Deutsch-Niederländische Malerei im Alten Museum [Reprint 2021 ed.] 9783112432402, 9783112432396


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German Pages 16 [20] Year 1903

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Deutsch-Niederländische Malerei im Alten Museum [Reprint 2021 ed.]
 9783112432402, 9783112432396

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Volkstümliche Führer durch die Königlichen Sammlungen in Berlin herausgegeben von der

Centralstelle für Arbeiterwohlfahrtseinrichtungen.

I.

DeM-NiederliiiWe Malerei im

Alten Museum von Oberlehrer Dr. Schultz

Preis 10 Pfennig

Verlag von W. Spemann in Berlin.

Jedem Kunstfreund empfohlen:

Das Museum Eine Anleitung zum

Genuss der Werke bildender Kunst herausgegeben von

Richard Graul und Richard Stettiner unter Mitwirkung der ersten Kunsthistoriker und Galeriedirektoren

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Jedes Heft ist einzeln käuflich und enthält 4 Seiten Text mit Abbildungen, 8 Tafeln nebst knappen, erschöpfenden Erläuterungen zum Preise von

1 Mark:

I.

Ikiltsch-NiederlMWe Mulerei im

Alten Museum von

Oberlehrer Dr. Schultz

Preis 10 Pfennig

Verlag von W. Spemann in Berlin.

Plan der Gemäldegalerie.

L u stg arten

N eues M useum

Domseite

Kupfergraben

XI—XXII Deutsch-Niederländische Malerei.

Von dem großen Kuppelbau, in den man vom Lustgarten aus ins Museum tritt, gehen wir geradeaus, durch den großen, mit Bildsäulen erfüllten Saal hindurch, die gegenüber­ liegende Treppe, mit der Glasthür, ganz hinauf in den Vor­ raum, wo einige Gemälde hängen; von da links zu den Sälen der Niederländer und Deutschen. Wenn wir Gemälde aus alter Zeit betrachten, so wundert uns anfänglich manches. Die Figuren stehen steif da, ihre Gliedmaßen sind oft falsch gezeichnet, ihre Kleider fallen in kuriosen Falten herunter. Statt in einem Zimmer oder in einer Landschaft stehen sie meist vor einfachem goldnem Hinter­ gründe. Dergleichen Bilder aus dem 14. und 15. Jahrhundert sehen wir z. B. an der rechten Wand des ersten Saales, Plan XI, vom Eingang aus. Um diese guten Meister des Mittelalters recht zu würdigen, wollen wir bedenken, daß Malen eine schwere Kunst ist, die erst allmählich gelernt werden mußte; der Künstler brachte seinen Lehrlingen bei, was er konnte, und der begabte Lehrling versuchte dann von Eigenem etwas hinzuzuthun und den vermehrten Schatz seinen Schülern zu überliefern. Die Kunstmaler waren in jenen Zeiten Handwerker wie alle andern; sie lebten, vielfach zusammen mit den Tischlern, in Zwangs­ innungen. Sie arbeiteten nur auf Bestellung. Nun bestellten damals beinahe bloß Kirchen und Klöster Bilder für ihre Altäre; deshalb sehen wir auf all diesen alten Bildern Heilige dargestellt, am häufigsten Maria mit dem Jesuskind. Wo nun viel Reichtum war, also auch reiche Kirchen, da sammelten sich die besten Meister; und jeder wünschte den

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andern in Kunstfertigkeit zu übertreffen, um die lohnendsten Aufträge zu bekommen. Nun waren aber damals die reichsten deutschen Städte: Augsburg, Nürnberg, Köln und mehrere Orte in Flandern (im Mittelalter noch deutsch, heutzutage die Westhälfte des Königreichs Belgien, die Landschaft am Scheldefluß). Denn Flandern liegt am Meer und England nahe; aus dem Meer gewannen die Flandrer Heringe, damals eine Hauptnahrung des deutschen Volks; aus England bezogen sie gute Wolle, die sie zu trefflichen Tüchern verarbeiteten, damit handelten sie im ganzen Reich. Die Augsburger aber und Nürnberger ließen sich die Waren der südlichen Länder, wie Gewürze, Reis, Zucker, Wohlgerüche, feine Metallarbeiten aus Italien über die Alpen kommen und vertrieben sie mit großem Profit an die übrigen Dentschen. Köln war für den Rhein­ handel wichtig und eine Zeit lang die größte deutsche Stadt, hatte auch besonders viele Kirchen; man denke nur an den Dom! In diesen Städten und Landschaften also gab es die besten Malerschulen. Die Meister nun, mit denen eine ganz neue Zeit für die Malerei anfing, lebten in Flandern; es waren zwei wunder­ same Brüder, Hubert und Johann Van Eyck. Der ältere Bruder starb 1426, der jüngere 1440 n. Ch. Die haben zum ersten Mal ihre Figuren statt auf Goldgrund in Landschaften hineingemalt; haben zuerst die Farben und Schatten natürlich wiedergegeben; haben alle Kleinigkeiten der Wirklichkeit lebendig darstellen können; und haben statt der blassen, harten Farben­ mischungen, die man bisher gebraucht hatte, die Ölfarben

angewendet. Ihr wichtigstes Werk sehen wir im zweiten Saal, Plan XII, an der linken Wand (No. 512—524). Das ist ein großes Altarbild,' gemalt für eine Kirche in Gent (an der Schelde). Das Mittelbild zeigt in einer herrlichen Landschaft, hinter welcher das himmlische Jerusalem liegt, auf einem Altare das Lamm Gottes; davor den Springbrunnen des ewigen Lebens. Von vier Seiten ziehen fromme Menschen heran, um zu beten

5 und aus dem Brunnen zu trinken; heilige Frauen, Bischöfe

und Päpste mit hohen Mützen, Gelehrte mit Büchern, Büßende

in grauen Kitteln.

Die Darstellung setzt sich noch fort auf

den zwei Flügeln des Altars: da ziehen von rechts her Ein­

siedler mit Knotenstöcken und Rosenkränzen, lauter ehrwürdige Greise; hinter ihnen Pilger, geführt von dem „großen Christoph"

im roten Mantel, dem Riesen, der einst das Jesuskind auf seinen starken Schultern über ein reißendes Wasser getragen

haben soll.

Von links kommen hoch zu Roß Streiter Christi

in Panzern, mit Lanzen und Fahnen, dann gerechte Richter in

kostbaren Mänteln und Pelzen.

Man muß bewundern, wie

fein jedes Einzelne ausgeführt ist, von den Bäumen und Blumen bis zu dem Zaumzeug der Pferde und den Stoffen der Kleider; besonders

interessant und schön sind viele der Köpfe.

Der

Altar hatte zwei Stockwerke, über dem Mittelbilde sitzt Gott

Vater selbst (man sieht eine Nachbildung an der rechten Wand des Saals, oben No. 525) mit Maria und Johannes; zu bei­

den Seiten Engelkonzerte (hängen rechts neben den vorigen Bildern).

Da kann man bewundern, wie genau die Meister

die Mienen der Singenden schon wiederzugeben verstanden haben. Die einen Engel singen Alt, die anderen Sopran, man sieht es genau. Die blonden Köpfe sind besonders lieblich, die Klei­

der prachtvoll ausgeführt.

An gewöhnlichen Tagen wurden

die Flügel des Altars über dem Mittelbilde zusammengeklappt wie zwei Thüren eines Schrankes, dann sah man die weniger

farbenprächtige Außenseite: oben den Engel Gabriel und Maria,

unten zwei Heilige als Steinstatuen in einer Kirche stehend und das Ehepaar, das die Malerei der Kirche geschenkt hatte,

davor im Gebete knieend (gleiche Wand links.)

Man hat hier

vielleicht die ersten naturgetreuen Porträts, die in deutschen

Landen gemalt sind, vor sich.

An diesem berühmten Altar

haben die beiden großen Brüder zwölf Jahre lang gearbeitet,

das Mittelbild ist noch in Gent, das hiesige ist von einem

späteren geschickten Maler genau danach kopiert; die Flügelbilder

6 besitzen wir im Original. Wer den Johann van Eyck recht bewundern und lieb gewinnen will, darf nicht versäumen, auch in das kleine Kabinet, Plan XIII, rechts neben dem zweiten Saal zu treten; da findet er ein erstaunlich lebensgetreues Porträt von ihm