entwicklung vom Monopol der Ehe zur Anerkennung und Aufwertung nichtehelicher Lebensgemeinschaften hat ihren Abschluss noch nicht erreicht. Wie sich zeigen wird, gibt es in Schwab, FamRZ 2007, 1, 3. Schwab, FamRZ 2007, 1, 4. 19 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 2; Holzhauer, JZ 2009, 492, 495; Löhnig, FamRZ 2005, 2030, 2032. 20 Vgl. Schwab, FamRZ 2007, 1, 3. 21 Gem. § 1615 l BGB. 22 Art. 372 al. 1 C.civ. bestimmt für alle Kinder, ohne nach ehelicher oder nichtehelicher Abstammung zu differenzieren, dass die Eltern gemeinsam das Sorgerecht ausüben; vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 626. 17 Vgl.
18 Vgl.
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beiden Ländern kein Rechtsstatut, welches automatisch an das Bestehen einer faktisch gelebten nichtehelichen Lebensgemeinschaft anknüpft. Vor diesem Hintergrund beschäftigen nichteheliche Lebensgemeinschaften regelmäßig bei Trennungskonflikten die Gerichte, weniger dagegen die Gesetzgeber beider Länder. Der erste Schritt zu einer systematischen Kodifizierung nichtehelicher Lebensgemeinschaften könnte allerdings in der französischen Rechtsordnung durch die Einführung einer Definition des concubinage in den Code civil erfolgt sein. Als Reaktion auf die diskriminierende Rechtsprechung der Cour de cassation, die allein heterosexuelle Paare als concubins anerkannte23, hat der französische Gesetzgeber eine Definition des concubinage im Jahr 1999 in den Code civil integriert, die sowohl gleichgeschlechtliche als auch verschiedengeschlechtliche Paare umfasst. II. Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft In der deutschen Rechtsordnung existiert im Gegensatz zur französischen keine gesetzliche Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft24. Was macht also den Begriff der „nichtehelichen Lebensgemeinschaft“ aus? Die deutsche Rechtsprechung hat dieser Partnerschaftsform ihre Konturen gegeben. Wie sich zeigt, wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft in beiden Rechtsordnungen in sehr ähnlicher Weise charakterisiert. Die Abgrenzung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft von der Ehe liefert das erste kennzeichnende Merkmal. Während die Ehe durch den formalisierten Begründungsakt vor dem Standesbeamten nach außen hin erkennbar begründet wird, ist das Zusammenleben nichtehelicher Paare gerade dadurch charakterisiert, dass es an einem solchen Begründungsakt fehlt25. Der Beginn der nichtehelichen Lebenspartnerschaft vollzieht sich ohne jeglichen Publizitätsakt26 und ist somit für Dritte kaum erkennbar. Gesetzesprojekte in Frankreich, die darauf abzielten, die concubins (nichtehelichen Partner) zu verpflichten, ihre Partnerschaft beim Rathaus zu dokumentieren, konnten sich bislang nicht durchsetzen 27.
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 157. Vgl. zur fehlenden gesetzlichen Definition im deutschen Recht und der damit einhergehenden richterrechtlichen Ausformung des Begriffs Grziwotz, FamRZ 2009, 750. 25 Vgl. Rauscher, Familienrecht, § 26, Rn. 726; Kunigk, Die Lebensgemeinschaft, S. 15. 26 Vgl. Scherpe/Yassari/Martiny, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 83. 27 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 70. 23 Vgl. 24
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Auch bei Beendigung der Partnerschaft unterscheiden sich Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaft grundlegend im Hinblick auf das entsprechende „Verfahren“. Der formalisierten Ehescheidung vor Gericht, der in der Regel eine Zeit des Getrenntlebens vorausgehen muss28, steht eine formlose, jederzeit mögliche Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gegenüber. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die formlose Begründung und die formlose Beendigung für alle faktischen Lebensgemeinschaften kennzeichnend sind. Abgesehen von den Eckpunkten des formlosen Beginns und der formlosen Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist ein partnerschaftliches Zusammenleben außerhalb der Ehe in vielen Konstellationen denkbar: Die sogenannte „Ehe auf Probe“, die junge Paare in Deutschland und Frankreich zeitlich vor der Eheschließung praktizieren, ist eine der möglichen Formen. Die ehebrecherische Beziehung, die neben einer (noch) bestehenden Ehe eingegangen wird, fällt ebenso unter den Begriff der nichtehelichen Lebensgemeinschaft wie die Partnerschaft, die zeitlich nach einer Ehescheidung eingegangen wird. Allen drei Formen kann gemeinsam sein, dass das Zusammenleben von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität gekennzeichnet ist. Dadurch grenzen sie sich von denjenigen nichtehelichen Paarbeziehungen ab, die man als unverbindliche Affäre qualifizieren müsste. 1. Der Weg der deutschen Rechtsprechung von der eheähnlichen zur faktischen Lebensgemeinschaft Aufgrund der multiplen Erscheinungsformen nichtehelicher Paarbeziehungen wurde es in der deutschen Rechtsordnung lange Zeit als unmöglich erachtet, eine einheitliche Definition der „nichtehelichen Lebensgemeinschaft“ zu konzipieren 29. Inzwischen wird jedoch die vom Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17. November 199230 herausgearbeitete Definition von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung verwendet31 und auch von der Literatur allgemein anerkannt32. Das Bundesverfassungsgericht hat den aus dem Sozialrecht stammenden Begriff der „eheähnlichen Lebensgemeinschaft“ als eine Lebensgemeinschaft 28 Vgl. zum Scheidungsrecht in Deutschland §§ 1565 ff. BGB und in Frankreich Art. 238 Code civil. 29 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 3, Rn. 33. 30 Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 = NJW 1993, 643. 31 Vgl. BGH, Beschluss vom 13.01.1993 – VIII ARZ 6/92 = NJW 1993, 999, 1001; BSG, Urteil vom 10.03.1993 – 14b REg 2/92 = NJW 1993, 3346; BVerwG, Urteil vom 17.05.1995 – 5 C 16/93 = NJW 1995, 2802. 32 Vgl. Palandt/Brudermüller, Einl. v. § 1297 Rn. 11; MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 3; Schulz, FamRZ 2007, 593.
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zwischen einem Mann und einer Frau definiert, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen33. Ein räumliches Zusammenleben und ein gemeinsamer Haushalt sollen für die Annahme einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft weniger von Bedeutung sein als „eine Verflechtung der Lebensbereiche im Sinne einer Verantwortungsund Einstehensgemeinschaft“34. Dieses subjektive Element des „Füreinander-Einstehens“ kann nur anhand von Indizien ermittelt werden: Die Dauer des Zusammenlebens, das gemeinsame Versorgen von Kindern und anderen Angehörigen sowie die Verfügungsbefugnis über das Einkommen des anderen Partners35 können als Anhaltspunkte für das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft herangezogen werden. Das Bestehen einer Geschlechtsgemeinschaft soll nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts kein konstitutives Merkmal für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft sein, ist jedoch als positives Indiz zu werten36. Im französischen Recht wird dagegen die Geschlechtsgemeinschaft der nichtehelichen Lebensgemeinschaft als fundamentales Element der Paarbeziehung erachtet. Wie für Ehe und PACS gilt auch für die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Dreiklang „communauté de toit, communauté de lit, communauté de vie“37. Die vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Definition wird vereinzelt als zu eng kritisiert. Sie zeige nur einen Ausschnitt der Bandbreite nichtehelicher Beziehungen und stelle letztlich eine „Ehe ohne Trauschein“ dar38. Dieser Kritik ist insoweit zuzustimmen, als fraglich ist, warum die Definition nichtehelicher Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtliche Paare ausklammert. Spätestens seit der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes im Jahr 2001 und der damit einhergehenden öffentlichen und rechtlichen Anerkennung 33
Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 = NJW 1993, 643. Vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2007 – X II ZR 261/04 = JZ 2008, 313 = JuS 2008, 280 = NJW 2008, 443. 35 Vgl. BVerfGE 87, 234 = NJW 1993, 643, 645 = FamRZ 1993, 164, 168; Staudinger/ Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 12; Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 3, Rn. 36; Messerle, JuS 2001, 28 f. 36 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.1958 – 1 BvL 3, 4/57, 8/58 = NJW 1959, 283; Schreiber, FPR 2001, 12, 14; BVerwG, Urteil vom 17.05.1995 – 5 C 16/93 = NJW 1995, 2802; Staudinger/Löhnig Anh. zu §§ 1297 ff. Rn. 14. 37 Deutsch: Wohngemeinschaft, Bettgemeinschaft, Lebensgemeinschaft; vgl. Malaurie/ Fulchiron, La famille, S. 160. 38 Vgl. Coester-Waltjen, Familienrecht, § 41, Rn. 1; Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 3 Rn. 38. 34
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gleichgeschlechtlicher Paarbeziehungen hat die Begrenzung der Definition auf verschiedengeschlechtliche Paare ihre Rechtfertigung verloren39. Auch nicht eheliche Lebensgemeinschaften gleichgeschlechtlicher Partner sind durch affektive Bindungen geprägt, die ein gegenseitiges Einstehen für den anderen Partner erwarten lassen. Für gleichgeschlechtliche Lebensgefährten treten bei Trennung oder bei Tod eines Partners weitgehend dieselben rechtlichen Konflikte wie bei verschiedengeschlechtlichen nichtehelichen Paaren auf. Für den Schwerpunkt der vorliegenden Untersuchung – die vermögensrechtlichen Abwicklungsschwierigkeiten – macht es keinen Unterschied, ob die Beendigung einer Lebensgemeinschaft zwischen verschieden- oder gleichgeschlechtlichen Partnern erfolgt. Auch der BGH differenziert im vermögensrechtlichen Bereich nicht nach der sexuellen Orientierung der Partner. Inzwischen ist der Gerichtshof sogar so weit gegangen, dass von der Abwicklungsproblematik auch andere Zusammenlebensgemeinschaften – also ohne Bezug zu Geschlechtsbeziehungen – erfasst werden. Wie der Zwölfte Zivilsenat in seinen grundlegenden Entscheidungen vom 9. Juli 2008 zum Ausdruck brachte, sollen nämlich nicht nur eheähnliche Lebensgemeinschaften mit sexuellem Bezug von der geänderten Rechtsprechung betroffen sein, sondern auch andere Lebensgemeinschaften, wie zum Beispiel verwitwete Geschwister, sonstige Verwandte oder Freunde40. In der Literatur wird vor diesem Hintergrund vorgeschlagen, die Begrifflichkeit von „nichteheliche Lebensgemeinschaft“ in „faktische Lebensgemeinschaft“ zu ändern41. Auf diese Weise würde eine völlige Loslösung von der „Eheähnlichkeit“ der Lebensgemeinschaft stattfinden, auf welche die Rechtsprechung lange Zeit zur Charakterisierung der Partnerschaft zurückgegriffen hat. Es gibt jedoch einen wesentlichen Unterschied zwischen Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaften von Freunden, Geschwistern und Verwandten auf der einen Seite und nichtehelichen Paarbeziehungen auf der anderen Seite. Nur bei letzteren steht wie auch bei Ehegatten die persönliche affektive Beziehung derart im Mittelpunkt, dass im vermögensrechtlichen Bereich die Sphären von „Mein“ und „Dein“ vermischt werden und daher ein nachträglicher Ausgleich erheblich erschwert wird. Ein weiterer Unterschied zwischen bloßen Zusammenlebensgemeinschaften und nichtehelichen Lebensgemeinschaften ist, dass die Partner, solange die Beziehung Bestand hat, gemeinsam ihr Leben verbringen und füreinander einsteBuschbaum, RNotZ 2010, 149 f. Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193 = NJW 2008, 3277; Grziwotz, FF 2009, 435 f. 41 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435 f.; Staudinger/Löhnig Anh. zu § 1297 ff. Rn. 5, 10. 39 Vgl. 40
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hen wollen. Sie begründen eine in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht umfassende Lebensgemeinschaft, die die Übernahme von Solidarität umfasst. Diese Differenzierungen rechtfertigen es, den nichtehelichen Paarbeziehungen gegenüber anderen Zusammenlebensgemeinschaften höheren gesetzlichen Schutz zu bieten und sie in dieser rechtsvergleichenden Untersuchung in den Fokus zu nehmen. 2. Definition des concubinage im Code civil – Nutzen einer Definition ohne daran anknüpfendes Rechtsstatut? Für die nachfolgende Abhandlung bietet es sich an, die aus der französischen Rechtsordnung stammende Definition nichtehelicher Lebensgemeinschaften zugrunde zu legen, die seit dem Jahr 1999 Eingang in den Code civil gefunden hat. In Art. 518-8 C.civ. wird das concubinage (die nichteheliche Lebensgemeinschaft) definiert: „Le concubinage est une union de fait, caractérisée par une vie commune présentant un caractère de stabilité et de continuité, entre deux personnes, de sexe différent ou de même sexe, qui vivent en couple“. Das concubinage wird demnach als faktische Gemeinschaft zweier Personen unterschiedlichen oder gleichen Geschlechts definiert, die als Paar in einer stabilen und dauerhaften Gemeinschaft zusammenleben. Für den französischen Gesetzgeber ist es demzufolge unerheblich, welches Geschlecht die Partner haben, er setzt jedoch mehr als eine bloße Haushaltsund Wirtschaftsgemeinschaft voraus. Kern der Definition ist eine gelebte Paarbeziehung. Damit hat der französische Gesetzgeber eine Definition gewählt, die zur Rechtsprechung des EGMR42 konform ist, und sich bewusst von der zuvor von der Cour de cassation43 vorgenommenen Definition, die allein verschiedengeschlechtliche Gemeinschaften als concubinage bezeichnete, abgrenzt44. Man könnte annehmen, dass die Einführung der Definition des concubinage den Ausgangspunkt für die Kodifizierung eines Rechtstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften bilden sollte45. Gründe für eine solche Kodifizierung hätte es gegeben. Mangels eines gesetzlichen Konzepts zur Regelung nichtehelicher Beziehungen mussten die Gerichte Rechtsprechungsgrundsätze für die Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften entwickeln. Dabei 42
Vgl. EGMR, Urteil vom 24.07.2003, Karner gegen Österreich, vgl. EGMR: (Zugriff 30.12. 2015). 43 Vgl. 3. Civ., 17.12.1997 = Bulletin 1997 III N° 225 p. 151. 44 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 247. 45 Vgl. Blough, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19.
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wandten sie Ausgleichsansprüche des droit commun (allgemeinen Zivilrechts) an, was für die besondere Konstellation der von Empfindungen geprägten Lebensgemeinschaft nichtehelicher Paare als unzureichend kritisiert wurde. Die Einzelfallkasuistik, die sich in der Praxis einstellte, führte zu Rechtsunsicherheit für die betroffenen Paare, was gerade im vermögensrechtlichen Bereich schwer hinnehmbar erschien. Aber stellt die Einführung der Definition tatsächlich den Ausgangspunkt für eine Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Paare dar? Rechtssystematisch gesehen bildet zwar die Einführung einer Definition ins Gesetz den ersten Schritt, um daran anknüpfend in einem zweiten Schritt Rechtsfolgen zu generieren, die in ihrer Gesamtheit ein rechtliches Statut für die unter die Definition fallenden Personen ausmachen. Der Einführung der Definition des concubinage lag aber diese Zielsetzung nicht zugrunde. Vielmehr ist die Kodifizierung auf ein politisches Manöver des Senats zurückzuführen46. Der Senat wollte mit allen Mitteln den PACS verhindern. Er erhoffte sich mit der Einführung einer Definition des concubinage, die auch gleichgeschlechtliche Paare umfasst, die immer vehementer vorgebrachten Forderungen nach einem rechtlichen Rahmen für homosexuelle Partnerschaften besänftigen zu können47. Das Vorhaben des Senats scheiterte: Der PACS wurde im Jahr 1999 eingeführt, zeitgleich mit der Einfügung der Definition des concubinage in den Code civil. Nur ein Teil der denkbaren Varianten nichtehelicher Beziehungen wird von der Definition umfasst. Das concubinage wird als „union de fait“ (faktische Gemeinschaft) charakterisiert. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass im Gegensatz zur Ehe, die durch einen Rechtsakt begründet wird, die nichteheliche Lebensgemeinschaft ein faktisches Phänomen beschreibt, an welches der Gesetzgeber vereinzelt positive und negative Rechtsfolgen anknüpft48. Zentrales Element des concubinage ist das Zusammenleben als Paar („la vie commune“). Die Lebensgemeinschaft ist gemeinsame Voraussetzung von Ehe, PACS und concubinage. Wie bei den per Rechtsakt begründeten Partnerschaftsformen ist unter dem „Zusammenleben als Paar“ eine Gemeinschaft von Tisch und Bett zu verstehen49. Ob die concubins dafür notwendigerweise zusammenwohnen müssen, ist umstritten. Bei Ehegatten besteht seit den 1970er Jahren nicht mehr die Pflicht, einen gemeinsamen Wohnsitz zu wählen. Dementsprechend wäre es auch für Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 160. Blough, Dr. Famille, n° 4 2009, étude 19. 48 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 160. 49 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 160. 46 Vgl. 47 Vgl.
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concubins denkbar, eine Lebensgemeinschaft zu bilden, ohne dass das Paar notwendigerweise unter „einem Dach“ zusammen wohnt. Die Chambre criminelle der Cour de cassation hat eine restriktivere Haltung zu dieser Frage in einer Rechtssache eingenommen, in welcher die nichteheliche Lebensgefährtin Schadensersatz für den immateriellen Schaden geltend machte, welchen sie durch den Unfalltod ihres Lebensgefährten erlitten hatte. Die Richter des Berufungsgerichts hatten den Anspruch der Klägerin scheitern lassen, weil sie mangels eines gemeinsamen Wohnsitzes mit dem Verstorbenen nicht als concubine bezeichnet werden könne. Die Cour de cassation hat diese Rechtsauffassung bestätigt50. Neben das objektive Element des Zusammenlebens tritt nach Auffassung der Literatur ein subjektives Element: der Wille, als Paar zusammenzuleben51. Auch bei dieser Komponente wird ein Unterschied zur Ehe und zum PACS deutlich. Bei beiden Partnerschaftsformen ist der Wille darauf gerichtet, mit der Eingehung der Partnerschaft rechtliche Folgen zu erzielen. Ein solcher Rechtsbindungswille fehlt dagegen beim concubinage. Das concubinage stellt im Unterschied zur Ehe, die eine gewollte rechtliche Situation ist, eine gewollte faktische Situation dar52. Die von den Partnern bewusst faktisch gelebte nichteheliche Beziehung muss gewissen Anforderungen genügen, damit sie zum Anknüpfungspunkt von Rechtsfolgen werden kann: Das Zusammenleben der concubins muss Stabilität und Kontinuität aufweisen. Das bedeutet, dass das concubinage von gewisser Dauer sein muss; flüchtige Zufallsbekanntschaften oder „Affären“ genügen diesem Erfordernis dagegen nicht. Schließlich werden polygame Beziehungen aus der Definition ausgeklammert. Nur nichteheliche Lebensgemeinschaften zwischen zwei Personen fallen unter die Legaldefinition des concubinage. Mit dieser Voraussetzung wird – wie bei der Ehe – das Monogamie-Prinzip der Partnerschaft konstituiert. Zu berücksichtigen ist in diesem Kontext jedoch, dass das Monogamie-Prinzip bei concubinage und Ehe unterschiedliche Ausprägungen besitzt. Eine ehebrecherische Beziehung fällt trotz des Monogamie-Prinzips unter die Definition des concubinage und generiert damit Rechtsfolgen. Das Monogamie-Prinzip bewirkt dagegen bei der Ehe, dass eine Eheschließung bei noch bestehender Ehe unwirksam ist53. Vgl. Cass. Crim. 5.10.2010 = JurisData n°2010-020174, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°1 2011, comm.1. 51 Vgl. Blough, Dr. Famille, n° 4 2009, étude 19. 52 Vgl. Blough, Dr. Famille, n° 4 2009, étude 19; Barrière, Des concubinages. Droit in terne, droit international, droit comparé, S. 143; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 160. 53 Vgl. Lamarche, Dr. Famille, n° 3 2010, alerte 12. 50
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Nachdem die den Begriff des concubinage prägenden Voraussetzungen erläutert wurden, kann nicht ungeklärt bleiben, welchen Nutzen die Kodifizierung der Definition in Frankreich hatte, auch wenn keine daran anknüpfenden Rechtsfolgen geschaffen wurden. Zunächst hat die Definition des concubinage, die zuvor von der Literatur wegen der Vielgestaltigkeit der tatsächlichen nichtehelichen Beziehungsformen für unmöglich erachtet wurde, zu einer Stabilisierung und Vereinheitlichung des Begriffs der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geführt54. Denn unabhängig davon, durch welches Gesetz künftig Rechtsfolgen für concubins geschaffen werden, bestimmt die Definition des Code civil den persönlichen Anwendungsbereich der Regelung. Ein nicht zu verkennender Mehrwert, der durch die Kodifizierung im Code civil erzielt wurde, ist die symbolische und rechtliche Anerkennung der Lebensform des concubinage. Gleichzeitig hat durch die Aufnahme des PACS und des concubinage in den Code civil die Ehe ihr Monopol im Gefüge des französischen Familienrechts verloren55. Auch für die Rechtsstellung homosexueller Paare ist durch die Einführung der sie umfassenden Definition eine verbesserte Situation geschaffen worden. Denn der Anwendungsbereich bereits existierender Regelungen für concubins im Sozialrecht, Steuerrecht und Mietrecht, die vor Einführung der Definition von der Rechtsprechung stets nur auf verschiedengeschlechtliche Paare angewendet wurden, wurde auf gleichgeschlechtliche Paare ausgedehnt56. Ob daneben überhaupt noch Bedarf für die Schaffung eines selbständigen Rechtsstatuts für concubins besteht, ist eine von der Definition unabhängige Frage. III. Die Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt ohne Formalisierungsakt und ohne Zeremonie. Hieran wird deutlich, dass der Beginn der nichtehelichen Lebensgemeinschaft/des concubinage sich im faktischen und nicht im rechtlichen Bereich vollzieht57. Weder wird ein stillschweigender Zusammenlebensvertrag geschlossen58 noch ändert sich durch die Begründung
Blough, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19. Blough, Dr. Famille, n°4 2009, étude 19. 56 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 162 f. 57 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 156. 58 Gegen die Annahme eines „stillschweigenden Zusammenlebensvertrag“ spricht der Wille der nichtehelichen Partner, vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 13. 54 Vgl. 55 Vgl.
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einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft der Personenstand der Partner. Sie bleiben in beiden Rechtsordnungen ledig59. Rechtsfolgen, die an das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft/ eines concubinage anknüpfen, setzen eine bestimmten Dauer und Stabilität der Partnerschaft voraus – in einigen Vorschriften wird darüber hinaus verlangt, dass die Beziehung öffentlich bekannt ist. Um in den Genuss von Vorteilen der Sozialgesetzgebung zu kommen, müssen die nichtehelichen Partner (concubins) in Frankreich ihre Beziehung nachweisen: Im Gegensatz zu Ehe und PACS, bei denen nur der Begründungsakt beim Standesbeamten bzw. beim Urkundsbeamten beweistauglich ist, ist die Beweisform für die nichteheliche Lebensgemeinschaft (das concubinage) frei. Die Partner können sich beispielsweise ein Certificat de concubinage vom Rathaus ausstellen lassen, das gesetzlich allerdings nicht vorgesehen ist und damit auch nur Indizwirkung besitzt60. Es genügt aber auch eine Ehrenerklärung der Partner61. Auch um mietrechtlichen Schutz in den Rechtsbeziehungen gegenüber Vermietern zu erlangen, wird die Publizität des concubinage verlangt. Art. 14 und 15 des Gesetzes vom 6. Juli 1989 verwenden den Begriff des concubin notoire, d. h. des öffentlich bekannten nichtehelichen Lebenspartners. Wirkungen gegenüber Dritten können nur dann eintreten, wenn das concubinage nach außen in Erscheinung getreten und damit bekannt geworden ist. Auch im deutschen Recht ist die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht unmittelbar mit Rechtsfolgen verknüpft. Erst bei einem dauerhaften Zusammenleben und einer damit einhergehenden Verfestigung der Lebensgemeinschaft können Rechtswirkungen eintreten. So kann beispielsweise der nacheheliche Unterhaltsanspruch dadurch gemindert werden, dass der Unterhaltsgläubiger in einer verfestigten neuen Lebenspartnerschaft lebt62. Diese Verfestigung setzt eine gewisse Dauerhaftigkeit, in der Regel zwei bis drei Jahre, voraus63. Eine „Bedarfsgemeinschaft“ im Sozialrecht wird dann widerleglich vermutet, wenn die Partner entweder länger als ein Jahr oder mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben oder Kinder und Angehörige im Haushalt pflegen oder schließlich über Einkommen und Vermögen des anderen verfügen dürfen64.
59 Vgl. Coquema/Barthelet, La semaine juridique notariale et immobilière n°11 2010, 1127; Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 46. 60 Vgl. Hilt, AJ Famille 2007, 452 ff. 61 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 249. 62 § 1579 Nr. 7 BGB. 63 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff. Rn. 217–222. 64 § 7 Nr. 3 a SGB II; Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 268.
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IV. Die Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Vor dem Hintergrund, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft in ihrer Essenz eine faktische Situation und keine rechtliche ist, knüpfen an sie weder personenrechtliche noch vermögensrechtliche Folgen. Das bedeutet konkret, dass typische familien- und erbrechtliche Wirkungen im Verhältnis zwischen den Partnern wie wechselseitige Unterhaltsverpflichtungen65, Verpflichtungen zur Herstellung der partnerschaftlichen Gemeinschaft66, eine solidarische Haftung für Ausgaben des alltäglichen Bedarfs67, ein güterrechtlicher Ausgleich68 oder ein gesetzliches Erbrecht69 bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht kodifiziert sind70. Und dennoch ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft durch eine Verflechtung der persönlichen, aber auch der wirtschaftlichen Lebensbereiche beider Partner gekennzeichnet, die rechtlich nicht ohne Folgen bleiben kann. 1. Wirkungen zwischen den Partnern der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Durch die Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ändert sich am Personen- oder Güterstand der Partner nichts71. Die Partner sind nicht dazu berechtigt, einen gemeinsamen Familiennamen zu führen72. Auch im französischen Recht verbindet die nichtehelichen Lebensgefährten (concubins) keine familienrechtliche Rechtsbeziehung. Sie werden nicht Verwandte des anderen, sondern stehen sich rechtlich wie Fremde gegenüber73. Gleichzeitig bestehen zwischen den Partnern keinerlei persönliche Rechtspflichten: Sie schulden einander weder die Herstellung der Lebensgemeinschaft noch Treue74 oder gegenseitige Unterstützung. Lediglich eine gegenseitige Pflicht zur Rücksichtnahme, wie sie bei anderen engeren Gemeinschaften gilt, soll die Partner treffen75.
65
Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 59. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 10, Rn. 11–12. 67 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 21, Rn. 16. 68 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 38. 69 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 154. 70 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 347. 71 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 46. 72 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 27. 73 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 252. 74 Vgl. Coquema/Barthelet, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°11, 2010, 1127. 75 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 10, Rn. 12; MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302 Rn. 25. 66 Vgl.
A. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
35
Vor diesem Hintergrund unterscheidet sich die faktische nichteheliche Lebensgemeinschaft deutlich von den rechtlich formalisierten Partnerschaften76. 2. Wirkungen zwischen nichtehelichen Eltern und ihren Kindern Während die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zwischen den Partnern selbst kaum Rechtspflichten auslöst, ändert sich die Rechtslage, sobald Kinder in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geboren werden. Durch die Geburt gemeinsamer Kinder erfährt die Verbindung zwischen den nichtehelichen Eltern insoweit eine Stabilisierung, als sie nunmehr gemeinsam Verantwortung für die Kinder tragen müssen. Auch nach Beendigung der Paarbeziehung besteht eine gemeinsame Rechtspflicht bezüglich ihrer Kinder fort77. a) Abstammung nichtehelicher Kinder Im deutschen und französischen Recht wurden die Kategorien eheliche und nichteheliche Kinder grundsätzlich aufgegeben78. Im Hinblick auf die Abstammung vom Vater wirkt sich die Unterscheidung dennoch aus. Während die Abstammung von der Frau, die das Kind geboren hat, in beiden Rechtsordnungen nach dem Prinzip Mater semper certa est, feststeht79, wird der nichteheliche Erzeuger des Kindes nicht automatisch als rechtlicher Vater anerkannt. Dazu bedarf es nach deutschem Recht einer Vaterschaftsanerkennung oder einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung nach § 1592 Nr. 2 und 3 BGB. Auch im französischen Recht gilt die Vaterschaftsvermutung ausschließlich bei Ehegatten, nicht bei concubins80. b) Sorge- und Umgangsrecht für nichteheliche Kinder Für gemeinsame Kinder steht nicht miteinander verheirateten Eltern in Frankreich seit dem Gesetz vom 8. Januar 1993 grundsätzlich das gemeinsame Sorgerecht zu81. Voraussetzung dafür ist, dass beide Eltern das Kind vor seinem ersten Geburtstag rechtlich anerkennen.
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 164. Murat, Des concubinages. Droit interne. Droit international. Droit comparé, S, 61. 78 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 157; MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 46. 79 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 27, Rn. 1; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 466. 80 Vgl. Sosson, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 395. 81 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 602. 76 Vgl.
77 Vgl.
36
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
Im deutschen Recht bedurfte es erst einer Grundsatzentscheidung des EGMR im Jahr 200982 , bevor es dem leiblichen Vater auch trotz des entgegenstehenden Willens der Mutter ermöglicht wurde, gemeinsam mit der Mutter das Sorgerecht auszuüben. Inzwischen ist das Gesetz zur elterlichen Sorge insoweit reformiert worden83, als der nichteheliche Vater auch gegen den Willen der Kindesmutter das Sorgerecht erlangen kann, was ihm bislang verwehrt worden war. c) Adoption von Kindern durch nichteheliche Lebenspartner Unverheiratete Paare haben in Deutschland nicht das Recht, gemeinschaftlich ein Kind zu adoptieren (§§ 1741 II, 1742 BGB)84. Auch die „Stiefkindadoption“, d. h. die Annahme des Kindes des nichtehelichen Partners, ist ihnen nicht gestattet (§ 1741 II 3 BGB)85. Ehegatten sind gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften im Adoptionsrecht damit deutlich privilegiert. Eingetragene Lebenspartner haben zwar nicht die Möglichkeit, gemeinschaftlich ein Kind zu adoptieren, wohl ist ihnen aber die Stiefkindadoption gestattet (§ 9 VII LPartG). Auch das französische Adoptionsrecht bevorzugt Ehegatten gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften: Die Volladoption ist allein Ehepaaren vorbehalten86. Im Unterschied zu deutschen Eingetragenen Lebenspartnern verfügen PACS-Partner über kein Adoptionsrecht. 3. Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Außenverhältnis Die Wirkungen, die das Außenverhältnis betreffen, finden sich in verschiedenen Gesetzen verstreut. Beispielsweise im Sozial- und Mietrecht finden sich Regelungen, die an das Zusammenleben als nichteheliche Lebenspartner (concubins) anknüpfen. Die Rechtsentwicklung zeigt, dass Regelungen in den Bereichen getroffen wurden, in denen wegen der sozialen Realität – nämlich des faktischen dauerhaften Zusammenlebens von Paaren – der Bedarf danach am höchsten war. Einerseits wurde dabei das Ziel verfolgt, nichteheliche Paare gegenüber Ehegatten (gerade im Sozialrecht) nicht zu bevorzugen87, andererseits ist das Bewusstsein der Schutzbedürftigkeit nichtehelicher Paare gestiegen (was sich gerade im 82
501.
Vgl. EGMR, Urteil vom 3.12.2009 – 22028/04 (Zaunegger/Deutschland) = NJW 2010,
83 Gesetz
zur Reform der elterlichen Sorge nicht miteinander verheirateter Eltern vom 16. April 2013. 84 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 46. 85 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 180. 86 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 253. 87 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 163. Reinecke, FPR 2001, 56.
B. Vermögensrechtliche Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
37
Mietrecht zeigt). Nach dem Gesetz vom 6. Juli 1989 hat der concubin sowohl bei Versterben des mietenden Partners als auch bei dessen endgültiger Aufgabe der Wohnung das Recht, in der gemeinsamen Wohnung zu verbleiben88. Diese Regelung ist auf Ehegatten, PACS-Partner und concubins gleichermaßen anwendbar. Im deutschen Mietrecht stellt sich die Situation ähnlich dar. Es wurden Schutzvorschriften für nichteheliche Partner gegenüber dem Vermieter ins BGB eingeführt. Bei Tod des Mieters hat der nichteheliche Lebenspartner das Recht, in den Mietvertrag einzutreten89. Die Aufnahme eines nichtehelichen Lebenspartners in die bereits vom anderen Partner angemietete Wohnung ist zwar im Gegensatz zur Aufnahme von Ehegatten oder Lebenspartnern nach § 553 I BGB erlaubnispflichtig, allerdings stellt die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ein berechtigtes Interesse zur Aufnahme eines anderen in die Mietwohnung dar und kann daher vom Vermieter nur aus einem wichtigen Grund, der gerade in der Person des Partners liegen muss, verweigert werden90. Ein einheitliches Konzept für die nichteheliche Lebensgemeinschaft (das concubinage) lag den Gesetzgebern bei Schaffung dieser Rechtsvorschriften nicht zugrunde91.
B. Vermögensrechtliche Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft während der Dauer der Partnerschaft I. Vermögenstrennung als Prinzip Auf vermögensrechtlicher Ebene gilt in beiden Rechtsordnungen wie im persönlichen Bereich, dass die nichtehelichen Lebenspartner/concubins keine wechselseitigen Verpflichtungen treffen. Es gilt das Prinzip der Vermögenstrennung zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern/concubins: Jeder bleibt alleiniger Inhaber des von ihm in die Partnerschaft eingebrachten Vermögens,
88 Loi n° 89-462 „tendant à améliorer les rapports locatifs“ (Gesetz zur Verbesserung der Wohnverhältnisse) vom 6.07.1989, Art. 14; vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 348. 89 § 563 a II 4 BGB; vgl. Grziwotz, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 14, Rn. 55. 90 Vgl. BGH, Urteil vom 5.11.2003 – VIII ZR 371/02 = BGHZ 157, 1 = NJW 2004, 56; vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 41. 91 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 162.
38
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
und jeder wird alleiniger Inhaber der während der Partnerschaft hinzuerworbenen Gegenstände92. Wenn nicht nachgewiesen werden kann, wem welcher Gegenstand gehört, wird nach französischem Recht Miteigentum der Partner angenommen. Bei gemeinsam angeschafften Gegenständen wird vermutet, dass diese zu hälftigem Miteigentum beider Partner erworben wurden93. Im deutschen Recht besteht keine Vermutung, dass ein Partner dem anderen Partner Miteigentum an gemeinsam benutzten Haushalts- und Einrichtungsgegenständen übertragen will94. Miteigentum wird jedoch dann angenommen, wenn die Partner gemeinsam die Anschaffung von Gegenständen finanziert haben. Der Eigentumsanteil bemisst sich entsprechend des jeweiligen Finanzierungsanteils, hilfsweise wird hälftiges Eigentum angenommen95. II. Vereinbarungen im Hinblick auf gemeinsame Vermögensbildung Selbstverständlich können die nichtehelichen Lebenspartner bei der Anschaffung insbesondere von wertvollen Gegenständen im Voraus bestimmen, wie die Eigentumsverhältnisse daran sein sollen96. Im französischen Recht haben die concubins die Möglichkeit, bei gemeinsamen Anschaffungen eine clause tontinière97 zu vereinbaren. Gerade beim Erwerb von Immobilien wird eine solche Klausel vermehrt verwendet98. Die c lause tontinière99 bewirkt, dass bei Versterben des einen Partners, der andere Partner als Alleineigentümer angesehen wird, und zwar rückwirkend vom Erwerbszeitpunkt an100. Auf diese Weise kann zwar vermieden werden, dass der Gegenstand in die Erbschaft fällt und somit den gesetzlichen Erben zufällt. Der Nachteil ist jedoch, dass der Vorgang wie eine Schenkung zu versteuern ist, d. h., dass ab 76 000 € Schenkungssteuern in Höhe von 60 % anfallen101. Darüber hinaus hat die tontine folgenden Nachteil: Wenn die Partner uneinig über das Schicksal des Vermögensguts sind – der eine Partner will verkaufen, der andere weigert MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 28; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 165. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 348. 94 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 20, Rn. 1. 95 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 28. 96 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 20, Rn. 9. 97 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 165; Courbe, Droit de la famille, S. 253. 98 Vgl. Lemaire/Lefebvre, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°5 2011, 1055. 99 Auch clause d’accroissement genannt: Die Klausel bewirkt, dass jeder Erwerber mit Rückwirkung auf den Erwerbszeitpunkt als Alleineigentümer angesehen wird – unter der Bedingung, dass der andere Erwerber vorverstirbt. 100 Vgl. Jacotot/Convers, La semaine Juridique Notariale et Immobilière n°38 2009, 1269. 101 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 165. 92 Vgl. 93 Vgl.
B. Vermögensrechtliche Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
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sich – finden die Regelungen zur Auseinandersetzung von Miteigent um keine Anwendung. Schließlich kann die Vereinbarung der tontine nicht widerrufen werden, selbst wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft endet102. Umfassendere vermögensrechtliche Wirkungen lassen sich für nichteheliche Lebensgemeinschaften in Deutschland und Frankreich durch Abschluss eines Partnerschaftsvertrags erzielen. Nach französischem Recht sind solche Verträge selbst dann nicht sittenwidrig, wenn sie zur Verfestigung einer ehebrecherischen Beziehung geschlossen werden103. Auch im deutschen Recht verstoßen solche Verträge grundsätzlich nicht gegen die guten Sitten, selbst wenn sie bei noch bestehender Ehe geschlossen werden104. In der Praxis werden Partnerschaftsverträge in beiden Rechtsordnungen nur selten abgeschlossen105. Die Cour de cassation und der BGH kontrollieren zwar die Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarungen. Die obersten Gerichte sind jedoch darauf bedacht, die im vermögensrechtlichen Bereich wichtige Privatautonomie zwischen den Partnern zu achten. Umgekehrt wird die Grenze vermögensrechtlicher Vereinbarungen darin gesehen, dass die Freiheit zur jederzeitigen Trennung nicht erschwert werden dürfe106. Auf diese Freiheit könne vertraglich nicht wirksam verzichtet werden107. III. Keine solidarische Haftung für Schulden des alltäglichen Bedarfs Von Gesetzes wegen schulden die nichtehelichen Lebenspartner/concubins in Deutschland und Frankreich einander weder Unterhalt noch materielle Unterstützung108. Die Ausgaben, die einer der Partner zur Deckung des alltäglichen Bedarfs übernimmt, sind folglich allein seine Schulden109. Im französischen Recht rückt die Rechtsprechung der Cour de cassation vom Grundsatz, dass jeder concubin die Ausgaben für den alltäglichen Bedarf alleine zu tragen hat und es keine solidarische Schuldenhaftung gibt, nicht ab110. Es gibt keine gesetzliche Vermutung, die für eine solidarische Haftung der concuMalaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 348. Simler, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 76. 104 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 48. 105 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 35. 106 Vgl. 1. Civ., 20.06.2006, Bulletin 2006 I N° 312 p. 270; Malaurie/Fulchiron, La fa mille, S. 164 f. 107 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 30. 108 Vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 4 4, Rn. 7. 109 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 348. 110 1. Civ., 27.04.2004 = Juris Data n°2004-023427, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°9 2004, comm. 140; 1. Civ. 19.04.2005 = Bulletin 2005 I N° 187 p. 158. 102 Vgl. 103 Vgl.
40
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
bins spricht (Art. 1202 C.civ.). Wollen die concubins solidarisch für Schulden haften, so müssen sie dies explizit vertraglich vereinbaren. Die zwischen Ehegatten zur Anwendung kommende solidarische Haftung von Gesetzes wegen für Ausgaben des alltäglichen Bedarfs sowie für die Kindererziehung nach Art. 220 C.civ. kommt bei concubins weder direkt noch analog zur Anwendung111. Kritische Stimmen aus der Literatur äußern demgegenüber, dass an die soziale Realität einer gemeinsamen Haushaltsführung angeknüpft werden müsse, und plädieren demzufolge für eine analoge Anwendung der Norm auf nichteheliche Lebensgemeinschaften112. Auch nach deutschem Recht wird bei Verpflichtungsgeschäften eines nicht ehelichen Lebenspartners zur Anschaffung von Hausrat und sonstigen Bedarfsgeschäften des alltäglichen Zusammenlebens nicht automatisch der andere Lebenspartner mit verpflichtet. Die Regelung des § 1357 BGB – als spezielle Norm des Eherechts – ist nach herrschender Meinung nicht analog auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anwendbar113. (Güter-)rechtlich gesehen stellen nichteheliche Lebensgemeinschaften in beiden Rechtsordnungen keine Rechtsgemeinschaft dar, welche eine automatische Mitverpflichtung des anderen Partners rechtfertigt. Nachteile, die für Ehegatten aus der Mithaftung nach § 1357 BGB bzw. Art. 220 C.civ. im Außenverhältnis resultieren, werden durch güterrechtlichen Ausgleich im Innenverhältnis ausgeglichen, wie an späterer Stelle noch eingehend dargelegt wird. Dieser güterrechtliche Ausgleich im Innenverhältnis bleibt nichtehelichen Partnern versagt. Jedoch wird vereinzelt von französischen Gerichten angenommen, dass der concubin seinem Partner für die Besorgungen des alltäglichen Lebens eine stillschweigende Vollmacht (mandat tacite) erteilt hat, um auf diese Weise zu einer gesamtschuldnerischen Haftung im Außenverhältnis und zu einem Rückgriffsanspruch im Innenverhältnis zu gelangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die concubins durch ihr Auftreten nach außen hin den Schein erweckt haben, miteinander verheiratet zu sein, und die Gläubiger daraufhin guten Glaubens angenommen haben, mit Eheleuten zu kontrahieren (théorie de l’apparence)114.
111 1. Civ. 27.04.2004 = JurisData n°2004-023427, Anm. Cavalier, La semaine juridique édition générale n°3 2005, II 100008; Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°9 2004, comm. 140. 112 Vgl. Rivier, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 102. 113 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 48; Schwab, Familienrecht, § 93, Rn. 947; Grziwotz, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 21, Rn. 16. 114 Deutsch: Rechtsscheintheorie; vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 166.
B. Vermögensrechtliche Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
41
Im deutschen Recht kann bei Erwerbsgeschäften des alltäglichen Bedarfs die Lehre vom „Erwerb für den, den es angeht“ zur Anwendung kommen115. Danach muss der nichteheliche Partner nicht ausdrücklich zum Ausdruck bringen, für wen er Eigentum erwerben will, es genügt seine innere Willensrichtung, für den anderen Partner erwerben zu wollen. Dies gilt allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dem Veräußerer gleichgültig ist, wer Eigentum erwerben soll. Auf diese Weise kann der nichteheliche Partner den anderen bei Erwerbsgeschäften des alltäglichen Bedarfs wirksam vertreten. Vergleichbar zur französischen théorie de l’apparence kommt auch im deutschen Recht eine Anscheinsvollmacht infrage, wenn ein Partner beim Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für die Geschäfte des anderen Partners haften werde116, oder wenn der Partner Dritten gegenüber seine Partnerin als Ehefrau ausgibt117. IV. Unterhalt zwischen nichtehelichen Partnern In beiden Rechtsordnungen übereinstimmend hat der nichteheliche Partner keine gesetzlichen Unterhaltsansprüche – weder während bestehender Partnerschaft noch nach deren Beendigung118. Dies führt zu nicht unerheblichen Risiken, wenn einer der Partner, auch heute noch meistens die Frau, die Erwerbstätigkeit zugunsten von Haushaltsführung- und Kinderbetreuung aufgibt und der andere Partner, auch heute noch meistens der Mann, mit seinem Erwerbseinkommen für die Lebensgemeinschaft aufkommt119. Durch Partnerschaftsverträge können Unterhaltspflichten wirksam vereinbart werden, um den wirtschaftlich schwächeren Partner abzusichern – und das selbst dann, wenn einer der Partner noch anderweitig verheiratet ist120. Die einzige Grenze solcher Unterhaltsvereinbarungen ist, dass dadurch für einen Partner die Auflösung der Lebensgemeinschaft nicht unmöglich gemacht oder erheblich erschwert werden darf121. Eine rechtsgeschäftliche Unterhaltsvereinbarung bedeutet grundsätzlich kein unzulässiges Versprechen einer Vertragsstrafe122. Sogar das Versprechen einer Abfindung für den Fall der Trennung Schwab, Familienrecht, § 93, Rn. 946. Schwab, Familienrecht, § 93, Rn. 947. 117 Vgl. Schlüter, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 23 f. 118 Vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 4 4 Rn. 7; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 164, 662. 119 Vgl. Schreiber, FPR 2010, 387. 120 BGH, Urteil vom 28.09.1990 – V ZR 109/89 = NJW 1991, 830. 121 1. Civ. 20.06.2006 = Bulletin 2006 I N° 312 p. 270; vgl. Malaurie/Fulchiron, La fa mille, S. 164. 122 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 37. 115 Vgl. 116 Vgl.
42
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
soll nicht deshalb unzulässig sein, weil dadurch mittelbar die Bereitschaft zur Auflösung der Partnerschaft beeinflusst wird123. Meistens fehlt aber während einer harmonischen Partnerschaft ein Bewusstsein dafür, Unterhaltsansprüche rechtsgeschäftlich zu regeln. Erst mit der Trennung rücken Unterhaltsansprüche in den Vordergrund. Allein aus der Tatsache, dass der alleinverdienende Partner in der Vergangenheit de facto für den Lebensunterhalt der Gemeinschaft aufgekommen ist, kann nicht auf eine schlüssig zustande gekommene Vertragsbeziehung geschlossen werden124. Von der Rechtsprechung wird ebenso abgelehnt, aus Vertrauensschutzgesichtspunkten einer Frau, die über Jahre den Haushalt geführt hat, einen zeitlich begrenzten Unterhaltsanspruch zu gewähren125. Ein Unterhaltsanspruch kann somit allein rechtsgeschäftlich begründet werden für die Dauer des Zusammenlebens oder für den Trennungsfall. Dabei ist zu beachten, dass solche vertraglich begründeten Unterhaltspflichten gegenüber dem nichtehelichen Partner geltend gemacht werden können, nicht jedoch den gesetzlichen Unterhaltsgläubigern entgegenzuhalten sind126. Im deutschen Recht besteht ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils für das nichteheliche Kind. § 1615 l I BGB bestimmt, dass der leistungsfähige Vater der bedürftigen Mutter für die Dauer von sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt des Kindes Unterhalt zu gewähren hat. Dieser Unterhaltsanspruch nach § 1615 l BGB besteht unabhängig davon, ob die Eltern des Kindes zusammenleben oder jemals zusammengelebt haben127. Durch das Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 1. Januar 2008 sind die Ansprüche des betreuenden nichtehelichen Partners denjenigen des betreuenden geschiedenen Elternteils weitgehend gleichgestellt worden128. Hintergrund dieser Reform ist, dass das Bundesverfassungsgericht am 28. Februar 2007129 die unterschiedliche Dauer des Unterhaltsanspruchs für den betreuenden Elternteil eines ehelichen Kindes einerseits und eines nichtehelichen Kindes andererseits für verfassungswidrig erklärt hatte. Art. 6 V GG verbietet eine Schlechterstellung des nichtehelichen Kindes gegenüber ehelichen Kindern, welche aber durch die unterschiedliche Dauer des Unterhaltsanspruchs Grziwotz, FPR 2005, 156, 158. Schreiber, FPR 2010, 387. 125 Vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2007 – XII ZR 261/04 = BGH NJW 2008, 443. 126 Vgl. Scherpe/Yassari/Martiny, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 87. 127 Vgl. Wellenhofer, Familienrecht, § 27, Rn. 7. 128 Vgl. Born, NJW 2008, 2289; Grziwotz, FamRZ 2009, 750. 129 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2007 – 1 BvL 9/04 = NJW 2007, 1735 = M ittBayNot 2007, 497. 123 Vgl.
124 Vgl.
B. Vermögensrechtliche Wirkungen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
43
des betreuenden Elternteils nach § 1570 BGB einerseits und § 1615 l II 3 BGB andererseits gegeben sei. Unter dem Gesichtspunkt der verfassungsrechtlich gebotenen Gleichstellung ehelicher und nichtehelicher Kinder erfolgte mit der Unterhaltsrechtsreform auch eine Angleichung der Ansprüche des nichtehelichen betreuenden Partners an die des geschiedenen Ehegatten. Zukünftig kann der betreuende Elternteil für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt Unterhalt fordern. Unerheblich ist in den ersten drei Jahren, ob anderweitige Fremdbetreuungsmöglichkeiten bestehen130. Bezüglich der Höhe des Unterhaltsanspruchs hat der BGH in einem Urteil vom 6. Juni 2008131 festgestellt, dass sich der Unterhalt für die nichteheliche betreuende Mutter nicht nach dem Lebensstandard des Vaters bemisst, sondern nach den wirtschaftlichen Verhältnissen der unterhaltsberechtigten Mutter richtet (§ 1610 I BGB). War die Mutter vor der Geburt erwerbstätig, so wird der Anspruch nach dem nachhaltig erzielten Einkommen bemessen132. Während mit § 1615 l BGB positiv ein Unterhaltsanspruch für den nichtehelichen Elternteil normiert wurde, kann an das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft negativ die Folge anknüpfen, dass der nacheheliche Unterhaltsanspruch eines Partners zu versagen ist. Durch das Unterhaltsänderungsgesetz vom 1. Januar 2008 wurde als Härtegrund aufgenommen, dass der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt (§ 1579 Nr. 2 BGB). Daraus folgt, wenn eine verfestigte neue Lebensgemeinschaft i. S. d. § 1579 Nr. 2 BGB angenommen wird, in welcher der Unterhaltsberechtigte – wie in der Ehe – von dem neuen Lebensgefährten Unterhalt erhält, kann die Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegatten nicht länger eingefordert werden133. Vor diesem Hintergrund wird durch die Verfestigung einer neuen nichtehelichen Lebensgemeinschaft der nachehelichen Solidarität ein Ende gesetzt. Dies ist bemerkenswert, da der geschiedene Ehegatte gegenüber seinem neuen Partner keine Möglichkeit hat, die Solidarität rechtlich durchzusetzen. Aufgrund der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen der nichtehelichen Lebensgemeinschaften kann zudem die Feststellung schwierig sein, ab wann eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt. Gesetzliche Voraussetzungen für die Annahme einer Verfestigung fehlen. Die Rechtsprechung hat Indizien für das VorEhinger, FPR 2010, 389. BGH, Urteil vom 6.07.2008 XII ZR 109/05 = NJW Spezial 2008, 741 = BGHZ 177, 272 = FamRZ 2008, 1739. 132 Vgl. BGH, Urteil vom 13.01.2010 – XII ZR 123/08 = NJW 2010, 1138; Schreiber, FPR 2010, 387, 389. 133 Vgl. BGH, Urteil vom 16.07.2008 – XII ZR 109/05 = BGHZ 177, 272 = NJW 2008, 3125; Schreiber, FPR 2010, 387, 388. 130 Vgl. 131
44
Teil 1: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft
liegen einer verfestigten Lebensgemeinschaft herausgearbeitet und den Begriff insoweit konkretisiert, als die neue Beziehung als „eheähnliches Zusammenleben“ angesehen werden müsse. Dies sei bei einer Mindestdauer der Verbindung von zwei bis drei Jahren in der Regel anzunehmen. Auf das häusliche Zusammenleben der Partner komme es nicht entscheidend an. Vielmehr sei das Auftreten der Partner in der Öffentlichkeit maßgeblich134. Im französischen Recht ist der Kindesunterhalt bei den Regelungen zur autorité parentale (Sorgerecht) angesiedelt135. Grundsätzlich sind beide Eltern verpflichtet, gleichermaßen für den Unterhalt des Kindes aufzukommen. Ein Unterhaltsanspruch, welcher direkt der betreuenden nichtehelichen Mutter zustünde, ist im französischen Recht nicht vorgesehen. Bei der Frage nach der Bemessung des Unterhaltsanspruchs wird das Bestehen einer anderweitig bestehenden verfestigten Lebensgemeinschaft berücksichtigt, wenn diese sich auf die Belastungen oder Einkünfte eines Elternteils auswirkt136.
134
Vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 15.05.2008 = Beck RS 2008, 20353. Vgl. Art. 372 ff. C.civ. 136 Vgl. Kaiser/Schnitzler/Friederici/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 165. 135
Teil 2:
Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung und Tod A. Problematische Ausgangslage Wie gezeigt ändert die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft an der Vermögenszuordnung der Partner per se nichts. Auch während des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bleibt das Vermögen der Partner theoretisch und rechtlich gesehen getrennt, sofern die Partner nicht gemeinsame Vermögenswerte schaffen wollen. Während der Partnerschaft stehen vermögensrechtliche Fragen im Hintergrund, gerichtliche Auseinandersetzungen treten kaum auf. Die Auflösung der Lebensgemeinschaft führt die Partner dagegen besonders häufig vor Gericht1, und dies, weil in der Praxis eine Vermischung von Ausgaben und Einkünften zwischen den Partnern stattgefunden hat2. In der deutschen Literatur wird ausdrücklich bedauert, dass die Zuständigkeit für vermögensrechtliche Auseinandersetzungen zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht im FamFG den Familiengerichten zugeordnet wurde3. Die allgemeinen Zivilgerichte entscheiden somit über die Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft 4. In Frankreich ist demgegenüber seit der Gesetzesreform von 2009 der Familienrichter und damit das sachnähere Gericht zuständig, um über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften zu entscheiden5. Zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung kommt es dann, wenn die nichteheliche Lebensgemeinschaft beendet wird. Sie kann durch Heirat, Trennung oder Tod enden, wobei insbesondere die Auflösung durch Trennung und Tod rechtliche Probleme aufwirft, die im Folgenden erörtert werden sollen. Im von Proff, NJW 2008, 3266 f. Sagaut, AJ Famille 2002,164 ff. 3 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373, 378. 4 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 77. 5 Art. L213-3 Code de l’organisation judiciaire. 1 Vgl. 2 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Kern der Diskussion steht die Frage, ob es zwischen nichtehelichen Lebenspartnern zu Ausgleichsansprüchen für vermögensrechtliche Leistungen wie zum Beispiel für die Mitarbeit im Betrieb des Partners, für die Dienste als Hausfrau oder für die Mitfinanzierung des Hausbaus auf dem Grundstück des anderen Partners kommen soll oder ob ein solcher Ausgleich versagt wird6. I. Kein gesetzlich normiertes Ausgleichsregime Weder in Deutschland noch in Frankreich ist bislang ein gesetzliches Ausgleichsregime für nichteheliche Lebensgemeinschaften kodifiziert worden. Dies mag auf der einen Seite vor dem Hintergrund der Zunahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften und damit auch der Zunahme von Beendigungskonflikten bedauernswert erscheinen. Auf der anderen Seite steht das bislang nicht vollends entkräftete Argument der „gewollten Bindungslosigkeit“7. Die These ist, dass Paare, die keine Ehe schließen möchten, grundsätzlich auch keinen festen rechtlichen Rahmen für ihre Partnerschaft wünschen und demzufolge auch rechtlichen Verpflichtungen, die sich automatisch an ihre Beziehung knüpfen, entgehen möchten. An dieser Stelle soll nicht die Diskussion um die Schaffung eines denkbaren Ausgleichsregimes für nichteheliche Paare vertieft werden. Es sollen vielmehr die Lösungen beider Rechtsordnungen anhand der aktuell bestehen Gesetzeslage diskutiert werden. II. Keine individualvertragliche Regelung zwischen den Partnern Wie bereits erwähnt steht es nichtehelichen Lebenspartnern frei, ihre Rechtsverhältnisse vertraglich zu regeln und damit möglichen Abwicklungsschwierigkeiten in der Beendigungsphase vorzubeugen. Längst hat der BGH festgestellt, dass Rechtsgeschäfte nicht deshalb sittenwidrig sind, weil sie der Verwirklichung der auf Dauer angelegten, von inneren Bindungen getragenen Lebensgemeinschaft dienen8. Und auch die Cour de cassation billigt in den Grenzen des ordre public Partnerschaftsverträge mit persönlichen und vermögensrechtlichen Verpflichtungen9. Obwohl beide Rechtsordnungen damit Partnerschaftsverträge grundsätzlich billigen und obwohl den Verträgen Vorrang vor den vereinzelt bestehenden ge6 Vgl. Scherpe/Yassari/Wellenhofer, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 103. 7 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 2. 8 Vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1980 – II ZR 191/79 = FamRZ 1980. 9 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 164.
A. Problematische Ausgangslage
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setzlichen Regelungen eingeräumt wird, sowohl was den persönlichen Bereich, aber vor allem auch was den vermögensrechtlichen Bereich anbelangt10, werden in der Praxis kaum Partnerschaftsverträge geschlossen. Nach Schätzungen haben 90 % der nichtehelichen Paare in Deutschland keinen solchen Vertag abgeschlossen11. Hintergrund dessen ist, dass in der Lebenswirklichkeit der wenigsten Paare die Notwendigkeit vertraglicher Regelungen ins Bewusstsein gerückt ist12. Insbesondere wenn es um alltäglich anfallende Geschäfte wie die Mietzahlung für die gemeinsame Wohnung, die Anschaffung gemeinsamen Hausrats oder die Bezahlung einer gemeinsamen Urlaubsreise geht, wird die Zahlung von demjenigen geleistet, der dazu gerade in der Lage ist. Der spätere Rückgriff gegen den anderen Partner wird bei der Leistung meistens weder geregelt noch bezweckt. Lieb formuliert in seinem Gutachten zum Regelungsbedarf für nichteheliche Lebensgemeinschaften aus dem Jahr 1988 folgenden Passus, an dem sich bis heute nichts geändert hat: „Zwar nimmt dem Vernehmen nach die Zahl ausgefeilter (meist notarieller) Partnerschaftsverträge zu; entsprechende Regelungen werden aber wohl immer auf die Schicht rechtlich und wirtschaftlich erfahrener Personen beschränkt bleiben. Die große Masse wird sich dieser Möglichkeit aller Erfahrung nach nicht bedienen.“13 Diese soziale Realität wirkt sich für den Fall des Scheiterns der Beziehung aus. Gerade hier bestünde Bedarf nach vertraglichen Abreden zwischen den Parteien, wie das gemeinsam geschaffene Vermögen unter ihnen aufzuteilen ist14. Bei Uneinigkeit müssen demzufolge die Gerichte den Ausgleich erzielen. Bevor aber die allgemeinen Mechanismen des Schuld- und Sachenrechts zur Anwendung kommen, könnte man bei Fehlen eines ausdrücklichen Vertragsschlusses an konkludent bzw. stillschweigend geschlossene Verträge denken. Auf diese Weise ließe sich der hypothetische Parteiwille besser berücksichtigen und man könnte zu vermeintlich gerechteren Lösungen gelangen. Voraussetzung für einen stillschweigenden Vertrag wäre aber, dass die nichtehelichen Partner Rechtsbindungswillen bezüglich eines Vertragsschlusses hätten. Dieser kann nicht einfach unterstellt werden15. Im Hinblick darauf ist vielmehr das Argument der Rechtsprechung zutreffend, demzufolge bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nach dem Bewusstsein der Paare „persönliche und wirtGrziwotz, FF 2009, 435, 442. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 21. 12 Vgl. Schwab, Familienrecht, § 92, Rn. 936. 13 Lieb, Gutachten A DJT 1988, S.12. 14 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1702. 15 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 13. 10 Vgl. 11 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
schaftliche Leistungen der Partner nicht miteinander abgerechnet werden [sollen], sondern ersatzlos von demjenigen erbracht werden, der dazu in der Lage ist“16.
B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe – Gegenmodell oder Vorbild für die Auseinandersetzung bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften? Die Ehe verändert die vermögensrechtliche Situation zweier Menschen entscheidender als jede andere familiäre Beziehung. Dies betrifft zum einen das Verhältnis zwischen den Ehegatten. Während der Ehe werden täglich vermögensrechtlich relevante Leistungen zwischen den Partnern erbracht, die meistens nicht dem persönlichen Interesse des Leistenden, sondern der Gemeinschaft dienen sollen. Zum anderen betrifft die Ehe die vermögensrechtlichen Beziehungen zu Dritten. Gegenüber Dritten treten die Eheleute oftmals nicht als Individuen, sondern als Gemeinschaft – insbesondere als Haftungsgemeinschaft – auf. Die vermögensrechtliche Verflechtung der Vermögenssphären der Partner hört nicht abrupt mit Beendigung der Ehe auf. Vielmehr müssen die erwirtschafteten Vermögenswerte aufgeteilt und die gemeinschaftlichen Schulden beglichen werden. Die eheliche Gemeinschaft muss insofern auch vermögensrechtlich aufgelöst werden17. Vor diesem Hintergrund stellt sich einerseits die Frage, inwieweit Lösungen des ehelichen Güterrechts als Vorbild für die Abwicklungsproblematik nichtehelicher Beziehungen dienen können. Andererseits ist zu prüfen, ob eine bewusste Abgrenzung zu den pauschalen Ausgleichsmechanismen des ehelichen Güterrechts stattzufinden hat. I. Ausgleichsmechanismen des ehelichen Güterrechts Das Güterrecht regelt einen Ausschnitt der vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen den Ehegatten untereinander und zu Dritten, die gerade auf der Ehe beruhen18. Das eheliche Güterrecht gehört in beiden Rechtsordnungen zum Kernbestand des Eherechts.
16
BGH, Urteil vom 23.02.1981 – II ZR 124/80 = NJW 1981,1502. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 1. 18 Vgl. Staudinger/Thiele, Einl. zu §§ 1363 ff., Rn. 1. 17 Vgl.
B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe
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1. Eheliches Güterrecht in Deutschland Systematisch gliedert sich das deutsche Güterrecht in einen gesetzlichen Güterstand – die Zugewinngemeinschaft – und zwei Wahlgüterstände – die Gütertrennung und die Gütergemeinschaft – auf, welche durch Ehevertrag vereinbart werden können. Haben die Ehegatten keine vorrangige vertragliche Vereinbarung über den Güterstand getroffen, so gilt zwischen ihnen der Güterstand der Zugewinngemeinschaft (§ 1363 BGB)19, der seit dem 1. Juli 1958 gesetzlicher Güterstand in Deutschland ist20. Wie eine Studie des Familienministeriums aus dem Jahr 2010 zeigt, haben 93 % der Verheirateten keine zusätzlichen ehevertraglichen Vereinbarungen getroffen – entweder weil nach Ansicht der Betroffenen kein Bedarf danach bestand oder aber weil den Betroffenen nicht bekannt war, welche Themen, Aspekte und Varianten überhaupt vertraglich geregelt werden könnten 21. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der damit für sie anwendbar ist, bedeutet entgegen der weit verbreiteten Erwartung nicht, dass sich die Vermögenssphären der Ehegatten vermischen. Im Gegenteil: Es gilt das Prinzip der Vermögenstrennung während der Ehe (vgl. § 1363 II 1 BGB) und des wirtschaftlichen Ausgleichs bei deren Beendigung (§ 1371 BGB)22. Das heißt, dass jeder Ehegatte alleiniger Inhaber des Vermögens bleibt, welches er in die Ehe mit einbringt und während der Ehe hinzuerwirbt, und dass er dieses Vermögen auch grundsätzlich selbstständig verwaltet (§ 1364 BGB). Während der Ehe erlangt der gesetzliche Güterstand lediglich bei den Verfügungsbeschränkungen in § 1365 BGB und § 1369 BGB Bedeutung. Ehegatten im gesetzlichen Güterstand ist es untersagt, eine Verfügung über ihr Vermögen im Ganzen oder über Haushaltsgegenstände ohne die Zustimmung bzw. Genehmigung des anderen Ehegatten zu treffen. Sinn dieser Regelung ist es, sowohl die wirtschaftlichen Grundlagen für die eheliche Lebensgemeinschaft als auch den Anspruch auf Zugewinnausgleich bei Auflösung der Ehe zu sichern 23. Erst bei Beendigung der Ehe findet der Zugewinnausgleich statt: Bei Auflösung der Ehe durch Tod wird nach § 1371 BGB das gesetzliche Erbrecht erhöht, und bei der Beendigung der Ehe in anderen Fällen entsteht ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 1378 BGB für den Ehegatten, der den geringeren Zugewinn während der Ehe erzielt hat. Der Höhe nach bemisst sich der Anspruch auf 19
Vgl. Staudinger/Thiele, Vorbem. zu §§ 1363–1390 BGB, Rn. 1. MüKo/Koch, Einl. zu ehel. Güterrecht, Rn. 20. 21 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 13. 22 Vgl. MüKo/Koch, Vorbem. zu §§ 1363, Rn. 7. 23 Vgl. Dethloff, Familienrecht, § 5, Rn. 57. 20 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
die Hälfte des Überschusses, um den der Zugewinn des einen Ehegatten über den Zugewinn des anderen Ehegatten hinausgeht. Vor diesem Hintergrund ist die Zugewinngemeinschaft durch eine „Gütertrennung“ während der Ehe mit einem finanziellen Ausgleich bei deren Beendigung charakterisiert24. Dem Zugewinnausgleich liegt der Gedanke zugrunde, dass der während der Ehe erfolgte Vermögenserwerb als von beiden Ehegatten „verdient“ angesehen wird. Schließlich trägt auch der die Haushaltsführung und Kindererziehung übernehmende Partner zur Vermögensbildung bei, indem er die volle Erwerbstätigkeit des anderen Partners ermöglicht. Dies soll bei Beendigung der Ehe die Teilhabe an dem Vermögenszuwachs rechtfertigen, den der Erwerbstätige verzeichnen konnte25. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft scheint daher insbesondere für die Ehe-Typen der Alleinverdienerehe und der Zuverdienerehe zu passen 26. Bei der Doppelverdienerehe ohne Kinder, bei der beide Partner vermögend und wirtschaftlich unabhängig sind, erscheint weniger Bedarf für einen Zugewinnausgleich am Ende der Ehe zu bestehen. Bei dieser Rollenverteilung kann die Vereinbarung der Gütertrennung (§ 1414 BGB) den Interessen der Partner gerecht werden 27. Bei der Gütertrennung bleiben die Vermögensbereiche nicht nur während der Ehe getrennt, es entstehen auch nach der Auflösung der Ehe qua Gesetz keine vermögensrechtlichen Ausgleichsansprüche. Selbstverständlich bleibt es den Ehegatten unbenommen, qua rechtsgeschäftlicher Vereinbarung gemeinsame Vermögensbildung zu betreiben und hierfür den Ausgleich bei Beendigung der Ehe gleich mitzuregeln 28. Beim Wahlgüterstand der Gütergemeinschaft (§ 1415 ff. BGB) verschmelzen die Vermögen beider Ehegatten zu einer Vermögenseinheit. Dies gilt grundsätzlich sowohl für das Vermögen, das mit in die Ehe eingebracht wird, als auch für das während der Ehe hinzuerworbene Vermögen. Letzteres wird in der Regel von beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet (§ 1421 BGB), was die Gütergemeinschaft in der Praxis zu einer sehr schwerfälligen Regelung macht 29 und daher kaum Relevanz hat30. MüKo/Koch, Vorbem. zu §§ 1363, Rn. 7; Haußleiter/Schulz, Kap. 1, Rn. 10. Schwab, Familienrecht, § 29, Rn. 218; Dethloff, Familienrecht, § 5, Rn. 3. 26 Vgl. MüKo/Koch, Vorbem. zu §§ 1363, Rn. 8; Rauscher, Familienrecht, § 17, Rn. 372; kritisch Röthel in Lipp/Schumann/Veit, Die Zugewinngemeinschaft – ein europäisches Modell, S. 23 ff.; Brudermüller/Dauner-Lieb/Meder/Dauner-Lieb, Wer hat Angst vor der Errungenschaftsgemeinschaft?, S. 48. 27 Vgl. Brudermüller/Dauner-Lieb/Meder/Brudermüller, Wer hat Angst vor der Errungenschaftsgemeinschaft?, S. 42. 28 Vgl. Schwab, Familienrecht, § 29, Rn. 204. 29 Vgl. Schwab, Familienrecht, § 29, Rn. 215. 30 Vgl. Brudermüller/Dauner-Lieb/Meder/Brudermüller, Wer hat Angst vor der Errun24 Vgl. 25 Vgl.
B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe
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2. Eheliches Güterrecht in Frankreich Wenn die Ehegatten keine vertraglichen Vereinbarungen über die vermögensrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe treffen, kommt der gesetzliche Güterstand zur Anwendung. Gesetzlicher Güterstand (communauté légale) ist in Frankreich gemäß Art. 1400 C.civ. die Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts)31, die zuletzt durch ein Reformgesetz aus dem Jahr 1965 verändert wurde32. In Frankreich leben etwa 80 Prozent der Ehepaare im gesetzlichen Güterstand 33. Charakteristisch für diesen Güterstand ist, dass zwischen drei Vermögensmassen unterschieden wird: Zu den beiden getrennten persönlichen Vermögensmassen der Ehegatten kommt eine gemeinschaftliche Vermögensmasse hinzu, die aus gemeinsamen Vermögensgütern besteht34. Bei der Errungenschaftsgemeinschaft wird demzufolge unterschieden zwischen einerseits den Gütern, die während der Ehe erworben und gemeinsames Vermögen der Ehegatten werden (Gesamtgut/communauté), und andererseits den Gütern, die jedem Ehegatten allein zustehen sollen (Eigengut/les biens propres). Art. 1401 C.civ. bestimmt, dass das Gesamtgut sich aus denjenigen Gütern zusammensetzt, die die Ehegatten seit der Eheschließung gemeinsam oder getrennt erwerben. In die Errungenschaftsgemeinschaft fließen somit sowohl die beruflichen Einkünfte der Ehegatten als auch Vermögenszuwächse, die aus Eigengütern hervorgehen. Es besteht eine gesetzliche Vermutung, nach welcher alle beweglichen und unbeweglichen Gegenstände zum gemeinschaftlichen Vermögen der Ehegatten gehören (Art. 1402 al. 1 C.civ.). Die Ehegatten können den Gegenbeweis über ihr Alleineigentum in der Regel durch Urkunde erbringen. Im Übrigen bleibt jeder Ehegatte Alleineigentümer der Vermögenswerte, die er mit in die Ehe eingebracht hat (Art. 1403 C.civ.). Die daraus zu ziehenden Früchte fallen aber wiederum ins Gesamtgut. Abgesehen von einigen Verfügungsbeschränkungen hat jeder Ehegatte das Recht, das Gesamtgut allein zu verwalten und darüber allein zu verfügen (Art. 1421 al. 1 C.civ.). Das System wird als gestion concurrente (konkurrieren-
genschaftsgemeinschaft?, S. 42; vgl. auch Mecke, AcP 211 (2011), 886, 923, der vorschlägt, den Wahlgüterstand der Gütergemeinschaft durch eine Errungenschaftsgemeinschaft zu ersetzen. 31 Vgl. Schotten/Schmellenkamp, Das Internationale Privatrecht in der notariellen Praxis, Anhang 2, Rn. 397 ff.; NK-BGB/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 38. 32 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 113. 33 Vgl. Brudermüller/Dauner-Lieb/Meder/Jacoby, Wer hat Angst vor der Errungenschaftsgemeinschaft?, S. 67. 34 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 109.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
de Verwaltung) bezeichnet35. Der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf es beispielsweise für unentgeltliche Verfügungen unter Lebenden über das Gesamtgut (Art. 1422 C.civ.) sowie für entgeltliche Veräußerungen und dingliche Belastungen von Grundstücken, Handelsunternehmen und sonstigen zum Gesamtgut gehörenden Betrieben (Art. 1424 C.civ.). Das Eigengut setzt sich neben dem in die Ehe eingebrachten Vermögen jedes Ehegatten aus dem Vermögen zusammen, das ein Ehegatte während der Ehe durch Schenkungen oder von Todes wegen erworben hat (Art. 1405 C.civ.), sowie aus den persönlichen Gebrauchsgegenständen und nicht abtretbaren Forderungen eines Ehegatten (Art. 1404 C.civ.)36 wie beispielsweise aus einer Lebensversicherung37. Diejenigen Gegenstände und Vermögenswerte, die per dinglicher Surrogation (subrogation réelle) Eigengut ersetzen, werden auch wieder zu Eigengut (Art. 1406 al. 2 C.civ.)38. Die dingliche Surrogation erfolgt nicht automatisch. Erforderlich ist, dass der Ehegatte den Willen hat, durch die neu erworbene Sache die alte Sache zu ersetzen. Objektiv muss zudem eine Verbindung zwischen der neu erworbenen und der zu ersetzenden Sache bestehen39. Im Hinblick auf die Verwaltung des Eigenguts normiert Art. 1428 C.civ., dass jeder Ehegatte frei und allein über sein Eigengut verfügen kann. Die einzige Ausnahme bildet hier die Verfügung über die Familienwohnung und die dazu gehörenden Haushaltsgegenstände. Um darüber wirksam verfügen zu können, bedarf es der Zustimmung des anderen Ehegatten (Art. 215 al. 3 C.civ.). Die Verfügungsbeschränkung bezüglich der Familienwohnung gilt – nebenbei bemerkt – unabhängig von dem geltenden Güterstand. Nimmt der Ehegatte eine solche Verfügung ohne Zustimmung des anderen Ehegatten vor, so kann Letzterer die Verfügung ein Jahr ab Kenntniserlangung anfechten. Was die Schulden der im gesetzlichen Güterstand lebenden Ehegatten angeht, stellt Art. 1413 C.civ. das Prinzip auf, dass der Gläubiger eines Ehegatten sich aus den zum Gesamtgut gehörenden Vermögensgegenständen befriedigen kann. Dieses Prinzip hat aber in der Realität nur noch begrenzte Bedeutung, nämlich Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 172. Wie z. B. Kleidung, persönliche Wäsche, Schmuck, aber auch Arbeitsgegenstände, die für die berufliche Tätigkeit eines Ehegatten erforderlich sind, sowie Schadensersatzansprüche wegen Persönlichkeits- oder Körperverletzungen und nicht abtretbare Forderungen wie beispielsweise eine Lebensversicherung. 37 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 133. 38 Vgl. dazu § 1370 BGB a. F., der die dingliche Surrogation für Ehegatten im gesetzlichen Güterstand in Deutschland regelte und durch das Gesetz zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 06.07.2009 (BGBl. I S. 1696) m.W.v. 1.09.2009 aufgehoben wurde; vgl. MüKo/Koch, § 1370 Rn. 1. 39 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 115. 35 Vgl. 36
B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe
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für Schulden, die durch die Haushaltsführung der Ehegatten entstanden sind40. Davon abgesehen darf sich der Gläubiger eines Ehegatten seit dem Reformgesetz aus dem Jahr 1985 nicht mehr aus den Einkünften und dem Arbeitslohn des anderen Ehegatten befriedigen (Art. 1414 C.civ.). Das Recht des Gläubigers, Gesamtgut zu pfänden, wird weiterhin dadurch beschränkt, dass jeder Ehegatte nur mit seinem Eigengut und seinen eigenen Einkünften bürgen und nur damit Sicherheit für ein Darlehen geben kann, es sei denn, dass der andere Ehegatte ausdrücklich den Verträgen zugestimmt hat (Art. 1415 C.civ.). Für die endgültige Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft stellt Art. 1467 C.civ. das Prinzip auf, dass jeder Ehegatte sein Eigengut zurück erhält. Darüber hinaus erhält er die Güter, die durch dingliche Surrogation an Stelle eines im Eigengut stehenden Gegenstandes getreten sind. In der Praxis besteht das Hauptproblem bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft darin, den Nachweis zu führen, welche (beweglichen) Vermögensgegenstände zum Eigengut gehören, zumal die gesetzliche Vermutung zugunsten des Gesamtgutes wirkt (Art. 1402 al. 1 C.civ.)41. Danach erfolgt die Auseinandersetzung der gemeinschaftlichen Vermögensmasse. Im Prinzip wird das Gesamtgut hälftig zwischen den Ehegatten aufgeteilt (Art. 1475 C.civ.). Auch die gemeinschaftlichen Schulden werden grundsätzlich von beiden Ehegatten hälftig beglichen (Art. 1485 C.civ.). Der so beschriebene gesetzliche Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft kann durch Ehevertrag in verschiedener Weise modifiziert werden (Art. 1497 C.civ.). So können die Ehegatten beispielsweise vertraglich bestimmen, dass auch Vermögensgegenstände aus der Zeit vor der Eheschließung sowie Erbschaften und Schenkungen ins Gesamtgut fallen sollen (Art. 1498 C. civ.) oder dass die Verfügungsbefugnis über das Gesamtgut nur gemeinschaftlich ausgeübt werden kann (Art. 1503 C.civ.). Neben dem gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft steht es den Ehegatten frei, per Ehevertrag einen Wahlgüterstand zu bestimmen. Dies sind folgende Wahlgüterstände: Die Gütergemeinschaft (communauté universelle) (Art. 1526 C.civ.), die Gütertrennung (séparation de biens) (Art. 1536– 1543 C.Civ.) und die Zugewinngemeinschaft (participation aux acquêts) (Art. 1569–1581 C.Civ.). Die Gütergemeinschaft betrifft alle beweglichen und unbeweglichen Sachen beider Ehegatten und damit sowohl die in die Ehe eingebrachte Vermögensmasse als auch die während der Ehe hinzuerworbenen Güter. Ausgenommen werden persönliche Gegenstände wie Kleidung, Wäsche, aber auch Schadensersat40 Vgl. 41 Vgl.
Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 206. Claux/David, AJ Famille 2005, S. 168 f.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
zansprüche (Art. 1404 C.civ.). Die Gütergemeinschaft haftet für alle gegenwärtigen und zukünftigen Schulden der Ehegatten. Bei der Zugewinngemeinschaft wird wie im deutschen Recht das Vermögen der Ehegatten während der Ehe getrennt, und bei Beendigung der Ehe entsteht ein Ausgleichsanspruch, der sich in Abhängigkeit vom während der Ehe erzielten Zugewinn bemisst42. Die deutsche Zugewinngemeinschaft hat die Entstehung dieses Wahlgüterstandes zwar inspiriert43, es gibt jedoch auch einige Unterschiede zum deutschen Recht. Beispielsweise fehlt es an einer Verfügungsbeschränkung im Sinne von § 1365 BGB über das Vermögen im Ganzen. Das Anfangsvermögen wird bei der französischen Zugewinngemeinschaft zum Zeitpunkt der Auflösung der Gemeinschaft bewertet und kann daher Wertsteigerungen berücksichtigen. Im deutschen Recht wird das Anfangsvermögen zum Zeitpunkt der Eingehung der Ehe bemessen. Darüber hinaus sehen die französischen Regelungen zur Zugewinngemeinschaft eine richterliche Korrekturmöglichkeit vor, die dem deutschen Recht fremd ist: Wenn das Ergebnis der vermögensrechtlichen Abwicklung der Zugewinngemeinschaft erheblich unbillig ausfällt, hat der Richter das Recht, auf Antrag eines Ehegatten das Ergebnis zu korrigieren (Art. 1579 C.civ.). Bei der Gütertrennung (séparation de biens) finden sich weitgehend vergleichbare Regelungen zum deutschen Recht: Prinzipiell sind die Vermögensmassen der Ehegatten getrennt und jeder Ehegatte verfügt selbstständig über die ihm gehörenden Güter. Jeder Ehegatte ist alleiniger Schuldner der vor und während der Ehe eingegangenen Verpflichtungen (Art. 1536 C.civ.). Für die Aktiva lässt sich das Prinzip der Gütertrennung folgendermaßen zusammenfassen:44 Alle Güter, die während der Ehe erworben werden, erwirbt jeder Ehegatte für sein eigenes Vermögen, es sei denn, dass die Ehegatten Miteigentum an einer Sache begründen wollen. Um das Alleineigentum an ihren Gütern nachzuweisen, können sich die Ehegatten sowohl untereinander als auch gegenüber Dritten jeder Beweisform bedienen (so ist z. B. der Besitz ein Indiz oder eine Rechnung, die auf den Beweisführenden ausgestellt ist45). Gelingt ihnen der Beweis des Alleineigentums nicht, so wird gesetzlich vermutet, dass die Güter den Ehegatten zu hälftigem Miteigentum gehören (Art. 1538 C.civ.). Die Cour de cassation hat mehrfach betont, dass es nicht darauf ankomme, wer
Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 327 ff. Champenois, La Semaine Juridique Edition Générale n°22, 2009, 1193 ff. 44 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 316. 45 Vgl. Claux, AJ Famille 2005, 184 f. 42 Vgl. 43 Vgl.
B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe
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den Vermögensgegenstand finanziert, sondern darauf, wer im Erwerbsakt als Eigentümer genannt wird46. Für die Passiva wird das Prinzip der Gütertrennung „jeder für sich“ in der Praxis deshalb nicht streng durchgezogen, weil die Gläubiger oftmals die gemeinschaftliche Verpflichtung beider Ehegatten fordern47. Zudem haften beide Ehegatten solidarisch für die Ausgaben zur Haushaltsführung (charges du ménage), wie Art. 1536 al. 2 C.civ. klarstellt. Die Ehegatten haben die Option, der vereinbarten Gütertrennung eine Zugewinngesellschaft (société d’acquêts) hinzuzufügen48, welche das Schicksal der gemeinschaftlichen Güter der Ehegatten (Eigentumsanteile, Verfügungsbefugnis, Aufteilung bei Trennung etc.) bestimmt. Diese Zugewinngesellschaft (société d’acquêts) ist gesetzlich nicht geregelt und hat mit einer „Gesellschaft“ nur den Namen gemeinsam. Als Bindeglied zum gesetzlichen Güterstand lassen sich bei der Verbindung von Gütertrennung mit Zugewinngesellschaft drei Vermögensmassen unterscheiden: die beiden Vermögen der Ehegatten und die gemeinsame Vermögensmasse, welche in die Zugewinngesellschaft fällt. Der Unterschied zum gesetzlichen Güterstand besteht jedoch darin, dass die Ehegatten genau bestimmen können, welche Güter in die Zugewinngesellschaft fallen (beispielsweise alle Haushaltsgegenstände, die Möbel oder auch die gemeinsame Familienwohnung). Es wird im Gegensatz zum gesetzlichen Güterstand nicht automatisch gemeinsames Vermögen gebildet. Zusätzlich kann vereinbart werden, dass im Fall des Todes eines Ehegatten der überlebende Ehegatte die Zugewinngesellschaft zuerkannt bekommt. Im Fall der Scheidung kann vorgesehen werden, dass die Klausel automatisch annulliert wird49. Statistisch gesehen vereinbaren zwar nur wenige Franzosen die Gütertrennung als ehelichen Güterstand, häufig kommt es bei der Auseinandersetzung dieser Gütertrennungsehen aber zu gerichtlichen Verfahren50. Hintergrund ist, dass die anfangs konzipierte strikte Trennung der Vermögensmassen sich während der Ehe kaum einhalten lässt und bei deren Ende eine umfassende Liquidation gemeinsam geschaffener Werte erfolgen muss.
46
184.
Vgl. u. a. 1. Civ. 15.05.2008, Anm. Hilt, AJ Famille 2008, 321; Claux, AJ Famille 2005,
Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 319. Mathieu, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n° 51, 2010, 1383. 49 Vgl. Bitbol, AJ Famille 2008, 72 f. 50 Vgl. Depondt, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°49, 2009, 1328. 47 Vgl.
48 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
3. Privatautonomie im ehelichen Güter- und Scheidungsrecht Die Privatautonomie – als entscheidender Aspekt bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften – ist ebenfalls ein bedeutender Faktor des ehelichen Güterrechts. Weitreichende finanzielle Folgen, die sogar über die Dauer der Partnerschaft hinausgehen, stellen ein Motiv dar, das Paare von der Eheschließung abhält51. Diese Befürchtung ist nur bedingt berechtigt, weil sich erstens der gesetzliche Güterstand, und damit die hälftige Teilhabe am Vermögen, vertraglich abbedingen lässt, und weil zweitens die gefürchteten nachpartnerschaftlichen Solidaritätspflichten durch Scheidungsfolgenvereinbarungen begrenzt werden können. a) Ehevertragsfreiheit Im französischen Güterrecht des Code Napoléon steht das Prinzip der Freiheit, güterrechtliche Vereinbarungen zu treffen, ganz am Anfang (Art. 1387 C.civ.). Der Wortlaut der Norm ist im Wesentlichen identisch mit der Fassung aus dem Jahr 180452. Die Ehevertragsfreiheit erlaubt den Ehegatten zunächst und in erster Linie, den gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft abzubedingen und einen Wahlgüterstand zu vereinbaren, der entweder zu einer weitergehenden Vergemeinschaftung gemeinsamen Vermögens führt (Gütergemeinschaft) oder umgekehrt eine stärkere Vermögenstrennung bewirkt (Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung). Auch lassen sich die einzelnen Güterstände auf vielfältige Weise vertraglich modifizieren. Bei der Errungenschaftsgemeinschaft können die Ehegatten beispielsweise festlegen, dass nur bewegliche Sachen sowie das Einkommen automatisch ins gemeinschaftliche Vermögen fallen sollen (communauté des meubles et acquêts)53. Die Ehevertragsfreiheit reicht sogar in mancher Hinsicht über die „allgemeine Vertragsfreiheit“ hinaus. Ehevertraglich lassen sich gewisse Vereinbarungen treffen, die zwischen anderen Vertragspartnern nichtig wären. Beispielsweise können die Ehegatten Klauseln über eine künftige Erbschaft in ihrem Ehevertrag vorsehen. Bei der clause commerciale verspricht ein Ehegatte, dem anderen einen bestimmten Vermögensgegenstand für den Fall seines Vorversterbens zuzuwenden (nach Art. 1390 C.civ.), und lässt sich als Gegenleistung ein Entgelt 51 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 32 ff.; zur Bereitschaft der Deutschen, Verantwortung nach Partnerschaft und Ehe zu übernehmen, Wippermann in Brudermüller/Dauner-Lieb/Meder, Wer hat Angst vor der Errungenschaftsgemeinschaft?, S. 37. 52 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 75. 53 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 76.
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zahlen. Nach allgemeinem Vertragsrecht wäre eine solche Klausel nichtig (Art. 1130 C.civ.)54. Die Ehevertragsfreiheit ist gem. Art. 1387 C.civ. dadurch begrenzt, dass die Regelungen nicht gegen die guten Sitten (die bonnes moeurs) und nicht gegen unabdingbare Regelungen des Eherechts, die sich insbesondere aus dem régime primaire (Art. 212 bis 226 C.civ.)55 ergeben, verstoßen dürfen56. Der Ehevertrag ist einer der wenigen Verträge im französischen Recht, die notarieller Form bedürfen (Art. 1394 C.civ.)57. Während nach deutschem Recht der Ehevertrag zu jedem beliebigen Zeitpunkt vor oder während der Ehe58 abgeschlossen werden kann, müssen französische Paare zwingend vor der Eheschließung den Ehevertrag unterzeichnen (Art. 1395 C.civ.). Erfolgt dies nicht, dürfen die Ehegatten nach frühestens zwei Jahren ihren Güterstand durch notariellen Vertrag ändern (Art. 1397 C.civ.)59. Die Ehevertragsfreiheit entspricht auch der deutschen Rechtstradition60. Das Prinzip der Vertragsfreiheit bei der Ehe (§ 1408 BGB) besagt, dass die Ehegatten nicht nur die Freiheit haben, überhaupt einen Ehevertrag abzuschließen, sondern dass sie auch den Güterstand inhaltlich nach ihren Vorstellungen ausgestalten können61. Die Ehegatten können demzufolge – wie bereits erwähnt – statt der Zugewinngemeinschaft einen der Wahlgüterstände bestimmen (§§ 1414, 1415 BGB) oder einzelne gesetzliche Regelungen des Güterrechts verändern, z. B. das Anfangsvermögen festlegen oder den Zugewinnausgleich der Höhe nach begrenzen62. Nach § 1410 BGB muss der Ehevertrag bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Partner zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden. Schranken für den Grundsatz der Vertragsfreiheit zwischen Ehegatten ergeben sich jedoch sowohl aus zwingenden Gesetzesvorschriften der einzelnen Güterstände (§§ 1409, 1518 BGB) als auch aus den allgemeinen Grenzen der Vertragsfreiheit (§§ 134, 137, 138 BGB)63. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 77. Régime primaire meint ein „allgemeines Güterrecht“, welches für alle Güterstände gleichermaßen zur Anwendung kommt (vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 9) und so nicht im deutschen Recht existiert (vgl. Brudermüller/Dauner-Lieb/Meder/ Jacoby, Wer hat Angst vor der Errungenschaftsgemeinschaft?, S. 68). 56 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 78. 57 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 82. 58 Vgl. Brambring, Ehevertrag und Vermögenszuordnung unter Ehegatten, S. 10 unter Verweis auf den Wortlaut des § 1408 S.1 BGB. 59 Vgl. Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 515. 60 Vgl. Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, S. 5. 61 Vgl. Staudinger/Thiele/Rehme, Vorbem. zu §§ 1408 ff., Rn. 11. 62 Vgl. Schwab, Familienrecht, § 30, Rn. 222 f. 63 Vgl. Staudinger/Thiele/Rehme, Vorbem. zu §§ 1408 ff., Rn. 14. 54 Vgl. 55
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b) Scheidungsfolgen In der Regel dienen Eheverträge auch der Vorsorge für den Scheidungsfall. Die Ehegatten wollen Konflikte im Scheidungsfall vermeiden und bestimmte Scheidungsfolgen ausschließen. Dass die Scheidung die Ehe ex nunc auflöst, bedeutet nicht, dass zwischen den Partnern keine Rechte und Pflichten mehr bestehen64. Während der Ehe sind die Ehegatten sowohl nach deutschem als auch nach französischem Recht verpflichtet (vgl. § 1360 BGB, Art. 214 C.civ.), einander und der Familie Unterhalt zu gewähren. Dabei sind unter Unterhaltsleistungen sowohl finanzielle Leistungen als auch die Haushaltsführung und Kinderbetreuung zu verstehen. Nach der Ehe sind die Partner für ihren Lebensunterhalt vom Grundsatz her wieder eigenverantwortlich. Aus Gründen der nachehelichen Solidarität entsteht im deutschen Recht jedoch ein Unterhaltsanspruch für denjenigen Ehegatten, der nach Beendigung der Ehe außerstande ist, selbst für seinen Unterhalt aufzukommen (§ 1569 I BGB). Einerseits ist nach Ende der Ehe jeder dazu verpflichtet, seinen Bedarf durch eine eigene Erwerbstätigkeit (§ 1574 I BGB) oder eigene Einkünfte und eigene Vermögensrücklagen zu bestreiten (§ 1577 I BGB). Andererseits wird berücksichtigt, dass in der Ehe einvernehmlich eine Aufgabenteilung gewählt wurde (Alleinverdienerehe, Zuverdienerehe), die einem der Partner den Wiedereinstieg in die Berufstätigkeit erschweren kann und damit zur wirtschaftlichen Abhängigkeit geführt hat65. Das Vertrauen des Partners in die während der Ehe getroffene Rollenaufteilung wird als schutzwürdig angesehen, so dass der geschiedene Partner nicht jede denkbare Tätigkeit aufnehmen muss – die Erwerbsmöglichkeit muss vielmehr angemessen sein (§ 1574 BGB). Das bedeutet konkret, dass die Aufnahme einer Tätigkeit gefordert werden kann, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit sowie dem Alter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht66. Die Unterhaltstatbestände (§§ 1570–1576 BGB) regeln, welche Voraussetzungen für einen Anspruch gegeben sein müssen. So ist Unterhalt beispielsweise dann zu gewähren, wenn dem geschiedenen Ehegatten eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, weil er in den ersten drei Jahren nach der Geburt ein Kind betreut hat (§ 1570 BGB), weil er zu alt (§ 1571 BGB) oder weil er krank (§ 1572 BGB) ist. Bei der Bemessung des Unterhaltsanspruchs ist der Lebensstandard in der Ehe zu berücksichtigen (§ 1578 I BGB), begrenzt wird der Anspruch jedoch durch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners (§ 1581 BGB). Kein Bedarf für nacheheliche Solidarität besteht dagegen, wenn die Ehe nur von kurzer Dethloff, Familienrecht, § 6, Rn. 34–36. Dethloff, Familienrecht, § 6, Rn. 41. 66 Vgl. Kriterien bei Schwab, Familienrecht, § 39, Rn. 392. 64 Vgl. 65 Vgl.
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Dauer war (§ 1579 I Nr.1 BGB). Die nacheheliche Solidarität endet auch dann, wenn der Berechtigte in einer neuen verfestigten Lebenspartnerschaft lebt (§ 1579 I Nr.2 BGB) oder wenn ihm Verfehlungen gegenüber dem Unterhaltsschuldner nachgewiesen werden können (§ 1579 I Nr. 3–7 BGB). In diesen Fällen wird der Unterhaltsanspruch gänzlich wegen grober Unbilligkeit versagt oder jedenfalls beschränkt. Neben güterrechtlicher Auseinandersetzung und nachehelichem Unterhalt findet im deutschen Recht ein Versorgungsausgleich statt. Dem liegt – ähnlich wie bei der Zugewinngemeinschaft – der Gedanke zugrunde, dass die von einem Ehegatten während der Ehe erworbenen Versorgungspositionen vom anderen mitverdient sind67. § 1587 BGB verweist dahingehend auf das „Gesetz über den Versorgungsausgleich“ (VersAusglG), nach dem nach Möglichkeit jeder Ehegatte an den vom anderen Ehegatten in der Ehe erworbenen Versorgungswerten hälftig zu beteiligen ist. Das französische Recht kennt weder eine dem Versorgungsausgleich vergleichbare Regelung68 noch einen nachehelichen Unterhaltsanspruch69. Das Gesetz geht von dem Prinzip aus, dass die Scheidung die Unterhaltspflicht (droits au secours) zwischen den Ehegatten beendet (Art. 270 al. 1 C.civ.)70. Dass ein Ehegatte gerade durch die Ehe und Scheidung erhebliche finanzielle Einbußen erfahren kann, die sich aus der zuvor getroffenen Rollenaufteilung während der Ehe ergeben, wird vom französischen Recht jedoch ebenfalls erkannt. Um diese finanziellen Einbußen auszugleichen, hat der französische Gesetzgeber einen Abfindungsanspruch normiert (prestation compensatoire)71. Nach Art. 270 al. 2 C.civ. kann ein Ehegatte dazu verpflichtet sein, dem anderen Ehegatten eine Abfindung zu erbringen, die „im Rahmen des Möglichen“ die Ungleichheit ausgleichen soll, die die Trennung für die jeweiligen Lebensverhältnisse hervorgerufen hat. Die Leistung besteht in einem pauschal vom Richter festgesetzten Kapitalbeitrag. Der Richter kann die Abfindungszahlung nach Gerechtigkeitsgesichtspunkten verwehren, wenn der den Anspruch geltend machende Ehegatte nach dem Scheidungsurteil das alleinige Verschulden an der Trennung hat (Art. 270 al. 3 C.civ.). Die Höhe des Ausgleichsanspruchs bemisst sich nach dem Bedarf desjenigen, dem die Leistung zukommen soll, und der Leistungsfähigkeit (den ressources) des anderen Ehegatten. Dabei ist sowohl die Situation zum Zeitpunkt der Scheidung als auch die vorhersehbare künftige Entwicklung maßSchwab, Familienrecht, § 40, Rn. 464. Vgl. NK-BGB/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 102. 69 Vgl. Junggeburth, FPR 2013, 75, 80. 70 Vgl. NK-BGB/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 103; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 313. 71 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 322 ff. 67 Vgl. 68
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geblich. Verschiedene gesetzliche Kriterien spielen bei der Bemessung des Abfindungsanspruchs eine Rolle. So sind erstens die Dauer der Ehe sowie das Alter und die Gesundheit der Ehegatten zu berücksichtigen. Zweitens sind die berufliche Qualifikation und die aktuelle berufliche Situation der Ehegatten sowie ihr jeweiliges Vermögen entscheidend. Auch die Konsequenzen, die aus einer asymmetrischen Rollenaufteilung während der Ehe resultieren, sind vom Richter bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs heranzuziehen. Zugleich soll der Richter einschätzen, inwieweit sich die Scheidung auf die gegebenen und künftigen Renten- und Versorgungsansprüche auswirkt (Art. 271 C.civ.). Diese Regelung zeigt eine deutliche Nähe zum deutschen nachehelichen Unterhaltsanspruch auf72. Und auch in der Praxis sind die Zahlungsmodalitäten ähnlich. Nur in seltenen Fällen wird der Abfindungsschuldner die Leistung durch eine einmalige Zahlung erbringen können73. Oftmals wird er in Raten zahlen müssen. Die Raten dürfen nicht über einen längeren Zeitraum als acht Jahre geleistet werden (Art. 275 C.civ.). Zuvor muss allerdings die Möglichkeit geprüft werden, ob der Abfindungsschuldner anstelle einer Kapitalleistung Eigentumspositionen übertragen kann (Art. 274 C.civ.). Anlässlich der Scheidung wird auch über das Schicksal der Ehewohnung sowie über gemeinsame Haushaltsgegenstände entschieden. Das deutsche Gesetz geht davon aus, dass grundsätzlich derjenige Ehegatte die Überlassung der Ehewohnung und bestimmter Haushaltsgegenstände verlangen kann, der auf die Nutzung von Ehewohnung und Haushaltsgegenständen „unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten in stärkerem Maße angewiesen ist als der andere Ehegatte oder dies aus anderen Gründen der Billigkeit entspricht“ (vgl. § 1568 a I, 1568 b I BGB). Allerdings werden bei der Aufteilung von Wohnung und Haushaltsgegenständen die dinglichen Rechtsverhältnisse berücksichtigt. Dem Alleineigentümer soll seine Rechtsposition grundsätzlich nicht entzogen werden (vgl. § 1568 a II, § 1568 b II BGB)74. Nach französischem Recht kann der Familienrichter die den beiden Ehegatten gemeinsam gehörende Wohnung einem der Ehegatten zuweisen, der andere Ehegatte erhält dafür eine Ausgleichszahlung (Art. 831 C.civ.). Der Richter hat sogar die Möglichkeit, die Wohnung, die im Alleineigentum des einen Ehegatten steht, dem anderen Ehegatten durch Begründung eines Zwangsmietvertrages zuzuweisen75. Art. 285-1 C.civ. knüpft dies an die Voraussetzung, dass der andere Ehegatte das alleinige oder gemeinsame Sorgerecht über die gemeinsa72
Vgl. NK-BGB/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 109 f. Junggeburth, FPR 2013, 75, 81. 74 Vgl. Dethloff, Familienrecht, § 6, Rn. 125, 128. 75 Vgl. Laloubère, AJ Famille 2006, S. 224 f. 73 Vgl.
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men Kinder ausübt, die ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort in der Wohnung haben, und dass dies im Interesse der Kinder ist. Wenn die Wohnung der Ehegatten gemietet ist, hat der Richter die Möglichkeit, den Mietvertrag auf einen der Ehegatten allein zu übertragen (Art. 1751 C.civ.), zuvor waren durch die Begründung der Ehe automatisch beide Ehegatten Mitmieter76. c) Abdingbarkeit der Scheidungsfolgen Die Scheidungsfolgen sind im deutschen Recht grundsätzlich abdingbar. Der BGH führt dazu aus, dass „die gesetzlichen Regelungen über nachehelichen Unterhalt, Zugewinn und Versorgungsausgleich der vertraglichen Disposition der Ehegatten unterliegen“77. Einen unverzichtbaren Mindestgehalt an Scheidungsfolgen zugunsten des berechtigten Ehegatten soll es nicht geben. Die richterliche Inhaltskontrolle, welche das Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf Ehevertragsklauseln im Einzelfall für geboten hält, setzt der Ehevertragsfreiheit zwar Grenzen, ohne jedoch die grundsätzliche Disponibilität der Scheidungsfolgen infrage zu stellen78. Seit seinem Urteil vom 11.2.200479 prüft der BGH Eheverträge darauf, dass keine evident einseitige und durch die Lebensverhältnisse nicht mehr gerechtfertigte Lastenverteilung geschaffen wird, die für den benachteiligten Ehegatten bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Der BGH konkretisiert das Wertungselement der einseitigen Lastenverteilung durch eine Gewichtung der Scheidungsfolgen80. Nach der familienrechtlichen „Kernbereichslehre“ bedarf die vertragliche Abbedingung gesetzlicher Regelungen einer umso genaueren richterlichen Prüfung, je unmittelbarer sie in den Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts eingreift81. Zum Kernbereich gehören nach der Rechtsprechung des BGH auf der ersten Stufe der Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, auf der zweiten Stufe der Krankheitsunterhalt nach § 1572 BGB sowie der Unterhalt wegen Alters gem. § 1571 BGB. Auch über den Versorgungsausgleich, der auf derselben Stufe wie der Altersunterhalt steht, können die Ehegatten nur begrenzt disponieren82. Der gesetzliche Zugewinnanspruch gehört demgegenCoutant-Lapalus, AJ Famille 2008, S. 364. Vgl. u. a. BGH, Urteil vom 28.03.2007 = NJW 2007, 3851. 78 Vgl. Brambring, Ehevertrag und Vermögenszuordnung unter Ehegatten, S. 12. 79 BGH, Urteil vom 11.02.2004 – XII ZR 265/02 = BGHZ 158, 81 = NJW 2004, 930, 934 im Anschluss an BVerfG, Urteil vom 6.02.2001 = 1 BvR 12/92 = BVerfGE 101, 89 = NJW 2001, 957; vgl. auch Dauner-Lieb, AcP 201 (2001), 296, 326 ff. 80 Vgl. Schwab, Familienrecht, § 30, Rn. 225. 81 Vgl. Brambring, Ehevertrag und Vermögenszuordnung unter Ehegatten, S. 12; Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, S. 15. 82 Vgl. Brambring, Ehevertrag und Vermögenszuordnung unter Ehegatten, S. 12 f. 76 Vgl. 77
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über nicht zum Kernbereich des Scheidungsfolgenrechts mit der Folge, dass ein Ausschluss der Zugewinngemeinschaft regelmäßig wirksam ist83. Im Hinblick auf die jeweilige Vertragsvereinbarung ist erstens zu prüfen, ob sie bereits zum Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derart einseitigen Lastenverteilung für den Scheidungsfall führt, dass ihr wegen Verstoßes gegen die guten Sitten ganz oder teilweise die rechtliche Anerkennung zu versagen ist (Wirksamkeitskontrolle nach § 138 BGB). Ist dies nicht der Fall, wird zweitens geprüft, ob zum Zeitpunkt des Scheiterns der Lebensgemeinschaft aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung resultiert (Ausübungskontrolle nach § 242 BGB). Im französischen Recht gibt der Gesetzgeber den Ehegatten im Zeitpunkt der Scheidung in weitem Umfang die Möglichkeit, die vermögensrechtliche Aus einandersetzung ihres Güterstandes vertraglich zu regeln. Dies gilt erstens unabhängig davon, welcher Güterstand während ihrer Ehe zur Anwendung kam, und zweitens unabhängig davon, ob eine einvernehmliche Scheidung (divorce par consentement mutuel) oder nicht-einvernehmliche gerichtliche Scheidung (divorce contencieux) durchgeführt wird. Sofern die Vermögensauseinandersetzung auch Grundbesitz betrifft, bedarf die vertragliche Regelung der notariellen Beurkundung (Art. 265-2 C.civ.), ansonsten nicht. Auch die übrigen Scheidungsfolgen sind einer vertraglichen Regelung zugänglich (Art. 268 C.civ.). Der Scheidungsrichter übt insoweit nur noch eine Billigkeitskontrolle aus84. In der französischen Literatur ist vor diesem Hintergrund von einer „contractualisa tion du divorce“ (einer „Vertraglichung“ der Scheidung) die Rede85. d) Zwischenfazit Als Zwischenergebnis lässt sich festhalten, dass die Ehegatten in Deutschland und Frankreich per vertraglicher Vereinbarung einen Güterstand wählen können, der ihren Vorstellungen von gemeinsamer Vermögensbildung entspricht. Zweitens haben die Ehegatten die Freiheit, – in weitem Umfang – über die Scheidungsfolgen zu disponieren. Auf diese Weise lässt sich zum einen die „Vergemeinschaftung“ gemeinsamen Vermögens während der Ehe und nach eheliche Solidarität auf ein Mindestmaß begrenzen. Privatautonomie und Ehe stellen in diesem Kontext keine Gegensätze dar. In der Praxis machen allerdings die wenigsten von ihrer Ehevertragsfreiheit Gebrauch. Die überwiegende Mehr83 Vgl. BGH, Urteil vom 28.03.2007- XII ZR 130/04 = NJW 2007, 2851 ff., BGH, Urteil vom 17.10.2007 – XII ZR 96/05 = NJW 2008, 1076; Langenfeld, Handbuch der Eheverträge und Scheidungsvereinbarungen, S. 15. 84 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 319. 85 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 316.
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heit schließt keinen Ehevertrag ab86. Insofern findet auf sie der gesetzliche Güterstand Anwendung. Ob sich die Lösungen der deutschen Zugewinngemeinschaft bzw. der französischen Errungenschaftsgemeinschaft auf die Vermögensauseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften übertragen lassen, wird im Folgenden diskutiert. 4. Vergleichende Gegenüberstellung des deutschen und französischen Ehegüterrechts im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft Eine vergleichende Gegenüberstellung der gesetzlichen Güterstände – der deutschen Zugewinngemeinschaft und der französischen Errungenschaftsgemeinschaft – zeigt, dass sich in der Regel durch pauschal bemessene Ausgleichszahlungen gerechte Lösungen im Hinblick auf die Vermögensauseinandersetzung nach Beendigung der Ehe finden lassen87. Sowohl der deutschen Zugewinngemeinschaft als auch der französischen Errungenschaftsgemeinschaft liegt die Prämisse zugrunde, dass Leistungen, die im Rahmen der von den Ehegatten getroffenen Arbeits- und Aufgabenteilung vorgenommen wurden, als gleichwertig anzusehen sind. Und aus dieser Gleichberechtigung folgt, dass beide Ehegatten grundsätzlich Anspruch auf gleiche Teilhabe am Erwirtschafteten haben88. Der Halbteilungsgrundsatz der deutschen Zugewinngemeinschaft bewirkt, dass nach Ende der Ehe die Hälfte des Zugewinns des einen Ehegatten an den anderen ausbezahlt werden muss. Im französischen Recht wird der pauschale Ausgleich nicht erst bei Beendigung der Ehe, sondern bereits während der Ehedauer erzielt. Dies geschieht dadurch, dass das während der Ehe von den Partnern erwirtschaftete Vermögen zum Gesamtgut beider Ehegatten wird. Auf diese Weise wird von den Ehegatten ab Beginn der Ehe eine gemeinsame Vermögensmasse gebildet, die bei Beendigung des Güterstandes hälftig geteilt wird. 86 Vgl.
für Deutschland Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 13: 93 % der Verheirateten haben keine zusätzliche ehevertragliche Vereinbarung getroffen; in Frankreich werden immer weniger Eheverträge abgeschlossen: Während im 19. Jahrhundert etwa 40 % der Verheirateten einen Ehevertrag abgeschlossen hatten, lag 1972 die Zahl nur noch bei 12 %, vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 80. 87 Vgl. Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, S. 19. 88 Vgl. zur Gleichwertigkeit von Familien- und Erwerbsarbeit im Hinblick auf die Bemessung nachehelichen Unterhalts BVerfG, Beschluss vom 5.02.2002 – 1 BvR 105/95 BVerfGE 105, 1; vgl. zu Ehe und Gleichberechtigung auch Emmenegger/Wiedmann/Sanders, Leit linien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 357 ff.
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Auf den ersten Blick werden sowohl Zugewinngemeinschaft als auch Errungenschafsgemeinschaft in der Weise abgewickelt, dass das während der Ehe Erwirtschaftete an beide Ehegatten gleichermaßen verteilt wird. Im Detail bestehen jedoch nicht zu vernachlässigende Unterschiede: Während bei der Errungenschaftsgemeinschaft beide Partner am Erwirtschafteten ab Eheschließung dinglich berechtigt werden, bleibt bei der Zugewinngemeinschaft das Vermögen der Ehegatten getrennt. Erst im Moment des Scheiterns der Ehe wird die Teilhabe in der Weise realisiert, dass ein schuldrechtlicher (Zugewinnausgleichs-)Anspruch entsteht. Die Vermögenstrennung während der Ehe wirkt sich insbesondere bei einer asymmetrischen Rollenverteilung zwischen den Partnern aus. Der erwerbstätige Ehegatte erwirbt das Vermögen rechtlich gesehen für sich allein. Der Ehegatte, der sich vermehrt um Haushalt und Kindererziehung kümmert, erlangt daran keine Berechtigung. In der Konsequenz ergibt sich ein „dingliches Gefälle“89 zwischen den Vermögen der beiden Ehegatten. Hierin wird deutlich, dass die Errungenschaftsgemeinschaft in stärkerer Weise als die Zugewinngemeinschaft die Familienarbeit des nicht bzw. nicht Vollzeit erwerbstätigen Partners honoriert90. Die anschließende Frage, die sich im Kontext der nichtehelichen Lebensgemeinschaft stellt, ist, ob sich die pauschalen Lösungen des Güterrechts, insbesondere des gesetzlichen Güterstands beider Rechtsordnungen, auf die Abwicklungsproblematik bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften übertragen lassen. Dagegen spricht zunächst, dass der Gesetzgeber mit dem ehelichen Güterrecht spezielle Regelungen in Bezug auf das Vermögen von Ehegatten während der Ehe und vor allem auch im Hinblick auf die Auseinandersetzung bei Beendigung der Ehe getroffen hat. Das Güterrecht bildet „den Kern des Ehevermögensrechts“91. Zwingende Voraussetzung für die Anwendbarkeit der güterrechtlichen Vorschriften ist sowohl im deutschen als auch im französischen Recht das Bestehen der Ehe92. Die Ehe ist in beiden Rechtsordnungen verfassungsrechtlich in besonderer Weise geschützt. Im Hinblick darauf kommt ihr eine herausragende Stellung im Gefüge der Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens zu.
89 Vgl. Lipp/Schumann/Veit/Röthel, Die Zugewinngemeinschaft als europäisches Modell?, S. 65. 90 Vgl. Brudermüller/Dauner-Lieb/Meder/Dauner-Lieb, Wer hat Angst vor der Errungenschaftsgemeinschaft?, S. 51 ff. 91 Vgl. Hohloch, Familienrecht, § 15, Rn. 435. 92 Vgl. MüKo/Koch, Einl. Eheliches Güterrecht, zum Begriff „eheliches Güterrecht“, Rn. 1 ff.; Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 2.
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Im französischen Verfassungsrecht gehört die „liberté du mariage“ (Freiheit zur Eheschließung) zu den garantierten Grundfreiheiten93. In einer Entscheidung des Verfassungsrats (Conseil constitutionnel) vom 13. August 1993 wurde die liberté du mariage als Element der individuellen Freiheitsgarantie aus Art. 66 der Verfassung angesehen94. Das Grundgesetz enthält in Art. 6 eine verbindliche Wertentscheidung für die Ehe95. Geschützt wird nicht nur die Eheschließungsfreiheit des Einzelnen. Aus Art. 6 GG wird eine Institutsgarantie der Ehe hergeleitet, die es dem Gesetzgeber verbietet, „das Institut der Ehe auszuhöhlen und nur noch eine leere Hülle – etwa den Namen Ehe“ übrig zu lassen96. Der Schutz der Ehe aus Art. 6 GG erfasst nach dem Willen des Bundesverfassungsgerichts nur solche Lebensgemeinschaften, die durch staatlichen Begründungsakt entstanden sind97. Nichteheliche Lebensgemeinschaften, deren Begründung sich formlos vollzieht, fallen vielmehr unter den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 I GG98. Bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen scheidet eine direkte Anwendung des ehelichen Güterrechts auf nichteheliche Lebensgemeinschaften aus. Aber auch bei umfassenden Analogieschlüssen ist Vorsicht geboten. Durch Analogien zum Ehegüterrecht darf nicht der besondere Eheschutz ausgehöhlt werden99. Analogieschlüsse verlangen erstens eine planwidrige Regelungslücke und zweitens eine vergleichbare Interessenlage. Die herrschende Meinung lehnt umfassende Analogien im Bereich des Ehegüterrechts mangels vergleichbarer Interessenlage ab100. Bei Beendigung der Lebensgemeinschaft befinden sich Ehegatten und nicht eheliche Partner insoweit in einer vergleichbaren Situation, als sie eine umfassende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft vermögensrechtlich auseinander93 Vgl.
94 Vgl.
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 56. Fulchiron, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé,
S. 43. 95 Vgl. Maunz/Dürig/Badura, Art. 6 GG, Rn. 1. 96 Papier, NJW 2002, 2129. 97 Vgl. zur Bedeutung des staatlichen Begründungsakts Emmenegger/Wiedmann/Sanders, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 360. 98 Vgl. BVerfGE 56, 363, 384 = NJW 1981, 1201. 99 Vgl. zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit analoger Rechtsanwendung auf nichteheliche Lebensgemeinschaften im Einzelfall BVerfG, Urteil vom 3.04.1990 – 1 BvR 1186/89 = BVerfGE 82,6 = NJW 1990, 1593. 100 Vgl. BGH FamRZ 1980, 40; LG Wiesbaden, FamRZ 1955, 262; LG Aachen, FamRZ 1983, 486; Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 14; Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 38; MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 22; Battes, Nichteheliches Zusammenleben, S. 23; Diedrichsen, NJW 1983, 1017, 1021.
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setzen müssen. Wenn Paare sich aber für die Eheschließung entscheiden, gehen sie bewusst eine umfassende rechtliche Bindung ein. Im vermögensrechtlichen Bereich wollen sie regelmäßig eine Gemeinschaft bilden. Die logische Konsequenz ist eine gemeinschaftliche, gleichberechtigte Teilhabe am erwirtschafteten Vermögen. Diese Absicht zur rechtlichen Verfestigung der Lebensgemeinschaft verfolgen nichteheliche Paare demgegenüber nicht. Es wäre widersinnig, nichtehelichen Paaren, die bewusst eine „Ehe auf Probe“ führen oder die Ehe wegen der finanziellen Folgen scheuen, per Analogieschluss eine güterrechtliche Auseinandersetzung im Trennungsfall aufzuzwingen101. Analogien zum Verlöbnisrecht werden ebenfalls mangels vergleichbarer Interessenlage abgelehnt: Zwar leben Verlobte wie nichteheliche Lebenspartner als Paar ohne Trauschein zusammen102. Verlobte erbringen wirtschaftliche Dispositionen jedoch in der Erwartung einer späteren Eheschließung und einer damit einhergehenden rechtlichen Verfestigung ihrer Beziehung, während nichteheliche Lebenspartner zur Ausgestaltung und in Erwartung des Fortbestandes ihrer faktischen Lebensgemeinschaft Leistungen erbringen103. Insofern knüpfen die Rechtsfolgen im Verlöbnisrecht viel mehr an das Eheversprechen als an den Tatbestand des faktischen Zusammenlebens als Paar an104. Nicht nur die vergleichbare Interessenlage, auch die für einen Analogieschluss erforderliche planwidrige Regelungslücke wird vermehrt bestritten. Es existiert zwar kein gesetzlich normiertes Ausgleichsregime für nichteheliche Lebensgemeinschaften. Das Gesetz ist insoweit lückenhaft. Es ist jedoch nicht von der Hand zu weisen, dass der Gesetzgeber es trotz jahrzehntelanger Kenntnis der Auseinandersetzungsproblematik bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften unterlassen hat, die güterrechtlichen Ansprüche auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu erstrecken. Insofern ist die Planwidrigkeit der Regelungslücke fraglich. In Frankreich wachen die Richter der Cour de cassation darüber, dass kein „Güterrecht für nichteheliche Lebensgemeinschaften“ über Analogien zum Eherecht entsteht. Derartigen Tendenzen von einzelnen Berufungsgerichten wirkt die Cour de cassation dadurch entgegen, dass sie solche Entscheidungen rigoros aufhebt105.
Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 14. Zwißler, FPR 2001, 15 f. 103 Vgl. Rauscher, Familienrecht, § 26, Rn. 733. 104 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 16. 105 Beispielsweise weigert sich die Cour de cassation, die Regelung zur gesamtschuldnerischen Haftung von Ehegatten auf nichteheliche Lebensgemeinschaften auszudehnen: 1. Civ. 17.10.2000 = Bulletin 2000 I N° 244 p. 160; 1. Civ. 2.05.2001 = Bulletin 2001 I N° 111 101 Vgl.
102 Vgl.
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Als Zwischenfazit lässt sich ziehen, dass die deutschen und französischen Gerichte übereinstimmend Analogien zum Ehegüterrecht ablehnen. Da es kein „Güterrecht der nichtehelichen Lebensgemeinschaften“106 gibt, wird die nichteheliche Lebensgemeinschaft in der deutschen und französischen Rechtsordnung nicht familienrechtlich, sondern schuldrechtlich behandelt. Andererseits gelangen auch bei der Ehe bisweilen Ausgleichsmechanismen des Schuldrechts zur Anwendung. Insbesondere bei der Gütertrennungsehe besteht in beiden Rechtsordnungen vermehrt der Bedarf nach einem vermögensrechtlichen Ausgleich außerhalb des Güterrechts107. Die durch richterrechtliche Rechtsfortbildung geprägte vermögensrechtliche Auseinandersetzung außerhalb des Güterrechts bei Gütertrennungsehen könnte künftig einen Vorbildcharakter für die Abwicklung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften haben. II. Der vermögensrechtliche Ausgleich zwischen Ehegatten außerhalb des Güterrechts Das eheliche Güterrecht knüpft an die rechtlich konstituierte Lebensgemeinschaft als Paar an, die auf Dauer angelegt ist. Prägender Gedanke der gesetzlichen Güterstände in beiden Rechtsordnungen ist, dass das von den Ehegatten als Gemeinschaft Erwirtschaftete ihnen auch gemeinsam gehören soll. Nicht eheliche Paare streben demgegenüber in der Regel ein höheres Maß an finanzieller Unabhängigkeit und Ungebundenheit an. Sie heiraten gerade deshalb nicht, um die finanziellen Risiken einer Trennung zu vermeiden108. Die Interessenlage bei nichtehelichen Paaren kommt diesbezüglich derjenigen von Ehepaaren nahe, die erreichen möchten, dass ihr Vermögen auch während der Ehe voneinander getrennt bleibt und der nacheheliche Ausgleich auf das Minimum begrenzt ist. Im Hinblick darauf bietet es sich an, die Ausgleichsmechanismen bei Gütertrennungsehen (séparation de biens) näher zu untersuchen. 1. Ausgleich zwischen Ehegatten außerhalb des Güterrechts in Deutschland Zunächst entwickelte der BGH in seiner Entscheidung vom 20. Dezember 1952 die Ehegatteninnengesellschaft109. Später in den 1980er Jahre wurden zusätzp. 73; 1. Civ. 28.11.2006 = Bull. 2006, I, n° 517, p. 458; vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 166. 106 Vgl. Hohloch, Familienrecht, § 15, Rn. 435. 107 Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 3, Rn. 10; Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, 4. 108 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 32 f. 109 Vgl. BGH, Urteil vom 20.12.1952 – II ZR 44/52 = NJW 1953, 418.
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lich die sogenannte „unbenannte Zuwendung“ und der „familienrechtliche Kooperationsvertrag“ geschaffen110. Diese beiden familienrechtlichen Verträge sui generis traten gegenüber der Ehegatteninnengesellschaft in der Folgezeit in den Vordergrund. Seit einer BGH-Entscheidung vom 30. Juni 1999111 hat sich diese Tendenz jedoch wieder umgekehrt: Der BGH hat deutlich zum Ausdruck gebracht, vermehrt auf die Ehegatteninnengesellschaft zurückgreifen zu wollen, und zwar auf Kosten der familienrechtlichen Verträge sui generis112. Diese Ausgleichsmechanismen werden nunmehr im Einzelnen erläutert. a) Die Ehegatteninnengesellschaft Die Ehegatteninnengesellschaft wurde ursprünglich – als die Zugewinngemeinschaft noch nicht entwickelt worden war – von der Rechtsprechung geschaffen, um die Ehefrau an gemeinsamer Wertschöpfung zu beteiligen113. Bei der Ehegatteninnengesellschaft handelt es sich um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach § 705 BGB, bei der kein Gesamthandsvermögen gebildet wird und bei der keine Außenbeziehungen zu Dritten entstehen114. aa) Typische Anwendungsfälle Die Variante, dass die Ehegatten ausdrücklich einen Gesellschaftsvertrag abschließen, ist zwar rechtlich unproblematisch, jedoch in der Praxis nur selten anzutreffen115. Häufiger ist die Konstellation einer durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Ehegatteninnengesellschaft. Der BGH hat traditionell das Zustandekommen einer Ehegatteninnengesellschaft durch schlüssiges Verhalten in zwei Situationen bejaht: Erstens, wenn die Ehegatten durch gemeinsame Arbeit ein Unternehmen aufgebaut haben, bei dem der Geschäftsbetrieb aber rechtlich betrachtet allein dem Inhaberehegatten zugeordnet wurde. Der zweite Anwendungsfall ist die gemeinsame Bildung eines Immobilienvermögens, welches sich vom Erwerb des Eigenheims abgrenzen lässt und dinglich nur einem Ehegatten gehört116. Dauner-Lieb, FuR 2009, 361. BGH, Urteil vom 30.06.1999 – XII ZR 230–96 = BGHZ 142, 137 = NJW 1999, 2962,
110 Vgl.
111
2965. 112 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 602. 113 Vgl. Emmenegger/Wiedmann/Sanders, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 359. 114 Vgl. Schwab, Familienrecht, § 23, Rn. 130. 115 Vgl. Gergen, FPR 2010, 298, 300. 116 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 598, 599, 600.
B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe
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Durch die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft konnte das als ungerecht empfundene Ergebnis der Gütertrennungsehe verhindert werden, dass der Ehegatte, der durch seine Mitarbeit oder durch seine finanziellen Leistungen wesentlich zum Aufbau des Unternehmens oder Immobilienvermögens beigetragen hatte, nach Scheitern der Ehe leer ausgehen sollte. Vielmehr konnte er nun gegen den dinglich berechtigten anderen Ehegatten einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch nach § 738 BGB geltend machen, welcher grundsätzlich zum Zeitpunkt der Trennung der Ehegatten entsteht117. Dieser Ausgleichsanspruch ist in der Regel auf die Zahlung eines Geldbetrages gerichtet. Es kann hingegen nicht gefordert werden, dass der dinglich berechtigte Ehegatte dem anderen Miteigentum am gebildeten Vermögen einräumt118. Die Höhe des Anspruchs für den nicht dinglich berechtigten Ehegatten bemisst sich prinzipiell auf die Hälfte des Gewinns, es sei denn, es gab andere Absprachen oder Umstände, die für eine abweichende Verteilung zwischen den Ehegatten sprechen (vgl. § 722 BGB)119. Für den Fall, dass der Gesellschaftszweck auf den Erwerb von Immobilien gerichtet war, erhält der Ehegatte nicht nur Ausgleich für die von ihm geleistete Mitarbeit bzw. Rückzahlung des von ihm erbrachten finanziellen Beitrags, sondern er profitiert auch von der Wert steigerung, welche die Immobilien zwischenzeitlich erfahren haben. bb) Anwendungsvoraussetzungen Um aber überhaupt in den Genuss gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche zu kommen, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Es muss ein Gesellschaftsvertrag zwischen den Ehegatten vorliegen, und die Ehegatten müssen mit ihren Leistungen einen Zweck verfolgt haben, der über den typischen Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht120. Im Hinblick auf die Voraussetzung des Gesellschaftsvertrages erweist sich die Rechtsprechung allerdings als großzügig und nimmt an, dass dieser in den bereits genannten Fällen des Aufbaus eines Unternehmens oder Immobilienvermögens durch schlüssiges Verhalten zustande kommen kann121. Bei der zweiten Anforderung geht die Rechtsprechung dagegen restriktiver vor und prüft im Einzelfall, ob der Zweck, den die Ehegatten bei ihrer Mitarbeit oder Haußleitner/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 5, Rn. 286; Staudinger/Voppel, § 1356, Rn. 51. 118 Vgl. Gergen, FPR 2010, 298, 301. 119 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 651. 120 Vgl. BGH FamRZ 1999, 1580 = NJW 1999, 2962. 121 Vgl. BGH FamRZ 1987, 147; BGHZ 142, 137, 145 f.; Dethloff, Familienrecht, § 5, Rn. 216. 117 Vgl.
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finanziellen Leistung verfolgen, über die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft hinausgeht. Nach Vorstellung beider Ehegatten müssen Vermögenswerte geschaffen werden, die unabhängig von der formal dinglichen Zuordnung beiden Ehegatten auch wirtschaftlich gehören sollen. Durch den Erwerb eines gemeinsamen Familienheimes wird zwar ohne Zweifel ein Vermögenswert von erheblicher Bedeutung geschaffen. Nichtsdestotrotz kann die Anschaffung des Eigenheims – nach Ansicht der Rechtsprechung – aber nicht als ein über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgehender Zweck angesehen werden122. Die Schaffung eines Familienheims dient der Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft als solcher. Damit kommen gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche im Hinblick auf das Familienheim nach Scheitern der Ehe grundsätzlich nicht in Betracht. Anders soll der Fall jedoch zu beurteilen sein, wenn das Eigenheim für Vermietungszwecke ausgebaut wird und als Vermögensanlage der Eheleute für das Alter vorgesehen wird123. Leistet ein Ehegatte Mitarbeit im Unternehmen des anderen, so muss diese auf der Ebene der Gleichberechtigung erfolgen, um eine Gesellschafterstellung des leistenden Ehegatten zu begründen. Allein untergeordnete Tätigkeiten bei Weisungsbefugnis des anderen Ehegatten werden dagegen als unzureichend angesehen124. Nicht ohne Einfluss auf die Gewährung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche ist zudem der Güterstand der Eheleute. Zwar wird nicht allein dadurch, dass die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand gelebt haben, ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleich von vornherein ausgeschlossen. Insoweit besteht kein Vorrang des Güterrechts vor dem gesellschaftsrechtlichen Ausgleich. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft kann aber als gewichtiges Indiz gegen das Zustandekommen eines Gesellschaftsvertrages durch schlüssiges Verhalten gewertet werden125. Bei Ehegatten, die um den Zugewinnausgleich nach Beendigung der Ehe und um die damit einhergehende Teilhabe am gemeinsam erarbeiteten Vermögen wissen, könne – so die Auffassung der Gerichte – nicht auf den Willen zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages geschlossen werden126. Ausnahmen werden dann gemacht, wenn der güterrechtliche Ausgleich wegen 122 Vgl. BGH, Urteil vom 30.06.1999 – XII ZR 230–96 = BGHZ 142, 137 = NJW 1999, 2962, 2965. 123 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 603. 124 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 607. 125 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 625. 126 Vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2005 – XII ZR 189/02 = NJW 2006, 1268 = BGHZ 165,1.
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besonderer Umstände zu unangemessenen und untragbaren Ergebnissen führt127. Die Hürde ist also hoch. Bei vereinbarter Gütertrennung soll ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleich über die Rechtsfigur der Ehegatteninnengesellschaft dagegen grundsätzlich in Betracht kommen128. cc) Würdigung der Ehegatteninnengesellschaft in der Literatur Wie bereits erwähnt, kann es gerade bei vereinbarter Gütertrennung nach Scheitern der Ehe zu unbilligen Ergebnissen kommen, da der Ehegatte, der durch Mitarbeit oder finanzielle Beiträge das Vermögen des anderen überobligationsmäßig gemehrt hat, keinen güterrechtlichen Ausgleichsanspruch erhält129. Auch Literaturstimmen sehen hier Bedarf nach richterlicher Korrektur, um den wirtschaftlich schwächeren Ehegatten zu schützen. Gegen die Korrektur durch Richterrecht wird aber andererseits eingewendet, dass die Partner sich zu Beginn ihrer Ehe ausdrücklich gegen einen güterrechtlichen Ausgleich entschieden haben. Daher dürfe nicht nachträglich der Richter diesen Ausgleich vollziehen130. Dogmatisch erscheint das Argument gegen eine richterliche Korrektur gerade im Hinblick auf die gewünschte Privatautonomie bei der Gütertrennung stichhaltig. Wenn die Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrages vermögensrechtliche Ausgleichsansprüche bewusst ausschließen, müssen sie sich grundsätzlich auch bei Beendigung der Ehe daran festhalten lassen. Richterliche Korrektur kann nur in Ausnahmesituationen greifen. Dabei ist auf den Einzelfall abzustellen. Wurde zum Zeitpunkt der Gütertrennungsvereinbarung eine später während der Ehe erfolgte gemeinsame Wertschöpfung und Vermögensbildung nicht reflektiert und wurde insbesondere nicht bedacht, dass bei Scheitern der Ehe nur einer der Partner den gemeinsam erwirtschafteten Vermögensvorteil erhalten könnte, erscheint eine Korrektur angebracht131. Auch bei der Gütertrennungsehe stellen die Ehegatten eine Schicksals- und Risikogemeinschaft dar. Dies rechtfertigt eine angemessene Beteiligung an Gewinn und Verlust bei Scheitern der Ehe132. Aber auch wer grundsätzlich den Bedarf für eine richterliche Korrektur sieht, kann gleichwohl die Rechtsfigur der Ehegatteninnengesellschaft ablehnen. Kritische Äußerungen aus der Literatur zur Rechtsfigur der EhegatteninnengesellGergen, FPR 2010, 298, 302. Vgl. BGHZ 142, 137 = NJW 1999, 2962, 2964. 129 Vgl. Gergen, FPR 2010, 298, 301. 130 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 641. 131 Vgl. Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 363. 132 Vgl. Gergen, FPR 2010, 298, 302. 127 Vgl. 128
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schaft monieren, dass durch die Annahme eines schlüssig zustande gekommenen Gesellschaftsvertrages dogmatisch die Voraussetzung der Willenserklärung überdehnt werde. Die Willenserklärungen der Ehegatten würden in der Regel von der Rechtsprechung zur Herbeiführung des gewünschten Ergebnisses fingiert133. Zudem zeige sich bei den Gerichten eine „weitherzige Bereitschaft“, den Willen der Ehegatten zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zu unterstellen, ob dieser im Einzelfall gegeben sei oder nicht134. Ein Ansatzpunkt aus der Literatur zur Lösung dieses Problems ist, den Anwendungsbereich der Ehegatteninnengesellschaft einzuschränken bzw. die Rechtsfigur insgesamt zugunsten einer richterlichen Ausübungskontrolle der Gütertrennungsvereinbarung aufzugeben135. Richtig an diesem Ansatz ist, dass erst aus der Gütertrennungsvereinbarung die unbefriedigenden Ergebnisse bei Scheitern der Ehe resultieren. Ein anderer Ansatzpunkt wäre, eine ergänzende Vertragsauslegung der Gütertrennungsvereinbarung vorzunehmen136: Ursprünglich nicht bedachte Fälle gemeinsamer Vermögensbildung und gemeinsamer Wertschöpfung in den oben genannten Konstellationen des Aufbaus eines Unternehmens oder der Bildung eines Immobilienvermögens könnten demgemäß unter Zugrundelegung des hypothetischen Parteiwillens der Ehegatten nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen abgewickelt werden. b) Die ehebedingte Zuwendung Bis in die 1970er Jahre hinein wurden Zuwendungen zwischen Ehegatten, die ohne Gegenleistung erfolgt sind und für die keine rechtliche Verpflichtung bestand, von der Rechtsprechung als Schenkungen qualifiziert. Damit konnte bei Scheitern der Ehe nur unter den Voraussetzungen des § 530 BGB (grober Undank) sowie des § 528 BGB (Verarmung des Schenkers) die Zuwendung zurückgefordert werden137. Die Voraussetzungen des schenkungsrechtlichen Rückforderungsanspruchs wurden für die besondere Konstellation der Zuwendungen zwischen Ehegatten als zu eng empfunden. Darüber hinaus entsprach der Gedanke, dass der berufstätige Ehemann der haushaltsführenden Ehefrau durch seine finanziellen Beiträge großzügige Schenkungen macht, nicht mehr dem gewandelten Verständnis von der Gleichberechtigung in der Partnerschaft. Die Zuwendung wurde Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 369.; Gernhuber/Coester-Waltjen, § 20, Rn. 27. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 638, 643. 135 Vgl. Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, S. 4 40 ff. 136 Vgl. Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 369. 137 Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 5, Rn. 189. 133 Vgl.
134 Vgl.
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demzufolge nicht als Schenkung, sondern als Beitrag zur Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft angesehen138. Der BGH hat darauf reagiert und die Rechtsfigur der ehebedingten Zuwendung aufgegriffen139, die auf die Lehre von Lieb zurückgeht140 und einen familienrechtlichen Vertrag sui generis darstellen soll. Nach Ansicht des BGH liegt eine ehebedingte Zuwendung dann vor, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt, wobei er die Erwartungen hegt, dass die ehelichen Lebensverhältnisse Bestand haben werden und er innerhalb dieser Gemeinschaft weiterhin am Vermögenswert und dessen Früchten teilhaben wird141. aa) Typische Anwendungsfälle Typische Beispiele für solche ehebedingten Zuwendungen sind die hälftige Übertragung einer Immobilie an den Ehegatten sowie der Erwerb eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung zu hälftigem Miteigentum, wobei einer der Ehegatten die komplette Finanzierung aus eigenen Mitteln übernimmt. Ebenfalls eine typische Konstellation ist, wenn ein Ehegatte dem anderen Geld zur Verfügung stellt, damit dieser seine Geschäftsschulden begleichen kann142. Im Einzelfall muss die ehebedingte Zuwendung daher von Schenkung und Darlehen abgegrenzt werden. Für die Abgrenzung zur Schenkung ist der Zuwendungszweck entscheidend: Erfolgt die Zuwendung um der Ehe willen und in Erwartung des Fortbestandes der Ehe – dann ehebedingte Zuwendung – oder soll der zugewendete Gegenstand oder Betrag unabhängig vom Fortbestand der Ehe dem anderen zur freien Verfügbarkeit geleistet werden – dann Schenkung143. Für die Abgrenzung von ehebedingter Zuwendung und Darlehen ist der Wille der Ehegatten entscheidend, ob eine spätere Rückerstattung des geleisteten Betrages beabsichtigt ist. Da der Wille zur Rückerstattung nur in seltenen Fällen gegeben ist, wird nur unter besonderen Umständen – bei Bezeichnung der Vereinbarung als Darle138 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 402. 139 Vgl. BGH, Urteil vom 26.11.1981 – IX ZR 91/80 = BGHZ 82, 229 = NJW 1982, 1093. 140 Vgl. Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsrecht und gesetzlichem Güterstand. 141 Vgl. BGH, Urteil vom 30.06.1999 – XII ZR 230–96 = BGHZ 142, 137 = NJW 1999, 2962, 2965. 142 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 405. 143 Vgl. BGHZ 142, 137 = NJW 1999, 2962, 2965; Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 364.
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hensvertrag, bei ausdrücklicher Abmachung über Rückzahlungsmodalitäten – ein Darlehensvertrag als Rechtsgrundlage für die Überlassung von Geldbeträgen zwischen Ehegatten angenommen144. Entscheidender Unterschied von ehebedingter Zuwendung auf der einen Seite und Ehegatteninnengesellschaft auf der anderen Seite ist der mit der Zuwendung verfolgte Zweck. Die Zielrichtung, die der ehebedingten Zuwendung zugrunde liegt, ist die Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft. Für eine Ehegatteninnengesellschaft ist demgegenüber erforderlich, dass der Zweck der Leistungen über den Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht. Nicht ausschlaggebend ist bei der Ehegatteninnengesellschaft, von welcher Art der Beitrag des leistenden Ehegatten ist. So hat die Rechtsprechung sowohl bei Sach- und Geldleistungen als auch bei Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten eine Ehegatteninnengesellschaft angenommen, wenn nur der verfolgte Zweck eheübergreifend war145. Bei der ehebedingten Zuwendung ist die Qualität des Beitrags dagegen von Bedeutung. Dienstleistungen lassen sich nicht unter die ehebedingte Zuwendung subsumieren. Der Ausgleichs- und Rückforderungsanspruch für die ehebedingte Zuwendung ergibt sich aus dem allgemeinen Schuldrecht, nämlich aus § 313 BGB. bb) Anwendungsvoraussetzungen Da der ehebedingten Zuwendung die Erwartung zugrunde liegt, dass die Ehe fortbestehen wird, fällt konsequenterweise die Geschäftsgrundlage für die ehebedingte Zuwendung bei Scheitern der Ehe weg. Voraussetzung für einen solchen Anspruch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage ist, dass dem zuwendenden Ehegatten die Beibehaltung der geschaffenen Vermögenssituation nicht zumutbar sein darf146. Das Kriterium der Zumutbarkeit bestimmt sich dabei in Abhängigkeit vom Güterstand der Eheleute. Dieser Zusammenhang zeigt sich wie folgt: Da das güterrechtliche Ausgleichsregime der Zugewinngemeinschaft grundsätzlich zu sachgerechten Ergebnissen zwischen den Eheleuten führt147, genießt es in der Regel Vorrang vor Ansprüchen aus Wegfall der Geschäftsgrundlage und verdrängt diese148. Nur in absoluten Ausnahmefällen, wenn das Ergebnis des güterrechtlichen Ausgleichs ohne schuldrechtliche Korrektur schlechthin unangeWever, FamRZ 2010, 237, 243. Gergen, FPR 2010, 298, 301. 146 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 453. 147 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 454. 148 Vgl. BGH, Urteil vom 10.07.1991 – XII ZR 114/89 = BGHZ 115, 132 = NJW 1991, 2553. 144 Vgl. 145 Vgl.
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messen und untragbar ist, sollen Ansprüche aus Wegfall der Geschäftsgrundlage neben dem Zugewinnausgleich in Betracht kommen. Haben die Ehegatten Gütertrennung vereinbart, ist der Maßstab für die Unzumutbarkeit der Beibehaltung geschaffener Vermögensverhältnisse dagegen abgemildert149. Unangemessene, schlechthin untragbare Ergebnisse, die auf dem güterrechtlichen Ausgleich beruhen, werden zwar nicht gefordert. Um aber nicht vorschnell die Unzumutbarkeit anzunehmen, muss auch bei der Gütertrennung berücksichtigt werden, dass der Zuwendende es zu einem Zeitpunkt für richtig gehalten hat, dem anderen Ehegatten die Zuwendung zukommen zu lassen150. Daran muss der Zuwendende sich grundsätzlich auch festhalten lassen. Was die Höhe des Ausgleichsanspruchs angeht, so wird selten eine gänzliche Rückforderung bzw. ein kompletter Ausgleich zugebilligt werden. Der Zuwendende muss sich vielmehr Abzüge gefallen lassen. Diese ergeben sich aus dem Umstand, dass der Zuwendende meist selbst für eine gewisse Zeit an dem zugewendeten Gegenstand partizipiert hat. In jedem Fall ist der Ausgleichsanspruch nach oben hin auf den ursprünglich geleisteten Beitrag beschränkt, an möglichen Wertsteigerungen des zugewendeten Gegenstandes hat der rückfordernde Ehegatte keinesfalls Anteil. Nach unten hin sind unter Billigkeitsgesichtspunkten durchaus weitere Abzüge denkbar151. cc) Würdigung der ehebedingten Zuwendung in der Literatur Im Vergleich zum Umfang des gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruches steht sich der rückfordernde Ehegatte, der sich auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage beruft, ungleich schlechter. Vor diesem Hintergrund kritisiert Herr, dass wirtschaftlich ähnlich gelagerte Sachverhalte, die auch von den Ehegatten ex ante nicht unterschiedlich bewertet werden152 – wie zum Beispiel die Anschaffung eines Familienheimes einerseits (= ehebedingte Zuwendung) und der Ausbau einer als Eigenheim angeschafften Immobilie zu Vermietungszwecken andererseits (= Ehegatteninnengesellschaft)153 – auf der Ausgleichsebene zu erheblich unterschiedlichen Ergebnissen führen154. Herr tritt daher dafür ein, alle Wertschöpfungsfälle einheitlich über den familienrechtlichen Vertrag sui generis zu lösen155. 149 Vgl.
150 Vgl.
Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 365. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts,
Rn. 486. 151 Vgl. Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 362. 152 Vgl. Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, S. 22. 153 Vgl. Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 370. 154 Vgl. Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, S. 24. 155 Vgl. Herr, Kritik der konkludenten Ehegatteninnengesellschaft, S. 17, 518.
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c) Der familienrechtliche Kooperationsvertrag Mit dem zweiten familienrechtlichen Vertrag sui generis – dem sogenannten Kooperationsvertrag sollen Fälle der Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen erfasst werden. Bei der ehebedingten Zuwendung geht man allgemein davon aus, dass es zu einer Minderung des Vermögens des Zuwendenden zugunsten des Zuwendungsempfängers kommt156. Trägt dagegen der Ehegatte durch Einsatz seiner Arbeitskraft dazu bei, dass die im Eigentum des anderen Ehegatten stehende Immobilie ausgebaut wird oder leistet er nennenswerte Mitarbeit im Betrieb des anderen, mehrt er zwar dessen Vermögen, er selbst erleidet aber keine entsprechende Vermögenseinbuße. Daher werden diese Beiträge nicht als unbenannte Zuwendungen qualifiziert. Der BGH hat für diese Fälle, in denen durch eine Arbeitsleistung, die nicht auf der Ebene der Gleichordnung zwischen den Ehegatten erfolgt, eine dritte Rechtsfigur entwickelt, den familienrechtlichen Kooperationsvertrag157. Dieser kommt freilich nur dann in Betracht, wenn kein ausdrücklicher Arbeitsvertrag oder Gesellschaftsvertrag zwischen den Ehegatten geschlossen wurde. Der durch schlüssiges Verhalten zustande gekommene Gesellschaftsvertrag, den die Rechtsprechung zur Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft fordert, verlangt objektiv, dass die Ehegatten auf der Ebene der Gleichberechtigung zusammenwirken. Bei lediglich untergeordneten Arbeitsleistungen des mitarbeitenden Ehegatten, mit denen darüber hinaus auf subjektiver Ebene kein eheübergreifender Zweck verfolgt wird, scheidet ein vermögensrechtlicher Ausgleich nach Gesellschaftsrecht aus. Gehen die Arbeitsleistungen andererseits vom Umfang und von der Dauer her noch nicht einmal über das hinaus, was im Rahmen der Unterhaltspflicht nach § 1360 BGB und der gegenseitigen Beistandspflicht nach § 1353 I BGB geschuldet ist, findet gar kein Ausgleich nach Beendigung der Ehe statt158. Der Anwendungsbereich des Kooperationsvertrags sui generis ist dann eröffnet, wenn Arbeitsleistungen, die von Dauer und Umfang über das Maß alltäg licher Mithilfe hinausgehen, geleistet wurden und dafür kein Dienst- oder Arbeitsvertrag zwischen den Ehegatten geschlossen wurde. Auch ein stillschweigend geschlossenes Dienst- oder Arbeitsverhältnis würde einem Kooperationsvertrag sui generis vorgehen. Diese Verträge dürfen aber nicht vorschnell Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 406. 157 Vgl. BGH, Urteil vom 8.07.1982 – IX ZR 99/80 = BGHZ 84, 361 = NJW 1982, 2236; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 5, Rn. 318 ff. 158 Vgl. Gergen, FPR 2010, 298, 302. 156 Vgl.
B. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Ehe
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angenommen werden, da immerhin ein entsprechendes Erklärungsbewusstsein und ein Rechtsbindungswille der Ehegatten vorliegen müssen. Die Gefahr bei der Annahme eines stillschweigend begründeten Dienst- oder Arbeitsverhältnisses besteht in der Tat darin, den Willen der Ehegatten in einer Weise zu fingieren, wie er für die familienrechtlichen Verhältnisse nicht passt159. aa) Typische Anwendungsfälle Typische Anwendungsfälle, in welchen die Rechtsprechung von einem Kooperationsvertrag sui generis zwischen Ehegatten ausgeht, sind damit zusammengefasst die Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten auf nicht gleichgeordneter Ebene160 sowie die Arbeitsleistungen erheblichen Umfangs, die dem Ausbau oder dem Erhalt eines Familienheimes dienen161. bb) Anwendungsvoraussetzungen Indizien für die Annahme eines solch stillschweigend abgeschlossenen Kooperationsvertrages sind, dass ein Ehegatte über eine gewisse Zeit bei dem anderen beschäftigt wurde und dadurch eine andere Arbeitskraft eingespart werden konnte. Die Leistungen müssen sich dabei von solchen abgrenzen lassen, die im Rahmen der Unterhaltspflicht (§ 1360 BGB) oder der gegenseitigen Beistandsoder Unterstützungspflicht (§ 1353 BGB) geschuldet sind162. Daneben wird gefordert, dass der durch die Arbeitskraft erlangte Vermögensvorteil bei Scheitern der Ehe noch im Vermögen des anderen Ehegatten vorhanden sein muss163. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist der Anwendungsbereich für den schlüssig zustande gekommenen Kooperationsvertrag eröffnet. Wie bei der ehebedingten Zuwendung liegt der Leistung des Ehegatten die Erwartung zugrunde, dass die Ehe Bestand haben wird. Folglich fällt bei Scheitern der Ehe die Geschäftsgrundlage für die erbrachte Leistung weg. Zur Rückabwicklung nach § 313 BGB kann auf die Ausführungen zur ehebedingten Zuwendung verwiesen werden. Allein bei der Bemessung des Ausgleichsanspruchs ergeben sich zwei Besonderheiten: Bei der Höhe des AusgleichsanGergen, FPR 2010, 298 ff. BGH, Urteil vom 13.07.1994 – XII ZR 1/93 = BGHZ 127, 48 = NJW 1994 2545; vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 5, Rn. 324. 161 BGH, Urteil vom 8.07.1982 – IX ZR 99/80 = BGHZ 84,361 = NJW 1982, 2236. 162 Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 5, Rn. 326. 163 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 672. 159 Vgl. 160
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spruchs ist erstens zu berücksichtigen, ob der mitarbeitende Ehegatte fachlich qualifiziert war, denn nur dann kann Ausgleich entsprechend der ersparten Kosten für eine Fachkraft beansprucht werden164. Zweitens ist danach zu fragen, inwieweit die Mitarbeit im Betrieb zu dessen Wertsteigerung geführt hat. Keinesfalls ist der mitarbeitende Ehegatte an dem über seine Leistung hinausgehenden Gewinn des Betriebes zu beteiligen, nach oben hin ist demgemäß nur Ausgleich für die tatsächlich erfolgte Mitarbeit denkbar. Nach unten hin wird der Ausgleichsanspruch weiterhin durch den noch vorhandenen Vermögensvorteil begrenzt165. 2. Ausgleich zwischen Ehegatten außerhalb des Güterrechts in Frankreich Auch in der französischen Rechtsordnung wird der Bedarf gesehen, die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Gütertrennungsehen bisweilen durch Ausgleichsmechanismen des Schuldrechts zu korrigieren. Ähnlich wie im deutschen Recht stellt sich bei der Anwendung schuldrechtlicher Ausgleichs- bzw. Rückforderungsansprüche die folgende Problematik: Welche rechtliche Grundlage hat dem tatsächlich erfolgten Vermögenstransfer zwischen den Ehegatten zugrunde gelegen? War es eine Schenkung, ein Darlehen oder ist der Ehegatte nur seiner allgemeinen Pflicht nachgekommen, für den Bedarf des alltäglichen Unterhalts166 aufzukommen? Im zuletzt genannten Fall wäre überhaupt kein Ausgleich geschuldet. Die Nuancen sind fließend, wie auch gerichtliche Entscheidungen in diesem Bereich zeigen. Die zweite Gemeinsamkeit mit dem deutschen Recht ist, dass auch im französischen Recht längst nicht alle Ausgleichsmechanismen kodifiziert sind, die bei der Auseinandersetzung einer Gütertrennungsehe in Betracht kommen. Die Rechtsprechung hat im Wege der Rechtsfortbildung einen Ausgleich über die faktische Gesellschaft (société créée de fait), die nur rudimentär in Art. 1873 C.civ. erwähnt wird, und über die actio de in rem verso, die aus Art. 1371 C.civ. abgeleitet wird, geschaffen. Auch das Schenkungsrecht wurde von der Rechtsprechung durch die Kategorie der entgeltlichen Schenkung (donation rémunératoire) ergänzt. Die zuletzt genannte Rechtsfortbildung hatte ursprünglich den Zweck, insbesondere bei einer Gütertrennungsehe zu verhindern, dass die Zu-
164 Vgl. BGH Urteil vom 8.07.1982 – IX ZR 99/80 = FamRZ 1982, 910, 912 = NJW 1982, 2236. 165 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 677 f. 166 Vgl. Art. 212 C.civ, Art. 214 C.civ.
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wendung, mit welcher der Ehemann seine im Betrieb mitarbeitende Frau entlohnen wollte, einseitig und frei widerrufen werden konnte167. a) Die entgeltliche Schenkung/la donation rémunératoire Eine entgeltliche Schenkung (donation rémunératoire) soll nach der Rechtsprechung vorliegen, wenn ein Ehegatte eine Zuwendung macht, um eine Naturalobligation (obligation naturelle) gegenüber seinem Partner zu begleichen. Eine Naturalobligation kann dadurch entstehen, dass Ehemann oder Ehefrau ihre eigene berufliche Tätigkeit zurückstellen und sich zugunsten der Familie überobligationsmäßig im Haushalt und bei der Kindererziehung engagieren oder aber bei der beruflichen Tätigkeit ihres Ehegatten unentgeltlich mitarbeitet, wobei ihre Mitarbeit das Maß an zwischen den Ehegatten geschuldetem Unterhalt übersteigen muss168. Die Qualifikation einer Zuwendung zwischen Ehegatten als gewöhnliche, d. h. nicht entgeltliche Schenkung, war für den rückforderungsberechtigten Ehegatten lange Zeit von Vorteil. Bis zum 1. Januar 2005 galt nämlich, dass Schenkungen frei widerruflich waren169 und somit im Trennungsfall unproblematisch zurückgefordert werden konnten. In einem von der Cour de cassation im Jahr 2004 entschiedenen Fall ging es genau darum, ob eine vermögenswerte Leistung zwischen Ehegatten als Schenkung bezeichnet werden konnte: Der Ehegatte hatte die Kreditraten für den Bau eines im Miteigentum stehenden Familienheimes allein beglichen. Nach Ende der Ehe konnte er seine Leistung, die als indirekte Schenkung an seine Ehefrau qualifiziert wurde, widerrufen, obwohl seine Frau fast neun Jahr lang bei der beruflichen Tätigkeit ihres Ehemannes mitgearbeitet hatte und gleichzeitig zwei Kinder erzogen hatte170. In dieser Sache hätte man die Schenkung als rémunératoire, d. h. als Schenkung mit entgeltlichem Charakter einstufen können, mit der Folge, dass ein Widerruf nicht möglich gewesen wäre. Der entgeltliche Charakter der Schenkung wird von den Gerichten nicht vermutet, wie das in früheren Urteilen der Cour de cassation den Anschein hatte171, vielmehr muss nachgewiesen werden, dass der Zuwendende ausnahms-
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 692. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 692; David, AJ Famille 2010, S. 206 ff. 169 Vgl. Peterka, AJ Famille 2006, S. 358. 170 Vgl. 1. Civ. 3.11.2004; Depondt, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°50, 2009, 1334. 171 Vgl. Depondt, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°50, 2009, 1334 mit Verweis auf die frühere Rechtsprechung der Cour de cassation. 167 Vgl.
168 Vgl.
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weise keinen Schenkungswillen (intention libérale) hatte172. Die Qualifikation als entgeltliche Schenkung (donation rémunératoire) ist seit dem 1. Januar 2005 von untergeordnetem Interesse, da ohnehin die Schenkungen zwischen Ehegatten nicht mehr frei widerruflich sind173. Wie im deutschen Recht ist die Rückforderung nach Schenkungsrecht vom Gesetzgeber restriktiv geregelt. Eine Rückforderung ist beispielsweise möglich, wenn die Schenkung unter einer Bedingung erfolgt ist sowie wenn der Schenkungsempfänger sich eines schweren Vergehens gegenüber dem Schenkenden schuldig gemacht hat (vgl. Art. 953 ff. C.civ.). Es bleibt jedoch möglich, eine Rückforderung der Zuwendung zu erreichen, wenn die Ehegatten von vornherein eine Klausel der Nicht-Scheidung (clause de non divorce) vereinbaren. Inhalt einer solchen Klausel ist, dass im Fall der Scheidung die Schenkung automatisch als widerrufen gilt. Nach einem Urteil der Cour de cassation vom 13. Dezember 2005 sind solche Klauseln, die de facto die Widerruflichkeit der Schenkung bewirken, nicht per se unwirksam174. b) Die faktische Gesellschaft/la société créée de fait Denkbar ist, einen Ausgleich über gesellschaftsrechtliche Mechanismen herbeizuführen. Die Rechtsprechung verlangt dafür, dass eine faktische Gesellschaft (société créée de fait) zwischen den Ehegatten zustande gekommen ist. Eine faktische Gesellschaft ist keine rechtlich wirksam begründete Gesellschaft, da es an einem Gesellschaftsvertrag fehlt, wie ihn Art. 1832 des Code civil voraussetzt. Die Rechtsfigur der faktischen Gesellschaft verfolgt allein den Zweck, einen vermögensrechtlichen Ausgleich nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewirken175. aa) Typische Anwendungsfälle Typischer Anwendungsfall einer société créée de fait ist, dass ein Ehegatte in erheblichem Umfang im Unternehmen des anderen mitarbeitet, ohne formal angestellt worden zu sein und ohne eine Entlohnung zu erhalten. Nach güterrechtlichen Gesichtspunkten ist bei der Gütertrennungsehe kein Ausgleich für diese Mitarbeit geschuldet. Dies hat jedoch nicht zur Konsequenz, dass der durch die Tätigkeit des mitarbeitenden Ehegatten erzielte Vermögensvorteil kompensa tions los im Vermögen des anderen Ehegatten verbleiben würde. Vielmehr 172 Vgl. 1. Civ. 6.02.2008 Bulletin 2008, I, N° 40; Depondt, La Semaine Juridique Nota riale et Immobilière n°50, 2009, 1334. 173 Vgl. Caux, AJ Famille 2005, S. 184 f. 174 Vgl. 1 Civ. 13.12.2005 Bulletin 2005 I N° 491, S. 413. 175 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 693.
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kommt in diesen Fällen nach der Rechtsprechung der Cour de cassation ein nachträglicher Ausgleich nach Gesellschaftsrecht in Betracht176. bb) Anwendungsvoraussetzungen Um aber zur Anwendung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsmechanismen zu kommen, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens muss der „Gesellschaftswille“ (affectio societatis) bei den Ehegatten vorliegen, zweitens müssen sie Beiträge in Form von Vermögenswerten oder ihrer Arbeitskraft bzw. beruflicher Tätigkeit leisten und drittens müssen beide Ehegatten am Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt werden177. Mit Ausnahme des Gesellschaftsvertrages müssen somit bei der faktischen Gesellschaft alle Voraussetzungen vorliegen, welche allgemein an eine wirksame Gesellschaftsgründung gestellt werden (vgl. Art. 1832 C.civ.). Allein aus dem Umstand, dass ein Ehegatte im Unternehmen des anderen mitarbeitet, ergibt sich für die Rechtsprechung die Existenz der faktischen Gesellschaft noch nicht. Die Rechtsprechung prüft im Einzelfall, ob die weiteren Voraussetzungen einer Gesellschaft vorliegen: Der Ehegatte muss eine gleichberechtigte Stellung im Unternehmen einnehmen und auch an Verlust und Gewinn seinen Anteil haben. Die Auseinandersetzung nach Gesellschaftsrecht hat für den Ehegatten, der nicht dinglich berechtigter Unternehmensinhaber ist, den Vorteil, dass er bei Ehescheidung die eingebrachten Beiträge (Kapital- oder Arbeitsleistungen) zurückerhält bzw. erstattet bekommt und insbesondere darüber hinaus zur Hälfte am Gewinn beteiligt wird, den das Unternehmen durch seine Tätigkeit erlangt hat. Die Bedeutung der faktischen Gesellschaft zwischen Ehegatten hat seit dem Gesetz vom 2. August 2005, das durch das Dekret vom 1. August 2006 vervollständigt wurde, nachgelassen. Seitdem ist der Ehegatte, der in einem handwerklichen, kaufmännischen oder freiberuflichen Betrieb des anderen Ehegatten regelmäßig arbeitet, verpflichtet, einen Status für sein Arbeitsverhältnis zu wählen: Entweder ist er Mitarbeiter (conjoint collaborateur), Angestellter (conjoint salarié) oder Gesellschafter (conjoint associé) (C.com., art. L. 121-4). Bereits zuvor war die Rechtsprechung restriktiv gegenüber der Zubilligung von Ansprüchen aus der faktischen Gesellschaft gewesen, insbesondere bei der Voraussetzung des affectio societatis hat sie strenge Maßstäbe angelegt. Der GeMalaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 33 ff. Art. 1873 C.civ., der die société créée de fait ausdrücklich nennt, bestimmt lediglich, dass die Bestimmungen über die société en participation Anwendung finden, ohne weitere Voraussetzungen an die faktische Gesellschaft zu normieren. 176 Vgl. 177
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sellschafterwille beider Ehegatten ergibt sich nicht daraus, dass ein Ehegatte konstant dem anderen im Unternehmen mithilft. Es muss vielmehr deutlich werden, dass beide Ehegatten den Zweck verfolgen, gleichberechtigt im Unternehmen mitzuwirken und Gewinn und Verlust des Unternehmens gleichermaßen zu tragen178. c) Der bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch/l’actio de in rem verso Subsidiär zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen kommen bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche für während der Ehe erbrachte Leistungen in Betracht. aa) Typische Anwendungsfälle Der Ehegatte kann dann einen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (enrichissement sans cause) geltend machen, wenn er in einem Ausmaß die berufliche Tätigkeit des anderen Ehegatten unterstützt hat, die über seine Verpflichtung zum alltäglichen Unterhalt beizutragen, hinausgegangen ist179. Ein Beispiel wäre eine Ehefrau, die in der Arztpraxis ihres Mannes in untergeordneter Stellung aushilft, ohne von ihm formal angestellt worden zu sein180. Andererseits sind nach konstanter Rechtsprechung die Tätigkeit im Haushalt und die Kindererziehung nicht ausgleichsfähig. Durch die Haushaltsführung einer Hausfrau kann es selbst dann nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Ehemanns kommen, wenn ihre Tätigkeit vom Umfang mehr als 35 Wochenstunden einnimmt. Wenn dafür Ausgleichsansprüche entstehen würden, wäre dies – nach Literaturstimmen – dem Wesen der Ehe abträglich und würde das Zusammenleben erschweren181. Andere halten dagegen, dass eine Haushaltshilfe eingespart werden könne, wenn die Ehefrau sich vollzeitig um Haushalt und Kindererziehung kümmert182. Insofern sei von einer ausgleichsfähigen Bereicherung des Ehemanns auszugehen. bb) Anwendungsvoraussetzungen Der bereicherungsrechtliche Ausgleich ist gesetzlich nicht ausdrücklich normiert, wird aber aus den Bestimmungen zu den quasi-vertraglichen Ansprü1. Civ. 3.12.2008 = JurisData n°2008-046130, non publié au Bulletin; vgl. Depondt, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°50, 2009, 1334. 179 Vgl. Hilt, AJ Famille 2006, S. 231 f. 180 Vgl. Claux, AJ Famille 2005, S. 184 ff. 181 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 691. 182 Vgl. Claux, AJ Famille 2005, S. 184 ff. 178
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chen hergeleitet (vgl. Art. 1371 C.civ.). Die Rechtsprechung verlangt, dass der Schuldner des Anspruchs bereichert ist – enrichissement. Der Gläubiger muss eine entsprechende Entreicherung – appauvrissement – erlitten haben, wobei die Vermögensverschiebung ohne rechtlichen Grund – sans cause – erfolgt sein muss. Der Rechtsgrund für eine Bereicherung kann sich sowohl aus dem Gesetz als auch aus einer vertraglichen Vereinbarung ergeben. Gesetzlich sind Ehegatten verpflichtet, einander Unterstützung zu leisten. Die Mitarbeit muss daher nach Umfang und Intensität über die eherechtlich geschuldete Unterstützung hinauszugehen. Die Gerichte haben unter Anwendung dieser Voraussetzungen den bereicherungsrechtlichen Ausgleich im Fall der unbezahlten Mitarbeit eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten angenommen183. Die Entreicherung soll sich dadurch ergeben, dass der mitarbeitende Partner eigene berufliche Einkünfte während dieser Zeit nicht erzielen konnte. Die Bereicherung des Betriebsinhaber-Ehegatten ergibt sich dadurch, dass er für die Mitarbeit im Betrieb keine Entlohnung entrichtet hat184 und damit diesen Vermögensvorteil einsparen konnte. Die Bereicherung des einen Ehegatten und die Entreicherung des anderen Ehegatten sollen dabei nicht zum Zeitpunkt der Vermögensverschiebung, sondern am Tag, an dem der Scheidungsantrag gestellt wird, bemessen werden. Der Ausgleichsanspruch wird dann nach der niedrigeren der beiden Summen bemessen, das heißt entweder in Höhe der erfolgten Entreicherung oder der noch bestehenden Bereicherung185. Der Hintergrund, warum für die Bemessung des Ausgleichsanspruchs der Tag des Scheidungsantrags zum Stichtag gemacht wird, ist nach Ansicht der Gerichte, dass der Ehegatte aus moralischen Gründen zuvor daran gehindert sei, gegen seinen Partner vorzugehen186. d) Kritische Würdigung Ob von den Gerichten unter Anwendung der dargestellten Rechtsfiguren auch tatsächlich Ausgleich gewährt wird, ist für die Rechtssuchenden nur schwer vorauszusehen. In einem Fall, den die Cour d’appel von Paris am 30. Juni 2010187 entschieden hat, forderte ein Ehemann Ausgleich für die von ihm allein finanzierten Renovierungsarbeiten an dem gemeinsamen Familienheim. Das Berufungsgericht 183 Vgl.
Dalloz/Répertoire du droit commercial/Derruppé, Rn. 219: (Zugriff: 07.07.2011). 184 Vgl. Claux, AJ Famille 2005, S. 184 ff. 185 Vgl. Claux, AJ Famille 2005, S. 184 ff. 186 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 692. 187 Vgl. CA Paris 30.06.2010, Anm. Hilt, AJ Famille 2010, 499.
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hat seine Forderung mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Zahlung zum allgemeinen ehelichen Unterhalt (charges du ménage) i. S. d. Art. 214 C.civ. gehört. Das zeigt nach Ansicht von Literaturstimmen die Tendenz der Rechtsprechung, den Begriff des ehelichen Unterhalts weit auszulegen188. Die Cour de cassation hat ebenso als Beitrag zum ehelichen Unterhalt angesehen, dass der Ehemann die Darlehensraten für die Anschaffung einer Immobilie seiner Ehefrau teilweise zurückzahlte. Dabei sollte die Immobilie den Ehegatten als gemeinsames Familienheim dienen189. Ob der Fall aber anders zu entscheiden wäre, wenn der Ehemann auf eigene Kosten das Eigenheim seiner Frau renoviert, das beide als Wohnung nutzen, ist bislang nicht geklärt. Auch Renovierungsarbeiten in bescheidenem Rahmen können als Beitrag zum ehelichen Unterhalt qualifiziert werden190. Angesichts dieser Rechtsprechung ist die Frage zu klären, ab wann das Maß des ehelich geschuldeten Unterhalts überschritten ist und demzufolge überhaupt ein schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch in Betracht kommt. Eine Prognose ist in diesem Bereich nicht einfach zu treffen, denn die Gerichte verfügen über einen Beurteilungsspielraum. Wenn die Schwelle einer nichtausgleichsfähigen alltäglichen Unterhaltszahlung überschritten ist, stellt sich in einem zweiten Schritt das Problem der rechtlichen Qualifikation der erfolgten Vermögensverschiebung. Davon hängt der etwaige Rückforderungsanspruch ab. Die sich im Anschluss an die rechtliche Qualifikation stellende Problematik ist die Bemessung des Ausgleichsanspruchs. Im Gegensatz zum gesetzlichen Güterstand besteht kein Raum für pauschalierte Zahlungen. Wenn ein Ehemann den Bau einer im Alleineigentum seiner Ehefrau stehenden Immobilie finanziert und bei Beendigung der Ehe Ausgleich verlangt, ist zu klären, ob er einen Anspruch in Höhe der von ihm gemachten Ausgabe hat oder darüber hinaus sogar Teilhabe an einer etwaigen Wertsteigerung der Immobilie verlangen kann. Andererseits wäre denkbar, den Anspruch nach oben hin durch den tatsächlich noch vorhandenen Vermögensvorteil des anderen Ehegatten zu begrenzen. Das Gesetz verweist bezüglich der Forderungen, die ein Ehegatte gegen den anderen bei vereinbarter Gütertrennungsehe haben kann, auf die Regelungen des gesetzlichen Güterstandes (Art. 1543, 1479, 1469 al. 3 C.civ.). Demnach bemisst sich die Forderung des Ehegatten nach der geringeren Summe, entweder der gemachten Ausgabe oder dem noch verbleibenden Vermögensvorteil. Sie darf allerdings dann nicht geringer als der verbleibende Vermögensvorteil ausfallen, wenn sich der Vermögensgegenstand, der erworben, erhalten oder verbessert David, AJ Famille 2010, S. 206. 1. Civ. 14.03.2006 = Bulletin 2006 I N° 160 p. 143. 190 Vgl. David, AJ Famille 2010, S. 206 ff. 188 Vgl. 189
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wurde, am Tag der Liquidation noch im Vermögen des anderen Ehegatten befindet. Wenn sich der Vermögensvorteil nicht mehr im Vermögen des Ausgleichsschuldners befindet, so bemisst sich die Ausgleichsforderung nach der gemachten Ausgabe – wie die Cour de cassation in einem Urteil vom 24. September 2008 klargestellt hat191. 3. Vergleichende Gegenüberstellung des deutschen und französischen Nebengüterrechts im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft Die Problematik, dass trotz vereinbarter Gütertrennung während der Ehe nicht strikt nach „Mein und Dein“ unterschieden wird, ohne dass dabei die Auswirkungen für ein mögliches Scheitern der Ehe bedacht werden192 , findet im deutschen und französischen Güterrecht keine Lösung. Zwar wäre es den Ehegatten möglich, im Hinblick auf Vermögensverschiebungen „präventiv“ vertragliche Ausgleichsregelungen zu treffen, die bei Scheitern der Ehe greifen. Die Ehegatten sind sich aber in den seltensten Fällen der Notwendigkeit solcher rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen bewusst. Dauner-Lieb beschreibt die Ehe insofern zutreffend als „rechtsgeschäftsferne Zone“193. Nach Scheitern der Ehe stellt sich die Situation anders da: Es scheint für den Ehegatten, der durch umfangreiche Arbeiten oder finanzielle Leistungen das Vermögen des anderen in nicht unbeträchtlicher Weise gemehrt hat, nicht hinnehmbar, dass dieser Vermögensvorteil allein beim anderen Partner verbleiben soll. So aber ist die gesetzliche Lösung für den Fall der Gütertrennung/ séparation de biens in beiden Rechtsordnungen. Wenn Gerichte einen nachträglichen vermögensrechtlichen Ausgleich trotz vereinbarter Gütertrennung vollziehen, greifen sie in beiden Ländern auf Mechanismen des Schuldrechts zurück. Dogmatisch werden die Ausgleichsmechanismen in beiden Rechtsordnungen vorrangig im Gesellschaftsrecht und subsidiär im Bereicherungsrecht verankert, zudem wird das Schenkungsrecht modifiziert bzw. durch eine weitere Kategorie ergänzt: Im deutschen Recht sei hier die „unbenannte Zuwendung“ zwischen Ehegatten genannt, im französischen Recht wurde die „entgeltliche“ Schenkung (la donation rémunératoire) für Zuwendungen zwischen Ehegatten geprägt. Prägender Gedanke hinter den drei in der deutschen Rechtsordnung entwickelten Rechtsinstituten – Ehegatteninnengesellschaft, unbenannte Zuwendung 1. Civ. 24.09.2008, Anm. Hilt, AJ Famille 2008, 437. Wever, Vermögensauseinandersetzung der Ehegatten außerhalb des Güterrechts, Rn. 1 f. 193 Vgl. Dauner-Lieb, FuR 2009, 361, 363. 191
192 Vgl.
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und Kooperationsvertrag – ist, dass trotz vereinbarter Gütertrennung eine erhebliche vermögenswerte Leistung eines Ehegatten nicht ohne Kompensation bleiben darf. Auch in der französischen Rechtsordnung werden Ansprüche aus faktischer Gesellschaft und ungerechtfertigter Bereicherung dem Ehegatten zugesprochen, der aufgrund der vereinbarten Gütertrennung dinglich gesehen das Nachsehen hat. Die besondere Verflechtung von Familienrecht und Schuldrecht wird deutlich, wenn man die gerichtliche Anwendung der einzelnen schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche in beiden Rechtsordnungen gegenüberstellt. Die Rechtsprechung in beiden Ländern gibt den Ansprüchen aus Gesellschafts- und Bereicherungsrecht einen besonderen „familienrechtlichen“ Einschlag194. An den Rechtsfiguren der Ehegatteninnengesellschaft und ihrer französischen Entsprechung, der faktischen Gesellschaft zwischen Ehegatten (société créée de fait entre époux), wird diese Entwicklung besonders deutlich. Das Erfordernis des Gesellschaftsvertrags – eine nach schuldrechtlichen Aspekten unabdingbare Voraussetzung für die Gründung einer Gesellschaft – wird von der Rechtsprechung in beiden Ländern abgeschwächt. Die deutschen Gerichte gehen bei typischen Anwendungsfällen der Ehegatteninnengesellschaft – wie dem gemeinsamen Aufbau eines Unternehmens – von einem schlüssig zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag aus. Nach französischem Recht wird für die Annahme einer faktischen Gesellschaft (société créée de fait) auf einen konstitutiven Vertragsschluss gänzlich verzichtet. Es genügt, dass sich die Ehegatten wie Gesellschafter verhalten, indem sie Beiträge leisten, an Gewinn und Verlust beteiligt werden und einen „Gesellschafterwillen“ (affectio societatis) haben. Affectio societatis meint einen Zweck, der über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgeht. Diese den Ausgleichsanspruch eingrenzende Voraussetzung stellen auch die deutschen Gerichte. Der über die eheliche Gemeinschaft hinausgehende Zweck ist beim gemeinsamen Aufbau und der gemeinsamen Leitung eines Unternehmens erfüllt. Der Erwerb eines Familienheimes wird im Gegensatz dazu in beiden Rechtsordnungen als ungenügend für die Annahme einer Gesellschaft zwischen den Ehegatten erachtet. Grund für die Ablehnung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche ist, dass das Familienheim der Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft dient und mit dessen Erwerb gerade keine darüber hinausgehenden Zwecke verfolgt werden. Hier wird wieder eindeutig eine familienrechtliche Betrachtung bei der Anwendung allgemeiner schuldrechtlicher Ausgleichsmechanismen bemüht.
194 Vgl.
Hilt, AJ Famille 2006, 231 ff.; Sandweg, BWNotZ 1991, 61.
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Subsidiär wird in beiden Rechtsordnungen auf das Bereicherungsrecht zurückgegriffen. Nach französischer Rechtsprechung wird hiervon der Fall erfasst, dass ein Ehegatte im Unternehmen des anderen unentgeltlich mitarbeitet, und zwar in einem Ausmaß, das die gegenseitige Unterhaltsverpflichtung übersteigt. Die deutschen Gerichte würden den gleichen Fall unter den familienrechtlichen Kooperationsvertrag sui generis subsumieren. Diese Rechtsfigur ist im französischen Recht unbekannt. Gleiches gilt für die unbenannte Zuwendung zwischen Ehegatten. Zwar hat auch die französische Rechtsprechung das Schenkungsrecht modifiziert, um die besondere Konstellation von Zuwendungen zwischen Ehegatten zu erfassen, indem sie die entgeltliche Schenkung (donation rémunératoire) entwickelte. Die Zielrichtung beider Rechtsinstitute ist aber diametral verschieden. Die Rechtsfigur der unbenannten Zuwendung dient dazu, Leistungen eines Ehegatten, die im Vertrauen auf den Fortbestand der Ehe gemacht wurden, nach Beendigung der Ehe unter – gegenüber dem Schenkungsrecht erleichterten Voraussetzungen – zurückzufordern. Die entgeltliche Schenkung, donation rémunératoire, wurde hingegen erschaffen, um Zuwendungen zwischen Ehegatten einer anschließenden Rückforderung zu entziehen. Das französische Schenkungsrecht erlaubte nämlich bei gewöhnlichen Schenkungen zwischen Ehegatten, dass der Schenker seine Zuwendung frei widerrufen konnte. Nicht nur die Zielrichtungen, sondern auch die Anwendungsfälle beider Rechtsinstitute sind verschieden: Bei der unbenannten Zuwendung wird der Zuwendende geschützt, der das Vermögen des Zuwendungsempfängers mehrt. Bei der donation rémunératoire wird der Zuwendungsempfänger geschützt, der im Hinblick auf seine eigene zuvor erbrachte Leistung – beispielsweise die unentgeltliche Mitarbeit im Betrieb des anderen Ehegatten – „entlohnt“ wurde. Allerdings kann zu Recht kritisiert werden, dass es in beiden Rechtsordnungen nur dann zu Ausgleichsansprüchen kommt, wenn dem Einsatz des Ehegatten ein wirtschaftlicher Wert zugemessen werden kann195. Familienarbeit, die ein Ehegatte für den anderen leistet, bleibt dagegen unkompensiert – und das, obwohl das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich die Gleichwertigkeit von Familienarbeit und Berufstätigkeit festgestellt hat196. Auch im französischen Recht ist die Haus- und Familienarbeit in der Regel nicht ausgleichsfähig197. Dauner-Lieb/Sanders, FPR 2005, 141, 145 f. BVerfG, Beschluss vom 5.02.2002 – 1 BvR 105/95, 1 BvR 559/95 und 1 BvR 457/96 = BVerfGE 105, 1 = NJW 2002, 1185 = FPR 2002, 180 = FamRZ 2002, 527; BVerfG (3. Kammer des Ersten Senats), Beschluss vom 20.05.2003 – 1 BvR 237/97 = NJW 2003, 2819 = FamRZ 2003, 1173 f. 197 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 691. 195 Vgl. 196
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Trotz dogmatischer Divergenzen zwischen beiden Rechtsordnungen lässt sich feststellen, dass sowohl im französischen als auch im deutschen Recht die Anwendungsbereiche für richterliche Korrektur bei Gütertrennungsehen ähnlich sind. Diese richterrechtlichen Lösungen haben den Nachteil, dass die Rechtsprechung jederzeit die Anforderungen, die sie an die Bejahung der jeweiligen Ansprüche stellt, verschärfen oder abschwächen kann. Dies führt zwangsweise zu Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen. Ein weiterer problematischer Punkt am Ausgleich außerhalb des Güterrechts ist, dass auch diese schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche bereits durch den Ehevertrag ausgeschlossen werden können198. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, inwieweit sich die schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen des Nebengüterrechts auf die Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften übertragen lassen. Im Gegensatz zu den Mechanismen des ehelichen Güterrechts wird beim Nebengüterrecht weder an die Ehe noch an einen bestimmten Güterstand angeknüpft. Insofern bestehen keine verfassungsrechtlichen Hindernisse für die Übertragbarkeit der Lösungen auf nichteheliche Lebensgemeinschaften, welche im Bereich des Ehegüterrechts Analogieschlüssen Grenzen setzen. Die schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen tragen vielmehr der gelebten Paarbeziehung und den in diesem Zusammenhang erfolgenden Vermögensverschiebungen Rechnung. Trotz formaler Vermögenstrennung, wird ein Bedarf für nachträglichen Ausgleich gesehen, wenn im Vertrauen auf den Fortbestand der Lebensgemeinschaft gemeinsam investiert wurde. Insoweit können die von der Rechtsprechung entwickelten Ausgleichsmechanismen Vorbildcharakter für die vermögensrechtliche Abwicklung nichteheliche Lebensgemeinschaft einnehmen.
C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch Trennung I. Die Vermögensauseinandersetzung nach sachenrechtlichen Grundsätzen Da das eheliche Güterrecht weder direkte noch analoge Anwendung auf die Vermögensauseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaft findet, ist zunächst zu prüfen, welche sachenrechtlichen Konsequenzen für die Aufteilung erworbener Güter gelten. Erst daran anschließend stellt sich die Frage, inwieweit die Rechtsprechung die Ergebnisse der sachenrechtlichen Auseinandersetzung im Wege der schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen korrigiert. 198 Vgl.
Münch, FPR 2009, 514, 516.
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Im Hinblick auf die während der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erworbenen Güter gilt grundsätzlich, dass jeder Partner die Gegenstände für sein persönliches Vermögen erworben hat199. Dies ist Konsequenz der Vermögenstrennung nichtehelicher Lebenspartner. Allerdings lässt sich diese formal dingliche Zuordnung der Vermögensgegenstände im Einzelfall nicht nur schwierig beweisen, sie spiegelt mitunter nicht den Willen der Partner wider, die gemeinsam gelebt, gewirtschaftet und gemeinsames Vermögen gebildet haben. Zunächst zur Beweislage: Für das Alleineigentum an einem bestimmten Vermögensgegenstand muss jeder Partner bei der Trennung den Beweis führen. Wenn sich nicht nachweisen lässt, ob dieser Vermögensgegenstand bereits vor Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft einem der beiden Partner gehörte oder während der Partnerschaft beispielsweise durch Erbschaft oder Schenkung ins Alleineigentum eines Partners gewechselt ist, geben die Finanzierungsanteile in beiden Rechtsordnungen ein wichtiges Indiz zur Eigentümerstellung. So gilt im französischen Recht die Vermutung, dass die Eigentumsanteile beider Partner proportional zum jeweiligen Finanzierungsanteil ausfallen, wenn sich das Alleineigentum nicht nachweisen lässt200. Um dieser Vermutung zu entgehen, können die concubins die jeweiligen Eigentumsanteile im Erwerbsakt unabhängig von den Finanzierungsanteilen festlegen 201. Sofern schließlich kein Nachweis über den konkreten Finanzierungsanteil erbracht werden kann, gilt die Vermutung, dass der jeweilige Gegenstand den Partnern jeweils zur Hälfte gehört202. Im deutschen Recht bestimmt sich der Eigentumsanteil, sofern nichts anderes vereinbart ist, ebenfalls anhand der Finanzierungsquote und hilfsweise wird bei Trennung hälftig geteilt203. Bei gemeinschaftlich besessenem Mobiliar soll die widerlegliche Vermutung aus § 1006 i. V. m. § 1008 BGB gelten, dass im Zweifel zu gleichen Anteilen Miteigentum besteht204. Umgekehrt wirken sich unterschiedliche Finanzierungsanteile nicht automatisch auf die Bemessung der Eigentumsanteile aus. Wird bei der Anschaffung eines gemeinsamen Vermögensgegenstandes bereits konkret geplant, dass wertsteigernde Arbeiten daran durchgeführt werden sollen – wie dies beispielsweise beim Erwerb eines Altbaus als Familienwohnheim oftmals der Fall sein 199 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 28, 55; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 169. 200 Vgl. Wemaere, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6 2010, 1070. 201 Vgl. Sagaut, AJ Famille 2002, 164. 202 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 350. 203 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 28. 204 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 28; Weinreich, FPR 2001, 29 f.
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wird –, diese aber von nur einem Partner allein finanziert werden, so kann im französischen Recht bereits im Kaufvertrag vorgesehen werden, dass diesem Partner ein höherer Eigentumsanteil zustehen soll. Erfolgt diese Bestimmung nicht, so steht dem Partner nachträglich lediglich ein nach Billigkeitsgesichtspunkten bemessener Ausgleichsanspruch gem. Art. 815-13 Code civil zu205. Auch im deutschen Recht führen wertsteigernde Arbeiten an einem Gegenstand nicht dazu, dass sich dadurch der Miteigentumsanteil daran erhöht206. Ein nachträglicher Ausgleich für die höhere Finanzierungsleistung muss auf schuld rechtlicher Ebene gesucht werden. Häufig wird die Konstellation sein, dass die Partner zur Anschaffung des Vermögensgegenstandes einen Kredit bei der Bank aufnehmen. Für die nachträgliche sachenrechtliche Zuordnung des Gegenstandes muss unterschieden werden: Hat jeder Partner separat bei der Bank ein Darlehen aufgenommen, welches er allein bedient, so erhält jeder Partner im Zweifel Miteigentum entsprechend seines so nachweisbaren Finanzierungsbetrages. Komplizierter wird es, wenn die Partner einen gemeinsam aufgenommenen Kredit bedienen. Im Nachhinein ist schwierig festzustellen, wer konkret welchen Beitrag für die Finanzierung übernommen hat und dementsprechend, wie hoch die jeweiligen Miteigentumsanteile ausfallen sollen 207. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, bereits im Voraus zu regeln, welche Beteiligungsverhältnisse an dem jeweiligen kreditfinanzierten Vermögensgegenstand bestehen sollen 208. Zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften/concubins kann sich die Konstellation des Erwerbs einer gemeinsamen Wohnung bzw. eines Familienheimes nachträglich als besonders problematisch auswirken. Im französischen Recht wird im Kaufvertrag oftmals vorgesehen, dass die Immobilie beiden Partnern zu gleichen Anteilen gehören soll. Die Finanzierung übernimmt dann aber zu einem großen Anteil der leistungsfähigere Partner allein. Der höhere Finanzierungsanteil führt jedoch – wie die Cour de cassation klargestellt hat – nicht dazu, dass auch der Miteigentumsanteil erhöht würde209. Entscheidend bleibt die ursprünglich im Kaufvertrag vorgenommene Aufteilung der Eigentumsanteile. Der höhere Finanzierungsanteil kann allerdings bei Trennung der nichtehelichen Partner und der damit einhergehenden Auseinandersetzung zu einem Wemaere, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6 2010, 1070. zum möglichen Ausgleich über die Vorschriften zur Bruchteilsgemeinschaft, wenn nach § 748 BGB besondere Vereinbarungen getroffen wurden, Staudinger/Langhein, § 748, Rn. 13. 207 Vgl. Wemaere, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6 2010, 1070. 208 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 23, Rn. 63. 209 Vgl. 1. Civ., 31.05.2005 = JurisData n°2005-038678. 205 Vgl.
206 Vgl.
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schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch für den Partner führen. Hierbei kommt es entscheidend darauf an, welche rechtliche Qualifikation die entsprechende Vermögensverschiebung von der Rechtsprechung erhält210, wie im Einzelnen noch erläutert wird. Nach deutschem Sachenrecht wirken sich die unterschiedlichen Finanzierungsanteile zum Erwerb eines Familienheimes – schon allein unter Beachtung des sachenrechtlichen Trennungsprinzips – nicht unmittelbar auf die Eigentumsanteile am Familienheim aus. Die jeweiligen Anteile ergeben sich allein aus den im Grundbuch festgehaltenen Eigentumsverhältnissen. Diese spiegeln möglicherweise nicht die von den Partnern gewollte Vermögensverteilung wider, wenn einer der Partner das Gros der Finanzierung übernommen hat211. Die unterschiedlichen Finanzierungsanteile können ebenso wie im französischen Recht nachträglich nur durch schuldrechtliche Ausgleichsansprüche abgerechnet werden. Im französischen Eherecht kann bei Trennung die Zuweisung eines bestimmten Gegenstandes zugunsten eines Ehegatten erreicht werden, und zwar unabhängig von oder sogar entgegen der formalen Eigentümerstellung. Für nichteheliche Partner ist die vorzugsweise Zuteilung eines bestimmten in Miteigentum stehenden Gutes (attribution préférentielle) hingegen gerichtlich nicht durchsetzbar212. Die Cour de cassation hat diesbezüglich zum wiederholten Male betont, dass die für Ehegatten und inzwischen auch für PACS-Partner geltende Regelung des Art. 831 C.civ. nicht analog auf concubins angewendet werden könne213. Auch der für deutsche Ehegatten bestehende Anspruch nach § 1568 b I BGB, anlässlich der Scheidung die im gemeinsamen Eigentum stehenden Haushaltsgegenstände überlassen und übereignet zu bekommen, wenn auf deren Nutzung unter Berücksichtigung des Wohls der im Haushalt lebenden Kinder und der Lebensverhältnisse der Ehegatten ein Bedarf besteht, soll für nichteheliche Lebenspartner nicht analog anwendbar sein. In der Zuweisung eines bestimmten Vermögensgegenstandes sei ein entscheidender Eingriff in die Eigentümerposition zu sehen, die nur bei Ehegatten zu rechtfertigen sei214. Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften kommt damit eine Güterzuteilung unabhängig von der Eigentümerposition nicht infrage. Für im Miteigentum stehende Gegenstände Wemaere, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6 2010, 1070. Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 91. 212 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 350. 213 Vgl. 1. Civ., 9.12.2003 = Bulletin 2003 I N° 253 p. 201. 214 Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 11.04.2005 – 4 WF 86/05 = NJW-RR 2005, 1168; vgl. Staudinger/Weinreich, Vorbem. zu §§ 1568 a und b, Rn. 16; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 44, Rn. 18. 210 Vgl. 211
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
erfolgt eine Aufteilung über die Vorschriften der Bruchteilsgemeinschaft (§§ 749 ff. BGB)215. Im französischen Recht führt die Bemessung der Eigentumsanteile nach dem jeweiligen Finanzierungsanteil (sofern nichts anderes ausdrücklich vereinbart wurde) dazu, dass bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zumeist der den Haushalt führende und die Kindererziehung übernehmende nichteheliche Partner (concubin) das Nachsehen hat. Auf sachenrechtlicher Ebene kann dieses Ergebnis jedoch nicht korrigiert werden, wie die Cour de cassation216 klargestellt hat. Ein französisches Instanzgericht hatte hälftiges Miteigentum von concubins an einer Immobilie angenommen, bei der der Mann zwar den höheren Finanzierungsanteil erbracht, die Frau aber sechzehn Jahre lang den Haushalt geführt hatte. Der Tätigkeit im Haushalt hatte das Instanzgericht einen reellen Finanzierungsbeitrag zugeordnet, auch wenn dieser in Geld kaum zu messen sei. Die Cour de cassation ist dieser Annahme mit folgender Argumentation entgegengetreten: Der Beitrag zur Haushaltsführung wird bei den concubins gesetzlich nicht geregelt. Mangels gesetzlicher Pflicht zur Haushaltsführung haben die concubins kein Recht auf eine Vergütung bzw. eine Entschädigung für diese Arbeit. Dass es keinen Ausgleich für Beiträge zur Haushaltsführung zwischen concubins geben soll, hat die Erste Kammer der Cour de cassation inzwischen zum Prinzip erhoben, gegen welches vereinzelt von unteren Instanzen noch Widerstand erhoben wird 217. Auch im deutschen Recht wirkt sich die im Haushalt und für die Familie geleistete Arbeit nicht auf sachenrechtlicher Ebene aus. Vorstellbar wäre, dass sich der Miteigentumsanteil des nichtverdienenden Partners an Gegenständen, die der andere Partner größtenteils finanziert hat, erhöht oder automatisch auf die Hälfte bemisst. Begründet wird die vorwiegend ablehnende Haltung ähnlich wie im französischen Recht: Nur bei der Ehe sei der nichtverdienende Partner durch die Gewährung eines Zugewinnausgleichsanspruchs geschützt, während bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mangels gesetzlicher Solidaritätspflichten ein derartiger Ausgleich nicht „auf Umwegen“ über die Gewährung von Miteigentum herzustellen sei218. Schwab, Familienrecht, § 93, Rn. 948. 1. Civ. 31.01.2006 = Juris Data n°2006-031967, Anm. Larribau-Terneyere, Dr. Famille n°4 2006, comm. 83. 217 Vgl. CA Pau 4.04.2005 = Juris Data n°2005-273323, Anm. Larribau-Terneyre Dr. Famille n°7 2005, comm. 152. 218 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 90, der die hälftige Teilung unter Zugrundelegung von § 742 BGB bei faktischen „Hausfrauen- Hausmanngemeinschaften“ ausschließen will. 215 Vgl. 216
C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Trennung
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Es zeigt sich, dass unter Anwendung sachenrechtlicher Bestimmungen kein Schutz für den wirtschaftlich schwächeren nichtehelichen Partner zu erreichen ist. In diesem Kontext lässt sich auch das Urteil des BGH vom 30. April 2008219 einordnen, in welchem sich das Gericht mit dem Besitzrecht eines nichtehelichen Lebenspartners bezogen auf die Eigentumswohnung seines Partners beschäftigt hat. Konkret ging es darum, dass der Eigentümer der gemeinsam von den nichtehelichen Lebensgefährten bewohnten Wohnung unter Betreuung gestellt wurde und in ein Pflegeheim umzog. Es stellte sich nun die Frage, ob der mit den Aufgaben Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten bestellte Betreuer von dem anderen Lebenspartner Herausgabe der Wohnung nach § 985 BGB verlangen konnte sowie einen Nutzungsentschädigungsanspruch nach § 987 BGB für die Zeit nach Auszug des unter Betreuung stehenden Partners geltend machen konnte. Der BGH hat beide Ansprüche bejaht. Ein Besitzrecht des in der Wohnung verbleibenden nichtehelichen Partners nach § 986 BGB ergebe sich nicht bereits aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft als solcher. Der BGH zieht den Vergleich zwischen nichtehelichen Partnern und Ehegatten: Im Unterschied zur Ehe bestehe bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften gerade keine wechselseitige rechtliche Verpflichtung der Partner zur Herstellung der Lebensgemeinschaft220. Bei Ehegatten führt diese Pflicht auch im Trennungsfall noch zum Recht des Ehegatten auf Einräumung und Behalt von Mitbesitz an der ehelichen Wohnung nach § 1361 b BGB. Die Mitbenutzung der Wohnung beruhe bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften dagegen auf tatsächlicher Gestattung, so der BGH221. Dieses auf der tatsächlichen Gestattung beruhende Besitzrecht endet mit dem Herausgabeverlangen des Eigentümers gegenüber dem nichtehelichen Partner. Ein fortdauerndes Besitzrecht des Lebensgefährten hätte sich aus dem konkludenten Abschluss eines Mietvertrages nach § 535 BGB ergeben können. Auf diesen Aspekt ist der BGH in seinem Urteil nicht eingegangen, sondern hat sowohl einen konkludent abgeschlossenen Leihvertrag als auch einen Gesellschaftsvertrag zwischen den nichtehelichen Partnern am fehlenden Rechtsbindungswillen scheitern lassen 222. Jedoch wäre auch die Annahme eines konkludent geschlossenen Mietvertrages am fehlenden Willen des Eigentümers gescheitert, rechtswirksam über die Wohnung in der Weise zu disponieren, dass 219 Vgl. BGH, Urteil vom 30.04.2008 – XII ZR 110/06 = NJW 2008, 2333 = FamRZ 2008, 1404. 220 Vgl. für die Ehegatten § 1353 I 1 BGB. 221 Vgl. BGH, FamRZ 2008, 1405 f. 222 Vgl. Wellenhofer, JuS 2008, 1032 f.
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selbst bei Auflösung der Lebensgemeinschaft durch Trennung noch Kündigungsfristen bis zum Auszug des Partners einzuhalten wären. Kritisiert wird in der Literatur im Hinblick auf dieses BGH-Urteil, dass der vom Eigentümer in die Wohnung aufgenommene Lebensgefährte offenbar „rechtlos“ gestellt werde223. Insbesondere wird hier ein Vergleich mit der rechtlichen Stellung des Lebensgefährten im Mietrecht gezogen, die für letzteren wesentlich vorteilhafter ist als im Besitzrecht. Bei einer von einem Partner allein angemieteten Wohnung hat dieser einen Anspruch gegen den Vermieter auf Aufnahme des Lebensgefährten in die Wohnung224. Durch die Aufnahme in die Wohnung kann wiederum ein selbständiges Besitzrecht gegenüber dem Vermieter begründet werden. Ausreichend für die Annahme des Besitzrechts ist, wenn dem Vermieter der Einzug des Lebensgefährten angezeigt wurde bzw. wenn sich der Lebensgefährte nach geltendem Meldegesetz angemeldet hat225. Verklagt nun der Vermieter seinen Vertragspartner auf Räumung, muss er auch einen Räumungstitel gegen den in die Mietwohnung aufgenommenen Lebensgefährten erwirken 226. Bei Tod des Mieters hat der nichteheliche Lebenspartner wie oben gezeigt gem. § 563 II 4 BGB das Recht, in das bestehende Mietverhältnis einzutreten. Dasselbe soll auch gelten, wenn der mietende Lebenspartner in ein Pflegeheim umzieht, sofern die Möglichkeit der Rückkehr in die Wohnung besteht227. Im Ergebnis lassen sich allein unter Anwendung des Sachenrechts die vermögensrechtlichen Trennungskonflikte bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht lösen 228, so dass neben der formal dinglichen Eigentümerposition bei der Auseinandersetzung schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen eine erhebliche Bedeutung zukommt. II. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche zur Korrektur der als „unbillig“ empfundenen Ergebnisse Gemeinsam ist der deutschen und französischen Rechtsordnung, dass unter Anwendung des Sachenrechts bisweilen unbillig empfundene Ergebnisse entstehen. Derjenige, der zum Zwecke der Ausgestaltung der emotionalen Paarbeziehung wirtschaftlich erhebliche Leistungen erbracht hat, findet diese Leistung Grziwotz, FamRZ 2008, 1404, 1408. Kinne, FPR 2001, 36, 38. 225 Vgl. BGH, Beschluss vom 19.03.2008 – I ZB 56/07 = FamRZ 2008,1174 = NJW 2008, 1959. 226 Vgl. Grziwotz, FamRZ 2009, 750 f. 227 Vgl. Grziwotz, FamRZ 2008, 1404, 1408. 228 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn 91. 223 Vgl.
224 Vgl.
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bei Trennung nicht in seiner positiven Vermögensbilanz wieder, sondern in derjenigen des anderen Partners. So jedenfalls kann sich die Situation bei der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft unter der Prämisse darstellen, dass die Paare keine abweichende vertragliche Regelung getroffen haben. Die formale Zuordnung des Sachenrechts bietet – wie sich gezeigt hat – für nichteheliche Partner keinen ausreichenden Schutz. Das Argument, dass dieses Ergebnis automatisch zum Risiko gehören soll, welches derjenige eingeht, der sich gegen die Partnerschaftsform Ehe und für ein formloses Zusammenleben in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft entscheidet, ist nicht länger trag fähig. Das gesellschaftliche Umdenken hin zur Akzeptanz nichtehelicher Lebensgemeinschaften findet seine Ausprägung auch im Zivilrecht beider Rechtsordnungen. Während früher Ausgleichsansprüche von der deutschen Rechtsprechung unter dem Motto abgelehnt wurden, dass nichteheliche Paare sich im rechtsfreien Raum bewegten, findet nunmehr eine differenzierte Betrachtung statt229. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche werden nicht länger unter dem pauschalen Hinweis darauf versagt, der Leistende habe eben nicht in den Fortbestand der Beziehungen vertrauen dürfen 230. In der französischen Rechtsprechung zeichnet sich sogar die Tendenz ab, durch die systematische Gewährung von schuldrechtlichen Ausgleichsansprüchen einen „Anspruch auf finanzielle Entschädigung“ bei Trennung zu konstruieren 231, wenn es nach Lage des Gesetzes andernfalls zu unbilligen Ergebnissen für den wirtschaftlich schwächeren Partner kommen würde. Bevor aber die schuldrechtlichen Ausgleichssysteme im deutschen und französischen Recht vergleichend gegenübergestellt werden können, bietet es sich an, für beide Rechtsordnungen separat vorzustellen, welche Normen zur Anwendung kommen, welche Rechtsprechungsgrundsätze sich dazu herausgebildet haben und welche Beurteilung die Fachliteratur letzteren zukommen lässt.
229 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302 Rn. 1; Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 11. 230 Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 9, Rn. 9. 231 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 168.
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III. Schuldrechtliche Ausgleichsmechanismen bei Trennung im deutschen Recht 1. Die Rechtsprechung des BGH – vom „Abrechnungsverbot“ zur Gewährung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche Für den vermögensrechtlichen Ausgleich nichtehelicher Lebensgemeinschaften sind die Entscheidungen des BGH vom 9. Juli 2008232 wegweisend 233. In dem Urteil XII ZR 179/05 hat sich der BGH mit einer für die nichtehelichen Lebensgemeinschaften typischen Abwicklungsproblematik beschäftigt. Der Entscheidung lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem die Partnerin ein Grundstück mit Eigenheim zu Eigentum erworben hatte, das beiden Partnern als gemeinsame Wohnung dienen sollte. Ihr Partner hatte sowohl durch finanzielle Mittel als auch durch seine eigenen Arbeitsleistungen den Hausbau unterstützt und verlangte nach der Trennung dafür Ausgleich. In dem Urteil XII ZR 39/06 ging es ebenfalls um einen gemeinsamen Hausbau, diesmal wurden beide nichteheliche Lebenspartner allerdings hälftige Miteigentümer des Grundstücks und zahlten den gleichen Anteil am Kaufpreis. Im Rahmen des Bauvorhabens hatte die Partnerin, die von Beruf Architektin war, zusätzlich wesentliche Arbeitsleistungen erbracht, für die sie nach der Trennung Ausgleich verlangte. In diesen für viel Aufsehen sorgenden Entscheidungen hat der BGH erstmals dem Ausgleich verlangenden nichtehelichen Partner Ansprüche aus Bereicherungsrecht wegen Zweckverfehlung (§ 812 I 2 Alt.2 BGB) und nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) ausdrücklich zugebilligt und damit einen „Systemwechsel“ vollzogen 234. Grziwotz stellt in seiner Anmerkung zum Urteil XII ZR 39/06 daraufhin fest, dass die Urteile mit der Überschrift „Von der faktischen Lebensgemeinschaft zur Zusammenlebensrechtsgemeinschaft“ versehen sein könnten 235. Auch Schulz deutet die beiden Urteile dahingehend, dass der BGH nunmehr anerkennt, dass es zwischen Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich viele Gemeinsamkeiten gibt236.
232 BGH, Urteile vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193 = NJW 2008,3277 = FamRZ 2008,1822 und XII ZR 39/06 = NJW 2008, 3282. 233 Vgl. Dethloff, JZ 2009, 413, 418; Löhnig, DNotZ 2009, 52, 59; Grziwotz, FamRZ 2008, 1828 f.; von Proff, NJW 2008, 3266. 234 Vgl. Kindler, JURA 2010, 131; Schulz, FPR 2010, 373. 235 Vgl. Grziwotz, FamRZ 2008, 1828 f. 236 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373, 378.
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a) Der frühere Rechtsprechungsgrundsatz zum „Abrechnungsverbot“ Zuvor hatte der früher zuständige Zweite Senat des BGH in seinen Entscheidungen zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft stets betont, dass die persönlichen Beziehungen zwischen den Partnern derart im Vordergrund stünden, dass sie auch das vermögensmäßige Handeln der Partner bestimmen und daher nicht nur in persönlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht keine Rechtsgemeinschaft bestünde237. Hatten es die Partner unterlassen, vertraglich ihre Ausgleichsansprüche zu regeln, so sollte keine Aufrechnung von persönlichen und wirtschaftlichen Leistungen nach Beendigung der Lebensgemeinschaften stattfinden. Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften sei wie bei Ehen die Vorstellung fremd, dass für Leistungen im gemeinsamen Interesse ohne besondere Vereinbarung „Gegenleistung“, „Wertersatz“, „Ausgleich“ oder „Entschädigung“ verlangt werden könne238. Das grundsätzliche Abrechnungsverbot galt sowohl für den Fall der Trennung als auch für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft durch den Tod eines Partners239. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 I 2 Alt. 2 BGB sowie Ansprüche nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wurden von der früher geltenden Rechtsprechung explizit abgelehnt240. Zum einen habe sich der Zweck der Vermögensleistung durch das Zusammenleben erfüllt, zum anderen sei die nichteheliche Lebensgemeinschaft etwas Tatsächliches, Faktisches und kein Geschäft241, dessen Grundlage entfallen könne. Ausnahmsweise sollten gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche nach §§ 730 ff. BGB in Betracht kommen, wenn zwischen den Partnern eine Innengesellschaft bürgerlichen Rechts begründet worden war. Diese kam nach der Rechtsprechung des BGH dann durch schlüssiges Verhalten der Partner zustande, wenn die Partner durch gemeinschaftliche Leistungen einen Vermögensgegenstand erwirtschaftet hatten, der dinglich zwar im Alleineigentum eines Partners stand, aber nach Vorstellung beider Partner ihnen dauerhaft gemeinsam gehören sollte242. Eine rein faktische Willensübereinstimmung sollte hingegen nicht ausreichen für die Annahme eines Gesellschaftsvertrages, so dass eine analoge Anwendung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsregelungen bereits 237
Vgl. BGH, Urteil vom 25.09.1997 – II ZR 269/96 = NJW 1997, 3371; BGH, Urteil vom 6.10.2003 – II ZR 63/02 = NJW 2004, 58; Grziwotz, FF 2009, 435 f. 238 Vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1980 – II ZR 191/79 = BGHZ 77, 55, 58 = NJW 1980, 1520; BGH, Urteil vom 4.11.1991 – II ZR 26/91 = FamRZ 1992, 408 = NJW 1992, 906. 239 Vgl. von Proff, RNotZ 2008, 313, 316. 240 Vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2007 – XII ZR 261/0 = JZ 2008, 314 = NJW 2008, 443. 241 Vgl. BGH, Urteil vom 6.10.2003 – II ZR 63/02 = NJW 2004, 58 f. 242 Vgl. BGH, Urteil vom 4.11.1991 – II ZR 26/91 = NJW 1992, 906 = FamRZ 1992, 408.
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nach der Rechtsprechungsänderung des XII. Senats im Jahr 2005 nicht mehr in Betracht kam 243. Der seit dem Jahr 2003 zuständige XII. Zivilsenat des BGH hat für das Erfordernis eines zumindest konkludenten Vertragsschlusses folgende Begründung geliefert:„ Gerade weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft vom Ansatz her eine Verbindung ohne Rechtsbindungswillen darstellt, ist ein solcher für die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Regelungen erforderlich“244. Durch diese Rechtsprechungsänderung hat der gesellschaftsrechtliche Ausgleich zwischen nichtehelichen Partnern eine bedeutende Einschränkung erfahren. Folge der Rechtsprechung war, dass dem Grundsatz nach weder der haushaltsführende Partner noch der erwerbstätige Partner vom anderen Ersatz verlangen konnte. Beide Partner trugen insoweit gleichermaßen das Risiko, ihre erbrachten Leistungen nach Ende der Beziehung nicht erstattet zu bekommen 245. Ebenso wenig kam es zum Ausgleich für finanzielle Zuwendungen oder für erhebliche Arbeitsleistungen zu Gunsten des Lebensgefährten 246. b) Kritik am „Abrechnungsverbot“ Diese Rechtsprechung des BGH ist in der Literatur zunehmend auf Kritik gestoßen: Es dürfe kein rechtsfreier Raum für nichteheliche Lebensgemeinschaften bestehen. Der Verzicht auf die Ehe könne nicht zum Verzicht auf jeglichen Rechtsschutz führen 247. Auch bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft müssten Konflikte nach festen Rechtsregeln ausgetragen werden. Das Argument des BGH, dass die persönlichen Beziehungen der Partner derart im Vordergrund stünden, dass allgemeine zivilrechtliche Ausgleichsmechanismen nicht anwendbar sein sollten, wurde entschieden abgelehnt unter Verweis auf die Ehe, bei der es trotz im Vordergrund stehender persönlicher Beziehungen zu einem solchen – auch schuldrechtlichen – Ausgleich kommen kann 248. Zudem wurde auf die Schutzwürdigkeit desjenigen Partners hingewiesen, der zur Bildung von die Lebensgemeinschaft überdauernden Vermögenswerten für den anderen Partner beigetragen habe. Über den gesellschaftsrechtlichen Ausgleich hinaus bestünde hier Bedarf für einen nachträglichen Vermögensausgleich. Dagegen wurde auch in der Literatur weitgehend der Auffassung zugestimmt, dass für laufende Unterhaltsbedürfnisse und Leistungen zur Ausgestal243
Vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2005 – XII ZR 189/02 = NJW 2006, 1268. Vgl. BGH NJW 2006, 1268. 245 Vgl. Grziwotz, FPR 2010, 369 f. 246 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373. 247 Vgl. Schulz, FamRZ 2007, 593, 594. 248 Vgl. Dethloff, JZ 2009, 413, 418. 244
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tung des alltäglichen Zusammenlebens kein nachträglicher Ausgleich stattfinden solle249. c) Die Rechtsprechungsänderung des BGH durch die Urteile vom 9. Juli 2008250 Diese Kritik hat der BGH in seinen Urteilen vom 9. Juli 2008 ausdrücklich erwähnt und die Kehrtwende in der Rechtsprechung weniger dogmatisch als vielmehr durch den in der Praxis bestehenden Ausgleichsbedarf jenseits gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche begründet. Das Abrechnungsverbot für nichteheliche Lebensgemeinschaften wird – soweit es sich um Leistungen handelt, die über Ausgaben zur alltäglichen Bedarfsdeckung hinausgehen – ausdrücklich vom BGH aufgegeben. Die früher das Ausgleichsverbot tragende Begründung, dass die persönlichen Beziehungen zwischen den Partnern derart im Vordergrund stünden, dass auf das Fehlen einer Rechtsgemeinschaft geschlossen werden könne, wird mit dem Verweis auf die auch zwischen Ehegatten persönlichen Beziehungen abgetan. Der Verzicht auf die Ehe sei nicht gleichbedeutend mit dem Verzicht, Konflikte nach festen Rechtsregeln auszutragen. Insofern sollen auch zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften die allgemeinen schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche zur Anwendung kommen. Nach neuer Rechtsprechung des BGH lassen sich dabei folgende Grundsätze ausmachen. Erstens kommen wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, durch welche Vermögenswerte von erheblicher Bedeutung für den anderen Partner geschaffen wurden, nicht nur gesellschaftliche Ausgleichsansprüche (§ 738 BGB) infrage, sondern auch Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 I 2 Alt. 2 BGB) sowie Ansprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Zweiter Grundsatz ist, dass kein nachträglicher Ausgleich für Beträge zum laufenden Unterhalt gewährt wird. Diese Ausgaben ermöglichen erst das alltägliche Zusammenleben der Partner und werden in dem Bewusstsein erbracht, dass jeder Partner nach seinen Möglichkeiten zur Gemeinschaft beizutragen habe. Hierunter fallen beispielsweise die Kosten der Lebenshaltung und Haushaltsführung, die Entrichtung der Miete für die gemeinsam genutzte Wohnung
249 Vgl. Scherpe/Yassari/Wellenhofer, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 109. 250 BGH, Urteile vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193 = NJW 2008, 3277 = FamRZ 2008,1822 und XII ZR 39/06 = NJW 2008, 3282.
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sowie die Finanzierung eines gemeinsamen Urlaubs251. Der zweite Grundsatz verhindert also, dass ein kompletter vermögensrechtlicher Ausgleich nach Trennung der nichtehelichen Partner stattfindet252. Wichtiger Paradigmenwechsel in der Rechtsprechung des BGH ist zudem, dass das Vertrauen des leistenden Partners in den Fortbestand der Lebensgemeinschaft künftig als schutzwürdig eingestuft wird 253 –, und zwar als genauso schutzwürdig wie bei Eheleuten. Die Tatsache, dass die Lebensgemeinschaft jederzeit beendet werden kann, soll diesem schutzwürdigen Vertrauen nicht entgegenstehen. Hier orientiert sich der BGH erkennbar an modernen gesellschaftlichen Entwicklungen: „Dass nur das Vertrauen von Ehegatten in die lebenslange Dauer ihrer Verbindung rechtlich geschützt ist (§ 1353 I 1 BGB), vermag mit Blick auf die hohe Scheidungsquote eine unterschiedliche Behandlung nicht überzeugend zu begründen“254. 2. Die schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche nach aktueller BGH-Rechtsprechung In der Rechtsprechung wurden zwischenzeitlich die vom BGH in den soeben genannten Entscheidungen entwickelten Grundsätze angewendet und konkretisiert255. Der BGH prüft in seinen Urteilen der Reihe nach die folgenden Anspruchsgrundlagen für den vermögensrechtlichen Ausgleich nichtehelicher Partner: a) Schenkungsrechtlicher Ausgleich Einen Anspruch aus §§ 530 I, 531 II BGB aufgrund eines Schenkungswiderrufs wegen groben Undanks wird vom BGH abgelehnt. Wie bei Eheleuten müsse zwischen Schenkungen auf der einen Seite und Zuwendungen, die zur Ausgestaltung des partnerschaftlichen Zusammenlebens dienen, auf der anderen Seite differenziert werden. Nach ständiger Rechtsprechung des BGH kann nur dann von einer Schenkung zwischen Ehegatten ausgegangen werden, wenn die Zuwendung unentgeltlich im Sinne echter Freigiebigkeit, zur freien Verfügung des Empfängers 251
Vgl. BGH, Urteil vom 3.02.2010 – XII ZR 53/08 = NJW 2010, 868 = FamRZ 2010, 542 f.; Schulz, FPR 2010, 373. 252 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435, 437. 253 Vgl. von Proff, FPR 2010, 382, 385. 254 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193 = NJW 2008, 3277 = FamRZ 2008, 1822, 1826. 255 Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 18.02.2009 – XII ZR 163/07 = NJW-RR 2009, 1142; KG, Urteil vom 8.10.2009 – 8 U 196/07 = NJW-RR 2010, 295.
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erfolgt und nicht an die Erwartung des Fortbestehens der Ehe geknüpft wird. Bei einer Zuwendung um der Ehe willen oder zur Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft handele es sich nicht um eine Schenkung, sondern um eine ehebedingte Zuwendung256. Zuwendungen unter nichtehelichen Lebensgefährten erfolgen wie bei Ehegatten aufgrund persönlicher Bindungen. Das führt aber nach der Vorstellung des Zuwendenden nicht dazu, dass der Empfänger frei über den Gegenstand disponieren kann, sondern dass die Zuwendung dem „Schenker“ auch selbst zugutekommen soll257. Diese Erwartung des zuwendenden Partners wird in der Regel auch für den Zuwendungsempfänger deutlich erkennbar sein. Wer beispielsweise durch Zahlungen und Arbeitsleistungen den gemeinsamen Hausbau vorantreibt, verfolgt dabei nicht das Ziel, aus Altruismus das Vermögen des anderen Partners zu mehren. Vielmehr will der Zuwendende selbst dauerhaft im Haus wohnen können 258. Insofern scheidet der Schenkungswiderruf nach §§ 530 I, 531 II BGB als Ausgleichsanspruch aus. Im Gegensatz dazu wird nach der Rechtsprechungsänderung des XII. Zivilsenats aus dem Jahr 2010 die Zuwendung von Schwiegereltern an Schwiegerkinder als „echte Schenkung“ qualifiziert259. Nach früherer Rechtsprechung waren die Zuwendungen von Schwiegereltern an die Schwiegerkinder entsprechend wie Zuwendungen unter Ehegatten behandelt worden. Der BGH wendet nach aktueller Rechtsprechung Schenkungsrecht an, da es zu einer unmittelbaren Vermögensminderung bei den Schwiegereltern komme. Die Voraussetzungen des § 516 I BGB seien damit erfüllt260. Unbenannte Zuwendungen kennzeichneten sich dagegen dadurch, dass der Zuwendende davon ausgehe, letztlich ebenfalls vom zugewendeten Gegenstand zu profitieren und diesen nicht dauerhaft zu verlieren. Schwiegereltern sind sich jedoch bewusst, an dem zugewendeten Gegenstand nicht mehr zu partizipieren. Allerdings soll die Geschäftsgrundlage der Schenkung das Fortbestehen der Ehe zwischen dem eigenen Kind und Schwiegerkind sowie die langfristige Partizipation des eigenen Kindes an dem zugewendeten Gegenstand darstellen. Bei Scheitern der Ehe entfällt demgemäß die Geschäftsgrundlage für die Schenkung, so dass eine jedenfalls partielle Rückforderung des zugewendeten Gegen256
169.
Vgl. BGH, Urteil vom 27.11.1991 – IV ZR 164/90 = NJW 1992, 564 = BGHZ 116, 167,
Hausmann/Hohloch, Das Recht der nichtehelichen Lebensgemeinschaften, 2. Aufl., Kap. 4, Rn. 45. 258 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1701. 259 BGH, Urteil vom 3.02.2010 – XII ZR 189/06 = BGHZ 184, 190 = NJW 2010, 2220 = FamRZ 2010, 958. 260 BGH, Urteil vom 21.07.2010 – XII ZR 180/09 = NJW 2010, 2884, Rn. 12. 257 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
standes in Betracht kommt. Die Rückforderung erfolgt deshalb nicht vollständig, weil das eigene Kind für einen gewissen Zeitraum selbst in Genuss der Schenkung gekommen ist. Insoweit werden vergleichbare Wertungen wie bei der Rückforderung von Zuwendungen zwischen nichtehelichen Partnern sowie zwischen Ehegatten in Gütertrennungsehe angestellt. In der Praxis wird zudem die Abgrenzung zwischen Schenkung und Darlehensvertrag relevant. Nach der Trennung wird häufig ein während der Lebensgemeinschaft zugewendeter Betrag mit der Behauptung zurückverlangt, es sei ein Darlehen mit entsprechender Rückzahlungspflicht vereinbart worden. Dafür trägt derjenige Partner, welcher die Forderung geltend macht, die Beweislast. Und wie ein Urteil des OLG Brandenburg vom 18. November 2009261 zeigt, ist ein solcher Beweis bei rein mündlichen Absprachen der Partner kaum zu erbringen. Das OLG stellt klar, dass die Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft keine Vermutung begründet bzw. keine Beweislastumkehr dahingehend setzt, dass gegenseitig zugewendete Vermögenswerte zurück zu übertragen wären. b) Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich bei Auflösung einer Innengesellschaft Nichtehelichen Lebenspartnern steht es ebenso wie Ehegatten frei, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu gründen. Typischerweise geschieht dies, wenn die Partner beruflich zusammenarbeiten, beispielsweise eine gemeinsame Anwaltskanzlei oder Arztpraxis führen. Dann handelt es sich um eine Außengesellschaft. Arbeitet dagegen einer der Partner im Betrieb des anderen gleichberechtigt mit, ohne geschäftliche Kontakte nach außen aufzunehmen, kann von einer Innengesellschaft ausgegangen werden 262. Konsequenz dessen ist, dass bei Beendigung der Lebensgemeinschaft gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche infrage kommen. Der BGH prüft in seinen Urteilen vom 9. Juli 2008 gesellschaftsrechtliche Ansprüche nach §§ 730, 733 II BGB. Diese kommen nur bei Abschluss eines ausdrücklich oder konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrages zwischen den nichtehelichen Partnern infrage263. Mit der Forderung nach einem zumindest schlüssig zustande gekommenen Vertrag hat sich der Familiensenat deutlich von der früheren Rechtsprechung des Zweiten Senats264 distanziert. Letzte261
OLG Brandenburg, Urteil vom 18.11.2009 – 3 U 184/08 = BeckRS 2009, 88660. Schwab, FamRZ 2010, 1702. 263 Vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2007 – XII ZR 261/04 = FamRZ 2008, 247 = NJW 2008, 443. 264 BGH, Urteil vom 24.03.1980 – II ZR 191/79 = BGHZ 77, 55 und BGH, Urteil vom 12.07.1982 – II ZR 263/81 = BGHZ 84, 388. 262 Vgl.
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rer hatte eine faktische Gesellschaft angenommen, wenn ein Partner einen wesentlichen Beitrag zugunsten des anderen leisten wollte und dabei ebenfalls bezweckte, einen gemeinschaftlichen Wert zu schaffen. Auf diese Weise kam es zu einer entsprechenden Anwendung der §§ 730 ff. BGB und in der Folge zu einem vermögensrechtlichen Ausgleich nach Billigkeitsgesichtspunkten 265. Bereits seit der Entscheidung des Familiensenats vom 28. September 2005266 verlangt die Rechtsprechung einen zumindest konkludent geschlossenen Gesellschaftsvertrag. Erforderlich dafür ist ein diesbezüglicher Rechtsbindungswille der Lebenspartner. Der Rechtsbindungswille muss sich dabei auf die Schaffung eines gemeinschaftlichen Vermögenswertes beziehen. aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs Zwei Voraussetzungen des gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs sind folglich zu prüfen: erstens der gemeinsame Zweck und zweitens der für den Abschluss eines Gesellschaftsvertrages erforderliche Rechtsbindungswille der nichtehelichen Partner. Für die Annahme einer BGB- Innengesellschaft zwischen nichtehelichen Partnern ist fraglich, ob diese einen über das gemeinsame Wohnen und Wirtschaften hinausgehenden Zweck verfolgen müssen 267. Eine Ehegatten-Innengesellschaft wird tatsächlich nur dann bejaht, wenn ein über die Lebenspartnerschaft hinausgehender Zweck verfolgt wird 268. Allerdings sind Ehegatten zur Lebensgemeinschaft sowie zur Rücksichtnahme bei der Wahl und Ausübung der Erwerbstätigkeit und zum Unterhalt durch das Gesetz verpflichtet (§§ 1353 I 2, 1356 II 2, 1360 BGB)269 – allein das Zusammenleben als gemeinsamer Zweck der Leistung kann daher nicht ausreichen. Eine derartige gesetzliche Pflicht zur Herstellung der Lebensgemeinschaft besteht für nichteheliche Paare dagegen gerade nicht. Vor diesem Hintergrund führt der BGH in seiner Entscheidung vom 9. Juli 2008270 aus, dass ein nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewertendes Handeln der Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht voraussetze, dass diese einen über den typischen Rahmen dieser Gemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen. Daraus wird in der Literatur zum Teil gefolgert, dass für die Annahme einer BGB-Innengesellschaft zwischen nichtehelichen Paaren Schulz, FPR 2010, 373, 376. BGH, Urteil vom 28.09.2005 – XII ZR 189/02 = BGHZ 165, 1, 10. 267 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435, 437; ders. FPR 2010, 369, 372. 268 Vgl. Wever, Vermögensauseinandersetzung außerhalb des Güterrechts, Rn. 603. 269 Vgl. Palandt/Brudermüller, § 1353, Rn. 3. 270 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05, Rn. 20. 265 Vgl. 266
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allein die Förderung des gemeinsamen Zusammenlebens ausreichend sein soll271. Soweit geht der BGH in seinen Entscheidungsgründen jedoch nicht. Die gegenüber Ehegatten großzügigere Anwendung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche rechtfertigt der BGH damit, dass zwischen den nichtehelichen Partnern keine güterrechtlichen Ausgleichsansprüche zur Verfügung stehen, die bei der Trennung von Ehegatten vorrangig Anwendung finden 272. Aber auch wenn sich die Rechtsprechung im Hinblick auf den geforderten Zweck großzügig erweist, hat die Forderung nach einem wenigstens schlüssig zustande gekommenen Vertrag die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche zwischen nichtehelichen Lebenspartnern eingeschränkt273. Für einen solchen Vertragsschluss muss nämlich der Wille der Partner vorgelegen haben, sich rechtlich zu binden. Die Parteien müssen ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten einen Vertrag abgeschlossen haben. Schwierigkeiten ergeben sich dann, wenn die Parteien ihren Willen nicht ausdrücklich festgelegt haben. Sofern der gemeinsame Zweck des Vermögenstransfers allein in der Ausgestaltung der nichtehelichen Partnerschaft besteht, erscheint der Rechtsbindungswille der Parteien zweifelhaft274. Auch aus der Leistung eines wesentlichen Beitrags kann kein automatischer Rückschluss auf den Willen der Partner erfolgen, sich rechtserheblich binden zu wollen. Die Rechtsprechung zieht daher zur Ermittlung des Rechtsbindungswillens die Absicht der Partner heran, einen wirtschaftlich gemeinsamen Wert zu schaffen. Auf die dingliche Rechtslage soll es dabei nicht ankommen. So kann es auch dann zu Ausgleichsansprüchen kommen, wenn der eine Partner Investitio nen leistet, die einem Vermögensgegenstand zugutekommen, an welchem der andere Partner Alleineigentum besitzt275. Indizien für die Absicht gemeinsamer Wertschöpfung sind Planung, Umfang und Dauer des Zusammenwirkens276, die Art des geschaffenen Vermögenswertes und die finanziellen Leistungen der Partner. bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs Der konkrete Ausgleichsanspruch, der dem nichtehelichen Partner zukommt, bemisst sich nach §§ 733 II, 734 BGB analog277. § 733 BGB sieht vor, dass aus Majer, NJOZ 2009, 114, 116. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05, Rn. 20. 273 Vgl. Weinreich, FPR 2010, 379 f. 274 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435, 438; Schwab, FamRZ 2010, 1702. 275 Vgl. Weinreich, FPR 2010, 379 f. 276 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373, 376. 277 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 61. 271 Vgl. 272
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dem nach der Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen die Einlagen zurückzuerstatten sind. Ein danach noch im Gesellschaftsvermögen verbleibender Gewinn wird entsprechend der Gesellschaftsanteile zwischen den nichtehelichen Partnern aufgeteilt. Hat beispielsweise einer der Partner die zu Vermietungszwecken genutzte Immobilie des anderen renoviert, so würde sich der Ausgleichsanspruch danach bemessen, welche Wertsteigerung die Immobilie durch seinen Beitrag erfahren hat. Bei einem Unternehmen soll grundsätzlich der Veräußerungswert maßgeblich sein. Lässt sich im Einzelfall die Beteiligungsberechnung zwischen den nichtehelichen Partnern nicht durchführen, soll als Auffanglösung der Halbteilungsgrundsatz des § 722 I BGB zur Anwendung kommen 278. cc) Typische Anwendungsfälle Es bleiben damit als Fälle für einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleich der gemeinsame Aufbau und die gemeinsame Führung eines Unternehmenes sowie die Anschaffung von Renditeobjekten 279, wie beispielsweise von Mietshäusern. Allen Vermögenswerten ist gemeinsam, dass sie zur Erzielung von Einkünften dienen 280. Umstritten dürfte weiterhin bleiben, ob bei der gemeinsamen Anschaffung eines Familienheimes gesellschaftsrechtlicher Ausgleich zu leisten ist281. Eine Lösung – die sich an der Gütertrennungsehe orientierte – würde einen solchen Ausgleichsanspruch daran scheitern lassen, dass der verfolgte Zweck nicht über die Realisierung der Lebensgemeinschaft hinausginge. Umgekehrt gewährt die Rechtsprechung282 keinen gesellschaftsrechtlichen Ausgleich, wenn die Partnerin Haushaltsführung- und Kinderbetreuung übernimmt und den anderen von den finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Familie freistellt. Dass dem anderen Partner infolge dieser Aufgabenteilung die Vermögensbildung erst ermöglicht werde, genüge nicht, um gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche auszulösen. Die Rechtsprechung begründet das Ergebnis damit, dass ein etwaiger gesellschaftsrechtlicher Ausgleich auf bestimmte einzelne Vermögensgegenstände oder eine bestimmte, abgrenzbare Gesamtheit von Vermögensgegenständen (z. B. Immobilien, Unternehmen) bezogen sei; es komme hingegen grundsätzlich nicht zu einem einheitlichen Gesamtaus278 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 61; Johannsen/Henrich/Jaeger, § 1414 Rn. 21 für die Ehegatteninnengesellschaft; a. A. Staudinger/Löhnig, Anh. zu § 1297, Rn. 97, der den Halbteilungsgrundsatz nach § 722 BGB als Ausgangspunkt betrachtet. 279 Vgl. Grziwotz, FPR 2010, 369, 372. 280 Vgl. von Proff, FPR 2010, 382, 385. 281 Vgl. Grziwotz, FPR 2010, 369, 372; ablehnend von Proff, FPR 2010, 382, 385. 282 Vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 4.01.2013 – 4 W 5/12 = NJW-RR 2013, 197.
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gleich des gesamten Vermögenserwerbs im Sinne eines Zugewinnausgleichs283. In der Konsequenz bleibt es bei Geld- und Dienstleistungen, die im Rahmen der Haushalts- und Lebensführung erbracht werden, beim Abrechnungsverbot. c) Bereicherungsrechtlicher Ausgleich nach der Zweckverfehlungskondiktion Subsidiär zu gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen kommt eine Abwicklung über das Bereicherungsrecht infrage284. § 812 I 2 Alt. 1 BGB soll als Anspruchsgrundlage ausscheiden, weil die nichteheliche Lebensgemeinschaft keinen Rechtsgrund darstelle und lediglich Motiv für die Leistung sei.285 Demzufolge kann der Rechtsgrund auch nicht später wegfallen. Gegen eine Anwendung von § 812 I 1 Alt. 1 BGB spricht außerdem, dass zwischen nichtehelichen Lebenspartnern keine Leistungspflichten bestehen sowie, dass ihnen nach § 814 BGB bewusst sein muss, dass sie rechtlich zu keiner Leistung verpflichtet sind und damit eine Rückforderung ausgeschlossen wäre286. Seit der Rechtsprechungsänderung des Familiensenats kommt jedoch ein Anspruch nach § 812 I 2 Alt. 2 BGB infrage287. Die condictio ob rem als Spezialfall der allgemeinen Leistungskondiktion ist auf die Rückabwicklung solcher atypischen Zuwendungsgeschäfte, bei denen der Zweck rechtlich nicht erzwingbar ist, zugeschnitten“288. aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs Nach § 812 I 2 Alt. 2 BGB muss der Leistungsempfänger die Leistung dann wieder herausgeben, wenn der mit der Leistung bezweckte Erfolg nicht eingetreten ist. Voraussetzung für die Zweckverfehlungskondiktion ist, dass eine konkrete Zweckabrede – also eine Willensübereinstimmung über den bezweckten Erfolg der Leistung – zwischen den nichtehelichen Partnern getroffen wurde. Die einseitige Vorstellung eines Partners soll dagegen nicht ausreichend sein 289. Auf der anderen Seite genügt es, wenn der Leistende einen bestimmten
283 Vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 4.01.2013 – 4 W 5/12 = NJW-RR 2013, 197, 198; Anm. Brambring, FamFR 2013, 96. 284 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 71; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 9, Rn. 29; Leitmeier, NJW 2010, 2006. 285 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 71. 286 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 71; Steinert, NJW 1986, 683, 686. 287 BGHZ 177,193 = NJW 3277, 3280. 288 Vgl. Sorge, JZ 2011, 660, 662. 289 Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 18.02.2009 – XII ZR 163/07 = NJW 2009, 1142.
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Erfolg bezweckt, der Empfänger dies erkennt und die Leistung widerspruchslos annimmt290. Der vom Zuwendenden bezweckte Erfolg soll nach Ansicht des BGH nicht bereits in der Verwirklichung der Lebensgemeinschaft, d. h. in dem alltäglichen Zusammenleben liegen, sondern muss darüber hinausgehen. Daraus folgt, dass laufende Unterhaltsbeiträge nicht ausgeglichen werden, zumal in diesem Fall der Leistende selbst davon profitiert hat und somit der bezweckte Erfolg ohnehin eingetreten wäre291. Gleichzeitig werden an den verfolgten Zweck geringere Anforderungen gestellt als an den Gesellschaftszweck bei der Innengesellschaft. Der BGH lässt es für einen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch genügen, wenn „die Partner zwar keine gemeinsamen Vermögenswerte schaffen wollen, der eine aber das Vermögen des anderen in der Erwartung gemehrt hat, an dem erworbenen Gegenstand langfristig zu partizipieren“292. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt der Leistende293. Ob in der familiengerichtlichen Praxis eine hinreichend konkrete Zweckabrede einfach nachzuweisen ist, ist fraglich. Dagegen könnte sprechen, dass positive Kenntnis von der Zweckvorstellung des anderen Teils vorausgesetzt wird 294. Andererseits kann sich der bereicherte Partner kaum davor verschließen, dass eine Leistung, die erkennbar der Verwirklichung der Lebensgemeinschaft dient und über den alltäglichen Bedarf hinausgeht, nur solange in seinem Vermögen verbleiben soll, wie die Lebensgemeinschaft fortbesteht. In dem Moment, in welchem er die Leistung des anderen entgegennimmt, akzeptiert er zumindest dessen Erwartungen 295. bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs Begrenzt wird der Anspruch durch die rechtsvernichtende Einwendung des Wegfalls der Bereicherung nach § 818 III BGB. Wenn der Vermögensvorteil nicht mehr im Vermögen des Lebenspartners vorhanden ist, so muss er auch nichts an den anderen Teil herausgeben. Bei geleisteter Arbeit soll sich der Ausgleichsanspruch nicht nach der Wertsteigerung, die der Vermögensgegenstand erfahren hat, bemessen, sondern nur nach dem Wert der eingesetzten Arbeits290 Vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1989 – VIII ZR 286/88 = NJW 1989, 2745; Palandt/Sprau, § 812, Rn. 30; Grziwotz, FF 2009, 435, 440. 291 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1701, 1703. 292 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = NJW 2008, 3277. 293 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435, 441. 294 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373, 376. 295 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1701, 1703.
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kraft296. Es kommt dementsprechend darauf an, welche Ausgaben objektiv dadurch eingespart wurden, dass keine fremde Arbeits- oder Werkleistung in Anspruch genommen wurde. cc) Typische Anwendungsfälle Ein typischer Fall für einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich nach Trennung der Lebenspartner könnte die Leistung in Erwartung der Pflege durch den anderen im Alter sein 297. Ebenso ist ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich in folgender Konstellation denkbar: Ein Partner leistet wesentliche finanzielle Beiträge oder Arbeitsleistungen, die einer Immobilie im Alleineigentum seiner Partnerin zugutekommen, weil diese ihm die Einräumung eines dauerhaften Wohnrechts verspricht298. d) Ausgleich nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs Schließlich sollen die Grundsätze zum Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB für den Ausgleich „gemeinschaftsbezogener“ Zuwendungen (analog zu den „ehebedingten bzw. unbenannten Zuwendungen“ unter Ehegatten) subsidiär zu den gesellschaftsrechtlichen und bereicherungsrechtlichen Ansprüchen in Betracht kommen 299. Gemeinschaftsbezogene Zuwendungen sind solche, die im Vertrauen auf den Fortbestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wurden und die um der Gemeinschaft willen und zur Ausgestaltung der Partnerschaft erbracht werden. Die Geschäftsgrundlage für die Zuwendung ist damit die Vorstellung, dass die Lebensgemeinschaft von Bestand sein wird und der Zuwendende an dem Vermögensgegenstand weiterhin partizipiert300. Mit der Trennung der Partner fällt die Geschäftsgrundlage weg301. Ausgleichsansprüche nach § 313 BGB kommen allerdings nicht primär zur Anwendung, sondern erst dann, wenn gesellschaftsrechtliche Ansprüche beispielsweise an der Schaffung eines gemeinsamen Vermögenswertes scheitern 296 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1701, 1704; a. A. Sorge, JZ 2011, 660, 667, der auf einen subjektiven Wertmaßstab, also die individuellen Vorteile im Empfängervermögen, abstellen möchte und insofern eine Beteiligungsquote an dem konkreten Vermögenszuwachs fordert, der im Empfängervermögen noch vorhanden ist. 297 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435, 441. 298 Vgl. von Proff, FPR 2010, 328, 385. 299 Vgl. von Proff, NJW 2008, 3266, 3268; Schwab, FamRZ 2010, 1701, 1703. 300 Vgl. von Proff, FPR 2010, 382, 385. 301 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373 f.
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und bereicherungsrechtliche Ansprüche wegen fehlender Zweckabrede nicht gegeben sind. Für einen Ausgleichsanspruch nach § 313 BGB müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Erstens müssen Leistungen bewirkt worden sein, die über die im Rahmen des alltäglichen Zusammenlebens üblichen Zuwendungen hinausgehen. Hierbei werden größere Einmalzahlungen eines Partners nicht anders behandelt als die ersatzlos erbrachten laufenden Zahlungen zum alltäglichen Bedarf. In beiden Fällen scheidet ein Ausgleich aus. Zuwendungen können also Leistungen von Vermögensgegenständen und finanziellen Beiträgen sein. Arbeitsleistungen können dagegen zwar begrifflich keine Zuwendung darstellen, da es zu keiner Übertragung von Vermögenssubstanz kommt, sie dürfen aber vom Grundsatz her nicht anders als Geldzahlungen oder Sachleistungen behandelt werden. Geht die Arbeitsleistung über eine alltägliche Gefälligkeit deutlich hinaus und dient sie der gemeinsamen Vermögensbildung, so ist sie nach Ansicht des BGH als „gemeinschaftsbezogene Arbeitsleistung“ ausgleichsfähig302. Wirtschaftlich gesehen stellen sie nämlich genau so eine geldwerte Leistung dar wie die Übertragung von Vermögenssubstanz. Hier kann eine Parallele gezogen werden zum Ausgleich bei Eheleuten für Arbeitsleistungen, die auf Grundlage eines Kooperationsvertrages sui generis erbracht wurden. Die Grenze zwischen Zuwendungen, die als nicht ausgleichsfähig gelten und solchen, die den Rahmen des laufenden Unterhalts überschreiten, dürfte im Einzelfall schwierig zu treffen sein303. Zweite Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch ist, dass die Beibehaltung des Zustands, der durch die Zuwendung erwirkt wurde, nämlich eine messbare und noch vorhandene Vermögensmehrung beim Zuwendungsempfänger, nach dem Scheitern der Beziehung für den Zuwendenden nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht zumutbar sein darf304. Der BGH begründet diese Restriktion damit, dass die Partner sich grundsätzlich an den einmal durch ihre Leistungen geschaffenen Vermögensverhältnissen nachträglich festhalten lassen müssen. Insoweit wird auf den Maßstab bei Ehegatten in der Gütertrennungsehe zurückgegriffen – die Schwelle des Ausgleichs liegt dementsprechend unterhalb derjenigen Schwelle, bei welcher zwischen Ehegatten im gesetzlichen Güterstand auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zurückgegriffen wird305. Dogmatisch schwierig ist das Herleiten eines Vertrages, der zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern bestehen soll. Der Zusammenschluss und das Vgl. BGH NJW 2008, 3277 und BGH NJW 2008, 3282; Schulz, FPR 2010, 373 f. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 44, Rn. 21; Grziwotz, FPR 2010, 369, 372. 304 Vgl. Majer, NJOZ 2009, 114, 116. 305 Vgl. Grziwotz, FPR 2010, 369, 372. 302
303 Vgl.
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Zusammenleben als nichteheliche Lebensgemeinschaft sind schließlich etwas rein Faktisches und kein Vertragsschluss. Als schuldrechtlicher Vertrag, durch welchen sich ein Partner zur Übertragung eines Vermögensgegenstandes verpflichtet, kann die unbenannte Zuwendung unter Lebensgefährten infrage kommen. Als Vertrag, durch welchen sich einer der Partner zur Erbringung von Arbeitsleistungen verpflichtet, nennt der BGH nun – in deutlicher Abkehr zu seiner früheren Rechtsprechung – einen stillschweigend geschlossenen „familienrechtlichen Kooperationsvertrag sui generis“. Die Geschäftsgrundlage ist demzufolge das Vertrauen der Partner in das Fortbestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Hierbei vollzieht der BGH ebenfalls eine Annäherung an die Gütertrennungsehe, welche der BGH zuvor stets mit dem Argument abgelehnt hatte, dass im Gegensatz zu Eheleuten nichteheliche Partner nicht auf den Fortbestand ihrer Lebensgemeinschaft vertrauen dürften. Der BGH betont nunmehr, dass auch das Vertrauen nichtehelicher Partner in den Fortbestand ihrer Beziehung schutzwürdig sei und dass es angesichts der hohen Scheidungsrate keinen Grund mehr gebe, Ehen und nichteheliche Lebensgemeinschaften diesbezüglich unterschiedlich zu behandeln.306. In einer späteren Entscheidung zieht der BGH sogar ausdrücklich eine Parallele zwischen ausgleichsfähigen Zuwendungen bei der Gütertrennungsehe und der nichtehelicher Lebensgemeinschaft307. Rückgewähransprüche nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage – sei es entweder nach Scheitern einer Ehe oder nach Scheitern einer sonstigen Lebensgemeinschaft – sollen grundsätzlich vergleichbaren Regeln folgen, so der BGH308. bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs Bei der Höhe des Ausgleichsanspruchs muss dann allerdings berücksichtigt werden, dass kein kompletter Ausgleich geleistet wird, da der zuwendende Partner einige Zeit die Zuwendung gemeinsam mit seinem Lebenspartner nutzen konnte. Geht es um Leistungen zur Verbesserung, Erhaltung oder Renovierung einer Immobilie, so ist beim Ausgleichsanspruch in Abzug zu bringen, dass der zuwendende Partner die Immobilie eine Zeit lang selbst bewohnen konnte309. Insoweit ist die Beibehaltung der geschaffenen Vermögensverhältnisse für ihn zumutbar. 306
Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 – Rn. 32. Vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2012 – XII ZR 136/10 = NJW 2012, 3374; Anm. Wellenhofer, JuS 2013, 458. 308 Vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2012 – XII ZR 136/10 = NJW 2012, 3374, 3375. 309 Vgl. BGH, Urteil vom 3.02.2010 – XII ZR 53/08 = NJW 2010, 868 = FamRZ 2010, 542; vgl. Grziwotz, FPR 2010, 369, 372. 307
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Wird ein Ausgleichsanspruch gewährt, stellt sich noch die Frage nach der Art der Rückgewähr: Wird der zugewendete Gegenstand als solcher zurückgewährt oder erfolgt der Ausgleich durch eine Geldzahlung? Nur in Ausnahmefällen, in denen ein besonders schützenswertes Interesse an dem Gegenstand bestehen wird, ist ein Ausgleich in Natur denkbar, ansonsten wird der Ausgleich durch die Zahlung einer bestimmten Geldsumme erwirkt310. Auch bezüglich der Höhe des Ausgleichsanspruchs findet sich eine Parallele zum Abfindungsanspruch bei der Gütertrennungsehe. Der Ausgleichsanspruch ist zweifach begrenzt: Erstens soll er durch die tatsächlich vorhandene Vermögensmehrung bei dem anderen Partner begrenzt sein. Zweitens hat der BGH in seinen Entscheidungen vom 9. Juli 2008 deutlich gemacht, dass – was die gemeinschaftsbezogene Zuwendung anbetrifft – berücksichtigt werden müsse, dass der Partner es einmal für richtig erachtet hat, dem anderen Partner die Leistung zuzuwenden. Daran muss er sich grundsätzlich festhalten lassen. Für die Höhe des Ausgleichs wirkt sich diese Feststellung mindernd aus. Bei Ausgleich für erbrachte Arbeitsleistungen kann man die ersparten Kosten für eine fremde Arbeitskraft311 als Bemessungsgrundlage und Begrenzungstatbestand nach oben hin heranziehen. Schließlich dürfte – wie beim Ausgleich zwischen Eheleuten in der Gütertrennungsehe – auch die Dauer der Lebensgemeinschaft eine Rolle spielen. Je länger die Lebensgemeinschaft angedauert hat, desto länger ist auch der Zweck der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung erreicht worden und desto geringer dürfte der Ausgleichsanspruch ausfallen312. Nicht geklärt wird vom BGH, ob der ausgleichsberechtigte Partner auch an einer möglichen Wertsteigerung des gemeinsamen Gegenstandes teilhaben soll oder ob sich sein Anspruch entsprechend des Wertverlustes mindern soll313. Bei gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen soll der Partner grundsätzlich in Höhe des Umfangs seiner Beteiligung an dem entsprechenden Vermögensgegenstand ausbezahlt werden, d. h. er partizipiert auch an Wertsteigerung und Wertverlust. Bei bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüchen und solchen nach Wegfall der Geschäftsgrundlage trifft dies hingegen grundsätzlich nicht zu314. Die Ausgleichsansprüche entstehen mit dem Scheitern der Lebensgemeinschaft – d. h. mit der endgültigen Trennung der Partner315.
Schulz, FPR 2010, 373, 375. von Proff, NJW 2008, 3266, 3268; Schwab, FamRZ 2010, 1705. 312 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373, 375. 313 Vgl. Kindler, JURA 2010, 136. 314 Vgl. Dethloff, JZ 2009, 413, 421. 315 Vgl. Schulz, FPR 2010, 373, 375. 310 Vgl. 311 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
cc) Typische Anwendungsfälle Typische Anwendungsfälle für die Ausgleichsansprüche nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage werden in Zukunft der gemeinsame Hausbau bzw. der gemeinsame Erwerb einer Immobilie sein 316. Die dabei von einem Partner erbrachten finanziellen Beiträge oder erheblichen Arbeitsleistungen können als gemeinschaftsbezogene Zuwendungen bzw. gemeinschaftsbezogene Arbeitsleistungen qualifiziert werden, da sie in der Erwartung des Fortbestandes der Lebensgemeinschaft erbracht werden und der Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft in dem künftigen Familienheim dienen. e) Anwendbarkeit der Rechtsprechung auf andere als nichteheliche Lebensgemeinschaften Hinsichtlich der Anwendbarkeit der soeben dargestellten Ausgleichsansprüche hat der BGH angedeutet, dass diese nicht nur für „eheähnliche Lebensgemeinschaften“, sondern auch für sonstige Lebensgemeinschaften (z. B. verwitwete Geschwister, Verwandte, Freunde) gelten sollen317. Auf eine sexuelle Beziehung zwischen den Partnern kommt es demzufolge nicht mehr an318. In der Literatur wird daraus geschlossen, dass das „Sonderrecht“ der nichtehelichen Lebensgemeinschaft beendet worden sei319. Tatsächlich kommt es für die Anwendung vermögensrechtlicher Ausgleichsansprüche weder darauf an, welches Geschlecht die Partner hatten noch ob ihre Partnerschaft überhaupt einen sexuellen Bezug hatte noch darauf, ob sie in einer Zweier- oder Mehrpersonenbeziehung zusammenleben320. 4. Kritische Würdigung der Rechtsprechungsänderung des BGH Die Kehrtwende des BGH, der sich nunmehr gegen einen generellen Ausschluss von Rückforderungen zwischen nichtehelichen Lebenspartnern ausgesprochen hat, ist in der Lehre überwiegend positiv aufgenommen worden321. Dass das Vermögen, das von einem Lebenspartner auf den anderen in Erwartung gemeinsamer Teilhabe transferiert wurde, bei Trennung nicht endgültig und ersatzlos beim bereicherten Partner verbleiben soll, leuchtet ein 322. 316 Vgl. 317 Vgl.
750.
Grziwotz, FF 2009, 435, 440; Schulz, FPR 2010, 373 f. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 – Rn. 33; Grziwotz, FamRZ 2009,
Grziwotz, FPR 2010, 369, 370. von Proff, NJW 2008, 3266, 3269. 320 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435 f. 321 Vgl. Dethloff, JZ 2009, 413, 418. 322 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1701 f. 318 Vgl.
319 Vgl.
C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Trennung
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Die nunmehr großzügige Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Ausgleichsansprüche auf familiäre und andere persönliche Beziehungen ist einerseits wünschenswert im Interesse des schutzwürdigen Partners, andererseits aber nicht unproblematisch. Befürchtet wird, dass in der Abwicklungsphase „personale Beziehungen zu Tauschbeziehungen“ 323 werden. Gerade im Familienrecht soll es aber im Sinne des Familienfriedens nicht zu einer derartigen Verrechnung aller erbrachten Leistungen kommen, wie beispielsweise § 1360b BGB zeigt. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass die nun auch umfangreiche Anwendung der allgemeinen zivilrechtlichen Ausgleichsmechanismen nur bedingt passt für die besondere Konstellation der Abwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften. Die Forderung in der Literatur nach der Kodifikation eines speziellen Ausgleichsanspruchs für nichteheliche Lebenspartner ist insofern auch nach der Rechtsprechungsänderung des BGH nicht verstummt324. Im Einzelnen wird die neue Rechtsprechung des BGH in folgenden Punkten kritisiert: a) Kritik bezüglich der gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüche Zu den gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen wird kritisch angemerkt, dass die vorgenommene Rechtsprechungsänderung in sich widersprüchlich sei: Einerseits erscheint der Anwendungsbereich gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche in großem Umfang eröffnet, da nach der Rechtsprechung im Gegensatz zur Ehe kein über die Gemeinschaft hinausgehender Zweck verfolgt werden müsse325. Andererseits kann nach Ansicht der Rechtsprechung gerade dann nicht auf einen Rechtsbindungswillen der Parteien geschlossen werden, wenn die Parteien keine über die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft hinausgehende Absicht hatten326. Durch diesen Zirkelschluss wird der Anwendungsbereich gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche wieder deutlich beschränkt. Zu erwarten ist daher, dass gesellschaftsrechtliche Ansprüche zwischen nichtehelichen Lebenspartnern ausschließlich in ähnlichen Fällen wie bei der Ehegatten-Innengesellschaft infrage kommen327. Typische Anwendungsfälle für einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch sind der Erwerb eines gemeinsamen Vermögensgegenstandes, etwa eines Renditeobjekts oder der Aufbau eines Unternehmens328, bei welchem die Grziwotz, FF 2009, 435 f. Dethloff, JZ 2009, 413, 421. 325 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 – Rn. 20. 326 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 – Rn. 22. 327 Vgl. Dethloff, JZ 2009, 413, 419. 328 Vgl. Grziwotz, FF 2009, 435, 438. 323 Vgl.
324 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Vorstellung der Partner zugrunde liegt, einen „gemeinschaftlichen Wert zu schaffen, der von ihnen für die Dauer der Partnerschaft nicht nur gemeinsam genutzt werden, sondern ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören sollte“329. Im Einzelfall erscheint auch ein Ausgleich für umfassende Mitarbeit bei der Sanierung der im Alleineigentum des anderen Partners stehenden Immobilie denkbar, sofern die Absicht gemeinsamer Wertschöpfung nach außen hin erkennbar zutage getreten ist330. Unklar ist dagegen, ob ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleich auch bei einem gemeinsamen Hausbau der nichtehelichen Lebensgefährten zur Anwendung kommt331. Hier ist die Absicht der Partner in erster Linie die Ausgestaltung des Zusammenlebens und erst in zweiter Linie der Aufbau eines gemeinsamen Vermögenswertes. Der BGH hat in einer älteren Entscheidung über den gemeinsamen Hausbau geurteilt, dass aus den beiderseitigen Leistungen zur Beschaffung eines für sie bestimmten Familienwohnheims nicht ein zwischen den Ehegatten bestehendes Gesellschaftsverhältnis hergeleitet werden kann332. Rechtsicherheit besteht insoweit nicht. b) Kritik bezüglich der bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüche Die Anwendung der Zweckverfehlungskondiktion wird zum Teil als dogmatisch unpassend für die Vermögensauseinandersetzung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften eingestuft: Die Zweckverfehlungskondiktion diene der Rückabwicklung gescheiterter gegenseitiger Vertragsbeziehungen; bei der Auseinandersetzung zwischen nichtehelichen Lebensgefährten gehe es dagegen darum, dass eine Solidargemeinschaft – die ähnlich wie bei einer Gesellschaft einen gemeinsamen Zweck verfolgt habe – gescheitert sei. Die Zweckverfehlungskondiktion passe aber gerade bei Gesellschaftsverträgen oder familienrechtlichen Kooperationsverträgen nicht, da sie auf antagonistische Modelle und damit auf Austauschverträge ausgerichtet sei. Es bleibe somit nur als (Not-) Lösung der Wegfall der Geschäftsgrundlage als tragfähiger Ausgleichsmechanismus333. Zudem werden Beweisschwierigkeiten im Hinblick auf den verfolgten Zweck gesehen. Als Zweck des Leistenden im Sinne des § 812 I 2 Alt. 2 BGB soll die Erwartung der gemeinsamen langfristigen Nutzung eines Vermögensgegenstandes ausreichend sein. Diesen Zweck muss der andere zumindest erkennen. 329
Vgl. BGH NJW 3277, 3280. Grziwotz, FF 2009, 435, 438. 331 Vgl. Grziwotz, FamFR 2010, 145. 332 Vgl. BGH, Urteil vom 29.05.1974 – IV ZR 210/72 = NJW 1974, 1554. 333 Vgl. Leitmeier, NJW 2010, 2006, 2008 f. 330 Vgl.
C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Trennung
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Die genannte Zweckerwartung wird in der Praxis wohl künftig von jedem behauptet werden – mag der behauptete Zweck tatsächlich auch neben viele andere Motive getretenen sein, wie beispielsweise neben den Wunsch, den anderen Partner versorgt zu wissen. Der andere Partner wird freilich bestreiten, dass von ihm der Zweck erkannt wurde334. Dagegen lässt sich jedoch einwenden, dass sich der Zuwendungsempfänger gerade bei außergewöhnlich hohen Zuwendungen, die der Sicherung der Lebensgemeinschaft dienen, nicht auf den Standpunkt stellen kann, ihm sei die Zweckbindung nicht ersichtlich gewesen335. Zudem werden Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen dem Bereicherungsrecht auf der einen Seite und dem Anspruch aus Wegfall der Geschäftsgrundlage auf der anderen Seite gesehen. Für die Anwendung des § 313 BGB wird gefordert, dass die Zuwendung übereinstimmend oder zumindest für den anderen erkennbar in der Erwartung geleistet wird, dass die Beziehung Bestand haben werde336; bei § 812 I 2 Alt 2 BGB soll der erkennbare Zweck des Zuwendenden darin bestehen, dass beide Partner langfristig an dem zugewendeten Gegenstand partizipieren. Der Zuwendende geht dabei erkennbar davon aus, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben werde337. Die Unterscheidung zwischen beiden Ausgleichsmechanismen erscheint nicht sehr klar. Dazu kommt, dass in den BGH-Entscheidungen letztendlich immer Zweckkondiktion und Wegfall der Geschäftsgrundlage zusammen auftreten, so dass man den Eindruck bekommen kann, dass dogmatisch „alles irgendwie § 242 BGB“338 und damit Billigkeitsrecht sei. Das Verhältnis beider Ansprüche wird vom BGH dahingehend interpretiert, dass das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage subsidiär zur Zweckverfehlungskondiktion ist. Dies erstaunt vor dem Hintergrund, dass es sich bei dem Anspruch auf Vertragsanpassung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage um einen vertraglichen Anspruch, bei der Zweckverfehlungskondiktion dagegen um einen gesetzlichen Anspruch handelt339. c) Kritik bezüglich der Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage Bei dem Ausgleichsanspruch aus Wegfall der Geschäftsgrundlage wird dessen dogmatische Konstruktion über den familienrechtlichen Kooperationsvertag Grziwotz, FPR 2010, 369, 372. Sorge, JZ 2011, 660, 665. 336 Vgl. Dethloff, JZ 2009, 413, 419. 337 Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 9, Rn. 29. 338 Vgl. Leitmeier, NJW 2010, 2006. 339 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1701, 1706. 334 Vgl. 335 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
sui generis als verfehlt eingestuft. Kritisiert werden kann an dieser Konstruk tion, dass der Vertrag nicht klar konturiert ist und als einzige Funktion hat, die Grundlage für die erbrachten Leistungen darzustellen, hingegen schuldrechtliche Primärpflichten für die Parteien nicht beinhaltet340. Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum der BGH einerseits den Gesellschaftsvertrag am fehlenden Rechtsbindungswillen scheitern lässt, bei der Annahme des familienrechtlichen Kooperationsvertrags darauf aber nicht eingeht341. Bei unbenannter Zuwendung und Kooperationsvertrag eigener Art erwartet der Zuwendende bzw. der die Arbeit leistende Partner, dass er weiterhin am Gegenstand der Zuwendung bzw. an dem durch die Arbeit geschaffenem Vermögenswert partizipiert. Ein Rechtsanspruch auf Teilhabe gegenüber dem anderen Partner soll ihm jedoch nicht zustehen342. Weiterer Kritikpunkt ist die unklare Trennlinie zwischen ausgleichspflichtigen Zuwendungen auf der einen Seite und ersatzlos erbrachten Leistungen im Rahmen des alltäglichen Zusammenlebens auf der anderen Seite343. Der BGH nimmt ausdrücklich Leistungen, die das alltägliche Zusammenleben der Partner erst ermöglicht haben, vom nachträglichen Ausgleich aus – so zum Beispiel die Entrichtung der Miete für die gemeinsam bewohnte Wohnung oder die Erfüllung laufenden Unterhalts. Die Mitarbeit am gemeinsamen Hausbau – die ja auch gerade der Schaffung eines gemeinsamen Familienheimes und damit der Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft dient – kann dagegen zu einem Ausgleichsanspruch führen. In diesem Kontext kann auch bezweifelt werden, dass die neue Rechtsprechung tatsächlich der Schutzbedürftigkeit des wirtschaftlich schwächeren Partners gerecht wird: Ausgleich für Mitarbeit am gemeinsamen Hausbau wird gestattet, keinen Ausgleich gibt es dagegen für die alltägliche Betreuung gemeinsamer Kinder344. Da beiden Tätigkeiten ein wirtschaftlicher Wert beizumessen ist, erscheint die von der Rechtsprechung vorgenommene Unterscheidung ungerecht. Auch bei der Zahlung von Geldleistungen muss differenziert werden. Ausgleichsansprüche für finanzielle Beiträge zum gemeinsamen Hausbau sind nicht chancenlos, gerade wenn diese mit dem Zweck geleistet wurden, einen gemeinsamen Vermögensgegenstand zu schaffen. Die Rückerstattung von finanziellen Mitteln ist dagegen ausgeschlossen, wenn sie für den alltäglichen Bedarf aufgeMajer, NJOZ 2009, 114, 117. von Proff, NJW 2008, 3266, 3268. 342 Vgl. Schwab, FamRZ 2010, 1701 f. 343 Vgl. Grziwotz, FPR 2010, 369, 371. 344 Vgl. Grziwotz, FamRZ 2008, 1828 f.; ders., FPR 2010, 369, 371; Dethloff, JZ 2009, 413, 420. 340 Vgl. 341 Vgl.
C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Trennung
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bracht werden345. Dieser Unterscheidung dürften sich die wenigsten Paare bewusst sein beziehungsweise sie dürfte ihnen dann nicht gerecht erscheinen, wenn einer der Partner zwar eine höhere Einmalzahlung für den gemeinsamen Hausbau erbringt, der andere dafür aber alle laufenden Kosten trägt. Zuletzt kann gegen die Anwendung der Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage angeführt werden, dass diese wenig Rechtssicherheit bieten. Die Durchsetzbarkeit solcher Ansprüche ist für die Partner nicht vorhersehbar. Es hängt von der Würdigung des Richters ab, ob er den Vermögensverbleib bei einem Partner nach der Trennung als Verstoß gegen Treu und Glauben wertet. Insoweit wird der Vorwurf einer Billigkeitsrechtsprechung erhoben346. d) Kritik bezüglich der Anwendung der Rechtsprechung auf andere als nichteheliche Lebensgemeinschaften Schließlich wird auch der Anwendungsbereich der neuen Rechtsprechung auf alle Arten von Lebensgemeinschaften kritisiert. Es sei insbesondere nicht klar, welche Beziehung die Bezeichnung als „Lebensgemeinschaft“ auf der einen Seite verdiene und welche Beziehung als „reine Wohngemeinschaft“ zu qualifizieren sei. Fraglich ist vor diesem Hintergrund, ob die neuen Rechtsprechungsgrundsätze auch auf „Dreierbeziehungen“ Anwendung finden sollen. Zudem wird in der Literatur der „Nesthocker“-Fall angeführt, in welchem ein erwachsenes unverheiratetes Kind mit einem Elternteil häuslich zusammenlebt – und wirtschaftet. Sollen auch in diesem Fall die vermögensrechtlichen Ausgleichsgrundsätze der BGH Rechtsprechung zur Anwendung gelangen? Der BGH grenzt solche Lebensgemeinschaften zwischen Verwandten jedenfalls nicht mehr vom Anwendungsbereich aus. Grziwotz lässt in diesem Kontext den Begriff der „unbegrenzten Lebensgemeinschaft“ fallen, um zu kritisieren, dass das von der Rechtsprechung verwendete Kriterium des „füreinander Einstehens“ zu diffus sei347. IV. Schuldrechtliche Ausgleichsmechanismen bei Trennung im französischen Recht Der berühmte französische Privatrechtsgelehrte Jean Carbonnier hat folgende Bemerkung zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften gemacht: Das concubi nage tritt im modernen Recht nur in dem Moment in Erscheinung, in dem es stirbt. Damit ist folgendes gemeint: Das concubinage hat kein eigenes RechtsGrziwotz, FPR 2010, 369, 371. Grziwotz, FF 2009, 435, 440. 347 Vgl. Grziwotz, FPR 2010, 369 f. 345 Vgl.
346 Vgl.
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statut, welches durch die Rechtsprechung näher bestimmt wird. Vielmehr beschränkt sich die Rechtsprechung darauf, im Nachhinein das concubinage vermögensrechtlich auseinanderzusetzen348. Erst in diesem Moment wird es mithin für die Rechtsordnung relevant. Heutzutage muss man die Aussage von Carbonnier im Hinblick auf die zum Teil erfolgte Verrechtlichung des concubinage relativieren. Gleichwohl stellt die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach wie vor den Großteil der gerichtlichen Verfahren zwischen concubins dar und steht damit in Frankreich im Zentrum des Interesses. 1. Die Rechtsprechung der Cour de cassation zur Gewährung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche Ausgehend vom fehlenden gesetzlichen Ausgleichsregime für nichteheliche Lebensgemeinschaften greifen französische Gerichte auf Mechanismen des allgemeinen Schuldrechts zurück, um die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zu vollziehen. Die Cour de cassation will bei der vermögensrechtlichen Abwicklung vermeiden, dass durch richterrechtliche Rechtsfortbildung ein für concubins vom allgemeinen Zivilrecht abweichendes begünstigendes Regime geschaffen wird. Durch diese Haltung lässt sich erklären, dass das oberste Gericht es aus Prinzip ablehnt, eine solidarische Haftung von concubins für Schulden des alltäglichen Bedarfs zu akzeptieren349. Berufungsgerichte haben immer wieder versucht, per Analogie Wirkungen aus dem Eherecht auf nichteheliche Lebensgemeinschaften zu erstrecken. Im Instanzenzug wurden solche Entscheidungen jedoch stets aufgehoben. Die Haltung der Cour de cassation ist insoweit eindeutig: Ein spezielles vermögensrechtliches Regime soll weiterhin Ehegatten und PACS-Partnern vorbehalten sein350. Diese Wirkungen sollen nicht durch Analogieschlüsse oder richterrechtliche Rechtsfortbildung auf concubins ausgeweitet werden. Umgekehrt bedeutet diese restriktive Haltung nicht, dass die Cour de cassation vermögensrechtliche Ausgleichsansprüche zwischen den concubins per se ablehnen würde. Ein nachträgliches Abrechnungsverbot besteht bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht. Gesellschaftsrechtliche und subsidiär dazu auch bereicherungsrechtliche Ansprüche werden vorrangig von der Cour de Carbonnier, Dr. Civil, t.2., La famille, 1993, n°238, S. 348. Vgl. zur konstanten Rechtsprechung der Cour de cassation 1. Civ. 2.05.2001 = Bulletin 2001 I N° 111 p. 73; 1. Civ. 27.04.2004 = Bulletin 2004 I N° 113 p. 93; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 166. 350 Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°9 2004, comm. 140. 348 Vgl. 349
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cassation geprüft. Dabei lassen sich deutliche Parallelen zum vermögensrechtlichen Ausgleich bei der Gütertrennungsehe ziehen. Unter bestimmten Voraussetzungen ist bei concubins auch ein Schadensersatzanspruch aus Anlass der Trennung denkbar. a) Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich über die faktische Gesellschaft/ société créée de fait Anlässlich der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung können sich die concubins unter bestimmten Voraussetzungen auf eine zwischen ihnen begründete faktische Gesellschaft (société créée de fait) berufen. Von einer faktischen Gesellschaft kann – wie bereits bei der Gütertrennungsehe dargestellt – dann gesprochen werden, wenn mehrere Personen sich tatsächlich wie Gesellschafter verhalten, ohne jedoch dabei den Willen zu verfolgen, eine Gesellschaft offiziell zu gründen (Art. 1873 C.civ.). Bei einer faktischen Gesellschaft kommt es demzufolge weder zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages noch zur Eintragung ins Handelsregister351. Die Gesellschaft ist aus diesen Gründen zwar unwirksam, es kommt jedoch zur gesellschaftsrechtlichen Rückabwicklung zwischen den concubins352 . Nach Begleichung der Gesellschaftsschulden werden die Aktiva der faktischen Gesellschaft zwischen den concubins aufgeteilt. aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs Um von einer société créée de fait ausgehen zu können, genügt ein Zusammenleben der Partner selbst dann nicht, wenn es über lange Zeit geführt wird353. Dies ist konstante Rechtsprechung in Frankreich seit einem berühmt gewordenen Urteil der Chambre commerciale der Cour de cassation aus dem Jahr 1945354. Abgesehen vom Gesellschaftsvertrag müssen vielmehr alle für eine Gesellschaft konstitutiven Voraussetzungen nach Art. 1832 C.civ. vorliegen: Es müssen Beiträge von den Partnern geleistet werden, die Partner müssen gleichberechtigt unter Beteiligung an Verlust und Gewinn zusammenarbeiten und dabei das Ziel verfolgen, die gemeinsame Unternehmung zum Erfolg zu führen355. Erste Voraussetzung ist, dass die concubins Beiträge leisten. Darunter sind sowohl Kapital- als auch Arbeitsleistungen zu verstehen. Bei der Mitarbeit eines Courbe, Droit de la famille, S. 255. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 170. 353 Cass. Com. 9.10.2001 = Bulletin 2001 IV N° 165 p. 156; 1. Civ. 4.06.2007 06-15249, non publié au Bulletin, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°10 2007, comm. 185. 354 Vgl. Cass. Com. 25.07.1945. 355 Vgl. 1. Civ. 20.01.2010 = JurisData n°2010-051159, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°3 2010, comm. 35; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 170. 351 Vgl.
352 Vgl.
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Partners im Unternehmen des anderen darf es sich nicht um rein untergeordnete Tätigkeiten handeln, welche die gelegentliche familiäre Mithilfe (aide bénévole et naturelle entre concubins) nicht übersteigt356. Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich ist vielmehr allein dann zu erlangen, wenn sich der Beitrag als apport en industrie qualifizieren lässt. Dies wird bei leitenden Funktionen am ehesten anzunehmen sein. Den Beweis für einen gleichberechtigten Beitrag muss derjenige erbringen, der einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch geltend macht. Arbeitnehmereigenschaft und Gesellschafterstellung schließen sich gegenseitig aus357. Das Kriterium der gleichberechtigten Mitarbeit im Unternehmen ist gleichermaßen entscheidend für einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleich zwischen concubins und Ehegatten. Die formale Bezeichnung ist demgegenüber nicht entscheidend, um zu beurteilen, ob der mitarbeitende concubin eine Gesellschafterstellung einnimmt. In einem landwirtschaftlichen Betrieb hat die Cour de cassation eine société de fait zwischen zwei zusammenarbeitenden concubins angenommen und sich dabei nicht – entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Richter – daran festgehalten, dass beide concubins niemals zeitgleich die Stellung als Betriebschef (chef d’exploitation) inne hatten358. In der Literatur wird kritisiert, dass im Einzelfall die Abgrenzung zwischen untergeordneter Mitarbeit auf der einen Seite und gleichberechtigter Gesellschafterstellung auf der anderen Seite von der Rechtsprechung nicht klar durchgeführt wird und somit für die Paare Rechtsunsicherheit verbleibt, ob bei der vermögensrechtlichen Abwicklung gesellschaftsrechtlicher Ausgleich geschuldet ist oder subsidiär dazu nach Bereicherungsrecht abgewickelt wird 359. Bei Kapitalleistungen muss geprüft werden, dass diese auch in die Gesellschaft eingebracht wurden. Wenn der concubin dem anderen ein Darlehen gewährt, bei dem charakteristischerweise eine Rückzahlungspflicht besteht, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Beitrag für die Gesellschaft geleistet wurde360. Zweitens müssen die Partner an Gewinn und Verlust der Gesellschaft beteiligt werden. Der Wille, sich an möglichen Verlusten zu beteiligen, wurde von der Rechtsprechung bereits in einem Fall angenommen, in welchem ein concubin eine Bürgschaft für das von seiner Partnerin aufgenommene Darlehen ge356 1. Civ. 20.01.2010 = JurisData n°2010-051160, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°3 2010, comm. 35. 357 vgl. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°12 2006, comm. 200. 358 Cass. Com. 15.12.2009 = JurisData n° 2009-050891; vgl. Le Guidec/Bosse Platière, Droit rural n°388 2010, chron.2. 359 Vgl. Barbiéri, Droit rural n°356 2007, comm. 322. 360 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 170.
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währt hatte, damit diese ein Wohnhaus erwerben konnte. Hierin zeigte sich nach Ansicht der Rechtsprechung der Wille, die Verluste mitzutragen, die bei Zahlungsunfähigkeit der Darlehensnehmerin eintreten könnten361. Zwar lässt sich aus diesem Urteil keine generelle Linie der Rechtsprechung herausfiltern. Es handelt sich nämlich um ein umstrittenes Einzelfall-Urteil der Cour de cassation aus dem Jahr 1997, bei welchem beim Erwerb eines Fami lienwohnheims eine faktische Gesellschaft angenommen wurde. Jedoch bezog sich die vielfache Kritik am Urteil nicht auf die Feststellung, dass auch die Übernahme einer Bürgschaft möglich sei, um von einer Beteiligung an möglichen Gesellschaftsverlusten ausgehen zu können. Ähnlich wie eine Bürgschaft müsste ein Schuldbeitritt zu bewerten sein, den ein Partner im Hinblick auf die Rückzahlung eines Darlehens vornimmt362 , welches der andere Partner aufgenommen hat, um einen Vermögensgegenstand zu finanzieren. Dagegen lehnte die Rechtsprechung selbst bei der Leistung hoher finanzieller Beiträge sowie bei der Erbringung von Arbeitsleistungen in erheblichem Umfang eine faktische Gesellschaft ab, wenn nicht darüber hinaus auch der Wille zum Ausdruck kam, die Verluste der Gesellschaft gemeinschaftlich zu tragen. Den Willen zur gemeinsamen Verlusttragung sah die Rechtsprechung im Einzelfall sowohl dadurch widerlegt, dass die concubine im Handelsregister als alleinige Firmeninhaberin eingetragen war und damit das gesamte Risiko der Unternehmung trug als auch dadurch, dass sie allein mit den Banken und Gläubigern des Unternehmens rechtsgeschäftliche Verbindungen unterhielt363. Dritte Voraussetzung zur Annahme einer faktischen Gesellschaft ist der Gesellschaftswille (affectio societatis). Der Wille der Partner, sich als Gesellschafter zusammenzuschließen, muss zum Ausdruck kommen364. Während die In stanzgerichte zeitweise diese Voraussetzungen unter Billigkeitsaspekten eher flexibel gehandhabt haben365, geht die Rechtsprechung der Cour de cassation bei der Beurteilung des Gesellschaftswillens restriktiv vor. Allein aufgrund des Vorliegens einer Voraussetzung für die faktische Gesellschaft könne keinesfalls abgeleitet werden, dass die anderen Voraussetzungen auch gegeben seien. Vielmehr müssten alle drei Voraussetzungen für die fakti-
361
1. Civ. 11.02.1997 = Juris Data n°1997-000537. Vgl. CA Aix en Provence 1re ch., 30.05.2007 = JurisData n°2007-337420. 363 Vgl. CA Pau, 2e ch., 25.11.2003 = JurisData n°2003-235226, Anm. Lucas Dr. Soc. n°6 2004, comm. 100. 364 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 255; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 170 f. 365 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 170. 362
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sche Gesellschaft kumulativ vorliegen und selbständig nachgewiesen werden366 – so der Leitsatz des Gerichts. Welche Anforderungen sind konkret an dieses subjektive Element – den Gesellschaftswillen (affectio societatis) – zu stellen? Der wiederholte Leitsatz in den Entscheidungen der Cour de cassation ist in diesem Zusammenhang, dass ein solcher Wille deutlich aufgezeigt werden muss, der sich klar von der Interessengemeinschaft abgrenzen lässt, die einer Lebenspartnerschaft ohnehin inhärent ist367. In der Konsequenz ist der Wille, gemeinsam die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs zu tragen, nicht ausreichend 368. Es muss vielmehr ein über das partnerschaftliche Zusammenleben hinausgehender Wille vorliegen. Der Gesellschaftswille wird von der Rechtsprechung als Absicht definiert, gleichberechtigt für die Realisierung eines gemeinsamen Projekts zusammenzuarbeiten369. Das gemeinsame Projekt versteht sich unter systematischer Berücksichtigung des Art. 1832 C.civ., der für eine Gesellschaft eine gemeinsame Unternehmung (entreprise commune) verlangt. Diese Voraussetzung ist zwar nicht zwingend in einem wirtschaftlichen Sinne, wohl aber vermögensrechtlich zu verstehen370. Umgekehrt kann der Gesellschaftswille nicht allein aus der finanziellen Beteiligung an der Durchführung eines Immobilienprojekts geschlossen werden, die freilich ein vermögensrechtlich zu bewertendes Projekt darstellt, wenn darüber hinaus nicht auch der Wille erkennbar wird, an Gewinn und Verlust des Projekts teilzuhaben371. Erst kürzlich hat die Cour de cassation bei der gemeinsamen Finanzierung eines Familienheimes die société créée de fait am fehlenden Gesellschaftswillen scheitern lassen. Es fehlte an einem Zweck, der über die Realisierung der Lebensgemeinschaft hinausging372. In Abgrenzung dazu hätte eine faktische Gesellschaft angenommen werden können, wenn es den concubins in erster
366
Cass com. 23.06.2004 (2 Urteile) = Bulletin 2004 IV N° 134 p. 148 und Bulletin 2004 IV N° 135 p. 149; 1. Civ 20.01.2010 = Bulletin 2010, I, n° 11 obs. Coquelet. 367 1. Civ. 12.05.2004 = Bulletin 2004 I N° 131 p. 108; 1.Civ. 4.06.2007 = 06-15249, non publié au Bulletin. 368 1. Civ. 23.06.1987 = Bulletin 1987 I N° 205 p. 152. 369 Cass. Com. 23.06.2004 = Bulletin 2004 IV N° 134 p. 148 und Bulletin 2004 IV N° 135 p. 149. 370 1. Civ 20.01.2010, Dr. de Soc. n°5, comm. 83 Coquelet; CA Aix en Provence, ch. 1 A, 30.05.2007 = Juris-Data n°2007-337420. 371 Cass. Com. 23.06.2004 = Bulletin 2004 IV N° 134 p. 148 und Bulletin 2004 IV N° 135 p. 149. 372 1. Civ 20.01.2010 = JurisData n°2010-051159 obs. Coquelet; Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°3 2010, comm. 35; Gouttennoire/Coutant-Lapalus/Bosse-Platière/Favier, La Semaine Juridique Edition Générale n°37 2010, 911.
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inie um die Schaffung eines gemeinschaftlichen Vermögenswertes gegangen L wäre. bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs Bei der Abwicklung einer faktischen Gesellschaft (société créée de fait) bemisst sich der Ausgleichsanspruch nach Tilgung der Gesellschaftsschulden und Rückzahlung der Beiträge nach der Hälfte des erwirtschafteten Gewinns. Die Auseinandersetzung bei der faktischen Gesellschaft wird insofern nicht in gleicher Weise wie bei anderen Personengesellschaften durchgeführt, da bei letzteren die Rückzahlung proportional zu den ursprünglich erbrachten Beiträgen erfolgt. Grund für die unterschiedliche Bemessung des Ausgleichsanspruchs ist, dass eine proportional zu den Beiträgen ausfallende Rückzahlung für die société créée de fait zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften sich zumeist als impraktikabel erweist. Die Gesellschaft existiert rein faktisch, es kam niemals zu einem Vertragsschluss. Demzufolge lässt sich im Nachhinein nur schwerlich feststellen, wer genau welchen Beitrag geleistet hat. Aus diesem Grund wird der Halbteilungsgrundsatz als pauschalierte Lösung bei der Rückabwicklung faktischer Gesellschaftsbeziehungen mehrheitlich angenommen373. Weiterer Vorteil einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung ist für concubins, dass die vorzugsweise Zuweisung einer bestimmten Sache möglich ist, die ansonsten ausschließlich bei der Vermögensauseinandersetzung zwischen Eheleuten infrage kommt (Art. 831 C.civ.)374. Grundsätzlich ist die vorzugsweise Zuweisung einer Sache nach Ansicht der Cour de cassation nicht per Analogieschluss auf concubins zu erstrecken375. Allerdings kommt sie bei der Auseinandersetzung einer société de fait aufgrund gesellschaftsrechtlicher Bestimmungen zur Anwendung (Art. 1844-9 al. 2 C.civ.). Voraussetzung für eine vorzugsweise Zuweisung ist, dass sich der betreffende Vermögensgegenstand unter den Aktiva der zu liquidierenden Gesellschaft befindet376. Dagegen findet bei der Liquidierung einer faktischen Gesellschaft weder eine Rücknahme noch eine Rückerstattung der Arbeits- und Dienstleistungen (apports en industrie) statt377. Grund dafür ist, dass der Gesellschafter, der durch Garé, La semaine juridique n°16 1997. CA Toulouse, 12.04.2005 = JurisData n°2005-282355, Anm. Larribau Terneyre, Dr. Famille n°12 2005, comm. 262. 375 1. Civ., 9.12.2003 = JurisData n°2003-021334. 376 CA Orléans 17.07.2001 = JurisData n° 2001-162169; vgl. Sifferein-Blanc, Dr. Famille n°3 2008, comm. 37. 377 Vgl. Civ. 1, 19.04.2005 = JurisData n°2005-028145, Anm. Lucas, Dr. Soc. n°7 2005, comm. 130. 373 Vgl. 374
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Arbeitsleistungen die Aktiva der Gesellschaft mehrt, mit der Perspektive auf eine Dividende auf eine Vergütung seiner Leistung verzichtet 378. cc) Typische Anwendungsfälle Typischer Anwendungsfall, bei dem die Rechtsprechung von einer faktischen Gesellschaft ausgeht, ist – genau wie bei Ehegatten, welche in Gütertrennung leben – der gemeinsame Aufbau eines Unternehmens, das dinglich nur einem der concubins zugeordnet ist379. Die Frage, ob der Erwerb einer Immobilie als Familienheim einen gesellschaftlich relevanten Zweck darstellen kann, bildet schon seit ein paar Jahren den Zankapfel zwischen der Cour de cassation auf der einen Seite und einigen Berufungsgerichten auf der anderen Seite. In manchen Entscheidungen der Berufungsgerichte zur gemeinsamen Anschaffung eines Familienheimes zeigt sich, dass der Rechtsprechung der Cour de cassation gefolgt und demzufolge gesellschaftsrechtlicher Ausgleich abgelehnt wird380. In anderen Entscheidungen aber nehmen die gleichen Berufungsgerichte bei der gemeinsamen Finanzierung eines Familienwohnheims den Ausgleich über eine société créée de fait an381. Dass solche von der Linie der Cour de cassation abweichende Entscheidungen dann in der höheren Instanz aufgehoben werden, ist im Voraus klar382. In der oben bereits erwähnten Einzelfall-Entscheidung aus dem Jahr 1997 hat allerdings auch die Cour de cassation den Erwerb einer Immobilie zu Wohnzwecken, die auf dinglicher Ebene allein einem der Partner gehörte, als hinreichend erachtet, um einen Ausgleich nach den Grundsätzen der faktischen Gesellschaft zu vollziehen383. Diese von Seiten der Literatur kritisierte Rechtsprechung war erkennbar von Billigkeitsgesichtspunkten geprägt384: Der concubine sollten nach der Trennung Rechte im Hinblick auf das gemeinsame Familienheim zustehen385. Um zu den gewünschten Ergebnissen zu kommen, wurde insbesondere die Voraussetzung des Gesellschaftswillens (affectio societatis) großzügig
Lucas, Dr. Soc. n°7 2005, comm. 130. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 350. 380 CA Aix en Provence, 20.05.2007 = Juris-Data n°2007-337420; CA Aix en Provence 19.06.2007 = Juris-Data n°2007-341818. 381 CA Nancy, 3e ch. Civ., 3.04.2006 Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°6 2007, comm. 120.; CA Aix en Provence 1re ch. B, 25.01.2007 = Juris Data n°2007-343578, Anm. Ardoy Dr. Famille n°12 2007, comm. 216. 382 Ardoy, Dr. Famille n°12 2007, comm. 216. 383 1. Civ., 11.02.1997 = JurisData n°1997-000537. 384 Vgl. Coquelet, Dr. Soc. n°10 2008, comm. 197. 385 Vgl. Siffrein-Blanc, Dr. Famille n°3 2008, comm. 37. 378 Vgl.
379 Vgl.
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ausgelegt. Der Gesellschaftswille wurde bereits dann als gegeben angesehen, wenn das Paar dauerhaft zusammenwohnte386. Seit zwei Grundsatzurteilen der Chambre Commerciale vom 23. Juni 2004 hat sich die Tendenz zur großzügigen Gewährung gesellschaftsrechtlichen Ausgleichs umgekehrt. Seitdem prüft die Cour de cassation die Voraussetzungen für das Vorliegen einer faktischen Gesellschaft wesentlich restriktiver, wobei Dreh- und Angelpunkt der affectio societatis – der Gesellschaftswille ist387. Nach Ansicht des obersten Gerichts beschränkt sich bei der Finanzierung eines Familienheimes der Wille darauf, die dem concubinage inhärente Interessengemeinschaft auszugestalten388. Die Anschaffung dient in erster Linie dazu, der Partnerschaft eine stabile Dimension zu geben, indem ein gemeinsames „Zuhause“ der Partner geschaffen wird. Das Ziel gemeinsame Vermögenswerte zu erwerben, sei dagegen zweitrangig – so die Begründung der obersten Rechtsprechung389. In gleicher Weise beurteilt die Cour de cassation den Sachverhalt, in welchem ein concubin seiner Partnerin Geld mit dem Zweck überweist, dass die Partnerin eine in ihrem Eigentum stehende Immobilie renoviert, die beide Partner zu Wohnzwecken nutzen390. Durch die Leistung des concubin werde nicht der Wille deutlich, an Gewinn und Verlust einer gemeinsamen Unternehmung teilzuhaben, sondern der Wille, die Lebenssituation des Paares zu verbessern. Daher wird eine faktische Gesellschaft abgelehnt. Anders wird hingegen der Fall beurteilt, wenn die concubins eine Immobilie renovieren, um sie anschließend zu Wohnzwecken zu vermieten und dadurch Einkünfte zu erzielen391. Hier steht deutlich die Renditeerwartung im Vordergrund und nicht die Ausgestaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die Entscheidung, ob ein gesellschaftsrechtlicher Zweck verfolgt wurde, fällt bei alltäglichen Bedarfsgeschäften eindeutig negativ aus. Die Aufteilung der Ausgaben für das alltägliche Zusammenleben zwischen den nichtehelichen 386 1. Civ. 11.02.1997 = JurisData n°1997-000537; vgl. Coquelet, Dr. Soc. n°10 2008, comm. 197. 387 Cass. Com. 23.06.2004 (2 Urteile) Bulletin 2004 IV N° 134 p. 148 und Bulletin 2004 IV N° 135 p. 149, Anm. Trébule, Dr. Soc. n°10 2004; Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°10 2004, comm. 168. 388 Trébule, Dr. Soc. n°10 2004; Coquelet, Dr. Soc. n° 5 2010, com. 83; Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°12 2006, comm 200. 389 Anders noch 1. Civ. 11.02.1997 = JurisData n°1997-000537, Anm. Garé, La Semaine Juridique n°16 1997; CA Paris 3e ch., sect. A, 5.09.2006 = Juris-Data n°2006-326597; CA Toulouse, 3e ch. Civ., 1re sect. 30.05.2006 = Juris Data n°2006-315491. 390 CA Chambéry, 25.03.2008 = JurisData n°2008-367937, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°10 2008. 391 CA Nîmes, ch.1, sect. A, 22.05.2007 = Juris Data n°2007-344216.
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Partnern, erfolgte sie auch gleichberechtigt, kann keinesfalls einen gesellschaftsrechtlich relevanten Zweck darstellen392. Der Wille der Partner ist hier vielmehr auf die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft gerichtet und geht eindeutig nicht darüber hinaus. Dagegen dürfte der Gesellschaftswille unproblematisch zu bejahen sein, wenn die Partner eine kaufmännische oder gewinnbringende Tätigkeit gemeinsam ausüben, die sich per se von der Lebensführung als Paar unterscheiden lässt und wirtschaftliche Konsequenzen mit sich bringt. Daraus könnte man schlussfolgern, dass das gemeinsame Streben nach Gewinn den affectio societatis (Gesellschaftswillen) charakterisiert393. Insgesamt lässt sich zum gesellschaftsrechtlichen Ausgleich zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften festhalten, dass die Rechtsprechung nur in seltenen Fällen zu einem Anspruch zugunsten des Ausgleich fordernden concubin auf der Grundlage einer faktischen Gesellschaft (société créée de fait) gelangt394. Dies ist auf die restriktive Bewertung gesellschaftlich relevanter Zwecke zurückzuführen. Insoweit hat sich die strenge Haltung der Ersten Kammer der Cour de cassation sowie der Chambre commerciale gegenüber anderen Tendenzen durchgesetzt. Scheitert die faktische Gesellschaft an einer der drei Voraussetzungen, so kommt subsidiär ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich nach der actio de in rem verso zwischen den concubins infrage395. b) Bereicherungsrechtlicher Ausgleich/enrichissement sans cause nach der actio de in rem verso Nach der Rechtsprechung der Cour de cassation können sich bei Beendigung des concubinage Ausgleichsansprüche nach Bereicherungsrecht ergeben. Der flexible Gebrauch bereicherungsrechtlicher Ansprüche durch die Rechtsprechung dient klassischerweise dazu, einen Ausgleich nach Billigkeitsgesichtspunkten zwischen nichtehelichen Paaren zu vollziehen396. Die Theorie der ungerechtfertigten Bereicherung wird aus Art. 1371 C.civ. – der Bestimmung zu den vertragsähnlichen Schuldverhältnissen – abgeleitet397. Auch im Hinblick auf den Ausgleich zum Bereicherungsrecht lassen sich deutliche Parallelen zum Nebengüterrecht ziehen. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°12 2006, comm. 200. Siffrein-Blanc, Dr. Famille n°3 2008, comm. 37. 394 Vgl. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°10 2008, comm. 136. 395 1. Civ. 5.03.2008 = JurisData n°2008-043028; 1. Civ. 6.05.2009 = JurisData n°2009048117, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°6 2009, comm. 68. 396 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 170. 397 Vgl. Sizaire, Construction –Urbanisme n°7 2009, comm. 102. 392 Vgl. 393 Vgl.
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aa) Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs Drei Voraussetzungen müssen für die sogenannte actio in de rem verso erfüllt sein398. Erstens muss einer der Partner durch die Leistung des anderen bereichert sein399. Die Bereicherung des einen concubin muss wiederum als zweite Voraussetzung mit der Entreicherung des anderen concubin korrelieren. Von einer Entreicherung kann dann nicht ausgegangen werden, wenn der leistende concubin eine Gegenleistung erhalten hat. Zudem muss als dritte Voraussetzung die Bereicherung ohne rechtlichen Grund erfolgt sein. bb) Bemessung des Ausgleichsanspruchs Der bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch bemisst sich nach der niedrigeren der beiden Summen – entweder nach Höhe der Bereicherung des Leistungsempfängers oder nach Höhe der Entreicherung des leistenden concubin400. Damit ist der Ausgleichsanspruch aus dem Bereicherungsrecht deutlich gedeckelt im Vergleich zum gesellschaftsrechtlichen Rückzahlungsanspruch. cc) Typische Anwendungsfälle Nach der Rechtsprechung kommt für den concubin ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich bei der unentgeltlichen, untergeordneten Mitarbeit im Betrieb des anderen concubin401 in Betracht, sofern diese den Rahmen einer bloß gelegentlichen Mithilfe unter Lebensgefährten übersteigt 402. Insoweit ist eine Parallele zum Ausgleich bei Ehegatten zu sehen für untergeordnete Mitarbeit, welche von Umfang und Intensität über die zwischen Ehegatten geschuldete Unterstützungspflicht hinausgeht. Erforderlich ist, dass durch die Mitarbeit des concubin eine Bereicherung des anderen Partners eingetreten ist. In einer Entscheidung vom 15. Oktober 1996 hat die Cour de cassation403 eine Art Vermutung im Hinblick auf die Bereicherung aufgestellt: „Die unentgeltliche Mitarbeit der concubine im Betrieb ihres Partners, die sich vom Beitrag zu den Ausgaben des alltäglichen Bedarfs des Paares unterscheidet, impliziert als solche eine Entreicherung der concubine und eine Bereicherung des Partners“. Demzufolge musste der angeblich berei398
Vgl. CA Aix en Provence, 1re ch. Sect. 30.06.2006 = JurisData n°2006-311475. Courbe, Droit de la famille, S. 256. 400 Vgl. zur Bemessung des Anspruchs im Nebengüterrecht Claux, AJ Famille 2005, S. 184 ff. 401 1. Civ. 15.10.1996 = Bulletin 1996 I N° 357 p. 250. 402 1. Civ. 20.01.2010 = Bulletin 2010, I, n° 11, obs. Coquelet. 403 1. Civ. 15.10.1996 = Bulletin 1996 I N° 357 p. 250; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 173. 399 Vgl.
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cherte Partner nachweisen, dass er eine Gegenleistung für die Leistung seiner concubine erbracht hatte. Eine typische Gegenleistung für die unentgeltliche Mitarbeit im Betrieb eines nichtehelichen Partners wird dann angenommen, wenn der mitarbeitende concubin im Gegenzug Wohnung, Nahrung und Unterhalt erhält404. Auch bei wertsteigernden Renovierungsarbeiten, die ein concubin an einer Immobilie seines Partners vornimmt, prüft die Rechtsprechung bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche, wenn die Leistung deutlich über das Maß alltäglich gebotener Hilfeleistungen hinausgegangen ist 405. Die Beurteilung, ob der ausgleichsfordernde Partner tatsächlich eine Rückzahlung für seine Renovierungsarbeiten erhält, kann in der Rechtsprechung erheblich variieren wie zwei viel beachtete Urteile der Cour de cassation vom 24. September 2008 zeigen406. Die Sachverhalte, die den Urteilen zugrunde liegen, sind ähnlich gelagert: In der ersten Rechtssache hatte ein concubin wertsteigernde Renovierungsarbeiten im Wert von 45.000 € an der Immobilie seiner Partnerin finanziert, in der zweiten Rechtssache Arbeiten im Wert von 129.000 €. Im ersten Fall hatte die Immobilie den concubins als gemeinsame Wohnung gedient, in der zweiten Rechtssache hat der concubin niemals die als gemeinsame Wohnung gedachte Immobilie bezogen. Nach 10 bzw. 6 Jahren trennten sich die Paare. In beiden Fällen verlangte der concubin Ausgleich für die von ihm vorgenommenen Arbeitsleistungen bzw. finanziellen Beiträge zur Renovierung der Immobilie. Die Cour de cassation hat trotz der auffallend ähnlichen Sachverhalte beide Fälle rechtlich konträr beurteilt: In der ersten Sache wurde ein bereicherungsrechtlicher Ausgleichsanspruch dem concubin zugesprochen, in der zweiten Rechtssache abgelehnt. Die Cour de cassation ist in beiden Rechtssachen der souveränen Einschätzung der erstinstanzlichen Richter gefolgt – eine einheitliche Linie in der rechtlichen Beurteilung des bereicherungsrechtlichen Anspruchs ist dabei nicht auszumachen. Als Begründung für die Bejahung des bereicherungsrechtlichen Ausgleichs in der ersten Rechtssache hat das Gericht angeführt, dass die vom concubin aufgebrachten Kosten erstens die Ausgaben für den alltäglichen Bedarf eindeutig überstiegen und zweitens keine entsprechende Gegenleistung in den aus der Partnerschaft zu ziehenden Vorteilen erfahren hätten. Die Ausgaben beliefen sich auf 45.000 € und die Partner hatten die Immobilie gemeinsam zu Wohnzwecken genutzt, so dass man beide Gesichtspunkte auch hätte unterschiedlich beurteilen können. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 172. 1. Civ. 24.09.2008 (2 Urteile) = n°2008-0450721 und JurisData n°2008-045072. 406 1. Civ. 24.09.2008 = JurisData n°2008-0450721 und JurisData n°2008-045072, Anm. Gracia, Dr. Famille n°11 2008, comm. 152. 404 Vgl. 405
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In der zweiten Rechtssache wurde der Anspruch dagegen abgelehnt, weil das Gericht hier das persönliche Interesse des concubin an der Finanzierung der Renovierungsarbeiten in Höhe von 129.000 € als gegeben ansah. Das persönliche Interesse zeigte sich für das Gericht in der Absicht des Leistenden, mit der concubine in der Immobilie als Paar zusammenzuleben, d. h. die Vorteile der nichtehelichen Lebensgemeinschaft zu nutzen. Somit sei die Leistung nicht rechtsgrundlos erfolgt. Das persönliche Interesse, das hier den bereicherungsrechtlichen Ausgleich ausschließen soll, lag in gleichem Maße in der ersten Rechtssache vor. Und zudem hatten die concubins in der ersten Rechtssache auch effektiv in der Immobilie zusammengelebt, wozu es in der zweiten Entscheidung nicht einmal gekommen war. Wie es ohne eine gemeinsame Nutzung der Immobilie zu einer Kompensation für eine Leistung in Höhe von 129.000 € gekommen sein soll, erscheint fraglich. Häufig wird die Gegenleistung für selbst vorgenommene oder finanzierte Renovierungsarbeiten darin gesehen, dass der Partner jahrelang und unentgeltlich die Immobilie des anderen Partners mitbewohnt407. So hat die Cour de cassa tion einen Bereicherungsanspruch der concubine für die Finanzierung wertsteigernder Renovierungsarbeiten daran scheitern lassen, dass sie 18 Jahre lang unentgeltlich die Immobilie ihres Partners bewohnt hat408. Noch nicht abschließend ist die Frage geklärt, ob der über Jahre lang Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernehmende Partner bereicherungsrechtlichen Ausgleich für seine Tätigkeit verlangen kann409. Würde man aber über das Bereicherungsrecht einen nachträglichen Ausgleichsanspruch für solche Tätigkeiten systematisch zubilligen, würde man einen unterhaltsähnlichen Anspruch konstruieren und dadurch das concubinage der Ehe annähern. Wie oben gezeigt versucht die Cour de cassation jedoch eine Annäherung des concubinage an die Ehe zu verhindern410. Für einen Ausgleich für Tätigkeiten in Haushalt und Kindererziehung ließe sich das Argument anführen, dass die concubine faktisch dadurch entreichert ist, dass sie während der Zeit der Haushaltsführung und Kinderbetreuung keine eigene Erwerbstätigkeit ausüben konnte – so die Begründung der Cour d’appel
407 Vgl. 1. Civ. 20.01.2010 = JurisData n°2010-051161, Anm. Larribau Terneyre, Dr. Famille n°3 2010, comm. 35; CA Metz, 19.02.2009 = JurisData n°2009-000426, Anm. Larribau Terneyre, Dr. Famille n°6 2009, comm. 69. 408 1. Civ. 12.11.1998 = 96-21198, non publié au Bulletin; vgl. auch 3.Civ., 6.05.2009 = JurisData n°2009-047967, Anm. Sizaire, Construction-Urbanisme n°7, 2009, comm. 102. 409 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 256. 410 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 172.
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von Aix en Provence in einem Urteil zum bereicherungsrechtlichen Ausgleich411. Die Cour de cassation ist dieser Begründung bislang nicht gefolgt. Ebenso wenig wird nachträglicher Ausgleich für die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs gewährt. Würde man nämlich systematisch einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich zwischen den Partnern für Ausgaben des alltäglichen Bedarfs zulassen, umginge man die gesetzliche Wertung, dass zwischen nichtehelichen Lebensgefährten gerade keine gegenseitigen Unterhaltspflichten bestehen – so die Auffassung der Gerichte412. Die Cour de cassation scheint hierbei ebenso wie bei der Ablehnung von Ausgleichsansprüchen für Haushaltsführung und Kinderbetreuung von dem Motiv geleitet zu sein, keine Annäherung ans eheliche Güterrecht zu bewirken. Daraus ergibt sich – wie die Cour de cassation in ständiger Rechtsprechung feststellt – dass grundsätzlich jeder Partner die Ausgaben, die er für das Zu sammenleben in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemacht hat, ausgleichslos selbst tragen muss413. Nur durch vertragliche Vereinbarungen können nichteheliche Lebenspartner eine Ausgleichspflicht bezüglich dieser Ausgaben erreichen414. c) Rückgewähr einer Zuwendung über das Schenkungsrecht Im Hinblick auf erfolgte Zuwendungen ist fraglich, ob bei Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Rückforderung über das Schenkungsrecht infrage kommt. Liegt eine Schenkung zwischen concubins vor, so ist die Zuwendung jedenfalls nicht rechtsgrundlos erfolgt und kann dementsprechend nicht über einen bereicherungsrechtlichen Anspruch zurückgefordert werden415. Eine Schenkung wird dann angenommen, wenn der andere Partner frei über die Zuwendung verfügen soll, der Zuwendung also eine Schenkungsabsicht (intention libérale) zugrunde liegt. Diese Schenkungsabsicht wird nicht vermutet. Der Beschenkte muss sie vielmehr nachweisen416. Allerdings ist die Beweislage für den Zuwendungsempfänger dann vorteilhaft, wenn er die Sache in Besitz hat. Wenn er behauptet, die Sache schenkungs411 Vgl. CA Aix en Provence, 1re ch. Sect. 30.06.2006 = JurisData n°2006-311475, obs. Larribau Terneyre, Dr. Famille n°12 2006 comm. 201.; dagegen CA Paris, 2.04.2008 = Juris Data n°2008-361445; vgl. Sizaire, Construction- Urbanisme n°7 2009, comm. 102. 412 Vgl. 1. Civ. 28.11.2006 = JurisData n°2007, comm. 32, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°2 2007, comm. 32. 413 Vgl. 1. Civ. 24.09.2008 = JurisData n°2008-045072, Anm. Gracia, Dr. Famille n°1, 2008, comm. 152. 414 Vgl. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°2 2007, comm. 32. 415 Vgl. Civ. 4.03.1997 = 94-21976, non publié au Bulletin. 416 Vgl. Sagaut, AJ Famille 2002, 164 ff.
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weise vom anderen Partner erhalten zu haben, kann er sich auf eine gesetzliche Vermutung aufgrund des tatsächlichen Besitzes stützen (la possession vaut titre) (Art. 2276 C.civ.)417. Der zuwendende Partner muss dementsprechend beweisen, dass die Sache nicht schenkungshalber übertragen wurde418. Als Indiz zur Annahme eines Schenkungswillens wurde beispielsweise gewertet, dass eine concubine, die ihrem Partner einen PKW zuwenden wollte, die Rechnung nicht auf ihren eigenen Namen, sondern auf den ihres Partners ausstellen ließ419. Im Unterschied zu Schenkungen zwischen Ehegatten, die unter eingeschränkten Voraussetzungen widerrufen werden können nach Art. 1096 C.civ.420, sind Schenkungen zwischen nichtehelichen Lebenspartnern nicht umkehrbar. Einzige Möglichkeit für eine Rückforderung der Zuwendung ist, sich auf die Unwirksamkeit der Schenkung zu berufen. Die Wirksamkeit von Schenkungen zwischen concubins war bereits seit Einführung des Code Napoléon eine viel diskutierte Frage, zumal sich im Gesetz keine Bestimmung dazu fand421. Die Rechtsprechung nahm die absolute Unwirksamkeit von Schenkungen an, wenn sie einem unmoralischen Zweck (une cause immorale) dienten422. So wurde die Überweisung einer Geldsumme mit dem Ziel, den anderen zur Aufnahme, zur Beibehaltung oder zur Wiederaufnahme der außerehelichen Beziehung zu bewegen, als unmoralisch gewertet und die Schenkung demzufolge für nichtig erklärt423. Diente die Schenkung dagegen dem Ziel, den Partner finanziell abzusichern424, ihm für erbrachte Hilfe zu danken bzw. ihn für geleistete Dienste zu belohnen425 oder sollte sie als Entschädigung für den durch die Trennung erlittenen Schaden fungieren426, so wurde sie dagegen als wirksam erachtet.
417
Vergleichbar zu § 1006 I BGB. CA Reims, ch. civ., sect. 1, 24.11.2008 = Juris Data n°2008-006356, Anm. LarribauTerneyre, Dr. Famille n°6 2009, comm. 67. 419 CA Aix en Provence, 1re ch. Sec. A, 20.06.2006 = Juris Data n°2006-311476, obs. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°12 2006, comm. 202. 420 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 257. 421 Vgl. Barrière, Des concubinages. Droit interne. Droit international. Droit comparé, S. 151. 422 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 173 f. 423 1.Civ. 4.11.1982 = Bulletin des arrêts Cour de cassation chambre civile 1 N. 319; 1. Civ. 10.01.1979 = Bulletin des arrêts Cour de cassation chambre civile 2 N. 10 P. 7. 424 1. Civ. 4.11.1982 = Bulletin des arrêts Cour de cassation chambre civile 1 N. 319. 425 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 174. 426 1. Civ. 14.11.1960 N° 494. 418
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Inzwischen hat die Cour de cassation die Kontrolle über die moralischen Motive der Schenkung gänzlich aufgegeben427. Diese Rechtsprechungsänderung erfolgte anlässlich einer Schenkung, die den Zweck hatte, den Beschenkten zur Aufrechterhaltung der ehebrecherischen Beziehung zu bewegen. Die Cour de cassation bewertete die Schenkung nicht als sittenwidrig428. Diese Rechtsprechungsänderung wurde inzwischen durch ein Urteil der Assemblée plénière (der gemeinsamen großen Kammer der Cour de cassation) bestätigt429. Als Leitsatz hat das oberste Gericht vorangestellt, dass eine Schenkung, die anlässlich einer ehebrecherischen Beziehung erfolgt, nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam ist. In der berühmt gewordenen Rechtssache Galopin hatte der 95jährige Herr Floréal seine Mätresse Mademoiselle Galopin, die 64 Jahre jünger war als er, durch testamentarische Verfügung zu seiner Alleinerbin bestimmt. Die Witwe des Herrn Floréal wollte diese testamentarische Verfügung für unwirksam erklären lassen, da mit der Zuwendung allein die Vergütung für die zuvor erfolgte „sexuelle Hingabe“ von Mademoiselle Galopin intendiert gewesen sei. Die Affäre war besonders delikat, zumal als erwiesen galt, dass es Mademoiselle Galopin gerade darauf ankam, von ihrem Gönner monetäre Gegenleistungen für ihre Liebesdienste zu erhalten nach dem Motto „kein Geld, keine Liebe“ („pas d’argent, pas d’amour“)430. Trotz dieser besonderen Umstände hat die Cour de cassation diese Rechtssache zum Anlass genommen, die moralische Kontrolle über die Zuwendungen zwischen nichtehelichen Lebenspartnern aufzugeben. Die Literatur kommentiert die Rechtsprechung dahingehend, dass Schenkungen, die anlässlich einer ehebrecherischen Beziehung erfolgen, künftig nicht mehr als sittenwidrig gewertet werden431. Kritisiert wird an der berühmten Entscheidung der Cour de cassation nicht, dass Schenkungen zwischen nichtehelichen Lebensgefährten nicht mehr auf ihre moralischen Motive kontrolliert werden. Kritisch wird jedoch angemerkt, dass in der Rechtssache Galopin die Vereinbarung zwischen dem Zuwendenden und seiner Geliebten rechtlich in die Nähe eines Prostitutionsvertrages gerückt ist, dessen Unwirksamkeit durchaus vom Gericht hätte festgestellt werden können432. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 174; Courbe, Droit de la famille, S. 257. 1. Civ., 3.02.1999 = Bulletin 1999 I N° 43 p. 29. 429 Ass. Plén. 29.10.2004 n°519, Mlle Galopin c/Mme Floréal. 430 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 353. 431 Vgl. Chabas, La Semaine Juridique n°4 2005; Civ. 1, 25.01.2005 = JurisData n°2005026637, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°5 2005, comm. 95. 432 Vgl. Leveneur, Contrats Concurrence Consommation n°3 2005, comm. 40. 427 Vgl. 428
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2. Die Rechtsprechung der Cour de cassation zu Entschädigungsansprüchen der verlassenen Partnerin/des verlassenen Partners a) Schadensersatz Neben Gesellschafts-, Bereicherungs- und Schenkungsrechtlicher Rückforderung von Zuwendungen kommen nach französischem Recht Schadensersatzansprüche zugunsten des verlassenen nichtehelichen Partners infrage. Dogmatische Grundlage für einen Schadensersatzanspruch ist die allgemeine Anspruchsgrundlage des französischen Schadensrechts: Art. 1382 Code civil. Die Norm verpflichtet denjenigen zum Schadensersatz, der durch sein schuldhaftes Handeln ( faute) einem anderen einen Schaden zufügt. Dass die französische Rechtsprechung auf den Mechanismus des schadensrechtlichen Ausgleichs bei der Trennung nichtehelicher Partner zurückgreift, ist keine neue Entwicklung. In letzter Zeit scheint dieser Kompensationsmechanismus bei Beendigung des concubinage allerdings noch häufiger zum Einsatz zu kommen als in der Vergangenheit433. Andererseits findet die Gewährung von Schadensersatzansprüchen nach Auffassung der Rechtsprechung ihre Grenze in der Freiheit der Partner, sich jederzeit zu trennen. Dies hat die Cour de cassation in einem Urteil vom 1. Juni 2006434 deutlich gemacht: Diese für nichteheliche Lebensgemeinschaften charakteristische Freiheit dürfe nicht durch gegenläufige Vereinbarungen zwischen den Partnern (Strafzahlungen bei Trennung etc.) eingeschränkt werden435. Aus der Freiheit, sich jederzeit zu trennen, ergibt sich prinzipiell für das Schadensrecht, dass die Trennung als solche nicht zu einem Ersatzanspruch für den verlassenen Partner führen kann436. Schadensersatzansprüche können sich allein wegen eines Fehlverhaltens anlässlich der Trennung gem. Art. 1382 C.civ. ergeben. Voraussetzungen für einen solchen Schadensersatzanspruch zugunsten des verlassenen Partners sind erstens ein schuldhaftes Fehlverhalten des sich trennenden Partners und zweitens ein kausaler Schaden beim verlassenen Partner. Dieser Schaden muss sich von der Trennung als solcher unterscheiden lassen437.
Gouttenoire-Cornut, Des concubinages, droit interne, droit international, droit comparé, S. 258 f. 434 1. Civ. 20.06.2006 = Bulletin 2006 I N° 312 p. 270. 435 Vgl. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages, droit interne, droit international, droit comparé, S. 258. 436 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 168. 437 Vgl. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages, droit interne, droit international, droit comparé, S. 258 ff. 433 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Die Voraussetzungen des Schadensersatzanspruches muss der verlassene Partner geltend machen und Beweis dafür liefern. Welches Fehlverhalten bei der Trennung rechtlich sanktionierbar ist, beurteilt die Rechtsprechung ähnlich wie bei der Auflösung eines Verlöbnisses438. Zu einer direkten Anwendung des Verlöbnisrechts kommt es nach der Rechtsprechung allerdings nicht, da weder das Führen einer nichtehelichen Beziehung über längere Dauer noch die Geburt eines gemeinsamen Kindes dazu führten, dass von einem (stillschweigenden) Eheversprechen zwischen den Partnern ausgegangen werden könne439. Ein Fehlverhalten zu Beginn der Beziehung wurde von der Rechtsprechung angenommen, wenn der concubin seine Partnerin durch ein trügerisches Eheversprechen zur Aufnahme der Beziehung bewegte. Ob ein solches Verhalten nach heutigen Maßstäben juristisch sanktionierbar ist, erscheint jedoch fraglich. Ein Fehlverhalten während der Beziehung kann sich beispielsweise dann ergeben, wenn der concubin seine Partnerin moralisch unter Druck setzt, ihre Arbeit aufzugeben, um sich ganz um seine Belange zu kümmern und ihr gleichzeitig das Versprechen gibt, sie dafür finanziell zu versorgen440. Schließlich ist ein Fehlverhalten bei Beendigung der Beziehung anzunehmen, wenn der concubin seine Partnerin in den ersten Monaten der Schwangerschaft ohne moralische und finanzielle Unterstützung verlässt oder wenn die plötzliche Trennung nach 40 Jahren Partnerschaft eintritt 441. In einer Entscheidung vom 3. November 1976 hat die Cour de cassation442 ein zum Schadensersatz führendes Fehlverhalten darin gesehen, dass der concubin seine Partnerin verließ, nachdem er sie monatelang im Glauben gelassen hatte, er wolle mit ihr zusammen ein gemeinsames Heim gründen. Zudem erfolgte die plötzliche Trennung nur wenige Tage vor der Geburt des gemeinsamen Kindes, was die Frau somit moralisch und finanziell besonders hart traf. Angesichts dieser außergewöhnlichen Umstände, welche die Trennung begleiten, könnte man davon ausgehen, dass die Rechtsprechung eher restriktiv bei der Zubilligung von Schadensersatzansprüchen vorgeht. Dem ist nicht so. Bereits in der Zeit nach Einführung des Code civil, in welcher nichteheliches Zusammenleben noch weitgehend geächtet war, wurde in Rechtsprechung und Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 168. Vgl. CA Aix-en-Provence, 1re ch., sect. A, 8.12.2009 = JurisData n°2009-018290, Anm. Siffrein-Blanc, Dr. Famille n°7 2010, comm. 110. 440 Vgl. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 260. 441 1. Civ. 3.01.2006 = Juris Data n°2006-031509, obs. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°4 2006, comm. 85. 442 1. Civ. 3.11.1976 = Bulletin des arrêts Cour de cassation chambre civile 1 N. 322 P. 258. 438 Vgl. 439
C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Trennung
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Literatur der Bedarf gesehen, die verlassene concubine nach der Trennung nicht ohne Entschädigung zurückzulassen. Tatsächlich ging die verlassene Partnerin jedoch in dieser Zeit oftmals leer aus443. Heute hat sich die Situation geändert, denn anders als früher sieht die Rechtsprechung ein zur Entschädigung führendes Fehlverhalten leicht als gegeben an und prüft eingehender den Schaden, den der verlassene Partner erlitten hat 444. Die Zubilligung von Schadensersatz erscheint mithin zum Regelfall zu werden445. In der Literatur wird diese Entwicklung hin zu einer systematischen Entschädigung bei der Trennung durch Billigkeitsgesichtspunkte erklärt: Hintergrund der Rechtsprechung sei, dass die verlassene nichteheliche Partnerin, die sich in einer ähnlichen Situation wie die verlassene Ehefrau befinde, nach einer über Jahre oder Jahrzehnte andauernden Partnerschaft nicht ohne finanzielle Ressourcen „abserviert“ werden solle446. Für die verlassene, finanziell benachteiligte Ehefrau mildert das Scheidungsrecht die Konsequenzen der Trennung durch einen Abfindungsanspruch (prestation compensatoire) ab. Bei der Bemessung dieses Anspruchs werden Faktoren wie die Dauer der Partnerschaft und die während der Ehe bestehende Rollenverteilung bei Erwerbstätigkeit und Kindererziehung berücksichtigt (Art. 270 al. 2, 271 C.civ.). Da es von Gesetzes wegen beim concubinage demgegenüber keinen Anspruch auf finanzielle Unterstützung für den verlassenen Partner gibt, versucht die Rechtsprechung durch die Zubilligung von Schadensersatzansprüchen unbillige Konsequenzen, die aus der während der Beziehung erfolgten Arbeitsteilung resultieren, abzumildern447. Bei der Gewährung des Schadensersatzanspruchs berücksichtigt die Rechtsprechung die gleichen Kriterien wie beim Abfindungsanspruch von Ehegatten, insbesondere ob die Partnerschaft von längerer Dauer war, eine asymmetrische „eheähnliche“ Rollenverteilung vorgeherrscht hat und dementsprechend nur der verlassene Partner durch die Trennung finanziell besonders hart getroffen wird. Das Schadensrecht – auf Grundlage der Anspruchsgrundlage des Art. 1382 C.civ. – eröffnet dem verlassenen concubin somit die Chance, Entschädigungs443 Vgl. Barrière, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 155. 444 Vgl. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 263 f. 445 Vgl. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 260 f. 446 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 169. 447 Vgl. Chassagnard, La Semaine Juridique n°3 2001, II 10458, Anm. 1. Civ., 17.11.1999 = JurisData n°004082; Siffrein-Blanc, Dr. Famille n°7 2010, comm. 110.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
zahlungen zu erlangen, obwohl ihm von Gesetzes wegen kein Ausgleichsanspruch (prestation compensatoire) zusteht. Zudem ist das Schadensrecht von zuvor erfolgten Leistungen, Zuwendungen oder Vermögensverschiebungen unabhängig, welche bei den verschuldensunabhängigen Ausgleichsmechanismen der société créée de fait oder des enrichissement sans cause erfolgt sein müssen. Ersetzt werden nach französischem Schadensrechts nicht nur materielle Verluste, sondern auch immaterielle, moralische Schäden, die aus der Trennung resultieren448. b) Naturalobligation/Obligation naturelle Gelingt es dem verlassenen Partner nicht, ein schuldhaftes Fehlverhalten des anderen nachzuweisen, so scheidet ein Schadensersatzanspruch grundsätzlich aus. Denkbar ist jedoch, dass der nichteheliche Partner anlässlich der Trennung eine Naturalobligation (obligation naturelle) nicht erfüllt hat, die sich – damit ein Ersatzanspruch entstehen kann – in eine echte Rechtspflicht (obligation civile) verwandelt haben muss. Die Naturalobligation ist in Art. 1235 al. 2 C.civ. geregelt: Die Rückforderung einer Zahlung ist der Bestimmung zufolge dann ausgeschlossen, wenn freiwillig eine Leistung zur Begleichung einer Natural obligation erbracht wurde. Aus der Norm ergibt sich unmittelbar keine Anspruchsgrundlage für die concubins. Der Ausgleichsanspruch wurde erst durch die Rechtsprechung entwickelt. Bereits in einem Urteil vom 6. Oktober 1959449 hat die Cour de cassation eine Naturalobligation zwischen nichtehelichen Partnern (concubins) angenommen. An einer Entscheidung aus dem Jahr 1999 lässt sich aufzeigen, in welcher Weise die Cour de cassation eine Ausgleichspflicht auf Grundlage einer Naturalobligation zwischen concubins konstruiert. Die Cour de cassation hat in dieser Entscheidung eine moralische Verpflichtung bzw. Gewissenspflicht als Naturalobligation (obligation naturelle) angenommen, die nichteheliche Partnerin bei Trennung nicht ohne finanzielle Sicherung zurückzulassen. In dieser Entscheidung wurde ein concubin auf Grundlage einer Naturalobligation zur Leistung an den verlassenen Partner verurteilt.450. In der Entscheidung ging es darum, dass der concubin, der Eigentümer des gemeinsamen Familienheimes war, die Partnerin samt der gemeinsamen Kinder nach der Trennung aus seiner Immobilie verweisen wollte. Vorher hatte er jedoch seiner Partnerin das Angebot gemacht, sie finanziell zu unterstützen und ihr und den gemeinsamen Kindern Wohnrecht in der ihm gehörenden Wohnung Courbe, Droit de la famille, S. 258. 1. Civ. 6.10.1959 = D. 1960 J. p. 515. 450 1. Civ. 17.11.1999 = Juris-Data n°004082, comm. Chassagnard, La Semaine Juridique n°3 2001 II 10458. 448 Vgl. 449
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einzuräumen. Dieses Angebot wurde von der Partnerin allerdings nicht ausdrücklich angenommen, so dass der concubin es noch rechtzeitig vor Annahme widerrufen konnte. Auf diese Weise kam nach Einschätzung des Gerichts keine vertragliche Vereinbarung zwischen den beiden zustande. Die Cour de cassation maß dem Versprechen des concubin den Charakter einer Naturalobligation (obligation naturelle) bei. Auf diese Weise erlangte das Versprechen Rechtserheblichkeit. Aus dieser Naturalobligation habe der concubin nach Ansicht des obersten Gerichts aus Gewissensgründen eine echte Rechtspflicht (obligation civile) machen wollen. Dadurch sei diese auch gerichtlich durchsetzbar. In der Literatur wird diese Begründung dogmatisch als pures Billigkeitsrecht kritisiert: Die Naturalobligation diene dazu, dass der Richter das Recht anpasse, um Gesetzeslücken zu füllen. Dabei sage er sich jedoch vom eigentlichen Ge setzestext los. Das Gesetz habe die concubins gerade von jeglicher finanziellen Unterstützungs- und Ausgleichspflicht frei gestellt. Mittels der obligation naturelle schaffe der Richter solche Rechtspflichten im Wege der Rechtsfortbildung, die moralischen Ursprungs sein sollen451. Das Urteil der Cour de cassation zur Naturalobligation zwischen concubins ist keine Einzelfallentscheidung. Auch die Cour d’appel d’Aix-en-Provence hat anlässlich der Trennung zweier concubins eine obligation naturelle angenommen, mit dem Inhalt, dass die Partnerin nach der Trennung zu versorgen sei. Diese Naturalobligation habe sich in eine echte Rechtspflicht obligation civile verwandelt 452. Während der zehn Jahre andauernden nichtehelichen Lebensgemeinschaft hatte die Frau den Haushalt geführt sowie drei gemeinsame Kinder erzogen und währenddessen nur eine gering bezahlte Nebenbeschäftigung angenommen, die sie von zu Hause aus leisten konnte. Nach Trennung hat das Berufungsgericht den concubin zur Leistung einer Entschädigungszahlung verurteilt, da ihn nach der von ihm herbeigeführten Trennung eine Gewissenspflicht treffe, die materiellen und immateriellen Einbußen seiner Partnerin zu ersetzen. Das Gericht hat also einen Ersatzanspruch zugunsten der concubine angenommen, obwohl die Trennung nicht verschuldet ( fautive) war. Die Voraussetzungen eines solchen auf die obligation naturelle gestützten Ausgleichsanspruchs lassen sich folgendermaßen resümieren: Erstens muss eine Gewissenspflicht anerkannt werden zwischen nichtehelichen Partnern, den finanziellen und moralischen Schaden des verlassenen Partners zu ersetzen. Dieser berechnet sich vor dem Hintergrund der langen Dauer der Beziehung 451 1. Civ. 17.11.1999 = Juris-Data n°004082, comm. Chassagnard, La Semaine Juridique n°3, 2001 II 10458. 452 CA Aix en Provence, 28.06.2005 = Juris Data n°2005-281850, Anm. Larribau-Ter neyre, Dr. Famille n°2 2006, comm. 24.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
sowie in Anbetracht der Rollenverteilung, bei welcher einer der Partner auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet hat, um sich Haushalt und Kindererziehung zu widmen. Diese Gewissenspflicht ist als solche noch keine Rechtspflicht, sondern eine Naturalobligation (obligation naturelle). Das bedeutet, dass sie gerichtlich nicht durchsetzbar ist. Die obligation naturelle muss sich als zweite Voraussetzung für einen Ausgleichsanspruch in eine Rechtspflicht (obligation civile) verwandeln453. Dies geschieht durch eine einseitige Willenserklärung des Versprechenden, die diesen unwiderruflich bindet454. In einem von der Cour d’appel von Nancy zu entscheidendem Fall hatte der concubin sogar gegenüber dem Familienrichter schriftlich versichert, dass er seiner Partnerin Entschädigung wegen der Trennung leisten wolle455. An der Willenserklärung des Partners bestanden demzufolge keine Zweifel. Umgekehrt hat die Cour de cassation für die Umwandlung von der obligation natu relle in eine obligation civile die wiederholte Zahlung einer Geldsumme an die verlassene concubine nicht ausreichen lassen456. Auch eine wiederholte Zahlung sei nicht ausreichend, um eine einseitige, unwiderrufliche Willenserklärung des leistenden concubin anzunehmen. Die Konsequenz der Umwandlung von obligation naturelle in obligation civile ist entscheidend: Während die Naturalobligation dem Gläubiger nicht das Recht verleiht, die Leistung auch einzufordern, kann die echte Zivilpflicht zwangsweise durchgesetzt werden. Auch wenn eine Umwandlung von Naturalobligation in echte Zivilpflicht erfolgt ist, kann letztere nicht als unterhaltsrechtliche Pflicht charakterisiert werden wie sie zwischen Eheleuten nach der Trennung besteht. Vielmehr handelt es sich um eine Pflicht eigener Art, die nicht automatisch an die Trennung knüpft, sondern durch die einseitige Willensentscheidung des concubin begründet wird457. Der concubin, der seine Forderung gegen den anderen Partner geltend macht, muss beweisen, dass er Gläubiger einer obligation naturelle ist und dass diese sich in eine obligation civile verwandelt hat. Wenn keine schriftliche Verpflichtungserklärung des Schuldners vorliegt, ist der Nachweis nur schwierig zu erbringen. Aus dem Umstand, dass bereits eine Zahlung erfolgt ist, kann kein Civ. 1, 3.10.2006 = Juris Data n°2006-035240, Anm. Murat, Dr. Famille n°1 2007, comm. 3. 454 Murat, Dr. Famille n°1 2007, comm. 3. 455 CA Nancy, 11.04.2005 = Juris Data n°2005-283871, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°2 2006, comm. 24. 456 Vgl. 1. Civ., 23.05.2006 = Juris Data n°2006-033599, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°7 2006, comm. 142. 457 Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°2 2006, comm. 24. 453
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Rückschluss auf den Willen des Schuldners gezogen werden, in dauerhafter Weise den anderen Partner finanziell zu unterstützen458. Im Ergebnis hat die Cour de cassation durch Anwendung der Naturalobligation auf die Beendigungskonstellation nichtehelicher Beziehungen einen weiteren zivilrechtlichen Anspruch zugunsten des verlassenen, finanziell nicht abgesicherten Partners konstruiert. 3. Ausblick zu sachenrechtlichen Ausgleichsansprüchen beim Hausbau auf fremdem Grund Ein interessanter neuer Ansatz für einen vermögensrechtlichen Ausgleich zwischen concubins könnte auf der Ebene des Sachenrechts gefunden werden. Konkret geht es um Ausgleich für erhebliche Beiträge eines concubin beim Bau einer Immobilie, die im Eigentum des anderen Partners steht. In einer Entscheidung der dritten Zivilkammer der Cour de cassation wurde einem concubin, der wesentliche Arbeiten auf dem Grundstück seiner Partnerin vorgenommen hatte, ein vermögensrechtlicher Ausgleich auf der Grundlage von Art. 555 Code civil zugebilligt459. Art. 555 C.civ. regelt grundsätzlich den Fall des Hausbaus auf fremdem Grund: „Wenn die Anpflanzungen, Gebäude oder andere Bauwerke durch einen Dritten durchgeführt wurden mit Materialen, die dem Dritten gehörten, so hat der Eigentümer des Grundstücks das Recht […], entweder das Eigentum daran zu behalten oder den Dritten zu zwingen, diese vom Grundstück zu entfernen.“ Wenn der Eigentümer sich für die Option entscheidet, das Eigentum zu behalten, so hat er dem Dritten seine Aufwendungen zu erstatten. Der Höhe nach bestimmt sich der Anspruch für den Dritten danach, in welchem Maße der Wert des Grundstücks gestiegen ist. Auf diese Weise ist es möglich die Kosten der Materialien oder die Kosten der Arbeitskraft ersetzt zu bekommen. Folgende Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit der concubin Ausgleich für die von ihm erbrachten Leistungen erlangen kann460: Erstens müssen seine Arbeiten von erheblichem Umfang gewesen sein. Zweitens dürfen die concubins keine anderweitigen vertraglichen Abreden geschaffen haben bezüglich eines möglichen Ausgleichs, die der gesetzlichen Regelung vorgehen. Schließlich muss der concubin, der die Arbeiten vorgenommen hat, rechtlich als tiers évincé – d. h. als „verdrängter Dritter“ bezeichnet werden können. An diesem
Vgl. 1. Civ. 23.05.2006 = Bulletin 2006 I N° 264 p. 231; Schmitt, AJ Famille 2008, 14. 3. Civ. 29.04.2009 = JurisData n°2009-047967, Anm. Sizaire, Construction – Urba nisme n°7 2009, comm. 102. 460 Vgl. Sizaire, Construction – Urbanisme n°7 2009, comm. 102. 458 459
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Erfordernis hatte das Berufungsgericht den Anspruch des concubin scheitern lassen. Die Cour de cassation hat der rechtlichen Einschätzung des Berufungsgerichts widersprochen. Ein nichtehelicher Lebenspartner kann demzufolge ein „Dritter“ im Sinne der Vorschrift sein. Das Gericht hat ebenfalls klargestellt, dass auch die Bösgläubigkeit des concubin – in diesem Fall also das Wissen darum, dass das Eigentum am Grundstück seiner concubine zustand – keine negativen Auswirkungen auf seinen Entschädigungsanspruch hat. Aus der Entscheidung der Cour de cassation, die bislang keine Rechtsprechungslinie abbildet, sondern eine Einzelfallentscheidung darstellt, lässt sich als Ausblick zeigen, dass nicht mehr allein auf dem Gebiet des Schuldrechts, sondern auch des Sachenrechts eine Rechtsfortbildung im Hinblick auf den Ausgleich nichtehelicher Lebensgemeinschaften möglich erscheint. 4. Kritische Würdigung der Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung im französischen Recht Insgesamt lässt sich zum vermögensrechtlichen Ausgleich zwischen concubins festhalten, dass obwohl die Rechtsprechung über die Figuren der socitée créée de fait, des enrichissement sans cause und anderen Ausgleichsmechanismen wie der obligation naturelle eine Billigkeitskorrektur durchführt, eine unbefriedigende Situation für die concubins nach der Trennung besteht461. Die Billigkeitskorrektur der Gerichte ist durch Wertungen im Einzelfall geprägt –, und zwar bezogen auf jeden der soeben vorgestellten Ausgleichsansprüche. Im Gesellschaftsrecht ist Dreh- und Angelpunkt, ob der Wille der concubins, wie Gesellschafter zusammenzuwirken – l’affectio societatis – als gegeben angenommen wird. Im Bereicherungsrecht herrscht Unsicherheit, ob die Gerichte aufgrund des Eigeninteresses des concubin an der vorgenommen Leistung den nachträglichen Ausgleich verweigern. Schadensrechtlicher Ausgleich hängt von der Wertung ab, ob ein abgrenzbares schuldhaftes Fehlverhalten anlässlich der Trennung vorliegt oder ob der concubin lediglich von seiner Freiheit, sich jederzeit zu trennen, Gebrauch gemacht hat. Die obligation naturelle ist soweit ersichtlich nur in der bestimmten Konstellation denkbar, dass der sich trennende Partner einseitig verpflichtet, für den anderen zu sorgen. Der Überblick über die gerichtlichen Entscheidungen zeigt, dass keine Rechtssicherheit für die concubins besteht, nach der Trennung am Vermögenszuwachs zu profitieren, den sie während der Lebensgemeinschaft gebildet ha-
461 Vgl.
Larribau-Terneyre, Dr. Famille 2010, comm. 35.
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ben462. Es ist nicht einmal sicher, dass die concubins die Vermögensgegenstände zurückerlangen, die sie ursprünglich mit in die Partnerschaft eingebracht haben, sofern sie ihr Alleineigentum daran nicht nachweisen können463. Die einzige Möglichkeit, Rechtssicherheit zu erlangen besteht für die Partner darin, bereits bei Vornahme größerer Investitionen das Schicksal der gemeinsamen Güter für den Fall der Trennung vertraglich zu regeln464, was in der Praxis aber nur sehr selten erfolgt. Zudem werden den concubins auch bei der vertraglichen Gestaltung ihrer Vermögensverhältnisse durch die Rechtsprechung Grenzen gesetzt. In einem Fall, den die Cour d’appel von Paris zu entscheiden hatte, wollten die concubins vertraglich festlegen, dass die zu Miteigentum erworbene Immobilie nicht vor dem Ablauf von fünfundzwanzig Jahren verkauft werden dürfe. Das Gericht hat die Vereinbarung als nichtig angesehen, verstoße sie doch gegen den allgemeinen Grundsatz, nach welchem eine gesetzlich vorgesehene und auf unbestimmte Zeit angelegte Bruchteilsgemeinschaft (indivision) jederzeit (Art. 815 C.civ.) und eine auf bestimmte Zeit angelegte vertraglich vereinbarte Bruchteilsgemeinschaft maximal nach fünf Jahren auseinandergesetzt werden könne (Art. 1873-3 C.civ.)465. Als positive Entwicklung im Hinblick auf mehr Rechtssicherheit ist in Frankreich zu sehen, dass seit dem Jahr 2009 der Familienrichter einheitlich zuständig ist, um die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen Ehegatten, Partnern des PACS und bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften (concubins) vorzunehmen (Art. 1136-1 Code de procédure civile). Diese Zuständigkeitskonzentration auf den Familienrichter lässt den Rückschluss zu, dass sich auch materiell-rechtlich die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei den Partnerschaftsformen annähert. Im französischen Recht sind die schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen neben dem Güterrecht nämlich nicht nur auf Ehegatten in Gütertrennungsehe beschränkt. Vielmehr sind die Rechtsprechungsgrundsätze zur faktischen Gesellschaft (société de fait) und zum bereicherungsrechtlichen Ausgleich (enrichissement sans cause) auch auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen PACS-Partnern übertragbar, wie noch näher erläutert wird. Ausgehend vom Prozessrecht zeichnet sich eine Tendenz zu einem gemeinsamen Ausgleichsregime für alle drei Partnerschaftsformen ab. Rivier, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 100; Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 351. 463 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 172. 464 Vgl. Siffrein-Blanc, Dr. Famille n°3 2008, comm. 37. 465 CA Paris pôle 3, ch. 1 = JurisData n°2009-007093, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°1 2010, comm. 1. 462 Vgl.
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V. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung im deutschen und französischen Recht – ein zusammenfassender Vergleich Die problematische Ausgangslage der rechtsvergleichenden Betrachtung ist in beiden Rechtsordnungen identisch: Es gibt erstens kein gesetzliches Ausgleichsregime, kein „Güterrecht für nichteheliche Lebensgemeinschaften“. Zweitens sind vertragliche Regelungen zwischen den Partnern, mit denen sie das Schicksal des gemeinsam gebildeten Vermögens bestimmen können, bis heute in beiden Ländern die seltene Ausnahme. Und drittens scheidet eine direkte oder analoge Anwendung des ehelichen Güterrechts oder Verlöbnisrechts nach dem Willen der Rechtsprechung aus. Da die sachenrechtliche Aufteilung von Vermögensgegenständen oftmals zu unbefriedigenden Ergebnissen führt, wendet die Rechtsprechung Mechanismen des Schuldrechts an, um einen vermögensrechtlichen Ausgleich zwischen nichtehelichen Lebenspartnern vorzunehmen. Hierbei wird in beiden Rechtsordnungen übereinstimmend der Bedarf nach einer richterrechtlichen Anpassung der schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche gesehen. In beiden Rechtsordnungen kommen – eine weitere entscheidende Gemeinsamkeit – dogmatisch die gleichen Ausgleichsansprüche zur Anwendung wie bei der Auseinandersetzung von Gütertrennungsehen. Vorrangig sind hier gesellschaftsrechtliche und subsidiär dazu bereicherungsrechtliche Ausgleichsmechanismen zu nennen. Die Gemeinsamkeiten beider Rechtsordnungen sind noch tiefgehender. Nicht nur die gleichen Ansprüche, auch die einzelnen Anspruchsvoraussetzungen werden in ganz ähnlicher Weise von den Gerichten interpretiert. Die schuld rechtlichen Ausgleichsmechanismen erhalten – wie bei der Auseinandersetzung von Gütertrennungsehen – einen familienrechtlichen Einschlag. BGH und Cour de cassation machen keine erheblichen Unterschiede mehr zwischen der Abwicklung von Gütertrennungsehen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften. In einer Entscheidung von 2012 hat der BGH466 im Hinblick auf den Ausgleich unbenannter Zuwendungen eines Ehegatten vor und während der Ehe in Gütertrennung ausdrücklich erklärt, dass die Rückgewähransprüche bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften und Gütertrennungsehen vergleichbaren Regeln folgen. Die rechtlichen Lösungen in beiden Rechtsordnungen lassen sich im Folgenden anhand von Problemfeldern, welche bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften gehäuft auftreten, systematisieren und vergleichend gegenüberstellen. 466 Vgl. BGH, Urteil vom 19.09.2012 – XII ZR 136/10 = NJW 2012, 3374; Anm. Wellenhofer, JuS 2013, 458.
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1. Gemeinsame Vermögensbildung und Vermögensveranlagung Zu einer bewussten Vermögensvermischung oder Vermögensbildung zwischen den nichtehelichen Partnern kann es dann kommen, wenn sie ihre persönlichen Ressourcen in den Aufbau eines Unternehmens stecken, das beiden Partnern gemeinsam gehören soll. Gleiches gilt, wenn die Partner die Entscheidung treffen, gemeinsam Renditeobjekte zu erwerben, wie beispielsweise Immobilien mit Miet- und Eigentumswohnungen. Identischer Punkt dieser Sachverhalte ist, dass eine gemeinsame Vermögensbildung und Vermögensveranlagung erfolgt, die sich deutlich vom alltäglichen Zusammenwirtschaften als Paar abgrenzen lässt. Die wirtschaftlichen Interessen stehen bei der gemeinsamen Vermögensbildung und Vermögensveranlagung klar im Vordergrund. In den Hintergrund rückt demgegenüber die emotional geprägte Verbundenheit, die charakteristisch für nichteheliche Lebensgemeinschaften ist. Ob der durch die gemeinsame Unternehmung erzielte Gewinn letztendlich in die Ausgestaltung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft fließt oder in andere wirtschaftliche Projekte investiert wird, ist für die rechtliche Beurteilung unerheblich. Der gemeinsame unmittelbare Zweck, den die nichtehelichen Lebenspartner mit ihrer Investition verfolgen, ist die Schaffung eines Vermögenswertes. Bei der Betrachtung muss nicht unter den Tisch fallen, dass die emotionale Verbundenheit ein Motiv darstellt, warum das Vermögen gerade gemeinsam mit dem nichtehelichen Partner investiert wird und nicht mit einem beliebigen Dritten. Jedoch könnte der gemeinsam verfolgte wirtschaftliche Zweck in gleicher Weise mit einem Dritten, einem Geschäftspartner, verfolgt werden und er hat mit der Lebensgemeinschaft als solcher nichts zu tun. Wenn mehrere Personen sich zusammenschließen und gemeinsam Beiträge in Form von Kapital- oder Arbeitsleistungen erbringen zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks, so kommen beide Rechtsordnungen klassischerweise zur Anwendung des Gesellschaftsrechts. Mag das Gesellschaftsrecht damit prinzipiell als passendes Instrument zur Erfassung der gemeinsamen Vermögensbildung und Vermögensveranlagung zwischen nichtehelichen Paaren gelten. Anwendungsschwierigkeiten bei den Ausgleichsansprüchen im Detail resultieren daraus, dass sich eben nicht „fremde“ Geschäftspartner, sondern emotional verbundende nichteheliche Lebenspartner gegenüberstehen. Diese Diskrepanz wird am Erfordernis eines Vertragsschlusses deutlich. Grundvoraussetzung einer wirksamen Gesellschaftsgründung ist in beiden Rechtsordnungen ein Vertragsschluss467. Es ist kaum denkbar, dass Geschäftspartner, die eine Gesellschaft gründen wollen, auf einen solchen verzichten. 467 Vgl. § 705 BGB für die deutsche GbR, Art. 1832 C.civ. für die Gesellschaften französischen Rechts.
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Anders aber stellt sich die Lage bei nichtehelichen Lebenspartnern dar: Es werden häufig Beiträge von erheblichem wirtschaftlichem Wert geleistet, ohne dass es zu einem förmlichen Vertragsschluss kommt. Die Partner leisten die Beiträge, weil sie einander in besonderem Maße vertrauen. Um dennoch auf das grundsätzlich als passend erachtete Instrument des gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs zurückgreifen zu können, musste die Rechtsprechung beider Länder das Erfordernis des Vertragsschlusses für die besondere Konstellation der nichtehelichen Lebensgemeinschaft abschwächen. Die französischen Gerichte können, indem sie sich auf die faktische Gesellschaft (société créée de fait) stützen468, auf den Vertragsschluss zwischen den concubins gänzlich verzichten, sofern die Partner im Übrigen gleichberechtigt zusammenarbeiten, Gewinn und Verlust tragen und einen gesellschaftsrechtlich relevanten Zweck verfolgen469. Die Rechtsprechung hat sich dieser in Art. 1873 C.civ. ansatzweise kodifizierten Rechtsfigur bedient, um darauf aufbauend Grundsätze zum gesellschaftsrechtlichen Ausgleich zwischen concubins zu entwickeln, die ebenfalls bei Ehegatten im Gütertrennungsregime Anwendung finden. Auch in der deutschen Rechtsordnung tauchte zeitweise die Figur der „faktischen Gesellschaft“ zwischen nichtehelichen Lebenspartnern auf. Nach der BGH-Rechtsprechung des Zweiten Senats470 konnte auf einen Gesellschaftsvertrag zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern verzichtet werden, wenn sie durch gemeinschaftliche Leistung einen Vermögensgegenstand erworben und hierbei die Absicht verfolgt hatten, einen – wenn auch nur wirtschaftlich – gemeinschaftlichen Wert zu schaffen. Unter diesen Voraussetzungen hat der BGH die §§ 730 ff. BGB analog auf die „faktische Gesellschaft“ zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern angewendet. Bei der Ehegatteninnengesellschaft hat der BGH auf den Vertragsschluss zwar niemals gänzlich verzichtet, jedoch einen „schlüssig“ zustande gekommenen Gesellschaftsvertag bereits dann angenommen, wenn die Ehegatten einen über die Verwirklichung der Ehegemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen471. Inzwischen ist die BGH-Rechtsprechung auch bei den nichtehelichen Lebensgemeinschaften davon abgerückt, eine rein faktische Willensübereinstimmung genügen zu lassen für die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Aus468
Art. 1873 C.civ. Vgl. u. a. Cass. Com. vom 23.06.2004, Bull. Civ. I, n°135; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 170. 470 Vgl. BGH, Urteil vom 12.07.1982 – II ZR 263/81 = BGHZ 84, 388 = NJW 1982, 2863; BGH, Urteil vom 24.03.1980 – II ZR 191/79 = BGHZ 77,55 = NJW 1980, 1520. 471 Vgl. BGH, Urteil vom 28.09.2005 = XII ZR 189/02 = BGHZ 165,1. 469
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gleichsansprüche. Es bedarf nunmehr eines zumindest „konkludenten“ Vertragsschlusses472 , so dass auch hier eine Parallele zur Gütertrennungsehe gezogen werden kann. Diese dogmatische Wendung vom faktischen zum konkludent zustande gekommenen Vertrag scheint in der Praxis keine bemerkenswerten Auswirkungen zu haben. Jedenfalls werden auch nach der Rechtsprechungsänderung die gleichen Sachverhalte gesellschaftsrechtlich eingeordnet wie zuvor. Welche Sachverhalte, bei denen nichteheliche Lebensgemeinschaften involviert sind, fallen also unter eine gesellschaftsrechtliche Beurteilung? Der gemeinsame Aufbau eines Unternehmens und die gemeinsame Unternehmensleitung sowie die gemeinsame Investition in Renditeobjekte, die eingangs erwähnt wurden, werden in beiden Rechtsordnungen übereinstimmend nach dem Gesellschaftsrecht abgewickelt473. Umgekehrt sind auch die Sachverhalte, die nach beiden Rechtsordnungen nicht gesellschaftsrechtlich beurteilt werden, identisch. Noch immer ein in Rechtsprechung und Literatur kontrovers behandeltes Paradebeispiel hierfür ist der gemeinsame Hausbau bzw. der Erwerb eines Familienheimes. Die Problematik dabei ist, ob die gemeinsame Vermögensbildung in Form des Familienheimes für die Begründung einer Gesellschaft zwischen den nichtehelichen Lebensgefährten hinreichend sein kann. Unstreitig ist, dass beim Erwerb oder Ausbau eines Familienheimes wirtschaftliche Werte von erheblicher Bedeutung geschaffen werden. Auf der anderen Seite steht beim Erwerb eines Familienheimes nicht die wirtschaftliche Zusammenarbeit oder Vermögensbildung der Partner im Vordergrund, sondern die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft als Paar. In diesem Aspekt zeigt sich der Unterschied zwischen den eingangs erwähnten Beispielen der gemeinsamen Vermögensbildung und Vermögensveranlagung. Zu diesem übereinstimmenden Ergebnis gelangen die obersten Gerichte in Deutschland und Frankreich. Die Cour de cassation macht die Ablehnung des gesellschaftsrechtlichen Ausgleichs für die Hausbau-Fälle daran fest, dass kein Gesellschaftswille (affectio societatis) vorliegt, d. h. kein Zweck verfolgt wird, der sich von der gemeinsamen Interessenverfolgung, die einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ohnehin inhärent ist, unterscheiden ließe474. Die gleiche Argumentation verwendet der BGH bei der Ehegatteninnengesellschaft. Nach ständiger Rechtsprechung wird für eine Ehegatteninnengesellschaft ein Zweck gefordert, der über die Ausgestaltung der ehelichen Lebensge472
Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 = XII ZR 179/05 Rn. 21 = BGHZ 177, 193. Vgl. oben Teil 2 C III. 2. b) cc) und Teil 2 C IV. 1. a) cc). 474 Vgl. beispielsweise 1. Civ. 20.01.2010 = Bulletin 2010, I, n° 11. 473
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meinschaft hinausgehen muss475. Für den Erwerb des Familienheimes lehnt der BGH infolge dessen einen gesellschaftsrechtlich relevanten Zweck ab. Bei der Behandlung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft setzt die Restriktion des BGH formal nicht beim Zweck an – hierfordert der BGH keinen über die Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck – sondern bei dem für den Vertragsschluss erforderlichen Rechtsbindungswillen476. Gleichwohl ist der Zweck der Leistung auch bei nichtehelichen Paaren nicht unerheblich. Sofern die nichtehelichen Lebensgefährten nämlich nicht den Zweck verfolgen, einen – wenn auch nur wirtschaftlich – gemeinsamen Wert zu schaffen, dann wird ihnen nach Ansicht der BGH Rechtsprechung zumeist der für den Vertragsschluss erforderliche Rechtsbindungswille fehlen477. Ob bei der Voraussetzung der „Zweckverfolgung“ oder bei dem „Vertragsschluss“ angesetzt wird, erscheint vom Ergebnis her gesehen unerheblich. Auf diese Weise wird auch für nichteheliche Paare der gesellschaftsrechtliche Ausgleich auf Vorgänge begrenzt, bei denen die Partner in der Absicht gemeinsamer Wertschöpfung wirtschaftliche Beiträge geleistet haben – sei es, dass sie zusammengearbeitet haben oder sei es, dass sie Vermögen gemeinsam veranlagt haben478. Für die rechtsvergleichende Betrachtung kann folgendes Ergebnis festgehalten werden: Sowohl die deutsche als auch die französische Rechtsordnung kommen zu der gleichen Beurteilung, in welchen Fällen gesellschaftsrechtliche Ausgleichsmechanismen zur Lösung von Beendigungskonflikten von nichtehelichen Paarbeziehungen herangezogen werden. Zusammenfassend ausgedrückt ist die Gewährung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche in beiden Rechtsordnungen kein Automatismus, der sich aus dem Zusammenleben und Zusammenwirtschaften als Paar ergibt. Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich erfordert ein „Mehr“ an wirtschaftlicher Vermögensbildung oder Vermögensveranlagung, welches die Partner während ihrer Lebensgemeinschaft miteinander verbunden hat. 2. Berufliche Mitarbeit Dass ein nichtehelicher Partner den anderen bei dessen beruflicher Tätigkeit durch seine Mitarbeit unterstützt ohne dafür eine Entlohnung zu fordern, ist keine Seltenheit. Dienstleistungen werden zumeist im Bewusstsein erbracht, am gemeinsam Erwirtschafteten später auch teilzuhaben und dabei die Kosten für eine externe Arbeitskraft einzusparen.
475
Vgl. BGH, Urteil vom 30.06.1999 – XII ZR 230/96 = BGHZ 142, 137. Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 = XII ZR 179/05 Rn. 20 = BGHZ 177, 193 477 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 = XII ZR 179/05 Rn. 22 = BGHZ 177, 193. 478 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 61. 476
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Ein formelles Beschäftigungsverhältnis im Sinne eines Arbeits- oder Dienstvertrages wird indessen selten zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern bestehen479. Wenn ein Partner längerfristig im Betrieb des anderen faktisch beschäftigt wurde und der andere nach Beendigung der Beziehung durch die erfolgte Mitarbeit bereichert ist, stellt sich die Frage nach einer nachträglichen Abrechnung. Dabei ist die Geltendmachung gesellschaftsrechtlicher Ausgleichsansprüche nicht immer aussichtsreich für den Ausgleich fordernden Partner. Eine Gesellschafterstellung ist in beiden Rechtsordnungen nämlich an die Gleichberechtigung480 beider Partner geknüpft. Vielfach arbeitet ein Partner jedoch untergeordnet im Betrieb des anderen mit. Ein Unterordnungsverhältnis und eine Gesellschafterstellung lassen sich weder im deutschen noch im französischen Recht vereinbaren. Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich wird mangels Gesellschafterstellung versagt. Um überhaupt als ausgleichsfähige Leistung beurteilt zu werden, muss der Arbeitseinsatz die Schwelle einer gelegentlichen Aushilfe überschritten haben – so das übereinstimmende Ergebnis der Rechtsprechung beider Länder481. Unter nichtehelichen Partnern gebotene Gefälligkeiten, einander kurzfristig im Betrieb auszuhelfen, sollen prinzipiell nicht ausgleichsfähig sein482. Für erhebliche Arbeitsleitungen eines Partners, von denen der andere Partner über eine gewisse Dauer profitiert hat und die gleichwohl keine gesellschaftsrechtliche Rückabwicklung nach sich ziehen, wird in Deutschland und Frankreich der Bedarf nach einem anderweitigen nachträglichen Ausgleich gesehen. Der dogmatische Ansatz für diesen Ausgleichsanspruch unterscheidet sich in der deutschen und französischen Rechtsprechung. Deutsche Gerichte ziehen hierfür die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB heran483. Als Vertragsverhältnis, dessen Grundlage durch die Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft entfallen ist, nimmt die Rechtsprechung eine „gemeinschaftsbezogene Arbeitsleistung“ an. Wie bei Ehegatten handelt es sich bei dieser Rechtsschöpfung um einen Kooperationsvertrag sui generis. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch über die Zweckverfehlungskondiktion wird Weinreich, FPR 2001, 29, 33. zum Kriterium der gleichberechtigten Zusammenarbeit beispielweise: Cass. Com. 23.06.2004 = Bulletin 2004 IV N° 134 p. 148 und Bulletin 2004 IV N° 135 p. 149 und BGH, Urteil vom 30.06.1999 XII ZR 230/96 = BGHZ 142, 137. 481 Vgl. beispielsweise 1. Civ. 20.01.2010 = Bulletin 2010, I, n° 15; BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 43 = BGHZ 177, 193. 482 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 171; Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 9, Rn. 17 f. 483 Seit der Rechtsprechungsänderung vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 43 ff. = BGHZ 177, 193. 479 Vgl.
480 Vgl.
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hingegen oftmals deshalb abgelehnt, weil die Rechtsprechung fordert, dass der Bereicherte die Zweckverfolgung des Leistenden, nämlich an der durch die Mitarbeit erzielten Wertsteigerung des Betriebes längerfristig zu partizipieren, zumindest positiv erkannt haben muss484. Französische Gerichte können einen bereicherungsrechtlichen Ausgleich dagegen unter erleichterten Voraussetzungen vollziehen. Geprüft wird erstens, ob der andere Partner durch die Arbeitsleistung bereichert ist – sei es, weil er eine fremde Arbeitskraft eingespart hat oder sei es, dass der Betrieb eine messbare Wertsteigerung aufgrund der Mitarbeit des nichtehelichen Lebenspartners erfahren hat. Zweitens darf der Mitarbeit kein Rechtsgrund zugrunde gelegen haben, wie es aber beispielsweise bei einem zwischen den nichtehelichen Partnern bestehenden Arbeitsvertrag der Fall gewesen wäre485. Auch eine Gegenleistung in Form anderweitiger materiell messbarer Vorteile wie einer unentgeltlichen Wohnmöglichkeit würde einen bereicherungsrechtlichen Anspruch ausschließen bzw. der Höhe nach begrenzen486. Der dogmatische Unterschied, der in beiden Rechtsordnungen besteht, wirkt sich für das Sachproblem nicht aus: Der durch die Mitarbeit im Vermögen eines Partners entstandene und bei Beendigung der Beziehung noch vorhandene, nicht unerhebliche Vermögensvorteil wird im Ergebnis in beiden Rechtsordnungen ausgeglichen. 3. Erwerb und Renovierung der gemeinsam genutzten Wohnung/ „Hausbau-Fälle“ Nichteheliche Lebenspartner ziehen entweder in gemieteten Wohnungen zusammen oder aber – was häufig bei langjährigen Beziehungen vorkommt – sie erwerben oder bauen ein Wohnhaus. Bei der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft stellt sich in beiden Rechtsordnungen gleichermaßen die Frage, ob die Finanzierung eines Familienheimes sowie wertsteigernde Arbeiten daran Anlass für nachträglichen Ausgleich geben. Insbesondere stellt sich ein Ausgleichsbedürfnis dann, wenn einer der Partner Kapital- oder Arbeitsleistungen von erheblichem Umfang in eine Immobilie investiert, die dinglich dem anderen Partner zugeordnet ist und somit nach Trennung in dessen Vermögen verbleibt. Die Rechtsprechungen in beiden Ländern bewerten übereinstimmend den Beitrag des Partners zum Erwerb oder zur Renovierung der Immobilie als einen 484
Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 18.02.2009 – XII ZR 163/07 = NJW 2009, 1142. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 171 f. 486 Vgl. 1. Civ. 20.01.2010 = JurisData n°2010-051161, Anm. Larribau Terneyre, Dr. Famille n°3 2010, comm. 35. 485 Vgl.
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solchen, der primär der Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft und erst sekundär der gemeinsamen Vermögensbildung und wirtschaftlichen Wertschöpfung dient487. Mit dieser Begründung wird ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleich in den „Hausbau“- Fällen abgelehnt. Allerdings kommen subsidiär bereicherungsrechtliche Ansprüche infrage – so übereinstimmend die deutsche und französische Rechtsprechung. Unterschiede bestehen jedoch im Hinblick auf die Voraussetzungen, unter denen bereicherungsrechtlicher Ausgleich gewährt wird. Selbst nach der Rechtsprechungsänderung des XII. Senats vom 9. Juli 2008488, der zufolge die Anwendung der Zweckverfehlungskondiktion in den „Hausbau“-Fällen nicht mehr aus Prinzip abgelehnt wird, sind die Anforderungen für die Bejahung des Ausgleichsanspruchs bei konkreter Betrachtung hoch. Zugesprochen wird ein bereicherungsrechtlicher Anspruch aus § 812 I 2 Alt. 2 BGB nur unter der Voraussetzung, dass die wertsteigernden Arbeiten an der Immobilie mit dem erkennbaren Zweck vorgenommen wurden, dass der leistende Lebenspartner dauerhaft von der Zuwendung oder dem Arbeitserfolg profitiert, wie dies beispielsweise bei der Einräumung eines lebenszeitigen Wohnrechts489 der Fall wäre. Der „Kasus knaxus“ ist die Zweckabrede. Ob nämlich eine hinreichend konkrete Zweckvereinbarung zwischen den Partnern vorgelegen hat, dürfte nachträglich schwierig nachzuweisen sein490. Scheitert ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung, ist nach BGH-Rechtsprechung nunmehr subsidiär ein Ausgleich über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zu prüfen491. Mit Beendigung der nichtehelichen Beziehung entfällt die Geschäftsgrundlage der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung oder Arbeitsleistung zum gemeinsamen Hausbau. Der Ausgleichsanspruch wird schließlich davon abhängig gemacht, dass der im Vermögen des anderen Partners noch verbleibende Vorteil für den zuwendenden Partner nicht zumutbar sein darf. Die französischen Gerichte lösen den gleichen Fall ohne Rückgriff auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage – eine Vertragsanpassung wird bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften nicht diskutiert. Vielmehr wird auf den bereicherungsrechtlichen Ausgleich unter – im Vergleich zum deutschen Recht – erleichterten Vor487 Vgl.
BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 22 = BGHZ 177, 193 1. Civ. 20.01.2010 = JurisData n°2010-051161, Anm. Larribau Terneyre, Dr. Famille n°3 2010, comm. 35. 488 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193. 489 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 38 = BGHZ 177, 193. 490 Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 9, Rn. 29–31. 491 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 40 ff. = BGHZ 177, 193.
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aussetzungen zurückgegriffen. Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (enrichissement sans cause) werden nach französischem Recht als „vertragsähnlich“ (quasi contrats) eingestuft. Zu einem bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch gelangen die Gerichte, wenn der Entreicherung des leistenden Partners, die beispielsweise durch die Finanzierung von Renovierungsarbeiten eingetreten ist, eine entsprechende Bereicherung des anderen Partners gegenübersteht, was bei einer verbleibenden Wertsteigerung der Immobilie grundsätzlich zu bejahen ist 492. Allerdings soll nur dann ein Ausgleichsanspruch bei Beendigung der nichtehelichen Beziehung entstehen – und auch hierin sind sich beide Rechtsordnungen einig – wenn der leistende Partner nicht bereits eine hinreichende Kompensation während der Partnerschaft erfahren hat. Eine Gegenleistung, welche die Entreicherung aufheben würde, wäre beispielsweise die jahrelange unentgeltliche Unterbringung in der Wohnung des Lebensgefährten493. Hat einer der Partner die Darlehensraten eines Kredits beglichen, der für den Erwerb oder Umbau des im Alleineigentum des anderen Partners stehenden Familienheims aufgenommen worden ist, so kann er nachträglich dann keinen Ausgleich verlangen, wenn die Leistungen nicht deutlich über die Miete hinausgehen, die für vergleichbaren Wohnraum aufzuwenden wäre494. Diese Leistungen ermöglichen erst das Zusammenleben als Paar und sind demzufolge nicht ausgleichsfähig495. Wenn die erbrachte Leistung aber bereits während der Lebensgemeinschaft einen Ausgleich erfährt, ist auch nach Billigkeitsgesichtspunkten kein nachträglicher Ausgleich mehr geboten. Diese Wertung wird in beiden Rechtsordnungen deutlich. Ob man die Ablehnung des Ausgleichsanspruchs dogmatisch nun an eine fehlende Entreicherung des Leistenden knüpft – wie im französischen Recht; oder ob man wie im deutschen Recht daran anknüpft, dass der Vermögensvorteil beim Zuwendungsempfänger nicht mehr vorhanden ist 496 oder aber der noch verbleibende Vermögensvorteil nicht unzumutbar ist 497, erscheint vom Ergebnis her betrachtet zweitrangig. Sofern aber während der Beziehung eine Kompensation für die Kapital- oder Arbeitsleistungen ausgeblieben ist, wird der geleistete Beitrag zum Erwerb oder zum Ausbau des Familienheimes nachträglich ausgeglichen. Dem Ausgleich Vgl. 1. Civ. 24.09.2008 n° de pourvoi: 06-11294 Publié au bulletin; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 171. 493 Vgl. 1. Civ. 20.01.2010 = Juris Data n°2010-051161, Anm. Larribau Terneyre, Dr. Famillie n°3 2010, comm. 35. 494 Vgl. BGH, Urteil vom 8.05.2013 – XII ZR 132/12 = BeckRS 2013, 11221. 495 Vgl. Stein, FamFR 2013, 384. 496 Vgl. BGH, Urteil vom 6.07.2011 – XII ZR 190/08, Rn. 25 f. = NJW 2011, 2880. 497 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 69. 492
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steht dabei nicht entgegen, dass der Zweck der Leistung – nämlich die Schaffung eines Lebensmittelpunktes für das Paar und damit die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft – auch für eine gewisse Zeit erfüllt wurde. Dies spiegelt sich allenfalls bei der Höhe des Ausgleichsanspruchs wider498. Den Ausgleich einschränkend wird jedoch verlangt, dass die geleistete Arbeits- oder Kapitalleistung eine Schwelle überschritten haben muss, unter welcher die noch als zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften gebotene freiwillige Unterstützungsleistung des alltäglichen Bedarfs (aide bénévole et naturelle entre concubins) zu qualifizieren wäre. Letztere werden ersatzlos erbracht499. Was die Höhe des Ausgleichsanspruchs betrifft, kann in beiden Rechtsordnungen unberücksichtigt bleiben, ob die Immobilie zwischenzeitlich eine Wertsteigerung erfahren hat und damit ein „Gewinn“ im Vermögen des Eigentümers zu verzeichnen ist. Das französische Recht deckelt den Anspruch dadurch, dass die Ausgleichsforderung nach der geringeren Summe vom Nominalwert der gemachten Ausgabe und dem verbleibenden Vermögensvorteil bestimmt wird500. Und auch nach aktueller BGH-Rechtsprechung ist der Rückforderungsanspruch vor dem Hintergrund dessen herabzustufen, dass der Leistende es einmal für richtig gehalten hat, die Zuwendung an den anderen Partner zu machen501. Für die Zeit, in welcher die Lebensgemeinschaft Bestand hatte, wurde damit der Zweck der Leistung erreicht. Dementsprechend ist eine komplette Rückforderung nach Beendigung der nichtehelichen Beziehung selbst unter Billigkeitsgesichtspunkten nicht geboten. 4. „Unentgeltlich“ erfolgte Zuwendungen Von einer wirtschaftlichen Betrachtung her gesehen werden Leistungen eines Partners oftmals ohne Gegenleistung erbracht. Um ein paar Beispiele unter vielen zu nennen: Ein Partner erwirbt einen Wagen, den der andere Partner mit den gemeinsamen Kindern nutzen soll; ein Partner finanziert die gemeinsame Urlaubsreise; ein Partner zahlt die Darlehensraten, die der andere Partner schuldet, um ein gemeinsam genutztes Wohnhaus zu finanzieren. Im zuletzt genannten Beispiel wird nicht der die Darlehensraten begleichende Partner Eigentümer, sondern der andere, der den Kaufvertrag über die Immobilie abgeschlossen hat bzw. im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wurde.
498
Vgl. BGH, Urteil vom 3.02.2010 – XII ZR 53/08 = NJW 2010, 868. Vgl. 1.Civ. 24.09.2008 (2 Urteile) = n°2008-045072 und JurisData n°2008-045072; BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 40 ff. = BGHZ 177, 193. 500 Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 351. 501 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 4 4 = BGHZ 177, 193. 499
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Dies könnte zu dem Reflex führen, dass man die finanzielle Leistung, die offenbar ohne Gegenleistung erfolgt, rechtlich gesehen als Schenkung qualifiziert. Bei Beendigung der nichtehelichen Beziehung kann eine Schenkung im französischen Recht nicht502 , im deutschen Recht nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen503 zurückgefordert werden. Die Rechtsprechung in beiden Ländern nimmt jedoch eine differenzierte Betrachtung solcher „unentgeltlich“ erfolgten Zuwendungen vor. Ein Schenkungswille (intention libérale) wird nur dann bejaht, wenn der Empfänger frei über den zugewendeten Gegenstand verfügen soll504. Echte Freigiebigkeit liegt hingegen nicht vor, wenn der Partner primär die gemeinsame Beziehung ausgestalten möchte und zudem beabsichtigt, selbst von der Zuwendung dauerhaft zu profitieren505. Den anfangs erwähnten Beispielen von „unentgeltlichen“ Zuwendungen ist gemein, dass der Zuwendende nicht im Sinne echter Freigiebigkeit handelt. Der Erwerb eines Familienwagens und die Finanzierung der Urlaubsreise dienen primär dem laufenden Unterhalt der Lebensgemeinschaft und sind damit gemeinschaftsbezogen. Diese Leistungen sollen das Zusammenleben als Paar in der gewollten Form erst ermöglichen. Die Gemeinschaft steht damit im Vordergrund, nicht der individuelle Vorteil, den der andere Partner durch die Zuwendung quasi als Nebeneffekt erzielt. Und auch im dritten Beispiel würde die Rechtsprechung in beiden Ländern einen Schenkungswillen mit dem Argument widerlegen, dass der Leistende gemeinsam mit seinem Partner in der finanzierten Immobilie wohnen möchte und damit selbst von der Zuwendung profitiert. In der Konsequenz wären die obigen Beispiele rechtlich folgendermaßen zu qualifizieren: Die gemeinsame Urlaubsreise und die Anschaffung eines als Familienwagen genutzten Fahrzeugs wären als Ausgaben des alltäglichen Lebens nachträglich nicht ausgleichsfähig, der Beitrag zur Finanzierung der Familienwohnung könnte dagegen als gemeinschaftsbezogene Zuwendung gewertet werden und wäre damit nach deutschem Recht über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage zu behandeln, nach französischem Recht über bereicherungsrechtliche Ausgleichsmechanismen zu lösen506. Mithin würden beide Rechtsordnungen übereinstimmend die Leistungen nicht als Schenkungen qualifizieren.
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 173. Vgl. § 530 BGB, der eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder groben Undank voraussetzt. 504 Vgl. Sagaut, AJ Famille 2002, 164 ff. 505 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 16 = BGHZ 177, 193. 506 Vgl. u. a. 1. Civ. vom 20.01.2010 n° de pourvoi: 08-13400; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 171. 502 503
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5. Ausgaben des alltäglichen Bedarfs Bei Beendigung nichtehelicher Beziehungen soll es nicht zu einer „Totalabrechnung“ zwischen den Partnern kommen. Ausgleichsfähig sind nach der deutschen und französischen Rechtsprechung erhebliche vermögenswerte Leistungen in Abgrenzung zu Beiträgen zum alltäglichen Bedarf, die das Zusammenleben als Paar erst ermöglichen507. Für diese ist überhaupt kein nachträglicher Ausgleich zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern geschuldet. Grund für das Abrechnungsverbot dürfte sein, dass die Leistungen aus faktisch gelebter Solidarität erbracht werden und die Partner dabei nicht in der Absicht handeln, die alltäglichen Ausgaben nachträglich einer wechselseitigen Abrechnung zu unterziehen. Der BGH hat in seinen Grundsatzentscheidungen vom 9. Juli 2008508 betont, dass Vermögenswerte von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung ausgleichsfähig sind nach Gesellschaftsrecht, Bereicherungsrecht und nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Was die Erfüllung von Leistungen zum alltäglichen Bedarf angeht, rückt die Rechtsprechung nicht davon ab, dass diese im Bewusstsein erbracht werden, dass jeder nach seinen Möglichkeiten zur Gemeinschaft „beizutragen habe“. Eine Rechtspflicht besteht zwischen nichtehelichen Partnern hingegen nicht. Wenn nun ein Partner den Mietzins für die gemeinsame Wohnung509, die laufenden Kosten für Haushaltsführung und Kindererziehung allein beglichen hat, so kann er nach Beendigung der Beziehung keinen Rückgriff beim anderen Partner nehmen. Dies gilt auch dann, wenn einer der Partner zum Bestreiten der laufenden Unterhaltskosten einen Kredit aufgenommen und allein getilgt hat510. Diese Rechtsprechung führt einerseits dazu, dass der Partner, der sich vorwiegend um Haushalt und Kinderbetreuung kümmert, nicht darum fürchten muss, nachträglich mit Rückgriffsansprüchen im Hinblick auf alltägliche Bedarfsleistungen konfrontiert zu werden. Andererseits ermöglicht die Rechtsprechung einem Partner, der sich wenig oder gar nicht an den alltäglichen Ausgaben beteiligt und diesbezüglich von seinem Partner entlastet wird, die Bildung eigener Vermögenswerte, an denen der andere Partner wiederum keinen Anteil hat. Ebenso wie der BGH beharrt die Cour de cassation darauf, dass es keine Rechtspflicht der concubins gebe, für den laufenden Unterhalt aufzukommen. 507 Vgl. BGH, Urteil vom 3.02.2010 – XII ZR 53/08 = NJW 2010, 868 im Hinblick auf laufende Mietzinsraten; 1. Civ., 19.03.1991 n° de pourvoi: 88-19400; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 165 f. 508 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193 = NJW 2008, 3277. 509 Vgl. BGH, Urteil vom 3.02.2010 – XII ZR 53/08 = NJW 2010, 868. 510 Vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 23.04.2013 – II-2 WF 39/13 = BeckRS 2013, 10991; Anm. Voppel, FamFR 2013, 360.
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Weil nichteheliche Partner gesetzlich weder dazu verpflichtet seien, einander Unterhalt zu leisten noch dazu, solidarisch für die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs aufzukommen, könne auch nachträglich kein Ausgleich für derartige Leistungen stattfinden511. Durch die prinzipielle Entscheidung, laufende Unterhaltsleistungen bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften von einem nachträglichen Ausgleich auszuklammern, wird bewusst der Abstand zu den familienrechtlich institutionalisierten Partnerschaftsformen – Ehen und registrierten Partnerschaften – aufrecht erhalten. Bei Ehe, Eingetragener Lebenspartnerschaft und PACS bestehen nämlich sowohl eine gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen den Partnern als auch eine durch Gesetz vorgeschriebene solidarische Haftung für die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs512 , die notfalls gerichtlich eingeklagt werden können. Für nichteheliche Partner lässt sich hingegen das Fazit ziehen: Wer für die Ausgaben des alltäglichen Zusammenlebens aufkommt, handelt auf eigenes Risiko. 6. Haushaltsführung und Kinderbetreuung Auch in modernen Beziehungen kann es zu einer asymmetrischen Rollenverteilung kommen: Der eine Partner arbeitet Vollzeit und erwirtschaftet dadurch die finanziellen Mittel, die dem Paar gemeinsam zur Verfügung stehen. Der andere Partner entlastet ihn im Gegenzug bei der Haushaltsführung und Kinderbetreuung, ohne aber einer eigenen Berufstätigkeit nachzugehen. Für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft stellt sich vor diesem Hintergrund die Frage, ob und in welcher Weise dieser asymmetrischen Rollenverteilung während der Beziehung Rechnung zu tragen ist. Nach der Gesetzeslage in Deutschland und Frankreich bestehen für den Partner, der aufgrund von Haushaltsführung, Kinderbetreuung oder Pflege des anderen Partners eigene berufliche Chancen ungenutzt gelassen hat, bei Beendigung der Lebensgemeinschaft keinerlei Ausgleichsansprüche. Und auch nach der Rechtsprechung beider Länder sind Leistungen, die der Haushaltsführung und Kinderbetreuung dienen im Unterschied zu Kapital- und Arbeitsleistungen weder nach gesellschaftsrechtlichen noch nach bereiche-
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 167 f. Vgl. die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zur Unterhaltspflicht und solidarischen Haftung §§ 1357, 1360 BGB für Ehegatten, §§ 5, 8 II LPartG für Partner einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft, Art. 214, 220, C.civ. für französische Ehegatten, Art, 515-4 C.civ. für PACS-Partner. 511
512
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rungsrechtlichen Grundsätzen ausgleichsfähig. Es besteht insofern weiterhin ein Abrechnungsverbot513. Der BGH setzt für einen Ausgleichsanspruch voraus, dass die Partner Leistungen erbracht haben, um wirtschaftlich gemeinsame Werte zu schaffen514, die erstens erheblich über das hinausgehen, was das alltägliche Zusammenleben erfordert und zweitens zu einem noch messbaren Vermögenszuwachs des anderen Partners geführt haben515 . Die Cour de cassation fordert ebenfalls Kapitalund Arbeitsleistungen erheblichen Umfangs, die sich von solchen Leistungen unterscheiden lassen, die das Zusammenleben als Paar erst ermöglichen516. Wieso aber diese Unterscheidung zwischen ausgleichsfähigen Kapital- und Arbeitsleistungen einerseits und nicht ausgleichsfähiger Haushaltsführung und Kinderbetreuung andererseits? Auch Haushaltsführung und Kinderbetreuung stellen geldwerte Leistungen dar. Dadurch, dass ein Partner sich vorrangig um diese Aufgaben kümmert, können erstens Ausgaben für eine fremde Arbeitskraft eingespart werden, zweitens ermöglicht die Rollenaufteilung dem berufstätigen Partner, seine Karriere voran zu bringen und Vermögen zu bilden. Grund für die von der Rechtsprechung vorgenommene Differenzierung ist, dass Haushaltsführung und Kinderbetreuung ähnlich wie die Zahlung von Mietzins Leistungen darstellen, die im Interesse der Lebensgemeinschaft erbracht werden und ihren Zweck unmittelbar erfüllen. Größere finanzielle Zuwendungen und umfangreiche Arbeitsleistungen manifestieren sich dagegen auch bei Beendigung der Beziehung noch materiell im Vermögen eines Partners. Die Rechtsprechung hat zur Konsequenz, dass die Disparität, die aufgrund der asymmetrischen Rollenverteilung im Vermögen der Partner eintritt, ohne Kompensation bleibt. Die von den Partnern während der Beziehung gemeinsam getroffene Entscheidung, die Aufgaben arbeitsteilig aufzuteilen, wirken sich bei Beendigung der Beziehung nachteilig zulasten nur eines Partners aus517. Dieses Ergebnis ist nicht zufriedenstellend. Im Ehegüterrecht und hinsichtlich der Scheidungsfolgen wird bei gleicher asymmetrischer Rollenverteilung der von einem Partner geschulterten Haushaltsführung und Kinderbetreuung Rechnung getragen. Das Vertrauen des Partners in die während der Ehe vereinbarte Rollenverteilung wird erstens dadurch geschützt, indem ihm ein Teilhabeanspruch
513
Vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 4.01.2013 – 4 W 5/12 = NJW-RR 2013, 197; Anm. Brambring, FamFR 2013, 96. 514 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 18 = BGHZ 177, 193. 515 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 Rn. 43 = BGHZ 177, 193. 516 Vgl. beispielsweise 1. Civ. vom 31.01.2006 – N° de pourvoi: 02-19277. 517 Vgl. Dethloff, Gutachten A DJT 2008, S. 141.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
am während der Ehe erwirtschafteten Vermögen518 sowie ein nachehelicher Unterhaltsanspruch (so im deutschen Recht)519 bzw. eine einmalige Ausgleichszahlung (prestation compensatoire) (so im französischen Recht)520 zukommt. Diese unterschiedliche Wertung für verheiratete Paare auf der einen Seite und unverheiratete Paare auf der anderen Seite kann zu sehr unbilligen Ergebnissen führen. Das Argument, das in der Vergangenheit von der deutschen Rechtsprechung zur Rechtfertigung dieses Ergebnisses angeführt wurde, war, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft eben keine Rechtsgemeinschaft darstelle und in der Konsequenz weder wirtschaftliche noch persönliche Leistungen gegeneinander aufgerechnet würden521. Die Prämisse einer solchen Argumentation ist, dass bereits während der Beziehung eine hinreichende Kompensation der wechselseitig erbrachten Leistungen stattfindet: Der eine Partner übernimmt den Haushalt, der andere Partner kommt finanziell für den Lebensbedarf auf. Beide profitieren. Verkannt wird bei dieser Annahme, dass es zwar eine Symmetrie zwischen den Beiträgen der Partner während der Beziehung geben mag, bei Beendigung der Beziehung jedoch eine einseitige Risikoverteilung zulasten des haushaltsführenden Partners besteht, der keine Altersvorsorge während der nichtehelichen Lebensgemeinschaft betrieben hat und zudem massive Schwierigkeiten haben dürfte, nach jahrelanger beruflicher Auszeit wieder den Einstieg ins Erwerbsleben zu schaffen522. Bei der Ehe würden solche Aspekte wiederum berücksichtigt durch nacheheliche Kompensations- oder Unterhaltsleistungen. Doch nicht nur in der deutschen Rechtsprechung, auch in der Literatur wurde das Ausgleichsverbot für Haushaltsführung und Kinderbetreuung gerechtfertigt: Der den Haushalt führende Partner müsse während der Beziehung Ausgleich fordern. Wenn der andere Partner diesem berechtigten Verlangen nicht nachkomme, müsse der haushaltsführende Partner eben die notwendigen Konsequenzen ziehen und notfalls das weitere Zusammenleben beenden. Tue er dies nicht, könne er nicht nachträglich vom Gericht Hilfe erwarten523. Diese Argumentation wird den tatsächlichen Gegebenheiten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften in keiner Weise gerecht. Verkannt wird, dass spä518 In
Deutschland ist dies der Zugewinnausgleichsanspruch, in Frankreich wird – wie bereits dargelegt – nach der Errungenschaftsgemeinschaft bereits während der Ehe automatisch gemeinsames Vermögen gebildet. 519 Vgl. §§ 1569 ff. BGB. 520 Art. 270 f. C.civ. 521 Vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1980 – II ZR 191/79 = BGHZ 77, 55 = NJW 1980, 1520. 522 Vgl. Dethloff, Gutachten A DJT 2008, S. 141. 523 Vgl. Steinert, NJW 1986, 683, 687.
C. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Trennung
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testens durch die Geburt gemeinsamer Kinder wirtschaftliche Abhängigkeitsverhältnisse entstehen, die sich nicht durch eine Aufkündigung der Haushaltsführung und des weiteren Zusammenlebens durchbrechen lassen. Weigert sich der erwerbstätige Partner, die Ehe einzugehen oder durch Partnerschaftsvertrag eine Absicherung des anderen Partners zu erzielen, kann kaum vom wirtschaftlich schwächeren Partner die Trennung verlangt werden524. Dass das Risiko, bei Scheitern der nichtehelichen Beziehung rechtlich schutzlos zu stehen, von den Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bewusst in Kauf genommen würde, ist unzutreffend. Unabhängig davon, ob die Partner verheiratet sind oder in stabiler nichtehelicher Partnerschaft zusammen leben, vertrauen sie darauf, dass die Beziehung Bestand hat. Währenddessen beschreitet die französische Rechtsprechung bereits seit vielen Jahren andere Wege, um außerhalb des Gesellschafts- und Bereicherungsrecht Schutzlücken zu schließen. Das Schadensersatzrecht und die Kon struktion der obligation naturelle wurden zum Schutz der verlassenen nichtehe lichen Partnerin herangezogen, die sich wegen ihrer Beziehung in eine „klassische“ Rollenverteilung begeben hatte525. Schadensersatz anlässlich der Trennung wird relativ großzügig zugebilligt, wenn die verlassene Partnerin wirtschaftlich gesehen ohne eigene Ressourcen verbleibt, weil sie zuvor jahrelang Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernommen hat526. Führt das Schadensrecht nicht zum Ziel, so konstruieren die Gerichte, dass sich die Naturalobligation, die Partnerin nicht ohne finanzielle Absicherung zu verlassen, in eine echte Zivilpflicht verwandelt hat527. Könnte man einen Ausgleichsmechanismus für die verlassene nichteheliche Partnerin auch im deutschen Recht konstruieren? In der Literatur wurde der Vorschlag gemacht, den Schadensersatzanspruch aus dem Verlöbnisrecht (§ 1298 BGB analog) auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anzuwenden mit der Umformulierung: „Löst der Partner der eheähnlichen Gemeinschaft das Verhältnis auf, so hat er den Schaden zu ersetzen, der daraus entstanden ist, dass er in Erwartung der Fortdauer des Verhältnisses Aufwendungen gemacht hat oder Verbindlichkeiten eingegangen ist. Er hat dem anderen Teil auch den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er in Erwartung der Fortdauer
Dethloff, Gutachten A DJT 2008, S. 141. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 168 f. 526 Vgl. beispielsweise 1. Civ. 7.4.1998 – N° de pourvoi: 96-10581; Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 168 f. 527 Vgl. 1. Civ. 17.11.1999 = Juris-Data n°004082, comm. Chassagnard, La Semaine Juridique n°3, 2001 II 10458. 524 Vgl. 525 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
der Gemeinschaft sonstige sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung berührende Maßnahmen getroffen hat.“528. Allerdings stellt sich für eine solche Analogie die Frage nach der Vergleichbarkeit von nichtehelichen Lebenspartnern und Verlobten. Nach der gesetzlichen Regelung wird die Ersatzpflicht bewusst auf solche Aufwendungen und Verpflichtungen beschränkt, die in Erwartung der Eheschließung gemacht wurden529. Die Erwartung auf die rechtliche Verfestigung und Absicherung besteht bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften demgegenüber nicht. Allenfalls wenn man der These folgt, dass sich in § 1298 BGB allgemeine Vertrauensgrundsätze niedergeschlagen haben, aus welchen sich vertragsähnliche Schadensersatzansprüche ergeben können530, könnte man zu einer Entschädigung für die verlassene nichteheliche Partnerin bzw. den Partner kommen. Anstatt den Weg über eine Analogie zum Familienrecht zu beschreiten, könnte man auch die Anwendbarkeit deliktischer Ansprüche prüfen, um zu einer Ersatzpflicht zwischen nichtehelichen Partnern anlässlich der Trennung zu gelangen. § 823 I BGB scheidet dabei aus, weil es bereits an einer rechtswidrigen und schuldhaften Handlung fehlt. Die Freiheit sich jederzeit zu trennen, schließt aus, dass die Trennung als solche ein schuldhaftes Verhalten darstellen kann. Dieses Prinzip gilt in beiden Rechtsordnungen übereinstimmend. Die französische schadensrechtliche Anspruchsgrundlage – Art. 1382 C.civ. – setzt zwar ebenfalls ein schuldhaftes Fehlverhalten (une faute) voraus. Die Rechtsprechung konstruiert eine solche faute jedoch anlässlich der Umstände, welche die Trennung begleiten531, erkennbar in dem Bestreben, einen nach Billigkeitsgesichtspunkten „gebotenen“ Ausgleich zwischen den concubins herzustellen532. Die Freiheit, sich jederzeit zu trennen, führt in Deutschland dagegen zu einer Sperrwirkung im Hinblick auf deliktische Schadensersatzansprüche. Die Trennung nichtehelicher Lebensgemeinschaften soll sich vornehmlich im rechtsfreien Raum abspielen, so dass Verhaltensweisen anlässlich der Trennung einer rechtlichen Sanktion entzogen bleiben. Vor diesem Hintergrund besteht Konsens in deutscher Rechtsprechung und Literatur, dass bei der Trennung nichtehelicher Paare weder eine Verpflichtung zum Schadensersatz noch zum Schmerzensgeld besteht533. Ein deliktischer Schadensersatzanspruch als Kompensation 528 Vgl.
Landwehr/Schwab, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 75. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn 16. 530 Vgl. Landwehr/Schwab, Die nichteheliche Lebensgemeinschaft, S. 75 mit Bezug auf Canaris, AcP (165) 1965, 1/10 ff. 531 Vgl. beispielsweise 1. Civ. 3.01.2006 = Juris Data n° 2006-031509, obs. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°4, 2006, comm. 85. 532 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 168 f. 533 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 12, Rn. 106. 529 Vgl.
D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Tod
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für den verlassenen nichtehelichen Partner wird – soweit ersichtlich – von der deutschen Doktrin bislang nicht diskutiert. Wenn nun ein noch verheirateter Partner dem anderen zu Beginn der Beziehung vortäuscht, sich von seinem Ehegatten zu trennen und dies dann unterlässt, oder wenn er wahrheitswidrig die Eheschließung verspricht, um den anderen zur Aufnahme einer nichtehelichen Beziehung zu bewegen, mag das alles unter moralischen Gesichtspunkten verurteilungswürdig erscheinen. Rechtlich gesehen sind diese Verhaltensweisen aber ohne Folgen. Eine Weiterentwicklung des deutschen Schadensrechts in die Richtung, welche die französische Rechtsprechung eingeschlagen hat, erscheint nicht wünschenswert. Nicht grundlos ist im deutschen Recht bei der Scheidung – um eine systematische Parallele zur Ehe zu ziehen – das Verschuldensprinzip dem Zerrüttungsprinzip gewichen: Der Gesetzgeber hat erkannt, dass das Scheitern der Ehe meist auf vielfältige Gründe zurückzuführen ist, welche sich in einem gerichtlichen Verfahren nur schwer nachweisen lassen534. Im französischen Scheidungsrecht ist dagegen le divorce pour faute535, also die Scheidung wegen des Verschuldens eines Partners, weiterhin einer der Scheidungsgründe, so dass es nicht systemwidrig erscheint, auch bei der Trennung nichtehelicher Paare Verschuldenserwägungen anzustellen.
D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften durch Tod Nachdem die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft nach Trennung der Paare untersucht wurde, stellt sich nun die Frage, welche Konsequenzen der Tod eines Partners auf die vermögensrechtliche Abwicklung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hat. Die erbrechtliche Stellung des überlebenden nichtehelichen Partners ist in beiden Rechtsordnungen schwach ausgestaltet. Daraus ergibt sich, dass die Partner bereits zu Lebzeiten eine rechtsgeschäftliche Regelung treffen müssen, sofern sie eine Absicherung für den anderen Partner über den Tod hinaus erreichen möchten. Geschieht dies nicht, stellt sich auch im Fall der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod die Frage, ob erfolgte Zuwendungen von den nichtehelichen Lebenspartnern bzw. deren Erben zurückgefordert werden können. Schwab, Familienrecht, § 37, Rn. 326; Dethloff, Familienrecht, § 6, Rn. 5. Art. 242 C.civ.
534 Vgl. 535
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
I. Kein gesetzliches Erbrecht für den überlebenden Partner Weder in Deutschland noch in Frankreich steht dem nichtehelichen Lebenspartner ein gesetzliches Erbrecht zu536. In beiden Rechtsordnungen ist folglich die erbrechtliche Berücksichtigung des nichtehelichen Partners allein durch testamentarische Verfügungen zu erzielen. In einigen anderen europäischen Ländern hat inzwischen eine Aufwertung der erbrechtlichen Position von nichtehelichen Lebensgemeinschaften stattgefunden: In manchen Rechtsordnungen hat man dem nichtehelichen Partner ein gesetzliches Erbrecht eingeräumt. Insofern ist es zu einer vollkommenen Gleichstellung zwischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften und Ehen gekommen (Kroatien, Slowenien). Die meisten Länder gewähren nichtehelichen Partnern zwar kein gesetzliches Erbrecht, aber es wird ein gesetzlicher Mindestschutz für den überlebenden nichtehelichen Partner dadurch erreicht, dass dieser nach dem Tod des anderen weiterhin im Haus bzw. in der Wohnung verbleiben darf bzw. den gemeinsamen Hausrat nutzen kann (Portugal, Schweden)537. In Frankreich genießen die concubins gesetzlichen Schutz dadurch, dass sie nach dem Gesetz vom 6. Juli 1989 bei Versterben des mietenden Partners das Recht haben, in der gemeinsam genutzten Wohnung zu verbleiben538. Bei dieser Regelung wird nicht zwischen Ehegatten, PACS-Partnern und concubins differenziert. Eine analoge Anwendung des Ehegattenerbrechts aus Art. 731, 732 C. civ. wird demgegenüber – soweit ersichtlich – weder von der Rechtsprechung thematisiert noch von der Literatur als wünschenswerte Neuregelung gefordert. Genauso wird in Deutschland eine analoge Anwendung des Ehegattenerb rechts aus § 1931 BGB abgelehnt539. Ebenso wenig sollen die Vorschriften über die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments der Ehegatten nach §§ 2265 ff. BGB für die nichtehelichen Lebensgemeinschaften analoge Anwendung finden540. Im Einzelfall kann die Umdeutung eines von nichtehelichen Lebensgefährten gemeinschaftlich errichteten Testaments in Einzeltestamente infrage kommen541. Auch für den sogenannten Voraus (§ 1932 BGB), nach welchem dem überlebenden Ehegatten die zum Haushalt gehörenden Gegenstände 536 Vgl. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 29, Rn. 1; MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 154; Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 154; OLG Saarbrücken, Beschluss vom 18.05.1979 – 7 W 8/79 = NJW 1979, 2050; Malaurie/Aynès, Les régimes ma trimoniaux, S. 352. 537 Vgl. Martiny, FPR 2010, 399, 401. 538 L. n° 89-462 vom 6.07.1989, Art. 14; vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 348. 539 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 49; von Proff, RNotZ 2008, 462 f. 540 Vgl. von Proff, RNotZ 2008, 462, 470 f. 541 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 50.
D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Tod
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zustehen, wird eine Analogie nach überwiegender Auffassung ausgeschlossen542. Wegen der vergleichbaren Schutzbedürftigkeit des überlebenden Partners bei einer langjährig bestehenden nichtehelichen Lebenspartnerschaft wird jedoch eine gesetzliche Regelung gefordert, die § 1932 BGB auf nichteheliche Paare ausdehnt543. Aus diesem Überblick ergibt sich, dass im Bereich des deutschen und französischen Erbrechts überlebende nichteheliche Lebenspartner bei weitem nicht überlebenden Ehegatten gleichgestellt sind. Demgegenüber sind in Deutschland und Frankreich nichteheliche Kinder erbrechtlich betrachtet ehelichen Kindern nahezu544 vollkommen gleichgestellt worden545. II. Grenzen einer testamentarischen Erbeinsetzung Zwar steht dem nichtehelichen Partner kein gesetzliches Erbrecht zu, in beiden Rechtsordnungen ist jedoch die testamentarische Erbeinsetzung möglich. Lange Zeit wurden testamentarische Verfügungen zugunsten nichtehelicher Partner von der deutschen und französischen Rechtsprechung als sittenwidrig be urteilt. Wie bereits erwähnt hat die Cour de cassation in der berühmt gewordenen Rechtssache Galopin die Kontrolle über die Motive testamentarischer Verfügungen zwischen nichtehelichen Lebensgefährten aufgegeben546. Die langjährige Rechtsprechung des BGH, nach welcher letztwillige Verfügungen zugunsten nichtehelicher Partner bei noch bestehender Ehe nach § 138 I BGB als sittenwidrig gewertet wurde, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 31. März 1970 aufgegeben547. Sittenwidrigkeit soll die Zuwendung nach dem BGH ausnahmsweise dann sein, wenn der Erblasser ausschließlich eine Entloh-
542 Vgl.
MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 52. Koustes, FPR 2001, 41; Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 29, Rn. 3; Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 164. 544 Eine gewisse Einschränkung besteht in Deutschland für nichteheliche Kinder, die vor dem 1. Juli 1949 geboren wurden. Diese können zwar ihren Vater ebenso beerben wie dessen eheliche Nachkommen. Das gilt allerdings nur, wenn der Vater nach dem 29. Mai 2009 verstorben ist, vgl. zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung BVerfG, Beschluss vom 18.03.2013, Az. 1 BvR 2436/11 und 3155/11 = (Zugriff: 22.11.2013). 545 Vgl. Murat, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 60. 546 Vgl. Cass. Ass. Plén. 29.10.2004 = Bulletin 2004 A. P. N° 12 p. 27; 1. Civ. 25.01.2005 = Bulletin 2005 I N° 35 p. 27. 547 Vgl. BGH, Beschluss vom 31.03.1970 – III ZB 23/68 = BGHZ 53, 369 ff. = NJW 1970, 1273. 543 Vgl.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
nung für sexuelle Dienste beabsichtige548. Den Beweis für die rein sexuelle Motivation des Erblassers müssen allerdings die gesetzlichen Erben führen, was nur schwer gelingen kann549. Vor dem Hintergrund der Einführung des Ge setzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20. Dezember 2001 erscheint überdies fragwürdig, ob eine Zuwendung, die allein aus sexuellen Motiven erfolgt, noch als sittenwidrig zu qualifizieren ist550. Jedoch kann eine letztwillige Verfügung zugunsten des nichtehelichen Lebenspartners dann als sittenwidrig eingestuft werden, wenn sie erfolgt, um das Erbrecht der gesetzlichen Erben auszuhöhlen551. Der BGH hat auch nach der Rechtsprechungsänderung zum „Geliebten-Testament“ geprüft, ob der Verfügung des Erblassers eine „familienfeindliche Gesinnung“ zugrunde lag552. Hierbei wird man nicht vorschnell von der Sittenwidrigkeit der Verfügung von Todes wegen ausgehen können, denn grundsätzlich sind die gesetzlichen Erben in ausreichendem Maße über das Pflichtteilsrecht geschützt. Der Testierfreiheit des Erblassers ist bei der Beurteilung Vorrang einzuräumen vor etwaigen Ansprüchen der gesetzlichen Erben553. Aus dem Pflichtteilsrecht ergeben sich umgekehrt Grenzen einer testamentarischen Erbeinsetzung. In beiden Rechtsordnungen schützt das Pflichtteilsrecht die erbrechtliche Stellung gesetzlicher Erben. Nach französischem Recht kann der Erblasser nur über einen bestimmten Anteil seines Vermögens frei verfügen. Dieser Anteil wird als quotité disponible bezeichnet. Der quotité disponible steht der Pflichtteilsanspruch der gesetzlichen Erben gegenüber, der als réserve hériditaire bezeichnet wird (Art. 912 C.civ.) und damit der Verfügung von Todes wegen entzogen wird554. Nach deutschem Pflichtteilsrecht bemisst sich der Anspruch der gesetzlichen Erben auf die Hälfte des gesetzlichen Erbes (vgl. § 2302 I 2 BGB). Weiterhin können Schenkungen an den nichtehelichen Lebenspartner im Fall des Versterbens des spendierfreudigen Partners Pflichtteilsergänzungsansprüche für die gesetzlichen Erben nach §§ 2325, 2329 I BGB auslösen555. Hierbei stellt sich vorab die Frage, ob die Zuwendung zwischen den nichtehelichen Partnern als Schenkung zu qualifizieren ist oder aber als unbenannte Zuwendung, die seit 548
Vgl. BGH NJW 1970, 1273. von Proff, RNotZ 2008, 462, 466. 550 Vgl. BGH NJW 1970, 1273; von Proff, RNotZ 2008, 462, 467. 551 Vgl. Reinecke, FPR 2001, 56, 64. 552 Vgl. BGH, Urteil vom 10.11.1982 – IV a ZR 83/81 = FamRZ 1983, 53 = NJW 1983, 674; vgl. Weinreich, FPR 2010, 379. 553 Vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 22.08.2008 – I-3 Wx 100/08 = JuS 2009, 184. 554 Vgl. NK- BGB Erbrecht/Frank, Länderbericht Frankreich, Rn. 105. 555 Vgl. Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 165. 549 Vgl.
D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Tod
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den Grundsatzurteilen des BGH vom 9. Juli 2008 parallel zu den ehebedingten Zuwendungen eine anerkannte Rechtsfigur darstellt556: Maßgeblich für das Vorliegen einer Schenkung ist – wie bereits ausgeführt – die Unentgeltlichkeit, d. h. dass der Empfänger frei über den zugewendeten Gegenstand verfügen kann. Soll die Zuwendung dagegen zur Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft dienen und der Zuwendende weiterhin davon profitieren, liegt keine Schenkung, sondern eine unbenannte Zuwendung unter Lebensgefährten vor. Im Pflichtteilsrecht werden nach der BGH-Rechtsprechung ehebedingte Zuwendungen und Schenkungen allerdings nicht unterschiedlich behandelt557. Dies müsste für gemeinschaftsbedingte Zuwendungen unter nichtehelichen Lebenspartnern ebenso gelten wie für ehebedingte Zuwendungen, so dass sie Pflichtteilsergänzungsansprüche der gesetzlichen Erben auslösen können. III. Mögliche Vertragsgestaltungen zu Lebzeiten der Partner Erbschaftssteuerrechtlich sind nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht gegenüber Ehegatten benachteiligt558. Der erbschaftssteuerrechtlichen Belastung wollen sich nichteheliche Lebensgefährten in Deutschland und Frankreich dadurch entziehen, dass sie bereits zu Lebzeiten Vermögen an den anderen Partner übertragen. Folgende rechtliche Konstruktionen bieten sich dazu an: In Frankreich haben die concubins die Möglichkeit, bei gemeinsamen Anschaffungen eine clause tontinière559 vorzusehen560. Abgesehen von der clause tontinière lässt sich eine Absicherung des Partners dadurch erzielen, dass der überlebende nichteheliche Partner als Begünstigter einer Lebensversicherung des Erblassers eingesetzt wird. Auch ist denkbar, dem Überlebenden ein vertragliches Vorkaufsrecht bezüglich bestimmter Vermögensgegenstände einzuräumen561.
556 Vgl. BGH, Urteil vom 9.07.2008 XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193; von Proff, NJW 2010, 980, 982. 557 Vgl. BGH, Urteil vom 27.11.1991 – IV ZR 164/90 = BGHZ 116, 167, 170 = NJW 1992, 564. 558 Im deutschen Recht genießen Ehegatten deutlich höhere Freibeträge als nichteheliche Partner nach § 15 I ErbStG, vgl. dazu auch Grziwotz, FamRZ 2009, 750, 754.; im französischen Recht werden Zuwendungen von Todes wegen an einen nichtehelichen Partner in gleicher Weise wie Zuwendungen an Nicht-Verwandte versteuert, das bedeutet grundsätzlich mit 60 %, vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 174. 559 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 165; Courbe, Droit de la famille, S. 253. 560 Vgl. dazu bereits Teil 1 B. II. 561 Vgl. Mikalef-Toudic, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°51 2010, 1387.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Im deutschen Recht stellt der Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall nach § 331 BGB eine Möglichkeit dar, den nichtehelichen Partner am Nachlass vorbei zu bedenken562. Dabei muss einer der nichtehelichen Partner mit einem Dritten einen Vertrag schließen, durch welchen sich der Dritte verpflichtet, bei Tod seines Vertragspartners an dessen Lebensgefährten eine Leistung zu erbringen. Wie im französischen Recht ist die häufigste Konstellation für die Anwendung eines solchen Vertrages, dass der nichteheliche Lebenspartner als Bezugsberechtigter einer Lebensversicherung eingesetzt wird563. Folgendes Risiko ist dabei jedoch zu beachten: Hat der zuwendende Lebenspartner das Schenkungsangebot an seinen Gefährten zu Lebzeiten nicht mehr rechtzeitig abgegeben, kann dieses durch den Vertragspartner des verstorbenen Lebensgefährten (dem Versicherungsnehmer, der Bank) zu überbringende Schenkungsangebot noch vor Zugang an den Lebensgefährten durch die Erben wirksam widerrufen werden564. Als Zwischenfazit lässt sich ziehen, dass es nichtehelichen Lebensgefährten in Deutschland und Frankreich möglich ist, eine erbrechtliche Absicherung des anderen Partners zu erzielen, und zwar sowohl durch Verfügungen von Todes wegen als auch durch Vertragsgestaltungen zu Lebzeiten. Wenn die nichtehelichen Lebensgefährten umgekehrt aber keine Vorsorge getroffen haben für den Fall eines frühen, unvorhersehbaren Versterbens eines Partners, so stehen ihnen keine Rechte in Bezug auf den Nachlass des Erblassers zu. Ihre Situation kann man vor diesem Hintergrund zu Recht als prekär bezeichnen565. Dadurch, dass es keine erbrechtlichen Schutzvorschriften für den überlebenden nichtehelichen Partner gibt, hat der Erblasser die Freiheit, dem überlebenden Partner jegliche finanzielle Absicherung für den Todesfall zu verwehren. Eine aus moralischen Gründen bestehende Pflicht bzw. eine Gewissenspflicht zur finanziellen Absicherung des überlebenden Partners hat die Cour de cassation in einem Urteil vom 14. Dezember 2004 abgelehnt. In der zu entscheidenden Rechtssache hatte der Erblasser eine testamentarische Verfügung, mit der er seiner langjährigen concubine eine Eigentumswohnung zugewendet hatte, ohne deren Wissen widerrufen und ihr diesen Widerruf verheimlicht. Die concubine verlangte nun von den Erben Schadensersatz. Die Cour de cassation hat dieses Begehren abgelehnt mit dem Verweis auf die testamentarische Freiheit Grziwotz, FamRZ 2009, 750, 754. Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 30, Rn. 67. 564 Vgl. BGH, Urteil vom 21.05.2008 – IV ZR 238/06 = NJW 2008, 2702; Grziwotz, FamRZ 2009, 750, 754. 565 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 172. 562 Vgl.
563 Vgl.
D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Tod
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des Erblassers, die nicht Anlass für Schadensersatzansprüche geben könne566. In dem Urteil zeigt sich – nach Ansicht von Literaturstimmen – erneut die Entschiedenheit der Ersten Kammer der Cour de cassation, keine vom allgemeinen Zivilrecht abweichenden begünstigenden Regelungen für concubins zu schaffen567. Die Vermögensauseinandersetzung bei der Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften durch Tod beschränkt sich in Deutschland und Frankreich nicht auf den Bereich des Erbrechts. Daneben kommen in beiden Rechtsordnungen schuldrechtliche Ausgleichsmechanismen zwischen dem überlebenden Lebensgefährten und den Erben zur Anwendung. Dies wirft die Frage auf, ob die Vermögensauseinandersetzung in gleicher Weise erfolgt wie bei der Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Trennung. IV. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod im deutschen Recht Nach jahrzehntelang geltender Rechtsprechung wendete der BGH das „Abrechnungsverbot“, nach welchem Leistungen zwischen nichtehelichen Lebensgefährten grundsätzlich nicht nachträglich ausgeglichen werden durften, unterschiedslos auf die Beendigungsgründe der nichtehelichen Lebensgemeinschaft – Trennung und Tod – an568. Im Schrifttum wurde im Anschluss an die Rechtsprechungsänderung des BGH vom 9. Juli 2008569 zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nichtehelicher Paare, welche den Trennungsfall betraf, diskutiert, ob die in den Urteilen erhobenen Grundsätze ebenfalls für Ausgleichsansprüche bei Versterben eines Partners der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelten sollten. Konkret wären demzufolge Ansprüche aus dem Gesellschaftsrecht, dem Bereicherungsrecht und nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage für zwei Konstellationen anzuwenden gewesen. Die erste Konstellation betrifft den Fall, dass der Partner, der Zuwendungen gemacht hat, zuerst verstirbt und seine Erben Ausgleich vom überlebenden nichtehelichen Partner fordern. Die zweite Konstellation betrifft den Fall, dass der Partner, dem wirtschaftlich erhebliche Zuwendungen gemacht wurden, zuerst verstirbt, und der überlebende Partner nunmehr die Erben in Anspruch nimmt.
566
Vgl. 1. Civ. 30.11.2004 = Bull., I, n°297, p. 249. Vgl. 1. Civ. 30.11.2004 = Bull., I, n°297, p. 249, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille, n°2 2005, comm. 27. 568 Vgl. BGH, Urteil vom 24.03.1980 – II ZR 191/79 = BGHZ 77,55 = NJW 1980, 1520 f.; vgl. von Proff, FPR 2010, 382 f. 569 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193. 567
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Grziwotz, Coester und Löhnig haben sich für die erste Konstellation dagegen ausgesprochen, den Erben Ausgleichsansprüche gegen den überlebenden nicht ehelichen Partner zu gewähren570. Als Grund für die Ablehnung der Ausgleichsansprüche wurde genannt, dass eine Inanspruchnahme des überlebenden Partners nicht dem Willen des Verstorbenen entsprochen hätte. Demzufolge sei – nach Ansicht der Autoren – von einem Verzicht des zuerst Versterbenden auf seinen Ausgleichsanspruch auszugehen571. Ob dieser Einwand auch bei der Rechtsprechung Berücksichtigung finden würde, war unklar. Bereits in einer Entscheidung vom 31. Oktober 2007572 – und damit vor der entscheidenden Rechtsprechungsänderung des BGH aus dem Jahr 2008 – hat sich der BGH mit der durch das Schrifttum vorgebrachten Kritik am Ausgleichsverbot und der generellen Nichtanwendung von § 812 I 2 Alt. 2 BGB sowie § 313 BGB auseinandergesetzt. Es ging um die oben genannte erste Kon stellation, dass die gesetzlichen Erben Ausgleichsansprüche gegen den nicht ehelichen Partner erhoben. In diesem Urteil lehnte der BGH die schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche im Ergebnis ab, nicht aber ohne sie zuvor wenigstens „anzuprüfen“573. Insofern hat der BGH bereits in diesem Urteil „die Weichen für eine Rechtsprechungsänderung gestellt“574, welche dann mit dem Urteil vom 25. November 2009 erfolgte. Durch sein Urteil vom 25. November 2009575 hat der BGH die Frage geklärt, ob die Rechtsprechungsgrundsätze vom 9. Juli 2008 ebenfalls auf die Konstellation der Beendigung der Lebensgemeinschaft durch den Tod Anwendung finden sollen. Konkret ging es in dieser Rechtssache um die oben beschriebene erste Konstellation, nämlich die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach dem Tod des zuwendenden Partners. Wie sich herausstellen wird, hängt die Beurteilung der Rechtsprechung, ob schuldrechtlicher Ausgleich nachträglich gewährt wird oder nicht, davon ab, ob der zuwendende Partner (oben als erste Konstellation beschrieben) oder der Zuwendungsempfänger (oben als zweite Konstellation beschrieben) zuerst verstirbt.
570 Vgl. Grziwotz, FamRZ 2008, 1829 f.; Coester, JZ 2008, 312, 315; Löhnig, DNotZ 2009, 59, 61; von Proff, NJW 2008, 3266, 3269. 571 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 51; Coester, JZ 2008, 315 f.; von Proff, NJW 2008, 3266, 3269. 572 Vgl. BGH, Urteil vom 31.10.2007 – XII ZR 261/04 = BGH NJW 2008, 443 ff. = FamRZ 2008, 247. 573 Vgl. von Proff, FPR 2010, 382, 384. 574 Weinreich, FPR 2010, 379. 575 Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25.11.2009 XII ZR 92/06 = NJW 2010, 998.
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1. Ausgleichsansprüche bei Tod des Zuwendenden Ausgleichsansprüche der Erben gegen den überlebenden nichtehelichen Partner hat der XII. Zivilsenat des BGH in seiner Entscheidung vom 25. November 2009 abgelehnt. Der Rechtssache lag zusammengefasst folgender Sachverhalt zugrunde: Die nichtehelichen Lebensgefährten hatten ein Haus hälftig zu Miteigentum für ihr partnerschaftliches Zusammenleben erworben. Für die Aufbringung des Kaufpreises hatte der Lebensgefährte und spätere Erblasser 120.000 DM in bar bezahlt und für den restlichen Kaufpreis ein Darlehen aufgenommen. Einige Zeit später übertrug der Lebensgefährte seiner Partnerin den ihm zustehenden Miteigentumsanteil am Haus, im Gegenzug übernahm die Lebensgefährtin seine Verpflichtung aus dem Darlehensvertrag und räumte ihrem Partner ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht ein. Im Falle der Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Trennung sollte der Miteigentumsanteil wieder zurück an den Partner übertragen werden. Dazu kam es nicht, denn die Lebensgemeinschaft endete nicht durch die Trennung der Partner, sondern durch den Tod des Lebensgefährten. Dessen Erben verlangten von der überlebenden Partnerin Ersatz für den vom Erblasser aufgewendeten Kaufpreis für die Immobilie sowie für die von ihm bereits geleisteten Darlehensraten zur Rückzahlung des Kredits aus ererbtem Recht. Zunächst hat sich der BGH mit einem auf die Erben übergegangenen Ausgleichsanspruch aus § 426 I BGB befasst. Den Gesamtschuldnerregress hatte das Berufungsgericht bejaht, da der Erblasser 120.000 DM des Kaufpreises allein beglichen habe. Dieser Ansicht widersprach der BGH in konsequenter Anwendung seiner jahrzentelangen Rechtsprechung576: Eine Ausgleichspflicht nach Kopfteilen, wie sie in § 426 I 1 BGB vorgesehen sei, komme bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft dann nicht in Betracht, wenn wie im vorliegenden Fall die Zahlung mit Rücksicht auf die Partnerschaft erfolgt sei – so die Begründung. Die „anderweitige Bestimmung“ i. S. d. § 426 I BGB ergibt sich aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die das Gesamtschuldverhältnis insoweit überlagert. Auch wenn es sich hier bei dem Erwerb eines Hausgrundstücks um ein „grundlegendes, außergewöhnliches Geschäft“ handele, ändere es nichts an der Betrachtung, dass dieses gerade im Hinblick auf die Partnerschaft erworben wurde. Diese Beurteilung zeigt, dass der BGH im Hinblick auf einen gesamtschuldnerischen Ausgleich bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht zwischen Verbindlichkeiten zur Finanzierung des alltäglichen Bedarfs und Zusammenlebens auf der einen Seite und darüber hinaus gehenden Geschäften auf der ande576 Vgl.
von Proff, NJW 2010, 980, 982; Weinreich, FPR 2010, 379.
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ren Seite differenziert. Für beide Fälle wird der Regress im Innenverhältnis ausgeschlossen577. Zudem macht der BGH bei der Ablehnung des Gesamtschuldnerregresses keinen Unterschied, ob die nichteheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung oder durch Tod endet578. Der BGH urteilt weiter, dass bei einer solchen gemeinschaftsbezogenen Zuwendung nunmehr – nach geänderter BGH Rechtsprechung – neben gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüchen auch an Ansprüche aus Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) und Zweckverfehlungskondiktion (§ 812 I 2 Alt. 2 BGB) infrage kommen579. Wie oben gezeigt differenziert die Rechtsprechung bei Anwendung dieser Ausgleichsmechanismen nach Ausgaben für das alltägliche Zusammenleben einerseits und darüber hinausgehenden Geschäften von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung andererseits. Nur bei letzteren ist überhaupt ein finanzieller Ausgleich nach Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geschuldet. In konsequenter Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze aus den Urteilen vom 9. Juli 2008 lehnt der BGH einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch ab580. Eine BGB-Innengesellschaft, welche über § 738 I 1 BGB aus einandergesetzt wird, hätte einen durch schlüssiges Verhalten zustande gekommenen Gesellschaftsvertrag vorausgesetzt. Ein solcher wird beim Erwerb einer Immobilie nur dann angenommen, wenn durch die Immobilie Einkünfte erzielt werden sollen, nicht aber, wenn sie den Lebensgefährten als gemeinsame Wohnung dienen soll581. In der vom Zwölften Senat zu entscheidenden Rechtssache hatte der Partner die ursprünglich ihm zustehende Hälfte an dem Grundstück seiner Partnerin übertragen und sich im Gegenzug ein lebenslanges Wohnrecht gewähren lassen. Dieses Rechtsgeschäft zeigt, dass der primäre Zweck nicht darin bestand, einen gemeinsamen Vermögenswert zu schaffen, sondern das Zusammenleben als Paar auszugestalten. In der Literatur wird das Urteil als „interessant und neu“582 im Hinblick auf die Ansprüche aus Zweckverfehlungskondiktion und Wegfall der Geschäftsgrundlage eingestuft. Zu einem Anspruch aus § 313 BGB urteilte der BGH, dass die Geschäftsgrundlage nicht dadurch entfalle, dass die Lebensgemeinschaft durch den Tod des Zuwendenden Weinreich, FPR 2010, 379. zur Ablehnung des Gesamtschuldnerausgleichs nichtehelicher Lebenspartner nach der Trennung BGH, Urteil vom 3.02.2010 – XII ZR 53/08 = NJW 2010, 868 = FamRZ 2010, 542. 579 Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25.11.2009 XII ZR 92/06 = NJW 2010, 998 (Rn. 16– 18). 580 Vgl. Weinreich, FPR 2010, 379, 381. 581 Vgl. von Proff, NJW 2009, 983. 582 Vgl. Weinreich, FPR 2010, 379, 381 577 Vgl. 578 Vgl.
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ein natürliches Ende gefunden habe. Die Vorstellung des Zuwendenden, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, habe sich gerade bis zum Tod erfüllt und sei daher nicht wie bei einer Trennung der Lebensgefährten nachträglich entfallen583. Zu einem Anspruch aus Wegfall der Geschäftsgrundlage, der auf die Erben des Zuwendenden übergehen könnte, kann es nach der Rechtsprechung demzufolge nur dann kommen, wenn die Partner sich zu Lebzeiten trennen. Quasi in einen Nebensatz äußert sich der BGH zum umgekehrten Fall – dem Tod des Zuwendungsempfängers. In dieser Konstellation hält der BGH einen Ausgleichsanspruch des überlebenden Partners gegen die Erben nicht für ausgeschlossen, da in diesem Fall der Zuwendende nicht mehr langfristig an dem Vermögensgegenstand partizipieren könne, wie dies ursprünglich einmal beabsichtigt war584. Schließlich wird auch ein bereicherungsrechtlicher Ausgleich den Erben des Zuwendenden versagt. Zwar sieht der BGH eine konkrete Zweckabrede als gegeben an, welche in dem notariellen Vertrag zur Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts und Rückkaufrechts für den Fall der Trennung zum Ausdruck kommt. Es kann nach Ansicht des BGH jedoch nicht von einer Zweckverfehlung im Sinne des § 812 I 2 Alt. 2 BGB gesprochen werden. Der Zweck der Zuwendung, langfristig gemeinsam von dem erworbenen Gegenstand profitieren zu können, habe sich bis zum Tod des Lebenspartners erfüllt und sei demzufolge nicht verfehlt worden585. Hiermit wird klar, dass allein durch den Tod des Partners keine Ausgleichsansprüche entstehen, die zu Lebzeiten dem Partner nicht zugestanden hätten586. Anders ausgedrückt: Den Erben kann insoweit nicht mehr zustehen als dem Erblasser zu Lebzeiten zugestanden hätte. Aus diesem – als Grundsatzurteil eingestuften – BGH- Urteil587 lässt sich das Fazit ziehen, dass die Ausgleichsansprüche nach Tod des zuwendenden nicht ehelichen Partners grundsätzlich nicht mit denen nach einer Trennung zu Lebzeiten gleichzusetzen sind. Bei Tod des zuwendenden Partners kommen keine Ausgleichsansprüche der Erben gegen den nichtehelichen Partner nach Bereicherungsrecht oder Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht. Anders dürfte der Fall sein, wenn zwischen den nichtehelichen Partnern eine BGB-Innengesellschaft zustande gekommen ist. Von Proff nennt in diesem Kontext das Beispiel, dass eine Frau jahrzehntelang beim Aufbau des Unterneh583
Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25.11.2009 XII ZR 92/06 = NJW 2010, 998 (Rn. 26). Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25.11.2009 XII ZR 92/06 = NJW 2010, 998 (Rn. 27). 585 Vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 25.11.2009 XII ZR 92/06 = NJW 2010, 998 (Rn. 35). 586 Vgl. Wellenhofer, FamFR 2010, 72. 587 Vgl. von Proff, NJW 2010, 980, 983. 584
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mens ihres Partners mit wesentlichen Vermögens- und Arbeitsleistungen mitgewirkt hat. Dadurch ist zumindest konkludent eine Innengesellschaft zwischen den Partnern begründet worden. Nach ergänzender Vertragsauslegung soll die Innengesellschaft mit Tod der Frau enden. Rechtsfolge dessen ist jedoch, dass ihre Erben gegen den überlebenden Partner gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche erheben können. Den Beweis zu erbringen, dass solche Ausgleichsansprüche für die Erben entgegen dem Gesetz ausgeschlossen wurden, würde dem überlebenden Partner obliegen – eine deutlich günstigere Ausgangslage für die Erben588. Über diesen Fall hatte der BGH nach der Rechtsprechungsänderung von 2008 allerdings noch nicht zu entscheiden. Die bereits erfolgte Weiterentwicklung der Rechtsprechungsgrundsätze des BGH vom 9. Juli 2008 im Hinblick auf § 812 I 2 und § 313 BGB bei Tod des zuwendenden Partners wird im Schrifttum als „richtig und konsequent“ be wertet589. Nach Ablehnung der schuldrechtlichen und bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüche bleibt für die Erben einzig der Rückgriff auf das Pflichtteilsergänzungsrecht (§§ 2325 ff. BGB). Ein Pflichtteilsergänzungsanspruch § 2329 I BGB setzt voraus, dass der Erblasser einem Dritten eine Schenkung gemacht hat. Im Pflichtteilsrecht werden Schenkungen und unbenannte Zuwendungen identisch behandelt590. Im vorliegenden Fall hat der BGH eine Schenkung verneint vor dem Hintergrund, dass für die Übertragung des Miteigentums an dem Grundstück eine Gegenleistung vereinbart sei, nämlich die Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts. Auch eine gemischte Schenkung liegt nach Ansicht des BGH nicht vor, da es an einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung auf der einen Seite und Gegenleistung auf der anderen Seite fehle591. Im Ergebnis scheitern damit auch die geltend gemachten Pflichtteilergänzungsansprüche und die Erben gehen komplett leer aus. Dies zeigt, dass das Pflichtteilsergänzungsrecht nur geringe Möglichkeiten für die Erben bietet, um die zwischen nichtehelichen Lebensgefährten erfolgten Zuwendungen nachträglich anzugreifen. Nach der BGH Rechtsprechung hat der Erblasser vielmehr weitgehende Freiheiten, seine Lebensgefährtin auf Kosten von Ehefrau und Kindern zu bedenken592.
von Proff, FPR 2010, 382, 386. Weinreich, FPR 2010, 379, 381 f. 590 Vgl. von Proff, FPR 2010, 382, 386; Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 165. 591 Vgl. BGH, NJW 2010, 998, 1001 (Rn. 47 f.). 592 Vgl. Weinreich, FPR 2010, 379, 382. 588 Vgl. 589 Vgl.
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Dass der umgekehrte Fall – der Tod des Zuwendungsempfängers – anders zu entscheiden sein könnte, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 25. November 2009 zwar angedeutet593, bisher aber noch nicht entschieden. 2. Ausgleichsansprüche bei Tod des Zuwendungsempfängers Wie ist nun aber der umgekehrte Fall zu entscheiden? Bestehen Ausgleichsansprüche des nichtehelichen Partners gegen die Erben des Zuwendungsempfängers? Aus der eher beiläufigen Andeutung im BGH Urteil vom 25. November 2009 lässt sich schließen, dass beim Tod des Zuwendungsempfängers möglicherweise Ausgleichsansprüche des überlebenden Partners gegen die Erben nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage und Zweckverfehlungskondiktion in Betracht kommen. Der Unterschied zu dem vom BGH entschiedenen Fall ist darin zu sehen, dass der Tod des Zuwendungsempfängers die Universalsukzession zugunsten der gesetzlichen Erben seines Lebensgefährten bewirkt, und der Zuwendende damit nicht mehr an dem hingegebenen Vermögensgegenstand teilhaben kann. Bei Vorversterben des Zuwendenden konnte dieser dagegen bis zu seinem Lebens ende den zugewendeten Gegenstand gemeinsam mit seinem Partner nutzen. Insoweit ist bei Vorversterben des Zuwendungsempfängers die der Zuwendung zugrunde liegende Erwartung enttäuscht, langfristig gemeinsam mit dem Partner vom Vermögensgegenstand zu profitieren. Nunmehr ist an einen Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB zu denken. Darüber hinaus hat sich der über die Leistung hinausgehende Zweck, dauerhaft am Vermögenswert des anderen partizipieren zu können, nicht oder zeitlich nur bedingt realisiert, so dass daneben auch die Zweckverfehlungskondiktion zu diskutieren ist, sofern es denn eine konkrete Zweckabrede zwischen den Partnern gab. Die herrschende Lehre hält Ausgleichsansprüche des überlebenden Partners gegen die Erben bei Versterben des Zuwendungsempfängers für denkbar594. In der Rechtsprechung der OLG hat sich bisher keine einheitliche Linie zu dieser Frage herausgebildet. Das OLG Naumburg geht in einem Beschluss vom 3. September 2009595 von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der vom BGH entwickelten Grundsätze aus, die nicht nur für die Auflösung der Lebensgemeinschaft durch Trennung, sondern für jede Art der Beendigung nichtehelicher Gemeinschaften gelten müssten. In der konkret zu entscheidenden Rechtssache lässt das OLG Naum593
Vgl. BGH, NJW 2010, 998 (Rn. 27). MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 51; Weinreich, FPR 2010, 379, 382. 595 Vgl. OLG Naumburg, Beschluss vom 3.09.2009 – 1 W 23/09 = NJW-RR 2010, 224. 594 Vgl.
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burg den Anspruch des überlebenden Partners gegen die Erben jedoch an der Voraussetzung der „gemeinschaftsbezogenen Zuwendung“ scheitern. Die überlebende nichteheliche Partnerin forderte bereicherungsrechtlichen Ausgleich gegenüber den Erben ihres verstorbenen Partners, da nach einer internen Absprache zwischen den Partnern der Verstorbene beinahe seine gesamten Einkünfte für die gemeinsame Altersvorsorge angespart hatte, während die gesamten Einkünfte der Partnerin für den laufenden Unterhalt verwendet worden waren. Das OLG Naumburg hat zunächst die Rechtsauffassung der Vorinstanz zurückgewiesen, nach der bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche nur bei Auflösung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung, nicht aber durch Tod infrage kommen sollten. Den für den bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 I 2 Alt. 2 BGB über die Leistung hinausgehenden Zweck sah das OLG in der beabsichtigten Altersvorsorge, die der Zuwendungsempfänger infolge der Unterhaltsleistungen der Lebensgefährtin ansparen konnte. In konsequenter Anwendung der Rechtsprechung des XII. Zivilsenats des BGH vom 9. Juli 2008 lehnte das OLG jedoch den Anspruch mangels einer ausgleichsfähigen gemeinschaftsbezogenen Zuwendung ab. Die Aufwendungen der Lebensgefährtin dienten nämlich laufenden Unterhaltsbedürfnissen und trugen nicht zur Schaffung eines erheblichen gemeinschaftlichen Vermögenswerts bei. In der Literatur ist diese Entscheidung in diesem Punkt auf Kritik gestoßen. Es habe sich bei den Leistungen der Lebensgefährtin entgegen der Auffassung des OLG Naumburg nicht um laufende Unterhaltsaufwendungen gehandelt, vielmehr hätten die Leistungen erst die Bildung eines gemeinsamen Vermögenswertes ermöglicht, an welchem die Partner langfristig partizipieren sollten. Die Vermögensrücklage beim Lebensgefährten sollte nämlich auch der Altersversorgung dienen. Demzufolge läge eine ausgleichsfähige gemeinschaftsbezogene Zuwendung vor, so dass der bereicherungsrechtliche Anspruch wegen Zweckverfehlungskondiktion dem Grunde nach bestünde596. Diese Diskussion zeigt, dass die Rechtsprechungsgrundsätze des BGH nicht immer eine scharfe Trennlinie zwischen ausgleichslosen alltäglichen Bedarfsleistungen einerseits und ausgleichsfähigen Zuwendungen andererseits ermöglichen. Diese Problematik stellt sich genauso für die Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Trennung und durch Tod. Die Frage nach Bestehen von Ausgleichsansprüchen wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage und Zweckverfehlung ist mit dem Beschluss des OLG Naum596 Vgl. Anm. zu OLG Naumburg, Beschluss vom 3.09.2009 – 1 W 23/09 Schmitz, FamFR 2009, 176.
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burg nicht abschließend geklärt, wie ein zeitlich nachfolgendes Urteil des OLG Brandenburg zeigt. Das OLG Brandenburg hatte ebenfalls über die Konstella tion zu entscheiden, in der die überlebende Lebensgefährtin gegenüber dem Erben ihres verstorbenen Partners und Zuwendungsempfängers Ausgleichsansprüche wegen Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod geltend machte597. Konkret ging es um nachträglichen Ausgleich für von ihr finanzierte Renovierungsleistungen an dem im Miteigentum des verstorbenen Lebensgefährten stehenden Hauses. Ein zwischen den Lebensgefährten beabsichtigtes durch Grundbuch gesichertes lebenslanges Wohnrecht war der Partnerin nicht mehr eingeräumt worden. In seinem Urteil vom 27. Mai 2010 lehnte das OLG Brandenburg einen Ausgleichsanspruch nach § 812 I 2 Alt. 2 BGB ab. Dabei hat das Gericht grundsätzliche Bedenken gegenüber der Anwendbarkeit der Zweckverfehlungskondik tion in der Konstellation der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod geäußert: Erstens bestehe zwischen der Lebensgefährtin und dem Erben ihres verstorbenen Partners keine Leistungsbeziehung, die ausgleichsfähig sei. Zweitens sei der Erbe nicht durch eine Leistung der Lebensgefährtin seines Vaters bereichert, vielmehr liege der Rechtsgrund für seinen Vermögenserwerb im Erbrecht. Schließlich könne auch nicht der Nachlass des Erblassers mit einem bereicherungsrechtlichen Anspruch der Lebensgefährtin belastet sein, da die Anspruchsvoraussetzungen zu Lebzeiten des Erblassers nicht erfüllt waren. Zu Lebzeiten habe die Lebensgemeinschaft Bestand gehabt, so dass „begriffsnotwendig keine Ausgleichsansprüche wegen deren Beendigung entstanden sein konnten“598. Aus dieser Argumentation ließe sich ableiten, dass das OLG Brandenburg generell bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche in der Konstellation der Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Tod ausschließen möchte. Diesem Ansatz muss widersprochen werden, zumal gerade bei erheblichen Beträgen zur Finanzierung des Hausbaus oder zum Aufbau eines Unternehmens eine schutzwürdige Erwartung des Leistenden besteht, dass die Lebensgemeinschaft noch über längere Zeit fortbesteht und eben nicht durch Trennung oder Tod ein vorzeitiges Ende findet599. Trotz der grundsätzlichen Bedenken befasste sich das OLG nachfolgend detailliert mit den Voraussetzungen der Zweckverfehlungskondiktion, wie sie der BGH in seiner Rechtsprechung vom 9. Juli 2008 zur Beendigung nichtehelicher 597
Vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.05.2010 – 9 U 2/09 = BeckRS 2010, 14103. Vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.05.2010 – 9 U 2/09 = BeckRS 2010, 14103. 599 Vgl. von Proff, FPR 2010, 382, 386. 598
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Lebensgemeinschaften konkretisiert hat. Soweit die Lebensgefährtin bei ihrer Leistung die Erwartung zugrunde gelegt habe, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben werde, sei diese Vorstellung nicht enttäuscht worden, da die Lebensgemeinschaft bis zum Tod des Partners fortbestanden habe. Darüber hinaus sei die Leistung der Lebensgefährtin nicht ausgleichsfähig. Wie laufende Unterhaltszahlungen, die den täglichen Bedarf der Lebensgemeinschaft abdecken, seien größere Einmalzahlungen zu behandeln. Die Partnerin hatte 10.000 € über einen Zeitraum von zwei Jahren in die Erneuerung von Haus und Haushaltsgegenständen des Partners gesteckt, gleichzeitig aber unentgeltlich das Haus des Partners mit bewohnt. Das OLG nahm bei einer Zahlung dieser Größenordnung an, dass der Betrag ersatzlos zur Verwirklichung der Lebensgemeinschaft geleistet worden sei und lehnte damit einen Ausgleichsanspruch der Lebensgefährtin gegen den Erben ab. Hier zeigt sich die konsequente Anwendung der BGH Rechtsprechungsgrundsätze vom 9. Juli 2008, nach denen laufende Unterhaltsansprüche nachträglich nicht ausgeglichen werden600. Auch ein Anspruch aus § 313 I BGB wird vom OLG zurückgewiesen mit der Begründung, dass die Zuwendungen der Lebensgefährtin nicht über den täglichen Bedarf hinausgegangen sind. Als Zwischenfazit lässt sich einerseits ziehen, dass dieselben schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen bei der Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Trennung als auch durch Tod zur Anwendung kommen. Zudem werden die gleichen Grundsätze hinsichtlich ausgleichsfähiger erheblicher Zuwendungen auf der einen Seite und ausgleichslos erbrachter Ausgaben zum alltäglichen Zusammenleben auf der anderen Seite aufgestellt. Andererseits verläuft die Auseinandersetzung nach dem Tod eines Partners nicht vollkommen identisch zur Trennung. Die Rechtsprechung nimmt bei Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Tod eine weitere Differenzierung vor, die für die Bejahung von Ausgleichsansprüchen entscheidend ist. Handelt es sich um den Tod des Zuwendenden oder den Tod des Zuwendungsempfängers? Im ersten Fall soll grundsätzlich kein nachträglicher Ausgleichsanspruch der Erben gegen die Zuwendungsempfänger infrage kommen. Im zweiten Fall hat der spendierfreudige Partner unter Umständen die Möglichkeit, seine Zuwendung von den Erben zurückzufordern. Alsdann gilt es für das französische Recht zu klären, ob die Rechtsprechung erstens die gleichen schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen bei Trennung und bei Tod heranzieht und ob zweitens, eine Differenzierung danach vorge-
600 Vgl.
von Proff, FPR 2010, 382, 386.
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nommen wird, wer von den Partnern zuerst verstirbt – Zuwendender oder Zuwendungsempfänger. V. Schuldrechtliche Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod im französischen Recht Auch die französische Rechtsprechung hat sich damit befasst, welche Ansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod infrage kommen – sei es, dass der überlebende nichteheliche Partner Ausgleich von den Erben seines concubin fordert, sei es, dass umgekehrt der überlebende Partner von den Erben in Anspruch genommen wird. Ausgangspunkt ist folgender: Der nichteheliche Partner, der dem anderen eine Zuwendung gemacht hat, möchte nach dem Versterben seines Lebensgefährten den Vermögensvorteil von den Erben zurückverlangen. Grundsätzlich wäre an die gleichen Ansprüche zu denken, die auch bei Beendigung der nicht ehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung infrage kommen, nämlich die Ausgleichsforderungen über die Auseinandersetzung einer faktischen Gesellschaft (société créée de fait) und subsidiär dazu die Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (enrichissement sans cause). In einem Urteil vom 2. Oktober 1974 hat die Erste Zivilkammer der Cour de cassation den Anspruch der nichtehelichen Lebenspartnerin gegen die Erben ihres Partners bejaht, nachdem diese nachweisen konnte, dass zwischen ihr und dem Verstorbenen eine faktische Gesellschaft bestanden hatte601. Die nichteheliche Partnerin hatte im Unternehmen ihres Partners in leitender Funktion mitgearbeitet. Mit dem Tod ihres Partners konnte sie vor diesem Hintergrund gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche geltend machen. In einem Urteil vom 1. Juli 1997602 hat die Cour de cassation in der gleichen Konstellation den Anspruch der Ausgleich fordernden nichtehelichen Lebenspartnerin abgelehnt, weil sie nicht den Nachweis darüber erbringen konnte, dass zwischen ihr und dem Verstorbenen eine faktische Gesellschaft bestanden hatte. Anhand dieser beispielhaft genannten Entscheidungen wird deutlich, dass die Rechtsprechung zwar die anspruchsbegründenden Voraussetzungen der faktischen Gesellschaft (société créée de fait) prüft, ohne aber als Vorfrage zu klären, ob der Anspruch unterschiedslos für den Fall der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung und den Fall der Beendigung durch Tod anwendbar ist. 601
602
1. Civ. 2.10.1974 = Bulletin des arrêts Cour de cassation chambre civile 1 N. 249 P. 213. 1. Civ. 1.07.1997 95-13988, non publié au Bulletin.
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Für den bereicherungsrechtlichen Anspruch, der subsidiär zur faktischen Gesellschaft infrage kommt, gilt entsprechendes. Die Gerichte diskutieren nicht, ob eine Anwendung für die Konstellation der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bei Tod infrage kommt, sondern beschäftigen sich ausschließlich damit, ob die konkreten anspruchsbegründenden Voraussetzungen gegeben sind603: Konkret muss der inzwischen verstorbene Partner durch eine Leistung des ausgleichsfordernden überlebenden concubin bereichert gewesen sein, durch welche der Leistende eine entsprechende Entreicherung in seinem Vermögen erlitten hat und nicht bereits zu Lebzeiten des anderen eine entsprechende Gegenleistung erhalten hat. Ferner muss der Vermögensvorteil auf die gesetzlichen Erben im Wege der Universalsukzession übergegangen sein. Nicht nur in der Rechtsprechung, sondern auch in der Literatur gibt es – soweit ersichtlich – keine Diskussion über die Frage, ob die gesellschaftsrechtlichen und bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüche auf den Fall der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung zu begrenzen sind. Im umgekehrten Fall, in welchem die Erben gegen den überlebenden nicht ehelichen Partner als Zuwendungsempfänger vorgehen, wendet die Rechtsprechung gleichermaßen bei Tod und bei Trennung die gesellschaftsrechtlichen und bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüche an – und dies konstant seit vielen Jahrzehnten. In einem Urteil vom 27. April 1966 hat die Cour de cassation beispielsweise den Erben einen Ausgleichsanspruch aus der Auseinandersetzung einer faktischen Gesellschaft zugesprochen, die zwischen dem Verstorbenen und der nichtehelichen Lebensgefährtin bestanden hatte. Konkret hatten die nichtehelichen Lebenspartner gemeinsam eine Bäckerei erworben und betrieben. Währenddessen und auch zeitlich nach dem Verkauf der Bäckerei wurden einige Vermögensgegenstände aus dem durch den Bäckereibetrieb erzielten Gewinn angeschafft, die dinglich allein der nichtehelichen Lebenspartnerin zugeordnet waren. Nach dem Tod des Mannes hat die Cour de cassation in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht angenommen, dass eine faktische Gesellschaft bestanden hatte und demzufolge den Erben hälftiges Miteigentum an den mit dem Gesellschaftsvermögen angeschafften Gütern zugesprochen604. Auch im Bereicherungsrecht erscheint ein Ausgleichsanspruch der Erben gegen den überlebenden nichtehelichen Partner denkbar unter der Voraussetzung, 603 Vgl. Cour d’appel d’Angers, 1re chambre, 23.04.2001, Legifrance.fr: (Zugriff 8.11.2011); 1. Civ. 18.06.1980 = Bulletin des arrêts Cour de cassation chambre civile 1 N. 191. 604 Vgl. 1. Civ. 27.04.1966 N. 253.
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dass der Leistende für seine Zuwendung zu Lebzeiten keine Kompensation mehr erfahren hat. VI. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Tod im deutschen und französischen Recht – ein zusammenfassender Vergleich Endet die nichteheliche Lebensgemeinschaft durch den Tod eines Partners werden in beiden Rechtsordnungen schuldrechtliche Ausgleichsforderungen in folgenden zwei Konstellationen für denkbar erachtet. Erstens: Der Zuwendungsempfänger verstirbt, woraufhin der überlebende nichteheliche Partner gegen dessen gesetzliche Erben vorgeht. Zweitens: Der Zuwendende stirbt, woraufhin seine Erben Ausgleich vom überlebenden Zuwendungsempfänger fordern. Gemeinsamer Grundgedanke ist in beiden Rechtsordnungen, dass die Zuwendung zwischen nichtehelichen Partnern in den meisten Fällen der Ausgestaltung des Zusammenlebens diente und dieser Zweck mit dem Tod eines Lebenspartners entfällt. Dass eine solche Zuwendung sich nicht als Vermögensvorteil bei den Erben des Zuwendungsempfängers manifestieren soll, was aber unter Anwendung des im Erbrecht in beiden Ländern geltenden Prinzips der Universalsukzession die Folge ist, sondern vom überlebenden Partner zurückgefordert werden muss, leuchtet aus Billigkeitsgesichtspunkten ein. Der umgekehrte Fall aber, dass der überlebende Partner an die Erben Zu wendungen herausgeben soll, die ihm von seinem Partner bewusst gemacht w urden, erscheint diskussionswürdig und wird bisweilen unterschiedlich beurteilt605. Dass ein solcher Rückforderungsanspruch nicht im Willen des Erblassers gelegen haben könne und demzufolge ein Verzicht etwaiger Ausgleichsleistungen nach dem Tod intendiert wäre, ist Gedankengut aus der deutschen Literatur606. Eine entsprechende Diskussion wird in Frankreich soweit ersichtlich nicht geführt. Dogmatische Ähnlichkeiten finden sich im Hinblick auf die konkreten Ansprüche, welche zur Vermögensauseinandersetzung im Todesfall eines Partners dienen. Wie bei der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung werden Ansprüche aus Gesellschaftsrecht und Bereicherungsrecht von deutschen und französischen Gerichten geprüft, in Deutschland kommen darüber hinaus noch solche Ansprüche aus den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage infrage.
605 Vgl.
606 Vgl.
Coester, JZ 2008, 315 f.; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 44, Rn. 25. Coester, JZ 2008, 315 f.; MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 51.
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Insofern wird in der Rechtsprechung beider Länder der Ansatz verfolgt, dass es keinen Unterschied macht, ob die Lebensgemeinschaft durch Tod oder Trennung endet: Die zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern erfolgte Vermögensverschiebung wird unter Anwendung des Schuldrechts rückabgewickelt. Familien- und erbrechtliche Lösungen existieren in beiden Rechtsordnungen demgegenüber nicht. Bei der Rückabwicklung nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen kommen beide Rechtsordnungen übereinstimmend zum Ergebnis, dass die Gesellschaft zwischen den nichtehelichen Partnern – ob nun BGB-Innengesellschaft oder faktische Gesellschaft (société de fait) – grundsätzlich nicht mit den Erben fortgeführt wird und es damit beim Tod eines Partners zur Auflösung und Auseinandersetzung der Gesellschaft kommen muss607, es sei denn, die nichtehelichen Lebenspartner haben diesbezüglich eine anderslautende Vereinbarung getroffen. Die Rückabwicklung nach Bereicherungsrecht gestaltet sich folgendermaßen: In der Konstellation, in welcher der Zuwendungsempfänger verstirbt und der Zuwendende gegen die Erben vorgeht, können deutsche Gerichte den bereicherungsrechtlichen Anspruch des Zuwendenden deshalb verneinen, weil erstens zwischen dem Zuwendenden und den Erben des Zuwendungs empfängers keine Leistungsbeziehung besteht und weil zweitens der Anspruch zu Lebzeiten des Zuwendungsempfängers mangels Beendigung der Lebensgemeinschaft gar nicht entstanden wäre und somit auch nicht auf die Erben hätte übergehen können608. Der bereicherungsrechtliche Anspruch in Frankreich ist weiter zu verstehen als die deutsche Zweckverfehlungskondiktion. Eine Leistungsbeziehung zwischen dem Zuwendenden und den Erben wird nicht gefordert. Es genügt, dass die Erben durch die an den Verstorbenen erbrachte Zuwendung bereichert sind, der überlebende Partner korrelativ eine Entreicherung erlitten hat und kein Rechtsgrund für diese Vermögensverschiebung besteht oder früher bestanden hat. Dass die Erben nicht unmittelbar durch die Zuwendung des nichtehelichen Partners des Erblassers, sondern infolge der Universalsukzession bereichert sind, wird nicht als Hindernis für den bereicherungsrechtlichen Ausgleich betrachtet. Im Ergebnis dürfte aber in beiden Rechtsordnungen für die Konstellation der Rückforderung des Zuwendenden gegen die Erben des Zuwendungsempfängers 607 Vgl. § 727 BGB, Bergschneider, FPR 2011, 244, 247 im Hinblick auf das deutsche Gesellschaftsrecht. Im Hinblick auf die société créée de fait gelten die Bestimmungen zur société en participation. 608 Vgl. Argumentation des OLG Brandenburg, Beschluss vom 27.05.2010 – 9 U 2/09 = BeckRS 2010, 14103.
D. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Tod
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ein Ausgleichsanspruch nach Gesellschafts- oder subsidiär dazu nach Bereicherungsrecht zu bejahen sein. Im umgekehrten Fall – dem Versterben des Zuwendenden und der Ausgleichsforderung seiner Erben gegenüber dem überlebenden Partner – prüfen deutsche Gerichte, ob die Geschäftsgrundlage der Zuwendung durch den Tod entfallen ist. Die Geschäftsgrundlage für die Zuwendung ist in der Vorstellung zu sehen, langfristig vom zugewendeten Gegenstand gemeinsam mit dem anderen Partner zu profitieren. Wenn dies bis zum Tod des Zuwendenden geschehen ist, sollen dessen Erben nicht anschließend den noch verbleibenden Vermögensvorteil vom überlebenden Partner zurückfordern dürfen. Die Gerichte begründen das Ergebnis dogmatisch dadurch, dass die Geschäftsgrundlage der Zuwendung nicht durch den Tod des Zuwendungsempfängers entfällt. Im Übrigen wird der vermeintliche Wille des Zuwendenden in die Argumentation mit eingebracht, demzufolge der überlebende Partner auch weiterhin von der Zuwendung profitieren soll. Ausnahmen werden für den Fall in Betracht gezogen, dass der Zuwendende versorgungsbedürftige Kinder als Erben hinterlässt und eine „Vermögensakkumulation“ durch seine Zuwendung beim überlebenden Partner eingetreten ist609. Derlei Erwägungen werden in der französischen Rechtsordnung nicht angestellt. Sofern ein Vermögensvorteil beim Zuwendungsempfänger nach dem Tod seines Partners verbleibt, wird geprüft, ob es dafür zu Lebzeiten einen Rechtsgrund gab bzw. ob der Vermögensvorteil eine entsprechende Gegenleistung erfahren hat. Ist dies nicht der Fall, so können die Erben, auf welche nach der Universalsukzession alle Forderungen übergegangen sind, bereicherungsrechtliche Ansprüche gegen den überlebenden Partner geltend machen. Im Ergebnis werden im französischen Recht „automatisch“ und unterschiedslos dieselben Ausgleichsansprüche bei Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Tod wie bei der Beendigung durch Trennung zur Anwendung gebracht. Hier besteht ein Unterschied zur deutschen Rechtsordnung. Rechtsprechung und Literatur in Deutschland diskutieren zumindest eine Differenzierung im Hinblick darauf, ob die nichteheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung oder durch Tod beendet wird. Sprechen die gleichen Argumente für die Bejahung schuldrechtlicher Ausgleichsmechanismen im Trennungs- wie im Todesfall? Wesentlicher Unterschied ist, dass die Trennung die willentliche Entscheidung zumindest eines Partners ist, die nichteheliche Lebensgemeinschaft zu beenden. Das Vertrauen des anderen Partners in den Fortbestand der Gemeinschaft wird enttäuscht. Erfolgte Vermögensverlagerungen werden nach der Rechtsprechung des Bundes609 Vgl.
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 44, Rn. 25.
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Teil 2: Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft
gerichtshofs vor diesem Hintergrund unter dem Gesichtspunkt der Zweckverfehlung (§ 812 BGB) oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) nach der Trennung zurück erstattet. Der Tod ist dagegen ein Ereignis, das dem Willen der Partner entzogen ist – lässt man einmal die Hypothese des Suizids außen vor. Der Zweck der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, eine dauerhafte Lebens- und Schicksalsgemeinschaft darzustellen, hat sich bis zum Tod erfüllt – so auch der Zweck vorgenommener Vermögensübertragungen zwischen den nichtehelichen Partnern. Ein nachträglicher Ausgleich findet konsequenter Weise nicht statt. Die deutsche Rechtsprechung sucht insofern nach einer Lösung, die dem Willen der nichtehelichen Partner am ehesten entspricht: Eine Wertung, die im französischen Recht unterbleibt.
Teil 3
Die registrierten Partnerschaften des deutschen und französischen Rechts und die Vermögensauseinandersetzung bei ihrer Beendigung – ein Lösungsansatz für nichteheliche Lebensgemeinschaften? Nachdem der status quo der Vermögensauseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften nach der deutschen und französischen Rechtsprechung aufgezeigt wurde, stellt sich die Frage, inwieweit die registrierten Partnerschaften deutschen und französischen Rechts ein Lösungsmodell für nichteheliche Paare darstellen, die einerseits die Ehe nicht miteinander eingehen wollen oder können, andererseits aber für den vermögensrechtlichen Bereich Rechtssicherheit anstreben. Wie die Ehe haben sowohl die deutsche Eingetragene Lebenspartnerschaft als auch der französische PACS „güterrechtliche Wirkungen“.
A. Die Vermögensauseinandersetzung bei der deutschen Eingetragenen Lebenspartnerschaft – eine Anlehnung an das Eherecht Mit der Schaffung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft hat der deutsche Gesetzgeber im Jahr 2001 trotz grundlegender Bedenken, die gegen die Einführung erhoben worden sind1, einen rechtlichen Rahmen für das Zusammenleben von Partnern gleichen Geschlechts geschaffen 2. Bei der Ausgestaltung des Rechtsinstituts hat sich der Gesetzgeber in großem Umfang an den Regelungen zur Ehe orientiert3 – dies zeigt sich auch bei der vermögensrechtlichen Abwicklung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft.
Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 42, Rn. 1. Schwab, Familienrecht, § 94, Rn. 1. 3 Vgl. Dethloff, Familienrecht, § 7, Rn. 3. 1 Vgl. 2 Vgl.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
I. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft Das im „Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften“ enthaltene Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) regelt Voraussetzungen und Wirkungen der Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Das Bundesverfassungsgericht hat die formelle und materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes in seiner Entscheidung vom 17. Juli 2002 bejaht 4. Bei Einführung des Rechtsinstituts hatte der Gesetzgeber bewusst einige „künstliche“ Unterscheidungen zwischen Ehe und Eingetragener Lebenspartnerschaft vorgesehen, für die es nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts keinen Grund mehr gab5. Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft Art. 6 GG nicht verletze. Der besondere Schutz der Ehe hindere den Gesetzgeber nicht daran, für gleichgeschlechtliche Partnerschaften Rechte und Pflichten vorzusehen, die der Ehe nahekommen6. Da es nach dieser Rechtsprechung keinen Grund mehr dafür gab, einen „Abstand“ zwischen Ehegatten und Eingetragenen Lebenspartnern einzuhalten7, wurde das LPartG mehrfach reformiert: Die weitreichendste Änderung im Hinblick auf eine Angleichung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft zur Ehe hat das LPartG durch die Gesetzesnovelle vom 1. Januar 2005 erfahren8. So wurde beispielsweise das Versprechen, eine Lebenspartnerschaft einzugehen, dem Verlöbnis angeglichen, das eheliche Güterrecht wurde übernommen und die Regelungen zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft wurden dem Scheidungsrecht weitgehend angepasst. Auch die Stiefkindadoption wurde Eingetragenen Lebenspartnern unter den gleichen Voraussetzungen wie Ehegatten ermöglicht9. Wie die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft in vielfacher Weise zeigt10, ist die mit der Gesetzesnovelle von 2005 eingeläutete Entwicklung hin zur Gleichstellung der Eingetragenen 4 Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.07.2002 – 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01 = BVerfGE 105, 313 = NJW 2002, 2543 = FamRZ 2002, 1169. 5 Vgl. Wellenhofer, NJW 2005, 705. 6 Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.07.2002 – 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01 = BVerfGE 105, 313 = NJW 2002, 2543 = FamRZ 2002, 1169, erster Leitsatz. 7 Vgl. Emmenegger/Wiedmann/Sanders, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 362. 8 Vgl. Muscheler, FPR 2010, 227. 9 Vgl. Henkel, NJW 2011, 259 f. 10 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.07.2010 – 1 BvR 611/07 = NJW 2010, 2783. In diesem Beschluss erklärt das Bundesverfassungsgericht die unterschiedliche Behandlung von Eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz für verfassungswidrig; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 7.05.2013 – 2 BvR 909/06 – 2 BvR 1981/06 – 2 BvR 288/07: Zuletzt hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Ungleichbehandlung von Verheirateten und eingetragenen Lebenspartnern in den Vorschrif-
A. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft
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Lebenspartnerschaft mit der Ehe noch nicht abgeschlossen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist eine Privilegierung der Ehe gegenüber der Eingetragenen Lebenspartnerschaft dann nicht geboten, wenn die Eingetragene Lebenspartnerschaft ebenso wie die Ehe nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar ist11. Charakteristisch für die Eingetragene Lebenspartnerschaft ist, dass sie nur zwischen Personen gleichen Geschlechts geschlossen werden kann. Hierin ist der deutlichste Unterschied zur Ehe zu sehen, die Geschlechtsverschiedenheit der Partner voraussetzt. Auf die sexuelle Orientierung der Partner der Eingetragenen Lebenspartnerschaft kommt es nach dem Gesetzeswortlaut nicht an12. Zum anderen charakterisiert die Eingetragene Lebenspartnerschaft, dass sie – diesmal identisch zur Ehe – grundsätzlich auf Lebenszeit geschlossen wird. Zuständige Stelle für die Begründung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft ist in den meisten Bundesländern wie bei der Ehe das Standesamt (vgl. § 23 LPartG i. V. m. § 17 PStG). Wie bei der Ehe tragen die Partner einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft Verantwortung füreinander, die rechtlich eingefordert werden kann (vgl. § 2 LPartG). Aus dieser Regelung lassen sich folgende Pflichten für die Lebenspartner ableiten: Die Lebenspartner sind dazu verpflichtet, ihr Leben aufeinander auszurichten. Daneben sind sie als Solidargemeinschaft verbunden, was sich in der Unterhaltspflicht niederschlägt13. Eine Angleichung zur Ehe erfolgt auch dahingehend, dass die Partner einen gemeinsamen Lebenspartnerschaftsnamen wählen können (vgl. § 3 LPartG). Der Umfang der Sorgfaltspflicht zwischen den Lebenspartnern bestimmt sich in Übereinstimmung mit den Ehegatten nach der eigenüblichen Sorgfalt (vgl. § 4 LPartG, § 1359 BGB). Hinsichtlich der Verpflichtung zum Unterhalt sowie der Höhe des Unterhalts wird im Lebenspartnerschaftsgesetz sogar ausdrücklich auf das eheliche Unterhaltsrecht verwiesen (vgl. § 5 LPartG i. V. m. §§ 1360 I 2 BGB, 1360 a, 1360 b, 1609 BGB). Der gesetzliche Güterstand zwischen den Lebenspartnern ist die Zugewinngemeinschaft (vgl. § 6 LPartG), sie haben jedoch die Möglichkeit, im Lebenspartnerschaftsvertrag Abweichendes zu vereinbaren. Auch hinsichtlich der vermögensrechtlichen Wirkungen der Lebenspartnerschaft gegenüber Dritten sind die ten der §§ 26, 26b, 32a Abs. 5 EStG zum Ehegattensplitting mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist. 11 Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.07.2009 – 1 BvR 1164/07. In diesem Beschluss erklärt das Bundesverfassungsgericht die Ungleichbehandlung von Eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten bei der VBL- Hinterbliebenenversorgung für verfassungswidrig. 12 Vgl. Schlüter, Familienrecht, § 28, Rn. 467. 13 Vgl. Schwab, Familienrecht, § 95, Rn. 977.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Regelungen des LPartG weitgehend im Einklang mit denen des Eherechts. So erklärt § 8 I LPartG, dass zugunsten der Gläubiger eines der Lebenspartner vermutet wird, dass die im Besitz eines Lebenspartners oder beider Lebenspartner befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören. Mit dieser Vorschrift wurde der verfassungsrechtlich nicht unumstrittene § 1362 BGB nachgebildet. Darüber hinaus wird die Regelung zur Schlüsselgewalt in § 1357 BGB auch für die Partner einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft für anwendbar erklärt (vgl. § 8 II LPartG). Schließlich werden die Partner der Eingetragenen Lebenspartnerschaft erbrechtlich und beim Pflichtteilsrecht berücksichtigt: Laut § 10 LPartG ist der überlebende Lebenspartner des Erblassers neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem Viertel, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur Hälfte der Erbschaft gesetzlicher Erbe. Insoweit findet eine vollkommene Gleichstellung mit dem überlebenden Ehegatten statt (vgl. § 1931 I 1 BGB) 14. Die Elternschaft in der Eingetragenen Lebenspartnerschaft ist in § 9 LPartG geregelt. Dem Lebenspartner wird ein „kleines Sorgerecht“ für das leibliche Kind des anderen Partners zugebilligt (vgl. § 9 I LPartG). Die Stiefkindadop tion – ein öffentlich besonders kontrovers diskutiertes Thema im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Anerkennung bzw. Ächtung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Hinblick auf ihre familiäre Funktion15 – ist seit dem 1. Januar 2005 nach § 9 VII LPartG möglich und wurde inzwischen vom Bundesverfassungsgericht für verfassungsgemäß erklärt16. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft endet wie die Ehe entweder durch den Tod eines Partners oder durch Aufhebung durch Gerichtsurteil. Zuständig für das Aufhebungsverfahren sind die Familiengerichte17. Die Beendigung der Ehe heißt Scheidung. Bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft wird dieser Begriff zwar nicht verwendet, inhaltlich entspricht die Aufhebung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft in ihren Voraussetzungen und Folgen der Scheidung18. Beide Formen der Lebensgemeinschaft werden durch Urteil beendet. Auch inhaltlich ist die Regelung zur Aufhebung der Lebenspartnerschaft vergleichbar zum Scheidungsrecht ausgestaltet. Bei den Beendigungsvoraussetzungen wird das „Scheitern der Partnerschaft“ nicht ausdrücklich gefordert, es werden je-
14 Vgl. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 42, Rn. 47; Schwab, Familienrecht, § 97, Rn. 981. 15 Vgl. Wellenhofer, NJW 2005, 705, 706. 16 BVerfG, Beschluss vom 10.08.2009 – 1 BvL 15/09 = FamRZ 2009, 1653. 17 § 23 a I GVG; §§ 111 Nr. 11, 151 Nr. 1, 269, 270 FamFG; vgl. Schwab, Familienrecht, § 101, Rn. 990. 18 Vgl. Schlüter, Familienrecht, § 28, Rn. 487.
A. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft
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doch ebenso wie beim Scheidungsverfahren bestimmte Fristen des Getrenntlebens vorausgesetzt19. II. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft Seit der Gesetzesnovelle von 2005 leben die Eingetragenen Lebenspartner ebenso wie die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft20. Demzufolge verläuft die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft entsprechend zur güterrechtlichen Abwicklung bei Ehegatten. § 6 LPartG, der den Güterstand für Eingetragene Lebenspartner regelt, verweist auf die §§ 1364 bis 1390 BGB21. Nach § 7 LPartG besteht für Eingetragene Lebenspartner ebenso wie für Ehegatten die Möglichkeit, durch Vertrag Gütergemeinschaft oder Gütertrennung zu vereinbaren. Das Güterrecht der Eingetragenen Lebenspartnerschaft ist insofern ein Abbild des ehelichen Güterrechts. Ursprünglich hatte der Gesetzgeber eine andere Konzeption. Er hatte keinen gesetzlichen Güterstand für die Eingetragenen Lebenspartner vorgesehen. Stattdessen konnte erst dann eine Eingetragene Lebenspartnerschaft begründet werden, wenn die Lebenspartner eine Vereinbarung über das zwischen ihnen geltende Vermögensregime getroffen hatten 22. Das an der „Hausfrauenehe“ orientierte Modell der Zugewinngemeinschaft wurde für die vielgestaltigen Lebensverhältnisse der gleichgeschlechtlichen Partner nicht als passend empfunden 23. Diese sollten bei Eingehung der Lebenspartnerschaft vielmehr wählen, welcher „Vermögensstand“ – so die damalige Terminologie – für sie zur Anwendung kommen sollte. Diese gesetzgeberische Absicht wurde in der Literatur zum Teil begrüßt, weil die Lebenspartner gezwungen waren, sich mit der wichtigen Frage des zwischen ihnen geltenden Vermögensregimes auseinanderzusetzen 24. § 6 II LPartG a. F. regelte die „Ausgleichsgemeinschaft“, einen Vermögensstand, der ein erkennbares Abbild der Zugewinngemeinschaft war, aber zwecks Wahrung des verfassungsrechtlichen „Abstandsgebots“ unterschiedlich be-
Rauscher, Familienrecht, § 27, Rn. 752 b; Schwab, Familienrecht, § 101, Rn. 991. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 42, Rn. 42. 21 Vgl. Wellenhofer, NJW 2005, 705 f. 22 Vgl. Haußleiter/Schulz, Vermögensauseinandersetzung bei Trennung und Scheidung, Kap. 8 Rn. 8. 23 Vgl. Wellenhofer-Klein, Die Eingetragene Lebenspartnerschaft, S. 71. 24 Vgl. Wellenhofer-Klein, Die Eingetragene Lebenspartnerschaft, S. 71 f. 19 Vgl.
20 Vgl.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
zeichnet wurde25 und lediglich einer von mehreren Wahlvermögensständen war. Als weitere Vermögensstände standen den Eingetragenen Lebenspartnern die „Vermögensgemeinschaft“ (nachgebildet der Gütergemeinschaft) und die „Vermögenstrennung“ (nachgebildet der Gütertrennung) zur Wahl26. Mit der Gesetzesnovelle von 2005 wurde diese Unterscheidung zwischen ehelichem Güterrecht und Vermögensrecht bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft aufgegeben. Diese gesetzliche Gleichstellung ist in der Literatur nicht ohne Kritik geblieben 27: Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft, der auf das in den 1950er Jahren dominierende Modell der „Hausfrauenehe“ zugeschnitten sei, passe nicht für homosexuelle Partnerschaften, bei denen in der Regel beide Partner einer Erwerbstätigkeit nachgehen, so der Vorwurf. Demgegenüber hätte die Einführung der Vermögens-/Gütertrennung als gesetzlicher Güterstand den vermögensrechtlichen Interessen der Partner am ehesten entsprochen 28. Diesem Einwand steht die Tatsache entgegen, dass auch in vielen Eingetragenen Lebenspartnerschaften Kinder erzogen werden. Und das Argument, dass der Güterstand der Zugewinngemeinschaft das geeignete Modell für die „Hausfrauenehe“ und dementsprechend nicht mehr zeitgemäß sei, greift für beide Partnerschaftsformen gleichermaßen. Die Konsequenz aus diesem Kritikpunkt wäre eine Reformierung des gesetzlichen Güterstands und nicht die Differenzierung von Ehe und Eingetragener Lebenspartnerschaft. Im Hinblick auf die Vermögensauseinandersetzung bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften bietet die Eingehung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft nur für eine begrenzte Gruppe nichtehelicher Paare eine Lösung. Es handelt sich dabei um gleichgeschlechtliche Paare, die nach einer der Ehe vergleichbaren Verfestigung ihrer Partnerschaft streben. Die Eingehung der Ehe ist ihnen bislang verwehrt, weil diese Verschiedengeschlechtlichkeit voraussetzt29. Für Paare, die zwar miteinander die Ehe eingehen könnten, diesen Schritt aber aufgrund der weitgehenden Bindungen und finanziellen Folgen scheuen oder die mit einer eventuellen Scheidung verbundenen Kosten und die Langwierigkeit der Auseinandersetzung fürchten, stellt die Eingetragene Lebenspartnerschaft keine Option dar. Französische Paare in der gleichen Situation können demgegenüber einen PACS abschließen. 25 Vgl.
MüKo/Wacke, LPartG, § 6, Rn. 1. Wellenhofer-Klein, Die Eingetragene Lebenspartnerschaft, S. 72 f. 27 Vgl. Staudinger/Voppel, LPartG, § 6, Rn. 16. 28 Vgl. MüKo/Wacke, LPartG, §6, Rn. 4. 29 Die Geschlechtsverschiedenheit der Partner wird zwar nicht ausdrücklich als Eheschließungsvoraussetzung normiert, in einigen Vorschriften, wie beispielsweise zum Ehe namen in § 1355 II BGB, wird sie jedoch vorausgesetzt. 26 Vgl.
B. Der PACS
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B. Die Vermögensauseinandersetzung beim französischen PACS – eine gegenüber dem Eherecht autonome Lösung Nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich wurde eine registrierte Partnerschaft eingeführt – der Pacte civil de solidarité (PACS) aus dem Jahr 1999. Im Unterschied zur deutschen Eingetragenen Lebenspartnerschaft, die von Beginn an ein eigenständiges familienrechtliches Institut darstellen sollte30, war der PACS ursprünglich als privatrechtlicher Vertrag zwischen nichtehelichen Lebenspartnern gleichen oder verschiedenen Geschlechts konzipiert, welcher die vermögensrechtlichen Verhältnisse in der Partnerschaft regeln sollte. Inzwischen mag sich der PACS der Ehe zwar mehr und mehr angenähert haben, im Hinblick auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bleiben jedoch signifikante Unterschiede zwischen beiden Partnerschaftsformen. Vor dem Hintergrund, dass der PACS keine direkte Entsprechung in der deutschen Rechtsordnung hat und für nichteheliche Paare eine interessante Alternative zum rein faktischen Zusammenleben darstellen könnte, wird der PACS zunächst vorgestellt (a), bevor anschließend seine vermögensrechtliche Auseinandersetzung gesondert in den Fokus genommen wird (b). I. Der PACS Seit den 1980er Jahren forderten in Frankreich Interessenverbände homosexueller Paare immer vehementer das Ende von Diskriminierungen sowie mehr rechtliche Anerkennung für homosexuelle Paare31. Diese Forderungen erklären sich insbesondere vor dem Hintergrund der strikten und wiederholten Weigerung der Cour de cassation, die auf concubins anwendbaren Regelungen im Sozialrecht und im Mietrecht auch auf Paare gleichen Geschlechts anzuwenden32. Die Cour de cassation verstand unter einem concubinage nämlich ausschließlich die „eheähnliche Lebensgemeinschaft“ zwischen einem Mann und einer Frau33. Im französischen Parlament wurden mehrere Möglichkeiten diskutiert, in welcher Weise homosexuellen Paaren ein rechtlicher Rahmen für ihr partnerschaftliches Zusammenleben zur Verfügung gestellt werden sollte. Die Minimallösung hätte darin bestanden, die Regelungen für concubins qua lege auf BT-Drucks. 14/3751, S. 2, vgl. Wellenhofer-Klein, Die eingetragene Lebenspartnerschaft, S. 13. 31 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 180. 32 Vgl. Cass. Soc. 11.07.1989 = Bulletin 1989 V N° 515 p. 312 und Bulletin 1989 V N° 514 p. 311 (2 Urteile); 3. Civ. 17.12.1997 = Bulletin 1997 III N° 225 p. 151. 33 Vgl. Blough, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19. 30
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
gleichgeschlechtliche Paare auszudehnen, dagegen kein eigenes Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Paare zu schaffen. Dies war die Einstellung des Senats, der Rechtsinstituten für homosexuelle Paare grundsätzlich feindlich gegenüberstand. Der Senat machte als Alternativlösung den Vorschlag, eine Definition für concubins ins Gesetz einzuführen, die sowohl gleich- als auch verschiedengeschlechtliche nichteheliche Paare umfassen sollte34. Konservative Stimmen fürchteten, dass durch die Einführung eines Rechtsinstituts für gleichgeschlechtliche Paare die Ehe als Pfeiler der Gesellschaft und der Familie in Gefahr gebracht werden würde35. Diese in der Debatte vehement vorgebrachten Befürchtungen erklären, warum letztendlich nicht wie in Deutschland eine registrierte Partnerschaft geschaffen wurde, die allein gleichgeschlechtlichen Paaren offensteht und in ihren Rechtswirkungen der Ehe nahekommt. Stattdessen wurde eine auf vertraglicher Basis beruhende Form partnerschaftlichen Zusammenlebens sowohl für gleich- als auch für verschiedengeschlechtliche Paare geschaffen. Nicht durchsetzen konnte sich auf der anderen Seite ein Vorschlag der Kommission Hauser, einen Pacte d’intérêt commun (PIC)36 zu schaffen, der nicht nur Lebensgemeinschaften von Paaren, sondern auch Geschwistern, Verwandten und Freunden offengestanden hätte37. Schließlich wurde in dritter Gesetzeslesung am 13. Oktober 1999 das Gesetz zur Einführung des Pacte civil de solidarité (PACS) verabschiedet. Umgehend nach dem Inkrafttreten des PACS wurde der Conseil constitu tionnel angerufen, um die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes zu überprüfen38. Zwar hat dieser im Ergebnis die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes bestätigt. Hierbei hat er jedoch dem Gesetzgeber als Bedingung aufgegeben, einige Präzisierungen und Änderungen am ursprünglichen Gesetzestext vorzunehmen und bestehende Gesetzeslücken zu füllen. In der Literatur wurde in diesem Zusammenhang kritisch angemerkt, dass der Conseil constitutionnel mit seiner Entscheidung das Gesetz zum PACS umgeschrieben und sich damit legislative Befugnisse angemaßt habe39.
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 160. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 179; Molfessis, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6, 2000, 270. 36 Deutsch: Pakt einer Interessengemeinschaft. 37 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 180. 38 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 244. 39 Vgl. Cons. Const., 9.11.1999, Déc. n° 99-419 DC; Molfessis, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6, 2000, 270; Hauser, La Semaine Juridique Notariale et Immobi lière n°9 2000, 411. 34 Vgl. 35 Vgl.
B. Der PACS
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Am 15. November 1999 trat das Gesetz zum PACS in Kraft und wurde seitdem mehrfach reformiert. Um Ähnlichkeiten mit der Ehe zu vermeiden, sollte der PACS vor allem ein Vertrag sein, der die Vermögensverhältnisse der Paare regelt40. Bewusst wurde vermieden, die Zuständigkeit für die Registrierung beim Standesbeamten anzusiedeln41. Bewusst sollte am Personenstand der Partner durch Eingehung des Vertrages nichts geändert werden. Die Partner wurden weiterhin vor dem Gesetz als ledig angesehen. Bereits die Interpretation des Conseil constitutionnel hat jedoch den PACS dem rein vertraglichen Bereich enthoben: Das Gericht hat nämlich betont, dass der Kern des PACS im Zusammenleben der Partner (vie commune) –, und zwar nicht als bloße Wohngemeinschaft – gesehen werden müsse42. Auch durch die zeitlich nachfolgenden Reformen wurde die Entwicklung des PACS zu einem Personenstand verstärkt und der PACS gleichzeitig immer weiter der Ehe angenähert 43: sei es im Steuerrecht 44, sei es im Arbeitsrecht 45, in denen PACS-Partner begünstigt werden, oder sei es bei der gerichtlichen Zuständigkeit. 1. Die Begründung des PACS Im Code civil findet sich folgende Definition des PACS: Der PACS ist ein Vertrag zwischen zwei volljährigen natürlichen Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts zur Organisation ihres Zusammenlebens (Art. 515-1 Code civil). Obwohl es sich beim PACS qua Definition um einen Vertrag handelt, ist er von seiner systematischen Stellung im Code civil her beim Personenrecht eingeordnet. Dies erklärt sich dadurch, dass er wie die Ehe die Lebensgemeinschaft zweier Personen regelt. Von seiner Rechtsnatur her lässt sich der PACS vor diesem Hintergrund als ein Rechtsinstitut auf vertraglicher Basis bezeichnen46.
Simler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°35 2006, 1266. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 190. 42 Vgl. Molfessis, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6 2000, 270. 43 Vgl. Labbée, AJ Famille 2007, S.8. 44 Das Gesetz vom 21.08.2007 zur Förderung der Arbeit, Beschäftigung und Kaufkraft gewährt dem überlebenden PACS-Partner wie dem überlebenden Ehepartner Steuerfreiheit auf die Erbschaft. 45 C. trav. L. 3142-1, 4 und L. 3141-14, 1: Wenn der andere Partner stirbt, werden dem PACS-Partner wie dem Ehegatten zwei Abwesenheitstage gewährt; einem PACS-Partner ist bezahlter Urlaub unter Berücksichtigung der Urlaubszeiten des anderen Partners zu gewähren; vgl. Pécaut-Rivolier, AJ Famille 2007, S. 20. 46 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 184. 40 Vgl. 41 Vgl.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Zentrales Element des PACS ist entsprechend der Definition die Organisation des Zusammenlebens als Paar47. Was konkret darunter zu verstehen ist, hat der Conseil constitutionnel in seiner Entscheidung vom 9. November 1999 präzisiert: „Der Begriff des Zusammenlebens lässt sich weder auf eine Interessengemeinschaft begrenzen noch erschöpft er sich in einer Wohngemeinschaft zweier Personen; das Zusammenleben (das nach den Bestimmungen zum PACS erforderlich ist) verlangt neben einer gemeinsamen Wohnung eine Lebensgemeinschaft als Paar“48. Aus dieser Formulierung wird auch die Geschlechtsgemeinschaft der Partner abgeleitet, so dass es dahingehend zur Übereinstimmung mit der Ehe als Gemeinschaft von Tisch und Bett (communauté de toit et de lit) kommt49, obwohl der Gesetzgeber sexuelle Beziehungen nicht zur inhaltlichen Voraussetzung gemacht hat, um einen PACS zu schließen50. Der PACS steht ausdrücklich Partnern gleichen und verschiedenen Geschlechts offen und geht damit vom persönlichen Anwendungsbereich her über die Eingetragene Lebenspartnerschaft hinaus. Genauso wie die Eingetragene Lebenspartnerschaft setzt der PACS die Volljährigkeit der Partner voraus51. Wie für jeden Vertrag gelten auch für den PACS die allgemeinen Voraussetzungen, die an einen wirksamen Vertragsschluss gestellt werden. Willensübereinstimmung und Geschäftsfähigkeit sind unabdingbar für die Begründung des PACS. Dabei muss die Willensübereinstimmung frei von Mängeln sein. Denkbar sind hier der Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft des Partners sowie Täuschung und Drohung. Das Fehlen der Willensübereinstimmung führt zur absoluten Nichtigkeit des Vertrages52. Die Unwirksamkeitsgründe Irrtum, Drohung und Täuschung müssen dagegen von der beschwerten Partei geltend gemacht werden. Im Unterschied zur Ehe kann der unwirksam geschlossene PACS nachträglich nicht bestätigt und dadurch geheilt werden53. Bezogen auf die Eingehungshindernisse herrscht Übereinstimmung mit der Eheschließung: Inzest und Polygamie werden durch Gesetzesbestimmungen ausdrücklich verboten (Art. 515-2 C.civ.). Eine bestehende Ehe oder ein bestehender PACS stehen dem Abschluss eines weiteren PACS-Vertrages entgegen. Umgekehrt ist ein bestehender PACS jedoch kein Hindernis bei der Eingehung der Ehe. Die Eheschließungsfreiheit der PACS-Partner wird somit durch den PACS nicht berührt. Hauser, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°9 2000, 411. Vgl. Cons. Const. 9.11.1999 Décision n° 99-419 DC, considérant n°26. 49 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 255 f. 50 Vgl. Bernigaud, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 185. 51 Vgl. für die Eingetragene Lebenspartnerschaft § 1 III Nr. 1 LPartG. 52 Vgl. Lemouland, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°9 2000, 406. 53 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 187. 47 Vgl. 48
B. Der PACS
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Ein PACS, der trotz dieser Eingehungshindernisse geschlossen wurde, ist nach Ansicht des Conseil constitutionnel nichtig – dabei handelt es sich um eine absolute Nichtigkeit mit der Folge, dass jeder Interessierte sich darauf berufen kann54. Dieselbe Sanktion ist für nur zum Schein eingegangene PACS, sogenannte PACS blancs vorgesehen, bei denen keine Lebensgemeinschaft besteht, sondern nur administrative oder steuerliche Vorteile erwirkt werden sollen55. Hier zeigt sich eine Parallele zur Scheinehe. Was die Formvoraussetzungen für die Begründung des PACS angeht, bestehen deutliche Unterschiede zur Eheschließung. Aber auch hier ist in der Diskussion, ob künftig PACS-Verträge wie Ehen vor dem Standesbeamten geschlossen werden sollen56. Die Eingehung eines PACS vollzieht sich in drei Phasen: Zunächst wird von den Partnern verlangt, dass sie den PACS-Vertrag verfassen. Hierfür stehen ihnen Vertragsformulare, die in den Rathäusern ausgegeben werden, zur Verfügung. Hinsichtlich der Vertragsform haben die Partner die Wahl zwischen der notariellen Beurkundung oder der Schriftform (Art. 515-3 al. 2 C.civ.). Nach der Vertragsaufsetzung müssen die Partner in einem zweiten Schritt den Vertrag höchstpersönlich bei der Gerichtskanzlei des Amtsgerichts hinterlegen, in dessen Bezirk sie zukünftig ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Nachdem der Urkundsbeamte die Zulässigkeit des Antrags im Hinblick auf die Eingehungsvoraussetzungen überprüft hat, nimmt er in einem dritten Schritt die Publizitätserfordernisse vor. Er trägt den PACS in einem speziell dafür vorgesehenen Register ein. Darüber hinaus wird der PACS in die Geburtsurkunde der Partner eingetragen (Art. 515-3-1 C.civ.). Die Eintragung des PACS in die Geburtsurkunde war im Gesetz zur Einführung des PACS im Jahr 1999 noch nicht vorgesehen. Nach dem ursprünglichen Konzept des PACS sollte sich durch dessen Eingehung nichts am Personenstand der Partner ändern. Vor dem Gesetz blieben sie weiterhin ledig. Durch das Reformgesetz von 2006 ist der PACS jedoch zum selbständigen Personenstand geworden, so dass die Eintragung des PACS in die Geburtsurkunde eine logische Konsequenz ist. Diskutiert wurde noch, ob die Identität des Partners in die Geburtsurkunde aufgenommen werden sollte. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden und auf diese Weise die Sichtbarkeit des PACS gestärkt57 und nebenbei eine weitere Annäherung zur Ehe herbeigeführt58.
54
Ebenfalls Cons. Const. 9.11.1999 Décision n° 99-419 DC. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 188. 56 Vgl. Commission Guinchard, Rapport, proposition n°39; vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 69; Labbée, AJ Famille 2009, 345; Labbée, AJ Famille 2007, 8. 57 Vgl. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°1 2007, étude 1. 58 Vgl. Simler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°35 2006, 1266. 55 Vgl.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Der Zeitpunkt, an dem der PACS wirksam wird, hängt davon ab, ob es um Rechtswirkungen für die Partner oder für Dritte geht. Zwischen den Partnern wird der PACS am Datum der Registrierung wirksam, Dritten gegenüber kann der PACS ab dem Zeitpunkt entgegengehalten werden, an dem die Publizitätserfordernisse vollständig erfüllt sind (Art. 515-3-1 al. 2 C.civ.). Die PACS-Partner haben das Recht, den ursprünglichen Vertrag in der Folgezeit zu modifizieren. Hinsichtlich Vertragsänderungen sieht das Gesetz vor, dass die Änderungsbestimmungen ebenfalls bei der Gerichtskanzlei hinterlegt werden müssen, bei der der PACS ursprünglich registriert worden ist (Art. 515-3 al. 3 C.civ.). Die PACS-Partner müssen für die Modifizierung des PACS nicht höchstpersönlich erscheinen, sie können die Änderung auch postalisch an die Gerichtskanzlei schicken. Für Vertragsänderungen gelten die gleichen Publizitätsvorschriften wie bei der ursprünglichen Begründung des PACS – Eintragung ins Register, Eintragung in die Geburtsurkunde – (Art. 515-3-1 C.civ.). 2. Die Wirkungen des PACS Was die Wirkungen des PACS anbetrifft, sind solche, die kraft Gesetzes eintreten, von denen zu unterscheiden, die sich aus den individuellen Vertragsbestimmungen ergeben. Bis auf einige zwingende Bestimmungen haben die PACSPartner weitgehende Autonomie, wie sie das zwischen ihnen geltende vermögensrechtliche und persönliche Regime ausgestalten wollen. a) Persönliche Wirkungen des PACS Im Gegensatz zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht führt der PACS nicht dazu, dass die Partner Familienangehörige des anderen werden59. So bleibt den Partnern verwehrt, einen gemeinsamen Familiennamen anzunehmen60. Der ursprünglich als Vertrag zur Regelung der Vermögensverhältnisse zwischen den Partnern konzipierte PACS wurde jedoch durch das Reformgesetz von 2006 um Pflichten im persönlichen Bereich ergänzt und hat damit eine außervertragliche Dimension erhalten, die ihm bis dahin fehlte61: Die Partner schulden einander nunmehr gegenseitige Unterstützung (assistance réciproque) (Art. 515-4 C.civ.). Die Pflicht zur gegenseitigen Unterstützung (assistance réciproque) komplementiert die Zusammenlebenspflicht. Der PACS
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 194. Nach § 3 LPartG können die Eingetragenen Lebenspartner einen gemeinsamen Lebenspartnerschaftsnamen bestimmen. 61 Vgl. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°1 2007, étude 1. 59 Vgl. 60
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hat sich durch diese persönliche Pflicht eindeutig der Ehe angenähert62. Wie weit die Pflicht zur gegenseitigen Hilfeleistung im Alltag der PACS-Partner geht und ob es hier noch eine Abstufung gegenüber der Unterstützungspflicht zwischen Ehegatten gibt, wurde vom Gesetzgeber nicht näher präzisiert und bleibt damit der Interpretation der Richter überlassen63. Beide Pflichten sind vertraglich nicht abdingbar – wie der Conseil constitu tionnel in seiner Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des PACS im Jahr 1999 für die Zusammenlebenspflicht explizit festgestellt hat64. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die zwangsweise Durchsetzung dieser persönlichen Pflichten ebenso wenig wie bei der Ehe möglich ist. Gesetzliche Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung der Pflichten sind nicht vorgesehen. Allerdings kann ein PACS-Partner von dem anderen unter den allgemeinen Voraussetzungen eines vertraglichen Schadensersatzanspruches Schadensersatz verlangen, wenn dieser seiner persönlichen Pflicht ihm gegenüber nicht nachgekommen ist65. Im Unterschied zur Ehe hat der Gesetzgeber keine Treuepflicht für PACS-Partner vorgesehen66. Der Conseil constitutionnel hat zur Frage, ob die PACS-Partner einander zur Treue verpflichtet sind, bisher nicht Stellung bezogen. Fraglich ist, ob die Partner individuell eine Treuepflicht in ihren PACS-Vertrag aufnehmen könnten. Eine gerichtliche Entscheidung liegt dazu noch nicht vor. In der Literatur wird die Treuepflicht zum Teil eher als moralische Pflicht denn als Rechtspflicht der Partner eingestuft67. Andere Stimmen leiten die Treuepflicht dagegen aus dem Monogamie-Prinzip des PACS her und erachten darüber hinaus die Vereinbarung von Strafklauseln für den Fall des Verstoßes gegen die Treuepflicht für wirksam68. Weitere Unterschiede zum Eherecht ergeben sich im Hinblick auf die Abstammung und die elterliche Sorge. Die Vaterschaftsvermutung gilt für PACS-Partner nicht69. Darüber hinaus hat der Abschluss des PACS-Vertrages keinen Einfluss auf das Sorgerecht. Der PACS ist zur Regelung der Beziehung des Paares konzipiert, betrifft aber nicht das Verhältnis zu Kindern70. Der PACS 62 Vgl. Benalcazar, Dr. Famille n°1 2007, étude 2; Simler, La Semaine Juridique Notar iale et Immobilière n°35 2006, 1266. 63 Vgl. Benalcazar, Dr. Famille n°1 2007, étude 2. 64 Vgl. Cons. Const. 9.11.1999 = Décision n° 99-419 DC. 65 Vgl. Simler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°35 2006, 1266. 66 Vgl. Benalcazar, Dr. Famille n°1 2007, étude 2; Coquema/Barthelet, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°11 2010, 1127. 67 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 196. 68 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 104. 69 Vgl. Sosson, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 396. 70 Vgl. Bernigaud, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 184.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
stellt sich vor diesem Hintergrund als eine Partnerschaftsform dar, die ausschließlich die Beziehung als Paar zum Regelungszweck hat und nicht die Familiengründung befördern will71. Hier zeigt sich ein weiterer Unterschied zur deutschen Eingetragenen Lebenspartnerschaft, bei der der eine Lebenspartner ein sogenanntes „kleines Sorgerecht“72 für das Kind des anderen erlangen kann. Schließlich hat der PACS keine Konsequenzen für die Erlangung der Staatsangehörigkeit des anderen Partners, der jedoch unter erleichterten Voraussetzungen ein temporäres Aufenthaltsrecht erlangen kann73. Seit der Einführung des PACS werden die Partner sozialrechtlich begünstigt. Dies betrifft insbesondere die Leistungen der sécurité sociale (des französischen Systems der sozialen Sicherung) und diejenigen der prestations familiales (Familienzulagen). Dies erklärt sich dadurch, dass bereits zuvor die concubins sozialrechtlich in dieser Weise begünstigt waren und die PACS-Partner nicht schlechter stehen sollten74. b) Vermögensrechtliche Wirkungen des PACS Im Unterschied zu concubins haben PACS-Partner erhebliche steuerliche Vorteile75: Sie werden bei der Vermögenssteuer als Paar behandelt, bei der Einkommenssteuer gilt dies jedoch nicht komplett. Wie Eheleute kommen PACS-Partner aber in den Vorteil, eine gemeinsame Einkommensteuererklärung abgeben zu können. Seit dem Reformgesetz vom 21. August 2007 gilt für PACS-Partner eine weitgehende erbschaftssteuerliche Befreiung vergleichbar mit derjenigen Befreiung zwischen Ehegatten. Für Schenkungen unter PACS-Partnern gilt ab dem 1. Januar 2011 ein Freibetrag von 80.724 € (vgl. Art. 790 F Code général des impôts). aa) Finanzielle Unterstützungspflicht/aide matérielle zwischen den Partnern Neben die Vorteile, die PACS-Partner für sich in Anspruch nehmen können, treten allerdings auch vermögensrechtliche Pflichten, denen sich die PACS-Partner nicht entziehen können. Dazu zählt beispielsweise die aus Art. 515-4 C.civ. Labbée, Le droit commun du couple, S. 28. Nach § 9 I LPartG hat der Lebenspartner im Einvernehmen mit dem sorgeberechtigten Elternteil die Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens des Kindes. 73 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 197. 74 Vgl. Pécaut-Rivolier, AJ Famille 2007, S. 20 ff. 75 Vgl. zur steuerlichen Behandlung des PACS im Vergleich zur Ehe und nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Homepage des Ministeriums für Wirtschaft und Finanzen: (Zugriff: 20.11.2013). 71 Vgl. 72
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resultierende Pflicht, einander finanziell zu unterstützen. Diese Solidarität zwischen den Partnern steht im Kern des PACS76. Wenn die Partner nichts anderes vereinbaren, bestimmt sich die finanzielle Unterstützung der Höhe nach proportional zu den jeweiligen Möglichkeiten der Partner (Art. 515-4 C.civ.). Daraus folgt, dass die Partner zwar grundsätzlich das Recht haben, nach ihrem Willen die Modalitäten der Unterstützungsleis tungen zu gestalten. Dabei dürfen sie jedoch nicht – wie der Conseil constitu tionnel in seiner Entscheidung vom 9. November 199977 deutlich gemacht hat – gänzlich die Unterstützungspflicht abbedingen. Sie ist zwingendes Recht. Die Unterstützungspflicht lässt sich als Verpflichtung verstehen, zu den alltäglichen Ausgaben beizutragen sowie denjenigen Partner zu unterstützen, der nicht über ausreichende eigene finanzielle Ressourcen verfügt78. Aus dem Gesetzestext wird nicht eindeutig klar, ob die finanzielle Unterstützung unterhaltsrechtlichen Charakter hat. Grundsätzlich bestehen unterhaltsrechtliche Pflichten allein zwischen Eheleuten (Art. 212 C.civ.) und Verwandten. Durch die Begründung eines PACS wird jedoch kein Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Partnern begründet. Die finanzielle Unterstützung der Partner soll folglich keinen unterhaltsrechtlichen Charakter haben79. Folgende prozedurale Konsequenz ergibt sich daraus: Während zwischen Eheleuten unterhaltsrechtliche Forderungen durch das vereinfachte Verfahren der direkten Zahlung (paiement direct) eingetrieben werden können, bei welchem ein Titel erlangt werden kann, der dem Ehegatten erlaubt, direkt bei dem Arbeitgeber des Unterhaltsschuldners seine Unterhaltsforderung einzutreiben80 – und dies sogar, was den normalerweise nicht vollstreckbaren Teil des Arbeitseinkommens anbelangt –, können PACS-Partner auf das Verfahren nicht zurückgreifen. Für die Verletzung der finanziellen Unterstützungspflicht (aide matérielle) beim PACS ist keine Sanktion vom Gesetz vorgeschrieben. Nach Ansicht von Literaturstimmen ist die Pflicht praktisch nicht durchsetzbar: Da der PACS jederzeit und von jedem Partner einseitig auflösbar sei, würde ein auf materielle Unterstützung gerichtetes Verfahren vor dem Richter mit Wegfall des PACS obsolet; allein denkbar sei, die finanzielle Unterstützungspflicht rückwirkend für die Zeit des Bestehens des PACS einzuklagen81. Hierbei ist allerdings Art. 515-7 C.civ. zu beachten, der besagt, dass die gegenseitigen Forderungen Rivier, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 100. Cons. Const. 9.11.1999, Décision n° 99-419 DC, considérant n°31. 78 Vgl. Rivier, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 101. 79 Vgl. Labbée, La Semaine Juridique Édition Générale n°42 2008, I 197. 80 Vgl. Art. 1 de la loi n°73-5 vom 2.01.1973/Gesetz zum „paiment direct“ der Unterhaltszahlung. 81 Vgl. Labbée, La Semaine Juridique Édition Générale n°42 2008, I 197. 76 Vgl. 77
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
der PACS-Partner mit den Vorteilen aufgerechnet werden können, die den Partnern aus dem Zusammenleben entstanden sind. Dabei sind Forderungen denkbar, die dadurch entstehen, dass einer der Partner nicht in der ihm obliegenden Höhe für die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs beigetragen hat82. bb) Solidarische Haftung für Ausgaben des täglichen Bedarfs gegenüber Dritten Die durch den PACS vereinbarte Solidarität betrifft nicht nur das Verhältnis zwischen den Partnern, sondern auch das Verhältnis gegenüber Drittgläubigern. Im Außenverhältnis zeigt sich die Solidarität der PACS-Partner folgendermaßen: „Die Partner haften gesamtschuldnerisch Dritten gegenüber für Zahlungsverpflichtungen, die einer der Partner für den alltäglichen Bedarf eingegangen ist. Die gesamtschuldnerische Haftung erstreckt sich jedoch nicht auf deutlich überhöhte Ausgaben.“ (Art. 515-4 al. 2). Ursprünglich hatte das Gesetz von 1999 explizit vorgesehen, dass die gesamtschuldnerische Haftung für Mietschulden und sonstige Kosten der gemeinsamen Wohnung gelten sollte83. Durch das Reformgesetz von 2006 wurde diese Passage aus dem Gesetz gestrichen. Die Streichung aus dem Gesetz kann aber nicht dahingehend interpretiert werden, dass für die Mietverpflichtungen keine gesamtschuldnerische Haftung gelten soll. Vielmehr gehören diese Kosten per se zum alltäglichen Bedarf der PACS-Partner84. Die Streichung aus dem Gesetz hatte allein den Hintergrund, dass Kosten für Investitionen, wie beispielsweise die Aufnahme eines Darlehens, nicht mehr in die gesamtschuldnerische Haftung der Partner fallen sollten85. Wenn die Mietschulden nicht bezahlt werden, kann sich der Vermieter somit in ganzer Höhe bei jedem der PACS-Partner schadlos halten. In Abweichung vom Prinzip der Relativität der Schuldverhältnisse kann der Vermieter auch den PACS-Partner in Anspruch nehmen, mit dem er keinen Mietvertrag geschlossen hat. Die Durchsetzung des Anspruchs ist durch das Reformgesetz von 2006 erleichtert worden, da nunmehr durch Einsicht in die Geburtsurkunde des Mieters auch die Identität des anderen Partners erkennbar wird86. Die Regelung zur gesamtschuldnerischen Haftung ist ähnlich ausgestaltet wie Art. 220 C.civ., der für Ehegatten anordnet, dass sie für solche Verpflichtungen gesamtschuldnerisch haften, die zur Haushaltsführung und zur KindererMalaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 356. D’Hoir-Lauprêtre, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 227. 84 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 283. 85 Vgl. Simler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°35 2006, 1266. 86 Vgl. Coutant-Lapalus, Dr. Famille n°5 2010, étude 9. 82 Vgl. 83 Vgl.
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ziehung von einem der Ehegatten eingegangen werden. Zu den Ausgaben des alltäglichen Bedarfs dürften wie bei Ehegatten solche zählen, die Haushalt, Kindererziehung und Wohnung betreffen. Dagegen tritt die gesamtschuldnerische Haftung nicht für solche Ausgaben ein, die angesichts der konkreten Lebensgestaltung des Paares über den Rahmen alltäglichen Bedarfs hinausgehen, wie beispielsweise Darlehensverträge, Urlaubsreisen oder ein Autokauf87. Die Begrenzung der solidarischen Haftung, die wie bei Ehegatten weder Ratenverträge noch solche Darlehensverträge umfassen soll, die für größere Ausgaben als solche des alltäglichen Bedarfs aufgenommen werden, wurde durch das Gesetz vom 1. Juli 2010 explizit ins Gesetz aufgenommen (Art. 515-4 C.civ.). Auch damit wurde eine weitere Angleichung des PACS an die Ehe erzielt88. Mit dieser Regelung unterscheidet sich der PACS deutlich von dem concubinage, für welches die Cour de cassation nicht müde wird zu betonen, dass eine gesamtschuldnerische Haftung von Gesetzes wegen nicht möglich ist89. 3. Die Beendigung des PACS In der Beendigungsphase zeigt der PACS deutliche Unterschiede zur Ehe. Nicht nur die Beendigungsgründe, sondern auch die Beendigungswirkungen zeigen, dass beide Partnerschaftsformen verschiedene Grundkonzeptionen haben. Gerade in der Beendigungsphase wird deutlich, dass der PACS als eine Partnerschaftsform auf Zeit konzipiert ist, die im Unterschied zur Ehe nicht auf Lebenszeit angelegt ist. a) Beendigungsgründe Eine Auflistung der Beendigungsgründe des PACS findet sich in Art. 515-7 al. 1 C.civ. Die Gründe sind Tod, Hochzeit sowie einvernehmliche oder einseitige Trennung. Zunächst wird (in klarstellender Weise) der Tod eines PACS-Partners als Beendigungsgrund genannt. Auch die Hochzeit stellt einen Beendigungsgrund dar, und zwar unabhängig davon, ob beide PACS-Partner einander heiraten oder einer der Partner einen Dritten ehelicht. Hierin kommt die hierarische Stellung der familienrechtlichen Zusammenlebensgemeinschaften zum Ausdruck, mit einer Vorrangstellung der Ehe vor dem PACS: Der PACS weicht der Ehe, für die
Courbe, Droit de la famille, S. 283. Lamarche, Dr. Famille 2010, alerte 72; Avena-Robardet, AJ Famille 2011, 3. 89 Vgl. 1. Civ. 27.04.2004 = JurisData n°2004-023427, Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°9 2004, comm. 140. 87 Vgl.
88 Vgl.
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Eheschließung bedeutet ein bestehender PACS dagegen kein Eingehungshindernis90. Bei beiden Beendigungsgründen tritt die Beendigungswirkung zwischen den Partnern zum Zeitpunkt des Ereignisses – Tod oder Hochzeit – ein. Dritten kann die Beendigung erst dann entgegengehalten werden, wenn die Publizitätsvorschriften erfüllt sind. Der Urkundsbeamte des Gerichts, bei dem der PACS seinerzeit registriert worden ist, wird über Tod und Hochzeit vom Standesbeamten informiert, der den jeweiligen Beendigungsgrund in der Geburtsurkunde des betreffenden Partners vermerkt hat. Der Urkundsbeamte wiederum trägt die Beendigung des PACS ins Register ein und erfüllt die weiteren Publizitätsvorschriften (Art. 515-7 al. 2 C.civ.). Neben Tod und Hochzeit tritt als Beendigungsgrund der Konsens der PACS-Partner, die Partnerschaft nicht weiterzuführen. Denn wie für jeden Vertrag gilt grundsätzlich auch für den PACS, dass er durch Einigung der Parteien wieder aufgelöst werden kann (Art. 515-7 al. 3 C.civ.)91. Die einvernehmliche Beendigung vollzieht sich in der Weise, dass die Partner eine gemeinsame Erklärung, den PACS beenden zu wollen, an die Gerichtskanzlei schicken, bei welcher der PACS auch registriert wurde (Art. 515-7 al. 3 C.civ.). Der Urkundsbeamte registriert die Beendigung des PACS unverzüglich und informiert den Standesbeamten, der daraufhin die entsprechende Eintragung in die Geburtsurkunden vornimmt92. Zwischen den Partnern wird die Beendigung mit Registrierung wirksam, Dritten gegenüber mit Erfüllung der Publizitätsvorschriften (Art. 515-7 al. 7, 8 C.civ.). Schließlich ist die Beendigung des PACS auch durch einseitige Erklärung eines Partners möglich (Art. 515-7 al. 4 C.civ.). Im Gegensatz zu anderen auf unbeschränkte Dauer eingegangenen Verträgen ist bei der „Aufkündigung“ des PACS keine Frist zu beachten. Ferner bedarf es keines Grundes für die einseitige Beendigung. Für den verlassenen Partner kann sich diese Beendigungsform besonders hart auswirken. Daher hat sie auch die vehementeste Kritik auf sich gezogen. Die einseitige Beendigungsmöglichkeit eines PACS wurde sogar mit der Verstoßung (répudiation) der Frau verglichen, welche in einigen islamisch geprägten Rechtsordnungen möglich ist93. Durch die einseitige Beendigungsmöglichkeit habe der wirtschaftlich stärkere Partner stets ein effektives Druckmittel gegenüber dem schwächeren Partner. Es wurde in diesem ZusammenMalaurie/Fulchiron, La famille, S. 213; Courbe, Droit de la famille, S. 286. Lemouland, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°9 2000, 406. 92 Vgl. NK- Familienrecht/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 195. 93 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S.215; Courbe, Droit de la famille, S.287; Labbée, Le droit commun du couple, S. 184 ff. 90 Vgl. 91 Vgl.
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hang sogar sarkastisch gefragt, ob der PACS zur Wiedereinführung der Sklaverei führe94. Dieser Kritik muss Folgendes entgegengehalten werden: Eine Verstoßung (répudiation) meint die Beendigung der Ehe durch freien, einseitigen Willens entschluss eines Partners ohne gerichtliche Kontrolle und ohne Einvernehmen des verstoßenen Ehepartners95. Der Vergleich erscheint bereits insoweit unpassend, als die in den betreffenden islamisch geprägten Rechtsordnungen vorkommende Verstoßung allein dem Ehemann zusteht. Die einseitige Beendigungsmöglichkeit des PACS steht dagegen gleichermaßen beiden Partnern offen. Der Conseil constitutionnel hat die vorgebrachte Kritik, der PACS verstoße wegen der Ähnlichkeit seiner einseitigen Beendigungsmöglichkeit mit der Verstoßung (répudiation) gegen die Menschenwürde, insbesondere im Hinblick auf die vertragliche Natur des PACS zurückgewiesen: „Der PACS ist ein Vertrag, der von der Ehe zu unterscheiden ist. Daher kann seine einseitige Beendigung nicht als Verstoßung qualifiziert werden“. Darüber hinaus betont der Conseil constitutionnel, dass der PACS zu den Verträgen gehört, die auf unbestimmte Zeit geschlossen werden. Charakteristischerweise können diese Verträge einseitig von der einen oder von der anderen Vertragspartei gekündigt werden96. Die Freiheit, den PACS einseitig und jederzeit zu beenden, ist damit nicht nur verfassungsgemäß, sie ist nach Ansicht des Conseil constitutionnel auch zwingendes Recht. Den Partnern ist es damit verwehrt, anderweitige Bestimmungen in ihren PACS-Vertrag aufzunehmen. Insbesondere Vertragsstrafeklauseln, die für den Fall der einseitigen Trennung eine Zahlungspflicht vorsehen, sind dann unwirksam97, wenn sie nicht dem Ausgleich der durch die Trennung erlittenen Nachteile dienen, sondern wegen der Höhe der Strafzahlung oder der Zahlungsmodalitäten einen PACS-Partner von der Trennung abhalten könnten98. Die „Grausamkeit“ der einseitigen Trennungsmöglichkeit, wie sie von einigen Literaturstimmen nach wie vor empfunden wird99, hat der Gesetzgeber inzwischen etwas abgemildert. Aus Art. 515-7 al. 10 C.civ. ergibt sich, dass der Richter Ersatz für durch die Trennung erlittene Schäden zusprechen kann. Da jedoch die einseitige Trennung per se kein Fehlverhalten darstellt, kommen nur besondere Umstände anlässlich der Trennung oder zeitlich vor der Trennung in Labbée, La Semaine Juridique Édition Générale n°17 2008, act. 280. Cornu, Vocabulaire Juridique, S. 798. 96 Cons. Const. 9.11.1999 Considérant 67 und 68; Molfessis, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°6 2000, 270; Gouttenoire-Cornut, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 263. 97 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 215; Courbe, Droit de la famille S. 287. 98 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 192. 99 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 216. 94 Vgl. 95 Vgl.
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Betracht, die Anlass für Schadensersatzansprüche geben können. Rechtsprechung zur Frage, unter welchen Voraussetzungen ein solcher Schadensersatzanspruch entsteht, existiert soweit ersichtlich kaum. b) Beendigungswirkungen Mit Beendigung des PACS endet die Pflicht zur Lebensgemeinschaft der Partner. Obgleich dem PACS im Unterschied zur Ehe oder zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft100 das Lebenszeitprinzip nicht zugrunde liegt, ergeben sich auch über dessen Beendigung hinaus einige Wirkungen. Endet der PACS durch den Tod eines Partners, so treten Rechtswirkungen sowohl im Bereich des Erbrechts bzw. Erbschaftssteuerrechts als auch bezüglich der gemeinsamen Wohnung ein. Im Gegensatz zum überlebenden Ehegatten, dessen erbrechtliche Stellung gegenüber den Blutsverwandten traditionell schwach ausgestaltet war, was sich erst durch das Gesetz vom 3. Dezember 2001 merklich verbessert hat101, wird der PACS-Partner nicht gesetzlicher Erbe102. Hintergrund dessen ist, dass der PACS als Vertrag zur Ausgestaltung des partnerschaftlichen Zusammenlebens geschaffen wurde. Die erbrechtliche Nachfolge zählt dagegen nach der gesetzgeberischen Konzeption nicht zum Inhalt des PACS. Dem überlebenden PACS-Partner eine Berufung zum gesetzlichen Erben zuteilwerden zu lassen, wurde bei den Debatten zum Gesetzgebungsverfahren im Jahr 1999 sogar heftig zurückgewiesen103. Der Gesetzgeber hat demzufolge bewusst entschieden, den überlebenden Partner erbrechtlich nicht mit dem überlebenden Ehegatten gleichzustellen104. Wollen die PACS-Partner eine erbrechtliche Absicherung erzielen, müssen sie ein Testament oder ein Vermächtnis zugunsten des anderen Partners verfassen105. Dabei ist jedoch zu beachten, dass die erbrechtliche Nachfolge nicht bereits im PACS-Vertrag selbst geregelt werden darf106. Insofern unterscheidet sich die Stellung der PACS-Partner nicht von derjenigen der concubins. Die Grenze für eine Erbeinsetzung des PACS-Partners bildet das Pflichtteilsrecht der gesetzlichen Erben.
100
Für die Eingetragene Lebenspartnerschaft vgl. § 1 I LPartG. Vgl. NK-Familienrecht/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 51. 102 Vgl. Coiffard, AJ Famille 2007, 16. 103 Vgl. Le Guidec, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 133. 104 Vgl. Jacotot/Convers, La semaine Juridique Notariale et Immobilière n°38 2009, 1269. 105 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 285. 106 Vgl. Le Guidec, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 135. 101
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Auch im Steuerrecht wurden einige Regelungen geschaffen, die die Vermögensübertragung von Todes wegen an den PACS-Partner erleichtern sollen. Ursprünglich sollte der überlebende PACS-Partner im Bereich der Erbschaftssteuer zwischen der sehr vorteilhaften Stellung des Ehegatten auf der einen Seite und der nachteiligen Stellung des concubin auf der anderen Seite stehen. Durch das Gesetz TEPA107 vom 21. August 2007 wurde allerdings die Erbschaftssteuer an diejenige bei Ehegatten komplett angeglichen108 und ist damit deutlich vorteilhafter als bei concubins, die erbschaftssteuerlich wie Fremde behandelt werden109. Auch außerhalb des Erbrechts bieten sich Möglichkeiten, den anderen Partner über den Tod hinaus finanziell abzusichern. Erwerben die Partner beispielsweise eine Immobilie zu Miteigentum, so bietet es sich an, dass für den Todesfall eines Partners dem jeweils anderen ein Vorkaufsrecht eingeräumt wird (Art. 1873-13 C.civ.). Daneben kann durch den Abschluss einer Lebensversicherung erreicht werden, dass der überlebende PACS-Partner, der bei Abschluss der Versicherung als Begünstigter eingesetzt wird, finanziell abgesichert ist. Dogmatisch ist der Abschluss der Lebensversicherung als Vertrag zugunsten Dritter anzusehen, was den Vorteil für die PACS-Partner hat, dass das auszuzahlende Kapital nicht in die Erbschaft fällt und damit keine Pflichtteilsansprüche der gesetzlichen Erben auslöst110. Zugunsten des anderen Partners eine Lebensversicherung abzuschließen, ist nicht PACS-Partnern vorbehalten, sondern stellt auch für concubins – wie bereits beschrieben – ein Mittel zur Vermögensübertragung an den anderen dar. Eine weitere Möglichkeit zur Vermögensübertragung zwischen PACS-Partnern stellt ebenso wie bei concubins die Vereinbarung einer clause tontinière dar, nach welcher jeder Partner rückwirkend vom Zeitpunkt des Erwerbs unter der aufschiebenden Bedingung seines eigenen Überlebens bzw. unter der auflösenden Bedingung seines eigenen Vorversterbens als Alleineigentümer angesehen wird. Oft wählen die Partner diese Methode, wenn sie eine gemeinsame Wohnung oder ein Familienheim erwerben möchten111. 107
Loi n° 2007-1223 du 21 août 2007 en faveur du travail, de l’emploi et du pouvoir d’achat = „Gesetz zugunsten der Arbeit, der Beschäftigung und der Kaufkraft“, genannt „loi TEPA“, oder „paquet fiscal“. 108 Vgl. Jacotot/Convers, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°38 2009, 1269. 109 Vgl. Angaben auf der Homepage der französischen Finanzverwaltung: (Zugriff: 5.10.2016). 110 Vgl. Le Guidec, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 136, 138. 111 Vgl. Le Guidec, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 137.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Während bei den concubins die Vereinbarung einer clause tontinière un günstige steuerliche Konsequenzen mit sich bringt, schadet die steuerliche Qualifikation als Schenkung bei Zuwendungen zwischen PACS-Partnern nicht – diese sind bei unentgeltlichen Vermögensübertragungen genauso wie Ehegatten steuerlich befreit112. Es gibt jedoch andere Nachteile, welche die Vereinbarung einer clause tontinière generiert: Um als aleatorischer Vertrag wirksam zu werden, muss jeder Partner die reelle Chance haben, Alleineigentümer des Vermögensgegenstands zu werden. Ist dem nicht so, weil bereits zum Zeitpunkt der Vereinbarung der Klausel der Gesundheitszustand eines Partners schlecht war oder der Altersunterschied zwischen den Partnern sehr groß war, wird die Vereinbarung als verdeckte Schenkung qualifiziert113. Die Qualifikation als Schenkung hat dann wiederum den Pflichtteilsanspruch der gesetzlichen Erben zur Konsequenz114. Bezüglich der gemeinsamen Wohnung hat der Gesetzgeber durch seine Reform vom 23. Juni 2006 Regelungen zum Schutz des überlebenden Partners eingeführt115. Art. 515-6 C.civ. verweist nun zum einen auf Art. 831-3 C.civ.: Der überlebende Partner kann damit die vorzugsweise Zuweisung (attribution préférentielle) des Eigentums an der Wohnung verlangen, die den PACS-Partnern als Unterkunft diente, sowie des darin befindlichen Mobiliars. Voraussetzung dafür ist, dass der überlebende Partner zum Todeszeitpunkt seinen Wohnsitz in dieser Wohnung hatte. Zum anderen muss der verstorbene Partner diese Rechtsfolge in seinem Testament vorgesehen haben. Darüber hinaus kann der überlebende PACS-Partner die unentgeltliche Nutzung der Wohnung sowie des darin befindlichen Mobiliars für die Dauer eines Jahres verlangen, wenn er zum Todeszeitpunkt die Wohnung als Hauptwohnsitz nutzte. Dies gilt unabhängig davon, ob die Wohnung den Partnern gemeinsam gehörte oder insgesamt in die Erbschaft fällt. Im Gegensatz zum zeitlich begrenzten Wohnrecht des überlebenden Ehegatten, das zwingendes Recht ist, kann dieses bei den PACS-Partnern abbedungen werden116. Alles in allem hat der PACS-Partner bei Beendigung des PACS durch Tod weitergehende Rechte im Hinblick auf die gemeinsame Unterkunft als bei Beendigung des PACS durch Trennung. Hier gilt der Verweis des Art. 515-6 al. 1 C.civ. auf die Art. 831, 831-2, 832-3 und 832-4 C.civ. Daraus ergibt sich Folgen112 Vgl. Angaben auf der Homepage der französischen Finanzverwaltung: (Zugriff: 5.10.2016). 113 Vgl. 1. Civ., 10.05.2007 = JurisData n°2007-038791. 114 Vgl. Jacotot/Convers, La semaine Juridique Notariale et Immobilière n°38 2009, 1269. 115 Vgl. Coiffard, AJ Famille 2007, S. 16 f. 116 Vgl. Bugna, AJ Famille 2007, S. 302.
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des: Auch im Fall der Beendigung des PACS durch Trennung kann die vorzugsweise Zuteilung einer Wohnung verlangt werden, die entweder gemeinsam erworben oder gemeinsam angemietet worden ist117. Ein PACS-Partner ist jedoch im Falle der Trennung dann schutzlos gestellt, wenn der andere Partner alleiniger Mieter oder alleiniger Eigentümer der Wohnung ist und ihn aus der Wohnung verweist118. Schließlich wird dem PACS-Partner sowohl dann rechtlicher Schutz gewährt, wenn der andere Partner als alleiniger Mieter die Wohnung verlässt, als auch dann, wenn Letzterer verstirbt. Verlässt der allein mietende Partner die Wohnung endgültig, so bestimmt Art. 14 des Gesetzes vom 6. Juli 1989, dass der Mietvertrag mit dem verbleibenden Partner fortgesetzt wird. Verstirbt der mietende Partner, wird der Mietvertrag auf den überlebenden Partner übertragen. Insoweit ist der PACS-Partner dem Ehegatten rechtlich gleichgestellt worden. II. Die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung des PACS 1. „Gesetzlicher Güterstand“119 des PACS: Gütertrennung/séparation de biens Zwischen den PACS-Partnern gilt seit der Reform von 2006 als gesetzlicher Güterstand die séparation de biens (Gütertrennung)120. Anwendbar ist dieses Regime auf alle PACS, die nach dem 1. Januar 2007 geschlossen wurden121. Mit dem Prinzip der Gütertrennung unterscheidet sich der PACS deutlich von der Ehe und ihrem gesetzlichen Güterstand, der Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts). Die Gütertrennung kann – wie oben gezeigt – bei der Ehe als Wahlgüterstand vereinbart werden. Inhaltlich hat die séparation de biens beim PACS deutliche Parallelen zur Gütertrennung des Eherechts122. Art. 515-5 C.civ. bestimmt, dass jeder Partner weiterhin seine eigenen Güter selbständig verwaltet, nutzt und darüber verfügt. Coutant-Lapalus, Dr. Famille n°5 2010, étude 9. Labbée, La Semaine Juridique Édition Générale n°17 2008, act. 280. 119 Der Begriff régime matrimonial (Güterstand) knüpft im Französischen an mariage (lateinisch matrimonium) an, so dass bezogen auf PACS-Partner streng genommen von einem quasi régime matrimonial (Terminologie bei Malaurie/Aynès, Les régimes matrimo niaux, S. 355), also einem güterstandsähnlichen Vermögensregime, gesprochen werden müsste. Der Einfachheit halber wird nachfolgend auch beim PACS die Terminologie „Güterstand“, „Güterrecht“ etc. verwendet. 120 Vgl. Simler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°35 2006, 1266; Dele craz, AJ Famille 2007, S. 12. 121 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 357. 122 Geregelt in Art. 1536 f. C.civ. 117 Vgl.
118 Vgl.
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Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Jeder Partner bleibt damit Alleineigentümer an den Sachen, die vor Eintragung des PACS in seinem Vermögen standen, und wird alleiniger Eigentümer der von ihm während des PACS hinzuerworbenen Güter. Wenn ein PACS-Partner zur Finanzierung einer Sache beiträgt, die der andere Partner erwerben will, wird er nicht automatisch Miteigentümer dieser Sache, sondern hat lediglich eine Rückzahlungsforderung gegen seinen Partner123. Kennzeichnend für die Gütertrennung ist weiterhin, dass jeder Partner allein für seine persönlichen Schulden haftet, die vor oder nach Abschluss des PACS entstanden sind124. Eine Ausnahme ist hier für Ausgaben zur Deckung des alltäglichen Bedarfs zu machen, bei der die gesamtschuldnerische Haftung gesetzlich angeordnet ist125. Im Ergebnis bleiben Aktiva und Passiva der PACS-Partner grundsätzlich getrennt. Der Beweis für die dingliche Zuordnung einer bestimmten Sache ist gegenüber dem PACS-Partner und gegenüber Dritten durch jede Beweisform möglich. Gelingt dieser Beweis nicht, so wird hälftiges Miteigentum beider Partner an dem betreffenden Gegenstand angenommen126. Gegenüber Dritten gilt jeder Partner, der individuell im Besitz einer beweglichen Sache ist, als berechtigt, diese Sache zu verwalten, zu nutzen und darüber zu verfügen (Art. 5155, al. 3 C.civ.). Hier wird die entsprechende Regelung aus dem Eherecht auf den PACS übertragen127. Darüber hinaus ist es den PACS-Partnern selbstverständlich möglich, Sachen zu Miteigentum zu erwerben128 – die grundsätzlich zwischen ihnen geltende Gütertrennung steht dem nicht entgegen129. Die gemeinsame Anschaffung von Gütern kann durchaus zu juristischen Problemen führen, insoweit stellt sich beim PACS die gleiche Problematik wie bei Gütertrennungsehen, bei denen nach Güterrecht kein nachträglicher Ausgleich für gemeinschaftliche Investitio nen geschuldet ist. Am Beispiel der gemeinsamen Anschaffung einer Immobilie durch die PACS-Partner lässt sich zeigen, dass der Rückgriff auf die PACS-Regelungen allein zu keiner angemessenen Lösung führt. Wenn die PACS-Partner den Güterstand der séparation de biens (Gütertrennung) nicht durch anderweitige Vereinbarung abbedungen haben, bietet es sich an, dass beide zu gleichen Anteilen die Finanzierung der Immobilie übernehMalaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 358. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 358. 125 Vgl. Art. 515-4 al. 2 C.civ. 126 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 358. 127 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 360. 128 Vgl. Laroche-Gisserot, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°22 2009, 1191. 129 Vgl. Delecraz, AJ Famille 2007, 12 f. 123 Vgl.
124 Vgl.
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men und entsprechend ihrer Finanzierungsanteile hälftige Miteigentümer werden. Auf diese Weise lässt sich erreichen, dass nachträglich keine Ausgleichsansprüche entstehen. Probleme können sich jedoch dann ergeben, wenn einer der Partner in einem größeren Maße finanzielle Mittel für die Anschaffung der Immobilie aufbringt, ohne jedoch zugleich einen größeren Eigentumsanteil zu erhalten. In den Regelungen zum PACS findet sich für diese Problematik keine Antwort. Es stellt sich somit die Frage nach der rechtlichen Qualifikation der Zurverfügungstellung finanzieller Mittel, um daran anschließend – wie bei Gütertrennungsehen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften – einen Rückforderungsanspruch unter Anwendung des allgemeinen Schuldrechts zu diskutieren: Handelt es sich bei der Vermögensverschiebung zwischen den Partnern um eine indirekte Schenkung, eine Schuldübernahme oder kommt ein Darlehensvertrag in Betracht130? Kennzeichnend für den Darlehensvertrag sind im deutschen wie im französischen Recht, dass die Rückzahlungsmodalitäten vereinbart werden. Dies wird zwischen PACS-Partnern ähnlich wie zwischen Ehegatten und concubins in der Praxis selten vorkommen. Für eine indirekte Schenkung müsste der Wille des Schenkers (l’intention libérale) angenommen werden, dass der andere Partner tatsächlich frei über seinen Miteigentumsanteil verfügen kann. Auch dies wird nur selten bei der Anschaffung einer Immobilie, die dem Paar in erster Linie zu Wohnzwecken dient, der Fall sein. Schließlich kommt in Betracht, dass die Leistung nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen ist. Auch zwischen den PACS-Partnern können die Rechtsfigur der faktischen Gesellschaft (société créée de fait) und subsidiär dazu bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche (enrichissement sans cause) zur Anwendung kommen131. Um aber bereits während der Partnerschaft in einem stärkeren Maße gemeinsames Vermögen zu bilden, als dies nach dem „gesetzlichen Güterstand“ der séparation de biens vorgesehen ist, ist es den PACS-Partnern möglich, den Wahlgüterstand der indivision zu vereinbaren. 2. Wahlgüterstand: indivision Die Partner können in ihrem PACS-Vertrag auch indivision132 als zwischen ihnen geltendes Vermögensregime vereinbaren (Art. 515-5-1 C.civ.). Auf diese 130 Vgl. Gazeau/Lemaire/Vancleemput, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière, n°20 2010, 1201. 131 Vgl. z. B. 1. Civ. 31.03.2010 = N° de pourvoi: 09-10542, non publié au Bulletin, in welchem das Gericht eine mögliche société créée de fait zwischen den Partnern verneint. 132 Indivision meint wörtlich „Ungeteiltheit“, übersetzt wird es sowohl mit „Miteigen-
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Weise können sie erreichen, dass sie während der Partnerschaft automatisch gemeinschaftliche Werte schaffen. Insoweit können sie mit ähnlicher Wirkung wie beim gesetzlichen Güterstand von Ehegatten gemeinschaftliches Vermögen schaffen133. Von der indivision sind grundsätzlich alle Güter betroffen, die ein oder beide Partner nach Registrierung des PACS erwerben. Für diese Güter gilt die gesetzliche Vermutung, dass sie zu hälftigem Miteigentum erworben werden134. Wenn die Finanzierung der Sache zu unterschiedlich hohen Anteilen erfolgt ist, hat der Partner gegen den anderen keinen Ausgleichsanspruch. Die vertraglich vereinbarte indivision führt umgekehrt nicht dazu, dass die PACS-Partner Gläubigern gegenüber solidarisch haften mit Ausnahme von Geschäften zur Deckung des alltäglichen Bedarfs. Die Gläubiger haben also nur ihren jeweiligen Vertragspartner als Schuldner, gegen den sie vorgehen müssen. Um in ein in die indivision fallendes Gut vollstrecken zu können, müssen die Gläubiger zuvor die Aufhebung der indivision verlangen. Die Vollstreckung ist den Gläubigern nicht möglich, wenn die PACS-Partner vereinbart haben, dass das betreffende Gut auch bei Beendigung des Güterstandes im Miteigentum verbleiben soll135. Nicht von der indivision betroffen sind laut Gesetz bestimmte Güter, die von Natur aus oder von der Art des Erwerbs der persönlichen Vermögenssphäre eines Partners zuzuordnen sind (Art. 515-5-2 C.civ.)136: Zunächst sind hier die Geldmittel zu nennen, die jeder PACS-Partner nach Eingehung des PACS erhält und die nicht zur Anschaffung einer Sache verwendet werden. Hierunter fallen das Arbeitseinkommen jedes Partners sowie die Gewinne aus persönlichen Vermögensgegenständen, wie beispielsweise aus Immobilien. Nicht der indivision unterfallen ferner solche Vermögenswerte, die während des PACS geschaffen werden, wie beispielsweise ein Handelsgeschäft, eine Arztpraxis oder eine Anwaltskanzlei. Selbstverständlich umfasst die indivision solche Gegenstände nicht, die allein dem persönlichen Bereich eines Partners zuzuordnen sind, wie Kleidung oder Gegenstände, die die Berufsausübung eines Partners betreffen. Auch solche Gegenstände sind nicht der indivision zuzuordnen, die vor Eingehung des PACS mit Mitteln eines Partners erworben wurden. Schließlich wird tum“, mit „nicht gesamthänderische Beteiligung mehrerer am Eigentum“ als auch mit „Rechtsgemeinschaft“, vgl. Doucet/Fleck, Wörterbuch der Rechts- und Wirtschaftssprache, S. 404; welche konkrete Bedeutung die indivision für die Vermögenszuordnung- und Vermögensauseinandersetzung beim PACS hat, wird im Haupttext näher erläutert. 133 Vgl. Delecraz, AJ Famille 2007, S. 12 ff. 134 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 361. 135 Vgl. Laroche-Gisserot, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°22 2009, 1191. 136 Vgl. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 361 ff.
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kein Miteigentum gebildet an solchen Vermögensgegenständen, die ein Partner durch Schenkung oder Erbschaft während der Partnerschaft erwirbt137. Wenn mit den persönlichen Mitteln eines PACS-Partners allerdings weitere Güter erworben werden, so muss der Partner bereits im Kaufvertrag deutlich machen, dass er dafür die nicht in die indivision fallenden Mittel verwendet hat. Tut er dies nicht, so erwirbt er unabhängig von der Höhe seines Finanzierungsanteils hälftiges Miteigentum an dem neu angeschafften Gegenstand. Erst bei Beendigung des PACS kann er für seinen erhöhten Finanzierungsanteil Ausgleich verlangen (Art. 515-5-2 a. E. C.civ.). Was die Vermögensverwaltung der in indivision erworbenen Gegenstände angeht, gilt seit dem 1. Januar 2009, dass jeder PACS-Partner die im Miteigentum stehenden Gegenstände verwaltet, es sei denn, dass die PACS-Partner Abweichendes vereinbart haben (Art. 515-5-3 C.civ.)138. Für die bis zum Inkrafttreten des Reformgesetzes am 1. Januar 2007 geschlossenen PACS-Verträge gilt weiterhin das System verschiedener Vermutungen zugunsten der indivision. Dieses System wurde in der Literatur vehement als inkohärent, unpraktikabel, gar absurd kritisiert139. Zudem wurde die von Gesetz wegen automatisch eintretende indivision als gefährlich eingestuft, weil die Partner Miteigentümer an bestimmten Sachen werden, ohne dass ihnen diese Rechtsfolge bewusst wäre140 . Beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch einen PACS-Partner stellte sich das Problem, dass die Gesellschaftsanteile automatisch in die indivision der Partner fielen, wodurch beide Partner Gesellschafterqualität erhielten, obwohl einer der beiden gerade keinen Gesellschafterbeitrag erbracht hatte und möglicherweise auch nicht den Willen hatte, Gesellschafter zu werden141. Das Gesetz unterschied nach beweglichen Sachen, die entgeltlich nach Abschluss des PACS-Vertrages erworben wurden, und anderen Gegenständen, wie beispielsweise Immobilien. Für die erste Kategorie galt nach Art. 515-5 C.civ. a. F., dass die Partner im PACS-Vertrag angaben, welche beweglichen Sachen sie der indivision unterstellen wollten, die sie entgeltlich nach Registrierung des PACS erworben hatten. Wenn dies nicht geschah, wurde vermutet, dass diese Sachen zu hälftigem Miteigentum beider Partner geworden waren. Nach Auffassung des Conseil constitutionnel handelte es sich um eine unwiderlegliche Courbe, Droit de la famille, S. 280. Malaurie/Aynès, Les régimes matrimoniaux, S. 364. 139 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 200, 202; Simler, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 81. 140 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 276. 141 Vgl. Besnard Goudet, La Semaine Juridique Entreprise et Affaires n°27 2001, 1128. 137 Vgl.
138 Vgl.
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Vermutung142. Gleiches galt, wenn nicht ausgemacht werden konnte, an welchem Datum die Gegenstände erworben wurden (vor oder nach Eingehung des PACS). Es wurde vermutet, dass die Güter zu Miteigentum erworben waren. Dies hatte zur Folge, dass die PACS-Partner nicht im Einzelfall bestimmen konnten, an welchen Gütern sie Miteigentum erwerben wollten und an welchen nicht. Sie mussten diese Entscheidung bereits im Voraus in der PACS-Vereinbarung getroffen haben. Für die anderen Gegenstände – Immobilien, körperliche und nichtkörperliche Sachen – galt die Vermutung, dass die Gegenstände zu hälftigem Miteigentum erworben wurden, sofern sich nicht im Vertrag über den Erwerb der Gegenstände eine andere Bestimmung fand. Dies zeigt, dass die Partner auch bezüglich dieser Gegenstände nur auf komplizierte Weise die Rechtsfolge des Miteigentums ausschließen konnten. Aber nicht nur die Vermutungen der indivision, sondern auch die Verwaltung der Güter wurde als nachteilig bewertet, weil hier das Prinzip der Einstimmigkeit (unanimité) galt (Art. 818-5 C.civ.). Wollte nun einer der Partner selbständig handeln, so musste er sich jedes Mal von dem anderen eine Vollmacht ausstellen lassen (Art. 818-3, al. 1 C.civ.). Der Reformgesetzgeber von 2006 war erkennbar bestrebt, ein auf die Bedürfnisse der PACS-Partner angepasstes Vermögensregime zu schaffen. Das bekannte Modell der Gütertrennung schien am besten geeignet, Rechtsstreitig keiten zwischen den PACS-Partnern zu vermeiden und damit die Gerichte zu entlasten143. Dass diese Entlastung nicht für alle Rechtsstreitigkeiten der PACS-Partner gelungen ist, zeigt das oben genannte Beispiel des Erwerbs einer Immobilie zu unterschiedlichen Finanzierungsanteilen. Bei vereinbarter indivision würde sich der Vorgang folgendermaßen auswirken: Die PACS-Partner erwerben die Immobilie zu hälftigem Miteigentum, unabhängig davon, ob ein Partner einen größeren finanziellen Beitrag zum Erwerb leistet als der andere. Das Gesetz schließt für den Fall der vertraglich vereinbarten indivision ausdrücklich einen nachträglichen Ausgleichsanspruch zwischen den Partnern aus (Art. 515-5-1 C.civ.). Erst bei Beendigung des PACS kann der Partner, der mit seinen persönlichen Mitteln i. S. d. Art. 515-5-2 al. 1 C.civ. den größeren Anteil am Kaufpreis aufgebracht hat, eine Rückzahlungsforderung gegenüber dem anderen Partner geltend machen (Art. 515-7 al. 11 C.civ.)144. Mit seiner Ausgleichsforderung steht der PACS-Partner dem anderen allerdings wie jeder Gläubiger gegenüber und trägt infolgedessen das Insolvenzrisiko. Zudem Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 201. Benalcazar, Dr. Famille n°1 2007, étude 2. 144 Vgl. Gazeau/Lemaire/Vancleemput, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière, n°20 2010, 1201. 142 Vgl. 143 Vgl.
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muss er sich gegebenenfalls eine Kürzung des Anspruchs gefallen lassen, und zwar in dem Maße, in dem der andere Partner mit eigenen Forderungen aufrechnet. Eine deutlich bessere Stellung hätte sich für den Ausgleich fordernden PACS-Partner hingegen ergeben, wenn er bereits bei der Finanzierung die Verwendung persönlicher, nicht in die indivision fallender Mittel angezeigt hätte. Auf diese Weise wäre sein Miteigentumsanteil an der Immobilie entsprechend des von ihm vorgenommen Finanzierungsanteils ausgefallen. 3. Güter- und schuldrechtliche Auseinandersetzung beim PACS Darüber, wie im Einzelnen die vermögensrechtliche Auseinandersetzung zwischen den Partnern zu erfolgen hat, finden sich im Gesetz keine detaillierten Angaben. Art. 515-7 al. 10 C.civ. bestimmt nur, dass die Partner selbständig die Abwicklung (liquidation) vornehmen. Nur wenn es zu keiner einvernehmlichen Lösung der Partner kommt, entscheidet der Richter über die vermögensrechtlichen Folgen der Trennung (Art. 515-7 al. 10 C.civ.). Seit dem Gesetz vom 12. Mai 2009 ist der Familienrichter für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der PACS-Partner zuständig, was von Seiten der Literatur befürwortet wird. Gerade bei der Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung eines PACS zeigen sich Parallelen zur (Gütertrennungs-)Ehe und zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft145. Anstelle einer gerichtlichen Auseinandersetzung beim Familienrichter können die PACS-Partner auch ein Schiedsgericht anrufen146. Art. 2060 C.civ., der Personenstandsfragen, Trennungs- und Scheidungssachen ausdrücklich einer schiedsgerichtlichen Vereinbarung entzieht, enthält kein Verbot im Hinblick auf die Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung des PACS. Allerdings ist es nicht möglich, bereits im Voraus, also im PACS-Vertrag selbst, eine schiedsgerichtliche Klausel zu vereinbaren147. Erst wenn die Streitigkeit im Hinblick auf die Vermögensauseinandersetzung entstanden ist, kann das Schiedsgericht dazu angerufen werden. Bei einem gerichtlichen Prozess obliegt es jedem Partner, sein Alleineigentum an bestimmten Vermögensgegenständen nachzuweisen. Von Gesetzes wegen wird aufgrund der zwischen den Partnern herrschenden Gütertrennung nicht automatisch Miteigentum an bestimmten Vermögensgütern begründet. Gelingt es einem PACS-Partner allerdings nicht, den Beweis für sein Allein Labbée, Le droit commun du couple, S. 175. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 216. 147 Vgl. Art. 2061 C.civ., der besagt, dass eine Schiedsklausel grundsätzlich nur in Verträgen vorgesehen werden kann, die im Hinblick auf eine berufliche Tätigkeit geschlossen werden. 145 Vgl.
146 Vgl.
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eigentum zu führen, so besteht eine gesetzliche Vermutung dafür, dass beide Partner hälftiges Miteigentum an der Sache erworben haben (Art. 515-5 al. 2 C.civ.). Für die gerichtliche Auseinandersetzung ist zudem bedeutsam, dass jeder Partner das Recht hat, die vorzugsweise Zuteilung eines bestimmten Gegenstandes zu verlangen (Art. 515-6 al. 1 i. V. m. Art. 831 C.civ.). Dazu zählen auch das gemeinsame Familienheim inklusive des dazu gehörigen Mobiliars und sogar ein landwirtschaftliches, handwerkliches oder kaufmännisches Unternehmen148. Haben beide Partner als zwischen ihnen herrschendes Vermögensregime indivision gewählt, so endet diese in Ausnahme zu Art. 1873-3 C.civ. grundsätzlich mit Beendigung des PACS. Die Partner können jedoch abweichend vereinbaren, dass die gemeinsam erworbenen Güter weiterhin dem Regime der indivision unterstehen sollen (Art 515-5-3 al. 3 C.civ.). Als Folge einer solchen Vereinbarung findet bei Beendigung des Güterstandes keine Zuteilung dieser Vermögensgüter an einen Partner statt. Schließlich sieht das Gesetz für die vermögensrechtliche Beendigung des PACS vor, dass unter Vorbehalt anders lautender Vereinbarungen zwischen den Partnern wechselseitige Forderungen nach den zwischen Ehegatten geltenden Regelungen abzurechnen sind, die im gesetzlichen Güterstand, der communauté réduite aux acquêts, leben (Art. 515-7 al. 11). Damit ist auch Art. 1469 C.civ. anwendbar, der festlegt, dass die Ausgleichszahlung grundsätzlich der geringeren Summe von erbrachter Ausgabe oder verbleibendem Gewinn entspricht. Nicht unterhalb der erbrachten Ausgabe darf die Ausgleichszahlung dann liegen, wenn die Ausgabe notwendig war. Schließlich darf der Ausgleich nicht geringer ausfallen als der verbleibende Gewinn, wenn die darlehensweise überlassene Summe dazu gedient hat, eine Sache zu erwerben, zu erhalten oder zu verbessern, die sich zum Zeitpunkt der güterrechtlichen Auseinandersetzung noch im Vermögen des Darlehensnehmers befindet. Das so beschriebene Ausgleichssystem zwischen PACS-Partnern wurde durch das Gesetz vom 23. Juni 2006 eingeführt. Dabei lag die Idee zugrunde, dass ein Forderungsausgleich nach dem Nominalwert zu ungerechten Ergebnissen führen würde, wenn der PACS einige Jahre angedauert hatte, insbesondere angesichts der vielfach durch indivision und Vermischung der Vermögenssphären geprägten Rechtsbeziehungen der Partner149. Nach dem reformierten Ausgleichssystem wird zum Zeitpunkt der Vermögensauseinandersetzung der Wert
148
Vgl. die Aufzählung bei Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 216. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 216 f.
149 Vgl.
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der Forderung neu bemessen, so dass den zwischenzeitlichen wirtschaftlichen Entwicklungen besser Rechnung getragen werden kann150. Allerdings sieht Art. 515-7 al. 11 C.civ. a. E. vor, dass der andere Partner, der sich der Inanspruchnahme mit den so berechneten Forderungen ausgesetzt sieht, wiederum mit eigenen Ausgleichsansprüchen aufrechnen kann. Das Gesetz präzisiert, dass solche Forderungen zur Aufrechnung gestellt werden können, die daraus resultieren, dass einer der Partner – entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung – die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs nicht seinen Möglichkeiten entsprechend mitgetragen hat. Hier zeigt sich ein deutlicher Unterschied zum concubinage. Beim concubinage besteht weder eine Rechtspflicht, sich an den Ausgaben des alltäglichen Bedarfs zu beteiligen, noch kann für diese Ausgaben nach der Rechtsprechung der Cour de cassation nachträglich Ausgleich verlangt werden151. Schließlich können die Partner bei Beendigung eines PACS Schadens ersatzansprüche geltend machen (Art. 515-7 al. 10 C.civ. a. E.). Die gesetzliche Bestimmung zum PACS enthält weder Angaben zu den Voraussetzungen noch zur Höhe eines solchen Schadensersatzanspruchs. Bemerkenswert ist allerdings, dass mit dieser Regelung der schadensrechtliche Ausgleich bei Trennung nichtehelicher Paare, der nach der Rechtsprechung traditionell seit mehr als hundert Jahren bei concubinages angewendet wurde, schließlich für die PACS-Partner Eingang ins Gesetz gefunden hat152. Rechtsprechung, die unter Anwendung des Art. 515-7 al. 10 C.civ. dem verlassenen PACS-Partner einen Schadensersatzanspruch zuspricht, gibt es – soweit ersichtlich – bisher kaum. Vermutet wird, dass die Rechtsprechung sich bei der Gewährung von Schadensersatz an den Fällen orientieren wird, bei denen bei Beendigung des concubinage oder bei der einseitigen Auflösung der Verlobung Schadensersatzansprüche zugesprochen werden153. Wie bereits aufgezeigt wurde, stellt die Trennung als solche bei concubins kein schuldhaftes Fehlverhalten dar, dieses muss sich vielmehr aus den Umständen anlässlich der Trennung ergeben. Gleiches müsste für die PACS-Partner gelten. Denkbar wäre aber auch, dass die Rechtsprechung sich in Anbetracht des vertraglichen Charakters des PACS an den vertraglichen Schadensersatzansprüchen orientiert, die im Fall einer rechtsmissbräuchlichen Vertragsaufkündigung bzw. eines Vertragsbruchs zugesprochen werden154. Courbe, Droit de la famille, S. 288 f. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 165 f. 152 Vgl. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 262. 153 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S.216. 154 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 202. 150 Vgl. 151 Vgl.
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Voraussetzungen des Anspruchs sind jedenfalls – wie bei anderen Schadensersatzansprüchen auch – ein zurechenbares schuldhaftes Fehlverhalten einer Partei sowie ein kausaler Schaden (Art. 1382 C.civ.). Unter schadensrechtlichen Aspekten kann es demzufolge nur dann zu Zahlungsansprüchen des verlassenen Partners kommen, wenn ein Verschulden des anderen PACS-Partners nachgewiesen werden kann. Hierin zeigt sich ein deutlicher Unterschied zum Eherecht. Der Abfindungsanspruch (prestation compensatoire) für den finanziell schwächeren Ehegatten wird verschuldensunabhängig gewährt (Art. 270 al. 2 C.civ.). Zum Schadensersatzanspruch hat der Conseil constitutionnel klargestellt, dass dem durch einseitige Trennung verlassenen Partner nicht das Recht abgesprochen werden könne, im Falle eines Fehlverhaltens des anderen bei der Trennung Schadensersatz zu verlangen – dies sei gar Ausdruck von Art. 4 der Menschen- und Bürgerrechtserklärung (Déclaration des droits de l’homme et du citoyen) von 1789155. Dies hat zur Folge, dass die PACS-Partner nicht im Voraus auf die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Fall der einseitigen Trennung verzichten können156. Die Regelung zum Schadensersatz bei Beendigung des PACS hat Kritik auf sich gezogen, da aus ihr nicht klar hervorgehe, ob das Fehlverhalten allein bei der Trennung maßgeblich sei oder ob während der Dauer der Lebensgemeinschaft begangene Verfehlungen in Betracht gezogen werden könnten157. Was den Umfang des Schadensersatzanspruchs angeht, so lässt sich aus einem Vergleich mit den bei Scheidung wegen Verschuldens anfallenden geringen Summen schließen, dass er nicht von solchem Ausmaß ist, dass er die Funktion einer Ausgleichsleistung oder einer Unterhaltszahlung für den verlassenen Partner erfüllt158. In der Literatur wird vergleichbar zur Entwicklung beim concubinage für den PACS vermutet, dass die Rechtsprechung weniger das Fehlverhalten als den aus der Trennung resultierenden Schaden prüfen wird. Vom erlittenen Schaden wird dann umgekehrt ein Rückschluss auf das Fehlverhalten gezogen. Ein Fehlverhalten könnte etwa darin zu sehen sein, dass ein Partner die wirtschaftliche Abhängigkeit des anderen ausgelöst und verstärkt hat und ihn bei der Trennung ohne finanzielle Ressourcen zurücklässt159.
155
Vgl. Cons. Const. 9.11.1999 Décision n° 99-419 DC, considérant n°70. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 262. 157 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 219. 158 Vgl. Courbe, Droit de la famille, S. 289. 159 Vgl. Gouttenoire-Cornut, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 266 f. 156 Vgl.
B. Der PACS
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Neben den gesetzlich normierten Ausgleichsmechanismen kommen auch beim PACS Ausgleichsansprüche nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen – insbesondere unter Anwendung der Rechtsfigur der société créée de fait – und nach dem Bereicherungsrecht (l’enrichissement sans cause) in Betracht160. Dies ergibt sich aus dem zwischen PACS-Partnern geltenden Vermögensregime der Gütertrennung (séparation de biens). Wie bei Gütertrennungsehen sieht die Rechtsprechung Bedarf für einen schuldrechtlichen Ausgleich für erhebliche Vermögensverschiebungen zwischen den Partnern. Besonderheiten bei der Anwendung dieser schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen auf PACS-Partner, die sich von der Vermögensauseinandersetzung bei concubins auf der einen Seite oder bei Ehepartnern in Gütertrennung auf der anderen Seite abgrenzen ließen, haben sich – soweit ersichtlich – in der Rechtsprechung nicht herausgebildet. Hinsichtlich der Anwendungsvoraussetzungen sowie der typischen Anwendungsfälle muss vor diesem Hintergrund auf die umfangreichere Rechtsprechung zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der concubins und Ehegatten in Gütertrennung verwiesen werden. Allenfalls im gesellschaftsrechtlichen Bereich können sich Besonderheiten für die PACS-Partner dann ergeben, wenn das Regime der indivision vereinbart wurde. Im Gegensatz zu Ehegatten im gesetzlichen Güterstand, bei denen nach Art. 1832-2 C.civ. grundsätzlich nur derjenige Ehegatte Gesellschafter wird, der den Gesellschaftsbeitrag erbringt, werden beim PACS in indivision sowohl der beitragsleistende Partner als auch der andere Partner automatisch Gesellschafter. Für Letzteren ergibt sich das Problem, dass er kein Gesellschafterinteresse (affectio societatis) hat, was wiederum essentielles Element für die Gesellschaftsgründung bzw. den Gesellschaftsbeitritt ist. Die Frage, ob in diesem Fall die Gesellschaft wirksam ist, wurde soweit ersichtlich von der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Eine praktische Lösung dieses Problems für die PACS-Partner wäre, bereits im PACS selbst vorzusehen, dass trotz indivision für den Erwerb von Gesellschaftsanteilen gelten soll, dass nur derjenige, der den Gesellschaftsbeitrag erbringt, auch allein die Gesellschafterstellung innehaben sollte. Ist dies nicht erfolgt, so bietet sich an, dass die PACS-Partner nachträglich eine Abmachung treffen, dass einer von ihnen die Vollmacht erhält, die Gesellschafterrechte für die in indivision erworbenen Gesellschaftsanteile geltend zu machen161.
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 219. zu der Problematik Gazeau/Lemaire/Vancleemput, La semaine Juridique Nota riale et Immobilière n°20 2010, 1201. 160 Vgl. 161 Vgl.
214
Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
III. Ausblick auf die Entwicklung des PACS In den zehn Jahren seit seiner Einführung hat sich der PACS in vielen Punkten der Ehe angenähert. Als in sich widersprüchlich wird diese Entwicklung kritisiert, habe doch der Gesetzgeber, der ursprünglich mit Einführung des PACS eine alternative Form partnerschaftlichen Zusammenlebens schaffen wollte, aus dem PACS einen „Klon“ der Ehe gemacht. Der PACS wird in diesem Kontext sogar als „Ehe light“ bzw. „mariage bis“ bezeichnet162. Es stellt sich also für die Zukunft des PACS die Frage, ob das Rechtsinstitut in der Ehe aufgehen wird oder ob es autonom bleiben wird163. Nur wenn der PACS gegenüber der Ehe autonom bleibt, kann er eine interessante Alternative zum rein faktischen Zusammenleben nichtehelicher Paare darstellen. Für die Autonomie des PACS spricht, dass er eine eigene gesetzliche Definition und ein eigenes juristisches Regime hat (Art. 515-1 bis Art. 515-7-1 C.civ.). Die im Gesetz verwendete Terminologie ist eindeutig ans Vertragsrecht angelehnt: Der PACS wird als „Vertrag“ definiert, den zwei „Parteien“ – nicht Partner – abschließen. Wie jeder andere Vertrag kann der PACS Dritten – in nur eingeschränkter Weise – entgegengehalten werden164. Selbstverständlich kann die Terminologie aus dem Vertragsrecht nicht darüber hinwegtäuschen, dass der PACS als Form partnerschaftlichen Zusammenlebens sowohl eine Nähe zur Institution Ehe auf der einen Seite als auch eine Nähe zum allein faktisch bestehenden concubinage auf der anderen Seite aufweist. Bereits die systematische Stellung im Gesetz unmittelbar vor der Definition des concubinage (Art. 515-8 C.civ.), im Kapitel des Code civil zum Recht der Personen, in welchem sich auch die Bestimmungen zur Ehe finden, zeigt die Eingliederung des PACS innerhalb der familienrechtlichen Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens. Umgekehrt erstaunt es nicht, dass vielfach Regeln außerhalb des Zivilrechts nicht an die Partnerschaftsform als solche anknüpfen, sondern an das faktische Zusammenleben als Paar – so zum Beispiel im Strafrecht165 oder im Sozialrecht166. Das Basisregime, an das sich Rechtsregeln knüpfen, ist damit das concubinage, nicht der PACS. Der PACS stellt jedoch von den rechtlichen Bindungen her eine intensivere Partnerschaftsform dar als das concubinage und ist vor diesem Hintergrund Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 182, 183. Mauger-Vielpeau, Dr. Famille, n°10 2008, étude 22. 164 Vgl. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°1 2007, étude 1. 165 Vgl. C. pén. Art. 221-4, 9 für Mord/Todschlag; 222-3, 6 für Folter; 222-24, 11 für Vergewaltigung. 166 Vgl. C. séc. Soc. R. 553-2. 162 Vgl.
163 Vgl.
B. Der PACS
215
auch gegenüber der nichtehelichen Lebensgemeinschaft autonom. Das Zusammenleben als Paar vollzieht sich nicht nur auf tatsächlicher Ebene, sondern kann genau wie bei der Ehe rechtlich eingefordert werden. Es wird daher vereinzelt vorgeschlagen, die Regelungen für Ehegatten, die ihren Grund in der Lebensgemeinschaft als Paar haben, analog auf PACS-Partner anzuwenden167. Denn hier wie da besteht eine rechtliche Pflicht zur Lebensgemeinschaft der Partner. Im Steuerrecht, im Arbeitsrecht und auch im Sozialrecht168 ist die Angleichung beider Rechtsinstitute bereits vorgenommen worden. Eine weitere Angleichung von PACS und Ehe könnte unter dem Einfluss der Rechtsprechung des EGMR und auch des EuGH stattfinden. In dem Bestreben, Diskriminierungen homosexueller Lebenspartnerschaften abzubauen, wurden Regelungen, die bis dahin allein Ehegatten vorbehalten waren, auf gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften ausgedehnt169. Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass von der ursprünglichen Idee, dass der PACS vor allem ein Vertrag zur Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse der Partner sein sollte, wenig übrig geblieben ist. Der PACS ist vielmehr ein eigenständiges familienrechtliches Institut geworden. Dass der PACS dennoch eine gegenüber der Ehe autonome Partnerschaftsform darstellt, wird nicht nur an der formal eigenständigen Stellung im Code civil und an seiner eigenständigen Erwähnung in anderen Gesetzen deutlich, wie bereits dargestellt wurde. Auch inhaltlich verbleiben signifikante Unterschiede zur Ehe. Weder im Erbrecht noch im Adoptionsrecht170 hat ein PACS-Partner die gleichen Rechte wie ein Ehegatte. Die Stiefkindadoption wird den PACS-Partnern nach geltendem Recht bei minderjährigen Kindern nicht ermöglicht, weil damit einherginge, dass der leibliche Elternteil sein Sorgerecht verlöre171. Bislang hat nur der Ehegatte das Recht, das Kind des anderen Ehegatten zu adoptieren und dann gemeinsam mit ihm das Sorgerecht auszuüben (Art. 365 C.civ.). Zugunsten des PACS-Partners gilt die Vaterschaftsvermutung nicht. Auch die künstliche
Lamarche, Dr. Famille, n°3 2010, alerte 12. Vgl. Überblick in NK-Familienrecht/Junggeburth, Länderbericht Frankreich, Rn. 189–
167 Vgl. 168
192.
169 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 185 mit Verweis auf EuGH (Große Kammer), Urteil vom 1.04.2008 – C-267/06 (Tadao Maruko/Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen) = NJW 2008, 1649, in welchem der EuGH die deutsche Regelung, die die Hinterbliebenenrente allein für Ehegatten, nicht aber für Eingetragene Lebenspartner vorsah, als unmittelbare Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung wertete. 170 Vgl. dazu die Entscheidung der 1. Civ, 19.12.2007 = Bulletin 2007, I, N° 392. 171 Vgl. 1. Civ., 20.02.2007 = JurisData n°2007-03745; 1. Civ. 20.02.2007 = JurisData n°2007-037456; CA Amiens, ch. fam., 14.02.2007 = JurisData n°2007-325132; Anm. Murat Dr. Famille n°4 2007, comm. 80.
216
Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Befruchtung bleibt Ehepaaren vorbehalten172. In den Regelungen zum PACS finden sich bei genauer Betrachtung überhaupt keine Bestimmungen, die die gemeinsamen Kinder der Partner betreffen. Der PACS regelt auf horizontaler Ebene das Zusammenleben zweier Personen im persönlichen und vermögensrechtlichen Kontext, die vertikale Ebene – gerichtet auf die Fortpflanzung des Paares und damit auf die nächste Generation – fehlt dem PACS173. Das zeigt, dass die Familie immer noch die engsten Verknüpfungen mit der Ehe aufweist174. Die Ehe ist derzeit in der familienrechtlichen Hierarchie dem PACS übergeordnet und wird es wohl auch in Zukunft sein. Dies entspricht zumeist auch dem Willen der PACS-Partner, die gerade keine Ehe miteinander eingehen möchten. Für homosexuelle Paare, die miteinander die Ehe nicht eingehen durften, besteht dieses Verbot nun nicht mehr, so dass auch für sie der PACS eine echte Alternative zur Eheschließung darstellt. Aufgrund der Einführung der „Homo-Ehe“ ist dem Bestreben, gleichgeschlechtliche Paare nicht zu diskriminieren, Genüge getan, so dass unter diesem Aspekt keine weitere Angleichung des PACS an die Ehe erforderlich erscheint. Die Möglichkeit einer einseitigen, außergerichtlichen Trennung spricht für den Abschluss des PACS-Vertrages und gegen die Eingehung der Ehe175. Durch die Vereinfachung des Scheidungsrechts wurde die Beendigung der Ehe zwar erleichtert, es bleibt aber bei einem zwingenden gerichtlichen Verfahren, während der PACS durch einseitige Erklärung jederzeit beendet werden kann, ohne dass es eines spezifischen Grundes bedarf. In den verschiedenen Beendigungsmodalitäten der Partnerschaften zeigt sich, dass die Ehe im Kern eine auf Lebenszeit geschlossene Gemeinschaft sein soll, während der PACS rechtlich ein Zusammenleben auf Zeit regelt176. Zudem wird im Gegensatz zur Ehe bei Beendigung des PACS grundsätzlich keine Ausgleichszahlung zwischen den Partnern fällig (compensation prestatoire)177. Gerade jungen Paaren ohne Kind erscheint diese Alternative besonders reizvoll178, was der wesentliche Grund für den noch wachsenden Erfolg der modernen Partnerschaftsform PACS ist179. Statistischen Zahlen zufolge bilden die Franzosen zwischen 25 und 34 Jahren die „Generation des PACS“, denn bei der 172 Vgl. Bruggeman, Dr. Famille n°1 2010, alerte 5; Laroche-Gisserot, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°22 2009, 1191. 173 Vgl. Grillet-Ponton, La Semaine Juridique Edition Générale n°5 2002, I 108. 174 Vgl. Mauger-Vielpeau, Dr. Famille, n°10 2008, étude 22. 175 Vgl. Béguin, La Semaine Juridique Édition Générale n°1 2011, 2 ff. 176 Vgl. Delecraz, AJ Famille 2007, 12 f. 177 Vgl. Avena-Robardet, AJ Famille 2011, 3. 178 Vgl. Bruggeman, Dr. Famille n°7 2009, alerte 58. 179 Vgl. Béguin, La Semaine Juridique Édition Générale n°1 2011, 2 ff.
C. Zusammenfassender Vergleich
217
Hälfte aller registrierten PACS-Verträge haben die Partner dieses Alter180. Dabei lebt die Mehrheit von ihnen ohne Kind zusammen. Im Alter von 18 bis 39 Jahren liegt die Zahl von PACS-Partnern ohne Kind bei 50 %, für Ehegatten gleichen Alters liegt der prozentuale Anteil bei nur 15 %181. Die statistischen Zahlen zeigen, dass die Lebensmodelle von PACS-Partnern und Ehegatten Unterschiede aufweisen. Die Beibehaltung der Unterschiede zwischen den Rechtsformen und damit einhergehender Autonomie des PACS bietet Paaren die Freiheit, eine Rechtsform entsprechend ihres Lebensmodells und ihres Bindungswillens zu wählen. Daher wird in der Literatur gefordert, die Autonomie des PACS zu bewahren und ihn nicht weiter an die Ehe anzugleichen182. Die Vereinheitlichung der Partnerschaftsformen würde dagegen die Freiheit der Paare einschränken183.
C. Die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der registrierten Partnerschaft im deutschen und französischen Recht – ein zusammenfassender Vergleich im Hinblick auf die Übertragbarkeit der Lösungen für die nichteheliche Lebensgemeinschaft Die rechtsvergleichende Gegenüberstellung zwischen Eingetragener Lebenspartnerschaft und PACS wirft die Frage auf, welches Ausgleichsregime bei Beendigung der registrierten Partnerschaft den Interessen der Beteiligten besser gerecht wird. Die Frage nach dem „besseren Abwicklungsmodell“ lässt sich jedoch nicht unabhängig von der jeweiligen Grundkonzeption der registrierten Partnerschaften beantworten: Soll die registrierte Partnerschaft das nichteheliche Zusammenleben von homo- und heterosexuellen Paaren auf vermögensrechtlicher Ebene organisieren oder soll sie darüber hinausgehend ein Ehesub stitut darstellen, das sich ausschließlich an gleichgeschlechtliche Paare richtet? In Deutschland und Frankreich war gemeinsame Ausgangslage bei der Schaffung der registrierten Partnerschaften, dass immer vehementer gesellschaftspolitische Forderungen nach einer rechtlichen Anerkennung von homosexuellen Partnerschaften in der öffentlichen Diskussion geltend gemacht wurden. Im 180
Vgl. Angaben des Statistischen Amtes Insée: (Zugriff: 1.11.2013). 181 Vgl. Angaben des Statistischen Amtes Insée: (Zugriff: 1.11.2013). 182 Vgl. Delmas Saint-Hilaire, La Semaine Juridique Edition Générale n°24 2010, 653. 183 Vgl. Mauger-Vielpeau, Dr. Famille n°10 2008, étude 22.
218
Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Anschluss daran stellte sich in beiden Ländern die rechtspolitische Frage, in welcher Weise diese Forderungen umgesetzt werden sollten184. Die Gesetzgeber beider Länder haben schließlich auf diese Forderungen reagiert und nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten185 registrierte Partnerschaften eingeführt. Mit dem PACS im Jahr 1999 und der Eingetragenen Lebenspartnerschaft zwei Jahre später wurde ein fester rechtlicher Rahmen für die Lebensgemeinschaft gleichgeschlechtlicher Paare geschaffen. Abgesehen davon weisen die registrierten Partnerschaften von der Grundkonzeption deutliche Unterschiede auf. Der französische Gesetzgeber war mehr noch als der deutsche bestrebt, einen signifikanten Abstand zwischen der Ehe auf der einen Seite und der registrierten Partnerschaft auf der anderen Seite zu wahren186. Demzufolge wurde der PACS als Vertrag und die Eingetragene Lebenspartnerschaft als familienrechtliches Institut konzipiert. Diese unterschiedlichen Konzeptionen, die der Eingetragenen Lebenspartnerschaft und dem PACS zugrunde liegen, zeigen sich auch bei der vermögensrechtlichen Abwicklung. Dass die Eingetragene Lebenspartnerschaft erkennbar an der Ehe ausgerichtet ist, wird sowohl in ihrer Begründung als auch an ihren Wirkungen und schließlich auch bei ihrer Beendigung deutlich187. Gesetzessystematisch zeigt sich diese Nähe durch Verweise zum Eherecht188 sowie durch Regelungen, die das Eherecht fast wortgetreu nachbilden189. Entsprechend wurde auch das bei der Lebenspartnerschaft geltende Güterrecht an das eheliche Güterrecht im Jahr 2005 angepasst. Nunmehr ist die Zugewinngemeinschaft gesetzlicher Güterstand bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Vor dem Hintergrund dieser Gemeinsamkeiten wird die Eingetragene Lebenspartnerschaft nicht unberechtigt als „Homo-Ehe“190 bezeichnet. Auch der PACS hat im Laufe seines zehnjährigen Bestehens Annäherungen an die Ehe erfahren191. Der Abstand zwischen Ehe und PACS ist aber trotz der inzwischen erfolgten Gesetzesreformen unverkennbar geblieben, wie sich am Begründungsverfahren, an den Wirkungen und insbesondere auch an der geMalaurie/Fulchiron, La famille, S. 179; MüKo/Wacke, Vorbem. LPartG, Rn.1; Staudinger/Voppel, LPartG, Einl., Rn. 1. 185 Vorreiter waren hier die skandinavischen Länder – Dänemark, Schweden, Norwegen, Island, vgl. Staudinger/Voppel, LPartG Einl. Rn. 5. 186 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 182. 187 Vgl. Staudinger/Voppel, LPartG, Einl. Rn. 11. 188 Vgl. §§ 5, 6, 7, 8 LPartG. 189 Vgl. § 3 I – IV LPartG entspricht § 1355 BGB, § 4 LPartG entspricht § 1359 BGB. 190 Vgl. Beck, FPR 2010, 220, 225. 191 Vor diesem Hintergrund wird der PACS auch kritisch als „Ehe light“ bezeichnet, vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 182. 184 Vgl.
C. Zusammenfassender Vergleich
219
genüber der Ehe erleichterten Beendigungsmöglichkeit zeigt. Der PACS bleibt im Kern ein Vertrag oder jedenfalls eine Partnerschaftsform auf vertraglicher Basis192. Die Vorschriften, die die Solidarität während bestehender Partnerschaften festschreiben193, sind zwar am Eherecht ausgerichtet, das während der Partnerschaft geltende Vermögensregime und auch die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei Beendigung der Partnerschaft weisen aber deutliche Unterschiede zum ehelichen Güterrecht auf. Ehegatten in Frankreich leben im gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts), mit der Konsequenz, dass das Vermögen, das während der Ehe erworben wird, beiden Ehegatten von Anfang an gemeinsam gehört. Zwischen PACS-Partnern herrscht – sofern sie nichts Abweichendes vereinbaren – Gütertrennung (séparation de biens). Im Prinzip bleibt das Vermögen der PACS-Partner demzufolge auch während der Partnerschaft getrennt. Die Modifizierung des Vermögensregimes beim PACS, das ursprünglich verschiedene Vermutungen zugunsten des Erwerbs von Gegenständen in Miteigentum (indivision) vorsah und damit zu einer Vergemeinschaftung von Vermögenswerten führte, wurde überwiegend begrüßt194. Ein geringeres Maß an Bindung und ein Mehr an vermögensrechtlicher Unabhängigkeit, wie sie der nunmehr geltende gesetzliche Güterstand der séparation de biens bieten, entsprechen zumeist dem oben beschriebenen Lebensmodell der PACS-Partner, bei denen es sich überwiegend um junge kinderlose Paare handelt, sowie ihrem Willen, gerade keine Ehe miteinander zu schließen. Unter einem rechtsvergleichenden Blickwinkel stellt sich die Frage, ob die Gütertrennung ebenfalls die passende güterrechtliche Lösung für Eingetragene Lebenspartner in Deutschland darstellt. In Deutschland ist die Entscheidung des Gesetzgebers, auch bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft die Zugewinngemeinschaft zum gesetzlichen Güterstand zu erheben, nicht ohne Kritik geblieben. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass die Rollenaufteilung bei gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften eher der Gütertrennung entspreche als der Zugewinngemeinschaft195. In der Regel gehen nämlich beide Lebenspartner einer Erwerbstätigkeit nach und übernehmen gemeinsam die im 192 Dies zeigt sich beispielsweise an der Definition des PACS, nach welcher dieser einen Vertrag zwischen zwei Personen gleichen und verschiedenen Geschlechts darstellt (Art. 5151 C.civ.), und an der Möglichkeit, den PACS-Vertrag einseitig und außergerichtlich zu beenden, „aufzukündigen“ (Art. 515-7 C.civ.). 193 Vgl. beispielsweise die Pflicht zur gegenseitigen materiellen Unterstützung und die gemeinsame Haftung für Schulden des alltäglichen Bedarfs (Art. 515-4 C.civ.). 194 Vgl. Benalcazar, Dr. Famille n°1 2007, étude 2; Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°1 2007, étude 1. 195 Vgl. Staudinger/Voppel, § 6 LPartG, Rn. 15 f.
220
Teil 3: Die registrierten Partnerschaften
Haushalt anfallenden Tätigkeiten. Auch wachsen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften seltener Kinder auf als in anderen Formen des partnerschaftlichen Zusammenlebens196. Der Bedarf nach einem pauschalierten hälftigen Ausgleichsanspruch bei Beendigung der Lebensgemeinschaft erscheint demzufolge bei ihnen nicht in gleichem Maße gegeben wie bei Ehen mit „Hausfrauen-Modell“, welches bei der Einführung der Zugewinngemeinschaft Ende der 1950er Jahre in der deutschen Gesellschaft vorherrschend war197. Die Kritik, dass die Zugewinngemeinschaft angesichts der Rollenverteilung in modernen Beziehungen nicht das interessengerechte Vermögensregime darstelle, trifft allerdings nicht nur auf gleichgeschlechtliche Paare, sondern auch auf Ehegatten zu – zumindest auf die kinderlosen Doppelverdienerehen198. Bei der Gesetzesreform des LPartG von 2005, bei der die Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand für Eingetragene Lebenspartner eingeführt wurde, sollte nach Absicht des Gesetzgebers eine weitere Angleichung der registrierten Partnerschaft an die Ehe stattfinden. Wäre hierbei die Rollenverteilung in modernen Beziehungen stärker berücksichtigt und eine ihr entsprechende güterrechtliche Ausrichtung gewählt worden, hätte man zugleich über die Sinnhaftigkeit der Zugewinngemeinschaft als gesetzlicher Güterstand bei Ehegatten diskutieren müssen. Diese Grundsatzfrage des Güterrechts sollte jedoch mit der Reform zum LPartG nicht geklärt werden. Vor diesem Hintergrund entschied man sich für die güterrechtliche Angleichung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft an die Ehe. In Deutschland müssen die Lebenspartner demzufolge beim Notar den Wahlgüterstand der Gütertrennung vereinbaren199, um zu erreichen, dass die Eingehung der Partnerschaft nicht in güterrechtliche Ausgleichsansprüche bei Beendigung der Partnerschaft mündet. Solange gleichgeschlechtliche Paare in Deutschland noch nicht die Möglichkeit haben, die Ehe miteinander einzugehen, lässt sich unter dem Motiv der Gleichstellung auch im Bereich des Güterrechts eine Angleichung an die Ehe rechtfertigen. In Frankreich ist diese Gleichstellung durch die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare bereits erfolgt. Errungenschaftsgemeinschaft bei der Ehe, Gütertrennung beim PACS stellen nunmehr sowohl für homo- als auch für heterosexuelle Paare die vermögensrechtlichen Optionen dar. Wenn sich auch der gesetzliche Güterstand für die Eingetragene Lebenspartnerschaft und für den PACS unterscheidet, so kommen übereinstimmend in beiden Rechtsordnungen bei Beendigung der registrierten Partnerschaften neben 196 Vgl. Rupp/Rupp/Bergold, Die Lebenssituation von Kindern in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften, S. 281. 197 Vgl. MüKo/Wacke, § 6 LPartG, Rn. 4. 198 Vgl. Wellenhofer, NJW 2005, 705 f. 199 Vgl. Staudinger/Voppel, § 6 LPartG, Rn. 10.
C. Zusammenfassender Vergleich
221
der güterrechtlichen Auseinandersetzung schuldrechtliche Ausgleichsansprüche in Betracht. Bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft sind diese allerdings nur dann von Bedeutung, wenn die Partner die Gütertrennung als Wahlgüterstand annehmen. Insoweit bestehen keine Unterschiede zwischen Ehe und Eingetragener Lebenspartnerschaft. Dogmatische Übereinstimmung besteht – wie schon bei der Gütertrennungsehe – im Hinblick auf die konkreten Abwicklungsmechanismen des Nebengüterrechts. Beim PACS und bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft sind dies gesellschaftsrechtliche und subsidiär dazu bereicherungsrechtliche Ansprüche200. Die Rechtsprechung in beiden Ländern hat solche Ansprüche dann zugebilligt, wenn die rein güterrechtliche Abwicklung zu „unbilligen Ergebnissen“ führt. Bei den Wertungen differenziert die Rechtsprechung – soweit ersichtlich – nicht zwischen registrierten Partnerschaften einerseits und Gütertrennungsehen andererseits. Vor diesem Hintergrund kann auf die Ausführungen zur vermögensrechtlichen Abwicklung außerhalb des Güterrechts verwiesen werden. Als Zwischenfazit lässt sich festhalten, dass der PACS, nicht aber die Eingetragene Lebenspartnerschaft ein Lösungsmodell für die Beendigungsproblematik nichtehelicher Paare darstellt. Die Frage, ob der PACS auch für die deutsche Rechtsordnung infrage kommt, wird im anschließenden Teil diskutiert.
zum PACS wie auch zum concubinage Malaurie/Aynès, Les régimes matrimo niaux, S. 350; vgl. zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft MüKo/Wacke, § 7 LPartG Rn. 1 mit Hinweis auf einen umfassenden Verweis zum Eherecht. 200 Vgl.
Teil 4
Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht I. Ausgangslage im deutschen und französischen Recht Während sowohl in Deutschland als auch in Frankreich registrierte Partnerschaften vor nunmehr zehn Jahren in die Rechtsordnungen eingeführt wurden, existiert in beiden Ländern bislang kein Regelungsstatut für nichteheliche Lebensgemeinschaften/concubins. Unter einem eigenen Rechtsstatut ist hier ein System von gesetzlichen Regelungen zu verstehen, das an die Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft anknüpft. In Frankreich hat zwar eine gesetzliche Definition1 der nichtehelichen Lebensgemeinschaften (concubinages) im Code civil unter dem Kapitel „Du concubinage“2 Einzug gehalten, weitere Rechtsfolgen bezüglich des Verhältnisses zwischen den Partnern und gegenüber Dritten wurden jedoch nicht unter diesem Kapitel kodifiziert. Damit ist für beide Rechtsordnungen zu diskutieren, ob erstens ein Rechtsstatut für nichteheliche Lebensgemeinschaften geschaffen werden sollte und wie dieses zweitens ausgestaltet sein müsste. In der Literatur wird der status quo, dass die Rechtsprechung mangels gesetzlicher Regelungen die schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen im Wege richterrechtlicher Rechtsfortbildung schafft, kritisiert. Erstens seien die Ergebnisse, ob nun Ausgleich gewährt oder versagt wird, für die Beteiligten nicht vorhersehbar. Zweitens werde der Schutz des schwächeren Partners nur in unzureichender Weise realisiert. Drittens werde ein Ausgleich im Hinblick auf nur
1 2
Art. 515-8 C.civ. Was sich mit „Über die nichteheliche Lebensgemeinschaft“ übersetzen lässt.
224
Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
einzelne Vermögenswerte der umfassenden Verflechtung der Lebensgemeinschaft nichtehelicher Paare nicht gerecht3. Dennoch fällt die Beurteilung uneinheitlich aus, ob sich ein spezielles Rechtsstatut (régime juridique) an die nichteheliche Lebensgemeinschaft knüpfen sollte. Dabei reichen die Lösungsvorschläge von der punktuellen Regelung von Abwicklungsproblemen im Trennungsfall4, über die Kodifizierung eines dem Zugewinnausgleichs- und Versorgungsausgleichsrecht vergleichbarem Vermögensausgleich einschließlich nachpartnerschaftlicher Unterhaltsansprüche5 bis zu einem „allgemeinen Recht“ für eheliche und nichteheliche Paare (droit commun du couple)6. Letzteres soll ein Mindestmaß an rechtlichen Regelungen darstellen, die allein an das Zusammenleben als Paar anknüpfen und nicht von der rechtlichen Partnerschaftsform abhängen. Abgesehen davon, ob es verfassungsrechtlich möglich wäre7, ein Rechtsstatut für nichteheliche Lebensgemeinschaften ins Gefüge des deutschen und französischen Familienrechts einzugliedern, muss kritisch hinterfragt werden, ob dies dem Willen der Partner entspräche. Ein Blick auf andere europäische Rechtsordnungen mag zur Beantwortung der Frage beitragen. Dabei wird klar, dass es verschiedene Modelle gibt, welche zur Ausgestaltung nichtehelichen Zusammenlebens gewählt wurden. Die Argumente, die für und wider die dort gefundenen Lösungen sprechen, sollen in Abwägung gebracht werden und auf ihre Stichhaltigkeit im Hinblick auf die deutsche und französische Rechtsordnung untersucht werden. II. Vergleich mit anderen europäischen Rechtsordnungen Nicht nur in Deutschland und Frankreich, sondern auch in anderen europäischen Ländern hat sich die nichteheliche Lebensgemeinschaft zu einem „Mas senphänomen“ entwickelt. Henrich identifiziert in allen europäischen Ländern als gemeinsame Wurzel für diese Entwicklung die „Absage gegenüber allen gesellschaftlichen Zwängen, die Abkehr vom überkommenen Rollenverständnis der Geschlechter, die Einkehr der Privatautonomie in die familiären Beziehungen“8.
Vgl. u. a. Dethloff, DJT 2008 Gutachten A, S. 35. Lieb, DJT 1988 Gutachten A, S. 9, 12. 5 Vgl. Dethloff, DJT 2008 Gutachten A. 6 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 216. 7 Zur Vereinbarkeit mit dem besonderen Eheschutz aus Art. 6 GG kritisch von Koppenfels-Spies, JZ 2008, 801, 810. 8 Vgl. Henrich, FamRZ 2010, 333, 337. 3
4 Vgl.
A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts
225
In nordeuropäischen und westeuropäischen Ländern sind nichteheliche Lebensgemeinschaften besonders stark verbreitet: In Schweden leben beispielsweise mehr als 30 % der Paare nichtehelich zusammen, in England sind es 25 % der Paare, die ohne Trauschein zusammenleben9. Der Anstieg nichtehelicher Lebensgemeinschaften in fast allen europäischen Ländern hat auch dort zu einer zunehmenden Verrechtlichung der Beziehungen von nicht miteinander verheirateten Paaren geführt10. Die skandinavischen Länder waren dabei die Vorreiter11. Der Forderung nach mehr rechtlicher Anerkennung für gleichgeschlechtliche Paare ist der Gesetzgeber einerseits dadurch nachgekommen, dass Regelungen, die zuvor nur auf verschiedengeschlechtliche nichteheliche Paare anwendbar waren, auf gleichgeschlechtliche Lebensgefährten ausgedehnt wurden, und andererseits dadurch, dass eigene Rechtsinstitute für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen wurden. Nicht nur Deutschland, sondern auch die Schweiz und Großbritannien12 haben eine Partnerschaft institutionellen Typs für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen. In einigen Ländern, wie z. B. in Schweden und Slowenien, wurde das faktische Zusammenleben der Partner zum Anknüpfungspunkt für Reglungen gemacht, in anderen Ländern, wie z. B. in Belgien oder in den Niederlanden, wurden eigenständige Rechtsinstitute für nichteheliche Paare geschaffen, so dass Rechtswirkungen erst im Fall der Registrierung bzw. Unterzeichnung des Vertrages eintreten13. Der Inhalt und das Ausmaß der Rechtswirkungen hängt maßgeblich davon ab, ob als Anknüpfungspunkt allein das faktische Zusammenleben oder aber die Registrierung der Partnerschaft gewählt wird14. 1. Anknüpfungspunkt möglicher Regelungen: Das faktische Zusammenleben als Paar Die Länder, die das faktische Zusammenleben der Partner zum Anknüpfungspunkt gesetzlicher Regelungen machen, fordern eine Mindestdauer des Bestehens der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Auf diese Weise lassen sich dauerhafte und stabile Lebensgemeinschaften von flüchtigen Bekanntschaften abgrenzen. Henrich, FamRZ 2010, 333 f. Dethloff, Familienrecht, § 8, Rn. 43. 11 Vgl. Granet-Lambrecht, Dr. Famille n°1 2005, étude 2; NK-Familienrecht/Ring/OlsenRing, Länderbericht Skandinavien, Rn. 74 ff.; Dethloff, DJT 2008 Gutachten A, S. 36. 12 Vgl. Granet-Lambrecht, Dr. Famille n°1 2005, étude 2. 13 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 19 f. 14 Vgl. Scherpe/Yassari/Scherpe, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 6. 9 Vgl.
10 Vgl.
226
Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
Man will durch das Kriterium der Mindestdauer das Spannungsverhältnis zwischen den gesetzgeberischen Zielsetzungen – die Gewährung gesetzlichen Schutzes für den „wirtschaftlich“ schwächeren Partner auf der einen Seite und die Bewahrung weitgehender Privatautonomie für die Partner auf der anderen Seite15 – auflösen. Nur bei einer Mindestdauer der Partnerschaft kann sich überhaupt Vertrauen auf deren Fortbestand entwickeln sowie Vertrauen darauf, dass schützende Rechtsregeln den Partnern zugutekommen. Ist diese Mindestdauer noch nicht erreicht, ist es den Partnern jederzeit möglich, sich ohne rechtliche Konsequenzen wieder aus der Partnerschaft zu lösen. Wer aber dauerhaft eine nichteheliche Lebensgemeinschaft als Partnerschaftsform wählt und damit auch dem Staat gegenüber als Solidargemeinschaft in Erscheinung tritt, muss damit rechnen, dass hierdurch Rechtsfolgen generiert werden, die über den individuellen Willen der Partner hinausgehen. Es steht außer Frage, dass man dem Schutzauftrag für nichteheliche Paare höheren Stellwert als der Privatautonomie der Partner einräumt, wenn man das faktische Zusammenleben als Anknüpfungspunkt gesetzlicher Regelung nimmt. Weil mit Regelungen, die automatisch an das nichteheliche Zusammenleben knüpfen, ein erheblicher Eingriff in die Privatautonomie verbunden ist, ist es gerechtfertigt, eine Mindestdauer für die Partnerschaft zu fordern, die nicht unter zwei Jahren liegt. Die skandinavischen Rechtsordnungen haben diesen Ansatz verfolgt. In Schweden, wo das seit dem Jahr 1988 bestehende und 2003 reformierte Sambo-Gesetz Rechtsfolgen an das häusliche Zusammenleben nichtehelicher Lebenspartner knüpft, wird eine Mindestdauer von nur sechs Monaten verlangt, um weitreichende vermögensrechtliche Konsequenzen eintreten zu lassen16. Nach Trennung der Partner sieht die schwedische Regelung konkret eine hälftige Aufteilung von für den gemeinsamen Gebrauch angeschafften Gegenständen, insbesondere des Hausrats, vor17. Darüber hinaus findet bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft eine Güterteilung statt, die sich an das eheliche Güterrecht anlehnt18. Ähnlich sieht die Rechtslage nichtehelicher Paare im Nachbarland Norwegen aus. An das Zusammenleben nicht nur von Lebenspartnern, sondern auch von Freunden, Studenten, Verwandten etc., werden dann Rechtsfolgen geknüpft, wenn die häusliche Gemeinschaft mindestens zwei Jahre bestanden hat. Die 15 Vgl. Scherpe/Yassari/Scherpe, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 8. 16 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 19. 17 Vgl. Dethloff, Familienrecht, § 8, Rn. 47. 18 Vgl. NK- Familienrecht/Ring/Olsen-Ring, Länderbericht Skandinavien, Rn. 80.
A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts
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vermögensrechtliche Aufteilung bei Beendigung der Lebensgemeinschaft erfolgt dann nach Billigkeitsgesichtspunkten19. Weitergehende Regelungen zum vermögensrechtlichen Ausgleich bestehen in den spanischen Autonomen Regionen 20. In Katalonien entstehen die Ausgleichsansprüche dann, wenn die Partnerschaft (unión estable) mindestens zwei Jahre bestanden hat. Finanzieller Ausgleich wird unter der Voraussetzung gewährt, dass ein Partner während der Beziehung die Haushaltsführung übernommen hat oder für den anderen Partner unbezahlt im Betrieb mitgearbeitet hat, sofern auf diese Weise eine ungerechtfertigte Bereicherung des anderen Partners eingetreten ist21. In Katalonien besteht ein Nebeneinander von Rechtsregeln, die allein an das faktische Zusammenleben anknüpfen, und solchen, die von einer Registrierung der Partnerschaft abhängig sind. Seit dem Jahr 1998 haben gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare nämlich die zusätzliche Option, ihre Partnerschaft zu registrieren 22. An die Registrierung der Partnerschaft wiederum werden ähnliche Rechtsfolgen geknüpft wie beim französischen PACS23. In England gibt es derzeit noch keine gesetzliche Regelung zur nichtehelichen bzw. nichteingetragenen Lebensgemeinschaft24. Die Law Commission hat im Jahr 2007 eine erwähnenswerte Option für eine gesetzliche Regelung nichtehelicher Lebensgemeinschaften vorgeschlagen: Zwar wird an das faktische Zusammenleben der Partner angeknüpft, gleichwohl belässt man den nichtehelichen Partnern die Möglichkeit eines opt-out, d. h. dass sie die gesetzlichen Wirkungen des Zusammenlebens ausdrücklich ausschließen können 25. Aber auch die Option des opt-out greift stärker in die Privatautonomie der Partner ein als die Anknüpfung an einen Registrierungsakt. Im ersten Fall werden nämlich die nichtehelichen Partner zu einer – wenn auch negativen – Willensentscheidung gezwungen, um die gesetzlichen Folgen ihres Zusammenlebens auszuschließen. In der zweiten Alternative können die Partner durch die Registrierung ihre Partnerschaft publik machen und sich damit positiv für die rechtlichen Konsequenzen entscheiden, sie müssen es aber nicht.
19 Vgl. Uhlenbrock, Gesetzliche Regelungen für nichteheliche Lebensgemeinschaften in Deutschland und Frankreich, S. 5; Verschraegen, FamRZ 2000, 65, 67. 20 Vgl. Dethloff, Familienrecht, § 8, Rn. 47. 21 Vgl. Bammel, Zur Abwicklungsproblematik nichtehelicher Lebensgemeinschaften aus rechtsvergleichender Sicht, S. 80. 22 Vgl. Dethloff, Familienrecht, § 7, Rn. 55. 23 Vgl. Verschraegen, FamRZ 2000, 65, 68. 24 Vgl. NK-Familienrecht/Woelke, Länderbericht England und Wales, Rn. 30. 25 Vgl. Henrich, FamRZ 2010, 333 f.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
In der slowenischen Rechtsordnung werden die umfassendsten Folgen an das faktische Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft geknüpft. Im vermögensrechtlichen Bereich bestehen im Hinblick auf die Rechtsfolgen kaum Unterschiede, ob die Partner dauerhaft nichtehelich zusammenleben oder heiraten. Bemerkenswert ist dabei, dass diese Wirkungen nur für eine nichteheliche Lebensgemeinschaft verschiedengeschlechtlicher Partner gelten. Voraussetzung für den Eintritt vermögensrechtlicher Folgen ist, dass die Partnerschaft von einer gewissen Dauer ist. Eine bestimmte zeitliche Eingrenzung für die Partnerschaft gibt es allerdings nicht. Diese weitreichenden Rechtsfolgen, die an das faktische Zusammenleben von zwei Personen in Slowenien geknüpft werden, lassen sich von diesen weder durch zweiseitige noch durch einseitige Erklärung ausschließen, sondern treten automatisch ein 26. 2. Anknüpfungspunkt möglicher Regelungen: Die Registrierung der Partnerschaft Nicht nur in Frankreich, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern wurden inzwischen Rechtsinstitute partnerschaftlichen Zusammenlebens geschaffen, die hinsichtlich der Regelungsintensität zwischen der Ehe auf der einen Seite und dem nichtehelichen formlosen Zusammenleben auf der anderen Seite einzuordnen sind. Die Gesetzgeber in diesen Ländern haben damit für Partnerschaften außerhalb der Ehe zwei Alternativen geschaffen: Zum einen die faktische nichteheliche Lebensgemeinschaft, der zwar punktuell gesetzlicher Schutz geboten wird, bei der aber der Wille der Partner respektiert wird, ihre Partnerschaft außerhalb eines vordefinierten Rechtsstatuts auszugestalten 27, und zum anderen die registrierte Partnerschaft mit konkret ausgestaltetem Rechtsstatut für die Partner. Hinsichtlich der Rechtswirkungen weisen die registrierten Partnerschaften in den einzelnen Ländern deutliche Unterschiede auf. Ähnlich wie beim deutschen Lebenspartnerschaftsgesetz wird in denjenigen Ländern weitgehend auf das Eherecht verwiesen, deren Gesetzgeber die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften zum Ziel hatten. In diesen Ländern wurden zumeist Rechtsinstitute institutionellen Typs geschaffen, die in ihren Wirkungen der Ehe sehr nahekommen und nur Paaren gleichen Geschlechts offenstehen.
26 Vgl. Buschbaum, RNotZ 2010, 73, 78 f.; Scherpe/Yassari/Rijavec/Kraljic, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 376. 27 Vgl. Granet-Lambrecht, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 377.
A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts
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Vorreiter waren hier abermals die skandinavischen Länder28. In Dänemark wurde mit Wirkung zum 1. Oktober 1989 die registrierte Partnerschaft eingeführt, in Norwegen, Schweden und Island vollzog sich die gleiche Entwicklung in den 1990er Jahren 29. Dass die registrierte Partnerschaft in den skandinavischen Ländern als Institution begriffen wurde, lässt sich daran erkennen, dass durch ihre Eingehung der Personenstand der Partner geändert wurde. Zudem sind die Rechtswirkungen der Partnerschaft mit den Wirkungen der Ehe weitgehend identisch30. Niederlande führte mit Wirkung zum 1. Januar 1998 die geregistreerd partnerschap ein31. Die registrierte Partnerschaft niederländischen Rechts unterscheidet sich dadurch von den skandinavischen Partnerschaften, dass deren Eingehung sowohl gleichgeschlechtlichen Paaren als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren möglich ist32. Inhaltlich bestehen bis auf die einfachere Beendigungsmöglichkeit – durch einvernehmliche Erklärung vor dem Standesbeamten ohne gerichtliches Verfahren – kaum Unterschiede zur Ehe33. Statistische Erhebungen legen die Erwartung nahe, dass ein Zusammenlebensmodell mit solch weitgehenden Rechtswirkungen, wie sie das deutsche Lebenspartnerschaftsgesetz und die niederländische registrierte Partnerschaft vorsehen, für Paare verschiedenen Geschlechts keine reizvolle Alternative zur Ehe darstellt. In den Niederlanden lassen nur 7 % der heterosexuellen Paare ihre Partnerschaft registrieren, 93 % der Paare ziehen dagegen die Ehe als Form partnerschaftlichen Zusammenlebens vor34. Aus dieser Beobachtung lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, dass eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) auf verschiedengeschlechtliche Paare – die verfassungsrechtlichen Hindernisse einmal außen vor gelassen – keinen Mehrwert für die deutsche Rechtsordnung darstellen würde. Die Erfolgsquote des PACS, dem immerhin 20 % der heterosexuellen Paare gegenüber der Ehe den Vorzug geben, belegt demgegenüber den Erfolg einer Partnerschaftsform, die zwar ähnlich wie die Ehe steuerliche und sozialrechtliche Vergünstigungen gewährt, den Partnern aber gerade keine Verpflichtungen 28 Vgl. Granet-Lambrecht, Des concubinages. Droit interne, droit international, droit comparé, S. 377 f. 29 Vgl. NK-Familienrecht/Ring/Olsen-Ring, Länderbericht Skandinavien, Rn. 74-76. 30 Vgl. Granet-Lambrecht, Dr. Famille n°1 2005, étude 2. 31 Vgl. NK-Familienrecht/Klüsener, Länderbericht Niederlande, Rn. 102. 32 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 20. 33 Vgl. Scherpe/Yassari/Scherpe, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S.9; Buschbaum, RNotZ 2010, 73, 76. 34 Vgl. Kroppenberg/Schwab/Heinrich/Gottwald/Spickhoff/Breemhaar, Rechtsregeln für nichteheliches Zusammenleben, S. 97, 101.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
für den Trennungsfall aufbürdet und sich durch die jederzeitige Beendigungsmöglichkeit klar von der Ehe abgrenzen lässt35. Als weitere registrierte Partnerschaftsform, die bewusst im Abstand zur Ehe geschaffen wurde und damit nur begrenzte familienrechtliche Wirkungen hat, ist die in Belgien im Jahr 2000 in Kraft getretene Cohabitation légale zu nennen36. PACS und Cohabitation légale ist gemeinsam, dass beide Partnerschaftsformen vom ursprünglichen Konzept her weniger Institution als vielmehr vertraglichen Typs sind 37. Vor dem Hintergrund dieser Unterscheidung haben die Balearen einen interessanten Mittelweg eingeschlagen. Dabei sei vorab erwähnt, dass in Spanien keine einheitliche Regelung für registrierte Partnerschaften existiert. Mehrere autonome Regionen Spaniens haben aber auf föderaler Ebene eigene Regelungen zu registrierten Partnerschaften erlassen38 – so die Balearen. Durch das balearische Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 wurde ein Rechtsinstitut eingeführt, das sich zwischen den Partnerschaften institutionellen und vertraglichen Typs einordnen lässt39. Ziel des balearischen Gesetzgebers war zum einen der Schutz der nichtehe lichen Familie, zum anderen aber auch die Gleichstellung homo- und hetero sexueller Paare. Das Rechtsinstitut für parelles estables, was mit stabilen Partnerschaften übersetzt werden kann, orientiert sich hinsichtlich der Eingehungsvoraussetzungen (sowohl Gleich- als auch Verschiedengeschlechtlichkeit, Registrierung im Partnerschaftsregister, wirksame Willenserklärungen) deutlich am PACS, geht aber im Hinblick auf die Rechtswirkungen signifikant weiter als das französische Rechtsinstitut hin zu einer weitgehenden Annäherung an die Ehe. Vergleichbar mit dem PACS werden bei der balearischen registrierten Partnerschaft Unterhaltsansprüche während des Bestehens der Partnerschaft vorgesehen; entscheidender Unterschied zum PACS ist aber, dass das balearische Lebenspartnerschaftsgesetz eine zeitlich begrenzte regelmäßige Pensionszahlung sowie einen wirtschaftlichen Ausgleich zwischen den Partnern nach Beendigung der Partnerschaft vorsieht. Auch bei Beendigung der Partnerschaft durch Tod geht die Regelung zu den parelles estables über die des PACS hinaus. Die Eingehung des PACS bewirkt nicht, dass die Partner ein gesetzliches Erbrecht erlangen. Im balearischen Lebenspartnerschaftsgesetz wird dagegen die gesetzliche Erbfolge für den überlebenden Partner festgelegt. Auf diese Weise wird Henrich, FamRZ 2010, 333. Buschbaum, RNotZ 2010, 73, 77. 37 Vgl. Granet-Lambrecht, Dr. Famille n°1 2005, étude 2. 38 Vgl. Granet-Lambrecht, Dr. Famille n°1 2005, étude 2. 39 Vgl. zur balearischen Partnerschaft Gergen, FPR 2010, 214 ff. 35 Vgl.
36 Vgl.
A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts
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der Schutzzweck im balearischen Partnerschaftsgesetz stärker verfolgt als der französische Solidaritätsgedanke beim PACS. Obwohl das balearische Lebenspartnerschaftsgesetz in wesentlichen Punkten keine Differenzierung zur Ehe aufweist, ist das Rechtsinstitut auch bei heterosexuellen Paaren beliebt. Diese Annahme kann statistisch belegt werden, denn nur rund 20 % der Paare, die eine balearische Lebenspartnerschaft eingehen, sind homosexuell40. Als Fazit lässt sich aus der rechtsvergleichenden Betrachtung verschiedener europäischer Rechtsordnungen ziehen, dass für die Ausgestaltung nichtehelichen Zusammenlebens mehrere Optionen infrage kommen, die in einigen Ländern auch nebeneinander zur Anwendung gebracht werden: Auf hierarchisch höchster Stufe steht die registrierte Partnerschaft institutionellen Typs, die per Definition zwar keine Ehe ist, jedoch quasi identische Rechtswirkungen zur Ehe aufweist. Rechtsordnungen, die die gleichgeschlechtliche Ehe nicht zulassen, bieten damit homosexuellen Paaren die Möglichkeit, ihr nichteheliches Zusammenleben rechtlich zu verfestigen und Diskriminierungen ihnen gegenüber abzubauen. Auf der Ebene darunter findet sich eine registrierte Partnerschaft vertraglichen Typs, deren Rechtswirkungen deutlich begrenzter sind als bei der Ehe und die sich durch eine leichtere Auflösungsmöglichkeit charakterisieren lässt. Vom persönlichen Anwendungsbereich ist diese Partnerschaft zumeist Partnern unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung geöffnet und stellt damit eine echte Alternative zur Ehe dar für Paare, die sich nicht derart weitgehend binden wollen. Schließlich wird an das faktische nichteheliche Zusammenleben in einigen Rechtsordnungen eine Vielzahl von Rechtsfolgen geknüpft, so dass man dort bereits von einem eigenen Rechtsstatut für nichteheliche Lebensgemeinschaften sprechen kann. Das Schicksal der während der Partnerschaft – insbesondere für den gemeinsamen Haushalt – angeschafften Güter wird gesetzlich festgelegt, und vereinzelt werden auch Ausgleichsansprüche für eine während der Beziehung asymmetrische Rollenverteilung kodifiziert. Bezogen auf die deutsche und französische Rechtsordnung lässt sich vergleichend subsumieren, dass für Deutschland eine registrierte Partnerschaft institutionellen Typs, für Frankreich eine registrierte Partnerschaft vertraglichen Modells geschaffen wurde. Schon vor dem Hintergrund, dass verschiedengeschlechtliche Paare keine registrierte Partnerschaft eingehen dürfen, ist für Deutschland nur ein Teilbereich des nichtehelichen Zusammenlebens rechtlich verankert. In Frankreich können demgegenüber auch heterosexuelle Paare einen PACS abschließen, der Anwendungsbereich der registrierten Partnerschaft 40 Vgl.
Gergen, FPR 2010, 214 ff.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
ist damit weiter. Aber auch in der französischen Rechtsordnung gibt es daneben faktisches nichteheliches Zusammenleben (concubinage) ohne spezielles Vermögensregime. Das Ausgleichsregime, das an die faktische, dauerhaft bestehende nichteheliche Lebensgemeinschaft anknüpft und in einigen skandinavischen Ländern, Slowenien und in einigen autonomen Regionen Spaniens bereits praktiziert wird, könnte ebenfalls als Lösungsmodell für vermögensrechtliche Konflikte in Deutschland und Frankreich in Betracht kommen. III. Argumente gegen die Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften Gegen die Einführung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften (concubins) lassen sich sowohl Argumente anführen, die sich aus der gesellschaftlichen Realität nichtehelicher Lebensgemeinschaften ergeben, als auch solche, die den Willen der Betroffenen fokussieren, sich weitgehenden Bindungen zu entziehen. Schließlich gibt es normative, aus dem besonderen verfassungsrechtlichen Eheschutz hergeleitete Gründe, die gegen eine der Ehe oder der registrierten Partnerschaft vergleichbare Verrechtlichung nichtehelicher Lebensgemeinschaften sprechen. Anknüpfend an die gesellschaftliche Realität ließe sich zunächst die Vielgestaltigkeit der partnerschaftlichen Formen des Zusammenlebens von nicht verheirateten Menschen gegen die Kodifizierung eines für sie einheitlichen Rechtsstatuts anführen41. Von der unverbindlichen Gelegenheitsbekanntschaft über die ehebrecherische Affäre bis hin zur als Ehesubstitut gelebten Lebensgemeinschaft finden sich alle Ausprägungen in der modernen Gesellschaft. Ein Rechtsstatut für nichteheliche Lebensgemeinschaften könnte daher nicht die Gesamtheit dieser Beziehungen umfassen. Dieses Argument kann erstens dadurch entkräftet werden, dass Regelungsbedarf nicht für jede Art nichtehelichen Zusammenlebens gesehen wird, sondern in erster Linie für solche „eheähnlichen“ Lebensgemeinschaften, bei denen es aufgrund einer Verteilung zwischen Familien- und Erwerbsarbeit bei Beziehungsende zu einem erheblichen wirtschaftlichen Ungleichgewicht gekommen ist42. Zweitens ist es bereits dem französischen Gesetzgeber gelungen, durch die Einführung der Definition in den Code civil eine einzige der verschiedenen Ausprägungen nichtehelicher Lebensgemeinschaften zu fokussieren: Die Vgl. zum Versuch einer Typenbildung nichtehelicher Lebensgemeinschaften Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 2, Rn. 18. 42 Vgl. Dethloff, Gutachten A DJT 2008, S. 143. 41
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nichteheliche Lebensgemeinschaft, wie sie Eingang in den Code civil43 gefunden hat, grenzt sich durch ihre Stabilität, Dauerhaftigkeit und Monogamie von anderen denkbaren Beziehungsmustern ab und verdient dahingehend besonderen Schutz durch die Rechtsordnung. Auch die deutschen Gerichte ziehen im Wesentlichen die gleichen Kriterien wie der französische Gesetzgeber für die Charakterisierung „der nichtehelichen Lebensgemeinschaft“ heran44. Insofern ist die Einführung einer Definition und daran anknüpfend die Regelung von Rechtswirkungen für nichteheliche Lebensgemeinschaften durchaus denkbar. Als zweites Argument gegen die Einführung eines Rechtsstatuts für nicht eheliche Lebensgemeinschaften spricht, dass nichteheliche Paare gerade keine der Ehe vergleichbaren Bindungen anstreben. Ein Rechtsstatut, welches allein an das faktische Zusammenleben knüpft und umfassende Rechte und Pflichten generiert, beschränkt die Autonomie der Partner, ein ihren Wünschen entsprechendes Partnerschaftsmodell zu wählen. Entsprechend dem Pluralismus der in der Praxis anzutreffenden Lebensgemeinschaften variiert auch der Bindungswille der Partner. An die Ehe, die gleichermaßen Vertrag und Institution ist, knüpfen sich deshalb die weitestgehenden Rechtsfolgen, weil sie auf unbegrenzte Dauer – auf Lebenszeit – angelegt ist. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft orientiert sich diesbezüglich an der Ehe, ist vom personellen Anwendungsbereich aber auf gleichgeschlechtliche Paare begrenzt. Der PACS dagegen, ursprünglich als vertragliche Gemeinschaft erdacht, lässt den Partnern die fundamentale Freiheit, sich jederzeit und einseitig aus dieser Gemeinschaft wieder zu lösen. Im Hinblick auf die vermögensrechtliche Ausgestaltung ihres PACS sind die Partner lediglich an die Grenzen des ordre public gebunden. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft (concubinage) ist eine Gemeinschaft ohne festen rechtlich gesteckten Rahmen– und diese rechtliche Bindungslosigkeit ist in vielen Fällen von den Partnern auch gewollt45. In der Konsequenz kann also nicht durch eine Angleichung, sondern durch echte Autonomie von Ehe, registrierter Partnerschaft und nichtehelicher Lebensgemeinschaft der individuellen Freiheit der Partner in geeigneter Weise Rechnung getragen werden46. Schließlich sprechen gewichtige verfassungsrechtliche Einwände gegen die Einführung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften. Die Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Paare könnte die verfassungsrechtlich hervorgehobene Stellung der Ehe gefährden. Knüpft man nämlich Regelungen an das bloße Zusammenleben als Paar, so erscheint fraglich, 43
Vgl. Art. 515 – 8 C.civ. Vgl. u. a. BVerfGE 87, 234 = NJW 1993, 643, 645 ff.; BGHZ 121, 116 = NJW 1993, 999. 45 Vgl. Delmas Saint-Hilaire, La Semaine Juridique Edition Générale n°24 2010, 653; von Koppenfels-Spies, JZ 2008, 801, 810. 46 Vgl. Blough, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19. 44
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warum die Rechtsfolgen für Ehe und nichteheliche Lebensgemeinschaft unterschiedlich ausfallen sollten. Im Hinblick auf das in beiden Rechtsordnungen verfassungsrechtlich gebotene Gleichbehandlungsprinzip47 könnte eine Angleichung von nichtehelicher Lebensgemeinschaft und Ehe sogar geboten sein. Wenn zwei Personen als Paar dauerhaft und monogam zusammenleben und Verantwortung füreinander tragen, warum sollten dann staatliche Begünstigungen davon abhängig gemacht werden, ob die Paare zum Standesamt gegangen sind oder nicht – so ließe sich argumentieren. Andererseits gibt es sachliche Gründe, die für eine Privilegierung von Ehen und registrierten Partnerschaften gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften sprechen. Nur Ehegatten und Partner einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft tragen rechtlich verbindlich Verantwortung füreinander48. Diese „rechtliche“ Verbindlichkeit besteht bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht. Diese Differenzierung rechtfertigt es, staatliche Begünstigungen denjenigen Paaren vorzubehalten, die Solidarität nicht nur faktisch leben, sondern sich rechtlich dazu verpflichten. Ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot liegt nicht vor. Umgekehrt verstieße es aber gegen Art. 6 GG, wie das Bundesverfassungsgericht49 klargestellt hat, wenn der Gesetzgeber in Konkurrenz zur Ehe ein anderes Rechtsinstitut mit derselben Funktion schüfe und es etwa mit gleichen Rechten und geringeren Pflichten versähe, so dass beide Institute austauschbar wären. Aus dieser Rechtsprechung folgt, dass ein Rechtsinstitut, das allein das faktische Zusammenleben der Partner zum Anknüpfungspunkt machte und eine umfassende Gleichstellung mit der Ehe bewirkte, verfassungswidrig wäre. Diese Option scheidet mithin für die deutsche Rechtsordnung aus. Die verfassungsrechtliche Grenze des Art. 6 GG bedeutet allerdings nicht, dass jegliche weitere Verrechtlichung nichtehelicher Paarbeziehungen zu unterbleiben hat. Es könnten punktuell Regelungen für nichteheliche Paare geschaffen werden, welche deren Vermögensauseinandersetzung gestalten, Schutz für den wirtschaftlich schwächeren Partner bewirken, und gleichzeitig einen Abstand zu ehelichem Güterrecht, Unterhaltsrecht und Versorgungsausgleich wahren. . Die Diskussion für und wider die umfassende Verrechtlichung nichtehelicher Lebensgemeinschaften ist nicht neu. Bereits beim Deutschen Juristentag von 1988 hat man sich dagegen entschieden, eine umfassende Kodifizierung zu Vgl. Art. 3 GG; Art. 1 der Déclaration des Droits de l’Homme et du Citoyen de 1789. Vgl. dazu BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7.07.2009 – 1 BvR 1164/07 Rn. 102 = BVerfGE 124, 199. 49 Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.07.2001 BvF 1/01 = BVerfE 105, 313; Emmenegger/Wiedmann/Sanders, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 362. 47 48
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empfehlen50. Zwei Argumente waren für diese Einschätzung damals entscheidend. Erstens sollte die Ehe als einzige Form partnerschaftlichen Zusammen lebens mit umfassender Verrechtlichung und einzigartigen Privilegierungen erhalten bleiben. Daneben sollte keine „Ehe zweiter Klasse“51 geschaffen werden. Und zweitens wurde argumentiert, dass eine Verrechtlichung nichtehelicher Beziehungen dem Willen nichtehelicher Paare zumeist widerspräche, zumal diese derart weitgehende Bindungen gerade nicht eingehen möchten52. Zum zweiten Argument wurde bereits Stellung bezogen. Wie sieht es aber mit dem befürchteten Bedeutungsverlust für die Ehe aus? Dadurch, dass sich in der Praxis immer weniger Paare für die Eheschließung entscheiden und gleichzeitig mehr Ehen geschieden werden, ist das Fundament der Ehe als gesellschaftlich dominierende Partnerschaftsform bereits tangiert53. Dadurch, dass neben der Ehe moderne Rechtsinstitute in Form von registrierten Partnerschaften in die Rechtsordnungen eingeführt wurden, ist auch die Monopolstellung als rechtlich verfestigte Partnerschaftsform bereits gefallen. Würde also ein weiteres Rechtsinstitut anknüpfend an das faktische Zusammenleben – in den Grenzen des verfassungsrechtlich Möglichen – überhaupt noch eine Gefahr für die Ehe darstellen, wie bisweilen befürchtet wird54? Die Gefahr des Bedeutungsverlustes der Ehe besteht jedoch weder bei der Kodifizierung von Vermögensausgleichsansprüchen bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften noch bei der Schaffung einzelner Schutzvorschriften für den wirtschaftlich schwächeren Partner. Der stabile rechtliche Rahmen, den Paare ihrer Beziehung mit der Eingehung der Ehe geben wollen55, lässt sich – selbst wenn man Ausgleichsansprüche für nichteheliche Paare kodifizierte – durch das Führen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht erreichen. Dies ist den Paaren bewusst. Zu einem Bedeutungsverlust der Ehe käme es nicht durch eine partielle Verrechtlichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, sondern nur dann, wenn eine weitgehende Angleichung von Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft erfolgte. Diese hat allerdings – wie bereits gezeigt – schon aus verfassungsrechtlichen Gründen zu unterbleiben. 50
Vgl. Beschlüsse des 57. Deutschen Juristentages, NJW 1988, 2998. Hohloch, Familienrecht, § 32, Rn. 1115. 52 Vgl. Hohloch, Familienrecht, § 32, Rn. 1112. 53 Vgl. Holzhauer, JZ 2009, 492. 54 Vgl. Hohloch, Familienrecht, § 3, Rn. 74; Holzhauer, JZ 2009, 492, 497. 55 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 25: 86 % der verheirateten Frauen, 83 % der verheirateten Männer geben an, dass sie geheiratet haben, um der Partnerschaft einen festen Rahmen zu geben. 68 % der befragten Frauen bzw. 63 % der befragten Männer geben sogar an, mit Eingehung der Ehe der Partnerschaft einen rechtlichen Rahmen geben zu wollen. 51 Vgl.
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Als Zwischenfazit lässt sich ziehen, dass in der deutschen und französischen Rechtsordnung gute Argumente gegen eine umfassende, mit der Ehe vergleichbare Verrechtlichung nichtehelicher Paarbeziehungen sprechen. Diese Argumente schließen andererseits das Bedürfnis nach punktuellen gesetzlichen Regelungen zum Schutz nichtehelicher Lebensgemeinschaften nicht aus. Insbesondere die Forderung, Ausgleichsansprüche für die besondere Konstellation der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften zu schaffen, lässt sich durch die dargelegten Argumente nicht beseitigen56. IV. Argumente für die Kodifizierung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften Für die Einführung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften, welches die vermögensrechtliche Auseinandersetzung fokussiert, sprechen folgende Argumente: Erstens treffen Rechtsprobleme, die gerade durch das faktische, dauerhafte Zusammenleben als Paar bzw. die Beendigung der Zusammenlebensgemeinschaft entstehen, alle Partnerschaften gleichermaßen –, und zwar unabhängig von ihrem rechtlichen Statut sowie unabhängig davon, ob die Partner gleichen oder verschiedenen Geschlechts sind. Gemeinsam angeschaffte Güter müssen aufgeteilt werden, verbleibende Forderungen, die sich während des Zusammenlebens ergeben haben, müssen einer gegenseitigen Aufrechnung zugeführt werden etc. Um diesen Rechtsproblemen mit einer adäquaten Lösung zu begegnen, die sich durch Anwendung allgemeiner zivilrechtlicher Bestimmungen oftmals nicht finden lässt, besteht Bedarf, bereits vorhandene Regelungen für Ehepaare und für Partner einer registrierten Partnerschaft auf faktische nichteheliche Lebensgemeinschaften auszudehnen. Diesen Gedankengang weitergehend schlägt Labbée in seinem Werk „Le droit commun du couple“ vor, ein Minimum an gemeinsamen Rechtsregeln für alle Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens einzuführen57. Um ein derartiges Regelungskonzept schaffen zu können, bedarf es eines kleinsten gemeinsamen Nenners zwischen Ehe, registrierter Partnerschaft und nichtehelicher Lebensgemeinschaft58 . Dieser kleinste gemeinsame Nenner ist das faktisch gegebene Zusammenleben als Paar (la vie commune). Für alle drei Partnerschaftsformen umfasst das Zusammenleben als Paar eine umfassende Lebensgemein56 Vgl. bereits Beschlüsse zum 57. Deutschen Juristentag NJW 1988, 2998; Staudinger/ Löhnig, Anh. zu §§ 1297 ff., Rn. 17. 57 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple; dieser Ansatz wird auch von Blough diskutiert, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19. 58 Vgl. Philippe, Dr. Famille n° 1 2007, étude 3.
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schaft im Sinne „einer Gemeinschaft von Tisch und Bett“59. Davon lassen sich wiederum solche Lebensgemeinschaften abgrenzen, die zwischen Verwandten oder Freunden bestehen bzw. reine Wohngemeinschaften sind60. Zum Teil dürfte ein solches Mindestmaß gemeinsamer Rechtsregeln nach geltendem Recht bereits bestehen, wenn auch nicht an einheitlicher Stelle im Gesetz systematisiert sein. Labbée zeigt in seinem Werk „Le droit commun du couple“ auf, inwieweit im französischen Recht die unterschiedlichen Partnerschaftsformen bereits einander angeglichen sind. So stellt beispielsweise das Inzestverbot ein Begründungshindernis für die Ehe und die registrierten Partnerschaftsformen dar61, bei der nichtehelichen Lebensgemeinschaft (concubi nage) würden rechtliche Begünstigungen einem inzestuös zusammenlebenden nichtehelichen Paar verwehrt62. Ebenso verhält es sich bezüglich eines gesetzlichen Mindestalters, welches gefordert wird, um die Partnerschaft eingehen zu können63. Zwar findet sich in der Definition des concubinage keine Altersbestimmung, ein dauerhaftes Zusammenleben als Paar erscheint aber bei Minderjährigen kaum denkbar64. Nicht nur bei den Eingehungsvoraussetzungen, sondern auch bei den Rechtswirkungen und Beendigungsgründen lassen sich Parallelen zwischen den drei Partnerschaftsformen ziehen. So sei es nur konsequent, dass die vermögensrechtliche Auseinandersetzung, die sich aus dem Zusammenleben als Paar ergibt, seit dem Gesetz vom 12 Mai 200965 für Ehe, PACS und concubinage einheitlich beim Familienrichter durchgeführt wird66. Bei allen drei Partnerschaftsformen zeigt Labbée als Gemeinsamkeit auf, dass das Zusammenleben als Paar in vielfältiger Weise durch vertragliche Regelungen bestimmt ist – selbst die Ehe hat seiner Ansicht nach den institutionellen Charakter verloren, der PACS ist ohnehin eine registrierte Partnerschaft vertraglichen Ursprungs und auch beim concubinage ist die vertragliche Regelung der Beziehung denkbar67. Gerade in Bezug auf die Regelungen mit vertraglichem Kern sieht er eine Basis für eine Vereinheitlichung aller drei Partnerschaftsformen.
Labbée, Le droit commun du couple, S. 98; Brigant, Dr. Famille 2011, étude 3. Vgl. diese Abgrenzung auch bei Dethloff, Gutachten A DJT 2008, S. 145. 61 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 38 62 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 40 f. 63 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 47. 64 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 49. 65 L. n° 2009-526 vom 12.05.2009. 66 Vgl. Labbée, AJ Famille 2009, 345. 67 Vgl. Labbée, Le droit commun du couple, S. 211 f.; Labbée, AJ Famille 2008, 112. 59 Vgl. 60
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Einen Schritt in Richtung droit commun du couple ist der französische Gesetzgeber mit der Ausdehnung der Gewaltschutzregelungen68 auf PACS-Partner und concubins gegangen. Diese galten bis dato nur für Eheleute. Gesetzestechnisch hat der französische Gesetzgeber im Anschluss an die Definition des concubinage Gewaltschutzregelungen in den Code civil eingefügt (Art. 515-9 bis Art. 515-13 C.civ.), die für alle Partnerschaftsformen gelten, und gleichzeitig die bisher ausschließlich für Eheleute anwendbare Regelung abgeschafft (Art. 2201 al. 3 C.civ.). Ein weiterer Schritt im Hinblick auf ein gemeinsames Partnerschaftsrecht (droit commun du couple) könnte durch die Schaffung eines für alle Paare vereinheitlichten Mietvertrages (bail conjugal d’habitation) gemacht werden, der einerseits per Gesetz eine solidarische Haftung beider Partner für Mietzinsraten begründen könnte – bislang haften nur Eheleute und PACS-Partner solidarisch für Mietschulden – und andererseits den mietrechtlichen Schutz beider Partner gewährleisten würde, der bisher für unverheiratete Paare nicht in gleichem Maße wie für Eheleute besteht. So erhält beispielsweise der Ehegatte, der selbst nicht den Mietvertrag unterzeichnet hat, automatisch die Stellung einer Vertragspartei, bzw. eines „Mitmieters“ per Gesetz (Art. 1751 C.civ.) mit der Folge, dass auch ihm gegenüber die Kündigung des Mietverhältnisses erklärt werden muss69. Labbée identifiziert die vermögensrechtliche Auseinandersetzung als den Bereich, in dem es als erstes zu einem gemeinsamen Partnerschaftsrecht (droit commun du couple) kommen sollte und schlägt als anwendbares „güterrechtliches“ Regime die Gütertrennung (séparation de biens) für alle Partnerschaftsformen vor70. Der gemeinsame Sockel für ein gemeinsames Güterrecht wäre vorhanden: Bei der Ehe ist die séparation de biens einer der Wahlgüterstande, beim PACS kommt Gütertrennung zur Anwendung, wenn die Partner nichts anderes vereinbaren und zwischen concubins besteht de facto Vermögenstrennung, ohne dass dies gesetzlich geregelt wäre. Allerdings lässt sich gegen Labbées Vorschlag erstens die Schutzbedürftigkeit des wirtschaftlich schwächeren Partners anführen, der im Vertrauen auf die Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten seine eigene Erwerbstätigkeit für Haushaltsführung- und Kindererziehung hinten anstellt. Diese Rollenverteilung existiert unabhängig von der Partnerschaftsform. Gegen die Gütertrennung als gesetzlichen Ehegüterstand spricht im Übrigen, 68 Vgl. L.n°2010-769 vom 9.07.2010, Anm. Larribau-Terneyre, Dr. Famille n°10 2010, comm. 142. 69 Vgl. Brigant, Dr. Famille n°1 2011, étude 3. 70 Vgl. Labbée, AJ Famille 2008, 112.
A. Chancen und Grenzen der Kodifizierung eines Rechtsstatuts
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dass Ehegatten mehrheitlich davon ausgehen71 und es in der Regel auch anstreben, ab Eheschließung gemeinsames Vermögen zu bilden. Sie eröffnen ein gemeinsames Konto, sie erwerben das Familienheim zu hälftigem Miteigentum – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Die Vermögenstrennung liefe diesem Willen entgegen. Abgesehen davon lässt sich jedoch aus Labbées Ansatz ableiten, dass die vielen Übereinstimmungen von Ehen, registrierten Partnerschaften und nichtehelichen Lebensgemeinschaften auch im Hinblick auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung vergleichbare Lösungen ermöglichen. Auch in der Literatur in Deutschland gibt es Stimmen, die eine weitergehende Verrechtlichung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft befürworten. Systematisch sollen die Regelungen für nichteheliche Lebensgemeinschaften im Familienrecht verortet werden72 , was in Frankreich bereits geschehen ist. Sowohl PACS als auch concubinage sind im ersten Buch des Code civil mit dem Titel „Des personnes“ verortet – gemeinsam mit dem Ehe- und Scheidungsrecht und anderen Regelungen des Familienrechts wie beispielsweise dem Sorge- und Kindschaftsrecht. Durch eine umfassende Kodifizierung ließe sich das inkohärente Nebeneinander von Gesetzesrecht und Richterrecht beenden73 – so die Befürworter einer Kodifikation. Ein diesbezüglicher Gesetzesentwurf der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen aus dem Jahr 199774 wurde zwar nicht beschlossen, die Idee wurde jedoch nicht aufgegeben. Der Regelungsbedarf ergebe sich vor allem aus Defiziten des geltenden Rechts: Die analoge Anwendung des Eherechts, die teilweise bejaht, teilweise abgelehnt wird, das Fehlen einer vermögensrechtlichen Ausgleichsregelung für den Fall der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft sowie der fehlende Schutz für den haushaltsführenden Partner stellten eine unbefriedigende Gesamtsituation für unverheiratete Paare dar, welche nur durch eine klare gesetzliche Regelung für nichteheliche Lebensgemeinschaften behoben werden könne – so die Argumentation75. Gerade das zuletzt genannte Argument ist bestechend. Nichteheliche Lebensgemeinschaften mit Kindern werden nicht nur immer zahlreicher, auch kommt 71 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 49: 89 % der Befragten glauben, dass alles, was während der Ehe erwirtschaftet wurde, beiden Partnern gleichermaßen gehört. 72 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 18. 73 Vgl. Schumacher, FamRZ 1994, 857, 864. 74 Vgl. BT-Drucks 13/7228 Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften (NeLgG) vom 14.03.1997. 75 Vgl. MüKo/Wellenhofer, Nach § 1302, Rn. 18.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
es in ihnen genau wie bei Ehen zur arbeitsteiligen Aufgabenaufteilung zwischen Beruf und Karriere auf der einen Seite und Haushaltsführung und Kinderbetreuung auf der anderen Seite. Bei Beendigung der Lebensgemeinschaft treten infolgedessen Disparitäten im Hinblick auf das während der Lebensgemeinschaft gebildete Vermögen, erworbene Versorgungsanwartschaften und auch hinsichtlich der künftigen Erwerbsfähigkeit auf76. Wie bei Ehen sind es auch bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften insbesondere die Frauen, die sich vermehrt um Haushaltsführung und Kinderbetreuung kümmern und ihre Arbeitszeit reduzieren, wenn Kinder geboren werden. Aus gleichstellungspolitischer Sicht ist es –, und zwar unabhängig davon, ob die Paare verheiratet sind oder nicht – nicht hinnehmbar, dass nur einer der Partner die negativen Konsequenzen einer einvernehmlich getroffenen Aufgabenverteilung während der Beziehung zu tragen hat. Auch der Gleichberechtigungsgrundsatz und das Diskriminierungsverbot aus Art. 3 III 1 GG verbieten eine faktische Benachteiligung von Frauen, die durch geschlechtsneutrale Regelungen eintreten kann77. Aus diesem Grund ist es erforderlich, eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die den Schutz des wirtschaftlich schwächeren Partners sicherstellt78. Demgegenüber wäre es unzureichend, die nichtehelichen Partner auf die Möglichkeit zu verweisen, ihr Rechtsverhältnis vertraglich zu regeln. In der Praxis haben nach Schätzungen mindestens 90 % der Partner keinen Partnerschaftsvertrag abgeschlossen79.Angesichts der im Laufe der Zeit eintretenden Verfestigung der Beziehung fehlt es im Gegensatz zur Eheschließung an einem markanten Zeitpunkt, an welchem die Partner eine bewusste Regelung bezüglich ihres Vermögens treffen80. Von nichtehelichen Paaren kann kaum erwartet werden, dass diese sich kurz nach der Begründung ihrer Lebensgemeinschaft über ihre „Allgemeinen Lebensgemeinschaftsbedingungen“ einigen81. Die persönliche Beziehung als Paar steht derart im Vordergrund, dass die Partner den Regelungsbedarf für Konfliktfälle – insbesondere den Fall ihrer Trennung – kaum bedenken oder sich bewusst davor verschließen.
Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 41. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 20. 78 Vgl. Wellenhofer, JURA 2008, 647, 652. 79 Vgl. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 21. 80 Vgl. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 21. 81 Vgl. Scherpe/Yassari/Scherpe, Die Rechtsstellung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, S. 2. 76 Vgl.
77 Vgl.
B. Ausgestaltung eines möglichen Rechtsstatuts
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B. Ausgestaltung eines möglichen Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht Der Regelungsbedarf im Hinblick auf die Vermögensauseinandersetzung unverheirateter Paare wirft die Frage auf, wie ein Regelungskonzept für nichteheliche Lebensgemeinschaften/concubins ausgestaltet sein müsste. Für die deutsche und französische Rechtsordnung lässt sich möglicherweise keine einheitliche Antwort finden. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass ein weiteres Rechtsstatut für nicht eheliche Lebensgemeinschaften, welches an eine positive Willensentscheidung der Partner anknüpft, für die französische Rechtsordnung keinen Sinn machen würde. Sowohl verschiedengeschlechtliche als auch gleichgeschlechtliche Paare haben inzwischen die Wahl, entweder die Ehe miteinander einzugehen oder aber den PACS abzuschließen. Im Ergebnis haben Paare in Frankreich drei Alternativen, um Rechtsfolgen anknüpfend an ihr Zusammenleben zu generieren: Neben Eheschließung und PACS ist der Abschluss eines individuellen Partnerschaftsvertrages möglich82. In der deutschen Rechtsordnung sieht die Lage anders aus. Paare haben allein die Option zwischen Ehe bzw. Eingetragener Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare – und damit einer umfassenden Verrechtlichung – oder faktischer Lebensgemeinschaft – und damit einem weitgehend rechtsfreien Raum. Zwar können Ehegatten in Deutschland de lege lata Unterhaltsansprüche, Versorgungs- und Zugewinnausgleich in den von der Rechtsprechung gesetzten Grenzen abbedingen, eine Partnerschaftsform vertraglichen Typs, hierarchisch unterhalb der Ehe, wie sie der PACS darstellt, könnte nichtsdestotrotz eine reizvolle Alternative darstellen. I. Ausgestaltung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften in Frankreich Für die französische Rechtsordnung lässt sich als klare Konsequenz ziehen, dass sich Rechtsfolgen für die concubins – anknüpfend an das Zusammenleben als Paar – automatisch, also unabhängig von einer nach außen tretenden Wil lensentscheidung, ergeben müssten. Zwar finden sich solche nach derzeitiger Gesetzeslage punktuell verstreut. Dem französischen Gesetzgeber kam es bei der Schaffung dieser Regelungen jedoch nicht darauf an, ein Gesamtkonzept für nichteheliche Paare zu entwickeln, sondern in Teilbereichen das Zusammenle82 Vgl.
Blough, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
ben und das füreinander Einstehen rechtlich zu honorieren so wie dies für die anderen Partnerschaftsformen auch geschehen ist83. Für den vermögensrechtlichen Bereich ist jedoch eine Kodifizierung unterblieben. Die Rechtsprechung verfährt bei Beendigungskonflikten nichtehelicher Lebensgemeinschaften nicht einheitlich: Mal kommt die faktische Gesellschaft (société créée de fait) zwischen concubins zur Anwendung, mal der Ausgleich über ungerechtfertigte Bereicherung (enrichissement sans cause) oder aber es wird den Partnern gänzlich versagt, Ausgleichsansprüche geltend zu machen. Die Entscheidung des „Alles oder nichts“ liegt bisweilen im Beurteilungsspielraum der Richter, wobei bereits ein Fortschritt darin zu sehen sein dürfte, dass künftig die gleichen Richter bei der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung von Ehe, PACS und concubinage zuständig sein sollen. Vorschläge aus der Literatur machen aber nicht bei einer einheitlichen Gerichtszuständigkeit halt. Darüber hinaus wird auch für das concubinage ein gesetzlicher Ausgleichsanspruch gefordert84. Auf diese Weise könnten die teilweise besonders harten Folgen einer Trennung abgemildert werden, die den Partner treffen, der seinen Beruf für Haushaltsführung und Kinderbetreuung aufgegeben hat. Gesetzessystematisch würde dem Kapitel „Du concubinage“ (Art. 5158 C.civ.) damit zumindest eine weitere Norm hinzugefügt, so dass jedenfalls von einem Rechtsstatut für nichteheliche Lebensgemeinschaften „in der Anfangsphase“ gesprochen werden könnte. Dabei fragt sich jedoch, welche dogmatische Grundlage für den Ausgleichsanspruch in Betracht käme. Da die concubins einander weder Haushaltsführung noch Kinderbetreuung noch wechselseitige finanzielle Unterstützung während des Zusammenlebens schulden, lässt sich nach Trennung schwerlich eine diesbezügliche Ausgleichspflicht begründen85. Grundsätzlich trägt jeder Partner selbst und eigenverantwortlich das Risiko einer Trennung, die beim concubinage jederzeit möglich ist und grundsätzlich keine Pflichten nach sich zieht. Anknüpfend an das Trennungsrisiko ließe sich ein Ausgleichsanspruch über die responsabilité spécifique fondée sur le risque86 schaffen. Hierbei soll es sich um einen Schadensersatzanspruch handeln, der dem Partner zusteht, der ein anormales, deutlich erhöhtes Trennungsrisiko trägt. Wann kann es zu einer solchen Risikoverteilung kommen? Grundsätzlich tragen zwar beide Partner beim Delmas Saint Hilaire, La Semaine Juridique Edition Generale n°24 2010, 653. Blough, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19. 85 Ablehnend dazu die Cour de cassation (1. Civ. 8.07.2010 = 09-13991, non publié au Bulletin; 1. Civ. 17.06.2009 = 07-20628, non publié au Bulletin). 86 Schadensersatz für die Übernahme eines besonderen Risikos; vgl. Blough, Dr. Famille n° 4 2009, étude 19. 83 Vgl.
84 Vgl.
B. Ausgestaltung eines möglichen Rechtsstatuts
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concubinage das Trennungsrisiko gleichrangig. Es gibt jedoch Hypothesen, in denen das Risiko einseitig auf einen der Partner verlagert ist. Dieser Partner leidet finanziell in unverhältnismäßiger Weise unter den Folgen der Trennung, weil er Beruf für Haushalt und Kinder aufgegeben hat und dann wegen der langjährigen Auszeit nicht sofort wieder ins Arbeitsleben einsteigen kann. Hier könnte ein – was Dauer und Höhe anbelangt – begrenzter Schadensersatzanspruch zum Ausgleich für das erhöhte Trennungsrisiko gewährt werden und so dem verlassenen Partner die Übergangszeit bis zum Wiedereinstieg in den Beruf erleichtert werden. Eine andere Möglichkeit bestünde darin, die Kodifizierung eines Ausgleichsanspruchs vergleichbar mit der französischen prestation compensatoire bei Ehegatten (Art. 270 C.civ.) einzuführen. Durch einen einmaligen, pauschalen Ausgleichsanspruch ließe sich das Ungleichgewicht kompensieren, das bei Beendigung der Lebensgemeinschaft in den Vermögen der Partner eingetreten ist. Dabei wären wie bei der Ehe neben der Dauer der Lebensgemeinschaft auch die Folgen einer asymmetrischen Rollenverteilung zu berücksichtigen (vgl. Art. 271 C.civ.). Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften von kurzer Dauer und solchen ohne Kinder wäre umgekehrt kein Ausgleich geschuldet. Der Höhe nach stünde die prestation compensatoire im Ermessen des Richters, wobei auch die Leistungsfähigkeit des Schuldners sowie die Bedürftigkeit des Gläubigers angemessen zu berücksichtigen wären. Auf diese Weise ließe sich ein Ergebnis erzielen, welches einerseits der Einzelfallgerechtigkeit sowie dem Schutz des wirtschaftlich schwächeren Partners Rechnung trägt und zweitens die Privat autonomie nichtehelicher Paare nicht unzumutbar beschränkt. Schließlich ließen sich – im Sinne einer größeren Vorhersehbarkeit für die Betroffenen – die von der Cour de cassation herausgebildeten Ausgleichsmechanismen gesellschaftlicher sowie bereicherungsrechtlicher Art kodifizieren. Die schuldrechtlichen Ausgleichsmechanismen haben einen familienrechtlichen Einschlag erhalten. Es wäre dementsprechend sinnvoll, sie auch im Familienrecht unter dem Kapitel „Du concubinage“ zu verorten. II. Ausgestaltung eines Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften in Deutschland Für die deutsche Rechtsordnung stellt sich die Frage, ob ein Regelungskonzept für nichteheliche Paare automatisch an den Tatbestand ihres Zusammenlebens anknüpfen sollte oder aber von einer vorher gehenden Registrierung abhängig zu machen wäre. Es spricht dafür, das faktische Zusammenleben als Paar zum Anknüpfungspunkt für ein Rechtsstatut zu machen, dass sich nur auf diese Weise der Schutz
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
des wirtschaftlich schwächeren Partners wirksam erreichen lässt87: Falls der wirtschaftlich stärkere Partner sich nicht auf eine Registrierung der Partnerschaft einließe, wäre der andere bei Trennung schutzlos gestellt. Auch für gemeinsame Kinder ließe sich gesetzlicher Schutz besser erreichen, machte man allein das Zusammenleben der Eltern zum Anknüpfungspunkt. Um ein Beispiel zu geben: Wenn die nichtehelichen Partner gemeinsam in der Wohnung leben, die im Alleineigentum eines Partners steht, und eine Trennung der Partner erfolgt, hat der dinglich nicht berechtigte Partner keinen Anspruch darauf, in der Wohnung zu verbleiben. Auch wenn gemeinsame Kinder mit in der Wohnung beherbergt sind, und diese nach der Trennung bei der haushaltsführenden Mutter bleiben sollen, besteht keine rechtliche Möglichkeit, der alleinerziehenden Mutter ein Duldungsrecht in der Wohnung einzuräumen. Durch Schutzvorschriften, die unabhängig von der Partnerschaftsform an das Zusammenleben als Paar knüpfen, könnte die Situation der nichtehelichen Mutter und der gemeinsamen Kindern verbessert werden. Art. 6 V GG gebietet es sogar, nichteheliche Kinder gegenüber Scheidungskindern nicht zu benachteiligen88. Ähnlich wie im französischen Recht wird für einen Ausgleichsanspruch anknüpfend an das faktische Zusammenleben argumentiert, dass auch in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Vertrauenstatbestände existieren. Die Rollenaufteilung in der Beziehung beruhe auf der gemeinsamen Lebensplanung. Berechtigtes Vertrauen der Partner könne sich dadurch entwickeln, dass die Partner auf Dauer zusammenwohnen und gemeinsam wirtschaften89. Bei Trennung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ließe sich – diesen Ansatz weiterdenkend – ein Ersatzanspruch aufgrund der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens zugunsten des wirtschaftlich schwächeren Partners konstruieren. Ein solcher Ersatzanspruch ähnelt demjenigen, der für die französische Rechtsordnung vorgeschlagen wird. Nach dem französischen Ansatz bildet zwar nicht der Vertrauenstatbestand die Grundlage für einen Ausgleich, sondern die Übernahme eines erhöhten Trennungsrisikos (responsabilité fondée sur le risque). In beiden Fällen soll jedoch vom Ergebnis her gesehen ausgeglichen werden, dass einer der Partner bei Beziehungsende einseitig die Lasten einer gemeinsam gewählten Arbeitsteilung zwischen Erwerbsleben einerseits und Haushalt- und Kindererziehung andererseits zu tragen hat. Dethloff spricht sich im Hinblick auf die Konsequenzen einer asymmetrischen Rollenverteilung dafür aus, einen nachpartnerschaftlichen Unterhaltsan87 Vgl. ablehnend Bammel, Zur Abwicklungsproblematik nichtehelicher Lebensgemeinschaften aus rechtsvergleichender Sicht, S. 140 f. 88 Vgl. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 143. 89 Vgl. ebenfalls Bammel, Zur Abwicklungsproblematik nichtehelicher Lebensgemeinschaften aus rechtsvergleichender Sicht, S. 140 f.
B. Ausgestaltung eines möglichen Rechtsstatuts
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spruch90 einzuführen, welcher über den Betreuungsunterhalt nach § 1615 l BGB hinausgeht. Auszugleichen wären demnach partnerschaftsbedingte Einkommensunterschiede, die regelmäßig infolge der arbeitsteiligen Aufgabenverteilung und der Dauer der Beziehung wachsen. Auf diese Weise ließe sich jedenfalls die Übergangszeit abmildern, in welcher der wirtschaftlich benachteiligte Partner den Wiedereintritt ins Berufsleben bzw. die Aufstockung von Teilzeitauf Vollzeiterwerbstätigkeit vollziehen müsste91. Bezüglich der Vermögensauseinandersetzung schlägt Dethloff vor, durch Kodifizierung einer Generalklausel Disparitäten im Einzelfall zu kompensieren. Der Nachteil dieser Lösung bestehe allerdings in der fehlenden Vorhersehbarkeit für die Beteiligten. Daher sei jedenfalls bei Lebensgemeinschaften von langer Dauer vorzugswürdig, wie bei Ehegatten im gesetzlichen Güterstand nach dem Halbteilungsgrundsatz zu verfahren92: Ein Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe am Vermögen ergebe sich vor dem Hintergrund, dass ein arbeitsteiliges Zusammenwirken dem einen Partner erst Vermögensbildung und Altersvorsorge ermögliche, während der andere sich um Haushalt und Kindererziehung kümmere93. Gleichzeitig wird vorgeschlagen94, gesetzliche Regelungen zur Hausratsverteilung von Ehegatten auf nichteheliche Partner zu erstrecken und auch bei nichtehelichen Paaren Versorgungsanrechte zu teilen. Den Partnern soll es im Sinne der Privatautonomie allerdings möglich bleiben, das gesetzlich vorgesehene Ausgleichsregime durch ein „opting out“ auszuschließen. Selbst mit der Möglichkeit des opt-out stellen derart weitgehende Konsequenzen vermögensrechtlicher und unterhaltsrechtlicher Art einen zu großen Eingriff in die Privatautonomie nichtehelicher Paare dar95. Unverheiratete Paare entscheiden sich in erster Linie deshalb gegen die Ehe, weil sie nachteilige vermögensrechtliche Folgen im Fall des Scheiterns der Beziehung fürchten96. Konsequenzen einer Trennung wie jahrelange nachpartnerschaftliche Unterhalts90 Vgl. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 147 f., s. bereits Gesetzesvorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 13/722. 91 Vgl. auch Wellenhofer, JURA 2008, 647, 652. 92 Vgl. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 150 f. 93 Vgl. Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 150: Bei einer Dauer des Zusammenlebens von weniger als fünf Jahren könnte der Halbteilungsgrundsatz zu einer unangemessen großen Beteiligung führen. 94 Ebenfalls Dethloff, DJT Gutachten A 2008, S. 150 ff. 95 Vgl. auch von Koppenfels-Spies, JZ 2008, 810. 96 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 32 f.: Bei subjektiven Gründen gegen die Eheschließung wird von 62 % der Unverheirateten das finanzielle Risiko der Trennung genannt.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
pflichten, die Aufteilung des während der Lebensgemeinschaft erwirtschafteten Vermögens sowie der Versorgungsanwartschaften sollten nicht automatisch eintreten, sondern von der bewussten Entscheidung der Partner abhängig bleiben, auch rechtlich füreinander Verantwortung zu tragen. Vor diesem Hintergrund wäre auch für die deutsche Rechtsordnung die Kodifizierung eines Ausgleichsanspruchs vergleichbar mit der französischen prestation compensatoire bei Ehegatten (Art. 270 C.civ.) vorzugswürdig. Zu beachten ist nämlich, dass die nachteiligen Konsequenzen einer asymmetrischen Rollenverteilung längst nicht alle nichtehelichen Paare betreffen. Nicht jede nichteheliche Lebensgemeinschaft praktiziert eine Rechts- und Pflichtengemeinschaft. Gerade auf junge Paare, die probeweise zusammenleben, trifft eher das Gegenteil zu. Mit dieser Begründung werden nach herrschender Lehre substantielle Analogien zum Eherecht abgelehnt97, und aus diesem Grund sollte eine Kodifizierung von nachpartnerschaftlichen Unterhaltspflichten sowie eines Vermögensausgleichs nach dem Halbteilungsgrundsatz unterbleiben. Im Sinne der Rechtssicherheit könnten allerdings die durch die BGH-Rechtsprechung geprägten Ausgleichsmechanismen des allgemeinen Schuldrechts, die bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch Trennung oder Tod zur Anwendung kommen, kodifiziert werden. Ein erster Schritt wäre die Einführung einer Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Daran anknüpfend könnte man – wie auch für die französische Rechtsordnung vorgeschlagen – den vermögensrechtlichen Ausgleich regeln. Systematisch wären die Regelungen im Familienrecht zu verorten. Denn wie der BGH betont, lassen sich bei der vermögensrechtlichen Abwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften Parallelen zur Gütertrennungsehe ziehen. Vor diesem Hintergrund sollte, wie in Frankreich bereits erfolgt, ein Zuständigkeitswechsel stattfinden: Die Familiengerichte sollten über die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften urteilen. Für die deutsche Rechtsordnung käme jedoch – neben oder anstelle der Kodifizierung der Ausgleichsansprüche – die Einführung einer registrierten Partnerschaft vertraglichen Typs in Betracht. Dies wäre ein Lösungsmodell, welches der Privatautonomie nichtehelicher Paare in angemessener Weise gerecht würde. Auf diese Weise könnten die Partner im Voraus festlegen, welche Folgen bei einer Trennung eintreten sollen und welche nicht. Nicht nur der Schutz der Privatautonomie spricht für die Registrierungs option. Auch die Erkennbarkeit der Partnerschaft nach außen ließe sich durch die Registrierung bei einer öffentlichen Stelle erzielen98. Diese Publizität der 97 Vgl. 98 Vgl.
Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 5, Rn. 15. Schumacher, FamRZ 1994, 857, 864.
C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland
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Partnerschaft hat insbesondere dann Bedeutung, wenn aus dem Bestehen der nichtehelichen Partnerschaft Rechtsfolgen gegenüber Dritten entstehen sollen99. Eine Symbiose beider Optionen – Anknüpfung an das faktische Zusammenleben oder Registrierung – könnte dadurch erzielt werden, dass, soweit es um einen Mindestschutz für den schwächeren Partner geht, als Anknüpfungspunkt allein das faktische Bestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft gewählt wird. Bei deren Beendigung kann im Einzelfall ein vermögensrechtlicher Ausgleichsanspruch vergleichbar der französischen prestation compensatoire gewährt werden für den wirtschaftlich schwächeren Partner. Der Schutzbereich für nichteheliche Lebensgemeinschaften könnte sich zudem auf die gemeinsame Wohnung erstrecken, welche im Trennungsfall übergangsweise derjenige Partner beziehen dürfte, bei welchem die Kinder leben. Gleichzeitig könnte geregelt werden, wie im Falle des Scheiterns gemeinsamer Hausrat aufzuteilen wäre. Insoweit wäre sogar eine Analogie zum Eherecht100 denkbar. Für Vermögensverschiebungen bedeutenden Umfangs, die bei Beendigung der Lebensgemeinschaft nicht kompensationslos im Vermögen des anderen Partners bleiben sollen, kommen die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung zur Anwendung – vorzugsweise nach einer erfolgten Kodifizierung. Weitergehende vermögensrechtliche Konsequenzen für nichteheliche Lebensgemeinschaften, wie eine Unterhaltspflicht während der Lebensgemeinschaft, ein hälftiger Erwerb gemeinsamen Vermögens, Teilhabe an Versorgungsanwartschaften sollten dagegen von der Eingehung einer registrierten Partnerschaft abhängen. Wie eine solche registrierte Partnerschaft für die deutsche Rechtsordnung ausgestaltet werden könnte, wird im folgenden Abschnitt diskutiert.
C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland Von seiner Einführung im Jahr 1999 bis zum zehnjährigen Jubiläum im Jahr 2009 hat der PACS eine unbestrittene Erfolgsgeschichte hinter sich gebracht. Im Jahr 2010 wurde die Anzahl von einer Million PACS erreicht101, allein im Jahr 2009 ist die Anzahl neu registrierter Partnerschaften um 20 % gestiegen. Bemerkenswert dabei ist, dass 95 % der abgeschlossenen PACS von heterosexuelSchumacher, FamRZ 1994, 857, 864. S. §§ 1568a, 1568 b BGB. 101 Vgl. Angaben des Statistischen Amtes Insée: (Zugriff: 2.11.2013). 99 Vgl. 100
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len Paaren eingegangen wurden102. Wie bereits erwähnt wird die Option des PACS gerade von jungen, kinderlosen Paaren gewählt im Alter von 25 bis 34 Jahren103. In Frankreich hat sich der PACS als echte Alternative partnerschaftlichen Zusammenlebens etabliert. Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen dieser Arbeit stellt sich für die rechtsvergleichende Untersuchung folgende Frage: Stellt die in Frankreich beliebte Partnerschaftsform des PACS eine sinnvolle Ergänzung für die rechtliche Ausgestaltung nichtehelichen Zusammenlebens in der deutschen Rechtsordnung dar? Eine Beantwortung dieser Frage bedarf einer im Folgenden stattfindenden Abwägung, welche Anreize einerseits aus Perspektive nichtehelicher Paare bestünden, von einer solchen Regelung Gebrauch zu machen und welche rechtlichen Hürden andererseits einer dem französischen PACS ähnlichen Regelung in Deutschland entgegenstünden. Als Ergebnis dieses Abwägungsprozesses wird sich zeigen, inwiefern sich ein „deutscher PACS“ vom französischen PACS notwendigerweise unterscheiden müsste. I. Ausgangssituation Die gesellschaftliche und gesetzliche Ausgangslage bei der Einführung des PACS in Frankreich war eine andere als die aktuelle Situation in Deutschland. Im Jahr 1999 – vor der Einführung des PACS – waren punktuelle rechtliche Begünstigungen für nichteheliche Lebensgemeinschaften heterosexuellen Paaren vorbehalten. Vor diesem Hintergrund forderten insbesondere die Interessenverbände homosexueller Paare mehr rechtliche Anerkennung. Als Reaktion darauf wurde eine registrierte Partnerschaft vertraglichen Typus geschaffen, die sowohl von gleichgeschlechtlichen als auch verschiedengeschlechtlichen Paaren begründet werden kann104. In Deutschland hingegen wurde mit der Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft im Jahr 2001 eine registrierte Partnerschaft geschaffen, die ein eheähnliches Modell ausschließlich für gleichgeschlechtliche Paare darstellt und vom Umfang der aus der Partnerschaft resultierenden Rechte und Pflichten über den PACS hinausgeht. Da also bereits eine hierarchisch übergeordnete Partnerschaftsform für gleichgeschlechtliche Paare existiert, wäre die Einführung des PACS in Deutschland für homosexuelle Paare, die eine Gleichstellung mit Ehegatten anstreben, von minderem Interesse. Demgegenüber könnte der Abschluss eines PACS für heterosexuelle Paare eine interessante Alternative Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 183. Angaben des Statistischen Amtes Insée: (Zugriff: 1.11.2013). 104 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 184. 102 Vgl. 103 Vgl.
C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland
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zur Ehe auf der einen Seite und zum faktischen Zusammenleben ohne Rechtsstatut auf der anderen Seite darstellen. Wie die eingangs erwähnten Statistiken belegen, nimmt der PACS diese Stellung für heterosexuelle Paare in Frankreich bereits ein. II. Argumente für die Einführung des PACS in Deutschland Aus einer aktuellen Studie des Bundesfamilienministeriums lassen sich Argumente für die These herleiten, dass ein deutscher PACS eine Partnerschaftsform darstellen würde, die dem Willen vieler Paare in diesem Land entspricht: Aus den Befragungen ergibt sich, dass Partner primär deshalb nicht heiraten, weil sie im Fall der Trennung finanzielle Risiken und Verpflichtungen fürchten, die sie bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht eingehen und die andersherum sogar nach der Scheidung zeitlich nachwirken105. Der Ablehnung nachpartnerschaftlicher finanzieller Verpflichtungen einerseits steht eine Bereitschaft zur gegenseitigen Verantwortung und Solidarität während der Lebensgemeinschaft andererseits gegenüber. Solange die emotionale Verbundenheit zwischen den Partnern besteht, sind Verantwortung und Solidarität für sie eine Selbstverständlichkeit: 82 % der Befragten sind in einem hohen Maße bereit, während der Partnerschaft für den anderen Partner verantwortlich zu sein. Diese Bereitschaft endet aber mit der Beendigung der Lebensgemeinschaft: Nur eine geringe Prozentzahl der Befragten kann sich Gründe vorstellen, aus denen sich eine nachwirkende Solidaritätspflicht nach Ende der Partnerschaft ergibt106. Solidarität während, aber nicht nach Ende der Partnerschaft – das ist die Grundkonzeption des PACS. Das Solidaritätsprinzip findet beim französischen PACS zwei Ausprägungen: Eine gemeinschaftliche Haftung für Schulden des alltäglichen Bedarfs sowie eine wechselseitige Verpflichtung, sich Hilfe materieller Art zu gewähren, sind die erste Ausprägung des Solidaritätsprinzips beim PACS (Art. 515-4 C.civ.). Das Solidaritätsprinzip kann von den Partnern darüber hinaus verstärkt werden, indem sie in ihrem PACS vereinbaren, dass während der Partnerschaft neu angeschaffte Güter automatisch und unabhängig vom jeweiligen Finanzierungsanteil Miteigentum der Partner werden (indivi sion conventionnelle). Mit dieser Vereinbarung weichen die Partner von der grundsätzlich geltenden Gütertrennung (séparation de biens) ab107. Demgegen105 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 32. 106 Vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 4, 16. 107 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 205.
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über endet die Solidarität mit Beendigung des PACS. Es entstehen weder nachpartnerschaftliche Unterhalts- oder Abfindungsverpflichtungen108 noch werden etwaige Rentenanwartschaften ausgeglichen. Was stellt aber den Vorteil eines PACS gegenüber der Ehe dar – so lässt sich sowohl für die deutsche als auch für die französische Rechtsordnung kritisch fragen – wenn die Partner auch bei der Ehe die Möglichkeit haben, die nachwirkenden finanziellen Pflichten auszuschließen? In Frankreich können die Ehegatten die Gütertrennung (séparation de biens)109 als Wahlgüterstand vereinbaren, um zu erreichen, dass es während der Ehe nicht automatisch zur Bildung gemeinsamen Vermögens (communauté) kommt. Der Abfindungsanspruch (prestation compensatoire)110, der ehebedingte Nachteile bei Scheidung der Ehe ausgleichen soll und bisweilen einen unterhaltsähnlichen Charakter annimmt, ist dispositiv111. Das bedeutet erstens, dass sofern die Ehegatten den Anspruch gerichtlich nicht geltend machen, die Ehe geschieden werden kann, ohne dass über Ausgleichsansprüche entschieden wird112. Zweitens können die Ehegatten in einer Scheidungsfolgenvereinbarung ausdrücklich auf Ausgleichsansprüche verzichten113. Eine richterliche Kontrolle erfolgt jedoch dadurch, dass der Scheidungsrichter die nach französischem Recht erforderliche Genehmigung der Scheidungsfolgenvereinbarung versagt. Die Genehmigung kann dann versagt werden, wenn die Ehegatten in ihrer Vereinbarung nicht sichergestellt haben, dass ihre wechselseitigen Interessen und die Interessen ihrer Kinder beachtet werden (Art. 268 al. 2 C.civ.). Auf diese Weise führt der Richter in Einzelfällen eine Billigkeitskorrektur der Scheidungsfolgenvereinbarung durch114. Ein ähnliches Bild lässt sich für die deutsche Rechtsordnung zeichnen: Die Ehegatten können den Zugewinnausgleichsanspruch sowie nacheheliche Unterhaltsansprüche und den Versorgungsausgleich durch vertragliche Vereinbarung grundsätzlich ausschließen115. Der Ausschluss des Zugewinnausgleichsanspruchs hält in der Regel einer Inhalts- und Wirksamkeitskontrolle durch die Gerichte stand. Anders verhält es sich aber für den Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB, den Unterhalt wegen Alter und Krankheit nach §§ 1571, 1572 BGB sowie den Versorgungsausgleich. Die Rechtsprechung des BundesverfassungsMalaurie/Fulchiron, La famille, S. 215. Vgl. Art. 1536 f. Code civil. 110 Vgl. Art. 270 al. 2 f. Code civil. 111 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 326. 112 1. Civ. 23.01.2008, Bull. Civ. I n°18 N° de pourvoi: 07-11323. 113 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 326. 114 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 316. 115 Vgl. u. a. BGH NJW 2004, 930; BGH NJW 2007, 2851, 2852. 108 Vgl.
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gerichts und ihr folgend der BGH setzen der Bestandskraft von Eheverträgen Grenzen, sofern diese nicht Ausdruck und Ergebnis gleichberechtigter Teilhabe sind, sondern eine auf ungleichen Verhandlungspositionen basierende einseitige Dominanz eines Ehepartners widerspiegeln116. Die Gleichberechtigung der Partner sei ein zentrales Element des Eheverständnisses, welches die Rechtsprechung bei der Inhaltskontrolle von Eheverträgen sicherzustellen habe117. Im Unterschied zur Ehe geht der PACS nicht von der Prämisse aus, dass beide Partner einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe am während der Partnerschaft Erwirtschafteten haben sollen. Das Vermögen der Partner soll vom Grundsatz her getrennt bleiben – séparation de biens. In der Konsequenz sind Vermögensunterschiede bei Beendigung der Partnerschaft nicht auszugleichen. Es existiert zwar auch beim PACS ein gesetzlich normierter Ausgleichsanspruch. Dieser soll aber dem eindeutigen Wortlaut nach (Art. 515-7 al. 11 C.civ.) nur in den Fällen greifen, in denen einer der Partner während der Lebensgemeinschaft nicht in gebotenem Maße die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs getragen hat. Dieser Anspruch bewirkt aber nicht die gleichberechtigte Teilhabe am erwirtschafteten Vermögen des anderen Partners. Weder die „faktische Dominanz“ eines Partners bei Eingehung der Partnerschaft, die sich aus der Schwangerschaft und wirtschaftlichen Abhängigkeit der Partnerin ergeben könnte, noch die Disparität der Vermögen bei Beendigung der Partnerschaft, die wiederum aus einer asymmetrischen Rollenaufteilung resultieren könnte, führen zu einer Inhaltskontrolle des PACS durch die französischen Gerichte. Die Gütertrennung (séparation de biens) sowie der Ausschluss nachpartnerschaftlicher Unterhaltsansprüche gehören nach dem gesetzgeberischen Willen zur Grundkonzeption des PACS. Diese Konsequenzen sind von den Partnern hinzunehmen. Nur in Einzelfällen können die Richter die Folgen der Trennung durch einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 515-7 al. 10 C.civ. abmildern. Bislang hat die Rechtsprechung allerdings nicht konkretisiert, ob der Schadensersatzanspruch ebenso wie bei concubins in den Fällen zur Anwendung kommen soll, in denen die wirtschaftlichen Folgen der Trennung die Partnerin mit Kindern besonders hart treffen. Als Zwischenergebnis lässt sich zunächst festhalten, dass in beiden Rechtsordnungen Ehegatten qua Vertrag nachpartnerschaftliche Solidaritätspflichten
116
Vgl. BVerfG, 1 BvR 12/92 vom 6.02.2001: In dieser Entscheidung urteilt das Gericht über die Sittenwidrigkeit einer Freistellungsvereinbarung, welche eine Schwangere im Hinblick die Betreuungs- und Unterhaltssituation des gemeinsamen Kindes nach einer Scheidung getroffen hat. 117 Emmenegger/Wiedmann/Sanders, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 360.
252
Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
zwar weitgehend einschränken können – dies allerdings unter dem Risiko einer gerichtlichen Inhaltskontrolle, wie sie beim PACS nicht stattfindet. Der PACS bietet nichtehelichen Paaren, die nach mehr Flexibilität streben, einen weiteren entscheidenden Vorteil. Im Gegensatz zur Ehe kann der PACS jederzeit ohne die Einhaltung von Fristen außergerichtlich aufgekündigt werden. Aufgrund des „Scheidungsmonopols“ bei der Ehe lassen sich selbst bei einer Gütertrennungsehe, bei der die Ehegatten im Hinblick auf die Scheidungsfolgen eine umfassende Vereinbarung getroffen haben, Gerichtskosten sowie Kosten für zumindest einen Rechtsanwalt118 nicht vermeiden. Zudem ist zwingend eine Trennungszeit von mindestens einem Jahr einzuhalten, bevor die Ehe letztendlich geschieden wird119 . PACS-Partner beenden dagegen ihre Partnerschaft durch formlose Mitteilung an ihren Partner sowie an den Beamten der Registerstelle, der im Anschluss daran die Löschungsformalitäten vornimmt. Flexibilität und individuelle Freiheit, die den PACS gegenüber der Ehe vorteilhaft erscheinen lassen, gehen beim concubinage damit einher, dass die Partner in vielen Fällen rechtlich schutzlos gestellt sind. Französische Paare erzielen mit der Eingehung des PACS dagegen eine rechtliche „Basisabsicherung“ für die Zeit der Lebensgemeinschaft. Der gesetzliche Schutz, den die PACS-Partner genießen, gilt zunächst im Verhältnis zum Staat, aber auch zum Arbeitgeber, Vermieter oder sonstigen Dritten. Im Mietrecht, Steuerrecht, Sozialrecht, Arbeitsrecht genießen die PACS-Partner mehr Privilegien als Ledige120. Die Schutzkomponente betrifft nicht nur das Verhältnis der PACS-Partner gegenüber Dritten, sondern auch das Innenverhältnis der Partner. Vermögensrechtlich relevante Vorgänge, die bei Paarbeziehungen oftmals durch emotionale Erwägungen gesteuert oder überlagert werden, geraten bereits mit Abschluss des Vertrages ins Bewusstsein der Partner. Darin ist ebenfalls ein entscheidender Vorteil zu sehen, um Abwicklungsschwierigkeiten bei Beendigung der Partnerschaft vorzubeugen. Die Partner schaffen im Voraus Rechtssicherheit über das Schicksal gemeinsam gebildeten Vermögens und vermeiden dadurch Konflikte im Trennungsfall. Der Abschluss des PACS hat vor diesem Hintergrund rechtsbefriedende Funktion. 118
§ 114 II FamFG. §§ 1565 II, 1566 II BGB. 120 Vgl. beispielsweise genießt der PACS-Partner nach L. 161-16 Code de la sécurité sociale die gleichen sozialrechtlichen Vorteile wie sein Partner bezogen auf Krankenversicherung, Mutterschutzversicherung und Kapital-Lebensversicherung. Wenn der andere Partner stirbt, werden dem PACS-Partner wie dem Ehegatten zwei Abwesenheitstage gewährt; einem PACS-Partner ist bezahlter Urlaub unter Berücksichtigung der Urlaubszeiten des anderen Partners zu gewähren (vgl. C. trav. L. 3142-1, 4 und L. 3141-14, 1); vgl. Pécaut-Rivolier, AJ Famille 2007, S. 20. 119
C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland
253
Ließe sich diese rechtsbefriedende Funktion nicht ebenso gut durch den Abschluss eines individuellen Partnerschaftsvertrages erreichen? Die Schaffung eines weiteren Rechtsinstituts könnte überflüssig sein, wenn sich die Rechte und Pflichten, die der PACS für das Innenverhältnis der Partner erzeugt, in gleicher Weise durch einen individuellen Partnerschaftsvertrag generieren ließen. Jedenfalls was den vermögensrechtlichen Bereich anbelangt, können nicht eheliche Paare in Deutschland durch individuelle Partnerschaftsverträge vergleichbare Regelungen zum PACS treffen121: Sie können sich verpflichten, solidarisch für laufende Unterhaltsbedürfnisse aufzukommen, zu gleichen Anteilen den Mietzins der gemeinsam genutzten Wohnung zu begleichen, sie können die Eigentumsverhältnisse an gemeinsam angeschafften Haushalts- oder sonstigen Vermögensgegenständen im Voraus festlegen und auch etwaige Ausgleichsansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft regeln. Auch gegenüber Drittgläubigern können die Partner durch Mechanismen des allgemeinen Vertragsrechts (Bürgschaft, Schuldbeitritt etc.) erreichen, dass ihre Kreditwürdigkeit als Paar steigt. Der nicht zu unterschätzende Mehrwert des PACS gegenüber individuellen Partnerschaftsverträgen liegt jedoch darin, dass erst die Implementierung als Rechtsinstitut im Gesetz sowie die damit einhergehende öffentliche Diskussion das Bewusstsein bei nichtehelichen Lebenspartnern schafft oder verschärft, die vermögensrechtlichen Fragen ihres Zusammenlebens überhaupt zu regeln. Genau dafür liefert der PACS ihnen nämlich ein Grundmodell. Der Abschluss des PACS ist gegenüber der Aushandlung eines individuellen Partnerschaftsvertrages viel einfacher und auch von Laien – ohne vorhergehende anwaltliche oder notarielle Beratung –in Eigenregie durchzuführen. Es genügt, wenn die Partner schriftlich vereinbaren, einen PACS miteinander eingehen zu wollen und – was den Inhalt betrifft – auf die geltenden Gesetzesbestimmungen zum PACS zu verweisen122. Um die Publizität des PACS zu erreichen, müssen sie diesen Vertrag bei Gericht registrieren. Sind diese Schritte gemacht, ergibt sich automatisch die Anwendung eines im Ganzen ausbalancierten Systems von gesetzlichen Begünstigungen und Verpflichtungen für ihre Partnerschaft. Gegen die Einführung eines PACS in Deutschland könnte folgendes Argument angeführt werden: Wenn – wie die Studie des Bundesfamilienministeriums zeigt – die Befragten in Deutschland ohnehin in einem großen Maße bereit sind, während der Partnerschaft Verantwortung im Verhältnis zueinander und gegenüber Dritten zu tragen, stellt sich die Frage, warum diese moralische und zu möglichen Regelungsinhalten Grziwotz, Nichteheliche Lebensgemeinschaft, § 9, Rn. 14 f. 122 Vgl. zu den Begründungsvoraussetzungen Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 183 ff. 121 Vgl.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
freiwillig gelebte Solidarität als Rechtspflicht ausgestaltet werden sollte. Oder anders formuliert: Worin ist der Vorteil eines Rechtsinstituts mit Solidaritätspflichten gegenüber dem formlosen nichtehelichen Zusammenleben zu sehen? Zentrale Argumente sind hier die folgenden: Wenn Partner rechtsverbindlich und nicht nur faktisch füreinander einstehen, stärkt dies nicht nur das Verhältnis zwischen den Partnern, sondern es ist auch im Interesse des Staates. Die Solidargemeinschaft zwischen den Partnern entlastet den Staat. Hier lässt sich eine Parallele zur Ehe ziehen, bei welcher die rechtlich verbindliche Solidargemeinschaft zur Rechtfertigung staatlicher Privilegierungen herangezogen wird. Das Bundesverfassungsgericht führt dazu aus, dass „die Rechtfertigung der Privilegierung der Ehe, und zwar auch der kinderlosen Ehe […] in der auf Dauer übernommenen, auch rechtlich verbindlichen Verantwortung für den Partner“ liegt123. Auch der Conseil constitutionnel hat bereits in seiner ersten Entscheidung zum PACS die Solidaritätspflicht als nicht abdingbar bezeichnet124 und sie damit zum Kernbereich des PACS gemacht. Auch der Registrierungsakt, der bei individuellen Partnerschaftsverträgen unterbleibt, ist von Vorteil. Die nach außen kundgemachte Solidarität ist sowohl im individuellen Interesse der Partner als auch im staatlichen Interesse. Die Registrierung der Partnerschaft bei einer öffentlichen Behörde bewirkt nämlich, dass die bis dahin faktische Zusammenlebensgemeinschaft zur staatlich anerkannten Rechtsgemeinschaft wird. Konsequenz dessen ist, dass die Partnerschaft zum Anknüpfungspunkt für Begünstigungen (Steuervorteile, Schutzobjekt im Mietrecht) und Verpflichtungen (Bedarfsgemeinschaft im Sozialrecht) werden kann. Dadurch dass der PACS durch die Wahrung staatlicher Publizitätsvoraussetzungen (Registrierung bei den Gerichten, Eintragung in die Geburtsurkunde) als Partnerschaftsform nach außen tritt, signalisieren die PACS-Partner auch gegenüber Gläubigern, wie beispielsweise Banken, dass sie eine Rechtsgemeinschaft darstellen. Hierdurch steigern sie ähnlich wie Ehegatten ihre Kreditwürdigkeit als Paar. III. Verfassungsrechtliche Hürden Würde der PACS sich nun darauf beschränken, ein vorformulierter Rahmenvertrag zur vermögensrechtlichen Gestaltung nichtehelicher Lebensgemeinschaften zu sein, so stünden seiner Einführung in die deutsche Rechtsordnung keine 123 BVerfG,
Beschluss des Ersten Senats vom 7.07.2009 – 1 BvR 1164/07 Rn. 102 = BVerfGE 124, 199. 124 Cons. Const. 9.11.1999, déc. N° 99-419.
C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland
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Hindernisse entgegen. Der PACS in Frankreich geht jedoch längst über seine ursprüngliche Konzeption als Partnerschaftsvertrag hinaus und nähert sich im Hinblick auf seine Eingehungsvoraussetzungen, auf seine persönlichen Wirkungen und auch auf seine Rechtswirkungen im Steuer-, Sozial- und Arbeitsrecht immer mehr der Institution Ehe an125. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob die Einführung eines PACS französischen Modells gegen Art. 6 GG verstieße126. Das Bundesverfassungsgericht hat die Eingetragene Lebenspartnerschaft deshalb mit Art. 6 GG für vereinbar erklärt, weil diese allein von gleichgeschlechtlichen Partnern begründet werden könne und somit ein aliud zur Ehe darstelle. Die Ehe nehme keinen Schaden durch ein Rechtsinstitut, das sich an Partner wende, die miteinander keine Ehe eingehen könnten – so das Bundesverfassungsgericht127. Das Bundesverfassungsgericht hat gleichzeitig mit aller Deutlichkeit klargestellt, dass das verfassungsrechtliche Schutz- und Förderungsgebot der Ehe dadurch gefährdet würde, wenn der Gesetzgeber in Konkurrenz zur Ehe ein anderes Institut mit derselben Funktion schüfe und es etwa mit gleichen Rechten und geringeren Pflichten versähe, so dass beide Institute austauschbar wären128. Der französische PACS als Partnerschaftsform, der gleichermaßen gleichund verschiedengeschlechtlichen Paaren offensteht, tritt bereits von seinem persönlichen Anwendungsbereich in echte Konkurrenz zur Ehe. Diese Entwicklung wird auch in der französischen Rechtsordnung kritisch zur Kenntnis genommen. Was bleibt von der Ehe – so wird diskutiert – wenn der PACS vom Gesetzgeber mit den gleichen Vorteilen und Begünstigungen ausgestattet wird, ohne dass aber umgekehrt von den Partnern wie bei der Ehe auch über die Partnerschaft hinauswirkende Solidaritätsverpflichtungen abverlangt werden129. Aufgrund des verfassungsrechtlichen Eheschutzes käme der PACS, wie er aktuell in der französischen Rechtsordnung ausgestaltet ist, für Deutschland nicht infrage. Dies bedeutet aber nicht, dass das Modell PACS in Gänze als Lösung für die deutsche Rechtsordnung abzulehnen wäre. Der PACS in seiner ursprünglichen Konzeption als Partnerschaftsvertrag oder sogar darüber hinausgehend als Rechtsinstitut auf vertraglicher Basis müsste nicht an der Schranke des Art. 6 I GG scheitern.
Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 185. Dazu kritisch Winkler v. Mohrenfels in FS Sonnenberger, S. 155–164. 127 Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.07.2002 – 1 BvF 1/01 = BVerfE 105,313; Emmenegger/ Wiedmann/Sanders Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 362. 128 Vgl. BVerfG, Urteil vom 17.07.2002 – 1 BvF 1/01, 1 BvF 2/01 = NJW 2002, 2543, 2549. 129 Vgl. Malaurie/Fulchiron, La famille, S. 183, 185. 125 Vgl. 126
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
IV. Ausgestaltung eines „deutschen PACS“ Konkret bedeutet dies, dass der PACS für die deutsche Rechtsordnung reduziert werden müsste auf seine vertragliche Komponente zur Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse während sowie bei Beendigung der Partnerschaft. Der „institutionelle“ Charakter müsste demgegenüber deutlich in den Hintergrund rücken. Den institutionellen Charakter erlangt der PACS in Frankreich sowohl dadurch, dass er wie die Ehe Pflichten im persönlichen Bereich generiert als auch dadurch, dass er wie die Ehe im Verhältnis zu Dritten Rechtsfolgen eintreten lässt, die vom Willen der Partner unabhängig sind, beispielsweise die solidarische Haftung für Ausgaben des alltäglichen Bedarfs. Wie müsste also der PACS für die deutsche Rechtsordnung ausgestaltet sein? Der PACS für die deutsche Rechtsordnung könnte als Vertrag zwischen zwei Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts definiert werden, der zum Zweck hat, das partnerschaftliche Zusammenleben im vermögensrechtlichen Bereich zu gestalten. Im Kern würden wechselseitige Solidaritäts- und Beitragspflichten zum alltäglichen Bedarf statuiert, die Eigentumsverhältnisse für gemeinsam erworbene Vermögensgüter im Voraus bestimmt und festgelegt, wie das Vermögen bei Beendigung der Partnerschaft zwischen den Partnern aufzuteilen wäre. Der Charakter der registrierten Partnerschaft würde durch die Schaffung einer Registerstelle – beispielsweise bei den Familiengerichten – erreicht, bei welcher ein Vertragsexemplar öffentlich einzusehen wäre. Auf diese Weise würde der PACS auch Dritten gegenüber – sei es dem Staat, sei es privaten Gläubigern – erkennbar. Als geltendes vermögensrechtliches Regime zwischen den Partnern würde sich wie beim französischen Vorbild die „Gütertrennung“ anbieten: Jeder Partner bleibt damit alleiniger Inhaber seines in die Partnerschaft eingebachten Vermögens und wird Alleineigentümer der während der Partnerschaft hinzuerworbenen Güter, es sei denn, dass die Partner bereits im Partnerschaftsvertrag festlegen, bestimmte Vermögensgüter zu Miteigentum erwerben zu wollen. Charakteristisch für den französischen PACS ist, dass jeder Partner einseitig und außergerichtlich den Partnerschaftsvertrag aufkündigen kann. Diese Möglichkeit würde auch für die deutsche Rechtsordnung übernommen. Die Löschung aus dem Publizitätsregister wäre Voraussetzung, um Dritten die Beendigung der Solidargemeinschaft entgegenhalten zu können. Nach der Beendigung der Partnerschaft folgt die Liquidierung gemeinsamer Vermögensmassen: Es kann eine Aufrechnung wechselseitiger Forderungen erfolgen und gegebenenfalls ergibt sich ein Ausgleichsanspruch für einen der Partner. Sollten die Partner hierbei nicht zu einer gütlichen Einigung gelangen, müsste der Richter die
C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland
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vermögensrechtliche Auseinandersetzung anstelle der Partner vornehmen. Es wäre sinnvoll, die gerichtliche Zuständigkeit des Familienrichters gesetzlich festzulegen, da die Liquidierung gemeinsamer Vermögensmassen ähnlich wie bei Gütertrennungsehen erfolgt. Soweit das Grundkonzept des „PACS“ für die deutsche Rechtsordnung. Aus der Privatautonomie ergibt sich wie in Frankreich, dass die Partner weitergehende Rechte und Pflichten vermögensrechtlicher Art in ihrem PACS vereinbaren können, beispielsweise wie der Hausrat aufzuteilen ist, wer nach Trennungen in der Wohnung verbleiben darf, wer bestimmte Vermögensgegenstände, die zu Miteigentum erworben wurden, erhalten soll etc. In Partnerschaftsverträgen wird in Deutschland auf die Vereinbarung von Pflichten im höchstpersönlichen Lebensbereich, die das Grundrecht der Selbstbestimmung (Art. 1 I, Art. 2 I GG) tangieren, meistens verzichtet, zumal diese sanktionslos und nicht durchsetzbar sind130. Auch bei den persönlichen Pflichten, die der französische PACS vorsieht, wie die Pflicht als Paar zusammenzuleben, einander moralisch zu unterstützen und Hilfe zu leisten, ist fraglich, inwieweit diese rechtlich überhaupt durchsetzbar sind. Im Hinblick auf die Zielsetzung, die mit der Einführung eines PACS in die deutsche Rechtsordnung verfolgt würde – die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nichtehelicher Paare bei Trennung zu erleichtern – sind Pflichten im persönlichen Bereich jedenfalls verzichtbar. Darüber hinausgehende öffentlich-rechtliche Vergünstigungen, die in der französischen Rechtsordnung an den PACS geknüpft werden, wie steuerrechtliche oder sozialrechtliche Vergünstigungen, können in der deutschen Rechtsordnung weiterhin in verfassungsrechtlich gerechtfertigter Weise der Institution Ehe und der Eingetragenen Lebenspartnerschaft vorbehalten bleiben bzw. PACS-Partnern entsprechend ihrer gegenüber Ehegatten verminderten Ein standspflicht in nur abgeschwächter Form gewährt werden. Hierdurch bliebe der Abstand zwischen Ehe und PACS gewahrt. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar der in der Literatur vertretenen Auffassung widersprochen, nach welcher sich aus dem besonderen Schutzauftrag des Art. 6 I GG ein „Abstandsgebot“ zwischen der Ehe und „anderen Partnerschaftsformen“ ergäbe131. Es sei verfassungsrechtlich nicht begründbar, aus dem besonderen Schutz der Ehe abzuleiten, dass andere Lebensgemeinschaften im Abstand zur Ehe auszugestalten und mit geringeren Rechten zu versehen sind – so das Bundesverfassungsgericht132. Diese Feststellung erfolgte jedoch von Proff, RNotZ 2008, 313, 322. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 7.07.2009 – 1 BvR 1164/07 – BVerfGE 124,199. 132 Vgl. BVerfGE 105, 313, 348. 130 Vgl. 131
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts
im Zusammenhang mit der Gleichstellung von Ehegatten und Eingetragenen Lebenspartnern, die miteinander die Ehe nicht eingehen dürfen. Beim PACS sieht – wie bereits erläutert – die Lage anders aus. Im Hinblick auf öffentlich-rechtliche, steuerrechtliche und sozialrechtliche Vergünstigungen wäre eine Privilegierung der Ehe gegenüber dem PACS sachlich deshalb geboten, weil Ehegatten eine auf Lebenszeit133 angelegte, umfassende Lebensgemeinschaft eingehen, die auch über die Beendigung der Partnerschaft hinausgehende Rechte und Pflichten generiert wie Unterhaltspflichten, den Versorgungsausgleich und die übrigen Scheidungsfolgen. Beim PACS endet die Solidarität mit Beendigung der Partnerschaft. Stellt man nun die PACS-Partner im Hinblick auf steuer-, sozial- und andere öffentlich-rechtliche Begünstigungen schlechter als Ehegatten, fallen möglicherweise die Anreize weg, die junge Paare in Frankreich zur Eingehung der Partnerschaftsform motivieren. Eine gemeinsame Einkommenssteuererklärung und Zuschläge im Sozialrecht können Gründe für den Abschluss des PACS darstellen. Aus rechtspolitischer Perspektive wirft dies die Frage auf, ob der so beschriebene deutsche PACS überhaupt die Chance hätte, sich neben Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft in der Rechtsordnung zu etablieren. Finanzielle Vorteile und eine bessere sozialrechtliche Absicherung mögen Motive für den Abschluss des PACS in Frankreich sein. Als Beleg dafür kann angeführt werden, dass im Jahr 2005 die Zahl neu abgeschlossener PACS-Verträge rapide gestiegen ist, nachdem die Gesetzgebung im Steuerrecht zugunsten der PACS-Partner modifiziert wurde. Wirtschaftliche Zwecke sind jedoch nicht die einzigen, die Paare beim Abschluss des PACS verfolgen. Ideelle Triebfedern sind nicht minder bedeutend. Für Paare, die zwar ihre Lebensgemeinschaft verfestigen und auch ihre Gemeinschaft als Paar nach außen hin zeigen wollen, gleichzeitig die weitgehende, auf Lebenszeit angelegte Bindung der Ehe (noch) fürchten, ist ein PACS in der hier vorgeschlagenen Form das möglicherweise optimale Modell. Die Partner bekennen sich durch die Registrierung öffentlich zu ihrer Partnerschaft, die als Paar gelebte Solidarität wird zur Rechtspflicht erhoben, es bleibt jedoch die individuell hoch geschätzte Freiheit erhalten, sich jederzeit wieder zu trennen. Ebenso wäre es denkbar, wie im französischen Recht Schutzvorschriften einzuführen bezüglich der gemeinsam genutzten Wohnung und darin befindlicher Haushaltsgegenstände, die bei Trennung oder Tod eines Partners zur Anwendung kommen, ohne dass dadurch die Vorrangstellung der Ehe berührt würde. Bereits nach aktueller Gesetzeslage in Deutschland gibt es punktuelle Schutz133 Vgl. zum Lebenszeitprinzip u. a. BVerfGE 53, 224; Emmenegger/Wiedmann/Sanders, Leitlinien der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, S. 356 f.
C. Die Frage nach der Einführung des PACS in Deutschland
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vorschriften für nichteheliche Lebensgemeinschaften, die an das Zusammenleben als Paar anknüpfen134. Der verfassungsrechtlich gebotene Abstand zwischen PACS und Ehe zeigt sich auch darin, dass nur die Ehe als familienrechtliche Institution Auswirkungen auf die Generationenfolge hat. Im Unterschied zu Ehegatten und auch zu Eingetragenen Lebenspartnern werden PACS-Partner weder zu Familienangehörigen noch werden sie gesetzliche Erben des anderen. Im Unterschied zur Ehe genießen PACS-Partner keine vorteilhafte Stellung im Kindschafts- oder Adoptionsrecht. Die geplante Familiengründung kann vor diesem Hintergrund ein Motiv zur Eheschließung, nicht aber zum Abschluss des PACS darstellen. V. Zwischenfazit Folgendes Fazit für die rechtsvergleichende Untersuchung lässt sich ziehen: Die Implementierung eines Rechtsinstituts vergleichbar mit dem PACS würde dem Bindungswillen vieler nicht verheirateter Paare entsprechen. Der PACS stellt eine Partnerschaftsform dar, die den Spagat zwischen individueller Freiheit und Unabhängigkeit auf der einen Seite und Bindung und Solidarität auf der anderen Seite meistert. Der PACS beugt vermögensrechtlichen Konflikten bei Beendigung der Lebensgemeinschaft vor, ohne jedoch alle als „unbillig“ empfundenen Ergebnisse der Trennung nichtehelicher Paare lösen zu können. Ein Partner, der zugunsten der Karriere des anderen die Lasten von Haushaltsführung und Kinderbetreuung trägt, ist nach der Grundkonzeption des PACS geringer geschützt als bei der Ehe. Im Ergebnis würde der PACS jedoch gerade für kinderlose nichteheliche Paare, die wirtschaftlich unabhängig sind, einen Gewinn für die deutsche Rechtsordnung darstellen. Die familienrechtliche Hierarchie beider Rechtsordnungen würde sich nach Einführung des PACS in Deutschland wie in Abbildung 2 dargestellt ergeben.
134
Vgl. im Mietrecht beispielsweise § 563 II 4 BGB.
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Teil 4: Die Frage nach der Schaffung eines Rechtsstatuts Deutschland
Frankreich
Ehe
Ehe
Eingetragene Lebenspartnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare
„Deutscher PACS“ für verschiedenund gleichgeschlechtliche Paare Nichteheliche Lebensgemeinschaft
PACS für verschieden- und gleichgeschlechtliche Paare
Nichteheliche Lebensgemeinschaft/ concubinage
Abb. 2: Hierarchische Gegenüberstellung der Partnerschaftsformen im deutschen und französischen Recht nach Einführung eines „PACS“ für Deutschland
Teil 5
Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten des deutschen und französischen Rechts bezüglich nichtehelicher Lebensgemeinschaften A. Keine Vereinheitlichung des (materiellen) europäischen Familienrechts „Unser Familienrecht (wird) immer europäischer“1 – so ein Kommentar zu den aktuellen Entwicklungen der Europäischen Gesetzgebung und der Rechtsprechung des EGMR. Für die vorliegende rechtsvergleichende Untersuchung stellt sich die Frage, inwieweit sich diese Tendenz zur Europäisierung des Familienrechts auf eine Harmonisierung oder sogar darüber hinausgehend auf eine Rechtsvereinheitlichung im Kontext der Beendigungsproblematiken nichtehelicher Lebensgemeinschaften auswirken wird. Als Initiator für europäische Rechtsvereinheitlichung kommt in erster Linie der „Europäische Gesetzgeber“2 in Betracht. Allerdings ist umstritten, ob für den Bereich des materiellen Familienrechts überhaupt eine Zuständigkeit besteht. Für Familienrechtssachen mit grenzüberschreitendem Bezug bestimmt Art. 81 III AEUV, dass eine einstimmige Ratsentscheidung erforderlich ist. Aus dem systematischen Zusammenhang mit Art. 81 II EUV ergibt sich allein die unionsrechtliche Kompetenz für die Angleichung von Kompetenznormen im Bereich des Familienrechts3. Eine Auslegung des Art. 81 III AEUV, die dem europäischen Gesetzgeber eine über die zur „Vergemeinschaftung“ von Regelungen aus dem Bereich des Internationalen Privat- und Verfahrensrecht hinausreichende Kompetenz im materiellen Familienrecht zugesteht, würde de facto zur Kompetenzerweiterung im Bereich des materiellen Familienrechts führen. Dies wird von der überwiegenden Ansicht abgelehnt 4. Rakete-Dombek, NJW 2010, 1313. Mit anderen Worten: Rat, Kommission und Parlament. 3 Vgl. Dethloff/Hauschild, FPR 2010, 489. 4 Vgl. Boele-Woelki/Martiny, ZEuP 2006, 6 ff.; dagegen: Grabitz/Hilf/Röben, Das Recht der Europäischen Union, Art. 65 EGV, Rn. 10, „Art. 65 EGV enthält keine Ermächtigung zur 1 Vgl. 2
262
Teil 5: Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten
Im Bereich des Internationalen Familienverfahrensrechts hat es dagegen in den letzten Jahren eine Vielzahl von europäischen Projekten gegeben, die der Rechtsvereinheitlichung und Harmonisierung dienten. Deutschland und Frankreich haben sich, um ein Beispiel für eine solche Initiative zu nennen, im Jahr 2010 dem Vorschlag der Europäischen Kommission angeschlossen, das Scheidungsrecht bezüglich binationaler Ehen zu vereinfachen5. Die sogenannte Rom III-Verordnung6, die am 21. Juni 2013 in Kraft getreten ist, enthält Regelungen zum anwendbaren Recht in Scheidungssachen7. Neben der Verordnung zur Vereinheitlichung des anwendbaren Scheidungsrechts gibt es weitere Gesetzesvorhaben der Kommission im Bereich des Internationalen Privatrechts, so beispielsweise den Verordnungsvorschlag vom 14. Oktober 2009 zum internationalen Erbrecht8 und zwei Verordnungsvorschläge zum internationalen Güterrecht vom 16. März 20119, darunter ein Vorschlag zum internationalen ehelichen Güterrecht und einer zum internationalen Güterrecht bei eingetragenen Lebenspartnerschaften. Angesichts der europäischen Entwicklungen im Internationalen Privat- und Verfahrensrecht wird auch eine wachsende Offenheit gegenüber materieller Rechtsangleichung konstatiert10. In der Commission of European Family Law (CEFL)11, einer rein wissenschaftlichen Initiative, sind Experten des Familienrechts aus 22 europäischen Rechtsordnungen vertreten. Die Kommission wurde am 1. September 2001 gemateriellen Mindestharmonisierung“; sowie Dethloff/Hauschild, FPR 2010, 489 ff. und Becker, NJW 2011, 1543, 1546. 5 Vgl. Boiché, AJ Famille 2010, 271. 6 Verordnung (EU) Nr. 1259/2010 des Rates vom 20. Dezember 2010 zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich des auf die Ehescheidung und Trennung ohne Auflösung des Ehebandes anzuwendenden Rechts. 7 Vgl. auch Becker, NJW 2011, 1543. 8 Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und öffentlichen Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (Dok. KOM [2009], S. 154) (Zugriff: 28.03.2016). 9 Vgl. Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Ehegüterrechts: (Zugriff 27.12.2016); Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und die Vollstreckung von Entscheidungen im Bereich des Güterrechts eingetragener Partnerschaften: (Zugriff: 27.12.2016). 10 Vgl. Boele-Woelki/Martiny, ZEuP 2006, 6 ff. 11 Vgl. Commission of European Family Law (CEFL): (Zugriff: 28.03.2016).
A. Keine Vereinheitlichung des (materiellen) europäischen Familienrechts
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gründet und hat sich zum Ziel gesetzt, Prinzipien zur Harmonisierung des europäischen Familienrechts zu entwickeln. Die Prinzipien zeigen, inwieweit bereits europaweiter Konsens über bestimmte Regelungen herrscht. Die Behandlung nichtehelicher, faktischer Lebensgemeinschaften und insbesondere die vermögensrechtlichen Verhältnisse in solchen Partnerschaften wäre ein Thema, mit welchem sich die Kommission zukünftig ebenfalls beschäftigen könnte, zumal die Konferenz aus dem Jahr 2010 bereits das eheliche Güterrecht in den Fokus genommen hat12. Dieser Überblick zeigt, dass es europäische Gesetzgebungsinitiativen zur Harmonisierung des Familienrechts durchaus gibt, dass diese sich aber schon aufgrund der beschränkten europarechtlichen Kompetenz auf Fragen der Zuständigkeit und des anwendbaren Rechts beschränken. Materiellrechtlich findet derzeit keine Harmonisierung der unterschiedlichen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten statt. Abgesehen von der Kompetenzproblematik wird eine Vereinheitlichung des materiellen Familienrechts zum aktuellen Zeitpunkt als nicht realisierbar erachtet13 und in den Mitgliedstaaten ausgeschlossen14. Grund dafür sollen die unterschiedlichen Rechtstraditionen sein, die im Familienrecht in besonderem Maße zum Ausdruck kommen sollen. Klassischerweise wird gegen eine Rechtsangleichung angeführt, dass die Eigenheit des nationalen Familienrechts auf Kultur und Tradition beruhe. Ob dieses Argument heute noch seine Berechtigung hat oder ob nicht vielmehr gesellschaftliche, ökonomische und politische Umstände in allen europäischen Rechtsordnungen gleichermaßen auf das familienrechtliche Gefüge einwirken und dementsprechend eine Rechtsangleichung begünstigen15, erscheint diskussionswürdig. Erstens lassen sich aus historischer Perspektive viele Gemeinsamkeiten im Familienrecht in den europäischen Rechtsordnungen ausmachen. Gerade das Eherecht ist jedenfalls in den überwiegend katholischen europäischen Ländern durch das kanonische Recht in gleicher Weise geprägt16. Durch den Einfluss des kanonischen Rechts lässt sich die Vorrangstellung der Ehe und die demgegen-
12
Vgl. (Zugriff: 28.03.2016). Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, § 2, Rn 15. 14 Vgl. auch Becker, ERA Forum (2011) Band, 12, S. 103–118: (Zugriff: 06.06.2011). 15 Vgl. Boele-Woelki/Martiny, ZEuP 2006, 19 f. 16 Vgl. Öguztürk, A General Perspective to the History and the Harmonisation Idea of Family Law in Europe, S. 181, 182, (Zugriff: 8.11.2011). 13 Vgl.
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Teil 5: Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten
über über mehrere Jahrhunderte erfolgte Herabstufung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften in den europäischen Rechtsordnungen begründen17. Und zweitens zeichnen sich auch aktuell viele gemeinsame Tendenzen im Familienrecht der europäischen Staaten ab, die sich aus folgenden gesellschaftlichen Entwicklungen der Familie ergeben: Die hohe Scheidungsrate von Ehen hat in vielen Ländern die Konsequenz, dass neue „Patchwork-Familien“ entstehen. Gleichzeitig sinkt vielerorts in Europa die Anzahl neu geschlossener Ehen. Die Zunahme nichtehelicher Lebensgemeinschaften und der sich daraus ergebende Anstieg nichtehelicher Geburten sind ebenfalls Phänomene, die in den meisten Mitgliedstaaten der Europäischen Union wahrnehmbar sind. Aus diesen gesellschaftlichen Veränderungen ergeben sich wiederum die Reformen des Familienrechts. Beispiele hierfür sind die Liberalisierung des Scheidungsrechts, die rechtliche Gleichstellung von Mann und Frau, der Abbau von Diskriminierungen zulasten nichtehelicher Kinder und gleichgeschlechtlicher Paare, die in vielen europäischen Rechtsordnungen gleichermaßen vollzogen wurden18. Wem eine Rechtsvereinheitlichung aus rechtstraditionellen Gesichtspunkten nicht erstrebenswert erscheinen mag, der kann sich jedoch kaum vor den Vorteilen einer Harmonisierung des materiellen europäischen Familienrechts verschließen19: Für die betroffenen Unionsbürger wäre durch eine harmonisierte Lösung sichergestellt, dass sie auch bei einem Umzug in ein anderes europäisches Land ihren familienrechtlichen Status nicht dadurch einbüßen, dass sich das Familienrecht des Gastlandes fundamental von dem ihres Heimatlandes unterscheidet. Um ein für die Thematik dieser Arbeit relevantes Beispiel zu nennen: In Frankreich werden PACS-Partnern gleichen und verschiedenen Geschlechts wesentliche steuerliche und sozialrechtliche Begünstigungen zuteil. Wenn nun verschiedengeschlechtliche PACS-Partner nach Deutschland umziehen, so verlieren sie diese Vorteile. Eine registrierte Partnerschaft für verschiedengeschlechtliche Paare nach deutschem Recht existiert nämlich nicht. Das Fami lienrecht sollte aber keine Hindernisse bezogen auf die europäisch garantierte Freizügigkeit darstellen. Dieses Ziel lässt sich nicht allein durch eine Harmonisierung der Zuständigkeits- und Kollisionsnormen erreichen. Nationale Gerichte haben bisweilen ihre Schwierigkeiten, das Familienrecht der zahlreichen anderen europäischen 17 Vgl.
Staudinger/Löhnig, Anh. zu §§ 1295 ff., Rn. 1 zum Einfluss des kanonischen Rechts auf die Entwicklung von Ehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft. 18 Vgl. Öguztürk, A General Perspective to the History and the Harmonisation Idea of Family Law in Europe, S. 181, 189. 19 Vgl. Boele-Woelki/Dethloff, Perspectives for the Unification and Harmonisation of Family Law in Europe, S. 37, 62.
B. Bilaterale Abkommen
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Rechtsordnungen sicher anzuwenden. Vor diesem Hintergrund bedarf es einer Harmonisierung der materiell-rechtlichen Lösungen 20. Dass dieser Schritt nicht undenkbar ist, zeigt der im Jahr 2010 geschaffene Deutsch-Französische Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft, mit welchem das Credo, das durch Traditionen und Emotionen geprägte materielle Familienrecht eigne sich nicht für eine Rechtsvereinheitlichung, gebrochen sein dürfte21. Aus der bislang fehlenden unionsrechtlichen Kompetenz im materiellen Familienrecht ergibt sich bis auf weiteres, dass eine Rechtsangleichung nur über bi- oder multinationale Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten erfolgen kann.
B. Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten durch bilaterale Abkommen zwischen Deutschland und Frankreich Die deutsch-französische Freundschaft wird oft als „Motor“ der europäischen Integration bezeichnet. Auch das deutsch-französische Abkommen zum Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft aus dem Jahr 2010 ist ein anschauliches Beispiel dafür, dass die Kooperation beider Nationen eine Vorbildfunktion für andere europäische Staaten einnehmen kann – diesmal im Bereich eines harmonisierten und damit der europäischen Freizügigkeit dienenden Familienrechts. Die Rechtsvereinheitlichung, die Deutschland und Frankreich durch den gemeinsamen Güterstand erreicht haben, muss nicht auf das eheliche Güterrecht begrenzt bleiben. Denkbar wäre ebenfalls die Einführung einer deutsch-französischen registrierten Partnerschaft, etwa eines deutsch-französischen PACS oder aber – bei den faktischen Lebensgemeinschaften ansetzend – die Kodifizierung eines vermögensrechtlichen Ausgleichsregimes für nichteheliche Lebensgemeinschaften. I. Rechtsvereinheitlichung durch bilaterale Abkommen: der deutsch-französische Wahlgüterstand als „Pilotprojekt“22 Die Tendenz zur Harmonisierung familienrechtlicher Regelungen zeigt aktuell ein bilaterales Abkommen zum neuen Wahlgüterstand für Ehegatten. Anstatt 20
Vgl. Boele-Woelki/Dethloff, Perspectives for the Unification and Harmonisation of Family Law in Europe, S. 37, 62. 21 Vgl. Becker, ERA Forum 2011, Band 12, S. 103–118. 22 Vgl. Bundesjustizministerium, Pressemitteilung vom 04.02.2010: (Zugriff: 05.05.2011).
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Teil 5: Vereinheitlichungs- bzw. Harmonisierungsmöglichkeiten
sich darauf zu beschränken, die Zuständigkeits- und Konfliktregelungen im internationalen Privatrecht zu harmonisieren – wie dies auf der Ebene des EURechts angestrebt wird, haben Frankreich und Deutschland einen gemeinsamen Güterstand geschaffen, der in beiden Ländern als zusätzlicher Wahlgüterstand eingeführt worden ist23. Bereits in der Erklärung zum 40. Jahrestag des Elysée-Vertrages im Jahr 2003 hatten Deutschland und Frankreich den Wunsch einer Angleichung im Familienrecht geäußert. Das Abkommen zum deutsch-französischen Wahlgüterstand wurde am 4. Februar 2010 vom deutsch-französischen Ministerrat unterzeichnet und ist inzwischen in beiden Ländern in Kraft getreten 24. Der neue Wahlgüterstand kombiniert Regelungen der deutschen Zugewinngemeinschaft und der französischen Errungenschaftsgemeinschaft25. Anlässlich der Unterzeichnung des bilateralen Abkommens hat die damalige Bun desjustiz ministerin Leutheusser-Schnarrenberger den deutsch-französischen Wahlgüterstand als „Pilotprojekt für ein europäisches Familienrecht“ bezeichnet und erklärt, dass der Wahlgüterstand zur Initialzündung für Angleichungen im Familienrecht in einem zusammenwachsenden Europa werden könne. Andere EU-Länder haben die Möglichkeit, sich diesem Modell anzuschließen 26. Weltweit ist das Abkommen – soweit ersichtlich – das erste im Bereich materieller Ehegüterrechtsregelungen 27. Sinn und Zweck des gemeinsamen Güterstandes ist es, einheitliche güterrechtliche Regelungen für die Dauer der Ehe und auch für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung bei der Beendigung des Güterstandes vorzusehen
23 Vgl. § 1519 BGB; Décret n° 2013-488 du 10 juin 2013 portant publication de l’accord entre la République française et la République fédérale d’Allemagne instituant un régime matrimonial optionnel de la participation aux acquêts, signé à Paris le 4 février 2010; Meier-Bourdeau, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°10 2010, act. 257. 24 Vgl. § 1519 BGB eingefügt durch das Gesetz zu dem Abkommen vom 4. Februar 2010 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik über den Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft vom 15.03.2012 (BGBl. II S. 178) m.W.v. 01.05.2013; Décret n° 2013-488 du 10 juin 2013 portant publication de l’accord entre la République française et la République fédérale d’Allemagne instituant un régime matrimonial optionnel de la participation aux acquêts, signé à Paris le 4 février 2010 m.W.v. 12. Juni 2013. 25 Vgl. Bundesjustizministerium, Pressemitteilung vom 13.01.2010: (Zugriff: 27.1.2010). 26 Vgl. Rakete-Dombek, NJW 2010, 1313, f. 27 Vgl. Jäger, DNotZ 2010, 804.
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und auf diese Weise Rechtssicherheit für die betroffenen Paare, aber auch für Dritte zu schaffen 28. Begründet wird die deutsch-französische Initiative mit der weiten Verbreitung von Ehen mit Auslandsbezug: Im Jahr 2008 hatten 11 % der Deutschen einen Ehepartner mit ausländischer Staatsangehörigkeit29. Die Anzahl der binationalen Paare hat sich seit dem Jahr 1996 fast verdoppelt: Im Jahr 2008 wurden knapp 1,4 Millionen binationale Paare in Deutschland gezählt. Bei diesen Angaben wurden auch nichteheliche Paare mitgezählt, die zusammen lebten und einen gemeinsamen Haushalt führten30. Aus dieser Erhebung lässt sich – abgesehen von dem Bedarf für ein gemeinsames Güterrecht – der Bedarf für eine Rechtsangleichung für die Vermögensbeziehungen nichtehelicher Lebensgemeinschaften folgern. Das Güterrecht gilt sogar als besonders geeignet für eine Rechtsangleichung. Beide Rechtsordnungen können ihren spezifischen gesetzlichen Güterstand beibehalten, daneben aber einen gemeinsamen Wahlgüterstand schaffen31. In Frankreich ist der gesetzliche Güterstand die Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts), in Deutschland ist es die Zugewinngemeinschaft. Die Zugewinngemeinschaft ist dem französischen Recht nicht unbekannt. Auch nach französischem Recht haben die Ehegatten die Wahl, sich für den Güterstand der Zugewinngemeinschaft (participation aux acquêts)32 zu entscheiden. Das Modell der Zugewinngemeinschaft konnte somit als gemeinsamer Sockel für den vereinheitlichten Güterstand dienen. Der gemeinsame Wahlgüterstand, der im Ehevertrag bei Schließung der Ehe und noch nachträglich vereinbart werden kann33, kombiniert sowohl Elemente der deutschen Zugewinngemeinschaft als auch der französischen Errungenschaftsgemeinschaft. Von der Grundstruktur her ist der deutsch-französische Wahlgüterstand aber eindeutig an die Zugewinngemeinschaft angelehnt34. Diese wiederum wird in einigen Punkten durch Regelungen modifiziert, die sich 28 Vgl.
257.
29
Meier-Bourdeau, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°10 2010, act.
Vgl. Bundesjustizministerium, Pressemittelung vom 04.02.2010: (Zugriff: 17.2.2010). 30 Vgl. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 22.09.2009: (Zugriff: 19.02.2010). 31 Vgl. Meyer, FamRZ 2010, 612 f. 32 Vgl. Art. 1569 bis Art. 1581 C.civ. 33 Vgl. Art. 3 des Abkommens. 34 Vgl. Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 513.
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aus der Errungenschaftsgemeinschaft ergeben. Vor diesem Hintergrund wird der neue deutsch-französische Güterstand auch als „Wahl-Zugewinngemeinschaft“ bezeichnet35. Zunächst stellt sich die Frage, für wen der deutsch-französische Wahlgüterstand anwendbar ist. 1. Anwendungsbereich In den Anwendungsbereich fallen nach der ursprünglichen Idee und Grundkonzeption binationale Ehen: ein Deutscher, der mit einer Französin in Frankreich verheiratet ist, oder umgekehrt ein Franzose, der eine Ehe mit einer Deutschen in Deutschland schließt. Der persönliche Anwendungsbereich geht aber über diese „binationalen“ Konstellationen hinaus. So können auch deutsche Ehegatten, die in Frankreich leben, sowie französische Ehegatten, die in Deutschland leben, die Option des deutsch-französischen Wahlgüterstandes ergreifen. Losgekoppelt von der deutschen oder französischen Staatsangehörigkeit können zudem ausländische Ehepaare, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem der beiden Länder haben, für den deutsch-französischen Wahlgüterstand optieren. Schließlich ist es sogar deutschen Ehepaaren sowie französischen Paaren, die in ihrem jeweiligen Heimatland leben und damit keinen Bezug zum Nachbarstaat haben, möglich, sich für den deutsch-französischen Wahlgüterstand zu entscheiden36. Entscheidend ist nach Art. 1 des Abkommens, dass deutsches oder französisches Recht für den Güterstand der Eheleute Anwendung findet. Der personelle Anwendungsbereich ist also bewusst weit gefasst. Es genügt, wenn das Ehepaar einen bestimmten Bezug (Nationalität, gewöhnlicher Aufenthalt etc.) zu Deutschland oder Frankreich hat37. Der persönliche Anwendungsbereich geht über Ehegatten hinaus, auch Eingetragene Lebenspartner können den deutsch-französischen Wahlgüterstand als zwischen ihnen herrschendes Vermögensregime bestimmen, nicht jedoch Paare, die einen PACS geschlossen haben38. Erforderlich ist in jedem Fall, dass die Paare den deutsch-französischen Wahlgüterstand ehevertraglich vereinbaren (Art. 3 des Abkommens).
Jäger, DNotZ 2010, 804. Meyer, FamRZ 2010, 612, 614. 37 Vgl. Meier-Bourdeau, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°10 2010, act. 257. 38 Vgl. Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 514. 35 Vgl.
36 Vgl.
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2. Güterrechtliche Regelungen Bereits die Bezeichnung „Wahl-Zugewinngemeinschaft“ in Art. 2 des Abkommens zeigt die Nähe zur deutschen Zugewinngemeinschaft. Während des Beste hens der Ehe bleibt das Vermögen der Ehegatten grundsätzlich getrennt, jeder Ehegatte kann abgesehen von wenigen Beschränkungen frei über sein Vermögen verfügen. Am Ende der Ehe ergibt sich gegebenenfalls ein Zugewinnausgleichsanspruch zugunsten desjenigen, der den geringeren Zugewinn gemacht hat. Bei den Verfügungsbeschränkungen, die während der Ehe bestehen, zeigt sich der Einfluss des französischen Rechts. Während nach § 1365 BGB nur Verfügungen über das Vermögen im Ganzen, die ein Ehegatte ohne Einwilligung des anderen vornimmt, unwirksam sind, bezieht sich die Verfügungsbeschränkung aus Art. 5 I sogar auf Rechtsgeschäfte, durch welche Rechte an der Familienwohnung betroffen sind. Hierin zeigt sich der Einfluss des allgemeinen französischen Güterrechts (régime primaire) (Art. 215 al. 3 C.civ.)39. Sinn und Zweck der Verfügungsbeschränkung, die dem französischen Recht nachempfunden ist, ist ein stärkerer Schutz der Familie, als ihn das deutsche Recht gewährt 40. Auch Art. 6 des Abkommens ist an das französische Recht angelehnt. Er sieht die gesamtschuldnerische Haftung der Ehegatten für Schulden vor, die zur Haushaltsführung und für den Bedarf der Kinder gemacht werden (Art. 220 C. civ.). Bei der Beendigung der Zugewinngemeinschaft bestehen ebenfalls Unterschiede zum deutschen Recht. Was die Berechnung des Zugewinns angeht, wurde ein Kompromiss aus deutschen und französischen Regelungen geschaffen41. Nach französischem Recht wird das Anfangsvermögen nämlich am Tag der Beendigung und Liquidation des Güterstandes bemessen, nach deutschem Recht dagegen bei Begründung des Güterstandes42. Der Mittelweg, den das Abkommen in Art. 9 hergestellt hat, lautet wie folgt: „(1) Das Anfangsvermögen wird wie folgt bewertet: 1. Am Tag des Eintritts des Güterstandes vorhandene Gegenstände werden mit dem Wert angesetzt, den sie zu diesem Zeitpunkt hatten.“
Hierin zeigt sich der Bezug zum deutschen Recht (§ 1376 BGB). „2. Nach dem Tag des Eintritts des Güterstandes erworbene Gegenstände, die nach Artikel 8 Absatz 2 dem Anfangsvermögen zuzurechnen sind, werden mit dem Wert angesetzt, den sie am Tag des Erwerbs hatten.“ Simler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°20 2010, 1203. Meyer, FamRZ 2010, 612, 614. 41 Vgl. Jäger, DNotZ 2010, 804, 810. 42 Vgl. Simler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°20 2010, 1203. 39 Vgl.
40 Vgl.
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Die Berücksichtigung der Wertsteigerung der Gegenstände, die während der Ehe erworben wurden, ist eine Anlehnung an die französische Regelung (Art. 1571 C.civ.) mit dem Prinzip der Aufwertung, des valorisme43. Ebenso verhält es sich für alle Grundstücke und grundstücksgleichen Rechte (Art. 9 II des Abkommens). Zudem wird durch das Abkommen eine Begrenzung des Zugewinnausgleichs eingeführt, die im deutschen Recht nicht existiert: So bestimmt Art. 14 des Abkommens, dass die Zugewinnausgleichsforderung auf den halben Wert des Vermögens des Ausgleichspflichtigen begrenzt wird. 3. Kritische Würdigung Vom Erfolg dieses „Pilotprojekts für ein europäisches Familienrecht“ hängt ab, ob es in weiteren Bereichen des Familienrechts zu einer Rechtsangleichung bzw. Harmonisierung zunächst zwischen Deutschland und Frankreich und sodann in weiteren Ländern Europas kommen wird. In der Literatur wird dem Abkommen eher geringe Bedeutung beigemessen, jedenfalls was die französische Seite anbelangt: In Frankreich existiert die Zugewinngemeinschaft bereits als Wahlgüterstand – participation aux acquêts –, sie ist jedoch nicht besonders beliebt44. Wollen die Franzosen den Folgen der Errungenschaftsgemeinschaft ausweichen, so wählen sie in der Regel die Gütertrennung. Für die deutsche Rechtsordnung stellt der Wahlgüterstand in inhaltlicher Hinsicht keine innovative Neukonzeption dar45, da er deutlich an der deutschen Zugewinngemeinschaft ausgerichtet ist. Von Drittländern hat bisher nur Luxemburg sein Interesse angekündigt, dem Abkommen beizutreten46. Dennoch bietet das Abkommen für binationale Ehen besondere Vorteile: Rechtsanwender müssen nicht auf ausländische Regelungen in fremder Sprache zurückgreifen, um güterrechtliche Streitigkeiten zwischen den Eheleuten zu klären. Drittgläubiger, vor allem Banken, können sich unproblematisch über die güterrechtlichen Beschränkungen informieren, wenn sie Projekte der Eheleute finanzieren sollen47. Positive Stimmen aus der Literatur sehen in dem gemeinsamen Abkommen einen gerechten Kompromiss zwischen deutschen und französischen Güterrechtsregelungen und einen gelungenen Schritt in Richtung einer Harmonisierung des europäischen Familienrechts48. Denkbar wäre für die ZuSimler, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°20 2010, 1203. Finger, FuR 2010, 481 f. 45 Vgl. Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 535. 46 Vgl. Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 532. 47 Vgl. Jäger, DNotZ 2010, 804, 823. 48 Vgl. Meier-Bourdeau, La Semaine Juridique Notariale et Immobilière n°10 2010, act. 257. 43 Vgl.
44 Vgl.
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kunft auch ein europäischer Güterstand basierend auf der in vielen europäischen Ländern vorherrschenden Errungenschaftsgemeinschaft 49. II. Rechtsvereinheitlichung durch Einführung eines deutsch-französischen PACS? Dem deutsch-französischen Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft als erstes Projekt materieller Rechtsvereinheitlichung im europäischen Familienrecht könnte ein zweites folgen: Ein deutsch-französischer PACS – also eine registrierte Partnerschaft für nicht miteinander verheiratete Paare gleichen und verschiedenen Geschlechts. Die Schaffung eines weiteren bilateralen Abkommens ließe sich vor dem Hintergrund der Zunahme binationaler Partnerschaften in Deutschland und Frankreich rechtfertigen. Diese Entwicklung hat bereits die Gesetzgeber beider Länder zum gemeinsamen Projekt im ehelichen Güterrecht veranlasst50. Es würden sich bei der Einführung einer deutsch-französischen registrierten Partnerschaft jedoch Probleme ergeben, die es bei der Schaffung des deutsch-französischen Wahlgüterstandes nicht gab. Das eheliche Güterrecht beider Länder weist – wie oben gezeigt – viele Gemeinsamkeiten auf. Die Zugewinngemeinschaft, gesetzlicher Güterstand in Deutschland, ist einer der möglichen Wahlgüterstande in Frankreich. Auf diesen gemeinsamen Sockel konnte zurückgegriffen werden, um davon ausgehend einen neuen Güterstand als harmonisierte Lösung für beide Rechtsordnungen zu schaffen51. Für die registrierten Partnerschaften sieht die Rechtslage hingegen anders aus. Die deutsche Eingetragene Lebenspartnerschaft und der französische PACS unterscheiden sich grundlegend. Während die Eingetragene Lebenspartnerschaft als Äquivalent zur Ehe für gleichgeschlechtliche Paare konstruiert ist, wurde der PACS als hierarchisch der Ehe untergeordnetes Rechtsinstitut vertraglichen Typus geschaffen, das sowohl gleichgeschlechtlichen als auch verschiedengeschlechtlichen Partnern offensteht. Die Bindungsintensität, die Partner mit der Eingehung einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft anstreben, ist vergleichbar mit derjenigen, die Paare durch Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 535 f. Erläuterungen des BMJ zum deutsch-französischen Abkommen über den Güterstand der Wahlzugewinngemeinschaft auf: (Zugriff: 7.11.2013). 51 Vgl. zur Entstehungsgeschichte des deutsch-französischen Wahlgüterstandes u. a. Dethloff, RabelsZ 76 (2012), 512 f. 49 Vgl.
50 Vgl.
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die Eheschließung bewirken möchten. Vor diesem Hintergrund wird die Eingetragene Lebenspartnerschaft nicht zu Unrecht im Volksmund als „Homo-Ehe“ bezeichnet. Obwohl der PACS ursprünglich geschaffen wurde, um gleichgeschlechtlichen Paaren einen rechtlichen Rahmen für ihre Partnerschaft anzubieten, wählen mit überragender Mehrheit heterosexuelle Paare den PACS52. Die Paare, die einen PACS abschließen, könnten demzufolge die Ehe miteinander eingehen. Sie entscheiden sich aber bewusst für eine Partnerschaftsform mit geringerer Bindungsintensität. In Anbetracht dessen wird der PACS oftmals als „Ehe light“ (mariage bis) bezeichnet. Im Hinblick auf diese Divergenzen in der Grundausrichtung beider registrierten Partnerschaften müsste sich ein deutsch-französisches Rechtsinstitut entweder an der deutschen Eingetragenen Lebenspartnerschaft oder am französischen PACS orientieren. Gegen die erste Lösung, eine „deutsch-französische Eingetragene Lebenspartnerschaft“, spricht folgender Aspekt: In Frankreich ist inzwischen die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt worden. Mit dem deutsch-französischen Wahlgüterstand, der von seinem Anwendungsbereich her auch Eingetragene Lebenspartner erfasst, existiert bereits ein bilaterales Güterrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Im Wege der Rechtsvereinheitlichung eine weitere der Ehe äquivalente Partnerschaft zu implementieren, erscheint wenig sinnhaft. Der Schaffung eines „deutsch-französischen PACS“ stünde entgegen, dass bislang keine registrierte Partnerschaft für verschiedengeschlechtliche Paare in der deutschen Rechtsordnung existiert. Und die Einführung eines PACS nach französischem Vorbild – als Konkurrenzmodell zur Ehe – wäre verfassungsrechtlich wohl unzulässig53. Allein unter der Hypothese, dass der deutsche Gesetzgeber einen PACS kodifizierte, der als Partnerschaftsinstitut auf vertraglicher Basis in deutlichem Abstand zur Ehe ausgestaltet wäre, könnte an eine Harmonisierung zwischen beiden Rechtsordnungen gedacht werden. Würde man einen solchen PACS in die deutsche Rechtsordnung in einem ersten Schritt einführen, so wäre der Weg für ein weiteres bilaterales Abkommen zur Schaffung eines deutsch-französischen PACS in einem zweiten Schritt eröffnet. Undenkbar erscheint dieser Weg nicht.
52 Nach statistischen Zahlen leben nur 6 % der Personen, die einen PACS abgeschlossen haben, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft, vgl. Angaben der statistischen Behörde Insée (Zugriff: 6.11.2013). 53 S.o. Teil 4 C. III.
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III. Rechtsharmonisierung durch Kodifizierung eines vermögensrechtlichen Ausgleichsregimes unter Anknüpfung an die faktische Paarbeziehung? Die Einführung eines deutsch-französischen PACS könnte man als „große Lösung“ bezeichnen, weil dadurch in beiden Ländern die familienrechtliche Hier archie der Partnerschaftsformen durch eine weitere registrierte Partnerschaft ergänzt würde. Andererseits würde durch die Schaffung eines weiteren Rechtsinstituts nicht die Beendigungsproblematik nichtehelicher Lebensgemeinschaften gelöst. Die vermögensrechtlichen Abwicklungsschwierigkeiten in beiden Rechtsordnungen ergeben sich nämlich oftmals daraus, dass die Partner es bewusst unterlassen haben, eine rechtliche Verfestigung ihrer Partnerschaft zu erzielen. Es gibt Paare, die es ablehnen, ihrer Partnerschaft einen institutionellen Rahmen durch die Eheschließung zu geben. Und obwohl der PACS in Frankreich großen Erfolg hat, schließen längst nicht alle nichtehelichen Paare einen solchen ab54. Die Einführung eines PACS für die deutsche Rechtsordnung würde vor diesem Hintergrund nur einem gewissen Anteil nichtehelicher Paare helfen, Konflikte bei der Vermögensauseinandersetzung zu vermeiden. Die meisten nichtehelichen Paare erachten es in Deutschland und Frankreich nicht für erforderlich, durch den Abschluss eines individuellen Partnerschaftsvertrages ihrer Partnerschaft zumindest eine „vertragliche Einbettung“ zu geben. Das zeigt, dass nicht jede faktisch gelebte nichteheliche Lebensgemeinschaft nach dem Willen der Partner zu einer Rechtsgemeinschaft werden soll, an welche sich Begünstigungen und Verpflichtungen knüpfen, die die Lebensgefährten nur noch in begrenztem Maße abbedingen können. Genau dieses Argument, das in beiden Rechtsordnungen in der Debatte gegen die Kodifizierung eines umfangreichen Rechtsstatuts für nichteheliche Lebensgemeinschaften eingebracht wird55, mag für die Dauer der Lebensgemeinschaft stichhaltig sein. In der Beendigungsphase der nichtehelichen Lebensgemeinschaft geraten die Partner jedoch oftmals in Streit um gemeinsame Vermögenswerte und suchen nach festen Rechtsregeln, welche gerechte Lösungen für ihren Konflikt bieten. Der so umschriebene soziale Konflikt, der sich in beiden Rechtsordnungen gleichermaßen stellt, bedarf einer Antwort. Für die deutsche und französische Rechtsordnung – separat betrachtet – wurden bereits
54 Nach statistischen Angaben von Insée zu Paaren in der Ile-de-France sind 71 % verheiratet, 24 % führen eine union libre – also eine faktische Lebensgemeinschaft – und 5 % haben einen PACS geschlossen: (Zugriff: 11.11.2013). 55 Vgl. oben Teil 4 A. III.
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Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt56, die im Ergebnis auf eine Kodifizierung vermögensrechtlicher Ausgleichsansprüche hinauslaufen. Für eine Lösung auf der Ebene der Rechtsvereinheitlichung bzw. Rechtsharmonisierung fehlt es bislang am gemeinsamen Sockel kodifizierter Ausgleichsansprüche. Allerdings hat die vergleichende Gegenüberstellung der Rechtsprechung beider Länder gezeigt57, dass es durchaus Übereinstimmungen bei der Vermögensauseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften im deutschen und französischen Recht gibt. Ausgehend von den gemeinsamen Rechtsprechungsgrundsätzen des BGH und der Cour de cassation könnte in beiden Rechtsordnungen ein inhaltlich übereinstimmendes gesetzliches Ausgleichsregime für nichteheliche Lebensgemeinschaften kodifiziert werden. Dies würde zur Steigerung der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sowohl für die Betroffenen als auch für die rechtsanwendenden Richter beitragen. Anknüpfungspunkt für das Ausgleichsregime ist eine gemeinsame Defini tion nichtehelicher Lebensgemeinschaften, die sich an diejenige des concubinage im Code civil anlehnen könnte. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist gekennzeichnet durch das dauerhafte und stabile Zusammenleben als Paar von zwei Personen gleichen oder verschiedenen Geschlechts. Die in beiden Rechtsordnungen herangezogenen Kriterien der nichtehelichen Lebensgemeinschaft – Zusammenleben in einer Paarbeziehung, Gleich- oder Verschiedengeschlechtlichkeit, Monogamie, Stabilität – wären von einer solchen Definition umfasst. Anknüpfend an die Definition könnten Grundregeln für den Ausgleich bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft kodifiziert werden. Erster Grundsatz wäre, dass kein nachträglicher Ausgleich für Ausgaben gefordert werden kann, die für laufende Unterhaltsbedürfnisse zur Ausgestaltung des Zusammenlebens als Paar geleistet wurden. Sowohl die Rechtsprechung des BGH als auch die der Cour de cassation erhebt zum Prinzip, dass es bei der Auseinandersetzung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften nachträglich keine Abrechnung „auf Heller und Pfennig“ geben soll. Dies wäre nicht nur unpraktikabel, sondern auch von den meisten Paaren, die in ihrer Lebensgemeinschaft im Hinblick auf alltägliche Ausgaben ein „Geben und Nehmen“ praktizieren, kaum gewünscht. Als zweiter Grundsatz lässt sich herausarbeiten, dass für darüber hinausgehende Vermögensbildung von erheblichem Umfang ein Ausgleich aus Gerechtigkeitsgründen geboten sein kann. Grund dafür ist, dass die formal dingliche 56 57
Vgl. oben Teil 4 B. I und Teil 4 B. II. Vgl. oben Teil 2 C. V.
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Zuordnung eines bestimmten Vermögensgegenstandes oder einer Vermögensmasse nicht widerspiegelt, ob der dinglich nicht berechtigte Partner maßgeblich zu der Vermögensbildung durch seine Arbeitskraft oder durch seine finanziellen Beiträge beigetragen hat. An dieser Stelle kommen dann gesellschaftsrechtliche und subsidiär dazu bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche zum Tragen. Wann ein Beitrag erheblichen Umfangs nun konkret gegeben ist, wäre ins Ermessen des Richters gestellt. Dies führt einerseits zwar zur Rechts unsicherheit bei den Betroffenen, dient aber andererseits auch der Einzelfallgerechtigkeit. Entscheidend ist dabei, welche finanziellen Mittel den Partnern individuell zur Verfügung stehen. Pauschale Grenzen lassen sich nicht festlegen. Jedenfalls sollte es nicht nur zwischen vermögenden Partnern zu Ausgleichsansprüchen kommen. Ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleich könnte unter folgenden Voraussetzungen zugebilligt werden: Haben die nichtehelichen Partner gleichberechtigt Beiträge in Form von Kapital- oder Arbeitsleistungen erbracht, Gewinn und Verlust geteilt, und dabei die Absicht verfolgt, einen wirtschaftlich gemeinsamen Vermögenswert zu schaffen, so ist bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft an den dinglich nicht berechtigten Partner Ausgleich entsprechend seines Beitrags zu leisten. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch wäre subsidiär zum gesellschaftsrechtlichen Ausgleich unter folgenden Bedingungen denkbar: Hat ein nichtehelicher Partner vermögenswerte Leistungen in erheblichem Umfang ohne rechtlichen Grund erbracht und dabei in erkennbarer Weise den Zweck erfolgt, dauerhaft gemeinsam mit dem andern Partner am so geschaffenen Vermögenswert zu partizipieren, so ist der Leistende bei Beendung der Lebensgemeinschaft berechtigt, den im Vermögen des anderen Partners noch verbleibenden Vermögensvorteil zurückzuverlangen, es sei denn, dass er bereits während der Beziehung eine entsprechende Gegenleistung erhalten hat. Schließlich wäre zum Schutz des wirtschaftlich schwächeren Partners, der im Vertrauen auf den Bestand der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Haushaltsführung und Kinderbetreuung übernommen hat, ein Ausgleichsanspruch zu kodifizieren. Im Gegensatz zu erheblichen Kapital- und Arbeitsleistungen, die sowohl nach der Rechtsprechung des BGH als auch nach der Cour de cassation nicht kompensationslos bleiben, lässt sich im Hinblick auf die „Familienarbeit“ kein gemeinsames Prinzip der obersten Gerichte herausbilden. Der BGH gewährt keinen vermögensrechtlichen Ausgleich, die Cour de cassation greift auf das Schadensrecht zurück, um für die verlassene concubine die vermögensrechtlichen Folgen der Trennung abzumildern. Denkbar wäre für beide Rechtsordnungen ein einmaliger, pauschaler Ausgleichsanspruch vergleichbar mit der prestation compensatoire französischen Rechts für Ehegatten, deren Höhe ins
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Ermessen des Richters gestellt wird: Ein nichtehelicher Partner kann bei Trennung Ausgleich fordern für das Ungleichgewicht zwischen den Vermögen der Partner, welches dadurch eingetreten ist, dass er in erheblichem Umfang Haushaltsführung und Kindererziehung übernommen hat.
Zusammenfassung und Gesamtergebnis Dass nichteheliche Lebensgemeinschaften bewusst das Recht ignorieren und daher keinen rechtlichen Schutz einfordern können – wie Napoléon Bonaparte einst feststellte –, ist dadurch widerlegt, dass gerade bei Trennungskonflikten ein Bedarf nach Normen besteht, die einen gerechten Ausgleich zwischen den Partnern herstellen. Die Ablehnung eines solchen Ausgleichs mit dem pauschalen Verweis darauf, dass die nichteheliche Partnerschaft sich in Ermangelung eines rechtlichen Begründungsakts im „rechtsfreien Raum“ abspiele, käme im Hinblick auf die betroffenen Paare einer Rechtsverweigerung gleich und stellt insofern weder für die deutsche noch für die französische Rechtsordnung eine tragfähige Begründung dar. Im Hinblick auf das die nichtehelichen Lebensgemeinschaften charakterisierende Spannungsverhältnis – zwischen der gewollten rechtlichen Bindungslosigkeit auf der einen Seite und der Einforderung rechtlichen Schutzes auf der anderen Seite – ist es vielmehr eine Herausforderung für die deutsche und französische Rechtsordnung, nach gerechten Ausgleichsmechanismen für die Beendigungskonflikte nichtehelicher Paare zu suchen und diese rechtlich zu verankern. Die vorliegende Arbeit beinhaltet eine vergleichende Gegenüberstellung der Ausgleichsmechanismen, die nach der deutschen und französischen Rechtsprechung zur Anwendung gelangen, und liefert Optionen für eine Kodifizierung vermögensrechtlicher Ansprüche bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. 1. „Massenphänomen“ ohne Rechtsstatut Ausgangspunkt für die rechtsvergleichende Untersuchung war die Herausbildung eines konkreten Sachproblems1. Dieses hat sich folgendermaßen dargestellt: Die nichteheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland und Frankreich hat sich zum Massenphänomen entwickelt und sich als Partnerschaftsform neben der Ehe als eine nicht mehr hinweg zu denkende Realität etabliert2. Bislang ist es in beiden Staaten jedoch nicht zu einer mit dieser gesellschaftlichen Entwicklung einhergehenden Kodifizierung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ge1 2
Vgl. Einleitung B. II. 1. Vgl. Einleitung A. I.
278
Zusammenfassung und Gesamtergebnis
kommen. Aus der fehlenden Kodifizierung ergeben sich während des Zusammenlebens der Partner in der Regel keine oder wenige rechtliche Probleme. Die besondere Konfliktlage, die jedoch bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft ausgelöst wird, resultiert daraus, dass die Partnern im Vertrauen auf das Fortbestehen der Gemeinschaft oftmals über Jahre oder Jahrzehnte hinweg zusammengewohnt und gemeinsam gewirtschaftet haben. Es wurde dabei gemeinsames Vermögen gebildet, dieses wurde wiederum von den Partnern gemeinsam investiert oder auch dauerhaft zwischen den Partnern verschoben. Dabei lassen sich die erfolgten Vermögensverschiebungen, insbesondere wenn man die alltäglich anfallenden Ausgaben des Zusammenlebens berücksichtigen will, im Nachhinein kaum noch feststellen, geschweige denn beweisen. Während die Partner bei bestehender Partnerschaft keinen Bedarf nach einer „Abrechnung“ sehen, fordern sie in der Beendigungsphase ein „gerechtes“ Ausgleichsregime für erfolgte Vermögensverschiebungen und die Aufteilung gemeinsam geschaffener Werte. 2. Widerstreitende Erwartungen nichtehelicher Paare an den vermögensrechtlichen Ausgleich Im Hinblick auf die Lösung des konkreten Sachproblems sind verschiedene Erwartungen der nichtehelichen Partner an ein gerechtes Ausgleichsregime in Einklang zu bringen, die sich jedoch zum Teil widersprechen. Einerseits soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die Partner bewusst auf die Ehe verzichtet haben. Das bedeutet bezogen auf einen nachpartnerschaftlichen Ausgleich, dass von den Partnern in der Regel keine pauschalen und schematischen Lösungen angestrebt werden, wie sie die gesetzlichen Güterstände in Deutschland mit der Zugewinngemeinschaft – und in Frankreich mit der Errungenschaftsgemeinschaft (communauté réduite aux acquêts) – vorsehen3. Andererseits erwarten die nichtehelichen Partner sehr wohl Ausgleich im Hinblick auf erhebliche Zuwendungen, die sie im Vertrauen auf den Fortbestand der Lebensgemeinschaft gemacht haben und die bei Beziehungsende dinglich dem Vermögen des anderen Partners zugeordnet werden. Hierfür bedarf es eines Ausgleichsmodus, der ihrer gelebten Paarbeziehung und der damit einhergehenden wirtschaftlichen Verflechtung ihrer Vermögen Rechnung trägt. Da raus ergibt sich, dass ein umfassendes nachträgliches „Abrechnungsverbot“ bezüglich erbrachter Leistungen zur Lösung des Sachproblems weder beiträgt4 noch die Erwartungen der Rechtssuchenden erfüllt. 3
Vgl. Teil 2 B. I. 1. und 2. zur früheren BGH Rechtsprechung zum „Abrechnungsverbot“ Teil 2 C. III. 1. a) sowie zur Kritik daran Teil 2 C. III. 1. b). 4 Vgl.
Zusammenfassung und Gesamtergebnis
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3. Untätigkeit der Legislative, Fehlen individualvertraglicher Regelungen Eine gesetzgeberische Lösung des Sachproblems findet sich in beiden Rechtsordnungen nicht. Im Unterschied zu vielen anderen europäischen Staaten5 ist es weder in Deutschland noch in Frankreich bislang zu einer Kodifizierung vermögensrechtlicher Ausgleichsansprüche gekommen. Angesichts der Häufigkeit von Gerichtsprozessen, die Beendigungskonflikte nichtehelicher Paare zum Inhalt haben, mag die Untätigkeit des Gesetzgebers in diesem Bereich erstaunen. Die Prämisse, man könne die vermögensrechtliche Auseinandersetzung der privatautonomen Entscheidung der Partner unterstellen, scheitert daran, dass nur in den wenigsten nichtehelichen Lebensgemeinschaften Partnerschaftsverträge abgeschlossen werden6. In Ermangelung einer legislativen oder privatautonomen Ausgestaltung der Vermögensverhältnisse zwischen den nichtehelichen Paaren bleibt es der deutschen und französischen Judikative überlassen, dem Ausgleichsbedürfnis bei Beendigung der Lebensgemeinschaft gerecht zu werden. Die Grundsätze, welche nunmehr die Rechtsprechung in Deutschland und in Frankreich zur Lösung des Sachproblems herausgebildet hat – und dies ist als zentrales Ergebnis der Arbeit festzuhalten –, weisen in vielerlei Hinsicht Übereinstimmungen auf. 4. Keine direkte oder analoge Anwendung des Güterrechts Auf die Frage, wie eine langjährige Partnerschaft vermögensrechtlich auseinanderzusetzen ist, liefert das eheliche Güterrecht beider Rechtsordnungen eine Antwort7. Das eheliche Güterrecht diente der Rechtsprechung beider Länder im Hinblick auf die konkrete Sachfrage einerseits als Orientierung, andererseits aber auch als abzugrenzendes Gegenmodell. Orientierung lieferte das eheliche Güterrecht, weil sich die vermögensrechtlichen Verflechtungen bei der ehelichen und nichtehelichen Lebensgemeinschaft dadurch ergeben, dass zwei Menschen als Paar zusammenwohnen und gemeinsam wirtschaften. Konkret bedeutet dies, dass sowohl bei Ehegatten als auch bei nichtehelichen Partnern die Vermögensbildung und die Investition gemeinsamer Vermögenswerte im Hinblick auf die Ausgestaltung und das Fortbestehen der Lebensgemeinschaft sowie auf die in der Partnerschaft gewählte Rollenverteilung betrieben werden. Vor diesem Hintergrund stellen sich bei der Beendigung der Ehe die gleichen Fragen wie bei der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft: Was ist das Schicksal gemeinsam angeschaffter Güter? Wie wird erfolgte Mitarbeit im 5
Vgl. Teil 4 A. II. Vgl. Teil 2 A. II. 7 Vgl. Teil 2 B. 6
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Betrieb eines Partners ausgeglichen? In welcher Weise ist Ausgleich zu leisten für erfolgte finanzielle Beiträge oder Arbeitsleistungen im Hinblick auf das gemeinsame Familienheim? Rechtlich gesehen ist die Ehe – als institutionalisierte Form partnerschaftlichen Zusammenlebens – allerdings grundlegend von der nichtehelichen faktischen Lebensgemeinschaft zu unterscheiden. Die eheliche Gemeinschaft wird durch Rechtsakt begründet, während sich die Begründung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft im rechtsfreien Raum abspielt. Die Eingehung der Ehe generiert eine Vielzahl von Rechtspflichten im persönlichen und vermögensrechtlichen Bereich, welche durch die Begründung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht entstehen. Die Ehegatten verbindet eine Rechtsgemeinschaft, die nichtehelichen Lebensgefährten verbindet eine faktische dauerhafte Paarbeziehung. Dies impliziert bezogen auf den vermögensrechtlichen Bereich, dass sich die pauschalen Ausgleichsmechanismen, die das eheliche Güterrecht und insbesondere die gesetzlichen Güterstände in Deutschland und Frankreich vorsehen, weder direkt noch analog auf die nichteheliche Lebensgemeinschaft anwenden lassen. In dieser Bewertung stimmen die Rechtsprechung des BGH und der Cour de cassation überein8. Und auch im Zuge der gesellschaftlich und auch rechtlich vollzogenen „Aufwertung“ nichtehelicher Paarbeziehungen wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach an dieser Einschätzung nichts ändern. Ein Motiv, die Ehe klar von der nichtehelichen Lebensgemeinschaft abzugrenzen, ist in beiden Rechtsordnungen, dass die Ehe verfassungsrechtlich der nichtehelichen Lebensgemeinschaft übergeordnet ist9. Der besondere Schutz, welcher der Ehe beigemessen wird, stellt zwar keinen Grund dar, nichteheliche Paarbeziehungen zu diskriminieren. Jedoch wird von den obersten Gerichten in Deutschland und Frankreich streng darauf geachtet, dass die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht in allen Punkten an die Ehe angeglichen wird. Auch vor diesem Hintergrund werden in beiden Rechtsordnungen pauschale Analogien zum Eherecht, jedenfalls was den vermögensrechtlichen Bereich angeht, abgelehnt. Unabhängig von der hierarchisch übergeordneten Stellung der Ehe würde die Ausdehnung güterrechtlicher Regelungen, wie bereits angedeutet, dem Willen nichtehelicher Partner widersprechen. Die Ehe wird durch Rechtsakt begründet. Dabei gehen die Eheschließenden zumeist davon aus, dass sie von nun an eine Rechts- und Vermögensgemeinschaft bilden10. Diesen Schritt wollen nichteheli8
Vgl. Teil 2 B. I. 4. Vgl. Art. 6 GG; la liberté du mariage als Element der Freiheitsgarantie aus Art. 66 der französischen Verfassung. 10 Auch wenn wie beim deutschen gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft formal das Vermögen der Ehegatten getrennt bleibt, gehen 89 % derjenigen, die im gesetzli9
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che Paare hingegen nicht gehen. Sie scheuen vor den weitreichenden finanziellen Konsequenzen zurück, welche beim Scheitern der Ehe eintreten können. 5. Übertragbarkeit der Ausgleichsmechanismen des „Nebengüterrechts“ Doch nicht in jeder Ehe wird das Vermögen der Partner automatisch „vergemeinschaftet“. Dass das Vermögen der Partner grundsätzlich getrennt bleiben soll, entspricht vielmehr dem Grundgedanken der Gütertrennungsehe (séparation de biens), welche in beiden Rechtsordnungen einer der Wahlgüterstände ist. Vor diesem Hintergrund überrascht das Ergebnis dieser Arbeit nicht, dass sich die Lösungen zu den Trennungskonflikten nichtehelicher Paare in beiden Rechtsordnungen dogmatisch und inhaltlich an den Auseinandersetzungsmechanismen der Gütertrennungsehe orientieren. Die Gemeinsamkeiten zwischen Gütertrennungsehe und nichtehelicher Lebensgemeinschaft ergeben sich dadurch, dass zwar vom Grundsatz her Vermögenstrennung zwischen den Partnern herrscht und demzufolge kein nachträglicher Ausgleich bei Beendigung der Lebensgemeinschaft geboten ist. Dieser Grundsatz wird jedoch bei wirtschaftlich erheblichen Vermögensverschiebungen zwischen den Ehegatten von der Rechtsprechung in beiden Rechtsordnungen bisweilen durchbrochen, insbesondere wenn die formale Vermögenstrennung zu unbilligen Ergebnissen für denjenigen Partner führt, der zwar erhebliche Beiträge finanzieller Art oder Arbeitsleistungen von erheblichem Umfang erbracht hat, der aber dinglich nicht am erwirtschafteten Vermögensvorteil berechtigt wird. Weder im deutschen noch im französischen Recht führen finanzielle Leis tungen oder Arbeitsleistungen erheblichen Umfangs, die einer der Partner im Hinblick auf den Erwerb, die Wertverbesserung oder die Erhaltung eines Vermögensgegenstandes erbringt, zu seiner dinglichen Mitberechtigung. Wird im Erwerbsakt hälftiges Miteigentum vereinbart, wird das Vermögen bei Beendigung der Lebensgemeinschaft dementsprechend aufgeteilt – unabhängig davon, ob einer der Partner erheblich höhere Finanzierungsbeiträge geleistet hat als der andere11. Ein nachträglicher Ausgleich kann allein über die Anwendung der durch Richterrecht geprägten schuldrechtlichen Ansprüche, also des sogenannten Nebengüterrechts, vollzogen werden.
chen Güterstand leben, davon aus, dass alles, was während der Ehe erworben wird, beiden Partnern gleichermaßen gehört, vgl. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Sinus Sociovision – Partnerschaft und Ehe, Entscheidungen im Lebensverlauf, S. 50. 11 Vgl. Teil 2 C. I.
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Die vergleichende Gegenüberstellung zum Ausgleich zwischen den Ehegatten außerhalb des Güterrechts12 hat ergeben, dass die deutsche und die französische Rechtsprechung bei der Anwendung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche zur vermögensrechtlichen Auseinandersetzung von Gütertrennungsehen dem Umstand Rechnung tragen, dass sich bei Beendigung der Ehe – anders als bei anderen über das Schuldrecht abzuwickelnden Rechtsbeziehungen – keine antagonistischen Vertragspartner gegenüberstehen, sondern Lebenspartner, die über Jahre hinweg gemeinsame Ziele verfolgt haben, wie beispielsweise die Investition in ein Familienheim oder die Leitung eines gemeinsamen Unternehmens. Vor diesem Hintergrund erhalten die schuldrechtlichen Ausgleichsregime in beiden Rechtsordnungen einen „familienrechtlichen Einschlag“. Im Wege richterrechtlicher Rechtsfortbildung wurde das Gesellschaftsrecht beider Rechtsordnungen dahingehend modifiziert, dass zwischen Ehegatten eine konkludent eingegangene Ehegatteninnengesellschaft13 beziehungsweise faktisch begründete Gesellschaft14 konstruiert wurde. Für die besondere Konstellation der Auseinandersetzung einer Paarbeziehung wurde das ansonsten im Gesellschaftsrecht beider Länder gegebene Erfordernis eines Vertragsschlusses abgeschwächt – so geschehen im deutschen Recht –, beziehungsweise es wurde gänzlich auf einen Vertragsschluss verzichtet – so geschehen im französischen Recht. Jedoch lassen sich selbst bei einer Modifizierung der gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsansprüche für den Fall der Beendigung von Lebensgemeinschaften nicht alle Arten von Vermögensverschiebungen über das Gesellschaftsrecht rückabwickeln. Aus diesem Grund wurden von der deutschen Rechtsprechung zwei weitere Rechtsfiguren zur Abwicklung von Gütertrennungsehen geschaffen. Dies sind die ehebedingte Zuwendung15 und der familienrechtliche Kooperationsvertrag sui generis16 . Beide erfassen wirtschaftlich erhebliche Vermögensverschie bungen und werden nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage rückabgewickelt. Die französischen Gerichte bringen – subsidiär zum gesellschaftsrechtlichen Ausgleich – bereicherungsrechtliche Ansprüche zur Anwendung. Die rechtsvergleichende Gegenüberstellung17 im Hinblick auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung außerhalb des Güterrechts hat neben den beschriebenen dogmatischen Übereinstimmungen verdeutlicht, dass vergleichba12
Vgl. Teil 2 B. II. 3. Vgl. zur Ehegatteninnengesellschaft nach deutschem Recht Teil 2 B. II. 1.a). 14 Vgl. zur société de fait nach französischem Recht Teil 2 B. II 2. b). 15 Vgl. Teil 2 B. II b). 16 Vgl. Teil 2 B. II. c). 17 Vgl. Teil 2 B. II. 3. 13
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re Fallgruppen von den Gerichten in ähnlicher Weise beschieden werden. Übereinstimmend wird nachträglicher Ausgleich für die Kosten des alltäglichen Bedarfs verweigert. Auch bei Gütertrennungsehen bleibt es nämlich bei der Grundregel, dass die Partner während der Ehe einander Unterhalt schulden. Eine nachträgliche richterrechtliche Korrektur zum Ausgleich erfolgter Unterhaltsleistungen wäre demzufolge nicht angebracht. Über die Kosten des alltäglichen Bedarfs hinausgehende Vermögensverschiebungen werden dagegen von den Gerichten beider Länder anders bewertet. Gerade aus Billigkeitsgesichtspunkten wird das Ergebnis revidiert, nach welchem bei Ende der Ehe nur einer der Partner die „Früchte“ des gemeinsam aufgebauten Unternehmens ernten soll oder nur einer der Partner den Vermögensvorteil aus dem gemeinsam finanzierten Familienheim ziehen kann. Die vereinbarte Gütertrennung entfaltet nach Ansicht der Rechtsprechung keine diesbezügliche Sperrwirkung. Demgegenüber werden die Erwerbsnachteile, die ein Partner während der Gütertrennungsehe durch Haushaltsführung und Kindererziehung erlitten hat, in beiden Rechtsordnungen nicht durch einen vermögensrechtlichen Ausgleich kompensiert. Den Interessen des wirtschaftlich schwächeren Partners bei einer asymmetrischen Rollenverteilung im Sinne einer „Hausfrauenehe“ werden damit in beiden Rechtsordnungen allein die gesetzlichen Güterstände gerecht, indem bei Beendigung der Ehe pauschal bemessene Ausgleichsansprüche entstehen18. In beiden Rechtsordnungen vollzieht sich der vermögensrechtliche Ausgleich zwischen nichtehelichen Partnern ähnlich wie bei der Gütertrennungsehe zwar außerhalb des Familienrechts, aber unter Berücksichtigung von Wertungen, die dem Familienrecht entnommen sind. Auch im Hinblick auf die Anwendung der einzelnen Ausgleichsansprüche, insbesondere des Gesellschafts- und Bereicherungsrechts, verfahren BGH und Cour de cassation in vergleichbarer Weise. 6. Keine „Totalabrechnung“ bei Beziehungsende Die vergleichende Betrachtung der Rechtsprechung des BGH und der Cour de cassation zur Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften hat gezeigt19, dass es nach Auffassung der Gerichte zu keiner „Totalabrechnung“ bei Beziehungsende kommen soll. Diese Ausgaben haben nach dem Willen der Partner zur Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft gedient und ihren Zweck erfüllt. Folglich findet ein nachträglicher Ausgleich nicht statt. Bei diesem Grundsatz zeigt sich der „familienrechtliche Einschlag“ der Rechtsprechung, 18
19
Vgl. Teil 2 B. I. 4. Vgl. Teil 2 C. V.
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denn unter schlichter Anwendung schuldrechtlicher Ausgleichsansprüche wären solche Ausgaben ohne weiteres ausgleichsfähig20. 7. Ausgleichsfähigkeit von wirtschaftlich bedeutenden Vermögenswerten und Arbeitsleistungen Anders beurteilt die Rechtsprechung in beiden Ländern nunmehr Ausgaben, die über den alltäglichen Bedarf hinausgehen. Bei wirtschaftlich erheblichen Vermögensverschiebungen soll ein nachträglicher Ausgleich zwischen den nicht ehelichen Lebenspartnern möglich sein. Während der BGH über Jahrzehnte hinweg das sogenannte „Abrechnungsverbot“ bei der Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften unterschiedslos auf Ausgaben des alltäglichen Bedarfs und darüber hinausgehende Vermögensverschiebungen anwendete, verfolgte die Cour de cassation stets einen anderen Weg. Der Transfer wirtschaftlich bedeutender Vermögenswerte, der auch in umfangreichen Arbeitsleistungen bestehen konnte, war nach französischer Rechtsprechung einer nachträglichen Abrechnung zuträglich. Die Cour de cassation hatte – wenn sie einen solchen Ausgleich zubilligte – zumeist die finanziell schwächere Partnerin im Blick, die dauerhaft im Betrieb ihres Partners mitgearbeitet hatte und nach der Trennung ohne wirtschaftliche Ressourcen verblieb21. Nach der Rechtsprechungsänderung des BGH vom 9. Juli 200822 weisen die deutsche und französische Rechtsordnung bezogen auf den Ausgleich wirtschaftlich bedeutender Vermögensverschiebungen nunmehr erhebliche Gemeinsamkeiten auf. Als zentrales Ergebnis dieser Arbeit lässt sich in diesem Zusammenhang feststellen, dass sich sowohl unter dem dogmatischen Blickwinkel als auch im Hinblick auf die von der Rechtsprechung verfolgten Grundsätze eine gemeinsame Basis für die vermögensrechtliche Abwicklung von nichtehelichen Paarbeziehungen herausbilden lässt. Dabei ist – nach deutscher Rechtsprechung – danach zu differenzieren, ob die nichteheliche Lebensgemeinschaft durch Trennung oder durch Tod eines Partners beendet wird. Gerade im Hinblick auf die Lösung der Beendigungskonflikte im Trennungsfall haben sich die deutsche und französische Rechtsordnung einander angenähert.
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Vgl. Teil 2 C. V. 5. Vgl. Teil 2 C. IV. 22 BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 179/05 = BGHZ 177, 193 = NJW 2008, 3277 = FamRZ 2008, 1822 und BGH, Urteil vom 9.07.2008 – XII ZR 39/06 = NJW 2008, 3282; vgl. oben Teil 2 C. III. c). 21
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8. Dogmatische Übereinstimmung: Gesellschaftsrechtliche und (subsidiär) bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche Die bedeutende Rechtsprechungsänderung des BGH vom 9. Juli 2008, durch welche erstmalig in der deutschen Rechtsordnung im Wege höchstrichterlicher Rechtsfortbildung Ansprüche aus Bereicherungsrecht und nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaften angewendet und die Anwendungsvoraussetzungen gesellschaftsrechtlicher Ansprüche präzisiert wurden, hat die Übereinstimmungen mit der französischen Rechtsprechung in diesem Bereich vergrößert. Denn auch die Cour de cassation spricht nichtehelichen Lebenspartnern/concubins Ausgleichsansprüche unter Rückgriff auf das Gesellschafts- und Bereicherungsrecht zu. Zunächst zu den dogmatischen Übereinstimmungen: Sowohl die deutschen als auch die französischen Gerichte prüfen in einem ersten Schritt, ob zwischen den nichtehelichen Lebenspartnern eine Gesellschaft begründet wurde. Obwohl meist kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag zwischen den nichtehelichen Partnern vorliegt, nimmt die deutsche Rechtsprechung an, dass sich ein solcher konkludent ergeben kann, wenn die nichtehelichen Partner wie Gesellschafter zur Erfüllung eines gemeinsamen Zwecks zusammenarbeiten. Die französische Rechtsprechung verzichtet gänzlich auf den Vertragsschluss und lässt es genügen, wenn die nichtehelichen Partner faktisch wie Gesellschafter zusammenarbeiten. Die Zusammenarbeit der Partner muss allerdings auf der Ebene der Gleichordnung erfolgen. Eine Restriktion gesellschaftsrechtlicher Ansprüche wird im deutschen Recht zumeist über den fehlenden Rechtsbindungswillen der Partner erreicht. Ein Rechtsbindungswille zwischen den Partnern wird nämlich dann abgelehnt, wenn die Partner keinen über die Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgen. Im französischen Recht wird danach differenziert, ob ein Gesellschaftswille (affectio societatis) vorliegt. Im Kern bedeutet dies, dass die nichtehelichen Lebenspartner (concubins) ein wirtschaftliches Ziel verfolgen müssen, das sich klar von der Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft abgrenzen lässt. Damit wendet die französische Rechtsprechung zur Feststellung, ob eine Ehegatteninnengesellschaft vorliegt, exakt das gleiche Kriterium an wie die deutschen Gerichte. Sind die Voraussetzungen für einen gesellschaftsrechtlichen Ausgleich gegeben, wird der Ausgleichsanspruch in beiden Rechtsordnungen nicht durch den Wert der erfolgten Ausgabe begrenzt. Vielmehr wird der ausgleichsfordernde Partner auch am Gewinn beteiligt, welcher von den Partnern gemeinsam erwirtschaftet wurde23. 23 Vgl. zum gesellschaftsrechtlichen Ausgleich im deutschen Recht Teil 2 C. III. 2. b) und im französischen Recht Teil 2 C. IV 1. a).
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Subsidiär zum gesellschaftsrechtlichen Ausgleich greifen die deutsche und die französische Rechtsprechung auf das Bereicherungsrecht zurück. Im Unterschied zur deutschen Rechtsprechung billigen die französischen Gerichte einen solchen Anspruch unter erleichterten Voraussetzungen zu. Dogmatischer Hintergrund ist, dass die französische actio de in rem verso weiter gefasst ist als die deutsche Zweckverfehlungskondiktion. Ein bereicherungsrechtlicher Anspruch über die Zweckverfehlungskondiktion, die seit der Rechtsprechungsänderung des BGH vom 9. Juli 2008 grundsätzlich zwar in Betracht kommt, ist meistens aber deshalb problematisch, weil der Bereicherte die Zweckverfolgung des Leistenden zumindest positiv erkannt haben muss. Scheitert die Zweckverfehlungskondiktion, ist im deutschen Recht ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage denkbar. Das Institut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage wird im französischen Recht im Kontext der vermögensrechtlichen Abwicklung von nichtehelichen Partnern demgegenüber nicht bemüht. In der Frage der Begrenzung des bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruchs der Höhe nach stimmen die deutsche und französische Rechtsordnung wieder überein: Der Anspruch ist durch den beim Bereicherten noch vorhandenen Vermögensvorteil beschränkt24. 9. Schenkung oder gemeinschaftsbezogene Zuwendung Neben gesellschafts- und bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüchen prüft die Rechtsprechung in beiden Ländern im Hinblick auf eine zwischen den Partnern erfolgte Zuwendung, ob sie als Schenkung zu qualifizieren ist25. Die Rückforderung der Zuwendung nach Schenkungsrecht ist nämlich im deutschen Recht nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen und im französischen Recht gar nicht möglich. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist sowohl nach deutscher als auch nach französischer Rechtsprechung, ob ein Schenkungswille (une intention libérale) gegeben ist. Dieser wird nur dann bejaht, wenn der Empfänger frei über den zugewendeten Gegenstand verfügen soll. Echte Freigiebigkeit liegt hingegen nicht vor, wenn der zuwendende Partner primär die gemeinsame Beziehung ausgestalten möchte und daneben beabsichtigt, selbst von der Zuwendung an den Partner dauerhaft zu profitieren. In solchen Fällen ist nach deutscher Rechtsprechung keine Schenkung, sondern eine unbenannte Zuwendung zwischen Lebensgefährten gegeben, welche nur unter den Voraussetzungen des 24 Vgl. zum bereicherungsrechtlichen Ausgleich im deutschen Recht Teil 2 C. III. 2. c) und im französischen Recht Teil 2 C. IV. 1. b). 25 Vgl. für das deutsche Recht Teil 2 C. III. 2. a) und für das französische Recht Teil 2 C. IV 1. c).
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Wegfalls der Geschäftsgrundlage zurückgefordert werden kann. Nach französischem Recht sind solche Zuwendungen allenfalls über das Bereicherungsrecht zurückzuerlangen. Wenn nach französischem Recht die Voraussetzung der intention libérale vorliegt und somit eine Schenkung grundsätzlich gegeben ist, ist eine Rückforderung der erfolgten Zuwendung nur dann möglich, wenn der rückfordernde Partner die Wirksamkeit der Schenkung erfolgreich angreifen kann. Jedoch werden Zuwendungen zwischen nichtehelichen Lebensgefährten in beiden Rechtsordnungen – entsprechend der veränderten Sozialmoral – nicht mehr als Verstoß gegen die guten Sitten gewertet und sind demzufolge grundsätzlich wirksam. 10. Vergleichbare Anwendungsfälle – vergleichbare Ausgleichsmechanismen Nicht nur auf dogmatischer Ebene zeigen sich erhebliche Gemeinsamkeiten zwischen den beiden Rechtsordnungen. Die vergleichende Untersuchung hat gezeigt, dass ähnliche Sachverhalte, die bei der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft auftreten, im deutschen und französischen Recht nach den gleichen Grundsätzen gelöst werden 26. a) Aufbau eines Unternehmens und Erwerb von Renditeobjekten Wenn die nichtehelichen Partner ihre persönlichen Ressourcen in den Aufbau eines Unternehmens stecken, das beiden Partnern gemeinsam gehören soll, oder wenn die Partner gemeinsam Renditeobjekte erwerben, wie beispielsweise Immobilien mit Miet- und Eigentumswohnungen, und nachträglich Ausgleich für die so geschaffenen Vermögenswerte verlangen, wird ihnen ein solcher nach deutschem und französischem Recht unter Anwendung des Gesellschaftsrechts zugebilligt. Grund dafür ist, dass während der Partnerschaft eine gemeinsame Vermögensbildung und Vermögensveranlagung von den nichtehelichen Partnern betrieben wurde, die sich deutlich vom alltäglichen gemeinsamen Wirtschaften als Paar abgrenzen lässt und somit einer gesellschaftsrechtlichen Beurteilung zugänglich ist27. b) Erwerb, Ausbau und Renovierung des Familienheimes Dagegen haben die Rechtsprechungen beider Länder übereinstimmend gesellschaftsrechtlichen Ausgleich im Hinblick auf den Erwerb und den Ausbau eines Familienheimes abgelehnt. Hierbei steht nämlich nicht die wirtschaftliche Zu26 27
Vgl. Teil 2 C. V. Vgl. Teil 2 C. V. 1.
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sammenarbeit oder Vermögensbildung der Partner im Vordergrund, sondern die Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft als Paar. Beiträge zum Erwerb, zur Renovierung und Erhaltung eines Familienheimes werden nach der deutschen und französischen Rechtsprechung gleichwohl von den Partnern nicht ersatzlos erbracht. Im deutschen Recht ist ein Ausgleich über die Zweckverfehlungskondiktion beziehungsweise in den meisten Fällen über die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage möglich, weil es oftmals an der für die condictio ob rem erforderliche Zweckabrede fehlen dürfte. Das französische Recht kommt demgegenüber zu einem bereicherungsrechtlichen Ausgleichsanspruch, sofern der leistende Partner keine entsprechende Kompensation für seinen Beitrag infolge der Nutzung des Familienheimes während der Dauer der Lebensgemeinschaft erhalten hat. Dieser Kompensationsgedanke findet sich auch im deutschen Recht, wird allerdings an einer anderen Tatbestandsvoraussetzung festgemacht. Ein Ausgleichsanspruch nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage scheitert nämlich dann, wenn dem zuwendenden Partner zumutbar ist, dass der verbleibende Vermögensvorteil beim anderen Partner verbleibt. Die Zumutbarkeit dürfte zu bejahen sein, wenn der zuwendende Partner während der Beziehung Ausgleich für seine Kapital- oder Arbeitsleistung erhalten hat – etwa durch ein unentgeltliches Wohnrecht28. c) Berufliche Mitarbeit Eine zweite wichtige Fallgruppe stellt die berufliche Mitarbeit eines Partners im Betrieb des anderen dar, die erfolgt, ohne dass es zu einem vertraglich begründeten Arbeitsverhältnis gekommen ist. Der Arbeitseinsatz eines Partners, der die Schwelle einer gelegentlichen Aushilfe überschritten haben muss, stellt nach deutschem und französischem Recht grundsätzlich eine ausgleichsfähige Leistung dar. Dogmatisch übereinstimmend wird von der deutschen und französischen Rechtsprechung ein gesellschaftsrechtlicher Ausgleich jedoch abgelehnt, wenn die Partner nicht auf der Ebene der Gleichordnung zusammengearbeitet haben. Dogmatisch divergierend vollzieht die deutsche Rechtsprechung den nachträglichen Ausgleich für erfolgte Mitarbeit nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage einer „gemeinschaftsbezogenen Arbeitsleistung“, eines familienrechtlichen Kooperationsvertrages sui generis, während die französische Rechtsprechung einen Ausgleich nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zuspricht29.
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Vgl. Teil 2 C. V. 3. Vgl. Teil 2 C. V. 2.
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d) Ausgaben des alltäglichen Bedarfs Schließlich findet in beiden Rechtsordnungen übereinstimmend kein Ausgleich für solche Leistungen statt, die sich als „unterhaltsähnlich“ qualifizieren lassen. Hiermit sind vor allem Ausgaben des alltäglichen Bedarfs gemeint, wie beispielsweise die Entrichtung des Mietzinses für die gemeinsame Wohnung, die Finanzierung eines gemeinsamen Urlaubs, die laufenden Kosten für Haushaltsführung und Kinderbetreuung. Der BGH lehnt den nachträglichen Ausgleich für solche Ausgaben mit dem Argument ab, dass diese im Bewusstsein erbracht werden, dass jeder Partner nach seinen Möglichkeiten zur Gemeinschaft beizutragen habe. Damit haben die Ausgaben ihren Unterhaltszweck erfüllt und können nicht bei Beendigung der Lebensgemeinschaft nachträglich als zwecklos erachtet werden. Die Cour de cassation macht die Ablehnung nachträglicher Ausgleichsansprüche daran fest, dass es keine Rechtspflicht der concubins gebe, für den laufenden Unterhalt aufzukommen. Weil nichteheliche Partner gesetzlich weder dazu verpflichtet seien, einander Unterhalt zu leisten, noch dazu, solidarisch für die Ausgaben des alltäglichen Bedarfs aufzukommen, könne auch nachträglich kein Ausgleich für derartige Leistungen stattfinden. Durch die prinzipielle Entscheidung, laufende Unterhaltsleistungen bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften von einem nachträglichen Ausgleich auszuklammern, wird in beiden Rechtsordnungen bewusst der Abstand zu den familienrechtlich institutionalisierten Partnerschaftsformen – der Ehe und der registrierten Partnerschaft – gewahrt30. e) Haushaltsführung und Kinderbetreuung Eine Konsequenz der ablehnenden Haltung der Rechtsprechung beider Länder im Hinblick auf Ausgleichsansprüche für Haushaltsführung und Kinderbetreuung ist jedoch, dass es bei der Beendigung einer Lebensgemeinschaft mit asymmetrischer Rollenverteilung zu einer ungleichen Risikoverteilung zulasten desjenigen Partners kommt, der im Einvernehmen mit dem anderen Partner auf eine eigene Erwerbstätigkeit verzichtet hat. Das Eherecht in beiden Rechtsordnungen kompensiert die Nachteile, die beim Wiedereinstieg in den Beruf entstehen können, sowie die Nachteile, welche durch die „Lücke“ bei der Einzahlung in die gesetzlichen Versorgungssysteme auftreten können, durch die Zubilligung eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs und eines Versorgungsausgleichs (im deutschen Recht) beziehungsweise durch einen einmaligen Abfindungsanspruch (prestation compensatoire) (im französischen Recht). Für nichteheliche Lebensgefährten kommen demgegenüber weder nachpartner30
Vgl. Teil 2 C. V. 5.
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schaftliche Unterhalts- noch Abfindungsansprüche in Betracht und sind – wie die Rechtsprechung beider Länder klargestellt hat – ebenfalls die Ausgleichsmechanismen des Gesellschafts- und Bereicherungsrechts nicht anwendbar, um „unbillige“ Ergebnisse zu korrigieren31. 11. Schadensrechtlicher Ausgleich nur nach französischem Recht Neben diesen Gemeinsamkeiten bei der gesellschafts-, bereicherungs- und schenkungsrechtlichen Rückabwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften hat sich gezeigt, dass beide Rechtsordnungen im Hinblick auf die Gewährung schadensrechtlicher Ersatzansprüche divergieren. Nach deutschem Recht ist die Trennung nichtehelicher Paare ein Vorgang in ihrem Privat- und Intimbereich, der sich einer rechtlichen Regelung entzieht. Weder die Trennung als solche noch ein Verhalten anlässlich der Trennung werden nach deliktischen Maßstäben bewertet. Nach deutschem Recht scheiden deliktische Ansprüche für den verlassenen Partner somit aus. Die französische Rechtsprechung sanktioniert in einem stärkeren Maße persönliche Verhaltensweisen anlässlich der Beendigung von Lebensgemeinschaften. Eine Parallele lässt sich hier zum französischen Scheidungsrecht ziehen. Auch nach der Reformierung des Scheidungsrechts stellt die Scheidung aufgrund des Verschuldens eines Ehegatten (divorce pour faute)32 einen der möglichen Scheidungsgründe dar. Bei der Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften spricht die französische Rechtsprechung systematisch Schadensersatz ansprüche zu, um den verlassenen wirtschaftlich benachteiligten Partner zu entschädigen, dem von Rechts wegen keine Ausgleichsansprüche gegen den anderen Partner zustehen und dem von der Rechtsprechung – wie soeben aufgezeigt – keine gesellschafts- oder bereicherungsrechtlichen Ansprüche zugesprochen werden. Die französische Rechtsprechung benutzt den Schadensersatz anspruch sozusagen als „Hilfsanker“ für die verlassene nichteheliche Partnerin, welche jahrelang den Haushalt geführt und die Kindererziehung übernommen hat. Scheitert der Schadensersatzanspruch daran, dass dem Partner kein Fehlverhalten ( faute) anlässlich der Trennung vorzuwerfen ist – die Trennung als solche stellt wie auch nach deutschem Recht kein Fehlverhalten dar – , oder daran, dass der Partner ein Fehlverhalten jedenfalls nicht zu verschulden hat, so kommt im französischen Recht im Einzelfall eine Entschädigungspflicht nach den Grundsätzen der obligation naturelle (Naturalobligation) in Betracht. Sie verpflichtet die Partner, den anderen nicht ohne finanzielle Ressourcen zu verlassen. Die 31
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Vgl. Teil 2 C. V. 6. Vgl. Art. 242 ff. C.civ.
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obligation naturelle selbst ist rechtlich nicht durchsetzbar. Sie muss sich zuvor durch einen einseitigen Willensakt des entschädigungspflichtigen Partners in eine echte Rechtspflicht verwandelt haben. Die Rechtsprechung verfolgt mit diesem Ausgleichsmechanismus die gleiche Zielsetzung wie mit der Gewährung des Schadensersatzanspruchs, nämlich der verlassenen nichtehelichen Partnerin Ausgleich für Vermögenseinbußen zu gewähren, welche sie durch die Übernahme von Haushaltsführung und Kinderbetreuung erlitten hat33. 12. Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung durch Tod – Nuancen in der deutschen Rechtsprechung Zur Lösung der Beendigungskonflikte, welche durch den Tod 34 eines der Partner ausgelöst werden, kommen grundsätzlich die gleichen schuldrechtlichen Ausgleichsansprüche in Betracht wie bei der Trennung nichtehelicher Lebensgemeinschaften, und zwar insbesondere gesellschaftsrechtliche und bereicherungsrechtliche Ansprüche, beziehungsweise nach deutschem Recht außerdem Ansprüche nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Schuldner und Gläubiger der Rückforderungsansprüche haben sich im Fall der Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft durch den Tod eines Partners allerdings geändert. Auf der einen Seite stehen nunmehr die Erben des verstorbenen nichtehelichen Partners, auf der anderen Seite steht der überlebende nichteheliche Partner. In der ersten Konstellation fordern die Erben des Partners, welcher zu Lebzeiten an seinen nichtehelichen Lebensgefährten Zuwendungen gemacht hat, Ausgleich für den so geschaffenen Vermögensvorteil. Die französische Rechtsordnung wendet in diesem Fall – ebenso wie bei der Beendigung der Lebensgemeinschaft durch Trennung – gesellschaftsrechtliche und subsidiär dazu bereicherungsrechtliche Ansprüche an. Im französischen Recht wird nicht nach dem Grund differenziert, warum die Lebensgemeinschaft endet. Die Ansprüche, die der nichteheliche Partner zu Lebzeiten hätte geltend machen können, gehen nun automatisch auf die Erben über. Die deutsche Rechtsprechung hingegen hat in dieser Konstellation Ausgleichsansprüche der Erben gegen den überlebenden nichtehelichen Partner bislang versagt35. Der Grund dafür ist, dass der Zuwendende bis zu seinem Tod selbst von der Zuwendung profitiert hat. Die Geschäftsgrundlage der gemeinschaftsbezogenen Zuwendung ist insofern nicht nachträglich entfallen. Der Zweck der Leistung des Zuwendenden wurde nicht verfehlt, sondern hat sich 33
Vgl. Teil 2 C. III. 2. Vgl. Teil 2 D. 35 Vgl. dazu BGH, Versäumnisurteil vom 25.11.2009 XII ZR 92/06 = NJW 2010, 998. 34
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vielmehr erfüllt. Gesellschaftsrechtliche Ausgleichsansprüche könnten demgegenüber anders zu beurteilen sein. Ein gesellschaftsrechtlicher Anspruch könnte deshalb den Erben zustehen, weil die Gesellschaft zwischen den nichtehelichen Lebensgefährten grundsätzlich mit dem Tod eines Partners endet. Die daraus resultierenden Ausgleichsansprüche gehen damit auf die Erben über. Die zweite Konstellation betrifft den Fall, dass der Zuwendungsempfänger verstirbt und der Zuwendende Ausgleich von den Erben seines Partners fordert. Übereinstimmend wenden die deutsche und die französische Rechtsprechung in dieser Konstellation gesellschaftsrechtliche und bereicherungsrechtliche Ausgleichsansprüche an. Auch in dieser Konstellation differenziert die französische Rechtsprechung nicht zwischen Trennung und Tod. Nach deutschem Recht sind in dieser Konstellation Ausgleichsansprüche gegen die Erben des Zuwendungsempfängers deshalb möglich, weil der Zuwendende eben nicht – wie von ihm beabsichtigt – langfristig vom zugewendeten Gegenstand gemeinsam mit seinem Partner profitieren konnte. Der Zweck seiner Leistung wurde verfehlt, beziehungsweise die Geschäftsgrundlage für seine Zuwendung ist mit dem Tod des Lebensgefährten entfallen. Im Ergebnis geht die deutsche Rechtsprechung differenzierter vor, indem sie berücksichtigt, dass die Trennung die willentliche Entscheidung zumindest eines Partners ist, die nichteheliche Lebensgemeinschaft zu beenden. Bei Trennung wird das Vertrauen des anderen Partners in den Fortbestand der Gemeinschaft enttäuscht, so dass die Rückerstattung erfolgter Zuwendungen sich gebietet. Der Tod ist dagegen ein Ereignis, das dem Willen der Partner entzogen ist. Der Zweck der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, eine dauerhafte Lebensund Schicksalsgemeinschaft zu bilden, hat sich bis zum Tod erfüllt – so auch der Zweck vorgenommener Vermögensübertragungen zwischen den nichtehelichen Partnern. Ein nachträglicher Ausgleich findet konsequenterweise nicht statt. Die deutsche Rechtsprechung sucht insofern nach einer Lösung, die dem Willen der nichtehelichen Partner am ehesten entspricht36. 13. Der französische PACS – ein Lösungsmodell für die Trennungskonflikte nichtehelicher Paare Die Antwort auf die aufgeworfene Frage, inwieweit die Einführung registrierter Partnerschaften zur Lösung der Abwicklungsproblematik nichtehelicher Lebensgemeinschaften beigetragen hat, fällt für die beiden Rechtsordnungen unterschiedlich aus. Die Einführung der registrierten Partnerschaft PACS im Jahre 1999 hat in Frankreich zur Lösung der Beendigungsproblematik nichtehelicher Lebensge36
Vgl. Teil 2 D. VI.
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meinschaften beigetragen. Der PACS bietet nämlich französischen Paaren ein geeignetes Modell, um Klarheit über die Vermögensverhältnisse zu schaffen, ohne dafür die Ehe eingehen zu müssen37. Wie sich gezeigt hat, ist er von der Grundkonzeption her ein Partnerschaftsvertrag für nichteheliche Paare gleichen oder verschiedenen Geschlechts, welcher die vermögensrechtlichen Verflechtungen während der Partnerschaft und die Vermögensauseinandersetzung bei deren Beendigung regelt. Im Unterschied zur grundsätzlich auf Lebenszeit eingegangenen Institution Ehe wird der PACS als Vertrag auf unbestimmte Zeit angesehen, der entweder außergerichtlich durch übereinstimmende Erklärung beider Partner oder auch nur von einem der Partner allein aufgekündigt werden kann und dabei keine nachehelichen Solidaritätspflichten generiert. Im Gegensatz zur Ehe hat der PACS keine generationsübergreifenden Wirkungen. Er regelt nämlich nicht die Beziehung der Partner zu gemeinsamen Kindern. Im Gegensatz zur Ehe ist der gesetzliche Güterstand für die PACS-Partner die Gütertrennung (séparation de biens)38. Die hohe Anzahl der bis dato abgeschlossenen Verträge und der jährliche Zuwachs neu abgeschlossener PACS-Verträge zeigen, dass der PACS ein Erfolgsmodell ist. Beendigungskonflikte, welche die PACS-Partner nach der Trennung vor Gericht austragen, sind selten. Demgegenüber bestehen solche Konflikte zwischen denjenigen Partnern fort, die weder einen PACS abgeschlossen noch miteinander die Ehe eingegangen sind. Dies ergibt sich daraus, dass die französische Rechtsordnung nach Einführung der registrierten Partnerschaft drei mögliche Partnerschaftsformen – Ehe, PACS und nichteheliche Lebensgemeinschaft (concubinage) – bereithält, wobei letztgenannte Partnerschaftsform rechtlich nicht ausgestaltet ist. Das eingangs aufgeworfene konkrete Sachproblem wurde vor diesem Hintergrund durch die Einführung des PACS jedenfalls nicht vollständig gelöst. 14. Die deutsche Eingetragene Lebenspartnerschaft – eine „eheähnliche“ Partnerschaft für gleichgeschlechtliche Paare Die in Deutschland ungefähr zeitgleich zum PACS eingeführte registrierte Partnerschaft – die Eingetragene Lebenspartnerschaft39 – stellt keine Lösung des Sachproblems dieser Arbeit dar. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft ist zwar dahingehend mit dem PACS vergleichbar, dass nunmehr auch gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit haben, ihre Partnerschaft rechtlich anerkennen zu lassen. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft geht dabei sogar über den PACS hinaus und generiert teilweise analoge Rechtsfolgen zur Ehe. Für die Beendi37
Vgl. Teil 3 B. Vgl. Teil 3 B. II. 39 Vgl. Teil 3 A. 38
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gungsproblematik bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften bietet die Eingetragene Lebenspartnerschaft hingegen keine Lösung. Erstens kann die Eingetragene Lebenspartnerschaft allein von gleichgeschlechtlichen Paaren eingegangen werden und erfasst damit nur einen prozentual geringen Anteil aller nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Und zweitens bietet die Eingetragene Lebenspartnerschaft keine Lösung für das die nichteheliche Lebensgemeinschaft charakteristische Spannungsverhältnis zwischen der gewollten rechtlichen Bindungslosigkeit auf der einen Seite und dem Bedarf nach rechtlichem Schutz auf der anderen Seite. Die Eingetragene Lebenspartnerschaft ist derart umfassend an die Ehe angelehnt, dass hinsichtlich der Eingehungs- und Beendigungsvoraussetzungen sowie hinsichtlich der Rechtswirkungen kaum Unterschiede zur Ehe bestehen. Hintergrund ist, dass die Zielvorgabe der Eingetragenen Lebenspartnerschaft deutlicher als beim PACS formuliert worden ist: Man wollte homosexuellen Paaren zur Ausgestaltung ihrer Partnerschaft einen ähnlichen Rahmen geben, wie ihn heterosexuelle Paare durch Eingehung der Ehe erzielen können. In der Konsequenz wurde nunmehr auch der gesetzliche Güterstand bei der Eingetragenen Lebenspartnerschaft identisch zur Ehe ausgestaltet40. Gleichgeschlechtlichen Paaren, die sich gegen eine derart intensive Bindung entscheiden, wie sie die Begründung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft bedeutet, bleibt demnach allein das faktische Zusammenleben. 15. Die Einführung des PACS in Deutschland – eine echte Alternative zur Ehe und zum faktischen Zusammenleben Vor dem Hintergrund, dass der PACS in Frankreich seit seiner Einführung eine unbestreitbare Erfolgsgeschichte erfahren hat, ist in dieser Arbeit der Frage nachgegangen worden, ob eine registrierte Partnerschaft vertraglichen Typs ebenfalls ein Lösungsmodell für die deutsche Rechtsordnung darstellen könnte41. Die gesellschaftliche Akzeptanz des PACS ist enorm: Inzwischen kommen auf drei Ehen zwei abgeschlossene PACS-Verträge, wobei 95 % der Paare, die einen PACS abschließen, verschiedenen Geschlechts sind42. Darüber hinaus scheint dem PACS eine rechtsbefriedende Wirkung zuzukommen. Dies zeigt sich daran, dass bislang nur wenige Gerichtsverfahren Auseinandersetzungskonflikte von PACS-Partnern zum Inhalt haben. Durch die Einführung des PACS ist erstens nichtehelichen Partnern in Frankreich ins Bewusstsein gerückt, dass sie ihre vermögensrechtlichen Beziehungen überhaupt regeln sollten, um späteren Beendigungskonflikten vorzubeugen. Zweitens können nicht 40
Vgl. Teil 3 A. II. Vgl. Teil 4 C. 42 Zu den statistischen Angaben Einleitung V. 41
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eheliche Paare jetzt unter erleichterten Voraussetzungen einen Partnerschaftsvertrag abschließen, seit ihnen dieses gesetzlich ausgestaltete Modell zur Verfügung gestellt wurde. Gegen die Einführung eines PACS in Deutschland spricht, dass damit möglicherweise ein Konkurrenzmodell zur Ehe geschaffen würde. Der besondere verfassungsrechtlich gebotene Schutzauftrag zugunsten der Ehe könnte dadurch unterlaufen werden, dass man Paaren, die grundsätzlich die Ehe miteinander eingehen können, eine alternative Partnerschaftsform zur Verfügung stellt, welche die gleichen positiven Rechtswirkungen wie die Ehe generiert, ohne aber den Partnern die weitreichenden ehelichen Verpflichtungen aufzubürden. Die Befürchtung, dass der PACS eine „Ehe light“ darstellen könnte, ist auch unter rechtsvergleichendem Blickwinkel nicht von der Hand zu weisen. Der PACS hat sich in der französischen Rechtsordnung im Laufe eines Jahrzehnts der Ehe immer weiter angenähert. Inzwischen wird der PACS wie die Ehe in der Geburtsurkunde vermerkt, er generiert die gleichen Unterhaltspflichten zwischen den Partnern wie die Ehe. Und auch gegenüber Dritten (beispielsweise im Arbeitsrecht und Mietrecht) und gegenüber dem Staat (im Sozialrecht und im Steuerrecht) werden vergleichbare Vorteile für PACS-Partner wie für Ehegatten erzeugt. Aus der Gesamtschau ergibt sich, dass der PACS in seiner aktuellen Ausprägung nicht ohne weiteres in die deutsche Rechtsordnung zu übertragen wäre. Demgegenüber wäre der PACS in seiner ursprünglichen Konzeption – nämlich als „institutionalisierter“ Partnerschaftsvertrag zur Regelung der vermögensrechtlichen Verhältnisse zwischen nichtehelichen Partnern – eine Bereicherung für die deutsche Rechtsordnung. Auf der anderen Seite wäre der Rückschluss vorschnell, dass die Einführung einer mit dem PACS vergleichbaren registrierten Partnerschaft für gleichgeschlechtliche und verschiedengeschlechtliche Paare die vermögensrechtlichen Abwicklungsschwierigkeiten nichtehelicher Paare in Deutschland vollständig lösen könnte. Nicht alle nichtehelichen Paare wären dazu bereit, ihre Partnerschaft durch einen rechtlichen Begründungsakt zu formalisieren. 16. Verrechtlichung von nichtehelichen Lebensgemeinschaften in vielen anderen europäischen Staaten Ein Vergleich mit anderen europäischen Ländern43, in welchen sich die nicht eheliche Lebensgemeinschaft ebenfalls zum Massenphänomen entwickelt hat, hat gezeigt, dass in einigen von ihnen in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren registrierte Partnerschaften für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare geschaffen wurden, die entweder institutionellen Typs sind und demzufolge in 43
Vgl. Teil 4 A. II.
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ihren Wirkungen der Ehe nahekommen – vergleichbar der deutschen Eingetragenen Lebenspartnerschaft – 44 oder einen vertraglichen Kern haben und damit von ihrer Regelungsintensität hinter der Ehe zurückbleiben – vergleichbar dem französischen PACS45. Andere europäische Staaten sind im Hinblick auf die Verrechtlichung von nichtehelichen Paarbeziehungen noch einen Schritt weiter gegangen und haben sowohl Schutzvorschriften als auch Regelungen im vermögensrechtlichen Bereich geschaffen, die unabhängig von einem Registrierungsakt allein an das Bestehen der nichtehelichen Lebensgemeinschaft anknüpfen46. Weder Deutschland noch Frankreich haben bislang ein solches Rechtsstatut für nichteheliche Lebensgemeinschaften geschaffen, das allein das faktische Zusammenleben als Paar zum Anknüpfungspunkt macht. Diese Feststellung hat die Frage aufgeworfen, ob in den beiden untersuchten Rechtsordnungen weiterer Regelungsbedarf für nichteheliche Lebensgemeinschaften besteht. Sowohl für als auch gegen eine weitergehende Verrechtlichung nichtehelicher Paarbeziehungen lassen sich gute Argumente finden. 17. Argumente gegen eine weitere Verrechtlichung: Privatautonomie und Eheschutz Das entscheidende Argument gegen eine weitergehende Verrechtlichung ist, dass sie dem Willen vieler nichtehelicher Paare zuwiderlaufen würde. Nichteheliche Paare möchten sich oftmals derart weitgehenden Bindungen persönlicher und vermögensrechtlicher Natur entziehen, welche durch die Eingehung der Ehe, aber auch durch die Begründung einer registrierten Partnerschaft generiert werden. Die „negative“ Freiheit, eine Ehe oder eine registrierte Partnerschaft nicht einzugehen, würde dadurch unterlaufen, dass man allein an das faktische Zusammenleben als Paar ähnlich intensive Rechtsfolgen wie bei einer rechtlich begründeten Partnerschaft knüpfte. Auch der besondere verfassungsrechtliche Eheschutz verbietet es, dass andere, weniger rechtlich verbindliche Partnerschaftsformen der Ehe komplett gleichgestellt werden47.
44
So geschehen in den skandinavischen Ländern und in den Niederlanden. Beispielsweise die registrierten Partnerschaften balearischen oder belgischen Rechts. 46 Vgl. erneut die skandinavischen Rechtsordnungen, insbesondere die schwedische, aber auch die slowenische Rechtsordnung und die der autonomen Region Katalonien. 47 Vgl. Teil 4 III. 45
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18. Argumente für eine weitere Verrechtlichung: Schutz, Anerkennung und Rechtssicherheit Für eine weitergehende Verrechtlichung48 spricht jedoch erstens, dass sich nur auf diese Weise der Schutz des Partners, der durch die in der Partnerschaft gewählte Rollenverteilung in eine wirtschaftlich schwächere Position gedrängt wird, erreichen lässt. Mangels gesetzlicher Schutzvorschriften und auch aufgrund der oben gezeigten Rechtsprechungsgrundsätze, nach denen ein Ausgleich für Haushaltsführung und Kinderbetreuung nicht gewährt wird, trägt dieser Partner oftmals einseitig das Risiko des Scheiterns der Lebensgemeinschaft. Es besteht keine Rechtfertigung dafür, dass es für die durch die Rollenverteilung in der Partnerschaft erlittenen Nachteile keinen nachträglichen Ausgleich zwischen den Partnern gibt. Gerade angesichts der Zunahme von nicht ehelichen Geburten und demzufolge von Familien, bei denen die Eltern nicht miteinander verheiratet sind, sollten Haushaltsführung und Kinderbetreuung bei nichtehelichen Paaren eine vermögensrechtliche Aufwertung erfahren. Aus gleichstellungspolitischer Sicht ist die Familienarbeit bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht anders zu bewerten als bei Ehegatten. Sie ist als gleichwertig zur Erwerbsarbeit anzusehen. Infolgedessen sind bei Beendigung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft die Disparitäten, die im Hinblick auf gebildetes Vermögen und erworbene Versorgungsanwartschaften entstanden sind, auszugleichen. Wie sich gerade im Zusammenhang mit der Entwicklung des Familienbegriffs – hin zu einer „von der Ehe entkoppelten Familie“ – gezeigt hat, ist auch die nichteheliche Lebensgemeinschaft schutzwürdig und schutzbedürftig. Als zusätzliches Argument für eine weitere Verrechtlichung nichtehelicher Paarbeziehungen spricht, dass – wie in dieser Arbeit an verschiedenen Stellen aufgezeigt wurde – gerade im vermögensrechtlichen Bereich für nichteheliche Paare in Deutschland und Frankreich oftmals Rechtsunsicherheit herrscht, ob Leistungen und Beiträge nachträglich ausgleichsfähig sind oder ob keine Abrechnung stattfindet. Diese Rechtsunsicherheit folgt daraus, dass es keine Kodifizierung von Ausgleichsansprüchen gibt und dass die Rechtsprechung in ständiger Entwicklung ist, mithin die richterrechtlich geprägten Ausgleichsmechanismen keine statischen Konturen haben. Insofern wird der Vorwurf einer „Billigkeitsrechtsprechung“ von kritischen Litertaturstimmen in beiden Rechtsordnungen erhoben.
48
Vgl. Teil 4 IV.
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19. Kodifizierungsoption: Definition, Vermögensausgleich, Zuständigkeit Die nichteheliche Lebensgemeinschaft wurde inzwischen in beiden Rechtsordnungen de facto rechtlich anerkannt, auch wenn eine gesetzliche Definition bislang allein in den Code civil Eingang gefunden hat und nicht ins BGB. Ein erster Schritt wäre für die deutsche Rechtsordnung die Einführung einer Definition der nichtehelichen Lebensgemeinschaft. Die von der deutschen Rechtsprechung herausgebildeten Kriterien decken sich mit den Definitionsmerkmalen der französischen Legaldefinition des concubinage. Anknüpfend an die Definition könnten dann weitere Regelungen zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft ins Gesetz eingeführt werden49. Ein weiteres Ergebnis dieser Arbeit ist jedoch, dass – wenn man sich für eine weitergehende Kodifizierung entscheidet – die Balance zwischen dem Bedürfnis nach rechtlichem Schutz für die nichtehelichen Partner auf der einen Seite und der Wahrung weitgehender Privatautonomie auf der anderen Seite gehalten werden muss. Insofern ist jede Regelung, die gerade im vermögensrechtlichen Bereich geschaffen werden soll, auf ihre Notwendigkeit hin zu überprüfen. Unschädlich wäre es, die durch die Rechtsprechung in beiden Ländern geprägten Ausgleichsansprüche zu kodifizieren, so beispielsweise den gesellschaftsrechtlichen und subsidiär dazu den bereicherungsrechtlichen Anspruch. Vor dem Hintergrund, dass die deutsche Rechtsprechung den Ausgleich für Familienarbeit bislang versagt, die französische Rechtsprechung diesen allein nach Schadensrecht zubilligt, wäre es vorzugswürdig, in beiden Rechtsordnungen einen verschuldensunabhängigen, pauschal bemessenen Ausgleichsanspruch, vergleichbar mit der französischen prestation compensatoire zu kodifizieren. Im Hinblick auf die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaft sollte dann auch ein Zuständigkeitswechsel von der allgemeinen Zivilgerichtsbarkeit zu den Familiengerichten vollzogen werden, wie er im französischen Recht bereits erfolgt ist50. 20. Rechtsvergleichender Ausblick: Rechtsvereinheitlichung durch bilaterale Abkommen Schließlich wurden – als rechtsvergleichender Ausblick – Wege zu einer weiteren Harmonisierung und Rechtsvereinheitlichung der deutschen und französischen Rechtsordnung im Hinblick auf nichteheliche Lebensgemeinschaften aufgezeigt. Während eine Vereinheitlichung des materiellen Familienrechts auf 49
50
Vgl. Teil 4 B. II. Vgl. Teil 4 B. I. und II.
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europäischer Ebene nicht auf der politischen Agenda steht51, gibt es doch Bedarf für gemeinsame bilaterale Abkommen, durch welche sich harmonisierte Lö sungen der deutschen und der französischen Rechtsordnung schaffen lassen. Pilotprojekt für eine solche Rechtsvereinheitlichung ist der im Jahr 2010 geschaffene deutsch-französische Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft52. Genauso wie auf der Ebene des ehelichen Güterrechts erscheint eine harmonisierte Lösung des deutschen und französischen Rechts im Hinblick auf re gistrierte Partnerschaften und auch im Hinblick auf faktische nichteheliche Lebensgemeinschaften denkbar. Im Gegensatz zum deutschen und französischen Güterrecht, welches als gemeinsamer Sockel für den rechtsvereinheitlichten Wahlgüterstand diente, sind die registrierten Partnerschaften deutschen und französischen Rechts jedoch von der Grundkonzeption her nicht in hinreichendem Maße vergleichbar – in Deutschland ist die Eingetragene Lebenspartnerschaft eine Partnerschaft institutionellen Typs für gleichgeschlechtliche Paare, in Frankreich ist der PACS im Kern ein Partnerschaftsvertrag für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare. Eine gemeinsame registrierte Partnerschaft sollte sich am französischen PACS orientieren, da nur dieser eine echte Alternative zur Ehe darstellt53. Und im Hinblick auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse bei faktischen nichtehelichen Lebensgemeinschaften gibt es zwar, was die in dieser Arbeit aufgezeigten, durch Richterrecht geprägten Ausgleichsmechanismen betrifft, erhebliche Übereinstimmungen, der entscheidende Schritt zur Kodifizierung dieser Ausgleichsansprüche ist aber in beiden Rechtsordnungen bislang unterblieben. Bevor aber eine Rechtsvereinheitlichung im Bereich der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung nichtehelicher Lebensgemeinschaften in Betracht kommt, bedarf es einer Kodifizierung des Ausgleichsregimes in den jeweiligen nationalen Rechtsordnungen54.
51
Vgl. Teil 5 A. Vgl. Teil 5 B. I. 53 Vgl. Teil 5 B. II. 54 Vgl. Teil 5 B III. 52
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Materialienverzeichnis
rechts eingetragener Partnerschaften, (Zugriff: 27.12.2016) FDP: (Zugriff: 15.11.2013). Französische Finanzverwaltung: (Zugriff: 27.12.2016). –: (Zugriff: 27.12.2016). Insée/Statistische Behörde Frankreich: (Zugriff: 27.12.2016) –: (Zugriff: 27.12. 2016) –: (Zugriff: 14.11.2013). –: (Zugriff: 6.11.2013). –: (Zugriff: 2.11. 2013). (Zu–: griff: 1.11.2013). Justizministerium Frankreich: (Zugriff: 29.06.2011). Le Nouvel Observateur/Robinet: „Manif pour tous: Un référendum n’est pas possible’ avertit Taubira“, Le Nouvel Observateur vom 14.01.2013, aktualisiert 26.08.2013, (Zugriff: 14.11.2013). SPD: Regierungsprogramm 2013–2017, S.50, (Zugriff: 15.11.2013). Statistisches Bundesamt: Pressemitteilung vom 25.08.2008, (Zugriff: 27.01.2010). –: Ergebnis des Mikrozensus 2010, (Zugriff: 28.06.2011). –: Pressemitteilung 22.09.2009, (Zugriff: 19.02.2010).
Stichwortverzeichnis Abfindungsanspruch (s. prestation compensatoire) Abkommen zum deutsch-französischen Wahlgüterstand 15, 265 ff., 298 Abrechnungsverbot 8, 96 ff., 106, 118, 153, 155, 165, 278, 284 actio de in rem verso (der bereicherungsrechtliche Ausgleichsanspruch) – Anwendungsfälle 82, 127, 285 – Anwendungsvoraussetzungen 82, 127 – kritische Würdigung 83 Adoption – gemeinschaftliche 36 – Stiefkindadoption 36, 182, 184, 215 – Volladoption 36 affectio societatis (Gesellschaftswille) 81, 86, 121 f., 124 ff., 140, 145, 213, 285 aide matérielle (finanzielle Unterstützungspflicht zwischen PACS-Partnern) 194 f. Altersunterhalt 58, 61 Analogien – zum Eherecht 7, 65 ff., 118, 123, 142, 161, 246 f., 280 – zum Verlöbnisrecht 7, 66, 134, 142, 157 f. Ancien Régime 22 apport en industrie 120 Arbeitsleistung 76 f., 81, 96, 98, 101, 108 ff., 119, 121, 124, 128, 143, 147 ff., 154 f., 170, 275, 280 f., 284, 288 assistance réciproque (Pflicht zur gegen seitigen Unterstützung zwischen PACS-Partnern) 192 attribution préférentielle (vorzugsweise Zuteilung/Zuweisung) 91, 202 Ausgaben des alltäglichen Bedarfs 34, 40, 122, 127, 130, 153 f., 196 f., 211, 251, 256, 284, 289
Ausgleichsansprüche – bei Tod des Zuwendenden 167 ff. – bei Tod des Zuwendungsempfängers 171 ff. – bereicherungsrechtliche 82 f., 106 f., 111, 114, 126 ff., 172 f., 205, 275, 285, 292 – gesellschaftsrechtliche 70, 97, 99, 102 ff., 113, 147, 170, 175, 292 – nach Wegfall der Geschäftsgrundlage 8, 74 f., 99, 108 ff., 114 f., 168 f., 171 – sachenrechtliche 20, 88 ff., 139 – schenkungsrechtliche 72, 100 ff. – schuldrechtliche 94 ff., 99 f., 118, 142, 165 f. Ausgleichsgemeinschaft 185 Ausübungskontrolle 62 autorité parentale (Sorgerecht) 44 Balearen 230 Bedarfsgemeinschaft 33, 254 Belgien 225, 230 Certificat de concubinage 33 charges du ménage (Ausgaben zur Haushaltsführung) 55, 84 clause commerciale 56 clause de non divorce 80 clause tontinière 38, 163, 201 f. Code civil – Rezeption 18 Code Napoléon 23, 56, 131 cohabitation légale (registrierte Partnerschaft belgischen Rechts) 230 Commission of European Family Law (CEFL) 262 communauté légale (gesetzlicher Güterstand in Frankreich) 51
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Stichwortverzeichnis
communauté réduite aux acquêts (Errungenschaftsgemeinschaft) 51, 203, 210, 219, 267, 278 communauté universelle (Gütergemeinschaft) 53 concubin notoire 33 concubinage – Definition 6, 25, 29 ff., 188, 214, 232 f., 237 f., 274, 298 condictio ob rem (s. Zweckverfehlungskondiktion) Dänemark 229 deutsch-französischer Wahlgüterstand der Zugewinngemeinschaft (s. Abkommen zum deutsch-französischen Wahlgüterstand) divorce contencieux (nicht-einvernehmliche gerichtliche Scheidung) 62 divorce par consentement mutuel (einvernehmliche Scheidung) 62 donation rémunératoire (entgeltliche Schenkung) 78 ff. droit commun du couple (gemeinsames Recht für alle Partnerschaftsformen) 11, 224, 236 ff. Ehe – auf Probe 4, 26, 66 – gleichgeschlechtliche (s. Homo-Ehe) – light/mariage bis 214, 272, 295 ehebedingte Zuwendung – Abgrenzung zur Schenkung 101, 163 – Anwendungsfälle 72 f. – Anwendungsvoraussetzungen 74 f. – Würdigung in der Literatur 75 f. Ehegatteninnengesellschaft – Abgrenzung zur ehebedingten Zuwendung 74 – Anwendungsfälle 68 – Anwendungsvoraussetzungen 69 f., 144 f., 282, 285 – Würdigung in der Literatur 71 f. Ehe-Typen – Alleinverdienerehe 50, 58 – Doppelverdienerehe 50, 220 – Zuverdienerehe 50, 58 Ehevertragsfreiheit 56 f., 61 f.
Ehewohnung 60 Eigengut (les biens propres) 51 ff. Eigenheim 68, 70, 75, 84, 96 Eingetragene Lebenspartnerschaft – Vermögensauseinandersetzung bei Beendigung 185 ff. England 225, 227 enrichissement sans cause (ungerechtfertigte Bereicherung) 9, 82, 126 ff., 136, 140 f., 150, 175, 205, 213, 242 entgeltliche Schenkung (s. donation rémunératoire) Entschädigungsanspruch 133 ff., 140 Erbeinsetzung 161 f., 200 Erbrecht – kein gesetzliches Erbrecht für den überlebenden Partner 160 ff. Errungenschaftsgemeinschaft (s. communauté réduite aux acquêts) Erwerb für den, den es angeht 41 faktische Gesellschaft (s. société créée de fait) Familien(wohn)heim 2, 70, 75, 77, 79, 83 ff., 89 ff., 105, 112, 114, 116, 121 f., 124 f., 136, 145 f., 148 ff., 201, 210, 239, 280, 282 f., 287 f. Familiengericht (Zuständigkeit) 45, 184, 246, 256, 298 Familienname 34, 192 familienrechtlicher Kooperationsvertrag, s. Kooperationsvertrag (sui generis) Familienrichter 45, 60, 138, 141, 209, 237, 257 Familienwohnung 52, 55, 152, 269 faute (schuldhaftes Verhalten) 133, 158 f., 290 funktionaler Vergleich 16 f. Galopin (Urteil Ass. Plén. 29.10.2004 n°519) 132, 161 Geliebten-Testament 22, 162 Generation Erasmus 19 geregistreerd partnerschap (registrierte Partnerschaft niederländischen Rechts) 229 Gesamtgut (communauté) 51 ff., 63 Geschlechtsgemeinschaft 27, 190
Stichwortverzeichnis Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) 8, 68, 97, 102 Gesellschafterstellung 70, 120, 147, 213 Gesellschaftsvertrag 68 ff., 76, 80 f., 86, 93, 96 f., 102 f., 114 ff., 119, 144, 168, 285 gestion concurrente (konkurrierende Verwaltung) 51 Gütergemeinschaft 49 f., 185 f. Gütertrennung 20, 49 f., 185 f., 219 ff., 246, 281 ff. Haftung 118, 154, 196 f., 204 Halbteilungsgrundsatz 63, 105, 123, 245 f. Hausbau – auf fremdem Grund 139 – -Fälle 145, 148 ff. Hausfrauenehe 185 f., 283 Haushaltsführung 153 ff., 196, 227, 238, 240, 242, 259, 269, 275 f., 283, 289, 291, 297 Hausrat 40, 47, 160, 226, 245, 247, 257 Homo-Ehe 12 f., 216, 218, 272 Immobilie – Erwerb 38, 70, 73, 86, 89, 91, 112, 121, 124, 145, 167 f. – Renovierung 2, 83 f., 110, 128 f., 148 ff., 173, 287 f. – Sanierung 114 Indivision 141, 205 ff., 249 Inhaltskontrolle von Eheverträgen 61, 251 f. Innengesellschaft – zwischen Ehegatten s. Ehegatteninnen gesellschaft – zwischen nichtehelichen Lebensgefährten 97, 102 f., 107, 168 ff. intention libérale (Schenkungsabsicht) 80, 130, 152, 205, 286 f. Katalonien 227 Kernbereichslehre 61 Kinderbetreuung 41, 58, 105, 129 f., 153 ff., 240, 242, 259, 275, 289, 291, 297 Konkubinat 11, 21, 23 Kooperationsvertrag (sui generis) – Anwendungsfälle 76 f., 87, 282 – Anwendungsvoraussetzungen 77, 110, 147
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Krankheitsunterhalt 61, 250 künstliche Befruchtung 215 f. Lebensgemeinschaft – eheähnliche 6, 26 ff., 44, 112, 157, 187, 232 – faktische 7, 13, 20, 26 ff., 66, 96 f. – sonstige 112 Lebensversicherung 52, 163 f., 201 liberté du mariage (Freiheit zur Eheschließung) 65 mandat tacite (stillschweigende Vollmacht) 40 Massenphänomen 1, 3, 224, 277, 295 Mater semper certa est 35 Methodik 16 f. Mietrecht 32 f., 36 f., 94, 187, 238, 252, 254, 295 Mitarbeit – berufliche 146, 288 f. – gleichberechtigte 102, 119 f., 126, 144 – im Betrieb 2, 46, 74 ff., 83, 87, 102, 127 f., 147, 227, 284, 288 – unentgeltliche 87, 127 f. – untergeordnete 70, 76, 82, 120, 127, 147 Monogamie (Prinzip) 31, 193, 233 f., 274 Napoléon Bonaparte 1, 23, 277 Nebengüterrecht 85, 88, 126, 221, 281 „Nesthocker-Fall“ 117 nichteheliche Kinder 22, 35, 161, 244 nichteheliche Lebensgemeinschaft – als Massenphänomen (s. Massenphänomen) – Ausprägungen 3, 232 – Begründung 7, 25 f., 32 ff., 35, 45, 65, 89, 240, 280 – Definition 6, 25 ff., 188, 298 – (rechts-)historische Entwicklung 21 f. – in Abgrenzung zu registrierten Partnerschaften 11 f. – in Abgrenzung zur Ehe 11 f. – nacheheliche 5 – Sachproblem 16 f., 19, 148, 227, 278 f., 293 Niederlande 225, 229 Norwegen 226, 229
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Stichwortverzeichnis
obligation civile (Rechtspflicht) 136 ff. obligation naturelle (Naturalobligation) 79, 136 ff., 157, 290 f. Onkelehe 22 opt-out (opting out) 227, 245 Pacte civil de solidarité (PACS) – Angleichung an die Ehe 220 – Beendigungsgründe 197 f. – Beendigungswirkungen 197, 200 – Begründung 189 f. – deutsch-französischer PACS 271 f. – Güterstand 203 ff. – PACS blanc (zum Schein eingegangener PACS) 191 – PACS für Deutschland 260 – Publizitätsvorschriften 192, 198 – Vermögensauseinandersetzung 203 ff., 209 – Wirkungen 192 ff. Pacte d’intérêt commun (PIC) 188 paiement direct (vereinfachtes Verfahren der direkten Zahlung) 195 participation aux acquêts (Zugewinngemeinschaft) 53, 267, 270 Partnerschaftsvertrag 8 f., 13, 39, 41, 46 f., 157, 183, 240 f., 253 ff., 273, 279, 293 ff., 299 Pflichtteilsrecht 162 f., 170, 184, 200 prestation compensatoire (Abfindungsanspruch) 59, 135 f., 156, 212, 243, 246 f., 250, 275, 289, 298 Privatautonomie 19, 39, 56, 62, 71, 224, 226 f., 243, 245, 257, 296, 298 Rechtsbindungswille 31, 47, 77, 93, 98, 103 f., 113, 116, 146, 285 Rechtskreis – germanischer 17 – romanischer 17 f. Rechtsvereinheitlichung 16, 19 f., 261 ff., 271 ff., 298 régime primaire 57, 269 Renditeobjekt 105, 113, 143, 145, 287 répudiation (Verstoßung) 198 f. responsabilité spécifique fondée sur le risque (Schadensersatz für die Über nahme eines besonderen Risikos) 242
Rom III-Verordnung 262 Schadensersatz 31, 119, 133 ff., 157 f., 164 f., 193, 200, 211 f., 242 f., 251, 290 f. Scheidungsfolgen – Abdingbarkeit der Scheidungsfolgen 58, 61 f. – Scheidungsfolgenvereinbarung 56, 58, 250, 252 Schenkungswille (intention libérale) 80, 131, 152, 286 Schweden 160, 225 f., 229 Schwiegereltern (Zuwendungen von) 101 séparation de biens (Gütertrennung) 53 f., 67, 85, 203 ff., 213, 219, 238, 249 ff., 281, 293 Sittenwidrigkeit – von Schenkungen bzw. Zuwendungen 132 – testamentarischer Verfügungen 161 f. Slowenien 160, 225, 228, 232 société (créée) de fait (die faktische Gesellschaft) – Anwendungsfälle 86 f., 124 f. – Anwendungsvoraussetzungen 124 ff. société d’acquêts (Zugewinngesellschaft) 55 Sorgerecht – kleines Sorgerecht bei Eingetragenen Lebenspartnern 184, 194 Sozialrecht 6, 26, 32 f., 36, 187, 194, 214 f., 229, 252, 254, 257 f., 264, 295 Spanien 230, 232 Steuerrecht 32, 163, 189, 200 f., 215, 252, 257 f., 295 Strafzahlung (bei Trennung) 133, 199 théorie de l’apparence 40 f. Tod – Ausgleichsansprüche bei Tod des Zuwendenden 167 ff. – Ausgleichsansprüche bei Tod des Zuwendungsempfängers 171 ff. tontine 38 f. Totalabrechnung 153, 283 Treuepflicht (bei PACS-Partnern) 193
Stichwortverzeichnis Umgangsrecht 35 Unterhalt – Unterhaltsanspruch für den betreuenden Elternteil 24, 42 ff. – Unterhaltsrechtsänderungsgesetz vom 1. Januar 2008 42 Unternehmen – Aufbau eines Unternehmens 8, 68 ff., 86, 113, 124, 143, 145, 173, 283, 287 – gemeinsame Unternehmensleitung 80 f., 105, 145, 175, 282 – Mitarbeit im Unternehmen 80 ff., 87, 120, 175 Vaterschaft – Vaterschaftsanerkennung 35 – Vaterschaftsfeststellung 35 – Vaterschaftsvermutung 35, 193, 215 Verfügungsbeschränkung 49, 51 f., 54, 269 Vermögensbildung 38, 50, 62, 71 f., 105, 109, 143, 145 f., 149, 245, 274 f., 279, 287 f. Vermögensgemeinschaft 186, 280 Vermögensstand 185 f. Vermögenstrennung 37, 49, 56, 64, 88 f., 186, 238 f., 281 Vermögensveranlagung 143, 145 f., 287 Versorgungsausgleich 59, 61, 224, 234, 250, 258, 289 Vertragsschluss 47, 86, 98, 104, 110, 123, 143 ff., 190, 282, 285 Vertragsstrafe 41, 199 vorzugsweise Zuweisung (attribution préférentielle) 91, 203, 210
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Wahl-Zugewinngemeinschaft (s. Abkommen zum deutsch-französischen Wahlgüterstand) Wegfall der Geschäftsgrundlage – Anwendungsfälle 73, 108 – Bemessung des Ausgleichsanspruchs 110 f. – Voraussetzungen 74 f., 108 f. Wertsteigerungen 54, 69, 75, 78, 84, 105, 107, 111, 148, 150 f., 270 Wirksamkeitskontrolle 62, 250 Zaunegger/Deutschland (EGMR Urteil v. 3.12.2009 – 22028/04) 36 Zugewinngemeinschaft 49 f., 53 f., 56 f., 59, 62 ff., 68, 70, 74, 183, 185 f., 218 ff., 265 ff., 278, 299 Zuwendungen – ehebedingte 72 ff., 101, 163, 282 – gemeinschaftsbezogene 108, 111 f., 152, 172, 286 – unbenannte 68, 76, 85, 87, 101, 110, 162 f., 170, 286 Zweckabrede 106 f., 109, 149, 169, 171, 288 Zweckverfehlungskondiktion – Anwendungsfälle 108 – Bemessung des Ausgleichsanspruchs 107 – Voraussetzungen 106 Zweckverfolgung 146, 148, 286