Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen: Teil 1 [8., unveränd. Aufl. Reprint 2020] 9783112346709, 9783112346693


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German Pages 389 [392] Year 1908

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Deutsches Lesebuch für höhere Mädchenschulen: Teil 1 [8., unveränd. Aufl. Reprint 2020]
 9783112346709, 9783112346693

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Deutsches Lesebuch für

höhere Mädchenschulen herausgegeben von

Kavl Kessel.

Erster teil.

erste Hdteiwngr (kdidtte. Jtote, unveränderte Auflage.

flöten 1908. A. Marcus und E. Webers Verlag.

Vorbemerkung zur 8. Auflage. Der erste Teil dieses Lesebuches ist für die Unterstufe höherer Mädchenschulen bestimmt und zwar für das zweite und dritte Schul­ jahr. Als Vorstufe dazu ist gedacht: Schreib- und Lesefibel und erstes Lesebuch (4. Auflage, Bonn, 1903), wobei jedoch nicht ausgeschlossen ist, daß bereits im letzten Drittel des ersten Schuljahres der vorliegende Band in Gebrauch genommen werde. Die für das letzte Drittel des ersten Schuljahres und für das zweite Schuljahr geeigneten Gedichte und Lesestücke sind bei jedem Schriftsteller vorangestellt und durch Sternchen (*) bezeichnet. Vielfach geäußerten Wünschen entgegenkommend, habe ich neuer­ dings in Gemeinschaft mit meinem Freunde Franz Dörr, dem langjährigen Direktor der höheren Mädchenschule zu Solingen, eine zweite Ausgabe des ersten Teiles dieses Lesebuchs geschaffen (Deutsches Lesebuch für die Vorschule höherer Mädchenschulen, I. Band geb. Mk. 1,60, II. Band geb. Mk. 2,40, Bonn, A. Marcus und E. Webers Verlag 1906), welche im wesentlichen denselben Stoff enthält wie der hier vorliegende Band. Nur ist dieser Stoff nicht nach Verfassern, sondern nach dem Inhalt angeordnet, Gedichte und Prosa vermischt; er ist ferner auf zwei Bände verteilt, endlich sind auch eine Anzahl neue Stücke ausgenommen worden, wobei besonders noch lebende Verfasser berücksichtigt sind, sowie Schilderungen aus dem Dasein der Stadtkinder. Als Anhang ist daselbst für das 2. Schuljahr „Reineke Fuchs", für das 3. Schuljahr „Robinson" hinzugefügt. Diese beiden Anhänge sind nun auch der P r o s a a b t e i l u n g der vorliegenden Ausgabe beigegeben. Es schien das eine so wertvolle Zugabe, daß die geringe Preiserhöhung nicht in Betracht kommen kann. Im übrigen ist die 8. Auflage unverändert. Um den gleichzeitigen Gebrauch der 7. und 8. Auflage nicht zu hindern, stellt der Verleger auf direktes Ersuchen den einzelnen Schulen Sonderabdrücke des Anhanges in jeder gewünschten Zahl von Exemplaren zur Verfügung, unter Berechnung von 30 Pfg. für jedes Stück.

Koblenz, Januar 1908.

Dr. Karl tz-ffel, Direktor der Hildaschule.

[I] 1

Erste Abteilung:

Gedichte.

€mft Moritz Arnöt

(1769—1860).

1. Gebet eines kleinen Knabe« an de« heilisen Christ. 1. Tu lieber, Heilger, frommer Christ, Der für uns Kinder kommen ist. Damit wir sollen weiß und rein Und rechte Kinder Gottes sein;

2. Du Licht, vom lieben Gott gesandt In unser dunkles Erdenland, Du Himmelskind und Himmelschein, Damit wir sollen himmlisch sein; 3. Du lieber, heilger, frommer Christ, Weil heute dein Geburtstag ist, Drum ist auf Erden weit und breit Bei allen Kindern frohe Zeit.

4. O, segne mich! ich bin noch Nein, O, mache mir den Busen rein, O, bade mir die Seele hell In deinem reichen Himmelsquell!

5. Daß ich wie Engel Gottes sei, In Demut und in Liebe treu. Daß ich dein bleibe für und für. Du heilger Christ, das schenke mir! 1*

2 [I]

Bechstein.

Bierbaum.

Ludwig Becbftein (isoi—iseo). 2. Der Verdrießliche. Ich bin verdrießlich! Weil ich verdrießlich bin, Bin ich verdrießlich. Sonne scheint gar zu hell, ö Vogel schreit gar zu grell, Wein ist zu sauer mir, Zu bitter ist das Bier, Honig zu süßlich. Weil nichts nach meinem Sinn, 10 Weil ich verdrießlich bin Bin ich verdrießlich. Dort wird Musik gemacht, Dort wird getanzt, gelacht. Dort wirft man gar den Hut, 16 Wie mich das ärgern tut! Ist nicht ersprießlich, Ist nicht nach meinem Sinn, Weil ich verdrießlich bin, Ach! so verdrießlich.

Wo ich auch geh und steh, 20 Ich meinen Schatten seh, Immer verfolgt er mich. Ist das nicht ärgerlich? Und wenn der Himmel trüb, Ist es mir auch nicht lieb. 25 Winter ist mir zu kalt, Frühling kommt mir zu bald, Sommer ist mir zu warm, Herbst bringt den Mücken­ schwarm. Mücken auf jeder Hand, 80 Mücken an jeder Wand, O, wie mich das verstimmt! O, wie mich das ergrimmt! Bin ganz verdrießlich, Weil nichts nach meinem Sinn, 3 Weil ich verdrießlich bin, Ach, wie verdrießlich!

Julius Bierbaum

(geboren 1844).

*3. Unser Kaiser. 1. O, könnt ich doch den Kaiser sehn Auf seinem goldnen Thron, Im Purpurmantel wunderschön, Mit Zepter, Schwert und Kron Und all den vielen Edelstein! Was muß das für ein Anblick sein!

Bierbaum.

[I] 3

2. O, wär ich doch nur in Berlin, Denn dort steht sein Palast, Mit tausend schönen Sachen drin, Wie's für den Kaiser paßt. Ich würde dran vorüber gehn Und möchte nur den Kaiser sehn! 3. Er must so gut und frmndlich sein. Denn jeder hat ihn gern. Und wär ich nur nicht gar zu klein, Nicht länger blieb ich fern. Nur einmal möcht ich vor ihm stehn Und unsern guten Kaiser sehn! 4. Und Geh Und

Doch wenn ich etwas gröster bin recht marschieren kann, ich zu unserm Kaiser hin sehe mir ihn an. Er wird mich doch auch nicht verschmähn? Denn unsern Kaiser must ich sehn.

4. Im Walde. 1. Auf, zum frischen grünen Wald Lastt uns fröhlich springen, Wo des Kuckucks Ruf erschallt Und die Vöglein singen; Wo so köstlich ist die Luft, Kühler Schatten, Tannenduft, Tausend bunte Blumen blühn. Auf, zum Walde laßt uns ziehn!

2. In den Zweigen ohne Zahl Muntre Vöglein trillern, Und im goldnen Sonnenstrahl Bunte Falter schillern; Rings umher in Busch und Strauch Winken süste Beeren auch; Dort das Moos, so zart und fein. Ladet uns zur Ruhe ein.

4 [I]

Bierbaum.

Brentano.

3. Seht ihr dort auf schwanker Höh, Wie das Eichhorn hüpfet. Drunter hin das schlanke Reh Durch die Büsche schlüpfet, Häslein dort im Grase sitzt Und die langen Ohren spitzt? Hopp! hopp! über Stock und Stein Springt's jetzt in den Wald hinein.

4. Zarte Stimmen um uns her Summen leise Lieder, Und der Mücken zahllos Heer Tanzet auf und nieder. Manches bunte Käferlein Stimmt in den Gesang mit ein, Bien und Hummel ohne Ruh Brummen laut den Baß. dazu. 5. Schon int Abendsonnenstrahl Zweig und Blätter schimmern, Und dazwischen überall Goldne Fäden flimmern. Stille wird's und feierlich, Und kein Lüftchen reget sich. Nur die Abendglocke schallt — Lebewohl, du schöner Wald!

Riemens Brentano

(i7?8-i842).

5. Herr Gott, du sollst gelobet sei». 1. Kein Tierlein ist auf Erden Dir, lieber Gott, zu klein, Du ließt sie alle werden, Und alle sind sie dein. Zu dir, zu dir ruft Mensch und Tier, Der Vogel dir singt, das Fischchen dir springt, Die Biene dir brummt, der Käfer dir summt;

Brentano.

[II 5

Auch pfeifet dir das Mäuslein Kein: Herr Gott, du sollst gelobet sein! 2. Das Vöglein in den Lüften Singt dir aus voller Brust, Die Schlange in den Klüften Zischt dir in Lebenslust. 3. Die Fischlein, die da schwimmen, Sind, Herr, vor dir nicht stumm, Du hörest ihre Stimmen, Vor dir kömmt keines um. 4. Vor dir tanzt in der Sonne Der kleinen Mücken Schwarm, Zum Dank für Lebenswonne Ist keins zu klein und arm. 5. Sonn, Mond gehn auf und unter In deinem Gnadenreich, Und alle deine Wunder Sind sich an Größe gleich. 6. Zu dir muß jedes ringen. Wenn es in Nöten schwebt, Nur du kannst Hilfe bringen, Durch den das Ganze lebt. 7. In starker Hand die Erde Trägst du mit Mann und Maus, Es ruft dein Odem: Werde! Und bläst das Lichtlein aus. 8. Kein Sperling fällt vom Dache, Ohn dich vom Haupt kein Haar; O, teurer Vater, wache Bei uns in der Gefahr! Zu dir, zu dir ruft Mensch und Tier, Der Vogel dir singt, das Fischchen dir springt, Die Biene dir brummt, der Käfer dir summt; Auch pfeifet dir das Mäuslein Nein: Herr Gott, du sollst gelobet sein!

6 [I]

Chamisso.

Adelbert von Cbamiffo

(i?8i—1838>

S. Das Riesenspielzeug. 1. Burg Nideck ist im Elsaß der Sage wohl bekannt, Die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand; Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer; Du fragest nach den Riesen? du findest sie nicht mehr. 2. Einst kam das Riesenfräulein aus jener Burg hervor, Erging sich sonder Wartung und spielend vor dem Tor Und stieg hinab den Abhang bis in das Tal hinein, Neugierig, zu erkunden, wie's unten möchte sein. 3. Mit wen'gen raschen Schritten durchkreuzte sie den Wald, Erreichte gegen Haslach das Land der Menschen bald. Und Städte dort und Dörfer und das bestellte Feld Erschienen ihren Augen gar eine fremde Welt. 4. Wie jetzt zu ihren Füßen sie spähend niederschaut. Bemerkt sie einen Bauer, der seinen Acker baut; Es kriecht das kleine Wesen einher so sonderbar. Es glitzert in der Sonne der Pflug so blank und klar. 5. „Ei, artig Spielding!" ruft sie, „das nehm ich mit nach Haus!" Sie knieet nieder, spreitet behend ihr Tüchlein aus Und füget mit' den Händen, was da sich alles regt, Zu Haufen in das Tüchlein, das sie zusammenschlägt, 6. Und eilt mit freudgen Sprüngen — man weiß, wie Kinder sind — Zur Burg hinan und suchet den Vater auf geschwind: „Ei, Vater, lieber Vater, ein Spielding wunderschön! So allerliebstes sah ich noch nie auf unsern Höhn." 7. Der Alte saß am Tische und trank den kühlen Wein, Er schaut sie an behaglich, er fragt das Töchterlein: „Was Zappeliges bringst du in deinem Tuch herbei? Du hüpfest ja vor Freuden; laß sehen, was es sei!" 8. Sie spreitet aus das Tüchlein und fängt behutsam an,

Den Bauer aufzustellen,

den Pflug und das Gespann;

Chamisso.

Claudius.

LH 7

Wie alles auf dem Tische sie zierlich aufgebaut. So llatscht sie in die Hände und springt und jubelt laut. 9. Der Alte wird gar ernsthaft und wiegt sein Haupt und spricht: „Was hast du angerichtet? Das ist kein Spielzeug nicht! Wo du es hergenommen, da trag es wieder hin! Der Bauer ist kein Spielzeug; was kommt dir in den Sinn? 10. Sollst gleich und ohne Murren erfüllen mein Gebot! Denn wäre nicht der Bauer, so hättest du kein Brot; Es sprießt der Stamm der Riesen aus Bauernmark hervor; Der Bauer ist kein Spielzeug, da sei uns Gott davor!" 11. Bmg Nideck ist im Elsaß der Sage wohlbekannt, Die Höhe, wo vor Zeiten die Burg der Riesen stand; Sie selbst ist nun verfallen, die Stätte wüst und leer. Und fragst du nach den Riesen, du findest sie nicht mehr.

(Dattbias Claudius (mo-isiö). 7. Der Esel Hab nichts, mich dran zu freuen, Bin dumm und ungestalt, Ohn Mut und ohn Gewalt; Mein spotten und mich scheuen 5 Die Menschen jung und alt; Bin weder warm noch kalt; Hab nichts, mich dran zu freuen, Bin dumm und ungestalt; Muß Stroh und Disteln tauen; 10 Werd unter Säcken alt — Ah, die Natur schuf mich im Grimme! Sie gab mir nichts als eine schöne Stimme.

8 [I]

Curtman.

Wilhelm Curtman

(I802-1871).

8. Der König und der Müller. 1. Es wohnt ein Müller sorgenfrei In seiner kleinen Mühle. Das Mühlchen klappert Brot herbei Bei Sonnenbrand und Kühle. 2. Nicht weit davon ein König hatt' Ein Schloß sich aufgebauet. Wär nicht die Mühl, man hätte Stadt Und Land draus überschauet. 3. Der König bot dem Müller Geld: „Verkauf mir deine Hütte! Bau neu sie auf, wo dir's gefällt, Nach größerm Maß und Schnitte!" 4. „Mein Mühlchen ist mir gut genug, Das laß ich meinen Erben; Es trägt des Vaters Segensspruch, Hier will ich ruhig sterben!" 5. Der Fürst sagt ja, der Müller nein; Der Fürst wird ungeduldig: „Ich bin dein Herr, das Land ist mein! Du bist zu weichen schuldig." 6. „Ich weiche nicht." — „Dann muß Geivalt Den starren Sinn dir beugen!" „Ihr irret, Herr, Euch werden bald Die Richter andres zeigen." 7. Die Richter? — fällt dem König ein, Die selbst er eingesetzet? „Da hast du recht; ich geb mich drein, Dein Gut bleibt unverletzet." 8. Seit jener Stunde lebten sie Als Freunde, hoch und niedrig. Des Schlosses Nam ist Sanssouci, Des Königs Name Friedrich.

Diefsenbach.

[I] 9

Georg Christian Diefsenbach (i822-i#on. *9. Morgengebet. Bom Schlaf bin ich gesund erwacht, Dir, lieber Gott, sei Dank gebracht! Nimm mich auch heut in deine Hut Und mache mich recht fromm und gut, Daß ich, o Gott, den ganzen Tag Dein liebes Kindlein bleiben mag! Amen.

*10. Der lustige Musikant. 1. Was ist das für ein Musikant, Er ist in jedem Dorf bekannt, Er hat ein graues Röcklein an Und musiziert, so gut er kann?

2. Sitzt morgens auf dem Scheuerdach Und macht die Schläfer alle wach, Bläst unverdrossen, ohne Ruh Sein lustig Stücklein immerzu?

3. Herr Spatz, Herr Spatz ist er benannt, Der wohlbekannte Musikant; Zwilch! zwilch! so lautet spät und früh Die alte Spatzenmelodie.

*11. Di- Bachstelze. 1. Was geht dort für ein Stelzenfuß Am Bächlein kreuz und quer Und wackelt mit dem Schwänzlein doch So hurtig hin und her? 2. Bachstelzchen ist's — es hüpfet keck Und leicht von Stein zu Stein, Schaut mit den Äuglein hell und klar Froh in die Welt hinein.

io m

Diesfenbach.

3. Ein Würmlein ist sein Mittagsschmaus, Sein Trank das Bächlein dort. Es flattert hin, es flattert her Und fliegt dann hurtig fort. 4. Bachstelzchen hat nicht Sorg und Not, Kann immer lustig sein; Der liebe Gott im Himmel sorgt Auch für die Bögelein!

*12. Der Osterhas. 1. Der Has, der Has, der Osterhas Ist eben fortgesprungen; Wir hätten gerne ihn erwischt. Doch ist's uns nicht gelungen. 2. Gewiß hat Eier er gelegt In alle dunkeln Ecken! Das Osterhäslein liebt es sehr, Die Eier zu verstecken.

3. Wir suchen überall mit Fleiß. Juchhe! juchhe! gefunden! Seht her! ein rotes Hasenei; Das soll mir trefflich munden!

4. Die Hühner legen weiße nur, Die Hasen aber rote Und gelbe, blaue auch dazu; So ist es Hasenmode. 5. Die schmecken noch einmal so gut, Doch das ist unsre Klage, Daß uns der Has nur Ostern legt Und nicht an jedem Tage. 6. Gewiß kommt auch im nächsten Jahr Der Osterhas gegangen; Dann geben alle wir recht acht. Damit wir ihn uns fangen.

Dieffenbach.

7. Mit bunten Blumen wollen wir Ihn füttern und ihn pflegen! Dafür soll er uns alle Tag Viel Ostereier legen!

*13, Aus -em Hofe. 1. Das Kätzlein sitzt und stutzt sich, Es schnurrt dazu und putzt sich, Blinzt mit dem Äuglein schlau Und schreit: Miau! miau! Hätt ich ein Mäuslein grau!

2. Der stolze Gickel streckt sich, Steht auf dem Mist und reckt sich Und schreit in aller Früh Laut: Kikriki, kikri! Ein Körnlein lieget hie. 3. Das Täubchen droben sitzer. Sein Schnäblein wetzt und spitzet Und schaut sich um dazu. Ruft: Rucke, ruckedigu! Nun flieg ich fort im Nu. 4. Das Schäflein springt voll Freude Wohl auf die grüne Weide, So hurtig wie ein Reh Und schreiet laut: Mä! mä! Wie schmeckt so gut der Klee! 5. Der Ochs mag kaum sich regen, Faul tut er hin sich legen; Daneben steht die Kuh,

Und beide schrein: Muh, muh! Laßt uns nur unsre Ruh!

[I] 11

12 [I]

Diefsenbach.

*14. Die Henne und ihre Küchlein. 1. Gluck! gluck! gluck! die Henne ruft; Küchlein sind nicht ferne; Muck! gluck! gluck! da laufen sie, Folgen alle gerne.

2. Körnlein hat die Frau Mama

Dort im Sand gefunden; Ei, wie läht das kleine Volk Sich das Futter munden!

3. Henne scharret immerzu Körnlein aus der Erden, Bis die muntern Küchlein all Ganz gesättigt werden. 4. Gluck! gluck! gluck! die Henne lockt Zu dem Brunnen helle, Und die Küchlein trinken all Aus der frischen Quelle. 5. Auf zum Himmel blicken sie. Wenn geschluckt sie haben; Danken wohl dem lieben Gott Für die guten Gaben. 6. Gluck! gluck! gluck! die Henne ruft: Küchlein, kommt in Eile! Seid ihr satt, so sollt ihr nun Schlafen eine Weile! 7. Wie sie alle sich so lieb Um die Mutter strecken, Ruhen warm und schlummern gut Unter Flügeldecken.

Dieffenbach.

[I] 13

*15. Kra« Schwalbe. 1. Frau Schwalbe ist 'ne Schwätzerin, Sie schwatzt den ganzen Tag, Sie plaudert mit der Nachbarin, So viel sie plaudern mag; Das zwitschert, das zwatschert Den lieben, langen Tag. 2. Sie schwatzt von ihren Eiern viel. Von ihren Kindern klein, Und wenn sie niemand hören will, Schwatzt sie für sich allein. Das zwitschert, das zwatschert, Sie kann nicht stille sein.

3. Hält sie im Herbst Gesellschaft gar Auf jenem Dache dort, So schwatzen die Frau Schwalben all Erst recht in einem fort; Das zwitschert, das zwatschert, Und man versteht kein Wort.

*16. Die Mühle. 1. Es steht eine Mühl im Wiesengrund; Die Räder drehn sich Stund um Stund Rundum, rundum, rundum! Das klippert und klappert immerzu. Der Müller hat nicht Rast noch Ruh. 2. Er schüttet das Korn und den Weizen hinein; Die Steine mahlen es trefflich klein Rundum, rundum, rundum! Der allerbeste Müllergesell, Das ist das Bächlein klar und hell. 3. Das must bei Nacht und bei Tage gehn Und immerfort das Rädlein drehn Rundum, rundum, rundum! Und wenn es nicht so fleistig wär, So ging die Mühle nimmermehr.

14 [I]

Dieffenbach.

4. Den Müller drückt der Sack oft schwer; Das Bächlein ruht doch nimmermehr; Rundum, rundum, rundum, So dreht es das Rädlein fort und fort Wohl in der Klappermühle dort.

*17. Der Frosch. 1. Der Frosch sitzt in dem Rohre, Der dicke, breite Mann, Und singt sein Abendliedchen, So gut er singen kann — quak! quak!

2. Er meint, es klingt gar herrlich, Könnt's niemand so wie er, Er bläst sich auf gewaltig. Meint wunder, was er wär — quak! quak! 3. Mit seinem breiten Maule Fängt er sich Mücken ein, Guckt mit den dicken Augen Froh nach der Sonne Schein — quak! quak! 4. Das ist ein ewig Quaken, Er wird es nimmer müd, So lange noch ein Blümchen Im Wiesengrund nur blüht — quak! quak! 6. Herr Frosch! nur zu gesungen, Er ist ein lustger Mann; Im Lenz mutz alles singen, So gut es singen kann — quak! quak!

*18. Rätsel. 1.

Ich kenn ein Fählein klein und zart, Das ist von ganz besondrer Art, Zerbricht gar leicht, drum gib wohl acht! Der Küfer hat es nicht gemacht; Hat keinen Reif, ist weih und rein. Was mag das für ein FäUein sein?

Dieffenbach.

[I] 15

2. Am Wege steht ein langer Mann, So dünn als wie ein Stock, Er ist gar lustig angetan Mit einem bunten Rock. Er steht wohl manches Jahr schon dort, Streckt beide Arme aus Und geht doch nie ein Schrittlein fort Und geht auch nicht nach Haus, Zeigt allen, die vorübergehn, Die rechte Straße an Und spricht kein Wort, bleibt immer stehn, Der wunderliche Mann.

3.

Ich kenn zwei kleine Fensterlein In einem kleinen Haus, Draus guckt den lieben langen Tag Ein kleiner Schelm heraus. Doch abends, wenn es dunkel wird Und alles geht zur Ruh, Da macht geschwind der kleine Schelm Die Fensterladen zu. 4.

Ein Wagen kommt gefahren Ins kleine Scheuerlein, Drin stehen wackre Drescher, Die dreschen alles klein. Und sind sie all beisammen. Sind's zweiunddreißig Mann. Herbei! wer in der Scheuer Die Drescher nennen kann!

Hessel, Lesebuch I.

Gedichte.

8. Aufl.

2

16 [I]

Dieffenbach.

Eberhardt.

19. Die Sterne. 1. Siehst du dort die goldnen Sterne An dem dunkeln Himmel stehn. Wie sie aus der weiten Ferne Freundlich nach der Erde sehn? Ihre Zahl kann niemand nennen, Ihre Wege niemand kennen. 2. Über allen Sternen thronet Gott im Himmel wunderbar. Ob er schon dort oben wohnet, Schaut sein Auge immerdar Nieder auf der Menschen Pfade, Voller Liebe, Treu und Gnade.

Ruguft Gottlieb Cberharbt